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315,246 | lg-aachen-1989-04-26-7-s-64788 | {
"id": 800,
"name": "Landgericht Aachen",
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"city": 380,
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"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 7 S 647/88 | "1989-04-26T00:00:00" | "2019-03-13T14:50:29" | "2022-10-18T15:08:45" | Urteil | ECLI:DE:LGAC:1989:0426.7S647.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Beklagten gegen das am 18. November 1988 verkündete Urteil des Amtsgerichts Aachen - 15 C 82/88 - wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Auf die Anschlußberufung des Klägers wird unter Zurückweisung dieses Rechtsmittels im übrigen das genannte Urteil teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:</p>
<p></p>
<p>Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger folgende Zahlungen zu leisten:</p>
<p>1. 1.780,-- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 17, November 1987,</p>
<p>2. 4 % Zinsen aus 600,-- DM für die Zeit vom 17. November 1987 bis zum 22. Juni 1988,</p>
<p>3. 168,-- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 08. März 1988,</p>
<p>4. 1.000,-- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 08. März 1988.</p>
<p></p>
<p>Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Der Kläger hat 1/4, die Beklagte hat 3/4 der Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen zu tragen.</p>
<p></p>
<p>Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs.1 ZPO abgesehen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Auch die Anschlußberufung des Klägers ist zulässig, insbesondere formgerecht eingereicht worden. In der Sache selbst ist die Berufung unbegründet, während die Anschlußberufung teilweise Erfolg hat.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat die Beklagte zu Recht verurteilt, den Preis für die bei der Beklagten gebuchte und bezahlte Flugreise zurückzuzahlen, soweit dies durch die Beklagte noch nicht freiwillig geschehen ist. Durch die von dem Kläger ausgesprochene Kündigung ist ein Rückabwicklungsverhältnis entstanden, das die Beklagte wie im Falle eines Rücktritts nach § 346 BGB zur Rückzahlung des erhaltenen Preises verpflichtet (vgl. BGH, Urteil vom 23.09.1982, BGHZ 85, 50 ff, 59 ff). Die Kündigung des Vertrages ist wirksam ausgesprochen worden, insbesondere hat ein Kündigungsgrund im Sinne des § 651 e Abs. 1 BGB vorgelegen. Unstreitig lag, wie die genannte Vorschrift voraussetzt, ein Mangel der Leistung der Beklagten vor, denn der Abflug von Maastricht zum Urlaubsziel in XXX verzögerte sich um über 10 Stunden und konnte nicht in XXX erfolgen, vielmehr war zuvor noch ein Transfer im Omnibus nach XXX erforderlich, wo das Flugzeug um 2.00 Uhr nachts starten sollte. Es kann dahingestellt bleiben, ob dieser Mangel so erheblich war, daß er, wie das Amtsgericht meint, zu einer Kündigung nach § 651 e Abs. 1 S. 1 BGB ausreichte. Jedenfalls war hier eine Kündigung nach § 651 e Abs. 1 S. 2 BGB möglich, weil die Reise dem Kläger und seiner Familie infolge des Mangels aus wichtigem, dem Reiseveranstalter erkennbaren Grund nicht zuzumuten war. Der Kläger und seine Frau sahen in dem Bustransfer und dem anschließenden Nachtflug ein ernsthaftes Risiko für die Gesundheit ihres Kindes, und ihnen war nicht zuzumuten, dieses Risiko auf sich zu nehmen, zumal sie es ohne ärztliche Beratung und selbst bei einer solchen kaum abschätzen konnten. Bei dem Kind war am 01. März 1987 eine Ventrikeldrainage bei Aquäduktstenose-bedingtem Hydrocephalus angelegt worden. Wenn auch die Operation bis zum Abflug etwa ein halbes Jahr zurücklag, so hatten die Eltern sich doch nur nach ärztlicher Beratung und unter Zurückstellung von Bedenken entschlossen, die Flugreise mit dem Kind so durchzuführen, daß sie bereits abends in Kreta ankamen. Demgegenüber war eine praktisch die ganze Nacht noch zusätzlich andauernde Reise eine so wesentliche Zusatzbelastung für das Kind, das sie diesem und somit auch seinen Eltern nicht mehr zumutbar war. Der Beklagten war die Erkrankung des Kindes unstreitig auch bereits vor Abschluß des Reisevertrages mitgeteilt worden.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger war nicht genötigt, vor der Kündigung erst eine Frist zur Abhilfe nach § 651 e Abs. 2 BGB zu setzen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagte in der Form Abhilfe schaffen konnte, daß sie eine Übernachtung in Maastricht und einen Abflug am nächsten Tag anbot. Einen solchen Vorschlag hat sie trotz Anrufs der Ehefrau des Klägers nicht gemacht und auch "sonst dem Kläger und seiner Familie keine zumutbaren Abhilfemaßnahmen angeboten.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat nach alledem den für die Reise an sie gezahlten Preis zurückzuzahlen. Dabei steht zur Rückzahlung noch ein Betrag von 1.780,-- DM unstreitig offen. Dieser und die während des Rechtsstreits freiwillig gezahlten 600,-- DM sind gemäß §§ 284 ff. BGB seit dem 17. November 1987 zu verzinsen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat dem Kläger ferner 168,— DM nebst Zinsen seit dem 08. März 1988 an Unkosten zu erstatten, die der Kläger infolge Kündigung des Vertrages für den Rücktransport seines Gepäcks zusätzlich aufgewandt hat. Dieser Anspruch ist nach § 651 e Abs. 4 BGB gegeben.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Schließlich hat die Beklagte für die nutzlos aufgewendete Urlaubszeit des Klägers und seiner Familie gemäß § 651 f. BGB eine Entschädigung in Höhe von 1.000,-- DM zu zahlen. Die Beklagte hat schuldhaft gehandelt, indem sie nicht für einen angemessenen Transport des kranken Kindes zusammen mit seiner Familie gesorgt hat. Hierfür genügte es nicht, daß sie einen Nachtflug ermöglichte, vielmehr mußte sie entweder in eigener Zuständigkeit oder durch die Fluggesellschaft als Erfüllungsgehilfin im Sinne des § 278 BGB dafür Sorge tragen, daß bei Schwierigkeiten, wie sie hier aufgetreten sind, eine zumutbare Lösung gefunden wurde. Sie hätte entweder selbst oder durch die Fluggesellschaft dafür sorgen müssen, daß der Kläger und seine Familie in Maastricht kostenlos übernachten- und die Reise am nächsten Tag ohne Aufpreis und unzumutbare Erschwernisse fortsetzen konnte oder sie hätte dafür Sorge tragen müssen, daß der Kläger und seine Familie ohne eine so lange zeitliche Verzögerung mit einer anderen Maschine ohne Aufpreis fliegen konnte, so daß die Mehrbelastung für das Kind zumindest teilweise ausgeglichen wurde. Statt dessen wurde eine kostenlose Übernachtung in XXX durch die Fluggesellschaft, deren Verschulden die Beklagte nach § 278 BGB zu vertreten hat, nach dem unstreitigen Vorbringen des Klägers allen Passagieren verweigert, ohne daß darauf hingewiesen wurde, daß jedenfalls für gesundheitlich geschwächte Passagiere eine solche Möglichkeit bestehe. Ein Abflug ab Brüssel, der für den anderen Tag angeboten wurde, sollte 200,-- DM pro Person zusätzlich kosten, obwohl der Preis für die ganze Reise pauschal vereinbart war und eine Rechtfertigung allenfalls für eine Minderung, nicht aber für eine Erhöhung des Preises gegeben war.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Höhe der Entschädigung für die vertane Urlaubszeit erscheint mit 1.000,-- DM angemessen. Hierbei hat die Kammer gemäß dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 23. September 1982 (NJW 1983, 35 ff.) alle Umstände des Einzelfalles berücksichtigt, denn das Heranziehen einer starren Tabelle oder Berechnungsmethode nach dem Einkommen, nach dem Aufwand für die Verschaffung zusätzlichen Urlaubs oder dem Preis der Reise (vgl. zu den einzelnen Berechnungsmethoden Tonner in Münchener Kommentar zum BGB, 2. Auflage, § 651 f., Rdnr. 54 ff. m.w.N.) erscheint der Kammer im Rahmen des § 651 f. BGB ebensowenig möglich wie im Rahmen des § 847 BGB. Das Landgericht Frankfurt hat im Urteil vom 19. September 1988 - 2/24 S 123/88 - auf das der Kläger sich beruft, ausgeführt, daß weder das Einkommen des Reisenden noch der Reisepreis noch die Enttäuschung des Reisenden in ihrer Gesamtheit und erst recht für sich allein genommen eine überzeugende Berechnung der Entschädigung ermöglichen und daß einheitlich ein Betrag von 100,-- DM für einen völlig verlorenen Urlaubstag zugrundegelegt werden solle. Auch wenn man dem folgt, so ergibt sich aber doch nicht der von dem Kläger genannte Mindestbetrag von 1.981,98 DM, vielmehr ist zu beachten, daß sowohl der Kläger als auch seine Familienangehörigen nur den ersten Reisetag völlig vertan hatten, während sie sich an den übrigen sechs verbleibenden Tagen zu Hause jedenfalls noch etwas erholen konnten. Auf diesen Gesichtspunkt stellt auch das Landgericht Frankfurt in der angeführten Entscheidung ab und berücksichtigt den verbleibenden Urlaubswert eines zu Hause verbrachten Tages mit der Hälfte des Erholungswertes bei Durchführung der Reise.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 a, 92 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Wegen der Entscheidung nach § 91 a ZPO wird auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks"><u>Streitwert für das Verfahren der Berufung und der Anschlußberufung:</u></p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">3.929,98 DM ( 1.780,--DM + 168,--DM + 1.981,98 DM).</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">U1 U2 U3</p>
|
315,247 | ag-dusseldorf-1989-04-26-39-c-61888 | {
"id": 653,
"name": "Amtsgericht Düsseldorf",
"slug": "ag-dusseldorf",
"city": 413,
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"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 39 C 618/88 | "1989-04-26T00:00:00" | "2019-03-13T14:50:30" | "2022-10-18T15:08:45" | Urteil | ECLI:DE:AGD:1989:0426.39C618.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>hat das Amtsgericht Düsseldorf</p>
<p>auf die mündliche Verhandlung vom 22.2.1989</p>
<p>durch den Richter am Amtsgericht X</p>
<p></p>
<p>für R e c h t erkannt:</p>
<p></p>
<p> Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p> Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.</p>
<p></p>
<p> Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Zwangsvoll-</p>
<p> streckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung</p>
<p> von DM 600,-- abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung </p>
<p> Sicherheit in entsprechender Höhe leistet. Die Sicherheitsleistung darf </p>
<p> auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer Bank oder Sparkasse</p>
<p> mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland erbracht werden.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Tatbestand</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger macht gegen die Beklagte als Betreiberin der Aufzuganlage in der </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">"X" in Düsseldorf einen Schmerzensgeldanspruch wegen behaupteter Verletzung der Verkehrssicherungspflicht geltend.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Er trägt vor, er habe am 25.10.1987 den Aufzug benutzen wollen. Die Fahrstuhltüre sei geöffnet gewesen als er den Fahrkorb betreten wollte und er sich genau in Höhe der Tür befunden hatte, sei die stählerne Aufzugstür mit größter Geschwindigkeit zugeschlagen und gegen den Handrücken der rechten Hand des Klägers geprallt. Dieser habe hierdurch eine Knochenmarksprengung und eine Fraktur am Kahnbein erlitten. Die Aufzugstür sei falsch programmiert gewesen. Ein Schmerzensgeld in Höhe von DM 4.000,-- sei angemessen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt;</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">die Klage zur Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes an den </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Kläger zu verurteilen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Klageabweisung</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">und bestreitet Schadenshergang und Verschulden.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Wegen der übrigen Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe</u></p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat zum einen keine hinreichend nachvollziehbare Darlegung der Schadensentstehung gegeben, abgesehen davon, dass er nach entsprechendem Bestreiten der Beklagten beweisfällig geblieben ist. Es ist für das Gericht insbesondere nicht nachvollziehbar, wieso gerade seine Hand bei dem von ihm behaupteten Zuschlagen der Aufzugstür noch zwischen Rahmen und Tür verblieben ist. Gerade eine Hand lässt sich bei Zuschlagen der Tür besonders schnell zurückziehen. </p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Es entspricht allgemeiner Erfahrung, dass das Überschreiten des Schwellenbereiches und damit das Passieren der üblicherweise dort angebrachten Lichtschranke genauso augenblicklich erfolgen kann, wie das vom Kläger behauptete Zuschlagen der Tür erfolgt sein soll. Abgesehen davon, dass die Klageschrift den erklärungsbedürftigen Eindruck vermittelt, als ob sich der Kläger in diesem Schwellenbereich während der gesamten Zeit des Zugehens der Tür aufgehalten hat, hätte er jedenfalls erklären müssen, warum ausgerechnet seine rechte Hand zwischen Tür und Rahmen letztendlich verblieben ist. </p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Zum anderen mangelt es aber auch an einer Darlegung der schuldhaften Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch die Beklagte. Diese hat im einzelnen dargelegt, dass die fragliche Aufzugsanlage vom technischen Überwachungsverein abgenommen und noch vor genau zwei Monaten, nämlich am 25.8.1987, beanstandungsfrei kontrolliert worden ist. Sie hat ferner einen Dauerwartungsvertrag mit der Herstellerfirma vorgelegt. Die Meinung des Klägers, die Beklagte hätte darüber hinaus noch eine tägliche Wartungspflicht gehabt, ist nicht nachvollziehbar. Auch der vom Kläger vorgetragene weitere Vorfall von September 1987, mit dem eine Verletzung der Zeugin X durch eine Fehlfunktion der Tür behauptet wird, stellt sich als einmaliger Vorgang dar. Mangels hinreichend konkreter Darstellung dieses und des streitgegenständlichen Vorgangs vermag das Gericht nicht einmal zu erkennen, ob im Falle einer täglichen Wartung die konkrete Verletzung des Klägers überhaupt ausgeschlossen worden wäre.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO und mit der Folge für die vorläufige Vollstreckbarkeit gemäß den §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Streitwert: DM 4.000,--</p>
|
315,248 | olgham-1989-04-21-20-u-29488 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 20 U 294/88 | "1989-04-21T00:00:00" | "2019-03-13T14:50:32" | "2022-10-18T15:08:45" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1989:0421.20U294.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Klägers gegen das am 30. September 1988 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Essen wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Kosten der Berufung hat der Kläger zu tragen.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist Alleineigentümer eines mehrgeschossigen Mietshauses in ..., für das beim Beklagten eine Gebäudeversicherung zum gleitenden Neuwert mit einer Versicherungssumme (1914) von 19.000,- DM abgeschlossen ist. Versicherungsnehmer waren ursprünglich der Kläger und seine Ehefrau; diese ist verstorben, ihr alleiniger Rechtsnachfolger ist der Kläger.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Am 16.01.1987 kam es in der Dachgeschoßwohnung zu einem Leitungswasserschaden, der auch die darunterliegenden Wohnungen in Mitleidenschaft zog. Das Wasser floß im Badezimmer des Dachgeschosses, einem fensterlosen Innenbad, aus einer Wassersteigleltung aus, weil der außerhalb des Mauerwerkes befindliche Rohrbelüfter brach. Eine weitere Wassersteigleitung und die im Badezimmer befindlichen Armaturen waren unbeschädigt. Die Parteien streiten, ob es sich um einen Frostschaden handelt. Zur damaligen Zeit herrschte scharfer Frost, am Schadenstage bis zu - 10,80, am 14.01.1987 sogar bis - 17,10. Wegen der Einzelheiten wird auf die vom Senat eingeholte Auskunft des Wetteramtes ... (Bl. 155 bis 157 d.A.) verwiesen. Die Dachgeschoßwohnung, über der sich nur ein unbeheizter Trockenboden befindet, war seit November 1986 selbst unbeheizt. Zu Anfang dieses Monats war nämlich der letzte Mieter ausgezogen und hatte seinen Stromzähler abgemeldet. Daraufhin hatte das RWE, wie dem Kläger bekannt war, den Strom gesperrt. Die Wohnung wird ausschließlich über Nachtspeicheröfen elektrisch beheizt.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Wasserschaden wurde von der Tochter des Klägers am Schadenstage, einem Freitag, gegen 22.00 Uhr entdeckt, als Wasser im ersten Obergeschoß, in dem die Tochter eine Wohnung hat, durchtropfte. Der Kläger selbst wohnt nicht in seinem Mietshaus. Die Tochter stellte die Wasserzufuhr im Haus ab und verständigte den Kläger. Dieser beauftragte die Installationsfirma ..., die noch am Samstag durch den Zeugen ... den defekten Rohrbelüfter austauschte. Der Zeuge nahm das defekte Teil mit und warf es weg.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Schaden wurde dem Beklagten am 26.01.1987 schriftlich angezeigt; zuvor meldete ihn der Kläger entweder am 19. oder 20.01.1987 telefonisch. Die Beseitigung der Durchfeuchtungsschäden erforderte umfangreiche Reparaturen und Trocknungsmaßnahmen, deren Kosten der Kläger auf 12.334,41 DM beziffert. Er läßt sich davon einen Abzug von 25 % für Abnutzung gefallen und verlangt 9.250,80 DM. Zuzüglich Eigenleistungen und Aufräumkosten sowie Mietausfall für die Monate Februar bis Mai 1987 fordert er von dem Beklagten insgesamt 11.735,80 DM.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat Entschädigungsleistungen abgelehnt. Er hält den Schaden für einen Frostschaden. Der Kunststoffeinsatz eines Rohrbelüfters könne ohne Frosteinwirkung gar nicht brechen. Durch die unterlassene Beheizung der Dachgeschoßwohnung habe der Kläger diesen Schaden selbst grob fahrlässig herbeigeführt. Auch habe er eine Gefahrerhöhung dadurch vorgenommen, daß er die Wohnung 21/2 Monate lang leer und unbeheizt gelassen habe. Schließlich hält er sich für leistungsfrei, weil der Kläger grob fahrlässig gegen die vertragliche Obliegenheit nach §15 Abs. 1 c, Abs. 3 VGB verstoßen habe, dem Versicherer jede Untersuchung der Schadensursache zu gestatten, indem er den defekten Rohrbelüfter nicht verwahrt habe. Dadurch habe der Beklagte die Schadensursache nicht mehr feststellen können. Der Beklagte bestreitet überdies die Erforderlichkeit der angesetzten Reparaturkosten und einen Mietausfall und behauptet eine Unterversicherung; nach dem Gutachten seines Sachverständigen ... vom 15.06.1987 betrage der richtige Ersatzwert für das versicherte Risiko (1914) 26.800,- DM.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat vorgetragen, er habe die Installationsfirma zwar nicht darauf hingewiesen, daß ein Versicherungsfall vorliege und das defekte Teil aufbewahrt werden müsse; er habe aber angenommen, daß eine Fachfirma von selbst wisse, was zu tun sei. Vor dieser Notreparatur habe der den Beklagten nicht verständigen können. Als er gehört habe, daß das Teil aufbewahrt werden müsse, habe er sich sofort an die Firma ... gewandt; das Teil sei aber schon weg gewesen. Einen Frostschaden hält der Kläger für ausgeschlossen, weil der Schaden gerade nicht in exponierten Räumen an der Außenwand des Hauses, etwa in der Küche, aufgetreten sei, sondern in einem Innenbad.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat nach Vernehmung des Zeugen ... die Klage wegen einer Obliegenheitsverletzung abgewiesen, weil der Kläger grob fahrlässig nicht für die Verwahrung des defekten Rohrbelüfters gesorgt habe.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter. Er wendet sich gegen die Annahme, er habe erforderliche Untersuchungen nicht gestattet. Im Gegenteil habe er ja die eigentlichen Reparaturen erst nach den Untersuchungen des Beklagten durchgeführt. Der Rohrbelüfter habe aber sofort ersetzt werden müssen, um die Wasserversorgung des Hauses wieder herstellen zu können. Er habe vor dem Reparaturauftrag nicht gewußt, welches Teil überhaupt defekt sei; er sei froh gewesen, am Samstag überhaupt einen Werkunternehmer zu finden. Bei der Reparatur sei er nicht anwesend gewesen. Die Bedeutung der Verwahrung des Rohrbelüfters habe er nicht erkannt; er habe darauf vertraut, daß eine Fachfirma das Notwendige tue.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Eine Gefahrerhöhung spiele selbst dann keine Rolle, wenn ein Frostschaden anzunehmen sein sollte. Denn der Beklagte habe zum Frostschutz gefahrmindernde Obliegenheiten in §9 Abs. 2 VGB vereinbart. Die Verletzung solcher Obliegenheiten sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Z 42, 295) niemals als Gefahrerhöhung zu werten. Im übrigen sei ein Frostschaden nach der Aussage des Zeugen ... auszuschließen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 11.735,80 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 20.02.1987 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Er verbleibt dabei, daß ein Frostschaden vorliege, bestreitet vorsorglich, daß die übrigen Wohnungen im Hause des Klägers beheizt gewesen seien, und meint, es habe sich dem Kläger aufdrängen müssen, daß der Beklagte die Ursache des Schadens durch ein Sachverständigengutachten habe aufklären wollen und dazu den Rohrbelüfter benötigt habe.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze und die überreichten Unterlagen Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat ein mündliches Gutachten des Sachverständigen ... zu den Ursachen für den Wasserausfluß eingeholt. Wegen seines Inhalts wird auf den Berichterstattervermerk zum Senatstermin vom 21.04.1989 Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet. Das Landgericht hat seine Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Allerdings ist der Beklagte nicht schon wegen einer grob fahrlässigen Obliegenheitsverletzung des Klägers nach §15 Abs. 1 c, Abs. 3 VGB leistungsfrei. Der Kläger hat zwar nicht für die Verwahrung des defekten Rohrbelüfters gesorgt; darin wird man einen objektiven Verstoß gegen die Obliegenheit zur Gestattung aller erforderlichen Untersuchungen sehen müssen. Denn auch wenn die Verwahrung schadhafter und ausgetauschter Teile nicht ausdrücklich vorgeschrieben ist, so ist doch die Untersuchung der Schadensursache in vielen Fällen ohne sie nicht möglich. Bei sinngemäßer Auslegung bezieht sich die Obliegenheit also auch auf die Verwahrung solcher Teile.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat aber nicht grob fahrlässig gehandelt. Grobe Fahrlässigkeit setzt voraus, daß die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in außergewöhnlichem Maße außer Acht gelassen und das nicht beachtet wird, was unter den gegebenen Umständen jedem einleuchten mußte. Der vom Kläger in Auftrag gegebene Austausch des schadhaften Teiles war unaufschiebbar, um die Wasserversorgung im Hause wiederherstellen zu können. Daß der Kläger die Verwahrung des Teiles nicht ausdrücklich anordnete, läßt schon deshalb keine gröbliche Sorgfaltspflichtverletzung erkennen, weil er sich auf die Fachfirmen verlassen durfte. Ferner war er bei der Reparatur nicht an Ort und Stelle und er brauchte als Laie auch nicht die Bedeutung dieses Teils für eine etwaige Schadensursachenerforschung zu erkennen. Es kommt hinzu, daß das defekte Teil nicht etwa zum Nachweis des Versicherungsfalles erforderlich war - dann hätte die Notwendigkeit der Verwahrung deutlicher eingeleuchtet -, sondern nur dazu, den Ursachen des Versicherungsfalles besser nachgehen zu können. Wenn der Kläger an diese Bedürfnis des Beklagten nicht dachte, so unterließ er nicht etwas, was unter den gegebenen Umständen jedem unmittelbar einleuchten mußte.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte ist auch nicht wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles nach §61 VVG deshalb leistungsfrei, weil der Kläger die Dachgeschoßwohnung nicht beheizt hat. Denn daß der Schaden dadurch hervorgerufen wurde, steht nicht fest. Der Beklagte kann einen Frostschaden nicht beweisen. Nach den Ausführungen des Sachverständigen ... ist ein Frostschaden eher unwahrscheinlich.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks"><b>III.</b></p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Auch über eine grob fahrlässige Verletzung der Obliegenheit nach §9 Abs. 2 b VGB ist der Beklagte nicht leistungsfrei geworden. Nach dieser Klausel hat der Versicherungsnehmer die Wasserleitungsanlagen in nicht benutzten Gebäuden sowie vorübergehend außer Betrieb gesetzte Anlagen zu entleeren.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Hiergegen hat der Kläger schon deshalb nicht verstoßen, weil das Gebäude im ganzen nicht unbenutzt war; lediglich eine von vier Wohnungen stand leer. Das verpflichtete den Kläger nicht, die Wasserleitungsanlagen im ganzen Hause - für eine Wohnung getrennt war das Wasser nicht abzustellen - zu entleeren. Überdies wird der Versicherer nach §9 Abs. 1 VGB nur dann leistungsfrei, wenn er binnen eines Monats nach Kenntniserlangung gekündigt hat. Eine Kündigung durch den Beklagten ist aber nicht vorgetragen.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks"><b>IV.</b></p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Leistungsfrei ist der Beklagte aber wegen einer vom Kläger vorgenommenen Gefahrerhöhung nach §§8 Abs. 2 VGB, 23 Abs. 1, 25 Abs. 1 VVG geworden.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Die Gefahrerhöhung liegt darin, daß die Dachgeschoßwohnung im Hause des Klägers über einen längeren Zeitraum in der Frostperiode, nämlich von Anfang November 1986 bis zum Schadenstag am 16.01.1987, unbeheizbar war.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks"><b>1.</b></p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Ansicht des Klägers kann auf die Vorschriften über die Gefahrerhöhung zurückgegriffen werden. Der BGH hat dies allerdings dann verneint, wenn eine gefahrmindernde Obliegenheit vereinbart ist, wie in §9 Abs. 2 b VGB für nicht benutzte Gebäude. Daraus folge, daß die in der der Nichtbenutzung des Gebäudes liegende Gefahr nach dem Willen der Vertragsparteien grundsätzlich gedeckt sei und der Versicherungsschutz nur unter den strengeren Voraussetzungen der Obliegenheitsverletzung entfalle (BGHZ 42, 295). Ein solcher Wille der Vertragsparteien kann allerdings nach der hier vereinbarten Fassung des §9 Abs. 1 Satz 4 VGB bei der Verletzung von Sicherheitsvorschriften nicht angenommen werden.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Weil die genannte Klausel auf §8 Abs. 2 VGB verweist, falls mit der Verletzung der Sicherheitsvorschrift (dazu gehört auch §9 Abs. 2 VGB) eine Gefahrerhöhung verbunden ist. Davon abgesehen greift aber hier die Obliegenheit aus §9 Abs. 2 b VGB gar nicht ein, weil - wie bereits ausgeführt - nicht das ganze Gebäude unbenutzt war.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks"><b>2.</b></p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Die wegen der Stromsperre fehlende Möglichkeit, die Dachgeschoßwohnung zu beheizen, bewirkte eine erhebliche Gefahrerhöhung in der Leitungswasserversicherung. Als erhebliche Gefahrerhöhung gilt eine Verschlechterung der bei Vertragsschluß vorausgesetzten Risikolage für einen so langen Zeitraum, daß sie den Versicherungsfall generell zu fördern geeignet ist und einem Versicherer vernünftigerweise Anlaß bietet, die Fortsetzung des Vertrages zu denselben Bedingungen abzulehnen.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Diese Voraussetzungen erfüllt das Handeln des Klägers. Er hatte seit Anfang November 1986 in der Winterzeit, zu der immer mit Frost gerechnet werden muß, die Dachgeschoßwohnung unbeheizbar gelassen. Da seit diesem Zeitpunkt der Strom fehlte, konnten die in der Dachgeschoßwohnung aufgestellten Nachtspeicheröfen nicht betrieben werden; eine andere Heizmöglichkeit gab es nicht. Bereits die fehlende Möglichkeit, die Wohnung zu beheizen, erhöhte das Risiko eines Frostschadens nicht unerheblich, weil Frost, auch strenger Frost, im Winterhalbjahr jederzeit eintreten kann. Die unbeheizbarkeit bestand über 2 Monate lang und damit so lange, daß ein Frostschaden wahrscheinlicher wurde, als wenn die Wohnung beheizbar gewesen wäre und die Heizkörper spätestens bei Einsetzen des Frostes jeweils hätten angestellt werden können. Anfang November 1986, als die Wohnung unbeheizbar wurde, war ein Ende dieses Zustandes noch gar nicht abzusehen, weil das von einer Neuvermietung der Wohnung abhing.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Die Gefahrerhöhung ist nicht deshalb unerheblich, weil das Gebäude des Klägers nach den Ausführungen des Sachverständigen in geschützter innerörtlicher Lage liegt und Frostschäden regelmäßig erst bei tiefen Außentemperaturen eintreten, wie sie etwa nur alle 20 Jahre vorkommen. Auch wenn das so ist, so kann doch der statistisch seltene Fall tatsächlich jederzeit eintreten. Außerdem ist zu beachten, daß diese Ausführungen des Sachverständigen nur gelten, wenn die unter der unbeheizten Wohnung liegenden anderen Wohnungen des Hauses voll beheizt sind. Werden sie nur schwach beheizt, etwa weil die Bewohner im Urlaub sind und nur den Frostschutz sicherstellen, so wird ein Frostschaden in der ... unbeheizbaren Dachgeschoßwohnung sogleich wahrscheinlicher. Der Beklagte hätte jedenfalls Anlaß gehabt, wenn ihm die Unbeheizbarkeit der Dachgeschoßwohnung angezeigt worden wäre, den Vertrag zu überprüfen und entweder eine höhere Prämie oder besondere Vorkehrungen zu verlangen, um im Frostfalle die Wasserleitungen zu schützen. Gefahrmindernde Umstände, die die durch die Unbeheizbarkeit auftretene Gefahrerhöhung ausgleichen könnten, sind nicht ersichtlich.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks"><b>3.</b></p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat die Gefahrerhöhung auch vorgenommen bzw. gestattet. Die Vornahme setzt allerdings das willentliche Herbeiführen der Gefahrerhöhung und damit die Kenntnis des Versicherungsnehmers von den die Gefahrerhöhung begründenden Umständen voraus. Diese Umstände, nämlich die Stromsperre und daraus folgend die Unbeheizbarkeit der Wohnung, waren dem Kläger bekannt. Er nahm die Gefahrerhöhung auch willentlich vor bzw. gestattete sie; denn das RWE sperrte den Strom mit seiner. Billigung. Das ergibt sich aus seinem eigenen Vortrag. Die Sperre ist die notwendige Folge dessen, daß ein Stromlieferungsvertrag nicht bestand; Der Kläger wußte von der Sperre, war aber nicht willens, einen Stromlieferungsvertrag abzuschließen. Dieses Verhalten des Klägers kann nicht mit einer bloßen Untätigkeit nach einer von dritter Seite gegen den Willen des Versicherungsnehmers vorgenommenen Gefahrerhöhung verglichen werden; eine solche Untätigkeit wäre allerdings nicht als Vornahme einer Gefahrerhöhung zu werten (BGH VersR 81, 245; 82, 33; 87, 653). Die Unbeheizbarkeit der Wohnung ist hier aber nicht für den Kläger ungewollt eingetreten; sie beruht allein darauf, daß er keinen Strom kaufte.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks"><b>4.</b></p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Gemäß §25 Abs. 1 VVG ist der Beklagte damit grundsätzlich leistungsfrei.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Allerdings bleibt nach §25 Abs. 2 VVG seine Verpflichtung bestehen, wenn der Versicherungsnehmer schuldlos ist. Der Kläger hat aber nicht ohne Fahrlässigkeit gehandelt. Er konnte erkennen, daß in einer unbeheizbaren Wohnung ein Frostschaden generell wahrscheinlicher wird; und auch ein strenger Frost ist nicht so selten, daß gar nicht mit ihm gerechnet zu werden brauchte.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Schließlich bliebe der Beklagte auch dann leistungspflichtig, wenn die Gefahrerhöhung keinen Einfluß auf den Eintritt des Versicherungsfalles und auf den Umfang der Leistung gehabt hätte, im vorliegenden Fall also dann, wenn der Schaden kein Frostschaden wäre. Das darzulegen und zu beweisen, ist Sache des Versicherungsnehmers. Der Kläger hat den Beweis nicht geführt.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Die Aussage des Zeugen ... vor dem Landgericht reicht zum Nachweis nicht aus. Der Zeuge hielt bei seiner Vernehmung den Kopf des Rohrbelüfters für oxydiert, während er unmittelbar nach dem Schadensfall seinem Chef den Kunststoffinnenkörper als zerissen angegeben hatte. Der Zeuge hatte also keine genaue Vorstellung über die Schadensursache.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Nach den Ausführungen des Sachverständigen ... gegen deren Richtigkeit keine Bedenken bestehen, ist ein Frostschaden zwar unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen. Gegen ihn spricht, daß an anderen exponierten Leitungen Schaden eingetreten ist. Das ist aber kein Beweis. Die Außentemperaturen waren am 14.01.1987 so niedrig, daß die Raumtemperatur im Innenbad auf etwa 0° abgesunken sein und sich im Rohrbelüfter Eis gebildet und diesen beschädigt haben kann. Am 16.01.1987, als die Temperaturen wieder etwas angestiegen waren, kann das Eis geschmolzen und das Wasser ausgelaufen sein. Die verbliebene Unsicherheit über die Schadensursache geht zu Lasten des beweispflichtigen Klägers.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Somit bleibt es dabei, daß der Beklagte nach §25 Abs. 1 VVG leistungsfrei ist.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks"><b>V.</b></p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Die Berufung des Klägers ist daher zurückzuweisen. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§97, 708 Nr. 10, 713 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Die Beschwer beträgt weniger als 40.000,- DM.</p>
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315,249 | lg-dusseldorf-1989-04-21-20-s-22788 | {
"id": 808,
"name": "Landgericht Düsseldorf",
"slug": "lg-dusseldorf",
"city": 413,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 20 S 227/88 | "1989-04-21T00:00:00" | "2019-03-13T14:50:34" | "2022-10-18T15:08:45" | Urteil | ECLI:DE:LGD:1989:0421.20S227.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>In dem Rechtsstreit</p>
<p>hat die 20. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 17. März 1989 </p>
<p>für Recht erkannt:</p>
<p>1)</p>
<p>Die Berufungen der Beklagten und des Streithelfers gegen das am 7. Oktober 1988 verkündete Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf - 32 C 57/88 - werden zurückgewiesen.</p>
<p>2)</p>
<p>Die Kosten der Berufung fallen der Beklagten zur Last mit Ausnahme der Kosten der Streithilfe, die der</p>
<p>Streithelfer zu tragen hat.</p>
<p>Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe :</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">Die Berufung ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Klägerin stand gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von 771,55 DM gemäß § 678 BGB zu. Auf die Abwendung eines wettbewerbswidrigen Unterlassungsanspruchs, den die Beklagte mit Schreiben vom 5. November 1987 geltend gemacht hat, findet die Bestimmung des § 678 BGB Anwendung (vgl. Baumbach -Hefermehl Wettbewerbsrecht, 15. Aufl., Einleitung Rdnr. 520; OLG Hamburg WRP 1983, 422, 424; LG Detmold MDR 1984, 586). Denn der Abmahnende führt bei der vorprozessualen Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs auch ein Geschäft des Abgemahnten gemäß §§ 677 ff. BGB. Mithin finden im Verhältnis zwischen Abmahnendem und Abgemahnten die Bestimmungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag nach §§ 677 ff. BGB, also grundsätzlich auch die Vorschrift des § 678 BGB Anwendung. Die hiergegen vom Landgericht Mannheim im Urteil vom 16.11.1984 (vgl. GRUR 1985, 328 f.) vorgebrachten rechtspolitischen Bedenken, wonach ein an sich sozial erwünschtes Verhalten, nämlich die Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs mit Mitteln des Privatrechts ansonsten übermäßig sanktioniert würde, überzeugen nicht. Schließlich setzt die Bestimmung des § 678 BGB ein Übernahmeverschulden des Abmahnenden voraus. Sozial erwünscht ist jedoch nicht, daß Wettbewerber mit schuldhaft, also vorsätzlich oder fahrlässig unrichtigen Abmahnschreiben überzogen werden.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">Die Voraussetzungen des § 678 BGB sind erfüllt. Die Übernahme des Geschäfts der Klägerin seitens der Beklagten durch das Abmahnschreiben vom 05.11.1987 entsprach nicht dem mutmaßlichen Willen der Klägerin, was die Beklagte infolge Fahrlässigkeit verkannt hat (Übernahmeverschulden). Denn die Beklagte konnte unschwer erkennen, daß die von ihr beanstandete Zeitungsanzeige der Klägerin nicht gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften verstieß, insbesondere der Fall nicht vergleichbar war mit der im Beschluß des Landgerichts Düsseldorf vom 22.10.1987 - 38 0 182/87 - untersagten Zeitungsanzeige. In diesem Beschluß hatte eine Maklerfirma nämlich mit dem Begriff "Provisionsfrei" geworben, wogegen die Klägerin in der beanstandeten Zeitungsanzeige lediglich angeführt hatte, daß keine Käuferprovision anfiel.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:2px">Durch die falsche Beurteilung der Rechtslage im Schreiben vom 5. November 198? hat die Beklagte adäquat kausal bei der Klägerin einen Schaden von 771,55 DM in Form von Rechtsanwaltskosten verursacht. Denn die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts durch den Abgemahnten ist keineswegs nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge unwahrscheinlich. Und die Beauftragung eines eigenen Rechtsanwalts zur Abwendung eines ünterlassungsanspruchs ist durch das Abmahnschreiben herausgefordert. Daß diese Einschaltung eines Rechtsanwaltes durch den Abgemahnten auch aus Gründen der Kostenminderung, nämlich zur Vermeidung eines Rechtsstreits bei eventueller Begründetheit des Abmahnschreibens erfolgt, steht der Annahme adäquater Kausalität sodann nicht entgegen. Schließlich muß der Abmahnende, der unaufgefordert den Abgemahnten mit einem für diesen kostenaufwendigen Unterlassunganspruch überzieht -auch die Beklagte hat in dem Abmahnschreiben vom 5. November 1987 die Kosten ihres Rechtsanwalts in Höhe von 529,53 DM ersetzt verlangt - damit rechnen, daß auch der Abgemahnte einen Rechtsanwalt einschalten und seinerseits die Kosten der Inanspruchnahme bei einem Übernahmeverschulden des Abmahnenden beansprucht.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">Die Höhe der Rechtsanwaltskosten ist zwischen den Parteien nicht umstritten.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">Der Zinsanspruch folgt aus §§ 284, 288 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">Der Rechtsstreit ist nicht durch Zahlung seitens der Beklagten in der Hauptsache erledigt. Die mit Schreiben vom 02.11.1988 per Scheck vorgenommene Zahlung ist zur Abwendung der Zwangsvollstreckung und nicht vorbehaltslos erfolgt. Davon ist nämlich im Zweifel auszugehen, wenn wie hier, nach einer vollstreckbaren Entscheidung gezahlt wird (vgl. Zöller -Schneider Rdnr. 25 vor § 511 m. w. N.).</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 101 ZPO</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Streitwert für die Berufungsinstanz: 772,00 DM.</p>
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315,250 | ag-dusseldorf-1989-04-21-44-c-76488 | {
"id": 653,
"name": "Amtsgericht Düsseldorf",
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"city": 413,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 44 C 764/88 | "1989-04-21T00:00:00" | "2019-03-13T14:50:35" | "2022-10-18T15:08:45" | Urteil | ECLI:DE:AGD:1989:0421.44C764.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>hat das Amtsgericht Düsseldorf</p>
<p>auf die mündliche Verhandlung vom 15. März 1989</p>
<p>durch die Richterin am Amtsgericht X</p>
<p></p>
<p>für R e c h t erkannt:</p>
<p></p>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits tragen die</p>
<p>Kläger als Gesamtschuldner.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Die Kläger können die Vollstreckung durch</p>
<p>Sicherheitsleistung von 550,-- DM abwen-</p>
<p>den, wenn nicht zuvor die Kläger Sicherheit</p>
<p>in gleicher Höhe leisten.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>T a t b e s t a n d</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Kläger sind Eigentümer und Vermieter der in der X-straße</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">13 in Y gelegenen Mietwohnung, die der</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Beklagte seit 1973 zu einem Mietpreis von monatlich 312,--</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">DM plus 50,-- DM Nebenkosten bewohnt. Mit der vorliegenden</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Klage machen die Kläger einen Räumungsanspruch aus § 564 b</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Abs. 2 Ziffer 3 BGB geltend.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 22. Juni 1988 kündigten die Kläger das</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Mietverhältnis mit Wirkung zum 30. Oktober 1988. In dem</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Kündigungsschreiben wird ausgeführt, daß die Vermieter</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">verhindert seien. Die Vermieter würden beabsichtigen,</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">das sich auf dem lediglich teilweise bebauten Grundstück</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">befindliche verfallene Gebäude abzureißen. Nach dem Ab-</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">bruch bestehe die Absicht, das Grundstück wieder zu ver-</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">kaufen. Der Abbruch sei erforderlich, um eine Rentabili-</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">tät des Grundstücks zu erreichen und den Verkauf zu er-</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">möglichen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Kläger tragen vor, das Miethaus X-straße 13</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">schließe an die Baulücke X-straße 11 an. Es sei</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">geplant, beide Gründstücke zusammenhängend zu verkaufen, </p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">um sodann ein Mehrfamilienhaus zu errichten, das zu einer</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Wohnwert- und Wohnumfeldverbesserung beitrage. In dem</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">derzeitigen Mietshaus bestehe keine Warmwasserversorgung,</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">die Toiletten würden im Treppenhaus jeweils eine Treppe</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">tiefer liegen. Alle Versorgungsleitungen im Haus würden</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">aus dem Baujahr ca. 1905 stammen. Es sei also nicht nur</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">erforderlich, die Baulücke zu schließen, worauf die</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Stadt Y dränge, sondern auch die gesamte Straßen-</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">ansicht zu erneuern unter Einbeziehung des abzureißenden</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Gebäudes.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Die Kläger behaupten, für das Objekt X-straße 13</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">könnte ein um mindest 15 % höherer Kaufpreis für den Fall</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">erzielt werden, daß keine Mieter übernommen werden müssen.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Ein Minderpreis von 15 % sei als wesentlicher Nachteil</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">im Sinne des § 564 b BGB für den Verkauf mit dem Mieter</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">anzusehen.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Die Kläger beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:99px">der Beklagte wird verurteilt, die</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:99px">von ihm im 1. OG innegehabten Räum-</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:99px">lichkeiten im Objekt X-straße</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:99px">13 in Y, bestehend aus</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:99px">3 Zimmern sowie Küche zu räumen und</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:99px">geräumt herauszugeben.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:99px">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte bestreitet, daß die Kläger beabsichtigen,</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">das Gebäude abzureißen, bzw. das Grundstück zu verkaufen,</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">bzw. neu bebauen zu lassen. Unzutreffend sei, daß das Ge-</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">bäude verfallen sei. Die für den Abriß des Gebäudes er-</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">forderliche Abbruchgenehmigung wie auch die Zweckentfrem-</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">dungsgenehmigung der Stadt Y liege bis zum heu-</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">tigen Zeitpunkt nicht vor. Die Erteilung der Zweckent-</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">fremdungsgenehmigung habe die Stadt Y mit Schrei-</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">ben vom 23.09.1988 erst "in Aussicht gestellt". Bisher</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">hätten die Kläger nicht substantiiert dargelegt, daß</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Neubaupläne entsprechend der von der Stadt Y</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">angekündigten Auflage vorhanden seien. Im übrigen reiche</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">die Möglichkeit, durch den Verkauf eines geräumten Hauses</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">einen höhreren Kaufpreis zu erzielen, nicht aus, um ein</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Mietverhältnis zu kündigen. Schließlich hätten die Kläger</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">auch nicht substantiiert vorgetragen, wie die angemessene</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">wirtschaftliche Verwertung des Grundstücks aussehen</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">soll.</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte behauptet, wegen der Wohnungsknappheit auf</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">dem Y-er Wohnungsmarkt seien für ihn als aus-</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">ländischer Mitbürger Mietwohnungen in der Preislage von</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">500,-- DM pro Monat nicht erhältlich.</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks"><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e</u></p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist nicht aus § 564 Abs. 2 Nr. 3 BGB gerecht-</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">fertigt. Ein berechtigter Kündigungsgrund steht den Klägern</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">nicht zur Seite. Nach der genannten Vorschrift ist die</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">Kündigung nur möglich, wenn der Vermieter durch die Fort-</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">setzung des Mietverhältnisses an der angemessenen Ver-</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">wertung des Grundstücks gehindert wird und dadurch erheb-</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">liche Nachteile erleiden würde. Eine anderweitige Ver-</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">wertung des Grundstücks kann auch in dem Abbruch des</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">Hauses bestehen. Derartige Maßnahmen des Vermieters recht-</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">fertigen die Kündigung jedoch nicht generell sondern nur</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen. Solche Voraus-</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">setzungen sind gegeben, wenn das Mietshaus baufällig oder</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">so veraltet ist, daß es den heutigen Wohnbedürfnissen</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">nicht mehr entspricht, keine angemessene Rendite abwirft</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">und ein Neubau für den Vermieter eine günstige wirtschaft-</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">liche Verwertung sein würde. Dazu bedarf es eines sub-</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">stantiierten Sachvortrages, die Kalkulation muß zumindest</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">überschlägig offengelegt werden (vgl. dazu AG Darmstadt</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">in WM 1987, 321 und LG Düsseldorf in WM 1987, 321). Es</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">kommt mithin auf die Wirtschaftlichkeit des Mietgrund-</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">stückes im gegenwärtigen Zeitpunkt an, die anhand einer</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">Wirtschaftlichkeitsberechnung entsprechend der 2. Berech-</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">nungsverordnung aufzustellen ist (vgl. dazu Sternel IV</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">Anmerkung 150). Daran fehlt es hier. Als weitere Voraus-</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">setzung einer angemessenen Verwertung bei Abbruch des</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">Hauses ist die Vorlage der Abbruchs- und Zweckentfrem-</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">dungsgenehmigung zu nennen (vgl. dazu OLG Hamburg in NJW</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">1981, 2308 und Beuermann in ZMR 1979, Seite 97). Die</p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">Abriß- und Zweckentfremdungsgenehmigungen sind den Klä-</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">gern bislang nicht erteilt worden. Auch bei dem Abriß</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">mit geplantem Wiederaufbau handelt es sich um eine Zweck-</p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">entfremdung im Sinne der entsprechenden Länderverordnungen.</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks">Die Vorlage beider Genehmigungen ist bereits deshalb </p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks">notwendig, weil eine wirtschaftliche Verwertung, die</p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks">öffentlich-rechtlich nicht erlaubt ist, nicht angemessen</p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">ist (vgl. dazu Beuermann a.a.O.).</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks">Der behauptete Mindererlös von 15 % beim Verkauf des</p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">Grundstücks mit den bestehenden Mietverhältnissen ist</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks">ebenfalls kein Kündigungsgrund im Sinne des § 564 b Abs.</p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">2 Ziffer 3 BGB. Zwar ist anerkannt, daß ein solcher Minder-</p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks">erlös die angemessene Verwertung des Grundstücks in Frage</p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks">stellt. Auch wenn die Vermutung eines geringern Kaufpreises</p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks">naheliegt, muß der Vermieter im Streitfall dartun, daß</p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks">und welche Verkaufsbemühungen er unternommen hat und welche</p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks">Mißerfolge oder Erschwerungen dabei aufgetreten sind, weil</p>
<span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks">das streitbefangene Objekt vermietet gewesen ist (vgl. dazu</p>
<span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks">Sternel IV Anmerkung 152).</p>
<span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks">Der Streitfall ist hier gegeben, der Beklagte hat möglichen</p>
<span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks">Mindererlös bestritten, ein entsprechender Sachvortrag</p>
<span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks">der Kläger fehlt aber. Damit läßt sich auch dieser</p>
<span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks">Kündigungsgrund nicht feststellen.</p>
<span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung</p>
<span class="absatzRechts">124</span><p class="absatzLinks">über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Ziffer</p>
<span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks">11, 711 ZPO.</p>
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315,251 | olgham-1989-04-14-26-u-14788 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 26 U 147/88 | "1989-04-14T00:00:00" | "2019-03-13T14:50:38" | "2022-10-18T15:08:44" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1989:0414.26U147.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Beklagten zu 2) gegen das am 8. Juni 1988 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Beklagte zu 2) an die Klägerin 6.136,26 DM als Gesamtschuldner mit dem Beklagten zu 1) und weitere 327,27 DM als Alleinschuldner zu zahlen hat.</p>
<p></p>
<p>Von den Kosten haben im Verhältnis der Klägerin zum Beklagten zu 2) zu tragen:</p>
<p>a)</p>
<p>der ersten Instanz:</p>
<p>der Beklagte zu 2) 26 % der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Klägerin sowie 26 % seiner eigenen außergerichtlichen Kosten; die Klägerin alle übrigen Kosten, soweit sie nicht durch das angefochtene Urteil dem Beklagten zu 1) auferlegt worden sind;</p>
<p>b)</p>
<p>der zweiten Instanz;</p>
<p>die Klägerin 22 %, der Beklagte 78 %.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Von der Darstellung eines</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><b><u>Tatbestandes</u></b></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">wird gem. § 543 ZPO abgesehen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist zulässig und zu einem geringen Teil begründet, im übrigen unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat gegen den Beklagten zu 2) (im folgenden Beklagter genannt) aus Gründen der Billigkeit in Fortbildung des § 13 Nr. 5 VOB einen Anspruch auf Leistung von Vorschuß für erforderliche Nachbesserungsarbeiten: Das Werk des Beklagten ist mangelhaft, weil er hinsichtlich der fehlenden Abdichtung der Wurstküche gegen Feuchtigkeit seiner Prüfungs- und Hinweispflicht nicht nachgekommen und weil dadurch das gesamte Werk beeinträchtigt worden ist; er kann deshalb auf Gewährleistung in Anspruch genommen werden (BGH NJW 83, 875)f hier auf Leistung von Vorschuß.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Anspruchsgrundlage ist § 13 Nr. 5 VOB. Die VOB ist einbezogen. Sie wird nach dem Willen der Vertragspartner durch die "Allgemeinen Bedingungen" (Bl. 95 f. GA) ergänzt, was zur Unwirksamkeit einzelner Bestimmungen der VOB führen kann (vgl. BGH NJW 1988, 55), wenn durch diese weiteren Vertragsbestimmungen das durch die VOB als Ganzes konstituierte Regelungssystem zu Lasten hier des Auftragnehmers gestört wäre. Ob das der Fall ist, kann hier offen bleiben. Denn die Inhaltskontrolle auch des § 13 VOB, würde sie zur Unwirksamkeit dieser Vorschrift führen, würde hier nur zu einer Benachteiligung des Vertragspartners, des Verwenders führen, hier zu einer Benachteiligung der Klägerin, und ist daher als Handhabung im Ganzen abzulehnen (vgl. zum Grundgedanken BGH NJW 1987, 837).</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">In dem oben im Eingang skizzierten Sinne ist das Werk des Beklagten mangelhaft, weil er seiner Prüfungs- und Hinweispflicht nach § 4 Abs. 3 VOB nicht nachgekommen ist.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Das steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem Senat fest.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Zwar hat die Beweisaufnahme keinen Beweis dafür erbracht, daß der Beklagte der Bauherrin und deren Architekten gegenüber geäußert hat, die Anlage werde allein durch Aufbringung der Hansit-Schlämme und durch den Einbau der Fliesen dicht; die Aussage des Zeugen xxx bot dazu keine ausreichend tragfähige Grundlage. Auch hat sich in der Beweisaufnahme kein Anhaltspunkt dafür ergeben, daß der Beklagte eine sich aus DIN 18.352, Ziff. 3.1 ergebende Pflicht verletzt hat (zum Inhalt und zur Anwendung dieser DIN vgl. BGH Schäfer-Finnern 7.2.410 Blatt 29).</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Neben den in den DIN-Vorschriften formulierten besonderen Pflichten bestand für den Beklagten aber eine allgemeine Leistungstreupflicht (das stellt auch die DIN 18.352 nicht außer Frage, vgl. dort 3.1., wo Tatbestände aufgezählt worden sind, an welche der Handwerker "insbesondere" die Geltendmachung von Bedenken anknüpfen muß). Diese allgemeine Leistungstreuepflicht prägt sich aus in einer Hinweispflicht an den Bauherrn, wenn dem Handwerker ohne weiteres erkennbar ist, daß Vorarbeiten nicht ordnungsgemäß ausgeführt worden sind. Im vorliegenden Fall waren die Vorarbeiten ohne Anbringung einer Dichtungsbahn erfolgt; der Fußboden ist deshalb nicht wasserdicht, was bedeutet, daß das in der Wurstküche ausgegossene Wasser im darunterliegenden Kellerraum ausläuft; der Beklagte wußte wegen seiner Fachkenntnisse als Fliesenleger, daß die Dichtungsbahn zur ordnungsgemäßen Abdichtung unbedingt erforderlich war; er konnte ohne weiteres erkennen, daß die Dichtungsbahn fehlte, weil sie aus den Türöffnungen lappig hätte hervortreten müssen, weil ihr Fehlen ferner am Zustand der Abflüsse hätte erkannt werden können (auch dort Fehlen von Überlappungen ferner Fehlen von Wasserschlitzen). Dies alles steht fest aufgrund der überzeugenden Ausführung des Sachverständigen xxx in seinem Gutachten vom 02.09.1987 und seinen Erläuterungen im Senatstermin; dagegen sind auch im Senatstermin auf der Seite des Beklagten keine durchdringenden Einwendungen vorgebracht worden.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">3.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte wehrt sich ferner ohne Erfolg gegen eine Inanspruchnahme in Höhe von 30 % des an und für sich erforderlichen Vorschusses. Wie schon das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, muß sich die Klägerin das Planungsversagen ihres Architekten gem. § 254 BGB zurechnen lassen (BGH NJW 78, 642). Das Maß der Zurechnung hängt von den Umständen ab (vgl. dazu Aufsatz Kaiser, ZfBR 85, 101, 106). Im vorliegenden Fall ist zu berücksichtigen, daß der Beklage nur wegen fahrlässiger Verletzung seiner allgemeinen Hinweispflicht verantwortlich ist, daß andererseits der Planungsfehler des Architekten die entscheidende Ursache für die Mängel ist. Die vom Landgericht angesetzte Quote erweist sich unter Berücksichtigung aller hier zu berücksichtigenden Umstände als angemessen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">4.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Der Anspruch der Klägerin ist nicht verjährt. Nach § 13 Ziff. 4 VOB beginnt die Verjährungsfrist mit der Abnahme der Leistung. Sie beträgt hier 5 Jahre ("Allgemeine Bedingungen", Nr. 13). Der Anspruch wäre verjährt, falls das Werk des Beklagten, wie er vorträgt, am 21.07.1982 abgenommen worden wäre, weil nämlich der die Verjährung unterbrechende Beweissicherungsantrag in der Sache 2 H 21/87 erst am 23.07.1987 bei Gericht eingegangen ist (§§ 639 Abs. 1, 477 Abs. 2 BGB). Es kann aufgrund der Vernehmung der Zeugen xxx und xxx der Eintritt der Verjährung nicht festgestellt werden. Zwar hat der Zeuge xxx bekundet, es sei damals ein Aufmaß genommen worden, und zwar vor August 1982. Der Zeuge hat aber nicht mit Sicherheit angeben können, wann genau das war und ob etwa von der Seite der Bauherrin jemand anwesend war; abgesehen davon, daß demnach der genaue Zeitpunkt des bezeugten Geschehens nicht feststeht, fehlt es aber auch an der Möglichkeit zur Feststellung von Handlungen, welche als Abnahmehandlungen qualifiziert werden könnten. Auf der Grundlage der Ausführungen der Zeugen xxx und xxx kann eine Abnahme allenfalls für August 1982, als nämlich das Geschäft neu eröffnet wurde, angenommen werden.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">5. Zur Höhe</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Insoweit hat die Berufung im geringem Umfang Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">5.1</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die im Sachverständigengutachten xxx und im Anschluß daran im Urteil des Landgerichts berücksichtigten 16.500,00 DM ("siehe Gutachten xxx Bl. 17 b" Schäden an der Baukonstruktion") sind um 4.000,00 DM zu kürzen, um den Betrag nämlich, welchen der Sachverständige (siehe sein Gutachten Bl. 16) für den Einbau einer Dichtungsbahn angesetzt hat; dabei handelt es sich um Kosten, mit welchen die Klägerin bei ordnungsgemäßer Ausführung der Gewerke belastet worden wäre, die sie deshalb jetzt nicht dem Beklagten anlasten kann ("So - wie - so - Kosten"). Auch alle übrigen Ansätze hat der Senat mit den Parteien und dem Sachverständigen im Senatstermin im einzelnen erörtert; Abweichungen gegenüber den Ansätzen des Landgerichts sind insoweit nicht gerechtfertigt; so haben sich beispielsweise keine Anhaltspunkte dafür ergeben, daß die Kosten für die Auslagerung der Maschinen, etwa auch durch Lagerung in den Räumen der Klägerin, niedriger als bisher angenommen gestaltet werden könnten, oder daß die Kostenanschläge Mehrwertsteuer ausweisen, mit welcher die Klägerin nicht belastet wäre.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">5.2.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Daraus errechnet sich ein Vorschuß von insgesamt 20.454,20 DM. Daran ist der Beklagte mit 30 % = 6.136,26 DM beteiligt. Dieser Betrag erhöht sich um 327,27 DM, um 4 % kapitalisierte Zinsen nämlich seit Rechtshängigkeit bis zum Zeitpunkt der Senatsverhandlung; insoweit hat die Klägerin ihre Klageforderung im Senatstermin in zulässiger Weise und materiell zu Recht (§ 291 BGB) hilfsweise auf eine weitere Anspruchsgrundlage gestellt.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97, 708 Nr. 10 ZPO.</p>
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315,252 | olgham-1989-04-14-26-u-15988 | {
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} | 26 U 159/88 | "1989-04-14T00:00:00" | "2019-03-13T14:50:39" | "2022-10-18T15:08:44" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1989:0414.26U159.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Klägers gegen das am 30. Juni 1988 verkündete Urteil der Zivilkammer III des Landgerichts xxx wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsmittels werden dem Kläger auferlegt.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Tatbestand</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger nimmt die Beklagten auf Zahlung von 10 % des vereinbarten Werklohns für die geplante Errichtung eines Luxus-Landhauses zum Gesamtpreis von 221.000,-- DM (218.000,-- DM zuzüglich Mehrpreis für Ölheizung von 3.000,-- DM) in Anspruch.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Parteien haben am 15. März 1987 einen "Bauauftrag" über den Bau "eines Luxus-Landhauses gemäß den umseitigen Auftragsbedingungen" zum Gesamtpreis von 218.000,-- DM unterzeichnet (Bl. 16 GA). Nach der Bau- und Leistungsbeschreibung vom selben Tagen sollte ein "Luxus-Landhaus 110 m2 Wfl. mit Knüppelwalmdach...." errichtet werden (Bl. 17 GA). Nach den "sonstigen Vereinbarungen" zum Vertrag sollten die "Vereinbarungen erst rechtskräftig" werden, wenn eine schriftliche Auftragsbestätigung erfolgte (Bl. 18 GA).</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">In den "Allgemeinen Auftragsbedingungen" des Klägers (Bl. 21 GA) ist festgelegt:</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:43px">"§ 1 Allgemeines</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:43px">1. Der Auf trag wird durch schriftliche Bestätigung der Gesellschaft angenommen. Die Unterschrift des Fachberaters gilt nicht als Auftragsannahme.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:43px">2. ....</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:43px">§ 7 Rücktritt</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:43px">1. Tritt der Bauherr aus wichtigem Grund von dem Auftrag zurück und erkennt die Firma die Rücktrittserklärung an, so hat der Bauherr entweder an die Firma 10 %. der Auftragssumme ohne besonderen Nachweis zu zahlen oder die tatsächlich entstandenen Aufwendungen für Planung, Statik, Verkaufsprovision, Bauleitung und Handwerkerleistungen, sowie den nachgewiesenen entgangenen Gewinn zu zahlen....</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:43px">Die Auswahl der Alternativen steht der Firma zu.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:43px">2. ..."</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Zur Frage der Finanzierung heißt es in der Auftragsbestätigung des Klägers vom 16. März 1987 (Bl. 19, 20 GA)</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:43px">"Wir bestätigen diesen Auftrag unter der Voraussetzung, daß wir von ihrer Bank eine Finanzierungsbestätigung erhalten.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:43px">Dieses setzt voraus, daß die Auszahlung gemäß unserem Bauauftrag durch eine Zwischenfinanzierung abgesichert ist."</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Vor Abschluß des Bauvertrages hatte der Kläger den Beklagten einen Finanzierungsvorschlag unterbreitet, der eine monatliche Nettobelastung von 1.182,63 DM und 104,-- DM für den Bausparvertrag vorsah (Bl. 34, 35). Eine vom Zeugen xxx vorausgefüllte "Selbstauskunft" (Bl. 37 GA) ist von dem Beklagten nicht ergänzt und auch nicht unterzeichnet worden. Sie enthielt als "monatliches Einkommen sämtlicher Antragsteller" 2 400,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Im weiteren übersandte der Kläger den Beklagten den Entwurf eines notariellen Grundstückskaufvertrages des Notars xxx (Bl. 38 – 42 GA). Der Kaufpreis - 843 m2/65,-- DM/m2 = 54.795,-- DM - war unter Ziff. 2 in den "Finanzierungsvorschlag" eingesetzt worden (Bl. 345 GA, s. a. die handschriftliche Aufstellung Bl. 36 GA). Zur Unterzeichnung des Vertrages kam es jedoch nicht mehr; die Beklagten erklärten dem Kläger am 5. April 1987, sie wollten das Bauvorhaben nicht durchführen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, ein Bauvertrag sei nicht zustandegekommen, weil die in der Auftragsbestätigung genannten (aufschiebenden) Bedingungen (Finanzierungsbestätigung/ Absicherung der Auszahlung durch eine Zwischenfinanzierung) nicht eingetreten seien, die Beklagten hätten den Eintritt der Bedingungen auch nicht treuwidrig im Sinne von § 162 BGB verhindert.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er im wesentlichen anführt, die Beklagten hätten den Eintritt der Bedingung treuwidrig verhindert, zudem sei der Bauvertrag auch nicht formnichtig.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:43px">in Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 22.100,-- DM und 4 % Zinsen seit dem 24. März 1987 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:43px">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Sie verweisen auf die Formbedürftigkeit des Bauvertrages und sind sich keiner Treuwidrigkeit im Zusammenhang mit der Finanzierung nicht bewußt.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe</u></b></p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Die Klage ist unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Pauschaler Aufwendungsersatz nach § 7 der Allgemeinen Auftragsbedingungen steht dem Kläger schon deshalb nicht zu, weil es an einem wirksam geschlossenen Bauvertrag fehlt (1). Im übrigen haben die Beklagten - worauf das Landgericht zu Recht hinweist - auch nicht treuwidrig gehandelt (2).</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks"><u>Wirksamkeit des Bauvertrages</u></p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Der von den Parteien geschlossene Bauvertrag ("Bauauftrag") vom 15. März 1987 ist gemäß §§ 125 Satz 1, 313 Satz 1 BGB nichtig.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Rechtsgeschäfte bedürfen grundsätzlich keiner Form, damit erleichtert das Gesetz den Rechtsverkehr und trägt den Gegebenheiten des modernen Güter- und Leistungsaustausches Rechnung (vgl. u.a. Palandt-Heinrichs, Kommentar zum BGB, 48. Aufl. 1989, § 125 Anm. 1). Einschränkungen des Grundsatzes der Formfreiheit sind vom Gesetzgeber in der Regel dort vorgesehen, wo die Vertragsparteien wegen der Risiken des Geschäfts vor übereilten Bindungen geschützt werden sollen. So dient der Beurkundungszwang nach § 313 BGB dem Ziel, die Parteien auf die Bedeutung des Geschäfts hinzuweisen (Warnfunktion), sie vor leichtfertigen Grundstücksgeschäften zu schützen (Übereilungsschutz) und zugleich den Beweis der getroffenen Vereinbarung (Beweisfunktion) zu sichern (vgl. u.a. Soergel-Wolf, Kommentar zum BGB, 11. Aufl. 1986, Bd. 2/1, § 313 Rz 3; Palandt-Heinrichs, a.a.O., § 313 Anm. 1b). Auf dieser Grundlage liegt eine Erwerbsverpflichtung im Sinne von § 313 Satz 1 BGB auch dann vor, wenn die Entschließungsfreiheit eines Vertragspartners hinsichtlich des Erwerbs oder Nichterwerbs des Grundstücks nach dem Gesamtbild des Vertrages praktisch aufgehoben ist (BGHZ 76, 43, 45). Werden Bauverträge in Verbindung mit in Aussicht genommenem Grundstückserwerb abgeschlossen, ist besonders sorgfältig zu prüfen, ob auf den Erwerber ein - sei es auch nur mittelbarer - Zwang zum Grundstückserwerb ausgeübt wird, der eine Beurkundung auch bereits des Bauvertrages nach § 313 Satz 1 BGB geboten erscheinen läßt. Das ist nach Sinn und Zweck der Norm immer dann der Fall, wenn Bauvertrag und beabsichtigter Grundstückserwerb nach dem Willen der Vertragsparteien eine rechtliche, also nicht nur eine tatsächliche oder wirtschaftliche, Einheit bilden (BGHZ 78, 346, 348; BGHZ 76, 43, 45, 46; Ingenstau/Korbion, Kommentar zur VOB, 11. Aufl. 1989, Anhang VOB/A Rz. 232 m. w. N.). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 78, 346, 349), der sich der Senat anschließt, stehen Bauvertrag und Grundstückserwerbsvertrag in rechtlichem Zusammenhang, wenn die Vereinbarungen nach dem Willen der Parteien derart voneinander abhängig sind, daß sie miteinander "stehen und fallen" sollen. Schon dann, wenn nur eine der Vertragsparteien einen solchen Einheitswillen erkennen läßt und der andere Partner ihn anerkennt oder zumindest hinnimmt, kann ein einheitlicher Vertrag vorliegen, unabhängig davon, ob an jedem der Rechtsgeschäfte jeweils dieselben Parteien beteiligt sind. Selbst die Niederlegung mehrerer selbständiger Verträge in verschiedenen Urkunden hindert die Annahme rechtlicher Einheit nicht, in derartigen Fällen besteht lediglich die widerlegbare Vermutung, daß die Verträge nicht in rechtlichem Zusammenhang stehen sollen.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Die im vorliegenden Fall zu würdigenden Umstände führen zur Annahme eines beurkundungsbedürftigen einheitlichen Rechtsgeschäfts. Zwar mag bei den hier getrennt abgeschlossenen Verträgen eine tatsachliche Vermutung für die rechtliche Selbständigkeit der jeweiligen Vereinbarungen sprechen, eine derartige Vermutung ist aber durch die besonderen Umstände des vorliegenden Falles widerlegt. Der Verknüpfungswille der Parteien zeigt sich bereits daran, daß die Realisierung des Bauvertrages ohne Erwerb des bestimmten Grundstückes nicht möglich war. Der den Beklagten unterbreitete Finanzierungsvorschlag (Bl. 34, 35 GA) bezog ausdrücklich die Kosten des Grundstücks in die Finanzplanung ein, das die Beklagten nach den - vom Kläger übersandten - Entwurf eines "Grundstückskaufvertrags und Auflassung" (Bl. 38 ff GA) erwerben sollten. Daraus folgt, daß der Kläger bereit war, dem Beklagten das für die Errichtung des Hauses erforderliche Grundstück - wenn auch über einen Dritten - zu verschaffen und daß die Parteien davon ausgegangen sind, daß die Beklagten Haus <u>und</u> Grundstück erwerben mußten, sollte der Bauvertrag realisiert werden können. Denn das zu erwerbende Grundstück durfte wegen der knappen Finanzdecke der Beklagten nicht zu teuer werden, und es mußten sämtliche Vorteile des Hausgrundstücks für die Finanzierung eingesetzt werden. Das hat der Kläger selbst in erster Instanz - mit seinem Schriftsatz vom 22. März 1988 - vorgetragen: "Dieser Vorschlag (eine Einliegerwohnung mit zu bauen, und die Finanzierung zu erleichtern) kam gerade von den Beklagten xxx. Es handelt sich (Vertragsentwurf Bl. 38 ff d.A.) um ein Grundstück mit Hanglage. Im Keller sollte eben die Einliegerwohnung gebaut werden ..."</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Seinen Versuch in der mündlichen Verhandlung zweiter Instanz, von diesem Vertrag abzuweichen, hält der Senat für mißlungen.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Aus allem ist der Schluß zu ziehen, daß nach dem Willen beider Parteien Bauvertrag und beabsichtigter Grundstückserwerb "miteinander stehen und fallen" sollten. Sondervereinbarungen, die die rechtliche Selbständigkeit von Bauvertrag und Grundstückserwerbsvertrag begründen könnten, haben die Parteien nicht getroffen.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks"><u>Keine treuwidrige Verhinderung des Bedingungseintritts</u></p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat bei der Abweisung der Klage nicht die Formnichtigkeit des Vertrages in den Vordergrund gestellt, es hat vielmehr darauf abgehoben, daß der Vertrag unter der aufschiebenden Bedingung gelungener Finanzierung geschlossen sei und daß die Beklagten den Eintritt dieser Bedingung nicht treuwidrig im Sinne von § 162 BGB verhindert hätten. Dem ist zuzustimmen.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Wird der Eintritt einer Bedingung von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert, so gilt die Bedingung als eingetreten (§ 162 Abs. I BGB). Die Parteien eines bedingten Rechtsgeschäfts sind zwar nicht verpflichtet, sich um den Eintritt der Bedingung zu bemühen, sie dürfen aber während des Schwebezustandes nicht in einer gegenüber dem anderen Partner treuwidrigen Weise in den Lauf der Dinge zu ihren Gunsten gestaltend eingreifen (u.a. BGHZ 29, 171, 175; Soergel-Wolf, Kommentar zum BGB, 12. Aufl. 1987, Allgemeiner Teil, § 162 Rz. 1). Das treuwidrige Verhalten eines Vertragspartners wird dann dadurch sanktioniert, daß der Bedingungseintritt fingiert wird. Ob eine Partei in den Lauf der für den Bedingungseintritt maßgebenden Ereignisse treuwidrig eingegriffen hat, ist nur in objektiver Würdigung ihres Gesamtverhaltens nach Anlaß, Zweck und Beweggrund unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles unter Einbeziehung auch der subjektiven Einstellung feststellbar. Unter Berücksichtigung dieser Umstände haben die Beklagten nicht treuwidrig im Sinne von § 162 BGB gehandelt. Die Beklagten haben hier nicht mutwillig eine ins Auge gefaßte Finanzierung verhindert, sie haben lediglich bei realistischer Betrachtung ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu der zutreffenden Feststellung gefunden, daß der von ihnen ins Auge gefaßte Hausbau für sie nicht finanzierbar war. Zwar mag es durchaus zutreffen, daß die Beklagten mit Hilfe des Klägers trotz ihrer bescheidenen Einkünfte von 2.400,-- DM monatlich netto (Bl. 37 R GA) einen Kreditgeber für die hoch benötigten 245.595,-- DM (Finanzierungsvorschlag Bl. 34 GA) gefunden hätten. Dies hätte aber zu einer für die Beklagten untragbaren und damit unzumutbaren monatlichen Belastung von 1.432,63 DM vor Abzug der Abschreibung nach § 7b ESTG geführt und hätte bei der Übernahme derartiger Belastungen, zu denen weitere noch nicht erfaßte zusätzliche Aufwendungen gehörten (höhere Nebenkosten im eigenen Haus) absehbar zum späteren finanziellen Ruin der Beklagten geführt. Dabei ist weiter zu berücksichtigen (vgl. den Schriftsatz des Klägers vom 22. März 1988), daß sich die beklagten Eheleute ein Kind wünschten und die Ehefrau nach der Geburt des Kindes nicht mehr "mitarbeiten" wollte. Zudem sich die Beklagten zu einem derartig unvernünftigen Finanzgebaren nicht entschließen konnten, haben sie nur den naheliegenden und gebotenen Schluß gezogen, daß sie sich ein für sie derart aufwendiges Objekt wirtschaftlich nicht leisten konnten, ein treuwidriges Verhalten kann darin nicht gesehen werden.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">III.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 10 ZPO. Die Entscheidung beschwert den Kläger mit 22.100,-- DM.</p>
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315,253 | ag-neuss-1989-04-14-36-c-11488 | {
"id": 713,
"name": "Amtsgericht Neuss",
"slug": "ag-neuss",
"city": 473,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 36 C 114/88 | "1989-04-14T00:00:00" | "2019-03-13T14:50:40" | "2022-10-18T15:08:44" | Urteil | ECLI:DE:AGNE:1989:0414.36C114.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 700,00 DM abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vorab in gleicher Höhe Sicherheit leistet.</p>
<p>Die Sicherheitsleistung kann auch durch die selbstschuldnerische Bürgschaft einer westdeutschen Großbank oder Sparkasse erbracht werden.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Tatbestand:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Zwischen den Parteien besteht ein Mietverhältnis über die im Obergeschoss des Hauses H-Weg in O gelegene Wohnung.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 04.03.1987 kündigte der Kläger das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs zum 30.04.1988.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">die Beklagte zu verurteilen,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">die im Hause H-Weg, 4040 O, Obergeschoss, gelegene Wohnung bestehend aus Wohnzimmer, Schlafzimmer, Bad und WC, Küche sowie zwei Kellerräume zu räumen und in geräumtem Zustand an den Kläger herauszugeben.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">die Klage abzuweisen,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">hilfsweise,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">ihr eine geräumige Räumungsfrist zu gewähren.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte bestreitet den Eigenbedarf. Sie beruft sich unter anderem darauf, dass sie die Wohnung - unstreitig - seit Mai 1951 bewohne und die Wohnung zu ihrem Lebensmittelpunkte geworden sei.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Wegen der näheren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 17.03.1988 (Blatt 19 ff d.A.) verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Wege der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze vom 18.04.1988 (Blatt 23 ff d.A.), 01.07.1988 (Blatt 40 ff d.A.), 15.07.1988 (Blatt 44 ff d.A.), 18.08.1988 (Blatt 46 ff d.A.), 12.10.1988 (Blatt 50 ff d.A.), 18.10.1988 (Blatt 52, 53 d.A.) sowie den Inhalt der gewechselten Schriftsätze im übrigen verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist nicht gemäß § 556 Abs. 1 BGB zur Räumung und Herausgabe der von ihr bewohnten Wohnung an den Kläger verpflichtet.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Das Mietverhältnis der Parteien ist nicht gemäß § 564 b BGB durch die Kündigung des Klägers vom 04.03.1987 beendet worden. Danach ist das Kündigungsrecht des Vermieters abhängig von dem Bestehen eines berechtigten Interesses, das - nach dem hier maßgeblichen Absatz 2 Nr. 2 - bei Vorliegen von Eigenbedarf anzunehmen ist. Durch diese Beschränkung des Kündigungsrechts soll der Mieter vor willkürlichen Kündigungen geschützt werden, weil die Wohnung für ihn einen Lebensmittelpunkt darstellt und jeder Wohnungswechsel für ihn mit erheblichen Unzuträglichkeiten in persönlicher, familiärer, sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht verbunden ist. Der Vermieter soll deshalb nicht berechtigt sein, den Mietvertrag ohne beachtliche Gründe zu kündigen. Dies vorausgeschickt, ist nach der Rechtsprechung des BGH (BGHZ 103, 91) und des Bundesverfassungsgerichts (DWW 89, 46 = NJW 89, 970) Eigenbedarf zu bejahen, wenn der Vermieter vernünftige und nachvollziehbare Gründe für seinen Wunsch anführt, die Wohnung des auf Räumung in Anspruch genommenen Mieters selbst oder durch einen nach § 564 b Abs. 2 Nr. 2 BGB priviligierten Dritten bewohnen zu lassen. Diese Voraussetzungen liegen in der Person des Klägers nicht vor. Der Kläger hat keinen vernünftigen und nachvollziehbaren Grund dafür vorgetragen, weshalb sein Sohn Michael gerade in die Wohnung der Beklagten einziehen soll, obwohl das Haus H-Weg über eine weitere, nahezu gleichgroße Wohnung im Erdgeschoss verfügt. Zwar ist der Vermieter bei mehreren in Betracht kommenden Wohnungen grundsätzlich nicht verpflichtet, eine soziale Auswahl zu treffen. Das Erlangungsinteresse des Vermieters ist jedoch dann nicht mehr gerechtfertigt und im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts rechtsmissbräuchlich, wenn für den Eigenbedarfswunsch eine frei gewordene oder frei werdende Wohnung zur Verfügung steht, ohne dass der Vermieter für die beabsichtigte Selbstnutzung der anderen Wohnung beachtliche Gründe vorbringen kann (BVerfG, a.a.O.; NJW 1985, 2633). Dabei ist in die unter Missbrauchsgesichtspunkten vorzunehmende Prüfung auch Wohnraum einzubeziehen, der vor der Eigenbedarfskündigung frei geworden, anschließend aber neu vermietet worden ist (BVerfG DWW 89, 46; Röchling, WM 1989, 109). Unter Beachtung dieser Grundsätze muss der geltend gemachte Eigenbedarf des Klägers als willkürlich angesehen werden. Der nunmehr geltend gemachte Eigenbedarf war nämlich bereits im Januar 1986 voraussehbar (§ 286 ZPO). Der Kläger musste bei lebensnaher Betrachtung bereits zu diesem Zeitpunkt davon ausgehen, dass sein ältester Sohn Michael sein Sportstudium in Kürze beenden würde, denn der Studienabschluss im März 1987 lässt den Rückschluss zu, dass sich der Sohn Michael bereits Anfang 1986 in einem fortgeschrittenen Semester befunden haben muss. Hiervon ist offensichtlich auch der Kläger ausgegangen - ohne dass es insoweit auf das genaue Datum der Studiumsbeendigung ankommt -, wenn er der Tochter der Beklagten im Dezember 1985 mitgeteilt haben will, er könne die Wohnung im Erdgeschoss nicht längere Zeit vermieten, weil sein Sohn nach Beendigung des Studiums eine Wohnung brauche. Gleichwohl hat er die im Erdgeschoss des Hauses gelegene und frei gewordene Wohnung im Januar 1986 neu vermietet, ohne dem Wohnbedarf seines Sohnes Michael bei der Vertragsgestaltung mit dem neuen Mieter - etwa durch Abschluss eines auf ein oder zwei Jahre befristeten Mietverhältnisses (vgl. § 564 c BGB) Rechnung zu tragen. Dies ist um so unverständlicher, als der Kläger das Haus seinerzeit mit dem Gedanken erworben haben will, dass seine Söhne in dem Objekt Wohnungen zur Verfügung haben. Unbeachtlich ist in diesem Zusammenhang der weitere Sohn des Klägers, denn dieser ist - wie der Kläger ausdrücklich vorträgt - erst in zwei Jahren mit seinem Studium fertig. Liegen danach aber die von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geforderten nachvollziehbaren und vernünftigen Eigenbedarfsgründe nicht vor, so bedarf es keiner weiteren Ausführungen, ob nicht das Mietverhältnis anderenfalls im Hinblick auf die lange Mietdauer und das Alter der Beklagten (68 Jahre) gemäß § 556 a BGB hätte verlängert werden müssen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Streitwert: 3.000,00 DM</p>
|
315,254 | olgk-1989-04-14-6-u-25388 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 6 U 253/88 | "1989-04-14T00:00:00" | "2019-03-13T14:50:42" | "2022-10-18T15:08:44" | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1989:0414.6U253.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 15. November 1988 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 31 0 512/88 - wird zurückgewiesen.</p><p>Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Entscheidungsgründe:</span></p><span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung der Antragsgegnerin hat in der Sache keinen Erfolg.</p><span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Antrag des Antragstellers auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung ist zulässig. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin ist die in Wettbewerbsangelegenheiten gem. § 25 UWG grundsätzlich bestehende Vermutung der Dringlichkeit nicht widerlegt. Es ist davon auszugehen, daß der Zeitraum von ca. 6 Wochen von der von der Antragsgegnerin behaupteten Kenntnis der beanstandeten Werbeaussage (16.8.1988) bis zur Antragstellung hier zur Widerlegung der Vermutung des § 25 UWG schon deshalb nicht ausreicht, weil es dem Antragsteller und dessen in der anwaltlichen Erklärung des Rechtsanwalts C als "Beschwerdeführerin" bezeichneten Auftraggeberin nach dieser anwaltlichen Erklärung erst am 30.8.1988 möglich war, einzelne Musterstücke der beanstandeten Produkte, deren Besitz zur sachgerechten Vorbereitung des Verfahrens erforderlich war, im Handel zu erwerben, und der Antragsteller sich dazu außerdem noch einen Überblick über die Marktsituation verschaffen mußte, z.B. darüber, ob und unter welchen Voraussetzungen bei Konkurrenzprodukten die Aussage "ohne Parfüm" evt. ebenfalls Verwendung fand.</p><span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung ist auch sachlich gerechtfertigt.</p><span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Ein nicht unbeachtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise versteht die Aussage "ohne Parfüm" für die damit beworbenen G-Produkte dahin,daß diese Produkte frei von Duftstoffen sind, die zur "geruchlichen Aufbesserung" verwendet werden. Da diese Produkte aber solche Stoffe enthalten, ist diese Werbung als irreführend im Sinne von § 3 UWG anzusehen.</p><span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Es mag sein, daß angesprochene Verkehrskreise, wenn ihnen der Begriff "Parfüm" abstrakt begegnet oder wenn sie z.B. ein Parfüm einer bestimmten Marke erwerben unter einem Parfüm eine Duftkomposition verstehen, bei der eine Vielzahl von Ingredienzien unter Zusatz von Alkohol zu einer Mixtur zusammengefügt wird, die (allein) dem Zweck dient, einen Duft im Sinne eines Wohlgeruchs zu verbreiten Dies rechtfertigt jedoch nicht die Schlußfolgerung, der Begriff "Parfüm" werde auch bei der angegriffenen Werbung ausschließlich in diesem Sinne verstanden.</p><span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die von der Antragsgegnerin vorgelegte "Marktuntersuchung" vermag aus den vom Landgericht darlegten Erwägungen (insoweit wird auf die Ausführungen der angefochtenen Entscheidung gem. § 543 Abs. 1 ZPO Bezug genommen) die dahingehende Behauptung der Antragsgegnerin nicht glaubhaft zu machen, abgesehen davon, daß die Anlage 1 dieser "Marktuntersuchung" selbst bereits deutlich macht, daß das Verständnis des Verbrauchers von dem Begriff "Parfüm" nicht einheitlich ist.</p><span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Ausgehend von der Zweckbestimmung eines Parfüms, einen bestimmten Duft zu verbreiten, werden beachtliche Teile der angesprochenen Verbraucher aufgrund der Werbeaussage der Antragsgegnerin vielmehr erwarten, daß den Produkten der G-Serie, da "ohne Parfüm", keine Stoffe zugesetzt sind, die dazu dienen, den Wohlgeruch in einer bestimmten Weise zu prägen, insbesondere keine Duftstoffe, die typischerweise bei der Zusammenstellung von Parfümkompositionen Verwendung finden. In dieser Erwartung werden die Verbraucher aber getäuscht, weil die in den G-Erzeugnissen enthaltenen ätherischen Öle (Z, H, S und L) <strong>unstreitig</strong> allgemein zur Herstellung von Parfüms und zur Geruchsverbesserung von anderen kosmetischen Produkten benutzt werden.</p><span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Dieses Verständnis nicht unerheblicher Teile des Verkehrs vermag der Senat - in Übereinstimmung mit dem Landgericht - aufgrund eigener Anschauung und Einschätzung festzustellen, weil sich die Antragsgegnerin an das allgemeine Publikum wendet, zu dem auch die Mitglieder des Senats gehören.</p><span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Daß relevante Teile der Verbraucher die Begriffe "ohne Parfüm" und "ohne Duftstoffe" synomyn verwenden, wenn mit diesen Begriffen Aussagen über die Beschaffenheit von kosmetischen Produkten gemacht werden, wird bestätigt durch die Vielzahl der auf dem Markt befindlichen Körperpflegemittel, die als "parfümfrei" beworben werden. Wie die hierzu vom Antragsteller vorgelegten Produktbeispiele glaubhaft machen und wie im übrigen auch den Mitgliedern des Senats aus eigener Anschauung bekannt ist, sind diese Produkte zwar nicht alle geruchsfrei. Sie riechen aber entweder nur sehr schwach bzw. neutral, teilweise sogar nicht unbedingt angenehm, duften jedoch nicht "parfümiert". Es kann davon ausgegangen werden, daß diese als "parfümfrei" beworbenen Produkte dem Verbraucher in dieser Ausgestaltung bekannt sind und dementsprechend auch die Vorstellung des Verkehrs von einem "parfümfreien" Kosmetikmittel prägen. Die angefochtene Entscheidung gelangt danach zutreffend zu dem Schluß, daß beachtliche Teile der Verbraucher auch aufgrund dieser Marktverhältnisse bei der Bewerbung von Körperpflegemitteln unter einem unparfümierten Erzeugnis ein Produkt verstehen, dem kein Duftstoff beigefügt ist, der dem Produkt einen bestimmten Wohlgeruch gibt, ähnlich wie dies auch die Vorstellung des Verbrauchers in den anderen vom Landgericht angeführten Marktbereichen (Zigaretten, Zigarren, Tee) ist, bei denen die jeweiligen Produkte ebenfalls kein Parfüm im Sinne der Begriffsdefinition der Antragsgegnerin enthalten.</p><span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Mit dem Landgericht ist weiterhin davon auszugehen, daß dieses Verständnis des Verbrauchers auch und erst recht für von der Antragsgegnerin mit der Aussage "ohne Parfüm" beworbene Baby-Pflegemittel gilt. Auf dem Hintergrund der zunehmend gerügten Umweltbelastung mit Schadstoffen und der seit geraumer Zeit von den Medien regelmäßig berichteten, immer häufiger auftretenden Anfälligkeit für Allergien geht bei Körperpflegemitteln, wie der Antragsteller von der Antragsgegnerin insoweit unwidersprochen vorgetragen hat und wie auch die Mitglieder des Senats aus eigener Kenntnis beurteilen können, und in anderen Bereichen die Entwicklung immer stärker dahin, auf alles zu verzichten, was als nicht notwendig und zugleich als (potentiell) gesundheitsgefährdend angesehen werden könnte. Die oben angeführten Körperpflegemittel, die auf eine geruchliche Aufbesserung verzichten und dementsprechend mit Aussagen wie "100 % parfümfrei", "unparfümiert", "kein Parfüm" u.ä. werben, sind Ausdruck dieses Trends. Die Antragsgegnerin knüpft an diese Entwicklung an, wenn sie geltend macht, sie nehme mit der Angabe "ohne Parfüm" dem Verkehr die Sorge, ihre Produkte könnten Parfüms enthalten, die Allergien, Reizungen oder Hautveränderungen auslösen könnten, und ihre Produktreihe G u.a. mit den Hinweisen bewirbt "Nur das, was Baby's Haut verträgt" oder "Alle Inhaltsstoffe, die Baby's Haut schaden könnten, wurden weggelassen" und „G pflegt BABY's Haut also ohne sie zu reizen und nur mit den Inhaltsstoffen, die für eine gesunde Entwicklung wichtig sind". Auf dem Hintergrund dieser Entwicklung und auch aufgrund dieser Werbeaussagen der Antragsgegnerin werden daher relevante Teile des Verkehrs wegen der größeren Empfindlichkeit der Haut eines Kleinkindes bei einer mit der Angabe "ohne Parfüm" beworbenen Baby-Pflegeserie umso mehr erwarten, daß diese Produkte keine Duftstoffe enthalten, die - wie in dem zu beurteilenden Fall - typischerweise der geruchlichen Aufbesserung kosmetischer Mittel dienen oder als Grundstoffe von Parfümkompositionen Verwendung finden.</p><span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Ob die in den Produkten enthaltenen Duftstoffe daneben eine hautpflegende Wirkung haben und von der Antragsgegnerin allein oder zumindest auch zu diesem Zweck ihren Produkten zugesetzt worden sind, ist demgegenüber unerheblich.</p><span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Ohne Belang ist ebenfalls, ob die eingesetzten Duftstoffe tatsächlich unschädlich sind. Entscheidend ist allein, daß die von dem Antragsteller beanstandete Aussage "ohne Parfüm" - wie dargelegt - geeignet ist, bei relevanten Teilen der Verbraucher eine unzutreffende Vorstellung über die Beschaffenheit der beworbenen G-Produkte hervorzurufen.</p><span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Diese irreführende Werbeangabe der Antragsgegnerin ist auch wettbewerblich relevant, denn sie ist geeignet, die Kaufentscheidung des Verbrauchers positiv zu beeinflussen. Wie oben dargelegt, gibt es relevante Teile der Verbraucher für die gerade die Freiheit von - aus ihrer subjektiven Sicht überflüssigen und möglicherweise Allergien verursachenden - Duftstoffen bei dem Kauf der in Rede stehenden Produkte von Bedeutung ist. Es liegt daher auf der Hand, daß diese Verbraucher die mit der Aussage "ohne Parfüm" beworbenen Produkte anderen Produkten vorziehen, die diese Vorzüge nicht aufweisen. Die werbliche Herausstellung der Angabe "ohne Parfüm" auf den G-Produkten macht im übrigen deutlich, daß auch die Antragsgegnerin dieser Werbeaussage Einfluß auf die Kaufentscheidung der Verbraucher beimißt.</p><span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.</p><span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Das Urteil ist mit der Verkündung rechtskräftig (§ 545 Abs. 2 S. 1 ZPO).</p>
