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# Türkei-Wahl in Deutschland startet Etwa 1,5 Millionen türkische Staatsbürger in Deutschland können von heute an ihre Stimme für die Parlaments- und Präsidentenwahlen in der Türkei abgeben. Präsident Erdogan sagte wegen gesundheitlicher Probleme weitere Wahlkampftermine ab. Ob der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan wiedergewählt wird, können etwa 1,5 Millionen Türken in Deutschland mitentscheiden: Bis zum 9. Mai sind sie dazu aufgerufen, ihre Stimme in einem der 26 Wahllokale in der Bundesrepublik abzugeben. In der Türkei finden die Parlaments- und Präsidentenwahlen erst am 14. Mai statt. Erreicht dann keiner der Präsidentschaftskandidaten mehr als 50 Prozent, geht es am 28. Mai in die Stichwahl. Bei den vergangenen Wahlen vor fünf Jahren hatte es Streit um Wahlkampfauftritte türkischer Politiker in Deutschland gegeben. Ein ähnlicher Konflikt wird diesmal nicht erwartet. Inzwischen sind solche Auftritte ausländischer Politiker drei Monate vor den Abstimmungen in ihren Ländern nicht mehr erlaubt. Buschmann warnt vor Hetzreden Bundesjustizminister Marco Buschmann rief die Bundesländer dennoch dazu auf, gegen hetzerische Reden türkischer Politiker in Deutschland vor den Wahlen vorzugehen. "In der Vergangenheit gab es Wahlkampfauftritte türkischer Politiker in Deutschland, bei denen eine hetzerische Rhetorik an den Tag gelegt wurde", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Sollte sich jemand über eine nicht erteilte Auftrittsgenehmigung hinwegsetzen und in Deutschland auf einem öffentlichen Platz eine hetzerische Rede halten, hätten die Behörden die Möglichkeit einzuschreiten. "Zuständig sind hier die Länder. Ich rege an, dass sie von ihrer Möglichkeit Gebrauch machen." Gesundheitliche Probleme Erdogan muss nach 20 Jahren an der Macht um seine Wiederwahl fürchten. Umfragen sehen ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen ihm und seinem Herausforderer, dem Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu, voraus. Dieser tritt als gemeinsamer Kandidat für eine Allianz aus sechs Oppositionsparteien unterschiedlicher Lager an. Wer die Mehrheit im Parlament mit seinen 600 Abgeordneten gewinnt, ist noch nicht absehbar. Wegen gesundheitlicher Probleme sagte Erdogan weitere Wahlkampftermine ab. Bereits am Dienstag hatte er nach der plötzlichen Unterbrechung eines Fernsehinterviews wegen Bauchbeschwerden eine Wahlkampfpause bekannt gegeben. Er erhole sich auf ärztlichen Rat hin zu Hause, teilte er bei Twitter mit. Social-Media-Beitrag auf Twitter von Recep Tayyip Erdoğan: "Yoğun mesaim sebebiyle yayın esnasında geçirdiğim küçük rahatsızlıktan ötürü geçmiş olsun dileklerini ileten, dualarını eksik etmeyen necip milletimin her bir ferdine, her bir kardeşime çok çok teşekkür ediyorum.…" Erdogan hatte mehrere Wahlkampfauftritte in Anatolien geplant. Er sagte, dass Vizepräsident Fuat Oktay ihn bei den Veranstaltungen vertreten werde.
# Bolsonaro bestreitet Verwicklung in Regierungssturm Brasiliens Ex-Präsident Bolsonaro hat eine Verwicklung in den Sturm auf das Regierungsviertel in Brasilia bestritten. Bolsonaro hatte nach seiner verlorenen Wahl immer wieder von Betrug gesprochen. Brasiliens rechtsextremer Ex-Präsident Jair Bolsonaro ist am Mittwoch über zwei Stunden lang zum Sturm auf das Regierungsviertel im Januar in Brasília verhört worden. Die Justiz ermittelt gegen den 68-Jährigen wegen des Vorwurfs, dass er hinter dem gewalttätigen Aufruhr steckte und seine Anhänger dazu aufgestachelt habe, um einen Putsch gegen seinen Nachfolger anzuzetteln. Bolsonaro fuhr nach der Anhörung in einem Auto mit abgedunkelten Scheiben vom Präsidium der Bundespolizei ab, ohne eine Erklärung abzugeben. Bolsonaro verurteilt Verwüstungen Bolsonaro wies nach Angaben seines Sprechers bei der Anhörung jegliche Verwicklung in den Sturm von tausenden seiner Anhänger auf das Parlament, das Oberste Gericht und den Präsidentenpalast am 8. Januar zurück. Bolsonaro habe die Verwüstungen "verurteilt" und "das Kapitel Wahl seit dem Tag seiner Niederlage abgeschlossen", sagte Sprecher Fábio Wajngarten. Auch sei ein Video, in dem seiner Wahlniederlage widersprochen wurde, versehentlich veröffentlicht worden, fügte Anwalt Paulo Bueno hinzu. Bolsonaro spricht immer wieder von Wahlbetrug Ähnlich wie in den USA nach der Abwahl des Rechtspopulisten Donald Trump hatten auch in Brasilien nach der Wahlniederlage von Bolsonaro dessen Anhänger zu Tausenden das Regierungsviertel gestürmt. Bolsonaro hat den Wahlsieg seines linksgerichteten Nachfolgers Luiz Inácio Lula da Silva bis heute nicht explizit anerkannt; er hatte vor und nach der Wahl immer wieder von Wahlbetrug gesprochen.  Weitere Ermittlungsverfahren gegen Bolsonaro Am 8. Januar, eine Woche nach der Amtseinführung von Lula, kam es dann zu dem Aufruhr von gewaltbereiten Bolsonaro-Anhängern in Brasília. Bolsonaro hat eine Verwicklung in die Erstürmung und Verwüstung der staatlichen Stellen in der brasilianischen Hauptstadt stets bestritten. Ein Richter des Obersten Gerichts hatte Mitte April die Vernehmung von Bolsonaro angeordnet. Der Ex-Präsident und Ex-Militär war nach seiner Wahlniederlage im Dezember in die USA ausgereist, wo er monatelang in Florida blieb und sich damit weigerte, an der traditionellen Amtsübergabe an seinen Nachfolger teilzunehmen. Gegen Bolsonaro, der erst Ende März aus den USA nach Brasilien zurückkehrte, laufen noch weitere Ermittlungsverfahren in Brasilien.
# Streiten, ob Hilfe wirklich richtig ist Deutschland hat seine Finanzhilfen für Afghanistan deutlich reduziert. Ob das richtig ist, darüber streitet die Politik. Hilfsorganisationen drängen auf stärkeres Engagement. Hans-Hermann Dube formuliert drastisch, wenn man ihn auf die deutsche Hilfe für die Menschen in Afghanistan anspricht. "Wir lassen sie im Moment verrecken", sagt der 70-jährige pensionierte Beamte aus Schleswig-Holstein: "Und das macht mich ganz nervös, zu erleben, dass wir eine ziemlich ignorante deutsche Politik haben." Dube hat mehrere Jahre in Kabul gelebt und leitete von 2002 bis 2015 Entwicklungsprojekte der staatlichen deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). Zur Realisierung der Projekte habe er damals mit allen Beteiligten vor Ort gesprochen, auch mit den Taliban. Das müsse auch jetzt geschehen, ist er überzeugt: "Wir werden mit dieser Regierung, ob Taliban oder wer auch immer, leben und arbeiten müssen, um den Menschen zu helfen, damit sie aus diesem Land nicht mehr fliehen müssen." Dube spricht sich vehement für eine Wiederaufnahme umfassender Entwicklungshilfen aus, um Afghaninnen und Afghanen in die Lage zu versetzen, für ihr Überleben zu arbeiten. "Das wäre die beste Möglichkeit, dem Land zu helfen." Nichtregierungsorganisationen appellieren an Bundesregierung 22 deutsche Nichtregierungsorganisationen hatten im Februar in einem Brief an Bundesaußenministerin Annalena Baerbock appelliert, die humanitäre Arbeit "wieder in vollem Umfang zu ermöglichen - politisch wie finanziell" und dem Versprechen der Bundesregierung nachzukommen, "die Menschen in Afghanistan nicht im Stich zu lassen". Welthungerhilfe-Geschäftsführer Mathias Mogge sagte jetzt NDR Info, die humanitäre Nothilfe gehe zwar weiter, aber mit mehr Geld der internationalen und deutschen Geber auch für Entwicklungshilfeprojekte könnte man "wesentlich mehr umsetzen". Von 330 Millionen auf 39 Millionen Euro Doch das ist in der Ampel-Koalition derzeit nicht mehrheitsfähig. Während die SPD neben Nothilfe auch eine Wiederaufnahme der Entwicklungshilfe fordert, lehnen FDP, Grüne und das Auswärtige Amt dies derzeit ab. Sie verweisen dabei unter anderem auf das Dekret der Talibanführung, das Frauen die Arbeit für Hilfsorganisationen verbietet. Das ergab eine Abfrage der Bundestagsfraktionen und der beteiligten Ministerien durch NDR Info. Aus dem Auswärtigen Amt heißt es, man habe für 2023 bislang 39 Millionen Euro an humanitärer Hilfe für Afghanistan zugesagt. 2022 waren es noch 330 Millionen. Das Bundesentwicklungsministerium (BMZ) finanziert derzeit nur Projekte für die Sicherung der menschlichen Grundbedürfnisse. Umfassende Entwicklungsprojekte wie vor der Machtübernahme der Taliban liegen auf Eis. Der Umfang des Engagements hängt nach Angaben eines Ministeriumssprechers davon ab, "ob und inwieweit es möglich sein wird, mit Frauen für Frauen in Afghanistan tätig zu sein". Hilfsorganisationen berichten, dass in vielen Regionen Hilfe in Absprache mit den dortigen Talibanverantwortlichen auch mit Beteiligung von Frauen möglich sei. "Wir haben nach wie vor den Eindruck, dass wir sicherstellen können, dass die Hilfe bei den Bedürftigsten ankommt", so Mathias Mogge von der Welthungerhilfe. Auch bei Frauen und Kindern, "das können wir nach wie vor garantieren". Koalition tief gespalten Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Gabriela Heinrich sagte NDR Info ausdrücklich auch mit Bezug auf Entwicklungshilfe: "Überall da, wo man mit Organisationen direkt an die Menschen kommen kann, muss man es weiter machen, muss man es weiter probieren, so lange und soweit es eben geht." Dagegen erklärte der entwicklungspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Till Mansmann: "Unter den aktuellen Voraussetzungen ist Entwicklungszusammenarbeit schlicht nicht möglich und sollte ausgesetzt bleiben - auch, um nicht die Politik eines menschenfeindlichen Regimes zu stützen". Die Grünen-Abgeordnete Schahina Gambir befürwortete lediglich humanitäre Hilfe und forderte von den Taliban, das Beschäftigungsverbot für Frauen zurückzunehmen. "Die Taliban benachteiligen so gezielt Frauen als Ziel von humanitärer Hilfe. Sie verhindern so die lebensrettende Hilfe für ihre eigene Bevölkerung. Sie nehmen sie in Geiselhaft." Gabriela Heinrich von der SPD sprach von einem Dissens in der Koalition, dessen Lösung eine Frage von Gesprächen und der Zeit sei, weil andere Länder ihre Aktivitäten in Afghanistan derzeit verstärkten. FDP und Grüne fürchten falsches Signal an Taliban Um Hilfsorganisationen bei ihrer Arbeit vor Ort zu unterstützen, schlägt die Welthungerhilfe die Wiedereröffnung der Deutschen Botschaft in Kabul auf Arbeitsebene vor. Das befürwortet auch SPD-Politikerin Heinrich. FDP und Grüne lehnen sie jedoch strikt ab und würden darin ein falsches Signal an die Taliban-Regierung sehen. Aus dem Auswärtigen Amt heißt es dazu, angesichts der jüngsten politischen Entwicklungen gebe es derzeit keine Pläne für eine Wiedereröffnung der Botschaft in Kabul. Klar sei, "dass wir uns mit der internationalen Hilfe nicht zum Handlanger der Taliban machen können, die mit ihrem Vorgehen grundlegenden humanitären Prinzipien widersprechen". Auch in der Opposition gehen die Meinungen stark auseinander. Die Bundestagsabgeordnete der Linkspartei, Sevim Dagdelen, sprach sich für umfassende Entwicklungshilfe und die Eröffnung der Botschaft aus. Sie sei dagegen, die Afghanistan-Hilfen als Druckmittel einsetzen zu wollen. "Es ist eine wohlfeile Illusion, dadurch die reaktionäre Politik der Machthaber ändern zu können. Wir brauchen dringend eine humanitäre Wende der deutschen Afghanistanpolitik", so Dagdelen. "Entwicklungspolitisch ein Fass ohne Boden" Der CDU-Außenpolitiker Jürgen Hardt forderte dagegen Zugeständnisse der Taliban: "Wenn wir Entwicklungshilfeprojekte oder auch Hilfsprojekte organisieren, dann gilt natürlich immer, dass wir auch auf die Einhaltung von Menschenrechten und von Grundrechten achten. Das ist nicht gewährleistet." Der entwicklungspolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Markus Frohnmaier, sieht "derzeit keine Grundlage für weitere Hilfsleistungen". Afghanistans Probleme könnten nicht von außen gelöst werden, Deutschland solle sich zurückziehen. "Afghanistan ist entwicklungspolitisch ein Fass ohne Boden", warnte er. Dube hat bei allem Groll gegen die Bundesregierung und trotz der prekären humanitären Lage Hoffnung für Afghanistan. "Ich habe so lange in dem Land gelebt und kenne die Menschen", sagte der pensionierte Beamte aus Bordesholm. "Ich stehe im täglichen Kontakt, auch mit der derzeitigen afghanischen Regierung." Daher wisse er, dass "diese Menschen eine Verbesserung der Situation im Land haben wollen". Und deswegen werde sich die Lage verändern.
# Republikaner machen Druck auf Biden Die Republikaner im US-Kongress wollen Präsident Biden zu Zugeständnissen bei den Regierungsausgaben zwingen. Der ist nicht bereit, Bedingungen für eine Anhebung der Schuldenobergrenze zu akzeptieren - jedenfalls noch nicht. Das US-Repräsentantenhaus hat einem Gesetzesvorschlag für eine Anhebung der Schuldenobergrenze zugestimmt. Dem Vorschlag zufolge dürfte die Regierung 1,5 Billionen Dollar mehr Schulden aufnehmen als bislang. Im Gegenzug ließen sich die mehrheitlich republikanischen Abgeordneten der Kongresskammer strikte Ausgabenbeschränkungen zusichern. Für den republikanischen Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, ist es ein taktischer Erfolg. Er fordert von US-Präsident Joe Biden Verhandlungen über den Regierungshaushalt, um eine folgenschwere Zahlungsunfähigkeit der Regierung zu verhindern. Gesetz hat im Senat praktisch keine Chance Das Gesetz wurde mit einer knappen Mehrheit von 217 zu 215 Stimmen verabschiedet. Biden hat angedroht, sein Veto gegen das republikanische Paket einzulegen, das praktisch keine Aussichten hat, den von den Demokraten kontrollierten Senat zu passieren. Bislang hat der Präsident sich geweigert, über die Schuldenobergrenze zu verhandeln. Das Weiße Haus pocht darauf, dass diese ohne Gegenbedingungen angehoben werden müsse, um sicherzustellen, dass das Land seinen Verbindlichkeiten nachkommen kann. Biden deutet Gesprächsbereitschaft an McCarthys Fähigkeit, seine knappe Mehrheit zu einigen und die Maßnahme durch das Repräsentantenhaus zu bringen - auch gegen den Widerstand der Demokraten und von Abweichlern innerhalb der eigenen Partei - könnte sich jedoch als Schlüssel erweisen, Biden zu Verhandlungen zu nötigen. "Wir haben unseren Job gemacht", sagte McCarthy nach der Abstimmung im Kapitolsgebäude in der Hauptstadt Washington."«Der Präsident kann nicht länger ignorieren, indem er nicht verhandelt", sagte er. "Er sollte sich jetzt hinsetzen und verhandeln." Während das Repräsentantenhaus noch über den Gesetzesvorschlag debattierte, deutete Biden an, dass er die Tür für Gespräche mit McCarthy öffnen könne - aber nicht über das Abwenden eines historisch beispiellosen Zahlungsausfalls der USA, der deren Volkswirtschaft erschüttern würde und weit darüber hinaus zu spüren wäre. "Ich bin gerne bereit, mich mit McCarthy zu treffen, aber nicht zu der Frage, ob die Schuldengrenze angehoben wird oder nicht", sagte Biden. "Das ist nicht verhandelbar." Die Schuldenobergrenze in den USA liegt derzeit bei 31 Billionen Dollar.
# Russland plant Schein-Organisation zur Einflussnahme Russland will offenbar das Thema Ostseeverschmutzung für sich nutzen. Das zeigt eine Recherche von WDR, NDR und SZ. Westliche Experten sollen demnach beeinflusst werden und Moskaus Botschaften verbreiten. Um mehr Rückhalt für seine Politik zu bekommen, plant Russland offenbar die Einrichtung einer neuen Plattform mit internationalen Teilnehmern. Das zeigt ein aktuelles Papier, das aus der russischen Präsidialadministration stammen soll und von WDR, NDR, "Süddeutscher Zeitung" und internationalen Medienpartnern ausgewertet wurde. Demnach soll es bereits erste Treffen dazu gegeben haben. Den Papieren zufolge ist die Einrichtung eines neuen wissenschaftlichen Forums geplant, das sich offiziell mit der Verschmutzung der Ostsee beschäftigen soll. Dadurch könnten westliche Experten umworben werden, damit diese dann auch politische Botschaften im Sinne Moskaus platzieren. Klassische Einflussoperation In dem Dokument, das aus dem Januar 2023 stammen soll, wird das Vorhaben konkret beschrieben: Durch ein möglichst unpolitisches Thema könnten Vertreter aus europäischer Forschung, Kultur und NGOs wieder in einen Austausch mit Russland kommen. Als mögliches Thema nennen die Autoren des Dokuments die tatsächlich belastete Ökologie der Ostsee. Ihr Plan: Ein Forum - "Baltische Plattform" - solle internationale Experten versammeln. Als mögliche Zielländer für Teilnehmer wird das Baltikum im größeren Sinne ins Visier genommen, aber auch Skandinavien und Deutschland werden explizit genannt. So etwas nennen westliche Sicherheitsbehörden eine klassische nachrichtendienstliche Einflussoperation, eine Strategie der Unterwanderung. Ihre Analyse: Russland versuche damit, nach den Sanktionen des Westens mit einzelnen europäischen Ländern wieder ins Gespräch zu kommen, um später seine Interessen durchzusetzen. Bereits im Herbst 2023 soll die Plattform laut Strategiepapier Gäste versammeln. Das größere Ziel liegt jedoch offenbar nicht in einer Diskussion über die Umwelt. Stattdessen heißt es: Als Ergebnis solle die "Baltische Plattform" einen "allmählichen Übergang der Diskussion von nicht-politischen Themen zu aktuellen politischen Inhalten" schaffen. Erprobte Strategie Westliche Sicherheitsexperten halten es für authentisch. Zwei renommierte Politikanalysten staatlicher russischer Institute sollen das Papier verfasst und der Präsidialverwaltung präsentiert haben. Eine Anfrage ließen sie unbeantwortet. Offenbar wird also auf hoher Ebene im Kreml über Strategien nachgedacht, wie Russland international wieder einen Fuß in die Tür bekommen könnte.  Vergleichbare Pläne verfolgte der Kreml schon in den vergangenen Jahren. Rund um den Bau und die Nutzung der Gas-Pipelines Nord Stream 1 und 2 hatte sich Russland beispielsweise mit Geld oder Personal eingebracht und damit für die Projekte geworben. So gehörte der damalige Handelsgesandte der Russischen Botschaft in Berlin zu den Gründern des Ostinstituts, das in Mecklenburg-Vorpommern viele Russland-Lobbyisten versammelte. Auch ein russischer Agent, der mittlerweile Deutschland verlassen musste, soll bei dem Pipelineprojekt mitgemischt haben. Auch engagierte sich Russland in der Vergangenheit bei weiteren politischen Gesprächskreisen oder Wirtschaftsvereinigungen. "Inoffizielle Dimension" Seit dem Start des russischen Angriffskrieges in der Ukraine werden solche Projekte allerdings vom Westen deutlich kritischer betrachtet als zuvor. Osteuropa-Experte Kai-Olaf Lang von der Stiftung Wissenschaft und Politik meint: "Russland muss sich dessen bewusst sein, dass die diversen Formate der regionalen Kooperation im Ostseeraum im Gefrierschrank sind." Die russischen Strategen sind sich offensichtlich bewusst, dass sie in der Defensive sind. Die neue "Baltische Plattform" solle sich als Thema die "Ökologie der Ostsee" auf die Fahnen schreiben, weil dieser Bereich, "nicht unumkehrbar politisiert" sei, heißt es im Dokument. Der Recherche zufolge scheint die Umsetzung der Pläne bereits begonnen zu haben. Zunächst fallen in dem Dokument 13 Namen von Personen für ein mögliches Organisationskomitee der "Baltischen Plattform". Es handelt sich um einige hochrangige Beamte, vor allem aber um regimetreue Rektoren namhafter russischer Universitäten. Schon im Herbst 2022 sollen sich acht Personen von der Liste in der russischen Enklave Kaliningrad getroffen haben. Damals wurde auch der Begriff der "Baltischen Plattform" öffentlich erwähnt. In späteren Interviews mit russischen Medien wurde für dieses Forum geworben. Die russische Präsidialadministration reagierte nicht auf die Anfrage zum Dokument und zur Idee des "Baltischen Plattforms". "Fisch fangen" Aleksander Toots, Leiter des Internen Sicherheitsdienstes Estlands KAPO, kennt das Vorgehen und vergleicht es mit anderen russischen Einflussversuchen: "Wir haben auch früher ähnliche Operationen identifiziert. Russland versucht, Themen aufzugreifen, die normale Menschen interessieren. Klima- und Umweltfragen sind ein gutes Beispiel dafür."   Marius Laurinavičius, politischer Analyst aus Litauen, zieht den Vergleich eines Anglers heran - als würde man einen "Fisch fangen". Russland wolle über solche Foren mit Meinungsführern in Kontakt treten. "Diese sollten keine Politiker sein oder mit großen Dingen wie Politik oder Wirtschaft zu tun haben", sagt Laurinavičius. Das Ziel eines solchen Kontaktes bestehe darin, die "Denkweise" zu verstehen und dann "Entscheidungen zu treffen, welche dieser Leute für russischen Einfluss verwendet oder manchmal sogar als russische Agenten rekrutiert werden könnten". Bislang keine Kontaktversuche Die Verfasser nennen in dem Papier konkret Organisationen, die als Partner dienen könnten. Dazu gehörten das Baltic Sea Centre an der Universität Stockholm oder die Helsinki Kommission, die 1974 zum Schutz der Ostsee gegründet wurde. Beide Organisationen sind nicht für eine pro-russische Haltung bekannt. Tina Elfwing vom Baltic Sea Centre erklärte, dass es bislang keine Kontaktversuche gegeben habe. Dass der Name des Zentrums in dem Papier falle, sei "ärgerlich und unangenehm", sagt Elfwing. Dass Russland gerade den Zustand der Ostsee ausgesucht haben könnte, um in Austausch mit dem Westen zu kommen, scheint nachvollziehbar. Die Ostsee sei durch Müll, Ölfilme, Munitionsaltlasten und Abwasser belastet. Die Lage sei "sehr ernst", so Tina Elfwing, wenn auch wohl weniger ernst, als von Russland behauptet. Die Helsinki Kommission suspendierte Russland ihrerseits kurz nach seiner Invasion in die Ukraine. Auf Anfrage bestätigte die Kommission das. Alle Projekte würden weiterlaufen - mittlerweile aber ohne Russland. An der Recherche waren neben WDR, NDR und SZ folgende Medien beteiligt: Delfi Estonia, Dossier Center, Expressen, Frontstory.pl, Kyiv Independent, LRT, Re:Baltica, VSquare, Yahoo News
# US-Spionage gegen das Verteidigungsministerium? Ein streng geheimes Dokument aus den "Pentagon-Leaks" legt nahe, dass ein US-Geheimdienst das Bundesverteidigungsministerium ausspionierte. Es ist ein unscheinbarer gelber Zettel, der die Spionage der USA gegen das Bundesverteidigungsministerium zu belegen scheint. Das Dokument, das der Wochenzeitung "Die Zeit" und dem ARD-Politikmagazin Kontraste vorliegt, stammt aus den sogenannten "Pentagon-Leaks", einem Konvolut von US-Geheimdienstberichten, die im Internet kursieren und von einem 21-jährigen US-Nationalgardisten veröffentlich worden sein sollen. "Das deutsche Verteidigungsministerium lehnt eine vertiefte Kooperation mit der Volksrepublik China ab, bis China transparenter wird", so die deutsche Übersetzung der englischen Überschrift eines Kurzberichts, der mit hoher Wahrscheinlichkeit von einem US-Geheimdienst stammt. Die Meldung zum deutschen Verteidigungsministerium soll nach kurzer Zeit wieder aus dem Netz verschwunden sein. Kontraste und "Die Zeit" haben das Dokument ausgewertet und halten es für authentisch, eine abschließende Bestätigung der Echtheit ist jedoch nur US-Regierungsstellen möglich. Eine Anfrage an den US-Geheimdienstkoordinator blieb zunächst unbeantwortet. Der mutmaßliche Spionage-Fall beschäftigt nach Kontraste- und "Zeit"-Informationen inzwischen deutsche Sicherheitsbehörden. Brisant an dem Dokument ist weniger der Inhalt als die Tatsache, dass die USA offenbar immer noch deutsche Regierungsstellen ausspionieren. Schon 2013 war im Rahmen der "NSA-Affäre" bekannt geworden, dass die USA in großem Stil in Deutschland abgehört und mitgelesen haben. Streng geheimes Dokument Über der Meldung findet sich ein Sammelsurium aus Abkürzungen, so bspw. "TS" für die Geheimhaltungsstufe top secret, streng geheim. Als Quelle wird "SI" für signal intelligence, also Fernmeldeaufklärung genannt. Somit könnte die Spionage etwa durch eine abgefangene E-Mail oder durch Hacking der IT-Systeme des Verteidigungsministeriums erfolgt sein. Die US-Geheimdienstler berichten in ihrer Meldung von einem Treffen am 20. Februar in Berlin: Vertreter des Bundesverteidigungsministeriums besprachen sich mit einer Delegation der chinesischen Streitkräfte. In Regierungskreisen wurde der Termin bestätigt. Demnach fand das Treffen im Rahmen der üblichen Militärdiplomatie und in Abstimmung mit anderen Ressorts der Bundesregierung statt. Auf deutscher Seite nahm unter anderem der zuständige Unterabteilungsleiter "Politik II" teil. Gesprochen wurde etwa über den Krieg in der Ukraine, die Spannungen in Bezug auf Taiwan und eine militärische Unterstützung der Vereinten Nationen. Die deutsche Seite soll dabei klar gemacht haben, dass die Chinesen transparenter werden müssten, bevor es eine vertiefte Kooperation geben könne. Chinesische "Charme-Offensive" Die Deutschen, so heißt es in dem mutmaßlichen US-Geheimdienstbericht, seien sich bewusst, dass die Chinesen im Rahmen einer Europa-Reise angesichts verstärkten politischen Drucks aus den USA eine "Charm-Offensive" führten. Weiter heißt es, die Deutschen sähen ihre Position als Bestätigung der deutschen Solidarität mit den USA. Das Absurde an der mutmaßlichen US-Spionage: Die US-Botschaft wurde nach Recherchen von Kontraste und "Zeit" sogar ganz offiziell von deutscher Seite über das Treffen mit den Chinesen unterrichtet. Nach Informationen von "Zeit" und Kontraste liegt das US-Dokument auch der Bundesregierung vor. Wie sie auf die mutmaßliche Spionage des Verbündeten reagieren wird, scheint indes noch unklar. In Berlin will man dies nach "Zeit"- und Kontraste-Informationen davon abhängig machen, wie sich die US-Regierung zu dem Vorgang verhält. Die Bundesregierung ist sich der Tatsache bewusst, dass Deutschland von US-Geheimdiensterkenntnissen abhängig ist, zudem versucht man angesichts des Ukraine-Kriegs das Verhältnis zu den USA möglichst nicht zu belasten. "Abhören unter Freunden geht gar nicht" "Das ist ein relevanter Vorgang, und es gilt der Satz von Frau Merkel: Abhören unter Freunden geht gar nicht", kommentiert der Innenpolitiker Konstantin von Notz von den Grünen den Vorgang. Von Notz betont aber, man müsse zunächst einmal mit den Amerikanern sprechen und klären, wie es zu der mutmaßlichen Spionage kommen konnte. Gustav Gressel vom European Council on Foreign Relations (ECFR) hält die mutmaßliche Spionage der USA gegen die Bundesrepublik für wenig überraschend, sie habe Tradition. Gressel selbst traf am Tag nach dem Termin im Verteidigungsministerium die mutmaßlich selbe chinesische Delegation. "Hier wird von den Amerikanern eine Information als 'top secret' eingestuft, die man auch hätte bekommen können, wenn man bei der Stiftung Wissenschaft und Politik anruft oder wenn man ganz freundlich im Verteidigungsministerium nachgefragt hätte", so Gressel zu Kontraste und "Zeit". Experte fordert "Zeitenwende" auch bei Spionage-Abwehr Gressel hält es jedoch für problematisch, dass sich Deutschland, das er als "nachrichtendienstlichen Nichtschwimmer" sieht, nicht besser schützt. Schließlich seien Informationen, die die Amerikaner ausspionieren können, auch potenziell für weniger freundlich gesinnte Nationen wie Russland oder China auszuspionieren. "Die Frage der nachrichtendienstlichen Abwehr ist in der Zeitenwende-Diskussion noch nicht angekommen. Dass auch die deutsche Öffentlichkeit, etwa wenn es dann wirklich um die Befugnisse eigener Nachrichtendienste, um die Verbesserung der Abwehrmöglichkeiten auch in Deutschland geht, den eigenen Behörden auch wirklich vertraut. Ich hoffe, wir kommen dahin. Aber wir sind noch lange nicht da", so Gressel.
# ++ Wagner-Chef: Gegenoffensive "unvermeidlich" ++ Laut Wagner-Chef Prigoschin steht die ukrainische Gegenoffensive kurz bevor. Mehrere Bundestagsabgeordnete fordern die Freilassung des Kremlgegners Kara-Mursa. Alle Entwicklungen im Liveblog. Özdemir appelliert an Moskau: Getreideabkommen fortsetzen Bundesagrarminister Cem Özdemir hat Russland aufgefordert, das Abkommen zur Ausfuhr von Getreide aus der Ukraine fortzusetzen. "Russland muss seiner vor der Weltgemeinschaft abgegebenen Verpflichtung gerecht werden", sagte der Grünen-Politiker dem Nachrichtenportal "t-online". Für die Ukraine seien die Einnahmen aus dem Getreidehandel überlebenswichtig. "Das ukrainische Getreide muss dort ankommen, wo es gebraucht wird - nämlich in den Ländern des globalen Südens", so Özdemir. Bundestagsabgeordnete fordern Freilassung von Kremlgegner Kara-Mursa Bundestagsabgeordnete der Ampel-Parteien sowie der CDU machen sich für die Freilassung des in Russland inhaftierten Kremlgegners Wladimir Kara-Mursa stark. In einem gemeinsamen Brief an den russischen Botschafter in Berlin, Sergej Netschajew, heißt es laut Redaktionsnetzwerk Deutschland: "Wir, als Mitglieder unterschiedlicher Fraktionen des Deutschen Bundestages, fordern Sie daher auf, sich bei der russischen Regierung für die umgehende Freilassung von Wladimir Kara-Mursa einzusetzen." Das Urteil gegen den schwerkranken 41-Jährigen sei "drakonisch", der "Kern des Putin-Regimes" sei "zutiefst menschenverachtend". Kara-Mursa war am 17. April zu 25 Jahren Haft in einem Straflager mit besonders harten Haftbedingungen verurteilt worden. Es ist die höchste Strafe, die bisher gegen einen Oppositionellen in Russland verhängt wurde. Zuvor hatte bereits das EU-Parlament die sofortige Freilassung von Kara-Mursa gefordert. Wagner-Chef Prigoschin: Ukrainische Gegenoffensive "unvermeidlich" Eine ukrainische Gegenoffensive steht nach den Worten des Chefs der russischen Söldnertruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, kurz bevor. "Heute marschieren bereits gut ausgebildete feindliche Einheiten in Bachmut ein ... Eine Gegenoffensive der Ukrainer ist unvermeidlich", sagt Prigoschin in einer Videobotschaft. Seine Streitkräfte würden um jeden Preis vorrücken, um die ukrainische Armee "zu zermalmen". Separat erklärt der Sprecher der Heeresgruppe Ost der ukrainischen Streitkräfte, Serhij Tscherewatyj, dass die russischen Streitkräfte in den vergangenen 24 Stunden 324 Mal mit Artillerie und Mehrfachraketenwerfern angegriffen hätten. "Die Russen zerstören Gebäude in Bachmut, um unsere Soldaten daran zu hindern, sie als Verteidigungsanlagen zu nutzen." Das ukrainische Militär hat sich bislang nicht zu einer erneuten Gegenoffensive geäußert. Der Liveblog vom Mittwoch zum Nachlesen
# Wie sich Twitter unter Elon Musk verändert hat "Der Vogel ist befreit", twitterte Elon Musk vor sechs Monaten. Ende Oktober 2022 übernahm der Tech-Milliardär den Kurznachrichtendienst - und chaotische Wochen folgten. Wie steht die Plattform heute da? Es fängt an mit einem Waschbecken. Elon Musk betritt Ende Oktober die Twitter-Zentrale in San Francisco. Er trägt ein Waschbecken in die Lobby. Davon postet er ein Video und schreibt: "Let that sink in" - ein Wortspiel, das einerseits im übertragenen Sinne bedeutet: "Zieht euch das rein", aber streng wörtlich mit "Lasst das Waschbecken rein" übersetzt wird. Von den Beschäftigten finden das nicht alle witzig, viele müssen kurz nach diesem Tweet gehen. Social-Media-Beitrag auf Twitter von Elon Musk: "Entering Twitter HQ – let that sink in! pic.twitter.com/D68z4K2wq7" Das Personal Ein Großteil der Belegschaft ist entlassen worden. Vor der Übernahme arbeiteten weltweit rund 7500 Menschen bei Twitter, jetzt sollen es noch 1500 sein. Das hat Musk in einem BBC-Interview Mitte April gesagt. Ehemalige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beklagen die Umstände der Entlassungen; viele werden ohne Vorwarnung aus ihren Programmen ausgeloggt. Eine Gruppe aus der Belegschaft verklagt Twitter, weil Kündigungsfristen, die der Bundesstaat Kalifornien vorschreibt, nicht eingehalten wurden. Die Technik In den vergangenen Monaten gab es viele technische Fehler, Ausfälle, Pannen. Viele Mitarbeiter, die für die technische Wartung der Plattform zuständig waren, sind entlassen worden. Zusätzlich hat Musk immer wieder technische Neuerungen gefordert, die schnell und ohne ausführliche Tests eingeführt wurden. Die Redefreiheit Sie ist das große Thema von Elon Musk: Weil er die Redefreiheit bei Twitter als bedroht ansah, habe er die Plattform übernommen, gab er an. Für ihn umfasst freedom of speech auch extreme Positionen. Tausende Accounts, die zuvor wegen Hassrede oder sonstigen Verstößen bei Twitter gebannt wurden, sind wieder online. Das prominenteste Twitter-Konto ist das von Donald Trump; der hat allerdings seit seiner Freischaltung noch nicht wieder gewittert. Trump bevorzugt seinen eigenen Kurznachrichtendienst, die Plattform Truth Social. Content-Moderation finde seit der Übernahme gar nicht mehr oder kaum noch statt, berichten ehemalige und aktuelle Beschäftigte. Die Folge - das belegen verschiedene Untersuchungen - sind Falschinformationen, Hassrede, antisemitische und extremistische Posts. Sie haben im vergangenen halben Jahr zugenommen. Im BBC-Interview hat Musk das allerdings bestritten. Die blau-weißen Häkchen Der kleine Haken wurde ursprünglich eingeführt, um die Echtheit von Accounts zu markieren. Es sollte sofort klar sein: Dieser Prominente, diese Politikerin, dieses Medium, dieses Polizeipräsidium sind echt. Die Häkchen waren nicht käuflich. Fast alle ursprünglich verliehenen Häkchen wurden aber kürzlich entfernt. Jeder kann jetzt eins haben und muss dafür bezahlen: Privatpersonen rund zehn Euro im Monat, Unternehmen bekommen ein goldenes Häkchen für monatlich rund 1000 Euro. Das eigentliche Problem: Es wird nicht mehr zuverlässig überprüft, ob der Account tatsächlich echt ist. Es sind immer wieder Fake-Accounts aufgetaucht, die falsche Informationen verbreitet haben. Behörden, Ministerien oder Regierungsmitglieder werden mit einem grauen Häkchen gekennzeichnet, die nicht käuflich sind. Das Geld Unterstützt von Investoren hat Musk im September 44 Milliarden Dollar für Twitter bezahlt. Der Wert des Unternehmens hat sich mittlerweile halbiert. Technische Ausfälle, rassistische oder hetzerische Tweets und Unsicherheit durch Fake-Accounts sind kein gutes Umfeld für Werbeanzeigen. Große Firmen wie Volkswagen oder General Motors haben ihre Ausgaben bei Twitter pausiert. Twitter veröffentlicht keine offiziellen Zahlen mehr, doch die Werbeeinnahmen sind Marktbeobachtern zufolge stark zurückgegangen. 2023 sollen sie laut einer Analyse von "Insider Intelligence" um 28 Prozent niedriger liegen als im Vorjahr. Zusätzlich drohen hohe Kosten durch diverse Gerichtsverfahren. Gleichzeitig gibt es offenbar nur wenige, die für Twitter-Häkchen bezahlen wollen. Prominenten wie dem Schriftsteller Stephen King oder dem Basketballer Le Bron James wurde es unfreiwillig verliehen. Die wehren sich sogar dagegen, wollen nicht als mutmaßlich zahlende Unterstützer von Musk wahrgenommen werden.  Helfen könnten Elon Musk ausgerechnet Accounts, die erst wegen Hassrede gesperrt und nach seiner Übernahme wieder reaktiviert wurden. Sie erreichen teilweise Millionen Menschen. Die Non-Profit-Organisation "Center for Countering Digital Hate" hat ausgerechnet, dass zehn dieser reichweitenstärksten Accounts Werbeeinnahmen von rund 19 Millionen Dollar pro Jahr bringen. Die Glaubwürdigkeit An Ansehen hat Twitter extrem verloren - und das nicht nur wegen der chaotischen Häkchen-Entscheidungen. Zwischenzeitlich wurden Accounts der BBC oder des US-Radio-Netzwerks NPR irreführenderweise als "staatlich finanziert" markiert. Diese Hinweise wurden mittlerweile wieder abgeschafft. NPR benutzt Twitter seitdem aber nicht mehr, weil das Netzwerk seine Glaubwürdigkeit in Gefahr sah. Die Bundesregierung sei besorgt und beobachte die Situation, sagte eine Regierungssprecherin in Berlin. Auch viele deutsche Medien sind weiter bei Twitter. Presseanfragen werden seit Wochen mit einer automatisierten E-Mail beantwortet. Sie enthält nur ein Zeichen: das Kothaufen-Emoji. Die Zukunft Twitter unter Musk hat ein chaotisches halbes Jahr erlebt. Vor allem die Entscheidungen rund um die Häkchen haben viel Vertrauen verspielt; Twitter wirkt zunehmend unzuverlässig. Noch sind viele Nutzer da. Alternativplattformen wie Mastodon sind zwar gewachsen, im Vergleich zu Twitter aber immer noch relativ klein. Der große, von vielen befürchtete Knall blieb zwar bisher aus - Twitter funktioniert grundsätzlich noch. Es weist aber bisher wenig darauf hin, dass Musk seinen chaotischen Führungsstil ändern wird. Deshalb steht Twitter aktuell ziemlich wackelig da. Beobachter vergleichen den Dienst unter Musk gelegentlich mit einem Schiff, das ganz langsam untergeht. Entscheidend wird sein, wann normale User, Politiker, Behörden und Medien in die Rettungsboote springen.
# Bankensorgen dürften DAX belasten Die Sorgen um die First Republic Bank und das US-Bankensystem drücken an den Börsen auf die Stimmung. Der DAX dürfte mit einem Minus in den Handel starten.    Der DAX wird heute nach Berechnungen von Banken und Brokerhäusern niedriger starten. Zur Wochenmitte hatte der deutsche Leitindex 0,5 Prozent schwächer bei 15.795,73 Punkten geschlossen. Wie steht es um das US-Bankensystem? Im Fokus der Anleger stehen weiter die Sorgen um das US-Bankensystem. Für Nervosität sorgt der anhaltende Ausverkauf bei den Aktien der US-Krisenbank First Republic, die gestern den zweiten Tag in Folge auf ein Rekordtief gestürzt waren. Analysten blicken angesichts des massiven Einlagenabflusses bei dem Regionalinstitut mit Sorge auf die Rettungsbemühungen. Über Nacht sank der Marktwert der First Republic kurzzeitig um bis zu 41 Prozent auf etwa 888 Millionen Dollar und damit erstmals unter die Eine-Milliarde-Dollar-Marke. Das ist weit entfernt von dem Höchststand von mehr als 40 Milliarden Dollar im November 2021. Einem Bericht des TV-Senders CNBC zufolge ist die US-Regierung nicht bereit, dem Kreditgeber unter die Arme zu greifen. Die Bank selbst prüft mehrere Optionen wie den Verkauf von Vermögenswerten oder die Gründung einer Bad Bank, sagte ein Insider der Nachrichtenagentur Reuters. Tech-Werte an der Wall Street gefragt In den USA hatten überraschend starke Quartalszahlen von Microsoft den technologielastigen Nasdaq-Indizes leichten Auftrieb gegeben. Der Dow Jones Industrial gab dagegen nach. Allgemein war die Stimmung eher gedrückt, was ebenfalls den seit Dienstag wieder aufgeflammten Sorgen rund um den US-Bankensektor geschuldet war. Der Dow Jones verlor 0,8 Prozent auf 33.301 Punkte. Der marktbreite S&P 500 sank um 0,4 Prozent auf 4055 Punkte. Der technologielastige Auswahlindex Nasdaq 100 legte zugleich um 0,6 Prozent auf 12.806 Punkte zu. Bankensorgen verhindern Tech-Rally in Asien Der anhaltende Kurssturz der First Republic Bank wirft trotz solider Geschäftszahlen großer Tech-Konzerne auch einen Schatten auf die Kauflaune der Anleger in Asien. Der 225 Werte umfassende Nikkei-Index lag im Verlauf 0,3 Prozent tiefer bei 28.336 Punkten. Der breiter gefasste Topix-Index blieb unverändert und lag bei 2024 Punkten. Die Börse in Shanghai lag dagegen 0,2 Prozent im Plus. Der Index der wichtigsten Unternehmen in Shanghai und Shenzen gewann 0,1 Prozent. Deutsche Bank will weitere Stellen abbauen Die Deutsche Bank ist dank höherer Erträge in der Unternehmensbank mit einem Gewinnanstieg in das Jahr gestartet, will aber weitere Stellen streichen. Deutschlands größtes Geldhaus verdiente im ersten Jahresviertel unter dem Strich 1,158 Milliarden Euro, ein Plus von neun Prozent. Die Deutsche Bank konnte damit das elfte Gewinnquartal in Folge ausweisen. Die Kosten will die Bank aber weiter senken und kündigte einen Stellenabbau "in kundenfernen Bereichen" an. Wie hoch dieser ausfallen soll, wurde zunächst nicht genannt. Meta-Gewinn sinkt Beim Facebook-Konzern Meta gab es im vergangenen Quartal ein Umsatzplus von drei Prozent, während Analysten einen Rückgang erwartet hatten. Auch für das laufende Vierteljahr rechnet Meta mit einem Plus. Gründer und Chef Mark Zuckerberg sieht in Software mit Künstlicher Intelligenz einen Wachstumstreiber. Der Quartalsgewinn sank unterdessen um 24 Prozent auf 5,7 Milliarden Dollar. Starke Zahlen der Deutschen Börse Die Kursturbulenzen der vergangenen Monate haben der Deutschen Börse ein überraschend starkes Quartalsergebnis beschert. Der Reingewinn und das operative Ergebnis stiegen um jeweils zwölf Prozent auf 473 beziehungsweise 772 Millionen Euro. Das Umsatzwachstum fiel mit 16 Prozent auf 1,231 Milliarden Euro ebenfalls höher aus als erwartet. Absatzeinbruch bei BASF Im ersten Quartal sackten bei BASF Umsatz und Gewinn kräftig ab. Mit knapp 20 Milliarden Euro lag der Erlös über 13 Prozent niedriger als ein Jahr zuvor, als der russische Einmarsch in die Ukraine mitten im Quartal die Weltmärkte erschüttert hatte. Das um Sonderposten bereinigte operative Ergebnis vor Zinsen und Steuern (bereinigtes Ebit) sackte um fast ein Drittel auf gut 1,9 Milliarden Euro nach unten. Deutlich schlechter liefen die Geschäfte in fast allen Sparten. Nur das Geschäft mit Produkten für die Landwirtschaft entwickelte sich besser. HelloFresh verdient operativ mehr als erwartet Beim Kochboxenversender HelloFresh ging das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) um rund ein Drittel auf 66 Millionen Euro zurück. Experten hatten damit gerechnet, dass das operative Ergebnis bis auf rund 40 Millionen Euro absackt. Der Umsatz stieg erwartungsgemäß um rund fünf Prozent auf circa zwei Milliarden Euro. Konzernchef Dominik Richter hatte bereits vor einem Monat gesagt, dass das Wachstum der Monate Januar bis März nicht zweistellig ausfallen werde. Schwache Chip-Nachfrage belastet Samsung Die schwache Nachfrage nach Speicherchips, ein Überangebot und Preisrückgänge haben beim Marktführer Samsung im ersten Quartal deutlich am Gewinn gezehrt. Der Überschuss brach im Jahresvergleich um 86 Prozent auf 1,57 Billionen Won (1,06 Milliarden Euro) ein. Die Chipsparte wies demnach erstmals seit 14 Jahren wieder einen Verlust aus. Samsung erwartet, dass sich die Nachfrage in der zweiten Jahreshälfte langsam wieder erholt.
# US-Autorin Carroll wirft Trump Vergewaltigung vor Die US-Journalistin und Autorin Carroll hat vor einem New Yorker Gericht ihren Vergewaltigungsvorwurf gegen Ex-Präsident Trump bekräftigt. Es geht um einen Vorfall aus den 90er Jahren. Die US-Autorin Jean Carroll hat Donald Trump bei ihrer Zeugenaussage im Zivilprozess gegen den früheren Präsidenten Sexualverbrechen vorgeworfen. "Trump hat mich vergewaltigt", sagte die heute 79-Jährige vor einem Bundesgericht in Manhattan über die angebliche Tat Trumps Mitte der 1990er Jahre in einem New Yorker Nobelkaufhaus. Vorfall in einer Umkleidekabine Sie schilderte der Jury übereinstimmenden Medienberichten zufolge, wie Trump sie zunächst ansprach und um Hilfe bei einem Geschenk für eine Freundin bat. In der Folge habe er ihr signalisiert, mit ihm in eine Umkleidekabine zu gehen. Dort habe er sich Carrolls Darstellung zufolge dann an sie gedrückt und sei erst mit den Fingern und dann mit seinem Penis in die Schriftstellerin eingedrungen. Carroll erzählte weiter, sie habe Trump schließlich weggestoßen und sei aus dem Kaufhaus geflohen. "Ich habe mich geschämt, ich dachte, es wäre meine Schuld", sagte Carroll der "New York Times" zufolge. Trump: Carroll nicht mein "Typ" Nach dem Vorfall sei sie unfähig gewesen, romantische Beziehungen einzugehen. Der damals noch nicht als Politiker tätige Immobilienunternehmer Trump weist die Anschuldigung zurück. Carroll hatte den Vergewaltigungsvorwurf erstmals 2019 öffentlich gemacht, als Trump US-Präsident war. Der Republikaner bezichtigte sie daraufhin der Lüge und erklärte, sie sei nicht sein "Typ". "Er hat gelogen und meinen Ruf zerstört", sagte Carroll nun vor Gericht. "Ich bin hier, um mein Leben zurückzubekommen." Sie wisse zwar, dass anderen Menschen Schlimmeres widerfahren sei. Sie habe aber nach dem Vorfall nie wieder ein Liebesleben führen können. Vorwürfe strafrechtlich verjährt Carroll, eine langjährige Kolumnistin für das Magazin "Elle" und frühere Fernsehmoderatorin, hat Trump auf Schmerzensgeld in nicht genannter Höhe verklagt. Strafrechtlich sind die Vorwürfe verjährt, zivilrechtlich stand Carroll der Rechtsweg für eine Klage jedoch offen. Es wird geschätzt, dass der Prozess - der am Montag begonnen hatte - eine Woche dauern könnte. Trump selbst erschien bislang nicht. Dazu verpflichtet ist er nicht. Der Ex-Präsident war bereits im Oktober von Carrolls Anwältin unter Eid befragt worden. Carroll hatte Trump zunächst wegen Verleumdung verklagt. Im vergangenen November reichte sie eine zusätzliche Klage wegen der mutmaßlichen Vergewaltigung selbst ein. Möglich wurde dies durch ein neues Gesetz im Bundesstaat New York, das mutmaßlichen Vergewaltigungsopfern unabhängig von Verjährungsfristen erlaubt, mutmaßliche Täter auf Schadenersatz zu verklagen. Immer wieder Vorwürfe des sexuellen Fehlverhaltens gegen Trump Trump ist im Verlauf der Jahrzehnte von zahlreichen Frauen des sexuellen Fehlverhaltens bis hin zur Vergewaltigung beschuldigt worden. Der Republikaner, der bei der Präsidentschaftswahl 2024 erneut antreten will, hat solche Vorwürfe stets zurückgewiesen. Erst vor knapp einem Monat war Trump wegen einer Schweigegeldzahlung an die Pornodarstellerin Stormy Daniels vor der Präsidentschaftswahl 2016 als erster Ex-US-Präsident der Geschichte angeklagt worden. Die Staatsanwaltschaft von Manhattan wirft dem 76-Jährigen eine Fälschung von Geschäftsunterlagen in 34 Fällen vor.