|
315,255 | olgham-1989-04-07-15-w-51388 | {
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} | 15 W 513/88 | "1989-04-07T00:00:00" | "2019-03-13T14:50:43" | "2022-10-18T15:08:44" | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1989:0407.15W513.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die sofortigen weiteren Beschwerden werden zurückgewiesen.</p>
<p>Von den Gerichtskosten des Verfahrens dritter Instanz trägt der Beteiligte zu 2) 95 %, der Beteiligte zu 1) 5 %. Die in diesem Verfahren angefallenen außergerichtlichen Kosten werden nicht erstattet.</p>
<p>Der Geschäftswert für das Verfahren dritter Instanz wird auf 205.000,- DM festgesetzt.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Beteiligten sind Inhaber der eingangs näher bezeichneten Miteigentumsanteile und gehören damit der aus drei Eigentümern bestehenden Eigentümergemeinschaft der Wohnungseigentumsanlage ... in ... an. Der Beteiligte zu 2) ist zugleich deren Verwalter. Der Beteiligte zu 1) hat sieben Miteigentumsanteile an dieser Anlage verkauft. Nach §4 der Teilungserklärung bedarf der Verkauf der Zustimmung des Verwalters, die nur aus wichtigem Grund verweigert werden darf. Wird sie versagt, ist die Entscheidung der Eigentümer herbeizuführen. Der Beteiligte zu 2) hat binnen der ihm vom Beteiligten zu 1) gesetzten Fristen die Zustimmung als Verwalter nicht erteilt und in der Eigentümerversammlung vom 31. Januar 1987 mit der ihm aufgrund seiner Miteigentumsanteile zufallenden Stimmenmehrheit gegen die Erteilung gestimmt.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Beteiligte zu 1) hat daraufhin beim Amtsgericht beantragt, dem Beteiligten zu 2) aufzugeben, der Veräußerung zuzustimmen. In der in erster Instanz durchgeführten mündlichen Verhandlung hat der Beteiligte zu 2) der Veräußerung von drei Anteilen zugestimmt. Mit Beschluß vom 25. März 1988 hat das Amtsgericht dem Beteiligten zu 2) antragsgemäß aufgegeben, der Veräußerung aller sieben Miteigentumsanteile zuzustimmen. Die Kosten des Verfahrens hat es dem Beteiligten zu 2) auferlegt.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Gegen den amtsgerichtlichen Beschluß hat der Beteiligte zu 2) hinsichtlich der vier Miteigentumsanteile, deren Veräußerung er in erster Instanz noch nicht zugestimmt hatte, fristgerecht erste Beschwerde eingelegt. Bezüglich dieser vier Miteigentumsanteile stritten die Beteiligten um das Bestehen und die rechtzeitige Ausübung eines Vorkaufsrechtes für den Beteiligten zu 2). Im Verfahren der ersten Beschwerde hat der Beteiligte zu 2) nach mündlicher Verhandlung vor der Berichterstatterin der Beschwerdekammer in einfacher Schriftform außergerichtlich der Veräußerung dieser restlichen vier Miteigentumsanteile zugestimmt und sich zugleich bereiterklärt, diese Zustimmung unter Protest gegen die Kostenlast zu gerichtlichem Protokoll zu erklären oder seine Erklärung notariell beglaubigen zu lassen, sofern der Beteiligte zu 1) die Kosten dafür übernehme.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Landgericht die erstinstanzliche Entscheidung im Kostenpunkt dahingehend abgeändert, daß eine Erstattung außergerichtlicher Kosten nicht stattfindet. Im übrigen hat es die erste Beschwerde zurückgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Dagegen wendet sich der Beteiligte zu 2) mit der sofortigen weiteren Beschwerde, die er fristgerecht mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten beim Oberlandesgericht eingelegt hat. Der Beteiligte zu 1) erstrebt mit seinem Rechtsmittel die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten erster und zweiter Instanz durch den Beteiligten zu 2).</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die in der Hauptsache eingelegte weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2) ist zulässig. Sie bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg, weil die angefochtene Entscheidung nicht auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§43 Abs. 1 WEG i.V.m. §27 FGG).</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">In verfahrensrechtlicher Hinsicht stellt es allerdings einen Verstoß gegen Art. 6 MRK, der nach ständiger Rechtsprechung des Senats auch im Verfahren in Wohnungseigentumssachen und dort auch für das Verfahren der ersten Beschwerde gilt, dar, daß die mündliche Verhandlung in zweiter Instanz nicht in öffentlicher Sitzung vor der vollbesetzten Kammer, sondern in nicht-öffentlicher Sitzung vor der Berichterstatterin stattgefunden hat. Indessen haben die Beteiligten auf eine mündliche Verhandlung vor der Kammer verzichtet. Überdies sieht der Senat derzeit noch davon ab, ältere Entscheidungen wegen des aufgezeigten Verfahrensfehlers aufzuheben, wenn sie sich im übrigen als richtig erweisen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">In der Sache hat das Landgericht die erste Beschwerde des Beteiligten zu 2) in der Hauptsache zu Recht zurückgewiesen. Dabei hat es wie das Amtsgericht zutreffend angenommen, daß bei einer Regelung wie der hier in der Teilungserklärung getroffenen der Anspruch des Wohnungseigentümers auf Zustimmung zur Veräußerung seines Miteigentumsanteils nach erfolgloser Anrufung der Eigentümerversammlung weiterhin gegen den Verwalter gerichtet und gegen diesen gerichtlich durchzusetzen ist (Beschluß des Senats vom 21. Oktober 1987 - 15 W 543/86). Dabei ist dem Verwalter durch die gerichtliche Entscheidung, mit deren Rechtskraft die Zustimmung als abgegeben gilt (§45 Abs. 3 WEG i.V.m. §894 ZPO), die Zustimmung aufzugeben.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Beteiligte zu 1) hat gegen den Beteiligten zu 2) einen Anspruch aus Erteilung der Zustimmung zur Veräußerung der vier noch im Streit befindlichen Miteigentumsanteile, weil ein wichtiger Grund zur Versagung der Zustimmung nicht besteht. Der Streit zwischen den Beteiligten über die wirksame Vereinbarung, und Ausübung eines Vorkaufsrechts zugunsten des Beteiligten zu 2) kann nicht als wichtiger Grund für die Verweigerung der Zustimmung angesehen werden. Wie das Landgericht zutreffend hervorgehoben hat, hindert die Zustimmung, die der Beteiligte zu 2) als Verwalter abgibt, ihn nicht, ein etwaiges Vorkaufsrecht auf Grund seiner Rechtsstellung als Eigentümer auszuüben. Auch setzt eine wirksame Ausübung eines solchen Vorkaufsrechts das Bestehen eines wirksamen Kaufvertrages, das hier gerade von der Erteilung der Zustimmung abhängt, voraus. Schließlich kann auch ein etwaiges Bestreben des Beteiligten zu 2), den Beteiligten zu 1) im Streit über die Veräußerung seiner Miteigentumsanteile zu einem dem Beteiligten zu 2) genehmen Verhalten zu veranlassen, ersichtlich nicht als wichtiger Grund anerkannt werden.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Zu Recht hat das Landgericht weiter angenommen, daß der Beteiligte zu 2) seiner Verpflichtung zur Zustimmung durch die Abgabe der Zustimmungserklärung in einfacher Schriftform nicht genügt hatte. Denn es ist zwar anerkannt, daß mit Rücksicht auf §182 Abs. 2 BGB der auf die zustimmungsbedürftige Veräußerung gerichtete Vertrag durch eine formfreie oder in einfacher Schriftform abgegebenen Zustimmungserklärung wirksam wird. Indessen kann damit das Ziel dieses Vertrages, die Veräußerung des Miteigentumsanteils, nicht erreicht werden, weil sie zu ihrer Wirksamkeit gemäß §873 Abs. 1 BGB der Eintragung in das Grundbuch bedarf und das Grundbuchamt vor der Eintragung zum Nachweis der Zustimmung gemäß §29 GBO die Vorlage der Zustimmungserklärung in notariell-beglaubigter Form verlangen muß. Daraus folgt, daß die Zustimmungserklärung, soll sie ihren Zweck erfüllen, notariell beglaubigt werden muß.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Verpflichtung, dies zu veranlassen, trifft den zustimmungspflichtigen Verwalter. Das folgt zum einen daraus, daß seine Mitwirkung bei der Beglaubigung aus der Natur der Sache heraus unerläßlich ist. Zum anderen ergibt es sich daraus, daß die Teilungserklärung mit dem Erfordernis der Zustimmung zur Veräußerung von Miteigentumsanteilen eine Beschränkung der ansonsten unbeschränkt gegebenen Befugnis des einzelnen Eigentümers zur Verfügung über sein Eigentum vornimmt, die allein im Interesse der übrigen Wohnungseigentümer liegt. Solche Beschränkungen sind mit Rücksicht auf Art. 14 GG rechtlich nur hinnehmbar, soweit sie zur Wahrung schutzwürdiger Interessen unerläßlich sind. Das Interesse der Eigentümergemeinschaft, ein Eindringen von Erwerbern, die ihrer Verpflichtung gegenüber der Gemeinschaft voraussichtlich nicht nachkommen würden, zu verhindern, rechtfertigt es nicht, daß sich der veräußernde Eigentümer nach Erteilung der Zustimmung selbst um die notarielle Beglaubigung der Erklärung, deren er ohne eine entsprechende Regelung in der Teilungserklärung zur Veräußerung gar nicht bedürfte, bemühen muß. Die Verpflichtung des Verwalters, der in derartigen Fällen die Interessen der Wohnungseigentümergemeinschaft wahrnimmt, ist daher von vornherein darauf gerichtet, dem veräußernden Wohnungseigentümer die Zustimmung in notariell-beglaubigter Form zu erteilen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Erfüllung dieser Verpflichtung durfte der Beteiligte zu 2) nicht, wie es hier geschehen ist, von einer Übernahme der mit der notariellen Beglaubigung verbundenen Kosten für den Beteiligten zu 1) abhängig machen. Denn aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich bereits, daß nicht der Beteiligte zu 1), sondern letztlich die Eigentümergemeinschaft diese Kosten zu tragen hat. Ein Zurückbehaltungsrecht gegen den veräußernden Eigentümer kann dem Verwalter deshalb nicht zustehen. Es läßt sich insbesondere nicht aus einer entsprechenden Anwendung des §897 BGB herleiten, da dort die Kosten für eine im Intersse des Berichtigungsverlangenden geregelt sind, während es hier um die Kosten einer den Interessen der übrigen Eigentümer dienenden Maßnahme geht.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Mit der notariell-beurkundeten Erklärung vom 7. November 1988 hat sich entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 2) das Verfahren nicht in der Hauptsache erledigt, so daß die dahingehende Erklärung im Verfahren dritter Instanz, verbunden mit der Beschränkung des Rechtsmittels auf den Kostenpunkt, verfahrensrechtlich ins Leere geht. Denn durch die im letzten Absatz dieser Erklärung vorgenommene Zweckbindung hat der Beteiligte zu 2) die Zustimmung wiederum in unklarer, rechtlich aber jedenfalls unzulässiger Weise von der Verwirklichung seines vermeintlichen Vorkaufsrechts abhängig gemacht, so daß der Beteiligte zu 1) den eigentlichen Zweck der in notariell-beglaubigter Form abzugebenden Zustimmungserklärung, nämlich die Verwirklichung des zustimmungsbedürftigen Rechtsgeschäfts, im Grundbuchverfahren voraussichtlich nicht erreichen kann. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2) war mithin zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks"><b>III.</b></p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Das auf die Anordnung einer Erstattung außergerichtlicher Kosten in erster und zweiter Instanz gerichtete Rechtsmittel des Beteiligten zu 1) ist als unselbständige Anschlußbeschwerde mit der fristgerechten Einlegung der weiteren Beschwerde des Beteiligten zu 2) zulässig geworden. Es bleibt in der Sache aber ebenfalls ohne Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Wird, wie hier, eine zulässige erste Beschwerde in der Hauptsache eingelegt, so hat das Landgericht - soweit das Rechtsmittel dazu Anlaß gibt - über eine Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten im Verfahren der ersten Instanz und im Verfahren der ersten Beschwerde unter Ausübung eigenen Ermessens nach Billigkeit gemäß §47 S. 2 WEG zu entscheiden. Von dem im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Grundsatz, daß jeder Beteiligte seine eigenen außergerichtlichen Kosten zu tragen hat, darf dabei nur abgewichen werden, wenn besondere Umstände das rechtfertigen. Daß der Beteiligte zu 2) gegen die Person des Erwerbers der Miteigentumsanteile nichts vorzubringen hatte, reicht für eine Annahme solcher besonderen Umstände nicht aus. Denn die Beteiligten haben weiter über die rechtliche Bedeutung, das Bestehen und die wirksame Ausübung eines Vorkaufsrechts durch den Beteiligten zu 2) gestritten. Darüber hinaus bildete die - soweit ersichtlich - höchstrichterlich nicht entschiedene Frage, wem in erster Linie die Veranlassung der notariellen Beglaubigung einer Zustimmungserklärung obliegt und wer deren Kosten zu tragen hat, einen wesentlichen Punkt ihres Streits. Die landgerichtliche Entscheidung kann deshalb nicht als ermessensfehlerhaft angesehen werden. Ob im Rahmen billigen Ermessens auch anders hätte entschieden werden können, ist dann im Verfahren dritter Instanz, in dem nur eine auf das Vorliegen von Ermessensfehlern beschränkte Überprüfung stattfinden kann, ohne Belang.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen des Senats beruhen auf §47 WEG und den §§131 Abs. 2, 30 KostO.</p>
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315,256 | olgham-1989-04-04-15-w-45788 | {
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"jurisdiction": null,
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} | 15 W 457/88 | "1989-04-04T00:00:00" | "2019-03-13T14:50:44" | "2022-10-18T15:08:45" | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1989:0404.15W457.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Der Gegenstandswert im Verfahren der weiteren Beschwer de beträgt 3.000,00 DM.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Gründe</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Beteiligten haben am xxx 1964 zu UR.-Nr. xxx des inzwischen verstorbenen Notars xxx in xxx einen Erbvertrag geschlossen, der von dem Amtsgericht unter Nr. xxx des Verwahrungsbuches in amtliche Verwahrung genommen worden ist. Ein Ergänzungserbvertrag der Beteiligten vom xxx 1981 (UR.-Nr. xxx des Notars xxx in xxx) ist unter Nr. xxx des Verwahrungsbuches in amtliche Verwahrung genommen worden. Die Beteiligten haben sodann am xxx 1988 einen weiteren Erbvertrag geschlossen (UR.-Nr. xxx des Notars xxx in xxx), in dem sie die beiden erwähnten früheren Erbverträge aufgehoben haben.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Beteiligten haben mit Schreiben vom xxx bei dem Amtsgericht den Antrag gestellt, ihnen die Erbverträge aus den Jahren 1964 und 1981 aus der amtlichen Verwahrung auszuhändigen. Diesen Antrag hat der Notar an das Amtsgericht weitergeleitet und zur näheren Begründung ausgeführt, daß den Beteiligten nach der zweifelsfreien Aufhebung ihrer früheren Erbverträge das Recht eingeräumt werden müsse, diese Urkunden aus der amtlichen Verwahrung zurückzunehmen. Es sei davon auszugehen, daß der Urkundsnotar auf der Grundlage des verfassungsrechtlich geschützten Rechtes der informationellen Selbstbestimmung die von ihm verwahrte Urkunde an die Vertragsschließenden nach vollständiger Aufhebung des Erbvertrages auszuhändigen habe. Diese Entscheidung müsse anstelle des verstorbenen Notars xxx das Nachlaßgericht treffen. Die Beteiligten legten besonderen Wert darauf zu vermeiden, daß der Inhalt ihrer aufgehobenen Erbverträge durch Verbleib in den Gerichtsakten und spätere Eröffnung als Verfügung von Todes wegen bekannt werde.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Durch Beschluß vom xxx 1988 hat der Rechtspfleger des Amtsgerichtes den Antrag zurückgewiesen. Hiergegen haben die Beteiligten mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom xxx 1988 Beschwerde eingelegt, der der Rechtspfleger und der Richter des Amtsgerichts nicht abgeholfen haben. Durch Beschluß vom xxx 1988 hat das Landgericht die Beschwerde zurückgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Hiergegen richtet sich die mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom xxx 1988 bei dem Oberlandesgericht eingelegte weitere Beschwerde der Beteiligten.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die weitere Beschwerde ist nach § 27 FGG statthaft und gem. § 29 Abs. 1 Satz 3 FGG formgerecht eingelegt. Dabei ist davon auszugehen, daß der erstinstanzliche Antrag der Beteiligten von dem Notar als deren Bevollmächtigter gestellt worden ist. Die Beteiligten haben zwar den Antrag selbst in einem gesonderten privatschriftlichen Schreiben vom xxx 1988 gestellt. Der Antrag bildet jedoch mit der ihm von dem Notar bei gegebener Begründung vom xxx 1988 eine Einheit. Die Postulationsfähigkeit des Notars nach § 29 Abs. 1 Satz 3 FGG ist im übrigen nicht davon abhängig, daß er den Antrag beurkundet oder eine Unterschriftsbeglaubigung vorgenommen hat (BayObLG Z 1972, 44, 45). Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten folgt bereits aus der Zurückweisung ihrer Erstbeschwerde.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">In der Sache bleibt das Rechtsmittel indessen ohne Erfolg, weil die Entscheidung des Landgerichtes nicht auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§ 27 FGG).</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von einer zulässigen Erstbeschwerde der Beteiligten ausgegangen, deren Beschwerdebefugnis aus der Zurückweisung ihres erstinstanzlich gestellten Antrages folgt.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">In der Sache hat das Landgericht zutreffend ausgeführt, daß die Vorschriften über die Verwahrung beurkundeter Erbverträge eine Herausgabe der in amtlicher Verwahrung befindlichen Urschriften an die Vertragsschließenden nicht zulassen. Erbverträge, deren amtliche Verwahrung die Vertragschließenden nach § 34 Abs. 2 BeurkG ausgeschlossen haben, sind nach näherer Maßgabe der §§ 25 Abs. 2 BNotO, 16 DONot in der Urkundensammlung des Notars zu verwähren. Schließen die Vertragsparteien in zulässiger Weise nachträglich die amtliche Verwahrung aus, kann die Urschrift des Erbvertrages nur entweder offen bei den Gerichtsakten weiterverwahrt oder in die Verwahrung durch den Urkundsnotar zurückgegeben werden. Diese Auffassung des Landgerichtes stützt sich auf die Entscheidung, des Senats in FamRZ 1974, 391 f. = DNotZ 1974, 460 ff.). Sie entspricht der einhelligen Auffassung in der Literatur (Staudinger-Kranzleiter, BGB, 12. Auflage, § 2277-, Rdnr. 3<i>; </i>MK-Muiselak, BGB, § 2277, Rdnr. 9; Soergel-Wolf, BGB, 11. Auflage, § 2277, Rdnr.7; RGRK-Johannsen, BGB, 12. Auflage, § 2277, Rdnr. 4; Dittmann/Reimann/Bengel, Testament und Erbvertrag, 2. Auflage, § 34 BeurkG Rdnr. 24; Firsching, Nachlaßrecht, 6. Auflage, S, 107; Keidel/Kuntze/Winkler, FG, 12. Auflage, § 34 BeurkG, Rdnr. 14).</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">An dieser Auffassung hält der Senat fest. Entgegen dar Ansicht der weiteren Beschwerde bietet die vorliegende Fairgestaltung keinen Anlaß zu einer abweichenden Beurteilung. Dabei braucht der Senat keine Entscheidung zu der Rechtsfrage zu treffen, inwieweit ein Notar, in dessen Verwahrung sich die Urschrift eines Erbvertrages befindet, über den Wortlaut des § 45 Abs. 1 BeurkG hinaus berechtigt oder verpflichtet ist, den Vertragschließenden nach Aufhebung des Erbvertrages die Urschrift aus seiner Urkundensammlung auszuhändigen. Der Umstand, daß Notar xxx, der den Erbvertrag der Beteiligten vom xxx 1964 beurkundet hat, verstorben ist, steht der Herbeiführung einer Entscheidung über die Aushändigung dieses Erbvertrages nicht entgegen. Gem. § 51 Abs. 1 Bundesnotarordnung ist zur Verwahrung seiner Urkunden entweder das Amtsgericht, in dem der verstorbene Notar seinen Amtssitz hatte, oder ein anderer Notar zuständig, dem der Präsident des Oberlandesgerichts die Verwahrung der Akten und Bücher übertragen hat. Dem Amtsgericht oder dem vom Präsidenten des Oberlandesgerichts dazu berufenen Notar obliegt es daher zunächst, die Urschrift des Erbvertrages vom xxx 1964 zu der Urkundensammlung des verstorbenen Notars zu nehmen, wenn die Beteiligten nunmehr nachträglich die amtliche Verwahrung gem. § 3 Abs. 2 Beurkundungsgesetz ausschließen. In die Zuständigkeit des Amtsgerichts beziehungsweise des dazu berufenen Notars als Aktenverwahrungsstelle fällt jedoch auch die Entscheidung über die Aushändigung der Urschrift einer Urkunde gem. § 45 Beurkundungsgesetz (Seybold/Hornig, Bundesnotarordnung, 5. Auflage, § 51, Rdnr. 27). Darin liegt der Kern des Anliegens der Beteiligten, über das in dem dafür vorgesehenen Verfahrensgang zu entscheiden ist. Der Senat hat bereits in seinem oben erwähnten Beschluß darauf hingewiesen, daß die unter Umständen schwierige Feststellung einer in jeder Hinsicht wirksamen Aufhebung früherer Erbverträge durch einen späteren Erbvertrag nach § 2290 BGB nicht zu dem der Verwahrungsstelle zugewiesenen Aufgabenbereich gehört.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 KostO.</p>
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"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
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} | 4 O 157/88 | "1989-03-29T00:00:00" | "2019-03-13T14:50:45" | "2022-10-18T15:08:43" | Urteil | ECLI:DE:LGAC:1989:0329.4O157.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p><p>Die Kosten des Rechtsstreites hat die Klägerin zutragen.</p><p>Das Urteil ist für die Beklagte hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1.500,-- DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">T a t b e s t a n d</span></p><span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin nimmt die Beklagte aus Anlaß eines Unfalles vom 25.03.1987 in der städtischen Schwimmhalle auf Schadensersatz in Anspruch.</p><span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin macht geltend: Sie sei am 25.03.1987 vor einer Umkleidekabine in der städtischen Schwimmhalle ausgeglitten. Auf dem Steinboden habe sich eine schaumige Masse befunden; ob es sich um eine Lauge oder Desinfektionsmittel gehandelt habe, könne sie nicht sagen. Jedenfalls habe sich auf dem Boden nicht nur Wasser, sondern auch ein Fremdstoff befunden, der dort nicht hingehört habe. Hierdurch sei der Boden so glatt gewesen, daß sie den Halt verloren habe und gestürzt sei. Die Beklagte habe ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt; erschwerend komme hinzu, daß während des Badebetriebes mit Putzarbeiten begonnen worden sei. Der unfallbedingte materielle Schaden belaufe sich auf 2.318,40 DM. Infolge des Sturzes habe sie ferner einen Lendenwirbelkörperbruch und eine leichte Gehirnerschütterung erlitten, deren ärztliche Behandlung noch nicht abgeschlossen sei.</p><span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p><span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">1) die Beklagte zu verurteilen, an sie 2..318,40 DM nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung (das ist der 15.06.1988) sowie</p><span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">2) die Beklagte zu verurteilen, an sie ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld hinsichtlich der Schmerzen, die bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung aufgetreten sind, nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen und</p><span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">3) festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihr jeden weiteren Schaden aus dem Unfall vom 25.03.1987 zu ersetzen.</p><span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p><span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">              die Klage abzuweisen.</p><span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Sie wendet sich gegen das Klagevorbringen und macht geltend:</p><span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Eine außergewöhnliche Fußbodenglätte habe zum Unfallzeitpunkt nicht bestanden. In den intensiv genutzten Bereichen des Bades müßten aus hygienischen Gründen mehrmals täglich Reinigungsarbeiten ausgeführt werden; hierfür verwende sie das Reinigungsmittel „Tego-Septol“. Eine außergewöhnliche Glätte werde hierdurch nicht verursacht. Die Rutschfestigkeit des Hallenbodens sei völlig ausreichend, wenn jeder Benutzer die von ihm zu fordernde erhöhte Sorgfalt beachte, da jeder Badegast auch im Bereich zwischen den Duschen und den Umkleidekabinen mit Nässe auf dem Fußboden rechnen müsse.</p><span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und der zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.</p><span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Das Gericht hat Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften vom 24.11. und 22.12.1988 sowie vom 16.03.1989 verwiesen.</p><span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e</span></p><span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist nicht begründet.</p><span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der Klägerin stehen wegen ihres Unfalles vom 25.03.1987 in der städtischen Schwimmhalle gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche weder aus dem Gesichtspunkt der schuldhaften Verletzung der Verkehrssicherungspflicht gemäß     §§ 823, 89, 31, 248, 847 BGB noch aus positiver Vertragsverletzung zu.</p><span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat mit der Eröffnung der städtischen Schwimmhalle zum allgemeinen Gebrauch zwar eine Gefahrenquelle geschaffen und damit die Pflicht zur Verkehrssicherung übernommen. Haftungsgrundlage im Falle der schuldhaften Verletzung dieser Pflicht ist das allgemeine Deliktsrecht des BGB, selbst wenn der Betrieb der Schwimmhalle zulässigerweise – wie hier – durch die Bade- und Entgeltordnung der Beklagten möglicherweise dem hoheitlichen Aufgabenbereich der Gemeinde zugeordnet ist. Die Zuordnung auch der Verkehrssicherungspflicht zu den hoheitlich zu erfüllenden Amtspflichten hätte einer dahin gehenden ausdrücklichen – und hier fehlenden – Satzungsnorm bedurft (vgl. BGHZ 35, 111, 112; BGHZ 34, 206, 210; OLG München VersR 1975, 478; OLG München VersR 1972, 472, 473). Inhalt und Umfang der Verkehrssicherungspflicht des Betreibers einer Schwimmhalle gehen jedoch nur dahin, die Badegäste vor solchen Gefahren zu schützen, die über das übliche Risiko eines Badebetriebes hinaus nicht vorhersehbar und nicht ohne weiteres erkennbar sind (vgl. BGH VersR 1980, 863, 864; OLG München VersR 1975, 478).</p><span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Dementsprechend hat sich der Badegast auf die in einem Schwimmbad typischen Gefahren durch entsprechend gesteigerte eigene Vorsicht selbst einzustellen (vgl. BGH VersR 1963, 814; OLG München VersR 1972, 472, 473). Erst bei Gefahren, die nicht ohne weiteres bei Anwendung zumutbarer Vorsicht der Badegäste erkennbar sind, setzt die Verkehrssicherungspflicht des Betreibers des Schwimmbades ein (vgl. OLG München VersR 1972, 472, 473). Der Besucher einer Schwimmhalle muß ebenso wie in sonstigen Hallenbädern oder Saunen hierbei auch eine gewisse Glätte des erforderlichen Fliesenbodens in Kauf nehmen, weil sie sich aus der Feuchtigkeit der Räume zwangsläufig ergibt,. Und ihr durch eigene Sorgfalt Rechnung tragen. Dies gilt insbesondere im „Naßbereich“ derartiger Einrichtungen, in dem sich eine gewisse Glätte des Fußbodens nicht vermeiden lassen wird (vgl. BGH VersR 1963, 814, 815; OLG München VersR 1975, 478; zu den mit Rücksicht auf den Benutzerkreis strengeren Anforderungen in einem medizinischen Bad vgl. OLG München VersR 1975, 383). Um eine derartige Feuchtigkeitsstelle, die ein Badegast in Kauf zu nehmen hat, hat es sich bei der Unfallstelle der Klägerin indes gehandelt. Die Zeugen I und C haben übereinstimmend bekundet, daß die Klägerin auf dem Weg von der Dusche zu den Umkleidekabinen im Vorraum der Umkleidekabinen zu Fall gekommen ist. Auch die Klägerin selbst hat in ihrer Parteivernehmung angegeben, daß sie von der Dusche gekommen sei. Dieses Gebiet gehört noch zu dem genannten „Naßbereich“, in dem sich eine gewisse Glätte des Fußbodens – schon aufgrund der von der  Dusche zu den Kabinen laufenden Badegäste – nicht vermeiden läßt. In diesen Bereichen muß ein Badegast mit Nässe von vornherein rechnen und sich auf die hierdurch entstehenden typischen Gefahren durch entsprechend gesteigerte eigene Vorsicht selbst einstellen. Daß auf Stein- oder Fliesenböden bei Nässe eine nicht unerhebliche –Glätte auftritt, die zu besonderer Vorsicht beim Begehen zwingt, entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung. Demgemäß haben die beiden genannten Zeugen auch in richtiger Bewertung übereinstimmend bekundet, daß sie selbst sich an den betreffenden  Stellen „sehr vorsichtig verhalten“ und „dort immer ganz besonders“ aufpassen würden. Es würde eine Überspannung der den Angestellten der Beklagten obliegenden Sorgfaltspflicht bedeuten, wenn man verlangte, daß sie den genannten Bereich zwischen Dusche und Umkleidekabinen ständig trocken halten müßten.</p><span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Ein Verstoß der Beklagten gegen ihre Verkehrssicherungspflicht kann auch nicht darin gesehen werden, daß am Unfalltage nach den Angaben der Klägerin in ihrer Parteivernehmung in dem fraglichen Bereich eine Art Lauge aufgetragen war und ein Eimer mit Schrubberholz dagestanden haben. Wenn die Bediensteten der Beklagten den betreffenden Bereich mehrmals tagsüber gründlich reinigten und schrubbten, kamen sie hiermit gerade der ihnen obliegenden Verkehrssicherungspflicht nach, womit ein Besucher des Schwimmbades nach den Umständen auch üblicherweise rechnen muß. Wie die Klägerin eingeräumt hat, sind ihr die Lauge und die genannten Gegenstände auch „sofort aufgefallen“, so daß die eigene Vorsorge in den Vordergrund trat. Demgemäß durfte auch die Beklagte davon ausgehen, daß die Besucher ihrer  Schwimmhalle durch vorsichtiges Gehen ein Ausrutschen vermeiden würden; sie war rechtlich auch nicht verpflichtet, bei der Durchführung der Arbeiten, die ohne weiteres zu erkennen waren, etwa durch die Aufstellung von Warnschildern noch eine besondere  Sicherungsmaßnahme zu treffen.</p><span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Unabhängig von der Frage, ob den Bediensteten der Beklagten eine schuldhafte Verletzung der Verkehrssicherungspflicht vorzuwerfen ist, scheiden Schadensersatzansprüche der Klägerin auch noch aus anderen Rechtsgründen aus. Die Klägerin muß sich nämlich gemäß § 254 BGB ein überwiegendes Eigenverschulden anrechnen lassen, so daß ein etwaiges Verschulden der Bediensteten der Beklagten demgegenüber völlig zurücktritt.  Wie die Klägerin in ihrer Parteivernehmung eingeräumt hat, sind ihr die aufgebrachte Lauge und der Eimer nebst Schrubber sofort aufgefallen. Aus diesen Umständen hätte sie ohne weiteres entnehmen können, daß der Fußboden glitschig oder rutschig sein würde. Sie war aus diesem Grund zu besonderer Vorsicht verpflichtet, die sie hier nicht hat walten lassen. Die genannten Umstände waren Warnung genug; als gewarnter Badegast hätte die Klägerin der Gefahr begegnen können, indem sie den in Rede stehenden Bereich nur mit äußerster Vorsicht beging.</p><span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.</p><span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Streitwert:</span>   2.318,40 DM (Antrag zu 1)),</p><span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">                   3.000,---  DM (Antrag zu 2)),</p><span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">                  <span style="text-decoration:underline">5.000,--- DM  (Antrag zu 3))</span></p><span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">                 10.318,40 DM.</p><span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">I1</p>
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315,258 | lg-aachen-1989-03-22-7-s-59188 | {
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} | 7 S 591/88 | "1989-03-22T00:00:00" | "2019-03-13T14:50:47" | "2022-10-18T15:08:43" | Urteil | ECLI:DE:LGAC:1989:0322.7S591.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Kläger gegen das am 28. September 1988 verkündete Urteil des Amtsgerichts Jülich - 9 C 224/88 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><strong><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e</u></strong></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Berufung der Kläger ist zulässig. Sie ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache selbst hat sie keinen Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen, mit welcher die Kläger die Zahlung eines Vorschusses für die Sanierung der Zufahrt zu der ihnen vermieteten Garage im Hause der Beklagten begehren. Allerdings ist ein Vermieter gemäß §§ 535, 536 BGB grundsätzlich verpflichtet, die vermietete Sache in Ordnung zu halten und bei Verzug des Vermieters mit der Erfüllung dieser Verpflichtung kann der Mieter nach § 538 BGB den Mangel selbst beseitigen, wobei ihm nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ein Vorschuß für die hierfür erforderlichen Aufwendungen von dem Vermieter zu zahlen ist. Auch bezieht sich das Mietverhältnis auf die streitige Garage, denn wenn auch möglicherweise bei Abschluss des Mietvertrages noch nicht festlag, welche Garage mitvermietet sein sollte, so hat doch längst eine Konkretisierung gemäß § 243 Abs. 2 BGB auf die inzwischen jahrelang von den Klägern genutzte Garage stattgefunden. Zur Wirksamkeit des Mietvertrages war nicht erforderlich, die Garage von vornherein fest zu bezeichnen, denn auch Mietverträge betreffend unbewegliche Sachen können einen nur der Gattung nach bestimmte Sache zum Gegenstand haben, wie u.a. das Beispiel des Hotelzimmers zeigt. Auch bei einer nur der Gattung nach bestimmten Sache ist der Vermieter nach Eintritt der Konkretisierung grundsätzlich nicht berechtigt, dem Anspruch auf Mangelbeseitigung oder sonstige Gewährleistung dadurch auszuweichen, dass er eine andere genauso taugliche Sache als Ersatz anbietet (vgl. BGH, Urteil vom 2. Dezember 1981 NJW 1982 Seite 873). Stets ist jedoch zu prüfen, ob nicht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) eine Ausnahme von dem genannten Grundsatz geboten ist.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Ein Mietverhältnis verlangt als Dauerschuldverhältnis von beiden Parteien eine besondere Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben. Der Vermieter ist hiernach verpflichtet, alles ihm Zumutbare zu versuchen, um dem Mieter die Wohnung als Mittelpunkt und Ausgangspunkt vieler für den Mieter wesentlichen Lebensumstände zu erhalten. Andererseits gebietet der Grundsatz von Treu und Glauben aber auch, daß der Mieter die wirtschaftlichen Interessen des Vermieters berücksichtigt, jedenfalls wenn es wie vorliegend nicht um die Wohnung selbst, sondern nur um eine Garage geht. Auf diesen Gesichtspunkt hat bereits das Amtsgericht überzeugend hingewiesen. Jedenfalls ist dann, wenn der Mieter die Instandsetzung oder Instandhaltung lediglich einer Garage oder eines Kellerraums begehrt, nach der ständigen Rechtsprechung der Kammer eine Opfergrenze zu beachten, welche der Vermieter nicht zu überschreiten braucht (vgl. zur Opfergrenze und zur Zumutbarkeit Voelskow, Münchener Kommentar zum BGB, 2. Aufl., § 538, Rnr. 48; Erman-Schopp, BGB, § 538 Rdnr. 36, Palandt-Putzo, BGB 48. Aufl., § 538 Anm. 4 jeweils m.w.N.).</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Im vorliegenden Falle ist dem Amtsgericht dahin zu folgen, dass die Opfergrenze für den Vermieter überschritten wird, wenn er die streitige Garagenzufahrt instandsetzen muß. Die Kläger selbst haben die Instandsetzungskosten ursprünglich auf etwa 8.000,-- DM geschätzt. die für diesen Preis durchführbaren Arbeiten erfassen aber viel weniger, als die Beklagte zur Mängelbeseitigung für notwendig hält. Die Beklagte hat einen Kostenvoranschlag eingereicht, wonach eine ordnungsgemäße Wiederherstellung der Garageneinfahrt Kosten von etwa 20.000,-- DM verursacht. Entscheidend abzustellen ist auf den letztgenannten Betrag, denn eine nur unvollständige oder oberflächliche Sanierung der Einfahrt ist der Beklagten nicht zuzumuten, zumal sie sich sonst wiederum weiteren Gewährleistungsrechten der Kläger gegenübersehen würde. Auch ist der Beklagten zuzugestehen, die Arbeiten durch eine Firma ihres Vertrauens durchführen zu lassen. Ein Betrag von ca. 20.000,-- DM überschreitet bei Berücksichtigung aller Umstände die Opfergrenze, zumal weil die Beklagte unstreitig für das Fahrzeug der Kläger eine Fertiggarage bereits für 3.500,-- DM erstellen und den Klägern als Ersatz für die bisher benutzte Garage zur Verfügung stellen kann. Soweit die Fertiggarage für die Zwecke der Kläger weniger geeignet sein sollte, insbesondere nicht geeignet sein sollte, zugleich wie die bisherige Garage als Arbeitsraum für den klägerischen Ehemann zu dienen, kann und muß die Beklagte für einen zusätzlichen Ausgleich sorgen, z. B. indem sie die bisherige Garage durch Schaffen einer Innentür den Klägern weiterhin zugänglich macht oder sich mit ihnen über eine Ermäßigung des Mietzinses einigt. Auch dies ergibt sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Ebensowenig wie die Beklagte verpflichtet ist, einen Vorschuß für die Instandsetzung der Garagenzufahrt zu zahlen, ist sie verpflichtet, Instandsetzungsarbeiten der Kläger zu dulden. </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks"><u>Streitwert für das Berufungsverfahren:</u></p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">1) Bis zum 22.11.88: 6.982,50 DM + 1.000,-- DM = 7.982,50 DM .</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">2) Seit dem 23.11.88: 3.600,-- DM + 1.000,-- DM = 4.600,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Dr. T                                          Dr. N                            L </p>
|
315,259 | olgham-1989-03-17-26-u-6387 | {
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"name": "Oberlandesgericht Hamm",
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"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 26 U 63/87 | "1989-03-17T00:00:00" | "2019-03-13T14:50:50" | "2022-10-18T15:08:43" | Teil-Anerkenntnis- und Schlussurteil | ECLI:DE:OLGHAM:1989:0317.26U63.87.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Klägers wird das am 5. Februar 1987 verkündete Urteil der Zivilkammer III des Landgerichts Detmold teilweise abgeändert:</p>
<p></p>
<p>Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 10.000,-- DM und 5 % Zinsen ab 24. Oktober 1984 zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Im übrigen bleibt die Klage abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Von den Kosten des Rechtsstreits werden 93 % dem Kläger und 7 % der Beklagten auferlegt.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Tatbestand</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Von der Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen (§ 543 Abs. 1 ZPO).</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe</u></b></p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Nachdem der Prozeßbevollmächtigte des Klägers die Berufung mit Zustimmung des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten teilweise zurückgenommen und die Beklagte den Anspruch des Klägers in Höhe von 10.000,-- DM und 5 % Zinsen ab 8. März 1989 anerkannt sowie insoweit - auf Antrag des Klägers - der Senat durch Anerkenntnisteilurteil entschieden hat, ist durch (Schluß-) Urteil noch darüber befunden worden, ob dem Kläger 5 % Zinsen von 10.000,-- DM auch für die Zeit vom 24. Oktober 1984 bis zum 7. März 1989 zustehen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist zur Zahlung der Zinsen bereits ab 24. Oktober 1984 (Rechtshängigkeit der Klage) verpflichtet.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Dieser Anspruch ergibt sich auch dann aus § 291 Satz 1 BGB, wenn der Besteller (Käufer), wie hier zu diesem Zeitpunkt, lediglich die Wandlung und erst zu einem späteren Zeitpunkt (hier mit Schriftsatz vom 8. März 1989, Bl. 574 GA) die Minderung erklärt hat.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Nach § 291 Satz 1 ZPO hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an eine Geldschuld auch dann zu verzinsen, wenn er nicht im Verzug ist. Voraussetzung ist lediglich, daß es sich - wie hier - um eine Geldschuld handelt, ohne daß es auf den Rechtsgrund der Schuld ankommt (vgl. u.a. RGZ 153, 171,173; Palandt-Heinrichs, Komm. zum BGB, 48. Aufl. 1989, § 291 Anm. 2a; Staudinger-Löwitsch, Komm. zum BGB, Schuldrecht, 11. Aufl. 1979, § 291 Rz. 3). Geregelt ist in § 291 BGB die Zinspflicht als materiell-rechtliche Folge der Rechtshängigkeit (Palandt-Heinrichs, a.a.O., § 291 Anm. 1a). Begründet wird ein gesetzlicher Verzinsungsanspruch, der unabhängig davon entsteht, ob der Schuldner die Leistungsverzögerung zu vertreten hat. Ähnlich wie bei der Verzugszinsregelung ist damit eine Sanktion für die Nichtleistung trotz Vorliegens einer der Mahnung vergleichbaren Tatbestandes geschaffen (Soergel-Wiedemann, Komm. zum BGB, 11. Aufl. 1986, § 291 Rz. 2). Dieser Normzweck gebietet es, auch im Falle des späteren Übergangs zum Minderungsbegehren für den Zeitpunkt der Zinspflicht auf die Zustellung des (noch auf das Wandlungsbegehren gestützten) Leistungsantrages abzustellen. Insoweit unterscheiden sich Wandlungs- und Minderungsverlangen des Bestellers (Käufers) nicht so sehr, daß eine andere Beurteilung gerechtfertigt sein könnte. In beiden Fällen ist - unabhängig von den verschiedenen Auffassungen zum Zustandekommen von Wandlung und Minderung (vgl. u.a. Palandt-Putzo, a.a.O., § 465 Anm. 1) - die Wandlung oder die Minderung nach § 465 BGB vollzogen, wenn sich der Verkäufer auf Verlangen des Käufers mit ihr einverstanden erklärt. Mit dem Wandlungsbegehren wird der Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises geltend gemacht (§ 467 BGB), das Minderungsbegehren zielt auf Herabsetzung des Kaufpreises (§ 472 Abs. I BGB). Durch die Minderung wird - ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt der prozessualen Geltendmachung - die Werklohnforderung auf einen niedrigeren Betrag herabgesetzt (BGH NJW 71, 1800, 1801). Es kann deshalb nicht - mangels Geltendmachung - von einem gegenüber der Klageerhebung späteren Zeitpunkt der "Fälligkeit" ausgegangen werden. Da Wandlung oder Minderung erst vollzogen ist, wenn sich der Verkäufer auf Verlangen des Käufers mit ihr einverstanden erklärt hat (§ 465 BGB), und somit dem entsprechenden Begehr keine bindende Wirkung zukommt, wird dem Besteller (Käufer) bis zur Einverständniserklärung des Unternehmers (Verkäufers) das uneingeschränkte Wahlrecht ("ius variandi") erhalten (vgl. u.a. Soergel-Huber, a.a.O, § 465, Rz. 26; Palandt-Putzo, a.a.O., § 465 Anm. 2b). Es kommt deshalb für die Zinspflicht ab Rechtshängigkeit nicht darauf an, ob das Leistungsbegehren mit dem konkreten Zahlungsantrag von vornherein außer auf Wandlung hilfsweise auch auf Minderung gestützt ist.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Unterschiede bei der Verzinsung bestehen lediglich insoweit, als bei der Wandlung nach §§ 467, 347 Satz 3 BGB die Geldsumme bereits vom Empfang der Leistung an zu verzinsen ist, eine derartige Regelung ist bei der Minderung wegen des bei § 472 BGB fehlenden Verweises nicht vorgesehen; sie wäre auch wegen der nur bei der Wandlung bestehenden Pflicht des Bestellers (Käufers), die gezogenen Nutzungen nach § 347 Satz 2 BGB zu vergüten, nicht sachgerecht (Soergel-Huber, a.a.O., § 465 Rz. 36).</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 92, 97, 515 III, 708 Ziff. 1, Ziff. 10 ZPO.</p>
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315,260 | lg-duisburg-1989-03-17-4-s-23788 | {
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"name": "Landgericht Duisburg",
"slug": "lg-duisburg",
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"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 4 S 237/88 | "1989-03-17T00:00:00" | "2019-03-13T14:50:52" | "2022-10-18T15:08:44" | Urteil | ECLI:DE:LGDU:1989:0317.4S237.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Klägerin und Widerbeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Duisburg vom 13. April 1988 - 35 C 19/88 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e : </u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist zulässig aber nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin, Widerbeklagte und Berufungsklägerin verlangt von der Beklagten, bei der sie eine Krankentagegeldversicherung abgeschlossen hatte, für den Zeitraum vom 27. Mai 1987 bis 25. Juni 1987 Krankentagegeld in Höhe von 100,00 DM täglich.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte bestreitet ihre Leistungspflicht, indem sie sich auf Leistungsfreiheit wegen Verletzung einer Obliegenheitspflicht durch die Klägerin beruft.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin erschien zu einem Termin beim Vertrauensarzt nicht, der auf den 27. Mai 1987 angesetzt war. Die Untersuchung sollte in Düsseldorf stattfinden. Erst am 04. Juni rief die Klägerin dort an und vereinbarte einen neuen Termin auf den 09. Juni bzw. 10. Juni 1987. Auch zu diesem Zeitpunkt erschien die Klägerin nicht zur Untersuchung.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Amtsrichter hat die Klage zu Recht abgewiesen; das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine andere Entscheidung.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Eine hinreichende Entschuldigung für das Ausbleiben am 27. Mai 1987 hat die Klägerin in erster Instanz überhaupt nicht gegeben; ihr nunmehriges Berufen auf mangelnde Geldmittel ist insbesondere angesichts der belegten und auch nicht bestrittenen Zahlungen der Beklagten – Überweisungen von 1.100,00 DM am 05. Mai 1987 und von 2.020,00 DM am 22. Mai 1987 – nicht geeignet, einen Entschuldigungsgrund darzulegen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Insoweit stellt sich auch der Streit bezüglich des Termins vom 09./10. Juni 1987 als unerheblich heraus, denn die Klägerin sollte am 27. Mai 1987 beim Vertrauensarzt erscheinen und war über die Konsequenzen eines Ausbleibens durch das Schreiben der Beklagten vom 20. Mai 1987 belehrt.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin hat ihre vorsätzliche Obliegenheitsverletzung auch Einfluss auf die Feststellung der Leistungspflicht der Beklagten gehabt.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Eine Beeinflussung der Möglichkeiten zur Feststellung der Leistungsverpflichtung der Beklagten liegt schon darin, dass die damals (am 27. Mai 1987) möglichen, in den Versicherungsbedingungen vorgesehen und von der Beklagten im allgemeinen genutzten Überprüfungsmöglichkeiten nunmehr <u>unwiederbringlich </u>verloren sind. Hierin liegt nicht nur eine generelle Verringerung der Möglichkeiten der Beklagten, die erforderlichen Feststellungen zu treffen, sondern eine im Ergebnis nachteilige Beeinflussung der Feststellungen selbst (vgl. hierzu OLG Hamm, Versicherungsrecht 1973, Seite 339). Es ist keineswegs ausgeschlossen, dass Kontrollmaßnahmen am 27. Mai 1987 zu Feststellungen geführt oder Umstände ergeben hätten, die Zweifel an der Richtigkeit der Beurteilung des behandelnden Arztes ermöglich hätten. Da die der Beklagten nach den vertraglichen Vereinbarungen eingeräumten Überprüfungsmöglichkeiten nunmehr unwiederbringlich verloren sind, kann es auf die von der Klägerin beantragten Vernehmungen der behandelnden Ärzte nicht ankommen (so auch: OLG Hamm a.a.O.).</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Soweit die Klägerin sich auch in der Berufungsinstanz gegen die von der Beklagten erhobene Widerklage verteidigt, ist nach wie vor nicht dargelegt, inwiefern die tatsächlichen Voraussetzungen dafür vorgelegen haben könnten, dass ihre Beitragspflicht durch ein Ruhen der Versicherung ausgeschlossen war. Insofern rechtfertigt ihr Berufungsvorbringen eine Abänderung des erstinstanzlichen Urteils auch in diesem Punkte nicht.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.</p>
|
315,261 | ag-siegburg-1989-03-13-11-c-19888 | {
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"name": "Amtsgericht Siegburg",
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"city": 490,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 11 C 198/88 | "1989-03-13T00:00:00" | "2019-03-13T14:50:53" | "2022-10-18T15:08:44" | Urteil | ECLI:DE:AGSU1:1989:0313.11C198.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Der Klägerin bleibt nachgelassen die Zwangsvollstreck¬ung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 800,- DM abzuwenden, falls nicht die Beklagten zuvor in der¬selben Höhe Sicherheit leisten.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin behauptet, ihr Fahrzeug, Marke Opel Kadett Caravan, 1,6 l, amtliches Kennzeichen XXX sei durch her abfallende Kieselsteine des LKW der Beklagten zu 1. mit dem amtlichen Kennzeichen OOO beschädigt worden.</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Dieses Fahrzeug sei bei der Beklagten zu 2. haftpflichtversichert.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin behauptet, ihr Inhaber habe am 15.04.1988 gegen 11.20 Uhr die C-Straße zwischen T2 und N2 befahren. Er habe den LKW überholen wollen, habe aber, da sich keine Überholmöglichkeit ergeben habe, längere Zeit hinter dem LKW bleiben müssen. Dabei seien mehrere Kieselsteine von dem LKW auf sein Fahrzeug gefallen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Dadurch sei die Windschutzscheibe und das Scheinwerferglas vorne rechts gesprungen. Es seien Lackschäden an der Motorhaube und am Kotflügel vorne rechts verursacht worden.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Ladung sei nicht ordnungsgemäß gesichert gewesen. Die Instandhaltungskosten betrügen laut Kostenvoranschlag der Fa. T7 1.229,05 DM. Darüber hinaus sei ihr die Gebühr für den Kostenvoranschlag in Höhe von 52,63 DM, Nutzungsausfall für 2 Tage a 49,- DM gleich 98,- DM und unfallbedingte Nebenkosten von 30,- DM zu ersetzen. Insgesamt belaufe sich daher ihr Schadensersatzanspruch auf 1.409,78 DM.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Sie habe die Beklagten mit Schreiben vom 21.07.1988 unter Fristsetzung bis 28.07.1988 gemahnt, eine Zahlung sei jedoch nicht erfolgt.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:22px">die Beklagten als Gesamtschuldner kostenpflichtig zu verurteilen, an die Klägerin 1.409,68 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 23.08.1988 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:22px">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Sie behaupten, der LKW sei nicht mit Steinen, sondern mit Spielsand beladen gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der maximale Durchmesser von Sandkörnern betrage 2 mm. Diese könnten die Schäden nicht verursachen. Da der Schaden der Beklagten erst 6 Wochen später gemeldet worden sei, habe sie erhebliche Zweifel an der Verursachung durch den beklagten LKW.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Es ist Beweis erhoben worden durch die Vernehmung die Zeugen Y und Z.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 07.11.1988 sowie auf die vom 13.12.1988 vor dem Amtsgericht T verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Klage war abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat nicht bewiesen, dass die Schäden, die an ihrem Fahrzeug vorliegen und die vom Zeugen L bestätigt worden sind, von der Ladung des LKW stammen. </p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Zwar hat der Zeuge L in seiner Vernehmung bestätigt, dass während des Fahrens hinter dem LKW an einer Stelle Steinchen auf die Motorhaube des Fahrzeuges der Klägerin gefallen sind, doch hat er ferner gesagt, dass er erst durch den Vorfall des Aufpralls der Steinchen auf den PKW des Klägers darauf aufmerksam geworden sei. Er konnte daher nicht sagen, ob die Steinchen von der Ladung des LKW herrührten, oder ob es sich dabei um Steinchen handelte, die aus der Bereifung des LKW auf den PKW des Klägers geschleudert worden sind. Nur im ersten Falle wäre jedoch eine Verkehrssicherungspflicht der Beklagten zu 1. anzunehmen, die bei Verletzung zur Schadensersatzpflicht führen könnte.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Da die Klägerin beweispflichtig dafür ist, daß der Schaden von dem LKW durch herabfallende Teile der Ladung entstanden ist, Zweifel, die sich auch nachher Aussage des Zeugen L an der Verursachung ergeben, zu ihren Lasten.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Nach der Beweisaufnahme, insbesondere der Vernehmung des Zeugen L, steht darüber hinaus nicht fest, ob die Lackabsplitterungen überhaupt aus dem Vorfall stammen. Der Zeuge L konnte nicht sagen, ob die Lackabsplitterungen bereits vor Antritt der Fahrt also bevor sie hinter dem LKW hergefahren sind, vorhanden gewesen sind. Ebenso konnte er nicht sagen, ob das gesprungene Glas der Windschutzscheibe und des Scheinwerfers von diesem Vorfall herrühren. Auf diese Schäden war der Zeuge erst etwa 6 Wochen nach dem Vorfall von dem Inhaber der Klägerin aufmerksam gemacht worden. Auch insofern fehlte es an dem Nachweis dafür, dass diese Schäden durch herabfallende Ladung des LKW verursacht worden sind.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Da der Kläger Ursächlichkeit und Verschulden nicht nachgewiesen hat, war die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.</p>
|
315,262 | ovgnrw-1989-03-08-cl-2387 | {
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"slug": "ovgnrw",
"city": null,
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"jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit",
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} | CL 23/87 | "1989-03-08T00:00:00" | "2019-03-13T14:50:55" | "2022-10-18T15:08:44" | Beschluss | ECLI:DE:OVGNRW:1989:0308.CL23.87.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beschwerde wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration: underline;">Gründe:</span></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Antragsteller; der Gesamtpersonalrat der</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">und der Beteiligte, der Vorsitzende der Geschäftsführung der              " streiten über die Mitbestimmung bei der Erhöhung der Verpflegungskosten für Beschäftigte in von der              betriebenen Kliniken. Die in diesen Kliniken täti‑gen Beschäftigten, die dort in Personalunterkünften wohnen, müssen grundsätzlich an der Klinikverpflegung gegen Entgelt teilnehmen. Für diese Beschäftigten betrug der Tagesverpflegungssatz zuletzt 7,38 DM. Nach Inkrafttreten der Verordnung über den Wert der Sachbezüge in der Sozialversicherung für daß Kalenderjahr 1986 (Sachbezugsverordnung 1986) in der Fassung vom 20. Dezember 1985, BGBl I S. 2556) beschloß die Geschäftsführung der _.              am 2. Juni 1986, den Tagesverpflegungssatz mit Wirkung vom 1. Juli 1986 auf 9,30 DM zu erhöhen und die Verpflegungssätze für die Bediensteten in den Personalunterkünften der Kliniken jährlich entsprechend der Änderung der Werte der Sachbezugsverordnung anzupassen. Zugleich beschloß die Geschäftsführung, den Tagesverpflegungssatz für Beschäftigte der Hauptverwaltung der              . die einerbestiffimten Besoldungs- und Vergütungsgruppe angehören und die die Kliniken aus dienstlichen Gründen aufsuchen, von 12,50 DM auf 14,50 DM zu erhöhen. Die Geschäftsführung unterrichtete den Antragsteller über diese von ihr getroffenen Maßnahmen, lehnte jedoch die geforderte Mitbestimmung ab.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Daraufhin hat der Antragsteller das vorliegende Beschlußverfahren eingeleitet und 'geltend gemacht:</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Anhebung der genannten Tagesverpflegungssätze unterliege seiner Mitbestimmung nach § 72 Abs. 2 Nr. 4 LPVG NW, weil es sich</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">um eine Maßnahme der Verwaltung von Sozialeinrichtungen handele.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Es komme nicht darauf an, daß in den*Küchen der Kliniken auch Essen für die Patienten zubereitet werde. Entscheidend sei, daß</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">die in deh Kliniken tätigen Beschäftigten und die Besucher aus der Hauptverwaltung ihr Essen in einer eigenen Kantine einnähmen, die von klinikeigenem Personal betrieben werde.'Die Kantinen der Kliniken seien organisatorisch verselbständigt und dienten objektiv. dem Zweck, die soziale Lage der Beschäftigten zu verbessern. Die dort gebotenen Leistungen seien für die Bediensteten<sub>.</sub> vorteilhaft. Die geforderten Entgelte seien nicht kostendeckend, denn die Beschäftigten könnten eine vergleichbare Mahlzeit außerhalb der Kliniken nur zu höheren Kosten einnehmen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Antragsteller hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">I. festzustellen, daß die Heraufsetzung der Beträge<sub>.</sub> für Mahlzeiten mit Wirkung vom 1. Juli 1986 für Bedienstete ih zugewiesenen Personalunterkünften der Kliniken ,</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">seiner Mitbestimmung unterlag,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">2.       festzustellen, daß die Regelung, die Verpflegungssätze jährlich entsprechend der Änderung der Werte der Sachbezugsverordnung anzupassen, seiner Mitbestimmung unterlag, sowie</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">3.       festzustellen, daß die Erhöhung der Beträge für Mahlzeiten mit Wirkung vom 1. Juli 1986 für Bedienstete der              , die die Kliniken besuchen,seiner Mitbestimmung unterlag.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Beteiligte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">den Antrag (gemeint sind die Anträge) abzulehnen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Er hat geltend gemacht:</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Das Bereitstellen von Verpflegung für Mitarbeiter 'und Besucher der Kliniken könne nicht als Sozialeinrichtung im Sinne des § 72 Abs. 2 Nr. 4 LPVG NW angesehen werden, denn die Verpflegung werde in erster Linie für die Patienten der Kliniken zubereitet. Sie werde dagegen nicht für die Mitarbeiter und die Besucher der Kliniken bereitgestellt mit dem Ziel, diesem Personenkreis Vorteile zukommen zu lassen. Vielmehr werde es den Beschäftigten der</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">lediglich ermöglicht, die Verpflegung in der Klinik einzunehmen. Der Umstand, daß bestimmte Beschäftigte verpflichtet seien, an der Verpflegung in der Klinik teilzunehmen, führe<sup>n</sup>nichtdazu, das Vorliegen einer Sozialeinrichtung zu bejahen. Ein Vorteil komme den Bediensteten in diesem Zusammenhang nicht zu, weil der Wert der erbrachten Leistungen durch das geforderte Entgelt weitgehend abgegolten<sub>.</sub>werde. Hinsichtlich der Mitarbeiter der Hauptverwaltung handele es sich auch nicht um eine Sozialeinrichtung der Dienststelle, denn für diese Mitarbeiter stelle die Hauptverwaltung eine eigene Kantine bereit.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Durch den angefochtenen Beschluß hat die Fachkammer für Lan-<sub>.</sub> despersonalvertretungssachen des Verwaltungsgerichts Münster festgestellt, daß die Heraufsetzung der VerpflegungsSätze für Bedienstete'in zugewiesen Personalunterkünften der Kliniken der</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">mit Wirkung vom 1. Juli 1986 sowie die von der Geschäftsführung der              getroffene Regelung, die.Ver-<sup>.</sup>pflegungssätze entsprechend der Änderung der Werte der Sachbezugsverordnung anzupassen, der Mitbestimmung des Antragstellers 'unterlegen habe. Den. weitergehenden Antrag hat die Fachkammer abgelehnt<sup>.</sup>. Zur Begründung hat sie im wesentlichen ausgeführt:</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Mit der Erhöhung der Tagesverpflegungssätze für Beschäftigte der              , die in Personalunterkünften der von derbetriebenen Kliniken zu wohnen verpflichtet seien, habe die Geschäftsführung eine Maßnahme im Rahmen der Verwaltung einer Sozialeinrichtung getroffen, denn das Bereltstellen von Verpflegung für diesen Personenkreis erfolge aus sozialen Gründen mit Blick darauf, daß das Essen für diesen Personenkreis besonders preiswert</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">sei. Dies treffe dagegen nicht für die Beschäftigten der              zu,die nur gelegentlich als Besucher in den Kliniken Verpflegung zu</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">sich nähmen, denn diesem Personenkreis wolle die              nur, dadurchVorteile aus sozialen Zwecken zukommen lassen, daß sie preiswerte Verpflegung in der Hauptverwaltung bereitstelle.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Gegen den ihm nach eigenen Angaben am 8. April 1987 zugegangenen Beschluß hat der Beteiligte am 30. April 1987 Beschwerde eingelegt. Er wiederholt und vertieft sein bisheriges Vorbringen und beantragt sinngemäß,</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">den angefochtenen Beschluß teilweise zu ändern und die Anträge insgesamt abzulehnen.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Der Antragsteller beantragt sinngemäß,</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">die Beschwerde zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Er hält den angefochtenen Beschluß für zutreffend und verweist im. übrigen auf sein bisheriges Vorbringen.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Antragsteller und Beteiligter haben übereinstimmend auf mündliche Anhörung verzichtet.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Beteiligtenvorbringens wird auf den Inhalt der Verfahrensakten Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Der Fachsenat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Anhörung (vgl. § 79 Abs. 2 LPVG NW, § 90 Abs. 2, § 83 Abs. 4 Satz 3 ArbGG).</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Beschwerde des Beteiligten ist unbegründet. Die Fachkammer hat zutreffend ausgeführt, daß die Erhöhung des Verpflegungssatzes für die Beschäftigten der              die in Personalunterkünften der von der              betriebenen Kliniken wohnen und an der Klinikverpflegung teilnehmen müssen, gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 4 LPVGNW mitbestimmungspflichtig ist. Nach der genannten Vorschrift hat der Personalrat mitzubestimmen in sozialen Angelegenheiten bei Einrichtung, Verwaltung und'Auflösung von Sozialeinrichtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Zwar unterliegt eine Einrichtung, die in das System der Sozialversicherung eingebaut ist und über dieselben Organe wie der Träger der Rentenversicherung verfügt, nicht der Mitbestimmung.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Vgl. Bundesverwaltungs.gericht (BVerwG), Beschluß vom 15. Dezember 1978 - 6 P 10.78 -, PersV 1980, 105 = ZBR 1979, 342.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Aus den Vorschriften 'der Reichsversicherungsordnung (RVO) ergibt sich jedoch nicht, daß es sich bei der Bereitstellung von Verpflegung für die in den Kliniken der              tätigen<sup>.</sup>Beschäftigten um eine</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">' in das System der Sozialversicherung eingebaute Einrichtung handelt. Dies folgt insbesondere nicht aus dem vom Beteiligten angeführten § 1237 RVO, denn diese Vorschrift beschreibt lediglich die medizinischen Leistungen der              zur Rehabilitation ihrer ver‑sicherten Patienten..Zu diesen Leistungen zählt die Bereitstellung von Verpflegung für <span style="text-decoration: underline;">Beschäftigte</span> in den Kliniken nicht. Die gegenüber diesem Personenkreis' insoweit erbrachten Leistungen stehen in keinem Zusammenhang mit den Leistungen, die die _.....            als Träger der gesetzlichen Rentenversicherung gegenüber ihren Versicherten erbringt.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Das vom Antragsteller in Anspruch genommene Mitbestimmungsrecht aus § 72 Abs. 2 Nr. 4 LPVG NW ist allerdings nur dann gegeben, wenn der Beteiligte eine Maßnahme getroffen hat (vgl. §. 66 Abs. 1 LPVG NW). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Als Maßnahme ist jede Handlung und Entscheidung des Dienststellenleiters anzusehen, mit der er in eigener Zuständigkeit eine Angelegenheit der Dienststelle regelt.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NW, Fachsenat für Landespersonalvertretungssachen, Beschluß vom 3. Juli 1986</p>
<span class="absatzRechts">41</span><ul class="absatzLinks">
<li>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">    CL 23/85 -, RiA 1987, 71 = PersV 89, 28 = ZBR 1987, 58 und Beschluß vom 26. Februar 1987</p>
</li>
<li>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">    CL 19/85 -,.ZBR 1988, 72.</p>
</li>
</ul>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Mit seiner Entscheidung, die Verpflegungssätze für die Bediensteten in den Personalunterkünften der Kliniken'in Anwendung der Sachbezugsverordnüng festzusetzen, hat der Beteiligte eine Maßnahme getroffen, die sich auf die Verwaltung einer Sozialeinrichtung bezieht. Unter einer S6zialeinrichtung ist eine auf Dauer berechnete,. organisierte Veranstaltung zu verstehen, die von der Verwaltung allein oder mit den Beschäftigten gemeinsam errichtet wird, um ihnen oder einzelnen Gruppen Vorteile zukommen zu lassen.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Beschluß vom 5. Februar.1971</p>
<span class="absatzRechts">46</span><ul class="absatzLinks">
<li>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">       VII P 12.70              Buchholz 238.3 § 67 BPersVGNr. 8 = PersV 1972, 36; Beschluß vom 16. September 1977 - VII P 10.75 -, Buchholz 238:3 A § 75 BPersVG Nr. 4 = PersV 1979, 63</p>
</li>
</ul>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">ZBR 1978, 207;<sup>.</sup>0VG NW, Fachsenat für Landespersonalvertretungssachen, Beschluß vom</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">26. Juni 1984 - CL 9/83 -, DÖD 1985, 45 = RiA 1985, 46; Beschluß vom 6. November 1985</p>
<span class="absatzRechts">50</span><ul class="absatzLinks">
<li>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">       CL 21/84-, RiA 1986, 188; Beschluß vom 31. Mai 19.88  CL 11/86 - und Beschluß vom23. Oktober 198.6 - CL 27/86              RiA 1987,</p>
</li>
</ul>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">263 = PersV 1987, 382 = 7BR 1987, 381; OVG NW, Fachsenat für Bundespersonalvertretungssachen, Beschluß vom 27. Jänuar 1981 - CB 3/80 -, PersV 1983, 287 und Beschluß vom</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">17. Februar 1.983 - CB 12/81 -, PersV 1984, 376.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Dabei kann auch die Möglichkeit der Mitbenutzung einer Einrichtung, die an sich nicht für Beschäftigte geschaffen worden ist, eine Sozialeinrichtung darstellen.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NW, Fachsenat für Landespersonalvertretungssachen, Beschluß vom 25. Mai 1977 - CL 1/77 -, und Beschluß vom 31. Mai 1988</p>
<span class="absatzRechts">56</span><ul class="absatzLinks">
<li>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">       CL 11/86 -. .(Dort entschieden für die Mitbenutiung einer Mensa durch die Beschäftigten<sup>,</sup> des Studentenwerks.) .</p>
</li>
</ul>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Zur Verwaltung einer Sozialeinrichtung - nur diese Alternative kommt hier in Betracht - gehören alle auf den laufenden Betrieb und die Unterhaltung der Sozialeinrichtung abzielenden Maßnahmen. Hierzu gehört insbesondere auch die Festsetzung der Essenspreise</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">in einer Kanttne.</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Beschluß vom 7. November, 1969</p>
<span class="absatzRechts">61</span><ul class="absatzLinks">
<li>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">       VII P 11.68 -, PersV 1970, 187; OVG NW, Fachsenat für Landespersonalvertretungssachen; Beschluß vom 25. Mai 1977 - CL 1/77 - und vom 31.-Mai<sup>.</sup>I988 - CL 11/86 -.</p>
</li>
</ul>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Hieran anknüpfend hat die Fachkammer mit zutreffender Begründung, der sich der FachSenat, um Wiederholungen zu vermeiden, anschließt, ausgeführt, daß dem Antragsteller ein Mitbestimmungsrecht aus § 72 Abs. 2 Nr. 4 LPVG NW zusteht, weil der Beteiligte Maßnahmen getroffen hat,.die sich auf die Verwaltung einer Sozialeinrichtung beziehen. Das Beschwerdevorbringendes Beteiligten führt zu keiner für ihn günstigeren Beurteilung der Sach- und Rechtslage. Soweit der Beteiligte im Beschwerdeverfahren, wie ,schon vor der Fachkammer,' geltend macht, .daß die Verpflegung in erster Linie für die Patienten der Kliniken und nicht für die Beschäftigten der              hergestellt werde, steht dies derAnnahme einer Sozialeinrichtung nicht entgegen. Vielmehr reicht insoweit die Mitbenutzung einer Kantine durch die Beschäftigten aus, denn auf den Wirkungsbereich der Sozialeinrichtung kommt es. in diesem Zusammenhang nicht an. Entscheidend ist vielmehr, daß der Beteiligte eine Maßnahme trifft, die sich als Verwaltung einer Sozialeinrichtung darstellt.</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Beschluß vom 15. Dezember 1978 - 6 P 10.78 -, aa0.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Dies ist, wie schon die Fachkammer zutreffend dargelegt hat, hier der Fall. In diesem Zusammenhang muß auch berücksichtigt werden, daß die Beschäftigten, die in Personalunterkünften der Kliniken wohnen müssen, auch verpflichtet, sind, ihre Mahlzeiten in den Kliniken einzunehmen. Gerade wegen dieser Verpflichtung zur Teilnahme an der Verpflegung muß es dem Antragsteller zur Wahrnehmung der kollektiven Interessen der von ihm vertretenen Beschäftigten ermöglicht werden, auf die Höhe des Entgeltes für die Verpflegung einzuwirken..</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Allerdings gehört zum Begriff der Sozialeinrichtung, daß sie gesChaffen worden ist, um. den Beschäftigten oder einzelnen Gruppen Vorteile zukommen zu lassen,</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Vgl. Beschlüsse des Fachsenats vom 26. Juni 1984 - CL 9/83 -, aa0</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">und vom 6. November 1985 - CL 21/84 -, aa0.</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Ist eine Einrichtung im dienstlichen Interesse errichtet worden, besteht dagegen kein Mitbestimmungsrecht.</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">Vgl. zur Mitbestimmung bei der Aufstellung des Speiseplanes in einer Gemeinschaftsküche des Bundesgrenzschutzes: OVG Lüneburg, Beschluß vom 28. Februar 1985 - 17 OVG B 14/84 -.</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Im vorliegenden Fall sind die Beschäftigten aufgrund einer entsprechenden Dienstanweisung grundsätzlich zur Teilnahme an der Verpflegung verpflichtet. Daß sich dies, wie der Beteiligte<sup>-</sup>meint, auch aus § 1237 RVO ergeben soll, ist allerdings nicht ersichtlich. Grund der Teilnahmepflicht ist nicht, eine bestimmte Ernährung sicherzustellen. Dann bestünde möglicherweise kein Mitbestimmungsrecht. Durch die<sup>.</sup>Teilnahmephicht soll vielmehr offensichtlich lediglich die Anwesenheit der Beschäftigten gewährleistet werden. Die Teilnahmepflicht schließt daher nicht aus, daß den Beschäftigten im Rahmen der Verpflegung auch ein Vorteil verschafft werden soll.</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">Das Beschwerdevorbringen des Beteiligten, an einer Sozialein-<sup>.</sup> richtung fehle es auch deshalb, weil das. von den Beschäftigten geforderte Entgelt annähernd kostendeckend sei, überzeugt den Fachsenat ebenfalls nicht. Die Sachbezugsverordnung, die der Beteiligte zum Anlaß für seine Maßnahmen genommen hat, spricht in ihrem § 1 Abs. 5 Satz 2 ausdrücklich von der Gewährung eines freien oder verbilligten Mittagessens. Der Beteiligte geht mithin selbst davon aus, daß er .den Beschäftigten, denen er Unterkunft in den Kliniken zur Verfügung stellt, ein gegenüber den allgemeinen Verhältnissen außerhalb der Kliniken besonders preiswertes Essen anbietet. Maßgebend ist, daß <span style="text-decoration: underline;">objektiv</span> der Zweck erreicht wird, die soziale Lage der Beschäftigten durch die Gewährung von Vorteilen zu verbessern.</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Beschluß vom 16. September 1977 - VII P 10.75 -, aa0.</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">Es scheiden nur die Einrichtungen aus, die der Dienstherr mit Gewinnerzielungsabsicht betreibt. Davon kann hier jedoch, auch und gerade mit Blick auf die vom Beteiligten zur Begründung seiner Maßnahme angeführte Sachbezugsverordnung, keine Rede sein. Vielmehr sind die Anforderungen an eine Sozialeinrichtung im Sinne des § 72 Abs. 2 Nr. 4 LPVG NW erfüllt.</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">Handelt es sich bei der Teilnahme an der Klinikverpflegung somit um eine Sozialeinrichtung, steht dem Antragsteller auch hinsichtlich der Festsetzung der Essenspreise ein Mitbestimmungsrecht zu, wobei die Dienststelle allerdings das Volumen frei bestimmen kann.</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">Vgl. Beschluß des Fachsenats vom 31. Mai 1988 - CL 11/86 -; BayVGH, Beschluß vom 25. Juni 1986 - Nr. 17 C 86.01248 -, PersV</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">1988, 271 (nur LS).</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Eine Kostenentscheidung entfällt im personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahren.</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">Die Rechtsbeschwerde kann nicht zugelassen werden, weil die . Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (vgl. § 79 Abs. 2 LPVG NW, § 92 Abs. 1 Satz 2, § 72 Abs. 2 ArbGG).</p>
|
315,263 | olgk-1989-03-02-5-u-19388 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
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"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 5 U 193/88 | "1989-03-02T00:00:00" | "2019-03-13T14:50:56" | "2022-10-18T15:08:42" | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1989:0302.5U193.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Beklagten gegen das am 3. August 1988 verkündete Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 24 0 194/87 - wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 133.000,-- DM abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>T a t b e s t a n d</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin ist die Alleinerbin ihres am 6.3.1986 verstorbenen Ehemannes G. T.. Dieser kam bei einem Verkehrsunfall in U. ums Leben, als sein PKW N., amtliches Kennzeichen Y-YY 000, mit einem entgegenkommenden LKW auf dessen Fahrbahnseite</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">zusammenstieß. Für den PKW bestand bei der Beklagten eine Insassen-Unfallversicherung nach den AKB.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin verlangt die Entschädigung aus dieser Versicherung und hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Beklagte zu verurteilen, an sie 110.000,-- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 4.11.1986 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Klageabweisung</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">beantragt.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Sie hat vorgetragen, der verstorbene Ehemann der Klägerin habe den Verkehrsunfall in Selbsttötungsabsicht herbeigeführt.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat durch Vernehmung von Zeugen Beweis erhoben und so dann der Klage durch Urteil vom 3.8.1988, auf das vollinhaltlich Bezug genommen wird, stattgegeben. Zur Begründung hat das Landgericht u. a. ausgeführt, die Beklagte habe den Nachweis einer Selbsttötung des Verstorbenen nicht erbracht.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses am 11.8.1988 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 9.9.1988 Berufung eingelegt und das Rechtsmittel am 10.10.1988 begründet.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Sie trägt vor:</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht habe die angebotenen Beweise für den Nachweis der Selbsttötung des Ehemanns der Klägerin nicht ausgeschöpft.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Abfassung der Todesanzeige lasse nur den Schluß zu, daß die Familie des Verstorbenen von dessen Suizidabsicht gewußt und man vor der Öffentlichkeit durch die falsche Angabe der Todesursache auch den Anschein des Eindrucks zu vermeiden gesucht habe, der Verstorbene könne den Unfall selbst herbeigeführt haben.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Es sei angesichts der Umstände völlig ausgeschlossen, daß der Verstorbene den vor ihm herfahrenden Zeugen L. unvermutet, grundlos und ohne zu blinken (Zeuge M.) habe überholen wollen. Der Verstorbene habe vielmehr auf ein ihm geeignet erscheinendes, entgegenkommendes Fahrzeug gewartet, in das er nicht angeschnallt (Sachverständigengutachten) hineinzufahren gedachte. Allein das äußere Bild des Kollisionsgeschehens belege zwingend, daß der Verstorbene in Tötungsabsicht gehandelt habe.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Weitere Umstände kämen hinzu: Der Gesundheitszustand des Verstorbenen sei ausweglos gewesen. Es sei davon auszugehen, daß der Verstorbene dies gewußt habe. Bereits unmittelbar nach dem Verlassen seiner Garage habe der Verstorbene einen Unfall erlitten, der ihm belegen mußte, daß seine Krankheit ihm nicht einmal ein normales</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Teilhaben am alltäglichen Leben erlaubte. Dieser Unfall ergebe über den angesichts der Krebserkrankung anzunehmenden sog. Bilanzselbstmord hinaus die Möglichkeit eines Spontansuizides.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Der Bruder des Verstorbenen habe die Polizei kurz vor dem Unfall zweimal angerufen, um die Selbsttötung des Verstorbenen zu verhindern. Daß der Bruder bei seiner Ankunft im Hause des Verstorbenen eine "plärrende" Familie angetroffen habe, erkläre sich zwanglos aus der der Familie bekannten Suizidabsicht des Verstorbenen. In den Augen der Familie sei der Zustand des Verstorbenen so gewesen, daß man ihn nicht aus den Augen lassen durfte. Alle vorhandenen Indizien belegten eine Selbsttötung des Verstorbenen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt vor, eine Selbsttötungsabsicht habe bei dem Verstorbenen nicht bestanden. Dieser sei am Unfalltag auf dem Weg zu einer Firma gewesen, um ein Ersatzteil für seinen Betrieb zu holen (Zeuge I. V.). Der Verstorbene sei weder zum Zeitpunkt des Unfallgeschehens noch zuvor depressiv oder lebensmüde gewesen oder habe gar eine Andeutung gemacht, daß er selbst seinem Leben ein Ende setzen könnte. Er habe dem Leben stets optimistisch gegenüber gestanden und sich bezogen auf seine Krankheit subjektiv aufgrund der Bestrahlungen besser gefühlt. Sein Hausarzt könne bestätigen, daß nichts Anlaß zu der Befürchtung gegeben habe, der Verstorbene könne sich möglicherweise selbst das Leben nehmen (Zeuge W.). Jemand, der sich selbst umbringen wolle, handele auf eine Art und Weise, daß er sicher sein könne, daß der gewünschte Erfolg auch tatsächlich und möglichst schnell</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">eintrete, was hier nicht der Fall gewesen sei.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den gesamten vorgetragenen Akteninhalt Bezug genommen. Die Akten 58 Js 296/86 StA Essen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks"><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e</u></p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung der Beklagten ist in der Sache selbst nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist verpflichtet, die vereinbarte Entschädigung aus der abgeschlossenen Insassen-Unfallversicherung an die Klägerin zu zahlen, §§ 16 ff. AKB,1922 BGB. Die Voraussetzungen des § 18 II Abs. 1 AKB sind gegeben. Danach liegt ein Unfall vor, wenn der Versicherte durch ein plötzlich von außen auf seinen Körper wirkendes Ereignis unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet. Nach der zwingenden Vorschrift des § 180 a VVG wird die Unfreiwilligkeit bis zum Beweis des Gegenteils vermutet.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Die Berufungsbegründung zieht nicht in Zweifel, daß die Beklagte die volle Beweislast für die Freiwilligkeit des Unfallgeschehens trägt (vgl. dazu Prölss-Martin, VVG, 24. Aufl. Anm. 2 b zu § 180 a; Stiefel-Hofmann, Kraftfahrtversicherung 13. Aufl. Rdn. 12 zu § 18 AKB).</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die Beweiserleichterungen der Grundsätze des Anscheinsbeweises kommen der Beklagten nicht zugute. Es gibt keinen Beweis des ersten Anscheins für eine Selbsttötung</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">(BGH r + s 87, 173 = VersR 1987, 503 m. w. N.), weil eine durch die Lebenserfahrung gesicherte Typizität menschlicher Verhaltensweisen und ihrer Begleitumstände nicht festgestellt werden kann. Wegen der Vielfalt der insoweit denkbaren Möglichkeiten für individuelle Verhaltensweisen von Menschen in bestimmten Lebenslagen kann in Fällen wie dem vorliegenden nicht von einem typischen Geschehensablauf gesprochen werden.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist zum Nachweis der Selbsttötung des verstorbenen Ehemanns der Klägerin auf Indizien angewiesen. Die von ihr angeführten Indizien haben dem Senat jedoch weder einzeln noch in ihrer Gesamtheit die Überzeugung von einer Selbsttötung des Verstorbenen vermitteln können. Jedenfalls hat der Senat nicht einen derartigen</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Grad von Gewißheit für die Richtigkeit des Beklagtenvorbringens gewinnen können, daß lediglich solch geringe Zweifel verbleiben, daß sie vernachlässigt werden können und jeder vernünftige Zweifel schweigt. Die von der Beklagten ins Feld geführten Gesichtspunkte vermitteln lediglich die Erkenntnis, daß es so gewesen sein kann, wie die Beklagte vorträgt, nicht hingegen, daß dies auch so gewesen sein muß.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen, denen sich der Senat anschließt (§ 543 Abs. 1 ZPO).</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Ergänzend ist auszuführen:</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Zu Unrecht macht die Berufung geltend, das Landgericht habe angebotene Beweise zu erheblichem Vorbringen nicht erhoben. Soweit der Vortrag der Beklagten zu einzelnen</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Tatsachen überhaupt streitig ist, kann die Richtigkeit unterstellt werden, ohne daß sich eine Änderung der rechtlichen Beurteilung des Sachverhalts zu ihren Gunsten ergibt. Im einzelnen:</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte auf das Fahrverhalten des verstorbenen Ehemanns der Klägerin und den Unfallhergang selbst. Auch wenn der verstorbene Ehemann der Klägerin nicht angeschnallt gewesen sein sollte, läßt sich daraus nicht mit der erforderlichen Sicherheit der Schluß ziehen, er sei am Unfalltage in Selbsttötungsabsicht unterwegs gewesen. Kraftfahrer verstoßennicht selten gegen die Anschnallpflicht, ohne daß dem die von der Beklagten vorgetragene Absicht zugrunde liegt. Der Einholung des von der Beklagten beantragtenSachverständigengutachtens zu diesem Punkt bedarf es deshalb nicht.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Das Gleiche gilt für die Behauptung, der verstorbene Ehemann der Klägerin sei ohne zu blinken ausgeschert. Auch insoweit bedarf es der Vernehmung des Zeugen M. nicht.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat es als möglich angesehen, daß der verstorbene Ehemann der Klägerin das vor ihm fahrende Fahrzeug überholen wollte. Diese Möglichkeit ist entgegen</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">dem Vorbringen der Beklagten jedenfalls nicht auszuschließen. Insoweit ist ein grober Fahrfehler des verstorbenen Ehemanns der Klägerin denkbar, ohne daß dem eine Selbsttötungsabsicht zugrunde gelegen haben muß. Im übrigen ist ungeklärt und wird sich auch nicht mehr zuverlässig aufklären lassen, ob der verstorbene Ehemann</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">der Klägerin überhaupt überholen <u>wollte</u>. Dem – unstreitigen - äußeren Tatsachenvorgang eine bestimmte Willensrichtung des verstorbenen Ehemanns der Klägerin oder ihm eine Selbsttötungsabsicht beilegen zu wollen, grenzt unter den vorliegenden Umständen mehr oder weniger an Spekulation. Das äußere Geschehen läßt keinen hinreichend sicheren Schluß hierauf und den erforderlichen Nachweis hierfür zu. Der Senat hält es angesichts der gesundheitlichen Verfassung des verstorbenen Ehemanns der Klägerin ebensogut für möglich, daß das – objektiv grobverkehrswidrige - Ausscheren in die Gegenfahrbahn seine Ursache in einem plötzlichen Unwohlsein des gesundheitlich</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">schwer angeschlagenen Mannes gehabt haben kann. Wegen dieser nicht auszuschließenden Möglichkeit läßt sich der Nachweis einer Selbsttötung auf diese Weise nicht führen.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Der Vernehmung der von der Beklagten im ersten Rechtszug benannten Unfallzeugen und der Polizeibeamten bedarf es nicht. Ob der Zeuge X. der Annahme war, der verstorbene Ehemann der Klägerin sei in Selbsttötungsabsicht auf ihn zugefahren, ist nicht entscheidungserheblich. Sollte das Vorbringen der Beklagten zutreffen, handelt es sich hierbei lediglich um eine subjektive Einschätzung des Zeugen X. aus dem objektiven Geschehensablauf. Es fehlt aber an jeglichen Anknüpfungstatsachen für die Willensrichtung des verstorbenen Ehemannes der Klägerin. Hierfür hat der Zeuge keinerlei</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Anhaltspunkte. Dahingehende Äußerungen des verstorbenen Ehemanns der Klägerin, sich mit dem PKW selbst töten zu wollen, oder etwaige frühere, fehlgeschlagene Versuche dieser oder ähnlicher Art, sind nicht bekannt.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Aus dem Umstand, daß der Bruder des verstorbenen Ehemannes der Klägerin, der Zeuge Y. T., kurz vor dem Unfall zweimal die Polizei angerufen und von einer Suizidabsicht seines Bruders gesprochen hat, vermag der Senat nicht die Überzeugung zu gewinnen, daß sich der verstorbene Ehemann der Klägerin tatsächlich selbst umgebracht</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">hat.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Einmal hat der Zeuge bei seiner Vernehmung vor dem Landgericht in Verbindung mit seinem Schreiben vom 22.9.1986 an die Berufsgenossenschaft eine Erklärung dafür</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">abgegeben, er habe von einer Suizidabsicht gesprochen, weil er seinen Bruder nach dem längeren Krankenhausaufenthalt gesundheitlich noch in keiner Weise für fähig</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">gehalten habe, mit einem PKW am Straßenverkehr teilzunehmen, und die Polizei dadurch zu einem erhöhten Einsatz veranlassen wollte, um einen ihm möglich erscheinenden - echten - Verkehrsunfall zu verhindern. Das erscheint dem Senat plausibel. Im übrigen: Selbst wenn die subjektive Einschätzung des Bruders des verstorbenen Ehemanns der Klägerin dahin gegangen wäre, sein Bruder könne sich möglicherweise selbst umbringen, wäre diese subjektive Einschätzung durch keinerlei Äußerung oder</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Handlung des verstorbenen Ehemanns der Klägerin objektiviert, er wolle sich mit dem PKW oder auf andere Weise selbst töten.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Ohne Erfolg verweist die Berufungsbegründung auf weitere Angaben des Zeugen, er habe bei seinem Eintreffen im Haus des Bruders eine "plärrende" Familie angetroffen.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Es ist denkbar, jedenfalls nicht ausgeschlossen, daß die Familie darüber in Sorge war, daß der verstorbene Ehemann der Klägerin überhaupt mit einem PKW am öffentlichen</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Straßenverkehr teilnahm, obwohl er nach ihrer Einschätzung gesundheitlich dazu noch nicht in der Lage war. Im übrigen gilt für den Fall, daß die Familie oder einzelne Familienmitglieder eine Selbsttötung des verstorbenen Ehemanns der Klägerin befürchteten, im Ergebnis das Gleiche wie bei dem Zeugen Y. T..</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Auffassung der Beklagten läßt sich auch aus der Abfassung der Todesanzeige nicht der Nachweis der Selbsttötung führen. Daraus vermag der Senat nicht den hinreichend sicheren Schluß zu ziehen, die Familie habe damit eine Selbsttötung des verstorbenen Ehemanns der Klägerin vor der Öffentlichkeit verheimlichen wollen.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Schließlich ist der sehr schlechte Gesundheitszustand des verstorbenen Ehemannes der Klägerin nicht geeignet, den hinreichend sicheren Schluß auf einen sog. Bilanzselbstmord zu ziehen. Aufgrund der Aussage des Zeugen Dr. F. ist zwar davon auszugehen, daß die gesundheitliche Situation des verstorbenen Ehemannes der Klägerin</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">objektiv als sehr schlecht anzusehen war. Ob der verstorbene Ehemann der Klägerin dies konkret in sein Bewußtsein aufgenommen und die Ausweglosigkeit seiner Lage erkannt hatte, ist jedoch nicht bewiesen. Der Zeuge Dr. F. hat es als möglich bezeichnet, daß er die Frage nach der Besserung des Befundes ausweichend bejaht habe, um den etwas mißtrauischen Patienten bei der Behandlung zu halten. Ob der verstorbene Ehemann der Klägerin über die gegebenen Informationen hinaus eine zutreffende Bewertung seines Gesundheitszustandes vorgenommen hat, läßt sich im übrigen nicht sicher feststellen. Jedenfalls vermag der Senat daraus entgegen dem Vorbringen der Beklagten nicht den hinreichend sicheren Schluß zu ziehen, daß es sich bei dem Unfallereignis um einen sog. Bilanzselbstmord gehandelt hat.</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Das Gleiche gilt für den von der Beklagten lediglich als möglich angesehenen Spontansuizid aufgrund des - kleinen - Unfalls des verstorbenen Ehemanns der Klägerin kurz </p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">nach Verlassen der Garage.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Die vorhandenen Indizien reichen über Mutmaßungen und einen gewissen Verdacht im Sinne des Vorbringens der Beklagten nicht hinaus. Sie sind aber weder einzeln noch</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">in ihrer Gesamtheit geeignet, den Nachweis der Selbsttötung des verstorbenen Ehemanns der Klägerin zu erbringen. Es verbleiben für den Senat vielmehr gewichtige</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Zweifel, die sich zu Lasten der beweispflichtigen Beklagten auswirken müssen, die unter diesen Umständen beweisfällig geblieben ist.</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Streitwert für das Berufungsverfahren</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">und Wert der Beschwer der Beklagten: 110.000,-- DM.</p>
|
315,264 | lg-munster-1989-02-28-5-t-10789 | {
"id": 815,
"name": "Landgericht Münster",
"slug": "lg-munster",
"city": 471,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 5 T 107/89 | "1989-02-28T00:00:00" | "2019-03-13T14:50:58" | "2022-10-18T15:08:42" | Beschluss | ECLI:DE:LGMS:1989:0228.5T107.89.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beschwerde wird auf Kosten der Beschwerdeführerin zurückgewiesen.</p>