# Wegner vor Wahl zum Regierenden Bürgermeister Üblicherweise beginnt die Sitzung des Berliner Abgeordnetenhauses morgens um 10 Uhr. Aber ausgerechnet an dem Tag, den sich die neue Koalition für die Machtübergabe ausgeguckt hat, ist der Plenarsaal schon seit langem reserviert - für "Schülerinnen treffen Politik". Wenn das Parlament rund 100 Mädchen (wie immer am vierten Donnerstag im April) zum Girl’s Day begrüßt, dann muss der CDU-Chef eben warten. Kein Problem für Kai Wegner, der schon seit Jahren geduldig auf diesen Moment hingearbeitet hat. Die Mädchen gehen ja auch wieder. Der Weg für Schwarz-Rot in Berlin ist frei. Einen Tag nach der SPD stimmte am Montag auch die CDU für das geplante Bündnis - allerdings wesentlich eindeutiger als die Sozialdemokraten. Auch die Senatorenriege ist schon bekannt.mehr 12 Uhr mittags Ab 12 Uhr, kurz vor dem Abschluss ihres "Mädchen-Zukunftstags", können die Besucherinnen noch von den Fraktionsbüros aus per Übertragung miterleben, wie Wegner ausgerechnet Berlins erste Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey wieder aus dem Amt verabschiedet - nach gerade mal 16 Monaten. Mit den Stimmen der CDU-Fraktion, deren Frauenanteil bei nicht einmal 25 Prozent liegt. Mit Hilfe der SPD, die lieber ihre Spitzenfrau zu Wegners Stellvertreterin degradiert, als gleichauf mit den Grünen und gemeinsam mit den Linken die rot-grün-rote Koalition fortzusetzen. Andererseits will Wegner mit einem überwiegend weiblichen Senat regieren. Unmittelbar nach seiner Wahl am Donnerstag fährt er ins Rote Rathaus, um dort drei Senatoren und sieben Senatorinnen zu ernennen. Mit Frauen in Machtpositionen hat Wegner nie Probleme gezeigt, am Ende nämlich setzte er sich durch. Wie schon gegen seine Vorgängerin Monika Grütters. Statt der damaligen CDU-Kulturstaatsministerin und Landesvorsitzenden den Kampf zu erklären, zog sich Generalsekretär Wegner nach der verlorenen Wahl 2016 aus der Landespartei zurück. Er überließ Grütters das Trümmerfeld. Nur ein Jahr später war er zurück, 2019 überließ Grütters ihm kampflos die Parteiführung. Erst lange warten … Sicher geschlagen schien Wegner auch 2021, als seine Rivalin Giffey am Superwahltag doch noch einen SPD-Sieg herausholte - und er selbst als gescheiterter Spitzenkandidat mit seiner Partei am Boden lag. Aber während die CDU schon laut über einen Ersatzkandidaten für die Wiederholungswahl nachdachte, blieb Wegner geduldig. Und taktierte erfolgreich, als er auch nach dem größten CDU-Wahlsieg seit 22 Jahren das Tempo herausnahm. Während Grüne und Linke auf eine schnelle Fortsetzung von Rot-Grün-Rot setzten, gab Wegner der schockierten SPD genügend Zeit, um das Trauma des Wahldesasters zu verarbeiten. Je länger sich die Sondierungen zogen, umso mehr freundeten sich die SPD-Verhandler mit ihrer Rolle als Juniorpartner an. Und der Gegendruck des linken Parteiflügels verpuffte während des langen SPD-Mitgliedervotums. Kai Wegner und seine Partei mussten nur warten. Die neuen Koalitionspartner in spe, SPD und CDU, haben ihre jeweilige Regierungsmannschaft offiziell vorgestellt. Einige Personen sind schon länger im Amt, andere wiederum sind ganz neu. Alle Senatoren und Senatorinnen im Überblick.mehr … dann voll durchstarten Aber nach Wegners Wahl am Donnerstag beginnt ein neues politisches Spiel unter neuen Rahmenbedingungen. Die traditionellen hundert Tage Schonfrist kann sich der neue Senat diesmal nicht gönnen. Statt in den üblichen fünf Jahren muss die neue Koalition ihre Erfolgserlebnisse bis zum Ende der Legislaturperiode 2026 sammeln. Wenn Wegner wiedergewählt werden will, muss er jetzt ein höheres Tempo anschlagen - und die meisten Aufgaben, die der Giffey-Senat ihm hinterlassen hat, sind vertrackt. Bei der Verwaltungsreform will Schwarz-Rot da weitermachen, wo Rot-Grün-Rot aufgehört hat. Im ersten Schritt die Aufgaben der Bezirke und des Senats neu zu sortieren, kann zwar schnell gelingen. Aber für die wichtigeren größeren Reformen müsste erst die Verfassung geändert werden: Die Vereinheitlichung der Bezirke unter den Vorgaben des Senats. Und ausgerechnet bei Kernfragen wie einem möglichen politischen Bezirksamt oder der Direktwahl der Bezirksbürgermeister sind sich SPD und CDU bisher nur darin einig, dass sie sich nicht einig sind. Digitalisierung als Chefsache Dass der Regierende Bürgermeister auch die Digitalisierung der Verwaltung zur Chefsache machen will, könnte zwar neuen Schub bringen. Aber die auch die Verschiebung der Zuständigkeiten aus der Innenverwaltung in die Senatskanzlei und die Abberufung des eingearbeiteten "Chief Digital Officer", dem Staatssekretär Ralf Kleindiek (SPD), kosten erstmal wertvolle Zeit. Auch beim Wohnungsbau sind ambitionierte Ziele schneller in einem Koalitionsvertrag vereinbart, als neue Wohnungen entstehen - oder gar die Mieten sinken. Selbst symbolische Aufbruchssignale wie das Mietenbündnis sind angesichts der Lage am Wohnungsmarkt kaum glaubwürdig. Der nach den Chaoswahlen angezählte Andreas Geisel konnte sich auch nach dem Jobwechsel als Bausenator nicht mehr rehabilitieren. Er wird nach 16 glücklosen Monaten geräuschlos durch seinen Staatssekretär Christian Gaebler ersetzt. Die lange vorbereitete Änderung der Bauordnung könnte zwar jetzt so ein Signal sein. Aber selbst wenn Schwarz-Rot ohne den sozial-ökologischen Widerstand von Linken und Grünen auf diese Weise die eine oder andere Bremse lösen kann: Sichtbare Veränderungen brauchen mehr Zeit, als die Koalition hat. Das gilt auch für große Verkehrsprojekte. Ein öffentlicher Streit über den Autoverkehr in der Friedrichstraße ist schnell geführt - die A100 zu verlängern oder neue U-Bahn-Linien anzulegen, ist eine Frage von Jahrzehnten. Mehr Härte Ganz fix einen anderen Ton anschlagen kann der neue Senat aber bei der Inneren Sicherheit. Sei es im Umgang mit widerständigen Klimaaktivisten, bei der Forderung nach mehr Befugnissen der Sicherheitsbehörden und Ausrüstung wie Taser und Bodycam. Die SPD-Innensenatorin Iris Spranger zeigte sich in Ton und Sache schon vor dem Regierungswechsel öfter mit der CDU einig als mit Linken und Grünen. Dass die CDU Ressentiments in öffentliche Zustimmung für einen härteren Kurs umwandeln kann, haben Wegner und seine Leute nach den vergangenen Silvesterkrawallen bewiesen. Die Union dürfte der SPD-Senatorin wohl kaum das Sicherheitsthema überlassen. Welche Rolle dabei die noch unbeschriebene parteilose Justizsenatorin Felor Badenberg für die CDU übernehmen wird, wird sich zeigen. Schon vor dem Amtsantritt hat sie sich für Vorratsdatenspeicherung und Onlinedurchsuchung ausgesprochen. Um sich auf Änderungen des Polizeigesetzes zu einigen, hatte Rot-Rot-Grün zuletzt Jahre gebraucht - Schwarz-Rot könnte zeigen, das Verschärfungen auch kurzfristig möglich sind. "Vernunftehe" statt "Liebesheirat" Vor allem mit dem Versprechen für eine konstruktive Zusammenarbeit will die neue Koalition zeigen, dass Politik nicht nur im Streit vorankommt. Bei allen Unterschieden zwischen beiden Parteien sei es "immer das Ziel der Koalitionsverhandlungen gewesen, eine gemeinsame Lösung zu finden", so beschrieb Wegner den Anspruch einer verlässlichen Partnerschaft. Statt einer "Liebesheirat" sei die Koalition eine "Vernunftehe". Das allerdings hatten sich schon viele Bündnisse erst fest versprochen und dann gebrochen. Wie stabil die schwarz-rote Verbindung bleibt, auch wenn die Interessen auseinandergehen, dürfte sich spätestens dann zeigen, wenn gegen Ende der Legislaturperiode wieder der Wahlkampf in den Vordergrund rückt. Zuletzt hatten SPD und CDU von 2011 bis 2016 gemeinsam regiert, aber sich im Wahlkampf hart angegangen. Beide verloren daraufhin massiv an Stimmen. Als Regierender kann Wegner nun zeigen, dass er seine Lektion gelernt hat. Sendung: Heute im Parlament, 27.04.2023, 12 Uhr
# Deutsche Bank will weitere Stellen streichen Deutschlands größtes Geldhaus hat überraschend einen Milliardengewinn eingefahren. Um den Gewinn weiter nach oben zu treiben, will die Deutsche Bank die Kosten nun noch kräftiger senken - auch mit neuen Stellenstreichungen. Die Deutsche Bank hat im ersten Jahresviertel unter dem Strich 1,158 Milliarden Euro verdient - und damit neun Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Das übertraf die Erwartungen der Analysten deutlich, die im Schnitt nur mit rund 977 Millionen Euro gerechnet hatten. Für den DAX-Konzern ist es das elfte Gewinnquartal in Folge. Höchster Vorsteuergewinn seit 2013 Auch vor Steuern verdiente die Deutsche Bank mit 1,85 Milliarden Euro mehr als erwartet - ein Plus von zwölf Prozent im Vergleich zu den ersten drei Monaten des Vorjahres. Dies ist nach Angaben der Deutschen Bank der höchste Vorsteuergewinn seit 2013. Die Ergebnisse des ersten Quartals zeigten, dass die Bank auf gutem Weg sei, die vom Vorstand gesetzten Ziele für 2025 "zu erreichen oder zu übertreffen", bilanzierte Konzernchef Christian Sewing. Sparen beim Baufinanzierungsgeschäft Um den Gewinn weiter nach oben zu treiben, will der Vorstand die Kosten noch kräftiger senken als bisher geplant, wie Deutschlands größtes Geldhaus heute in Frankfurt ankündigte. Die zusätzlichen Kosteneinsparungen sollen sich nun auf 2,5 Milliarden Euro summieren. Bisher waren 2,0 Milliarden Euro angestrebt. Kosten einsparen will der DAX-Konzern durch die Verschlankung des Baufinanzierungsgeschäfts und die weitere Verkleinerung des Technologiezentrums in Russland, aber auch durch Stellenstreichungen vor allem im Privatkundengeschäft und bei Infrastrukturfunktionen. Im zweiten Quartal werde die Bank damit beginnen, fünf Prozent der Stellen von Besser-Verdienenden in kundenfernen Bereichen abzubauen und Neueinstellungen zu beschränken, hieß es. Wie hoch der Stellenabbau ausfallen soll, wurde zunächst nicht genannt. Deutsche-Bank-Aktie zieht an Klar ist hingegen, welchem Zweck die Kosteneinsparungen dienen: "Wir wollen operativ mehr Kosten einsparen als bisher geplant und unser Kapital effizienter nutzen, um die Ausschüttungen an unsere Aktionäre und unsere Rendite zu erhöhen", erklärte Sewing. Bei den Anlegern kommen die Quartalszahlen und angekündigten Kosteneinsparungen denn auch gut an: Die Deutsche-Bank-Aktie zieht im frühen Handel auf der Plattform Tradegate um 2,7 Prozent auf 9,63 Euro an. Seit dem Tief Ende März bei 7,95 Euro hatte sich der Kurs zuletzt deutlich erholen können. Für die vergangenen sechs Monate steht dennoch ein leichtes Kursminus zu Buche.
# Wer ist der Viessmann-Käufer? Der Heizungshersteller Viessmann verkauft seine zukunftsträchtige Wärmepumpen-Sparte an den US-Konzern Carrier Global. Wer ist der Käufer und womit müssen deutsche Kunden rechnen? Es war im Jahre 1902, als sich der amerikanische Ingenieur Willis Carrier ein elektrisches Gerät patentieren ließ, das in den wärmeren Gefilden des Planeten zum Verkaufsschlager wurde: die Klimaanlage. 13 Jahre später gründete der Tüftler seine eigene Firma. Heute ist die Carrier Global Corporation einer der weltweit führenden Hersteller von Heizungs- und Ventilationssystemen - und natürlich von Klimaanlagen. Das Unternehmen mit Sitz im US-Bundesstaat Florida beschäftigt mehr als 52.000 Angestellte und vertreibt seine Produkte in 160 Ländern auf sechs Kontinenten. Der Name ist Programm Es sei ein Branchenriese und Global Player, sagt auch Alexander Gard Murray, Klimawandel-Forscher an der Brown University, im ARD-Interview: Carrier Global sei unvergleichlich größer als der deutsche Mittelständler Viessmann - und der Konzern sei auf Expansionskurs. "Heute nennt sich die Firma Carrier Global", betont der Ökonom, "mit der Übernahme von Firmen in Asien und Europa macht sie den Namen zum Programm." Dass Wärmepumpen die Zukunft sind, - zum Heizen im Winter, aber auch zum Kühlen im Sommer, in Doppelfunktion also -, davon ist auch Murray überzeugt. "Effiziente Wärmepumpen werden entscheidend sein, wenn es darum geht, sich von der Kohle zu verabschieden, von Fossilheizungen", sagt er, "egal woher der Strom dafür kommt". Auf dem US-Markt sei der Trend längst angekommen.   Wachstumsmarkt Wärmepumpen In den USA sei der Anteil der Neubauten, die mit Wärmepumpen geheizt und gekühlt werden, von weniger als einem Viertel im Jahre 2000 auf jetzt 40 Prozent angestiegen, berichtet der Experte. Die Tendenz ist weiter steigend. Joe Bidens kostspieliges Klimaschutz- und Sozialpaket, der sogenannte Inflation Reduction Act, ist auch ein enormes Förderprogramm für Wärmepumpen. Genau darauf bezog sich der Chef des nordhessischen Heizungsbauers Viessmann, Max Viessmann, als er jetzt im US-Fernsehen den Verkauf seiner Klimasparte erklärte. "Wenn Sie sich den Inflation Reduction Act ansehen", so Viessmann im Interview mit CNBC, "dann können Sie darin eine Riesengelegenheit für beide Firmen sehen, ihre Stärken zu bündeln." Die riesigen Produktionskapazitäten und der weltweite Vertrieb von Carrier kombiniert mit der deutschen Technologie: So entstehe ein führender Branchenriese. Für den deutschen Kunden könnte das heißen: Die Wärmepumpen - engineered in Germany - gehen in die Massenproduktion für einen globalen Markt und werden entsprechend billiger. Und von Monopolbildung könne auch noch keine Rede sein, meint der Klimaforscher Murray. Noch herrsche auf dem globalen Wärmepumpenmarkt ein gesunder Wettbewerb.
# Was der Bundespräsident in der Arktis macht Zum Abschluss seines Kanada-Besuchs ist Bundespräsident Steinmeier in den eisigen Norden geflogen. Hier zeigen sich die Folgen des Klimawandels besonders drastisch. Ein Besuch zwischen Erkenntnisgewinn und CO2-Abdruck. "Arctic Ocean" steht auf einem großen blauen Schild an der Spitze der Halbinsel von Tuktoyaktuk. Überall Schnee und Eis. Der Ozean ist zugefroren. Aber das ist immer öfter nicht der Fall, sagt Erwin Elias, der Bürgermeister von Tuktoyaktuk. Wenn das Eis schmilzt, bedroht das die Küste: "Hier standen mal Häuser. Aber weil die Küste erodiert, mussten die Menschen umgesiedelt werden." Das sei hart für sie, sagt der Bürgermeister. "Deshalb versuchen wir die Küste so lange es geht durch Barrieren zu schützen." Besuch mit 40-köpfiger Delegation Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier besucht die Inuit-Gemeinde an der kanadischen Polarmeerküste, um sich die Folgen des Klimawandels hier erklären zu lassen. Der Gast aus Deutschland und seine 40-köpfige Delegation werden nach einem Treffen mit dem Gemeinderat herumgeführt. Bei strahlendem Sonnenschein und Temperaturen um die minus zehn Grad. Oben der klare blaue Himmel, unten alles in Weiß. Diese eisige Schönheit sei bedroht, so Steinmeier. In etwa 50 Jahren werde es große Teile dieses Ortes nicht mehr geben. "Es ist unglaublich, mit welcher Mühe und welchem Ehrgeiz sich die Menschen wehren gegen die Folgen des Klimawandels." Diese seien hier schon jetzt auf dramatische Weise zu sehen, so der Bundespräsident. "Das zeigt aber auch unsere Verantwortung und was von der Weltgemeinschaft noch zu tun bleibt." 900 Menschen leben hier Steinmeier besucht Tuktoyaktuk zusammen mit der kanadische Generalgouverneurin Mary Simon, dem formellen Staatsoberhaupt Kanadas, der Vertreterin von König Charles. 900 Einwohner hat der Ort nördlich des Polarkreises, viele leben vom Fischfang oder von der Jagd. Mit dabei in Steinmeiers Delegation ist Antje Boetius, die Direktorin des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven. Das AWI untersucht hier in der Gegend regelmäßig die Böden, misst deren Eisstärke und beobachtet, wie sich die Küste und das Land durch das fortschreitende Abschmelzen des Eises verändern. "Die arktische Region ist diejenige, die sich auf der Erde am schnellsten erwärmt - vier Mal schneller als der globale Durchschnitt in den letzten 40 Jahren." Meereis schützt die Küste - noch Das Meereis sei ein natürlicher Küstenschutz ist, erläutert die AWI-Direktorin. Wo der Ozean selbst mit Eis bedeckt sei, könnten keine Wellen gegen das Land schlagen. Aber das Meereis schwinde mit 13 Prozent pro Dekade. "Und wo das Meereis weg ist, gibt es für die Wellen dann die Möglichkeit, direkt gegen die Küste zu schlagen und sich wirklich zig Meter pro Jahr zu holen." Nach einer Analyse des Alfred-Wegener-Instituts hat der Klimawandel in der Arktis auch sicherheitspolitische Auswirkungen. Das schmelzende Eis erleichtere den Zugang zu Ressourcen wie Öl, Gas oder seltene Erden. Und das wecke neue Begehrlichkeiten - auch wenn es um neue Fischfanggebiete oder Schifffahrtswege geht. Die kanadische Armee beobachtet verstärkte russische und auch chinesische Aktivitäten in der Region. So habe kürzlich ein chinesisches Forschungsschiff die Nordwestpassage durchfahren. Aufwändige Anreise Insgesamt vier Tage Zeit hat sich Bundespräsident Steinmeier für seinen ersten Kanada-Besuch genommen. Der Abstecher in die Arktis ist Abschluss und Höhepunkt zugleich. Schon die Anreise ist ziemlich aufwändig. Zuerst rund zweieinhalb Stunden Flug im Regierungsflieger, dem großen Airbus A350, von Vancouver nach Yellowknife, der Hauptstadt der kanadischen Nordwest-Territorien. Dort nach kurzem Zwischenstopp Umstieg auf ein kleineres, gechartertes Propeller-Flugzeug vom Typ ATR 72. Noch mal gut zweieinhalb Stunden Flug. Die große Präsidentenmaschine könnte auf dem kleinen Flugplatz von Tuktoyaktuk gar nicht landen. Das erste Mal in der Arktis Mit dabei in der Delegation eine Handvoll Journalisten, die Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger, drei Staatssekretäre und drei Bundestagsabgeordnete. Für alle ist es das erste Mal in der Arktis. Unter Klimagesichtspunkten ist der Abstecher ins schmelzende Eis mit rund vierstündigem Aufenthalt durchaus zwiespältig. Viel Kerosin, um sich selbst ein Bild zu machen. "Man muss zwar überhaupt nichts gesehen haben, aber ich denke schon, dass es sinnvoll ist", sagt Dietmar Bartsch, der Vorsitzende der Linken-Fraktion im Bundestag. "Wir treffen ja Entscheidungen im Deutschen Bundestag, es ist eine Ehre den Bundespräsidenten zu begleiten." Die CDU-Abgeordnete Silvia Breher hält den Austausch und das Vor-Ort-Erleben für wichtig. Denn Kanada betrachte den Klimaschutz wegen der eigenen Betroffenheit aus einer anderen Warte als Deutschland. Und der SPD-Abgeordnete und Vorsitzende der Deutsch-Kanadischen Parlamentariergruppe, Bernd Rützel, betont, dass die Reise mit Respekt für die Inuit in Kanada zu tun habe. "Stellen Sie sich vor, in Deutschland würden alle Besucher nur in Berlin sein - aber nicht in München oder Hamburg." Erst Wirtschaft, dann Klimakrise Bundespräsident Steinmeier versucht auf der Kanada-Reise die Themen Klimawandel und Transformation der Wirtschaft zu verbinden. Vor dem Abstecher in der Arktis war eine große Wirtschaftsdelegation mit dabei in der Hauptstadt Ottawa und in der West-Küstenmetropole Vancouver. Dort auf dem Programm stand etwa der Besuch des Werks von Cellcentric, wo Daimler Trucks und Volvo Prototypen für zukünftige LKW-Antriebe mit Brennstoffzellen entwickeln. An der University of British Columbia geht es um die Wissenschafts-Zusammenarbeit für mehr Nachhaltigkeit. "Klar ist, dass wir entschieden sein müssen auf dem Weg, CO2-Emissionen einzusparen und diese zu ersetzen durch andere und neuere Technologien", so der Bundespräsident. Und dazu brauche es die Zusammenarbeit mit Kanada auf allen Ebenen. Der kurze Abstecher in die Arktis ist aus Steinmeiers Sicht daher wichtig, zumal er dazu von der kanadischen Generalgouverneurin eingeladen worden sei. Nicht jeder könne und solle in die Arktis reisen, so der Bundespräsident. "Deshalb müssen diese Reisen dazu dienen, die Informationen und auch die Gespräche, die wir mit den Inuit haben, weiter zu transportieren und die Sensibilität für die Klimafragen zu stärken." Der Besuch in Tuktoyaktuk endet mit einem Empfang und Musikvorführungen im Gemeindezentrum. Der halbe Ort ist gekommen, der Saal ist voll. Freude über den Besuch an diesem sonnigen Tag. Auch wenn die Zukunft hier an der Polarmeerküste ungewiss ist.
# Leipziger Buchmesse 2023 ist eröffnet Mit einem Festakt im Gewandhaus ist am Mittwochabend die Leipziger Buchmesse 2023 eröffnet worden. Dabei wurde traditionell der Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung vergeben, der in diesem Jahr an die russisch-jüdische Autorin Maria Stepanova geht. Damit findet die Buchmesse erstmals seit 2019 überhaupt wieder statt – in den vergangenen drei Jahren war sie wegen der Corona-Pandemie abgesagt worden. Von Donnerstag bis Sonntag öffnet die Messe dann auch fürs Publikum. Buchmesse-Direktor Oliver Zille sagte dem MDR, er freue sich, dass es nun endlich wieder losgehe. Es gebe einen "unbedingten, superstarken Willen der Buchbranche", die Buchmesse "wieder zum Erfolg zu führen". Was die Besucherzahlen betrifft, hatte Zille die Erwartungen allerdings schon im Vorfeld gedämpft. Es sei ein Erfolg, wenn 60 Prozent des Vorkrisenjahres 2019 erreicht würden – das wären rund 130.000 Besucher. Kulturstaatsministerin Claudia Roth betonte die Bedeutung der Buchmesse: "Leipzig ist die älteste Buchmesse. Sie ist eine der größten und wichtigsten in ganz Europa. Sie ist die Buchmesse, die eine Brücke baut nach Mittel- und Osteuropa." Das sei auch "in Zeiten des Krieges in der Ukraine von ganz zentraler Bedeutung", so die Grünen-Politikerin. So eine Messe ist ein Fest der Demokratie, weil Literatur eine Stimme der Demokratie ist. Claudia Roth, Kulturstaatsministerin | Leipziger Buchmesse als Publikumsmesse Nach Angaben der Organisatoren haben sich zur Messe über 2.000 Ausstellerinnen und Aussteller aus 40 Ländern angemeldet. Dabei ist die Leipziger Buchmesse in erster Linie eine Messe fürs Publikum: Beim begleitenden Lese-Festival "Leipzig liest" an 350 Orten in den Messehallen und in der gesamten Stadt sind mehr als 3.000 Veranstaltungen geplant. Zu erleben sind viele prominente Autorinnen und Autoren, etwa Altkanzlerin Angela Merkel, Krimi-Autor Sebastian Fitzek mit seinem ersten Nicht-Krimi, Moderator Eckart von Hirschhausen oder Tocotronic-Sänger Dirk von Lowtzow. Daneben wollen zahlreiche Nachwuchsautoren auf der Messe ein Publikum finden. Auch für Kinder gibt es viele Lesungen. Österreich präsentiert sich in Leipzig als Gastland Gastland der Leipziger Buchmesse 2023 ist Österreich. Mehrere Hundert österreichische Autorinnen und Autoren sowie Verlage präsentieren ihre Bücher, zum Beispiel Robert Menasse, Arno Geiger, Robert Seethaler, Teresa Präauer, Franzobel oder Erika Fischer. Auch der renommierte Preis der Leipziger Buchmesse wird wieder verliehen, traditionell am Messe-Donnerstag. Auf den Shortlists für die drei Preiskategorien stehen 15 Namen, darunter Ulrike Draesner, Angela Steidele, Clemens J. Setz, Jan Philipp Reemtsma und Antje Rávik Strubel. Erstmals zeichnet die Leipziger Buchmesse zudem schwerpunktmäßig Comics, Mangas und Graphic Novels mit dem Lesekompass aus. Denn im Rahmen der Buchmesse findet auch die Manga-Comic-Con wieder statt, die wichtigste deutsche Frühjahrsveranstaltung der Manga- und Comicszene. Quelle: Buchmesse, dpa, epd, Eigenrecherche, redaktionelle Bearbeitung: Hendrik Kirchhof
# Welche Lehren die USA aus der Pandemie ziehen Was haben die USA aus der Corona-Pandemie gelernt? Darauf gibt nun ein US-Untersuchungsbericht Antworten. Federführend war der Historiker Zelikow, der schon der Kommission zu den Anschlägen vom 11. September vorsaß. Schon der Titel des Untersuchungsberichts ist provozierend: "Lehren aus dem Covid-Krieg". Krieg? Ja, das Wort Krieg ist nach Ansicht von Philip Zelikow gerechtfertigt, schon durch die mehr als 1,1 Millionen Toten allein in den USA. Es war die weltweit teuerste Krise seit dem Zweiten Weltkrieg, sagt der Historiker. Sein Fazit im Radiosender NPR: "Wir hatten die beste Wissenschaft. Wir waren bereit, das meiste Geld auszugeben. Das war nicht das Problem. Das Problem lag im Wissen, was zu tun ist. Und in der Bereitschaft, es zu tun." Das heißt: Die USA als reichstes Land der Welt hatten nicht das Wissen, wie man einer Pandemie effektiv begegnet und nicht die Fähigkeit, Entscheidungen schnell genug zu treffen und wirksam umzusetzen. Zu spätes und zu zögerliches Handeln Die größten Fehler zu Beginn der Pandemie Anfang 2020 waren laut Zelikow: zu spät zu warnen, nicht rechtzeitig Geld für Notfallprogramme bereitzustellen und zu zögerlich ein Covid-Testprogramm zu entwickeln. "Sobald eine Pandemie ausbricht, zählt jede Minute", betont der Historiker. Im Zentrum sieht er dabei die Schulen. Wird in den Schulen nicht früh wirksam eingegriffen, verbreitet sich ein Virus in Windeseile in Familien, in Städten und Gemeinden, in Altenheimen. Es muss schnell entschieden und dann klar und einheitlich kommuniziert werden. Das gilt laut Zelikow für alle Entscheidungen und Empfehlungen, auch zum Testen oder Impfen: "Die Kommunikation war fürchterlich“, sagt Zelikow und lacht bitter. Er vermeidet eine Namensnennung, aber es ist klar, wer über weite Strecken der Pandemie hauptverantwortlich war: Ex-Präsident Donald Trump. Föderalismus als Teil des Problems Dazu kommt ein strukturelles Problem: der Föderalismus - der in den USA noch ausgeprägter ist als in Deutschland. 50 Bundesstaaten haben speziell in der Gesundheitspolitik eigene Kompetenzen, Landkreise, Städte, Gemeinden, private Träger noch dazu. Die politischen Strukturen der USA, geformt im 19. Jahrhundert, sind für das 21. Jahrhundert völlig ungeeignet, heißt es im Untersuchungsbericht. Verschärfend kam die aktuelle Spaltung des Landes dazu. Die Fragen: Testen, Impfen, Maske tragen - Ja oder Nein - wurden zum Teil des Kulturkampfs zwischen Republikanern und Demokraten. "Dieses Virus hat sich nicht darum geschert, ob Du Republikaner oder Demokrat, ob Du alt oder jung bist. Es ging auf dich los", betont der Mitautor des Untersuchungsberichts, der Epidemiologe Michael Osterholm im Fernsehsender CNN. Zentraler Pandemie-Beauftragter gefordert "Zu den vielen Empfehlungen der Studie gehört, den Posten eines zentralen Pandemie-Beauftragten zu schaffen, der über allen beteiligten Behörden steht. Sozusagen einen "Dr. Fauci plus". Anthony Fauci war Berater, erst von Trump, dann von Präsident Joe Biden. Entscheidungskompetenz hatte er kaum. Auch Fauci hat sich aus dem Ruhestand mit einem Corona-Fazit bei CNN zu Wort gemeldet: "Wir haben es nicht so gut bewältigt wie es möglich gewesen wäre. Und wir müssen es künftig besser machen." Nach Faucis Worten ist die Covid-Pandemie keineswegs ganz vorbei. "Wir haben in den USA immer noch etwa 150 Tote am Tag", betont er. Zur Frage, ob es ein nächstes, anderes Virus, ob es eine nächste Pandemie geben wird, heißt es auch im Untersuchungsbericht: die Frage ist nicht ob, sondern wann.
# Der lange Weg zum Arztberuf Der Bundestag berät heute über das Fachkräfteeinwanderungsgesetz. Bislang sind die Hürden für Einwanderer hoch, auch für ausländische Ärzte - und in den Herkunftsländern sorgen sie für einen "brain drain". Rosh Al Husseini sitzt in der Wohnung seines Freundes Nafes in Krefeld und übt deutsche Grammatik. Der 25-Jährige ist Anfang März über den Libanon nach Deutschland gekommen. Stolz zeigt Rosh einen Ordner voller Zeugnisse und Bescheinigungen. Ein Jahr lange dauerte der gesamte Prozess, vom Antrag bei der Bezirksregierung Münster bis zur Ausstellung des Visums. Damit ist er seinem Traum, als Arzt in Deutschland zu arbeiten, ein Stück näher gekommen. Schon in den Anfängen seines Medizinstudiums in Syrien vor acht Jahren war dem jungen Mann klar, dass er irgendwann auswandern würde. Al Husseini blieb im Land Aber während 2015 und 2016 viele seiner Verwandten und Freunde aus Syrien flohen, blieb Al Husseini im Land und zog für das Studium von Qamischli im Nordostens Syriens nach Damaskus. "Wäre ich auch schon vorher nach Deutschland gegangen, hätte ich vielleicht nicht studiert", sagt er. Doch das Leben in Syrien wurde durch die Folgen des Krieges und wirtschaftlichen Verfalls immer schwieriger. Hürden bei der Visavergabe Al Husseinis legaler Weg nach Deutschland war lang und kompliziert: Syrer und Syrerinnen können ein Visum für Deutschland nur in den Nachbarländern beantragen. Al Husseini musste nach Jordanien: Auf den Termin bei der deutschen Botschaft hat er Monate lang gewartet, nach weiteren drei Monaten war das Visum dann da. Selbst den erforderlichen Deutschtest musste Rosh in Jordanien absolvieren, denn in Syrien gibt es keine offiziellen Teststellen. Für viele bedeutet das eine finanzielle Hürde. Hinzu kommt: Vor der Einreise nach Deutschland muss man ein sogenanntes Sperrkonto nachweisen. Circa 12.000 Euro, also der jährliche Regelbedarf, müssen bei einer deutschen Bank hinterlegt sein. "Dafür musste ich mich bei vier Personen verschulden", erzählt der Syrer. Eine große Belastung für ihn, denn zur Zeit hat er kein zusätzliches Einkommen und legt alles was er kann zur Seite. Konto-Überweisungen von und nach Syrien sind auf Grund von Sanktionen nahezu unmöglich. Er hatte Verwandte in Deutschland, die das für ihn übernahmen und auch die nötigen Unterlagen bei der Bezirksregierung Münster für ihn einreichten. Syrer an der Spitze der ausländischen Ärzte 2022 kamen 5639 der knapp 67.000 ausländischen Ärzte und Ärztinnen aus Syrien, dies erhebt die Bundesärztekammer in ihrer Statistik vom 31.12.2022. Somit stellen Syrer schon zum vierten Mal in Folge die größte Gruppe der ausländischen Ärzte in Deutschland. Ein Grund: Die hohe Zahl an Geflüchteten aus Syrien in den vergangenen Jahren. Seit 2012 hat sich die Anzahl der berufstätigen Ärzte aus Syrien verfünffacht. Angesicht des großen Ärztemangels in Deutschland würden zugewanderte Ärztinnen und Ärzte spürbar für Entlastung in der medizinischen Versorgung, insbesondere in Krankenhäusern sorgen, so die Bundesärztekammer auf Anfrage. Inzwischen stammen 15 Prozent aller aktiven Ärztinnen und Ärzte in Deutschland aus dem Ausland. Was gut für Deutschland sei, führe aber auch zu einem "brain drain" in den Herkunftsländer, heißt es bei der Bundesärztekammer. Gleichzeitig sei der Ärztemangel in Deutschland nicht allein durch Zuwanderung zu lösen. Eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen und eine Erweiterung der Studienplätze sei auch nötig. Lange Verfahren für Drittstaatsangehörige In Syrien würde Al Husseini als Arzt umgerechnet zwischen 25 und 70 Euro monatlich verdienen, nicht genug um seinen Lebensunterhalt zu decken. Wären die Hürden nicht so immens, würden sich bestimmt noch mehr Jungmediziner auswandern, glaubt er. Denn für Mediziner aus Drittstaaten ist das Verfahren kompliziert. Bei der Visaantragsstellung wird individuell geprüft, ob der Universitätsabschluss als gleichwertig anerkannt werden kann. Ist das nicht der Fall, bekommen sie die Möglichkeit, in Deutschland innerhalb von zwei Jahren eine Sprachprüfung und eine Kenntnisprüfung, also eine Art Wissenstest, abzulegen. Erst dann können sie eine Approbation beantragen. Al Husseini hat dafür zwei Jahre Zeit: So lange ist seine Aufenthaltserlaubnis für Deutschland gültig.
# "Sie wollen uns aus dem öffentlichen Leben entfernen" In Montana wird eine Transgender-Abgeordnete aus dem Parlament verbannt, Tennessee will Drag-Shows verbieten: In den USA verschärft sich die Transgender-Debatte. Die LGBTQ-Community befürchtet, dass sie mundtot gemacht werden soll. "Drag ist kein Verbrechen", schallte es Anfang der Woche vor und im Kapitol von Tallahassee. Im Lokalfernsehen war zu sehen, dass Hunderte Drag Queens und ihre Unterstützer in der Hauptstadt von Florida demonstrierten. Sie wollen nicht, dass ihre Shows verboten werden und ihre Lebensweise kriminalisiert wird. Für viele sei Drag nicht nur Teil ihres Lebens, sondern ihr Beruf, sagte eine Rednerin. Und genau das ist in Florida und anderswo in Gefahr. Tennessee zum Beispiel verabschiedete Ende März als erster Bundesstaat ein Gesetz, das Drag-Shows teilweise verbieten könnte. Alles, was ein "lüsternes Interesse weckt", ist dort für Minderjährige künftig tabu - von Oben-ohne-Shows über Strip-Tänze bis hin zu Männer- oder Frauendarstellern. Das sei kein Signal, dass die LGBTQ-Community in Tennessee nicht willkommen sei, sagt Landessenator Jack Johnson. Das einzige Signal, das er senden wolle, sei, dass man keine sexuellen Akte vor Kinder simulieren solle, so Johnson im Lokalfernsehen. Transgender-Abgeordnete aus Abgeordnetenhaus verbannt Kinder vor Übersexualisierung zu schützen, sei ihr Ziel, sagen die Konservativen. Aktivisten der LGBTQ-Community hingegen glauben, dass sie direkt ins Visier genommen werden. Mehr als 400 Gesetze seien dieses Jahr schon verabschiedet worden, die sie als anti-trans bezeichnen. "Sie arbeiten daran, LGBTQ-Menschen aus dem öffentlichen Leben zu entfernen und es für uns härter zu machen, unser Leben zu leben", glaubt Zooey Zephyr. Die erste Transgender-Abgeordnete im Staat Montana wurde am Mittwoch bis zur Sommerpause aus dem Abgeordnetenhaus verbannt. Die Republikaner dort wollen geschlechtsangleichende Therapien für Minderjährige verbieten. Zephyr verwies auf die hohe Suizidquote unter trans Jugendlichen und warf den Republikanern vor, sie hätten Blut an ihren Händen. Gesetzgebern, die von rechtsextremen Republikanern angeführt werden, reiche es nicht, diese Gesetze zu verabschieden. "Wir sollen auch still sein", so Zephyr im Sender PBS. In rund 15 Bundesstaaten sind Pubertätsblocker und ähnliche Therapien für Minderjährige inzwischen verboten. Der Staat Missouri geht noch weiter. Dort soll es strikte Auflagen auch für Erwachsene geben. Gestern wurde das Gesetz von einer Richterin gestoppt, bevor es in Kraft treten konnte Umziehen ist unter diesen Umständen für viele trans Menschen eine ernsthafte Überlegung. Liz Bostock, ein 13 Jahre altes trans Mädchen aus Florida, überlegt, für die High School in ein Internat außerhalb Floridas zu gehen. "Das würde die Sache ehrlich viel einfacher machen", sagte Liz, die von ihrer Mutter unterstützt wird, bei NPR. 0,5 Prozent der Erwachsenen laut Studie transgender Die mehr als 400 Gesetze, die diese Jahr schon verabschiedet wurden, reichen vom Verbot von Drag-Shows über die Teilnahme an Sportwettbewerben bis hin zu schulischen Inhalten. Auch Toilettengesetze sind in mehr als 20 Staaten nach langer Zeit wieder ein Thema. In Arkansas etwa müssen Kinder und Jugendliche vom Kindergarten bis zur High School die Klos benutzen, die ihrem zugewiesenen Geschlecht entsprechen. Laut einer aktuellen Studie sind 0,5 Prozent der Erwachsenen in den USA transgender, unter den 13- bis 17-Jährigen liegt der Anteil bei 1,4 Prozent.
# Armee bereit zu längerer Feuerpause Im Sudan sind die Streitkräfte von General al-Burhan zu einer Verlängerung der Feuerpause um 72 Stunden bereit. Zwar wird weiter von Kämpfen berichtet. Aber afrikanische Organisationen und die USA intensivieren ihre Vermittlungsbemühungen. Im Sudan sind die Streitkräfte von General Abdel Fattah al-Burhan nach eigenen Angaben zu einer Verlängerung der am Freitag auslaufenden Feuerpause bereit. Al-Burhan habe einem Vorschlag der regionalen afrikanischen Organisation IGAD zugestimmt, den am Dienstag in Kraft getretenen Waffenstillstand um 72 Stunden zu verlängern und einen Vertreter zu Verhandlungen in die Hauptstadt Juba zu entsenden, teilte die Armee mit. Die andere Konfliktpartei, die paramilitärische Gruppe Rapid Support Forces (RSF) unter Leitung von al-Burhans Stellvertreter Mohamed Hamdan Daglo, äußerte sich noch nicht zu einer möglichen Verlängerung der Feuerpause. Der nordostafrikanische Staatenbund IGAD hatte die neue diplomatische Initiative vermittelt. Der Vorschlag sieht neben einer Verlängerung der Waffenruhe auch direkte Gespräche zwischen Militär und RSF vor, die sich seit dem 15. April bekämpfen. USA und Afrikanische Union vermitteln Sollten beide Seiten zustimmen, wäre das ein großer Erfolg für die internationale Diplomatie und zugleich ein erstes Signal für echte Verhandlungen über eine Beilegung des Konflikts. Nach Angaben des US-Außenministeriums bemühen sich US-Außenminister Antony Blinken und der Vorsitzende der Kommission der Afrikanischen Union, Moussa Faki Mahamat, gemeinsam um ein dauerhaftes Ende der Kämpfe. Die seit Dienstag geltende Feuerpause wird allerdings weiterhin gebrochen. Gestern flogen Kampfflugzeuge der Armee über die nördlichen Vororte der Hauptstadt Khartum, wo sie von der paramilitärischen RSF-Miliz beschossen wurden, wie Augenzeugen der Nachrichtenagentur AFP sagten. Der östliche Stadtrand von Khartum war Ziel von Luftangriffen und im Süden Khartums kam es nahe einem Haus von RSF-Anführer Daglo zu Gefechten mit Maschinengewehren. Bundestag stimmt Evakuierung nachträglich zu Mehr als 500 Menschen wurden seit Beginn der Kämpfe getötet. In Khartum und anderen Landesteilen gibt es kaum noch Strom und auch Essen ist schwer zu bekommen. Viele Hilfsorganisationen mussten ihre Arbeit einstellen. Das Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten teilte mit, dass nur jedes vierte Krankenhaus in Khartum voll funktionsfähig sei. Wegen der eskalierenden Gewalt hatten sich seit dem Wochenende zahlreiche Länder um Evakuierungsaktionen für ihre Staatsangehörigen im Sudan bemüht. Die Bundeswehr flog nach eigenen Angaben seit Sonntag mehr als 700 Menschen aus dem Land aus. Der sechste und bis auf Weiteres letzte Flug habe 78 Menschen nach Jordanien in Sicherheit gebracht, erklärte das Bundesverteidigungsministerium gestern. Der Bundestag erteilte dem Einsatz am Abend nachträglich seine Zustimmung.
# Konsum von Tabak und Alkohol bleibt hoch Nikotin und Alkohol haben laut Experten weiter einen hohen Stellenwert in Deutschland. Der neue Suchtbericht zeigt Entwicklungen beim Konsum legaler und illegaler Drogen - und dokumentiert einen Sportwettenboom. Der Konsum von Tabak und Alkohol geht in Deutschland weiter zurück, liegt nach Einschätzung der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) aber weiter auf hohem Niveau. Das geht aus dem neuen "Jahrbuch Sucht 2023" hervor. Die Ausgaben für Tabakwaren reduzierten sich demnach 2022 auf 27,1 Milliarden Euro - ein Minus von 7,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Der Verbrauch von Fertigzigaretten sank um 8,3 Prozent auf 65,8 Milliarden Stück, während der Verbrauch von Feinschnitt für selbstgedrehte Zigaretten um 0,9 Prozent leicht auf rund 25.000 Tonnen anstieg. Bei Zigarren und Zigarillos sei der Verbrauch um 8,9 Prozent auf 2,5 Milliarden Stück zurückgegangen. Anteil der Raucher weiter rückläufig In den vergangenen Jahren hatten die Suchtberichte darüber hinaus einen Anstieg beim Konsum von Shisha-Wasserpfeifentabak aufgezeigt. Für 2022 sei kein Vergleich möglich, da der Verbrauch von Wasserpfeifentabak und erhitztem Tabak in neuen Zahlen des Statistischen Bundesamtes nicht enthalten sei, erläuterte DHS-Geschäftsführerin Christina Rummel. "Ein Abfall der Zahlen ist in diesem Bereich aber nicht zu erwarten." Insgesamt ist der Anteil der Raucher weiter rückläufig. Laut Mikrozensus rauchten 2021 noch rund 16 Prozent der Frauen und 22 Prozent der Männer. Bei den Themen Tabakprävention und Tabakkontrolle zähle Deutschland im internationalen Vergleich dennoch weiter zu den Schlusslichtern, sagt Rummel. "Maßnahmen, um den Tabakkonsum und die Passivrauchbelastung nachhaltig zu verringern, müssen wir konsequent weiter fortführen und ausbauen." Millionen konsumieren Alkohol "in gesundheitlich riskanter Weise" Auch beim Alkohol gibt es nach Einschätzung der DHS-Geschäftsführerin "noch viel zu tun". 7,9 Millionen Deutsche konsumieren laut Suchtbericht Alkohol "in gesundheitlich riskanter Weise". Das entspricht einer täglichen Menge von zwölf Gramm reinem Alkohol bei Frauen und 24 Gramm bei Männern, also einem bis zwei kleinen Gläsern Bier. "Obwohl der Alkoholkonsum im Vergleich zu den Vorjahren weiter gesunken ist, wird in Deutschland immer noch deutlich mehr Alkohol getrunken als im weltweiten Durchschnitt", sagte der DHS-Vorstandsvorsitzende Norbert Scherbaum. Alkohol als vermeintliches Kulturgut sei gesellschaftlich breit akzeptiert. "Selbst geringe Mengen Alkohol können krank machen", schilderte der Alkoholforscher und Jahrbuch-Autor Ulrich John vom Uniklinikum Greifswald. Alkoholverzicht könne Frauen ein Plus an Lebenszeit von mindestens 16 Jahren einbringen, bei Männern seien es mindestens zehn Jahre. Experten fordern politische Maßnahmen Neben Präventionskampagnen zum individuellen Konsum etwa an Schulen fordern die DHS-Experten mehr strukturelle politische Maßnahmen. "Hier geht es vor allem um drei Punkte: das Anheben der Alkoholpreise, eine Einschränkung der aktuellen 24/7-Verfügbarkeit und die Regulierung von Alkoholwerbung", sagte Rummel. Strukturelle Prävention sei nachweislich wirksam und verringere auch die Kosten des Konsums für die Gesamtgesellschaft. "Alkohol schadet mit jedem Schluck", betonte Rummel. "Es ist ein Zellgift." Cannabis am weitesten verbreitete illegale Droge Im Bereich der illegalen Drogen ist den Experten zufolge Cannabis sowohl bei Jugendlichen als auch unter Erwachsenen am weitesten verbreitet. Aktuellen Schätzungen zufolge haben etwa 4,7 Millionen Erwachsene im Alter zwischen 18 und 64 Jahren sowie etwa 374.000 Jugendliche im Alter von 12 bis 17 Jahren in den vergangenen zwölf Monaten eine illegale Droge konsumiert. Beim Glücksspielmarkt zeigt der Bericht für 2021 einen Umsatzanstieg um 14,6 Prozent auf 53,4 Milliarden Euro. Das sei insbesondere auf eine im Juli 2021 erfolgte Änderung des Glücksspielstaatsvertrags zurückzuführen, die Sportwetten bundesweit legalisierte. Demnach wuchsen Sportwetten allein 2021 um 409,6 Prozent auf einen Umsatz von 18,3 Milliarden Euro. Für 2022 liegen noch keine Zahlen vor. "Wir sehen das sehr kritisch und behalten das im Auge", betonte Rummel. Spielbanken und Automaten hätten dagegen zwischen 2020 und 2021 an Bedeutung verloren. Zumindest teilweise sei dies auch durch die Corona-Pandemie zu erklären, sagte Rummel. Glücksspiel habe sich von Lokalen ins Internet verlagert.
# Ausgehoppelt "Weißer Hase" - diesen liebevollen Namen hat die japanische Firma ispace ihrem Mondlander gegeben. Doch gerade weiß niemand, wie es dem Hasen geht. Zwar ist er offenbar auf dem Mond, doch der Kontakt ist abgerissen. Sie schauen gespannt auf den Bildschirm, es sieht noch alles gut aus. Der Mondlander "Hakuto-R", was übersetzt "weißer Hase" bedeutet, nähert sich seinem Ziel, der Mondoberfläche. Er ist nur noch wenige Kilometer entfernt, sendet Bilder zur Erde, doch dann passiert es: Hakuto kann oder will nicht mehr. Schluss mit Senden, die Kommunikation bricht ab. Für den Gründer und Geschäftsführer von ispace, Takeshi Hakamada, und seine Mitstreiter ist gerade ein Traum geplatzt, die erste kommerzielle Mondlandung ist erstmal gescheitert. Müde ringt sich der Japaner ein Lächeln ab, als er sagt: Wir bestätigten, dass wir die Kommunikation bis zum Ende der Landung sichergestellt hatten. Danach haben wir jedoch den Kontakt verloren und konnten ihn bis jetzt auch nicht wiederherstellen. Unser Ingenieurteam arbeitet hart daran, den Vorfall anhand der bisher erfassten Flugdaten zu untersuchen. "Je nach Ergebnis haben wir vielleicht noch Hoffnung" Die Landung des "weißen Hasen", der andere Fahrzeuge auf der Oberfläche aussetzten sollte, damit diese zwölf Tage den Mond erkunden, war von Anfang an die größte Herausforderung. Denn eine Landung, so beschrieb es ein Mitarbeiter, sei vergleichbar mit dem Abrutschen an einer Skisprungschanze an deren Rand man plötzlich stoppen müsse. Ob das Fluggerät vielleicht jetzt trotzdem auf dem Mond herumspaziert oder ihm ein Bein fehlt, es vielleicht inzwischen gestolpert ist und möglicherweise irgendwann sogar wieder arbeitet und seinen Erfinder glücklich macht? Daran dürften die Ingenieure nun rund um die Uhr arbeiten. "Wir müssen zuerst den Status der Mondlandefähre feststellen", sagt Hakamada. Die bisherigen Flugdaten würden untersucht und analysiert. "Und je nach Ergebnis haben wir vielleicht noch Hoffnung - aber ich kann jetzt noch nichts sagen." Rückschläge gehören für Firmenchef dazu Dass das japanische Startup, das bei Erfolg auch die erste japanische Mondlandung für sich hätte reklamieren können, jetzt mehr als 180 Millionen Euro einfach so auf den Mond geschossen hat, sieht Ispace Geschäftsführer Hakamada natürlich anders. Rückschläge gehören bei solch‘ komplexen und schwierigen Missionen dazu. "Ich glaube, dass wir auf dem Mond landen könnten", sagt er. Die Herausforderung sei, dass man sich viele der Tests nicht auf die gesamte Mondumgebung nachbilden können. "Wir müssen uns also auf die Daten oder die Simulation verlassen." Deshalb sei es so wichtig, die Flugdaten zu haben, "was für die zukünftige Dokumentation und Verbesserung unseres Fluggerätes von Vorteil ist". Optimistisch bleiben trotz Niederlage - das ist die Devise des japanischen Visionärs, der ganz offensichtlich trotzdem weiter nach vorn blickt. Er will seinen Traum nicht aufgeben von seinem Moonvalley, dem Mondtal, in dem bis 2040 bis zu 1000 Menschen leben und arbeiten sollen. Hoffentlich kein dunkles Tal.
# Mit Erbpacht zu günstigen Wohnungen? Wohnungen sind rar und teuer, vor allem in Großstädten. Das Erbbaurecht bietet einen Weg zu bezahlbarem Wohnraum. Ministerin Geywitz will das Instrument bekannter machen. Die Wohnungswirtschaft ist skeptisch. Es geht hinauf, Treppe um Treppe, mehrere Stockwerke ist das Mietshaus in Berlin hoch. Bundesbauministerin Klara Geywitz will sich hier umschauen. Das Haus gehört nicht Investoren oder verschiedenen Wohnungseigentümern, sondern der Hausgemeinschaft selbst über eine GmbH und einen Hausverein. Eine der Wohnungen wird gerade kernsaniert. Die Bewohnerin führt die Ministerin herum. "Das wird unser Wohnzimmer, dort die Küche und der Raum gegenüber wird das Zimmer unserer Tochter, wo wir gerade nicht reinkönnen, weil da alle unsere Möbel drin sind." Grundstück gehört einer Stiftung Ein wichtiger Teil des Hausprojekts ist, dass der Boden, auf dem das Mietshaus steht, nicht der Hausgemeinschaft gehört. Sie haben ihn gepachtet - im Erbbaurecht. Sie zahlen regelmäßig Zinsen für das Grundstück, eine Erbpacht. Das Grundstück selbst gehört einer Stiftung, die wiederum einen Erbbauvertrag mit der Hausgemeinschaft abgeschlossen hat, erklärt Ulrich Kriese von der Stiftung. "In diesen Vertrag können sie soziale Ziele vereinbaren, und deswegen dann eine langfristige Herausnahme eines Grundstücks aus der Spekulation vereinbaren." Das heißt, die Hausgemeinschaft verpflichtet sich zu günstigen Mieten. Und das über die ganze Laufzeit des Erbbauvertrags, oft 99 Jahre. Für Kriese ist Erbpacht der Weg zu langfristig bezahlbaren Mieten. Er wünscht sich, dass Städte und Gemeinden viel öfter diese Möglichkeit nutzen. Bisher haben sie das Land oft an Investoren verkauft - zwar mit der Auflage, günstige Sozialwohnungen anzubieten. "Aber das geht höchstens über einen Zeitraum von 30 Jahren, danach fallen die Wohnungen aus der sogenannten Sozialbindung und können dem freien Markt zugänglich gemacht werden." Und dann werden sie meist teuer vermietet. Bei einem Erbbauvertrag könnte die Gemeinde günstige Mieten komplett vorschreiben. Einige Städte machen sich da bereits auf den Weg, zum Beispiel Hamburg, auch München oder Frankfurt. Noch ist es aber eine Nische.  Bundesbauministerin Geywitz will die Erbpacht bekannter machen, etwa mit Vorzeigeprojekten. Zudem will sie das Instrument praxistauglich machen. Im Bauministerium findet dieser Tage dazu ein Workshop mit Praktikern statt. Denn noch gibt es rechtlich Unsicherheiten, wie streng die Vorgaben im Erbbauvertrag sein können. "Kein Allheilmittel" Die Wohnungswirtschaft sieht Erbpacht eher skeptisch. Ihr Einwand: Wohnungsunternehmen und Genossenschaften bekämen bei solchen Projekten schwieriger eine Finanzierung bei der Bank. Und es gebe andere, einfachere Möglichkeiten, um soziale Ziele langfristig festzuschreiben. Auch der wohnungspolitische Sprecher der FDP im Bundestag, Daniel Föst, ist skeptisch. "Wir brauchen Investitionen in die Stadt, wir brauchen Investitionen in den Gebäudebestand und zwar nicht zu knapp. Wenn die Kommune alles auf Erbpacht setzt, wird sie diese Investitionen nicht bekommen." Es müsse einen Mix geben. Erbpacht könne ein Teil der Stadtentwicklung sein. "Aber es ist kein Allheilmittel." Die Bewohner im Mietshaus in Berlin sind hingegen Freunde der Erbpacht. Egal, wie es mit ihrem Projekt weitergeht: Die Erbpacht stellt sicher, dass niemand in 40 oder 60 Jahren in dem Haus teure Mieten verlangen kann.