<p>Wert: 6.000,- DM</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">Gründe</span></strong></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 06.10.1988 beauftragte die Gläubigerin und Beschwerdeführerin den Gerichtsvollzieher mit der Zustellung einer beglaubigten Abschrift der notariellen Urkunde des Notars J in F vom 21.12.1987, Urkundenrolle Nr. XX/XX, an die Schuldner. In dieser notariellen Urkunde wurde ein Abtretungsvertrag der O Bank GmbH auf die Gläubigerin beurkundet.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 14.10.1988 lehnte der Gerichtsvollzieher die Durchführung des Zustellungsantrages vom 06.10.1988 ab, da trotz telefonischer Aufforderung vom 10.10.1988 die zur Zustellung erforderliche Unterschrift der zuzustellenden Urkunde nicht zur Verfügung gestellt worden sei. Zur Begründung bezog sich der Gerichtsvollzieher auf § 169 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Hiergegen legte die Gläubigerin unter dem 17.10.1988 Erinnerung ein mit dem Antrag, anzuordnen, daß der Obergerichtsvollzieher I die beglaubigte Abschrift vom 14.01.1988 des Abtretungsvertrages vom 21.12.1987 den Schuldnern gemäß § 750 Abs. 2 ZPO zustellt und die Zustellungsurkunde gemäß § 190 ZPO mit dieser Abschrift verbindet, ohne daß ihm das Original des Abtretungsvertrages vom 21.12.1987 vorgelegt werden muß.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Zur Begründung berief sich die Erinnerungsführerin darauf, daß nach ihrer Auffassung die Vorlage des Originals des Vertrages im Fall des § 750 Abs. 2 ZPO entgegen den Wortlaut des § 169 ZPO nicht erforderlich sei, da in § 750 Abs. 2 ZPO nur die Zustellung einer „Abschrift“ der die Rechtsnachfolge belegenen Urkunde vorgesehen sei.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Erinnerung wies das Amtsgericht in dem angefochtenen Beschluß zurück. Zur Begründung stützte es sich darauf, daß in § 169 Abs. 1 ZPO klar, eindeutig und unmißverständlich die Frage geregelt sei, welche Urkunde dem Gerichtsvollzieher bei einem entsprechenden Zustellungsauftrag auszuhändigen seien. Da danach die Urschrift des zuzustellenden Schriftstückes auszuhändigen sei, brauche daher der Gerichtsvollzieher, wenn ihm nur eine beglaubigte Abschrift des zuzustellenden Schriftstückes vorgelegt wird, die Zustellung nicht durchzuführen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Gläubigerin vom 24.01.1989, mit der sie ihr bisheriges Vorbringen wiederholt vertieft.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde ist gemäß § 793 ZPO zulässig, aber unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde hätte nur Erfolg, wenn aufgrund des § 750 Abs. 2 ZPO der § 169 ZPO so auszulegen ist, daß statt der „Urschrift“ dem Gerichtsvollzieher eine „beglaubigte Abschrift“ zu überreichen ist.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Antwort hierzu hat sich an Sinn und Zweck des § 169 ZPO und an der hoheitlichen Funktion des Gerichtsvollziehers zu orientieren.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Zunächst regelt § 750 Abs. 2 ZPO materiell die Voraussetzungen, wann die Zwangsvollstreckung beginnen darf. Danach muß eine „Abschrift der Urkunde“ zugestellt sein (gemeint ist „beglaubigte Abschrift“ vgl. Wieczorek, ZPO, 2. Auflage, § 750 C II c).</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Wie die Zustellung vorzunehmen ist, ist in § 170 Abs. 1 ZPO geregelt. Dort heißt es, daß die Zustellung in der Übergabe einer beglaubigten Abschrift des zuzustellenden Schriftstückes besteht. Insofern decken sich §§ 750 Abs. 2 und 170 Abs. 2 ZPO.  Daß durch die Fassung in § 750 Abs. 2 ZPO („Abschrift“), während sonst in § 750 Abs. 2 ZPO von Zustellung des „Urteils“ die Rede ist, obwohl doch auch nur die „Ausfertigung“ (§170 Abs. 1 ZPO) zugestellt wird, der § 169 ZPO abgeändert werden soll, ist nicht zwingend und deckt sich auch nicht mit dem Sinn des § 169 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">§ 169 ZPO ist von Bedeutung wegen der Beglaubigung der Abschriften durch den Gerichtsvollzieher. Da der Gerichtsvollzieher eine beglaubigte Abschrift des zuzustellenden Schriftstückes zustellen muß, kann er gegebenenfalls nach § 256 GVGA selbst eine herstellen; hierzu benötigt er aber die Urschrift. § 169 ZPO ist ferner wesentlich wegen § 190 Abs. 2 ZPO. Danach muß die Urschrift mit der Urkunde über die Zustellung verbunden werden. Dies allein dient als Nachweis der Zustellung. Soll zum Beispiel die Zwangsvollstreckung betrieben werden und könnte der Gläubiger den Nachweis der Zustellung nicht gemäß § 190 Abs. 2 ZPO (also mit der Urschrift) führen, würde jedes Vollstreckungsorgan die Zwangsvollstreckung ablehnen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Im übrigen verbietet sich eine derartige von der Gläubigerin vorgenommene Auslegung des § 169 ZPO aus der Stellung des Gerichtsvollziehers als hoheitliches Organ der Zwangsvollstreckung. Dieser muß in der Lage sein, zu überprüfen, ob das Schriftstück, das er zustellen soll, mit der Urschrift übereinstimmt. Dies ist zwar gesetzlich nicht geregelt, entspricht aber doch seiner Stellung. Diese Überprüfungsmöglichkeit fehlt dem Gerichtsvollzieher, wenn er aber nicht die Urschrift ausgehändigt bekommt, sondern nur eine beglaubigte Abschrift.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Nach alledem ist der angefochtene Beschluß zu Recht ergangen. Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Unterschriften</p>
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315,265 | olgham-1989-02-28-24-u-15588 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 24 U 155/88 | "1989-02-28T00:00:00" | "2019-03-13T14:50:59" | "2022-10-18T15:08:43" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1989:0228.24U155.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen das am 30. März 1988 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Münster teilweise abgeändert.</p>
<p></p>
<p>Die Beklagte bleibt verurteilt, an die Klägerin 11.472,60 DM nebst 4% Zinsen seit dem 25.03.1987 zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin 46% und die Beklagte zu 54%. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin zu 40% und der Beklagten zu 60% auferlegt.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Es beschwert die Parteien um weniger als 40.000,-- DM.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Tatbestand</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hatte von einer Kundin den Auftrag erhalten, einen Prospekt xxx in deutscher, niederländischer, englischer, französischer, spanischer und italienischer Sprache herzustellen, zu drucken und auszuliefern. Bei den angepriesenen Produkten handelte es sich überwiegend um Teile zu besseren Federung und Dämpfung von Motorrädern.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beauftragte die Beklagte mit der Übersetzung des deutschen Ursprungstextes in die fünf Fremdsprachen nach einem vorausgegangenen Telefongespräch gemäß Schreiben vom 27.08.1986. Die Beklagte schaltete zur Erfüllung des Auftrages den Übersetzer xxx ein, dem sie mit Schriftsatz vom 07.07.1987 den Streit verkündet hat.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Unter dem 15.09.1986 legte die Beklagte die Übersetzungen der Klägerin vor. Diese druckte die fremdsprachigen Prospekte und lieferte sie an die Kundin xxx in den xxx am 01.10.1986 aus. Diese Kundin beanstandete zunächst telefonisch und am 06.10.1986 schriftlich Mängel der fremdsprachigen Texte und hielt diese für unverwertbar. Die Klägerin ließ den deutschen Text anderweitig in die fünf Fremdsprachen übersetzen und druckte die gesamten Prospekte neu.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Sie hat behauptet, die ursprünglichen Übersetzungen hätten so viele gravierende Fehler aufgewiesen, daß die danach gedruckten Prospekte unverwertbar gewesen seien; für die Neuherstellung seien ihr Kosten wie folgt entstanden:</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Manuskript neu abgesetzt 1.085,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Montage der fünf Texte in Reinzeichnungen 750,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">zwei Stichlithos 450,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Neudruckkosten von 26.000 Prospekten 12.272,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Plattenwechsel, viermal 550,-- DM = 2.200,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Kosten von xxx 985,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Transportkosten 29,40 DM</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">eigener Aufwand der Klägerin <u>4.189,25 DM</u></p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:180px">21.960,65 DM</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">abzüglich Honorar der Beklagten <u>562,50 DM</u></p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:180px">21.398,15 DM</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat die Zahlung dieses Betrages nebst 9,25% Zinsen seit dem 20.02.1987 begehrt.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt, die Höhe der Aufwendungen bestritten und zum Grund behauptet:</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die von ihr hergestellte erste Übersetzungsversion habe gar keine entscheidenden Fehler aufgewiesen; ihre Angestellte habe bei Auftragserhalt ausdrücklich erklärt, die Beklagte könne keine Haftung für die Übersetzungen übernehmen; die Klägerin habe nicht erwähnt, daß es sich um mehr als eine einfache Übersetzung handele und danach ein Prospekt habe gedruckt werden sollen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat gemäß Beschluß vom 24.06.1987 ein schriftliches Sachverständigengutachten zum Vorliegen von Übersetzungsfehlern eingeholt. Auf die Sprachwissenschaft-Gutachten der xxx in xxx von Oktober 1987 zu den einzelnen fremdsprachigen Texten wird Bezug genommen (siehe Anlagehefter). Das Landgericht hat außerdem im Termin vom 23.03.1988 den Angestellten xxx der Klägerin als Zeugen zur Höhe der Aufwendungen für die Neuherstellung vernommen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Mit am 30.03.1988 verkündeten Urteil hat das Landgericht der Klage unter Abweisung im übrigen in Höhe von 19.008,90 DM nebst 4% Zinsen seit dem 25.03.1987 stattgegeben und ausgeführt: Die Klägerin könne grundsätzlich den Ersatz des ihr entstandenen Schadens verlangen; nach dem Gutachten stehe fest, daß die Übersetzungen jedenfalls zur Verwendung in Werbeprospekten ungeeignet und deshalb fehlerhaft gewesen seien; die Beklagte habe diesen Verwendungszweck gekannt. Der Höhe nach stehe der Klägerin der geltend gemachte Ersatzanspruch vollständig zu, bis auf die Eigenaufwendungen, die mit einem Schätzungsbetrag von 1.800,-- DM berechtigt seien.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Mit ihrer Berufung wendet sich die Beklagte zunächst gegen den Grund den Anspruchs. Sie vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und meint, die Klägerin sei verpflichtet gewesen, sie - die Beklagte - auf die sofortige ungeprüfte Drucklegung hinzuweisen; außerdem hätte die Klägerin der Kundin in den xxx Vorabzüge zur Überprüfung senden müssen; in diesem Fall wären die Fehler aufgefallen und hätten vor Drucklegung korrigiert werden können.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte behauptet weiterhin einen mündlich verabredeten Haftungsausschluß und meint, jedenfalls sei die Klägerin verpflichtet gewesen, ungefragt auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens als Folge von Übersetzungsirrtümern hinzuweisen. Schließlich bestreitet die Beklagte die Höhe des zuerkannten Anspruchs.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Sie beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Sie verteidigt die Erwägungen des Landgerichts und behauptet, der Angestellte xxx habe darauf hingewiesen, daß die Prospekte zu einer Messe ab 17.09.1986 benötigt würden. Ein Mitverschulden verneint die Klägerin.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Zur Ergänzung der Sachdarstellung wird auf die Schriftsätze der Parteien Bezug genommen. Der Senat hat zum Inhalt der telefonischen Verhandlungen zwischen den Parteien Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen xxx und xxx im Termin vom 28.09.1989. Wegen des Ergebnisses wird auf den Berichterstattervermerk verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe</u></p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die Berufung der Beklagten hat teilweise Erfolg. Die Klage ist nur in Höhe von 11.472,60 DM nebst anteiliger Zinsen begründet.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Dem Grunde nach steht der Klägerin der geltend gemachte Schadensersatzanspruch für die Neuherstellung der fünf fremdsprachigen Prospekte aus § 635 BGB zu. Im Rahmen des positiven Interesses kann die Klägerin gem. § 249 Satz 1, 2 BGB verlangen, so gestellt zu werden, wie sie bei ordnungsgemäßer Erfüllung des Übersetzungsvertrages gestanden hätte. Die Parteien haben insoweit einen Werkvertrag geschlossen. Die Beklagte schuldete nicht nur Dienstleistungen zur Herstellung des fremdsprachigen Textes, sondern gerade den betreffenden Erfolg in Gestalt fehlerfreier und passender Übersetzung der technischen Begriffe.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Alle fünf Übersetzungen wiesen nach den Feststellungen des Landgerichts, das sich auf die sprachwissenschaftlichen Gutachten gestützt hat, erhebliche Fehler auf. Die Tauglichkeit dieser Übersetzungen zum Inhalt von Werbeprospekten über technische Motorradteile war gemindert. Dieser Verwendungszweck als Tauglichkeitsmaßstab war der Beklagten ausweislich des Auftragsschreibens vom 27.08.1986 bekannt. Dort wurde ausdrücklich ein "Prospekt xxx" bezeichnet, für den die Übersetzungen dienen sollten. Für einen solchen Werbeprospekt sind bereits holprige und nicht die Sprache der potentiellen Käuferkreise treffende Übersetzungen fehlerhaft.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Ein Haftungsausschluß für die Übersetzungen ist nicht vereinbart worden, auch nicht nach der dazu gegebenen Sachdarstellung der Beklagten. Danach soll ein Haftungsausschluß für zwei frühere eilige Aufträge verabredet worden sein. Die Schlußfolgerung der Beklagten, in diesem Falle müsse ein Haftungsausschluß ohne besondere Abrede auch für den im Streit befindlichen, späteren Auftrag gelten, ist jedoch falsch. Dazu wäre eine besondere Abrede erforderlich gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">c)</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Zur Entstehung des Schadensersatzanspruchs bedurfte es keiner Fristsetzung zur Mangelbeseitigung mit Ablehnungsandrohung gem. § 634 Abs. 1 Satz 1 BGB. Dazu war nach Entdeckung der Fehler kein Raum mehr, da der Schaden - vollständiger Druck der Prospekte nach der ersten Textversion - bereits entstanden war und durch eine Korrektur der Übersetzungsfehler nicht mehr verhindert werden konnte.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">d)</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte muß sich den Sorgfaltsverstoß ihrer Erfüllungsgehilfen xxx nach § 278 BGB zurechnen lassen. Dieser hätte bei pflichtgemäßer Sorgfalt die Fehler in den technischen Texten vermeiden können (§ 276 BGB). Wer sich zur Herstellung eines Werkes verpflichtet, muß dafür einstehen, daß er - so wie sein Erfüllungsgehilfe - die dazu benötigten Kenntnisse und Fertigkeiten hat.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Der Anspruch ist jedoch wegen mitwirkenden Verschuldens um 1/3 zu kürzen (§ 254 Abs. 2 Satz 1 BGB).</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Vorgeworfen werden kann der Klägerin allerdings nicht, daß sie vor Drucklegung keinen Korrekturabzug an die Beklagte übersandt hat. Vorliegend geht es nicht um Druckfehler, zu deren Vermeidung ein Korrekturabzug regelmäßig dient, sondern um Übersetzungsmängel.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Der Klägerin kann auch nicht zum Vorwurf gemacht werden, daß sie keinen Vorabzug an ihre Kundin in den xxx übersandt hat. Allerdings wäre dann - wie auch beim vorliegenden Ablauf - jedenfalls der Fehler in der niederländischen Übersetzung aufgefallen, so daß vor dem Druck noch eine Nachbesserung der Übersetzungen hätte durchgeführt werden können. Eine Rechtspflicht der Klägerin zu einem solchen Verhalten bestand jedoch im Verhältnis zur Beklagten mangels entsprechender Abreden nicht.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">c)</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Ein Mitverschulden folgt aber gem. § 254 Abs. 2 Satz 1, 1. Alternative BGB daraus, daß es die Klägerin pflichtwidrig unterlassen hat, die Beklagte auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens als Folge der Übersetzungsfehler hinzuweisen. Immerhin drohte ein Schaden - wie eingetreten - in Höhe des ca. 40fachen des Übersetzungshonorars. Eine solche Relation zwischen Übersetzungsvergütung einerseits und drohendem Schaden als Folge von Fehlern andererseits liegt auch bei gewerblichen Übersetzungen nicht mehr im Rahmen des gewöhnlichen Verlaufs der Dinge.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im Senatstermin war der Beklagten die Möglichkeit des Eintritts dieses ungewöhnlich hohen Schadens weder positiv bekannt noch mußte sie diese kennen. Aus der Verwendung des Wortes "Prospekt" im Auftragsschreiben vom 27.08.1986 folgte ein solcher Wissensstand noch nicht. Die Beklagte mußte danach zwar davon ausgehen, daß die Übersetzungen für einen Prospekt Verwendung finden sollten. Andererseits brauchte sie aber noch nicht damit zu rechnen, daß die Klägerin diese Übersetzungen ohne jede weitere Vorprüfung seitens ihrer Kundin in den xxx zum sofortigen vollständigen Druck verwenden würde. Aus der Terminnot der Klägerin, die der Zeuge xxx gegenüber der Zeugin xxx offengelegt hatte, brauchte auf eine solche Vorgehensweise nicht geschlossen zu werden. Die Prüfung eines Vorabzuges durch den Kunden verzögert den Druck nicht notwendig um mehr als zwei Tage. Immerhin ist es bei Druckaufträgen üblich, daß dem Auftraggeber ein entsprechender Vorabzug zur Überprüfung übersandt wird. Der ungewöhnlich hohe Schaden ist vorliegend gerade dadurch entstanden, daß die Klägerin von der Versendung eines solchen Vorabzuges an die holländische Kundin abgesehen hat. Von dieser beabsichtigten Verfahrensweise hat der Zeuge xxx in dem telefonischen Vorgespräch vom 27.08.1986 die Zeugin xxx - Angestellte der Beklagten - nicht in Kenntnis gesetzt. Dies steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im Senatstermin fest. Danach hat der Zeuge xxx gerade nicht erklärt, nach Eingang der Übersetzungen würden sofort ca. 26.000 Prospekte gedruckt und ausgeliefert.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Bei Übersendung eines Korrekturabzuges an die Kundin in den xxx wäre jedenfalls der Fehler der niederländischen Übersetzung aufgefallen, so daß Anlaß zur Überprüfung aller Fremdsprachentexte bestanden hätte. Insoweit spricht alles dafür, daß der Druck nach den Übersetzungen des Streitverkündeten xxx dann nicht erfolgt wäre, mithin eine Nachbesserungsmöglichkeit für eine richtige Übersetzung vor dem Druck bestanden hätte. Deshalb war der Verstoß der Klägerin gegen ihre Verpflichtung aus § 254 Abs. 2 Satz 1, 1. Alternative BGB für die Entstehung des ungewöhnlich hohen Schadens zumindest mitursächlich, was zur Anrechnung ausreicht.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Bei der Bestimmung der Quote ist allerdings zu beachten, daß der Beklagten die beabsichtigte Verwendung der Übersetzungen zum Prospektdruck grundsätzlich bereits aus dem Auftragsschreiben vom 27.08.1986 bekannt war. Deshalb muß nach der gebotenen Abwägung der Anteil der Beklagten doppelt so hoch wie der der Klägerin bemessen werden. Danach kann die Klägerin 2/3 des geltend gemachten Schadens ersetzt verlangen.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">3.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Die Höhe des entstandenen Schadens hat die Klägerin hinreichend mit der erstinstanzlichen Aussage des Zeugen xxx nachgewiesen, die im einzelnen die in Rechnung gestellten Positionen nach Grund und Höhe glaubhaft bestätigt hat. Eine Ausnahme gilt lediglich für den Ansatz der Eigenaufwendungen. Diese hat das Landgericht ohne nachprüfbare .Darlegung mit 1.800,-- DM angenommen. Hinreichende Ausführungen der Klägerin liegen dazu nicht vor. Insbesondere ist nicht mitgeteilt, auf welche Weise die als Folge der Übersetzungsfehler entstandenen betrieblichen Aufwendungen konkret von den Allgemeinkosten der Klägerin abgegrenzt werden könnten. Mangels Überprüfbarkeit fehlt es deshalb an einer hinreichenden Schätzungsgrundlage für § 287 ZPO. Es läßt sich auch nicht ausreichend sicher eine untere Schadensgrenze an Eigenaufwendungen ermitteln, die zumindest entstanden sind. Von daher muß dieser Betrag ganz abgesetzt werden.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Deshalb reduziert sich der zu ersetzende Schaden auf:</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:72px">19.008,90 DM</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">abzüglich <u>1.800,-- DM</u></p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:72px">17.208,93 DM</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">17.208,90 DM x 2 : 3 = 11.472,60 DM</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Der Zinsanspruch folgt aus § 291 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht nach §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.</p>
|
315,267 | olgk-1989-02-23-5-u-21588 | {
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"name": "Oberlandesgericht Köln",
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"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 5 U 215/88 | "1989-02-23T00:00:00" | "2019-03-13T14:51:02" | "2022-10-18T15:08:43" | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1989:0223.5U215.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Klägers gegen das am 16.05.1988 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Bonn - 10 0 568/87 - wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">(Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen).</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :</span></strong></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung ist nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen. Zwar ist der Kläger entgegen der Auffassung der Beklagten sowohl prozessführungsbefugt als auch aktiv legitimiert, einen Anspruch im Sinne von § 2039 BGB ohne Zustimmung der Miterben geltend zu machen, da es einer solchen Zustimmung nicht bedarf (vgl. BGH NJW 1965, 396 f.; BGB —RGRK—(Kregel<sub>e</sub> 12. Aufl., Rdnr. 9 zu § 2039); jedoch steht dem Kläger gegen die Beklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Auskunftserteilung in der Form des von ihm im Termin am 26 1.1989 neu formulierten Klageantrags zu.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Einen solchen Anspruch kann der Kläger nicht mit Erfolg aus § 3 Abs. 3 Satz 1 VVG herleiten. Nach dieser Bestimmung kann der Versicherungsnehmer jederzeit Abschriften der Erklärungen fordern, die er mit Bezug auf den Vertrag abgegeben hat. Dieser Anspruch des Versicherungsnehmers, der grundsätzlich auch von seinem Erben geltend gemacht werden kann (vgl. Prölss/Martin, VVG, 24. Aufl., Anm. 10 a. E. zu § 3; Bruck/Möller, VVG, 8. Aufl., Anm. 36 zu § 3), dient in erster Linie der Durchsetzung des Gefahrtragungsanspruches, sodann auch der Durchsetzung solcher Ansprüche des Versicherungsnehmers die - neben dem Gefahrtragungsanspruch stehend - selbständigen Charakter tragen wie z. B. Ansprüche auf Zinsen oder auf Schadensersatz wegen positiver Vertragsverletzungen, ferner der Durchsetzung von Ansprüchen auf anderweitige geldliche Leistungen wie z. B. auf Prämienrückvergütung (vgl. dazu Bruck/Möller a.a.O., Anm. 39 zu § 3). Letztlich besteht daher ein Anspruch aus § 3 Abs. 3 Satz 1 VVG nur dann noch, wenn das Versicherungsverhältnis noch nicht vollständig abgewickelt ist, sei es, dass ein Schaden noch nicht abschließend reguliert ist, sei es, dass noch andersartige Zahlungsansprüche der oben genannten Art bestehen. Ist dagegen das Versicherungsverhältnis beendet und auch vollständig abgewickelt, kommt ein Anspruch aus § 3 Abs. 3 Satz 1 VVG nicht mehr in Betracht. Im Streitfall ist nichts dafür ersichtlich, dass die Versicherungsverhältnisse zwischen dem Erblasser und dem Beklagten noch nicht beendet und vollständig abgewickelt sind. Aus dem Schriftsatz der Beklagten vom 22.6.1987 im Prozesskostenhilfeverfahren ergibt sich vielmehr das Gegenteil. Dort hat die Beklagte vorgetragen, dass die Kfz-Versicherung am 29.12.1985, die Haus- und Grundbesitzer-Haftpflichtversicherung am 14.11.1985 und die Hausratversicherung am 1.1.1986 geendet hätten und die letzten fälligen Beiträge entrichtet gewesen seien. Dies wird vom Kläger auch nicht bestritten.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Ein Auskunftsanspruch des Klägers ergibt sich auch nicht aus § 810 BGB. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist zwar nicht fraglich, ob diese Vorschrift neben § 3 Abs. 3 Satz 1 VVG anwendbar ist, da ein Anspruch aus § 810 BGB selbständig neben Ansprüchen aus § 3 VVG steht (vgl. Prölss-Martin, a.a.O., Anm. 10 zu § 3; Bruck/Möller, a.a.O., Anm. 36 a. E. zu § 3); jedoch fehlt es im Streitfall an der Voraussetzung eines schutzwürdigen rechtlichen Interesses des Klägers an einer Einsicht in die von ihm bezeichneten Versicherungsunterlagen (vgl. zu dieser Voraussetzung MünchKomm-Hüffer, BGB, 2. Aufl., Rdnr. 10 und 11 zu § 810). Insoweit gilt dasselbe wie bei § 3 Abs. 3 Satz 1 VVG. Auch der dem Versicherungsnehmer bzw. seinem Erben grundsätzlich zustehende Anspruch aus § 810 BGB dient der Abwicklung des Versicherungsverhältnisses, insbesondere der Durchsetzung des Gefahrtragungsanspruches (vgl. nochmals Bruck/Möller, Anm. 39 zu § 3). Ist das Versicherungsverhältnis aber beendet und vollständig abgewickelt, ist ein schutzwürdiges rechtliches Interesse an der Einsichtnahme der Versicherungsunterlagen nicht mehr gegeben. Wie der Kläger in der Berufungsbegründung selbst vorträgt (dort Seite 4), geht es ihm auch nur darum, nachzuvollziehen, welche Rechts- und Vermögensverhältnisse vom Nachlass erfasst waren. Daran sieht er sich ohne Mithilfe der Beklagten gehindert, weil die Miterben ihm die erforderlichen Auskünfte verweigern und Unterlagen vorenthalten, insbesondere solche über Beitragszahlungen des Erblassers an die Beklagte, die nach seiner Mutmaßung möglicherweise weitere Bankkonten des Erblassers zutage fördern könnten. Dieser Umstand allein kann aber keinen Auskunftsanspruch gegen die Beklagte nach § 810 BGB rechtfertigen. Insoweit muss der Kläger seine Ansprüche auf Auskunftserteilung gegen die Miterben notfalls im Klagewege durchsetzen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">3.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Aus Letzterem folgt auch, dass kein Anspruch nach § 242 BGB entsprechend den Grundsätzen über Treu und Glauben gegeben ist. Ein solcher Anspruch würde voraussetzen, dass es dem Kläger in keiner Weise möglich ist, sich die von ihm für erforderlich gehaltenen Informationen ohne Mitwirkung der Beklagten zu beschaffen. Der Kläger hat dazu jedoch nichts vorgetragen, insbesondere keine Erklärung dafür gegeben, aus welchen Gründen er es bisher unterlassen hat, seine Auskunftsansprüche gegen die Miterben gerichtlich durchzusetzen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">4.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Dass die Vorschriften der §§ 675, 666 BGB über die Auskunfts- und Rechenschaftspflicht eines mit einer Geschäftsbesorgung beauftragten nicht auf das Verhältnis zur Beklagten Anwendung finden, hat schon das Landgericht zutreffend ausgeführt. Der Kläger stützt seinen Klageanspruch im zweiten Rechtszug auch nicht mehr auf diese Bestimmungen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">5.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Berufung war nach alledem mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Streitwert für das Berufungsverfahren und Wert der Beschwer für den Kläger 6.000,- DM.</p>
|
315,268 | ag-dortmund-1989-02-22-136-c-73288 | {
"id": 647,
"name": "Amtsgericht Dortmund",
"slug": "ag-dortmund",
"city": 407,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 136 C 732/88 | "1989-02-22T00:00:00" | "2019-03-13T14:51:04" | "2022-10-18T15:08:43" | Urteil | ECLI:DE:AGDO:1989:0222.136C732.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 57,33 DM (i. B. siebenundfünfzig 33/100 </p>
<p>Deutsche Mark) nebst 4 % Zinsen seit dem 05. 06. 1988 zu zahlen. </p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte. </p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. </p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="h2 absatzLinks">T a t b e s t a n d : </p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist Mieterin einer Wohnung im Hause der Klägerin I-Str. in E. Im April 1986 ließ die Klägerin die in der Wohnung befindliche abgenutzte Badewanne durch Einbau eines Acryl-Einsatzes instandsetzen, wodurch sich das Wannenvolumen verkleinerte. Für die Monate Mai und Juni 1988 minderte die Beklagte die Miete um 32,76 DM bzw. 24,57 DM. Die Parteien streiten über die Berechtigung der Mietzinsminderung. </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Mit der Klage begehrt die Klägerin von der Beklagten die einbehaltenen Mietzinsbeträge. Sie ist der Ansicht, die Beklagte sei zur Mietzinsminderung nicht berechtigt. Der Einbau eines Acryleinsatzes stelle keinen erheblichen, zur Mietzinsminderung berechtigenden Mangel dar. </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">wie erkannt. </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen. </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Sie ist der Ansicht, zur Mietzinsminderung berechtigt zu sein. Dazu trägt sie vor, durch den Acryleinsatz sei die Wanne um 20 cm verkleinert worden, so daß man in der Wanne nicht mehr liegen, sondern nur noch mit angewinkelten Knien habe sitzen können. </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. </p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe</u>: </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist begründet. </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Gemäß § 535 BGB kann die Klägerin von der Beklagten für die Monate Mai und Juni 1988 den restlichen Mietzins in Höhe von 57,33 DM verlangen. Ein Recht zur Minderung des Mietzinses nach § 537 BGB steht der Beklagten nicht zu. </p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Zweifelhaft ist im vorliegenden Falle bereits, ob der Mietsache überhaupt ein zur Mietzinsminderung berechtigender erheblicher Mangel anhaftet. Zuzugeben ist insoweit der Beklagten sicherlich, daß ein zur Wohnung gehörendes mitvermietetes Bad tatsächlich auch benutzt werden kann. Demgemäß liegt sicherlich dann ein zur Mietzinsminderung berechtigender Mangel vor, wenn das mitvermietete Bad unbenutzbar ist bzw. später unbenutzbar geworden ist. Daß das Bad durch den im April 1986 in die Wanne eingebauten Acryleinsatz unbenutzbar geworden ist, trägt die Beklagte selbst nicht einmal vor. </p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Geht man einmal von dem Vorbringen der Beklagten aus, durch den Acryleinsatz sei die Wanne um etwa 20 cm verkleinert worden, was die Klägerin bestreitet, so liegt hier sicherlich unverkennbar eine Minderung der Badefreuen vor. Sicherlich gehört zum vollen Badegenuß auch, daß man sich in der Badewanne nach Herzenslust recken und strecken kann. Von daher gesehen liegt sicherlich eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung dieser Badefreuden vor, wenn man in der Wanne nur mit angewinkelten Knien sitzen kann. Daß dies sicherlich zu einem nicht unerheblichen Mißvergnügen führt, sollte außer Zweifel stehen. </p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Gleichwohl kann dieser Umstand eine Mietzinsminderung von immerhin 10 % monatlich nicht rechtfertigen. Auch wenn das Badevergnügen durch die Verkürzung der Badewanne nicht gerade ein vollkomenes gewesen sein dürfte, so war sie immerhin noch zu Zwecken der Körperpflege voll benutzbar. Hinzu kommt weiterhin, daß bezogen auf die gesamte Wohnung eine meßbare Beeinträchtigung der Wohnqualität kaum gegeben sein dürfte. </p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Letztlich kann aber die Frage, ob die von der Beklagten behauptete Minderung der Badefreuden einen zur Mietzinsminderung berechtigenden Mangel darstellt, dahingestellt bleiben, denn ein Recht zur Mietzinsminderung kann sie gleichwohl hieraus nicht herleiten. Unstreitig hat die Klägerin den Acryleinsatz bereits im April 1986 einbringen lassen. Wenn die Beklagte mit der Mietzinsminderung praktisch mehr als 2 Jahre zuwartete, so führte dies in entsprechender Anwendung des § 539 BGB zum Verlust des Minderungsrechts. Daran ändert letztlich auch die Tatsache nichts, daß die Klägerin im Herbst 1988 eine neue Badewanne installieren ließ. </p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 288 BGB, 91, 708 Ziffer 11, 713 ZPO. </p>
|
315,269 | olgham-1989-02-21-26-u-13288 | {
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"state": 12,
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} | 26 U 132/88 | "1989-02-21T00:00:00" | "2019-03-13T14:51:05" | "2022-10-18T15:08:43" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1989:0221.26U132.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Klägerin wird das am 06.05.1988 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn aufgehoben.</p>
<p></p>
<p>Die Sache wird zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Paderborn zurückverwiesen, welches auch über die Kosten der Berufungsinstanz zu entscheiden hat.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Tatbestand:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin ist Subunternehmerin der Beklagten. Die Parteien haben unter dem 24.04./30.04.1986 einen Werkvertrag miteinander geschlossen, wonach die Klägerin Rohbauarbeiten an dem Haus xxx des Bauherren xxx ausführen sollte. Die Geltung der VOB/B war vereinbart. Herr xxx hatte durch notariellen Vertrag vom 09.12.1985 das Grundstück von der Beklagten, die sich gleichzeitig zum Bau eines Hauses auf dem Grundstück verpflichtet hatte, erworben. Der Bauherr wurde im Rechtsstreit 4 O 415/87 Landgericht Paderborn von der Beklagten auf Zahlung von Werklohn aus der Erstellung des Hauses in Anspruch genommen. In diesem Rechtsstreit wurde er durch die Rechtsanwälte Dres. xxx vertreten. Die Parteien des dortigen Rechtsstreits haben sich außergerichtlich unter dem 05.09.1988 geeinigt, daß der Bauherr xxx zur Erledigung aller Forderungen, die in dem dortigen Rechtsstreit geltend gemacht worden waren, an die Beklagte einen Betrag von 22.500,00 DM zahlt. Daraufhin ist das erwähnte Verfahren nicht weiter betrieben worden.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Im vorliegenden Rechtsstreit klagt die Klägerin gegenüber der Beklagten eine Restforderung aus drei Abschlagsrechnungen und einer weiteren Rechnung des Bauvorhabens ein. Sie wurde zunächst von den Rechtsanwälten xxx pp. vertreten. Das Landgericht hat durch Beschluß vom 28.10.1987 die Prozeßbevollmächtigten der Klägerin auf Bedenken gegen ihr Tätigwerden aus § 45 Ziff. 2 BRAO hingewiesen. Wegen des Inhalts dieses Beschlusses wird auf Blatt 114, 115 der Akten verwiesen. Daraufhin haben die Prozeßbevollmächtigten der Klägerin ihr Mandat niedergelegt. Die Vertretung der Klägerin wurde von den Rechtsanwälten xxx übernommen. Diese reichten eine neue, von Rechtsanwalt xxx unterzeichnete Klageschrift bei Gericht ein. Diese wurde zugestellt.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der von ihr geltend gemachte Anspruch sei fällig, da eine Abnahme stattgefunden habe. Die ihr zustehende Restforderung sei von ihr zutreffend berechnet worden.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Beklagte zu verurteilen, an sie 12.155,74 DM nebst 8 % Zinsen seit dem 29.05.1987 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Sie hat die Abnahme des Werks, Leistungsumfang und Berechnung bestritten. Sie hat geltend gemacht, ihr seien Nachlässe und Skonti zugesagt worden. Sie hat die Einrede des nicht erfüllten Vertrages sowie Minderung unter Berufung auf Mängel vorgetragen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat die Auffassung vertreten, die Klage sei unzulässig. Die Rechtsanwälte xxx hätten gegenüber § 45 Ziff. 2 BRAO verstoßen, weil sie eine andere Partei in derselben Rechtssache bereits in entgegengesetztem Interesse beraten oder vertreten hätten. Dieser Mangel sei nicht durch die Mandatsübernahme und neue Klageerhebung durch die Rechtsanwälte xxx geheilt worden. Rechtsanwalt xxx habe die neue Klage aus dem Büro der Rechtsanwälte xxx pp. erhalten; durch seine Unterzeichnung und Klageerhebung habe er "praktisch Beihilfe" zum Verstoß der Rechtsanwälte xxx pp. begangen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil richtet sich die Klägerin mit der Berufung.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin vertritt die Auffassung, daß bereits nicht die ursprünglichen Prozeßbevollmächtigten durch ihre Tätigkeit für sie § 45 Ziff. 2 BRAO verletzt hätten. Jedenfalls habe die mögliche Nichtigkeit des Geschäftsbesorgungsvertrages gemäß § 134 BGB wegen Verletzung von § 45 BRAO nicht zur Unwirksamkeit der Prozeßvollmacht geführt; auf jeden Fall aber sei die Klageerhebung und die Vertretung durch die Rechtsanwälte xxx von diesem Mangel nicht erfaßt.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">in Abänderung des angefochtenen Urteils dieses aufzuheben und den Rechtsstreit an das Landgericht zurückzuverweisen,</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">hilfsweise,</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Beklagte auf Zahlung von 12.155,74 DM nebst 8 % Zinsen seit dem 29.05.1987 zu verurteilen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Sie ist der Auffassung, die Klage sei nicht schlüssig, da die Klägerin aus Abschlagsrechnungen vorgehe, aber gleichzeitig behaupte, die Abnahme sei erfolgt. Die Klägerin müsse nunmehr die Schlußrechnung erteilen. Im übrigen wiederholt die Beklagte ihren erstinstanzlichen Vortrag.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin ist der Auffassung, sie könne aus den Abschlagsrechnungen klagen, da die Beklagte bisher eine Abnahme verweigert habe.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Berufung hat Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Zu Unrecht hat das Landgericht die Klage als unzulässig abgewiesen. Der Senat hat gemäß § 538 Abs. 1 Ziff. 2 ZPO das Urteil aufgehoben und die Sache an das Landgericht zur weiteren Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Berufungsinstanz, zurückverwiesen. Eine eigene Sachentscheidung des Senats im Sinne des § 540 ZPO erscheint nicht sachdienlich.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Rechtsauffassung des Landgerichts ist die Klage zulässig.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Dabei kann dahinstehen, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 45 Ziff. 2 BRAO hinsichtlich der Tätigkeit der Dres. xxx pp. für die Klägerin und den Bauherren xxx gegenüber der Beklagten vorliegen. Selbst wenn man nämlich trotz unterschiedlicher Vertragsbeziehungen der genannten Personen den Begriff "dieselbe Rechtssache" bejaht und darüber hinaus § 134 BGB die Unwirksamkeit des zugrundeliegenden Geschäftsbesorgungsvertrages herbeiführen läßt (OLG Köln AnwBl. 1980, 70), führt die Anwendung von § 45 Ziff. 2 BRAO aus mehreren Erwägungen nicht zur Unzulässigkeit der Klage:</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die Wirksamkeit der Prozeßvollmacht des Anwalts wird durch die Nichtigkeit des zugrundeliegenden Geschäftsbesorgungsvertrages nämlich nicht berührt (Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 20. Aufl., § 80 Rdnr. 2; OLG Köln MDR 1974, 310; Urteil des 8. Senats des Oberlandesgerichts Hamm vom 17.10.1988 - 8 U 58/88 -, vgl. auch Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 47. Aufl. § 79 Anm. 1 zur vergleichbaren Rechtslage bei Verstoß gegen das Rechtsberatungsmißbrauchsgesetz; a.A. OLG Hamm, Urteil des 5. Senats vom 21.09.1987 - 5 U 48/87). Einen gegenteiligen Schluß enthält auch die Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln (AnwBl 1980, 70) nicht. Die sich lediglich über die Unwirksamkeit des Geschäftsbesorgungsvertrages verhält. Deren Erstreckung auf die Prozeßvollmacht widerstreitet das Abstraktionsprinzip, welches jedenfalls für die Prozeßvollmacht uneingeschränkt gilt. Der Gesetzgeber hat mit gutem Grund ein Übergreifen der Nichtigkeit des zugrundeliegenden materiellen Rechtsverhältnisses auf die Prozeßvollmacht nicht vorgesehen. Das Interesse der Rechtsordnung an der Rechtsbeständigkeit von Prozeßhandlungen ist vorrangig zu bewerten. Das Verfahrensrecht ist dringend darauf angewiesen, daß die im Verlauf des Rechtsstreits von den Parteien und ihren Vertretern vor Gericht abgegebenen Erklärungen und die von ihnen vorgenommenen Prozeßhandlungen grundsätzlich ihre Geltung behalten, so daß sich der Prozeßgegner auf sie und ihre Rechtsbeständigkeit verlassen kann. Dieses sichert das Abstraktionsprinzip. Mögliche Fehler des Grundgeschäftes schlagen deshalb auf die Prozeßvollmacht nicht durch; diese ist vielmehr erst dann unwirksam, wenn dieses ausdrücklich aus den Regeln der ZPO hervorgeht.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Der Umkehrschluß, weil ein § 155 Abs. 5 BRAO entsprechender Passus in § 45 Ziff. 2 BRAO fehle, müsse in Fällen der vorliegenden Art von einer Nichtigkeit von Rechtshandlungen des Rechtsanwalts auch im Verfahrensrecht ausgegangen werden, hieße, das Rangverhältnisses beider Normen zu mißachten. Überzeugend ist allein der folgende Erst-recht-Schluß: Wenn schon § 155 Abs. 5 BRAO bei der viel stärkeren Sanktion des Berufs- und Vertretungsverbots eine Wirksamkeit der Prozeßhandluangen anerkennt, muß dieses erst recht für § 45 Ziff. 2 BRAO, der lediglich das Tätigwerden des Rechtsanwalts in Einzelfällen betrifft, gelten.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Darüberhinaus ist für ein Eingreifen von § 45 Ziff. 2 BRAO nach Ausscheiden der Sozietät xxx aus dem Mandatsverhältnis mit der Klägerin kein Raum mehr. Der bisherige Prozeßbevollmächtigte hatte sein Mandat gemäß § 87 ZPO wirksam niedergelegt; der neue hatte es übernommen und eine neue Klageschrift eingereicht.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Mit der Argumentation, die Rechtsanwälte xxx hätten zur Fortsetzung des Parteiverrats der Rechtsanwälte xxx pp. durch Unterzeichnung deren Schriftsatzes "praktisch Beihilfe" geleistet, kann die Anwendung von § 45 Ziff. 2 BRAO nicht begründet werden: Gemäß den vom BGH NJW 1989, 394 betonten Grundsätzen kommt es nicht darauf an, wer Urheber eines anwaltlichen Schriftsatzes ist, sondern allein, wer ihn unterzeichnet hat. Dadurch übernimmt der Anwalt die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes. Demzufolge ist somit allein darauf abzustellen, ob Rechtsanwalt xxx die Merkmale des § 45 Ziff. 2 BRAO erfüllt, nicht, ob dieses auf den Urheber des Schriftsatzes zutrifft und Rechtsanwalt xxx "Beihilfe leistet". Auf Rechtsanwalt xxx trifft jedoch die in § 45 Ziff. 2 BRAO festgehaltene Interessenkollision unstreitig nicht zu.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Der vorliegende Fall weist auch nicht Besonderheiten auf, in denen die Rechtsprechung eine Ausnahme von der Maßgeblichkeit der Unterschrift anerkennt: Rechtsanwalt xxx hat weder seine Verantwortlichkeit für den Schriftsatz abgelehnt - im Gegenteil: noch in der mündlichen Verhandlung hat er angegeben, Satz für Satz selbst geprüft zu haben - noch lassen Form und Inhalt des sorgfältig erstellten und mit umfangreichen Anlagen versehen Schriftsatzes das Fehlen einer eigenverantwortlichen Überprüfung erkennen.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Eine eigene Entscheidung des Rechtsstreits durch den Senat ist nicht sachdienlich; die Sache ist nicht entscheidungsreif.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Dem Vortrag der Klägerin in der Berufungsinstanz ist zu entnehmen, daß die Beklagte eine Abnahme verweigert hat. Wenn die Klägerin aber eine Abnahme nicht mehr behauptet, bleibt ihre Klage auf Abschlagszahlung schlüssig. In diesem Fall ist aufzuklären, ob Nachlässe und Abzüge vereinbart sind. Hierzu sind Zeugen zu vernehmen. Gegebenenfalls durch Einschaltung eines Sachverständigen ist abzuklären, ob Mängel vorliegen und zur Zurückbehaltung gegenüber der Abschlagsforderung berechtigen.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Will die Klägerin allerdings weiter eine Abnahme behaupten, ist sie darauf hinzuweisen, daß sie eine Schlußrechnung erstellen und daraus klagen muß. Sie hat allerdings, folgt man Werner/Pastor (der Bauprozeß, 5. Aufl. Rdnr. 873) die Möglichkeit, die bisherige Abschlagszahlung, gegebenenfalls hilfsweise vorgetragen, als "Teilklage" zu bewerten.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Durch dieses Urteil ist die Beklagte in Höhe von 12.155,74 DM beschwert.</p>
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315,270 | olgk-1989-02-20-2-w-25788 | {
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} | 2 W 257/88 | "1989-02-20T00:00:00" | "2019-03-13T14:51:07" | "2022-10-18T15:08:43" | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1989:0220.2W257.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>I. Auf die sofortige weitere Beschwerde des Schuldners vom 1. Dezember 1988 wird der Beschluß der l0. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 4. November 1988 - 10 T 214/88 - geändert, soweit das Landgericht die Beschwerde des Schuldners gegen die Durchsuchungsanordnung des Amtsgerichts Köln vom 25. September 1987 - 281 N 10357/87 - zurückgewiesen und über die Kosten des Beschwerdeverfahrens entschieden hat. Auf die Beschwerde des Schuldners wird die Durchsuchungsanordnung vom 25. September 1987 insgesamt aufgehoben.</p>
<p>II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens vor dem Landgericht und des Verfahrens der weiteren Beschwerde vor dem Oberlandesgericht hat der Gläubiger zu tragen.</p>
<p>III. Auf seinen Antrag vom 12. Januar 1989 wird dem Schuldner für das Verfahren der weiteren Beschwerde Prozeßkostenhilfe bewilligt. Zahlungen aus dem Vermögen oder Ratenzahlungen aus dem Einkommen auf die Verfahrenskosten der weiteren Beschwerde hat der Schuldner nicht zu leisten. Der Antrag des Schuldners auf Beiordnung eines Rechtsanwalts für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird abgelehnt.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Gründe</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Unter dem 23. September 1987 hat das Finanzamt L namens des Gläubigers bei dem Amtsgericht den Erlaß einer Durchsuchungsanordnung beantragt. Es hat ausgeführt, daß gegen den Schuldner vollstreckbare Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§§ 249 f. AO) von insgesamt 27.431,-- DM gegeben seien. Mit Anordnung vom 25. September 1987 - 281 M 10357/87</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">die der Vollstreckungsrichter wie nachstehend wiedergegeben unterzeichnet hat,</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks"><img width="168" height="2" src="2_W_257_88_Beschluss_19890220_0.png" alt="Die Entscheidung enthält an dieser Stelle ein Bild oder eine Grafik." />Richter am Amtsgericht</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">(/</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">hat das Amtsgericht "aufgrund vollstreckbarer Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§§ 249 ff. AO) von insgesamt 27.431,-- DM gemäß § 287 AO in Verbindung mit Art. 13 Abs. 2 GG die Durchsuchung der ... Wohnung bzw. Geschäftsräume und Behältnisse des Schuldners durch den Vollziehungsbeamten angeordnet und die Öffnung verschlossener Haus- und Zimmertüren und Behältnisse gestattet". Das Amtsgericht hat ferner ausgesprochen, daß diese Anordnung zugleich für das Abholen der Pfandstücke gelte. Auf die am 16. August 1988 bei Gericht eingegangene Beschwerde des Schuldners gegen diese Anordnung hat das Landgericht Köln durch Beschluß vom 4. November 1988 - 10 T 214/88 - den Beschluß des Amtsgerichts vom 25. September 1987 unter Zurückweisung des weitergehenden Antrags des Gläubigers vom 23. September 1987 teilweise dahin abgeändert, daß die durch den Beschluß erfolgten Anordnungen und Gestattungen aufgrund vollstreckbarer Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis von insgesamt 20.336,-- DM ergehen. Die weitergehende Beschwerde des Schuldners hat das Landgericht zurückgewiesen. Es hat die Kosten des <img width="1" height="52" src="2_W_257_88_Beschluss_19890220_1.png" alt="Die Entscheidung enthält an dieser Stelle ein Bild oder eine Grafik." />Verfahrens dem Gläubiger zu 1/4 und dem Schuldner zu 3/4 auferlegt.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Gegen diesen ihm am 18. November 1988 zugestellten Beschluß wendet sich der Schuldner mit der am 1. Dezember 1983 bei Gericht eingegangenen sofortigen weiteren Beschwerde.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Gläubiger hat unter dem 23. September 1987 den Erlaß einer Durchsuchungsanordnung nach § 287 Abs. 4 AO beantragt. Nach dieser Vorschrift ist für die richterliche Anordnung einer Durchsuchung im Verfahren der Zwangsvollstreckung aus Verwaltungsakten der Finanzbehörden wegen Geldforderungen das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Durchsuchung vorgenommen werden soll. Das Verfahren der Erteilung einer derartigen Durchsuchungsanordnung richtet sich nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung, nicht nach denen der Finanzgerichtsordnung. Gegen die Entscheidung des Amtsgerichts nach § 287 Abs. 4 AO ist daher der Rechtsmittelzug der Zivilprozeßordnung eröffnet (vgl. KG NJW 1982, 2326; Klein/Orlopp, AO, 3. Auflage 1986, Anm. 6 zu § 287; Zöller/Stöber, ZPO, 15. Auflage 1987, Rdnr. 31 zu § 759).</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der sofortigen weiteren Beschwerde nach 3§ 568 Abs. 2, 577 Abs. 2, 793 ZPO sind gegeben. Das Rechtsmittel ist form- und fristgerecht eingelegt worden. Auch die Zulässigkeitsvoraussetzung des § 568 Abs. 2 ZPO ist erfüllt. Zwar stimmen die Vorentscheidungen, soweit der Schuldner durch den angefochtenen Beschluß des Landgerichts beschwert wird, im Ergebnis überein. Der Beschluß des Landgerichts beruht jedoch auf einem wesentlichen Verfahrensmangel, so daß deshalb ein neuer selbständiger Beschwerdegrund gegeben ist.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat über eine Durchsuchungsanordnung des Amtsgerichts befunden, die nicht existent geworden ist. Denn der Beschluß vom 25. September 1987 ist nicht unterschrieben.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Gerichtliche Beschlüsse ohne Unterschrift sind nicht existent, sondern stellen lediglich Entwürfe dar (vgl. OLG Düsseldorf, HDR 1980, 943; Senat, NJW 1988, 2805; Zöller/Vollkommer, a.a.O., Rdnr. 36 zu § 329 m.w.N.). Das gilt auch für paraphierte Beschlüsse, da ein Handzeichen (Paraphe) die Unterschrift nicht ersetzt (vgl. BGHZ 76, 236, 241; Senat, a.a.O.).</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Durchsuchungsanordnung des Vollstreckungsrichters vom 25. September 1987 ist aber nur paraphiert. Dies ergibt sich aus einem Vergleich der oben eingeblendeten Unterzeichnung dieser Durchsuchungsanordnung mit der vollständigen Unterschrift des V011strackungsrichters, die dem Senat aus anderen Verfahren bekannt ist.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks"><img width="1" height="28" src="2_W_257_88_Beschluss_19890220_2.png" alt="Die Entscheidung enthält an dieser Stelle ein Bild oder eine Grafik." />Denkbar ist, daß der Richter die Durchsuchungsanordnung nicht paraphieren, sondern in der oben dargestellten Weise mit vollem Namenszug unterschreiben wollte, daß er also neben seiner dem Senat bekannten vollständig ausgeschriebenen Unterschrift auch die oben dargestellte Art der Unterzeichnung als Unterschriftsleistung betrachtet. Dann fehlt es jedoch bei dieser Art der Unterzeichnung an den höchstrichterlich festgelegten Mindestanforderungen, die an eine derartige Unterschrift zu stellen sind. Eine Unterschrift muß zwar nicht lesbar sein. Erforderlich ist indes ein die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnender Schriftzug, der einen individuellen Charakter aufweist, wenigstens die Andeutung von Buchstaben enthält und es einem Dritten, der den Namen des Unterzeichnenden kennt, ermöglicht, diesen Namen aus dem Schriftbild noch herauszulesen (vgl. BGH NJW 1975, 1705, 1706; BGH VersR 1932, 492; BGH VersR 1983, 555; BGH VersR 1984, 142 und 873; BGH NJW 1987, 1333, 1334). Ob ein Schriftzeichen eine Unterschrift oder lediglich eine Paraphe darstellt, beurteilt sich nach dem äußeren Erscheinungsbild (vgl. BGH VersR 1982, 492; BGH VersR 1987, 507).</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Unterzeichnung der Durchsuchungsanordnung vom 25. September 1987 durch den Vollstreckungsrichter genügt den vorstehend wiedergegebenen Anforderungen an eine Unterschrift nicht (vgl. auch die für einen gleichgelagerten Fall vom Landgericht bereits mit einem Beschluß vom 3. November 1986 – l0 T 47/86 ‑ geäußerten Bedenken). Sie läßt auch nicht andeutungsweise erkennen, daß es sich dabei um den Namen H handelt. Auch einzelne Buchstaben dieses Namens sind - von einer teilweisen Wiedergabe des ersten Buchstabens "H" abgesehen - nicht erkennbar.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die angefochtene Entscheidung des Landgerichts beruht auch auf dem Verfahrensmangel, daß über die Beschwerde gegen einen nicht existent gewordenen Beschluß entschieden worden ist. Dieser Mangel besteht im Zeitpunkt der Senatsentscheidung noch. Ein Nachholen einer Unterschrift mit Rückwirkung mag grundsätzlich möglich sein. Jedoch sind die für Unterschriftsmängel Bei   verkündeten  Urteilen geltenden Grundsätze nicht ohne weiteres auf Beschlüsse im schriftlichen Verfahren übertragbar. Fehlende Unterschriften unter verkündeten Urteilen dürfen nachgeholt werden; eine geleistete Unterschrift unter einem verkündeten Urteil durch einen Richter, der bei der Entscheidung nicht mitgewirkt hat (§ 315 Abs. 1 Satz 1 ZPO), darf gemäß § 319 ZPO durch Nachholen der Unterschrift des beteiligten Richters berichtigt werden. Textlich darf jedoch das verkündete Urteil nicht mehr geändert werden. Im Ausgangsfall ist der Vollstreckungsrichter jedoch rechtlich nicht gehindert, seinen nicht verkündeten Durchsuchungsbeschluß auch inhaltlich abzuändern, da es sich dabei lediglich um einen Entwurf handelt, der keine weitere Unterschrift trägt. Darüber hinaus erscheint es dem Senat auch grundsätzlich bedenklich, einer im Zeitpunkt der Einlegung zulässigen Beschwerde nachträglich durch Behebung richterlicher Versäumnisse die Zulässigkeit zu nehmen, was zwangsläufig zur Verwerfung des Rechtsmittels mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO führen müßte (vgl. Senat, NJW 1988, 2805).</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Der Senat ist im Erkenntnisverfahren durch die Zulassungspflicht nach § 546 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ZPO genötigt, die vom Bundesgerichtshof aufgestellten Grundsätze über die Mindesterfordernisse einer anwaltlichen Unterschrift zu beachten. Diese Grundsätze gelten auch für die von Justizorganen zu leistenden Unterschriften (vgl. BGHZ 76, 236, 241; BGH VersR 1983, 33; BGH MDB 1988, 218; OLG Oldenburg MDR 1988, 253). Das folgt schon daraus, daß es sich um die Anwendung des § 126 BGB im Prozeßrecht handelt (vgl. dazu Soergel/Hefermehl, BGB, 12. Auflage 1988, Rdnr. 11 und 16 zu § 126). Es ist daher unumgänglich, dieselben strengen Maßstäbe, die für die Unterzeichnung vor allem von anwaltlich gefertigten Rechtsmittelschriften gelten, auch auf Richter und Rechtspfleger anzuwenden (vgl. Senat, a.a.O.).</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Schließlich ist auch das Rechtsschutzbedürfnis für die weitere Beschwerde des Schuldners gegeben. Daß die Durchsuchung seiner Räume inzwischen ausgeführt ist, steht dem Rechtsschutzinteresse nicht entgegen: es würde der Bedeutung des Grundrechtsschutzes nach Art. 13 Abs. 1 und 2 GG nicht entsprechen, wenn die Befugnis, Rechtsbehelfe einzulegen, mit Abschluß der Durchsuchung entfiele (vgl. BVerfGE 51, 97, <span style="text-decoration:underline">104 f.;</span> BFH BStBl. 1977, II, 183, 184; BFH BStBl. 1980, II, 658; KG NJW-RR 1987, 126; LG Koblenz, DGVZ 1982, 91; Baumbach/Lauterbach/ Hartmann, ZPO, 47. Auflage 1989, Anm. 5 zu § 758; Huken, Verwaltungsvollstreckungsgesetz NW, 4. Auflage 1986, Anm. 10 d vor 14 m.w.N.; Zöller/Stöber, a.a.O., Rdnr. 25 zu <em>§</em> 287). Hinzu kommt, daß die Auswirkungen der Durchsuchung (Pfändung) über ihre Ausführung hinaus fortdauern.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die sofortige weitere Beschwerde ist auch begründet. Dies ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen zur Zulässigkeit. Der Senat kann auch nicht aus anderen Gründen (Gedanke des § 563 ZPO) zur Sache entscheiden, da keine existente Durchsuchungsanordnung das Amtsgerichts besteht, die Gegenstand einer sachlichen Überprüfung sein könnte. Da indes dem Gläubiger eine Ausfertigung der nicht existent gewordenen Durchsuchungsanordnung erteilt worden ist und somit der Schein einer wirksamen Anordnung besteht, ist es geboten, die Anordnung - wie in der Beschlußformel geschehen - aufzuheben.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Der Senat bemerkt daher nur ergänzend, daß auch das Verfahren des Amtsgerichts im übrigen Bedenken begegnet. Das Amtsgericht hat über den Antrag auf Erlaß der Durchsuchungsanordnung vom 23. September 1987 bereits am 25. September 1987 befunden, ohne den Schuldner vorher zu diesem Antrag anzuhören. Nach der die Gerichte bindenden (§ 31 Abs. 1 BVerfGG) Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG NJU 1981, 2111, <span style="text-decoration:underline">2112)</span> gebietet Art. 103 Abs. 1 grundsätzlich die Anhörung des Vollstreckungsschuldners  v o r   Erlaß der Durchsuchungsanordnung. Da das rechtliche Gehör dem Betroffenen Gelegenheit geben soll, auf eine bevorstehende gerichtliche Entscheidung Einfluß zu nehmen, ist in Regelfall nur eine vorherige Anordnung sinnvoll. Zwar kann die Sicherung gefährdeter Interessen des Gläubigers in besonderen Verfahrenslagen einen sofortigen Zugriff notwendig machen, der die vorherige Anhörung ausschließt. In solchen Fällen ist eine Verweisung des Betroffenen auf nachträgliche Anhörung mit dem Grundgesetz vereinbar. Die Entscheidung darüber, ob aus solchem Grunde von der vorherigen Anhörung des Vollstreckungsschuldners abgesehen werden kann, steht zwar im pflichtgemäßen Ermessen des mit der Entscheidung über die Durchsuchungsanordnung befaßten Richters im jeweiligen Einzelfall (vgl. BVerfG, a.a.O.). Dieser Ermessensentscheidung bedarf indes sorgfältiger Prüfung. Da die Gewährung rechtlichen Gehörs auch vor Erlaß einer Durchsuchungsanordnung im Regelfall geboten ist, bedarf das Absehen von der Regel der Begründung. Dabei genügt die allgemeine Erwägung, daß Interessen des Gläubigers an alsbaldiger Durchsetzung des Vollstreckungstitels bestehen könnten oder die abstrakte Gefahr der Vollstreckungsvereitelung nach der zitierten Rechtsprechung nicht, um von vorheriger Anhörung des Schuldners abzusehen. Im Streitfall hat der Gläubiger Gründe, die einer Anhörung des Schuldners vor der Entscheidung über die Durchsuchungsanordnung hätten entgegenstehen können, nicht dargetan. Solche Gründe waren auch nicht sonst ersichtlich, zumal der Antrag auf Erlaß der Durchsuchungsanordnung allein darauf gestützt war, daß der Schuldner von dem Vollziehungsbeamten wiederholt nicht angetroffen worden sei. Gründe, weshalb das Amtsgericht von der vorherigen Anhörung des Schuldners abgesehen hat, läßt die Entscheidung vom 25. September 1987 nicht erkennen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Da die weitere Beschwerde des Schuldners begründet ist, bedurfte es keiner weiteren Verlängerung der ihm gewährten Frist zur Begründung seines Rechtsmittels.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">3.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die Voraussetzungen für die vom Schuldner beantragte Gewährung von Prozeßkostenhilfe für das Verfahren der weiteren Beschwerde liegen vor. Seinen Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts lehnt der Senat ab, weil die Vertretung des Schuldners im Beschwerdeverfahren durch einen Rechtsanwalt weder gesetzlich vorgeschrieben, noch aus sonstigem Grund erforderlich ist (§ 121 Abs. 1, Abs. 2, § 78 Abs. 3, § 559 Abs. 2 ZPO).</p>
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} | 4 S 157/88 | "1989-02-17T00:00:00" | "2019-03-13T14:51:08" | "2022-10-18T15:08:41" | Urteil | ECLI:DE:LGBN:1989:0217.4S157.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Euskirchen vom 02.08.1988 – 21 C 305/87- teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:</p>
<p>Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.700,-- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 7.7.1987 zu zahlen.</p>
<p>Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p>Von den Kosten des Rechtsstreits (beider Instanzen) tragen der Kläger 55 % und der Beklagte 45 %.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Von der Darstellung des   Tatbestandes   wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der zulässigen, insbesondere form- und fristgerecht eingelegten Berufung konnte ein Teilerfolg nicht versagt bleiben.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger kann nach § 463 BGB von dem Beklagten Zahlung von 1.700,-- DM verlangen, weil dieser ihn sowohl über den Zeitraum des früheren Betriebes des verkauften PKW G-H als auch über dessen vormalige Benutzung als Testwagen bei der Firma G arglistig getäuscht hat.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">In beiden Fällen handelt es sich um Mängel des Fahrzeuges im Sinne des § 459 BGB. Zum einen gingen die Vorstellungen des Klägers bei Vertragsabschluss aufgrund der Angabe des Erstzulassungsdatums 13.2.1986 dahin, daß der Wagen kurz vorher allenfalls zum Zwecke der Überführung vom Herstellerwerk gefahren worden war. Tatsächlich war er jedoch unstreitig schon Anfang Februar 1985 in Betrieb genommen worden und wies zum Zeitpunkt der Erstzulassung ausweislich des zwischen der Firma G und dem Beklagten geschlossenen Kaufvertrages vom 7.2.1986 bereits einen Kilometerstand von 11.227 km auf. Die somit um mindestens ein Jahr verlängerte Nutzungsdauer und die dadurch verursachten Verschleißerscheinungen bedingen zwangsläufig eine nicht nur unerhebliche Beeinträchtigung der allgemeinen Wertschätzung. Darüber hinaus war der PKW bei der Firma G zumindest zum Test eines neuartigen Getriebes eingesetzt worden, das vor dem Verkauf an den Beklagten durch das serienmäßige Getriebe ersetzt wurde. Es mag zwar zutreffen, daß die Firma G während der Testzeit keine besonders verschleiß-und ermüdungsintensiven Untersuchungen angestellt hat, wie der Beklagte behauptet. Gleichwohl haftete dem Wagen allein aufgrund der bloßen längeren Benutzung als Testfahrzeug ein zusätzlicher Mangel an. Denn die atypische, nach der allgemeinen Lebenserfahrung ein Fahrzeug mehr als gewöhnlich strapazierende Art der Vorbenutzung als Testobjekt wirkt sich ähnlich wie etwa bei einem Fahrschulwagen ( vgl. OLG Nürnberg MDR 1985,672) wesentlich auf seine Bewertung durch den Markt aus. Dieser schätzt ein Testfahrzeug schon wegen der Möglichkeit übermäßiger Beanspruchung wertmäßig deutlich geringer ein als ein Fahrzeug, das von privater Hand normal benutzt worden ist. Die Kammer schließt sich insoweit im Gegensatz zum Amtsgericht der Entscheidung des OLG Köln vom 31.10.1985 - 12 U 55/ 85- an und sieht sich hierin durch den Sachverständigen C bestärkt, der ausgeführt hat, daß allein schon die vormalige Benutzung eines Fahrzeuges als Dienstwagen nach der Marktbewertung regelmäßig zu einem Preisabschlag von ca. 1o % führt.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Auch die weiteren Voraussetzungen des § 463 BGB sind erfüllt. Der Beklagte hat die beiden Mängel des Fahrzeuges bei Vertragsabschluss nicht lediglich verschwiegen, weshalb es nicht darauf ankommt, ob ihn insoweit eine Aufklärungspflicht traf. Er hat den Kläger vielmehr durch sein Handeln bewusst über die Mängel getäuscht. Soweit es die längere Dauer der Vorbenutzung des Wagens angeht, ergibt sich dies schon aus der Angabe des Erstzulassungsdatums im Kaufvertrag. Diese Erklärung konnte ohne zusätzliche Erläuterung vom Kläger nur dahin verstanden werden, daß der PKW erst kurz vorher -wie üblich- zum Zwecke der Überführung vom Herstellerwerk in Betrieb genommen worden sei. Ferner steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest, daß der Beklagte auf ausdrückliches Befragen der Ehefrau des Klägers versichert hat, daß es sich nicht um einen Testwagen handele, obwohl ihm die Art der Vorbenutzung zugegebenermaßen bekannt war. Die Zeugin A hat sowohl vor dem Amtsgericht als auch bei ihrer erneuten Vernehmung vor der Kammer bekundet, als früherer Sekretärin eines mit dem Vorserienbau befassten Mitarbeiters der Firma G seien ihr bei der Besichtigung des Fahrzeuges die andersartigen Blinker aufgefallen. Sie habe deshalb den Beklagten gefragt, ob der Wagen aus dem Vorserienbau stamme, was dieser verneint habe. Die Kammer hat keinen Anlass, den Wahrheitsgehalt dieser Aussage in Zweifel zu ziehen. Die Zeugin hat einen glaubwürdigen Eindruck hinterlassen. Für die Richtigkeit ihrer Aussage spricht zudem, daß sie die weitere Behauptung ihres Ehemannes, der Beklagte habe ihm zugesichert, für den Wagen bestehe noch eine zweimonatige Herstellergarantie, nicht bestätigt hat. Im übrigen ist bei den Kaufverhandlungen unstreitig über den Vorserienbau bei der Firma G gesprochen worden. Wenn der Zeugin aber, wie ferner unstreitig ist, Abweichungen des Wagens gegenüber der Normalaustattung aufgefallen sind und sie über gewisse Erfahrungen im Vorserienbau verfügte, dann drängt es sich geradezu auf, dass sie nach der früheren Benutzung des Fahrzeuges gefragt und der Beklagte ihr hierauf eine eindeutige Antwort gegeben hat.- Da der Beklagte nach Überzeugung der Kammer auch wusste, dass Art und Dauer der Vorbenutzung des PKWs zumindest für die Preisvorstellungen des Klägers von maßgeblicher Bedeutung waren, handelte er arglistig. Im Hinblick darauf kann die von ihm erhobene Verjährungseinrede nicht durchgreifen (§ 477 BGB).</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der somit dem Grunde nach bestehende Schadensersatzanspruch des Klägers ist auch nicht gemäß § 460 BGB ausgeschlossen. Dem Beklagten ist nämlich nicht der ihm obliegende Beweis gelungen, daß der Kläger die Art der Vorbenutzung des Wagens vermittels des Wissens seiner Ehefrau positiv gekannt hat. Die zum Beweis dieser Tatsache benannte Zeugin A hat vielmehr im Gegenteil bekundet, der Beklagte habe ihre diesbezüglichen Verdachtsgründe zerstreut. Aufgrund der Fahrgestellnummer des Wagens sei sie nicht auf den Gedanken gekommen, daß er im Bereich des Vorserienbaues eingesetzt worden sein könnte.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Nach § 463 BGB kann der Kläger als sog. kleinen Schadensersatz Ersatz des Wertunterschiedes zwischen mangelfreier und mangelhafter Sache verlangen. Der Sachverständige C hat hierzu nachvollziehbar und von den Parteien unbeanstandet ausgeführt, der Marktwert des PKWs habe unter Berücksichtigung der Sonderausstattung zum Zeitpunkt des Verkaufs an den Kläger bei 17.600, -- DM gelegen. Unter Zugrundelegung des Kaufpreises von 19.300,-- DM, den der Kläger als wert, der mangelfreien Sache ansetzt, ergibt sich ein vom Beklagten zu erstattender Minderwert von 1.700,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Aufgrund der Fristsetzung zur Zahlung bis zum 6.7.1987 befand sich der Beklagte seit dem 07.07.1987 mit der Zahlung im Verzuge, weshalb der Kläger seit diesem Zeitpunkt gemäß § 288 BGB 4 % Zinsen auf die Hauptforderung beanspruchen kann.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht, auf § 92 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Gegenstandswerts 3.800,-- DM.</p>
|
315,272 | ag-neuss-1989-02-17-8136-c-32888 | {
"id": 713,
"name": "Amtsgericht Neuss",
"slug": "ag-neuss",
"city": 473,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 81/36 C 328/88 | "1989-02-17T00:00:00" | "2019-03-13T14:51:10" | "2022-10-18T15:08:41" | Urteil | ECLI:DE:AGNE:1989:0217.81.36C328.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beklagten werden verurteilt, den Überhang der auf ihrem Grundstück stehenden 13 Fichten zum Grundstück der Kläger seitlich zur Grundstücksgrenze zu beschneiden.</p>
<p></p>
<p>Die weitergehende Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Den Klägern wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 100,00 DM abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vorher in gleicher Höhe Sicherheit leisten.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Tatbestand:</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien sind benachbarte Grundstückseigentümer. Die Beklagten haben das Grundstück ... 1983 von den Voreigentümern ... gekauft. Diese pflanzten im Winter 1973/74 in einem Abstand von ca. 33 cm zur Grundstücksgrenze der Kläger 13 Fichten, die 1974 ca. 1 m hoch waren und inzwischen eine Höhe von ca. 6 m erreicht haben.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Mit der vorliegenden Klage begehren die Kläger von den Beklagten die Entfernung bzw. die höhen- und seitenmäßige Beschneidung der Fichten. Sie tragen vor, die Fichten seien zunächst als Hecke einzuordnen gewesen. Infolge des Wachstums seien die Fichten 1984 von einer Hecke wieder zu einer Baumreihe geworden. Die Fichten nähmen dem Ziergarten der Kläger die Sonne und auch eine Freizeitgestaltung im Garten sei unter Sonnengesichtspunkten nur noch äußerst beschränkt gegeben. Mit dem Voreigentümer sei vereinbart worden, dass dieser für den Fall, dass die Reihe die Kläger stören würde, die Baumreihe bzw. Hecke entweder beschneide oder gänzlich entferne.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Kläger beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">die Beklagten zu verurteilen, die auf ihrem Grundstück in einem Abstand zur Grundstücksgrenze von 0,33 m – Baumstammmitte – zum Grundstück der Kläger stehenden 13 Fichten zu entfernen,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">hilfsweise,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">die Beklagten zu verurteilen, die auf ihrem Grundstück aus 13 Fichten in einem Abstand zur Grundstücksgrenze des Grundstückes der Kläger von 0,33 m bestehende Fichtenhecke auf eine Höhe von 2 m sowie seitlich zur Grundstücksgrenze zu beschneiden.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten erkennen den Hilfsantrag der Kläger bezüglich der Beseitigung des Überhanges an und beantragen im übrigen, die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte zu 1) bestreitet das Vorbringen der Kläger. Er trägt vor, die Fichten seien seit der Anpflanzung weder beschnitten, noch versetzt worden. Die Ausschlussfrist des § 47 NachbarrechtsG NW sei abgelaufen. Die Beklagte zu 2) hat nicht ausdrücklich Stellung bezogen, sie möchte in keinem Fall mit Kosten belastet werden.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe:</u></p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Soweit die Beklagten den Hilfsantrag der Kläger teilweise anerkannt haben, beruht die Entscheidung auf §§ 301, 307 ZPO. Die weitergehende Klage ist nicht begründet. Ein Anspruch der Kläger gegen die Beklagten, die notwendige Streitgenossen sind, auf Entfernung bzw. Beschneidung der 13 Fichten ist zwar gemäß §§ 1004 Abs. 1 BGB i.V.m. §§ 41 Abs. 1, Nr. 1a, 42a+b, 50 NachbG NW entstanden. Er ist jedoch nach § 47 NachbG NW ausgeschlossen, da die Kläger nicht binnen 6 Jahren nach dem Anpflanzen der Fichten Klage auf Beseitigung bzw. Beschneidung erhoben haben. Die Ausschlussfrist des § 47 NachbG ist spätestens 1981 abgelaufen, denn die Fichten sind unstreitig bereits im Winter 1973/74 gepflanzt worden und hatten 1974 eine Höhe von ca. 1 m. Auf einen erst 1984 eingetretenen nachbarrechtswidrigen Zustand können die Kläger sich bereits deshalb nicht berufen, weil der nachbarrechtswidrige Zustand bereits im Zeitpunkt der Anpflanzung bestanden hat, unabhängig davon, ob es sich bei den Fichten um stark wachsende Bäume i.S. von § 41 Abs. 1 Nr. 1a NachbG NW oder um eine Hecke i.S. von § 42 a oder b NachbG NW handelt bzw. handeln sollte. Nach der auch von den Klägern zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (MDR 1978, S. 565 = AgraR 1978, S. 131), kommt die Bestimmung des § 47 NachbG NW nur dann nicht zur Anwendung, wenn der nachbarrechtswidrige Zustand nicht bereits bei Anpflanzung gegeben war, sondern erst später infolge Veränderung des Wachstums eingetreten ist. Lag ein den Vorschriften des Nachbarrechtsgesetztes widersprechender Grenzabstand aber bereits im Zeitpunkt der Anpflanzung vor, so gilt § 47 NachbG NW uneingeschränkt mit der Folge, dass die Beseitigungsansprüche des Grundstücksnachbarn mit Ablauf der 6-Jahresfrist erlöschen. In der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 18.11.1977 (a.a.O.) heißt es hierzu ausdrücklich: "Diese Bestimmung gilt für eine Anpflanzung, die nach der Pflanzensorte und der Pflanzweise (Reihe, Abstand zwischen den Einzelpflanzen) zu einer Hecke gezogen werden kann, nur dann, wenn bereits im Zeitpunkt des Anpflanzens feststeht, dass sie nicht zur Hecke gezogen werden soll oder dass sie den für Hecken vorgeschriebenen Grenzabstand nicht einhält oder im Laufe ihrer Entwicklung nicht wird einhalten können."</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Handelte es sich bei den Fichten von Anfang an nicht um eine Hecke, sondern um stark wachsende Bäume, so folgt der nachbarrechtswidrige Zustand unmittelbar aus dem Gesetz, dann bereits bei Anpflanzung war der in § 41 Abs. 1 Nr. 1 a NachbG NW vorgeschriebene Abstand von 4 m nicht eingehalten, so dass das nachträgliche Wachstum der Fichten an diesem bereits bestehenden rechtswidrigen Zustand nichts ändern konnte.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Handelte es sich dagegen ursprünglich um eine Hecke so gilt nichts anderes. Die Fichten entsprachen nämlich bereits bei ihrer Anpflanzung nicht einmal dem in § 42 a NachbG NW für eine Hecke von 2m Höhe vorgesehenen Mindestabstand von 50 cm, denn unstreitig wurden die Fichten in einem Abstand von 33 cm zur Grenze gepflanzt. An diesem nachbarrechtswidrigen Zustand konnte sich durch das spätere Wachstum der Fichten nichts mehr ändern.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Im übrigen müssen die Fichten bereits 1981 eine Höhe von mindestens ca. 3,10 m aufgewiesen haben, denn Fichten haben in den ersten 7 Jahren ein durchschnittliches Höhenwachstum von 30 bis 50 cm pro Jahr (OLG Düsseldorf, 9 U 57/84, Urteil vom 13.06.1984), so dass spätestens seit dieser Zeit ein nachbarrechtswidriger Zustand wegen Nichteinhaltung des Grenzabstandes gemäß § 42 a + b NachbG NW bestanden hat. Da die Klage erst im Jahre 1988 anhängig gemacht worden ist, ist die 6-Jahresfrist des § 47 NachbG NW auch bei dieser Sachlage verstrichen. Weitergehende Rechtsgrundlagen sind nicht ersichtlich. Auch die Entziehung von Licht und Luft durch Bäume auf dem Nachbargrundstück ist nach dem BGB grundsätzlich nicht abwehrbar, weil es sich um sog. negative Einwirkungen handelt (BGH NJW 1975, 170), es sei denn, die Ausübung des Herrschaftsrechtes wäre missbräuchlich, so dass sich aus dem nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis (§ 242 BGB) ein Abwehranspruch gegen eine Schädigung ergibt. Ein solches missbräuchliches Verhalten der Beklagten ist nicht zu erkennen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Soweit die Kläger vertragliche Ansprüche auf Beseitigung bzw. Beschneidung behaupten, ist zum einen nicht zu erkennen, aus welchen Rechtsgründen die Beklagten als Erwerber des Grundstücks an eine solche nicht dinglich gesicherte Vereinbarung gebunden wären, im übrigen fehlt es bereits an einer nachvollziehbaren Darlegung der Kläger, wann und bei welcher Gelegenheit eine solche Vereinbarung mit dem Voreigentümer zustande gekommen sein soll. Jedenfalls wäre ein Beseitigungs- bzw. Beschneidungsanspruch der Kläger gem. § 242 BGB verwirkt, denn nach dem gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden und unstreitig anzusehenden Sachvortrag der Beklagten, sind die Fichten seit ihrer Anpflanzung weder seitlich noch höhenmäßig beschnitten worden. Haben die Kläger danach aber das unbegrenzte Wachstum der Fichten über mehr als 10 Jahre bis zum Eigentumsübergang auf die Beklagten geduldet, so sind sie gemäß § 242 BGB auch für die Zukunft hieran gebunden.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Der Schriftsatz vom 10.02.1989 gibt nach Überprüfung keine Veranlassung zu einer Abänderung der Entscheidung.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 93, 708 Nr. 11, 711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Richter am Amtsgericht</p>
|
315,273 | olgk-1989-02-17-6-u-8088 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 6 U 80/88 | "1989-02-17T00:00:00" | "2019-03-13T14:51:11" | "2022-10-18T15:08:42" | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1989:0217.6U80.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p></p>
<p>Die Berufung der Beklagten gegen das am 2.3.1988 verkündete Urteil der</p>
<p>28. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 28 O 509/87 - wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung hinsichtlich der Hauptsache durch Sicherheitsleistung in Höhe von 200.000,-- DM, hinsichtlich der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 18.500,-- DM abzuwenden, wenn nicht die Klägerin ihrerseits vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet. Beiden Parteien wird nachgelassen, die Sicherheitsleistung auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Berlins (West) ansässigen Großbank oder eines öffentlich-rechtlichen Kreditinstituts zu erbringen.</p>
<p></p>
<p>Die Beschwer der Beklagten wird auf 200.000,-- DM festgesetzt.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Tatbestand</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin produziert und vertreibt u.a. hinterbeinlose Stahlrohrstühle. Zu ihrem Programm gehören auch Stühle, deren Design nach Ansicht der Klägerin zurückzuführen ist auf Schöpfungen des Architekten und Designers XXX und des Fachlehrers XXX aus den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts. Mit XXX schloß die Klägerin im Februar 1978 einen Vertrag, in dem es u.a. heißt:</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">"1. Herr XXX ist Urheber eines von ihm im Jahre 1925/1926 erstmals geschaffenen hinterbeinlosen Stahlrohrstuhles, wie er in dem Buch von Schneck "Der Stuhl" auf Seite 50 unter Nr. 88 abgebildet ist. ... Herr XXX hat außerdem Varianten des zuvor erwähnten Stuhles geschaffen, u.a. mit Holzsitz und Holzrückenlehne sowie einen hinterbeinlosen Stahlrohrstuhl in Sesselform mit Armlehnen. ...</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">4. Die Parteien schließen hiermit einen ... ausschließlichen Lizenzvertrag an den Urheberrechten von Herrn XXX an den vorstehend in Ziffer 1 angegebenen urheberrechtlich geschützten Werken dahingehend ab, daß ausschließlich die Firma Gebrüder XXX befugt ist, die urheberrechtlich geschützten Werke zu vervielfältigen und zu verbreiten. Für diese ausschließliche Lizenz werden folgende Bedingungen vereinbart: ...</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">i) Die Lizenznehmerin übernimmt den Rechtsschutz der Urheber- und Lizenzrechte auf ihre Kosten. </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">...."</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Herr XXX hatte seine Rechte an einem von ihm im Jahre 1923 geschaffenen Stahlrohrstuhl durch Vertrag vom 30.12.1937 auf eine Firma XXX in Köln übertragen. Im Januar 1976 schlossen diese Firma XXX und die Klägerin einen Vertrag in dem es u.a. heißt:</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">"1. Herr XXX und der inzwischen verstorbene Herr XXX haben in den zwanziger Jahren einen urheberrechtsfähigen hinterbeinlosen Stuhl entwickelt. ...</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">2. XXX und XXX sind sich einig, daß XXX auch bezüglich des XXX zustehenden Urheberrechtsanteiles an dem hinterbeinlosen Stuhl ein ausschließliches Recht zur Benutzung (Herstellung und Vertrieb) haben soll, jedoch mit der Einschränkung, daß XXX für sich und ihre Beteiligungsfirmen zur Herstellung und zum Vertrieb dieses hinterbeinlosen Stuhles berechtigt bleibt.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">3. Die Erteilung des ausschließlichen Rechtes zugunsten von XXX dient insbesondere dem Zweck, daß XXX gegenüber allen Dritten (Verletzern) berechtigt und bevollmächtigt ist, auch hinsichtlich des XXX zustehenden Urheberrechtsanteiles im eigenen Namen Verteidigungshandlungen vorzunehmen, etwaige Verletzungen zu verfolgen und Schadensersatzansprüche geltend zu machen."</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist ein Großhandelsunternehmen im Möbelbereich. Auch sie vertreibt seit langem freischwingende Stühle u.a. an die Firmen XXX sowie XXX und XXX. Im Jahre 1985 kam es zwischen den Parteien bereits einmal zu einer Auseinandersetzung über einen hinterbeinlosen freischwingenden Stuhl, den die Beklagte an die Firma XXX geliefert hatte. Unter dem 16.8.1985 gab die Beklagte gegenüber der Klägerin eine strafbewehrte Verpflichtungserklärung dahingehend ab, es zu unterlassen, in der Bundesrepublik Deutschland oder West-Berlin hinterbeinlose Stahlrohrstühle feilzuhalten und/oder in Verkehr zu bringen und/oder Abbildungen solcher Stahlrohrstühle zu vervielfältigen und/oder zu vertreiben, bei denen von dem u-förmig gebogenen Bodengestell die beiden Rohrteile nach viertelkreisförmiger Biegung senkrecht oder nahezu senkrecht emporsteigend, worauf sie nach weiterer viertelkreisförmiger Biegung die beiden Sitzstangen parallel oder nahezu parallel zu den Außenseiten des Bogengestells bilden und nach weiterer viertelkreisförmiger Biegung als Träger der Rückenlehne senkrecht oder nahezu senkrecht ansteigen, soweit derartige Stühle nicht von der Gebrüder XXX bezogen sind.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Im Jahre 1987 bewarben die Firma XXX in einem Prospekt und die Firma XXX in ihrem Katalog Herbst/Winter 1987/88 u.a. einen hinterbeinlosen freischwingenden Stuhl, den sie von der Beklagten bezogen hatten. Das Aussehen dieses Stuhles ergibt sich aus den Abbildungen im nachstehenden Klageantrag.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Beklagte verletze durch die Herstellung und Verbreitung dieses Stuhles das ihr, der Klägerin, am XXX-Stuhl zustehende Nutzungsrecht. Es handele sich bei diesem Modell um eine Nachbildung mit nur geringfügigen Unterschieden.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">1. die Beklagte zu verurteilen,</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">a) es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,-- DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, zu untersagen (offensichtlich gemeint: zu unterlassen),</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">hinterbeinlose Stahlrohrstühle in der Bundesrepublik Deutschland und Berlin (West) herstellen zu lassen, anzubieten oder in den Verkehr zu bringen und/oder Abbildungen solcher Stahlrohrstühle zu verbreiten oder verbreiten zu lassen,</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">bei denen von dem u-förmig gebogenen Bodengestell die beiden Rohrteile nach viertelkreisförmiger Biegung senkrecht emporsteigen, worauf sie nach weiterer viertelkreisförmiger Biegung die beiden Sitzstangen parallel oder nahezu parallel zu den Außenseiten des Bodengestells bilden und in Rohrteile übergehen, die nach einer weiteren viertelkreisförmigen Biegung als Träger der Rückenlehne annähernd senkrecht ansteigen, soweit sie der nachstehend wiedergegebenen Abbildung entsprechen:</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">und deren Rohrteile im einzelnen derart angeordnet sind, wie sich dies aus einer Untersicht unter den Stuhl gemäß den nachstehenden Abbildungen ergibt:</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">b) ihr, der Klägerin, darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte die vorstehend unter Ziffer 1. a) näher bezeichneten Handlungen begangen hat und zwar unter Angabe der Liefermengen, Lieferzeiten, Lieferpreise und Abnehmer sowie der Angebotsmengen, Angebotszeiten und Angebotspreise und der Empfänger von Angeboten, sowie unter Angabe ihrer nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und Vertriebskosten sowie des erzielten Gewinnes, sämtliche Angaben aufgeschlüsselt nach den einzelnen Warenhäusern der Beklagten, sowie weiterhin unter Angabe der einzelnen Abbildungen, ihrer Auflagenhöhe, Verbreitungszeit, Verbreitungsgebiet und der Namen und Anschriften der Empfänger der Abbildungen,</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">wobei der Beklagten bezüglich der Namen und Anschriften der Abnehmer, Angebotsempfänger und der Empfänger von Abbildungen auf ihren Antrag hin der übliche Wirtschaftsprüfervorbehalt gewährt werden mag;</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">2. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihr, der Klägerin, allen denjenigen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die vorstehend unter Ziffer 1. a) näher bezeichnete Handlung entstanden ist und noch entsteht;</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Sie hat die Ansicht vertreten, der von ihr vertriebene Stuhl weiche in so wesentlichen Punkten von dem XXX-Stuhl der Klägerin ab, daß mögliche Urheberrechte der Klägerin nicht verletzt würden. Besonders ins Gewicht falle, daß der von ihr vertriebene Stuhl nicht aus einem einzigen Rohrstrang heraus entwickelt sei, sondern insgesamt aus drei Rohrteilen bestehe. Darüber hinaus hat die Beklagte den Einwand der Verwirkung erhoben. Die Klägerin habe gegen eine kaum noch überschaubare Zahl von anderen Freischwingern, die ihrem Produkt ebenfalls ähneln, nichts unternommen. Durch ihre jahrelange Untätigkeit gegenüber anderen Konkurrenten habe die Klägerin durch konkludentes Handeln auf die Geltendmachung ihres Urheberrechts verzichtet.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Wegen weiterer Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens beider Parteien wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Durch Urteil vom 2.3.1988 hat die 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln der Klage im wesentlichen stattgegeben und sie nur insoweit abgewiesen, als die Klägerin sich nicht nur gegen das Anbieten oder Inverkehrbringen bzw. Verbreiten der hier fraglichen Stühle gewandt hat, sondern auch gegen deren Herstellung. Das Urteil ist im wesentlichen damit begründet, der Klägerin stehe an dem XXX-Stuhl das ausschließliche urheberrechtliche Nutzungsrecht zu. Der von der Beklagten vertriebene, hier im Streit befindliche Stuhl sei nach seinem Gesamteindruck eine Nachbildung des XXX-Stuhles mit nur unbedeutenden Veränderungen.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses ihr am 17.3.1988 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit am 18.4.1988 (Montag) eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt, die sie nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist mit am 20.9.1988 eingegangenem Schriftsatz rechtzeitig begründet hat.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Eine Ähnlichkeit zwischen dem von ihm vertriebenen Stuhl und dem XXX, wie ihn XXX selbst in seinem Vertrag mit der Firma XXX im Jahre 1937 gezeichnet habe, bestehe nicht. Soweit Ähnlichkeiten mit dem XXX-Stuhl bestünden, seien diese unbeachtlich, da der XXX-Stuhl kein geschütztes Werk im Sinne des § 2 UrhG sei. Dieser Stuhl sei nämlich in Wirklichkeit erstmals durch den Architekten XXX entworfen worden, und zwar im Jahre 1923. Darüber hinaus habe bereits im Jahre 1926 XXX einen ähnlichen Stuhl entworfen gehabt. Zwischenzeitlich sei im übrigen der Möbelmarkt von einer kaum überschaubaren Zahl von Freischwingern "überflutet", die zu dem Produkt der Klägerin keinerlei Unterschiede aufwiesen. Die Klägerin habe es nahezu tatenlos seit mehr als 30 Jahren geduldet, daß hinterbeinlose Stahlrohrstühle anderer Hersteller in Deutschland vertrieben würden. Es sei willkürlich, wenn die Klägerin nunmehr gerade gegen die Beklagte vorgehe.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beklagten wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 19.9.1988 sowie auf die Schriftsätze vom 21.12.1988 und 27.1.1989 in den Akten Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">1. unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klage abzuweisen;</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">2. hilfsweise - im Falle des vollständigen oder teilweisen Unterliegens - der Beklagten nachzulassen, Sicherheit auch durch die selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse zu erbringen.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Auch die Klägerin wiederholt und vertieft in erster Linie ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie behauptet, der Stuhl von XXX sei 1925/1925 geschaffen und bereits 1927 in Stuttgart ausgestellt worden. Der Stuhl von XXX dagegen sei erst 1928 geschaffen worden. Die hinterbeinlosen, freischwingenden Stühle, deren Abbildungen die Beklagte mit der Berufungsbegründung überreicht habe, ähnelten dem XXX-Stuhl weit weniger als der hier im Streit befindliche Stuhl, den die Beklagte vertreibe. Sie, die Klägerin, sei gegen Urheberrechtsverletzungen bisher, soweit sie ihr bekannt geworden seien, immer vorgegangen. Die Beklagte handele zudem arglistig, wenn sie jetzt die Urheberrechte der Klägerin am XXX-Stuhl bestreite, da sie bereits in den Jahren 1975 und 1985 diese Rechte im Rahmen anderer Auseinandersetzungen anerkannt habe.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Klägerin wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 29.11.1988 sowie auf den Schriftsatz vom 6.1.1989 in den Akten Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Die von beiden Parteien zu den Akten gereichten Unterlagen, insbesondere Verträge, Möbelkataloge, Ablichtungen aus Zeitschriften und die überreichte vorprozessuale Korrespondenz waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Das gleiche gilt für das von der Klägerin überreichte Buch von Frank Russell: "Stuhl und Stil 1850-1950", Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart, 1980.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe</u></b></p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Die Berufung der Beklagten ist zulässig, sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Die Ansprüche der Klägerin, die noch Gegenstand des Berufungsverfahrens sind, sind aus § 97 Abs. 1 UrhG begründet.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin ist aufgrund ihres Vertrages mit XXX vom 28.2.1978 sowie aufgrund des Vertrages der Firma XXX mit XXX vom 30.12.1937 und ihres eigenen, der Klägerin, Vertrages mit der Firma XXX vom 26./27.1.1976 berechtigt, die urheberrechtlichen Ansprüche der Herren XXX und XXX im Hinblick auf die von ihnen in den Jahren 1923 bzw. 1925/26 entwickelten hinterbeinlosen, freischwingenden Stahlrohrstühle Dritten gegenüber geltend zu machen.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Der hinterbeinlose, freischwingende Stahlrohrstuhl, den XXX 1925/1926 entworfen hat und der in Ziffer 1 des Vertrages zwischen der Klägerin und XXX aus dem Jahre 1978 abgebildet ist, ist ein Kunstwerk im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. Abs. 2 UrhG. Dem steht nicht entgegen, daß möglicherweise heute von sehr vielen Herstellern Stühle dieser Art angeboten werden und daß das Design dieses Stuhles heute, wie die Beklagte meint, zum allgemeinen Formenschatz der Möbelindustrie zählt. Denn bei der Beurteilung, ob ein Werk eine persönliche geistige Schöpfung darstellt, ist nicht auf die heutige Sicht abzustellen, sondern auf den Zeitpunkt, als der Künstler das Werk schuf. Daß ein Künstler den Geschmack späterer Zeiten vorausgeahnt hat und daß sein Werk stil- und geschmacksbildend wirkte, unterstreicht eher die Originalität seiner Ideen und geht nicht etwa in der Weise zu seinen Lasten, daß mit dem Grad der Durchsetzung seiner Ideen die Schutzfähigkeit seines Werkes abnimmt (vgl. insoweit auch BGH, Stahlrohrstuhl I, GRUR 1961, 638; BGH, Stahlrohrstuhl II, GRUR 1981, 822). Auf dem Hintergrund des Formenschatzes von 1925/1926 erweist sich der Stuhl von XXX als eine herausragende eigentümliche geistige Schöpfung. Die strenge, schnörkellose kubische Form des dem äußeren Eindruck nach aus einem einzigen Rohrstrang entwickelten Stuhles weicht deutlich von der erheblich schwungvolleren Form des etwa gleichzeitig von XXX entwickelten hinterbeinlosen Stuhles (vgl. die Abbildung Bl. 128 d.A.) ab.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Wie die Abbildung auf Seite 291 des von der Klägerin überreichten Heftes 9 des Jahrgangs 1927 der Zeitschrift "Die Form" ergibt, ist der von XXX entworfene Stuhl bereits im Sommer 1927 auf der Werkbundausstellung "Die Wohnung" auf dem Gelände Am Weißenhof in Stuttgart der Öffentlichkeit vorgeführt worden, so daß der von XXX 1928 entworfene, ebenfalls streng kubisch geformte hinterbeinlose Stuhl (vgl. die Abbildungen auf Seite 124 des Buches von Frank Russell "Stuhl und Stil 1850-1950") bei der Beurteilung der Eigentümlichkeit der geistigen Schöpfung durch XXX außer Betracht bleiben kann. Die Beklagte hat substantiierte Tatsachen, die Zweifel an der Richtigkeit der von XXX in dem vorgenannten Werk wiedergegebenen Jahreszahlen wecken könnten, nicht vorgetragen. Sie hat sich im übrigen auch selbst auf das Werk von Russell in ihrer Berufungsbegründungsschrift berufen.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Der von XXX nach seinen eigenen Angaben bereits 1923 entworfene hinterbeinlose Stahlrohrstuhl muß bei der Bewertung des XXX-Stuhles außer Betracht bleiben, da das genaue Aussehen des XXX-Stuhles nicht durch Abbildungen aus der Entstehungszeit belegt ist und beide Parteien keine nachprüfbaren Materialien aus der Entstehungszeit vorlegen konnten. Da die Klägerin aber berechtigt ist, auch mögliche Urheberrechte des Fachlehrers XXX zu verfolgen, spielt das Aussehen dieses Stuhles für den Ausgang des Rechtsstreits auch letztlich keine Rolle (vgl. hierzu auch BGH, Stahlrohrstuhl I, GRUR 1961, 637).</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Der von der Beklagten vertriebene hinterbeinlose Stahlrohrstuhl, der Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist, stellt eine unzulässige Nachbildung des XXX (XXX) -Stuhles dar. Beide Stühle sehen sich auf den ersten Blick zum Verwechseln ähnlich. Die strenge Linienführung ohne überflüssige Schnörkel, die Kubusform und die offene Gestaltung hinten, die den ästhetischen Gesamteindruck bilden, stimmen völlig überein. Daß der von der Beklagten vertriebene Stuhl nicht aus einem in einem Zuge verlaufenden, geschlossenen Rohrstrang herausentwickelt ist, sondern aus drei Rohrteilen, die sich am Sitz und am oberen Ende der Rückenlehne überlappen, fällt beim ersten Hinsehen nicht auf, wovon sich der Senat in der mündlichen Verhandlung am 11.1.1989, als dieser Stuhl zusammen mit anderen Modellen vor dem Richtertisch aufgebaut wurde, überzeugen konnte. Der Ansatz des zweiten bzw. dritten Rohrstranges ist durch die Sitz- bzw. Rückenlehne so geschickt verdeckt, daß zunächst der optische Eindruck entsteht, auch der von der Beklagten vertriebene Stuhl sei aus einem einzigen Rohrstrang gefertigt worden.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Die "Mehrrohrigkeit" ist somit kein ästhetisches Element des von der Beklagten vertriebenen Stuhles, sie ist vielmehr auch aus Gründen der Kostenersparnis lediglich technisch bedingt, ohne sofort ins Auge zu fallen. Da aber der Kunsturheberschutz für das XXX-Modell auf dessen ästhetischer Wirkung beruht, spielen technische Abweichungen, die den ästhetischen Gesamteindruck nicht beeinträchtigen, für die Frage, ob eine unzulässige Nachbildung oder eine selbständige Nachschöpfung oder Neuschöpfung vorliegt, keine Rolle.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat ihren Unterlassungsanspruch aus § 97 Abs. 1 UrhG gegen die Beklagte nicht verwirkt. Wie die Auseinandersetzungen zwischen den Parteien in den Jahren 1975 und 1985 zeigen, hat die Klägerin bei der Beklagten nie den Eindruck aufkommen lassen, daß sie ihr, der Beklagten gegenüber, ihre Urheberschutzrechte nicht verteidigen werde. Daß die Klägerin möglicherweise, wie die Beklagte behauptet, nicht alle Urheberrechtsverletzungen gegenüber anderen Mitkonkurrenten verfolgt hat, macht die Klägerin im Verhältnis zur Beklagten nicht rechtlos. Ein Urheber, dessen Werk so durchschlagenden Erfolg hat, daß es allenthalben Nachahmer hervorruft, wird nicht dadurch rechtlos, daß er den einen oder anderen Nachahmer übersieht. Im übrigen sind auch die von der Beklagten als Beleg für ihre Behauptung vorgelegten Abbildungen von Produkten anderer Mitkonkurrenten dem XXX-Stuhl bei weitem nicht so ähnlich wie der hier im Streit befindliche Stuhl. So entsteht etwa bei den Modellen der Firma XXX durch eine andere Anordnung der Rohre nicht der Eindruck der Einrohrigkeit. Bei den Modellen der Firma XXX fehlt die strenge Kubusform, da der hintere Fuß deutlich über die Rückenlehne hinausragt. Gleiches gilt für die Modelle der Firma XXX.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Daß die Klägerin gegenüber der Beklagten im Jahre 1985 nur einen einrohrigen Stuhl verfolgte, nicht auch einen damals vertriebenen mehrrohrigen, hätte nur dann möglicherweise bei der Beklagten das Vertrauen hervorrufen können, die Klägerin gestatte der Beklagten den Vertrieb des hier im Streit befindlichen Stuhles, wenn es sich bei dem 1985 vertriebenen Stuhl bereits um den gehandelt hätte, um den die Parteien heute streiten. Die Beklagte hat keine Abbildung des von ihr 1985 vertriebenen mehrrohrigen Stuhles vorgelegt. Sie hat es auch sonst unterlassen, daß genaue Aussehen dieses Stuhles nachvollziehbar darzustellen. Aufgrund des bisherigen Vortrages der Beklagten kann nicht davon ausgegangen werden, daß die Klägerin sie in dem Vertrauen belassen hat, sie dürfe unbeanstandet den Stuhl, der Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist, vertreiben.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat es darüber hinaus unterlassen, darzulegen, welche schützenswerten Investitionen sie seit 1985 aufgrund ihres angeblichen Vertrauens gemacht hat. Bei der großen Vielzahl an Gestaltungsmöglichkeiten für freischwingende, hinterbeinlose Stühle fehlt es auch an jedem Anhaltspunkt dafür, warum es der Beklagten unzumutbar sein sollte, sich für eine andere Variante als gerade den von XXX entworfenen Stuhl zu entscheiden.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren folgt aus § 97 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die nach § 546 Abs. 2 ZPO festzusetzende Beschwer der Beklagten entspricht dem Wert ihres Unterliegens im Rechtsstreit.</p>