# Wenn zu viel Lärm krank macht Mehr als die Hälfte der Bevölkerung fühlt sich von Lärm gestört. Umweltmediziner sagen, zu viel davon kann Depressionen und Herzerkrankungen auslösen. Dabei gibt es einfache Mittel, um den Lärmstress zu reduzieren. Er ist unsichtbar, nicht zu fassen und kann doch enorme Auswirkungen auf die Menschen haben: Lärm. Verschiedenen Umfragen zufolge fühlen sich bis zu drei Viertel aller Deutschen von Lärm gestresst. Das größte Problem dabei: "Lärm ist eine subjektive Empfindung, der sich nicht in Dezibel beziffern lässt", sagt der Umweltmediziner Hans Drexler von der Uni Erlangen im Gespräch mit tagesschau.de. Er und andere Experten weisen darauf hin, dass die Wahrnehmung sehr unterschiedlich sein kann: Laute Musik zum Beispiel kann einige Menschen extrem nerven, während andere sie genießen. Entsprechend definiert das Verbraucherschutzministerium Lärm einfach als "jedes unerwünschte laute Geräusch". Blutdruck, Hormone, Stoffwechsel Das Problem: Diese unerwünschten Geräusche können Menschen schwer krank machen. Darauf will auch der heutige "Tag gegen Lärm" aufmerksam machen. Laut Umweltbundesamt wirkt Lärm auf zahlreiche verschiedene Weisen auf unseren Körper: "Er aktiviert das autonome Nervensystem und das hormonelle System. Die Folge: Veränderungen bei Blutdruck, Herzfrequenz und anderen Kreislauffaktoren. Der Körper schüttet vermehrt Stresshormone aus, die ihrerseits in Stoffwechselvorgänge des Körpers eingreifen." Die Schweizer SiRENE-Studie hat 2019 errechnet, dass das Risiko, an einem Herzinfarkt zu sterben, um vier Prozent pro zehn Dezibel Zunahme der Straßenlärmbelastung am Wohnort steigt. Auch ein erhöhtes Diabetes-Risiko wird mit Verkehrslärm in Verbindung gebracht. Und Schäden können schon bei relativ geringen Lautstärken auftreten: Laut Verbraucherschutzministerium wird aufgrund der "Ergebnisse verschiedener wissenschaftlicher Studien befürchtet, dass Dauerbelastungen über etwa 65 Dezibel (A) am Tag zu einem erhöhten Gesundheitsrisiko führen können." Das enstpricht etwa einem lauten Gespräch oder dem Pegel in einer Kantine. Schlechter Schlaf als Stressfaktor Laut Drexler, auch Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin, ist das Schlimmste aber Lärm während der Nacht. "Wir können unsere Ohren nicht schließen wie die Augen. Deshalb verhindert Lärm in dieser Zeit, dass man in die so wichtigen Tiefschlafphasen kommt." Der gesamte Körper könne sich dann nicht mehr erholen, eine Überlastung drohe. Das kann auch psychische Folgen haben wie Depressionen oder Angststörungen. Auch Kinder können in ihrer kognitiven Entwicklung beeinträchtigt werden, etwa wenn ihre Kita oder Schule an einer lauten Straße liegt. Das zeigt etwa eine Studie aus Barcelona. Am meisten macht den Menschen Verkehrslärm zu schaffen. Autos, die Tag und Nacht durch die Straßen rollen, seien für mehr als die Hälfte aller Deutschen ein Störfaktor, so das Umweltbundesamt. Dazu kommen Bahn- und Flugverkehr. Vor allem in Städten ist das ein Problem. Enorme Kosten Besonders anstrengend ist Lärm, wenn man ihm ausgeliefert ist, etwa im Arbeitsalltag. Das ist nicht nur für die Betroffenen schlimm - es verursacht auch enorme Gesundheitskosten. "Lärmschwerhörigkeit zählt nach wie vor zu den häufigsten Berufskrankheiten in Deutschland", so Drexler. "Jährlich werden über 12.000 Fälle bei den gewerblichen Berufsgenossenschaften und den Unfallkassen angezeigt."  Die EU schätzte die sozialen und Gesundheitskosten durch Lärm bereits im Jahr 2011 auf rund 40 Milliarden Euro pro Jahr. Und das Problem besteht weiterhin. Laut EU-Umweltagentur sind zwanzig Prozent der europäischen Bevölkerung langfristigen Lärmpegeln ausgesetzt, die für ihre Gesundheit schädlich sind. Dies entspricht mehr als 100 Millionen Menschen in Europa.  Langsamer fahren, anders bauen Dabei gibt es viele Möglichkeiten, um den Lärmstress für Menschen zu reduzieren. "Als erstes können Lärmschutzwände um Autobahnen oder Zugtrassen die Belastung erheblich reduzieren", so Drexler. In dicht befahrenen Straßen, wo keine Wände möglich sind, könne auch Tempo 30 den Lärm absenken - und nebenbei noch die Sicherheit auf den Straßen verbessern. "Gerade nachts wäre das eine sehr sinnvolle Idee", so Drexler. Zudem dürfte die Umstellung auf Elektromobilität helfen, denn E-Autos sind leiser als Verbrennermotoren. Auch bei der Städteplanung und Architektur gibt es verschiedene Maßnahmen, um den Lärm für die Anwohner zu reduzieren. Hier gibt es verschiedenste Ansätze, von der Verkehrsplanung über eine lärmabschirmende Anordnung von Gebäuden bis zu besonders schalldichten Fenstern oder Schutzwänden. Viele Städte erstellen mittlerweile bei größeren Umbauprojekten Lärmkarten oder setzen Lärmaktionspläne auf. "Akustische Auszeiten" Trotzdem wird sich das Problem nicht für alle Menschen in Luft auflösen. Wer an einer lauten Straße wohnt oder beruflich viel um die Ohren hat, dem rät Mediziner Drexler zu "akustischen Auszeiten": "Das bedeutet, dass man bewusst Ruheinseln für das Gehör schafft. Dann kann es sich erholen und wir sind hinterher entspannter." Auch gezielte Entspannungsübungen könnten dazu beitragen, Lärm - wenn er sich nicht vermeiden lässt - besser zu ertragen. Und wem das alles nicht helfe, der könne nachts auch mal Ohrstöpsel einlegen - damit zumindest der Schlaf erholsam ist.
# Polizei und Justiz sehen Lockerung skeptisch Soll Unfallflucht künftig nur noch als Ordnungswidrigkeit geahndet werden, wenn es lediglich Sachschaden gab? Die Reaktionen aus Justiz und Polizei auf diese Überlegung des Justizministeriums fallen eher kritisch aus. Der Vorstoß von Bundesjustizminister Marco Buschmann für eine Reform der gesetzlichen Regelungen bei Unfallflucht wird von Vertretern von Polizei und Justiz kritisch bewertet. "Ich sehe die Gefahr, dass nun der Eindruck erweckt wird, die Unfallflucht sei bloß ein Kavaliersdelikt", sagte Michael Mertens, der Vize-Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Die Auswirkungen für Geschädigte könnten gravierend sein - "gerade für Autobesitzer ohne Vollkaskoversicherung", erklärte Mertens gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Den "Westfälischen Nachrichten" sagte er, eine Neuregelung würde Staatsanwaltschaften entlasten, aber "Bußgeldstellen belasten, weil sie Ordnungswidrigkeiten bearbeiten". Das FDP-geführte Justizministerium erwägt, Fahrerflucht in Fällen zu entkriminalisieren, bei denen kein Mensch zu Schaden kommt. Das Ministerium hat ein entsprechendes Papier an Fachverbände geschickt - mit der Bitte um Stellungnahme. Im Kern geht es um den Vorschlag, dass das Verlassen des Unfallortes in Fällen, in denen es ausschließlich Sachschaden gab, künftig von der Straftat zur Ordnungswidrigkeit herabgestuft werden soll. Für Fälle, bei denen Menschen verletzt wurden, soll dies ausdrücklich nicht gelten. Richterbund: Option der Meldepflicht "erwägenswert" Die unerlaubte Entfernung Beteiligter vom Unfallort kann laut Paragraf 142 des Strafgesetzbuchs mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren geahndet werden. Bislang gilt, dass Unfallbeteiligte eine "angemessene Zeit" am Unfallort warten müssen. Als Alternative dazu bringt das Justizministerium nun die Einrichtung einer Meldepflicht ins Spiel, etwas "über eine standardisierte Online-Maske". Ähnlich wie die GdP äußerte sich auch der Deutsche Richterbund (DRB) skeptisch. "Die Strafvorschrift hat sich bewährt und gibt den Gerichten ausreichend Spielräume, um Rechtsverstöße jeweils tat- und schuldangemessen zu bestrafen", sagte DRB-Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn. Auch sei "zu befürchten, dass die Warte- oder Meldebereitschaft nach Unfällen durch die geplante Reform weiter sinken würde". Lediglich die Option einer Meldepflicht nannte Rebehn "erwägenswert". "Überlegungen noch in einem frühen Stadium" Den Versicherern ist es vor allem wichtig, die Möglichkeiten der Beweissicherung nicht einzuschränken. "Unfallursache und -hergang müssen sich zweifelsfrei feststellen lassen", sagt Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Das gelte etwa für die Frage, ob Alkohol oder Drogen mit im Spiel waren. Ziel des Schreibens aus dem Bundesjustizministerium ist es offensichtlich, mit Experten und Verantwortlichen zu möglichen Reformvorschlägen frühzeitig ins Gespräch zu kommen. Die Angeschriebenen wurden bis zum 23. Mai um Stellungnahme gebeten. Eine Sprecherin des Ministeriums betont jedoch am Dienstag, die Überlegungen seien noch in einem frühen Stadium.
# Hilfe für die Menschen in der Ukraine "Bündnis Entwicklung Hilft" und "Aktion Deutschland Hilft" rufen mit folgendem Konto gemeinsam zu Spenden auf:BEH und ADHIBAN: DE53 200 400 600 200 400 600BIC: COBADEFFXXXCommerzbankStichwort: ARD/ Nothilfe Ukrainewww.spendenkonto-nothilfe.de "Bündnis Entwicklung Hilft" ist ein Zusammenschluss von Brot für die Welt, Christoffel-Blindenmission, DAHW, Kindernothilfe, medico international, Misereor, Plan International, terre des hommes und Welthungerhilfe. German Doctors und Oxfam sind assoziierte Mitglieder.www.entwicklung-hilft.de "Aktion Deutschland Hilft" ist ein Zusammenschluss von 23 deutschen Hilfsorganisationen, darunter action medeor, ADRA, Arbeiter-Samariter-Bund, AWO International, CARE Deutschland, Habitat for Humanity, HELP - Hilfe zur Selbsthilfe, Johanniter-Unfall-Hilfe, Malteser Hilfsdienst, World Vision Deutschland, Der Paritätische (darüber aktiv: arche Nova, Bundesverband Rettungshunde, Freunde der Erziehungskunst Rudolf Steiners, Hammer Forum, Handicap International, Help Age Deutschland, Kinderverband Global-Care, LandsAid, SODI und Terra Tech)www.aktion-deutschland-hilft.de Außerdem rufen zu Spenden auf: Ärzte der Welt e.V.IBAN: DE06 1203 0000 1004 3336 60BIC: BYLADEM1001Deutsche KreditbankStichwort: Ukrainewww.aerztederwelt.org DRK e.V.IBAN: DE63 3702 0500 0005 0233 07BIC: BFSWDE33XXXBank für SozialwirtschaftStichwort: Nothilfe Ukrainewww.drk.de Die Heilsarmee in DeutschlandIBAN: DE82 3702 0500 0004 0777 00BIC: BFSWDE33XXXBank für Sozialwirtschaft Stichwort: Ukrainehilfe www.heilsarmee.de Franziskaner Helfen IBAN: DE83 3705 0198 0025 0014 47 BIC: COLSDE33XXX Sparkasse KölnBonn Stichwort: Nothilfe Ukrainewww.franziskaner-helfen.de HumedicaIBAN: DE35 7345 0000 0000 0047 47 BIC: BYLADEM1KFB Sparkasse Kaufbeuren Stichwort: Ukrainewww.humedica.org KOLPING INTERNATIONAL Cooperation e.V.IBAN: DE74 4006 0265 0001 3135 00BIC: GENODEM1DKMDKM Darlehnskasse Münster eGStichwort: Ukraine-Hilfewww.kolping.net Save the Children e.V.IBAN: DE92 1002 0500 0003 292912BIC: BFSWDE33BERBank für SozialwirtschaftStichwort: Nothilfe Kinder Ukrainewww.savethechildren.de SOS-Kinderdörfer weltweitIBAN: DE22 4306 0967 2222 2000 00BIC: GENODEM1GLSGLS GemeinschaftsbankStichwort: Humanitäre Hilfe Ukrainewww.sos-kinderdoerfer.de UNICEFIBAN: DE57 3702 0500 0000 3000 00BIC: BFSWDE33XXXBank für SozialwirtschaftStichwort: Ukrainewww.unicef.de UNO-Flüchtlingshilfe e.V.IBAN: DE78 3705 0198 0020 0088 50BIC: COLSDE33Sparkasse KölnBonnStichwort: Nothilfe Ukrainewww.uno-fluechtlingshilfe.de/
# Südafrika will Strafgerichtshof doch nicht verlassen In einer Pressekonferenz hatte der südafrikanische Präsident Ramaphosa mitgeteilt, man wolle den IStGH verlassen. Nun rudert die regierende Partei ANC zurück: Es habe einen "Kommunikationsfehler" gegeben. Südafrika will an seiner Mitgliedschaft im Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) festhalten. Wenige Stunden nach der Ankündigung, den IStGH zu verlassen, folgte gestern Abend eine Klarstellung durch das Büro von Präsident Cyril Ramaphosa. Dessen Aussage, dass die Regierungspartei ANC den Austritt aus dem IStGH beschlossen habe, beruhe auf einem "Kommunikationsfehler" während einer Pressekonferenz des ANC, teilte die Präsidentschaft mit.  Der ANC hatte zuvor mitgeteilt, dass man entschieden habe, "dass Südafrika aus dem IStGH austreten sollte", sagte Ramaphosa. Der südafrikanische Präsident sagte bei einer Pressekonferenz mit dem finnischen Präsidenten Sauli Niinistö, dass der ANC den Umgang des IStGH mit bestimmten Ländern als "unfair" empfinde. "Wir würden das Thema der unfairen Behandlung gern ausführlich diskutieren, aber erst einmal hat die Regierungspartei den Austritt beschlossen", fügte er hinzu.  IStGH hatte Haftbefehl gegen Putin erlassen Der ANC betonte später in einer Erklärung, es sei "unbeabsichtigt der Eindruck entstanden, dass eine kategorische Entscheidung für einen sofortigen Rückzug getroffen worden sei". Dies sei aber nicht der Fall.  Südafrika wird in diesem Jahr Gastgeber eines Gipfels der Staats- und Regierungschefs von Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika sein. Nach dem vom IStGH im März erlassenen Haftbefehl gegen Wladimir Putin müsste Südafrika den russischen Präsidenten bei seiner Ankunft für den Gipfel festnehmen. Südafrika hat Russlands Angriffskrieg in der Ukraine nicht verurteilt. Das Land möchte nach eigenen Angaben unparteiisch bleiben und bevorzuge Dialog, um den Krieg zu beenden.
# Corona-Hilfen auch für rechtsextreme Buchprojekte Das Corona-Hilfsprogramm "Neustart Kultur" der Bundesregierung sollte den Kulturbetrieb unterstützen. Laut einer Deutschlandfunk-Recherche sollen davon auch rechtsextreme Buchprojekte profitiert haben. Von dem Corona-Hilfsprogramm "Neustart Kultur" der Bundesregierung haben einer Recherche des Deutschlandfunks zufolge offenbar auch einzelne Bücher mit rechtsextremem Gedankengut profitiert. Der Radiosender berichtet, dass etwa das Buch eines Politologen bezuschusst worden sein soll, das vom Bundesamt für Verfassungsschutz als teilweise extremistisch eingestuft worden sei. Auch der Forsite-Verlag hat laut der Recherche für ein Buch über einen völkischen Esoteriker Herman Wirth aus der NS-Zeit mehr als 2800 Euro erhalten. Verantwortlich beim Verlag ist demnach der Herausgeber einer Zeitschrift, die vom nordrhein-westfälischen Verfassungsschutz seit Jahren als rechtsextrem eingestuft werde. Zudem habe er für das ebenfalls als rechtsextrem bewertete Magazin "N. S. Heute" geschrieben. Keine Kontrolle der Buchprojekte Laut der Recherche hat der für die Vergabe der Fördermittel zuständige Börsenverein des Deutschen Buchhandels darauf verzichtet, die Buchprojekte der Verlage inhaltlich zu kontrollieren. Ein solche Überprüfung sei in den Förderkriterien der Kulturstaatsministerin auch nicht vorgesehen gewesen. Der Börsenverein sollte sich stattdessen auf die schriftliche Versicherung der Verlage verlassen, die Förderkriterien einzuhalten und keine jugendgefährdenden, gewaltverherrlichenden, verfassungsfeindlichen oder strafbaren Bücher zu drucken. Insgesamt zwei Milliarden Euro für Kulturbetrieb Mit dem Programm "Neustart Kultur" hatte die Bundesregierung im Sommer 2020 ein Programm zur Unterstützung des Kulturbetriebs aufgelegt. Es läuft im Juni dieses Jahres aus. Dafür wurden insgesamt nach Angaben der Bundesregierung etwa zwei Milliarden Euro bereitgestellt. Laut der Erhebung von Deutschlandfunk Kultur flossen davon rund 94 Millionen Euro in den Bereich Literatur. Unterstützt wurden damit Verlage, Buchhandlungen, Autorinnen, Übersetzer sowie Lesebühnen und Literaturhäuser. Mehr als 90 Prozent der beantragten Projekte wurden bewilligt.
# Proteste am Jahrestag der Staatsgründung In Israel haben die Feiern zum 75. Jahrestag der Staatsgründung begonnen. Zehntausende nutzten den gestrigen Tag zum Protest. Angesichts der geplanten Justizreform fürchten sie um die Demokratie. Zentrum des Protests war erneut Tel Aviv. In Israel hat es erneut Demonstrationen gegen die geplante Justizreform gegeben. Anders als in den vergangenen Wochen fanden sie nicht am Wochenende statt, sondern zum Beginn der Feiern zum 75-jährigen Bestehen Israels gestern Abend. Gegner der Justizreform hatten für diesen Tag Proteste angekündigt - als bewusste Gegenveranstaltung zu den offiziellen Feiern. Sie fürchten, dass durch die von der rechtsnational-religiösen Koalition geplante Justizreform die Demokratie in Israel gefährdet sein könnte. Zentrum des Protests war erneut Tel Aviv. Wie viele Menschen an den Kundgebungen dort und in anderen Städten teilnahmen, ist nicht bekannt. Die Tageszeitung "Haaretz" schreibt von Zehntausenden. Bei vorangegangenen Demonstrationen war die Teilnehmerzahl oft sechsstellig. Netanyahu ruft zur Einheit auf Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu rief in einer Botschaft, die bei der zentralen Zeremonie in Jerusalem ausgestrahlt wurde, zur Einheit auf. "Lasst uns für einen Moment mit dem ganzen Lärm aufhören, schauen wir uns für einen Moment das große Wunder an, das der Staat Israel genannt wird." Israels Staatspräsident Izchak Herzog nannte den Streit über die Justizreform in einem Interview die "schlimmste interne Krise seit der Gründung des Staates" vor 75 Jahren. Gleichzeitig äußerte er im Gespräch mit der israelischen Nachrichtenseite ynet die Hoffnung, das Land könne gestärkt aus dem Drama hervorgehen. Der Staat Israel wurde am 14. Mai 1948 ausgerufen. Staatsgründer David Ben Gurion verlas damals in Tel Aviv die Unabhängigkeitserklärung. Israel feiert sein Jubiläum nach dem hebräischen Kalender und somit in diesem Jahr früher. Die offiziellen Feiern begannen gestern.
# Zweikampf der Techgiganten Microsoft und Google kämpfen um die Vormacht bei Künstlicher Intelligenz. Bis sie mit der Technologie Geld verdienen können, sind beide Konzerne aber noch auf ihre angestammten Geschäfte angewiesen. Der Kampf um die Vormachtstellung bei der Anwendung von Künstlicher Intelligenz (KI) nimmt an Fahrt auf. Die US-Techgiganten Microsoft und Google wollen ihre Angebote weiter ausbauen. Das gaben beide Konzerne gestern zur Vorlage der aktuellen Quartalszahlen bekannt. Microsoft profitiert dabei von der Kooperation mit OpenAI - der Firma, deren KI-Anwendung ChatGPT seit vergangenem Jahr immer wieder die Schlagzeilen beherrscht. 13 Milliarden Dollar hat Microsoft in die Partnerschaft investiert und ChatGPT auch bereits in die Cloud und in die eigne Suchmaschine integriert. Der Windows-Konzern hofft, die lange Dominanz von Google bei der Websuche brechen zu können. Microsoft beansprucht Führungsrolle Microsoft-Chef Satya Nadella betonte bei der Vorstellung der Zahlen, dass der Konzern bereits jetzt von der Investition profitiere und dass man sich auch weiterhin auf den Ausbau der KI-Infrastruktur konzentrieren wolle. Er sprach gar von einem Generationswechsel. "Angesichts der aggressiven generativen KI-Strategien von Microsoft Azure sieht sich Google einem zunehmenden Druck auf seine KI-Führerschaft ausgesetzt", sagte Chirag Dekate von der Beratungsfirma Gartner dem "Handelsblatt". Pichai in der Kritik Jahrelang hatte Google die Führungsrolle in vielen Bereichen inne, nun wird sie in Frage gestellt. Und dafür wird vor allem der aktuelle Google-Chef verantwortlich gemacht. Der Silicon-Valley-Berater Om Malik legte Sundar Pichai den Rücktritt als Google-Chef nah. Sundar sei zwar ein sehr starker Unternehmer, aber eben kein strategischer Denker und Visionär, sagte auch Nimrit Kang, Co-Chief Investment Officer von Northstar Asset Management, dem US-Magazin "Forbes". Sundar Pichai, der seit 2019 Chef des Google-Konzerns Alphabet ist, stellte Nutzern gestern eine bessere Websuche dank KI in Aussicht. Google werde sich von den Wünschen der Nutzer und den eigenen Standards für Qualität leiten lassen. Den Einsatz der hauseigenen KI Bard werde man schrittweise ausbauen. Allerdings gab sich der Konzernchef auch gelassen: Über die Jahre habe man schon viele Veränderungen bei der Websuche durchgemacht, so Pichai. Bard bislang enttäuschend Doch bislang bleibt der erhoffte Erfolg von Bard aus. Bei der ersten Präsentation des KI-Textroboters im Februar dieses Jahres machte Bard Fehler, und es folgte Spott im Internet. Das könnte die Überlegenheit von Google langfristig in Frage stellen - auch, weil Medienberichten zufolge Samsung überlegt, auf seinen Endgeräten künftig Bing statt Google als Standardsuche festzulegen. Und bereits jetzt leidet Google unter der Abkühlung im Online-Werbemarkt: Die Anzeigenerlöse des Internet-Konzerns gingen im Jahresvergleich leicht zurück. Besonders bei YouTube sanken die Anzeigeneinnahmen von 6,87 auf 6,69 Milliarden Dollar. Es war der dritte Quartalsrückgang für die Videoplattform in Folge. Weniger Wachstum als erwartet Wie Konkurrent Microsoft konnte aber auch Alphabet von der hohen Nachfrage im Cloud-Geschäft profitieren, die Sparte war sogar erstmals profitabel. Dank der Zuwächse im Cloud-Geschäft stieg der Konzernumsatz von Alphabet insgesamt um 2,6 Prozent auf 68 Milliarden Dollar. Das sind allerdings nicht die Wachstumsraten, die Anleger früher gewohnt waren. Unterm Strich verbuchte Alphabet einen Quartalsgewinn von gut 15 Milliarden Dollar. Das waren 8,4 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Denn auch der Abbau Tausender Jobs, der mit Abfindungen für 12.000 Beschäftigte verbunden war, schlug bei Alphabet mit Kosten von 2,6 Milliarden Dollar zu Buche. Und zentrale Positionen, die wichtiges Fachwissen brauchen, sind bis heute vakant - eine Situation, die Google-Chef Sundar Pichai schnell lösen muss, wenn er im KI-Wettstreit nicht den Anschluss verlieren will. Microsoft übertrifft Erwartungen Bei Microsoft stand dagegen ein Plus von rund neun Prozent unterm Strich: Der Konzern verdiente im ersten Quartal 18,3 Milliarden Dollar. In den drei Monaten bis Ende März legte der Umsatz im Jahresvergleich um sieben Prozent auf 52,9 Milliarden Dollar zu, wie Microsoft mitteilte. Der Windows-Konzern übertraf damit die Prognosen der Wall-Street-Analysten sowohl beim Gewinn als auch bei den Erlösen deutlich.
# "Der Wille zur Aufklärung ist nicht stark" Bisher sind die politischen Befehlsgeber der Todesschüsse am Eisernen Vorhang in der damaligen Tschechoslowakei unbescholten davongekommen. Nun steht zum ersten Mal ein kommunistischer Ex-Minister vor Gericht. Er ist der erste hochrangige Vertreter der kommunistischen Tschechoslowakei, der sich für die Morde am Eisernen Vorhang vor einem tschechischen Gericht verantworten muss: Vratislav Vajnar war von 1983 bis 1988 Innenminister. Während seiner Amtszeit starben acht Menschen an der Grenze, darunter Hartmut Tautz aus Magdeburg. Da der 18-Jährige in der DDR nicht studieren durfte, versuchte er über Bratislava nach Österreich zu fliehen. "Er war noch 22 Meter von der Grenze entfernt, als er niedergerissen wurde. (…) Und dann haben die Hunde ihn so schwer verletzt, dass er an den Folgen starb, weil man ihn anderthalb Stunden liegengelassen hat und nichts getan hat", so beschreiben es Tautz‘ Schwester und der Staatsanwalt aus dem oberbayrischen Weiden in dem Dokumentarfilm "Die vergessene Grenze", eine deutsch-tschechisch-österreichische Koproduktion. Seit einer Anzeige der "Plattform für das Gedenken und Gewissen Europas" ermittelte ein deutsch-tschechisches Team in mehreren besonders tragischen Fällen, sagt der Publizist Ludek Navara. Seine Recherchen für eine tschechische Fernsehserie über Verbrechen am Eisernen Vorhang hatten erste Ermittlungen ausgelöst. "Der westdeutsche Rentner Johann Dick aus Amberg wurde beim Wandern auf deutschem Gebiet erschossen. Er wurde dann im Sterben auf tschechoslowakisches Territorium gezogen", erzählt Navara. Er erinnert auch an den Fall von Frantisek Faktor: "Ein junger Mann aus Tschechien, der auf österreichischem Boden angeschossen und am Waldrand sterben gelassen wurde." Anklage wegen drei Todesfällen Die aktuelle Anklage betrifft drei Todesfälle und drei Fälle von Verletzungen. Insgesamt sind mindestens 280 Menschen nachweislich bei Fluchtversuchen getötet worden, darunter 33 Deutsche. In der DDR hielt sich hartnäckig das Gerücht, dass die Tschechen nicht schießen, so der Historiker Prokop Tomek. "Etwa 1000 Menschen wählten jedes Jahr den Weg über die grüne Grenze der Tschechoslowakei, besonders oft Bürger aus Ostdeutschland. Denn sie vermuteten, dass sie hier besser durchkommen würden." Ex-Innenminister Vajnar wird Amtsmissbrauch vorgeworfen. Er hätte versuchen müssen, das Grenzregime zu ändern, erläutert Staatsanwalt Tomáš Jarolímek. Denn seit 1976 galt auch in der CSSR der Zivilpakt der Vereinten Nationen. Dieser sichert jedem das Recht zu, sich frei über Grenzen hinweg zu bewegen. Dennoch dauerte es nach dem Fall des Eisernen Vorhangs fast 30 Jahre, bevor die politisch Verantwortlichen in den Fokus rückten. "Die Ermittlungen wurden wegen des Fundes neuer Dokumente aufgenommen", so Staatsanwalt Jarolímek. "Diese beweisen, dass die Beschuldigten über die Schüsse an den Grenzen informiert waren. Gleichzeitig belegen sie, dass sie bestimmt haben, welche Gesetze angewendet werden." Ursprünglich Ermittlungen gegen drei Politiker Ursprünglich wurde nicht nur gegen Vajnar ermittelt, sondern auch gegen den damaligen KP-Chef Miloš Jakeš sowie den ehemaligen Premier Lubomir Štrougal. Doch beide sind inzwischen verstorben. Andere Verfahren wurden eingestellt - etwa wegen Demenz der Beschuldigten. Aus diesem Grund stand auch der Prozess gegen den Ex-Innenminister auf der Kippe. Das tschechische Verfassungsgericht hatte allerdings Zweifel an der Unabhängigkeit seiner Gutachter und erklärte Vajnar für verhandlungsfähig. Zum Prozessauftakt war er nicht anwesend. Seine Verteidigerin erklärte, dass sich sein Gesundheitszustand weiter verschlechtert habe. Er ließ erklären, er habe von den Vorfällen an der Grenze nichts gewusst. Bisher seien in Tschechien wegen der Verbrechen am Eisernen Vorhang lediglich vier einfache Grenzschutzbeamte verurteilt worden, erklärt der Historiker Navara. "Erst als sich zeigte, dass Deutsche unter den Opfern sind, und als der deutsche Staatsanwalt aktiv wurde, entstand so ein Druck, dass sich auch Tschechien ernsthaft damit beschäftigte. Dabei ist die Justiz ein Spiegel der Gesellschaft. Der Wille zur Aufklärung ist hier nach wie vor nicht besonders stark."