|
315,274 | olgham-1989-02-16-2-uf-64886 | {
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<p>Auf die Berufung des Antragsgegners und die Anschlußberufung der Antragstellerin wird das am 20. November 1986 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Essen (110 F 26/85) unter Zurückweisung der Rechtsmittel im übrigen teilweise abgeändert und hinsichtlich des Ausspruchs über den Zugewinnausgleich wie folgt neu gefaßt:</p>
<p></p>
<p>Der Antragsgegner wird verurteilt, an die Antragstellerin einen Zugewinnausgleich in Höhe von 78.694,--DM (in Worten: achtundsiebzigtausendsechshundertvierundneunzig Deutsche Mark) nebst 4 % Zinsen ab Rechtskraft des Scheidungsausspruchs zu zahlen. Der weitergehende Zahlungsantrag bleibt abgewiesen. Die Feststellungswiderklage bleibt abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Berufungsrechtszuges fallen im übrigen dem Antragsgegner zu 70 % und der Antragstellerin zu 30 % zur Last. Im übrigen bleibt es bei der Kostenentscheidung des Amtsgerichts.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Tatbestand:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die am 26. Juli 1925 geborene Antragstellerin und der am 26. August 1925 geborene Antragsgegner haben am 11. Oktober 1946 geheiratet. Aus der Ehe sind vier Kinder – xxx, xxx, xxx und xxx - hervorgegangen, die schon längere Zeit volljährig sind. Am 19. November 1979 haben sich die Parteien getrennt. Die Antragstellerin hat die eheliche Wohnung verlassen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">In dem vorliegenden Verfahren geht es um die Scheidung der Ehe der Parteien, der sich der Antragsgegner widersetzt, sowie die Folgesachen Zugewinnausgleich und Versorgungsausgleich.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Scheidungsantrag der Antragstellerin wurde dem Antragsgegner am 27. Februar 1981 zu Händen seiner Prozeßbevollmächtigen zugestellt.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Antragsgegnerin ist nicht erwerbstätig. Unstreitig hat sie während der Ehe keinen Zugewinn erzielt.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Antragsgegner ist technischer Angestellter bei einer Firma in xxx. Am 1. Juli 1958 war er Eigentümer des damals noch unbebauten Grundstückes xxx. Am 27. Februar 1981 war dieses Grundstück bebaut. Weiterhin gehörte zu diesem Zeitpunkt ein Grundstück in der xxx zum Vermögen des Antragsgegners. xxx war Eigentümer eines Pkw, dessen Wert sich unstreitig auf 11.000,-- DM belief. Außerdem belief sich sein Guthaben auf Spar- bzw. Girokonten auf rd. 1.500,-- DM, wobei der genaue Betrag zwischen den Parteien streitig ist.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Antragsgegner beruft sich darauf, die Scheidung der Ehe stelle für ihn eine unzumutbare Härte dar, da er bei einer endgültigen Scheidung suizidgefährdet sei. Die Durchführung des Versorgungsausgleichs und des Zugewinnausgleichs hält er für grob unbillig, da die Antragstellerin seit 1976 mit sieben Männern außerehelichen Geschlechtsverkehr gehabt habe. Die Antragstellerin räumt solche ehewidrigen Beziehungen zu vier Männern ein.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Durch Urteil vom 14. November 1984 (Bl. 277) hat das Amtsgericht Essen die Ehe der Parteien geschieden sowie den Versorgungsausgleich und den Zugewinnausgleich geregelt. Auf die Berufung des Antragsgegners hat der Senat sodann durch Urteil vom 12. März 1985 (Bl. 378) das Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Durch Urteil vom 20. November 1986 (Bl. 491) hat das Amtsgericht sodann erneut die Ehe der Parteien geschieden, den Antragsgegner verurteilt, als Zugewinnausgleich 118.074,82 DM zu zahlen, die Feststellungswiderklage des Antragsgegners, er schulde keinen Zugewinnausgleich, abgewiesen und den Versorgungsausgleich dahin durchgeführt, daß es zugunsten der Ehefrau Rentenanwartschaften in Höhe von 657,40 DM übertragen und in Höhe von 75,13 DM begründet hat.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Antragsgegners. Er macht in prozessualer Hinsicht geltend, das angefochtene Urteil sei in ungesetzlicher Weise zustandegekommen. Der Familienrichter habe das Urteil verkündet, obwohl zu diesem Zeitpunkt noch nicht über den Antrag des Antragsgegners entschieden gewesen sei, mit dem er den Richter wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt habe. Des weiteren habe der Familienrichter in der letzten mündlichen Verhandlung lediglich die Antragstellerin, nicht jedoch den Antragsgegner gemäß § 613 ZPO angehört. In materieller Hinsicht beruft sich der Antragsgegner weiterhin darauf, daß die Scheidung für ihn eine unzumutbare Härte darstelle und die Durchführung sowohl des Versorgungsausgleichs als auch des Zugewinnausgleichs grob unbillig sei. Darüber hinaus macht er geltend, die vom Familiengericht eingeholten Gutachten hinsichtlich der Verkehrswerte der Grundstücke xxx und xxx seien fehlerhaft.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der Antragsgegner hat seinen ursprünglichen Hilfsantrag auf Abweisung der Klage auf Zahlung von Zugewinn abgeändert und die weiteren Hilfsanträge zum Versorgungsausgleich (Pflichtdurchführung des Versorgungsausgleichs bzw. Durchführung nach den gesetzlichen Regeln) in der mündlichen Verhandlung nicht mehr gestellt.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Er beantragt nunmehr,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">abändernd das Urteil des Familiengerichts Essen vom 20.11.1986 aufzuheben und den Rechtsstreit an das erstinstanzliche Gericht, zurückzuverweisen;</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">vorsorglich,</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">den Scheidungsantrag der Antragstellerin kostenpflichtig zurückzuweisen;</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">hilfsweise,</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">die Klage auf Zahlung von Zugewinn insoweit abzuweisen, als der Antragsgegner zu einer höheren Zahlung als 3.476,92 DM verurteilt worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen;</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">der Antragstellerin ggfls. zu gestatten, Sicherheit gemäß §§ 709 bis 711, 720a Abs. 3 ZPO durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer Großbank oder öffentlichen Sparkasse zu erbringen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin beantragt weiter im Wege der unselbständigen Anschlußberufung,</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Antragsgegner zu verurteilen, an die Antragstellerin auf den bereits zuerkannten Betrag von 118.074,82 DM noch 4 % Zinsen ab Rechtskraft der Scheidung zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin macht geltend, ein Ausschluß bzw. eine Beschränkung des Zugewinnausgleichsanspruchs unter Anwendung der Härteklausel des § 1381 BGB komme nicht in Betracht, da ihr keine schweren Eheverfehlungen vorzuwerfen seien und sie nicht einseitig aus einer intakten Ehe ausgebrochen sei. Vielmehr habe der Antragsgegner seinerseits schon frühzeitig ehewidrige Beziehungen zu anderen Frauen unterhalten. Außerdem habe er die Antragstellerin mehrfach geschlagen, zuletzt am 29.10.1979 kurz vor der Trennung derartig heftig, daß sie sich einen Steißbeinbruch zugezogen habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Vorbringen in dem Schriftsatz vom 18.05.1987 (Bl. 586 ff) Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat die Parteien gemäß § 613 ZPO zum Scheidungsbegehren und den Sachverständigen xxx als Vorsitzenden des Gutachterausschusses für Grundstückswerte in xxx ergänzend zu dem erstinstanzlich erstatteten Wertgutachten (Bl. 200 ff) sowie der schriftlichen Stellungnahme vom 24. Oktober 1984 (Bl. 645 ff) angehört. Das Ergebnis dieser Anhörungen ergibt sich aus dem Vermerk des Berichterstatters.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Weiter hat der Senat ein nervenfachärztliches Gutachten der Medizinaldirektorin xxx vom Gesundheitsamt xxx zu der Frage der Gefährdung des Lebens bzw. der Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes des Antragsgegners durch die Scheidung eingeholt. Insoweit wird Bezug auf das Gutachten vom 19.08.1987 (Bl. 601 ff) genommen.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die Berufung des Antragsgegners und die Anschlußberufung der Antragstellerin sind zulässig, jedoch nur teilweise begründet.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die prozessualen Rügen des Antragsgegners führen nicht zu einer Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung des Verfahrens an das Familiengericht gemäß § 539 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">1.) Soweit sich der Antragsgegner darauf beruft, der Familienrichter habe das angefochtene Urteil aufgrund des noch nicht beschiedenen Ablehnungsantrags gegen ihn nicht erlassen dürfen, geht diese Rüge fehl. Der Senat hat den Ablehnungsantrag des Antragsgegners mit Beschluß vom 13. Januar 1987 (Bl. 542/542 R) als unzulässig verworfen. Unter diesen Umständen bleibt ein etwaiger Verstoß des Familienrichters gegen § 47 ZPO, wonach ihm vor der Entscheidung über den gegen ihn gerichteten Ablehnungsantrag nur unaufschiebbare Amtshandlungen im Rahmen des Verfahrens gestattet sind, unbeachtet (Baumbach-Lauterbach, 46. Aufl., § 47 ZPO, Anm. 2 A m.w.N.).</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">2.) Ebensowenig ist eine Aufhebung und Zurückverweisung gemäß § 539 ZPO gerechtfertigt aufgrund der Rüge des Antragsgegners , ihm sei das rechtliche Gehör verwehrt worden, da er in der letzten mündlichen Verhandlung vor der angefochtenen Entscheidung wegen ungebührlichen Verhaltens aus dem Saal gewiesen und im Gegensatz zu der Antragstellerin nicht erneut gemäß § 613 ZPO angehört worden sei. Es kann dahinstehen, ob hierin ein wesentlicher Verfahrensmangel im Sinne des § 539 ZPO zu sehen ist. Nach § 540 ZPO kann das Berufungsgericht nämlich von einer Zurückverweisung absehen und in der Sache selbst entscheiden, wenn es dies für sachdienlich hält. Diese Voraussetzung ist hier gegeben, da der Sachverhalt ausreichend aufgeklärt ist und somit Spruchreife besteht (BGH NJW 1987, 2437). Im übrigen spricht für die Sachdienlichkeit einer eigenen Entscheidung durch den Senat der Umstand, daß der Rechtsstreit nunmehr seit fast 8 Jahren andauert.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Die Berufung des Antragsgegners gegen den Scheidungsausspruch hat keinen Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">1. ) Nach § 1565 Abs. 1 BGB kann eine Ehe geschieden werden, wenn sie gescheitert ist. Sie ist gescheitert, wenn die Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, daß die Ehegatten sie wieder herstellen. Gemäß § 1566 Abs. 2 BGB wird unwiderlegbar vermutet, daß die Ehe gescheitert ist, wenn die Ehegatten seit drei Jahren getrennt leben. Das ist hier unstreitig der Fall. Die Trennung der Parteien erfolgte schon im November 1979, also vor mehr als 9 Jahren. Seitdem haben auch unstreitig keine Kontakte mehr zwischen den Parteien bestanden. Die zwischen den Parteien bestehenden persönlichen Differenzen haben sich während der langen Verfahrensdauer eher noch verfestigt und verstärkt. Der Antragsgegner hat zwar seine Bereitschaft zur Wiederaufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft erklärt, sieht jedoch selbst keine realistische Chance dafür, dies in die Tat umzusetzen.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">2.) Nach § 1568 BGB soll eine Ehe nicht geschieden werden, obwohl sie gescheitert ist, wenn und solange die Aufrechterhaltung im Interesse der aus der Ehe hervorgegangenen minderjährigen Kinder aus besonderen Gründen ausnahmsweise notwendig ist oder wenn und solange die Scheidung für den Antragsgegner, der sie ablehnt, aufgrund außergewöhnlicher Umstände eine so schwere Härte darstellen würde, daß die Aufrechterhaltung der Ehe auch unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers ausnahmsweise geboten erscheint. Auf letzteres beruft sich der Antragsgegner.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Da eine Scheidung, wenn auf Seiten des einen Ehegatten ein absoluter Scheidungswille vorhanden ist - wie hier bei der Antragstellerin - normalerweise nicht endgültig abgewendet werden soll, liegt der Zweck der Härteklausel darin, dem anderen Ehegatten Zeit zu geben, sich auf die neue Situation einzustellen (Palandt-Diederichsen, 48. Aufl., § 1568 BGB, Anm. 3 m. w. N.). Die Vorschrift gewährt also grundsätzlich - von besonders gelagerten Ausnahmefällen abgesehen - nur einen zeitlich begrenzten Ehefortbestand. Eine Scheidung kann wieder begehrt werden, sobald die Umstellung und die neue Situation als abgeschlossen anzusehen ist.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Die Ablehnung der Scheidung muß das einzige Mittel sein, um den Ehegatten vor einer derzeit für ihn durch die Scheidung entstehenden nicht erträglichen Lage zu bewahren. Die Lage in der sich der Ehegatte befindet, muß auch für eine gescheiterte Ehe außergewöhnlich sein. Das wird durch das Merkmal zum Ausdruck gebracht, daß die Härte auf "außergewöhnlichen Umständen" beruhen muß. Beispiele dafür sind: schwere Krankheit, Alleinlassen zu einer Zeit besonderer Schicksalsschläge, schicksalshafter Verlauf der Ehe, in Ausnahmefällen die planmäßige, einseitige und bewußte Störung dar Ehe durch einen der Ehegatten. Härtefälle sind ferner bei langjähriger gemeinsamer Pflege eines behinderten Kindes anzunehmen, wenn ein Ehegatte todkrank ist, wenn ein Ehegatte aus einem Betriebe herausgedrängt werden soll, der ihm Lebensinhalt ist, wenn eine lange harmonisch verlaufende Ehe mit besonderen aufopferungsvollen Leistungen des scheidungsunwilligen Ehegatten vorliegt.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Geht man von diesen Beispielsfällen aus, so hat der Antragsgegner keine ausreichenden Gründe vorgetragen, daß die Scheidung für ihn in diesem Sinne eine schwere Härte darstellt.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Die Parteien leben seit mehr als 9 Jahren voneinander getrennt. Das Scheidungsverfahren ist bereits seit 8 Jahren anhängig. Der Antragsgegner hatte somit genügend Zeit, sich auf die Tatsache der Trennung und auf den Umstand einer Scheidung der Ehe vorzubereiten. In seiner praktischen Lebensgestaltung ist ihm dies auch offensichtlich gelungen, da er nach der Trennung ohne irgendwelche Auffälligkeiten weiter seinem Beruf nachgegangen ist und sich selbst versorgt hat.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Der Umstand, daß der Antragsgegner die Ehe für unauflöslich hält und sich grundsätzlich eine Scheidung nicht vorstellen kann, stellt eine subjektive Einschätzung dar, die bei objektiver Beurteilung die Annahme einer schweren Härte nicht rechtfertigt.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Dies ist ebensowenig der Fall, soweit der Antragsgegner die besondere seelische Belastung mit der Gefahr der Selbsttötung geltend macht. Soweit keine Umstände vorliegen, die nach objektiver Beurteilung außergewöhnlich sind, mutet es das Gesetz einem Ehegatten zu, die mit der Scheidung verbundene seelische Belastung hinzunehmen und damit in eigener Verantwortlichkeit fertig zu werden. Solange ihm die Verantwortlichkeit für sein Verhalten zuzurechnen ist, kann er grundsätzlich selbst vor der Gefahr einer Fehlreaktion nicht dadurch geschützt werden, daß die gescheiterte Ehe gegen den Willen des anderen Ehegatten aufrechterhalten wird. Es wäre mit der Grundentscheidung des Gesetzgebers für das Zerrüttungsprinzip nicht vereinbar, die Härteklausel zur Verhütung seelischer Reaktionen eingreifen zu lassen, die der Betroffene ausreichend zu steuern vermag, wenn nicht außergewöhnliche Umstände die Berücksichtigung der seelischen Verfassung des Betroffenen gebietet. Die Gefahr einer Fehlreaktion, die der Verantwortlichkeit des geschiedenen Ehegatten zuzurechnen wäre, kann nach dem Sinn der Härteklausel nicht selbst als außergewöhnlicher Umstand gewertet werden, der zur Versagung der Scheidung führen müßte (BGH, FamRZ 1981, 1161 ff) </p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Das vom Senat eingeholte Gutachten der Frau xxx vom 19.08.1987 (Bl. 601 ff) kommt zu dem Ergebnis, daß sich der Antragsgegner derzeit erkennbar in keiner psychischen Verfassung befindet, die befürchten lassen muß, daß er in Ausnahmesituationen sein Verhalten nicht mehr verantwortungsbewußt steuern kann. Die Sachverständige begründet diese Einschätzung überzeugend damit, daß der Antragsgegner sich nach der Trennung ohne psychische Auffälligkeiten oder Dekompensationen auf die neue Lebenssituation eingestellt habe. Insoweit hat sich auch seit der Erstattung des Gutachtens keine Veränderung ergeben, so daß der Senat keine Veranlassung gesehen hat, ein weiteres Gutachten zur aktuellen Situation einzuholen.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Insbesondere aus dem nervenärztlichen Sachverständigengutachten ergibt sich deutlich, daß der wesentliche Beweggrund für den Antragsgegner, sich der Scheidung zu widersetzen, in Erwägungen wirtschaftlicher Art liegt. Die wirtschaftlichen Auswirkungen einer Scheidung können ausnahmsweise eine schwere Härte im Sinne des §1568 BGB darstellen, wenn sie den scheidungsunwilligen Ehegatten besonders hart treffen und unter Abwägung sämtlicher Umstände unzumutbar sind (BGH, FamRZ 1984, 559). Solche außergewöhnlichen Umstände sind jedoch vorliegend vom Antragsgegner nicht vorgetragen worden. Allein der Umstand, daß er zur Begleichung der Forderung der Antragstellerin auf Ausgleich des Zugewinns möglicherweise eines der beiden ihm gehörenden Grundstücke veräußern muß, stellt keine unzumutbare Härte für den Antragsgegner dar.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Insgesamt hat daher das Familiengericht dem Scheidungsantrag der Antragstellerin zu Recht entsprochen. Die hiergegen gerichtete Berufung des Antragsgegners war zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">III.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Die Berufung des Antragsgegners gegen die vom Familiengericht ausgesprochene Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung eines Zugewinnausgleichs von 118.074,82 DM an die Antragstellerin ist ebenso wie die Anschlußberufung der Antragstellerin, mit der 4 % Zinsen auf die Ausgleichsforderung seit Rechtskraft des Scheidungsurteils geltend gemacht werden, teilweise begründet.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Der Antragstellerin steht gegen den Antragsgegner gemäß § 1378 BGB ein Zugewinnausgleichsanspruch in Höhe von 78.694,-- DM nebst 4 % Zinsen ab Rechtskraft der Scheidung zu.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">1.) Der vom Antragsgegner zwischen den maßgeblichen Stichtagen 1. Juli 1958 und 27. Februar 1981 erzielte Zugewinn beläuft sich auf 236.082,-- DM. Die geringfügige Differenz gegenüber dem vom Familiengericht ansonsten zutreffend errechneten Betrag von 236.149,64 DM beruht darauf, daß die Bankforderungen des Antragsgegners lediglich mit 1.432,36 DM anstelle des vom Familiengericht geschätzten Betrages von 1.500,-- DM zugrundegelegt werden können. Nach den Aufstellungen des Antragsgegners (Bl. 112; Bl. 14/15 BA Güterrechtsstreit) hatte er ein Guthaben von 1.620,84 DM, während sein Postscheckkonto mit 188,48 DM überzogen war, so daß sich ein Saldo von 1.432,36 DM ergab. Diese Angaben beziehen sich allerdings nicht auf den Kontostand zum Stichtag (Ehezeitende 27. Februar 1981), sondern auf die Kontostände vom 01.12.1980, 02.12.1980 und 08.12.1980. Die vom Familiengericht vorgenommene Schätzung eines Betrages von 1.500,-- DM für den Stichtag verkennt, daß die Beweislast insoweit der Antragstellerin obliegt. Die Antragstellerin hätte sich ggfls. im Wege der Auskunftsklage Kenntnis über den genauen Kontostand verschaffen müssen. Da eine Schätzung zu Lasten des Antragsgegners nicht in Betracht kommt, kann nur der von ihm insoweit eingeräumte Betrag von 1.432,36 DM zugrundegelegt werden.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Demnach errechnet sich das Endvermögen des Antragsgegners wie folgt:</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Grundstück xxx 217.399,64 DM</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Dieser Betrag ergibt sich aus dem bereits erstinstanzlich eingeholten Sachverständigengutachten des Gutachterausschusses für Grundstückswerte der Stadt xxx, in welchem der Wert des bebauten Hausgrundstücks mit 346.000,-- DM festgestellt worden ist, und den unstreitig bestehenden Belastungen von 128.600,30 DM. Hinzu kommt der Wert des Grundstückes xxx, Sachverständigengutachten 75.750,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Wert eines Pkw 11.000,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Bankforderungen <u>1.432,36</u> <u>DM</u></p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Endvermögen 305.582,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Davon hat das Familiengericht als Anfangsvermögen den Wert des unbebauten Grundstücks xxx zum Zeitpunkt des Stichtages Ehezeitende abgezogen. Dies ist zwar systematisch unrichtig, da der Wert des Grundstücks zum 01.07.1958 hätte ermittelt und sodann nach den Tabellen zum Lebenshaltungsindex auf den Stichtag Ehezeitende hochgerechnet werden müssen. Andererseits ist in dem zugrundegelegten Wert von 69.500,-- DM eine Indizierung bereits insoweit enthalten, als dieser Betrag den Wert zum Ehezeitende darstellt. Da beide Parteien sich nicht gegen diese Berechnungsweise gewandt haben, kann das Anfangsvermögen des Antragsgegners mit 69.500,-- DM zugrundegelegt werden. Hieraus ergibt sich ein Zugewinn von 236.082,-- DM (305.582 - 69-500,-- DM).</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Die vom Antragsgegner gegenüber den Wertgutachten des Gutachterausschusses für Grundstückswerte der Stadt xxx bezüglich der Grundstücke xxx und xxx erhobenen Einwände (Bl. 42 BA Güterrechtsstreit) sind nicht gerechtfertigt bzw. nicht geeignet, die festgestellten Werte in Zweifel zu ziehen.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Der Vorsitzende des Gutachterausschusses für Grundstückswerte, xxx, hat zu den Einwänden im einzelnen bereits gegenüber dem Familiengericht mit Schreiben vom 24. Oktober 1984 (Bl. 645. ff) Stellung genommen. Der Sachverständige xxx hat hierin überzeugend dargelegt, daß beide Wertgutachten keine Mängel enthalten, die Veranlassung zu einer Abänderung der festgestellten Werte führen würden.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">In seiner ergänzenden mündlichen Anhörung im Senatstermin hat er erklärt, die von dem Antragsgegner geltend gemachten Baumängel (Bl. 53 BA Güterrechtsstreit) seien bei der Wertfestsetzung für das Grundstück xxx bekannt gewesen und aus der Sicht des Gutachterausschusses dem angesetzten Betrag von 5.000,-- DM angemessen berücksichtigt worden. Der weitere vom Antragsgegner in diesem Zusammenhang erhobene Einwand, der. Gutachterausschuß habe das Gebäude nicht näher untersucht und insbesondere nicht einmal von der Rückseite her in Augenschein genommen, wird nicht nur durch die gegenteilige Bekundung des Sachverständigen xxx im Senatstermin, sondern auch durch die dem Gutachten beigefügten Fotos (Bl. 223/224) widerlegt.</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Der Vorsitzende des Gutachterausschusses hat schließlich unter Ziff. 13 seines Schreibens vom 24. Oktober 1984 (Bl. 654) zu dem Einwand des Antragsgegners, der Grund und Boden des Grundstücks xxx bestehe aus schwer lösbarem Fels, dahingehend Stellung genommen, daß bei der Bewertung des Baugrundes von ortsüblichen Bodenverhältnissen ausgegangen worden sei und der Antragsgegner beim Ortstermin, an dem er teilgenommen habe, keinerlei Hinweise auf besondere, d.h. von den Nachbargrundstücken abweichende Bodenverhältnisse gegeben habe. Der Sachverständige xxx hat bei seiner Anhörung im Senatstermin hierzu ergänzend mitgeteilt, daß bei den im Wertgutachten unterstellten ortsüblichen Bodenverhältnissen die Beschaffenheit der bereits bebauten Grundstücke in der Nachbarschaft, die für den Bodenrichtwert maßgeblich gewesen sei, zugrundegelegt worden sei. Da der Antragsgegner eine erhebliche Abweichung der Bodenverhältnisse des Grundstücks xxx gegenüber den Nachbargrundstücken nicht dargelegt hat, bestehen keine Bedenken gegen die Höhe des vom Gutachterausschuß ermittelten Bodenwertes.</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Insgesamt verbleibt es daher bei dem vorstehend ermittelten Zugewinn des Antragsgegners von 236.082,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">2.) Der Antragstellerin steht jedoch nicht gemäß § 1378 Abs. 1 BGB die Hälfte des Zugewinns mit einem Betrag von 118.041,-- DM zu. Vielmehr ist der Antragsgegner insoweit gemäß § 1381 BGB wegen grober Unbilligkeit berechtigt, die Erfüllung der Ausgleichsforderung in Höhe eines Drittels zu verweigern, so daß eine Ausgleichsforderung der Antragstellerin von 78.694,-- DM besteht.</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Eine solche teilweise Verwirkung des Ausgleichsanspruchs hält der Senat aufgrund der ehebrecherischen Beziehungen, die die Antragstellerin seit 1976 bis zum Zeitpunkt der Trennung der Parteien unstreitig zumindest zu vier Männern unterhalten hat, für gerechtfertigt. Dieses Verhalten stellt entgegen der Auffassung der Antragstellerin eine schwerwiegende Eheverfehlung dar. Soweit die Antragstellerin ehebrecherische Beziehungen des Antragsgegners zu anderen Frauen behauptet und weiter vorträgt, daß zu dem Zeitpunkt, zu dem sie intime Beziehungen zu anderen Männern aufgenommen habe, die Ehe bereits aufgrund des Verhaltens des Antragsgegners zerrüttet gewesen sei, ist dieser Vortrag nicht geeignet, ihrem eigenen Fehlverhalten den Charakter des einseitigen Ausbrechens aus einer intakten Ehe zu nehmen. Zum einen hat der Senat bereits in dem früheren Unterhaltsverfahren der Parteien festgestellt, daß die Ehebrüche der Klägerin für die Trennung der Eheleute entscheidend waren. Zum anderen ergibt sich aus den jetzt von der Antragstellerin vorgetragenen Umständen nichts für ein Verhalten des Antragsgegners, welches für die Zerrüttung der Ehe maßgeblich gewesen ist.</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Soweit die Antragstellerin behauptet, sie habe den Antragsgegner Anfang der 60er Jahre zusammen mit einer Frau xxx beim Geschlechtsverkehr überrascht, kann dahinstehen, ob dies - was der Antragsgegner bestreitet - zutreffend ist, da es sich auch nach dem Vortrag der Antragstellerin jedenfalls um einen einmaligen, lange zurückliegenden Vorfall handelt, der aufgrund des zeitlichen Abstandes offensichtlich in keinem erkennbaren Zusammenhang zu dem späteren Fehlverhalten der Antragstellerin und der von ihr für diesen Zeitpunkt behaupteten Zerrüttung der Ehe steht. Der weitere Vortrag der Antragstellerin, wonach der Antragsgegner nächtelang weggewesen und sich bei anderen Frauen aufgehalten habe, ist zu unsubstantiiert, so daß eine Beweiserhebung hierzu nicht zu erfolgen brauchte. Das gleiche gilt für die Behauptung, der Antragsgegner habe 1977 eine ehewidrige Beziehung zu einer Frau xxx unterhalten. Es handelt sich hierbei offensichtlich lediglich um eine Vermutung und damit um einen unzulässigen Ausforschungsbeweis, da der Antragstellerin nach eigenem Bekunden lediglich bekannt ist, daß der Antragsgegner ein Foto der Frau xxx unter seiner Schreibtischunterlage aufbewahrt hat. Die von der Antragstellerin behaupteten Schläge durch den Antragsgegner im Jahre 1979 mit der Folge eines Steißbeinbruchs stellen zwar ein erhebliches Fehlverhalten des Antragsgegners dar. Dieser Vorfall ist jedoch mit Rücksicht darauf, daß er sich unmittelbar vor der Trennung der Eheleute ereignet hat, nicht geeignet, dem Fehlverhalten der Antragstellerin die Einseitigkeit zu nehmen. Dementsprechend hat der Senat auch hierzu keine Beweisaufnahme durchgeführt.</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Allerdings führt ein Fehlverhalten eines Ehegatten im persönlichen Bereich nicht ohne weiteres zu einer vollständigen bzw. teilweisen Verwirkung des Zugewinnausgleichsanspruchs gemäß § 1381 Abs. 1 BGB. Dieser Verwirkungstatbestand stellt eine spezielle Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben im gesetzlichen Güterrecht dar. Dementsprechend ist er dann anwendbar, wenn das Ausgleichsverlangen des einen Ehegatten in besonders krasser, dem Gerechtigkeitsempfinden grob widersprechender Weise gegen sein eigenes vorangegangenes Verhalten in der Ehe verstößt, aus welcher er nunmehr Vorteile zu ziehen sucht. An eine solche Wertung sind regelmäßig strengere Anforderungen zu stellen als z.B. an die Annahme einer groben Unbilligkeit gemäß § 1579 Abs. 1 Nr. 4 BGB im unterhaltsrechtlichen Bereich, weil der Zugewinnausgleich sich auf die Ehezeit, also die Vergangenheit beschränkt, während der Unterhaltsanspruch über den Bestand der Ehe hinaus in die Zukunft reicht. Insoweit ist die Situation beim Zugewinnausgleich vergleichbar mit derjenigen beim Versorgungsausgleich, für den in § 1587c Nr. 1 BGB ebenfalls ein gesetzlicher Verwirkungstatbestand gegeben ist.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Nach der überwiegenden Ansicht in Rechtsprechung und Literatur (BGHZ 64, 343 ff; Schwab, Handbuch des Scheidungsrechts, Rdnr. 810 ff; Staudinger-Thiele, § 1381 BGB Rdnr. 20; Soergel-Lange, § 1381 BGB Rdnr. 11) sollen - abgesehen von dem Fall der wirtschaftlichen Auswirkungen des Fehlverhaltens des ausgleichsberechtigten Ehegatten - ausnahmsweise besonders langdauernde oder schwere persönliche Verstöße gegen eheliche Pflichten die Inanspruchnahme des anderen Ehepartners als grob unbillig im Sinne von § 1381 BGB erscheinen lassen können.</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Solche Umstände sieht der Senat darin, daß die Antragstellerin unstreitig in der Zeit von 1976 bis zur Trennung im Jahre 1979 mindestens zu vier verschiedenen Männern ehebrecherische Beziehungen unterhalten hat und damit einseitig aus der zu diesem Zeitpunkt ca. 30 Jahre bestehenden Ehe ausgebrochen ist. Auch wenn der Antragsgegner hiervon erst unmittelbar vor der Trennung bzw. danach erfahren hat, ändert dies nichts an der Tatsache, daß dieses Verhalten der Antragstellern hinter dem Rücken des Antragsgegners insbesondere aufgrund des Umstandes, daß diese sich mehreren Männern, wenn auch möglicherweise nur kurzfristig, zugewandt hat, für den Antragsgegner besonders kränkend gewesen ist. Andererseits darf nicht außer acht gelassen werden, daß lediglich die letzten Jahre der im Zeitpunkt der Trennung rd. 33 Jahre bestehenden Ehe durch das Fehlverhalten der Antragstellerin beeinträchtigt gewesen sind, und sie während der Ehezeit vier gemeinsame Kinder großgezogen hat. Insbesondere unter Berücksichtigung des letztgenannten Gesichtspunktes erscheint es nicht gerechtfertigt, die Antragstellerin von der Teilhabe an dem Zugewinn des Antragsgegners völlig auszuschließen. Der Senat hält vielmehr unter Abwägung sämtlicher Umstände des Falles eine Kürzung der an sich gegebenen Ausgleichsforderung von 118.041,-- DM um ein Drittel auf 78.694,--DM für angemessen.</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Auf die Berufung des Antragsgegners war daher die im amtsgerichtlichen Urteil festgesetzte Zahlungsverpflichtung des Antragsgegners auf diesen Betrag herabzusetzen. Die weitergehende Berufung des Antragsgegners war dagegen nicht begründet und mußte zurückgewiesen werden.</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Der von der Antragstellerin mit der Anschlußberufung geltend gemachte Zinsanspruch auf die in der angefochtenen Entscheidung zuerkannte Ausgleichsforderung von 118.074,82 DM ist gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 BGB in Höhe von 4% auf die jetzt festgestellte Ausgleichsforderung begründet. Im übrigen war die Anschlußberufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92, 93a ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Ziff. 10, ZPO.</p>
|
315,275 | vg-koln-1989-02-14-14-k-527487 | {
"id": 844,
"name": "Verwaltungsgericht Köln",
"slug": "vg-koln",
"city": 446,
"state": 12,
"jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": null
} | 14 K 5274/87 | "1989-02-14T00:00:00" | "2019-03-13T14:51:13" | "2022-10-18T15:08:42" | Urteil | ECLI:DE:VGK:1989:0214.14K5274.87.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 15.01.1987 und
des Widerspruchsbescheides vom 04.12.1987 verpflichtet, dem Kläger die beantrag-
te Einsichtnahme in das Wasserbuch vorbehaltlich des Umfangs der nach § 160 Abs.
2 LWG möglichen Einschränkungen zu gewähren.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Verfahrens tragen der Beklagte und die Beigeladene je zur Hälf-
te.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Dem
Beklagten und der Beigeladenen wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicher-
heitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, sofern
nicht der Kläger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"> Tatbestand:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger, ein eingetragener gemeinnütziger Verein, beantragte mit Schreiben
vom 06.08. und 13.06.1986 die Einsichtnahme in das Wasserbuch für den Regie-
rungsbezirk Köln bezogen unter anderem auf die wasserrechtlichen Erlaubnisbe-
scheide der Firma C. AG. Zur Begründung führte er aus, daß im bordeige-
nen Labor des Flußschiffes Beluga während der im Jahre 1985 durchgeführten Un-
tersuchung des Rheinwassers stark erhöhte CSB-Werte festgestellt worden seien
und es daher im Interesse aller Beteiligten liege, wenn er von den für die jeweiligen
Einleitungen festgelegten Grenzwerten Kenntnis erhalte. Im Dezember äußerten Ver-
treter des Klägers unter anderem gegenüber dem Rundfunk, daß der Kläger die von
der Wasserbehörde erlangten Daten veröffentlichen und sich nicht an verschiedene
Absprachen halten werde. Der Beklagte lehnte daraufhin durch Bescheid vom
15.01.1987 die beantragte Einsichtnahme in das Wasserbuch für den Regierungsbe-
zirk Köln mit der Begründung ab, daß eine Einsichtnahme in das Wasserbuch nur
erfolgen könne, wenn der Inhalt des Wasserbuches vertraulich behandelt werde. Er
verlangte als Voraussetzung für die Einsichtnahme die Abgabe einer Erklärung mit
folgendem Wortlaut:</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">"Ich verpflichte mich im Namen von H. , die Informatio-
nen und Fotokopien vertraulich zu behandeln, d.h. sie werden nur
Mitgliedern von H. zugänglich gemacht und keinesfalls
veröffentlicht."</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Zur Begründung berief der Beklagte sich auf § 160 Abs. 1 Landeswassergesetz -
LWG -, wonach ein "berechtigtes Interesse" des Einsichtbegehrenden erforderlich
sei. Diese Einschränkung zeige, daß das Gesetz eine Veröffentlichung der aus dem
Wasserbuch gewonnenen Informationen nicht wolle. Der Kläger legte gegen diesen
Bescheid mit Schreiben vom 03.02.1987 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er
aus, es gebe keine gesetzliche Pflicht, die durch die Einsichtnahme aufgrund eines
berechtigten Interesses erlangten Erkenntnisse vertraulich zu behandeln. § 160 Abs.
1 LWG habe lediglich den Zweck, die Einsichtnahme aus reiner Neugier oder allge-
meiner Informationssucht zu verhindern. Der Beklagte wies den Widerspruch durch
Widerspruchsbescheid vom 04.12.1987 zurück. Zur Begründung führte er aus, der
Begriff des berechtigten Interesses gemäß § 160 Abs. 1 LWG sei zwar weit auszule-
gen. Es genüge jedes, bei verständiger Würdigung der Sachlage als gerechtfertigt
anzuerkennendes Interesse, nicht notwendig ein rechtliches Interesse. Jedoch habe
die Einsichtnahme von jedermann in das Wasserbuch ausgeschlossen werden sol-
len. Daraus folge zwingend, daß die Regelung nicht dadurch unterlaufen werden dür-
fe, daß ein an sich Berechtigter die erhaltenen Auszüge bzw. Ablichtungen aus dem
Wasserbuch an eine nicht bestimmbare Zahl von Nichtberechtigten weitergebe. Dies
sei aber das Ziel des Klägers. Die verlangte Erklärung beinhalte nur die Verpflich-
tung, sich entsprechend der gesetzlichen Vorschrift verhalten zu wollen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat am 24.12.1987 Klage erhoben. Zur Begründung führt er aus, das
berechtigte Interesse könne auch das Interesse der Medien sein, die Öffentlichkeit
über bestimmte Aspekte des Gewässerschutzes zu unterrichten. Dann könne er die
erhaltenen Informationen ebenfalls veröffentlichen. Er sehe seine Aufgabe gerade
darin, für die Umwelt relevante Informationen zu erhalten und kritisch in der Öffent-
lichkeit zu diskutieren. Denn nur so könne ein gewisses Gegengewicht gegen das
Interesse geschaffen werden, die Gewässer übermäßig als Vorfluter zu benutzen.
Das Grundrecht der Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 Grundgesetz umfasse auch das
Recht, sich aus allgemein zugänglichen Quellen wie zum Beispiel dem Wasserbuch,
dem Grundbuch, dem Handelsregister und dem Vereinsregister ungehindert zu un-
terrichten und die gewonnenen Erkenntnisse öffentlich zu diskutieren. Den Belangen
des im Wasserbuch erfaßten Einleiters trage § 160 Abs. 2 LWG Rechnung.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom
15.01.1987 und des Widerspruchsbescheides vom 04.12.1987 zu
verpflichten, ihm die beantragte Einsicht in das Wasserbuch, unbe-
schadet des Rechts des Beklagten nach § 160 Abs. 2 LWG die Ein-
sicht zu verweigern, zu gewähren.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Er wiederholt sein Vorbringen aus dem Vorverfahren.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Beigeladene beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Zum weiteren Sach- und Streitstand wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den
Inhalt der Beiakte Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist mit dem in der mündlichen Verhandlung konkretisierten Antrag auf
Einsichtnahme in das Wasserbuch vorbehaltlich des Umfangs der nach § 160 Abs. 2
LWG vom 04.07.1979 (GV NW S. 488) möglichen Einschränkungen zulässig und
begründet.
Der Kläger hat grundsätzlich einen Anspruch gemäß § 160 Abs. 1 LWG auf Gewäh-
rung der Einsichtnahme in das Wasserbuch, ohne zuvor eine
Verpflichtungserklärung mit dem vom Beklagten geforderten Inhalt abgeben zu
müssen. Gemäß § 160 Abs. 1 LWG ist jedem die Einsicht in das Wasserbuch
gestattet, der ein berechtigtes Interesse darlegt. Der Beklagte hat ein berechtigtes
Interesse des Klägers an der Einsichtnahme nicht bestritten, sondern ausdrücklich
bejaht. Er ist lediglich der Ansicht, diese gesetzliche Beschränkung des
Einsichtsrechts beinhalte gleichzeitig die Verpflichtung zur vertraulichen Behandlung
der gewonnenen Erkenntnisse und berechtige ihn zur Vorschaltung einer
entsprechenden Verpflichtungserklärung vor Gewährung der Einsichtnahme.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Eine derartige Auslegung des Begriffs des berechtigten Interesses ergibt sich
weder aus der Rechtsnatur des Wasserbuchs, noch aus dem Gesetzeswortlaut noch
aus dem Sinn des Gesetzes. Der Begriff des Wasserbuchs ist weder in § 37 Wasser-
haushaltsgesetz noch in §§ 157 f. LWG definiert. § 37 Wasserhaushaltsgesetz gibt
den Ländern lediglich auf, Wasserbücher zu führen und sich dabei an bestimmte in-
haltliche Vorgaben zu halten. Die nähere Bestimmung von Form und Charakter des
Wasserbuchs bleibt den Ländern vorbehalten.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Vgl. Sieder-Zeitler, WHG, Kommentar, Stand: Januar 1988, § 37
Rdnr. 5.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Das Wasserbuch soll den Wasserbehörden, den am Gewässer interessierten
Kreisen und der Gewässerkunde einen Überblick über die Rechtsverhältnisse an den
Gewässern ermöglichen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Gieseke-Wiedemann-Czychowski, WHG, Kommentar, 4. Aufl., § 37 Rdnr.
1.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Das Land Nordrhein-Westfalen hat sich nicht auf einen behördeninternes
Auskunftsbuch beschränkt, sondern gemäß § 160 Abs. 1 LWG jeder Person den
Zugang zum Wasserbuch eröffnet, die ein berechtigtes Interesse darlegt. Der
Gesetzgeber hat damit einen Begriff gewählt, der bereits in § 12 Grundbuchordnung
verwendet und allgemein weit ausgelegt wird. Das berechtigte Interesse braucht kein
rechtliches zu sein, es genügt auch jedes andere, das bei verständiger Würdigung
der Sachlage als gerechtfertigt anzuerkennen ist, zum Beispiel ein wirtschaftliches,
wissenschaftliches, historisches oder statistisches Interesse aber auch das Interesse
der Medien (Presse, Rundfunk, Fernsehen), die Öffentlichkeit über bestimmte
Aspekte des Gewässerschutzes zu unterrichten.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Vgl. Gieseke, a.a.O., § 37 Rdnr. 5 mit weiteren Nachweisen auch
zur Grundbuchordnung; insbesondere Löffler, Presserecht, 3.
Auflage, § 4 LPG Randnr. 86.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Notwendigkeit der Darlegung des berechtigten Interesses dient lediglich der
Abwehr von nur neugierigen oder informationssüchtigen Antragstellern. Das heißt,
nach erfolgter Darlegung eines entsprechenden Interesses hat die das Wasserbuch
führende Behörde die Einsichtnahme - ausgenommen ein Fall des § 160 Abs. 2
LWG liegt vor - zu gestatten. Über die etwaige Verwendung der gewonnenen
Erkenntnisse durch denjenigen, der die Einsicht genommen hat, sagt das Gesetz
nichts aus. Insbesondere ist nicht ersichtlich, daß diese Erkenntnisse nur im Rahmen
des jeweiligen Interesses (z.B. wissenschaftliches, wirtschaftliches Interesse)
verwertet werden dürfen, das geltend gemacht wurde. Da auch das Interesse eines
Journalisten ein berechtigtes sein kann und dieser entsprechend seinem Interesse
die gewonnenen Erkenntnisse publizieren kann und darf, muß die
Publikationsmöglichkeit zum Beispiel einem Wissenschaftler ebenso offen stehen
wie vorliegend einem Verein, dessen erklärtes Ziel unter anderem der
Gewässerschutz und die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für Umweltprobleme ist.
Ebenso kann ein Journalist von der beabsichtigten Veröffentlichung der gewonnenen
Erkenntnisse absehen und sie im Rahmen wissenschaftlicher Überlegungen
verwerten.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Hätte der Gesetzgeber eine Veröffentlichung der aus dem Wasserbuch
ersichtlichen Benutzungsrechte an Gewässern generell verhindern wollen, dann
hätte er den Begriff des berechtigten Interesse nicht wählen dürfen, oder dieses
Interesse insoweit ausdrücklich einschränken müssen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Es ist auch kein Grund ersichtlich, warum Erkenntnisse aus dem Wasserbuch
nicht veröffentlicht und öffentlich diskutiert werden sollten. Das Wasserbuch ist in
allen Bundesländern nur ein Verzeichnis der bestimmte Gewässer betreffenden
eintragungsfähigen Rechtsverhältnisse; die Eintragungen sind weder mit dem
öffentlichen Glauben des Grundbuchs noch mit einer Rechtsvermutung der
Richtigkeit ausgestattet; es besteht lediglich eine tatsächliche Vermutung für ihre
Richtigkeit.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Vgl. Gieseke, a.a.O., § 37 Rdnr. 3, 3a.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Mehr Aussagekraft hat das Wasserbuch nicht.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Vgl. hierzu Runderlaß des MELF vom 03.04.1963 betreffend
Einrichtung und Führung der Wasserbücher, MBl NW 1963, S. 439
f..</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Bei Bejahung eines berechtigtes Interesses besteht insofern kein Bedürfnis für
eine generelle Geheimhaltung der gewonnenen Erkenntnisse.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Vgl. zur Definition des berechtigten Interesses und der fehlenden
Geheimhaltungsverpflichtung VG Neustadt an der Weinstraße, Urteil
vom 28.11.1980 - 9 K 205/88 -.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Im übrigen beabsichtigt der Landesgesetzgeber, in die Neufassung des
Landeswassergesetzes die Darlegung eines berechtigten Interesses als
Voraussetzung für die Einsichtnahme nicht mehr aufzunehmen, wie dies bereits in
Bremen und Hessen der Fall ist und unter der Geltung des Preußischen
Wassergesetzes bereits der Fall war.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Vgl. Holtz-Kreutz-Schlegelberger, Das preußische Wassergesetz,
1955, S. 770 zu § 193 "Die Einsicht der Wasserbücher... ist jedem
gestattet."</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Die eigentliche Schutzvorschrift des § 160 Abs. 2 LWG gewährleistet in
ausreichendem Maße, daß auch einer Person, die aufgrund des Nachweises eines
berechtigten Interesses generell Einsicht in das Wasserbuch nehmen darf, unter
bestimmten Voraussetzungen die Einsichtnahme verwehrt werden kann, wenn eine
Eintragung im Interesse des Gewässerbenutzers wirklich geheimhaltungsbedürftig
ist, weil Betriebseinrichtungen und Betriebsweisen betroffen sind. Für diesen Fall
stellt § 160 Abs. 2 LWG sicher, daß der einzelne Antragsteller von der
Einsichtnahme in das Wasserbuch ausgeschlossen ist und das Wasserbuch sowohl
ihm als auch der Öffentlichkeit verschlossen bleibt, sofern der Gewässerbenutzer der
Einsichtnahme nicht zustimmt.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 3 VwGO, die Entscheidung
über vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
</p>
|
315,276 | olgham-1989-02-14-3-ws-6889 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
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} | 3 Ws 68/89 | "1989-02-14T00:00:00" | "2019-03-13T14:51:15" | "2022-10-18T15:08:42" | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1989:0214.3WS68.89.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben, soweit er die Anordnung und Ablehnung der Pflichtverteidigerbestellung bezüglich der Angeschuldigten ... und ... betrifft.</p>
<p>Als 2. Pflichtverteidiger wird dem Angeschuldigten ... anstelle des Rechtsanwalts ... aus ... Rechtsanwalt ... aus ... und der Angeschuldigten ... anstelle der Rechtsanwältin ... aus ... Rechtsanwalt, aus ... beigeordnet.</p>
<p>Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die den Angeschuldigten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">In dem vorliegenden Strafverfahren, in dem den Angeschuldigten mit Anklageschrift vom ... u.a. gemeinschaftlicher Mord in Tateinheit mit erpresserischem Menschenraub und Geiselnahme sowie mehrfacher versuchter Mord zur Last gelegt worden ist, hat der Vorsitzende der Strafkammer durch den angefochtenen Beschluß dem Angeschuldigen ... als zweitem Pflichtverteidiger Rechtsanwalt ... aus ... beigeordnet und die vom Angeschuldigten beantragte Beiordnung des Rechtsanwalts ... aus ... abgelehnt. Außerdem hat er die Rechtsanwältin ... aus ... zum zweiten Pflichtverteidiger der Angeschuldigten ... bestellt und die von der Angeschuldigten beantragte Beiordnung des Rechtsanwalts ... ebenfalls zurückgewiesen. Hiergegen richten sich die Beschwerden der Angeschuldigten.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Rechtsmittel haben Erfolg. Sie führen zur Rücknahme der Bestellung der Rechtsanwälte ... und ... und zur Beiordnung der Rechtsanwälte ... und ...</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat bislang die Auffassung vertreten, daß die vom Vorsitzenden des erkennenden Gerichts außerhalb der Hauptverhandlung getroffene Entscheidung im Zusammenhang mit der Bestellung oder Abberufung eines Pflichtverteidigers gemäß § 305 Satz 1 StPO nicht der Beschwerde unterliegt (vgl. NStZ 1985, 518). An dieser in der Rechtsprechung nur vereinzelt vertretenen Mindermeinung hält der Senat im Interesse einer einheitlichen Rechtsprechung nicht mehr fest und schließt sich der herrschenden Auffassung an, nach der Beschwerden gegen solche Entscheidungen zulässig sind (Kleinknecht/Meyer, StPO, 38. Aufl., § 141 Rdn. 9 m. zahlr. Hinw.; Laufhütte in KK, StPO, 2. Aufl., § 141 Rdn. 12 m.w.H.).</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">§ 142 Abs. 1 Satz 2 StPO räumt dem Angeschuldigten hinsichtlich des ihm zu bestellenden Pflichtverteidigers ein Vorschlagsrecht ein. Macht er hiervon Gebrauch, so hat der Vorsitzende nach § 142 Abs. 1 Satz 3 StPO den Vorgeschlagenen dann zu bestellen, wenn nicht wichtige Gründe dem entgegenstehen. Als solche kommen beispielsweise Überlastung des vom Angeschuldigten bezeichneten Anwalts oder das Fehlen von Spezialkenntnissen in besonders schwierigen Strafverfahren in Betracht (vgl. amtl. Begr. BT-Drucksache 10/1313 S. 20/21). Voraussetzung für diese Einschränkung des Auswahlermessens ist, wie sich aus der Verbindung der neuen Sätze 2 und 3 mit dem unveränderten Satz 1 des § 142 StPO ergibt, daß sich der Angeschuldigte innerhalb des in Satz 1 bezeichneten Personenkreises hält. Diese Regel ist jedoch nicht uneingeschränkt anzuwenden. Steht fest, daß der Angeschuldigte zu dem von ihm vorgeschlagenen auswärtigen Rechtsanwalt besonderes Vertrauen begründet hat, kann seine Beiordnung geboten sein, wenn nicht sonstige Gründe gegen dessen Beiordnung sprechen (OLG Hamm StrafVert 1987, 478; SchlH OLG StrafVert 1987, 478; OLG Düsseldorf NStE Nr. 2 zu § 142 StPO; OLG Stuttgart OLGSt Nr. 4 zu § 142 StPO; Rieß/Hilger, das neue Strafverfahrensrecht NStZ 1987, 147). Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, nach der dem Angeschuldigten grundsätzlich der Anwalt seines Vertrauens beizuordnen ist (BVerfGE 9, 37 ff.).</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Diese Grundsätze sind auch bei der Beiordnung eines 2. Pflichtverteidigers zu beachten.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Seine Bestellung kommt in der Regel nur in Betracht, wenn aufgrund des Umfangs und der Schwierigkeit des Verfahrens hierfür ein unabwendbares Bedürfnis besteht, um eine ausreichende Verteidigung des Beschuldigten zu ermöglichen. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn sich die Hauptverhandlung über einen längeren Zeitraum hin erstreckt und zu ihrer ordnungsgemäßen Durchführung sichergestellt werden muß, daß auch bei einem vorübergehenden Ausfall des 1. Verteidigers weiterverhandelt werden kann. Ist demgemäß diese Bestellung geboten, so wird auch hier im Hinblick auf dem grundgesetzlich geschützten Anspruch auf ein faires Verfahren der Anwalt des Vertrauens des Beschuldigten insoweit Priorität haben.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Mit dem Vorsitzenden der Kammer war danach zwar die Notwendigkeit der Bestellung von zweiten Pflichtverteidigern zu bejahen; unter Berücksichtigung der oben erörterten Umstände war vorliegend jedoch den Anträgen der Angeschuldligen zu entsprechen und ihnen die Rechtsanwälte ... und ... anstelle der Rechtsanwälte ... und ... beizuordnen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Rechtsanwalt ... gehört zu den beim Landgericht ... zugelassenen Rechtsanwälten, so daß nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes von seiner Bestellung hätte Abstand genommen werden können. Dem vom Vorsitzenden der Strafkammer hervorgehobenen Gesichtspunkt, Rechtsanwalt ... sei möglicherweise im Umfangsverfahren noch nicht aufgetreten, kann schon deswegen keine Bedeutung beigemessen werden, weil Rechtsanwalt ... näher dargelegt hat, daß er bereits Erfahrungen in solchen Verfahren gesammelt hat. Ohnehin verlangen die Rechtsfragen, die in dem - wenn auch umfangreichen - Strafverfahren auftreten können, keine Spezialkenntnisse, sondern vielmehr nur solche Kenntnisse, die zum rechtlichen Erfahrungsgut aller Anwälte gehören.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Rechtsanwalt ... aus ... hat der Angeschuldigte am ... zu seinem Wahlverteidiger bestellt und ihn auf die Aufforderung des Strafkammervorsitzenden als Anwalt seines Vertrauens bezeichnet. Als wichtiger der Beiordnung entgegenstehender Grund kommt daher allein die Tatsache in Betracht, daß Rechtsanwalt ... nicht zu den bei den Gerichten des Bezirks zugelassenen Rechtsanwälten gehört. Dieser Umstand ist gegen die Tatsache abzuwägen, daß der Angeschuldigte den von ihm benannten Anwalt zu seinem Wahlverteidiger bestellt hatte. Diese Abwägung gebietet es schon wegen der geringen Entfernung zwischen Gerichtsort und Niederlassung des Rechtsanwalts, Rechtsanwalt ... beizuordnen. Nennenswerte Mehrkosten würden durch die Beiordnung nicht entstehen, zumal Rechtsanwalt ... ausdrücklich auf Mehrkosten und Fahrtkosten verzichtet hat. Demgegenüber kann der Umstand, daß es wegen - vermeidbarer - Verkehrsstörungen auf der Strecke zwischen ... und ... zu Terminsverzögerungen kommen kann, kein solches Gewicht beigemessen werden, daß allein deswegen die beantragte Beiordnung des Verteidigers abgelehnt wird.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 473, 467 StPO.</p>
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315,277 | lg-dusseldorf-1989-02-14-23-s-39289 | {
"id": 808,
"name": "Landgericht Düsseldorf",
"slug": "lg-dusseldorf",
"city": 413,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 23 S 392/89 | "1989-02-14T00:00:00" | "2019-03-13T14:51:16" | "2022-10-18T15:08:42" | Urteil | ECLI:DE:LGD:1989:0214.23S392.89.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>In dem Rechtsstreit</p>
<p>hat die 23. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 24. Januar 1990 </p>
<p>für Recht erkannt:</p>
<p>Die Berufung des Klägers gegen das am 19. April 1989 verkündete Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.</p>
<p>Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen. Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht folgt den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, § 543 Abs. 1 ZPO. Das Vorbringen im zweiten Rechtszug rechtfertigt keine andere Beurteilung.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Ohne Erfolg beruft sich der Kläger auf eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 10.11.1988, wonach der Arbeitgeber im Falle einer Abmahnung konkludent auf ein Kündigungsrecht wegen der Gründe, die Gegenstand der Abmahnung waren, verzichtet. Auch dies vermag eine Änderung der der ständigen Rechtsprechung der Kammer entsprechenden Entscheidung nicht herbeizuführen. Die Tatsache, daß in einer solchen Abmahnung ein Verzicht auf ein Kündigungsrecht für die abgemahnten Verstöße zu sehen ist, beseitigt nämlich nicht die Wirkung dieser Abmahnung auf eine mögliche Kündigung für künftige Verstöße, was sich ebenfalls aus der angesprochenen Entscheidung des Bundesarbeitsgericht ergibt.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der erste Verstoß war deshalb grundsätzlich geeignet , den Rechtskonflikt auszulösen und nachwirken zu lassen, so daß ein Ausschluß des Versicherungsfalls gemäß § 14 Abs. 3 ARB vorliegt.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Streitwert des Berufungsverfahrens: 794,12 DM. </p>
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315,278 | olgham-1989-02-09-6-u-45186 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
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} | 6 U 451/86 | "1989-02-09T00:00:00" | "2019-03-13T14:51:17" | "2022-10-18T15:08:41" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1989:0209.6U451.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das am 18. September 1986 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Münster abgeändert und wie folgt neu gefaßt:</p>
<p>Die Beklagten werden verurteilt, an den Kläger als Gesamtschuldner</p>
<p> a) 15.000,- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 8. Januar 1986,</p>
<p> b) ab 1. März 1989 eine monatlich im voraus zu entrichtende Schmerzensgeldrente von 200,- DM</p>
<p>zu zahlen.</p>
<p>Es wird festgestellt, daß die Beklagten verpflichtet sind, als Gesamtschuldner dem Kläger sämtliche weiteren zukünftigen immateriellen Schäden zu ersetzen, welche ihm aus dem Unfall vom 26. Februar 1981 in ... noch entstehen.</p>
<p>Im übrigen bleibt die Klage abgewiesen.</p>
<p>Die Kosten der 1. Instanz tragen der Kläger zu 3/4 und die Beklagten zu 1/4.</p>
<p>Die Kosten der 2. Instanz tragen der Kläger zu 7/10 und die Beklagten zu 3/10.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Die Parteien können die Zwangsvollstreckung abwenden, der Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 8.000,- DM und die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 25.000,- DM. Für die Beklagten erhöht sich die Sicherheitsleistung ab 1. März 1989 bezüglich der zu vollstreckenden Rentenbeträge um 200,- DM. Die Beklagten können die Sicherheit durch eine unbedingte und unbefristete selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank oder einer öffentlichen Sparkasse erbringen.</p>
<p>Das Urteil beschwert den Kläger in Höhe von 89.400,- DM und die Beklagten in Höhe von 28.600,- DM.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Am 26. Februar 1981 bog der Beklagte zu 1) mit einer bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversicherten Sattelzugmaschine des Typs ... der ... in ... vom Firmengelände des Unternehmens nach links in die Industriestraße ein. Dabei wurde der für ihn von links kommende Kläger, der auf seinem Fahrrad in Richtung ... unterwegs war, von dem Kotflügel des Sattelzugschleppers erfaßt und zu Boden geschleudert. Der am 15.12.1937 geborene Kläger erlitt ein schweres Schädenhirntrauma mit contusioneller Hirnschädigung, beidseitiger Kalottenfraktur und rechtsseitiger Schädelbasisfraktur. Es bildete sich ferner links ein großes subdurales Hämatom mit nachfolgender epiduraler Blutung. Außerdem kam es zu einem Hautemphysem auf der linken Thoraxseite und später noch zu einem rechtsseitig auftretenden epiduralem Hämatom. Der Kläger wurde bewußtlos in die ... eingeliefert und dort primär versorgt. Am 24. März 1981 wurde er in die ... verlegt. Seine Entlassung aus der stationären Behandlung erfolgte am 6. Mai 1981. Seit dem Unfall leidet der Kläger unter ataktischen Gehstörungen und einem hirnorganischen Psychosyndrom, das zu einer schweren Wesensveränderung geführt hat und das sich in starken Konzentrations- und Merkfähigkeitsstörungen und in einem allgemeinen Abbau der intellektuellen Leistungen auswirkt. Wegen der Einzelheiten des Verletzungsbildes, des Behandlungsverlaufs sowie der Entwicklung des körperlichen und seelischen Zustandes wird auf das ärztliche Zeugnis des ... vom 7. August 1981 (Bl. 9-13 d.A.), auf das neurologische Zusatzgutachten des Privatdozenten ... vom 3. August 1981 (Bl. 14-24 d.A.) und auf dessen nervenärztliches Gutachten vom 4. August 1983 (Bl. 25-31 d.A.) sowie auf die ärztliche Bescheinigung des Hausarzte ... vom 30. April 1982 verwiesen (Bl. 32 d.A.).</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Eine auf Veranlassung der ... in ... am 14. Februar 1982 begonnene Heilmaßnahme in der ... in ... mußte am 16. Februar 1982 wegen Alkoholabusus und fehlender Mitwirkung des Klägers abgebrochen werden (Bl. 203, 204 d.A.).</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist seit dem Unfall arbeits- und erwerbsunfähig. Seit dem 17. Januar 1982 bezieht er eine Erwerbsunfähigkeitsrente. Er kann seine Angelegenheiten alle in nicht besorgen und ist nach dem Tod seiner Ehefrau am 26. Oktober 1984 auf die Hilfe von Angehörigen angewiesen. Seit Dezember 1987 lebt er im Haushalt seiner Stieftochter, von welcher er versorgt und gepflegt wird.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 11. Juni 1982 (Bl. 8 d.A.) erklärte die Beklagte zu 2), daß Einwendungen zum Grund der Haftung nicht erhoben würden. Zur Wahrnehmung seiner Rechte aus dem Verkehrsunfall vom 26. Februar 1981 hat das Amtsgericht Tecklenburg am 6. Juni 1984 den Rechtsanwalt ... in ... zum Pfleger des Klägers bestellt.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Wegen der Verletzungen und deren Folgen hat der Kläger für den Zeitraum vom 26. Februar 1981 bis 31. Dezember 1985 gegen die Beklagten ein Schmerzensgeld in der Größenordnung von 100.000,- DM geltend gemacht, auf welches die Beklagte zu 2) vorgerichtlich 50.000,- DM gezahlt hat. Für die Zeit ab 1. Januar 1986 hat der Kläger eine monatliche Rente von 500,- DM begehrt. Diese Forderungen hat er damit begründet, daß das jetzt vorhandene Psychosyndrom und die ataktischen Gehstörungen allein durch den schweren Unfall vom 26. Februar 1981 verursacht und nicht auf einen langjährigen Alkoholmißbrauch in der Zeit vor dem Unfall zurückzuführen seien. Eine solche Alkoholabhängigkeit und eine dadurch herbeigeführte gesundheitliche Schädigung habe es nicht gegeben. Erst infolge des Unfalls neige er infolge tiefer Depressionen, die durch den Tod seiner Ehefrau verstärkt seien, gelegentlich zu einem vermehrten Alkoholkonsum. Infolge der auch für die Zukunft nicht absehbaren Auswirkungen des Psychosyndroms und der Gehstörungen, so hat der Kläger weiter vorgetragen, entfalte er keine körperlichen und geistigen Aktivitäten mehr. Er sitze tagsüber stumpf im Sessel und sehe fern.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld für den Zeitraum vom 26. Februar 1981 bis zum 31. Dezember 1985 nebst 4 % Zinsen hierauf seit Fälligkeit abzüglich gezahlter 50.000,- DM zu zahlen,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn beginnend mit dem 1. Januar 1986 zukünftig 500,- DM monatlich als Schmerzensgeldrente zu zahlen,</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">3.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">festzustellen, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihm sämtliche immateriellen Schäden aus dem Unfall vom 26. Februar 1981 zu erstatten, soweit die Schäden nicht von einem Sozialversicherungsträger übernommen werden.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten haben beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten haben behauptet, das beim Kläger vorhandene Psychosyndrom und die ataktischen Gehstörungen seien nicht Folgen des Unfalls, die schon seit 1982 abgeheilt seien, sondern sie seien auf den chronischen Alkoholmißbrauch des Klägers vor dem Unfall und in der Zeit danach zurückzuführen. Infolge seiner durch den früheren Alkoholabusus bedingten starken Voralterung und vor allem infolge des sich nach dem Unfall in hohem Maße fortsetzenden Alkoholkonsums habe der Kläger bewirkt, daß die Unfallfolgen nicht abgeklungen seien. Seine Erwerbsunfähigkeit sei zu 50 % auf den Alkoholmißbrauch zurückzuführen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten haben die Auffassung vertreten, daß für den Feststellungsantrag das Rechtsschutzinteresse fehle, weil zukünftige weitere Schäden nicht wahrscheinlich seien.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Durch Urteil vom 18. September 1986 hat das Landgericht dem Kläger noch ein weiteres Schmerzensgeld von 15.000,- DM zuzüglich 4 % Zinsen seit dem 9. August 1986 zugesprochen; im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die schweren Hirnschädigungen mit der Folge eines Psychosyndroms rechtfertigten an sich ein Schmerzensgeld von 100.000,- DM. Bei der Bemessung dieses Schmerzensgeldes seien die ataktischen Gehstörungen nicht zu berücksichtigen, da sie weder nach dem Vorbringen des Klägers noch nach den vorgelegten Gutachten ganz oder teilweise als Unfallfolge sicher feststellbar seien. Möglicherweise habe die Gehstörung schon vor dem Unfall bestanden oder der Alkoholmißbrauch des Klägers aus dieser Zeit sei die überwiegende Ursache.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat gemeint, der Kläger müsse sich ein mit 35 % zu bewertendes Mitverschulden zurechnen lassen, weil sich sei Alkoholmißbrauch in der Zeit nach dem Unfall schädlich für den Heil- und Genesungsverlauf ausgewirkt habe. Daß es sich bei diesem fortgesetzten Alkoholmißbrauch ebenfalls um eine Unfallfolge gehandelt habe, lasse sich mangels geeigneter tatsächlicher Angaben auch durch ein Sachverständigengutachten nicht mehr feststellen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Den Anspruch auf eine Schmerzensgeldrente hat das Landgericht mit der Begründung verneint, daß der Kläger nicht dargelegt habe, daß ihm die durch die Dauerschäden hervorgerufene Lebensbeeinträchtigung immer wieder schmerzlich bewußt werde. Die Beschreibung seiner Wesensveränderung deute eher auf eine Resignation als auf ein bewußtes Empfinden hin. Schließlich könne nach der Art der Schäden auch nicht unterstellt werden, daß er sie immer wieder schmerzlich bewußt erlebe. Im übrigen sei schon bei der Bemessung des Schmerzensgeldes berücksichtigt worden, daß Dauerfolgen schwersten Ausmaßes eingetreten seien.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Den Feststellungsantrag hat das Landgericht, nicht für begründet erachtet, weil nicht ausreichend dargetan sei, daß mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit weitere, nicht abschätzbare und nicht alkoholbedingte Schäden aufgrund des Unfalls entstehen könnten.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Gegen das ihm am 13. November 1986 zugestellte Urteil des Landgerichts richtet sich die am 5. Dezember 1986 eingegangene Berufung des Klägers vom selben Tage. Auf den am 17. Dezember 1986 eingangenen Antrag vom 16. Dezember 1986 ist die Frist zur Begründung der Berufung bis zum 5. Februar 1987 verlängert worden. Die Berufungsbegründung vom 3. Februar 1987 ist am 5. Februar 1987 bei Gericht eingegangen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">In der Berufungsinstanz macht der Kläger über das bereits erhaltene und vom Landgericht zugesprochene Schmerzensgeld hinaus für die Zeit vom 26. Februar 1981 bis 31. Dezember 1985 noch ein weiteres in das Ermessen des Gerichts gestelltes angemessenes Schmerzensgeld von mindestens 35.000,- DM und ab 1. Januar 1986 eine Schmerzensgeldrente von monatlich 500,- DM geltend; ferner verfolgt er das Feststellungsverfahren weiter. Dazu trägt er unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens vor:</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Das Psychosyndrom und die ataktischen Gangstörungen seien allein durch den Unfall vom 26. Februar 1981 bedingt. Der Kläger bestreitet, vorher infolge Alkoholmißbrauchs gesundheitlich geschädigt, antriebs- und kritikschwach oder in seiner Arbeitsfähigkeit beeinträchtigt gewesen zu sein. Bis dahin hätten nur leichte, im allgemeinen nicht beeinträchtigende Unsicherheiten beim Gehen bestanden, deren Ursache Beschwerden am rechten Knie gewesen seien. Er habe nicht mehr als ein bis zwei Flaschen Bier und etwa zwei bis drei Glas Schnaps pro Tag zu sich genommen und auch das nicht regelmäßig. Selbst wenn eine alkoholbedingte Vorschädigung des Hirns vorgelegen hätte, wären das Psychosyndrom und die Gehstörungen erst durch den Unfall ausgelöst worden, ohne den er heute gesund und uneingeschränkt arbeitsfähig wäre. Der Kläger bestreitet auch, durch einen Alkoholmißbrauch in der Zeit nach dem Unfall seinen unfallbedingten Zustand verschlimmert oder verfestigt zu haben. Nach dem Unfall habe er bis zum Tod seiner Ehefrau überwiegend nur alkoholfreies Bier zu sich genommen und danach höchstens zwei Flaschen Bier täglich. Seit Mitte Dezember 1984 habe er gelegentlich und auch nur vorübergehend in unschädlichen Mengen Spirituosen verzehrt. Zum Abbruch der Kur in ... sei es gekommen, weil er sich ohne seine Ehefrau hilfslos gefühlt habe und verschüchtert gewesen sei. Er sei auf seinem Zimmer geblieben und habe Bier getrunken und geraucht. Im übrigen hätten auch bei einer aktiven Teilnahme an der Heilmaßnahme die Unfallfolgen nicht vermindert werden können. Selbst wenn durch den Alkoholkonsum nach dem Unfall sein Zustand verschlimmert worden wäre, wäre dies nur die Folge davon gewesen, daß er wegen des unfallbedingten Psychosyndroms in seiner intellektuellen Leistungs-, Kontroll- und Steuerungsfähigkeit stark beeinträchtigt gewesen sei und die möglichen gesundheitsschädlichen Folgen des Alkoholgenusses nicht habe beurteilen können.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist der Auffassung, daß die Schwere seiner Verletzungen und ihrer Folgen neben einem Schmerzensgeld auch eine Schmerzensgeldrente rechtfertigten. Er behauptet, trotz der mit dem Psychosyndrom für seinen geistigen und seelischen Zustand verbundenen Auswirkungen wisse er darum und leide er ständig darunter, daß diese lebenslangen Beeinträchtigungen durch den Unfall vom 26. Februar 1981 herbeigeführt worden seien.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Im Hinblick auf das Schreiben der Beklagten zu 2) vom 8. Januar 1986 (Bl. 104 d.A.), in welchem für diesen Zeitpunkt eine weitere Schadensregulierung abgelehnt worden ist, verlangt der Kläger von diesem Zeitpunkt ab Zinsen.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">das angefochtene Urteil abzuändern und</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an ihn über die erstinstanzlich ausgeurteilten Beträge hinaus</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">ein weiteres in das Ermessen des Gerichts gestelltes angemessenes Schmerzensgeld für den Zeitraum vom 26. Februar 1981 bis zum 31. Dezember 1985, mindestens jedoch weitere 35.000,- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 9. Januar 1986,</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">4 % Zinsen auf (die bereits ausgeurteilten)</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">15.000,- DM für die Zeit vom 8. Januar 1986 bis zum 8. August 1986 sowie</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">c)</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">beginnend ab dem 1. Januar 1986 eine monatliche</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Schmerzensgeldrente in Höhe von 500,- DM,</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">hilfsweise (zu c)</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">ein weiteres in das Ermessen des Gerichts gestelltes angemessenes Schmerzensgeld für die ab dem 1. Januar 1986 erlittenen Beeinträchtigungen, mindestens jedoch weitere 30.000,- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 9. Januar 1986 zu zahlen,</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">festzustellen, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihm sämtliche weiteren zukünftigen immateriellen Schäden zu ersetzen, welche ihm aus dem Verkehrsunfallereignis vom 26. Februar 1981, ca. 12.58 Uhr, in ... entstehen.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen,</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">zu ihren Gunsten</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">als Gläubiger es bei der Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung gemäß §§ 711 Satz 2, 710 ZPO zu belassen;</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">als Schuldner die Schutzanordnungen aus § 712 ZPO zu treffen;</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">hilfsweise in beiden Fällen ihnen zu gestatten, eine Sicherheitsleistung nach § 711 ZPO auch durch die Bürgschaft einer Großbank oder öffentlichen Sparkasse zu erbringen.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten wiederholen ihr Vorbringen aus der ersten Instanz und tragen weiter vor:</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Die Hirnschäden des Klägers, ihre Folgen und die sonstigen Störungen seien nicht ausschließliche Folge des Unfalls. Infolge langjährigen Alkoholmißbrauchs sei er schon vor dem Unfall mit schädigenden Auswirkungen auf das Gehirn alkoholkrank gewesen und die ataktische Gangstörung habe auch schon damals vorgelegen. Der Kläger habe täglich nach der Arbeit wenigstens zwei Flaschen Bier und einen "Flachmann" zu sich genommen. Danach sei er betrunken gewesen. Daher habe er auch nicht regelmäßig und vollschichtig gearbeitet. Infolge seines ständigen Alkoholkonsums habe er zwei Arbeitsstellen verloren (Bl. 258 d.A.). Damit sei durch den Alkoholmißbrauch vor dem Unfall die Grundlage für das Psychosyndrom und die ataktischen Gangstörungen gegeben gewesen, und es treffe nicht zu, daß er ohne den Unfall gesund und arbeitsfähig gewesen wäre.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Weiterhin machen die Beklagten auch einen ständigen Alkoholkonsum des Klägers in der Zeit nach dem Unfall für seinen jetzigen Zustand verantwortlich. Sie bestreiten, daß dieser Alkoholmißkonsum durch die Hirnschädigung bedingt gewesen sei. Seit seinem 49. Geburtstag habe er in einem erheblichen Umfang Alkoholabusus getrieben. Die Beklagten bestreiten, daß der Abbruch der Heilmaßnahme in ... durch die Trennung des Klägers von seiner Ehefrau mit bedingt gewesen sei. Auch hierfür sei nur sein Alkoholmißbrauch die Ursache gewesen. Bei aktiver Mitwirkung wäre eine Besserung durchaus erzielbar gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten halten ein weiteres Schmerzensgeld und eine Schmerzensgeldrente mit der Begründung für nicht gerechtfertigt, daß der Kläger zwar noch empfindungsfähig sei, aber gerade wegen der durch die Hirnschädigung verursachten Ausfälle weder körperlich noch seelisch unter seinen Beeinträchtigungen leide. Ferner seien die schon vor dem Unfall bestehende Antriebsschwäche sowie die geringe Kritik- und Steuerungsfähigkeit zu berücksichtigen, die nicht erst durch den Unfall ausgelöst worden seien.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten sind unter näherer Ausführung der Auffassung (Bl. 125, 262 d.A.), daß für den Feststellungsantrag das Feststellungsinteresse fehle, da die Beklagte zu 2) schon vorprozessual und zur Vermeidung eines Rechtsstreites die volle Haftung anerkannt habe.</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Durch Beweisbeschluß vom 24. Februar 1987 (Bl. 110 d.A.) hat der Senat den Privatdozenten ... in ... mit der Feststellung und Begutachtung der Folgen des Unfalls vom 26. Februar 1981 und der durch sie herbeigeführten Beschwerden des Klägers beauftragt (Bl. 110, 137 d.A.). Auf die entsprechenden Gutachten vom 6. Januar 1988 und 19. April 1988 wird Bezug genommen (Bl. 147-173; Bl. 224-228 d.A.). Ferner hat der Senat über den Alkoholkonsum des Klägers vor und nach dem Unfall sowie über etwaige Gangunsicherheiten aus der Zeit vor dem 26. Februar 1981 Beweis erhoben. Dazu sind die Hausangestellte ..., die Hausfrau ... und die Unternehmerin ... als Zeugen vernommen worden. Die Aussagen sind im Einverständnis der Parteien in dem Berichterstattervermerk zum Senatstermin vom 28. April 1988 festgehalten worden (Bl. 252-254 d.A.). Im Senatstermin vom 3. Oktober 1988 hat der Privatdozent ... seine Gutachten vom 6. Januar und 19. April 1988 erläutert. Seine Ausführungen sind im Einverständnis der Parteien in dem Berichterstattervermerk zum Senatstermin festgehalten worden (Bl. 299, 300 d.A.).</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Durch Beweisbeschluß vom 3. November 1988 ist eine weitere Beweisaufnahme darüber angeordnet worden, ob der Kläger die durch das Psychosyndrom und durch die ataktischen Gehstörungen verursachten Beeinträchtigungen bewußt erlebt und unter ihnen leidet (Bl. 305 d.A.). Dazu hat der Privatdozent ... unter dem 9. Januar 1989 ein Gutachten erstellt (Bl. 318-323 d.A.). Die Hausangestellte ... ist hierzu als Zeugin vernommen worden. Ihre Aussage ist mit dem Einverständnis der Parteien im Berichterstattervermerk zum Senatstermin vom 9. Februar 1989 festgehalten worden (Bl. 331 ff d.A.). Außerdem haben die Akten 8 Cs 23 Js 639/81 der Staatsanwaltschaft Münster, die Akten zu der Vers.-Nr. ... der ... in ... und die Akten 6 VII 5389 des Amtsgerichts Tecklenburg vorgelegen; die Akten sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Die statthafte, die gesetzlichen Formen und Fristen wahrende Berufung des Klägers hat teilweise Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat gemäß §§ 823 Abs. 1, 847 Abs. 1 BGB über die vorgerichtlich erhaltenen 50.000,- DM hinaus gegen die Beklagten einen Anspruch auf ein weiteres Schmerzensgeld in Höhe von 15.000,- DM zuzüglich 4 % Zinsen seit dem 8. Januar 1986 und ab 1. März 1989 einen Anspruch auf eine monatlich im voraus zu entrichtende Schmerzensgeldrente von 200,- DM. Ferner sind die Beklagten verpflichtet, dem Kläger sämtliche weiteren zukünftigen immateriellen Schäden zu ersetzen, welche ihm aus dem Unfall vom 26. Februar 1981 in ... noch entstehen. Die Haftung der Beklagten für die Folgen des Unfalls ist außer Streit. Ihre Einstandspflicht bezieht sich nicht nur auf die unmittelbaren schweren Hirnschädigungen des Klägers, sondern auch auf deren Folgen, die in einem hirnorganischen Psychosyndrom und in ataktischen Gehstörungen bestehen. Ein Mitverschulden an der Entwicklung dieser Dauerfolgen ist dem Kläger nicht zuzurechnen.</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Mit dem Schmerzensgeld und mit der Schmerzensgeldrente ist der Kläger für die Unfallverletzungen und ihre Folgen zu entschädigen.</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Er erlitt ein schweres Schädelhirntrauma mit contusioneller Hirnschädigung, beiderseitiger Kalottenfraktur und rechtsseitiger Schädenbasisfraktur. Es bildete sich ferner links ein großes subdurales Hämatom mit nachfolgender epiduraler Blutung. Außerdem kam es zu einem Hautemphysem auf der linken Thoraxseite und später noch zu einem rechtsseitig auftretenden epiduralem Hämatom. Ferner leidet der Kläger seit dem Unfall unter einem hirnorganischen Psychosyndrom, das zu einer starken Wesensveränderung, zu einem Abbau der intellektuellen Leistungen und zu starken Störungen der Konzentrations- und Merkfähigkeit geführt hat. Dazu kommen die ataktischen Gehstörungen, die den Kläger seit dem Unfall schwer in seiner Bewegungsfähigkeit behindern.</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Der Senat ist davon überzeugt, daß es sich bei dem Psychosyndrom und den Gehstörungen um Dauerfolgen der schweren, durch den Unfall erlittenen Hirnschädigungen handelt und daß ein Zusammenhang zwischen diesen Folgen und dem Alkoholkonsum des Klägers in der Zeit vor dem Unfall wenig wahrscheinlich ist. Für diese Überzeugungsbildung ist es nicht erforderlich, daß die andauernden Beeinträchtigungen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit im Sinn des § 286 ZPO auf den Unfall vom 26. Februar 1981 zurückzuführen sind. Denn es steht fest, daß der Kläger bei dem Unfall schwerste Kopfverletzungen davongetragen hat. Ob diese die Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 1 BGB begründende Körperverletzung zu weiteren Schäden geführt hat, ist eine Frage, die in den Bereich der sog. haftungsausfüllenden Kausalität gehört und die nach § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu beurteilen ist. Zum Bereich der haftungsausfüllenden Kausalität darf sich der Richter unter Befreiung von den strengen allgemeinen Beweisregeln eine Überzeugung bilden. Zwar dürfen auch dann erhebliche Unsicherheiten in den Grundlagen des Tatsachenablaufs nicht in Kauf genommen werden. Es genügt aber, wenn aufgrund der gegebenen und gesicherten Beurteilungsgrundlagen eine erhebliche Wahrscheinlichkeit für einen bestimmten Kausalablauf besteht. Dann dürfen weniger wahrscheinliche Zusammenhänge außer Betracht bleiben, ohne daß feststehen muß, daß sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sind (vgl. BGH, LM Nr. 43 zu § 287 ZPO; BGH, NJW 1976, 1145, 1146 ff; BGH, VersR 1978, 281, 283; BGH, VersR 1983, 984, 985). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Es lassen sich keine verobjektivierbaren Feststellungen treffen, daß sich der Alkoholkonsum des Klägers in der Zeit vor dem Unfall meßbar oder erheblich für die nach dem 26. Februar 1981 eingetretene Wesensveränderung, für die Störungen der Konzentrations- und Merkfähigkeit sowie für die Gehstörungen ausgewirkt hat.</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks"><b>1.</b></p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Der frühere Alkoholkonsum des Klägers war zwar nicht unerheblich, andererseits kann auch nicht von einem deutlich übermäßigen Alkoholgenuß oder Mißbrauch gesprochen werden.</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Die Trinkgewohnheiten des Klägers aus einer Zeit, die sehr weit zurückliegt, und die sich nicht kontinuierlich bis zum 21. Februar 1982 fortgesetzt haben, können nicht die entscheidende Grundlage für die Beantwortung der Frage sein, ob der Alkoholkonsum des Klägers in den Jahren vor dem Unfall im Zusammenhang mit dem schweren Hirnschädigungen das Psychosyndrom und die Gehstörungen ausgelöst oder oder ihr Entstehen entscheidend begünstigt hat. Für die Beurteilung dieses Zusammenhangs ist daher nicht seine Erklärung ergiebig, die er bei der von der ... veranlaßten ärztlichen Untersuchung zur Überprüfung seiner unfallbedingten Erwerbsunfähigkeit am 30. September 1982 dahin abgegeben hat, er habe in der Zeit von 1958 bis 1962 oft "bis zu 10 Glas Bier und einige Kurze" getrunken (Bl. 201, 279 d.A.). Da sich diese Angaben auf einen Zeitraum von mehr als 20 Jahren vor dem Unfall beziehen und ferner keine genügenden Anhaltspunkte dafür bestehen, welche konkreten regelmäßigen Trinkgewohnheiten damals bestanden haben, kann sein Trinkverhalten in dieser Zeit nicht zum Maßstab seiner Gewohnheiten in der letzten Zeit vor dem Unfall genommen werden.</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">Zwar hat der Kläger im Rahmen seiner Untersuchungen durch den Privatdozenten ... am 21. März 1983 abgegeben (Bl. 26, 27), er habe vor dem Unfall auch wesentlich mehr als ein bis zwei Flaschen Bier vertragen können bzw. getrunken. Aus dieser knappen Wiedergabe in dem nervenärztlichen Gutachten des Privatdozenten ... vom 4. August 1983 lassen sich jedoch die konkreten Trinkgewohnheiten des Klägers nicht ausreichend herleiten. Demgegenüber erkennt der Senat in den Aussagen der Zeugen ... (Stieftochter) und ( ... Schwiegermutter), die die Lebensgewohnheiten des Klägers in den Jahren vor dem Unfall als Angehörige kannten, ein konkretes und nachvollziehbares Bild seiner Trinkgewohnheiten. Diese Zeugen haben im wesentlichen das Vorbringen des Klägers bestätigt, daß er in der Zeit vor dem Unfall täglich in der Regel ein bis zwei Flaschen Bier und einen "Flachmann" zu sich genommen habe (Bl. 252 ff). Diesen Konsum haben der Kläger bzw. seine Ehefrau auch im Rahmen der Untersuchungen gegenüber ... am 20. Juli 1981 und 21. März 1983 genannt (Bl. 19, 26, 27). Ebenfalls dem vom Senat mit der Erstellung des Gutachtens vom 26. Januar 1988 beauftragten Privatdozenten ... gegenüber sind am 16. Juli 1987 vom Kläger bzw. seiner Schwiegermutter, der Zeugin ... diese Trinkmengen genannt worden (Bl. 156 d.A.).</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">Damit steht einerseits fest, daß der Kläger in den Jahren vor dem Unfall sicher nicht geringe Mengen Alkohol zu sich zu nehmen pflegte, andererseits liegt aber auch noch kein so übermäßiger Alkoholkonsum vor, daß von einem regelmäßigen Mißbrauch gesprochen werden könnte.</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">c)</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">Schließlich haben die Trinkgewohnheiten des Klägers vor dem Unfall dem äußeren Anschein nach nicht zu auffälligen Gesundheitsstörungen geführt, wie die Zeuginnen ... und ... übereinstimmend bestätigt haben. Der Alkoholkonsum des Klägers führte jedenfalls nicht zu auffälligen Ausfällen und beeinträchtigte insbesondere nicht seine allgemeine Arbeitsfähigkeit, sondern wirkte sich lediglich dahin aus, daß er etwa einmal im Monat nicht zur Arbeit erschien. Darüber hinaus ist seine Leistungs- und Arbeitsfähigkeit offenbar nicht beeinträchtigt gewesen, auch nicht im normalen Arbeitsalltag, wie die Zeugin ... seine Arbeitgeberin - der Kläger war Arbeiter in einem Sägewerk -, im wesentlichen bestätigt hat.</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks"><b>2.</b></p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, daß der Kläger schon vor dem Unfall unter ataktischen Gehstörungen gelitten hat. Störungen dieser Art haben die Zeugen ... ausdrücklich verneint. Es mag allenfalls eine mit ataktischen Gangstörungen in keiner Weise vergleichbare leichte Behinderung vorgelegen haben, die nach den Aussagen der Zeugen ... und ... mit einer im Jahr 1972 erlittenen, aber nicht behandelten Sportverletzung am rechten Knie zusammenhing. Ein Hinweis auf eine Gehbehinderung dieser Art ist auch in dem ärztlichen Bericht des ... vom 7. August 1981 sowie in dem Gutachten des Privatdozenten ... vom 3. August 1981 und 4. August 1983 vermerkt (Bl. 12, 19, 23, 29 d.A.).</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks"><b>3.</b></p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">Aus medizinisch/neurologischer Sicht stellen sich das hirnorganische Psychosyndrom und die ataktischen Gangstörungen in erster Linie als typische Auswirkungen der schweren Hirnschädigungen dar, die somit mit erheblicher Wahrscheinlichkeit die Ursache für die andauernden Beeinträchtigungen des Klägers sind. Dagegen ist ein Zusammenhang der Beschwerden mit einem früheren Alkoholabusus nicht verobjektivierbar und damit nicht naheliegend.</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">Der Senat verkennt nicht, daß der Privatdozent ... in seinen Gutachten vom 3. August 1981 und 4. August 1983 zu dem Schluß gelangt ist, daß der Kläger vor seinem Unfall schon alkoholkrank gewesen ist. Die Anzeichen hierfür hat er bei der Untersuchung vom 21. März 1983 in trophischen Störungen im Bereich der Unterschenkel gesehen. Während er das Psychosyndrom zurückhaltend zum Teil diesem Alkoholabusus zugeordnet hat, hat er einen solchen Zusammenhang für die Gangstörungen ausdrücklich bejaht (Bl. 23 ff, 29 ff d.A.).</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">Demgegenüber hat der vom Senat als Sachverständiger mit der Untersuchung dieser Zusammenhänge beauftragte Privatdozent ... in Kenntnis der Beurteilung durch den Privatdozenten ... in seinen Gutachten vom 6. Januar 1988 und 19. April 1988 (Bl. 147 ff, 224 ff d.A.) das Psychosyndrom und die Gangstörungen als typische Auswirkungen der schweren Hirnverletzungen des Klägers beurteilt und hieran auch bei der Erläuterung seiner Gutachten im Senatstermin vom 3. Oktober 1988 festgehalten (Bl. 299 ff d.A.). Zwar sind nach den Ausführungen des Sachverständigen die schweren Auswirkungen des Psychosyndroms und die ataktischen Gangstörungen auch als Folge eines erheblichen Alkoholmißbrauchs denkbar. Er hat jedoch - und insoweit auch entgegen dem Privatdozenten ... - betont, daß entsprechende Symptome nicht festzustellen und somit Auswirkungen des Alkoholkonsums nicht verobjektivierbar seien. Die Beschwerden des Klägers ließen sich auch ohne einen Alkoholkonsum ohne weiteres durch die schweren Hirnschädigungen erklären.</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">aa)</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">Zwar hat der Sachverständige eingeräumt, daß die vom Privatdozenten ... in dem Gutachten vom 4. August 1983 festgestellten trophischen Störungen an beiden Unterschenkeln (Bl. 27 d.A.) Zeichen eines Alkoholabusus sein könnte (Bl. 299 R). Er hat aber auch darauf hingewiesen, daß er solche Erscheinungen bei seiner Untersuchung des Klägers am 16. Juli 1987 nicht festgestellt habe. Selbst wenn die trophischen Störungen infolge eines reduzierten Alkoholkonsums oder einer Regeneration früherer Defekte nicht mehr feststellbar gewesen seien, handele es sich im übrigen bei diesen Phänomenen nur um zweirangige Symptome, weil sie nicht so sichere Aufschlüsse wie Laborwerte geben könnten. Dieser Werte aber ergäben keinen Hinweis auf einen Alkoholmißbrauch. Denn die Blutuntersuchung habe beim Kläger keine erhöhten Leberenzyme ergäben, wie sie bei chronischem Alkoholabusus zu erwarten gewesen wären (Bl. 167, 169, 226 d.A.). Schließlich hat der Sachverständige ... darauf hingewiesen, daß bei einem Alkoholkonsum in den beim Kläger festgestellten Mengen erfahrungsgemäß nicht solche bleibenden Schäden wahrscheinlich seien, wie sie das hirnorganische Psychosyndrom und die Gangstörungen darstellten.</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">bb)</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">Demgegenüber gibt es konkrete Hinweise dafür, daß es sich bei dem Psychosyndrom in der Erscheinungsform, wie sie beim Kläger vorliegt, um eine typische Auswirkung erheblicher Hirnverletzungen handelt. Als Folge des Unfalls lassen sich eindeutig Hirnsubstanzdefekte und eine dadurch bedingte Minderung der Hirnleistungen feststellen, die sich in hochgradigen Merkfähigkeits- und Konzentrationsstörungen sowie einem starken Abbau der intellektuellen Leistungen äußern (vgl. Bl. 160, 164, 167, 168, 299).</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">Daß die ataktischen Gehstörungen vor dem Unfall noch nicht vorgelegen haben, folgt bereits aus den schon erwähnten Aussagen der Zeugen ... und ... nach welchem die damals vorhandene Gehbehinderung die Folge eines Sportunfalls im Bereich des rechten Knies war. Eine einseitig krankhafte Veränderung am Knie vermag aber - so der Sachverständige ... - das unsichere Gangbild des Klägers nicht zu erklären, vor allem wäre er dann schon damals nicht mehr in der Lage gewesen, mit dem Fahrrad zu fahren (Bl. 226, 227 d.A.). Da ferner an den Nervenenden in den Beinen Reflexe, Gefühl- und Vibrationsempfindungen vorhanden sind (Bl. 159, 226, 227, 299 d.A.) und dies bei einer alkoholbedingten Polyneuropathie nicht der Fall wäre, hat der Sachverständige ... diese Störung ebenfalls den durch die Gehirnsubstanzdefekte ausgelösten Störungen der Motorik zugeordnet.</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">Aufgrund dieser einleuchtenden und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen ist auch der Senat davon überzeugt, daß das hirnorganische Psychosyndrom des Klägers und seine Gehstörungen in erster Linie und mit großer Wahrscheinlichkeit nur mit den durch den Unfall entstandenen erheblichen Hirnverletzungen in Zusammenhang zu bringen sind, wohingegen ein annähernd abgesicherter Zusammenhang mit dem früheren Alkoholkonsum weder verobjektivierbar noch herstellbar ist.</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">Der Kläger braucht sich für die Dauerfolgen seines Unfalls kein Mitverschulden gemäß § 254 Abs. 1 BGB zurechnen zu lassen. Es läßt sich nicht feststellen, daß er durch fortgesetzten Alkoholkonsum nach dem Unfall ein Abklingen der sich aus dem Psychosyndrom und den ataktischen Gehstörungen ergebenden Beeinträchtigungen verhindert und so zu einer Verschlimmerung oder Verfestigung des Zustandes beigetragen hat.</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks"><b>1.</b></p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">Für die Zeit nach dem Unfall läßt sich jedenfalls bis Ende 1984 kein erheblicher Alkoholkonsum feststellen, weil der Kläger bis dahin nach den Aussagen der Zeugen ... und ... überwiegend nur alkoholfreies Bier getrunken hat. Im übrigen hat der Sachverständige ... im Rahmen seiner Untersuchung für die Zeit nach dem Unfall Anzeichen eines übermäßigen Alkoholkonsums und einen verbösernden Einfluß auf die Entwicklung des körperlichen und seelischen Zustandes nicht feststellen können.</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks"><b>2.</b></p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">Ob die Heilmaßnahme in ... infolge Alkoholabusus des Klägers abgebrochen werden mußte oder weil er infolge der Trennung von seiner Ehefrau zu einer aktiven Mitarbeit nicht imstande war, kann dahinstehen. Der Sachverständige ... hat nämlich darauf hingewiesen, daß die Defekte des Gehirns durch diese Heilmaßnahme in keinem Fall hätten beseitigt werden können und daß im übrigen nicht feststellbar sei, inwiefern die vollständige Durchführung dieser Maßnahme zu einer Verbesserung des Zustandes geführt hätte (Bl. 300 d.A.).</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks"><b>3.</b></p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">Schließlich ist es nicht ausgeschlossen, wie der Sachverständige ... bemerkt hat, daß erst die mit dem hirnorganisches Psychosyndrom verbundene Beeinträchtigung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit die Anfälligkeit des Klägers für Alkohol begünstigt hat (Bl. 300 d.A.). In diesem Fall wäre ihm ein fortgesetzter Alkoholkonsum in keinem Fall als Mitverschulden anzurechnen.</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks"><b>III.</b></p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">Für die ersten beiden Jahre nach dem Unfall, mit deren Ablauf ein Dauerzustand eingetreten war, bemißt der Senat daß dem Kläger nach § 847 Abs. 1 BGB zustehende Schmerzensgeld auf 50.000,- DM; mit der Zahlung der Beklagten in gleicher Höhe ist dieser Teil des Anspruchs erledigt. Die nach dem Unfall verbliebenen Dauerfolgen werden für die Zeit vom 1. März 1983 bis zum 28. Februar 1989 mit dem vom Landgericht zuerkannten weiteren Schmerzensgeld von 15.000,- DM abgegolten. Ab dem 1. März 1989 steht dem Kläger für seine andauernden Beeinträchtigungen eine lebenslange Rente von monatlich 200,- DM. zu.</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks"><b>1.</b></p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes und der Schmerzensgeldrente hat der Senat berücksichtigt, daß dem Verletzten durch das Schmerzensgeld ein Ausgleich für seine immateriellen Schäden und ferner Genugtuung für die zugefügten Leiden zukommen soll. Auszugleichen sind die Beeinträchtigungen, die in körperlichen Leiden, etwa in Schmerz- oder anderen Mißempfindungen, und in den seelischen Leiden bestehen, etwa in dem Empfinden der durch die Verletzungen gegebenen Beeinträchtigung gegenüber gesunden Menschen oder in dem Gefühl der Abhängigkeit von fremder Hilfe. Ein derartiger Ausgleich ist jedoch nur in dem Ausmaß möglich, in dem der Verletzte seine Beeinträchtigung auch tatsächlich empfindet oder er eine Entschädigung zur Erleichterung seines Zustandes wirklich verwenden kann. Soweit dies nicht der Fall ist, läuft die Ausgleichsfunktion des Schmerzensgelds leer. In einem solchen Fall muß es den Betrag unterschreiten, der einem Verletzten zukommen würde, der seinen Zustand in seiner Tragfähigkeit bewußt empfindet, darunter leidet und der die Entschädigung auch wirklich in einer Weise einsetzen kann, daß er die dadurch möglichen Annehmlichkeiten als eine gewisse Erleichterung seines tragischen Zustandes wahrnimmt (vgl. BGH, NJW 1976, 1147 ff; BGH, NJW 1982, 2123 ff; BGH, VRS 69, 340, 341; OLG Düsseldorf in VersR 1975, 1152 und in VersR 1977, 60). Diese Ausgleichsfunktion des Schmerzensgeldes läßt sich im vorliegenden Fall nicht in vollem Umfang verwirklichen. Da sich der Kläger seiner Verletzungen und ihrer Folgen nicht in ihrem ganzen tragischen Ausmaß bewußt ist, muß dies in einer entsprechenden Bemessung des Schmerzensgeldes bzw. der Schmerzensgeldrente Beachtung finden.</p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks"><b>2.</b></p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks">Infolge der mit dem hirnorganischen Psychosyndrom verbundenen Beeinträchtigungen der Merk- und Konzentrationsfähigkeit sowie des damit verbundenen Abbaus der intellektuellen Leistungen ist dem Kläger die Schwere und das Ausmaß seiner Verletzungen nicht in der gesamten Tragweite bewußt.</p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks">Bei seiner Anhörung im. Zusammenhang mit der Bestellung eines Pflegers hat er am 13. Oktober 1983 vor dem Amtsgericht Tecklenburg erklärt, er wisse wohl, daß er am 26. Februar 1981 einen Unfall gehabt habe. Im übrigen aber waren ihm Einzelheiten nicht bewußt, vor allem nicht die Schwere der Verletzungen und die Ursache für seine Arbeitsunfähigkeit. Weiter ergibt sich aus der Anhörung und aus den Angaben seiner anwesenden Ehefrau, daß er sich nur zu Hause aufhielt, keine Aktivitäten entfaltete und sich mit Lesen beschäftigte (Bl. 21 der Pflegsschaftsakten des Amtsgerichts Tecklenburg).</p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">In einem Bericht des Gesundheitsamtes des Kreises Steinfurt vom 29. Januar 1987 an das Amtsgericht Tecklenburg wird mitgeteilt, daß der Kläger damals mit seinem Leben im Haushalt seiner Schwiegermutter zufrieden war (Bl. 64 BA).</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">Aus der Aussage der Zeugin ... vor dem Senat folgt (Bl. 253, 331 f d.A.), daß der Kläger seit dem Unfall - im Gegensatz zu früher - antriebsschwach ist und keine nennenswerten körperlichen Aktivitäten entfaltet. Er spielt mit dem Kind der Zeugin und mit der Katze. Er lebt ruhig und gleichgültig in den Tag hinein, ohne dabei unzufrieden zu sein. Er weiß zwar von dem Unfall, aber nicht von Einzelheiten. Während er sich nach der Schilderung der Zeugin durch seinen geistigen und seelischen Zustand jedenfalls äußerlich nicht auffällig belastet oder unglücklich fühlt, ist er sich seiner gravierenden Beschwerden beim Gehen durchaus bewußt und er weiß auch, daß es hierzu durch den Unfall gekommen ist.</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks">c)</p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">Die Angaben aus der Pflegschaftsakte und die Schilderung der Zeugin stimmen mit der Beobachtung und Beurteilung schon durch den Privatdozenten ... in dem Gutachten vom 3. August 1981 (Bl. 21 d.A.) und durch den Sachverständigen ... in seinem Gutachten vom 6. Januar 1988 (Bl. 156) und 9. Januar 1989 (Bl. 318 ff d.A.) überein. Der intellektuelle und seelische Zustand entspricht den mit dem hirnorganischen Psychosyndrom gegebenen Beeinträchtigungen der Intelligenz, der Merk- und der Konzentrationsfähigkeit. Die allgemeine Stimmungslage des Klägers ist flach euphorisch. Er macht keinen unzufriedenen oder leidenden Eindruck. Dies spricht dagegen, daß er seinen durch das Psychosyndrom gegebenen Zustand als besonders belastend empfindet und sich der sich daraus ergebenden Tragik ganz bewußt ist. Andererseits ist aber auch der Sachverständige, wie die Zeugin ... der Auffassung, daß er sich der durch die Gehstörungen gegebenen Beeinträchtigungen sicher bewußt ist.</p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks"><b>3.</b></p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks">Wären die Verletzungen des Klägers und ihre Dauerfolgen mit einem Schmerzensgeld allein in Kapitalform zu entschädigen, so würde der Senat eine Summe von ca. 90.000,- DM für angemessen halten. Der Kläger hat - wie bereits erwähnt - schwerste Kopfverletzungen mit erheblichen Dauerschäden davongetragen. Nach dem Unfall wurde er bewußtlos in die ... eingeliefert, wo die primäre Versorgung erfolgte. Er mußte sich zweimal einer Schädeltrepanation unterziehen und wurde in diesem Zusammenhang auch zweimal, auf die Intensivstation verlegt. Vorübergehend kam es rechtsseitig zu einer Gesichtslähmung. Am 24. März 1981 erfolgte seine Verlegung in die neurologische Klinik. Dort wurden das hirnorganische Psychosyndrom und die ataktischen Gehstörungen festgestellt, unter denen er als Dauerfolge des Unfalls sein Leben lang zu leiden hat. Es liegt damit ein Schadensbild vor, das insgesamt ein hohes Schmerzensgeld rechtfertigt. Bei der Schmerzensgeldbemessung muß aber auch berücksichtigt werden, daß der Kläger seinen Zustand nicht in seinem ganzen tragischen Ausmaß bewußt erlebt. Er hat sicher die mit den unmittelbaren Verletzungen verbundenen Schmerzen und die mit der primären ärztlichen Versorgung verbundenen körperlichen Beeinträchtigungen empfunden. Ebenso ist ihm die durch die ataktische Gehstörung gegebene erhebliche Behinderung bewußt. Andererseits aber sind infolge des mit dem hirnorganischen Psychosnydrom verbundenen Abbaus der intellektuellen Leistungen und der Störungen der Merk- und Konzentrationsfähigkeit die Erinnerungen an den Unfall verblaßt. Die Auswirkungen des Psychosyndroms sind dem Kläger daher in ihrem tragischen Ausmaß nicht so bewußt. Er nimmt diesen Zustand eher hin, als daß er darunter leidet, er bleibt antriebsarm und lebt im Haushalt seiner Stieftocher, ohne auffällig unzufrieden zu sein. Dies ist bei der Bemessung des Schmerzensgeldes mindernd zu berücksichtigen. Insgesamt wäre deshalb ein Kapitalbetrag von ca. 90.000,- DM angemessen.</p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks"><b>4.</b></p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks">Der Senat hält es jedoch für geboten, neben der von den Beklagten bereits geleisteten und der vom Landgericht schon zuerkannten Entschädigung in Kapitalform für die Dauerfolgen ab jetzt eine Entschädigung in der Form der Schmerzensgeldrente zu gewähren. Eine solche Rente ist auch neben einem Kapitalbetrag möglich, wenn einerseits die Schadensentwicklung ihren Abschluß erreicht hat und andererseits über diesen Zeitpunkt hinaus schwerte, lebenslange Dauerschäden vorliegen, deren sich der Verletzte immer wieder neu und schmerzlich bewußt wird (vgl. BGH, VersR 1967, 967, 968; BGH, NJW 1982, 2123; OLG Karlsruhe, DAR 1975, 158 ff; OLG Celle, VersR 1977, 1009, 1010; KG, NJW RR 1987, 409 ff). Durch die Rente soll der Verletzte in die Lage versetzt werden, seinen Beeinträchtigungen durch zusätzliche Erleichterungen und Annehmlichkeiten ihre Schwere zu nehmen (vgl. OLG Frankfurt, JZ 1978, 526).</p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks">Im vorliegenden Fall ist nach Auffassung des Senats die Rente eher als ein Kapitalbetrag geeignet, dem Kläger ab jetzt die durch die Dauerfolgen des Unfalls gegebenen täglichen Beeinträchtigungen zu erleichtern. Es ist fraglich, ob er einen Kapitalbetrag mit Erfolg so verwenden könnte, daß ihm sein Zustand allgemein und spürbar erleichtert würde. Durch die von der Beklagten zu 2) vorgerichtlich schon geleistete Zahlung von 50.000,- DM ist dies anscheinend nicht gelungen, da nach Aussage der Zeugin ... der Verbleib des Geldes unklar ist. Danach ist es dem Kläger jedenfalls nicht zur Erleichterung seiner täglichen Beeinträchtigungen zugutegekommen. Er lebt jetzt zurückgezogen bei seiner Stieftochter. Verwandte und Bekannte haben sich zurückgezogen. Mit einer monatlichen Rente würde es ihm erleichtert, die Kontakte zu früheren Freunden und zu seinen Geschwistern wieder herzustellen. Darauf hat auch seine Stieftochter in ihrer Zeugenaussage hingewiesen. Kleine Geschenke oder Zuwendungen an seine Stieftochter oder ihre Kinder könnten die sorgende und freundliche Beziehung zu ihm erhalten und ihm damit sein schlimmes Schicksal lindern, das heißt, sein Alltag könnte mit Hilfe einer Rente leichter, freundlicher, angenehmer und vielleicht weniger problemhaft gestaltet werden. Für diesen Zweck hält der Senat unter Berücksichtigung dessen, daß der Kläger die Beeinträchtigungen durch das hirnorganische Psychosyndrom nicht in ihrem vollem Ausmaß empfindet, eine monatliche Rente von 200,- DM für angemessen.</p>
<span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks"><b>5.</b></p>
<span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks">Bei dieser Art der Entschädigung durch Schmerzensgeld und Rente erhält der Kläger einschließlich der von den Beklagten schon geleisteten Zahlung einen Kapitalbetrag von insgesamt 65.000,- DM und ab 1. März 1989 eine lebenslange Rente von monatlich 200,- DM.</p>
<span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks">Mit der von den Beklagten vorgerichtlich geleisteten Zahlung von 50.000,- DM sind die unmittelbaren Verletzungen des Klägers und ihre Folgen für den Zeitraum abgegolten, an dessen Ende die Schadensentwicklung abgeschlossen und ein Dauerschaden eingetreten war. Das war nach dem Sachverständigen ... nach zwei Jahren der Fall, das heißt im Februar 1983.</p>
<span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks">Ab März 1983 war dem Kläger nur noch für die Dauerfolgen ein Ausgleich zu geben. Für die Zeit vom 1. März 1983 bis 28. Februar 1989 stellt hierfür der vom Landgericht zuerkannte weitere Schmerzensgeldbetrag von 15.000,- DM eine angemessene Entschädigung dar, auch wenn es sachgerechter gewesen wäre, für diese Zeit schon eine Rente zuzubilligen. Der Kläger hat jedoch das Urteil des Landgerichts insofern nicht angefochten. Der Betrag von 15.000,- DM entspricht im übrigen in etwa auch der Summe der Rentenzahlungen, wenn eine solche Rente bereits seit dem 1. März 1983 von monatlich 200,- DM zuerkannt worden wäre.</p>
<span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks">c)</p>
<span class="absatzRechts">124</span><p class="absatzLinks">Ab dem 1. März 1989 sind die Beklagten verpflichtet, dem Kläger eine lebenslange Rente von monatlich 200,- DM als Entschädigung für die fortbestehenden Dauerfolgen des hirhorganischen Psychosyndroms und der ataktischen Gehstörungen zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks">d)</p>
<span class="absatzRechts">126</span><p class="absatzLinks">Die Höhe dieser Rente steht in einem ausgewogenen Verhältnis zu den dem Kläger für die Zeit vom 26. Februar 1981 bis 28. Februar 1989 zukommenden Kapitalbeträgen. Durch Kapital und Rente wird nicht die Größenordnung eines Schmerzensgeldes überschritten, wenn dieses nur in einer Kapitalentschädigung für die Verletzungen und Beeinträchtigungen des Klägers insgesamt gewährt würde (vgl. zu diesem Erfordernis BGH, VersR 1976, 967, 968; OLG Karlsruhe, DAR 1975, 158 ff; KG, NJW-RR 1987, 409 ff). Hätte der Senat die Verletzungen und Dauerfolgen nur mit einem Kapitalbetrag abgegolten, so wäre ein Schmerzensgeld in der Größenordnung von insgesamt etwa 90.000,- DM angemessen gewesen (siehe oben Ziffer III.3.). Kapitalisiert man die ab 1. März 1989 zuerkannte Rente, so gibt sich bei einem zugrunde gelegten Alter des Klägers von 51 Jahren und einem Kapitalisierungsfaktor von 12,7584 für den Jahresbetrag der Rente (vgl. Geigel, Der Haftpflichtprozeß, 18. Aufl., Anhang I) eine Entschädigung von 30.620,15 DM. Damit kommt dem Kläger eine Gesamtentschädigung aus Kapital und Rente von insgesamt 95.620,- DM zu. Dieser Betrag überschreitet nicht wesentlich den Rahmen einer Entschädigung nur durch Kapital, die die Größenordnung von 90.000,- DM hätte. Eine mathematisch exakte Übereinstimmung der Rente mit einer Kapitalentschädigung ist nicht zu verlangen, weil sie unter Berücksichtigung der jeweiligen Kapitalisierungsfaktoren und sinnvoll bemessener Rentenbeträge pro Monat nicht erwartet werden kann.</p>
<span class="absatzRechts">127</span><p class="absatzLinks"><b>4.</b></p>
<span class="absatzRechts">128</span><p class="absatzLinks">Im Hinblick darauf, daß die Beklagte zu 2) auf das Schreiben des Klägers vom 20. Dezember 1985 mit Schreiben vom 8. Januar 1986 (Bl. 104 d.A.) derzeit weitere Entschädigungsleistungen abgelehnt hat, stehen dem Kläger gemäß §§ 284, 286, 288 BGB die gesetzlichen Verzugszinsen für den vom Landgericht zuerkannten Kapitalbetrag von 15.000,- DM seit dem 8. Januar 1986 zu.</p>
<span class="absatzRechts">129</span><p class="absatzLinks"><b>IV.</b></p>
<span class="absatzRechts">130</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten sind verpflichtet, als Gesamtschuldner dem Kläger sämtliche weiteren zukünftigen immateriellen Schäden aus dem Verkehrsunfall vom 26. Januar 1981 zu ersetzen.</p>
<span class="absatzRechts">131</span><p class="absatzLinks"><b>1.</b></p>
<span class="absatzRechts">132</span><p class="absatzLinks">Entgegen ihrer Auffassung fehlt dem Feststellungsantrag nicht das Rechtsschutzinteresse. Denn vorgerichtlich ist zwischen den Parteien keine vertragliche Vereinbarung zur Regelung der Ersatzpflicht für alle gegenwärtigen und zukünftigen Schäden zustandegekommen, durch welche für die Ansprüche des Klägers der Lauf der 30-jährigen Verjährungsfrist begründet worden wäre. Mit dem Schreiben der Beklagten zu 2) vom 11. Juni 1982 (Bl. 8 d.A.) ist lediglich mitgeteilt worden, daß Einwendungen gegen den Grund der Haftung nicht erhoben würden. Mit diesem Inhalt hat das Schreiben lediglich ein Anerkenntnis im Sinn des § 208 BGB und damit die Unterbrechung der Verjährung bewirkt. Dagegen enthält es keinen Hinweis darauf, daß auch die Haftung für Dauerfolgen mit der Möglichkeit noch Ungewisser Zukunftsschäden endgültig übernommen werden sollte. Das Vorbringen der Beklagten in dem Rechtsstreit läßt eher den gegenteiligen Schluß zu. In dem Schreiben liegt vor allem schon dem Wortlaut nach nicht ein Angebot zum Abschluß eines außergerichtlichen Vergleichs mit einer Regelung der Schadensersatzansprüche des Klägers dahin, daß auf die gerichtliche Feststellung solcher Ersatzansprüche für die Zukunft verzichtet werden sollte. Ebenso hat der Kläger durch die bloße Erwähnung dieses Schreibens in der Klageschrift zur Mitteilung des vorgerichtlichen Regulierungsverhaltens der Beklagten nicht die Annahme eines solchen Angebotes der Beklagten erklärt, das nach deren Auffassung in dem erwähnten Schreiben vom 11. Juni 1982 liegen soll.</p>
<span class="absatzRechts">133</span><p class="absatzLinks"><b>2.</b></p>
<span class="absatzRechts">134</span><p class="absatzLinks">Der Feststellungsantrag ist im übrigen zulässig und begründet. Es ist nicht ausgeschlossen, daß der Kläger aufgrund seiner Dauerbeeinträchtigungen in Zukunft der Gefahr körperlichen Schäden ausgesetzt ist, für welche die Beklagten dann ebenfalls immateriellen Schadensersatz zu leisten haben werden. Derartige Schäden sind z.B. in der Weise möglich, daß der Kläger infolge der Störungen seiner Konzentrations- und Merkfähigkeit einer erhöhten Gefährdung im Straßenverkehr und damit einer gesteigerten Verletzungsgefahr ausgesetzt ist. Ebenso ist denkbar, daß er sich infolge seiner ataktischen Gehstörungen Sturzverletzungen zuzieht.</p>
<span class="absatzRechts">135</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 546 Abs. 2 ZPO. Die Festsetzung der Beschwer ist nach § 9 ZPO erfolgt. Dabei hat der Senat zum einen den 12,5-fachen Jahresbetrag der geforderten Rente und außerdem berücksichtigt, daß der Kläger auch die auf den Zeitraum von 6 Monaten vor Klageerhebung anfallenden Rentenbeträge in seine Klage einbezogen hat.</p>
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315,279 | olgham-1989-02-08-20-u-12188 | {
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} | 20 U 121/88 | "1989-02-08T00:00:00" | "2019-03-13T14:51:18" | "2022-10-18T15:08:41" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1989:0208.20U121.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Klägers gegen das am 04. Februar 1988 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund wird zurückgewiesen.</p>
<p>Dem Kläger werden die Kosten der Berufung auferlegt.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 13.000,- DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.</p>
<p>Beiden Parteien wird nachgelassen, die Sicherheit durch Bürgschaft einer bundesdeutschen Großbank oder eines öffentlich-rechtlichen Kreditinstituts zu leisten.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger, ein Versicherungsanstellter der Beklagten, unterhielt bei ihr im Mai 1986 eine Unfallversicherung nach den AUB mit den Summen 372.000,- DM für Invalidität und 80,- DM täglich als Krankenhaustagegeld und Genesungsgeld.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Am 25.5.1986 gegen 18.30 Uhr trennte sich der Kläger beim Holzhacken in seinem Kleingarten den linken Daumen ab. Er wurde von diesem Tage bis zum 30.5.1986 im Krankenhaus behandelt. Ärztlicherseits wurde eine schräge glatte. Amputation im Grundgliedbereich des linken Daumens festgestellt; der verbliebene Stumpf ist innen an der Beugeseite länger als außen an der Streckseite. Die anderen vier Finger der linken Hand waren völlig unverletzt. Der abgetrennte Daumen des Klägers blieb an der Unfallstelle zurück. Er wurde später mit dem gehackten Holz und dem benutzten Beil von der Ehefrau des Klägers weggeworfen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger meldete der Beklagten den Unfall mit der Unfallschadensanzeige vom 30.5.1986. In dem Vordruck wird unter den Punkten 8 und 9 nach Vorerkrankungen und früheren Unfällen gefragt. Die Frage 8.1 "Lag zur Zeit des Unfalls ein Leiden oder Gebrechen vor" verneinte der Kläger. Die Frage 9.1 nach früheren Unfällen beantwortete der Kläger mit "ja. 1984 Knochenabsplitterung (linkes Bein), Knöchel". Auf die Frage 9.2 nach für frühere Unfälle gezahlten Entschädigungen antwortete er mit nein. Der Vordruck enthält eine Belehrung über die Folgen vorsätzlicher Falschangaben, auch wenn durch diese dem Versicherer kein Nachteil erwachsen ist.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Wenige Tage später, am 4.6.1986, beantragte der Kläger einen Schwerbehindertenausweis. Dabei hatte er unter anderem Gesundheitsstörungen anzugeben, die ihn behindern und im alltäglichen Lebensablauf gegenüber einem gleichaltrigen Nichtbehinderten nicht nur vorübergehend erheblich beeinträchtigen. Der Kläger erwähnte dazu drei Meniskusoperationen, ferner eine Lumboischialgie im Jahre 1983, eine Lungen- und Rippenfellentzündung 1983, eine Knochenabsplitterung am rechten Fuß 1984, eine Beinumstellung links 1984 und die Amputation des linken Daumens 1986. Er gab ferner an, erheblich beeinträchtigt in der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr und außergewöhnlich gehbindert zu sein. Mit Bescheid vom 07.10.1986 stellte das Versorgungsamt ... beim Kläger folgende Behinderungen fest: Verschleiß des linken Kniegelenkes, Innenmeniskusverlust links, Narben nach Schienbeinkopfoperation, Wadennervteillähmung links, Wirbelsäulengefügestörung, Verlust des linken Daumens, Herzbeutellungenfellentzündung. Den Grad der Behinderung setzte es auf 50 % fest. Die beantragte Feststellung einer erheblichen Beeinträchtigung im Straßenverkehr und außergewöhnlichen Gehbehinderung wurde abgelehnt.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Im Jahre 1984 hatte der Kläger der Beklagten keinen Unfall gemeldet. Wohl hatte er eine Entschädigung wegen eines Unfalls vom 13.01.1983 beantragt, bei dem er sich an der Wirbelsäule verletzt haben wollte. Die Beklagte hatte damals keinen Unfall anerkannt und eine geringfügige Entschädigung kulanzhalber gezahlt.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Kläger verlangt von der Beklagten für den Verlust des Daumens nach der Gliedertaxe in §8 II 2 AUB 20 % der vereinbarten Invaliditätssumme, also 74.400,- DM, ferner Krankenhaustagegeld für 6 Tage in Höhe von 480,- DM sowie Genesungsgeld in gleicher Höhe. Die Beklagte verweigerte mit Schreiben vom 10.02.1987 endgültig Leistungen für den Schadensfall, weil der ... Kläger sich absichtlich verstümmelt und vorsätzlich falsche Angaben in der Schadensanzeige gemacht habe. Die Beklagte hatte zuvor ein Sachverständigengutachten des Gerichtsmediziners Prof. Dr. ... vom 05.01.1987 eingeholt, der aufgrund der medizinischen Befunde und der vom Kläger vorgeführten Haltung beim Holzhacken zu dem Ergebnis kam, daß die Amputation nicht auf die vom Kläger angegebene Weise entstanden sein könne. Der glatte Wundrand beweise, daß der Daumen auf einer festen Unterlage gelegen habe, als er vom Beil getroffen worden sei. Wenn der Kläger das Rundholz, das er habe spalten wollen, an der unteren Kante auf der als Unterlage benutzten Gartenbank festgehalten Daumen habe - wie es von ihm demonstriert worden sei - dann könne der nicht fest aufgelegen haben. Auch sei nicht erklärlich, daß bei dem behaupteten Vorgehen die übrige Hand unverletzt blieb und der Daumen schräg abgetrennt wurde. Der Verletzungserfolg sei nur so zu erkären, daß der Kläger die flache Hand auf eine feste Unterlage gelegt, den Daumen abgespreizt und mit dem Beil parallel zu den Fingern zugeschlagen habe. Der Kläger müsse daher in Selbstverstümmelungsabsicht gehandelt haben.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hält das Parteigutachten der Beklagten für unrichtig. Er hat behauptet, er habe beim Holzhacken vor einerBank gestanden, auf die er eine stabile Platte als Unterlage gelegt habe. Er habe ein größeres Rundholz spalten wollen. Wahrscheinlich habe er, als es zum Unfall kam, ein bereits einmal geteiltes Rundholz mit der linken Hand gehalten, das er mit dem Beil in der rechten Hand weiter habe zerkleinern wollen. Er könne sich nicht mehr genau darauf festlegen, ob er das Holz oben oder unten angefaßt habe. Der Kläger hat ein Gutachten des Arbeitswissenschaftlers Prof. ... vom 08.01.1988 vorgelegt, der darauf hinweist, daß der Daumen des Klägers auf der Oberseite des Holzes gelegen haben könne. Bei der Größe des Klägers und der geringen Höhe der Bank sei das sogar wahrscheinlicher. Es sei durchaus möglich, daß der Kläger den Daumen erst auf die Seitenfläche des Holzes gehalten, diesen Griff aber während der Ausholbewegung mit dem rechten Arm gelöst und beim Wiederzugreifen den Daumen auf die Oberseite des Holzes gelegt habe.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Zum Vorwurf der Obliegenheitsverletzung hat der Kläger vorgetragen, daß die Schadensanzeige der Versicherungsagent ... aufgenommen habe. Er, der Kläger, kenne sich, obwohl er Mitarbeiter der Beklagten sei, mit Schadensmeldungen nicht aus, weil er nur Kunden werbe. ... und er hätten gemeinsam überlegt, was die Frage nach Vorerkrankungen bedeute. Beide hätten sie sie als Frage danach verstanden, ob der Kläger zur Zeit des Unfalls arbeitsunfähig krank gewesen sei. Was den Vorunfall angehe, so sei dieser richtig angegeben, nur habe sich der Kläger im Jahr vertan. Der Versicherungsagent ... habe aber hinzusetzen sollen, daß die Daten darüber bei der Beklagten vorlägen; diesen Zusatz habe Hagel offenbar vergessen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, an ihn 75.360,- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 10.02.1987 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Sie hat vorgetragen, der Kläger müsse sich vorsätzlich den Daumen abgehackt haben, um in den Genuß der Invaliditätsentschädigung zu kommen. Ferner habe er die Frage nach Vorerkrankungen, die inhaltich eindeutig gewesen sei, vorsätzlich falsch beantwortet; das ergebe sich daraus, daß er wenige Tage später bei seinem Antrag auf einen Schwerbehindertenausweis zahlreiche Erkrankungen angegeben habe. Auch habe der Kläger den ihr gemeldeten Unfall aus dem Jahre 1983 verschwiegen, bei dem er sich angeblich beim Möbeltragen an der Wirbelsäule verletzt habe. Allerdings hätten sich schon damals der behauptete Unfallhergang und die Unfallfolgen als unrichtig erwiesen. Offenbar habe der Kläger absichtlich ein falsches Jahr angegeben, um die Beklagte zu hindern, den Fall erneut aufzurollen. Denn allein dieser Vorunfall wäre für sie Grund genug gewesen, die Amputation des Daumens besonders kritisch zu betrachten.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat die Klage wegen vorsätzlicher Obliegenheitsverletzung abgewiesen. Es hat ausgeführt, daß der Kläger die sachdienlichen Fragen nach den Vorerkrankungen und dem früheren Unfall falsch beantwortet habe und daß die Vorsatzvermutung nicht ausgeräumt sei. Eine falsche Auslegung der Frage durch den Versicherungsagenten ... könne den Kläger nicht entlasten; da ... offenbar, wie der Kläger selbst vortrage, auch nicht genau gewußt habe, was die Frage bedeute, müsse ein bedingter Vorsatz des Klägers zur falschen Angabe angenommen werden. Die Obliegenheitsverletzungen seien auch relevant.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seine Ansprüche weiter. Zu der Frage in der Schadensanzeige nach Vorerkrankungen meint er, diese könne nur akute Leiden betreffen. So habe er die Frage aufgefaßt. Die Erkrankungen, die er beim Versorgungsamt angegeben habe, seien aber, so behauptet er, nicht akut gewesen. Das gelte für die Schäden am Meniskus, an dem er zuletzt drei Jahre zuvor operiert worden sei. Die Lungenentzündung habe schon drei Jahre zurückgelegen; daß von ihr auch der Herzbeutel betroffen gewesen sei, habe er nicht gewußt. Auch die Wirbelsäulenerkrankung sei ihm unbekannt gewesen; er habe nur gelegentlich Rückenschmerzen gehabt.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Im übrigen verweist der Kläger darauf, daß er am 01.07.1985 bei der Beklagten eingestellt worden sei. Bei der Gelegenheit habe er den Meniskusschaden angegeben; die Beklagte habe sogar eine Röntgenaufnahme verlangt. Da sie überdies einen Bericht seines Hausarztes eingeholt habe, müsse sie auch von Rückenschmerzen und von der durchgemachten Lungenentzündung erfahren haben.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Zu dem früheren Unfall behauptet der Kläger nun, daß er auch im Jahre 1984 einen Unfall erlitten habe, aus dem er aber keine Ansprüche gegen die Beklagte hergeleitet habe. Den Unfall aus dem Jahre 1983 habe er bei Ausfüllung der Schadensanzeige dem Agenten ... genannt. Der habe die Einzelheiten - nach Feststellung der bei der Beklagten vorliegenden Daten - nachtragen wollen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Ferner behauptet der Kläger wiederum, daß er beim Holzhacken versehentlich den linken Daumen getroffen habe. Das Parteigutachten des Sachverständigen ... unterstelle ihm zu Unrecht eine bestimmte Handhaltung, die er, der Kläger, vielleicht gar nicht eingenommen habe. Weiterhin trägt der Kläger zu dem Unfall - entsprechend seinen mündlichen Angaben im Senatstermin - folgendes vor:</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Daß der Daumen ab gewesen sei, habe er erst im Fahrstuhl des Krankenhauses bemerkt. Unmittelbar nach dem Unfall habe er nur das viele Blut gesehen. Er habe sogleich ein Handtuch darum geschlagen. Nur mit der verbundenen Hand hätten auch seine Frau sowie sein Schwager und seine Schwägerin, die im Kleingarten anwesend waren, ihn nach dem Unfall gesehen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Erst im Fahrstuhl des Krankenhauses habe eine Schwester ihm gesagt, der Daumen sei ab.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Der Stationsarzt habe sich mit seinem Schwager unterhalten und ihn zum Garten geschickt, um nach dem Daumen zu suchen. Davon habe er, der Kläger, erst später erfahren. Der Schwager habe den Daumen nicht gefunden, weil im Garten so viele Holzspäne gelegen hätten und es bereits dunkel gewesen sei. Nach seiner Rückkehr habe der Arzt gesagt, es sei auch ohnehin schon zu spät, um den Daumen wieder anzunähen. Am nächsten Tage habe ein Arzt scherzhaft gesagt, vielleicht sei der Daumen nicht zu finden gewesen, weil ihn der Hund gefressen habe. Darauf habe er, der Kläger, geantwortet: "So wird es wohl gewesen sein".</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Seine Frau sei von dem Unfall sehr geschockt gewesen und habe später alles weggeworfen. Er, der Kläger, habe vor dem Unfalltage im Garten noch kein Holz gehackt gehabt. Er habe die Hütte und alle Geräte vom Vorpächter übernommen. Auch früher habe er praktisch nie Holz gehackt.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an ihn 75.360,- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 10.02.1987 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Sie wiederholt und vertieft ihr Vorbringen aus erster Instanz und behauptet, nach den Akten des Versorungsamtes seien die Leiden des Klägers durchaus akut gewesen; dieser müsse daher unter Schmerzen gelitten haben. Bei der Prüfung der Schadensanzeige habe sie keine Möglichkeit gehabt, sich über die Vorerkrankungen des Klägers zu informieren. Diese habe er - das ist unstreitig - im Jahre 1985 der ... Versorgungskasse aber sei eine andere Rechtsperson als die Beklagte.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hält an ihrer Behauptung fest, daß der Kläger sich die Daumenamputation freiwillig beigebracht habe. Da die glatte Wunde nur habe entstehen können, wenn der Daumen auf einer festen Unterlage gelegen habe, müsse der Kläger ihn entweder oben auf das Rundholz gehalten oder auf die Unterlage gelegt haben. Im letzteren Falle aber habe er das Rundholz gar nicht festhalten können; im ersteren Falle handele es sich um eine "Exekutionshaltung", die die natürlichen Selbstschutzreflexe eines Hackenden nicht zuließen.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze und die von ihnen überreichten Unterlagen einschließlich der Fotos Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die Akte des Versorgungsamtes ... war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat zu der Frage, ob ein unfreiwilliger Daumenverlust ausgeschlossen ist, ein Gutachten des gerichtsmedizinischen Sachverständigen Prof. Dr. ... eingeholt. Dieser hat unter dem 04.10.1988 ein schriftliches Gutachten erstattet, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 178 bis 1914 d.A.). Der Senat hat sich im Termin am 08.02.1989 das Gutachten erläutern lassen und die Zeugen ... und ... uneidlich vernommen.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Der Zeuge ... hat bekundet:</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Herr ... und ich fingen am 01.07.1985 gemeinsam bei der ... an. Daher kennen wir uns. Die Schadensanzeige habe ich aufgenommen. Ich habe sie ausgefüllt, aber nicht unterschrieben. Die einzelnen Punkte gingen wir gemeinsam durch.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Ich hatte von Unfallversicherungen auch nicht mehr Ahnung als Herr ... selbst.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Ich weiß nichts davon, daß wir uns über Vorerkrankungen unterhalten hätten. Ich kann mich auch nicht erinnern, ob und welche Unfälle besprochen worden sind.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Die Zeugin ..., die Ehefrau des Klägers, hat ausgesagt: Im Krankenhaus habe ich erfahren, daß der Daumen ab war. Mein Mann hatte im Garten das Handtuch schon um die Hand gewickelt, als ich dazu kam. Er hatte geschrieen: "Meine Hand!" Das Handtuch war ganz blutig.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Als im Krankenhaus eine Schwester das Handtuch abwickelte, sah ich die Wunde. Ich war nicht mehr fähig, zum Garten zu fahren, um nach dem Daumen zu suchen. Das tat mein Schwager.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Später hat mein Schwager im Garten alles zusammengefegt; dabei war auch der Daumen. Ich habe mir das nicht angesehen. In einem Anfall habe ich alle Geräte, das Beil, die Säge usw. weggeworfen.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Am Unfalltage machte mein Mann Holz zum Grillen klein. Das Holz hatten wir zusammen mit dem Garten übernommen.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Als Herr ... zur Aufnahme der Schadensanzeige bei uns war, war ich zeitweise anwesend. Ich ging auch mal hinaus, um Getränke zu holen. Die Anzeige interessierte mich nicht allzu sehr.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Von dem früheren Unfall wußte mein Mann das Datum nicht mehr. Es ging dabei um die Sache mit dem Rücken. Ich glaube, daß bei dem Gespräch nur von einem Unfall die Rede war.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Über die Frage der Vorerkrankungen sprachen mein Mann und .... Sie erörterten das. Sie wußten nicht, wie die Frage zu verstehen war.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Der Sachverständige hat sein Gutachten wie folgt erläutert: Im normalen Arbeitsgang kann die Verletzung beim Holzhacken nicht entstanden sein, insbesondere nicht bei einer Person, die schon einmal handwerklich tätig war. Aus arbeitsphysiologischen Gründen ist es sehr unwahrscheinlich, daß die Verletzung beim Holzhacken entstanden ist. Ausschließen kann man das aber aus medizinischen Gründen nicht.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Amnesien nach einem Daumenverlust sind nicht typisch.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe</b></p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung des Klägers ist in der Sache unbegründet. Es steht zur Überzeugung des Senates fest, daß der Kläger seine Daumenamputation nicht unfreiwillig erlisten hat; damit liegt kein Unfall im Sinne des §2 Nr. 1 AUB vor (I). Selbst wenn ein Unfall vorläge, wäre die Beklagte nach §§15 II 4, 17 AUB wegen vorsätzlich falscher Angaben über Vorerkrankungen leistungsfrei (II).</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Ausgangspunkt für die vom Senat gewonnene Überzeugung, daß sich der Kläger seinen linken Daumen vorsätzlich abgehackt hat, ist die unstreitige ärztliche Feststellung vom Unfalltage, daß die Amputationswunde einen glatten Wundrand aufwies und daß der verbliebene Daumenstumpf an der Beugeseite länger als an der Streckseite ist.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Ein glatter Wundrand entsteht, wie der Sachverständige Prof. Dr. ... - in Übereinstimmung mit dem Gutachter der Beklagten Prof. Dr. ... - ausgeführt hat und wie dem Senat auch aus anderen ähnlichen Verfahren bereits bekannt ist, ausschließlich dann, wenn der Daumen auf einer Unterlage fest auflag, als er getroffen wurde. Als solche kommt nur die feste Unterlage unter dem zu spaltenden Holzstück oder die Oberseite des Holzstückes selbst in Betracht. Wenn er Kläger hingegen, wie es ein Holzhackender gewöhnlich tut, um das Rundholz herum gefaßt hätte, sei es, daß er ein ganzes Rundstück an den Seitenflächen umfaßte, sei es, daß er um ein bereits geteiltes, halbes Rundstück griff, wobei wiederum gleichgültig ist, ob der Daumen auf der runden Außenfläche oder auf der geraden Schnittfläche auflag, so konnte ein Beilhieb entweder den Daumen gar nicht vollständig abschlagen oder zumindest nur einen unregelmäßig begrenzten Wundrand hervorrufen. Von vornherein ist also die beim Kläger festgestellte Verletzung nur bei einem ungewöhnlichen Griff denkbar.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Bei seinen mehreren Demonstrationen, einmal mit einem Backstein in Gegenwart eines Vertreters der Beklagten, dann mit einem Rundholz in Gegenwart Prof. Dr. ... hielt der Kläger das stehende Rundholz an dessen unterer Kante an der Unterlage fest. Auch bei diesem Griff liegt der Daumen bei normalem Zufassen nicht mit seiner ganzen Länge auf der Unterlage auf. Normalerweise liegt er gar nicht auf, weil die linke Hand mit ihrer linken Außenseite aufgesetzt wird und der Daumen dann etwa waagerecht mehrere Zentimeter über der Unterlage das Holz umfaßt. Selbst wenn man aber die linke Hand sehr schräg und flach hält, wie es auf den vom Kläger gefertigten Fotoaufnahmen zu sehen ist, liegt der linke Daumen immer noch nicht ganz auf; das ist auch auf den genannten Fotos sichtbar. Sogar wenn derjenige, der das Holz auf so ungewöhnliche Weise hält, den Daumen nach unten richtet, so stößt dieser doch nur mit seiner Spitze auf der Unterlage auf, nicht mit seiner ganzen Länge. Lag aber nur die Spitze des Daumens auf, so konnte kein völlig glatter Wundrand entstehen. Das ist in dem vorgerichtlichen Gutachten Prof. Dr. ... das Prof. Dr. ... bestätigt hat, ausdrücklich ausgesprochen. Lediglich dann, wenn der Kläger den Daumen in seiner ganzen Länge auf die Unterlage legte, ihn dort also "fixierte", konnte der glatte Wundrand zustande kommen. Dazu mußte der Kläger aber die ganze Hand fast flach auf die Unterlage halten; es mußte nämlich mit dem Daumen zugleich der Handballen flach aufliegen. Bei dieser Haltung wird das Holzstück nicht mehr im eigentlichen Sinne festgehalten, da es nur vom Zeigefinger und vom Daumen überhaupt berührt wird und verhältnismäßig lose zwischen beiden steht. Diese Haltung ist nicht nur keine vernünftige Arbeitshaltung, sie kann auch beim Ausholen mit der rechten Hand kaum beibehalten werden. Wie sowohl Prof. Dr. ... als auch die vorprozeßual für die Parteien tätig gewesenen Professoren, nämlich Dr. ... und der vom Kläger eingeschaltete Arbeitswissenschaftler Dr. ..., ausgeführt haben, muß wegen der Körpergröße des Klägers von 1,85 m im Verhältnis der niedrigen, zum Hacken benutzten Bank, falls der Kläger stand, beim Ausholen der rechten Hand auch die linke Hand eine Aufwärtsbewegung gemacht haben, die es ausschließt, daß sie beim Zuschlagen der rechten Hand noch so wie vorher an der Unterkante des Holzstückes auf die Unterlage fixiert war. Daß der Kläger beim Hacken vor der Bank stand, wenn auch in gebückter Haltung, und nicht etwa hockte, hat er Prof. ... wie sich aus dessen Gutachten ergibt, selbst geschildert; so hat er es auch bei allen Demonstrationen vorgeführt, als er fotografiert wurde, und etwas anderes hat er auch im Prozeß nicht vorgetragen.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Hinzu kommt, daß der Amputationsstumpf schräg verläuft. Prof. Dr. ... hat einen Winkel von 105° zu einer gedachten Längsachse des Daumens festgestellt. Damit aber steht die Amputationsebene im Gegensatz zur normalen Schlagrichtung eines mit der Rechten geführten Beiles. Wenn der Kläger die linke Hand normal entspannt hielt, so mußte er, um im festgestellten Winkel den Daumen abzutrennen, das Beil der rechten Hand so halten, daß es nicht - wie beim Arbeiten normal - schräg nach links, sondern schräg nach rechts zeigte. Er hätte dazu das Beil so greifen müssen, daß das Ende des Stieles links seitlich vor dem Körper gelegen und die Schneide nach rechts in die Mitte vor dem Körper gezeigt hätte. Hielt er aber die rechte Hand normal, so müßte er die linke Hand von der Normalstellung abgedreht nach außen in einer verkrampften Stellung halten. Das hat der Sachverständige Prof. Dr. ... in Übereinstimmung mit dem vorprozeßualen Gutachten Prof. Dr. ... überzeugend ausgeführt. Die dargelegte Haltung ist auch bei jemandem, der das Holzhacken nicht gewöhnt ist und der mit ungünstigen Verhältnissen, nämlich einer bei seiner Körpergröße zu niedrigen Schlagunterlage, fertig werden muß, so außergewöhnlich, daß sie auszuschließen ist.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Als weiterer Umstand gegen die bislang erörterte Möglichkeit des Schadenseintritts ist anzuführen, daß der Hieb mit großer Wucht durch das Holz hätte geführt werden müssen, um anschließend den Daumen noch glatt abschlagen zu können. Da der Kläger nach seiner Erklärung bei Prof. Dr. ... bereits mehrere Hölzstücke zerkleinert hatte, als der "Unfall" geschah, auch wenn er sich letztlich nicht festlegen will, ob das Holzstück, bei dem das Unglück passierte, bereits einmal geteilt war, konnte der Kläger - auch wenn er ungeübt war - die zum Zerteilen des Holzes erforderliche Wucht einigermaßen abschätzen, so daß das eingesetzte Übermaß an Kraft unverständlich ist. Ohnehin ist es - insbesondere bei ungeübten Personen und ungünstigen Arbeitsverhältnissen - eigentlich nicht üblich, ein so langes Stück Holz mit einem Schlag durchzuteilen, anstatt das Beil hineinzuschlagen und dann das Holz mit dem darin steckenden Beil ein zweites Mal aufzuschlagen.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Die zweite Möglichkeit, bei der der Daumen mit glattem Wundrand abgeschlagen werden konnte, ist die, daß der Daumen auf der Oberseite des Holzes auflag. Das Holz auf diese Weise festzuhalten, wäre jedoch vollkommen ungewöhnlich. Will man im Stehen mit ausgestrecktem Arm das Holz von oben auf die Unterlage drücken, so nimmt man dazu, worauf auch Prof. Dr. ... hingewiesen hat, nicht den Daumen, sondern die Finger, die man auch nicht der Länge nach, sondern mit den Spitzen auf das Holz drückt. Legt man dagegen den Daumen vollständig auf die Oberfläche des Holzstückes - bei bloßem Berühren des Holzes mit der Daumenspitze kann die Verletzung nicht eingetreten sein -, so ist die Verletzungsgefahr offensichtlich. Der Hackende nimmt dann eine Stellung ein, die Prof. ... als "Exekutionshaltung" bezeichnet hat. Daß der Kläger bewußt eine solche Gefahr in Kauf genommen, aber gleichwohl eine Verletzung nicht gewollt hätte, ist auszuschließen; er hat das auch nicht vorgetragen. Es kann auch nicht sein, daß der Kläger - wie Prof. Dr. ... zu erwägen gegeben hat - das Holzstück zunächst an der Unterkante oder an den Seiten umfaßte, dann während der Ausholbewegung der rechten Hand diesen Griff löste und ... versehentlich mit dem Daumen der linken Hand auf die Oberseite des Holzes geriet. Wie bereits dargelegt, muß der Daumen aus medizinischen Gründen fest aufgelegen haben, damit ein glatter Wundrand entstehen konnte. Daß bei der Ausholbewegung der rechten Hand die linke Hand mitging, konnte aber nicht dazu führen, daß der linke Daumen fest auf die Oberseite des Holzes gelegt wurde. Das konnte nur geschehen, wenn der Kläger es willentlich tat.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Nach alledem ist nach den medizinischen Befunden bei der vom Kläger für den Unfall angegebenen Tätigkeit des Holzhackens ein unfreiwilliger Eintritt des Schadens nur unter so unwahrscheinlichen Umständen möglich, daß er als eine rein theoretische Möglichkeit betrachtet werden muß und daher nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auszuschließen ist. Eine absichtliche Abtrennung des Daumens mit dem Beil ist hingegen mit den medizinischen Befunden ohne Schwierigkeit in Einklang zu bringen. Der Kläger brauchte nämlich nur die flache Hand auf eine feste Unterlage zu legen, den Daumen abzuspreizen und dann mit dem Beil parallel zum Zeigefinger zuzuschlagen. Dann wurde der Daumen in der von den Ärzten vorgefundenen Weise abgetrennt. Der Senat ist überzeugt, daß der Kläger genau das getan hat.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">3.</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Für eine Selbstverstümmelung sprechen außer den oben dargelegten Erwägungen, die zur Überzeugungsbildung des Senates bereits ausgereicht haben, noch die folgenden weiteren Umstände:</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Der Kläger gibt keine eindeutige Darstellung des Geschehensablaufes. Auch wenn nachvollziehbar ist, daß er sich nicht mehr an alle Einzelheiten erinnert, so ist doch zu erwarten, daß er weiß, ob er das Holz an der Oberseite oder an der Unterkante angefaßt. Der Senat geht davon aus, daß der Kläger dies absichtlich im Unklaren läßt.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Der Kläger unternahm nichts, um den abgetrennten Daumen zu retten und mit ins Krankenhaus zu bringen. Daß abgetrennte Glieder in vielen Fällen wieder angenäht werden können, gehört heute zum Allgemeingut des Wissens und war auch dem Kläger bekannt. Dieser gibt dazu an, er habe an der Unfallstelle nicht bemerkt, daß der Daumen ab war. Diese Angabe ist nach Überzeugung des Senates unwahr. Nach seiner eigenen Darstellung bemerkte der Kläger, daß der Daumen stark blutete; er sah also zu ihm hin; anschließend schlug er ein Handtuch um die verletzte Hand, das griffbereit an der Hütte hing. Er will, so hat er es Prof. ... gesagt, nicht "registriert" haben, daß der Daumen abgetrennt war. Das kann aber, wenn er zu seiner Hand hinsah, nicht stimmen. Von einer Bewußtsteinstrübung oder gar Ohnmacht beim Kläger ist nichts bekannt. Amnesien sind auch, wie der Sachverständige ... ausgeführt hat, nach einem Daumenverlust nicht typisch.</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Nach alledem ist die Klage im Ergebnis schon deshalb zu Recht abgewiesen worden, weil der Daumenverlust des Klägers nicht auf einem Unfall beruht.</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Darüber hinaus ist die Beklagte auch deshalb leistungsfrei, weil der Kläger in der Schadensanzeige vorsätzlich falsche Angaben zu Vorerkrankungen gemacht hat, während er den der Beklagten im Jahre 1983 angegebenen "Unfall" nach Auffassung des Senates nicht anzugeben brauchte, weil es sich nach der eigenen Darstellung und Bewertung der Beklagten bei dem zugrundeliegenden "Verheben" nicht um ein Unfallereignis handelte.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Die Frage 8.1 der Beklagten nach Vorerkrankungen ist objektiv eindeutig. Der Kläger hätte anzugeben, ob zur Zeit des Unfalls bei ihm ein Leiden oder Gebrechen vorlag. Die Frage war allgemein gefaßt; sie beschränkte sich weder auf unfallursächliche Leiden und Gebrechen noch auf solche akuter Art; es war auch nicht nach der Arbeitsunfähigkeit des Klägers gefragt, die in der Frage überhaupt nicht erwähnt oder auch nur angedeutet wurde. Die gestellte Frage war sachdienlich (§15 II 4 AWB). Die Beklagte hat nämlich ein berechtigtes Interesse daran, über Leiden und Gebrechen, sofern sie nicht unerheblicher Art sein, informiert zu werden, um sowohl das behauptete Unfallereignis selbst als auch dessen Ursächlichkeit für die eingetretene Invalidität und die Mitbeteiligung anderer Krankheiten an den Unfallfolgen prüfen und beurteilen zu können.</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat die Frage objektiv falsch beantwortet, nämlich verneint. Von den im Verfahren nach dem Schwerbehinderten-Gesetz mitgeteilten und festgestellten Krankheiten brauchte der Kläger allerdings die Lungen- und Herzbeutelentzündung nicht anzugeben, weil sie lange überstanden war, auch nicht die Knochenabsplitterung am Fuß, für die dasselbe gilt. Ob er ein Rückenleiden mitzuteilen hatte, mag offenbleiben; das hängt davon ab, ob die aus dem Verheben im Jahre 1983 hervorgegangenen Beeinträchtigungen endgültig überwunden waren. Zumindest aber hatte der Kläger seinen Knieschaden anzugeben. Am Meniskus war er, wie die beigezogene Akte des Versorgungsamtes ergibt, deren Inhalt unstreitig ist, seit 1973 mehrfach operiert worden. Im Jahre 1984 wurde er wegen Beschwerden im Wadenbein und im Oberschenkelbereich erneut behandelt und operiert. Auch wenn der Kläger, was sein Knie und Bein angeht, im Zeitpunkt des Unfalls gerade beschwerdefrei war und wenn seine Angabe beim Versorgungsamt, er sei außergewöhnlich gehbehindert, nicht zutraf, so lag doch an seinem Knie ein nicht mehr behebbarer Schaden vor, der immer wieder zu irgendwelchen Beeinträchtigungen führen konnte. Zumindest dieser Schaden mußte daher der Beklagten angegeben werden.</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">3.</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">Gemäß §17 AUB wird die Beklagte wegen dieser Falschangabe leistungsfrei, es sei denn, die Obliegenheitsverletzung beruht weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit. Der Kläger hat den Vorsatz, der vermutet wird, zu widerlegen. Das ist ihm nicht gelungen.</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Der Kläger vorgetragen, er habe geglaubt, die Beklagte habe nur nach akuten Leiden gefragt und wissen wollen, ob er zur Zeit des Unfalles arbeitsunfähig krank gewesen sei. Diese Auslegung ist so fernliegend und vom Kläger auch nicht näher erläutert worden, daß sie ihm nicht ohne weiteres geglaubt werden kann, sondern voll bewiesen werden muß. Seine Behauptung, er habe mit dem Versicherungsvertreter ... darüber gesprochen und sie seien beide zu diesem Ergebnis gekommen, hat sich nicht erweisen lassen. Der Zeuge ... hat das nicht bestätigt; er konnte sich nicht erinnern, mit dem Kläger über die Bedeutung dieser Frage gesprochen zu haben. Er hat im übrigen auch nicht bestätigt, daß im Verhältnis zum Kläger er der "Spezialist" für Schadensanzeigen gewesen sei, sondern bekundet, daß er davon nicht mehr verstehe, als der Kläger. Die Ehefrau des Klägers hat als Zeugin ausgesagt, der Kläger und Herr ... hätten die Frage erörtert und beide nicht gewußt, was sie bedeute. Damit ist die Behauptung des Klägers, daß ... und er gemeinsam zu der von ihm behaupteten Auslegung gefunden hätten, nicht bestätigt worden. Gegen die Auslegung des Klägers spricht ferner, wie er nicht verkennen konnte, die weitere Frage der Beklagten unter 8.2 danach, welche Ärzte den Kläger in den letzten Jahren untersucht oder behandelt hätten. Aus dieser Frage war ersichtlich, daß es der Beklagten nicht nur auf akute Erkrankungen, die im Zeitpunkt des Unfalls Arbeitsunfähigkeit bewirkten, ankam. Die Frage 8.2 hat der Kläger einfach unbeantwortet gelassen. Die Verneinung der Frage 8.1 ist auch nicht etwa deswegen gerechtfertigt, weil der Beklagten angeblich durch die Aufnahmeuntersuchung des Klägers der Meniskus schaden bekannt sein mußte. Selbst wenn das gestimmt hätte, durfte der Kläger die Frage nicht wahrheitswidrig verneinen, sondern allenfalls sie bejahen und wegen der Einzelheiten auf die bei der Beklagten vorhandenen Unterlagen verweisen. Im übrigen ist aber die Untersuchung des Klägers, wie unstreitig geworden ist, nicht durch die Beklagte, sondern durch die mit ihr nicht identische ... Versicherungsverein a.G. erfolgt.</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">4.</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat den Kläger auch deutlich auf den drohenden Anspruchsverlust hingewiesen. In der Schadensanzeige findet sich über der Unterschrift in Fettdruck der folgende Hinweis: "Mir ist bekannt, daß ich durch bewußt unrichtige und unvollständige Angaben den Versicherungsschutz auch dann verliere, wenn dem Versicherer durch diese Angaben kein Nachteil entsteht." Daß die Beklagte durch die falsche Angabe keinen Nachteil erlitten hat, steht deshalb ihrer Leistungsfreiheit nicht entgegen.</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">5.</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">Die Falschangabe war auch relevant.</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">Leistungsfrei wird der Versicherer bei einer vorsätzlichen Falschangabe des Versicherungsnehmers nur dann, wenn diese generell geeignet war, die Interessen des Versicherers ernsthaft zu gefährden, und wenn den Versicherungsnehmer der Vorwurf eines schwerwiegenden Verschuldens trifft. Wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, kommt es nicht darauf an, ob im konkreten Fall eine Interessengefährdung tatsächlich eingetreten ist. Deswegen nützt es dem Kläger nichts, daß die Beklagte auf andere Weise von seinen Leiden und Gebrechen erfahren hat und daß sie ohnehin den Versicherungsschutz wegen Selbstverstümmelung ablehnt. Es spielt auch keine Rolle, daß im Falle des Daumenverlustes nach der Gliedertaxe ein fester Prozentsatz der Invalidität vorgesehen ist und andere Erkrankungen daher für die Prüfung des Umfangs der Invalidität unerheblich sind. Andere Leiden und Gebrechen - wenn auch nicht das im konkreten Fall verschwiegene - konnten aber als mitwirkende Ursachen für die Invalidität in Frage kommen und konnten ferner für das vom Kläger auch, beanspruchte Krankentagegeld und Genesungsgeld bedeutsam werden. Damit waren falsche Angaben generell geeignet, die Interessen der Beklagten ernsthaft zu gefährden. Ein schweres Verschulden des Klägers liegt ebenfalls vor. Der Kläger hat - abgesehen von der behaupteten Auslegung der Frage, die ihm nicht der Senat nicht glaubt - keine Umstände vorgetragen, die sein Verschulden aus besonderen Gründen als gering erscheinen lassen könnten.</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">Nach alledem ist die Beklagte nach §15 II 4, 17 AUB leistungsfrei geworden.</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks"><b>III.</b></p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist damit zurückzuweisen. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§97, 708 Nr. 10, 711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">Die Beschwer des Klägers beträgt 75.360,- DM.</p>
|
315,280 | olgk-1989-02-01-24-u-25088 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 24 U 250/88 | "1989-02-01T00:00:00" | "2019-03-13T14:51:20" | "2022-10-18T15:08:41" | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1989:0201.24U250.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgericht Köln – 90 O 45/88 – vom 17. August 1988 wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.</p>
<p></p>
<p>Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 6.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p>
<p></p>
<p>Die Klägerin darf Sicherheit auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft der O. M1-bank I1. und C., erbringen; die Beklagte darf Sicherheit auch durch die selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen Sparkasse oder Genossenschaftsbank leisten.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Tatbestand</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Mit der Klage soll die Unwirksamkeit einer Aus­schließung der Klägerin aus dem Gesellschafterkreis der Beklagten festgestellt werden Die Klägerin war seit Gründung im Jahre 1970 als Kommanditistin Ge­sellschafterin der Beklagten sowie Gesellschafterin von deren Komplementär-GmbH. In der Beklagten hat­ten sich ursprünglich 18 Schulbuchverlage, darunter die Klägerin, zusammengeschlossen, um in Zusammen­arbeit mit den Rundfunk- und Fernsehanstalten und anderen Unternehmungen wissenschaftlich und didak­tisch geeignetes Begleitmaterial zu Schulfunk- und Schulfernsehsendungen zu entwickeln, herzustellen und zu vertreiben.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Gesellschaftsvertrag der Beklagten vom 12.06.1970 enthält in § 12 folgende Bestimmung:</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks"><u>"Anfechtung</u></p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Beschlüsse der Gesellschafterversammlung kön­nen nur innerhalb einer Frist von drei Monaten seit der Beschlußfassung angefochten werden. Auch die Geltendmachung der Unwirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen bedarf der Anfechtungsklage.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Anfechtungsfrist ist nur gewahrt, wenn in­nerhalb der Frist die Klage beim Schiedsge­richt oder beim ordentlichen Gericht erhoben worden ist."</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Eine ähnliche Bestimmung - ohne Satz 2 des Abs. 1 -findet sich in § 13 der Satzung der Komplementär-GmbH der Beklagten. Als Anlage zum Gründungsproto­koll der Gesellschaften ist ein "Schiedsgerichts-vertrag" geschlossen worden, wegen dessen Inhalt auf Bl. 47, 48 d. A. verwiesen wird.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Während Anfang 1986 noch 19 natürliche Personen Kommanditistin der Klägerin gewesen waren (überwie­gend Angehörige der Gründergeneration, von denen zwei auch noch den Namen V. getragen ha­ben), ist gemäß Vertrag vom 24.01.1986 als weitere Kommanditistin die "S." Verlag und Drucke­rei GmbH, M., bei der Klägerin eingetre­ten und hat eine qualifizierte Mehrheit erworben. Zum 31.07.1986 sind die 19 früheren Kommanditisten aus der Klägerin ausgetreten. Die S. Verlag und Druckerei GmbH hat ihre Firma unter dem 18.12.1986 geändert in "N. R. GmbH M.". Seit 1986 wird die Klägerin von Herrn Dr. K. S1. als Geschäftsführer ihrer Kom­plementär-GmbH geleitet.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Im Verlauf des Jahres 1987 kam es bei der Beklagten zu Auseinandersetzungen über das Geschäftsgebaren und den Gesellschafterstatus der Klägerin. Der Klä­gerin wurde vorgehalten, sie habe den bei ihr ex-folgten Gesellschafterwechsel der Beklagten nicht ordnungsgemäß angezeigt, obwohl dies nach § 7 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages geboten gewesen wäre. Weiterhin wurde eine Betätigung der die Klägerin nunmehr beherrschenden N.-R. auf dem Gebiet des lokalen Privatfernsehens als gesellschafts­schädlich bezeichnet. Ferner wurde zum Konkurrenz­verhältnis der Gesellschafter der Beklagten unter­einander die Befürchtung geäußert, daß die übrigen bei der Beklagten beteiligten, mittelständischen Unternehmen der wirtschaftlichen Übermacht der N.-R. bei der Vergabe von Druckaufträgen der Gesellschaft nicht gewachsen sein könnten; bei der Gründung der Gesellschaft sei aber Bedingung für die Aufnahme eines Gesellschafters gewesen, daß nur mittelständische, konzernfreie Unternehmen betei­ligt werden sollten. Schließlich wurde der Klägerin zum Vorwurf gemacht, daß sie in Person des Herrn Dr. K. S1. ihr Frage- und Auskunftsrecht als Ge­sellschafterin der Komplementär-GmbH in einer Form ausgeübt habe, die der Aufsichtsrat und der Ge­schäftsführer der Beklagten als Desavouierung emp­fänden und die die Kollegialität und die Vertrau­ensbasis im Kreis der Gesellschafter nachhaltig störe.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die vorgenannten Vorwürfe sind Gegenstand einer Er­örterung auf einer außerordentlichen Gesellschaf­terversammlung der Beklagten vom 18.11.1987 in G. gewesen und sodann als Anlage zum Tagesordnungspunkt 6 "Gesellschafterstatus des V.-Verlages" unter dem 07.12.1987 mit der Einladung zu einer außerordentlichen Gesellschaf­terversammlung der Beklagten am 22.12.1987 in Köln versandt worden.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Auf der Gesellschafterversammlung vom 22.12.1987 sind Versuche, die Klägerin freiwillig zu einem Austritt aus der Gesellschaft zu bewegen, ergebnis­los geblieben. Sodann ist die Klägerin aus der Be­klagten sowie aus der Komplementär-GmbH der Beklag­ten aus den Gründen der Anlage zum Tagesordnungs­punkt 6 mit Wirkung zum 31.12.1987 bei 11 Ja-Stim­men und 2 Nein-Stimmen (darunter der der Klägerin) ausgeschlossen worden. Auf der Gesellschafterver­sammlung vom 22.12.1987 haben sich einige Gesell­schafter durch andere Gesellschafter vertreten las­sen; ein Gesellschafter - N1 I. Verlag - war nicht anwesend.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Anschließend kam es noch auf der Gesellschafterver­sammlung sowie in einem späteren Schriftwechsel zu Erörterungen zwischen den Rechtsvertretern der Par­teien über eine prozessuale Anfechtung des Aus­schließungsbeschlusses, deren Inhalt im einzelnen streitig ist. Der Text des Protokolls der Gesell­schafterversammlung vom 22.12.1987 lautet insoweit:</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">"Herr Dr. E. gab bekannt, daß V. eine gerichtliche Anfechtung des Beschlusses prüfen werde. In Frage komme ein Verfahren sowohl gegen die GmbH wie gegen die KG. Herr A. schlug vor, daß zur Vereinfachung des Verfahrens davon auszuge­hen sei, daß der Ausgang des Verfahrens für eine der beiden Gesellschaften auch für die andere Ge­sellschaft Gültigkeit haben solle. Hierdurch würde die eventuelle Durchführung von zwei parallel ge­führten Prozessen vermieden. Herr Dr. E. stimmte dem zu."</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin ist der Ansicht gewesen, die als Anla­ge zum Gesellschaftsvertrag enthaltene Schiedsge­richtvereinbarung lasse ihr die Wahl, alternativ das ordentliche Gericht oder ein Schiedsgericht an­zurufen. Im übrigen sei die Schiedsgerichtsverein­barung aber auch wegen Unbestimmtheit unwirksam und zumindest für den vorliegenden Einzelfall abbedungen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Zur Passivlegitimation hat die Klägerin die Meinung vertreten, die Klage sei gegen die Gesellschaft und nicht gegen deren einzelne Gesellschafter zu rich­ten, weil dies der Gesellschaftsvertrag vorsehe. Dies ergebe sich aus den gleichlautenden Formulie­rungen in § 12 des Gesellschaftsvertrages der Be­klagten und in § 13 der Satzung der Komplementär-GmbH, wonach Gesellschafterbeschlüsse binnen be­stimmter Frist "angefochten" werden müssen, damit sie nicht in Bestandskraft erwachsen. Da bei der GmbH nur eine Anfechtung gegenüber der Gesellschaft möglich sei, dürfe für die KG nichts anderes gel- ten. Jedenfalls, so hat die Beklagte (*1) behauptet, sei auf der Gesellschafterversammlung vom 22.12.1987 eine Vereinbarung dahingehend getroffen worden, daß im vorliegenden Fall eine Klage gegen die Gesell­schaft und nicht gegen die Gesellschafter gerichtet werden sollte.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Zur Sache selbst hat die Klägerin hinsichtlich der Ausschlußgründe vorgetragen: Ein Übergang von mehr als 50 % der Gesellschaftsanteile habe zwar statt gefunden. Eine Berufung auf einen entsprechenden Ausschließungsgrund sei aber jedenfalls verwirkt, da die Beklagte zu lange gewartet habe, ehe sie sich auf diesen Umstand berief. Die Aktivitäten der N.-R. auf dem Sektor des lokalen Privatfern­sehens seien eingestellt worden. Auch sonst trete die N.-R. bzw. die Klägerin zu den übrigen Gesellschaftern der Beklagten nicht mehr als üblich in Konkurrenz. Die Ausübung des Auskunfts- und Fra­gerecht schließlich sei nicht in einer Form er­folgt, die den Gesellschaftsfrieden bei der Beklag­ten störe.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">festzustellen, daß der Beschluß der Gesell­schafterversammlung der Beklagten vom 22.12.87, die Klägerin aus der Gesellschaft auszuschließen, unwirksam ist; hilfsweise, den Beschluß der Gesellschafterversammlung vom 22.12.87, die Klägerin aus der Gesellschaft auszuschließen, für unwirksam zu erklären.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Sie hat sich auf die Einrede des Schiedsvertrages berufen und von daher die Klage für unzulässig ge­halten. Darüber hinaus hat die Beklagte die Ansicht vertreten, die Klage vor dem ordentlichen Gericht hätte sich gegen die (Mit-) Gesellschafter der Be­klagten und nicht gegen die Gesellschaft selbst richten müssen. Weder ergebe sich aus dem Gesell­schaftsvertrag, daß das Erfordernis einer Klage ge­gen die Gesellschafter abbedungen worden sei, noch seien nachträglich entsprechende Vereinbarungen ge­troffen worden. Der Schriftwechsel des für die Klä­gerin tätigen Rechtsanwalts Dr. E. (Schrei­ben vom 26.01.1988, Bl. 49 d. A.) und des Rechtsan­walts A. (Schreiben vom 02.02.1988, Bl. 51 d. A.) belege lediglich eine Vereinbarung, daß für die beiden Gesellschaften (Beklagte und ihre persönlich haftende GmbH) nur ein Verfahren geführt werden solle, um zwei Parallelprozesse zu vermeiden, besa­ge aber nichts zur Bestimmung der Parteien in dem Verfahren. In diesem Zusammenhang hat die Beklagte behauptet, daß Rechtsanwalt A. - der als Ver­treter der Gesellschaften und nicht der Gesellschafter aufgetreten sei - zum damaligen Zeitpunkt die Frage, gegen wen eine Klage zum Gesellschafter­status bei einer Kommanditgesellschaft zu richten sei, gar nicht geprüft habe.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, daß zwar nicht eine wirksame Schiedsge­richtvereinbarung der Zulässigkeit der Klage entge­genstehe, daß sich die Klage aber nicht gegen den richtigen Beklagten richte. Die Klage hätte gegen die einzelnen Mitgesellschafter gerichtet werden müssen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Gegen das am 15.09.1988 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 10.10.1988 Berufung eingelegt, die am 21.10.1988 begründet worden ist. Die Klägerin be­gehrt in erster Linie Aufhebung und Zurückverwei­sungder Sache nach § 538 Abs. 1 Nr. 2 ZPO an das Landgericht, hilfsweise Entscheidung nach ihren erstinstanzlichen Sachanträgen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Sie wiederholt zur Frage einer wirksamen Schiedsab­rede und zur Frage ob die Klage gegen die Gesell­schaft oder die Gesellschafter zu richten sei, ihr erstinstanzliches Vorbringen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Zu den auf den Ausschließungsbeschluß folgenden Er­örterungen auf der Gesellschafterversammlung vom 22.12.1987 behauptet die Klägerin nunmehr, Rechts­anwalt Dr. E. habe die Gesellschafter u. a. gebeten, zu beschließen, daß nur ein einziger Prozeß vor einem einzigen Gericht "gegen die Gesell­schaft" geführt werden solle; die Gesellschafter hätten sich befriedigt gezeigt, daß sie nicht selbst verklagt werden würden, vielmehr der Prozeß gegen die Gesellschaft geführt wird, und hätten dem Vorschlag zugestimmt (Zeugnis Dr. E., Zeugnis Dr. U.). Vor diesem Hintergrund seien auch die Erklärungen in den Schreiben der beteiligten Rechtsanwälte nach dem 22.12.1987 zu sehen, so daß eine Berufung der Beklagten auf das Erfordernis ei­ner Klage gegen die einzelnen Gesellschafter - wenn dies nicht schon durch den Gesellschaftsvertrag oder die Vereinbarung vom 22.12.1987 entfalle rechtsmißbräuchlich wäre.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Sache zur weiteren Verhandlung und Entscheidung in den I. Rechtszug zurückzuverweisen; hilfsweise unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach den erstinstanzlichen Schlußanträgen der Klägerin zu erkennen; der Klägerin sowohl als Vollstreckungungsgläu­bigerin als auch als Vollstreckungsschuldnerin zu gestatten, erforderliche Sicherheit auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft der O. M1Bank, I1. und C., zu erbringen.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen;</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">ihr zu gestatten, Sicherheit auch durch die Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen Sparkasse oder Genossenschaftsbank zu leisten.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte wiederholt ihr erstinstanzliches Vor­bringen. Sie ist der Ansicht, daß die Klage schon wegen der Einrede des Schiedsgerichts unzulässig sei. Darüber hinaus vertritt die Beklagte weiterhin die Ansicht, daß die Klage auf Feststellung der Un­wirksamkeit des Ausschlusses der Klägerin gegen die einzelnen Mitgesellschafter zu richten gewesen wä­re. Etwas anderes sei weder dem Gesellschaftsver­trag noch nachfolgenden Vereinbarungen zu entneh­men.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Zu den Gesprächen auf der Gesellschafterversammlung vom 22.12.1987 bestreitet die Beklagte die von der Klägerin vorgetragenen Äußerungen des Rechtsanwalts Dr. E., denen die Gesellschafter angeblich zugestimmt haben sollen. Die Beklagte behauptet, Dr. E. habe nicht davon gesprochen, daß der Prozeß gegen die Gesellschaft anstatt gegen die Ge­sellschafter geführt werden solle und daß die Ge­sellschafter einem solchen Vorschlag zugestimmt hätten (Beweis: Zeugnis A., Zeugnis V., Zeugnis Dr. C1.). Im übrigen trägt die Beklagte vor, Rechtsanwalt Dr. E. habe nicht die Befugnis und Aufgabe gehabt, die Gesellschafter um irgendwelche Stimmabgaben zu bitten; dies habe allein dem Versammlungsleiter zugestanden. In Wirk­lichkeit sei es am 22.12.1987 lediglich um ein un­verbindliches Gespräch darüber gegangen, ob - falls es überhaupt zu einer Klage komme - parallele Ver­fahren für beide Gesellschaften erforderlich wür­den. Zum nachfolgenden Schriftwechsel der Rechtsan­wälte Dr. E. und V. (*2) trägt die Klägerin vor, auch Dr. E. sei ausweislich seines Schreibens vom 26.01.1988 klar gewesen, daß Rechts­anwalt A. "im Auftrage der beiden Gesellschaf­ten" handele, daß er mithin nicht für die Gesell­schafter Erklärungen dazu habe abgeben können, ob diese zu verklagen seien oder statt ihrer die KG.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien und der angeführten Urkunden wird auf den Inhalt der Akten (nebst Anlagenhefter zur Klage­schrift) Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe </u></p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte und begründete Berufung ist nicht gerechtfertigt.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist allerdings nicht schon gemäß § 1027 a ZPO unzulässig, weil sich die Beklagte auf den Schiedsgerichtsvertrag vom 12.06.1970 beruft.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Eine ausschließliche Zuständigkeitsvereinbarung des Schiedsgerichts läßt sich der Anlage zum Protokoll vom 12.06.1970 (B1. 47 d.A.) nicht entnehmen. Das Landgericht hat eine Zweideutigkeit schon der Wort­wahl "für alle Fälle" in der Präambel des Schieds­gerichtsvertrages entnommen und ausgeführt, diese Worten könnten als "ausschließlich" oder als "vor­sorglich" verstanden werden. Dem stimmt der Senat insoweit zu, als sich eine mangelnde Bestimmtheit der Schiedsabrede zwar nicht unbedingt aus § 12 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages der Beklagten, wohl aber aus § 1 des Schiedsgerichtsvertrages selbst ergibt.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Wenn § 12 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages in Zu­sammenhang mit der Anfechtungsfrist die Klage "beim Schiedsgericht oder beim ordentlichen Gericht" nennt, so läßt dies noch keine zwingenden Rück­schlüsse darauf zu, wie der Schiedsvertrag zu ver­stehen ist. Die alternative Erwähnung von Schieds­gericht und ordentlichem Gericht kann auch bei ei­nem ganz eindeutig formulierten Schiedsvertrag ge­rechtfertigt sein; dies deswegen, weil ein Schieds­vertrag nach § 1027 a ZPO nur dann den Weg zum or­dentlichen Gericht versperrt, wenn sich der Beklag- te darauf beruft, also Verfahren vor dem ordentlichen Gericht durchaus möglich bleiben, weil die Schiedsklausel nicht von Amts wegen zu beachten ist.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Nicht mehr eindeutig und damit nicht wirksam ist die von der Beklagten angeführte Schiedsabrede je­doch in Ansehung von § 1 des Schiedsgerichtsvertra­ges vom 12.06.1970. In der Formulierung "Nach einer Klage vor dem Schiedsgericht oder nach Einlassung auf das Verfahren vor dem Schiedsgericht kann der ordentliche Rechtsweg nicht mehr angerufen werden" ist eine bewußt gegenüber dem § 1027 a ZPO mildere Regelung zu sehen. § 1 schließt den ordentlichen Rechtsweg nur für den Fall aus, daß das Verfahren vor dem Schiedsgericht bereits eingeleitet ist, während nach der gesetzlichen Regelung des § 1027 a ZPO schon der Abschluß des Schiedsvertrages als solcher - sofern sich die beklagte Partei darauf beruft - der Zulässigkeit der Klage vor dem ordent­lichen Gericht entgegensteht. Wegen des einschrän­kenden Inhalts des § 1 des Schiedsgerichtsvertrages ist auch dessen Präambel in Ansehung der Worte "für alle Fälle" nicht eindeutig. Da die Möglichkeit of­fenbleibt, daß mit der Vereinbarung vom 12.06.1970 eine von den §§ 1025 ff. ZPO abweichende, nicht zwingende Schiedsabrede beabsichtigt gewesen ist, kann die Klage nicht wegen der Einrede des Schieds­vertrages abgewiesen werden.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Die Berufung bleibt deswegen ohne Erfolg, weil sich die Klage gegen die (Mit-) Gesellschafter hätte richten müssen und nicht gegen die beklagte Komman­ditgesellschaft selbst erhoben werden durfte.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Es entspricht einhelliger Rechtsprechung und Schrifttumsansicht, daß die Klage auf Feststellung der Nichtigkeit eines Gesellschafterbeschlusses bei einer Personenhandelsgesellschaft in der Regel ge­gen die Mitgesellschafter erhoben werden muß (vgl. BGHZ 30, 195, 197; BGHZ 48, 175, 176; BGHZ 81, 263, 265; BGHZ 85, 351, 353; BGH WM 1966, 1036; Baum bach-Duden-Hopt, HGB, 27. Aufl., § 124 Anm. 6 H; Fischer in: Großkommentar zum HGB, 3. Aufl., § 119 Anm. 18). Dieser Ausgangspunkt -- dem auch der Senat folgt - findet seine Begründung darin, daß es die Mitgesellschafter sind, die den Beschluß gefaßt ha ben und deren Rechte und Pflichten von der Wirksam­keit oder Unwirksamkeit des Beschlusses berührt werden (BGH WM 66, 1036); der den personellen Be­stand berührende Anspruch steht nicht zur Disposi­tion der Gesellschaft und entfaltet ihr gegenüber keine Rechtskraftwirkung (BGHZ 48, 177; 81, 265).</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts­hofs (zuletzt BGHZ 85, 350, 353) ist allerdings die Zulässigkeit einer abweichenden Regelung im Gesell­schaftsvertrag zu bejahen, nach der die Klage gegen die Gesellschaft zu richten ist. In einem solchen Fall hätte ein zwischen dem klagenden Gesellschaf­ter und der Gesellschaft ergangenes Urteil wenig­stens die Folge, daß die übrigen Gesellschafter schuldrechtlich verpflichtet sind, sich an die Ent­scheidung zu halten (BGH WM 66, 1036).</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Hierauf beruft sich vorliegend die Klägerin unter Bezugnahme auf § 12 des Gesellschaftsvertrages vom 12.06.1970 ohne Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Diese Bestimmung ist weder von ihrem eigenen Wort­laut her noch in Verbindung mit § 13 der Satzung der Komplementär-GmbH als eine vertragliche Rege­lung zu verstehen, der zu entnehmen ist, daß sich die Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit eines Ausschließungsbeschlusses gegen die Gesellschaft und nicht gegen die Gesellschafter zu richten hat.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Ungeachtet des auf die Personenhandelsgesellschaft nicht passenden Begriffes der Anfechtung besagt § 12 des Gesellschaftsvertrages der KG (ebensowenig wie § 13 der Satzung der Komplememtär-GmbH) etwas über die Person des Verfahrensgegners. Daß dies die Gesellschaft sein soll, ist dem Wortlaut nicht zu entnehmen, so daß es bei den allgemeinen Regelungen verbleiben muß. Zwar verweist die Klägerin darauf, daß der Begriff der Anfechtung etwa dem Aktienrecht entnommen sei; dort findet sich in § 246 Abs. 2 Ak­tienG in der Tat die Regelung, daß die Klage gegen die Gesellschaft zu richten ist. Die Argumentation der Klägerin, daß sich hieraus auch § 12 Abs. 1 Satz 2 des Gesellschaftsvertrages der Beklagten erkläre, wird aber der rechtlichen Situation bei der Personenhandelsgesellschaft nicht gerecht. Da hier keine Anfechtung, sondern nur eine Feststel­lung der Unwirksamkeit des Gesellschafterbeschlus­ses in Betracht kommt (vgl. Fischer in: Großkommen­tar, § 119 Anm. 18), lassen sich Parallelen zum Recht der Aktiengesellschaft oder auch zum Recht der GmbH nicht ziehen. Dort beseitigt eine er­folgreiche Anfechtungsklage den Beschluß und bindet somit Gesellschaft und Aktionäre/Gesellschafter gleichermaßen in jeder Hinsicht. Bei der Personen­handelsgesellschaft hingegen können Streitigkeiten über den personellen Bestand mit Rechtskraftwirkung nur zwischen den Gesellschaftern entschieden werden (BGHZ 30, 195; BGHZ 48, 176). Selbst bei einer Per­sonenhandelsgesellschaft, deren Gesellschaftsver­trag ausnahmsweise die Feststellungsklage auf Nich­tigkeit eines Gesellschafterbeschlusses gegen die Gesellschaft vorsieht, sind nach einem obsiegenden Urteil des klagenden Gesellschafters die übrigen Gesellschafter nur schuldrechtlich verpflichtet (BGH WM 66, 1036), sich an die Entscheidung zu hal­ten.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Unter Berücksichtigung dieses grundlegenden Unter­schiedes bleibt zwar nicht recht verständlich, wel­chen Zweck die Regelung in Satz 2 von § 12 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages der Beklagten verfolgen soll. Zumindest ist die Regelung aber nicht eindeu­tig, so daß in Ansehung des Wortlauts des Gesellschaftsvertrages auch nicht davon ausgegangen wer- den kann, daß die Gesellschafter wenigstens bei Gründung der Beklagten den Willen gehabt hätten, eine Klage gegen die Gesellschaft zu regeln. Hätte man ausdrücklieh bestimmen wollen, daß sich die Feststellungsklage gegen die Gsellschaft zu rich­ten hat, wäre das unschwer durch eine klare Formu­lierung möglich gewesen. Des Beweisantritts der Be­klagten dazu, bei Abschluß des Gesellschaftsvertra­ges hätten die Gesellschafter, auch mangels Beleh­rung durch den Notar, keine Abweichung von der Rechtslage in ihre Willensbildung aufgenommen, be­darf es folglich nicht.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Das Ergebnis, daß dem Gesellschaftsvertrag keine Regelung entnommen werden kann, wonach die Klage gegen die Gesellschaft zu richten ist, erfährt auch keine andere Beurteilung durch den Hinweis der Klä­gerin auf den Inhalt der Entscheidung BGH WM 6(, 1036. Zutreffend ist zwar, daß auch die Entschei­dung des Bundesgerichtshofs einen Fall betraf, in dem im Gesellschaftsvertrag von einer Anfechtung binnen einer bestimmten Frist die Rede war und Wor­te wie "gegen die Gesellschaft zu richten" o.ä. fehlten. Die Urteilsgründe des BGH enthalten jedoch keine eigene Entscheidung dazu, ob eine Klausel mit der bloßen Formulierung "angefochten" eine Klage gegen die Gesellschaft rechtfertigt. Vielmehr hat der BGH unter Hinweis auf die grundsätzliche Zuläs­sigkeit einer abweichenden Regelung im Gesell­schaftsvertrag lediglich darauf hingewiesen, daß das Berufungsgericht den Gesellschaftsvertrag dahin "ausgelegt" habe, daß Gesellschafterbeschlüsse durch Klage gegen die Gesellschaft "anzufechten" seien (WM 66, 1036) und daß das innerhalb der Gren­zen einer tatrichterlichen Würdigung liege, womit diese Auslegung des Berufungsgerichts der revi­sionsrechtlichen Nachprüfung entzogen sei (a.a.O. S. 1037). Eine eigene Sachentscheidung des Bundes­gerichtshofs, daß aus dem Wort Anfechtung auf die Notwendigkeit einer Klage gegen die Gesellschaft statt gegen die Gesellschafter geschlossen werden müsse, ist dem nicht zu entnehmen und auch aus der sonstigen Rechtsprechung des BGH, soweit bekannt, nicht ersichtlich.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Auch auf der Gesellschafterversammlung vom 22.12.1987 kann keine Vereinbarung getroffen worden sein, wonach die Klage auf Feststellung der Unwirk­samkeit des Gesellschafterbeschlusses in Abweichung von dem für: die Personenhandelsgesellschaft gel­tenden Normalfall gegen die Gesellschaft selbst er­hoben werden sollte.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Dabei bleiben letztlich einige Widersprüche dahin­gestellt, die insoweit dem Vorbringen der Klägerin anhaften dürften. Die zweitinstanzlichen Behauptun­gen dazu, daß Rechtsanwalt Dr. E. am 22.12.1987 ausdrücklich um einen Gesellschafter­beschluß für nur einen einzigen Prozeß vor einem einzigen Gericht und gegen die Gesellschaft gebeten und dabei Zustimmung erfahren habe, sind nicht nur schwer damit vereinbar, daß - so die vom Senat al­lerdings nicht geteilte Auslegung der Klägerin -sich ohnehin aus dem Gesellschaftsvertrag die Mög­lichkeit der Klage allein gegen die Gesellschaft ergebe. Diese Behauptungen finden auch keine Bestä­tigung im Wortlaut des Protokolls der Gesellschaf­terversammlung (Anlagenhefter Bl. 53). Sie sind in dieser Form nicht einmal in den Änderungswünschen der Klägerin vom 21.01.1988 zu diesem Protokoll (B1. 133 d. A.) enthalten, die mit Schreiben des Rechtsanwalts A. vom 04.05.1988 (B1. 135 d. A.) zurückgewiesen worden sind.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Eine Beweisaufnahme über die tatsächlichen Äußerun­gen ist nicht veranlaßt, weil die Berufung auch nach der von der Klägerin gegebenen Darstellung keinen Erfolg hätte. Es ist schon fraglich, ob der Grundsatz, daß die Klage auf Feststellung der Nich­tigkeit eines Gesellschafterbeschlusses gegen die Mitgesellschafter zu erheben ist, überhaupt durch einen bloßen späteren Gesellschafterbeschluß statt durch eine Regelung im Gesellschaftsvertrag selbst durchbrochen werden kann. Wegen der weitreichenden Auswirkungen einer solchen späteren Beschlußfassung für den Einzelfall - wenn die Gesellschaft zu ver­klagen ist, könnte sich keiner der Gesellschafter gesondert im Rechtsstreit gegen die Klage verteidi­gen - käme einem solchen Beschluß jedenfalls aber satzungsändernder Charakter zu. Daher hätte eine solche Beschlußfassung vorab in die Tagesordnung aufgenommen werden müssen, die bei der Einberufung von Gesellschafterversammlungen mitzuteilen ist <em>(§</em> 10 Abs. 1 Satz 3 der Satzung der W. Verlagsgesell­schaft Verwaltung GmbH in Verbindung mit § 10 letz­ter Absatz des Gesellschaftsvertrages der Beklag­ten).</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Zutreffend weist das Landgericht in dem angefochte­nen Urteil auch darauf hin, daß ein Gesellschafter (N1 I. Verlag) auf der Versammlung vom 22.12.1987 nicht anwesend und auch nicht durch ei­nen anderen Gesellschafter vertreten war. Auch wenn gemäß § 10 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags für dessen Änderung eine Mehrheit von 3/4 der anwesen­den Stimmen ausreichend ist, so wird doch auch hierdurch die Notwendigkeit der Vorabankündigung der von der Klägerin behaupteten Beschlußfassung nicht entbehrlich, damit jeder Gesellschafter zu­mindest die Möglichkeit hat, sein Anwesenheitsrecht wahrzunehmen und in der Aussprache und Abstimmung mit auf die Entschließung der übrigen Gesellschaf­ter Einfluß zu nehmen. Im vorliegenden Fall war aber mit der Einladung zu der Gesellschafterver­sammlung vom 22.12.1987 zu Tagesordnungspunkt 6 le­diglich angekündigt worden der "Gesellschaftersta­tus des V. Verlages". Die von der Klägerin behaupteten Abreden über eine etwaige Prozeßführung ergaben sich erst unvermutet im Anschluß an den Ausschließungsbeschluß.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">c)</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Der Gesellschafterversammlung vom 22.12.1987 nach­folgende Vereinbarungen der beiderseitigen Rechts­berater über eine gegen die beklagte KG zu richten­de Klage hätten erst recht nicht wirksam sein kön­nen und sind auch nicht festzustellen.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin verweist ohne Erfolg auf das Schreiben des Rechtsanwalts Dr. E. vom 26.01.1922 (BI. 49 d. A.) und die Antwort des Rechtsanwalts A. vom 02.02.1988 (91. 51 d. A.). Den Anwälten beider Seiten ist es verwehrt, Beschlüsse über Gegenstände zu fassen, die den Gesellschaftern im Gesell­schaftsvertrag und allenfalls unter strengen sat­zungsändernden Voraussetzungen in einer Gesell­schafterversammlung vorbehalten sind. Auch war der Klägerin aus dem Schreiben des Geschäftsführers der Beklagten vom 19.01.1988 (B1. 101 d. A.) bekannt, daß Rechtsanwalt A. im Auftrage der beiden Ge­sellschaften handelte und nicht etwa die einzelnen Mitgesellschafter vertrat; nur die Gesellschafter selbst aber können sich ihrer Rechte an einer Pas­sivbeteiligung in einem etwaigen Rechtsstreit bege­ben. Auch Rechtsanwalt Dr. E. war ausweis­lich des ersten Absatzes seines Schreibens vom 26.01.1988 bekannt, daß Rechtsanwalt A. die beiden Gesellschaften vertrat. Damit ist schon sein eigener Vorschlag in dem Schreiben vom 26.01.1988 lediglich dahin zu verstehen, daß es um die nage ging, ob ein und/oder zwei Verfahren bezüglich des Ausschlusses aus der KG und des Ausschlusses aus der GmbH nötig waren und welcher Gerichtsstand maß­geblich sein sollte; die Frage der Person des rich­tigen Beklagten bezüglich der KG - die Sache der Gesellschafter war war somit nicht angesprochen. Demgemäß ging auch die Antwort des Rechtsanwalts A. vom 02. 2.1988, daß "Einvernehmen dahinge­hend besteht, daß nur ein Rechtsstreit durchgeführt wird, und zwar vor dem Landgericht Köln gegen die W. Verlagsgesellschaft mbH & Co.KG", ersichtlich nur von dieser Basis aus (wofür vor allem auch der zweite Absatz dieses Schreibens spricht) und er­streckte sich nicht auf die ganz andere Frage, ob nicht in Wirklichkeit statt der KG deren Gesell­schafter verklagt werden müßten.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">d)</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Da eine Vereinbarung, daß die Gesellschaft zu ver­klagen ist, weder am 22.12.1987 auf der Gesell­schafterversammlung noch in nachfolgenden Verhand­lungen getroffen worden sein kann, greift auch die Argumentation der Klägerin zu einem rechtsmiß­bräuchlichen Verhalten der Beklagten in diesem Ver­fahren nicht durch.</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">3.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbar­keit ergeht gemäß §§ 703 Nr. 10, 711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Berufungsstreitwert und Beschwer der Klägerin: 100.000,00 DM.</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">(*1) und (*2):</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Am 29.03.1989 erging folgender Berichtigungsbeschluss:</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">wird das Urteil des Senats vom 1. Februar 1989 gemäß § 319 ZPO dahin <u>berichtigt,</u></p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">daß es im Tatbestand</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">1. auf Seite 8 3. Zeile der Ausfertigungen (= Seite 7 letzte Zeile der Urschrift) statt "Beklagte" richtig heißen muß <u>"Klägerin";</u></p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks"><img src="24_U_250_08_Urteil_19890201_0.png" alt="Die Entscheidung enthält an dieser Stelle ein Bild oder eine Grafik." height="6" width="5" />2. auf Seite 13 9. Zeile der Ausfertigungen wie der Urschrift statt "und V." richtig heißen muß "und <u>A.".</u></p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Gründe :</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">Bei den fehlerhaften Stellen liegen offenbare Unrichtigkeiten im Sinne des § 319 Abs. 1 ZPO zugrunde. Die erste Berichtigung be­trifft den streitigen Sachvortrag der Klägerin. Die zweite Berichtigung hat gleichfalls einen offensichtlichen Schreib­fehler zum Gegenstand, wie sich bereits aus der richtigen Namensbezeichnung "Rechtsanwalt A." drei Zeilen weiter ergibt.</p>
|
315,281 | olgham-1989-01-26-1-ws-35488 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
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} | 1 Ws 354/88 | "1989-01-26T00:00:00" | "2019-03-13T14:51:22" | "2022-10-18T15:08:41" | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1989:0126.1WS354.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der Antrag wird als unbegründet verworfen.</p>
<p></p>
<p>Die Antragstellern trägt die Kosten des Verfahrens und die dem Beschuldigten im gerichtlichen Verfahren entstandenen notwendigen Auslagen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Gründe:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Anzeigeerstatterin veröffentlicht in der Sex-Zeitung xxx, in denen sie Männern anbietet, mit ihnen gegen Entgelt telefonische Sexgespräche zu führen (von der Anzeigeerstatterin genannt "Beratungsgespräche mit erotischem Inhalt"). Von diesem Angebot machte der Beschuldigte Gebrauch, zahlte aber anschließend nicht das vereinbarte Entgelt von 50,-- DM. Das nahm die Anzeigeerstatterin zum Anlaß, gegen den Beschuldigten Strafanzeige wegen Betruges zu erstatten. Das hierauf eingeleitete Ermittlungsverfahren hat die Staatsanwaltschaft Münster mit Bescheid vom 21. September 1988 eingestellt. Die von der Anzeigeerstatterin dagegen rechtzeitig eingelegte Beschwerde hat der Generalstaatsanwalt in Hamm am 3. November 1988 zurückgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Hiergegen richtet sich der Antrag der Anzeigeerstatterin auf gerichtliche Entscheidung.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Dieser, in zulässiger Weise gestellte, Antrag ist unbegründet. Der Beschuldigte hat keinen Betrug dadurch begangen, daß er die Anzeigeerstatterin um den vereinbarten Lohn geprellt hat. Der zwischen der Anzeigeerstatterin und dem Beschuldigten geschlossene Vertrag ist nichtig, da er gegen die guten Sitten verstößt (§ 138 Abs. 1 BGB). Wenn sich ein Vertragspartner der Verpflichtung aus einem solchen nichtigen Rechtsgeschäft entzieht, hat er schon deshalb keinen Betrug im Sinne von § 263 StGB begangen, weil sich das Strafrecht in Widerspruch zur übrigen Rechtsordnung setzen würde, wenn es im Rahmen des Betrugstatbestandes nichtigen Ansprüchen Schutz gewährte, die aus verbotenen oder unsittlichen Rechtsgeschäften hergeleitet werden (BGH NJW NSTZ 1987, 407).</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Wie der Bundesgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, verstößt auch nach heutiger Auffassung die Gewährung von Geschlechtsverkehr gegen Entgelt gegen die guten Sitten (BGH a.a.O. m.w.H.). Das gilt auch, wenn sich jemand, wie die Anzeigeerstatterin, bereit findet, telefonische Sexgespräche gegen Entgelt zu führen. Die Sittenwidrigkeit ist deswegen anzunehmen, weil über die vom BGH entschiedenen Fälle hinaus jegliche Rechtsgeschäfte, die zu einem geschlechtlichen Verhalten gegen Entgelt verpflichten, nach wie vor als sittenwidrig anzusehen sind (Münch. Komm. z. BGB, 2. Aufl., § 138 Rdn. 50). Die von der Anzeigeerstatterin angebotene Leistung ist in diesem Sinne als ein geschlechtliches Verhalten anzusehen, da ihre Worte zweifellos zur sexuellen Erregung des Gesprächspartners führen sollten.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Anzeigeerstatterin ist nicht dahingehend zu folgen, daß die von ihr gegen Entgelt angebotenen Sexgespräche eher dem Verleih oder der Aufführung "scharfer" Filme oder dem Verkauf pornographischer Schriften gleichzuachten ist als der Prostitution, und daß deswegen der von ihr geschlossene Vertrag nicht als sittenwidrig gelten kann. Es braucht hier nicht entschieden zu werden, ob, entgegen der Ansicht der Anzeigeerstatterin, nicht auch diese von ihr angeführten Rechtsgeschäfte unter § 138 Abs. 1 BGB fallen (vgl. hierzu Münch. Komm. a.a.O., Rdn. 52). Jedenfalls ist das von der Anzeigeerstatterin in den xxx angebotene Verhalten weit eher in der Nähe der Prostitution einzuordnen, da sie bereit ist, gegen Entgelt mit eigener Person Gesprächspartner sexuell aufzureizen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Demgemäß war der Antrag als unbegründet zu verwerfen, da kein genügender Anlaß zur Erhebung einer öffentlichen Klage gegen den Beschuldigten besteht (§ 174 StPO).</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf § 177 StPO.</p>