# Guterres fordert sofortiges Ende der Kämpfe Bei einer Dringlichkeitssitzung hat der UN-Sicherheitsrat über den Konflikt im Sudan beraten. Generalsekretär Guterres forderte ein Ende der Gewalt, unter der vor allem Zivilisten litten. Chaotisch und herzzerreißend seien diese vergangenen zehn Tage der Gewalt im Sudan, sagte der UN-Chef Antonio Guterres, als er sich zu Beginn der späten Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates persönlich einschaltete. Guterres forderte vor dem Sicherheitsrat ein Ende der Gewalt und warnte vor dem Ausbruch eines vollumfänglichen Krieges. Dieser könne auch Folgen für die sieben Nachbarländer des Sudan haben. Die Kämpfe müssten sofort aufhören, so Guterres. Erneut appellierte er an die Kämpfer der im Sudan herrschenden Armee und der paramilitärischen Gruppe "Rapid Support Forces" unter ihren rivalisierenden Generälen: Sie sollten die Kämpfe beenden. "Wenig Rücksicht auf Zivilisten und Krankenhäuser" Beide Kriegsparteien gefährdeten mit wahllosen Angriffen das Leben von Zivilisten, sagte der deutsche UN-Sondergesandte Volker Perthes dem Sicherheitsrat: "Beide Kriegsparteien haben die Gesetze und Normen des Angriffs auf dicht besiedelte Gebiete missachtet, mit wenig Rücksicht auf Zivilisten, Krankenhäuser oder sogar Fahrzeuge, die Verwundete und Kranke transportieren." Perthes war per Video aus der Hafenstadt Port Sudan zugeschaltet. Dorthin hatte ein Konvoi der Vereinten Nationen rund 1200 Menschen aus der Hauptstadt Khartum in Sicherheit gebracht. Unter den rund 700 UN-Mitarbeitern ist auch Perthes. Er betonte, dass er weiter in regelmäßigem Kontakt mit den rivalisierenden Generälen im Sudan sei. Sowohl Armee-Oberbefehlshaber Abdel Fattah al-Burhan als auch Mohammed Hamdan Daglo, Anführer der einflussreichen paramilitärischen Gruppe "Rapid Support Forces", würden aber noch immer gegenseitige Anschuldigungen erheben und damit wenig Hoffnung auf eine baldige Lösung der Krise machen, so Perthes: "Es gibt noch keine eindeutigen Anzeichen dafür, dass einer der beiden bereit ist, ernsthaft zu verhandeln, was darauf hindeutet, dass beide glauben, dass ein militärischer Sieg über den anderen möglich ist. Dies ist eine Fehleinschätzung." Kämpfe eskalieren Der von den USA vermittelte Waffenstillstand im Sudan halte zwar in einigen Teilen noch, doch die Kämpfe eskalierten. Durch Luftangriffe und Beschuss seien auch Krankenhäuser, Schulen und Wasserreservoirs zerstört worden. Es gebe Plünderungen und Überfälle auf flüchtende Menschen. Zudem gebe es beunruhigende Berichte über versuchte sexuelle Übergriffe, sagte Perthes. Zu der Sitzung waren auch UN-Vertreter von Sudans Nachbarstaaten eingeladen, unter ihnen Äthiopiens UN-Botschafter Zenebe Kebede: "Dies ist ein klarer Fall, in dem wir auf die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft bauen - für eine afrikanische Lösung eines afrikanischen Problems." "Gefahr, dass sich Konflikt ausweitet" Die Nachbarländer des Sudans drängten alle auf afrikanische Diplomatie zur Lösung des Konflikts, sagt Daniel Forti, UN- und Konfliktexperte des Thinktanks Crisis Group in New York. Russland, das gerade den Vorsitz im Sicherheitsrat hat, unterstütze sie dabei: "Es gibt die Gefahr, dass der Konflikt sich über die Grenzen des Sudans hinaus ausweiten könnte, wo es auch viele UN-Operationen gibt. Ich denke, Russland wird sich im Sicherheitsrat eher konstruktiv einbringen - im Vergleich zu anderen Angelegenheiten, wo es mit dem Großteil des Rats über Kreuz liegt." Der Sicherheitsrat müsse sich jetzt so geschlossen wie möglich zeigen. Das Gremium müsse weiter eng mit der Afrikanischen Union und der regionalen Organisation von Staaten in Nordostafrika, Igad, kooperieren. Der Rat müsse die Konfliktparteien weiter drängen, zurück an den Verhandlungstisch zu kommen. Anfang Juni muss der Sicherheitsrat dann über die Zukunft des UN-Mandats Unitams entscheiden. Die Mission war vor drei Jahren beschlossen worden, um den politischen Übergangsprozess im Sudan zu begleiten und Menschenrechte zu schützen.
# Ein Land kommt nicht zur Ruhe Seit 75 Jahren gibt es den Staat Israel. Das Land blickt auf eine wechselvolle Geschichte - geprägt von einem unaufhaltsamen Aufstieg, einer immensen Innovationskraft, aber auch von Kriegen und der ständigen Bedrohung. Es ist der Vorabend des Schabbat am 5. Ijar 5708 nach dem jüdischen Kalender, dem 14. Mai 1948. An diesem Tag läuft das britische Mandat in Palästina aus. David Ben-Gurion, ein kleiner untersetzter Mann mit einem Kranz schlohweißer Haare, verkündet vor dem jüdischen Nationalrat im Stadtmuseum von Tel Aviv die Gründung des Staates Israel. Als erster Ministerpräsident Israels treibt Ben-Gurion den Aufbau des Landes zu einem modernen und demokratischen Staat im Nahen Osten voran. Der nur 1,52 Meter kleine Mann ist der größte Visionär der neuen Nation, die schon einen Tag nach der Staatsgründung herausgefordert wird, als die arabischen Nachbarstaaten Israel angreifen. Bis heute haben sechs Nahostkriege und zwei Palästinenseraufstände die Region erschüttert. Beim Sechstagekrieg 1967 kann Israel sein Territorium entscheidend vergrößern. Das Land erobert den Gazastreifen, die Sinai-Halbinsel, die Golanhöhen, das Westjordanland und Ostjerusalem. Der damalige israelische Ministerpräsident Levi Eshkol verteidigt den Militäreinsatz: Auch im Lärm der Kanonen wird unser Wunsch nach Frieden nicht vermindert. Wir erklären zum wiederholten Male, dass wir kein Land angreifen werden - es sei denn, das Land selbst eröffnete den Krieg gegen uns. Jeder, der uns angreifen wird, wird auf unsere volle Selbstverteidigung treffen. "Es sind genug Blut und Tränen geflossen" Israel erlangt im Sechstagekrieg die Kontrolle über die historische Altstadt von Jerusalem - und damit den Zugang zum Tempelberg, der für orthodoxe und konservative Juden eine hohe Bedeutung hat. Bis heute hat Israel Ostjerusalem annektiert. Nach Jahren der Gewalt kommt es Anfang der 1990er-Jahre zu ersten Geheimverhandlungen zwischen Israel und der Palästinensischen Befreiungsorganisation PLO. Beide Seiten erkennen sich an. Eine Lösung im jahrzehntelangen Nahost-Konflikt scheint zum Greifen nah. Israels Ministerpräsident Jitzchak Rabin und Palästinenserführer Jassir Arafat schütteln sich 1993 im Rosengarten des Weißen Hauses die Hände. Ein historischer Handschlag zweier Erzfeinde, die einen neuen Weg einschlagen wollen. "Wir haben gegen die Palästinenser gekämpft", sagt Rabin damals. "Jetzt sagen wir zu ihnen, klar und deutlich: Es sind genug Blut und Tränen geflossen." Arafat als Feind Aber schon bald bestimmen wieder Misstrauen und Gewalt den Alltag in der Region. Anschläge auf beiden Seiten beflügeln die Gegner der Vereinbarungen. Die Ermordung Rabins durch einen israelischen Ultrarechten im Jahr 1995 markiert den Beginn des Scheiterns. Im Jahr 2000 wird Israel durch die zweite Intifada herausgefordert. Der damalige israelische Oppositionsführers Ariel Scharon besucht den Tempelberg. Aus Sicht der Palästinenser ist der Besuch Scharons eine Provokation. Proteste und Unruhen schlagen schnell in Gewalt um - und die Gewalt eskaliert. Über 1000 Israelis werden während der Intifada getötet, darunter mehr als 750 Zivilisten. Auf palästinensischer Seite gibt es 3300 Tote, darunter viele Kämpfer, aber auch Zivilisten. Auf Befehl von Scharon, inzwischen Ministerpräsident Israels, rücken nach einem verheerenden Terror-Anschlag in Netanya 20.000 israelische Soldaten tief in das Westjordanland vor. Von der Agrargesellschaft zur Startup-Nation "Israel wird das palästinensische Terrornetz und all seine Bestandteile bezwingen", so Scharon damals. "Arafat, der eine terroristische Koalition gegen Israel bildet, ist ein Feind und wird in dieser Phase isoliert." Seither ist der Friedensprozess völlig zum Stillstand gekommen. Israelische Siedlungen rücken völkerrechtswidrig immer tiefer in das besetzte Westjordanland vor. Die Serie von Attentaten palästinensischer Terroristen reißt nicht ab. Trotz allem entwickelt sich Israel in all den Jahren von einer Agrargesellschaft zu einer innovativen und hochmodernen Startup-Nation - und ist die einzige Demokratie im Nahen Osten. Eine Demokratie, die viele im Land zunehmend gefährdet sehen. Innenpolitisch ist Israel polarisiert wie noch nie in seiner 75-jährigen Geschichte. "Schwerste Krise seit der Staatsgründung" Die rechts-religiöse Regierung unter Ministerpräsident Benjamin Netanyahu spaltet seit ihrem Amtsantritt die Nation immer stärker. Jede Woche gehen im ganzen Land Zehntausende auf die Straßen aus Protest gegen die Regierungspolitik. Es ist eine tiefe Krise, die Israel zu seinem 75. Geburtstag durchlebt. Eine Krise, die nicht nur Staatspräsident Izchak Herzog schlaflose Nächte bereitet. "Ich schlafe nachts nicht immer gut", so Herzog in einem Interview. "Diese Zeit ist sehr besorgniserregend, denn wir befinden uns der schwersten Krise seit der Staatsgründung." Aus einer solchen Krise könne man aber auch gestärkt herauskommen. "Und daran glaube ich mit meinem ganzen Herzen."
# Freier Eintritt bei Fortuna Düsseldorf Fortuna Düsseldorf startet in der kommenden Saison ein Pilotprojekt mit kostenlosem Eintritt bei Heimspielen. Das wird der Verein auf einer Pressekonferenz am Mittwoch (26.04.23) bekanntgeben. Nach Informationen des WDR gilt das für mindestens drei Heimspiele der Saison 2023/24. Eine Ausweitung des Projekts auf weitere Spiele, auch in den folgenden Spielzeiten, ist nicht ausgeschlossen.  Gegenfinanzierung durch neue Sponsoren? Zum genauen Ablauf wird u.a. Fortunas Vorstandsvorsitzender Alexander Jobst am Mittwoch informieren, auch Düsseldorfs Oberbürgermeister Stephan Keller wird daran teilnehmen. Die entgangenen Einnahmen sollen durch Sponsoren aufgefangen werden. Medienberichten zufolge wurden erste Deals bereits geschlossen.  Der Zuschauerschnitt bei Fortuna in der laufenden Zweitliga-Saison liegt bei rund 29.000 Zuschauern. Die Arena in Düsseldorf fasst aber bis zu 54.600 Zuschauer. Das entspricht einer durchschnittlichen Auslastung von gerade einmal etwas mehr als 50 Prozent. Ein Aufstieg in die Bundesliga ist nach der jüngsten 0:2-Pleite in Nürnberg in weite Ferne gerückt. Der Rückstand auf Relegationsplatz drei beträgt neun Punkte - bei fünf ausstehenden Spielen.
# AfD-Jugendorganisation erwiesen rechtsextremistisch Das Bundesamt für Verfassungsschutz setzt zu einem neuen Schlag gegen die sogenannte Neue Rechte an: Gleich drei Organisationen werden als gesichert rechtsextremistische Bestrebung eingestuft - darunter die Nachwuchsorganisation der AfD. Ein junger Mann schwitzt beim Training, schlägt mit der Faust in den Boxsack - ein aktuelles Werbefoto der "Jungen Alternative" (JA), der Nachwuchsorganisation der AfD, platziert in den sozialen Medien. "Seid wehrhaft", steht auf dem Bild geschrieben. Der Begleittext lässt tief blicken, wie konkret das gemeint sein könnte: Die politische Vielfalt stehe über allem, "das Leiden der Einheimischen" sei bloß ein Kollateralschaden einer offenen Gesellschaft. "Wir" müssten uns zusammenschließen, gegenseitig beschützen, um "als deutsche Jugend" nicht im "eigenen Land" unterdrückt zu werden, schreibt die JA - ohne genauer zu erklären, wen sie als "Einheimische" sieht, wer für sie zur "deutschen Jugend" gehört. In der Pressemitteilung des Bundesamtes für Verfassungsschutz zur Einstufung der JA als "gesichert rechtsextremistische Bestrebung" findet man hierzu Antworten: "Die JA propagiert ein völkisches Gesellschaftskonzept, das auf biologistischen Grundannahmen beruht, ein ethnokulturell möglichst homogenes Staatsvolk postuliert", heißt es da. Staatsangehörige mit Migrationshintergrund würden als Deutsche zweiter Klasse abgewertet. Eben dieses Volksverständnis stehe im Widerspruch zum Grundgesetz.  "Keine Zweifel mehr" an Verfassungsfeindlichkeit Neben der "Jungen Alternative" wird auch das sogenannte Institut für Staatspolitik (IfS) des neurechten Vordenkers Götz Kubitschek mit Sitz in Schnellroda, Sachsen-Anhalt, sowie die Organisation "Ein Prozent" in Halle (Saale) als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Alle drei Organisationen wurden vom Bundesamt für Verfassungsschutz bisher als rechtsextremistische Verdachtsfälle geführt: die JA seit 2019, IfS und "Ein Prozent" seit 2020. Seitdem legten die Verfassungsschützer eine umfangreiche Materialsammlung an, um die Verfassungsfeindlichkeit gerichtsfest beweisen zu können. "Die Positionen des Instituts für Staatspolitik, Ein Prozent e.V. und der Jugendorganisation der AfD, Junge Alternative, sind nicht mit dem Grundgesetz vereinbar", erklärte Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang. "Es bestehen keine Zweifel mehr, dass diese drei Personenzusammenschlüsse verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgen. Sie werden deshalb vom BfV als gesichert rechtsextremistische Bestrebungen eingeordnet und bearbeitet." Gegen diese Einstufung können die betroffenen Organisationen vor dem Verwaltungsgericht klagen. Heraufstufung nicht überraschend Konkret heißt das, dass der Verfassungsschutz das gesamte nachrichtendienstliche Instrumentarium einsetzen kann, um die Aktivitäten der drei Organisationen zu überwachen. Dazu gehören der Einsatz von V-Leuten, Observationen, Finanzermittlungen, bis hin zum Abhören von Telefonen. Grundsätzlich war das bisher auch schon möglich, da auch bei sogenannten Verdachtsfällen der Einsatz von nachrichtendienstlichen Mitteln zulässig ist. Allerdings muss grundsätzlich die Verhältnismäßigkeit gewahrt werden, insbesondere bei besonders tiefen Eingriffen, wie Observationen und Maßnahmen zur Telekommunikationsüberwachung. Die Hürden sind bei gesichert extremistischen Bestrebungen niedriger. Die Heraufstufung durch das Bundesamt kommt in allen drei Fällen nicht überraschend. Höcke ein regelmäßiger Besucher Tatsächlich fragt man sich insbesondere im Fall des "Instituts für Staatspolitik", warum es bis heute gedauert hat, bis das Bundesamt zu dieser Einschätzung gekommen ist. Der Verfassungsschutz von Sachsen-Anhalt hatte diesen Schritt bereits 2021 vollzogen und attestierte der neurechten Denkfabrik "rassistische und biologistische Sichtweisen". Das "Institut" besteht seit 2000 und gilt als rechtsintellektuelles Zentrum. Das Who is who der rechtsextremen Szene kommt hier bei Veranstaltungen zusammen, in den hauseigenen Publikationen werden rechte Narrative bedient, wie der angebliche Bevölkerungsaustausch, wonach die politischen Eliten das Ziel verfolgen, den nach rechtsextremistischer Lesart deutschen Teil der Bevölkerung durch Einwanderer zu ersetzen. Der rechtsextremistische AfD-Politiker Björn Höcke gehört zu den regelmäßigen Besuchern. Der Verein "Ein Prozent" besteht seit 2015, seinerzeit gegründet unter anderem von Kubitschek und Jürgen Elsässer, dem Chef des rechtsextremistischen "Compact-Magazins". Angeführt wird "Ein Prozent" von Philipp Stein, einem Zögling von Kubitschek. Auch diese Organisation der neuen Rechten verfolgt das Ziel, eine Gegenkultur zu etablieren, ist dazu eng verbandelt mit der rechtsextremistischen "Identitären Bewegung". JA verbreitet das Narrativ vom "Bevölkerungsaustausch" An der Spitze der "Jungen Alternative" steht seit Oktober 2022 der AfD-Bundestagsabgeordnete Hannes Gnauck. Bereits in seiner Zeit bei der Bundeswehr wurde Gnauck vom Militärischen Abschirmdienst als Rechtsextremist eingestuft, bevor er in den Bundestag einzog. Die Wahl Gnaucks zum JA-Chef galt als weiteres Indiz dafür, dass die AfD-Jugendorganisation konsequent immer weiter nach rechts abdriftete. Auch die JA verbreitet das Narrativ vom "Bevölkerungsaustausch", hetzt gegen Migranten und vertritt ein völkisches Gesellschaftsmodell. So sprach Gnauck erst kürzlich auf einer AfD-Kundgebung in Prenzlau davon, dass die anderen im Bundestag vertretenen Parteien nicht ruhen würden, "bis jeder Winkel dieses Landes und jedes friedliche Dorf mit illegalen Migranten vollgestopft ist". Die Gesamtpartei AfD gilt weiterhin als rechtsextremistischer Verdachtsfall. Die AfD hatte gegen diese Einstufung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz geklagt, die finale Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster dazu steht noch aus.
# Mit dem Frühling kommt die Kauflaune Mit dem Frühlingserwachen steigt auch die Kauflaune in Deutschland. Die gesunkenen Energiepreise und staatliche Unterstützungsmaßnahmen sind wesentliche Gründe für das verbesserte Konsumklima. Die besseren Konjunktur- und Einkommensaussichten in Deutschland lassen die Verbraucherlaune steigen. Wie das Nürnberger Konsumforschungsunternehmen GfK mitteilte, erreichte das Konsumklimabarometer im Mai den höchsten Stand seit April 2022. Mit einem Anstieg um 3,6 Punkte auf minus 25,7 Zähler im Vergleich zum Vormonat ist dies bereits der siebte Anstieg in Folge. "Nachdem der Zuwachs im Vormonat eher gering ausfiel, steigt die Konsumentenstimmung in diesem Monat wieder deutlicher an", sagte GfK-Experte Rolf Bürkl. "Allerdings bleibt der Wert nach wie vor unter dem Vor-Pandemie-Niveau vor etwa drei Jahren." Einkommenserwartungen steigen Maßgeblicher Treiber hinter der Entwicklung sei, dass die Menschen ihre künftige Finanzlage positiver einschätzen. Diese Einkommenserwartungen legten zum siebten Mal in Folge zu und erreichten damit erstmals wieder das Niveau von vor dem Beginn des Ukraine-Krieges. Dies sei vor allem auf die moderateren Energiepreise zurückzuführen. Hinzu kommen diverse Programme der Politik, die dazu beitragen, die hohen Energiepreise zumindest teilweise für Haushalte und Unternehmen zu kompensieren. "Zusammen mit den zu erwartenden tariflichen Einkommenszuwächsen gehen mehr und mehr Haushalte davon aus, dass die ursprünglich befürchteten hohen Kaufkraftverluste aufgrund der Inflation deutlich milder ausfallen werden", so die GfK-Marktforscher. Stabilisiert sich die Konjunkturstimmung? Die Verbraucher bewerten auch die Konjunkturaussichten positiver. Der entsprechende Indikator liegt mit 14,3 Punkten deutlich über seinem langjährigen Durchschnittswert von null Zählern. Zuletzt hatten die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute ihre Konjunkturprognose für Deutschland angehoben. Sie erwarten ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts um 0,3 Prozent in diesem Jahr, nachdem sie im Herbst noch einen Rückgang um 0,4 Prozent vorausgesagt hatten. Zugenommen hat bei den Verbrauchern die Bereitschaft zu größeren Anschaffungen. "Trotz der Zuwächse ist das Niveau der Konsumneigung gegenwärtig noch niedriger als zu Zeiten der beiden pandemiebedingten Lockdowns im Frühjahr 2020 sowie Ende 2020/Anfang 2021", hieß es dazu. "Viele Haushalte sind nach wie vor verunsichert, vor allem auch deshalb, weil nun die Abrechnungen für die vergangene Heizperiode anstehen und hier mit deutlich höheren Kosten zu rechnen ist." Gestützt werde die Kaufbereitschaft vor allem durch den stabilen Arbeitsmarkt.
# Traumjob hinter hohen Mauern Wie kann die Integration ausländischer Menschen besser gelingen? Darüber beraten die zuständigen Minister in Wiesbaden. Sprachkenntnisse und Arbeit sind ein Schlüssel - wie das Beispiel eines 29-Jährigen zeigt. "Man weiß nie, was auf einen zukommt", sagt Adrian Covalciuc, als er eines der fünf Haftgebäude der Jugendstrafanstalt Schifferstadt in Rheinland-Pfalz betritt. In dem Haus sind mehr als 50 Gefangene in vier Wohngruppen untergebracht. Jeder Häftling bewohnt einen neun Quadratmeter großen Raum, der aus einem Bett, Tisch, Fernseher und einem kleinen Bad besteht. Covalciuc betreut und beaufsichtigt die Gefangenen im Schichtdienst. Sein Frühdienst beginnt um 6 Uhr morgens mit der sogenannten Lebendkontrolle. Er geht von Zelle zu Zelle und prüft, ob auch alle Häftlinge da sind und wie es ihnen geht. Zusammen mit seinen Kollegen kontrolliert er die Zellen auch auf unerlaubte Gegenstände und achtet darauf, dass sie sauber und aufgeräumt sind. Vorschriften und Regeln bestimmen das Leben in der Jugendstrafanstalt. Covalciuc mag seinen Arbeitsplatz, auch wenn der sich hinter fünf Meter hohen Mauern und Stacheldraht befindet. Immerhin gibt es auf dem zwölf Hektar großen Gefängnisgelände in Schifferstadt viele Grünflächen, Bäume und sogar einen Teich mit Enten. Gute Kommunikation und Fingerspitzengefühl "Jeder macht Fehler", sagt der 29-Jährige. Seine Aufgabe sieht er darin, die Gefangenen dabei zu unterstützen, künftig ein straffreies Leben zu führen. Dazu gehöre vor allem mit ihnen zu sprechen und zu helfen - etwa wenn es darum geht, Formulare für Behörden auszufüllen oder sie zur Schule oder zu den Arbeitsstätten in der Jugendstrafanstalt zu begleiten. Er und seine Kollegen kümmern sich um einen geregelten Tagesablauf und müssen im Notfall auch eingreifen. Es kann auch immer mal wieder zu Streitigkeiten oder Schlägereien zwischen Häftlingen kommen. Jeder Gefangene ist anders, hat eine andere Persönlichkeit, reagiert anders, erklärt Covalciuc. Manche seien impulsiv, die müsse man beruhigen. Es komme viel auf die richtige Kommunikation und Fingerspitzengefühl an: "Man muss mit ihnen so sprechen, dass sie einen auch verstehen. Vor allem mit den Gefangenen, die kein deutsch sprechen. Das ist auch eine Herausforderung." Es gehe darum, Lösungen zu finden, um zu deeskalieren, so dass Tagesablauf und die Verhaltensregeln am Ende eingehalten werden. Laut Anstaltsleitung haben rund ein Drittel der etwa 170 Häftlinge einen Migrationshintergrund. Mehr als 40 Inhaftierte sind keine deutschen Staatsangehörigen. Steiniger Weg zum Vollzugsbeamten Adrian Covalciuc hat seine Ausbildung zum Vollzugsbeamten in der JSA Schifferstadt vor drei Monaten mit Bestnoten abgeschlossen - und das, obwohl er 2018 nach Deutschland kam, ohne selbst ein Wort deutsch zu sprechen. Seine Deutschkenntnisse hat er sich während seiner 18-monatigen Ausbildung selbst erarbeitet. Ohne die Hilfe seiner Tante und seines Onkels, die bereits in Deutschland lebten, hätte er das wohl nicht geschafft, erzählt Covalciuc. Sie hätten ihm geholfen, die Sprache zu lernen und sich einzufinden. Schon seit seiner Kindheit ist es sein Traum gewesen, bei der Polizei zu arbeiten, erzählt Covalciuc. Im Alter von 15 Jahren hat er in der Republik Moldau eine Militärschule besucht. Die drei Jahre dort haben ihn tief geprägt. Er habe gelernt, nach klaren Vorgaben und Regeln zu leben. Danach habe er sich entschieden, einen Beruf im Vollzugsdienst zu ergreifen. Über ein Austauschprogramm hat er schließlich einen Platz an der Polizeiakademie in Rumänien ergattert und sei so im Strafvollzug gelandet. Praktika in rumänischen Haftanstalten Seine beruflichen Erfahrungen in Gefängnissen in Rumänien und der Republik Moldau haben ihm den Einstieg in Deutschland erleichtert, berichtet Covalciuc. In Rumänien habe er Praktika in verschiedenen Haftanstalten gemacht, eine Ausbildung für den gehobenen Dienst absolviert und Jura studiert. In der Republik Moldau habe er auch im Erwachsenenvollzug gearbeitet. Dort gehe es deutlich härter zu, als in deutschen Gefängnissen, erklärt er. Dort seien meist mehrere Gefangene in einem kleinen Haftraum untergebracht. Ganz anders als in Schifferstadt, wo es nur Einzelzellen gibt. In Rumänien habe er auch gelernt, dass man Gefangenen mit Respekt begegnen muss, egal was sie getan haben. Dann respektierten einen auch die Häftlinge, so Covalciuc. "Wir sind alle Menschen, ob Gefangener oder Beamter. Wenn wir respektvoll miteinander umgehen, dann bekommt man das auch wieder zurück." Seine Arbeit mit den Gefangenen ist auch immer ein schwieriger Balanceakt zwischen Nähe und Distanz, erklärt Covalciuc. Wenn man zu viel Nähe zulasse, dann nehme einen der Gefangene als Freund oder Kumpel wahr. Bei zu viel Distanz, könne man kein gutes Gespräch führen und kein Vertrauen aufbauen. Mit seiner Arbeit in der Jugendstrafanstalt Schifferstadt fühlt sich Covalciuc wohl. Er arbeite dort in einem tollen Team. Er ist überzeugt, dass Integration nur gelingen kann, wenn die eigene Bereitschaft und das Interesse da seien, sich einzubringen. Zudem müsse es Hilfsangebote geben: "Wenn man in einem fremden Land etwas erreichen will, muss man als erstes die Sprache lernen. Und danach alles tun, um sein Ziel zu erreichen." Die JSA Schifferstadt ist die größte Hafteinrichtung für Jugendliche und junge Erwachsene in Rheinland-Pfalz. Hier sind in der Regel Häftlinge im Alter von 14 bis 21 Jahren untergebracht. Im Schnitt verbüßen sie Haftstrafen von zwei bis drei Jahren. Die Taten reichen von einfachem Diebstahl über Gewaltdelikte bis hin zu Mord. Zurzeit sind in der JSA etwa 170 Straftäter inhaftiert. Die Anstaltsleitung sucht dringend Personal und Fachkräfte. Viele Stellen im allgemeinen Vollzug sind laut der stellvertretenden Leiterin Marina Maier unbesetzt.