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315,283 | olgham-1989-01-23-3-ws-3989 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 3 Ws 39/89 | "1989-01-23T00:00:00" | "2019-03-13T14:51:24" | "2022-10-18T15:08:41" | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1989:0123.3WS39.89.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Beschwerdeführers als unzulässig verworfen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Durch den angefochtenen Beschluß hat die Strafvollstreckungskammer die dem Verurteilten durch Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 3. November 1986 bewilligte Strafaussetzung zur Bewährung widerrufen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Verurteilten.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Das Rechtsmittel ist gemäß § 453 Abs. 2 S. 2 StPO statthaft, es ist jedoch nicht rechtzeitig eingelegt worden.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Beschluß ist dem Beschwerdeführer mit Rechtsmittelbelerung ausweislich der Akten am 16. Dezember 1988 selbst in der Justizvollzugsanstalt Bielefeld-Brackwede II zugestellt worden. Die sofortige Beschwerde, die gemäß §§ 311 Abs. 2, 35 Abs. 2 StPO innerhalb einer Woche seit der Zustellung einzulegen gewesen wäre, hätte daher nach § 43 Abs. 1 StPO spätestens bis zum 23. Dezember 1988 bei dem Landgericht Bielefeld eingehen müssen. Sie ist aber tatsächlich erst am 27. Dezember 1988, also verspätet, dort eingegangen. Das Rechtsmittel mußte daher mit der sich aus § 473 Abs. 1 StPO ergebenden Kostenfolge als unzulässig verworfen werden.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Es besteht kein Anlaß, dem Beschwerdeführer von Amts wegen Gelegenheit zur Stellung eines Gesuchs um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde zu geben, da das Rechtsmittel auch aus sachlichen Gründen keine Aussicht auf Erfolg geboten haben würde.</p>
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315,284 | olgham-1989-01-20-5-uf-43388 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 5 UF 433/88 | "1989-01-20T00:00:00" | "2019-03-13T14:51:25" | "2022-10-18T15:08:41" | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1989:0120.5UF433.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der angefochtene Beschluß wird abgeändert.</p>
<p></p>
<p>Die im Hause xxx in xxx im zweiten und dritten Stockwerk gelegene Ehewohnung wird für die Zeit ab 1. Mai 1989 dem Antragsteller zur alleinigen Benutzung zugewiesen. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, die Wohnung zu dem genannten Zeitpunkt zu räumen und an den Antragsteller herauszugeben. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Für die erste Instanz verbleibt es bei der Kostenentscheidung im angefochtenen Beschluß. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden geteilt; außergerichtliche Kosten werden insofern nicht erstattet.</p>
<p></p>
<p>Der Beschwerdewert beträgt 3.600,-- DM.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Gründe</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Antragsteller begehrt im vorliegenden Verfahren die Zuweisung der Ehewohnung gemäß § 1361 b I BGB.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Parteien haben einander am 04.06.1986 geheiratet. Sie leben seit dem 27.11.1987 getrennt. Für den Antragsteller ist es die zweite Ehe, für die Antragsgegnerin die dritte. Die Ehe ist kinderlos. Die Antragsgegnerin bewohnt weiterhin die bisherige eheliche Wohnung xxx, deren Eigentümer schon seit vor der Heirat der Antragsteller ist.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Antragsteller wohnt seit der Trennung vorübergehend bei seinen Eltern, ebenfalls in xxx. Er hat aus erster Ehe das Sorgerecht für seinen 1979 geborenen Sohn, der derzeit ebenfalls bei den Eltern des Antragstellers wohnt. Der Antragsteller ist Lehrer, die Antragsgegnerin kaufmännische Angestellte, aber zur Zeit arbeitslos.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Antragsteller hat behauptet, die Antragsgegnerin habe ihn unter Alkoholeinfluß tätlich belästigt. Sie habe ihn am 18.11.1987 mit einem Bajonett bedroht und am 25.11.1987 versucht, die Tür zu seinem Arbeitszimmer aufzubrechen. Sie nehme im Übermaß Alkohol zu sich.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Er hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">1. die im Haus xxx gelegene Ehewohnung ihm zur alleinigen Benutzung zuzuteilen,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">2. der Antragsgegnerin aufzugeben, die gemeinsame Ehewohnung zu räumen und ihm zum Alleinbesitz zu übertragen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Antragsgegnerin hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">den Antrag zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat nach Beweisaufnahme durch eidliche Parteivernehmung der Antragsgegnerin durch Beschluß vom 27.07.1988 den Zuweisungsantrag des Antragstellers zurückgewiesen und ihm die Kosten auferlegt. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, die Voraussetzungen gemäß § 1361 b I 1 BGB lägen nicht vor, da der Antragsteller nicht bewiesen habe, daß die Antragsgegnerin ihn im November 1987 bedroht habe. Vielmehr sei die Darstellung der Antragsgegnerin, die sie bei ihrer eidlichen Parteivernehmung erhärtet habe, glaubhaft, daß sie aus Sicherheitsgründen zum Schutz des Antragstellers bestimmte Gegenstände an sich genommen habe, u.a. ein Bajonett.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der Antragsteller hat zwischenzeitlich Strafanzeige gegen die Antragsgegnerin wegen des Verdachtes des Meineides gestellt.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Er trägt nunmehr vor, daß die Aussage der Antragsgegnerin bei ihrer Parteivernehmung als völlig unglaubhaft anzusehen sei, und er ist der Ansicht, daß das erstinstanzliche Gericht die Aussage falsch gewertet habe. Außerdem sei seine Stellung als Alleineigentümer nicht hinreichend berücksichtigt worden.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Antragsteller beantragt nunmehr,</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses die im Hause xxx in xxx im 2. und 3. Stockwerk gelegene Ehewohnung ihm zur alleinigen Benutzung zuzuweisen und der Antragsgegnerin aufzugeben, die Ehewohnung zu räumen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Antragsgegnerin beantragt nunmehr, </p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Beschwerde zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Sie ist der Ansicht, daß es sich gar nicht mehr um eine Ehewohnung handele. Außerdem fehle es an der gemäß § 1361b I 1 BGB erforderlichen "schweren Härte" zu Gunsten des Antragstellers, da er "bequem und kostenlos" bei seinen Eltern lebe, während sie - die Antragsgegnerin - infolge ihrer Arbeitslosigkeit nicht die Miete für eine andere Wohnung aufbringen könne.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Schließlich tritt sie der angeblichen Unglaubhaftigkeit ihrer erstinstanzlichen Aussage entgegen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten sowie auf die beigezogene Scheidungsakten 14 F 204/88 und die Unterhaltsakten 14 F 15/88, beide beim Amtsgericht Iserlohn, verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die gemäß § 621 e ZPO zulässige Beschwerde hatte in der Sache teilweise Erfolg. Die Ehewohnung war dem Antragsteller gemäß § 1361 b I 1, 2 BGB für die Zeit ab 1. Mai 1989 zuzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist: der Senat der Ansicht, daß es sich um die Ehewohnung der Parteien handelt. Diesen Charakter hat sie im Sinne des § 1361 b I 1 BGB nicht dadurch verloren, daß der Antragsteller bereits am 27.11.1987 zu seinen Eltern gezogen ist. Zwar setzt § 1361 b I 1 BGB voraus, daß es sich um eine gemeinsame Wohnung der Eheleute handeln muß; </p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">ebs. Palandt-Diederichsen, BGB, 48 Aufl., § 1361b Anm. 2a.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Abzustellen ist aber insoweit auf den Zeitraum vor dem Getrenntleben und nicht auf den derzeitigen Zeitpunkt des Getrenntlebens;</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">ebs. Palandt-Diederichsen a.a.O. Anm. 2b.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Eine anderweitige Auslegung würde auch dem Sinn und Zweck des § 1361 b I 1 3G8 zuwiderlaufen, der ausdrücklich in seiner ersten Alternative auch eine Zuweisung der Ehewohnung unter bereits getrennt lebenden Ehegatten zuläßt. Würde man annehmen, daß es sich dann schon nicht mehr um eine Ehewohnung im Sinne des § 1361 b I 1 BGB handele, so würde diese Alternative praktisch leerlaufen.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Es war notwendig, dem Antragsteller die Ehewohnung zur alleinigen Nutzung ab 1. Mai 1989 zuzuweisen, um eine schwere Härte für ihn zu vermeiden. Zwar handelt es sich bei dem Begriff "schwere Härte" in § 1361 b I 1 BGB um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich ausgelegt worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">Zum Meinungsstand vgl. KG FamRZ 1987, 850 f.; ferner Brudermüller FamRZ 1987, 109 (113); Palandt-Diederichsen a.a.O. Anm. 2c; Voelskow in Johannsen-Henrich, Eherecht, § 1361 b Rz. 10 f.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Einigkeit besteht darüber, daß die Eingriffsschwelle bei § 1361 b I 1 BGB hoch anzusetzen ist, wobei streitig ist, wie hoch sie anzusetzen ist.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Am überzeugendsten hat nach Auffassung des Senats das Kammergericht in der o.a. Entscheidung die Eingriffsschwelle der "schweren Härte" dahingehend ausgelegt, daß aufgrund außergewöhnlicher Umstände ausnahmsweise die Wohnungszuweisung - unter Berücksichtigung auch der Belange des anderen Ehegatten - dringend erforderlich sein muß, um eine unerträgliche Belastung des die Zuteilung begehrenden Ehegatten abzuwenden.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Denn das Kammergericht hat den Begriff der "schweren Härte" unter Berücksichtigung der Meinungsverschiedenheiten in Rechtsprechung und Literatur nach der klassischen Auslegungsmethode differenzierend zwischen Wortsinn, Bedeutungszusammenhang des Gesetzes, der Regelungsabsicht, dem Zweck und der Normenvorstellung des Gesetzgebers ausgelegt und definiert.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Der Senat sieht es als eine unerträgliche Belastung für den Antragsteller an, wenn ihm nicht zumindest ab 1. Mai 1989 die Ehewohnung zugeteilt wird, weil aufgrund der noch auszuführenden außergewöhnlichen Umstände - auch unter Berücksichtigung der Belange der Antragsgegnerin - die Zuteilung ab 1. Mai 1989 dringend erforderlich ist.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Bei der hier vorzunehmenden Interessenabwägung war zunächst zu berücksichtigen, daß eine Aufteilung der Wohnung für beide Parteien schon nach den Feststellungen des erstinstanzlichen Gerichts, die dem Senat keinen Anlaß zu erneuter Überprüfung geben, nicht möglich war. Aber selbst wenn eine solche tatsächlich möglich gewesen wäre, so wäre eine gemeinsame Zuteilung der Ehewohnung aufgrund des gestörten Verhältnisses der Parteien untragbar gewesen. Denn die Antragsgegnerin hat unmißverständlich im Senatstermin vom 20.01.1989 gegenüber dem Senat zum Ausdruck gebracht, daß sie mit dem Antragsteller "auch nicht eine Minute noch unter einem Dach leben möchte". Es kann insofern dahingestellt bleiben, ob es zu den behaupteten Tätlichkeiten am 18.11.1987 und 26.11.1987 gekommen ist und ob insoweit die erstinstanzliche Aussage der Antragsgegnerin unglaubhaft war oder nicht. Der Senat konnte jedenfalls aufgrund der gegebenen Umstände nur einer Partei die Wohnung zuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Von entscheidender Bedeutung fiel aber weiter ins Gewicht, daß der Antragsteller bereits vor Beginn der Ehe Alleineigentümer der Wohnung war und auch noch ist. Dies war gemäß § 1361b I 2 BGB im Rahmen der Abwägung besonders zu berücksichtigen und zwar in der Weise, daß in gewissem Rahmen die Eingriffsschwelle der "schweren Härte" zugunsten des Antragstellers herabzusetzen war. Dabei mußten nicht noch besondere Voraussetzungen hinzutreten, wie dies vereinzelt in der Literatur gefordert wird;</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">vgl. Voelskow in Johannsen-Henrich a.a.O. Rz. 12.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Es reicht für die Herabsetzung der Eingriffsschwelle allein die dringliche Rechtsposition als Eigentümer aus;</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">ebs. Palandt-Oiederichsen a.a.O. Anm. 2c. am Ende.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Ferner spielte das Zeitmoment im Rahmen der Abwägung eine dominierende Rolle. So lebte der Antragsteller seit der Trennung am 27.11.1987 - also seit ca. 14 Monaten - mit seinem ca. 10jährigen Sohn, für den er das Sorgerecht hat, bei seinen Eltern, obwohl er Eigentümer der o.a. Wohnung ist und dafür monatlich mehr als 2.000,-- DM aufwenden muß. Ein Teil dieser Aufwendungen dient zwar der Zins- und Darlehenstilgung zur Eigentumsverschaffung, das Eigentum stand ihm aber insoweit während der bisherigen Trennungszeit nicht zur Verfügung. Schließlich muß ein nicht unerheblicher Teil der Aufwendungen zur Unterhaltung der Wohnung zugunsten der Antragsgegnerin aufgewandt werden (Strom, Wasser, Heizung etc.), obwohl diese Wohnung eigentlich für ihre Verhältnisse viel zu groß ist.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Auf der anderen Seite standen aber auch die Belange der Antragsgegnerin entgegen, dem Antragsteller die Wohnung sofort zuzuteilen. Die Antragsgegnerin verfügt derzeit nämlich über kein ausreichendes Einkommen, um eine eigene Wohnung anzumieten. Sie muß nach ihren glaubhaften Angaben von monatlich DM 350,-- aus einer Putztätigkeit leben, weil das Scheidungs- und das Trennungsunterhaltsverfahren noch nicht abgeschlossen sind.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Es kann ihr zwar auf Dauer zugemutet werden, entweder ihre Erwerbstätigkeit auszuweiten und sich um eine eigene Wohnung zu bemühen oder aber zumindest, eine Sozialwohnung in Anspruch zu nehmen. Dafür muß ihr jedoch ein angemessener Zeitraum belassen werden. Bei der Bemessung dieses Zeitraumes muß der Senat allerdings berücksichtigen, daß die Antragsgegnerin bereits seit ca. 14 Monaten die für sie verhältnismäßig große Wohnung allein bewohnt und entsprechende Bemühungen um eine andere Wohnung bis heute nicht unternommen hat. Insoweit hält der Senat einen Zeitraum von nunmehr noch mehr als drei Monaten als ausreichend für die Antragsgegnerin, sich um eine entsprechende Wohnung zu bemühen und die Wohnung des Antragstellers zu räumen.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 20 S. 1 HausrVO. Zwar bestimmt § 18 a HausrVO nur die "vorstehenden Verfahrensvorschriften" auf das Zuteilungsverfahren gemäß § 1361 b BGB für anwendbar. Aus der Eigenart des Zuteilungsverfahrens bildet sich aber in Rechtsprechung und Lehre hinsichtlich der Kosten die Auffassung heraus, daß die §§ 20 ff. HausrVO entsprechend angewandt werden,</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">so KG a.a.O. S. 851 mit weiteren Nachweisen,</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">weil sie der Zuteilung der Ehewohnung während des Getrenntlebens gerechter werden, als die allgemeinen Bestimmungen der Kostenordnung und des FGG;</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">so schon BaObLG FamRZ 1961, 220.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Gemäß § 20 S. 1 HausrVO waren die Kosten nach billigem Ermessen des Senats zu verteilen. Dabei wurden u.a. der Ausgang des Verfahrens und die wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien berücksichtigt;</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">so auch KG a.a.O. S. 851.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Da dem Zeitfaktor ein wesentliches Gewicht bei der Entscheidung zukam und die Beschwerde erst infolge des Zeitablaufs für begründet erachtet wurde, konnte es bei der erstinstanzlichen Kostenentscheidung belassen werden. Bei der Verteilung der Kosten des Beschwerdeverfahrens war der Umfang der Begründetheit der Beschwerde zu berücksichtigen.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Der Beschwerdewert war mit dem 6fachen des monatlichen Mietwertes anzusetzen,</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">vgl. KG a.a.O. S. 852 und KG FamRZ 1988, 98,</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">bei einem monatlichen Mietwert von 600,-- DM somit mit 3.600,-- DM.</p>
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315,285 | lg-kleve-1989-01-17-6-s-31188 | {
"id": 811,
"name": "Landgericht Kleve",
"slug": "lg-kleve",
"city": 445,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 6 S 311/88 | "1989-01-17T00:00:00" | "2019-03-13T14:51:27" | "2022-10-18T15:08:40" | Urteil | ECLI:DE:LGKLE:1989:0117.6S311.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Geldern vom 21. Juli 1988 abgeändert.</p>
<p></p>
<p>Der Antrag der Verfügungsklägerin auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung wird insgesamt zurückge-wiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Verfü-gungsklägerin.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Tatbestand</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien sind unmittelbare Grundstücksnachbarn zweier von ihnen bewohnter Hausgrundstücke in Geldern-Kapellen. Die Verfügungsbeklagte hält auf ihrem Grundstück einen Hahn.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Verfügungsklägerin behauptet:</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Sie werde durch das Krähen des Hahnes in ihrer Nachtruhe erheblich gestört. Der Hahn beginne bereits kurz nach 3.00 Uhr morgens in unregelmäßigen Abständen zu krähen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Sie hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:25px">der Verfügungsbeklagten bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 5.000,-- DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Wochen für jeden Fall der Zuwiderhandlung, aufzugeben, es zu unterlassen, daß die Verfügungsklägerin in der Zeit von 3.00 Uhr bis 6.00 Uhr und von 13.00 Uhr bis 14.00 Uhr durch Hahnenschreie in der Nutzung des Grundstückes An het Hagelkruys 55, 4170 Geldern 2, gestört wird </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Verfügungsbeklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:25px">den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat unter Zurückweisung des weitergehenden antrages - dem Verfügungsbegehren durch Urteil vom 21. Juli 1988 insoweit stattgegeben, als damit die Unterlassung von Störungen in der Zeit zwischen 3.00 Uhr bis 6.00 Uhr morgens beantragt ist. Zur Begründung hat es ausgeführt; Das Krähen des Hahnes während der Nacht- und frühen Morgenstunden stelle eine wesentliche Beeinträchtigung des Grundstücks der Verfügungsklägerin dar4,Unterlassung auch für die Zeit von 13.00 Uhr bis 14.00 Uhr nachmittags könne dagegen nicht begehrt werden, da sich die Verfügungsklägerin nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zu dieser Zeit ständig außer Haus aufhalte. </p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Mit der zulässigen Berufung erstrebt der Verfügungsbeklagte die völlig Zurückweisung des Verfügungsantrags</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist zulässig und in der Sache begründet. Der Verfügungsklägerin steht kein Anspruch auf Unterlassung hinsichtlich der vom Grundstück der Verfügungsbeklagten ausgehenden Hahnenschreie zu und zwar auch nicht für den in Rede stehenden Zeitraum zwischen3.00 Uhr und 6.00 Uhr morgens.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Allerdings wird das Grundeigentum der Verfügungsklägerin durch das frühmorgendliche Krähen des Hahnes der Verfügungsbeklagten beeinträchtigt. Dabei unterstellt die Kammer, daß der Hahn - je nach Sonnenaufgang - auch schon zwischen 3.00 Uhr und 6.00 Uhr morgens kräht, und daß dieser Lärm bei geöffnetem Fenster im Schlafzimmer der Verfügungsklägerin deutlich zu hören ist. Auch mag es sich bei den Tiergeräuschen schon wegen der sich aus der Unregelmäßigkeit des Hahnenkrähens ergebenden Lästigkeit - um eine wesentliche Beeinträchtigung i.S.d. § 906 Abs. 1 BGB handeln (vgl. zur sogenannten "Geräuscherwartung" RG Recht 1915 Nr. 2029 für Gänsegeschnatter einer Gänsefarm; OLG Hamburg MDR 1977, 492 für Vogelkreischen im großstädtischen Wohngebiet; BGH, Urteil vom 6. Juni 1969; V ZR 53/66; MDR 1969, 744, dort allerdings zum "'Erwartungsgeräusch" bei Operettenaufführungen auf einer Freilichtbühne; Münch.Komm./Säcker, BGB, 2. Auflage, § 906 Rdn. 54, 55 m.w.N.). Gleichwohl ist die Verfügungsklägerin zur Duldung des Tierlärms verpflichtet. In der von den Parteien bewohnten Gemeinde ist nämlich die Haltung von solchen Nutztieren - Hühnern, Enten - als ortsüblich anzusehen; auch können die hiermit verbundenen Beeinträchtigungen nicht mit wirtschaftlich zumutbaren Maßnahmen verhindert werden, § 906 Abs. 2 Satz 1 BGB. </p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Für die Beurteilung, ob eine Geräuschimmission als ortsüblich einzuschätzen ist, muß die Benutzung des störenden Grundstücks mit derjenigen andere Grundstückes des Bezirks verglichen</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">werden. Dabei ist auf die gewöhnliche, typische Benutzung vergleichbarer Grundstücke derselben Gegend abzustellen (vgl. Münch.Komm./Säcker, a.a.O., § 906 Rdn. 78, 81; Soergel/Baur, BGB, 11. Auflage, § 906 Rdn. 40, jeweils m.w.N.). In ländlichen Gebieten mit zahlreichen Tierhaltern muß es als ortsüblich hingenommen werden, wenn diese Tierhalter die daran gewöhnten Tiere (Hühner, Enten) frei umherlaufen lassen (vgl. OLG Oldenburg, VersR. 1976, 644; Münch.Komm./Säcker, a.a.O., § 906 Rdn. 101). Zeitliche Einschränkungen bestehen insoweit nicht.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Bei der von den Parteien bewohnten Gemeinde Geldern-Kapellen handelt es sich indessen um ein solches Gebiet. Der Ort liegt - wie gerichtsbekannt ist (§ 291 ZPO) - in ländlicher Umgebung des Niederrheins mit vorwiegender Agrarstruktur. Er weist trotz vorhandener Bebauung auch mit Ein und Zweifamilienhäusern immer noch dörflichen Charakter auf. In ihm ist weiter auch heute noch eine Nutztierhaltung und damit Hahnengeschrei und Hühnergegacker nichts Ungewöhnliches; auch die Verfügungsklägerin bestreitett nicht (§ 138 Abs. 3 ZPO), daß in unmittelbarer Nachbarschaft der Parteien weitere Hühner (wenngleich ohne Hahn) und Enten gehalten werden. </p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Abwehrmaßnahmen gegen das schon frühmorgendliche Hahnengeschrei sind der Verfügungsbeklagten schließlich nicht zuzumuten. Zu denken wäre hier allenfalls an eine nächtliche Aufbewahrung des Hahnes in einem schalldichten Stall. Der hiermit verbundene Kostenaufwand würde jedoch eine solche Nutztierhaltung völlig unrentabel werden lassen und damit inder Konsequenz zu einem weitgehenden Ende.einer soliden privaten Kleintierhaltung auch in ländlichen Gebieten führen. </p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Streitwert: 1.800,-- DM.</p>
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315,286 | lg-bonn-1989-01-13-18-o-17488 | {
"id": 804,
"name": "Landgericht Bonn",
"slug": "lg-bonn",
"city": 394,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 18 O 174/88 | "1989-01-13T00:00:00" | "2019-03-13T14:51:28" | "2022-10-18T15:08:40" | Urteil | ECLI:DE:LGBN:1989:0113.18O174.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger DM 10.324,12 nebst 4 % Zinsen seit dem 20.01.1988 zu zahlen. </p>
<p></p>
<p>Im übrigen wird die Klage abgewiesen. </p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 62 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 38 %. </p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von DM 15.000,-- und für die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von DM 5.000,-- vorläufig vollstreckbar. </p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Tatbestand:</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Am ##.##.19##, etwa gegen 20<i>.</i>20<i> </i>Uhr befuhr der Beklagte zu 1) mit seinem bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversicherten Pkw die Autobahn A ## in südlicher Richtung. Er verlor die Kontrolle über sein Fahrzeug. Es brach nach rechts aus und schleuderte über die rechte Fahrspur. Auf dem Seitenstreifen gelang es dem Beklagten zu 1), sein Fahrzeug noch vor dem Berühren der Leitplanke abzufangen, nach links zu lenken und schließlich anzuhalten. Das Fahrzeug stand nicht mehr in Fahrtrichtung. Der Beklagte zu 1) schaltete die Warnblinkanlage nicht ein. </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Kläger befuhr dieselbe Autobahn mit seinem Pkw hinter dem Beklagten mit einer Geschwindigkeit von mindestens 130 km/h. Als er die von dem Fahrzeug des Beklagten zu 1) ausgehende Gefahr erkannte, leitete er eine Vollbremsung ein und versuchte, das Hindernis rechts zu umfahren. Dies gelang ihm jedoch nicht. Er prallte frontal in das Fahrzeug des Beklagten zu 1) und zog sich dabei erhebliche Verletzungen zu. Das Fahrzeug des Beklagten zu 1) wurde durch den Aufprall nach rechts vor die am rechten Fahrbahnrand befindliche Lärmschutzwand geschleudert; das Fahrzeug des Klägers blieb auf der linken Fahrspur liegen. Der Zeuge I, der hinter dem Kläger auf der Überholspur fuhr, erkannte das Fahrzeug des Klägers zu spät, so daß er mit seinem Pkw nicht mehr nach rechts ausweichen konnte und den Pkw des Klägers erfasste und weiter beschädigte. Ein weiterer Fahrer, der Zeuge C, prallte anschließend in das Fahrzeug des Beklagten zu 1).</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Das Fahrzeug des Klägers erlitt bei dem Unfall einen wirtschaftlichen Totalschaden. Sein Zeitwert betrug vor dem Unfall DM 23.900,--. Nachdem der Kläger am 22.12.1987 ein Schadensgutachten in Auftrag gegeben hatte, verkaufte er sein Fahrzeug zum Preise von DM 2.100,--. Am 04. Januar 1988 erstattete der von dem Kläger beauftragte Sachverständige U sein Gutachten. Er ermittelte den Restwert des Fahrzeugs mit DM 5.000,-- und teilte mit, daß die Firma S angeboten habe, das Fahrzeug zu diesem Betrag zu kaufen. </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Kläger erlitt bei dem Unfall eine Schädelprellung mit Schürfung der rechten Stirnseite, ein Halswirbelsäulen-Schleudertrauma mit knöcherner Absprengung, Prellungen und Quetschungen des Thoraxes und eine Brustbeinfraktur. Er unterzog sich einer zehntägigen stationären Krankenhausbehandlung und war bis zum 10. Januar 1988 arbeitsunfähig. Mit Schreiben vom 07. Januar 1988 forderte er die Beklagten unter Fristsetzung zum 19. Januar 1988 zum Ausgleich des Fahrzeugschadens, weiterer Sach- und Vermögensschäden sowie eines Schmerzensgeldes in Höhe von DM 12.000,-- auf. </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte zu 2) leistete, ohne eine Leistungsbestimmung hinsichtlich der einzelnen Schadensersatzpositionen zu treffen, eine Zahlung in Höhe von DM 10.000,--. </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Kläger behauptet, das Fahrzeug des Beklagten zu 1) habe quer zur Fahrbahn gestanden. Es sei völlig unbeleuchtet gewesen. Er habe den Unfall des Beklagten zu 1) nicht gesehen und dessen Fahrzeug wegen der schlechten Ausleuchtung erst erkannt, als er sich diesem bereits bis auf etwa 100 Meter genähert habe. </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Er meint, die Beklagten seien ihm zum vollständigen Ausgleich seines Schadens verpflichtet. </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Er beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 14.975,50 DM nebst 8 % Zinsen seit dem 19.01.1988 zu zahlen </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">sowie </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 19.04.1988 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Er hält ein Schmerzensgeld in Höhe von <i>12.000,-- </i>DM für angemessen. </p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten beantragen, </p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen. </p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Sie behaupten, das Fahrzeug des Beklagten zu 1) habe diagonal zur Fahrbahn mit dem Bug entgegen der Fahrtrichtung gestanden. Der<i> </i>Beklagte zu 1) habe die während des Schleudervorganges eingeschaltete Warnblinkanlage, nachdem er stand, wieder ausgeschaltet; jedoch habe das Abblendlicht des Fahrzeuges weitergebrannt, so daß der Kläger nach ihrer Meinung das Fahrzeug habe rechtzeitig erkennen können. Schon Sekundenbruchteile, nachdem der Beklagte zu 1) sein Fahrzeug zum Stillstand gebracht habe, sei der Kläger aufgefahren. Das Fahrzeug des Beklagten zu 1) habe vor dem Aufprall lediglich die linke Fahrspur versperrt und allenfalls wenige Zentimeter in die rechte Fahrspur hineingeragt. Der Kläger sei mit einer Geschwindigkeit von 160 km/h gefahren. </p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Sie halten ein Schmerzensgeld von etwa <i>4.</i>000<i>,-- </i>DM für angemessen und meinen, der Kläger müsse sich den sachverständig ermittelten und auch tatsächlich angebotenen Restwert in Höhe von <i>5.000,-- </i>DM auf seinen Sachschaden anrechnen lassen. Der Kläger könne auch nicht den durch den Aufprall des Zeugen I auf sein Fahrzeug entstandenen Sachschaden ersetzt verlangen. </p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Das Gericht hat Beweis über den Hergang des Unfalls durch Anhörung der Zeugen I und C erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 04. Oktober und 13. Dezember 1988, Bl. 79 ff. und Bl. 96 ff. d.A., verwiesen. Wegen der näheren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die beigezogene Strafakte der Staatsanwaltschaft D - ## Js ###/##- verwiesen. </p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks"><u>En t s c h e i d u n g s g r ü n d e:<b> </b></u></p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist teilweise begründet. </p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Der Kläger kann von den Beklagten als Gesamtschuldnern nach §§ 7, 17 StVG, 3 PflVersG Ersatz weiterer unfallbedingter Sach- und Vermögensschäden in Höhe von DM 6.324,12 verlangen. Der Kläger und der Beklagte zu 1) haben den Schaden des Klägers durch schuldhaftes Fehlverhalten verursacht. Nach der Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge nach § 17 Abs. 1 StVG war der Beitrag des Beklagten zu 1) mit 75 %, der des Klägers mit 25 % in Ansatz zu bringen. </p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Dem Beklagten zu 1) ist zum einen vorzuwerfen, daß er durch fahrerisches Fehlverhalten die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren hat, so daß er den Pkw trotz der damit verbundenen erheblichen Gefahren auf einer Autobahn zum Stillstand bringen musste. Es kann dabei dahinstehen, ob der Verlust der Kontrolle über das Fahrzeug auf zu hohe Geschwindigkeit, Unaufmerksamkeit, technischen Mängeln des Fahrzeugs oder anderen schuldhaft gesetzten Ursachen beruht. Wegen der Tatsache, daß der Beklagte zu 1) die Kontrolle über sein Fahrzeug verlor und ins Schleudern geriet, spricht der erste Anschein für einen vorwerfbaren Fahrfehler. Mit der bloßen Behauptung, der Pkw sei aus unerklärlichen Gründen plötzlich nach rechts ausgebrochen, haben die Beklagten keinen Geschehnisablauf substantiiert vorgetragen, aus dem sich ergibt, daß der Beklagte zu 1) schuldlos die Kontrolle über das Fahrzeug verloren hat. Ein von der nach dem Unfall herbeigerufenen Polizei aufgefundener Ölfleck befand sich in Fahrtrichtung gesehen erst hinter der Unfallstelle, so daß er für den Verlust der Kontrolle des Beklagten zu 1) über sein Fahrzeug nicht ursächlich gewesen sein kann. Zum anderen ist dem Beklagten zu 1) vorzuwerfen, daß er, nachdem er seinen Pkw zum Stillstand gebracht hatte, die Warnblinkanlage nicht einschaltete oder gar wieder ausschaltete. Die Warnblinkanlage dient gerade dem Zweck, in Notsituationen wie der, in die der Beklagte zu 1) geraten war, anderen Verkehrsteilnehmern das frühzeitige Erkennen des Hindernisses und der damit einhergehenden Gefahr zu ermöglichen. Es ist ohne weiteres davon auszugehen, daß der Kläger die entstandene gefährliche Verkehrssituation schneller und sicherer hätte überschauen können und entsprechend reagieren können, wenn der Beklagte zu 1) seiner Verpflichtung, die Warnblinkanlage einzuschalten, nachgekommen wäre. </p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Hingegen hat die Beweisaufnahme nicht ergeben, daß das Fahrzeug des Beklagten zu 1) vor dem Aufprall des Klägers völlig unbeleuchtet war, das also das Abblendlicht nicht mehr brannte. Die angehörten Zeugen haben keine Aussage dazu machen können, ob das Abblendlicht des Fahrzeugs des Beklagten zu 1) brannte. Da beide Zeugen zum Zeitpunkt des Aufpralls des Klägers noch weiter von der Unfallstelle entfernt waren, kann aus diesen (negativen) Bekundungen auch nicht der Schluss gezogen werden, daß das Fahrzeug des Beklagten zu 1) vor dem Unfall unbeleuchtet war. </p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Hinzu kommt andererseits die<i> </i>erhebliche Betriebsgefahr, die von dem Fahrzeug des Beklagten zu 1) als einem bei Dunkelheit auf der Autobahn stehenden Pkw ausging. </p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat den Unfall mitverschuldet. Dabei kann offenbleiben, ob er entgegen § 3 Abs. 1 Satz 3 StVO so schnell gefahren ist, daß er nicht mehr innerhalb der übersehbaren Strecke anhalten konnte, oder ob der Unfall mit darauf zurückzuführen ist, daß der Kläger unaufmerksam war. Hingegen ist nicht zu Lasten des Klägers festzustellen, daß er bei Annäherung an das Fahrzeug des Beklagten zu 1) einen weiteren Fahrfehler begangen hat, nämlich, daß es ihm etwa möglich war, an dem Fahrzeug des Beklagten zu 1) vorbeizufahren. In der Beweisaufnahme konnte nicht geklärt werden, wo und in welchem Winkel das Fahrzeug des Beklagten zu 1) vor dem Aufprall stand. </p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Zu seinem Verschulden tritt die erhöhte Betriebsgefahr des Fahrzeugs des Klägers, das mit hoher Geschwindigkeit bewegt wurde. Der Kläger hat nicht bewiesen, daß die Geschwindigkeit seines Fahrzeugs weniger als 160 km/h betrug. </p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Bei der Abwägung der Verursachungsanteile überwiegt das Verschulden des Beklagten zu. 1) deutlich. Er hat nicht nur die erste Ursache für den späteren Auffahrunfall gesetzt, indem er seinen Pkw stoppte und dem nachfolgenden Verkehr damit ein Hindernis bereitete. Er hat auch die damit einhergehende Gefahr nicht durch das Einschalten der Warnblinkanlage verringert. Demgegenüber ist das Verschulden des Klägers, der mit seiner Fahrweise die von dem Beklagten zu 1) gesetzte Gefahr nicht bewältigen konnte, als geringer einzustufen. </p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die ersatzfähigen unfallbedingten Sach- und Vermögensschäden des Klägers betragen DM 21.165,50. </p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Der an dem Fahrzeug entstandene Sachschaden beträgt DM 18.900,--. Der Restwert des Unfallfahrzeugs ist mit DM 5.000,-- in Ansatz zu bringen. Der Kläger hat es entgegen § 254 Abs. 2 BGB unterlassen, den Schaden dadurch zu mindern, daß er sich vor dem Verkauf des Unfallfahrzeugs über dessen Restwert informierte, um so einen wertangemessenen Kaufpreis erzielen zu können. Dies war ihm zuzumuten. Der Kläger konnte davon ausgehen, daß er mit Zugang des Schadensgutachtens eine sachverständige Bewertung des Restwertes erhielt. Hätte er den Zugang des Gutachtens abgewartet, so hätte er das Unfallfahrzeug ohne weiteres unter Annahme des Angebots der Firma S für 5.000,-- DM verkaufen können. </p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Zu ersetzen sind die zwischen den Parteien unstreitigen Positionen Sachverständigengebühren (DM 121,55), Abschleppkosten (DM 304,95), Nutzungsausfall (DM 912,--), allgemeine Unkostenpauschale (DM 30,--), Gebühren für Halteranfrage (DM 5,--) und Ab- bzw. Ummeldekosten (DM 100,--). </p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Den Zeitwert des bei dem Unfall zerstörten Aktenkoffers schätzt die Kammer gemäß § 281 Abs. 1 ZPO auf DM 150,--, den des gleichfalls zerstörten Schirms auf DM 100,--.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Die Reinigungskosten der bei dem Unfall verschmutzten Kleidung des Klägers schätzt die Kammer nach § 281 Abs. 1 ZPO auf DM 50,--; sie geht dabei davon aus, daß die durch Rechnung vom 28.12.1981 belegten DM 11,50 als Kosten der Reinigung eines Mantels nur ein Teil der angefallenen Kosten darstellen. </p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Einen weiteren ersatzfähigen Vermögensschaden stellt die Selbstbeteiligung des Klägers bei entstandenen Krankenkosten in Höhe von DM 10,-- dar. </p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Die bei den Krankenbesuchen angefallenen Fahrtkosten der Ehefrau des Klägers sind mit DM 256,-- in Ansatz zu bringen. Die Kammer folgt der von den Beklagten zitierten Rechtsprechung des Landgerichts Münster, das insoweit eine Kilometerpauschale in Höhe von lediglich DM 0,15 zubilligt, nicht. Zuzusprechen sind insoweit nicht nur die Benzinkosten, sondern auch anteilige Kosten für Steuern, Versicherung, Reparatur- und Erhaltungsaufwand etc.. Die Kammer schätzt den Aufwand nach § 281 Abs. 1 ZPO auf DM 0,40 pro Kilometer; dies ergibt bei 640 gefahrenen Kilometern den Betrag von DM 256,--. </p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Die dem Kläger für Geschenke, Genussmittel, Telefongespräche und Trinkgelder entstandenen Kosten sind in Höhe von DM 100,-- ersatzfähig. Ohne einen substantiierten Vortrag des Klägers hierzu kann die Kammer nicht feststellen, daß dem Kläger insoweit Kosten in einer Höhe entstanden sind, die den von den Beklagten zugestandenen Betrag von DM 100,-- übersteigt. Im übrigen sind dreierlei Kosten nach herrschender Rechtsprechung auch nur in einem beschränkten (angemessenen) Umfang ersatzfähig; dieser dürfte bei einem bloß zehntägigen Krankenhausaufenthalt den Betrag von DM 100,-- nicht übersteigen. </p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich der Schäden und insbesondere hinsichtlich des an dem Kraftfahrzeug des Klägers entstandenen Sachschadens ist nicht im Hinblick darauf ein Abzug zu machen, dass das Heck des Pkws durch den Aufprall des Fahrzeugs des Zeugen I beschädigt worden ist. Es ist nicht feststellbar, ob das Fahrzeug des Klägers nicht schon durch den Aufprall des Fahrzeugs auf den Pkw einen wirtschaftlichen Totalschaden erlitten hatte oder - falls dies nicht der Fall war - welchen Anteil der der durch den zweiten Aufprall entstandene Schaden am Gesamtschaden darstellt. Bei solchen Ursachen- und Anteilszweifeln haftet der Beklagte zu 1) nach § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB selbst dann auf den gesamten Schaden, wenn der Zeuge I aufgrund eigenen Verschuldens oder aufgrund der Gefährdungshaftung seines Fahrzeugs für den Schaden des Klägers ganz oder teilweise mit haftet, so daß hier dahinstehen kann, ob der Zeuge I dem Kläger haftet. </p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Damit belaufen sich die ersatzfähigen Sach- und Vermögensschäden des Klägers auf DM 21.765,50. Unter Berücksichtigung seines Verursachungsanteiles von 25 % verbleibt ein Schadensersatzanspruch in Höhe von DM 16.324,12.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat einen Schmerzensgeldanspruch nach § 847 BGB gegen die Beklagten in Höhe von DM 4.000,--. Bei ihrer Schätzung hat die Kammer berücksichtigt, daß der Unfall zwar schwer war, die Verletzungen aber relativ rasch verheilt sind. Der von dem Kläger vorgelegte ärztliche Bericht des Dr. med. T vom 19.02.1988 lässt darauf schließen, daß die Unfallverletzungen, deren Schwerpunkt im Bereich des Brustkorbs und der Wirbelsäule liegen, komplikationslos abgeklungen sind. So bescheinigte der Arzt dem Kläger ab dem 11. Januar 1988 eine Berufsunfähigkeit von lediglich 20, ab dem 05.Februar 1988 von lediglich 10 % und datierte die voraussichtliche völlige Genesung des Klägers auf den 15.03.1988. Einen von dieser Bescheinigung abweichenden Heilungsverlauf hat der Kläger nicht behauptet. </p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Schließlich war bei der Bemessung des Schmerzensgeldes das Mitverschulden des Klägers mit zu berücksichtigen. </p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Auf den Schadensersatzanspruch des Klägers von also insgesamt DM 20.324,12 hat die Beklagte zu 2) DM 10.000,-- gezahlt, so daß der ausgeurteilte Betrag von DM 10.324,12 den Restschaden darstellt. </p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Der Kläger kann eine Verzinsung seines Schadensersatzanspruches ab dem 20.01.1988 in Höhe von 4 % aus § 288 Abs. 1 BGB verlangen. Die Beklagten befanden sich nach Ablauf der zum 19.01.1988 gesetzten Frist ab dem 20. Januar 1988 in Zahlungsverzug. Ein über den Zinsfuß von 4 % hinausgehenden Zinssatz kann der Kläger nicht verlangen. Die Beklagten haben den vom Kläger behaupteten Zinsschaden bestritten; der Kläger hat für diesen keinen Beweis angetreten. </p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO. </p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach. § 709 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks"><u>Streitwert: </u>26.915,50 DM</p>
|
315,287 | ovgnrw-1989-01-09-10a-ne-7586 | {
"id": 823,
"name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen",
"slug": "ovgnrw",
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"state": 12,
"jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": null
} | 10a NE 75/86 | "1989-01-09T00:00:00" | "2019-03-13T14:51:29" | "2022-10-18T15:08:40" | Urteil | ECLI:DE:OVGNRW:1989:0109.10A.NE75.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der Antrag wird abgelehnt.</p>
<p></p>
<p>Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p></p>
<p></p>
<p>
</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"> Tatbestand:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Antragsteller betreibt seit Ende der Siebziger Jahre auf dem Grundstück ...
Straße 43-47 in ... unter der Bezeichnung "..." ein sogenanntes Vergnügungscenter,
bestehend aus einem Sex-Shop und drei Porno-Xinos, einem Video-Kino und
mehreren Einzelfilmkabinen für Pornofilme. Das mit einer Eingangstür versehene,
innen durch ein Foyer erschlossene Vergüngungscenter steht unter einheitlicher
Leitung.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 3/85
"Innenstadt-nördlicher Teil" der Stadt ..., der hier Kerngebiet, geschlossene Bauweise
und das Maß der baulichen Nutzung festsetzt. Er stellt im wesentlichen eine
Festschreibung des vorhandenen Bestandes dar. Nr. 3 der textlichen Festsetzungen
trifft folgende Bestimmungen:</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks"> "In den MK-Gebieten sind gemäß § 1 Abs. 5 und 9 BauNVO von den gemäß §
7 Abs. 2 Nr. 2 allgemein zulässigen Einzelhandelsbetrieben und Vergnügungsstätten
folgende Arten von Nutzungen nur ausnahmsweise zulässig: Imbißstuben, Sex-
Shops, Spielhallen, Sex-Kinos, Peep-Shows, Striptease-Shows, Eros-Center,
Dirnenunterkünfte."</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Durch diese Festsetzung sieht sich der Antragsteller in seiner geschäftlichen
Entwicklung behindert, soweit sie andere Nutzungen als Imbißstuben, Eroscenter und
Dirnenunterkünfte betrifft.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Bebauungsplan wurde in folgendem Verfahren aufgestellt:</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Nach Behandlung im Ausschuß für Stadtentwicklung und Stadtplanung sowie in der
Bezirksvertretung beschloß der Rat am 25. September 1985 die Aufstellung und
öffentliche Auslegung des Planentwurfs. Nach Bekanntmachung am 27. September
1985 erfolgte die öffentliche Auslegung vom 7. Oktober bis zum 7. November 1985;
die Träger öffentlicher Belange wurden benachrichtigt. Nach der Auslegung erfolgte
eine Änderung einiger Festsetzungen über das Maß der baulichen Nutzung unter
Durchführung einer eingeschränkten Beteiligung nach § 2a Abs. 7 BBauG.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 7. und 8. November 1985 wandte sich die Eigentümerin des
Grundstücks, auf dem der Antragsteller das Gewerbe betreibt, die ... Gesellschaft
bürgerlichen Rechts, gegen den Bebauungsplan. Sie führte aus, es bedeute einen
Eingriff in ihr Eigentum, wenn ihr vorgeschrieben werde, an welche Gewerbetreibende
vermietet werden dürfe.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Nachdem der Ausschuß für Stadtentwicklung und Stadtplanung und die
Bezirksvertretung ihre Stellungnahmen abgegeben hatten, behandelte der Rat am 27.
November 1985 die vorgebrachten Bedenken und Anregungen und beschloß den
Bebauungsplan als Satzung.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Regierungspräsident ... genehmigte den Bebauungsplan mit Verfügung vom 2.
Dezember 1985. Die Genehmigung wurde nach Anordnung des Oberbürgermeisters
am 13. Dezember 1985 bekanntgemacht.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der Antragsteller hat am 10. Dezember 1986 den vorliegenden
Normenkontrollantrag gestellt. Er macht geltend, er habe von Anfang an vorgehabt, in
dem von ihm betriebenen Vergnügungscenter mehrere Spielhallen einzurichten und
eine Damenwäsche-Modenschau und verschiedene Striptease-Darbietungen
auszurichten. Die textliche Festsetzung des Bebauungsplans hindere ihn daran. Ihm sei
erklärt worden, daß eine Ausnahmegenehmigung nicht erteilt werde. Mehrere
Rechtsstreitigkeiten seien wegen der Ausweisungen zu seinen Lasten ausgegangen.
Die Abwägung sei fehlerhaft. Die Planung sei von Anfang an auf das Verbot der
einschlägigen Gewerbe gerichtet gewesen. Die Entscheidung sei schon vorweg
getroffen worden, ohne daß der Rat an der Vorentscheidung in einer Weise mitgewirkt
habe, die es gestatte, sie ihm zuzurechnen. Die Planung beruhe letztlich auf den
Wünschen eines einzelnen Anliegers. Seine, des Antragstellers, privaten Interessen
seien nicht genügend berücksichtigt worden. Während der Planaufstellung seien
weder der Bestandsschutz der existierenden Betriebe noch die dafür erteilten
Baugenehmigungen in den Blick genommen worden. Der Bebauungsplan greife
unzulässig und schikanös in die Gewerbe- und Berufsfreiheit ein. Es habe gar keine
Veranlassung bestanden, einen Bebauungsplan aufzustellen, weil das Plangebiet
restlos bebaut sei. Ziel der Planung sei es ausschließlich, seine Unternehmungen zu
unterbinden. Besondere städtebauliche Gründe für den Ausschluß einzelner
Anlagearten lägen nicht vor.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Bebauungsplan sei auch nicht aus dem Flächennutzungsplan entwickelt
worden, weil es an einem wirksamen Flächennutzungsplan für den fraglichen Bereich
fehle; die Antragsgegnerin habe den Flächennutzungsplan und seine Aufstellung nicht
genau beschrieben.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der Antragsteller beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">den Bebauungsplan Nr. 3/85 "Innenstadtnördlicher Teil" der Stadt ... für nichtig zu
erklären.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Antragsgegnerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">den Antrag abzulehnen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Sie hält den Bebauungsplan für gültig. Er sei aus dem Flächennutzungsplan vom
30. März 1984 entwickelt worden. Für die Planung habe es, wie die Begründung
erweise, hinreichend Anlaß gegeben. Die Abwägung sei nicht zu beanstanden. Sie
leide auch nicht an einer unzulässigen Vorwegbindung. Daß der politische Wille zu der
Planung vorgelegen habe, sei nicht zu beanstanden. Das Abwägungsmaterial sei
umfassend zusammengetragen und ausgewertet worden.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte sowie auf die von der
Antragsgegnerin vorgelegten Aufstellungsakten und Verwaltungsvorgänge Bezug
genommen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Nach den Ausführungen des Antragstellers in der mündlichen Verhandlung ist der
Bebauungsplan Nr. 3/85 der Antragsgegnerin nur insoweit zur Prüfung gestellt, als
nach Nr. 3 der textlichen Festsetzungen folgende Arten von Nutzungen nur
ausnahmsweise zulässig sind: Sex-Shops, Spielhallen, Sex-Kinos, Peep-Shows und
Striptease-Shows. Der in seinem Inhalt so klargestellte Normenkontrollantrag ist
zulässig. Die Begrenzung des Antrages ist unbedenklich, weil die erfaßten
Festsetzungen selbständiger Betrachtung zugänglich sind. Ein untrennbarer
Regelungszusammenhang mit den übrigen Ausweisungen ist nicht gegeben.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Der Antragsteller ist antragsbefugt im Sinne des § 47 Abs. 2 VwGO. Ein die
Befugnis zur Einleitung eines Normenkontrollverfahrens gegen einen Bebauungsplan
begründender Nachteil im Sinne der genannten Bestimmung ist gegeben, wenn, der
Antragsteller durch den Bebauungsplan oder seine Anwendung negativ, d.h.
verletzend, in einem Interesse betroffen wird bzw. in absehbarer Zeit betroffen
werden kann, das bei der Entscheidung über den Erlaß oder den Inhalt dieses
Bebauungsplans als privates Interesse des Antragstellers in der Abwägung
berücksichtigt werden mußte. Zu dem notwendigen Abwägungsmaterial gehören die
privaten Belange, die nach Lage der Dinge in die Abwägung eingestellt werden
müssen. Das sind alle Belange, von denen bei der Entscheidung über den Plan mit
hinreichender Wahrscheinlichkeit absehbar ist, daß sie als nicht geringwertige und
auch schutzwürdige Interessen bestimmter Personen von dem Plan in mehr als
geringfügiger Weise betroffen werden. Bei der Planaufstellung mußten der Betrieb
des Antragstellers und die der Antragsgegnerin bekannten Änderungsabsichten in die
Abwägung eingestellt werden, unabhängig davon, ob der Betrieb für den Planbereich
oder einen Teil davon prägende Wirkung hatte.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks"> Vgl. BVerwG, Beschluß vom 8. September 1988 - 4 NB 15.88 -.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Der Antragsteller hat auch das erforderliche Rechtsschutzinteresse, da er die von
dem Antrag erfaßten, durch den Bebauungsplan indessen nur noch ausnahmsweise
zulässigen Nutzungen entweder aufgenommen hat oder, wie sich aus dem Verfahren 4
A 2171/81 bzw. 4 A 2727/84 OVG NW ergibt, aufnehmen will.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Der Normenkontrollantrag ist aber unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Der Bebauungsplan ist aus dem Flächennutzungsplan der Stadt ... entwickelt
worden. Dieser stellt für den Geltungsbereich des Bebauungsplans Kerngebiet oder
Wohnbaufläche dar. Entsprechend diesen Darstellungen trifft der Bebauungsplan
Festsetzungen. Eine Ungültigkeit des Flächennutzungsplans kann nicht festgestellt
werden. Der Rat hat ihn am 27. April 1983 beschlossen; der Regierungspräsident ...
hat ihn am 3. November 1983/3. Februar 1984 unter Ausnahmen, Maßgaben und
Auflagen genehmigt, denen der Rat der Stadt am 22. Februar 1984 beigetreten ist.
Die Genehmigung ist am 30. März 1984 im Amtsblatt bekannt gemacht worden.
Angesichts der fehlenden Substantiierung angeblicher Mängel hat der Senat keine
Veranlassung zu weiteren Nachforschungen. Ein etwaiger Verfahrensmangel wäre
zudem nach § 244 BauGB i.V.m. § 214 Abs. 2 Nr. 3 BauGB unbeachtlich; Mängel der
Abwägung des Flächennutzungsplans sind nicht ersichtlich.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Der Bebauungsplan ist nicht wegen unzulässiger Vorabbindung ungültig. Nach der
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks"> - Urteil vom 5. Juli 1974 - 4 C 50.72 -, BRS 28 Nr. 4 -</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">ist eine "Vorabbindung" nicht schon um ihrer selbst Willen unzulässig. So wie sie
hier behauptet wird, ist sie unbedenklich.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Der Rat war in der Abwägung zwar entsprechend der politischen Leitvorstellungen
vorgeprägt, aber nicht gebunden. Daß durch die politischen "Vorgaben" der
Abwägungsvorgang nicht verkürzt wurde, zeigt sich gerade darin, daß der Rat die
Bedenken und Anregungen des Grundstückseigentümers und eines Dritten, der sich
ebenfalls gegen die textliche Festsetzung ausgesprochen hatte, in seine Überlegungen
einbezogen hat.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Der Bebauungsplan leidet nicht an einem sonstigen erheblichen Mangel im
Abwägungsvorgang. Die Antragsgegnerin hat die abwägungsbeachtlichen Interessen
auch des Antragstellers gesehen und in die Abwägung eingestellt. Insbesondere die
mit der textlichen Festsetzung Nr. 3 erfaßten Nutzungsinteressen sind als Belang
abgewogen worden, wie sich aus dem umfangreichen Planaufstellungsvorgang ergibt.
Auch Planungsalternativen sind bedacht worden.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die textliche Festsetzung Nr. 3 findet mit den zur Prüfung gestellten
Einzelausweisungen ihre Rechtsgrundlage in § 1 Abs. 5 und 9 BauNVO.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Nach § 1 Abs. 9 BauNVO kann in dem Bebauungsplan bei Anwendung (hier:) des
Abs. 5 festgesetzt werden, daß nur bestimmte Arten der in den Baugebieten allgemein
oder ausnahmsweise zulässigen baulichen oder sonstigen Anlagen zulässig oder nicht
zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, wenn besondere
städtebauliche Gründe dies rechtfertigen. Mit Blick auf die Verweisung auf § 1 Abs. 5
BauNVO muß hinzukommen, daß die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebietes
gewahrt bleibt.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Durch den Ausschluß der Anlagen gemäß der textlichen Festsetzung Nr. 3 des
Bebauungsplans bleibt die allgemeine Zweckbestimmung des Kerngebietes gewahrt.
Kerngebiete werden zwar auch durch die allgemeine Zulässigkeit von
Vergnügungsstätten charakterisiert.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks"> Vgl. BVerwG, Beschluß vom 28. Juli 1988 - 4 B 119.88 -.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Die Frage, ob durch eine nur noch ausnahmsweise mögliche Zulassung von
Vergnügungsstätten die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebietes gewahrt
bleibt, hat das Bundesverwaltungsgericht</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks"> - Beschluß vom 22. Mai 1987 - 4 N 4.86 -, BRS 57 Nr. 54 -</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">indessen bejaht, da die allgemeine Zweckbestimmung von Kerngebieten durch § 7
Abs. 1 BauNVO bestimmt wird. Vergnügungsstätten machen nicht das Wesen eines
Kerngebietes aus. Das folgt aus der Vielzahl der nach § 7 Abs. 2 BauNVO in
Kerngebieten zulässigen baulichen oder sonstigen Anlagen oder Nutzungen.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Nach § 1 Abs. 9 BauNVO kann im Bebauungsplan festgesetzt werden, daß nur
"bestimmte Arten" der in den Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässigen
baulichen oder sonstigen Anlagen (hier:) nur ausnahmsweise zugelassen werden
können. Unter "bestimmten Arten" sind nicht nur die in den einzelnen Nummern der §§
2, 4 bis 9 und 13 BauNVO aufgeführten Arten von Nutzungen zu verstehen. Das ergibt
eine Gegenüberstellung mit der Regelung des § 1 Abs. 5 BauNVO. Nach § 1 Abs. 9
BauNVO können noch stärker ins einzelne gehende Differenzierungen und
Verfeinerungen planungsrechtlicher Festsetzungen erfolgen. § 1 Abs. 9 BauNVO
erlaubt der Gemeinde, Unterarten von Nutzungen, wie sie in den Katalogen der
vorgenannten Vorschriften enthalten sind, zu erfassen.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks"> - Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1987 - 4 C 77.84 -, BRS 47 Nr. 58; vgl. auch
OVG Lüneburg, Urteil vom 11. September 1986 - 1 C 26/85 -, DÖV 1987, 211
m.w.N.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Mit Blick darauf ist es grundsätzlich möglich, die in der textlichen Festsetzung Nr. 3
genannten, hier interessierenden Nutzungen nach § 1 Abs. 9 BauNVO einer Regelung
zu unterziehen. Die Antragsgegnerin hat die bestimmten Typen von baulichen oder
sonstigen Anlagen in der textlichen Festsetzung auch typisierend beschrieben und
dadurch vermieden, eine konkrete Planung einzelner Objekte zu treffen.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Die Festsetzung nach § 1 Abs. 9 BauNVO setzt voraus, daß "besondere
städtebauliche Gründe" sie rechtfertigen. Jede Bauleitplanung muß städtebaulich
begründet sein. Art und Gewicht dieser Gründe können sich unterscheiden. Jede auf §
1 Abs. 5 bis 9 BauNVO gestützte Planung muß mit Argumenten begründet werden
können, die sich aus der jeweiligen Planungssituation ergeben und geeignet sind, die
Abweichung von den in den jeweiligen Gebietstypen nach der Baunutzungsverordnung
generell zulässigen Anlagen städtebaulich zu begründen. Die Festsetzungen eines
Bebauungsplans müssen von dem Ziel bestimmt sein, die bauliche und sonstige
Nutzung der Grundstücke aus Gründen der städtebaulichen Entwicklung und Ordnung
zu leiten und eine sozialgerechte Bodennutzung zu gewährleisten. In bezug auf
Probleme, die nicht die Ordnung der Bodennutzung in der Gemeinde, sondern andere
Bereiche betreffen, wie den allgemeinen Jugendschutz und die Vorsorge gegen die
Förderung oder Ausbeutung der Spielleidenschaft, muß die Gemeinde die Wertung
des Bundesgesetzgebers allerdings hinnehmen, der die Gewerbefreiheit auch für
Spielhallen und andere Einrichtungen, wie sie in der textlichen Festsetzung Nr. 3
erwähnt sind, gewährleistet. Die Gemeinde darf nicht mit den Mitteln der
Bauleitplanung eine eigene, von der Wertung des Bundesgesetzgebers abweichende
"Politik" betreiben, indem sie gewisse Einrichtungen unabhängig von Erwägungen zur
Ordnung der Bodennutzung allgemein für das Gemeindegebiet ausschließt.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks"> So BVerwG, Beschluß vom 22. Mai 1987 - 4 N 4.86 -, BRS 47 Nr. 54.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Der Antragsgegnerin geht es aber nicht darum, die in der textlichen Festsetzung
erfaßten Nutzungen, soweit hier noch von Interesse, generell aus ihrem
Gemeindegebiet zu "verbannen". Das ergibt sich daraus, daß entsprechende Pläne
nur für den engeren Innnenstadtbereich aufgestellt worden sind. Es ergibt sich
weiterhin auch daraus, daß die Stadt die betreffenden Nutzungen nicht schlechthin
ausgeschlossen hat, sondern immerhin ihre ausnahmsweise Zulassung ermöglicht. Die
von der Antragsgegnerin in der Begründung zum Bebauungsplan angeführten
Überlegungen sind städtebauliche Gesichtspunkte. Die Antragsgegnerin will
verhindern, daß die in der Festsetzung erwähnten Nutzungen solche Einzelhandels-
und Dienstleistungsbetriebe aus der Innenstadt verdrängen, die einen wichtigen
Beitrag zur Funktionserfüllung der ... Innenstadt leisten. Zudem soll das Niveau der
Stadt ... in ihrer Bedeutung als "Oberzentrum" gehalten werden. Daraus ergeben sich
Ansprüche an die Attraktivität der Innenstadt, die in der Begründung zum
Bebauungsplan im einzelnen aufgeführt sind. Das Ziel, die Nutzungsvielfalt in der
Innenstadt zu erhalten und das geschäftliche Niveau zu festigen, erscheint angesichts
der schon vorhandenen Betriebe als besonderer städtebaulicher Grund. Ausweislich
der Begründung zum Bebauungsplan, die - mit Ermittlungen im
Planaufstellungsverfahren belegt - dem Senat in der mündlichen Verhandlung erläutert
worden ist, sind im Innenstadtbereich, der durch den hier angegriffenen
Bebauungsplan teilweise überplant wird, ein Drittel der Spielhallen und mehr als die
Hälfte der Sex-Shops - teils mit Kino, Peep-Show und Striptease - des Stadtgebiets
vorhanden. Das weiterhin bestehende Interesse, für solche Einrichtungen Standorte im
Plangebiet zu finden, wird durch die Planzeichnung belegt, die die Antragsgegnerin in
der mündlichen Verhandlung vorgelegt hat. Danach ist eine Reihe von Anträgen auf
Zulassung der von der textlichen Festsetzung erfaßten Nutzungen gestellt worden. Es
ist nicht zu beanstanden, daß der Rat davon ausgegangen ist, die von der genannten
textlichen Festsetzung erfaßten und hier noch interessierenden Nutzungen könnten -
mit unterschiedlicher Intensität und Wirkung - einerseits zur Verdrängung solcher
Nutzungen, die der Versorgungsfunktion ... gerecht werden, und andererseits zu einer
Niveausenkung - "Trading-down-Effekt" - führen. Der erstgenannte Aspekt betrifft in
erster Linie Spielhallen, weil angesichts erheblicher Umsätze und unreglementierter
Öffnungszeiten besonders hohe Mieten gezahlt werden können, der zweite
Gesichtspunkt gilt vor allem für die Sex-Shops, Sex-Kinos, Peep-Shows und
Striptease-Shows. Der Senat ist nicht der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts
Lüneburg.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks"> - Urteil vom 11. September 1986 - 1 C 26/85 -, DÖV 1987, 211, 212 -,</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">daß für die Sex-Shops solche städtebaulichen Gründe nicht vorlägen. Es mag
zwar sein, daß die Gefahr, daß solche Läden traditionelle Einzelhandelsgeschäfte und
Dienstleistungsbetriebe verdrängen, nicht ganz so stark ausgeprägt ist. Das ist aber
nur einer der städtebaulichen Aspekte, der eine Festsetzung nach § 1 Abs. 9 BauNVO
rechtfertigen kann. Der städtebauliche Gesichtspunkt, eine Niveausenkung und das
damit verbundene Abwandern von Käuferschichten zu verhindern, kann die nur noch
ausnahmsweise Zulassung solcher Einzelhandelsbetriebe begründen. Hinzu kommt,
daß Sex-Shops sich, wie an dem Beispiel des Betriebs des Antragstellers deutlich
wird, häufig im Verbund mit anderen Nutzungen befinden, die in ihrem
Zusammenwirken unerwünschte Auswirkungen auf das Niveau haben können. Eine
Abwertung von Geschäftslagen, eine Zerstörung funktionsfähiger
Versorgungsstrukturen und - in letzter Konsequenz - ein "Umkippen" in ein
Vergnügungsviertel zu verhindert, kann ein besonderer städtebaulicher Gesichtspunkt
sein.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks"> Vgl. Schlichter/Friedrich, WiV 1988, 199ff. (203, 235) m.w.N.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Angesichts des Ziels der Bauleitplanung, die Nutzungsvielfalt der Innenstadt zu
erhalten, betreffen die besonderen städtebaulichen Gründe jedenfalls den engeren
Innenstadtbereich. Es ist nicht zu fordern, daß etwa für bestimmte Straßen und/oder
Plätze Untersuchungen über die besonderen städtebaulichen Gründe erfolgen.
Besondere städtebauliche Gründe können auch vorliegen, wenn besondere
Schutzbedürftigkeit eines engeren Umfeldes nicht gegeben ist.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Angesichts des Umstandes, daß die von der textlichen Festsetzung erfaßten
Nutzungen ausnahmsweise zulässig bleiben, was zur Folge hat, daß im Rahmen der
Ermessensentscheidung nach § 31 Abs. 1 BauGB die städtebaulichen "Aspekte und
Kriterien", wie sie in der Begründung des Bebauungsplans - S. 7 - genannt werden, zu
beachten sind, und mit Blick darauf, daß hier nach dem anzuwendenden Bodenrecht
an anderen Stellen des Stadtgebietes derartige Einrichtungen zulässig bleiben, greift
die Festsetzung nicht übermäßig ein.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen folgen aus § 154 Abs. 1, § 167 VwGO, § 708 Nr. 10
ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Die Sache ist nicht dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung über die
Auslegung revisiblen Rechts vorzulegen, weil die Voraussetzungen des § 47 Abs. 5
VwGO nicht vorliegen. Der Senat befindet sich mit seiner Auffassung in
Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, das in
seinen Urteilen betreffend die gewerberechtlichen Verfahren des Antragstellers die
textliche Festsetzung Nr. 3 des Bebauungsplans nicht beanstandet hat.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">
</p>
|
315,288 | lg-bonn-1989-01-09-6-s-37888 | {
"id": 804,
"name": "Landgericht Bonn",
"slug": "lg-bonn",
"city": 394,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 6 S 378/88 | "1989-01-09T00:00:00" | "2019-03-13T14:51:31" | "2022-10-18T15:08:40" | Urteil | ECLI:DE:LGBN:1989:0109.6S378.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Bonn vom 18. August 1988 - 8 C 358/88 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Ohne Tatbestand gemäß § 543 Abs. 1 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Entscheidungsgründe</span></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung ist unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Instandsetzung der Dachterrasse gemäß der §§ 535, 536 BGB zu.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat zutreffend ausgeführt, daß die Dachterrasse Gegenstand des Mietvertrages der Parteien ist und die Beklagte deshalb zur Gewährung des Gebrauchs durch Instandsetzung der Terrasse verpflichtet ist. Dabei kommt es grundsätzlich für die Verpflichtung des Vermieters aus § 536 BGB weder auf die Höhe der Reparaturkosten noch auf die Ertragslage des Gebäudes an. Daß vorliegend die Opfergrenze der Beklagten als Vermieter überschritten ist und sie deshalb dem Anspruch des Klägers mit Erfolg den Einwand aus § 242 BGB entgegenhalten kann, kann ihrem Vortrag nicht entnommen werden. Nach Treu und Glauben könnte der Instandsetzungsanspruch des Klägers ausgeschlossen sein, wenn das Mietverhältnis kurz vor seiner Beendigung stehen und die Mängelbeseitigung nur mit erheblichem finanziellem Aufwand möglich sein würde. Beides ist nicht der Fall. Daß das Vertragsverhältnis der Parteien nur noch von kurzer Dauer ist, ist nicht ersichtlich. Die Beklagte hat zwar vorgetragen, daß sie das Mietverhältnis mit Schreiben vom 8. März 1988 zum Ende des Jahres gekündigt habe. Zu dieser Kündigung hat sich der Beklagte bisher jedoch noch nicht geäußert. Ob sie wirksam erfolgt ist, vermag die Kammer mangels diesbezüglichen Vortrages der Beklagten zum Kündigungsgrund nicht zu beurteilen. Hinzu kommt, daß die von der Beklagten dargelegten Kosten der Mängelbeseitigung nicht als unzumutbarer wirtschaftlicher Aufwand angesehen werden können.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte kann dem Klageanspruch auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, daß der Kläger das Mietobjekt zurzeit nur noch gelegentlich benutze, denn die Gebrauchsgewährungspflicht des Vermieters aus § 536 BGB besteht ebenso wie die Pflicht des Mieters zur Mietzinszahlung unabhängig von dem Umfang der jeweiligen Nutzung des Mietobjektes.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Schließlich steht dem Anspruch des Klägers auch nicht entgegen, daß die Baugenehmigung für die Sanierung des Gesamtkomplexes einschließlich der zum Mietobjekt gehörenden Terrasse von der Beklagten zwar beantragt, von der Baugenehmigungsbehörde aber noch nicht erteilt worden ist. Die fehlende Baugenehmigung hindert nicht die Fälligkeit des geltend gemachten Anspruches, sondern betrifft die Möglichkeit der Durchsetzung des Leistungstitels und damit die Vollstreckung des titulierten Anspruches.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Berufungsstreitwert: Bis 6.000,-- DM.</p>
|
315,289 | olgham-1989-01-04-15-w-59788 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 15 W 597/88 | "1989-01-04T00:00:00" | "2019-03-13T14:51:32" | "2022-10-18T15:08:40" | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1989:0104.15W597.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die erste Beschwerde des Beteiligten vom 11. November 1988 gegen den Beschluß des Amtsgerichts (XXX) 3. November 1988 als unbegründet zurückgewiesen wird.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde werden dem Beteiligten auferlegt.</p>
<p></p>
<p>Der Gegenstandswert für das Verfahren dritter Instanz beträgt 1.000,- DM.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Mit Beschluß vom 14. September 1988 hat der Rechtspfleger des Versteigerungsgerichts die zuvor getrennten Verfahren zur Zwangsversteigerung der beiden eingangs näher bezeichneten Erbbaurechte verbunden. Der Beschluß weist auf § 18 ZVG hin, enthält aber keine weitergehende Begründung. Die dagegen gerichtete Vollstreckungserinnerung des Beteiligten, der die Verbindung für unzweckmäßig hält, hat der Richter des Amtsgerichts mit der Begründung zurückgewiesen, die Verbindung sei gemäß § 18 ZVG zulässig. Die dagegen gerichtete erste Beschwerde des Beteiligten ist vom Landgericht mit dem angefochtenen Beschluß als unzulässig verworfen worden. Dagegen wendet sich der Beteiligte mit der sofortigen weiteren Beschwerde, die er fristgerecht beim Landgericht eingelegt hat.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die weitere Beschwerde gegen die Verbindung der Verfahrens zur Zwangsversteigerung der eingangs näher bezeichneten Erbbaurechte bleibt im Ergebnis ohne Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Auffassung des Landgerichts war die erste Beschwerde des Beteiligten gegen die Verbindung der Verfahren allerdings nicht im Hinblick auf § 95 ZVG unzulässig. Schon die Stellung des § 18 ZVG im Gesetz spricht dafür, die Entscheidungen über die Verbindung und Trennung von Verfahren der Anordnung des Verfahrens gleichzustellen, gegen die § 95 ZVG ein Rechtsmittel ausdrücklich zuläßt. Hinzu kommt, daß § 95 ZVG nach seinem Sinn und Zweck Rechtsmittel gegen solche Entscheidungen ausschließen will, die in einem sachlichen Zusammenhang mit der Entscheidung über den Zuschlag stehen und sie gleichsam vorbereiten; dadurch soll eine Straffung und Beschleunigung des Verfahrens erreicht werden. Die Entscheidung über Verbindung und Trennung von Verfahren aber steht nicht in einem inhaltlichen Zusammenhang mit der Zuschlagsentscheidung; sie kann oftmals' bereits in einem sehr frühen Stadium des Versteigerungsverfahrens getroffen werden, und es ist im Vorhinein nicht abzusehen, ob Rechtsmittel gegen eine solche Entscheidung zu einer Verzögerung oder letztlich sogar zu einem zügigeren und erfolgreicheren Verfahrensverlauf führen werden. Der Senat hat deshalb in Übereinstimmung mit der wohl herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur die Zulässigkeit der ersten Beschwerde gegen die richterliche Entscheidung über eine Verfahrenstrennung für zulässig erachtet (Beschluß vom 30. Juli 1987 - 15 W 283/87.- m.w.M.) Für die Beschwerde gegen eine Verbindung kann nichts anderes gelten.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die vom Landgericht zu Unrecht ausgesprochene Verwerfung der ersten Beschwerde nötigt den Senat jedoch nicht zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung. Denn der Senat kann anhand des feststehenden Akteninhalts selbst feststellen, daß die erste Beschwerde unbegründet ist.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die rechtlichen Voraussetzungen einer Verfahrensverbindung sind gegeben; denn die Gläubigerin betreibt die Versteigerung aus einer Gesamtgrundschuld, mit der beide Erbbaurechte belastet sind (§ 18 ZVG i.V.m. § 870 ZPO und § 11 ErbbRVO). Unter diesen Voraussetzungen steht die Verbindung von Verfahren im Ermessen des Gerichts. Weder der Beschluß des Rechtspflegers noch der Beschluß des Richters beim Amtsgericht lassen allerdings Ermessenserwägungen erkennen. Darin liegt ein Begründungsmangel. Auch das nötigt den Senat indessen nicht zur Zurückverweisung der Sache. Denn er kann über die Verbindung in Ausübung eigenen Ermessens entscheiden (Senat, a.a.O.). Aus den Wertgutachten des Sachverständigen XXX vom 25. Mai 1988 und der als Anlage auszugsweise beigefügten Flurkarte ergibt sich zweifelsfrei, daß die Erbbaurechte infolge des Zuschnitts der belasteten Grundstücke und der Bebauung mit Gebäudekomplexen eine wirtschaftliche Einheit bilden. Das läßt die Verbindung der Verfahren jedenfalls beim derzeitigen Verfahrensstand als äußerst naheliegend und zweckmäßig erscheinen. Demgegenüber ist die Annahme des Beteiligten, bei getrennter Verwertung werde der Interessentenkreis größer sein, ersichtlich eine bloße Vermutung, die sich jedenfalls bisher nicht auf konkrete Feststellungen stützen kann. Hinzu kommt, daß die Verfahrensverbindung weder eine neuerliche Trennung - wenn sie sich denn zu einem späteren Zeitpunkt als zweckmäßig erweisen sollte - noch den gesonderten Erwerb der Rechte innerhalb des verbundenen Verfahrens ausschließt.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Wertfestsetzung ergibt sich aus § 3 ZPO.</p>
|
315,290 | olgk-1989-01-04-2-wx-3988 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 2 Wx 39/88 | "1989-01-04T00:00:00" | "2019-03-13T14:51:33" | "2022-10-18T15:08:40" | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1989:0104.2WX39.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2. wird der Beschluß der 11. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 6. Juli 1988 - 11 T 211/88 - aufgehoben.</p>
<p>Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über die Beschwerde der Beteiligten zu 2. gegen den Beschluß des Amtsgerichts Köln vom 13. April 1988 - 34 VI 237/88 - an das Landgericht zurückverwiesen.</p>
<p>Dem Landgericht wird auch die Entscheidung über die Kosten der weiteren Beschwerde übertragen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Gründe</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Beteiligten zu 1. und 2. sind die Kinder der am 26. Oktober 1986 verstorbenen Erblasserin und ihres im Jahre 196o vorverstorbenen Ehemannes S. Die Erblasserin und ihr Ehemann haben am 6. September 1952 einen notariellen Erbvertrag geschlossen, in dem es unter anderem heißt:</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">"Wir setzen uns gegenseitig zu Vorerben ein. Nacherben werden unsere Kinder V und M S ... Der Vorerbe ist von den Beschränkungen und Verpflichtungen des § 2136 BGB befreit.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Verlangt ein Abkömmling den Pflichtteil nach dem Erstverstorbenen, so geht die andere Hälfte des gesetzlichen Anteils auf den bzw. die übrigen Miterben über, ohne Beeinträchtigung der Vorerbschaft. Sowohl er wie auch seine Abkömmlinge sollen in diesem Falle den länger lebenden Teil nicht beerben, sondern aus dessen Nachlaß auch nur den Pflichtteil erhalten."</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Nach dem Tode ihres Ehemannes hat die Erblasserin ein notarielles Testament vom 25. August 1967 errichtet, in dem sie die Beteiligte zu 2. als ihre Alleinerbin eingesetzt und ferner unter anderem erklärt hat:</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Mein Sohn M hat bereits durch Schreiben seines damaligen Anwalts, ..., vom 18. September 1963 seinen Pflichtteilsanspruch hinter seinem verstorbenen Vater geltend gemacht, so daß hierdurch schon die Folgen des Erbvertrages vom 6. September 1952 eingetreten sind und er auch hinsichtlich meines künftigen Nachlasses nur den Pflichtteil zu verlangen hätte.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">In der Zwischenzeit hat sich mein Sohn M jedoch so benommen, daß ihm auch der Pflichtteil meines Nachlasses entzogen werden muß."</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">In einem vor hessischen Gericht anhängigen Erbscheinsver-fahren streiten die Beteiligten zu 1. und 2. darüber, ob auch der Beteiligte zu 1. mit Eintritt des Nacherbfalls Erbe seines Vaters geworden ist.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Mit einem an das Amtsgericht Köln gerichteten Schreiben vom 28. Februar 1988 hat der Beteiligte zu 1. unter anderem die Erteilung eines Erbscheins mit dem Inhalt beantragt, daß er und die Beteiligte zu 2. die Erblasserin zu je 1/2 Anteil beerbt haben. Die Beteiligte zu 2. ist diesem Antrag entgegengetreten.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 31. März 1988 hat der Beteiligte zu 1. unter anderem "Nachlaßverwaltung" beantragt. Der Nachlaßrichter hat daraufhin die Akte des Erbscheinsverfahrens mit einer von ihm paraphierten und den Beteiligten nicht bekannt gegebenen Verfügung vom 8. April 1988 dem Rechtspfleger zugeleitet. In dieser Verfügung hat er unter anderem ausgeführt:</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">"Herrn Rechtspfleger:</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">1) Nachlaßpflegschaft wird angeordnet - als Pfleger</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">bitte Rechtsanwalt bestellen ..."</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Durch Beschluß vom 13. April 1988 hat der Rechtspfleger bei dem Nachlaßgericht die Beteiligte zu 3. zur Nachlaßpflegerin mit dem Wirkungskreis der Sicherung und Verwaltung des Nachlasses und der Erbenermittlung bestellt.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde der Beteiligten zu 2. gegen diese Entscheidung hat das Landgericht durch Beschluß vom 6. Juli 1988 zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, das Amtsgericht habe die Nachlaßpflegschaft zu Recht angeordnet. Die Voraussetzungen des § 1960 BGB seien gegeben. Ungewißheit über die Person des Erben bestehe auch dann, wenn sich das Nachlaßgericht - wie hier - nicht davon überzeugen könne, wer von zwei in Betracht kommenden Prätendenten Erbe geworden sei. Zwischen den Beteiligten zu 1. und 2. bestehe ein erheblicher und nicht offensichtlich unbegründeter Streit über die Erbfolge. Zwar sei die Beteiligte zu 2. unstreitig jedenfalls zu 1/2 Erbe geworden. Gleichwohl sei es schon mit Rücksicht auf die erforderlichen Fürsorgemaßnahmen für ein zur Erbmasse gehörendes Hausgrundstück und die Einziehung der Erträge aus seiner Vermietung gerechtfertigt, die Pflegschaft auf den ganzen Nachlaß zu erstrecken.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Gegen diesen Beschluß wendet sich die Beteiligte zu 2. mit der weiteren Beschwerde, um deren Zurückweisung der Beteiligte zu 1. bittet.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die in rechter Form (§ 29 Abs. 1 FGG) eingelegte, an keine Frist gebundene weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2. ist zulässig. Die Beteiligte zu 2. ist zur Anfechtung der Anordnung der Nachlaßpflegschaft befugt, weil sie für sich die Rechtsstellung als (Allein-)Erbin in Anspruch nimmt, in der sie durch die angefochtene Maßnahme beeinträchtigt wird, §§ 20 Abs. 1, 29 Abs. 4 FGG</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">(vgl. KG OLGE 32, 90; Leipold in: Münchener Kommentar zum BGB, 1982, Rdn. 72 zu § 1960; Staudinger/Otte/Marotzke, BGB, 12. Auflage 1979, Rdn. 30 zu § 1960).</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">In der Sache führt die weitere Beschwerde zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung des Verfahrens an die Beschwerdekammer, weil der Beschluß des Landgerichts vom 6. Juli 1988 auf einer Verletzung des Gesetzes beruht, §§ 27 FGG, 55o ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks"><sub>.</sub>Das Landgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, daß das Amtsgericht durch Beschluß des Rechtspflegers vom 13. April 1988 die Nachlaßpflegschaft angeordnet hat. Das amtsgerichtliche Verfahren begegnet allerdings Bedenken: Die Anordnung der Nachlaßpflegschaft fällt in die Zuständigkeit des Rechtspflegers, §§ 3 Nr. 2 e, 14 Nr. 4, 16 Nr. 1 RPf1G. Dies schließt zwar nicht aus, daß an seiner Stelle der Nachlaßrichter tätig wird, §§ 6, 8 Abs. 1 RPF1G. Die Verfügung des Richters vom 8. April 1988 ist nicht wirksam geworden, weil sie nicht unterzeichnet, sondern nur paraphiert (vgl. Senat, NJW 1988, 2805) und weil sie den Beteiligten nicht bekannt gegeben worden ist, § 16 Abs. 1 FGG. Andererseits hat der Rechtspfleger mit seiner Entscheidung vom 13. April 1988 ersichtlich nicht die Nachlaßpflegschaft erst anordnen, sondern eine bereits getroffene Anordnung des Richters lediglich durch Bezeichnung der Person des Nachlaß-pflegers ergänzen wollen, wie sich aus der Streichung der Wörter "wird angeordnet" in dem zur Erstellung des Beschlusses vom 13. April 1988 verwendeten Vordruck ergibt. Indes ist im Ergebnis mit der in dieser Entscheidung vom 13. April 1988 enthaltenen Bestellung der Beteiligten zu 3. zur Nachlaßpflegerin auch die Nachlaß-pflegschaft mit Außenwirkung gegenüber den Beteiligten angeordnet worden<sup>.</sup>, so daß das Landgericht zu Recht den Beschluß vom 13. April 1988 als Anordnung nach § 1960 Abs. 2 BGB behandelt hat.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Der Senat bemerkt daher nur ergänzend, daß das amtsgerichtliche Verfahren auch insoweit Bedenken begegnet, als die Entscheidung über die Anordnung der Nachlaß-pflegschaft in der Akte des Erbscheinsverfahrens getroffen ist. Dies ist regelmäßig jedenfalls unzweckmäßig, weil dann - wie im vorliegenden Fall - die weitere Bearbeitung des Erbscheinsantrages durch Rechtsmittel in der Pflegschaftssache verzögert wird.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die Rüge der Beteiligten zu 2., ihr Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) sei verletzt worden, ist nicht gerechtfertigt. Es bedarf im Streitfall keiner Entscheidung, ob den Erben und/oder Erbprätendenten vor der - von Amts wegen zu treffenden (vgl. KGJ 45, A 105, 106; Staudinger/Otte, Marotzke, a.a.O., Rdn. 4 zu § 1960) - Entscheidung über die Anordnung der Nachlaßpflegschaft stets rechtliches Gehör zu gewähren ist oder ob und gegebenenfalls wann dem der Charakter dieser Anordnung als einer nur vorläufigen Sicherungsmaßnahme (vgl. KG OLGE 32, 45, 46; KGJ 52, A 57, 59) entgegensteht. Denn eine etwa gegebene Verletzung des Anspruchs der Beteiligten zu 2. auf rechtliches Gehör durch das Nachlaßgericht ist im Streitfall jedenfalls dadurch geheilt worden, daß sie im Beschwerdeverfahren vor dem Landgericht Gelegenheit zur Stellungnahme hatte.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">c)</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die Begründung, mit der das Landgericht die Voraussetzungen des § 1960 Abs. 2 BGB bejaht hat, hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Sie ist nur im Ausgangspunkt zutreffend: Wenn die Erben unbekannt sind, kann das Nachlaßgericht gemäß § 1960 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 BGB für denjenigen, der Erbe wird, einen Pfleger (Nachlaß-pfleger) bestellen, soweit hierfür ein Bedürfnis besteht. Weil das Nachlaßgericht bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 1960 BGB von Amts wegen für die Sicherung des Nachlasses zu sorgen hat, muß dabei die Frage, ob der Erbe "unbekannt" ist, vom Standpunkt des Nachlaßgerichts bei der Entscheidung über die Anordnung der Sicherungsmaßnahmen aus geprüft werden (vgl. KGJ 45, A 105, 106; KGJ 52, A 57, 59; Staudinger/Otte/Marotzke, a.a.O., Rdn. 8 zu § 1960). Wenn gegen seine Entscheidung Beschwerde erhoben wird, tritt an die Stelle der Beurteilung des Nachlaßgerichts die tatrichterliche Prüfung der Beschwerdekammer. Dem Nachlaß- bzw. dem Beschwerdegericht unbekannt ist der Erbe auch dann, wenn mehrere Personen als Erbe in Betracht kommen und sich der Tatrichter nicht ohne umfängliche Ermittlungen davon überzeugen kann, wer von ihnen der wahre Erbe ist (vgl. KG OLGE 32, 45, 46; KGJ 52, A 57, 59; Leipold, a.a.O., Rdn. 14, 71 zu § 1980; Palandt/Edenhofer, BGB, 48. Auflage 1989, Anm. 2 b zu § 1960; Soorgel/Stein, BGB, 11. Auflage 1983, Rdn. 7 zu § 1960). Andererseits ist auch nicht erst letzte Gewißheit erforderlich, sondern schon eine hohe Wahrscheinlichkeit, daß eine bestimmte Person Erbe geworden ist, dafür ausreichend, um den Erben als im Sinne von § 1960 BGB bekannt anzusehen (vgl. Leipold, a.a.O., Rdn. 12 zu § 1960 mit weiteren Nachweisen; Palandt/Edenhofer, a.a.O.). Daher hat das Landgericht einen zu strengen Maßstab angelegt, wenn es allein darauf abgestellt hat, ob der Streit zwischen den Beteiligten zu 1. und 2. "nicht offensichtlich unbegründet" ist. Das Landgericht hat zudem nicht dargelegt, ob und weshalb es sich nicht schon jetzt davon überzeugen kann, wer Erbe der Erblasserin geworden ist, oder welche tatsächlichen Hindernisse dem entgegenstehen. Der Hinweis auf das in Hessen anhängige Verfahren reicht hierfür nicht aus, zumal dort eine andere Frage als hier, nämlich die Frage der Erbrechtsnachfolge nach dem Vater der Beteiligten zu 1. und 2. zu prüfen ist. Da der Senat die unterbliebenen tatrichterlichen Feststellungen nicht selbst treffen kann, muß die angefochtene Entscheidung aufgehoben und die Sache zur erneuten Prüfung an das Landgericht zurückverwiesen werden.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerdekammer wird sich bei der erneuten Prüfung mit der Frage zu befassen haben, ob der Beteiligte zu 1. von der Erbfolge nach seiner Mutter ausgeschlossen ist, wenn er nach dem Tode seines Vaters den Pflichtteil verlangt hat. Es wird sich sodann gegebenenfalls mit der Frage auseinanderzusetzen haben, ob hinreichende Zweifel daran, wer Erbe der Erblasserin - zu dem allein streitigen 1/2-Anteil - geworden ist, auf das Vorbringen des Beteiligten zu 1. gegründet werden können, daß er bei Geltendmachung der Pflichtteilsansprüche nicht geschäftsfähig gewesen sei. Dabei ist allerdings eine Beweisauf-regelmäßig nicht geboten. Wenn sich der Tatrichter erst nach umfangreicher Beweiserhebung davon überzeugen könnte, wer Erbe ist, kann er bei der Prüfung der Voraussetzungen für die Anordnungen vorläufiger Maßnahmen nach § 1960 BGB davon ausgehen, daß der Erbe im Sinne dieser Vorschrift "unbekannt" ist.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">d)</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Auch die Überlegungen, mit denen das Landgericht die Anordnung der Nachlaßpflegschaft über den zwischen den Beteiligten zu 1. und 2. umstrittenen Anteil hinaus auf den unstreitig der Beteiligten zu 2. gebührenden weiteren 1/2-Erbanteil begründet hat, sind nicht frei von Rechtsirrtum. Wenn die Voraussetzungen des § 1960 BGB nur hinsichtlich eines Erbteils vorliegen, ist - insoweit stimmt der Senat den Rechtsausführungen des Landgerichts zu - die Anordnung der Nachlaßpflegschaft auch nur hinsichtlich dieses Erbteils zulässig (vgl. KGJ 45, A 106, 111; KGJ 48, A 77, 81; Leipold, a.a.O., Rdn. 17 zu § 1960; Staudinger/Otte/Marotzke, a.a.O., Rdn. 28 zu § 1960). Ein Fall, in dem Sicherungsmaßnahmen nach § 1960 BGB nur einheitlich für den gesamten Nachlaß oder einen Nachlaßgegenstand getroffen werden können, ist hier nach den tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts nicht gegeben. Deshalb bedarf die Frage hier keiner weiteren Erörterung, ob auch die Feststellung des Landgerichts, daß zum Nachlaß der Erblasserin ein Hausgrundstück in Butzbach gehört, aktenwidrig und damit unter Verstoß gegen § 12 FGG getroffen worden ist; nachdem in dem zu den Akten gereichten Grundbuchauszug hinsichtlich eines ideellen 1/2-Anteils dieses Grundstücks ein Nacherbenvermerk eingetragen ist.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Die Zugehörigkeit eines Hausgrundstücks, aus dem Mieterträge gezogen werden, zum Nachlaß rechtfertigt nicht die Ausdehnung der Nachlaßpflegschaft über den Erbanteil des unbekannten Erben. Der Nachlaßpfleger vertritt den unbekannten Erben (vgl. BGH NJW 1981, 2299<sub>;</sub> 2300; BGH NJW 1983, 226). Es ist daher regelmäßig kein Bedürfnis anzuerkennen, ihm weitergehende Befugnisse einzuräumen, als sie der vertretene (unbekannte) Erbe selbst hätte, wenn er ermittelt wäre und seine Rechte am Nachlaß</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">selbst wahrnehmen könnte. Mehrere Erben bilden eine Erbengemeinschaft nach § 2032 ff. BGB. Gehört zum Nachlaß ein Hausgrundstück, so ist es bis zur Nachlaßteilung von den Erben gemeinsam zu verwalten, § 2038 BGB. Mietzinsansprü-che, die in den Nachlaß fallen, können nur durch Leistung an alle Erben gemeinsam erfüllt werden, § 2039 BGB. Ist ein Miterbe unbekannt, so ist für seinen Erbteil im Bedarfsfalle ein Nachlaßpfleger zu bestellen, der dann bei der Verwaltung des Nachlasses und der Entgegennahme von Mietzinszahlungen in Gemeinschaft mit den übrigen Erben den unbekannten Erben vertritt. Einer Ausdehnung der Nachlaßpflegschaft auch auf den Erbanteil des oder der bekannten Erben bedarf es hierfür nicht.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Keine andere Beurteilung rechtfertigt der vom Landgericht zitierte Rechtssatz, daß eine Ausdehnung von Sicherungsmaßnahmen nach § 1960 BGB auch auf die Anteile bekannter Erben dann zulässig sei, wenn Maßregeln in Betracht kommen, die körperliche Teile des Nachlasses ergreifen müssen, da andernfalls die Durchführung der notwendigen Fürsorgemaßnahmen nicht möglich wäre (vgl. Staudinger/Otte/ Marotzke, a.a.O., Rdn. 15 zu § 1960). Dieser Rechtssatz, dessen Anwendbarkeit auf den Streitfall in der angefochtenen Entscheidung nicht näher begründet ist, betrifft nämlich eine andere als die hier vorliegende Fallgestaltung: Es gibt Sicherungsmaßnahmen, die einzelne körperliche Gegenstände, die zum Nachlaß gehören, unmittelbar ergreifen, wie beispielsweise die Siegelung oder Sicherstellung von einzelnen Nachlaßgegenständen. Sie können nach Lage der Dinge nur einheitlich für den jeweiligen Nachlaßgegenstand, nicht aber beschränkt auf einen ideellen Anteil an diesem Gegenstand vorgenommen werden. Für die Anordnung der Nachlaßpflegschaft an einem Erbanteil gilt dies nicht.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">e)</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Mit der Frage, ob der der Beteiligten zu 3. vom Amtsgericht zugewiesene Wirkungskreis über den nach § 1960Abs. 2 BGB gebotenen Rahmen hinausgeht, hat sich das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung nicht befaßt. Das Amtsgericht hat die Beteiligte zu 3. außer mit der Verwaltung und Sicherung des Nachlasses auch mit der Erbenermittlung betraut. Für die Beauftragung der Beteiligten zu 3. mit der Ermittlung des Erben ist im Streitfall kein Raum. Zwar gehört diese Ermittlung regelmäßig zu den Aufgaben, die dem Nachlaßpfleger zu übertragen sind. Etwas anderes gilt indes dann, wenn - wie hier lediglich zwei Erbprätendenten über die Erbberechtigung hinsichtlich eines Erbanteils streiten (vgl. RGZ 106, 46, 47; BGH NJW 1983, 226, 227). Der Streit darüber, wer von mehreren Erbprätendenten Erbe geworden ist, ist vielmehr im Erbscheinsverfahren bzw. in einem Rechtsstreit zwischen den Prätendenten zu klären. Seine Klärung ist nicht einem Nachlaßpfleger zu übertragen.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde ist dem Landgericht zu übertragen, da infolge der Zurückverweisung der Sache an die Beschwerdekammer noch nicht feststeht, ob die Beteiligte zu 2. in vollem Umfang obsiegt.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Über den Antrag des Beteiligten zu 1. auf Gewährung von Prozeßkostenhilfe - Antrag zu 3. gemäß seinem Schreiben vom 4. Oktober <sub>.</sub>1988 - hat der Senat nicht zu befinden, weil dieser Antrag nur hilfsweise für den hier nicht gegebenen Fall gestellt ist, daß weder die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2. zurückgewiesen noch die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen wird.</p>
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315,291 | olgham-1989-01-03-9-wf-45688 | {
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} | 9 WF 456/88 | "1989-01-03T00:00:00" | "2019-03-13T14:51:34" | "2022-10-18T15:08:39" | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1989:0103.9WF456.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Beschwerde des Antragsgegners vom 03.11.1988 wird der Prozeßkostenhilfebeschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - XXX vom 07.10.1988 abgeändert, soweit dem Antragsgegner die nachgesuchte Prozeßkostenhilfe versagt worden ist.</p>
<p></p>
<p>Dem Antragsgegner wird für die erste Instanz unter Beiordnung von Rechtsanwalt XXX in XXX Prozeßkostenhilfe bewilligt, soweit er sich gegen die Verurteilung zur Zahlung von Kindesunterhalt wehrt, der bis zum 31.12.1988 über einen Monatsbetrag von 55,- DM und ab dem 01.01.1989 über monatlich 60,- DM hinausgeht.</p>
<p></p>