# Gewerkschaft EVG droht mit weiteren Bahnstreiks Die Tarifverhandlungen zwischen der Deutschen Bahn und der Eisenbahngewerkschaft EVG sind erneut gescheitert. Nun drohen erneut landesweite Streiks. Sie könnten noch massiver sein als zuletzt. Die Deutsche Bahn hat die dritte Gesprächsrunde im Tarifstreit mit der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) erneut ohne Ergebnis für beendet erklärt. Die EVG warf der Bahn einen einseitigen Abbruch der Gespräche vor und gab sich weiter verhandlungsbereit. Allerdings erklärte die EVG auch: "Bekommen wir keine verhandlungsfähige Angebote, werden wir natürlich auch streiken", sagte EVG-Tarifvorständin Cosima Ingenschay. Termine dafür gebe es noch nicht, aber die Streiks dürften "massiver ausfallen" als die beiden Ausstände in der jüngsten Vergangenheit. EVG fordert zwölf Prozent mehr Lohn Die EVG wolle aber laufende Gespräche mit anderen Unternehmen vor allem in der kommenden Woche abwarten, bevor sie weitere Streiks ankündige. Insgesamt verhandelt die EVG mit 50 Bahn- und Busunternehmen in der aktuellen Tarifrunde. Die EVG hatte erst am Freitag mit einem achtstündigen Warnstreik den Bahnverkehr in ganz Deutschland weitgehend lahmgelegt. Die Gewerkschaft verhandelt für rund 230.000 Beschäftigte bei rund 50 Bahn- und Busunternehmen und pocht auf zwölf Prozent mehr Lohn, mindestens aber eine Erhöhung um 650 Euro im Monat. Ende Mai weitere Verhandlungen Der nächste Verhandlungstermin zwischen Deutsche Bahn und EVG ist für Ende Mai angesetzt. Dieses Datum sei "aus unserer Sicht viel zu spät", sagte Bahn-Personalchef Martin Seiler dazu. "Wir sind die ganze Zeit verhandlungsbereit." Als Grund für die gescheiterten Verhandlungen nannte die Bahn die Weigerung der Gewerkschaft, über das am Dienstag vorgelegte neue Angebot der Bahn zu verhandeln. "Wir haben uns einen riesigen Schritt auf die Gewerkschaft zubewegt. Auf der anderen Seite ist Stillstand", so Seiler. Das Angebot orientiert sich nach Angaben des Konzerns am Tarifabschluss im Öffentlichen Dienst und sieht unter anderem zehn Prozent mehr Lohn ab kommendem Jahr vor sowie zusätzlich 2850 Euro Inflationsausgleichsprämie. Gewerkschaft lehnt lange Laufzeit ab Dass die Gewerkschaft das Angebot als nicht einmal verhandelbar bezeichnet, sei "sehr, sehr bemerkenswert", sagte Seiler. Die EVG hatte Nachbesserungen gefordert. EVG-Tarifvorstand Kristian Loroch hatte kritisiert, dass nach dem Bahn-Angebot noch viele Fragen offen und Forderungen der Gewerkschaft unbeantwortet seien. Vor allem die Laufzeit von 27 Monaten sei "inakzeptabel". Zudem lehnt die EVG Einmalzahlungen, die der Konzern vorgeschlagen hatte, ab. "Das Ping-Pong von Forderungen und Angeboten muss jetzt aufhören, wir müssen ohne Vorbehalte am Tisch zu Lösungen kommen", forderte die Bahn. Es gehe um Kompromisse für beide Seiten.
# Drahtzieher des Anschlags auf Flughafen getötet Im August 2021 sind mehr als 180 Menschen ums Leben gekommen, als ein Selbstmordattentäter den Kabuler Flughafen ins Visier nahm, wo Tausende versuchten, den Taliban zu entkommen. Der Hintermann soll nun getötet worden sein. Die afghanischen Taliban haben offenbar den Anführer der IS-Zelle getötet, die angeblich für den verheerenden Selbstmordanschlag auf den Flughafen von Kabul im August 2021 verantwortlich ist. Zu diesem Schluss sei die US-Regierung anhand von Geheimdienstinformationen gekommen, berichteten mehrere US-Medien übereinstimmend unter Berufung auf hochrangige Regierungsmitarbeiter. Das US-Militär habe am Wochenende damit begonnen, die Familien der getöteten Militärangehörigen über die Entwicklung zu informieren, berichtete auch der Vater eines US-Marineinfanteristen, der bei dem Selbstmordanschlag ums Leben kam. Familienangehörige teilten die Informationen in einem privaten Gruppenchat, wie die Mutter eines anderen Marineinfanteristen sagte. Die Angaben der Familien gegenüber der Nachrichtenagentur AP wurden von drei Quellen aus US-Regierungskreisen und einem Kongressmitarbeiter bestätigt. Sie wollten anonym bleiben. Mehr als 180 Todesopfer bei Anschlag Bei dem Anschlag, der sich während des Abzugs des US-Militärs aus Afghanistan ereignete, waren mehr als 170 Afghanen und 13 US-Soldaten getötet worden. Es sei unklar, ob der IS-Anführer gezielt von den Taliban getötet wurde oder einem der sich mehrenden Kämpfe zwischen den militanten Islamisten und IS-Kämpfern zum Opfer fiel, berichtete die "New York Times". Sein Tod gehe aber allein auf das Konto der Taliban, die USA seien nicht beteiligt gewesen, zitierte der Sender CBS einen nicht namentlich genannten Regierungsmitarbeiter. Nähere Details oder Beweise, dass es sich bei dem Getöteten tatsächlich um den besagten IS-Anführer handelte, habe die US-Regierung nicht geliefert, hieß es. Darin Hoover, der Vater eines der getöteten US-Militärangehörigen, sagte, ihm seien nur begrenzte Informationen gegeben worden. Den IS-Kommandeur oder die Umstände von dessen Tod identifizierte er nicht. Hoover sagte, er und die Mutter seines Sohnes, Kelly Henson, hätten die Zeit seit dem Anschlag damit verbracht, zu trauern und dafür zu beten, dass die US-Regierung für die Abwicklung des Abzugs zur Rechenschaft gezogen werde. Die Tötung des IS-Kommandeurs helfe ihnen nicht weiter. Was auch immer geschehe - es werde ihren Sohn nicht zurückbringen. Scharfe Kritik an Biden-Regierung bei Abzug Bei dem Anschlag am 26. August 2021 hatte sich vor einem der Eingangstore zum Flughafengelände in der afghanischen Hauptstadt Kabul ein Selbstmordattentäter in die Luft gesprengt. Massen an Menschen hatten sich dort in der Hoffnung versammelt, kurz vor dem endgültigen Abzug der letzten US-Soldaten noch außer Landes gebracht zu werden. US-Präsident Joe Biden, der den Abzug angeordnet hatte, musste harsche Kritik für die chaotischen Zustände während der Operation einstecken. In einem kürzlich veröffentlichten Bericht zur Aufarbeitung des Truppenabzugs machte die Regierung Bidens allerdings weitgehend dessen Amtsvorgänger Donald Trump für die Schwierigkeiten während der Operation verantwortlich.
# Kaum Hoffnung auf baldiges Ende der Kämpfe Die Bundeswehr hat ihre Evakuierungsflüge aus dem Sudan am Abend abgeschlossen. Obwohl die Feuerpause in dem Land laut UN-Einschätzung "in einigen Teilen" hält, gibt es kaum Hoffnung auf ein baldiges Ende der Kämpfe. Der von den USA vermittelte Waffenstillstand im Sudan hält nach Auffassung der Vereinten Nationen bislang "in einigen Teilen". Es gebe allerdings keine Anzeichen, dass die Kriegsparteien bereit seien, "ernsthaft zu verhandeln, was darauf hindeutet, dass beide denken, dass ein militärischer Sieg über die andere Seite möglich ist", sagte der UN-Sonderbeauftragte für den Sudan, Volker Perthes, vor dem UN-Sicherheitsrat. Dies sei eine Fehlkalkulation. Im Sudan kämpfen seit dem 15. April die sudanesischen Streitkräfte und die paramilitärische Gruppe Rapid Support Forces (RSF) um die Macht. Dabei sind mindestens 459 Menschen getötet und über 4000 verletzt worden. Seit Montagmitternacht gilt die US-vermittelte 72-stündige Waffenruhe. Zwei zuvor von beiden Konfliktparteien vereinbarte Feuerpausen waren nicht eingehalten worden. Weiter Kämpfe in Khartum In der Hauptstadt Khartum würden die Kämpfe unter anderem um den Palast der Republik, den internationalen Flughafen und die Hauptquartiere sowie Stützpunkte von Armee und RSF "weitgehend fortgesetzt oder in einigen Fällen intensiviert", so Perthes. Luftangriffe und schwerer Beschuss insbesondere in den Städten Omdurman und Bahri unmittelbar bei Khartum hielten ebenfalls an. Der Flughafen sei Berichten zufolge zwar wieder in Betrieb, die Vorfelder seien aber beschädigt. Es gebe zudem zahlreiche Berichte über Wohnungseinbrüche, Plünderungen von Häusern und Geschäften sowie an Kontrollpunkten entwendete Autos. UN-Generalsekretär António Guterres rief vor dem UN-Sicherheitsrat zum Ende der Gewalt auf und warnte vor dem Ausbruch eines vollumfänglichen Krieges. Bundeswehr schließt Evakuierungseinsatz im Sudan ab Die Bundeswehr hat ihren Evakuierungseinsatz im Sudan derweil abgeschlossen. In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch sei eine weitere Maschine des Typs A400M mit 78 Personen in Jordanien gelandet, teilte das Bundesverteidigungsministerium auf Twitter mit. Damit steige die Gesamtzahl der Evakuierten auf mehr als 700 - darunter seien etwa 200 Deutsche gewesen. Social-Media-Beitrag auf Twitter von Verteidigungsministerium: "#Evakuierung​sflüge aus #Sudan beendet: In der letzten Nacht ist eine weitere Maschine vom Typ A400M der #Bundeswehr mit 78 Personen in 🇯🇴 gelandet. Damit steigt die Gesamtzahl der Evakuierten auf über 700 – darunter rund 200 🇩🇪. pic.twitter.com/Hi8rm7rHJF" Verteidigungsminister Boris Pistorius hatte dem ARD-Hauptstadtstudio mit Blick auf den für Dienstagabend angekündigten letzten Flug gesagt: "Dann war’s das erstmal. So weit wir den Überblick haben durch das Auswärtige Amt sind damit alle, die erreichbar waren, auch erreicht worden und haben sich auf dem Weg zum Flughafen gemacht." Deutsche, die noch im Sudan sind und es bislang nicht zum Flughafen geschafft haben, sollten in den kommenden Tagen bei Evakuierungsflügen anderer Länder mitgenommen werden. Pistorius und Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hatten am Dienstag allen zivilen und militärischen Kräften "für ihre großartige Leistung im Rahmen der Evakuierungsmission" gedankt. Der Chef des "Patenschaftsnetzwerks Afghanische Ortskräfte" beklagte im Interview mit dem ARD-Hauptstadtstudio derweil, es seien keinerlei Vorkehrungen für die lokalen Beschäftigten getroffen worden, die man nun zurücklasse. Bundestag soll heute über Mandat abstimmen Wegen der akuten Gefahrensituation war die Bundeswehrmission am Sonntag zunächst ohne die eigentlich erforderliche parlamentarische Zustimmung gestartet worden. Die Bundesregierung will sich die Möglichkeit offenhalten, die Mission im Sudan bis Ende Mai fortzuführen. Über ein entsprechendes Mandat sollte der Bundestag am Mittwoch abstimmen und damit auch nachträglich die Mission genehmigen.  Bis zu 1600 Soldatinnen und Soldaten sollten sich daran beteiligen können, im Notfall könne diese Zahl auch überschritten werden, heißt es in dem am Dienstag vorgelegten Mandatsantrag der Regierung. Das Mandat umfasse ausdrücklich auch "den Einsatz militärischer Gewalt zur Durchsetzung des Auftrags". Was die aktuelle politische Perspektive für den Sudan angeht, äußert die Bundesregierung in ihrem Mandatsantrag eine pessimistische Einschätzung. "In den letzten Tagen hat sich die Sicherheits- und Bedrohungslage in Sudan dramatisch verschlechtert", heißt es in dem Text. Der durch die internationale Gemeinschaft unterstützte innersudanesische Einigungsprozess sei weit zurückgeworfen. Kritik von der Union an Informationsfluss Die "anhaltende Gewalteskalation in weiten Landesteilen sowie in der Hauptstadt Khartum" habe ein Eingreifen der Bundeswehr erforderlich gemacht, schreibt die Bundesregierung in ihrem Antrag. Ziel der Bundeswehrmission sei es, "Leib und Leben deutscher Staatsangehöriger und weiterer berechtigter Personen" zu schützen.  Bei der Abstimmung im Bundestag über das Einsatzmandat ist mit einer deutlichen Mehrheit zu rechnen. Die oppositionelle Union deutete die Bereitschaft zur Zustimmung an, kritisierte allerdings die Informationspolitik der Bundesregierung sowie einige Unklarheiten im Mandatsantrag.  Mehrere weitere Länder fliegen Bürger aus Im niederländischen Eindhoven landete unterdessen eine Maschine mit 104 Evakuierten aus dem Sudan. Wie das niederländische Außenministerium am Abend mitteilte, waren die Menschen zunächst nach Jordanien gebracht worden, bevor sie von dort in die Niederlande weiterfliegen konnten. Unter den 104 Evakuierten befinden sich nicht nur Niederländer, sondern auch Angehörige anderer Nationen. Großbritannien flog am Dienstag erste Staatsbürger nach Zypern aus. Mindestens zwei weitere Evakuierungsflüge sollten in der Nacht stattfinden, sagte ein Sprecher von Premierminister Rishi Sunak. Schulze: Evakuierung von Helfern könnte dramatische Folgen haben Die eilige Evakuierung deutscher und internationaler Helfer könnte aus Sicht von Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze dramatische Folgen haben. Ein Drittel der Bevölkerung im Sudan sei schon jetzt auf Nahrungsmittelhilfen aus dem Ausland angewiesen, und es würden täglich mehr, sagte die SPD-Politikerin dem "General-Anzeiger" aus Bonn. Dass die Konfliktparteien einer Feuerpause von 72 Stunden zugestimmt haben, sei daher eine gute Nachricht. "So können sich die Menschen mit Wasser und Brot oder Medikamenten zu versorgen." Eine kurzzeitige Feuerpause könne aber nur der Anfang für eine dauerhafte Waffenruhe und Konfliktlösung sein, sagte Schulze. "Denn nur dann können wir unsere Arbeit wieder aufnehmen." Schulze forderte, dass das Militär seine Macht an eine zivile Regierung übertragen müsse. UN: Konfliktparteien missachten Schutz von Zivilisten Wahllose Angriffe der beiden Konfliktparteien im Sudan gefährden den Vereinten Nationen zufolge weiterhin das Leben von Zivilisten. "Beide Kriegsparteien haben die Gesetze und Normen des Angriffs auf dicht besiedelte Gebiete missachtet, mit wenig Rücksicht auf Zivilisten, Krankenhäuser oder sogar Fahrzeuge, die Verwundete und Kranke transportieren", sagte der UN-Vermittler Perthes am Dienstag bei der Sitzung des UN-Sicherheitsrats. So wurde etwa in Khartum ein bekannter sudanesisch-amerikanischer Mediziner erstochen. Bushra Ibnauf Sulieman war Leiter der Medizinischen Fakultät an der Universität der Hauptstadt Khartum. Er wurde vor seinem Haus getötet, wie der sudanesische Ärzteverband mitteilte. Er hatte lange in den USA gearbeitet, wo seine Kinder leben, war jedoch in das nordostafrikanische Land zurückgekehrt, um Ärzte auszubilden. Kollegen sagten, er habe in den vergangenen Tagen Menschen behandelt, die bei den Kämpfen im Land verletzt worden seien. Perthes forderte beide Seiten auf, den Verpflichtungen des humanitären Völkerrechts nachzukommen und den Schutz der Zivilbevölkerung und der zivilen Infrastruktur sicherzustellen. Zudem gebe es "beunruhigende Berichte über versuchte sexuelle Übergriffe". Perthes, der seinen Arbeitsort aus Sicherheitsgründen in die Stadt Port Sudan verlegt hatte, ist nach eigenen Angaben weiterhin in regelmäßigem Kontakt mit den rivalisierenden Generälen im Sudan. Mit Informationen von Kai Küstner, ARD-Hauptstadtstudio
# Russlands Strategie für das Baltikum Bislang unbekannte Papiere aus dem Kreml beschreiben, wie Russland im Baltikum offenbar Einfluss zurückgewinnen will. Experten zufolge läuft die Taktik Moskaus bislang aber ins Leere. "Putin, The Hague is waiting for you!" - "Putin, Den Haag wartet auf dich!" Dieser Slogan prangt seit Monaten auf einem der Wolkenkratzer von Vilnius, der Hauptstadt Litauens. Hier, weit im Osten der EU, in direkter Nachbarschaft zu Russland, will man offenbar sehr deutlich machen, dass man dem Aggressor im Kreml in jedem Fall die Stirn bieten will. Die Regierung in Vilnius steht klar an der Seite der Ukraine. Jegliche Kontakte zu Russland liegen auf Eis.  Die entschiedene Position gegenüber Moskau vertritt Litauen zusammen mit seinen baltischen Partnern Lettland und Estland. Innerhalb der EU treiben die drei baltischen Staaten die Sanktionen gegen Russland besonders voran. Und schon lange vor dem russischen Krieg gegen die Ukraine warnten sie vor einem aggressiven Kurs des Kreml. Denn das Baltikum liegt direkt vor Russlands Toren. Moskau wiederum versucht offenbar seit Jahren, seinen Einfluss in den baltischen Staaten auszubauen. Das jedenfalls geht aus internen, bisher nicht öffentlich bekannten Strategie-Papieren hervor, die aus der Kreml-Administration stammen sollen.  WDR, NDR, "Süddeutsche Zeitung" und internationale Medienpartner hatten in diesem Jahr bereits über ähnliche Dokumente zu den mutmaßlichen Plänen des Kreml für Operationen der Destabilisierung und Einflussnahme in Belarus und Moldau berichtet. Dem Recherchekonsortium liegen nun weitere Papiere vor, und diesmal geht es um Strategien für das Baltikum.  Dokumente offenbar aus dem Sommer 2021 In den neuen Dokumenten zu Litauen, Lettland und Estland, die offenbar im Sommer 2021 verfasst wurden, geht es anders als bei Moldau oder Belarus weniger um die Frage, wie Russland sich ein Land langsam einverleiben kann. Es geht vielmehr um Strategien dafür, im Baltikum mehr Einfluss zu gewinnen. Und darum, eine Ausweitung des NATO-Engagements im Baltikum zu verhindern.  Manche Ziele für die drei Länder ähneln sich dabei, etwa die Unterstützung pro-russischer Kräfte. Auch will Moskau generell gegen eine angebliche Diskriminierung von russischsprachigen Bürgern vorgehen. Es geht es in den Papieren aber auch um sehr länderspezifische Ansätze. So heißt es, die Verbindungen zwischen "russischen Landsleuten" in Litauen und "ihrem historischen Heimatland" sollten besonders gestärkt werden. Für den Kreml scheinen zudem Organisationen im Baltikum mit russlandfreundlichem Hintergrund eine wichtige Rolle zu spielen. Man wolle "öffentliche Strukturen, Stiftungen und NGOs" etablieren, um die Kooperation mit Russland zu befördern. Langfristig gehe es darum, die Beziehungen zwischen Russland und Litauen, Lettland und Estland "wiederherzustellen".  Wie zuletzt in der Auseinandersetzung mit dem Westen, sieht der Kreml auch mit Blick auf die baltischen Staaten offenbar Energie als ein mögliches politisches Druckmittel. Das Stromnetz aller drei Länder ist immer noch eng mit dem Russlands verknüpft. Allerdings sind die drei Länder längst dabei, sich von russischer Energie unabhängig zu machen. Dabei könnte Moskau einen entscheidenden Machthebel verlieren, warnen die Kreml-Strategen in den Papieren. NATO im Mittelpunkt Einer der zentralen Punkte in allen drei Kreml-Papieren ist die NATO: Das Militärbündnis solle sich nicht dauerhaft in der Region etablieren können. Das war so oder so ähnlich auch schon in den Strategiepapieren zu Belarus und Moldau zu lesen. Bezogen auf die baltischen Staaten heißt es hier, dass in Lettland und Litauen ausdrücklich die "Einrichtung von NATO-Stützpunkten" verhindert werden soll.   Der Plan für Litauen, dem baltischen Land mit den meisten Einwohnern, nennt zudem explizit die Aufstellung von Mittelstreckenabwehrsystemen zur Luft- und Raketenverteidigung in NATO-Regie. Pro-russische Politiker machen tatsächlich schon seit einiger Zeit auf Propagandakanälen und in sozialen Netzwerken mit gezielten Desinformationen gegen die Erweiterung von Militärübungsplätzen im Baltikum Front.  Die Unterlagen sollen von der "Direktion für die grenzübergreifende Zusammenarbeit" der russischen Präsidialadministration verfasst worden sein, einer Art geopolitischen Denkfabrik des Kreml, deren Aufgabe es ist, Strategien für jene Nachbarstaaten Russlands zu entwickeln in denen Moskau seinen Einfluss ausbauen will. "Geopolitische Demütigung" Es waren Litauen, Lettland und Estland, die Anfang der 1990er-Jahre mit ihrem Streben nach Unabhängigkeit das Ende des Sowjetimperiums einläuteten. Im Kreml werde das bis heute als "geopolitische Demütigung" empfunden, sagt Baltikum-Experte Kai-Olaf Lang von der Denkfabrik Stiftung Wissenschaft und Politik. Putin selbst nannte den Zerfall der Sowjetunion die "größte geopolitische Katastrophe" des vergangenen Jahrhunderts. Und so verwundert es kaum, dass Moskau offensichtlich danach strebt, seinen Einfluss auf die baltischen Staaten wieder zu vergrößern.  Westliche Sicherheitsexperten, mit denen WDR, NDR und "Süddeutsche Zeitung" über die Dokumente gesprochen haben, halten sie für authentisch. "Es zeigt schon Putins Großmachtsfantasien, dass Moskau überhaupt den Versuch unternimmt, in diesem Umfang auf unabhängige Nationen Einfluss nehmen zu wollen", meint etwa Wolfgang Ischinger, ehemaliger Diplomat und langjähriger Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz. Ein hochrangiger westlicher Geheimdienstler wiederum sagt: "Es geht nicht darum, in diesen Ländern gewaltsam das System zu stürzen. Stattdessen versuche Russland mit hybriden Maßnahmen, seinen noch bestehenden Einfluss zu sichern. Man unterstütze russlandfreundliche Parteien und wende sich an Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft. Allerdings habe das alles "bislang wenig Erfolg". "Wir kennen unseren Nachbarn" Litauens Ministerpräsidentin Ingrida Šimonytė erklärte, das Kreml-Strategiepapier sei für sie "nicht überraschend". Das Dokument hält sie für authentisch. Ihr Land werde allerdings beispielsweise mit Blick auf die Energie "alles unternehmen, um so schnell wie möglich" unabhängig von Russland zu werden.   Lettlands Regierungschef Krišjānis Kariņš sagte gegenüber den Medienpartnern, dass sein Land seit der Unabhängigkeit damit konfrontiert sei, dass Russland seine Position in den Nachbarstaaten ausweiten wolle. Aber: "Auf internationaler Ebene setzt sich Lettland aktiv für Russlands Isolation ein", so Kariņš. Und Estlands Ministerpräsidentin Kaja Kallas meint: "Wir kennen unseren Nachbarn". Sie sehe ihre Aufgabe darin "unser Wissen über Russlands Aktionen zu teilen, um gegen direkte und indirekte Einflussversuche vorgehen zu können."  Ein hochrangiger westlicher Geheimdienstmitarbeiter verweist darauf, dass die Kreml-Pläne aus dem Sommer 2021 für das Baltikum bislang kaum Erfolg gezeigt hätten. Die baltischen Staaten seien durch den Krieg gegen die Ukraine vielmehr noch stärker an den Westen herangerückt. Hier ist die russische Taktik offensichtlich nicht aufgegangen. Die russische Präsidialverwaltung ließ eine Anfrage zu den mutmaßlichen Plänen zunächst unbeantwortet.  An der Recherche waren neben WDR, NDR und SZ folgende Medien beteiligt: Delfi Estonia, Dossier Center, Expressen, Frontstory.pl, Kyiv Independent, LRT, Re:Baltica, VSquare, Yahoo News
# Vonovia verkauft 21.000 Wohneinheiten Der Wohnimmobilien-Konzern Vonovia verkauft seine Beteiligung an einem Immobilienportfolio und will in diesem Jahr noch mehr Wohnungen veräußern. Mit dem Geld will der Konzern seine Schulden tilgen. Deutschlands größter Wohnimmobilien-Konzern Vonovia veräußert seine Beteiligung an dem Südewo-Portfolio. Für eine Milliarde Euro sollen mehr als 21.000 Wohneinheiten in Baden-Württemberg den Besitzer wechseln. Das teilte der DAX-Konzern mit. Die Transaktion bewerte das gesamte Südewo-Portfolio mit 3,3 Milliarden Euro, Vonovia hält lediglich einen Minderheitsanteil. Bis Ende Mai soll der Käufer, eine von Apollo verwaltete Gesellschaft, den Anteil von Vonovia übernommen haben. Bis zur Übernahme müssen noch rechtliche Fragen geklärt werden - so müsse beispielsweise noch eine kartellrechtliche Freigabe erfolgen. Vonovia habe eine langfristige Option zum Rückkauf der Beteiligung, müsse diese aber nicht ausüben. Trotz des Verkaufs werde Vonovia die Wohneinheiten weiterhin kontrollieren, bewirtschaften und konsolidieren. Zwei Milliarden Euro Einnahmen aus Verkäufen Der Verkauf geschieht in einer Phase, in der Vonovia wie viele andere Immobilien-Konzerne unter steigenden Zinsen leidet. Nun versucht Deutschlands größter Wohnimmobilien-Konzern, durch die Verkäufe von Immobilien Gelder zu beschaffen. Insgesamt sollen in diesem Jahr rund zwei Milliarden Euro durch den Verkauf von Immobilien generiert werden - mit dem Verkauf des Südewo-Portfolios ist bereits die Hälfte dieser Zielmarke erreicht. Das Geld will Vonovia für denn Abbau der Schulden verwenden. Bereits im vergangenen Jahr verkaufte Vonovia 19.760 Wohnungen, doch die Nachfrage ist aufgrund der hohen Immobilienpreise und der steigenden Bauzinsen gering. "Der Markt ist nicht völlig zum Erliegen gekommen, sondern mühsam", hatte Unternehmenschef Rolf Buch noch im März bei Vorlage der Bilanz gesagt. Keine Neubauprojekte für 2023 geplant Damit nimmt der Gesamtbestand an Wohnungen, die Vonovia besitzt, in diesem Jahr deutlich ab. Denn der Konzern kündigte bereits an, 2023 keine neuen Bauprojekte zu beginnen, und begründete das mit den gestiegenen Bau- und Finanzierungskosten. Projekte, die sich bereits im Bau befinden, sollen aber zu Ende gebracht werden. 2023 werde Vonovia 3450 Wohnungen fertigstellen, hatte Buch gesagt. "Neubau, der zu vertretbaren Mietpreisen führt, ist in der aktuellen Situation einfach wirtschaftlich nicht möglich", hatte er hinzugefügt. Auch am Aktienmarkt zeigt sich die angespannte Lage in der Immobilienwirtschaft: Seit dem Jahreswechsel sank der Kurs der Vonovia-Anteilsscheine um knapp zwölf Prozent und in den vergangenen zwölf Monaten um mehr als 40 Prozent. Anleger reagierten heute positiv auf die Nachricht, die Vonovia-Aktie gewann zwischenzeitlich mehr als fünf Prozent.