<p>Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Gründe</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die am 02.11.1981 geborene Antragstellerin begehrt Prozeßkostenhilfe für eine Klage vor dem Amtsgericht - Familiengericht - XXX gegen ihren Vater, den Antragsgegner, auf Zahlung von Unterhalt. Die Antragstellerin lebt mit ihrer Mutter in XXX der Antragsgegner lebt in der XXX. Die Ehe der Mutter der Antragstellerin mit dem Antragsgegner ist durch Urteil des Bezirksgerichts in XXX vom 16.03.1987 - rechtskräftig seit dem 27.08.1987 - geschieden worden. In dem Scheidungsurteil ist der Antragsgegner u.a. weiter verurteilt worden, für den Unterhalt des Kindes XXX der jetzigen Antragstellerin - monatlich 9.000 Zloty (z 1) zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat der Antragstellerin Prozeßkostenhilfe für eine Klage auf Zahlung von Kindesunterhalt in Höhe von 160,— DM monatlich bewilligt. Insoweit hat es dem Antragsgegner die für die Verteidigung gegen die Unterhaltsklage nachgesuchte Prozeßkostenhilfe verweigert. Gegen die Versagung der Prozeßkostenhilfe wendet sich der Antragsgegner mit der Beschwerde.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde ist gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässig und in der Sache teilweise erfolgreich. Nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand bietet die Rechtsverteidigung des Antragsgegners in dem im Tenor aufgeführten Umfang hinreichende Aussicht auf Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Allerdings geht der Antragsgegner fehl in der Annahme, das Urteil des Bezirksgerichts XXX vom 16.03.1987 stehe der Geltendmachung des Kindesunterhalts vor den Gerichten der XXX entgegen. Denn das XXX Unterhaltsurteil ist vor XXX Gerichten derzeit unbeachtlich. Über seine Anerkennung kann als Vorfrage im beabsichtigten Unterhaltsrechtsstreit nur dann befunden werden, wenn die in dem Urteil des Bezirksgerichts XXX gleichzeitig erkannte Ehescheidung des Antragsgegners gemäß Artikel 7 § 1 FamRÄndG vom 11.08.1961 (BGBl. 1221 ) in der Fassung vom 14.06.1976 (BGBl. 1421) von der zuständigen Landesjustizverwaltung anerkannt ist (vgl. BGH NJW 1975, 1072). Da die Ehescheidung selber unstreitig bisher nicht anerkannt worden ist, kann auch die im Zusammenhang mit ihr erfolgte Verurteilung zur Zahlung von Kindesunterhalt (deren Anerkennung sich entgegen der Auffassung des Familiengerichts nicht nach Artikel 7 § 1 FamRÄndG richtet) keine Wirkung entfalten. Dahinstehen kann deshalb auch, ob das XXX Urteil im Falle seiner Anerkennung infolge seiner dann auch in der XXX<b> </b>zu beachtenden Rechtskraft nach dem Grundsatz "ne bis in idem" zu einem inhaltsgleichen deutschen Urteil führen muß, dem keine materiell-rechtliche Prüfung mehr zugrunde liegt (vgl. die Darstellung bei Zöller-Vollkommer, ZPO, 15. Aufl. 1987, RdNr. 22 vor § 322).</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht ist entgegen der Auffassung des Antragsgegners auch zu Recht von der Anwendbarkeit XXX Rechts ausgegangen. Der Antragsgegner ist XXX und hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland. Seine Tochter hat gemäß §§ 3 Nr. 1, 4 Abs. Nr. 1 RuStAG ebenfalls die XXX Staatsangehörigkeit erworben. Daß sie diese hiernach (zum Beispiel durch Verzicht nach §§ 17 Nr. 3, 26 RuStAG verloren) hat, trägt der Antragsgegner selbst nicht vor. Gemäß Artikel 18 Abs. 5 EGBGB richtet sich daher das Unterhaltsrechtsverhältnis zwischen dem Antragsgegner und seiner am 22.11.1981 geborenen Tochter XXX nach §§ 1601 ff. BGB.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Gemäß § 1610 Abs. 1 BGB bestimmt sich das Maß des zu gewährenden Unterhalts nach der Lebensstellung des Bedürftigen. Die Tochter des Antragsgegners leitet als Minderjährige ihre Lebensstellung von dem allein barunterhaltspflichtigen Antragsgegner ab. Ungeachtet der dem Kind grundsätzlich zustehenden Teilhabe an der Lebensstellung seines Vaters in XXX (vgl. OLG Düsseldorf FamRZ 1987, 195) ist bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs jedoch zu berücksichtigen, daß XXX in XXX lebt und ihre Bedarfssituation somit auch von den dort herrschenden wirtschaftlichen Verhältnissen geprägt wird.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat den Kindesunterhaltsbedarf mit 160,- DM monatlich bemessen. Dabei hat es nicht zu erkennen gegeben, auf welcher Grundlage es zu dieser Bedarfsfestlegung gelangt ist. Nach Auffassung des Senats wird dem Recht des Kindes auf Teilhabe an der Lebensstellung seines in XXX lebenden Vaters und den unterschiedlichen wirtschaftlichen Verhältnisses seines Aufenthaltslandes am ehesten dadurch Rechnung getragen, daß dem Kind an Kaufkraft dasjenige zugemessen wird, was es an gesetzlichem Unterhalt verlangen kann, lebte es in der XXX (vgl. BGH FamRZ 1987, 682; 1. Familiensenat OLG Hamm, FamRZ 1987, 1302; OLG Braunschweig FamRZ 1988, 427). Dagegen erscheint es zu pauschaliert, den Kindesunterhalt mit 2/3 der in der sog. "XXX Tabelle" aufgeführten Unterhaltsbeträge zu bemessen (vgl. OLG Düsseldorf a.a.O.). Eine solche Vorgehensweise trägt den wirtschaftlichen Gegebenheiten in XXX nur unzureichend Rechnung, während andererseits der von Bytomski (FamRZ 1987, 511 ff.) vorgeschlagene Ansatz des doppelten XXX Mindestkindesunterhalts der Lebensstellung des in XXX wohnenden Unterhaltspflichtigen nicht hinreichend Rechnung trägt.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Antragsgegner hat ein Einkommen von unter 800,- DM monatlich. Der Bedarf seiner siebenjährigen Tochter beträgt danach derzeit monatlich 276,- DM und ab dem 01.01.1989 304,- DM pro Monat (vgl. die Sätze der Kindesunterhaltstabelle zu Ziff. 18 der Leitlinien zum Unterhaltsrecht der Familiensenate des Oberlandesgerichts XXX Stand 01.01.1985 und 01.01.1989, FamRZ 1984, 963 ff., FamRZ 1988, 1137). Ausweislich des vom statistischen Bundesamt herausgegebenen Vergleichs der Verbrauchergeldparitäten für allgemeine Zwecke (vgl. statistisches Jahrbuch für die XXX 1988, S. 721) entsprechen 10.000 zl der Kaufkraft von 185,91 DM einschließlich der Kosten für Wohnraumbeschaffung. Die vorgenannten Mindesttabellensätze kommen daher einer Kaufkraft von 14.845,89 zl (10.000 x 276 : 185,91) bzw. 16.352 (10.000 x 304 : 185,91) gleich. Diese Beträge sind nach dem amtlichen Wechselkurs in DM umzurechnen. Nach der vom Senat eingeholten telefonischen der XXX in XXX vom 19.12.1988 betrug der amtliche, polnische Ankaufkurs in der Woche vom 07.11 - bis zum 13.11.1988 1,- DM : 271,91 zl. Das ergibt Kindesunterhaltsbeträge von 54,59 DM (14.845,89 DM : 271,91 DM) = gerundet 55,- DM und 60,14 DM (16.352 : 271,91) = gerundet 60,- DM.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Antragsgegner ist in Höhe dieser Beträge, die nur geringfügig über demjenigen liegen, was er nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Familiengericht (Bl. 11 bis 13 GA) ohnehin freiwillig aufbringen will, leistungsfähig. Er ist gemäß § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB dem Kinde gegenüber gesteigert unterhaltspflichtig, da ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter im Sinne des § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht vorhanden ist. Der Antragsgegner kann sich nicht darauf berufen, mit seinem Einkommen aus BAFÖG von jetzt 770,- DM monatlich noch unter dem sog. kleinen Selbstbehalt von 910,- DM zu liegen, da von ihm verlangt werden kann, den Kindesunterhalt durch Einkünfte aus Erwerbstätigkeit aufzubringen. Der Antragsgegner hat in XXX im Jahre 1977 das Abitur mit dem Fachtitel "Techniker für bildende Künste im Spezialisierungsbereich Kunstschmied" erlangt. Anschließend studierte er an der XXX Kunsterziehung. Dieses Studium brach der Antragsgegner am 30.03.1980 ab. Danach war er in verschiedenen Anstellungen erwerbstätig, bis er am 01.01.1984 in die XXX übersiedelte. Bei dieser Biographie des Antragsgegners ist es zumindest zweifelhaft, ob es unterhaltsrechtlich beachtlich ist, daß der Antragsgegner in der XXX keiner Erwerbstätigkeit nachgeht, sondern Graphik im Studiengang visuelle Kommunikation studiert, auch wenn nicht zu verkennen ist, daß seine Erwerbschancen auf dem hiesigen Arbeitsmarkt mit dem Erwerb eines Studienabschlusses steigen. Denn zu berücksichtigen ist, daß der Antragsgegner sein Studium erst im Wintersemester 1986/1987 aufgenommen hat, ohne darzutun, was er in den 2 1/2 Jahren zwischen seiner Aussiedlung und dem Studienbeginn getan hat. Mangels entgegenstehender Darlegung des Antragsgegners muß davon ausgegangen werden, daß es ihm bis zur Aufnahme des Studiums zumindest möglich war durch Hilfsarbeiten und ähnliche Erwerbstätigkeiten Rücklagen zu bilden, aus denen der äußerst geringfügige Unterhalt seines in XXX lebenden Kindes auch während der Dauer seines Studiums sichergestellt werden konnte. Daß entsprechende Arbeitsstellen nicht zu bekommen waren, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich.</p>
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315,292 | ag-neuss-1988-12-23-36-c-52488 | {
"id": 713,
"name": "Amtsgericht Neuss",
"slug": "ag-neuss",
"city": 473,
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"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 36 C 524/88 | "1988-12-23T00:00:00" | "2019-03-13T14:51:36" | "2022-10-18T15:08:39" | Urteil | ECLI:DE:AGNE:1988:1223.36C524.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Tatbestand:</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Mit Mietvertrag vom 29.08.1980, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird (Bl. 31, 32 d.A.), hat der Beklagte eine Wohnung unter der im Rubrum genannten Anschrift gemietet. Der Kläger ist Verwalter der Eigentümergemeinschaft Q-Straße bis 27 und 26 bis 48. Mit dem jetzigen Vermieter des Beklagten hat der Kläger am 10. August 1988 einen Vertrag über die Verwaltung der von dem Beklagten bewohnten Wohnung abgegschlossen. In dem Vertrag, der die Überschrift trägt "Verwaltung des Sondereigentumes der Wohnanlage E - Q-Straße bis 27 und 26 bis 48" heißt es u.a.: "Hiermit beauftragen wir Herrn (es folgt der Name des Klägers) zusätzlich zu der über die WEG bereits in Auftrag gegebene Verwlatung auch die Verwaltung unseres Sondereigentums vorzunehmen .... Die zusätzlichen Verwaltergebühren betragen je Wohneinheit monatlich 8,00 DM plus gesetzliche Mehrwertsteuer... Der Verwalter ist befugt, Mieten, Nebenkosten oder sonstige Nutzungsentgelte in eigenem Namen für Rechnung des Sondereigentümers.... gerichtlich geltend zu machen. Eine entsprechende Prozessführungsbefugnis wird hiermit erteilt."</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger von dem Beklagten die Zahlung rückständiger Betriebskosten für das Abrechnungsjahr 1986 in Höhe von 173,24 DM.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">wie im Mahnbescheid.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass der Kläger berechtigt sein soll, Miete, Nebenkosten oder sonstige Nutzungsentgelte im eigenen Namen für Rechnung des Vermieters gerichtlich geltend zu machen. Im übrigen beanstandet er die Betriebskostenabrechnung.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe:</u></p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist ohne weitere Sachprüfung durch Prozessurteil als unzulässig abzuweisen. Dem Kläger fehlt die von Amts wegen zu prüfende Prozessführungsbefugnis, d.h. er ist nicht berechtigt, den Prozess als (richtige) Partei im eigenen Namen zu führen. Der Kläger macht als Prozesstandschafter eine dem Vermieter des Beklagten zustehende Mietzinsforderung geltend, ohne hierzu nach den Grundsätzen der sog. gewillkürten Prozessstandschaft befugt zu sein. Die gewillkürte Prozessstandschaft setzt zu ihrer prozessrechtlichen Zulässigkeit die Ermächtigung des Rechtsinhabers zur Prozessführung des Prozessstandschafters in dessen eigenen Namen und ferner ein eigenes rechtschutzwürdiges Interesse des Prozessstandschafters an der gerichtlichen Durchsetzung des fremden Rechts voraus (BGH DB 1988, 798; BGHZ 96, 151, 152; 94, 117, 121; 78, 1 , 4). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der Kläger hat weder eine rechtswirksame Ermächtigung des derzeitigen Rechtsinhabers (= Vermieter) noch ein schutzwürdiges eigenes rechtliches Interesse an der Prozessführung dargetan. Aus dem Verwaltervertrag vom 10.08.1988 kann der Kläger seine Berechtigung zur Prozessführung nicht herleiten, denn die Ermächtigung des Rechtsinhabers berechtigt nur dann zur Prozessführung, wenn sie sich auf einen bestimmten Anspruch und eine bestimmte Rechtsstreitigkeit bezieht. Eine Generalermächtigung, wie sie in dem Verwaltervertrag enthalten ist, ist nichtig, § 134 BGB (OLG L2, WRP 1985, 659; Zöller-Vollkommer, ZPO, 15. Aufl., Vor § 50 Randnr. 45). Sie verstößt gegen Art. 1, § 1 Abs. 1 RBeratG, weil dem Kläger mit der Befugnis zur Führung aller Mietzinsprozesse die geschäftsmäßige Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten übertragen wird, diese dem Kläger aber nicht gestattet ist (vgl. AG O 36 C 589/87, Urteil v. 20. Mai 1988, OLG L2, a.a.O.).</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Auch Art. 1, § 5 Nr. 3 RBeratG rechtfertigt keine andere Beurteilung. Soweit der Hausverwalter danach auch ohne besondere Erlaubnis berechtigt ist, die mit der Verwaltung in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Rechtsangelegenheiten zu erledigen, erfasst diese Freistellung vom Erlaubniszwang des RBeratG nicht die Befugnis zur gerichtlichen Durchsetzung fremder Rechte (vgl. Altenhoff, Busch, Kampmann, D, RBeratG, 8. Aufl. 1987, Art. 1, § 5 RdNr. 381 ff; Schorn, Die Rechtsberatung, 2. Aufl. 1967, S. 248). Die sachgerechte Ausübung seiner Tätigkeit als Wohnungsverwalter ist dem Kläger auch ohne die Möglichkeit der Prozessführung gegeben.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Darüberhinaus fehlt dem Kläger das eigene rechtsschutzwürdige Interesse an der Prozessführung. Der Kläger mag im Hinblick auf den abgeschlossenen Verwaltervertrag und den ihm hieraus zustehenden Vergütungsanspruch ein wirtschaftliches Interesse an der Prozesstandschaft haben. Allein dieses reicht jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nicht aus um das für die gewillkürte Prozesstandschaft erforderliche eigene rechtliche Interesse zu bejahen (BGH VersR 1985, 154, 155; Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht von A-Z, 12. Aufl. 1988, S. 169; Sternel, Mietrecht 3. Aufl. 1988, V RdNr. 18). Soweit demgegenüber in der Rechtsprechung und im Schrifttum das eigene rechtliche Interesse des Hausverwalters vereinzelt mit dem Argument begründet wird, es bestehe kein Grund, den Hausverwalter anders zu behandeln als den Provisionsvertreter, dessen Prozessführungsbefugnis anerkannt sei (vgl. AG C, WM 1984, 167; Scholzen, ZMR 1981, 3), kann dem in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden. Anders als bei der vorliegenden Vertragsgestaltung ist nämlich der Anspruch auf Provision im Regelfall erfolgsabhängig. Er entfällt, wenn das provisionspflichtige Geschäft (z.B. wegen Nichtzahlung des Kaufpreises, der Versicherungsprämie) nicht zur Ausführung gelangt (vgl. § 87 a Abs. 2 HGB), so dass die Realisierung der Klageforderung unmittelbare Auswirkungen auf das Rechtsverhältnis des Provisionsberechtigten hat und die Bejahung der Prozessführungsbefugnis mit dieser Erwägung vertretbar erscheint.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91, 708 Nr. 11, 713 ZPO.</p>
|
315,293 | lg-duisburg-1988-12-22-5-s-3588 | {
"id": 807,
"name": "Landgericht Duisburg",
"slug": "lg-duisburg",
"city": 408,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 5 S 35/88 | "1988-12-22T00:00:00" | "2019-03-13T14:51:38" | "2022-10-18T15:08:39" | Urteil | ECLI:DE:LGDU:1988:1222.5S35.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amts-</p>
<p> gerichts Duisburg-Ruhrort vom 14. Januar 1988 </p>
<p> (8 C 665/87) wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p> Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem</p>
<p> Kläger zur Last.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>T a t b e s t a n d :</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger unterhält in bei der Beklagten das Konto Nr. 0836213. Von diesem Konto buchte die Beklagte zu seinen Lasten am 06. Februar 1987 sowie am 23. Februar 1987 jeweils 403,-- DM ab, nämlich jeweils 400,-- DM als mittels Geldautomaten abgehobenen Betrag sowie 3,-- DM Gebühren. Die Parteien streiten darum, ob diese Belastung des Kontos des Klägers zu Recht erfolgte.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Kläger war im Besitz einer von der Beklagten ausgehändigten Euroscheckkarte mit Magnetstreifen. Am 07.10.1985 erhielt er von der Beklagten seine persönliche Identifikationsnummer (im folgenden PIN-Nummer). Dabei wurde er auf die in den Geschäftsräumen der Filiale aushängenden "Bedingungen für die Benutzung von </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">ec-Geldautomaten" hingewiesen, bereits früher war er auf die "Bedingungen für eurocheque-Karten" hingewiesen worden. Während des Jahres 1986 nahm die Beklagte 9 Belastungen au seinem Konto vor, die auf Bargeldabhebungen an </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">ec-Gelautomaten der unter Verwendung der Scheckkarte und PIN-Nummer des Klägers getätigt wurden und die sämtlich unbeanstandet blieben.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Gutschrift von 806,-- DM für die Abhebungen vom 06. Februar und 23. Februar 1987.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Er behauptet:</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">An diesen Tagen habe er keine Abhebungen vorgenommen. Entweder habe der Geldautomat Beträge, die er anderen Benutzern ausgegeben habe, fehlerhaft für sein Konto verbucht, oder aber Dritte hätten unbefugt durch Manipulation unter Verwendung seiner - des Klägers - Daten die Beträge an den ec-Geldautomaten der abgehoben. Dazu könnten sie jedoch nicht seine - des Klägers - Karte verwandt haben, da er diese nie vermißt habe. Seine PIN-Nummer habe er stets verschlossen in seinem Schreibtisch aufbewahrt.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Kläger meint, die Bedingungen für die Benutzung von Geldautomaten verstießen gegen das AGBG. Die Freizeichnungsklausel in Ziff. 6 der Bedingungen treffe im vorliegenden Fall nicht zu; diese Klausel sei auch mit dem AGBG unvereinbar. Für die Unsicherheiten, die mit der Ausgabe von ec-Magnetkarten ausgingen, müsse die Bank haften.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte behauptet, daß die Abhebungen am 06. Februar und 23. Februar 1987 unter Verwendung der ec-Karte des Klägers vorgenommen seien. Die Geldautoma-ten hätten störungsfrei funktioniert, wie der Buchungsstreifen der zeige. Zudem er-gebe sich auch aus der ec-Magnetkarte, die der Kläger nach seiner Beanstandung bei der Beklagte abgegeben hat, daß mit dieser Karte zuletzt am 23. Februar 1987 Geld von einem Geldautomaten abgehoben worden sei.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte meint, sie sei nach Ziff. 6 der "Bedingungen für die Benutzung von </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">ec-Geldautomaten" zur Belastung des Kontos des Klägers berechtigt gewesen; diese Bedingungen seien auch wirksam</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat zur ordnungsgemäßen Funktion der Geldautomaten sowie zu den auf die Magnetkarte des Klägers geschriebenen Daten Beweis erhoben und die Klage dann abgewiesen, weil die Beklagte die Abbuchungen vom Konto des Klägers berechtigt vorgenommen habe. Es stehe fest, daß diese unter Verwendung der </p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">ec-Karte und PIN-Nummer des Klägers vorgenommen worden seien und der Kläger dann, wenn er die Abhebungen nicht selbst vorgenommen habe, jedenfalls das Risiko einer unbefugten Verwendung seiner ec-Magnetstreifenkarte und PIN-Num-mer durch Dritte trage.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil wendet der Kläger sich mit seiner form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung. Er begehrt weiter die Gutschrift der belasteten Beträge und bleibt dabei, daß die Belastung seines Kontos entweder auf Fehlfunktionen der Geldautomaten der oder auf Manipulation Dritter beruhten. Hierzu hat der Kläger umfangreiches Material, insbesondere der Sendung </p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">"ARD-Ratgeber Technik" vorgelegt.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend und meint, wenn der Kläger die Abhebungen an den ec-Geldautomaten der nicht selbst vorgenommen habe, dann jedenfalls jemand, dem er seine ec-Karte sowie PIN-Nummer zugänglich gemacht habe.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Kammer hat zur Frage der auf die ec-Magnetstreifenkarte des Klägers geschriebenen Daten sowie zur Funktionsweise des Geldautomatensystems Beweis erhoben durch Einholung eines mündlichen Gutachtens des Dipl.-Volkswirts Dr. </p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">aus .</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks"><b><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :</u></b></p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat die Klage zutreffend abgewiesen, denn sie ist nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gutschrift von 806,-- DM auf seinem Girokonto 0836213 nach § 812 I 1 BGB. Denn die Beklagte war aus Ziff. 4 Satz 2 und Ziff. 5 ihrer "Bedingungen für die Benutzung von ec-Geldautomaten" be--rechtigt, diesen Betrag vom Konto des Klägers abzubuchen. Es steht fest, daß am 06. Februar 1987 und 23. Februar 1987 jeweils 400,-- DM von verschiedenen Geld-automaten der unter Verwendung der ec-Magnetstreifenkarte sowie PIN-Nummer des Klägers abgehoben worden sind.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat diese Behauptung bewiesen. Die Buchungsgeräte der haben am 06.02.1987 für die Zweigstelle und am 23.02.1987 für die Hauptstelle jeweils die Abhebung von 400,-- DM an Geldautomaten vermerkt und dabei zutreffend die in der ec-Magnetstreifenkarte des Klägers notierten Daten der Verfalldaten, Kontonummer und Bankleitzahl notiert. Der vom Amtsgericht zur Funktion der Geldautomaten der vernommene Angestellte der hat bekundet, daß die Geldautomaten an beiden Tagen ohne jede registriete Störung gearbeitet hätten. Er hat die dem Gericht vorgelegten Journalstreifen der erläutert. Bedenken gegen die Richtigkeit der Angaben des Zeugen bestehen nicht. Sie werden im Gegenteil bestätigt durch die Angaben des von der Kammer gehörten Sachverständigen Dr. , der aus den vorgelegten<i> </i>Journalstreifen ebenfalls eine störungsfreie Vornahme der beiden Abbuchungen erkennen konnte.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat ebenfalls bewiesen, daß die ec-Magnetkarte des Klägers, die dieser ihr nach Beanstandung der Abhebungen abgeliefert hat, die Information enthält, daß mit dieser Karte zuletzt am 23. Februar 1987 ohne Fehlversuch Geld von einem ec-Geldautomaten abgehoben wurde. Die vom Amtsgericht hierzu vernommene Bedienstete der Kartenauswertungsstelle der Beklagten hat diese Behauptung der Klägerin bestätigt. Auch der hierzu von der Kammer ergänzend gehörte Sachverständige Dr. hat diese Behauptung der Klägerin bestätigt. Er hat unter Verwendung eines entsprechenden Kartenlesegeräts der Kammer an Gerichtsstelle erläutert und demonstriert, welche Informationen auf den Magnetstreifen von ec-Karten enthalten sind und welche Informationen auf die Magnetstreifen dieser Karten bei der Abhebung von Geldautomaten geschrieben werden. Der Sachverständige hat erläutert, daß ein Geldautomat nach Einführen der ec-Magnetstreifenkarte zunächst prüft, ob er diese Karte überhaupt lesen kann. Wenn er das kann, beginnt seine Prüfung u. a. auf Übereinstimmung der Daten mit dem MM-Merkmal, das in Verbindung mit den auf den Magnetstreifen gespeicherten Daten verhindern soll, daß mittels einer Leerkarte eine Kartendoublette erstellt wird. Denn nur auf der einmal ausgegebenen Originalkarte stimmen die Informationen des Magnetstreifens mit dem MM-Merkmal der Karten überein. Wenn die Voraussetzun-gen vorliegen, gibt der Automat den gewünschten Geldbetrag aus und schreibt die Abhebung auf die Magnetkarte zurück. Anschließend liest er diese zur Kontrolle nochmals ab, bevor er sie wieder ausgibt. Die Kammer folgt den eingehenden Ausführungen des Sachverständigen. Sie waren gut verständlich und plausibel, Zweifel an ihrer Richtigkeit sind nicht ersichtlich, insbesondere auch nicht durch das vom Kläger vorgelegte umfangreiche Protokollmaterial der Sendung "ARD-Ratgeber Technik". Der Sachverständige hat mehrere ihm von der Kammer sowie den Prozeßbevollmächtigten vorgelegte ec-Magnetkarten, deren Daten er nicht kennen konnte, ausgewertet und ist stets zum zutreffenden Ergebnis dazu gelangt, ob mit dieser Karte überhaupt jemals abgehoben wurden, und wenn ja, wann.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Der Schluß, daß die Abhebungen am 06. Februar 1987 und 23. Februar 1987 unter Verwendung der ec-Magnetkarte sowie PIN-Nummer des Klägers vorgenommen worden sind, ist zwingend. Dies weisen nicht nur die beiden Journalstreifen der aus, vielmehr ergibt sich sogar aus der vom Kläger eingereichten ec-Magnetkarte selbst, daß diese zur Geldabhebung am 23. Februar 1987 eingesetzt wurde und daß bei dieser Abhebung sogleich die richtige PIN-Nummer ohne Fehlversuch eingegeben wurde. Gerade daß sich diese Daten aus der Magnetkarte des Klägers lesen lassen, ist ein ganz wesentliches Indiz für die Verwendung dieser Karten und der richtigen PIN-Nummer. Aus diesem Grund braucht die Kammer sich auch nicht mit sämtlichen Fragen, ob und ggf. wie durch unbefugte Dritte das Geldautomatensystem mißbraucht werden könnte, zu befassen. Denn jedenfalls bei der zweiten Abhebung am 23.02.1987 ist die ec-Magnetkarte des Klägers verwandt worden. Dann spricht aber alles dafür, daß mit dieser Karte und mit der PIN-Nummer des Klägers auch am 06.02.1987 400,-- DM bei dem Geldautomaten der Zweigestelle der abgehoben wurden. Denn es ist ganz unwahrscheinlich, daß sich gleich zweimal bei den Buchungsautomaten der Fehler eingeschlichen hätten und sich dieser Fehler für die zweite Abbuchung auch auf dem Magnetstreifen der Karte des Klägers bzw. bei der Ablesung dieses Magnetstreifens wiederholt hätte. Zwar wäre es nach den Ausfüh-rungen des Sachverständigen Dr. theoretisch möglich, mit einem Kartenlesegerät bei Kenntnis des entsprechenden Programms auf dem Magnetstreifen der ec-Karte des Klägers sowohl den Fehlbedienungszähler zurückzuschreiben als auch das Datum der letzten Abhebung einzugeben. Die Kammer hat aber keine Anhaltspunkte dafür, daß die Angestellte der Kartenlesestelle der Beklagten beim Ablesen der Informa-tionen auf der Karte des Klägers diese verändert hätte. Eine solche Manipulation erscheint nicht nur wegen des geringfügigen Betrags von 400,-- DM am 23. Februar 1987 abwegig, sie würde auch immer noch nicht erklären, wie die der Karte des Klägers entnommenen Informationen am 06. Februar 1987 in dem Buchungsauto-maten der registriert worden sein können. Sehr viel naheliegender ist vielmehr die Erklärung, daß entweder der Kläger selbst oder eine Person, die sowohl an die ec-Magnetkarte des Klägers als auch an die in seinem Schreibtisch verschlossen aufbewahrte (und nicht vernichtete) PIN-Nummer gelangen konnte, die Abhebungen vorgenommen hat.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Da feststeht, daß die Abhebungen an dem Geldautomaten der am 06. Februar 1987 und 23. Februar 1987 mit der ec-Magnetstreifenkarte des Klägers unter Verwendung der diesem ausgegebenen PIN-Nummer getätigt wurden, hat die Beklagte aus Ziffern 4 und 5 ihrer "Bedingungen für die Benutzung von ec-Geld-automaten" einen Aufwendungsersatzanspruch, der sie zur Abbuchung berechtigte. Denn nach Ziffer 4 dieser Bedingungen ist der Kontoinhaber dem kontoführenden Kreditinstitut zum Ersatz aller Aufwendungen verpflichtet, die durch die Benutzung von ec-Geldautomaten unter Verwendung einer für sein Konto ausgegebenen Euroscheck-Karte mit Magnetstreifen sowie durch den Einzug der ausgezahlten Beträge auf dem üblichen Inkassoweg entstehen; aus Ziffer 5 der Bedingungen folgt die Berechtigung der Beklagten, auf dem Konto Beträge, die unter Verwendung der für das Konto ausgegebenen Euroscheck-Karte mit Magnetstreifen durch einen </p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">ec-Geldautomaten ausbezahlt wurden sowie hierfür anfallende Aufwendungen, auch bei mangelndem Guthaben zu belasten. Diese Bedingungen der Beklagten sind wirksam in das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien einbezogen worden; der Kläger hat schriftlich bestätigt, auf sie hingewiesen worden zu sein. Sie lagen in der vom Kläger genutzten Filiale aus. Diese Regelung in Ziffer 4 und Ziffer 5 der "Bedingungen für die Benutzung von ec-Geldautomaten" der Beklagten verstoßen auch nicht gegen das AGBG, insbesondere nicht gegen § 9 AGBG. Sie benach-teiligten den Kontoinhaber nicht unverhältnismäßig. Es liegt an ihm, wie gut er seine ec-Magnetstreifenkarte vor Mißbrauch schützt. Zudem ist kein Kontoinhaber ver-pflichtet, eine ec-<u>Magnetstreifen</u>karte in Empfang zu nehmen. Er kann mit seinem Kreditinstitut vereinbaren, daß der Magnetstreifen so unbrauchbar gemacht wird, daß mit ihm keine Abhebungen von ec-Geldautomaten getätigt werden können. Sollte sein Kreditinstitut dazu nicht bereit sei, kann er es wechseln; bei der Vielzahl der in der Bundesrepublik Deutschland tätigen Kreditinstitute wird er sich er eines finden, welches ihm eine Scheckkarte ausgibt, mit der keine Abhebungen an Geldautomaten vorgenommen werden können.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Frage, ob auch Ziffer 6 der "Bedingungen für die Benutzung von ec-Geld-automaten", nach der der Kontoinhaber grundsätzlich alle Schäden trägt, die durch eine unsachgemäße oder mißbräuchliche Verwendung oder durch Verfälschung einer auf sein Konto ausgegebenen Euroscheck-Karte mit Magnetstreifen entstehen, mit dem AGBG vereinbar ist, braucht nicht entschieden zu werden. Diese Klausel ist nicht einschlägig. Denn danach hat der Kontoinhaber nur die für durch unsachge-mäße oder mißbräuchliche Verwendung der Magnetstreifenkarte entstandenen <u>Schäden</u> einzustehen. Ein Schaden ist der Beklagten durch die Abhebungen vom 06. Februar 1987 und 23. Februar 1987 jedoch nicht entstanden, insbesondere sind die Geldautomaten nicht funktionsuntüchtig geworden. Sie hat aus diesen Abhebun-gen lediglich Aufwendungen gegenüber der gehabt, um deren Ersatz es nunmehr geht.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 I ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Streitwert für das Berufungsverfahren: 806,-- DM.</p>
|
315,294 | olgk-1988-12-20-ss-65688 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | Ss 656/88 | "1988-12-20T00:00:00" | "2019-03-13T14:51:39" | "2022-10-18T15:08:39" | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1988:1220.SS656.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Das angefochtene Urteil wird mit seinen Feststellungen aufgehoben.</p>
<p></p>
<p>Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens vor dem Rechtsbeschwerdegericht, an das Amtsgericht Köln zurückverwiesen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen (vorsätzlicher) Mißachtung der 0,8 Promille-Grenze zu
einer Geldbuße von 900,00 DM und einem Fahrverbot von 3 Monaten verurteilt (§§ 24 a, 25 StVG).</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Nach den Feststellungen soll der einschlägig vorbelastete Betroffene am 2. März 1988 seinen PKW
auf öffentlichen Straßen in Frechen geführt haben, obwohl er eine Alkoholmenge im Blut hatte,
die zu einer Blutalkoholkonzentration von 1,04 Promille führte. Die Einlassung des Betroffenen, nicht er,
sondern ein Herr D. habe das Fahrzeug gesteuert, hat das Amtsgericht ohne Anhörung der vom Betroffenen
benannten Zeugen als widerlegt angesehen mit der Begründung, die hierzu vernommenen Polizeibeamten hätten
den Betroffenen einwandfrei als Fahrer erkannt.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der im wesentlichen beanstandet wird, das
Amtsgericht habe "vorweggenommene Beweiswürdigung" betrieben und damit die Aufklärungspflicht
verletzt.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Rechtsbeschwerde hat (vorläufigen) Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die von der Verteidigung ordnungsgemäß (§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG i.V.m. § 344 Abs. 2 Satz
2 StPO) erhobene Rüge der Verletzung der Aufklärungspflicht (§ 77 Abs. 1 OWiG) greift durch.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Verteidigung hat in der Hauptverhandlung vom 31. August 1988 u.a. beantragt, zum Beweise dafür,
daß der Betroffene den PKW nicht gesteuert habe, den angeblichen Fahrzeugführer, Herrn D. und die
Beifahrerin, Frau C., als Zeugen zu vernehmen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat diesen Antrag</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks"><i>"gemäß § 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG im Hinblick auf die beiden vorliegenden Zeugenaussagen
(erg.: der Polizeibeamten), die glaubhaft und widerspruchsfrei sind",</i></p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">abgelehnt.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Diese Entscheidung ist rechtsfehlerhaft.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">§ 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG bestimmt, daß ein Beweisantrag <u>auch</u> abgelehnt werden kann, wenn
das Gericht den Sachverhalt nach dem bisherigen Ergebnis der Beweisaufnahme für geklärt und die
(weitere) Beweiserhebung nach pflichtgemäßem Ermessen zur Erforschung der Wahrheit nicht für
erforderlich hält.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Ablehnung eines Beweisantrags steht damit nicht im Belieben des Gerichts und darf vor allem nicht
willkürlich erfolgen. Zur Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens gehört, daß
der Grundsatz der Wahrheitserforschungspflicht (§ 77 Abs. 1 OWiG) - unter Berücksichtigung der
Bedeutung der Sache - beachtet wird (Rebmann/Roth/Herrmann, OWiG, § 77 Rn. 11). Drängt sich danach
die Erhebung eines angebotenen Beweises auf oder liegt sie zumindest nahe, muß das Gericht dem Antrag
nachgehen, anderenfalls verletzt es seine Aufklärungspflicht (ständige Senatsrechtsprechung; vgl.
zu § 77 OWiG n.F.: SenE StV 1988, 335, 336; Göhler, OWiG, 8. Aufl., § 77 Rn. 3, 11;
Rebmann/Roth/Herrmann a.a.O. Rn. 3, 11; jeweils mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung). Nach der
Neufassung des § 77 OWiG gilt das Verbot einer dem Betroffenen ungünstigen Vorwegnahme der
Beweiswürdigung demzufolge zwar nicht mehr uneingeschränkt (Göhler a.a.O. § 77 Rn. 12). Es kommt
auf das Gewicht der Ergebnisse der bisherigen Beweisaufnahme im Verhältnis zu den beantragten Beweisen an
(Rebmann/Roth/Herrmann a.a.O.; zur früheren Rechtslage: OLG Hamm VRS 67, 450). Ist der Sachverhalt aufgrund
verläßlicher Beweismittel und ohne Mißachtung der Aufklärungspflicht so eindeutig geklärt,
daß die beantragte Beweiserhebung an der gerichtlichen Überzeugung nichts ändern würde, darf von
weiterer Beweiserhebung abgesehen werden (Rebmann/Roth/Herrmann a.a.O.). Diese Voraussetzungen sind jedoch
regelmäßig nicht erfüllt, wenn sich gleichwertige Beweismittel gegenüberstehen. So kann ein
Beweisantrag auf Vernehmung eines weiteren Zeugen, die der Entkräftung eines Beweisergebnisses dienen soll,
das auf der Aussage eines einzigen Zeugen beruht, im allgemeinen nicht abgelehnt werden, weil es sich in einem
solchen Fall aufdrängt oder jedenfalls naheliegt, den benannten "Gegenzeugen" anzuhören, um
die Wahrheit herauszufinden (Göhler a.a.O. § 77 Rn. 14 unter Hinweis auf die insoweit noch verwertbare
Rechtsprechung zu § 77 OWiG a.F., insbesondere auf KG VRS 65, 212).</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Bei Anwendung dieser Grundsätze hat das Amtsgericht durch die auf § 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG gestützte
Ablehnung des vom Betroffenen gestellten Antrags, Herrn D. und Frau C. zu der Behauptung, nicht er sondern D. habe
das Fahrzeug gesteuert, als Zeugen zu vernehmen, gegen die Aufklärungspflicht des § 77 Abs. 1 OWiG
verstoßen. Nachdem der Verdacht, der Betroffene habe den PKW (alkoholisiert) geführt, in der Hauptverhandlung
allein durch die beiden Polizeibeamten, die Anzeige erstattet hatten, bestätigt worden war, während der.
Betroffene selbst einen anderen als Fahrer bezeichnete, hätte es jedenfalls nahegelegen, die von ihm benannten
"Gegenzeugen" zu hören. Zwar haben hier <u>zwei</u> Polizeibeamte übereinstimmend ausgesagt, den
Betroffenen an Steuer des Fahrzeugs erkannt zu haben. Im Unterschied zur angeführten Rechtsprechung beruht dar
Sachverhalt, von dem das Amtsgericht ausgegangen ist, also nicht ausschließlich auf den Bekundungen <u>eines</u>
einzigen Belastungszeugen. Dennoch darf nicht außer acht gelassen werden, daß Polizeibeamte, die (wie die
Zeugen M. und S.) gemeinsam Dienst tun und dabei aufeinander angewiesen sind, ein beträchtliches Interesse daran
haben können, daß ihre Angaben über dienstliche Handlungen oder Beobachtungen möglichst exakt
übereinstimmen, damit keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit ihres Vorgehens auftreten. Es läßt
sich daher nicht völlig ausschließen, daß die Aussagen aufeinander abgestimmt werden. Dadurch
können Wahrnehmungsfehler des einen Zeugen auf den anderen übertragen werden mit der Folge, daß
die "übereinstimmenden" Bekundungen der betreffenden Zeugengruppe gleichwohl ein unzutreffendes
Gesamtbild ergeben. Deshalb ist es in Fällen, in denen kein einzelner Belastungszeuge, sondern eine durch
gemeinsame Dienstausübung miteinander verbundene Zeugengruppe auftritt, aus Gründen einer
verläßlichen Wahrheitserforschung, in der Regel angebracht, benannte "Gegenzeugen" zu vernehmen
(SenE VRS 74, 372, 375), schon damit dem Betroffenen nicht der unzutreffende Eindruck vermittelt wird, das Tatgericht
verlasse sich unbesehen auf die Aussagen von Polizeibeamten und betrachte andere Zeugen als "Zeugen zweiter
Klasse", denen nur eine geringere Glaubwürdigkeit zukomme.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Da es hier nach allem geboten gewesen wäre, im Rahmen der Aufklärungspflicht dem Beweisantrag auf
Zeugenvernehmung des Herrn D. und der Frau C. nachzugehen, stellt sich die Ablehnung jenes Antrags unter
vorweggenommener Wertung der nicht erhobenen Beweise als Verfahrensmangel dar, der zur Aufhebung des angefochtenen
Urteils zwingt. Auf der rechtsfehlerhaften Ablehnung des Beweisantrags kann die Entscheidung auch beruhen, weil nicht
auszuschließen ist, daß bei einer Vernehmung der "Gegenzeugen" das Urteil zugunsten des Betroffenen
ausgefallen wäre.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Nach § 79 Abs. 6 OWiG ist die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an die Abteilung des Amtsgerichts,
die entschieden hat, zurückzuverweisen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Für die neue Verhandlung wird bemerkt:</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Der Hinweis, daß die Blutalkoholkonzentration mit 1,04 Promille "nicht unerheblich über 0,8
Promille" liege, reicht für die Annahme des Vorsatzes nicht aus (vgl. OLG Köln VRS 67, 226; StV
1984, 516; SenE vom 3. April 1987 - Ss 113/87 -; Jagusch/Hentschel, StVR, 29. Aufl., § 316 Rn. 24;
Dreher/Tröndle, StGB, 44. Aufl., § 316 An. 9; Hentschel/Born, Trunkenheit im Straßenverkehr,
4. Aufl. Rn. 346; jeweils m.w.N.). Ferner ist es nicht zulässig, unbewiesenes Verteidigungsvorbringen zu
Lasten des Betroffenen zu verwerten (KK-Hürxthal, StPO, 2. Aufl., § 261 Rn. 57 m.w.N.). Das gilt hier
insbesondere für die Behauptung, der Betroffene habe nach Alkoholgenuß wegen Zweifeln an der eigenen
Fahrtüchtigkeit Herrn D. gebeten, ihn zu fahren.</p>
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315,295 | olgham-1988-12-16-20-u-12388 | {
"id": 821,
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} | 20 U 123/88 | "1988-12-16T00:00:00" | "2019-03-13T14:51:41" | "2022-10-18T15:08:39" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1988:1216.20U123.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung des. Rechtsmittels im übrigen, sowie unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten das am 3. Februar 1988 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:</p>
<p>Die Beklagte wird verurteilt, auf das Konto des Klägers Nr.: ... bei der Kreissparkasse ... 341.636,65 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 17. November 1984 zu zahlen.</p>
<p>Wegen der Mehrforderung wird die Klage abgewiesen.</p>
<p>Es wird ferner festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger weitere 182.131,- DM zu zahlen, sofern er innerhalb von 18 Monaten nach Rechtskraft des Urteils sichergestellt hat, daß er die Entschädigung verwenden wird, um ein Gebäude gleicher Art und Zweckbestimmung wie das am 16. Oktober 1984 zerstörte an bisheriger Stelle wieder herzustellen.</p>
<p>Die Kosten des ersten Rechtszuges tragen zu 28 % der Kläger, zu 72 % die Beklagte.</p>
<p>Die Kosten der Berufungsinstanz trägt die Beklagte.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 440.000,- DM abzuwenden, sofern nicht der Kläger zuvor Sicheheit in gleicher Höhe leistet.</p>
<p>Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,- DM abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p>
<p>Beide Parteien können die Sicherheit durch unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse erbringen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat bei der Beklagten aufgrund eines Antrages vom 11.12.1983 in Verbindung mit einem Änderungsantrag vom 05.04.1984 (Anlage 18 ff) für sein landwirtschaftliches Anwesen eine Feuerversicherung abgeschlossen, der die AFB und die NwlG 80 zugrundeliegen und die am 07.08.1984 policiert wurde. Ferner besteht bei der Beklagten eine Hausratversicherung zum Neuwert von 40.000,- DM. Zu den Gebäuden gehören das eigentliche Bauernhaus nebst Anbau, ferner Ställe und Scheunen (Remisen) (Skizzen Bl. 257 GA, 29 BA). Etwa 50 m abseits gelegen gehört noch dazu ein an einen Motorradclub als Vereinshaus vermietetes Schweizerhaus. Entprechend den gestellten Anträgen ist das Schweizerhaus mit 50.000,- DM zum Zeitwert, der Scheunentrakt mit Stallung in U-form gemäß Skizze zum Zeitwert in Höhe von 150.000,- DM und das Wohnhaus mit Anbau mit 600.000,- DM zum Neuwert versichert worden. Das Anwesen wurde vom Kläger bewohnt, aber nicht mehr landwirtschaftlich genutzt, sondern war im übrigen teils vermietet, unter anderem an eine Musikergruppe, und wurde teils auch zur Unterstellung von Fahrzeugen benutzt.</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Am frühen Morgen des 16.10.1984 brannte das Anwesen, ausgenommen das abseits stehende Schweizerhaus, vollständig aus. Die Feuerwehr riß die Giebelwand ein. Nachdem eine Ordnungsverfügung der Stadt ... vom 23.10.1984 (Bl. 98 GA) ergangen war, ließ der Kläger auch weitere Gebäudeteile abreißen. Der Brand wurde von dem Zeugen Uherek, der in dem Schweizerhaus übernachtet hatte, erstmals gegen 4.00 Uhr morgens bemerkt. Der Kläger hat in erster Instanz einen seiner Meinung nach unstreitigen Teilbetrag in Höhe von 475.966,- DM seines auf über 1 Million DM bezifferten Gesamtschadens geltend gemacht. Hilfsweise hat er sich auf den von den Parteien in einer Schadenaufstellung vom 23.01.1985 der Höhe nach festgelegten Hausratschaden (Bl. 273 ff BA) berufen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte vermutet, daß der Kläger sein Anwesen selbst in Brand gesetzt hat. Sie behauptet hierzu, dies habe er gegenüber den Zeugen ... und ... - Brandstiftung ist im Anschluß an das Gutachten ... (Bl. 45 ff BA) unstreitig - auch zugegeben. Dazu passe, daß, wie die Beklagte behauptet, der Schäferhund des Anwesens nicht angeschlagen habe, daß von der Polizei keine Spuren eines gewaltsamen Eindringens festgestellt worden seien, daß die Brandnester nur in selbst genutzten bzw. leeren Gebäudeteilen sich befunden hätten und daß der Kläger, als er unstreitig am nächsten Tag auf seiner Arbeitsstelle in ... von dem Brand informiert wurde, zunächst seinen Mercedes 500 in eine Werkstatt gebracht hat und erst dann zu seinem Hof gefahren ist. Der Kläger müsse auch ein Motiv gehabt haben, wie sich schon daraus ergebe, daß er nach dem Brand weitere Gebäudeteile habe niederlegen lassen. Der Kläger habe auch nicht, wie dieser behauptet hat, und wie der Portier ... bestätigt hat, die ganze Nacht in einem Hotel in ... geschlafen, sondern sei von ...achts zurück zu seinem Hof und dann - nach der Brandstiftung - wieder in das Hotel nach ... gefahren.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Bezüglich der Hausratversicherung beruft sich die Beklagte ebenfalls auf vorsätzliche Brandstiftung und ferner auf Obliegenheitsverletzung, weil, wie die Beklagte behauptet, der Kläger drei Langwaffen als gestohlen angegeben hat (Position 22 Bl. 275 BA), obwohl diese schon vorher von der Polizei beschlagnahmt gewesen seien.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Bei der Hausratversicherung liege eine geringfügige Unterversicherung vor, so daß allenfalls ein Betrag von 38.767,- DM zu ersetzen sei. Wegen des Gebäudeschadens bezieht sich die Beklagte auf ein zu diesem Zweck eingeholtes Gutachten ... (Anlage 1). Sie meint, wovon auch der Gutachter ausgegangen ist, daß nur die in der Skizze zum Gutachten unter der Position a) abgehandelten Teile des Bauernhauses zum Neuwert versichert seien und errechnet hieraus eine erhebliche Überversicherung des Wohnhauses und - dementsprechend - eine erhebliche Unterversicherung der übrigen durch den Brand in Mitleidenschaft gezogenen Gebäudeteile. Ferner verweist sie darauf, daß keinesfalls der Neuwertanteil bezüglich des Wohnhauses fällig sein könne. Sie errechnet so - unter Berücksichtigung insbesondere der Unterversicherung - einen Zeitwertschaden von 200.694,- DM.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat nach Vernehmung der Zeugen ... und ... - wegen der Aussagen wird auf Bl. 146 ff GA Bezug genommen - unter Abweisung der Klage im übrigen die Beklagte zur Zahlung von 200.694,- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 07.04.1987 - unter dem 06.04.1987 hatte die Staatsanwaltschaft endgültig die Einstellung des Verfahrens verfügt, nachdem bereits am 31.01.1985 das Verfahren schon einmal eingestellt worden war - auf das Konto des Klägers Nr. ... bei der Kreissparkasse ... verurteilt. Es hat den Beweis, daß der Kläger sein Anwesen in Brand gesetzt hat, nicht als geführt angesehen. Zur Schadenhöhe, so hat das LG weiter ausgeführt, habe der Kläger nichts Abweichendes vorgetragen, so daß von dem Vortrag der Beklagten auszugehen sei. Hinsichtlich des Hausratschadens gelte dasselbe, so daß die Beklagte insoweit wegen Obliegenheitsverletzung frei sei. Wegen der Begründung im einzelnen und zur weiteren Sachdarstellung wird auf die angefochtene Entscheidung (Bl. 156 ff GA) Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil wenden sich beide Parteien mit ihren jeweils form- und fristgerecht eingelegten Berufungen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Kläger behauptet, nur der U-förmige Trakt seines Anwesens sei zum Zeitwert, das Bauernhaus einschließlich der zugehörigen Tenne jedoch zum Neuwert versichert. Deshalb ergebe sich auch keine Unterversicherung und deshalb sei die Beklagte verpflichtet, den gemäß Gutachten ... errechneten Zeitwertschaden an den Gebäuden voll zu ersetzen. Er habe zur Hausratversicherung auch keine falschen Angaben gemacht, insbesondere habe er von seinem Vater mehrere Waffen geerbt, die zum Teil beschlagnahmt und, soweit angegeben, tatsächlich verbrannt seien. Auch insoweit liege keine Unterversicherung vor. Der Feststellungsantrag rechtfertige sich daraus, daß er ohne sichere Aussicht auf Entschädigung nicht habe bauen können und die Beklagte sich deshalb arglistig verhalte, wenn sie sich auf den Ablauf der Frist des §7 Abs. 2 NwlG 80 berufe.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat zuletzt beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">die Berufung der Beklagten zurückzuweisen,</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger über den zuerkannten Betrag von 200.694,- DM hinaus weitere 141.742,65 DM, insgesamt also 342.436,65 DM zu zahlen,</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">3.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">1 % Zinsen unter dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank, höchstens aber 6 % und mindestens 4 % von 80.000,- DM seit dem 17.11.1984 bis zum 14.02.1985,</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">4.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">10,75 % Zinsen aus 80.000,- DM seit dem 15.02.1985,</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">5.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">1 % Zinsen unter dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank, höchstens aber 6 % und mindestens 4 % von 262.436,65 DM seit dem 17.11.1984 zu zahlen,</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">6.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger weitere 182.131,- DM zu zahlen, sofern er innerhalb von 18 Monaten nach Rechtskraft des Urteils sichergestellt hat, daß er die Entschädigung verwenden wird, um ein Gebäude gleicher Art und Zweckbestimmung an der bisherigen Stelle wieder herzustellen, wie das am 16.10.1984 zerstörte.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">die Berufung des Klägers zurückzuweisen,</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage insgesamt abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Sie wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und bittet um erneute Vernehmung der Zeugen ... und .... Soweit ... vor dem Landgericht ausgesagt hat, die Beklagte habe beiden Zeugen 50.000,- DM zugesagt, wenn sie, die Beklagte, aufgrund ihrer Aussagen nicht zahlen müsse, sei eine entsprechende Zusicherung so konkret nicht erfolgt. Sie meint, die arglistige Täuschung in der Hausratversicherung über verbrannte Langwaffen müsse auch in der Gebäudefeuerversicherung zur Leistungsfreiheit führen. Zumindest liege eine Gefahrerhöhung darin, daß man ungehindert vom Stall in das Wohnhaus habe gelangen können, weil Räume einen verwahrlosten Eindruck gemacht hätten, insbesondere an eine Musikergruppe vermietet gewesen seien, und weil andere Räumlichkeiten teilweise für Partys vermietet gewesen oder für die Unterstellung von Kfz benutzt worden seien. Hinsichtlich des Hausratschadens beruft sich die Beklagte ferner auf Verjährung. Die Feststellungsklage hält die Beklagte für unzulässig, weil die Frist des §7 NwlG bereits abgelaufen sei.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die Ermittlungsakten 30 Js 160/85 StA Bochum lagen war und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat weiteren Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen ..., und ....</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Der Zeuge ... hat ausgesagt:</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Ich weiß nur aus den Schadenaufstellung, die der Mitarbeiter ... vorgenommen hat, von den Gewehren. Ich habe selbst nie mit dem Kläger gesprochen und ihn heute das erste Mal gesehen. Am 28.11.1984 ist bei der Kriminalpolizei mit einem Herrn ... verhandelt worden. Von dort kam der Hinweis, daß Gewehre beschlagnahmt worden seien. Es handelt sich dabei um ein Verfahren, das das Aktenzeichen 64 Cs 32/84 AG Bochum erhalten hat. Es waren seinerzeit nach Auskunft der Kripo drei Langwaffen beschlagnahmt worden. Herr ... hat mir damals gesagt, möglicherweise sei eine Identität vorstellbar, zumindest bei einer Waffe. Ich weiß nicht, was beschlagnahmt worden ist. Der Kläger hat gesagt, er habe die Waffen von seinem Vater geerbt. Seine Mutter hat dagegen gesagt, er habe nur eine Waffe gehabt, nämlich ein Schrotgewehr.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Der <u>Kläger</u> äußerte sich dazu: Ich habe insgesamt sechs Gewehre geerbt. Verbrannt sind zwei Luftgewehre und eine einläufige Schrotflinte.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Der Zeuge ... hat ausgesagt:</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Ich habe mir vom Kläger bei der Schadenaufnahme die Gewehre beschreiben lassen. Ich hatte einen Waffenkatalog dabei. Die Angaben in der Anzeige stammen aber vom Kläger. Ich hatte auch Kontakt zur Polizei. Sie hat mir gesagt, es sei eine Langwaffe namens Erwa sichergestellt worden. Der Kläger hatte erwähnt, ein Kleinkalibergewehr, vermutlich Erwa, sei verbrannt. Da habe ich einen Zusammenhang vermutet. Ferner ging es um eine Schrotflinte (Bockflinte). Die angeblich verbrannte soll einläufig gewesen sein. Ob die Flinte, die die Polizei beschlagnahmt hat, zweiläufig war, wie der Kläger sagt, weiß ich nicht. Das Kaliber der Waffe namens Erwa hat die Polizei mit 4 mm angegeben. Etwas unklar ist die Sache schon. Für mich klar war aber die Sache mit der Schrotflinte. Näheres kann ich dazu aber auch nicht sagen.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Der Zeuge ... hat ausgesagt:</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Es tut mir leid, wenn meine Zeichnung Bl. 11 meines Gutachtens zu Mißverständnissen Anlaß gegeben hat, soweit dort durch einen durchgezogenen Strich der Anschein erweckt wird, als seien Wohnhaus mit Anbau ((a) des Gutachtens) und Deele/Pferdestall ((b) des Gutachtens) räumlich getrennt. Beides zusammen bildet das eigentliche Bauernhaus. Den dicken Strich auf der Skizze Bl. 11 meines Gutachtens muß man sich wegdenken. Dann ergibt sich die zutreffende Skizze Bl. 257 GA. An der Seite der Deele waren Ställe. Auf einer Seite darüber befanden sich die Wohnräume von Herrn .... Diese waren vom Wohnhausteil über eine Treppe zu erreichen. Ob auch von der Deele aus die Räume über eine Treppe und eine Tür erreichbar waren, weiß ich nicht. Gefunden habe ich nichts. Eine Holztreppe ist denkbar, sie wäre dann verbrannt. Nach den Bildern 10 und 11 Bl. 67 BA, wo eine Türöffnung zu sehen ist, wäre das wohl möglich. Haus und Deele, das alte Bauernhaus, waren 1 1/2-geschossig. Der Stall war 2 1/2-geschossig. Das Haupthaus hatte nur Holzdecken, Betondecken habe ich nur im Stall vorgefunden. Allerdings habe ich in meinem Gutachten, wie ich gerade bemerke, auf Bl. 12 auch das Haupthaus als 2 1/2-geschossig errichtet bezeichnet. Das ist dann wohl wegen des irrsinnig hohen Giebels geschehen. Auf der anderen Seite der Deele waren unten Toiletten, wie ich in meinem Gutachten festgehalten habe. Daß auch darüber Wohnräume gewesen sein sollen, das weiß ich nicht.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Die Berufung der Beklagten ist unbegründet, die des Klägers ist ganz überwiegend begründet. Der Kläger verlangt mit seinem Berufungsantrag, wie sich aus der Bezugnahme auf den Tenor des angefochtenen Urteils, zweifelsfrei ergibt, Zahlung der Klagesumme auf sein Konto Nr. ... bei der Kreissparkasse .... Dabei handelt es sich um ein Konto, das bei der Grundpfandgläubigerin unterhalten wird und das von dieser als Empfängerkonto schon erstinstanzlich akzeptiert worden ist. Der Kläger kann nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung vor dem Senat Zahlung von insgesamt 341.145,02 DM nebst Vertragszinsen auf das erwähnte Konto verlangen. Auch sein hinsichtlich des Neuwertanteils in dieser Instanz auf Feststellung umgestellter Antrag ist zulässig und begründet.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Der <u>Zahlungs</u>antrag ist dem Grunde nach gerechtfertigt.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks"><b>1.</b></p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist hinsichtlich der <u>Gebäude</u>schäden wegen des Brandfalles vom 16.10.1984 aus den abgeschlossenen Verträgen einstandspflichtig.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat keine Gefahrerhöhung vorgenommen, §6 AFB. Das Gebäude ist vor Vertragsschluß nicht anders genutzt worden als nach Vertragsschluß, nämlich durch den Kläger selbst, durch Unterstellung von Fahrzeugen in einer Scheune und durch Vermietung an eine Musikergruppe oder gelegentlich für Partys. Schon von daher kann von einer Erhöhung der Gefahr keine Rede sein. Abgesehen davon hat der Senat auch keinen Anhalt für die Annahme, daß durch eine solche Nutzung die Gefahr tatsächlich erhöht worden sein könnte. Konkrete Umstände hat auch die Beklagte nicht aufzeigen können. Daß das Gebäude, wie die Beklagte fernerhin einmal behauptet hat, wochenlang unbeaufsichtigt gewesen ist, ist von dem Kläger bestritten worden und von der Beklagten nicht unter Beweis gestellt. Der Vortrag ist darüber hinaus unsubstantiiert. Nicht dargetan ist nämlich, wann dieser Vorfall gewesen sein soll. Entscheidungserheblich wäre allenfalls ein Zeitraum von Dezember 1983 bis zum Brand im Oktober 1984.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Der Senat teilt auch die Auffassung der Beklagten, eine etwaige arglistige Täuschung zur Schadenhöhe in der Hausratversicherung führe auch nach §16 AFB in der Gebäudefeuerversicherung zur Leistungsfreiheit, nicht. Es handelt sich um getrennte Versicherungen, deren Wirksamkeit und Leistungsvoraussetzungen unabhängig voneinander zu prüfen sind. Nähere Ausführungen dazu sind jedoch entbehrlich, weil, wie noch an anderer Stelle auszuführen sein wird (unten 2 b), die Beklagte den ihr insoweit obliegenden Beweis nicht erbracht hat.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">c)</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat auch nicht bewiesen, daß der Kläger den Schaden vorsätzlich herbeigeführt hat, §16 AFB. Der Kläger bestreitet die Mutmaßungen der Beklagten. Die von dieser vorgetragenen Indizien sind, jedenfalls soweit sie nachweisbar sind, nicht geeignet, den von der Beklagten erhobenen Vorwurf zu begründen.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Zu Unrecht, beruft sich die Beklagte auf die Aussagen der Zeugen ... und ... Zwar haben beide Zeugen im Ermittlungsverfahren (dort Bl. 105 ff, 114 ff) konkret angegeben, der Kläger habe ihnen gegenüber eingeräumt, seinen Hof selbst angesteckt zu haben. Vor dem Landgericht hat ..., der wegen Eigentums- und Vermögensdelikten eine langjährige Freiheitsstrafe verbüßt und der auch Falschaussagen zugunsten des Zeugen ... und zum Nachteil von dessen Versicherung zugegeben hat, ausgesagt, er wisse das alles nicht mehr genau, könne das auch nicht mehr behaupten, er gehe davon aus, daß seine damaligen Angaben richtig gewesen seien, wolle sich aber nicht mehr festlegen. Der Zeugen ..., der ebenfalls wegen Eigentums- und Vermögensdelikten eine mehrjährige Freiheitsstrafe verbüßt, hat ausgesagt, der Kläger habe nicht gesagt, er habe seinen Hof angesteckt. Er habe die Angaben gegenüber dem Staatsanwalt auf Veranlassung seines Bekannten ... gemacht, der einerseits beim Staatsanwalt Pluspunkte wegen seines eigenen Verfahrens habe sammeln wollen und der andererseits von dem Zeugen ... erfahren gehabt habe, daß die Beklagte 50.000,- DM dem zahlt, aufgrund dessen Aussage sie nicht in Anspruch genommen werden könne. Die Aussage beim Staatsanwalt sei mit ... in allen Einzelheiten abgesprochen gewesen. Es sei geplant gewesen, die Dinge deutlicher darzustellen, als sie geschehen seien.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Noch deutlicher läßt sich kaum darstellen, daß beide zum Nachteil des Klägers falsch ausgesagt haben. Wenn der Zeuge ... in seiner Aussage weiter ausgeführt hat, er könne sich an das Gespräch auf dem Hof mit dem Kläger unheimlich schlecht erinnern und es sei richtig, daß er subjektiv den Eindruck gewonnen habe, daß der Kläger an den Dingen irgendwie beteiligt sei, ist dies eine verständliche Einschränkung, die darauf beruhen dürfte, daß wenigstens subjektiv kein Aussagedelikt vorliege. Daß beide den Kläger beschuldigt haben, um die von der Beklagten in Aussicht gestellte erhebliche Belohnung von 50.000,- DM zu kassieren, liegt nahe, ist aber in diesem Rechtsstreit ohne Belang. Jedenfalls können auf solche Aussagen, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, keine Feststellungen gegründet werden. Unrichtig ist, daß der Zeuge ... die Einzelheiten seiner Aussage nur vom Kläger selbst erfahren haben kann: Ebensogut möglich ist, daß sie ihm z.B. von Mitarbeitern der Beklagten mitgeteilt worden sind. Der Senat sieht jedenfalls keinen Anlaß, die Zeugen vor dem Senat erneut zu hören.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Es kann dahinstehen, ob der Kläger die Möglichkeit gehabt hätte, das Hotel in ..., das er unstreitig in der Brandnacht aufgesucht hat, über Feuerleitern und fremde Hinterhöfe oder - entgegen dessen Aussagen im Ermittlungsverfahren - heimlich am Portier ... vorbei zu verlassen und dorthin wieder zurückzukehren. Diese eher entfernt liegende Möglichkeit ist unbewiesen und deshalb auch indiziell unbrauchbar. Dasselbe gilt für die Tatsache, daß die Polizei bei ihren Ermittlungen in der Brandnacht keine Aufbruchspuren gefunden hat. Dies besagt bei dem Umfang des Brandschadens (Bilder Bl. 32 ff, 63 ff, 179 a ff BA) wenig. Ferner sollen die Gebäude nur durch einfache Holztüren gesichert gewesen sein, die jedenfalls leicht zu öffnen waren und die im übrigen mitverbrannt sein können und die deshalb eine Auswertung nicht mehr zulassen. Im übrigen behauptet die Beklagte in anderem Zusammehang, daß das Haupthaus ohne größere Hindernisse zu betreten gewesen ist. Daß Erandnester nur in vom Kläger selbst genutzten oder leerstehenden Gebäudeteilen vorgefunden worden sind, kann Zufall sein.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Der Senat hält nicht für Indizien brauchbar, daß der Kläger angibt, abends nach ... gefahren zu sein, um sich dort im Autohaus ... Schaufenster anzusehen und anschließend einen Bummel durch die Altstadt zu machen. Das erscheint für einen Autofan, wozu der Kläger zu zählen ist, als eine mögliche Freizeitbeschäftigung. Kenn der Kläger nach der Mitteilung von dem Brandfall am nächsten Morgen auf seiner Arbeitsstelle erst sein eigenes Auto in die Werkstatt gefahren hat, bevor er sich zu seinem Hof begeben hat, mag dies nicht allgemeinen Gepflogenheiten entsprechen, spricht andererseits aber auch nicht für Brandstiftung. Im übrigen ist das Verhalten auch nicht ganz undenkbar, weil an dem Fahrzeug, einem Mercedes 500, ein Wassereinbruch vorgelegen haben soll und weil auch die Bremsleuchten defekt gewesen sein sollen. Wenn der Kläger die Quittung des Hotels der Polizei gegenüber sofort präsentieren konnte, besagt auch das nichts, zumal es nahe lag, daß er nach seinem Aufenthalt in der Brandnacht gefragt werden würde. Ohne Bedeutung ist auch, wann der Kläger in ... sein Hotelzimmer bezahlt hat. Soweit die Beklagte meint, Widersprüche zur Aussage des Portiers im Ermittlungsverfahren aufzeigen zu können, ist darauf zu verweisen, daß der Kläger bereits Bl. 90 GA dieselbe Darstellung wie der Portier gegeben hat.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Allerdings ist in der Tat zunächst merkwürdig, daß der Schäferhund nicht angeschlagen haben soll, der Zeuge ..., der im Schweizerhaus übernachtet hatte, jedenfalls nichts gehört hat (Bl. 16 f BA). Das kann aber vielerlei Ursachen haben. Vielleicht war ... betrunken. Vielleicht war Brandstifter eine Person, die der Hund kannte. Vielleicht war der Hund in dieser Nacht auch gar nicht auf dem Hof. Es verwundert zumindest, daß der angeblich so scharfe Hund nach. Aussage des Zeugen ... im Ermittlungsverfahren nicht einmal angeschlagen haben soll, obwohl das gesamte Gebäude bereits in hellen Flammen stand.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat auch kein entscheidungserhebliches Motiv aufzeigen können. Soweit mit der Berufung erneut behauptet wird, gegen den Kläger sei Haftbefehl zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung ergangen, ist dies, wie die Beklagte positiv weiß, falsch. Ihre entsprechenden Informationen hatten sich bereits in erster Instanz als Irrtum herausgestellt (Bl. 112 ff GA). Die Belastung des Objektes mit Grundschulden liegt erheblich unter dem Wert und besagt auch nichts dazu, in welcher Höhe diese valutierten. Jedenfalls ist nichts dafür ersichtlich, daß der Kläger nicht in geordneten Vermögensverhältnissen gelebt hätte. Soweit letztlich der Kläger möglicherweise über die Ordnungsverfügung vom 23.10.1984 hinaus weitere Gebäudeteile einplaniert hat, mag dies dann nicht unumgänglich gewesen sein, kann aber vorherigen Überlegungen entsprochen haben. Es ist deshalb vorstellbar, daß dem Kläger der Brand nicht ungelegen kam. Daß er in irgendeiner Weise daran beteiligt war, ergibt sich daraus jedoch nicht. Ebensowenig läßt die gebotene Gesamtschau eine solche Feststellung zu.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist deshalb insoweit beweisfällig geblieben.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks"><b>2.</b></p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte muß auch für den <u>Hausrat</u>schaden einstehen.</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Sie ist aus den vorerwähnten Überlegungen nicht, wie sie meint, wegen vorsätzlicher Herbeiführung des Schadens leistungsfrei.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist entgegen der Auffassung des Landgerichts aber auch nicht deshalb leistungsfrei, weil der Kläger sich einer Obliegenheitsverletzung nach §13 VHB deshalb schuldig gemacht hat, weil er drei Schußwaffen als verbrannt angegeben hat, die vorher von der Kriminalpolizei bei einer Hausdurchsuchung beschlagnahmt worden waren. Denn die Beklagte hat schon den Nachweis nicht erbracht, daß der Kläger insoweit überhaupt falsche Angaben gemacht hat. Das hat der Kläger jedenfalls in dieser Instanz substantiiert bestritten. Schon in der ersten Instanz hatte der Kläger allerdings behauptet, daß nur <u>ein Teil</u> der vorhandenen Waffen verbrannt sei. Dies erläutert er nun dahin, daß er 6 oder 7 Waffen geerbt habe, von denen drei, wie angegeben, verbrannt seien. Die vom Senat zu diesem Punkt durchgeführte Beweisaufnahme hat Gegenteiliges nicht ergeben. Der Zeuge ... konnte zur Identität der Waffen nichts sagen. Soweit er die Mutter des Klägers dahin verstanden hat, daß letzterer nur <u>eine</u> Waffe gehabt hat, kann ein Mißverständnis oder auch ein Irrtum der Mutter vorliegen. Jedenfalls ist unstreitig, daß schon die Kriminalpolizei <u>drei</u> Waffen beschlagnahmt hat. Nicht einmal der Zeuge ... der Ermittler der Beklagten, war sich zu allen drei Waffen persönlich sicher, daß sie identisch waren. Er hat nur wegen der Schrotflinte gemeint, insoweit sei seiner Meinung nach Identität gegeben, ohne dies sicher sagen zu können. Jedenfalls konnte er den Einwand des Klägers, von der Polizei sei eine <u>zwei</u>läufige Schrotflinte beschlagnahmt worden, verbrannt sei eine <u>ein</u>läufige, nicht ausräumen. Bezüglich der anderen beiden Waffen (KK 22 und Luftgewehr Diana) wäre ohnehin kaum verständlich, wenn die Polizei diese Waffen beschlagnahmt hätte. Denn es ist nichts dafür ersichtlich, daß diese beiden Waffen als waffenscheinpflichtig beim Kläger unerlaubt im Besitz gewesen sein könnten.</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Der Höhe nach ist die Zahlungsklage ganz überwiegend begründet.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks"><b>1.</b></p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich des Gebäudeschadens streiten die Parteien im Anschluß an das Gutachten ... (Anlage 3) in dieser Instanz nur darüber, ob die Deele ((b) des Gutachtens) nach den getroffenen Vereinbarungen zu dem zum Neuwert versicherten Wohnhaus zu zählen ist oder zu dem zum Zeitwert versicherten Scheunentrakt. Der Senat stellt fest, daß die Deele der Neuwertversicherung unterfällt:</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Dafür sprechen schon die von der Beklagten erstellten Policen. Danach (Anlage 1 Bl. 12 ff) ist gegen Neuwert versichert das Wohnhaus mit Anbau. In einem Bauernhaus der vorliegenden Art zählt aber die Deele (Tenne) nicht zur Scheune oder zu sonstigen Nebengebäuden sondern zum Wohnhaus. Aufgrund der Vernehmung des Zeugen ... steht auch fest, daß der Kläger seine Wohnräume im Deelentrakt des Hauses hatte. Der Zeuge ... hat ferner glaubhaft ausgeführt, daß es sich um ein einheitliches Gebäude, nämlich das alte Bauernhaus, gehandelt hat. Dies hatte im übrigen auch schon der eigene Ermittler der Beklagten, der Zeuge ... in einem internen Vermerk vom 01.02.1985 (Bl. 259 GA) festgehalten. Handelt es sich aber bei dem im Gutachten ... als Wohnhaus und Deele bezeichneten Gebäudeteilen um ein einziges Haus, spricht schon von daher alles dafür, daß dieser gesamte Komplex zum Neuwert versichert sein sollte. Für die Auffassung der Beklagten spricht auch nicht der für ihre Entscheidung maßgebliche Versicherungsantrag, insbesondere die diesem beigefügte Skizze (Anlage 1 Bl. 11). Im Versicherungsantrag heißt es dazu zur Abrenzung, daß der Scheunentrakt mit Stallung in U-Form gemäß Skizze zum Zeitwert versichert werden solle. Insoweit mag ohne größere Bedeutung sein, daß die Skizze des Agenten der Beklagten in mehrfacher Hinsicht ungenau ist, insbesondere die Scheunen falsch darstellt. Wesentlich ist aber, daß auf der Skizze als zum Zeitwert zu versichern drei Striche eingezeichnet sind, die zur Remise, zur Scheune und zum Kuhstall führen, nicht jedoch zur Tenne. Von einem "U-Trakt" kann man mit gewissen Einschränkungen aber auch dann noch reden, wenn man die Tenne gemäß Skizze zum Haupthaus schlägt.</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Eher gegen die Auffassung der Beklagten und für die Auffassung des Senates spricht auch die Beschreibung der Gebäude im Versicherungsantrag. Auch diese ist zwar unstreitig in mehreren Punkten falsch. Insbesondere bestehen nicht nur die Umfassungswände des Haupthauses aus Holzfachwerk, sondern, jedenfalls zum größten Teil, auch die der Scheune. Entgegen den Angaben besteht die Zwischendecke im Haupthaus aus Holzdecken und die in der Scheune aus Beton. Ferner können sowohl Scheune wie Haupthaus als zweigeschossig bezeichnet werden. Das spricht aber alles nicht für die Beklagte, weil unstreitig das Wohnhaus und nicht etwa die Scheune zum Neuwert versichert werden sollte und versichert worden ist. Für die Auffassung des Senates spricht es, daß in der Beschreibung der Gebäude für die zum Neuwert zu versichernden Gebäulichkeiten das Baujahr 1920 angegeben ist, was nur auf das Haupthaus einschließlich der Deele zutrifft und daß die übrigen Bauten, wie in der Gebäudebeschreibung auch angegeben, später errichtet worden sind. Wesentlich für die Auffassung des Senats spricht ferner, daß, wollte man der Meinung der Beklagten folgen, das Wohnhaus zu mehr als 100 % überversichert wäre. Daß dies gewollt war, ist auszuschließen. Der Senat ist nach allem davon überzeugt, daß nach dem Willen der Parteien der Deelentrakt zum Neuwert versichert werden sollte und versichert worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Neuwert- und Zeitwertschäden sind im Anschluß an das Gutachten ... für die einzelnen Gebäudeteile zwischen den Parteien unstreitig. Bezüglich des Wohnhauses einschließlich der Deele liegt keine Unterversicherung vor. Es errechnet sich dann unstreitig ein Zeitwertschaden von <u>275.983,- DM.</u> Bezüglich Stall und Lager (Postionen C und D des Gutachtens) errechnet sich ein Zeitwertschaden einschließlich Schadenminderungskosten von 47.139,- DM. Bei einer unter Berücksichtigung einer unstreitigen Summenausgleichung Versicherungssumme von 171.373,- DM und bei einem Versicherungswert von ebenfalls unstreitig 396.082,- DM errechnet sich danach für diese Positionen ein zu ersetzender Zeitwertschaden von <u>20.395,65 DM</u> (47.139,- DM × 171.373,- DM : 396.082,- DM).</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks"><b>2.</b></p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich des <u>Hausrat</u>schadens hat der Zeuge ... zusammen mit dem Kläger eine gemeinschaftliche Schadenermittlung vorgenommen (Bl. 273 ff BA). In der vom Kläger unterschriebenen Erklärung heißt es, die Zahlen seien endgültig und dienten der Entschädigungsberechnung durch den Versicherer, der sich die Prüfung der Eintrittspflicht selbst vorbehalte. Der Versicherungswert beträgt unter Berücksichtigung der Klausel 825 unstreitig 44.000,- DM. Der Schaden ist mit 40.058,- DM (unter Einschluß der Langwaffen) festgestellt worden. Die Beklagte bestreitet, daß die Langwaffen verbrannt sind. Der Senat hat nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zwar nicht die Überzeugung gewinnen können, daß die Langwaffen nicht verbrannt sind, er kann andererseits aber auch nicht feststellen, daß sie verbrannt sind. Das Ergebnis der Beweisaufnahme ist offen. Der Kläger hat weiteren Beweis nicht angetreten. Es errechnet sich dann unter Abzug der Position 22 ein Hausratschaden in Höhe von 39.258,- DM. Der Wert des geretteten Hausrates ist von den Parteien in der erwähnten Aufstellung mit 5.300,- DM beziffert worden. Soweit der Kläger das nunmehr ohne jede Begründung als unrichtig in Zweifel zieht, kann er damit nicht gehört werden. Es kann dahinstehen, ob die Vereinbarung vom 23.01.1985 etwa einen Teilvergleich, beinhaltet. Denn jedenfalls ist das jetzige Vorbringen des Klägers unsubstantiiert, nachdem er sich an Ort und Stelle mit den gemeinschaftlichen Feststellungen einverstanden erklärt hat. Er hätte zumindest im einzelnen dartun müssen, aus welchen Gründen der gerettete Hausrat einen geringeren Neuwert als 5.300,- DM gehabt haben soll und was sonst an der damals getroffenen Feststellung unrichtig ist. Der Wert des Hausrates betrug dann am Schadentage dann 44.558,- DM. Der zu ersetzende Hausratschaden beläuft sich dann auf <u>38.766,37 DM</u> (39.258,- DM × 44.000,- DM : 44.558,- DM).</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">Soweit sich die Beklagte in erster Instanz auf Versäumung der Klagefrist und in dieser Instanz auf Verjährung berufen hat, fehlt es dazu an jeglichem Sachvortrag. Die Tatsache allein, daß der Hausratschaden erst in erster Instanz, und damit möglicherweise später als zwei Jahre nach dem Versicherungsfall geltend gemacht hat, begründet weder das eine noch das andere.</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks"><b>3.</b></p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">Begründet ist auch die Forderung des Klägers auf Zahlung von Aufräumungskosten in Höhe von <u>6.000,- DM.</u> Diese stehen ihm nach, der vereinbarten kostenlosen Erweiterung des Feuerversicherungsschutzes zu, falls sie in dieser Höhe entstanden sind. Dies hat die Beklagte zwar ohne weitere Begründung bestritten. Der Senat hat aber keinen Zweifel daran, daß Kosten in dieser Höhe entstanden sind. Dies folgt schon aus der Größe des Brandschadens jedenfalls in Verbindung mit der Ordnungsverfügung der Stadt ... vom 23.10.1984, wonach der Kläger verpflichtet war, die brandbeschädigten Gebäude und Bauteile abzubrechen. Es unterliegt keinem Zweifel, daß hierfür erhebliche Aufwendungen erforderlich waren. Der Senat schätzt diese (§287 ZPO) auf mindestens die Klagehöhe.</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks"><b>4.</b></p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">Der Anspruch auf die vom Senat zugesprochenen Vertragszinsen folgt aus §§17 AFB, 17 Abs. 1 VHB.</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">Die weitergehende Zinsforderung ist unbegründet. Es kann dahinstehen, ob die Beklagte bereits mit Einstellung des Ermittlungsverfahrens am 31.01.1985 in Verzug geraten ist und ob dieser mit Wiederaufnahme des Ermittlungsverfahrens bis zur erneuten Einstellung vom 06.04.1987 wieder entfallen ist. Denn jedenfalls hat der Kläger keinen weitergehenden Schaden belegt. Aus den vom Kläger zum Nachweis seines Zinsschadens vorgelegten Belegen (Bl. 9, 263 GA) ergibt sich, daß der Kläger aufgrund eines Vertrages vom 28.08.1984 im November 1984 ein Tilgungsdarlehen aufgenommen hat. Die Aufnahme des Darlehens beruhte deshalb nicht auf Verzug der Beklagten, der jedenfalls nicht vor Februar 1985 eingesetzt haben kann. Daß der Kläger das Darlehen aus einer etwa fristgerecht gezahlten Versicherungssumme zurückgezahlt haben würde, hat er nicht dargelegt, ist bei einem Tilgungsdarlehen auch eher unwahrscheinlich. Der Kläger kann deshalb nur Vertragszinsen, die bei den Diskontsätzen der Vergangenheit und heute 4 % betragen, verlangen. Insgesamt stehen dem Kläger deshalb als Zeitwertentschädigung 341.145,02 DM (275.983,- DM + 20.395,65 DM + 38.766,37 DM + 6.000,- DM) nebst. Zinsen zu.</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks"><b>III.</b></p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks"><b>1.</b></p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">Die Feststellungsklage ist zulässig. Die Beklagte bestreitet, den Neuwertanteil wie auch immer zu schulden. Zahlungsklage kann der Kläger nicht erheben, weil der Neuwertanteil unstreitig noch nicht fällig ist.</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks"><b>2.</b></p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist auch begründet. Zwar erwirbt nach §7 NwlG 80 ein Versicherungsnehmer den Anspruch auf Neuwertentschädigung nur, sobald und soweit er innerhalb von drei Jahren nach Eintritt des Versicherungsfalles sichergestellt hat, daß er die Entschädigung verwenden wird, Gebäude in gleicher Art und Zweckbestimmung an der bisherigen Stelle wieder herzustellen. Dies ist unstreitig bislang nicht geschehen. Die Frist ist auch abgelaufen. Zu Recht rügt der Kläger aber, daß die Beklagte rechtsmißbräuchlich handelt, wenn sie sich auf den Ablauf der Frist beruft. Dabei braucht nicht näher erörtert zu werden, ob der Kläger sich als Rechtsgrundlage insoweit auf den Arglisteinwand (§242 BGB) berufen kann oder ob die vereinbarte AGB-Bestimmung teilweise als gegen §9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG verstoßend als unwirksam anzusehen ist (vgl. Martin, Sachversicherungsrecht, R IV 22). Denn jedenfalls würde es dem Vertragszweck grob zuwiderlaufen, wenn die Beklagte, die sich ihrer Leistungspflicht über längere Zeit zu Unrecht entzogen hat, erst und nur dadurch erreichen würde, daß sie sich ihren vertraglich übernommenen Pflichten bezüglich des Neuwertanteiles nunmehr legal vollends entziehen könnte. Der Kläger kann, solange die Beklagte Zahlung verweigert und solange nicht feststeht, daß sie endgültig wird zahlen müssen, den Wiederaufbau des Hauses nicht beginnen. Die Beklagte befindet sich demgegenüber jedenfalls mit der Zahlung der Zeitwertentschädigung zumindest seit dem 07.04.1987 in Verzug. Sie wiederholt zur Stütze ihres Anliegens, nicht zahlen zu wollen, ihre Behauptung, der Kläger habe sein Objekt selbst in Brand gesetzt, obwohl sie weiß, daß sie für diese Vermutung Beweise nicht erbringen kann. In der Berufungsinstanz stützt sie sich für ihre Darstellung sogar auf Indizien, von denen sie positiv weiß, daß sie falsch sind (Haftbefehl). Es wäre mit dem Grundgedanken des Rechts unvereinbar, wenn die Beklagte durch ein solches Verhalten bei der Abwicklung eines Versicherungsfalles sich berechtigten Ansprüchen eines Versicherungsnehmers endgültig und mit Recht sollte entziehen können. Daran ändert auch nichts, wenn der Kläger gegenüber dem Zeugen ... geäußert haben sollte, wie die Beklagte behauptet, daß er an Ort und Stelle etwas anderes errichten wolle. Dies kann sich ein Versicherungsnehmer auch anders überlegen. Nach den Versicherungsbedingungen ist ohne Belang, ob ein Wiederaufbau von vornherein geplant war oder erst nachträglich sichergestellt wird.</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">Der Senat hält auch die vom Kläger in seinem Antrag zum Vorschlag gebrachte Frist von 18 Monaten ab Rechtskraft des Urteils für die Sicherstellung des Wiederaufbaues für angemessen. Nach den Versicherungsbedingungen hat ein Versicherungsnehmer für die Sicherstellung ab Versicherungsfall drei Jahre Zeit. Im Regelfall wird eine Versicherung ihre Entscheidung in einer, kürzeren Zeit als 18 Monate treffen können, so daß dem Versicherungsnehmer in der Regel mehr als 18 Monate Zeit zur Verfügung stehen wird. Bei einem Neubau eines Bauernhauses kann darüber hinaus nicht unbeachtet bleiben, daß die Überlegung, in welcher Art wieder aufgebaut wird, einige Zeit in Anspruch nehmen kann und daß insbesondere die Planung eines solchen Objektes nicht innerhalb weniger Monate abzuschließen ist.</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">Die Höhe des Neuwertanteiles ist, abgesehen von der oben II 1 zugunsten des Klägers entschiedenen Frage der Zurechenbarkeit der Deele, zwischen den Parteien unstreitig.</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks"><b>IV.</b></p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf §92 ZPO. In der Berufungsinstanz war die Zuvielforderung verhältnismäßig geringfügig und hat keine besonderen Kosten veranlaßt, §92 Abs. 2 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf §§708 Nr. 10, 709, 712 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">Die Beschwer der Beklagten übersteigt 40.000,- DM, die Beschwer des Klägers übersteigt 40.000,- DM nicht.</p>
|
315,296 | olgham-1988-12-15-4-uf-32988 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 4 UF 329/88 | "1988-12-15T00:00:00" | "2019-03-13T14:51:42" | "2022-10-18T15:08:39" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1988:1215.4UF329.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Klägerin gegen das am 26. Mai 1988 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Dortmund wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Tatbestand</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat gegen die jetzige Ehefrau des Beklagten am 5.12.1984 ein rechtskräftiges Versäumnisurteil auf Zahlung rückständigen Mietzinses in Höhe von 1.330,-- DM nebst 9,5 % Zinsen erwirkt. Erst nachträglich, nämlich Ende Dezember 1985, hat der Beklagte seine jetzige Ehefrau geheiratet. Wegen dieses Anspruchs nebst weiterer Kosten wurde durch Pfändungs- und Überweisungsbeschluß des Amtsgerichts Dortmund vom 19.2.1987 - 140 M 1345/87 - der Taschengeldanspruch der Ehefrau gegen den Beklagten gepfändet und der Klägerin zur Einziehung überwiesen. In der Anlage zu dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluß heißt es:</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">"Die Höhe des Taschengeldes wird aus Billigkeitsgründen mit monatlich 5 % des Einkommens des Ehemannes bewertet".</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Antrag auf Erlaß des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses enthielt zu dem Einkommen des Beklagten keinerlei Angaben. Auf Rückfrage des Amtsgerichts hatten damals die Prozeßbevollmächtigten der Klägerin unter dem 4.2.1987 mitgeteilt, über die Höhe des Nettoeinkommens des Ehemannes (jetzigen Beklagten) und über die wirtschaftlichen Verhältnisse könnten keine Angaben gemacht werden.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">In dem vorliegenden Drittschuldnerprozeß hat die Klägerin mit der Behauptung, der Beklagte verdiene monatlich mindestens 2.000,-- DM netto, von diesem (zunächst) die Zahlung eines Teilbetrages von 1.000,-- DM nebst 9,5 % Zinsen seit dem 17.2.1988 begehrt. Sie hat der Ehefrau des Beklagten als Schuldnerin den Streit verkündet. Durch das angefochtene Urteil hat das Amtsgericht die Klage abgewiesen. Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter und behauptet: Der Beklagte sei im Zustelldienst der xxx tätig, es sei davon auszugehen, daß er verbeamtet sei. Er verdiene mindestens 2.000,-- DM netto, Kinder seien nicht vorhanden.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Von einer weiteren Darstellung wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe:</u></p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist zulässig, sachlich aber nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Da der Beklagte nicht durch einen beim Oberlandesgericht Hamm zugelassenen Rechtsanwalt vertreten ist und die Klägerin gegen ihn das Versäumnisurteil beantragt hat, war das tatsächliche mündliche Vorbringen der Klägerin als zugestanden anzusehen. Ausgenommen davon bleibt das schriftsätzliche Vorbringen, der Beklagte sei bei der xxx im Zustelldienst tätig und die Ehe des Beklagten mit der Schuldnerin sei kinderlos. Denn insoweit handelt es sich aufgrund der Anhörung des Ehemannes der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat, die dieser als bevollmächtigter Vertreter für die Klägerin abgegeben hat, zumindest um eine Behauptung "ins Blaue hinein", wenn nicht sogar anzunehmen ist, daß insoweit ein bewußt wahrheitswidriges Vorbringen vorliegt. Der Ehemann der Klägerin hat nämlich im Senatstermin erklärt, weder ihm noch der Klägerin sei bekannt oder bekannt gewesen, ob, wo und als was der Beklagte beschäftigt sei und was er verdiene; gleiches gelte bezüglich aus der Ehe des Beklagten hervorgegangenen Kinder, zu den persönlichen Angaben des Beklagten im Senatstermin aus seiner Ehe mit der Schuldnerin seien drei Kinder (geboren 1986, 1987 und 1988) hervorgegangen, könnten weder er noch die Klägerin etwas aus eigenem Wissen sagen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Das mit dieser Einschränkung zugrunde zu legende Vorbringen der Klägerin rechtfertigt den Berufungsantrag nicht, so daß die Berufung zurückzuweisen war (§ 542 Abs. 2 ZPO).</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Für das Bestehen eines Taschengeldanspruchs der Schuldnerin gegen den Beklagten ist die Klägerin in vollem Umfang darlegungs- und beweispflichtig. Aus der zugrunde zu legenden Darstellung der Klägerin ergibt sich jedoch nicht, daß die Ehefrau des Beklagten gegen diesen seit dem 3. März 1987 - dem Tag, an dem die Pfändung gemäß § 829 Abs. 3 ZPO als bewirkt anzusehen ist - einen Anspruch auf Taschengeld gemäß § 1360 a BGB gehabt hätte. Dann aber kann auch die Klägerin einen derartigen ihr zur Einziehung überwiesenen Anspruch nicht mit Erfolg gegen den Beklagten geltend machen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Frage, ob ein Taschengeldanspruch überhaupt pfändbar ist (vgl. zum umfangreichen Streitstand: OLG München FamRZ 1988, 1161 = NJW RR 1988, 894; Soergel/Lange, 11. Aufl., § 1360 a BGB Rz. 8; Münch Komm-Wacke, § 1360 BGB Rz. 28; Palandt-Diederichsen, BGB, 47. Aufl., § 1360 a Anm. 1 c m.w.N.; Zöller-Stöber, ZPO, 15. Aufl., § 850 b Rdnr. 4 m.w.N., Smid Jur. Büro 1988, 1105, 1150) und ob dieses auch noch im Drittschuldnerprozeß zu prüfen ist, braucht hier schon deshalb nicht erörtert zu werden, weil ein solcher Anspruch im vorliegenden Fall nicht besteht, so daß - eine wirksame Pfändung unterstellt - die Klägerin gleichwohl keinen Anspruch haben würde.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Zwar kann einer nicht berufstätigen Ehefrau gegen ihren Ehemann im allgemeinen ein Anspruch auf Taschengeld zustehen, wie es der Rechtsprechung des Senats und der gefestigten Meinung in Literatur und der übrigen Rechtsprechung entspricht (vgl. Urteil des Senats vom 11.11.1985 - 4 UF 391/85 -, FamRZ 1986, 357, 358 m.w.N.; Palandt-Diederichsen, a.a.O.; Göppinger u.a., Unterhaltsrecht, 5. Aufl., Rdnr. 462). Durchgehend wird dabei das Taschengeld so definiert, daß der Anspruchsberechtigte damit seine kleineren und höchstpersönlichen Bedürfnisse befriedigen kann, ohne dem Ehegatten über die Art der Verwendung Rechenschaft zu schulden.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Aus dieser Definition des Begriffs "Taschengeld"', das danach der Befriedigung kleinerer und persönlicher Bedürfnisse des jeweiligen Ehepartners dient, folgt aber auch die Begrenzung des Anspruchs aufs Taschengeld im konkreten Einzelfall. Denn mit dem Hinweis auf die persönlichen Bedürfnisse des Berechtigten hängt nicht nur die Höhe des Taschengeldanspruchs, sondern auch seine Entstehung überhaupt davon ab, ob die wirtschaftlichen Verhältnisse - das Vermögen und Einkommen, der Lebensstil, die Zahl der Unterhaltsberechtigten und die Zukunftsplanung - der Familie insgesamt eine solche Ausgabe sinnvollerweise zulassen (vgl. Urteil des Senats a.a.O., 358 rechte Spalte m.w.N.).</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Damit muß aber jeder Taschengeldanspruch - sei es, daß er prozentual am Nettoeinkommen des Pflichtigen gemessen wird, sei es, daß er in festen Beträgen ermittelt wird - mangels abweichenden Dispositionen der Ehegatten zumindest an der Grenze scheitern, bis zu der das Einkommen allenfalls dazu ausreicht, daß mit ihm der <u>notwendige</u> Familienunterhalt bestritten werden kann.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Von diesen Grundsätzen ausgehend, ist die Klägerin ihrer Darlegungspflicht zu den Tatsachen, aus denen sich grundsätzlich ein Taschengeldanspruch der Ehefrau des Beklagten gegen diesen ergeben könnte, nicht nachgekommen. Der Klägerin war deshalb auch keine Gelegenheit zu geben, zu den Erklärungen des Beklagten bei seiner persönlichen Anhörung im Senatstermin Stellung zu nehmen. Denn auf dessen Erklärungen ist die vorliegende Entscheidung nicht gestützt. Es fehlt vielmehr schon an einem schlüssigen Vorbringen der Klägerin; aus der bloßen Tatsache des Verheiratetseins der Schuldnerin folgt nicht zwangsläufig ein Anspruch auf Taschengeld. Die Klägerin hat nicht einmal im Ansatz substantiiert Tatsachen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Beklagten und seiner Ehefrau vorgetragen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Das entsprechende Vorbringen im Schriftsatz vom 20. Oktober 1988, der Beklagte sei bei der xxx im Zustelldienst tätig, das angegebene Nettoeinkommen in Höhe von 2.000,-- DM monatlich sei somit als angemessen anzunehmen und die Ehe des Beklagten sei kinderlos, hat sich als rein spekulativ und ohne jeden realen Anhaltspunkt herausgestellt. Dies hat der Ehemann der Klägerin als deren Vertreter im Senatstermin klar und eindeutig eingeräumt. Dieses schriftsätzliche Vorbringen war schon nach der Mitteilung der xxx vom 12. Dezember 1988 unrichtig und war der Beklagte nie im Bereich der xxx beschäftigt gewesen. Fehlt es dann aber bereits an einer tatsächlichen Minimaldarlegung zu den entsprechenden wirtschaftlichen Verhältnissen, so kann nicht lediglich auf Grund der bloßen Verheiratung davon ausgegangen werden, der Ehefrau des Beklagten stehe gegenüber diesem jedenfalls ein Taschengeldanspruch dem Grunde nach zu.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Der Senat hatte die Klägerin ausdrücklich auf die fehlende Schlüssigkeit der Klage hingewiesen, daraufhin hat dann die Klägerin vortragen lassen, der Beklagte sei im Zustelldienst der xxx tätig, verdiene mindestens 2.000,-- DM netto und die Ehe sei kinderlos.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Nach alledem mußte die Berufung der Klägerin durch unechtes Versäumnisurteil gemäß § 542 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz ZPO mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückgewiesen werden.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Das vorliegende Urteil beruht also ausschließlich auf Darlegungsmängeln der Klage und der Berufung, nicht hingegen auf der persönlichen Angabe des (anwaltlich nicht vertretenen) Beklagten im Senatstermin,</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">- er sei seit 1984 als Glaser beschäftigt,</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">- aus seiner Ehe mit der Schuldnerin seien drei Kinder hervorgegangen,</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">- die Warmmiete für die Wohnung betrage monatlich 702,-- DM, ab Januar 1989 770,-- DM,</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">- die monatlich zu zahlenden Stromkosten beliefen sich auf 72,50 DM,</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">- auf einen anläßlich der Geburt der Kinder aufgenommenen und aufgestockten Kredit seien monatliche Raten von über 360,-- DM zu zahlen,</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">- die vorehelichen Mietzinsschulden seiner Ehefrau seien ihm bei der Heirat nicht bekannt gewesen,</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">- er lebe mit seiner Familie wirtschaftlich so knapp, daß keinerlei Taschengeld für seine Ehefrau "drin" sei.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Ziff. 10 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt sind.</p>
|
315,297 | lg-dusseldorf-1988-12-15-17-o-8687 | {
"id": 808,
"name": "Landgericht Düsseldorf",
"slug": "lg-dusseldorf",
"city": 413,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 17 O 86/87 | "1988-12-15T00:00:00" | "2019-03-13T14:51:43" | "2022-10-18T15:08:40" | Teilurteil | ECLI:DE:LGD:1988:1215.17O86.87.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 8.000,-- DM nebst 4% Zinsen seit dem 03.11.1987 zu zahlen.</p>
<p>Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung des Klägers in Höhe von 8.000,-- DM vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Tatbestand</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der am 12.02.1931 geborene Kläger macht im Zusammenhang mit einem bei ihm erfolgten Unterkieferbruch bei einer
Zahnextraktion durch den Beklagten am 20.07.1987 gegen diesen die Zahlung von Schmerzensgeld und die Feststellung der
Ersatzpflicht zukünftigen Schadens geltend.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der den Kläger zunächst behandelnde Zahnarzt Dr. X in X empfahl Ende April 1987 dem Kläger, zwei in den
beiden Unterkieferhälften befindliche Weisheitszähne durch einen Spezialisten vorsorglich entfernen zu lassen,
obwohl der Kläger zu diesem Zeitpunkt hinsichtlich der Weisheitszähne völlig beschwerdefrei war.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Zwecks deren Entfernung begab er sich vereinbarungsgemäß am 20.07.1987 in die Praxis des Beklagten. Geplant
war zunächst die Entfernung eines Weisheitszahnes, danach mit etwa zweiwöchigem Abstand die des nächsten.