# Viessmann verkauft Wärmepumpengeschäft Das Geschäft ist besiegelt: Der Heizungsbauer Viessmann verkauft seine Klimatechniksparte für zwölf Milliarden Euro an den US-Konzern Carrier Global. Wirtschaftsminister Habeck will die Übernahme prüfen. Der hessische Heizungsbauer Viessmann verkauft seine Klimasparte einschließlich der lukrativen Wärmepumpen an den US-Konkurrenten Carrier Global. Dieser bezifferte den Preis auf zwölf Milliarden Euro. Die verbleibende Viessmann-Gruppe erhält 80 Prozent des Kaufpreises in bar, die restlichen 20 Prozent als Aktienpaket. Dadurch wird die Viessmann-Gruppe einer der größten Anteilseigner des US-Konzerns. Das Geschäft soll bis zum Ende des Jahres abgeschlossen sein. Der Kaufpreis entspreche dem 13-fachen des für 2023 erwarteten operativen Ergebnisses (Ebitda), teilte Carrier in der Nacht auf Mittwoch mit. Langfristige Garantien für Mitarbeiter Beide Seiten hätten sich auf langfristige Garantien geeinigt, teilte Viessmann mit. So seien betriebsbedingte Kündigungen für drei Jahre ausgeschlossen, wichtige Standorte für fünf Jahre gesichert und Allendorf an der Eder für zehn Jahre als Hauptsitz gesetzt. An die Mitarbeiter der Sparte sollen 106 Millionen Euro als Sonderprämie "für 106 Erfolgsjahre" ausgeschüttet werden. Carrier setzt auf Siegeszug der Wärmepumpe Mit dem Verkauf entstehe ein "zukunftssicherer globaler Klima-Champion", erklärte Konzernchef Max Viessmann, der in den Verwaltungsrat von Carrier einzieht. "Wir können die weltweite Energiewende nur dann erfolgreich meistern, wenn Unternehmen global denken, handeln und zusammenarbeiten." Carrier-Chef David Gittin bezeichnete die Akquisition als "spielverändernde Gelegenheit". Die Viessmann-Klimasparte mit 11.000 Beschäftigten sei entscheidend für die europäische Energiewende. Carrier setzt mit der Übernahme vor allem auf den Siegeszug der Wärmepumpe: Der Markt in Europa werde sich bis 2027 auf 15 Milliarden Euro verdreifachen. Guter Marktzugang über Installateure Dabei will das US-Unternehmen künftig auch vom Marktzugang über 75.000 Installateure in 25 Ländern profitieren, die Viessmann-Produkte in die Haushalte bringen könnten. Das ist ein großer Vorteil gegenüber den asiatischen Anbietern, die in der Massenproduktion von Klimaanlagen führend sind, welche mit Wärmepumpen in weiten Teilen bauähnlich sind. Bekannte asiatische Anbieter sind Daikin, Mitsubishi (beide Japan), Midea (China) oder Samsung (Korea). Doch etwa in Deutschland fehlt ihnen bislang noch der Marktzugang über die Installateure. Zwei Unternehmen mit langer Tradition Viessmann ist neben Bosch (Buderus) und Vaillant einer der größten Heizungshersteller in Deutschland. Der Geschäftsbereich Klimalösungen steht für 85 Prozent der Umsätze, die 2022 auf den Rekordwert von rund vier Milliarden Euro angestiegen waren. Das 1917 aus einer Schlosserei gegründete Unternehmen gehört zu den bekanntesten deutschen Heizungsbauern und zählte bislang zu den Gewinnern der Klimawende insbesondere im Gebäudebereich. Das Unternehmen Carrier aus dem US-Staat Florida gilt als Erfinder der modernen Klimaanlage und wurde 1902 gegründet. Der Konzern beschäftigt 52.000 Menschen und erlöste im vergangenen Jahr 20,4 Milliarden Dollar. 60 Prozent des Umsatzes entfielen auf Nord- und Südamerika. Deal nicht unumstritten Das Geschäft zwischen Viessmann und Carrier wird von Politikern und Ökonomen hierzulande nicht nur positiv gesehen. Einige kritische Stimmen warnen, dass Deutschland nach dem Niedergang der Solarenergiebranche nun die nächste Zukunftstechnologie zu verlieren drohe. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will den milliardenschweren Verkauf unter die Lupe nehmen. "Wir werden uns das Vorhaben im Rahmen der vorgesehenen Prüfschritte anschauen und sind im Gespräch mit dem Verkäufer und dem Investor, damit das Projekt unserer Wirtschaft und dem Standort Deutschland dient", erklärte der Grünen-Politiker. Wichtig sei, "dass die Vorteile unserer Energiepolitik und Gewinne, die damit erwirtschaftet werden, auch weiter dem Standort Deutschland zugutekommen". Darauf werde die Regierung achten.
# Hunderte Migranten erreichen Lampedusa Noch immer wagen viele Menschen die gefährliche Flucht über das Mittelmeer. Allein seit Mitternacht kamen Hunderte Migranten auf der italienischen Insel Lampedusa an. Rettungskräfte fanden auch zwei Leichen. Erneut haben Hunderte Bootsmigranten die italienische Mittelmeerinsel Lampedusa erreicht. Seit Mitternacht seien rund 430 Menschen mit zehn Booten auf der Insel angekommen, berichtete die Nachrichtenagentur Ansa unter Berufung auf die Küstenwache. Am Dienstag kamen demnach rund 670 Migranten mit 20 Booten dort an. Bei einem Einsatz der Küstenwache in der italienischen Such- und Rettungszone vor Lampedusa wurden zudem die Leichen von zwei Frauen geborgen, wie Ansa weiter meldete. Die Einsatzkräfte entdeckten die Leichen den Angaben zufolge, nachdem sie 62 in Seenot geratene Menschen an Bord genommen hatten. Die Zahl der Ankünfte von Migranten auf Lampedusa ist zuletzt wieder stark gestiegen. Bereits am Sonntag und Montag wurden laut Italiens Küstenwache mehr als 1200 Migranten auf die Insel gebracht. Kapazitäten im Camp bei weitem überschritten Migranten werden auf der kleinen Insel in ein Erstaufnahmelager gebracht. Das Camp, das für rund 400 Menschen Platz hat, ist laut Ansa mit mehr als 2600 Menschen komplett überfüllt. Lampedusa liegt zwischen Sizilien und Nordafrika, von der tunesischen Küstenstadt Sfax ist die Insel knapp 190 Kilometer entfernt. Die Überfahrt nach Italien ist hochgefährlich - seit Montag kam es etwa zu vier Schiffbrüchen. Nach offiziellen Zahlen des Innenministeriums in Rom erreichten seit Beginn des Jahres mehr als 36.600 Migranten Italien auf Booten. Im Vorjahreszeitraum waren es rund 9000.
# Nawalny erneut vor Gericht Eine elfeinhalbjährige Haftstrafe sitzt Kremlkritiker Nawalny derzeit ab - nun drohen ihm nach eigener Aussage zusätzliche 30 Jahre. In Moskau hat ein Gericht über ein weiteres Verfahren gegen den Oppositionspolitiker beraten. Kremlkritiker Alexej Nawalny muss sich wohl erneut vor einem Moskauer Gericht verantworten - diesmal nach eigenen Angaben wegen Extremismusvorwürfen. Ihm werde vorgeworfen, im Gefängnis Terroranschläge vorbereitet zu haben, sagte der 46-Jährige per Videoschalte in einer ersten technischen Sitzung, in der das Gericht darüber entscheidet, wie viel Zeit der Angeklagte erhält, sich mit den Vorwürfen auseinanderzusetzen. "Sie haben absurde Vorwürfe gegen mich erhoben, aufgrund derer mir 30 Jahre Gefängnis drohen ... dass ich während meiner Haft Terrorakte verübe", zitieren Verbündete Nawalny auf Twitter. Die Presse wurde von dem Verfahren weitgehend ausgeschlossen. Nawalnys Sprecherin Kira Jarmysch erklärte, das Gericht versuche damit, die Kommunikation des Politikers mit den Medien zu verhindern. International gilt der bisher offiziell wegen Betrugs verurteilte Nawalny als politischer Gefangener. Menschenrechtler sprechen von Willkürjustiz, um den Gegner von Russlands Präsident Wladimir Putin zum Schweigen zu bringen. Nawalny zurück in Einzelhaft Zudem wurde bekannt, dass Nawalny nach dem Ende seiner 15-tägigen Isolationshaft sofort erneut in eine Einzelzelle verlegt wurde. Für ihn sei das sogar zu Sowjetzeiten geltende eiserne Gefängnisprinzip gebrochen worden, einem Häftling nach 15 Tagen Einzelarrest zumindest einen Tag Erholung zu gönnen, teilten Nawalnys Vertraute auf seinem Telegram-Kanal mit. Für Nawalny ist es bereits die 14. Einzelhaft seit dem vergangenen Sommer. In der engen Isolationszelle sind die Bedingungen besonders hart. So können Gefangene kein zusätzliches Essen kaufen oder von Angehörigen besucht werden. Nawalny hatte zudem berichtet, dass ihm die Zeit zum Briefeschreiben gekürzt und sein täglicher Spaziergang im Gefängnishof auf den Morgen verlegt worden sei, damit er dort nicht die Sonne sehe.
# Gericht bestätigt Todesurteil gegen Deutsch-Iraner Ende Februar war der Deutsch-Iraner Sharmahd zum Tode verurteilt worden. Nun bestätigte der Oberste Gerichtshof des Iran die Entscheidung in letzter Instanz. Außenministerin Baerbock hatte das Urteil bereits vor Wochen scharf kritisiert. Der Oberste Gerichtshof im Iran hat das umstrittene Todesurteil gegen den Deutsch-Iraner Djamshid Sharmahd bestätigt. Das sagte Justizsprecher Massud Setajeschi. Wann die Todesstrafe vollstreckt werden soll, ist noch nicht bekannt.  Ein Revolutionsgericht hatte den 68-Jährigen im Februar unter anderem für einen Terroranschlag verantwortlich gemacht, bei dem 14 Menschen getötet wurden. Außerdem legte das Gericht ihm die Kooperation mit ausländischen Geheimdiensten zur Last. Er soll mit FBI- und CIA-Agenten in Kontakt gewesen sein und versucht haben, Kontakte zum israelischen Geheimdienst Mossad aufzubauen. Zwei Mitarbeiter der iranischen Botschaft ausgewiesen Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hatte das Urteil im Februar scharf kritisiert und den Iran aufgefordert, die Entscheidung im Berufungsverfahren zu korrigieren und von der Todesstrafe abzusehen. Kurz darauf wies die Bundesregierung zwei Mitarbeiter der iranischen Botschaft aus. Dem zugleich einbestellten Geschäftsträger des Iran wurde mitgeteilt, der Iran müsse das Todesurteil widerrufen und Sharmahd ein faires und rechtsstaatliches Berufungsverfahren ermöglichen. Wenige Tage später wies der Iran seinerseits zwei deutsche Diplomaten aus und begründete dies damit, dass sich Deutschland auf verantwortungslose Weise in die inneren Angelegenheiten des Iran einmische. Vom iranischen Geheimdienst in Dubai festgenommen Der Aktivist Sharmahd wurde im Sommer 2020 Berichten zufolge vom iranischen Geheimdienst in Dubai festgenommen und in den Iran gebracht. Seitdem ist er in Teheran inhaftiert. Zuvor lebte Sharmahd jahrelang in den USA. Seine Familie und Menschenrechtsgruppen wiesen die Vorwürfe gegen ihn in der Vergangenheit zurück. Sharmahd engagierte sich in den USA in der Exil-Oppositionsgruppe "Tondar" (Donner), die sich für eine Rückkehr der Monarchie einsetzt. Merz zeigt sich schockiert CDU-Chef Friedrich Merz, der Sharmahds politische Patenschaft übernommen hatte, zeigte sich auf Twitter schockiert. "Ich fordere das Regime im Iran erneut auf, Jamshid Sharmahd sofort die Ausreise in sein Heimatland Deutschland zu ermöglichen!", schrieb Merz. Social-Media-Beitrag auf Twitter von Friedrich Merz: "Die Nachricht von der Bestätigung des Todesurteils gegen den deutschen Staatsbürger Jamshid #Sharmahd schockiert zutiefst. Ich fordere das Regime im #Iran erneut auf, Jamshid Sharmahd sofort die Ausreise in sein Heimatland Deutschland zu ermöglichen! (FM) @IraninBerlin" Derzeit sind mehrere europäische Staatsbürger im Iran inhaftiert, viele von ihnen haben auch einen iranischen Pass. Der Iran behandelt Doppelstaatsbürger juristisch wie Iraner. Kritiker werfen Teheran vor, ausländische Staatsbürger als politische Geiseln festzusetzen. Der Iran weist die Vorwürfe zurück und begründet die Festnahmen üblicherweise mit dem Vorwurf der Spionage.
# Ermittler prüfen terroristischen Hintergrund Experten haben nach der Festnahme des Verdächtigen dessen Handy ausgewertet. Dort fanden die Ermittler Hinweise, dass es sich bei der Messerattacke in dem Duisburger Fitnessstudio um eine islamistisch motivierte Tat handeln könnte. Das hat die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf bestätigt, die die Ermittlungen übernommen hat. Gibt es doch eine Verbindung zur Attacke in der Nacht auf Ostersonntag? Die Ermittler verfolgen außerdem eine neue Spur, die zu einem anderen Fall führen könnte. In der Nacht zu Ostersonntag war in der Duisburger Altstadt ein 35-jähriger Partygast erstochen worden. Eine Verbindung zwischen beiden Straftaten werde aktuell geprüft, wie die Generalstaatsanwaltschaft dem WDR gegenüber bestätigte. In der Blutlache des getöteten 35-Jährigen soll laut Duisburger Staatsanwaltschaft ein Schuhabdruck gefunden worden sein, der zu einem Schuh des 26-jährigen Verdächtigen der Fitnessstudio-Attacke passen könnte. Ein DNA-Abgleich solle jetzt klären, ob an dem Schuh Blut des 35-jährigen Opfers ist. Polizei wertet Speichermedien aus Unterdessen hält sich die Generalstaatsanwaltschaft mit Einzelheiten zu Auswertungsergebnissen des Handys noch bedeckt. "Die Beweismittel, darunter elektronische Speichermedien, werden aktuell weiter ausgewertet und es wird auch weiter versucht, den persönlichen Hintergrund des Beschuldigten zu ermitteln", sagt Sprecher Holger Heming. Zeugen erkannten mutmaßlichen Täter Der mutmaßliche Täter war in der Nacht zum Sonntag in seiner Wohnung nahe des Tatorts von Spezialeinheiten verhaftet worden. Zwei seiner Bekannten im Alter von 26 und 33 Jahren hatten den Beamten offenbar einen Tipp gegeben. In der Wohnung stellten die Beamten auch zwei Messer sicher, die als mögliche Tatwaffe jetzt auf DNA-Spuren der Opfer untersucht werden. Mutmaßlicher Täter in U-Haft Die Staatsanwaltschaft wirft dem syrischen Staatsbürger versuchten Mord vor. Der 26-Jährige sitzt weiter in Untersuchungshaft und soll jetzt auch psychiatrisch begutachtet werden. Der Verdächtige selbst schweigt zu den Vorwürfen. Gegen ihn wird bisher wegen versuchten Mordes ermittelt, nachdem er vergangene Woche vier Menschen in einem Fitnessstudio mit einem Messer schwer verletzt haben soll. Drei der Verletzten sind mittlerweile aus dem Krankenhaus entlassen. Ein 21-Jähriger schwebt weiter in Lebensgefahr. Auch in Hamburg war am Dienstag ein Syrer unter Terrorismusverdacht festgenommen worden. Terrorismus-Experte Peter Neumann sagte dem WDR, es gebe eine Häufung von Einzeltätern, die sich zuhause am Computer radikalisierten. "Sie sind nicht Mitglieder größerer Netzwerke, sie schlagen häufig allein und impulsiv los". Das mache es für die Polizei schwierig, ihnen auf die Spur zu kommen, weil sie nicht über ihre Pläne kommunizierten. Über dieses Thema haben wir am 25.04.2023 in der Lokalzeit auf WDR 2 und der Lokalzeit Duisburg im WDR Fernsehen berichtet.
# Rentner erhalten zum 1. Juli mehr Geld 4,39 Prozent im Westen und 5,86 Prozent im Osten - ab Juli steigen in Deutschland die Renten. Dem hat das Kabinett nun zugestimmt. Der Rentenwert in Ost und West wird ein Jahr früher angeglichen als geplant. Die etwa 21 Millionen Rentnerinnen und Rentner in Deutschland bekommen wie geplant ab 1. Juli mehr Geld. Das Bundeskabinett beschloss ein Rentenplus von 4,39 im Westen und 5,86 Prozent im Osten. Die Zahlen hatte Bundessozialminister Hubertus Heil schon im März veröffentlicht. Die vom Kabinett beschlossene Verordnung muss noch vom Bundesrat angenommen werden, was aber Formsache ist. Der Bundestag muss nicht zustimmen. Angleichung des Rentenwerts in Ost und West Neben der Rentenerhöhung kommt es fast 33 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung außerdem zur Angleichung des Rentenwerts in Ost und West - ein Jahr früher als geplant, weil die Löhne im Osten stärker aufholten. "Dazu hat auch die Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro beigetragen, von der viele Menschen in den neuen Ländern profitiert haben", erklärte Heil. Im Westen ist dies die dritthöchste Anhebung seit der Wiedervereinigung 1990. Auch im Osten fiel die Erhöhung nur selten noch höher aus. Eine monatliche Rente von zum Beispiel 1000 Euro, die nur auf West-Beiträgen beruht, steigt durch die Erhöhung um rund 44, eine gleich hohe Rente mit Ost-Beiträgen um fast 60 Euro. Dass die Renten im Osten stärker steigen als im Westen, liegt an der sogenannten Angleichungstreppe: Bis 2024 sollte der Rentenwert Ost schrittweise an den im Westen angepasst werden. Dennoch droht Verlust der Kaufkraft Für einen großen Teil der Ruheständler könnten die Anhebungen dennoch einen Verlust der Kaufkraft bedeuten. Denn die Anpassung der Renten bleibe hinter der Inflation zurück, erklärte das Bundesarbeitsministerium. Dies sei aber nur eine Momentaufnahme. Die Renten steigen im Normalfall jedes Jahr zum 1. Juli. Sie richten sich nach der Lohnentwicklung im Land. Bei sinkenden Löhnen verhindert eine sogenannte Rentengarantie eine Absenkung der Altersbezüge. Im schlimmsten Fall kommt es dann zu Nullrunden, wie vor zwei Jahren im Zuge von Corona oder 2010 nach der Finanzkrise. Im vorigen Jahr war die Rentenanpassung trotz einer Rekorderhöhung um 5,35 Prozent im Westen und um 6,12 Prozent im Osten unterhalb der Teuerungsrate geblieben. Diese betrug für das Gesamtjahr 2022 laut Statistikamt 6,9 Prozent.
# Erdogan legt Wahlkampfpause ein Gut zwei Wochen vor der Präsidentschaftswahl in der Türkei muss der amtierende Präsident Erdogan eine Pause im Wahlkampf einlegen. Wegen gesundheitlicher Probleme hat er mehrere Termine abgesagt. Nach der plötzlichen Unterbrechung eines Fernsehinterviews wegen Bauchbeschwerden hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan eine Wahlkampfpause bekannt gegeben. Er erhole sich auf ärztlichen Rat hin zu Hause, teilte er bei Twitter mit. Social-Media-Beitrag auf Twitter von Recep Tayyip Erdoğan: "Yoğun mesaim sebebiyle yayın esnasında geçirdiğim küçük rahatsızlıktan ötürü geçmiş olsun dileklerini ileten, dualarını eksik etmeyen necip milletimin her bir ferdine, her bir kardeşime çok çok teşekkür ediyorum.…" "Mit Gottes Erlaubnis werden wir unser Programm ab morgen fortsetzen", fügte der Präsident hinzu. Erdogan wird heute vom Vizepräsidenten vertreten Erdogan hat angesichts sinkender Umfragewerte in den vergangenen Wochen unermüdlich Wahlkampfauftritte absolviert. Der Wahlkampf läuft derzeit auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen ihm und dem Oppositionskandidaten Kemal Kiliçdaroglu hinaus. Erdogan hatte heute drei Wahlkampfauftritte in Anatolien geplant. Er sagte, dass Vizepräsident Fuat Oktay ihn bei den Veranstaltungen vertreten werde. Morgen will der türkische Präsident an der Einweihung des ersten türkischen Atomkraftwerks an der Südküste des Landes teilnehmen. Der Termin gilt als einer seiner wichtigsten Wahlkampfauftritte in dieser Woche.  Live-Interview überraschend unterbrochen Gestern Abend war Erdogan live von den türkischen Sendern Ülke TV und Kanal 7 interviewt worden. Das Programm hatte mit 90 Minuten Verzögerung begonnen und wurde dann nach zehn Minuten mitten in einer Frage durch Werbung unterbrochen. Als das Interview rund 20 Minuten später weiterging, sagte Erdogan, er habe sich im Wahlkampf eine schwere Magen-Darm-Grippe zugezogen. Er entschuldigte sich für die Unterbrechung. Der Politiker sah bleich aus und beendete das Interview wenig später. Erdogan tritt bei den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen am 14. Mai für eine dritte Amtszeit an. Er hat mitunter drei oder mehr Wahlkampfveranstaltungen pro Tag absolviert.
# tagesschau vor 20 Jahren Wie sah die Welt vor 20 Jahren aus? Welche Themen bestimmten die politische Debatte? Wie wurden die Probleme bewertet? Wer war damals wichtig? Die tagesschau bietet einen wertvollen Einblick in die jüngere Zeitgeschichte. Die tagesschau vor 20 Jahren dokumentiert alle 20-Uhr-Ausgaben Tag für Tag im Nachrichtenrückblick. Tagesschau-Ausgaben im April 2003 Die Jahre 1989-2003
# Ticketkontrolle mit Bodycam Zugbegleiter und Zugbegleiterinnen bekommen immer öfter den Frust von Bahnreisenden ab - und häufig bleibt es nicht bei Worten. Testweise setzt die Bahn nun Bodycams ein - können sie für mehr Schutz sorgen? "Hier noch jemand zugestiegen? Die Fahrscheine bitte": Valerie Fischer macht seinen Job mit viel Routine, seit mehr als 30 Jahren arbeitet er bei der Deutschen Bahn. Angefangen hat er als Gleisbauer, jetzt ist er Zugbegleiter. Heute fährt er mit dem Schwarzwaldexpress zwischen Offenburg und Karlsruhe. Eine knappe Stunde dauert die Fahrt. In der Zeit läuft Fischer durch die fünf Waggons und kontrolliert die Tickets. Er ist für den Zug verantwortlich und bei Konflikten auf sich allein gestellt. Und die gibt es immer öfter. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bahn werden immer häufiger angegriffen. Mehr als 3000 Angriffe auf Bahnpersonal gab es 2022, rund 21 Prozent mehr als im Vorjahr. "Da war ich auch kurz weg" Oft bleibt es nicht bei Worten, die Zugbegleiterinnen und Zugbegleiter werden auch körperlich attackiert. Auch Fischer hat das schon erlebt: "Ein Fahrgast hat mich gezogen und auf einen Sitz geschmissen. Da war ich auch kurz weg. Das war schon grausam." Deshalb testet die Deutsche Bahn auf der Schwarzwaldstrecke bis Ende des Jahres den Einsatz von Bodycams - um ihr Personal zu schützen. Fischer trägt heute eine solche Bodycam. Vor Schichtbeginn hat er sie abgeholt, jetzt hängt sie beim 64-Jährigen auf Brusthöhe in einer Halterung. Auf einem kleinen Bildschirm können die Fahrgäste erkennen, welchen Ausschnitt die Kamera einfängt. Die Aufzeichnung beginnt aber erst, wenn Fischer in eine bedrohliche Situation kommt und er einen Knopf auf der Seite drückt. "Wenn es eskaliert, dann sage ich zum Fahrgast: Ich mache ein Video. Vorher darf ich die Kamera nicht einschalten," erklärt der Zugbegleiter. Abschreckung und Beweismittel Wenn es tatsächlich zu einem Angriff kommt, wird das Videomaterial automatisch an die Polizei geschickt. Diese kann das Material dann als Beweismittel nutzen, um Angreifer oder Angreiferinnen ausfindig zu machen. Aber so weit soll es möglichst gar nicht erst kommen: "Manchmal eskalieren Situationen aus dem Nichts heraus. Wenn die Leute dann aber die Kamera sehen, ziehen sie sich gleich zurück. So habe ich mehr Sicherheit", berichtet Fischer. Die Bodycam trägt er nun seit über einem Monat und musste sie auch etliche Male einsetzen. So wie an diesem Tag: Zwei Frauen haben keinen gültigen Fahrschein dabei und wollen das fällige Bußgeld nicht bezahlen. Sie weigern sich, ihre Ausweise vorzuzeigen. Fischer bleibt keine andere Wahl: "Ich mache jetzt die Kamera an und werde sie aufzeichnen, okay? Ich darf das machen." Doch dann geht es ganz schnell. Noch bevor der Zugbegleiter die Kamera auslöst, zeigen die beiden Frauen ihre Ausweise vor und akzeptieren das Bußgeld. Gewerkschaft fordert personelle Verstärkung Reichen die Bodycams? "Wir dürfen die Leute nicht festhalten", erklärt Fischer. Das dürfe nur die Bundespolizei. Deshalb sei es so wichtig, mit der Bodycam Beweise aufzunehmen. Kollegen seien auch schon körperlich attackiert worden, erzählt er. "Ich ziehe mich immer zurück, so wie ich es gelernt habe." Oft eskaliere eine Situation innerhalb von Sekunden. Mit der Kamera fühle er sich in solchen Situationen jetzt sicherer. Der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) reichen die Bodycams nicht aus. "Wenn eine Bodycam eingesetzt wird, braucht es auch einen zweiten Zugbegleiter oder Zugbegleiterin auf dem Zug", fordert Lutz Dächert von der GDL. Doch zusätzliche Kollegen oder Kolleginnen für Fischer sind erstmal nicht in Sicht. Deshalb würde er gerne seine Bodycam behalten. Zwei Jahre hat Fischer noch bis zur Rente. Bis dahin hofft er, dass die Bodycams zum Standard für alle Zugbegleiterinnen und Zugbegleiter werden.

Toy pretraining dataset

This is a toy pretraining dataset based off of https://huggingface.co/datasets/bjoernp/tagesschau-2018-2023. Used for testing with https://huggingface.co/bjoernp/micro-bitllama.

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