Der Kläger erhielt eine örtliche Betäubungsspritze, ohne dass ihn der Beklagte über eventuelle Risiken
des von ihm beabsichtigten Eingriffs sowie über dessen Art und Weise aufklärte. Sodann begann der Beklagte, den
- verlagerten - Weisheitszahn im rechten Unterkiefer herauszuhebeln. Der Zahn war aber so fest mit dem umgebenden Knochen
verbunden, dass eine erhöhte Druckanwendung des Hebels notwendig war (zu dieser Zeit war der Zahn weitgehend
freigelegt), um denselben herauszubekommen, was auch gelang. Andererseits versuchte der Beklagte nicht, mit dem Instrument
den Zahn vorher zu lockern. Trotz der Betäubung handelte es sich um einen für den Kläger schmerzhaften
Eingriff. Durch die erhöhte Druckanwendung des Hebels kam es bei dem Kläger zu dem Kieferbruch.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte fixierte daraufhin den Unterkiefer gegen den Oberkiefer. Der mit Schmerzen verbundene Heilungsverlauf des
Bruches war zwar weitgehend komplikationslos, jedoch konnte der Kläger für die Dauer von 3 Wochen den Mund nicht
mehr öffnen und dadurch während dieser Zeit weder sprechen noch husten. Er konnte aufgrund dessen ferner
während der 3 Wochen nur sogenannte Astronautennahrung durch eine Schnabeltasse, deren Ausguss er durch eine
Zahnlücke in den Mund führen musste, zu sich nehmen und sich jeglicher Hygiene im Mundbereich enthalten, wobei
er insbesondere auch nicht das hinaustretende Blut aus der Wunde, die der herausgehebelte Weisheitszahn hinterlassen hatte,
ausspülen konnte. Er verlor während der 3 Wochen 10 Kilo an Gewicht und war während dieser Zeit durch den
Kieferbruch arbeitsunfähig. Wenige Tage nach der Entfernung der Kieferfixierung trat eine Entzündung durch
Speisereste oder andere Fremdkörper auf. Dr. Dr. X, der in Gemeinschaft mit dem Beklagten praktiziert, verschrieb
deshalb ein Antibiotikum, in dessen Folge der Kläger eine schlaflose Nacht durch Nierenschmerzen erlitt.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte befindet sich wegen eines geltend gemachten Schmerzensgeldbetrages von 8.000,-- DM spätestens seit dem
03. 11.1987 in Verzug.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Kläger trägt vor, der Eingriff des Beklagten sei nicht nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt.
Es sei nicht sachgerecht und üblich gewesen, einen fest mit dem umgebenden Knochen verbundenen Weisheitszahn mit
einem Hebel aus dem Kiefer zu brechen. Außerdem sei der Eingriff nicht indiziert gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Im übrigen beruft sich der Kläger auf eine Verletzung der Aufklärungspflicht durch den Beklagten und
bringt hinsichtlich der Folgen des Kieferbruches noch vor: Während der 3 Wochen, während der die beiden
Kieferhälften zusammengebunden gewesen seien, habe er vor Schmerzen im Sitzen schlafen und Schmerzen bei jeder
Bewegung des Kopfes, beispielsweise beim Bücken, erdulden müssen. Jeder Schritt habe weh getan. Bis heute
habe er Kauschwierigkeiten und Schmerzen im rechten Kiefergelenk. Der Unterkieferbereich sei innen immer noch taub
und gefühllos Was den Feststellungsanspruch angehe, so bestehe das erhöhte Risiko eines erneuten Kieferbruches
etwa dann, wenn ihm bei festem Zubeißen ein unerwartetes hartes Hindernis zwischen die Zähne gerate oder er
beispielsweise bei Schreck oder Schmerz oder großer Anstrengung die Zähne zusammenbeißen würde.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">den Beklagten zu verurteilen, an ihn ein Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird,
mindestens aber 8.000,-- DM nebst 4% Zinsen seit dem 03.11.1987, zu zahlen und festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet
ist, ihm allen künftigen materiellen und immateriellen Schaden, den er aus der Zahnbehandlung vom 20.07.87 noch
erleiden wird, zu ersetzen .</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">ggf. ihm nachzulassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung, die auch durch die Bürgschaft einer
Bank oder Sparkasse erbracht werden kann, abzuwenden.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Er bestreitet, einen ärztlichen Behandlungsfehler begangen zu haben und trägt dazu vor, die Benutzung eines
Hebels sei sachgerecht und üblich sowie der Kieferbruch nicht vermeidbar gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Darüber hinaus tritt der Beklagte der Rüge verletzter Aufklärungspflicht sowie dem sonstigen Vorbringen
des Klägers entgegen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich der sonstigen Einzelheiten des Parteivorbringens wird ergänzend auf den Inhalt der gewechselten
Schriftsätze und überreichten Unterlagen Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist zumindest hinsichtlich eines Schmerzensgeld-Betrages in Höhe von 8.000,-- DM gemäß
§§ 823 Abs. 1, 847 Abs. 1 BGB begründet.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Es muss davon ausgegangen werden, dass der bei dem Kläger unstreitig eingetretene Kieferbruch auf einem
fahrlässigen ärztlichen Behandlungsfehler des Beklagten beruht hat. Dafür spricht vorliegend unter
Berücksichtigung des Geschehensablaufes der Beweis des ersten Anscheins mit der Folge, dass der Beklagte das
Gegenteil vortragen und beweisen muss. Sein Vortrag ist aber nicht ausreichend, sich von einem vorwerfbaren
ärztlichen Behandlungsfehler zu entlasten. Der Beklagte trägt hinsichtlich der Durchführung der Entfernung
des Weisheitszahnes lediglich vor, die Benutzung eines Hebels sei sachgerecht und üblich und der Kieferbruch
unvermeidbar gewesen, macht aber nicht die erforderlichen Angaben dazu, wieso eine Unvermeidbarkeit vorgelegen hat.
Insbesondere trägt der Beklagte nichts dazu vor, weshalb er, als er bemerkt hat, dass der Zahn des Klägers
fest mit dem umgebenden Knochen verbunden war, nicht versucht hat, diesen vor der Extraktion zunächst zu lockern
oder weshalb er es unterlassen hat, eine andere Entfernungsmethode als das bloße Heraushebeln anzuwenden, etwa
ein Zerstückeln des Zahnes. Damit ist die Klage dem Grunde nach gerechtfertigt, ohne dass es noch darauf ankommt,
ob der Eingriff nicht indiziert war und der Beklagte seine Aufklärungspflicht schuldhaft verletzt hat.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Was die Höhe des Schmerzensgeld-Anspruches des Klägers angeht, so ist das Schmerzensgeld nach § 287 ZPO
nach freiem Ermessen zu bestimmen, muss aber erkennbar zu der Art und Dauer der erlittenen Schädigung in eine
angemessene Beziehung gesetzt werden. Bereits die unstreitigen erheblichen Folgen des anzunehmenden Behandlungsfehlers
des Beklagten rechtfertigen den von dem Kläger geltend gemachten Mindestbetrag von 8.000,-- DM: Schon der
fehlerhafte Eingriff selbst führte bei dem Kläger zu Schmerzen. Der Heilungsverlauf des Kieferbruches war
ebenfalls mit Schmerzen verbunden. Aufgrund der durch den Bruch erforderlich gewordenen Fixierung des Unterkiefers gegen
den Oberkiefer konnte der Kläger 3 Wochen den Mund nicht mehr öffnen und während dieser Zeit weder sprechen
noch husten, konnte nur sogenannte Astronautennahrung durch eine Schnabeltasse zu sich nehmen und musste sich jeglicher
Hygiene im Mundbereich enthalten, wobei er insbesondere auch nicht das heraustretende Blut aus der Wunde, die der
herausgehebelte Weisheitszahn hinterlassen hatte, ausspülen konnte. Darüber hinaus verlor der Kläger
während der 3 Wochen 10 Kilo an Gewicht und war in diesem Zeitraum durch den Kieferbruch arbeitsunfähig.
Schließlich trat wenige Tage nach Entfernung der Kieferfixierung eine Entzündung durch Speisereste oder
andere Fremdkörper auf, die aufgrund der Einnahme eines seitens des in Gemeinschaft mit dem Beklagten praktizierenden
Dr. Dr. X verschriebenen Antibiotikums zu einer schlaflosen Nacht des Klägers durch Nierenschmerzen führte.
Unter Berücksichtigung dieser unstreitigen Gesamtfolgen hält das Gericht eine Schmerzensgeld-Entschädigung
in der von dem Kläger begehrten Mindesthöhe von 8.000,-- DM für angemessen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Da noch weitergehende Folgen des Kieferbruches zwischen den Parteien streitig und damit aufklärungsbedürftig
sind, konnte jedoch über die Zuerkennung des endgültigen Schmerzensgeldbetrages nicht entschieden werden. Das
gleiche gilt für den Feststellungsantrag des Klägers, da das von ihm behauptete erhöhte Risiko eines
erneuten Kieferbruches vom Beklagten bestritten wird.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Der Zinsanspruch des Klägers rechtfertigt sich aus § 288 Abs. 1 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Nach alledem war wie geschehen durch Teilurteil gemäß § 301 Abs. 1 ZPO zu erkennen unter Vorbehalt der
Kostenentscheidung im Schlussurteil.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO. Der Antrag des Beklagten
auf Gewährung von Vollstreckungsnachlass war zurückzuweisen, da die gesetzlichen Voraussetzungen dafür
(§ 712 ZPO) nicht dargetan sind.</p>
|
315,298 | olgk-1988-12-14-24-u-25008 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
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"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 24 U 250/08 | "1988-12-14T00:00:00" | "2019-03-13T14:51:44" | "2022-10-18T15:08:38" | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1988:1214.24U250.08.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Kläger gegen das</p>
<p>Urteil des Landgericht Köln – 90 O 45/88 – vom 17. August 1988 wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.</p>
<p>Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe</p>
<p>von 6.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p>
<p>Die Klägerin darf Sicherheit auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft der O. M1-bank I1. und C., erbringen; die Beklagte darf Sicherheit auch durch die selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen Sparkasse oder Genossenschaftsbank leisten.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Tatbestand</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Mit der Klage soll die Unwirksamkeit einer Aus­schließung der Klägerin aus dem Gesellschafterkreis der Beklagten festgestellt werden Die Klägerin war seit Gründung im Jahre 1970 als Kommanditistin Ge­sellschafterin der Beklagten sowie Gesellschafterin von deren Komplementär-GmbH. In der Beklagten hat­ten sich ursprünglich 18 Schulbuchverlage, darunter die Klägerin, zusammengeschlossen, um in Zusammen­arbeit mit den Rundfunk- und Fernsehanstalten und anderen Unternehmungen wissenschaftlich und didak­tisch geeignetes Begleitmaterial zu Schulfunk- und Schulfernsehsendungen zu entwickeln, herzustellen und zu vertreiben.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Gesellschaftsvertrag der Beklagten vom</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">12.06.1970 enthält in § 12 folgende Bestimmung:</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks"><u>"Anfechtung</u></p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Beschlüsse der Gesellschafterversammlung kön­nen nur innerhalb einer Frist von drei Monaten seit der Beschlußfassung angefochten werden. Auch die Geltendmachung der Unwirksamkeit von</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Gesellschafterbeschlüssen bedarf der Anfech-­ tungsklage.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Anfechtungsfrist ist nur gewahrt, wenn in­nerhalb der Frist die Klage beim Schiedsge­richt oder beim ordentlichen Gericht erhoben worden ist."</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Eine ähnliche Bestimmung - ohne Satz 2 des Abs. 1 -findet sich in § 13 der Satzung der Komplementär-GmbH der Beklagten. Als Anlage zum Gründungsproto­koll der Gesellschaften ist ein "Schiedsgerichts-vertrag" geschlossen worden, wegen dessen Inhalt auf Bl. 47, 48 d. A. verwiesen wird.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Während Anfang 1986 noch 19 natürliche Personen Kommanditistin der Klägerin gewesen waren (überwie­gend Angehörige der Gründergeneration, von denen zwei auch noch den Namen V. getragen ha­ben), ist gemäß Vertrag vom 24.01.1986 als weitere Kommanditistin die "S." Verlag und Drucke­rei GmbH, M., bei der Klägerin eingetre­ten und hat eine qualifizierte Mehrheit erworben. Zum 31.07.1986 sind die 19 früheren Kommanditisten aus der Klägerin ausgetreten. Die S. Verlag und Druckerei GmbH hat ihre Firma unter dem 18.12.1986 geändert in "N. R. GmbH M.". Seit 1986 wird die Klägerin von Herrn Dr. K. S1. als Geschäftsführer ihrer Kom­plementär-GmbH geleitet.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Im Verlauf des Jahres 1987 kam es bei der Beklagten zu Auseinandersetzungen über das Geschäftsgebaren und den Gesellschafterstatus der Klägerin. Der Klä­gerin wurde vorgehalten, sie habe den bei ihr ex-folgten Gesellschafterwechsel der Beklagten nicht ordnungsgemäß angezeigt, obwohl dies nach § 7 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages geboten gewesen wäre. Weiterhin wurde eine Betätigung der die Klägerin nunmehr beherrschenden N.-R. auf dem Gebiet des lokalen Privatfernsehens als gesellschafts­schädlich bezeichnet. Ferner wurde zum Konkurrenz­verhältnis der Gesellschafter der Beklagten unter­einander die Befürchtung geäußert, daß die übrigen bei der Beklagten beteiligten, mittelständischen Unternehmen der wirtschaftlichen Übermacht der N.-R. bei der Vergabe von Druckaufträgen der Gesellschaft nicht gewachsen sein könnten; bei der Gründung der Gesellschaft sei aber Bedingung für die Aufnahme eines Gesellschafters gewesen, daß nur mittelständische, konzernfreie Unternehmen betei­ligt werden sollten. Schließlich wurde der Klägerin zum Vorwurf gemacht, daß sie in Person des Herrn Dr. K. S1. ihr Frage- und Auskunftsrecht als Ge­sellschafterin der Komplementär-GmbH in einer Form ausgeübt habe, die der Aufsichtsrat und der Ge­schäftsführer der Beklagten als Desavouierung emp­fänden und die die Kollegialität und die Vertrau­ensbasis im Kreis der Gesellschafter nachhaltig störe.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die vorgenannten Vorwürfe sind Gegenstand einer Er­örterung auf einer außerordentlichen Gesellschaf­terversammlung der Beklagten vom 18.11.1987 in G. gewesen und sodann als Anlage zum Tagesordnungspunkt 6 "Gesellschafterstatus des V.-Verlages" unter dem 07.12.1987 mit der Einladung zu einer außerordentlichen Gesellschaf­terversammlung der Beklagten am 22.12.1987 in Köln versandt worden.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Auf der Gesellschafterversammlung vom 22.12.1987 sind Versuche, die Klägerin freiwillig zu einem Austritt aus der Gesellschaft zu bewegen, ergebnis­los geblieben. Sodann ist die Klägerin aus der Be­klagten sowie aus der Komplementär-GmbH der Beklag­ten aus den Gründen der Anlage zum Tagesordnungs­punkt 6 mit Wirkung zum 31.12.1987 bei 11 Ja-Stim­men und 2 Nein-Stimmen (darunter der der Klägerin) ausgeschlossen worden. Auf der Gesellschafterver­sammlung vom 22.12.1987 haben sich einige Gesell­schafter durch andere Gesellschafter vertreten las­sen; ein Gesellschafter - N1 I. Verlag - war nicht anwesend.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Anschließend kam es noch auf der Gesellschafterver­sammlung sowie in einem späteren Schriftwechsel zu Erörterungen zwischen den Rechtsvertretern der Par­teien über eine prozessuale Anfechtung des Aus­schließungsbeschlusses, deren Inhalt im einzelnen streitig ist. Der Text des Protokolls der Gesell­schafterversammlung vom 22.12.1987 lautet insoweit:</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">"Herr Dr. E. gab bekannt, daß V. eine gerichtliche Anfechtung des Beschlusses prüfen werde. In Frage komme ein Verfahren sowohl gegen die GmbH wie gegen die KG. Herr A. schlug vor, daß zur Vereinfachung des Verfahrens davon auszuge­hen sei, daß der Ausgang des Verfahrens für eine der beiden Gesellschaften auch für die andere Ge­sellschaft Gültigkeit haben solle. Hierdurch würde die eventuelle Durchführung von zwei parallel ge­führten Prozessen vermieden. Herr Dr. E. stimmte dem zu."</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin ist der Ansicht gewesen, die als Anla­ge zum Gesellschaftsvertrag enthaltene Schiedsge­richtvereinbarung lasse ihr die Wahl, alternativ das ordentliche Gericht oder ein Schiedsgericht an­zurufen. Im übrigen sei die Schiedsgerichtsverein­barung aber auch wegen Unbestimmtheit unwirksam und zumindest für den vorliegenden Einzelfall abbedung- en.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Zur Passivlegitimation hat die Klägerin die Meinung vertreten, die Klage sei gegen die Gesellschaft und nicht gegen deren einzelne Gesellschafter zu rich­ten, weil dies der Gesellschaftsvertrag vorsehe. Dies ergebe sich aus den gleichlautenden Formulie­rungen in § 12 des Gesellschaftsvertrages der Be­klagten und in § 13 der Satzung der Komplementär-GmbH, wonach Gesellschafterbeschlüsse binnen be­stimmter Frist "angefochten" werden müssen, damit sie nicht in Bestandskraft erwachsen. Da bei der</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">GmbH nur eine Anfechtung gegenüber der Gesellschaft möglich sei, dürfe für die KG nichts anderes gel- ten. Jedenfalls, so hat die Beklagte behauptet, sei auf der Gesellschafterversammlung vom 22.12.1987 eine Vereinbarung dahingehend getroffen worden, daß im vorliegenden Fall eine Klage gegen die Gesell­schaft und nicht gegen die Gesellschafter gerichtet werden sollte.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Zur Sache selbst hat die Klägerin hinsichtlich der Ausschlußgründe vorgetragen: Ein Übergang von mehr als 50 % der Gesellschaftsanteile habe zwar statt gefunden. Eine Berufung auf einen entsprechenden Ausschließungsgrund sei aber jedenfalls verwirkt, da die Beklagte zu lange gewartet habe, ehe sie sich auf diesen Umstand berief. Die Aktivitäten der N.-R. auf dem Sektor des lokalen Privatfern­sehens seien eingestellt worden. Auch sonst trete die N.-R. bzw. die Klägerin zu den übrigen Gesellschaftern der Beklagten nicht mehr als üblich in Konkurrenz. Die Ausübung des Auskunfts- und Fra­gerecht schließlich sei nicht in einer Form er­folgt, die den Gesellschaftsfrieden bei der Beklag­ten störe.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">festzustellen, daß der Beschluß der Gesell­schafterversammlung der Beklagten vom 22.12.87, die Klägerin aus der Gesellschaft auszuschließen, unwirksam ist;</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">hilfsweise,</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">den Beschluß der Gesellschafterversammlung vom 22.12.87, die Klägerin aus der Gesellschaft auszuschließen, für unwirksam zu erklären.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Sie hat sich auf die Einrede des Schiedsvertrages berufen und von daher die Klage für unzulässig ge­halten. Darüber hinaus hat die Beklagte die Ansicht vertreten, die Klage vor dem ordentlichen Gericht hätte sich gegen die (Mit-) Gesellschafter der Be­klagten und nicht gegen die Gesellschaft selbst richten müssen. Weder ergebe sich aus dem Gesell­schaftsvertrag, daß das Erfordernis einer Klage ge­gen die Gesellschafter abbedungen worden sei, noch seien nachträglich entsprechende Vereinbarungen ge­troffen worden. Der Schriftwechsel des für die Klä­gerin tätigen Rechtsanwalts Dr. E. (Schrei­ben vom 26.01.1988, Bl. 49 d. A.) und des Rechtsan­walts A. (Schreiben vom 02.02.1988, Bl. 51 d. A.) belege lediglich eine Vereinbarung, daß für die beiden Gesellschaften (Beklagte und ihre persönlich haftende GmbH) nur ein Verfahren geführt werden solle, um zwei Parallelprozesse zu vermeiden, besa­ge aber nichts zur Bestimmung der Parteien in dem Verfahren. In diesem Zusammenhang hat die Beklagte behauptet, daß Rechtsanwalt A. - der als Ver­treter der Gesellschaften und nicht der Gesellschafter aufgetreten sei - zum damaligen Zeitpunkt die Frage, gegen wen eine Klage zum Gesellschafter­status bei einer Kommanditgesellschaft zu richten sei, gar nicht geprüft habe.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, daß zwar nicht eine wirksame Schiedsge­richtvereinbarung der Zulässigkeit der Klage entge­genstehe, daß sich die Klage aber nicht gegen den richtigen Beklagten richte. Die Klage hätte gegen die einzelnen Mitgesellschafter gerichtet werden müssen.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Gegen das am 15.09.1988 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 10.10.1988 Berufung eingelegt, die am 21.10.1988 begründet worden ist. Die Klägerin be­gehrt in erster Linie Aufhebung und Zurückverwei­sungder Sache nach § 538 Abs. 1 Nr. 2 ZPO an das Landgericht, hilfsweise Entscheidung nach ihren erstinstanzlichen Sachanträgen.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Sie wiederholt zur Frage einer wirksamen Schiedsab­rede und zur Frage ob die Klage gegen die Gesell­schaft oder die Gesellschafter zu richten sei, ihr erstinstanzliches Vorbringen.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Zu den auf den Ausschließungsbeschluß folgenden Er­örterungen auf der Gesellschafterversammlung vom 22.12.1987 behauptet die Klägerin nunmehr, Rechts­anwalt Dr. E. habe die Gesellschafter u. a. gebeten, zu beschließen, daß nur ein einziger Prozeß vor einem einzigen Gericht "gegen die Gesell­schaft" geführt werden solle; die Gesellschafter hätten sich befriedigt gezeigt, daß sie nicht selbst verklagt werden würden, vielmehr der Prozeß gegen die Gesellschaft geführt wird, und hätten dem Vorschlag zugestimmt (Zeugnis Dr. E., Zeugnis Dr. U.). Vor diesem Hintergrund seien auch die Erklärungen in den Schreiben der beteiligten Rechtsanwälte nach dem 22.12.1987 zu sehen, so daß eine Berufung der Beklagten auf das Erfordernis ei­ner Klage gegen die einzelnen Gesellschafter - wenn dies nicht schon durch den Gesellschaftsvertrag oder die Vereinbarung vom 22.12.1987 entfalle</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">rechtsmißbräuchlich wäre.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Sache zur weiteren Verhandlung und Entschei‑</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">dung in den I. Rechtszug zurückzuverweisen; hilfsweise</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach den erstinstanzlichen Schlußanträgen der Klägerin zu erkennen;</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">der Klägerin sowohl als Vollstreckungungsgläu­bigerin als auch als Vollstreckungsschuldnerin zu gestatten, erforderliche Sicherheit auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft der O. M1Bank, I1. und C., zu erbringen.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen;</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">ihr zu gestatten, Sicherheit auch durch die Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentli• chen Sparkasse oder Genossenschaftsbank zu leisten.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte wiederholt ihr erstinstanzliches Vor­bringen. Sie ist der Ansicht, daß die Klage schon wegen der Einrede des Schiedsgerichts unzulässig sei. Darüber hinaus vertritt die Beklagte weiterhin die Ansicht, daß die Klage auf Feststellung der Un­wirksamkeit des Ausschlusses der Klägerin gegen die einzelnen Mitgesellschafter zu richten gewesen wä­re. Etwas anderes sei weder dem Gesellschaftsver­trag noch nachfolgenden Vereinbarungen zu entneh­men.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Zu den Gesprächen auf der Gesellschafterversammlung vom 22.12.1987 bestreitet die Beklagte die von der Klägerin vorgetragenen Äußerungen des Rechtsanwalts Dr. E., denen die Gesellschafter angeblich zugestimmt haben sollen. Die Beklagte behauptet, Dr. E. habe nicht davon gesprochen, daß der Prozeß gegen die Gesellschaft anstatt gegen die Ge­sellschafter geführt werden solle und daß die Ge­sellschafter einem solchen Vorschlag zugestimmt hätten (Beweis: Zeugnis A., Zeugnis V., Zeugnis Dr. C1.). Im übrigen trägt die Beklagte vor, Rechtsanwalt Dr. E. habe nicht die Befugnis und Aufgabe gehabt, die Gesellschafter um irgendwelche Stimmabgaben zu bitten; dies habe allein dem Versammlungsleiter zugestanden. In Wirk­lichkeit sei es am 22.12.1987 lediglich um ein un­verbindliches Gespräch darüber gegangen, ob - falls es überhaupt zu einer Klage komme - parallele Ver­fahren für beide Gesellschaften erforderlich wür­den. Zum nachfolgenden Schriftwechsel der Rechtsan­wälte Dr. E. und V. trägt die Klägerin vor, auch Dr. E. sei ausweislich seines Schreibens vom 26.01.1988 klar gewesen, daß Rechts­anwalt A. "im Auftrage der beiden Gesellschaf­ten" handele, daß er mithin nicht für die Gesell­schafter Erklärungen dazu habe abgeben können, ob diese zu verklagen seien oder statt ihrer die KG.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien und der angeführten Urkunden wird auf den Inhalt der Akten (nebst Anlagenhefter zur Klage­schrift) Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe </u></p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte und begründete Berufung ist nicht gerechtfertigt.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist allerdings nicht schon gemäß § 1027 a ZPO unzulässig, weil sich die Beklagte auf den Schiedsgerichtsvertrag vom 12.06.1970 beruft.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Eine ausschließliche Zuständigkeitsvereinbarung des Schiedsgerichts läßt sich der Anlage zum Protokoll vom 12.06.1970 (B1. 47 d.A.) nicht entnehmen. Das Landgericht hat eine Zweideutigkeit schon der Wort­wahl "für alle Fälle" in der Präambel des Schieds­gerichtsvertrages entnommen und ausgeführt, diese Worten könnten als "ausschließlich" oder als "vor­sorglich" verstanden werden. Dem stimmt der Senat insoweit zu, als sich eine mangelnde Bestimmtheit der Schiedsabrede zwar nicht unbedingt aus § 12 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages der Beklagten, wohl aber aus § 1 des Schiedsgerichtsvertrages selbst ergibt.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Wenn § 12 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages in Zu­sammenhang mit der Anfechtungsfrist die Klage "beim Schiedsgericht oder beim ordentlichen Gericht" nennt, so läßt dies noch keine zwingenden Rück­schlüsse darauf zu, wie der Schiedsvertrag zu ver­stehen ist. Die alternative Erwähnung von Schieds­gericht und ordentlichem Gericht kann auch bei ei­nem ganz eindeutig formulierten Schiedsvertrag ge­rechtfertigt sein; dies deswegen, weil ein Schieds­vertrag nach § 1027 a ZPO nur dann den Weg zum or­dentlichen Gericht versperrt, wenn sich der Beklag- te darauf beruft, also Verfahren vor dem ordentlichen Gericht durchaus möglich bleiben, weil die Schiedsklausel nicht von Amts wegen zu beachten ist.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Nicht mehr eindeutig und damit nicht wirksam ist die von der Beklagten angeführte Schiedsabrede je­doch in Ansehung von § 1 des Schiedsgerichtsvertra­ges vom 12.06.1970. In der Formulierung "Nach einer Klage vor dem Schiedsgericht oder nach Einlassung auf das Verfahren vor dem Schiedsgericht kann der ordentliche Rechtsweg nicht mehr angerufen werden" ist eine bewußt gegenüber dem § 1027 a ZPO mildere Regelung zu sehen. § 1 schließt den ordentlichen Rechtsweg nur für den Fall aus, daß das Verfahren vor dem Schiedsgericht bereits eingeleitet ist, während nach der gesetzlichen Regelung des § 1027 a ZPO schon der Abschluß des Schiedsvertrages als solcher - sofern sich die beklagte Partei darauf beruft - der Zulässigkeit der Klage vor dem ordent­lichen Gericht entgegensteht. Wegen des einschrän­kenden Inhalts des § 1 des Schiedsgerichtsvertrages ist auch dessen Präambel in Ansehung der Worte "für alle Fälle" nicht eindeutig. Da die Möglichkeit of­fenbleibt, daß mit der Vereinbarung vom 12.06.1970 eine von den §§ 1025 ff. ZPO abweichende, nicht zwingende Schiedsabrede beabsichtigt gewesen ist, kann die Klage nicht wegen der Einrede des Schieds­vertrages abgewiesen werden.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Die Berufung bleibt deswegen ohne Erfolg, weil sich die Klage gegen die (Mit-) Gesellschafter hätte richten müssen und nicht gegen die beklagte Komman­ditgesellschaft selbst erhoben werden durfte.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Es entspricht einhelliger Rechtsprechung und</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Schrifttumsansicht, daß die Klage auf Feststellung der Nichtigkeit eines Gesellschafterbeschlusses bei einer Personenhandelsgesellschaft in der Regel ge­gen die Mitgesellschafter erhoben werden muß (vgl. BGHZ 30, 195, 197; BGHZ 48, 175, 176; BGHZ 81, 263, 265; BGHZ 85, 351, 353; BGH WM 1966, 1036; Baum bach-Duden-Hopt, HGB, 27. Aufl., § 124 Anm. 6 H; Fischer in: Großkommentar zum HGB, 3. Aufl., § 119 Anm. 18). Dieser Ausgangspunkt -- dem auch der Senat folgt - findet seine Begründung darin, daß es die Mitgesellschafter sind, die den Beschluß gefaßt ha ben und deren Rechte und Pflichten von der Wirksam­keit oder Unwirksamkeit des Beschlusses berührt werden (BGH WM 66, 1036); der den personellen Be­stand berührende Anspruch steht nicht zur Disposi­tion der Gesellschaft und entfaltet ihr gegenüber keine Rechtskraftwirkung (BGHZ 48, 177; 81, 265).</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts­hofs (zuletzt BGHZ 85, 350, 353) ist allerdings die Zulässigkeit einer abweichenden Regelung im Gesell­schaftsvertrag zu bejahen, nach der die Klage gegen die Gesellschaft zu richten ist. In einem solchen</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Fall hätte ein zwischen dem klagenden Gesellschaf­ter und der Gesellschaft ergangenes Urteil wenig­stens die Folge, daß die übrigen Gesellschafter schuldrechtlich verpflichtet sind, sich an die Ent­scheidung zu halten (BGH WM 66, 1036).</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Hierauf beruft sich vorliegend die Klägerin unter Bezugnahme auf § 12 des Gesellschaftsvertrages vom 12.06.1970 ohne Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Diese Bestimmung ist weder von ihrem eigenen Wort­laut her noch in Verbindung mit § 13 der Satzung der Komplementär-GmbH als eine vertragliche Rege­lung zu verstehen, der zu entnehmen ist, daß sich die Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit eines Ausschließungsbeschlusses gegen die Gesellschaft und nicht gegen die Gesellschafter zu richten hat.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Ungeachtet des auf die Personenhandelsgesellschaft nicht passenden Begriffes der Anfechtung besagt § 12 des Gesellschaftsvertrages der KG (ebensowenig wie § 13 der Satzung der Komplememtär-GmbH) etwas über die Person des Verfahrensgegners. Daß dies die Gesellschaft sein soll, ist dem Wortlaut nicht zu entnehmen, so daß es bei den allgemeinen Regelungen verbleiben muß. Zwar verweist die Klägerin darauf, daß der Begriff der Anfechtung etwa dem Aktienrecht entnommen sei; dort findet sich in § 246 Abs. 2 Ak­tienG in der Tat die Regelung, daß die Klage gegen die Gesellschaft zu richten ist. Die Argumentation der Klägerin, daß sich hieraus auch § 12 Abs. 1</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Satz 2 des Gesellschaftsvertrages der Beklagten erkläre, wird aber der rechtlichen Situation bei der Personenhandelsgesellschaft nicht gerecht. Da hier keine Anfechtung, sondern nur eine Feststel­lung der Unwirksamkeit des Gesellschafterbeschlus­ses in Betracht kommt (vgl. Fischer in: Großkommen­tar, § 119 Anm. 18), lassen sich Parallelen zum Recht der Aktiengesellschaft oder auch zum Recht der GmbH nicht ziehen. Dort beseitigt eine er­folgreiche Anfechtungsklage den Beschluß und bindet somit Gesellschaft und Aktionäre/Gesellschafter gleichermaßen in jeder Hinsicht. Bei der Personen­handelsgesellschaft hingegen können Streitigkeiten über den personellen Bestand mit Rechtskraftwirkung nur zwischen den Gesellschaftern entschieden werden (BGHZ 30, 195; BGHZ 48, 176). Selbst bei einer Per­sonenhandelsgesellschaft, deren Gesellschaftsver­trag ausnahmsweise die Feststellungsklage auf Nich­tigkeit eines Gesellschafterbeschlusses gegen die Gesellschaft vorsieht, sind nach einem obsiegenden Urteil des klagenden Gesellschafters die übrigen Gesellschafter nur schuldrechtlich verpflichtet (BGH WM 66, 1036), sich an die Entscheidung zu hal­ten.</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Unter Berücksichtigung dieses grundlegenden Unter­schiedes bleibt zwar nicht recht verständlich, wel­chen Zweck die Regelung in Satz 2 von § 12 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages der Beklagten verfolgen soll. Zumindest ist die Regelung aber nicht eindeu­tig, so daß in Ansehung des Wortlauts des Gesell‑</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">schaftsvertrages auch nicht davon ausgegangen wer- den kann, daß die Gesellschafter wenigstens bei Gründung der Beklagten den Willen gehabt hätten, eine Klage gegen die Gesellschaft zu regeln. Hätte man ausdrücklieh bestimmen wollen, daß sich die Feststellungsklage gegen die Gsellschaft zu rich­ten hat, wäre das unschwer durch eine klare Formu­lierung möglich gewesen. Des Beweisantritts der Be­klagten dazu, bei Abschluß des Gesellschaftsvertra­ges hätten die Gesellschafter, auch mangels Beleh­rung durch den Notar, keine Abweichung von der Rechtslage in ihre Willensbildung aufgenommen, be­darf es folglich nicht.</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Das Ergebnis, daß dem Gesellschaftsvertrag keine Regelung entnommen werden kann, wonach die Klage gegen die Gesellschaft zu richten ist, erfährt auch keine andere Beurteilung durch den Hinweis der Klä­gerin auf den Inhalt der Entscheidung BGH WM 6(, 1036. Zutreffend ist zwar, daß auch die Entschei­dung des Bundesgerichtshofs einen Fall betraf, in dem im Gesellschaftsvertrag von einer Anfechtung binnen einer bestimmten Frist die Rede war und Wor­te wie "gegen die Gesellschaft zu richten" o.ä. fehlten. Die Urteilsgründe des BGH enthalten jedoch keine eigene Entscheidung dazu, ob eine Klausel mit der bloßen Formulierung "angefochten" eine Klage gegen die Gesellschaft rechtfertigt. Vielmehr hat der BGH unter Hinweis auf die grundsätzliche Zuläs­sigkeit einer abweichenden Regelung im Gesell­schaftsvertrag lediglich darauf hingewiesen, daß</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">das Berufungsgericht den Gesellschaftsvertrag dahin "ausgelegt" habe, daß Gesellschafterbeschlüsse durch Klage gegen die Gesellschaft "anzufechten" seien (WM 66, 1036) und daß das innerhalb der Gren­zen einer tatrichterlichen Würdigung liege, womit diese Auslegung des Berufungsgerichts der revi­sionsrechtlichen Nachprüfung entzogen sei (a.a.O. S. 1037). Eine eigene Sachentscheidung des Bundes­gerichtshofs, daß aus dem Wort Anfechtung auf die Notwendigkeit einer Klage gegen die Gesellschaft statt gegen die Gesellschafter geschlossen werden müsse, ist dem nicht zu entnehmen und auch aus der sonstigen Rechtsprechung des BGH, soweit bekannt, nicht ersichtlich.</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Auch auf der Gesellschafterversammlung vom</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">22.12.1987 kann keine Vereinbarung getroffen worden sein, wonach die Klage auf Feststellung der Unwirk­samkeit des Gesellschafterbeschlusses in Abweichung von dem für: die Personenhandelsgesellschaft gel­tenden Normalfall gegen die Gesellschaft selbst er­hoben werden sollte.</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Dabei bleiben letztlich einige Widersprüche dahin­gestellt, die insoweit dem Vorbringen der Klägerin anhaften dürften. Die zweitinstanzlichen Behauptun­gen dazu, daß Rechtsanwalt Dr. E. am 22.12.1987 ausdrücklich um einen Gesellschafter­beschluß für nur einen einzigen Prozeß vor einem einzigen Gericht und gegen die Gesellschaft gebeten</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">und dabei Zustimmung erfahren habe, sind nicht nur schwer damit vereinbar, daß - so die vom Senat al­lerdings nicht geteilte Auslegung der Klägerin -sich ohnehin aus dem Gesellschaftsvertrag die Mög­lichkeit der Klage allein gegen die Gesellschaft ergebe. Diese Behauptungen finden auch keine Bestä­tigung im Wortlaut des Protokolls der Gesellschaf­terversammlung (Anlagenhefter Bl. 53). Sie sind in dieser Form nicht einmal in den Änderungswünschen der Klägerin vom 21.01.1988 zu diesem Protokoll (B1. 133 d. A.) enthalten, die mit Schreiben des Rechtsanwalts A. vom 04.05.1988 (B1. 135 d. A.) zurückgewiesen worden sind.</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Eine Beweisaufnahme über die tatsächlichen Äußerun­gen ist nicht veranlaßt, weil die Berufung auch nach der von der Klägerin gegebenen Darstellung keinen Erfolg hätte. Es ist schon fraglich, ob der Grundsatz, daß die Klage auf Feststellung der Nich­tigkeit eines Gesellschafterbeschlusses gegen die Mitgesellschafter zu erheben ist, überhaupt durch einen bloßen späteren Gesellschafterbeschluß statt durch eine Regelung im Gesellschaftsvertrag selbst durchbrochen werden kann. Wegen der weitreichenden Auswirkungen einer solchen späteren Beschlußfassung für den Einzelfall - wenn die Gesellschaft zu ver­klagen ist, könnte sich keiner der Gesellschafter gesondert im Rechtsstreit gegen die Klage verteidi­gen - käme einem solchen Beschluß jedenfalls aber satzungsändernder Charakter zu. Daher hätte eine solche Beschlußfassung vorab in die Tagesordnung</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">aufgenommen werden müssen, die bei der Einberufung von Gesellschafterversammlungen mitzuteilen ist <em>(§</em> 10 Abs. 1 Satz 3 der Satzung der W. Verlagsgesell­schaft Verwaltung GmbH in Verbindung mit § 10 letz­ter Absatz des Gesellschaftsvertrages der Beklag­ten).</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Zutreffend weist das Landgericht in dem angefochte­nen Urteil auch darauf hin, daß ein Gesellschafter (N1 I. Verlag) auf der Versammlung vom 22.12.1987 nicht anwesend und auch nicht durch ei­nen anderen Gesellschafter vertreten war. Auch wenn gemäß § 10 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags für dessen Änderung eine Mehrheit von 3/4 der anwesen­den Stimmen ausreichend ist, so wird doch auch hierdurch die Notwendigkeit der Vorabankündigung der von der Klägerin behaupteten Beschlußfassung nicht entbehrlich, damit jeder Gesellschafter zu­mindest die Möglichkeit hat, sein Anwesenheitsrecht wahrzunehmen und in der Aussprache und Abstimmung mit auf die Entschließung der übrigen Gesellschaf­ter Einfluß zu nehmen. Im vorliegenden Fall war aber mit der Einladung zu der Gesellschafterver­sammlung vom 22.12.1987 zu Tagesordnungspunkt 6 le­diglich angekündigt worden der "Gesellschaftersta­tus des V. Verlages". Die von der Klägerin behaupteten Abreden über eine etwaige Prozeßführung ergaben sich erst unvermutet im Anschluß an den Ausschließungsbeschluß.</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">c)</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">Der Gesellschafterversammlung vom 22.12.1987 nach­folgende Vereinbarungen der beiderseitigen Rechts­berater über eine gegen die beklagte KG zu richten­de Klage hätten erst recht nicht wirksam sein kön­nen und sind auch nicht festzustellen.</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin verweist ohne Erfolg auf das Schreiben des Rechtsanwalts Dr. E. vom 26.01.1922 (BI. 49 d. A.) und die Antwort des Rechtsanwalts A. vom 02.02.1988 (91. 51 d. A.). Den Anwälten beider Seiten ist es verwehrt, Beschlüsse über Gegenstände zu fassen, die den Gesellschaftern im Gesell­schaftsvertrag und allenfalls unter strengen sat­zungsändernden Voraussetzungen in einer Gesell­schafterversammlung vorbehalten sind. Auch war der Klägerin aus dem Schreiben des Geschäftsführers der Beklagten vom 19.01.1988 (B1. 101 d. A.) bekannt, daß Rechtsanwalt A. im Auftrage der beiden Ge­sellschaften handelte und nicht etwa die einzelnen Mitgesellschafter vertrat; nur die Gesellschafter selbst aber können sich ihrer Rechte an einer Pas­sivbeteiligung in einem etwaigen Rechtsstreit bege­ben. Auch Rechtsanwalt Dr. E. war ausweis­lich des ersten Absatzes seines Schreibens vom 26.01.1988 bekannt, daß Rechtsanwalt A. die beiden Gesellschaften vertrat. Damit ist schon sein eigener Vorschlag in dem Schreiben vom 26.01.1988 lediglich dahin zu verstehen, daß es um die nage ging, ob ein und/oder zwei Verfahren bezüglich des Ausschlusses aus der KG und des Ausschlusses aus</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">der GmbH nötig waren und welcher Gerichtsstand maß­geblich sein sollte; die Frage der Person des rich­tigen Beklagten bezüglich der KG - die Sache der Gesellschafter war war somit nicht angesprochen. Demgemäß ging auch die Antwort des Rechtsanwalts A. vom 02. 2.1988, daß "Einvernehmen dahinge­hend besteht, daß nur ein Rechtsstreit durchgeführt wird, und zwar vor dem Landgericht Köln gegen die W. Verlagsgesellschaft mbH & Co.KG", ersichtlich nur von dieser Basis aus (wofür vor allem auch der zweite Absatz dieses Schreibens spricht) und er­streckte sich nicht auf die ganz andere Frage, ob nicht in Wirklichkeit statt der KG deren Gesell­schafter verklagt werden müßten.</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">d)</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">Da eine Vereinbarung, daß die Gesellschaft zu ver­klagen ist, weder am 22.12.1987 auf der Gesell­schafterversammlung noch in nachfolgenden Verhand­lungen getroffen worden sein kann, greift auch die Argumentation der Klägerin zu einem rechtsmiß­bräuchlichen Verhalten der Beklagten in diesem Ver­fahren nicht durch.</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">3.</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbar­keit ergeht gemäß §§ 703 Nr. 10, 711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">Berufungsstreitwert und Beschwer der Klägerin: 100.000,00 DM.</p>
|
226,377 | vg-koblenz-1988-12-13-10-k-6088 | {
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<div class="docLayoutText"><div>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p>Die Beklagte wird unter Abänderung ihres Bescheides vom 23. März 1987 und unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides des Kreisrechtsausschusses bei der Kreisverwaltung des Westerwaldkreises vom 08. Januar 1988 verpflichtet, der Klägerin für die Zeit vom 01. April 1987 bis 27. November 1987 Hilfe zum Lebensunterhalt unter Zugrundelegung von Kosten der Unterkunft in Höhe von 712,49 DM zu gewähren.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p>Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p>Gerichtskosten werden nicht erhoben.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p>Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung seitens der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 200,-- DM abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p></dd>
</dl>
</div></div>
<div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc">
<!--hlIgnoreOn-->Tatbestand<!--hlIgnoreOff-->
</h4></div>
<div class="docLayoutText"><div>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_1">1</a></dt>
<dd><p>
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Übernahme von Wassergeldbeträgen als Kosten der Unterkunft im Rahmen der ihr gewährten Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_2">2</a></dt>
<dd><p>
Die Klägerin bezieht gemeinsam mit ihren beiden 1976 und 1986 geborenen Kindern seit Jahren laufende Hilfe zum Lebensunterhalt von der Beklagten.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_3">3</a></dt>
<dd><p>
Die Kreisverwaltung des Westerwaldkreises als örtlicher Träger der Sozialhilfe vertrat bereits im Jahre 1984 die Auffassung, daß die Kosten des Wasserverbrauchs im Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt nicht den Kosten der Unterkunft zuzurechnen, sondern vielmehr von den Hilfeempfängern aus den Regelsätzen zu bestreiten seien. Nachdem diese Meinung durch eine vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge in Frankfurt eingeholte Stellungnahme vom 12. Juni 1985 bestätigt worden war, veranlaßte die Kreisverwaltung die ihr nachgeordneten Verbandsgemeinden, für die Folgezeit entsprechend zu verfahren. Daraufhin bewilligte die Beklagte der Klägerin erstmals mit Wirkung ab Oktober 1985 die Hilfe zum Lebensunterhalt, ohne die Kosten des Wasserverbrauchs zu den Unterkunftskosten zu rechnen. Dies führte seinerzeit zu einem Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung, den die Klägerin jedoch später wieder zurücknahm (Aktenzeichen: 2 L 96/85 VG Koblenz).
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_4">4</a></dt>
<dd><p>
Mit dem hier streitbefangenen Bewilligungsbescheid vom 23. März 1987 setzte sodann die Beklagte die der Klägerin und ihren Kindern ab April 1987 zu gewährende Hilfe zum Lebensunterhalt auf 1.123,-- DM fest, wobei wiederum bei den Kosten der Unterkunft eine Berücksichtigung der Wasserverbrauchsgebühren (in Höhe von 90,-- DM monatlich) unterblieb.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_5">5</a></dt>
<dd><p>
Den hiergegen eingelegten Widerspruch der Klägerin wies der Kreisrechtsausschuß bei der Kreisverwaltung des Westerwaldkreises mit Widerspruchsbescheid vom 08. Januar 1988 - aufgrund mündlicher Verhandlung vom 27. November 1987 - zurück, der dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin am 22. Januar 1988 zugestellt wurde. In den Gründen dieser Entscheidung heißt es, die Zuordnung zu den Kosten der Unterkunft oder zu den Regelsätzen richte sich im wesentlichen nach dem Zweck, für den die Aufwendungen entstanden seien. Demgemäß könnten als Kosten der Unterkunft nur die Wasserverbrauchskosten berücksichtigt werden, die der allgemeinen Gebäudereinigung o.ä. dienten. Das sei hier nicht dargetan, so daß die hier in Rede stehenden Kosten aus den Regelsätzen zu bestreiten seien.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_6">6</a></dt>
<dd><p>
Am 22. Februar 1988 hat die Klägerin schließlich Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt. Sie meint nach wie vor, die Kosten des Wasserverbrauchs seien eindeutig denen der Unterkunft zuzuordnen, und verweist insoweit auf das Fehlen einer entsprechenden Position im - den Regelsatz ausfüllenden - "Warenkorb 1985". Überdies entspreche dieses Verständnis dem Willen des Gesetzgebers, sei in den Richtlinien des Landes entsprechend geregelt und schließlich auch von einer kürzlich auf eine Kleine Anfrage im Landtag des Landes Rheinland-Pfalz abgegebene Stellungnahme des Ministeriums für Soziales und Familie vom 02. November 1988 abgedeckt.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_7">7</a></dt>
<dd><p>
Die Klägerin beantragt,
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_8">8</a></dt>
<dd><p style="margin-left:36pt">
unter Abänderung des Bescheides der Beklagten vom 23. März 1987 und unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides des Kreisrechtsausschusses bei der Kreisverwaltung des Westerwaldkreises vom 08. Januar 1988 die Beklagte zu verpflichten, ihr ab dem 01. April 1987 Sozialhilfe in Form von Hilfe zum Lebensunterhalt unter Zugrundelegung von Kosten der Unterkunft in Höhe von 712,49 DM zu gewähren,
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_9">9</a></dt>
<dd><p>
sowie,
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_10">10</a></dt>
<dd><p style="margin-left:36pt">
die Hinzuziehung der Prozeßbevollmächtigten der Klägerin im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_11">11</a></dt>
<dd><p>
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_12">12</a></dt>
<dd><p style="margin-left:36pt">
die Klage abzuweisen.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_13">13</a></dt>
<dd><p>
Sie vertritt nach wie vor die bereits in den Gründen der mitangefochtenen Entscheidungen dargelegte Auffassung.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_14">14</a></dt>
<dd><p>
Die Kammer hat der Klägerin mit Beschluß vom 26. September 1988 zur Durchführung des Verfahrens erster Instanz unter Beiordnung ihrer Prozeßbevollmächtigten Prozeßkostenhilfe ohne Ratenzahlungsverpflichtung bewilligt; auf die Gründe dieser Entscheidung kann Bezug genommen werden.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_15">15</a></dt>
<dd><p>
Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus den von den Beteiligten zu den Akten gereichten Schriftsätzen und Schriftstücken sowie aus der Gerichtsakte 10 L 13/84 VG Koblenz und den beigezogenen Verwaltungs- und Widerspruchsakten (insgesamt 4 Hefte), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
</p></dd>
</dl>
</div></div>
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<!--hlIgnoreOn-->Entscheidungsgründe<!--hlIgnoreOff-->
</h4></div>
<div class="docLayoutText"><div>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_16">16</a></dt>
<dd><p>Die Klage ist zulässig und begründet.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_17">17</a></dt>
<dd><p>Die Klägerin hat Anspruch darauf, daß die Beklagte bei der Bewilligung der laufenden Hilfe zun Lebensunterhalt für die Klägerin und ihre Kinder die Wasserverbrauchsgebühren im Rahmen der Kosten der Unterkunft mit berücksichtigt.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_18">18</a></dt>
<dd><p>Daß das Begehren seine Anspruchsgrundlage in den §§ 11, 12, 21 des Bundessozialhilfegesetzes - BSHG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Januar 1987 (BGBl. I S. 401) findet, und daß insbesondere die Beklagte gehalten ist, das Wassergeld im Rahmen der Unterkunftskosten gesondert abzurechnen, hat die Kammer im einzelnen ausführlich im Beschluß über die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe vom 26. September 1988 dargelegt. Zur Vermeidung von Wiederholungen kann daher auf diese Entscheidung und auf den darin in Bezug genommenen Beschluß der Kammer vom 21. März 1984 (Aktenzeichen: 10 L 13/84) Bezug genommen werden. Denn die Kammer hält auch aufgrund der mündlichen Verhandlung und Beratung an der darin geäußerten Auffassung fest.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_19">19</a></dt>
<dd><p>Lediglich ergänzend sei darauf hingewiesen, daß die Auffassung der Kammer - worauf die Prozeßbevollmächtigten der Klägerin zu Recht Bezug genommen haben - auch von der Landesregierung geteilt wird. Dies ergibt sich eindeutig aus der auf die Kleine Anfrage (Nr. 1032) vom 13. Oktober 1988 (Kopie Bl. 64 der Gerichtsakte - GA -) abgegebenen Erklärung des Ministeriums für Soziales und Familie vom 02. November 1988 (vgl. Bl. 65 f. GA). Denn darin ist die Frage, ob die Sozialhilfeträger die Kosten für den Wasserverbrauch in voller Höhe bei der Berechnung der Sozialhilfe berücksichtigen müssen, eindeutig bejaht worden. Auch die in dieser Stellungnahme abgegebene Begründung für die Zurechnung der Wasserverbrauchskosten zu den Kosten der Unterkunft entspricht vollinhaltlich der Auffassung der Kammer.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_20">20</a></dt>
<dd><p>Nach alledem war der Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben, wobei sich die zeitliche Begrenzung der Entscheidung bis zur mündlichen Verhandlung des Kreisrechtsausschusses aus dem aus Rechtsgründen dort endenden Rahmen der gerichtlichen Überprüfungsmöglichkeit in Sozialhilfestreitigkeiten ergibt. Da der Klägerin-Bevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung sein Begehren entsprechend klargestellt hat, ist hierin auch kein teilweises Unterliegen der Klägerin zu sehen. Gerichtskosten werden gemäß § 188 Satz 2 VwGO nicht erhoben.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_21">21</a></dt>
<dd><p>Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_22">22</a></dt>
<dd><p>Letztlich war auch dem Antrag der Klägerin zu entsprechen, die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären (vgl. § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO). Denn die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten ist anzuerkennen, wenn sie vom Standpunkt einer verständigen, nicht rechtskundigen Partei für erforderlich gehalten werden durfte. Dies ist hier eindeutig zu bejahen, was mit Blick auf den Schwierigkeitsgrad keiner weiteren Ausführung bedarf, zumal auch die Beklagte dies nicht in Abrede stellt.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_23">23</a></dt>
<dd><p><strong><span style="text-decoration:underline">Beschluss</span></strong></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_24">24</a></dt>
<dd><p>1. Der Gegenstandswert wird gemäß §§ 8, 10 Abs. 1 BRAGO i.V.m. § 13 Abs. 1 GKG auf 720,-- DM festgesetzt.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_25">25</a></dt>
<dd><p>2. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten seitens der Klägerin für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.</p></dd>
</dl>
</div></div>
</div>
|
315,299 | olgk-1988-12-12-2-w-24288 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 2 W 242/88 | "1988-12-12T00:00:00" | "2019-03-13T14:51:46" | "2022-10-18T15:08:38" | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1988:1212.2W242.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die sofortige weitere Beschwerde des Gläubigers vom 20. Oktober 1988 ge-gen den Beschluß der 19. Ferien-Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 14. September 1988 - 19 T 231/88 - wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">G r ü n d e</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I .</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Im Schlußtermin vom 4. Dezember 1987 erklärte der für den Gläubiger erschienene Rechtsanwalt Dr. Junker zu Protokoll, gegen das Schlußverzeichnis und die Schlußrechnung erhebe er namens des Gläubigers insoweit Einwendungen, als Forderungen der E. C. AG und des Bankhauses N., G. und Co. anerkannt und im Schlußverzeichnis berücksichtigt worden seien. Der Konkursverwalter</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">rügte die mangelnde Substantiierung dieser Einwendungen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Durch Beschluß vom 22. Dezember 1987 wies der Rechtspfleger die Einwendungen mangels Substantiierung zurück. Dagegen legte der Gläubiger mit Schriftsatz vom 13. Januar 1988 Erinnerung ein, die er mit Schriftsatz vom 10. Februar 1988 begründete. Durch Beschluß vom 22. Februar 1988 - 19 T 27/88 - wies das Landgericht die nach Nichtabhilfe und Vorlage durch das Amtsgericht als sofortige Beschwerde geltende befristete Erinnerung zurück. Auf die sofortige weitere Beschwerde des Gläubigers hob der Senat durch Beschluß vom 9. Mai 1988 - 2 W 65/88 - den Beschluß auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurück mit der Begründung, die Entscheidung beruhe auf einem Verfahrensmangel, da das Landgericht über einen mangels Unterschrift nicht existent gewordenen Beschluß des Rechtspflegers entschieden habe. Das Landgericht hob daraufhin mit Beschluß vom 30. Mai 1988 - 19 T 177/88 - den angefochtenen Beschluß auf und verwies die Sache zur Entscheidung über die Einwendungen des Gläubigers an das Amtsgericht zurück. Durch Beschluß vom 30. Juni 1988 - 71 N 315/78 - wies der Rechtspfleger die Einwendungen des Gläubigers gegen das Schlußverzeichnis zurück mit der Begründung, die E. C. AG sei nicht im Gläubigerverzeichnis eingetragen; das Bankhaus N., G. & Co. habe bei Nachweis des Ausfalls mit seiner Forderung in Höhe von 5.134.058,49 DM in das Schlußverzeichnis aufgenommen werden müssen; es sei nicht erkennbar, daß der Ausfall dem Konkursverwalter nicht nachgewiesen sein sollte.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Auf die nach dem Schlußtermin erfolgte Begründung der Einwendungen könne nicht mehr eingegangen werden, da die Einwendungen im Schlußtermin vollständig und substantiiert hätten vorgebracht werden müssen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die vom Gläubiger hiergegen eingelegte, nach Nichtabhilfe und Vorlage durch das Amtsgericht als sofortige Beschwerde geltende befristete Erinnerung des Gläubigers</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">wies das Landgericht durch Beschluß vom 14. September 1988 - 19 T 231/88 - zurück. Zur Begründung führte es aus, die Einwendungen des Gläubigers müßten insgesamt unberücksichtigt bleiben, da sie im Schlußtermin vom 4. Dezember 1987 nicht hinreichend substantiiert worden seien. Nachträglich erhobene Einwendungen könnten ahne Verstoß gegen den Grundsatz rechtlichen Gehörs auch im Beschwerdeverfahren nicht mehr berücksichtigt werden, da der Gläubiger im Rahmen des Konkursverfahrens hinreichend Gelegenheit gehabt habe, die zu erhebenden</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Einwendungen vorzubereiten und im Schlußtermin konkret vorzutragen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Gegen diesen dem Gläubiger am 8. Oktober 1988 zugestellten Beschluß richtet sich seine am 20. Oktober 1988 eingegangene sofortige weitere Beschwerde, mit der er geltend macht, das Landgericht habe mit der Nichtbeachtung des von ihm nach dem Schlußtermin vorgebrachten Tatsachenstoffs gegen § 570 ZPO und damit gegen den Grundsatz rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG verstoßen. Im Hinblick auf die erheblichen Schwierigkeiten tatsächlicher und rechtlicher Art hätte der Rechtspfleger auch dann, wenn er seine Einwendungen gegen den Nachweis der Forderung des Bankhauses N., G. & Co. Rechtzeitig vorgebracht hätte, diese im Schlußtermin nicht abschließend erledigen können; da somit der Gesetzeszweck des</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">§ 162 KO nicht erreichbar gewesen sei, müsse der Grundsatz des § 570 ZPO Vorrang haben.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die sofortige weitere Beschwerde ist unzulässig. Sie ist zwar form- und fristgerecht eingelegt worden. Es fehlt aber an der Zulässigkeitsvoraussetzung des § 568 Abs. 2</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Nach dieser Vorschrift ist die weitere Beschwerde nur gegeben, wenn durch den angefochtenen landgerichtlichen Beschluß ein "neuer selbständiger Beschwerdegrund" gesetzt worden ist. Voraussetzung dafür ist, daß Amtsgericht und Landgericht ungeachtet der Fassung der Beschlußgründe im Ergebnis voneinander abweichend entschieden haben. Darüber hinaus kommt ein neuer selbständiger Beschwerdegrund nur dann in Betracht, wenn das Landgericht gegen wesentliche Verfahrensvorschriften verstoßen hat und seine Entscheidung möglicherweise darauf beruht.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Die Vorentscheidungen stimmen inhaltlich überein, so daß es an einer neuen Beschwer fehlt.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Auch ein Verstoß des Landgerichts gegen wesentliche Verfahrensvorschriften ist nicht feststellbar.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Dem Beschwerdeführer ist allerdings zuzugeben, daß eine Verletzung des § 570 ZPO, der eine gesetzgeberische Ausformung des durch Art. 103 Abs. 1 GG gewährleisteten Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs darstellt (BVerfG NJW 82, 1635), einen wesentlichen Verfahrensmangel darstellen würde. Ein Verstoß des zweitinstanzlichen Gerichts gegen das Gebot, rechtliches Gehör zu gewähren, gibt nach herrschender Meinung einen neuen selbständigen Beschwerdegrund (vgl. BVerfG NJW 79, 538 u. Baumbach-Lauterbach-Albers Anm. 2 B c zu § 568 ZPO m.w.N.). Wie der Senat bereits in seiner Entscheidung NJW 79, 1834 ausgeführt hat, gilt dies auch dann, wenn dem erstinstanzlichen Gericht ein solcher Verstoß ebenfalls zur Last fällt. Der Senat ist daher trotz der übereinstimmenden Entscheidung der Vorinstanzen, die vom Gläubiger nach dem Schlußtermin gegen das Schlußverzeichnis erhobenen Einwendungen könnten keine Berücksichtigung mehr finden,</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">nicht gehindert nachzuprüfen, ob hierin eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör liegt. Dies ist jedoch zu verneinen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Auffassung des Landgerichts, § 162 KO stelle eine Präklusionsvorschrift dar, so daß der Gläubiger mit Einwendungen gegen das Schlußverzeichnis, die nicht substantiiert und vollständig im Schlußtermin mündlich vorgetragen wurden, endgültig ausgeschlossen sei, ist nicht zu beanstanden. Sie entspricht der einhelligen Meinung in Literatur und Rechtsprechung (vgl. Kuhn-Uhlenbruck, Rdnr. 4 zu § 162 KO; Jäger-Weber Rdnr. 4 zu § 162 KO; Kilger, Anm. 1 b zu § 162 KO; Schrader/Uhlenbruck/Delhaes, Konkurs- und Vergleichsverfahren Rdnr. 598; BGH JZ 84, 1025; LG Düsseldorf KTS 66, 185). </p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Der Gläubiger verkennt in seiner sofortigen weiteren Beschwerde auch selbst nicht, daß sich die Ausschlußwirkung der §§ 162, 158 Abs. 2 KO grundsätzlich auch auf</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">das Beschwerdeverfahren erstreckt, so daß § 570 ZPO insoweit zurücktritt.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Derartige Präklusionsbestimmungen sind mit Art. 103 Abs. 1 GG vereinbar (vgl. BVerfGE 55, 72 (94) zu § 528 Abs. 3 ZPO; 69, 126 (137) zu § 296 ZPO; Waldner, NJW 84, 2925 m.w.N.). Ihre Anwendung stellt nur dann eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör dar, wenn die Partei in dem Verfahren keine ausreichende Gelegenheit hatte, sich in allen wichtigen Punkten zur Sache zu äußern, nicht aber, wenn sie dies aus von ihr zu vertretenden Gründen versäumt hat (vgl. BVerfG a.a.O.).</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Im vorliegenden Fall ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, daß der Gläubiger hinreichend Gelegenheit hatte, die zu erhebenden Einwendungen vorzubereiten und im Schlußtermin substantiiert mündlich vorzutragen. Der Gläubiger hatte bereits Mitte September 1987 auf Anforderung Kopien der Konkursakte mit dem vollständigen Schlußbericht und dem Schlußverzeichnis des Konkursverwalters</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">erhalten. </p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Hieraus ging hervor, daß sich die absonderungsberechtigten Gläubiger E. C., Bankhaus N., G. & Co. und T.-Handelsgesellschaft mbH & Co. zu einem Sicherungspool zusammengeschlossen hatten und der Konkursverwalter sich mit diesen unter dem 21. November 1986/27. Februar 1987 über eine von § 64 KO abweichende Verrechnung der Forderungen geeinigt hatte, die zum Ausscheiden der E. C. aus dem Konkursverfahren führte, jedoch ein relativ langsameres Absinken der Schuld gegenüber dem Bankhaus N., G. & Co. zur Folge hatte. In dem Schlußbericht wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß sich die Forderung des Bankhauses N., G. & Co. bei exakter Verrechnung nach § 64 KO auf 4.619.461,38 DM hätte vermindern müssen. Der Konkursverwalter stellte dem Beschwerdeführer auf dessen Anforderung ferner unter dem 12. Oktober 1987 den Schriftwechsel mit der E.n C. vom 21. November 1986/ 27. Februar 1987, also die Vereinbarung über die Abrechnung, zur Verfügung und wies in dem Begleitschreiben nochmals darauf hin, daß hiernach das Bankhaus N., G. & Co. mit einer Ausfallforderung beteiligt geblieben sei, die etwas höher als die an sich berechtigte gelegen habe. Im Amtsblatt vom 5. Oktober 1987 wurde die Schlußverteilung angekündigt und die Niederlegung des Schlußverzeichnisses auf der Geschäftsstelle des Konkursgerichts mitgeteilt. Die Bestimmung des Schlußtermins auf den 4. Dezember 1987 wurde im Amtsblatt vom 9. November 1987 veröffentlicht. Bei dieser Sachlage hatte der Gläubiger ausreichend Gelegenheit, die Höhe des Ausfalls des Bankhauses N., G. & Co. zu überprüfen, und seine Einwendungen gegen deren Nachweis im Schlußtermin vorzubringen. Insbesondere hätte er dabei ohne weiteres auf die von § 64 KO abweichende Abrechnung der Forderung des Bankhauses N., G. & Co. hinweisen und dem Rechtspfleger die - nunmehr mit Schriftsatz vom 9. September 1988 behandelte – Rechtsfrage vorlegen können, ob der Konkursverwalter befugt ist, einen in Wirklichkeit nicht eingetretenen Ausfall im Vergleichswege als nachgewiesen anzuerkennen.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Da der Gläubiger es somit aus von ihm zu vertretenden Gründen versäumt hatte, seine Einwendungen im Schlußtermin substantiiert vorzutragen, konnte das Landgericht die nachträglich vorgebrachten Einwendungen gegen das Schlußverzeichnis ohne Verletzung seines Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs unberücksichtigt lassen.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die sofortige weitere Beschwerde war nach alledem mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zu verwerfen.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Beschwerdewert: 200.000,-- DM</p>
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315,300 | olgk-1988-12-09-13-w-8488 | {
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} | 13 W 84/88 | "1988-12-09T00:00:00" | "2019-03-13T14:51:47" | "2022-10-18T15:08:38" | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1988:1209.13W84.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>wird die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß der 2. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 4. November 1988 - 2 0 450/88 - zurückgewiesen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>G r ü n d e :</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, weil dem Antragsteller zu Recht Prozeßkostenhilfe für die beabsichtigte Klage verweigert worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Antragsteller beabsichtigt die klageweise Geltendmachung einer Forderung, die nach seinem Vortrag der H. GmbH zusteht. Es kann dahinstehen, ob er als alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der GmbH dazu befugt ist, die Forderung im eigenen Namen als Partei einzuklagen und ob in seiner Person die Voraussetzungen des § 114 ZPO erfüllt sind. Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, daß der Antragsteller nur deshalb anstelle der GmbH als Klagepartei auftreten will, weil die GmbH offenbar die zur Rechtsverfolgung notwendigen Vorschüsse (§ 65 GKG) nicht aufbringen kann, ihr aber keine Prozeßkostenhilfe zu bewilligen ist. Einen einleuchtenden Grund dafür, daß er anstelle der GmbH die Forderung einklagen möchte, hat der Antragsteller nicht angegeben. Es mag sein, daß er wegen seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung hierzu auch nicht gezwungen ist, wenn es um die Frage geht, ob sein rechtliches Interesse an der Prozeßführung im eigenen Namen zu bejahen ist. Wenn er aber zudem noch Prozeßkostenhilfe begehrt, weil er selbst die zur Prozeßführung nötigen Mittel nicht aufbringen kann, stellt sich diese Vorgehensweise als Umgehung des § 116 Nr. 2 ZPO dar. Auf seine rechtliche und wirtschaftliche Situation ist es nämlich ohne Auswirkung, wenn die GmbH als Forderungsinhaberin Klage erhebt, weil im Falle eines Obsiegens dies auch dem Antragsteller als alleinigem Gesellschafter der GmbH zugute kommt. Würde die GmbH klagen, müßte sie die erforderlichen Prozeßkosten selbst aufbringen. Ihr könnte keine Prozeßkostenhilfe bewilligt werden, weil die Voraussetzungen des § 116 Nr. 2 ZPO ersichtlich nicht vorliegen. Die Unterlassung der Rechtsverfolgung läuft dann dem allgemeinen Interesse zuwider, wenn die GmbH dadurch an der Erfüllung ihrer der Allgemeinheit dienenden Aufgaben gehindert würde. Das allgemeine Interesse fordert die Prozeßführung, wenn die Entscheidung größere Kreise der Bevölkerung der des Wirtschaftslebens anspricht und soziale Auswirkungen nach sich ziehen würde, wenn z.8. die GmbH sonst zur Entlassung einer großen Zahl von Arbeitnehmern gezwungen wäre. Dazu ist nichts ersichtlich. Der Umstand, daß die GmbH den einzuklagenden Betrag zur Begleichung von Steuerschulden benötigt, reicht nicht aus. Die Betreibung von Steuerschulden ist vielmehr den Finanzbehörden zu überlassen, die sich auf dem gesetzlich vorgesehenen Weg aus der angeblichen Forderung der GmbH gegen den Antragsgegner befriedigen können (WM, OLG Köln (7. ZS) JMBI NW 1964, 114; ihm folgend OLG Bamberg JurBüro 1982, 1733 m.w.N., OLG Köln (12. ZS) JurBüro 1985, 1259).</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Meinung der Beschwerde besteht von Verfassungswegen kein Grund, der GmbH als "Einmanngesellschaft" gleichwohl Prozeßkostenhilfe zu gewähren. Das Grundgesetz legt der Rechtsgemeinschaft keine Verpflichtung auf, einer Kapitalgesellschaft unter den gleichen Voraussetzungen Prozeßkostenhilfe einzuräumen, wie sie</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">für natürliche Personen gelten (dazu .eingehend BVerfG NJW 1974, 229). Das gilt auch, wenn nur eine natürliche Person alle Kapitalanteile der juristischen Person hält. Denn dadurch wird deren Rechtsnatur als Kapitalgesellschaft nicht berührt.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Wert der Beschwerde: bis 5.300,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Oberlandesgericht, 13.Zivilsenat</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Köln, den 9. Dezember 1988</p>
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315,301 | olgham-1988-12-08-4-uf-25188 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 4 UF 251/88 | "1988-12-08T00:00:00" | "2019-03-13T14:51:49" | "2022-10-18T15:08:38" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1988:1208.4UF251.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Beklagten sowie auf die Anschlußberufung der Klägerin wird das am 27. April 1988 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Dortmund teilweise abgeändert und wie folgt gefaßt:</p>
<p></p>
<p>Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin folgende Trennungsunterhaltsbeträge zu zahlen:</p>
<p></p>
<p>a)</p>
<p>für Oktober und November 1986 monatlich je 360,-- DM,</p>
<p>b)</p>
<p>für Dezember 1986 60,-- DM,</p>
<p>c)</p>
<p>für Januar 1987 bis Juli 1987 monatlich 127,19 DM abzüglich im März 1987 gezahlter 300,-- DM,</p>
<p>d)</p>
<p>für die Zeit von August 1987 bis Dezember 1987 monatlich 309,-- DM,</p>
<p>e)</p>
<p>für die Zeit vom 1. bis zum 11. Januar 1988 109,67 DM.</p>
<p></p>
<p>Im übrigen bleibt die Klage abgewiesen. Die weitere Berufung des Beklagten und die weitere Anschlußberufung der Klägerin werden zurückgewiesen. Die Kosten des ersten Rechtszuges werden der Klägerin zu 2/5 und dem Beklagten zu 3/5 auferlegt. Die Kosten der Berufungsinstanz werden gegeneinander aufgehoben.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Tatbestand:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien haben am 13. Dezember 1968 die Ehe geschlossen. Die Klägerin ist am 28. Dezember 1948 geboren, der Beklagte ist am 27. August 1942 geboren. Aus der Ehe sind die Kinder xxx, geboren am 25. Mai 1969, und xxx, geboren am 5. Juli 1973, hervorgegangen. Die Klägerin, die am 15. September 1986 die eheliche Wohnung verlassen hat, hat von dem Beklagten mit der am 15. April 1987 eingegangenen Klage Trennungsunterhalt ab Oktober 1986, teils als Rückstand, teils als laufenden Unterhalt, beansprucht. Inzwischen ist die Ehe durch Verbundurteil vom 17. November 1987 geschieden worden; die Scheidung ist seit dem 12. Januar 1988 rechtskräftig. Die Tochter xxx lebt bei der Klägerin, die die elterliche Sorge hat. Die Tochter xxx lebte zunächst ebenfalls bei der Klägerin, seit dem 15. Juni 1987 jedoch beim Beklagten. Seit dem 1. August 1987 lebt auch ihr Verlobter beim Beklagten. Für xxx hat der Beklagte durchgehend 337,50 DM Unterhalt monatlich gezahlt; für xxx hat er einen ebenso hohen Betrag gezahlt und zwar bis Juli 1987. Ab August 1987 hat xxx eine Ausbildungsstelle. Der Beklagte hat noch bis August 1987 die Ehewohnung bewohnt; die Miete betrug 562,-- DM. Seither hat er eine andere Wohnung, deren Miete monatlich 300,-- DM beträgt.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat während des Zusammenlebens nur ganz zu Anfang versicherungspflichtig gearbeitet. Während der übrigen Zeit hat sie Aushilfstätigkeiten ausgeübt, jedoch jeweils mit erheblichen Unterbrechungen. Bis zur Trennung hat sie in einer Trinkhalle xxx gearbeitet, diese Stelle aber verloren, weil die Trinkhalle nicht weiter betrieben wurde. Von März bis Juni 1987 und September 1987 bis Januar 1988 hat sie in der Trinkhalle mit einem Monatsverdienst von 140,-- DM gearbeitet. Im Juli und August 1987 hat sie bei der Firma xxx gearbeitet und dort im Juli 1987 657,24 DM und im August 1987 561,97 DM verdient.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat behauptet, trotz intensiver Bemühungen keine angemessene Arbeit gefunden zu haben. Sie hat einen Unterhaltsrückstand ab Oktober 1986 bis Februar 1987 in Höhe von 2.675,-- DM und laufenden Unterhalt ab März 1987 in Höhe von monatlich 309,-- DM verlangt; außerdem hat sie 505,-- DM als den hälftigen Anteil der dem Beklagten aus 1987 gewährten Steuererstattung von 1.010,-- DM beansprucht. Sie hat bestritten, eine über freundschaftliche Kontakte hinausgehende Beziehung zu dem Zeugen xxx zu unterhalten. Der Beklagte hat vornehmlich behauptet, die Klägerin sei aus der Ehe ausgebrochen, um zu dem Zeugen xxx Beziehungen aufzunehmen. Er hat gemeint, der Unterhaltsanspruch der Klägerin sei verwirkt. Außerdem hat er behauptet, die Klägerin habe sich nicht genügend um Arbeit bemüht.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Durch das angefochtene Urteil, auf das wegen der Einzelheiten verwiesen wird, hat das Amtsgericht nach umfangreicher Beweisaufnahme über die behaupteten Beziehungen der Klägerin zu xxx ihr Unterhalt in unterschiedlicher Höhe zuerkannt, und zwar für die Zeit von Oktober bis Dezember 1986 monatlich 632,-- DM, für Januar bis Juni 1987 monatlich 298,-- DM, für Juli 1987 270,-- DM, für August 1987 bis November 1987 298,-- DM monatlich und ab Dezember 1987 monatlich 309,-- DM bis zur Rechtskraft der Scheidung.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit der Berufung, die er wie folgt begründet:</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin sei einseitig aus der Ehe ausgebrochen. Sie unterhalte eine sozioökonomische Gemeinschaft mit dem Zeugen xxx, dem sie vollständig den Haushalt versorge. Sie besuche mit xxx auch Familienfeste. Für Versorgungsleistungen müsse sie sich seiner Meinung nach 800,-- DM monatlich als fiktive Einkünfte anrechnen lassen. Es sei auch unrichtig, daß das Familiengericht zur Errechnung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin die Differenzmethode zu Grunde gelegt habe. Die Klägerin habe sich seiner Meinung nach außerdem nicht ausreichend um Arbeit bemüht, weil sie nicht arbeiten wolle. Seine eigene Leistungsfähigkeit sei geringer, als vom Amtsgericht angenommen worden sei. Die Steuererstattung in Höhe von 1.010,-- DM habe er erst am 12. August 1987 erhalten; sie könne daher nicht für 1986 berücksichtigt werden. Seine Fahrtkosten beziffert er für 1986 mit monatlich 62,-- DM, für 1987 mit monatlich 84,-- DM und für 1988 mit monatlich 109,-- DM. Bis August 1987 habe er durch alleiniges Bewohnen der früheren Ehewohnung einen erhöhten Wohnbedarf von 262,-- DM gehabt. Seine Miete habe 562,-- DM betragen, während sein Wohnbedarf nur mit 300,-- DM zu veranschlagen gewesen sei. 1988 habe er einen Kredit von 21.000,-- DM, der ab Juli 1988 mit monatlich 429,-- DM abzuzahlen sei, aufgenommen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte, der mit der Berufungsbegründungschrift zunächst abändernd volle Klageabweisung begehrt hatte, beantragt nunmehr nach Rücknahme seiner weitergehenden Berufung,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">unter Abänderung des angefochtenen Urteils für den Unterhaltszeitraum von Oktober 1986 bis August 1987 nicht mehr als folgenden Unterhalt zahlen zu müssen:</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">für Oktober und November 1986 je 360,-- DM,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">für Dezember 1986 60,-- DM,</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">für Januar 1987 bis August 1987 je 32,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Im Wege der unselbständigen Anschlußberufung beantragt die Klägerin,</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten für die Zeit ab Januar 1987 unter Einschluß des angefochtenen Urteils weiter zu folgenden Unterhaltszahlungen zu verurteilen:</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">a)</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">Rückstände für Januar und Februar 1987 in Höhe von insgesamt 950,-- DM,</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">b)</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">für April bis Juli 1987 in Höhe von monatlich 475,-- DM,</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">c)</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">für August 1987 in Höhe von 552,92 DM,</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">d)</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">für die Zeit ab September 1987 bis 11. Januar 1988 in Höhe von monatlich 730,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Anschlußberufung der Klägerin zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin bestreitet die behaupteten Beziehungen zu xxx, dem sie nur freundschaftlich verbunden sei. xxx sei auch gar nicht leistungsfähig, da er für sich nur 750,-- DM zu Verfügung habe. Die Klägerin meint, sie sei zu umfangreicherer Tätigkeit, als von ihr geleistet, nicht verpflichtet, zumal sie ihre jüngere Tochter versorge. Wegen eines Rückenleidens könne sie nicht putzen. Das Einkommen des Beklagten sei höher, als das Amtsgericht angenommen habe. 1986 habe der Beklagte eine Steuererstattung erhalten. Den Gewerkschaftsbeitrag bestreitet die Klägerin. Der Beklagte habe ab Juli 1987 für xxx keinen Unterhalt mehr gezahlt. Die Miethöhen für die Ehewohnung und die jetzige Wohnung des Beklagten bestreitet sie. Wegen der behaupteten höheren Leistungsfähigkeit des Beklagten macht sie mit der Anschlußberufung die in ihrem Antrag aufgeführten Unterhaltsbeträge geltend.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die Parteien sind im Senatstermin gemäß § 141 ZPO angehört worden. Die Anhörung hat folgendes ergeben:</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die <u>Klägerin:</u></p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Sie lebe vom Sozialamt. Wegen des Nachscheidungsunterhalts schwebe ein Rechtsstreit. Im Januar 1987 sei sie in die xxx gezogen, xxx ebenfalls. Sie beide hätten dort je eine Sozialwohnung erhalten. Sie habe nie in xxx Wohnung geputzt oder für ihn gewaschen. Sie habe auch nie in seiner Wohnung übernachtet und er nicht in ihrer. xxx sei im Juni 1987 bei ihr ausgezogen. Die 337,50 DM für xxx für den Monat Juni 1987 habe sie an den Beklagten zurücküberwiesen. Der Beklagte habe immer am 15. eines Monats gezahlt. xxx habe eine Lehrstelle seit August 1987.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Der <u>Beklagte:</u></p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Er habe in der ehemaligen Ehewohnung nur für zwei Wochen einen Untermieter gehabt, der habe aber keine Miete gezahlt. Er selbst sei Gärtner bei der Stadt xxx. Für ihn entstünden Mehrkosten für Verpflegung, weil er außerhalb seines Hauses essen müsse. Seit August 1987 sei er mit Frau xxx verlobt und sei zu ihr gezogen. Er sei zu 50 % schwerbehindert, weil er unter epileptischen Anfällen leide.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens in beiden Instanzen wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Die Berufung des Beklagten ist zum Teil begründet; dagegen ist die Anschlußberufung der Klägerin ganz überwiegend unbegründet:</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Zu Recht hat das Amtsgericht durch das angefochtene Urteil der Klägerin einen Anspruch auf Trennungsunterhalt gemäß § 1361 BGB zuerkannt. Dieser Anspruch ist begrenzt bis zum 11. Januar 1988, da seit dem 12. Januar 1988 die Parteien rechtskräftig geschieden sind. Da die Parteien von der Trennung bis zur Rechtskraft der Scheidung nur etwa ein Jahr und vier Monate getrennt gelebt haben, kommt es auf die Frage, ob die Klägerin, in weiterem Umfange, als sie es tatsächlich gewesen ist, hätte berufstätig sein können, offenbleiben. Denn die Ehe der Parteien hat bis zur Scheidung fast 20 Jahre bestanden und die Klägerin hat zwei Kinder versorgt, von denen sie noch ein minderjähriges Kinder weiter betreut. Sie ist während der Zeit des Zusammenlebens etwa in dem gleichen Umfange berufstätig gewesen wie auch in der Zeit von der Trennung bis zur Scheidung. Unter diesen gegebenen Umständen konnte von ihr nicht erwartet werden, daß sie in dem <u>hier</u> relevanten Zeitraum ihre Erwerbstätigkeit ausweitete; vielmehr ist sie ihrer Erwerbsobliegenheit in vollem Umfang nachgekommen. Ob etwas anderes für die Zeit nach der Rechtskraft der Scheidung gilt, kann hier dahinstehen.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Zutreffend hat das Familiengericht auch eine Verwirkung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin aufgrund ihrer Beziehungen zu dem Zeugen xxx nicht angenommen. Die Voraussetzungen des § 1579 Nr. 6 BGB liegen nicht vor. Insoweit ist der Beklagte beweispflichtig, hat aber durch die vor dem Amtsgericht durchgeführte Beweisaufnahme nicht das Vorliegen von Umständen nachweisen können, die einen Ausschluß oder eine Reduzierung des Unterhaltsanspruchs rechtfertigen könnten. Für eine erneute Vernehmung des Zeugen xxx, die der Beklagte beantragt hat, hat der Beklagte trotz ausdrücklichen Hinweises in dem Prozeßkostenhilfebeschluß vom 25. August 1988 einen Auslagenvorschuß nicht eingezahlt, so daß die Ladung des Zeugen nicht veranlaßt worden ist. Mit einem, nach der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eingegangenen Schriftsatz vom 28.11.1988 hat er zwar dargelegt, einen Auslagenvorschuß fristgerecht eingezahlt zu haben. Der beigefügte Zahlungsbeleg ergibt aber, daß die Einzahlung zu einem falschen Aktenzeichen erfolgt ist. Aus diesem Grunde konnte auch durch die Gerichtskasse eine Zahlungsanzeige nicht den Akten zugeleitet werden, so daß der Zeuge aus Gründen, die der Beklagte selbst zu vertreten hat, nicht geladen werden konnte. Angesichts der nicht miteinander zu vereinbarenden Aussagen des Zeugen xxx einerseits und der Zeugen xxx andererseits kann nach der erstinstanzlichen Beweisaufnahme nicht davon ausgegangen werden, daß die Klägerin einseitig aus der Ehe ausgebrochen ist oder Versorgungsleistungen in geldwertem Umfange dem Zeugen xxx erbringt. <u>Abgesehen davon</u> scheitert der verschuldensabhängige Verwirkungstatbestand des einseitigen Ausbrechens aus der Ehe auch daran, daß die Ehe der Parteien schon vor der Trennung total zerrüttet war, wie beide Zeugen xxx in der Beweisaufnahme vor dem Amtsgericht angegeben haben. Das Amtsgericht hat ferner zu Recht die Annahme einer sozioökonomischen Gemeinschaft zwischen der Klägerin und dem Zeugen xxx abgelehnt; zwar haben die Zeugen xxx Umstände bekundet, die die Annahme rechtfertigen könnten, daß die Klägerin und der Zeuge xxx in der Öffentlichkeit eheähnlich verbunden auftreten; jedoch hat der Zeuge xxx diese Darstellung in Abrede gestellt, so daß die Wertung des Amtsgerichts, eine feste soziale Verbindung sei nicht nachgewiesen, als zutreffend erscheint.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat bei der Berechnung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin zu Recht die Differenzmethode angewandt. Die Klägerin hat auch nach dem Vorbringen des Beklagten vor der Trennung, wenn auch mit Unterbrechungen, stets gearbeitet. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, daß die Klägerin nach der Trennung nicht ihre Berufstätigkeit in dem vorher getätigten Umfange fortgesetzt hat.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Bei der Berechnung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin war daher von den tatsächlichen Einkünften beider Parteien in dem relevanten Zeitraum auszugehen. Bezüglich der anrechenbaren Einkünfte für das Jahr 1986 folgt der Senat der Berechnung des Amtsgerichts, bringt in Abweichung von dieser dem Beklagten eine unzumutbare Mietmehrbelastungen von 262,-- DM gut. Der Auffassung der Klägerin, der Beklagte habe die ehemalige Ehewohnung früher aufgeben oder untervermieten und dadurch den Wohnmehrbedarf vermeiden können, vermag der Senat nicht zu folgen. Der Beklagte hat die ehemalige Ehewohnung nur bis Ende August 1987 innegehabt, also weniger als ein Jahr seit der Trennung. Hieraus kann ihm ein Vorwurf nicht gemacht werden, da die Aufgabe der gemeinsamen ehemaligen Ehewohnung als scheidungsfördernde Maßnahme angesehen werden mußte. Die Klägerin kann sich in diesem Zusammenhang nicht darauf berufen, ihr sei die Miethöhe der ehemaligen Ehewohnung unbekannt. Bei der langen Ehedauer erscheint diese Erklärung nicht glaubhaft. Damit ergeben sich unter Berücksichtigung der Fahrtkosten von 62,-- DM monatlich und unter Abzug des Gewerkschaftsbeitrages, den der Beklagte, wie sich aus den überreichten Lohnbescheinigungen ergibt, gezahlt hat, die der Klägerin im Urteilstenor zugesprochenen reduzierten Unterhaltsbeträge. Dabei ist berücksichtigt, daß in dem einstweiligen Anordnungsverfahren xxx AG Dortmund für Dezember 1986 bereits ein Betrag von 300,-- DM tituliert worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Für 1987 errechnet sich aufgrund der vorgelegten Jahresverdienstbescheinigung des Beklagten für diesen nach Abzug der gesetzlichen Abzüge und des Gewerkschaftsbeitrages vom steuerpflichtigen Brutto ein Nettoeinkommen von 22.571,79 DM. Hinzuzurechnen ist das im Jahre 1987 bezogene Krankengeld von 2.666,43 DM, so daß sich ein Gesamteinkommen von 25.238,22 DM - gleich monatlich 2.103,19 DM - ergibt. Davon sind weiterhin in Abzug zu bringen: 11,-- DM Nettobetrag der vermögenswirksamen Leistungen des Arbeitgebers, für die Zeit bis einschließlich August 1987 erhöhter Wohnbedarf mit 262,-- DM sowie der Kindesunterhalt von 675,-- DM. Ferner sind 88,-- DM Fahrtkosten in Abzug zu bringen. Insoweit ergibt sich aus dem Einkommenssteuerbescheid, daß der Beklagte für seine Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte einen Jahresbetrag von 1.056,-- DM geltend machen konnte. Dies entspricht einem Monatsbetrag von 88,-- DM. Es ist davon auszugehen, daß die Angabe in dem Steuerbescheid zutreffend ist und Aufwendungen in dieser Höhe tatsächlich auch entstanden sind. Einen höheren Betrag hat der Beklagte allerdings nicht dargelegt. Dem Einkommen hinzuzurechnen ist eine anteilige Steuererstattung. Der Beklagte hat im Jahre 1987 eine Steuererstattung von 1.010,-- DM erhalten, was einem Monatsbetrag von 84,17 DM entspricht; zu berücksichtigen ist jedoch, daß sich die Steuererstattung unter anderem auch ergibt aufgrund der steuerrechtlichen Berücksichtigung von Mehraufwendungen für Verpflegung von rund 540,-- DM und aus einem <u>Freibetrag für Körperbehinderte</u> von 1.110,-- DM. Der Beklagte hat zwar nicht dargelegt, daß er durch seine Köperbehinderung tatsächliche Mehraufwendungen hat, er hat jedoch bei seiner Anhörung dargelegt, daß ihm durch Verpflegung erhöhte Unkosten entstehen. Der Senat hält es für gerechtfertigt, unter den gegebenen Umständen wegen des Freibetrages für Körperbehinderte von der Steuererstattung dem Beklagten einen Teil anrechnungsfrei zu belassen und sie nur in Höhe von 50,-- DM monatlich als Einkommen zu werten. Es ergibt sich sodann ein anrechenbares Einkommen des Beklagten von 1.117,19 DM pro Monat.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Im Januar 1987 hat die Klägerin in der Trinkhalle 140,-- DM verdient; ihr Anspruch würde sich rechnerisch daher belaufen auf 3/7 der Differenz zum Einkommen des Beklagten = 418,79 DM ((1.117,19 DM - 140,-- DM) x 3/7). Der Beklagte ist jedoch unter Wahrung seines notwendigen Selbstbehalts von 990,-- DM nur in Höhe von 127,19 DM leistungsfähig, so daß ein Anspruch der Klägerin nur in dieser Höhe besteht. In den Monaten Februar bis Juni 1987 hat die Klägerin eigenes Einkommen nicht erzielt; an dem zu zahlenden Unterhaltsbetrag ändert sich dadurch aber nichts, da der Anspruch der Klägerin durch die Leistungsfähigkeit des Beklagten auf 127,19 DM begrenzt ist. Im Juli 1987 hat die Klägerin 657.-- DM Eigeneinkünfte erzielt. Ihr rechnerischer Anspruch beläuft sich auf 3/7 der Differenz zum Einkommen des Beklagten ((1.117,19 DM - 657,-- DM) x 3/7) = 197,22 DM. Der Anspruch ist jedoch auch für diesem Monat durch die mangelnde Leistungsfähigkeit des Beklagten auf 127,19 DM beschränkt.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Für August 1987 ist von einem höheren Einkommen des Beklagten auszugehen, da die Unterhaltsleistungen für die (volljährige) Tochter xxx mit monatlich 337,50 DM entfallen sind. Das Einkommen des Beklagten beträgt in diesem Monat somit 1.454,69 DM. Die Klägerin selbst hat in diesem Monat 561,-- DM verdient. Die rechnerische Höhe ihres Unterhaltsanspruchs beträgt 3/7 der Differenz beider Einkommen somit 383,01 DM. Für die Zeit ab September 1987 erhöht sich das anrechenbare Einkommen des Beklagten erneut, und zwar um den weggefallenen Wohnungssonderbedarf von 262,-- DM auf 1.716,69 DM. Da die Klägerin ab September 1987 Eigeneinkünfte nicht mehr erzielt hat, würde sich der rechnerische Anspruch der Klägerin für die Zeit ab September 1987 auf 3/7 des Einkommens des Beklagten von 1.716,69 DM, somit auf monatlich 735,57 DM belaufen. Ansprüche in den errechneten Höhen ab August 1987 sind aber im Ergebnis nicht begründet, soweit sie monatlich 309,-- DM übersteigen. Der Berechtigung eines höheren monatlichen Anspruchs als 309,-- DM ab August 1987 bis 11. Januar 1988 steht § 1613 Abs. 1 BGB entgegen. Nach dieser Bestimmung kann Unterhalt für die Vergangenheit nur ab dem Zeitpunkt gefordert werden, zu welchem der Verpflichtete in Verzug gekommen ist. Für die Zeit ab August 1987 ist zwar ein höherer Anspruch als 309,-- DM monatlich mit Schriftsatz vom 30. September <u>1988</u> verlangt worden, da mit diesem Schriftsatz Prozeßkostenhilfe für die Anschlußberufung mit höheren Monatsbeträgen als 309,-- DM beantragt worden ist. Zu diesem Zeitpunkt war der Unterhaltszeitraum von August 1987 bis zum 11. Januar 1988 aber bereits Rückstand. Ein Verzug lag insoweit bezüglich eines höheren Monatsbetrages als 309,-- DM nicht vor:</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat zwar am 24. September 1986 für die Zeit ab 1. Oktober 1986 monatlich 735,-- DM angemahnt und ferner in den Verfahren 181 F 265/86 SH 06/07 AG Dortmund mit dem am 31. Oktober 1986 eingegangenen Schriftsatz monatlich 660,-- DM beansprucht. Mit der vorliegenden, am 15. April 1987 eingegangenen Klage hat sie für die Zeit ab April 1987 385,-- DM monatlich eingeklagt, aber sodann mit Schriftsatz vom 9. Juni 1987, eingegangen am 12. Juni 1987, sodann ihren Klageantrag auf 309,-- DM monatlich ab März 1987 ermäßigt. Für die Frage, mit welchem Betrag sich der Beklagte ab August 1987 im Verzug befunden hat, kommt es darauf an, ob durch die Klagereduzierung vom 12. Juni 1987 die vorausgegangenen Inverzugsetzungen wegen höherer Unterhaltsbeträge als 309,-- DM auch für die Folgezeit noch weiterbestanden haben.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Mahnung und damit Verzug setzen nach § 284 Abs. 1 BGB Fälligkeit voraus. Würde diese gesetzliche Regelung uneingeschränkt auch auf Dauerschuldverhältnisse wie Unterhaltsverpflichtungen, bei denen die monatlich zu erbringenden Leistungen auch monatlich fällig werden, angewandt werden, müßte zur Inverzugsetzung monatlich eine Mahnung erfolgen, auch wenn sich der monatliche Betrag nicht ändert. Dies wird von der Rechtsprechung jedoch nicht gefordert; vielmehr muß die Mahnung wegen laufenden Unterhalts im allgemeinen nicht monatlich wiederholt werden (BGH FamRZ 1988, 479; BGH FamRZ 1983, 352, 354). Damit trägt die Rechtsprechung den besonderen Gegebenheiten der Verpflichtung zu laufenden Zahlungen, insbesondere Unterhaltsleistungen, Rechnung. Die Konsequenz daraus, daß die Mahnung nicht monatlich zu wiederholen ist, würde bei einschränkungsloser Anwendung dieses Satzes dazu führen, daß sich der Schuldner in Höhe des einmal angemahnten Betrages auch für die Zukunft in Verzug befände, wobei das Ende des Verzuges nicht absehbar wäre, da die durch eine Mahnung ausgelösten Rechtsfolgen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (FamRZ 1988, 479; 1987, 40, 41) grundsätzlich nur durch Erlaßvertrag (§ 397 Abs. 1 BGB) zu beseitigen sind. Die Wirkungen eines Verzuges können nach Auffassung des Senats aber jedenfalls dann nicht in dem oben aufgezeichneten Sinne als fortbestehend gelten, wenn <u>nachträglich</u> der Schuldner durch eine neue Mahnung mit einem reduzierten Zahlungsbegehren oder durch eine teilweise Rücknahme einer Klage, die der Mahnung gleichgestellt ist (§ 284 Abs. 1 Satz 2 BGB) seinen Anspruch ermäßigt. Für die <u>zurückliegende</u> Zeit betrifft das die bereits <u>eingetretenen </u>Verzugsfolgen nicht (vgl. Derleder in EzFamR Nr. 3 zu § 284 BGB). Für die Zukunft können aber die Verzugsfolgen nur noch in Höhe des reduzierten Anspruchs gelten (Derleder a.a.O.): Daß die Anmahnung laufender Unterhaltsleistungen wie dargestellt nicht monatlich mit Eintritt der jeweiligen Fälligkeit wiederholt zu werden braucht, beruht auf § 257, 258 ZPO (Münchener Kommentar - Köhler Rdn. 3 zu § 1613). Die nach § 284 Abs. 1 Satz 2 BGB <u>nach Fälligkeit</u> erforderliche Mahnung wird in diesen Fällen dadurch ersetzt, daß die erfolgte Mahnung zu den jeweils neuen Fälligkeitszeitpunkten als wiederholt anzusehen ist. Wenn in diesen Fällen der Schuldner eine neue Mahnung mit einem reduzierten Betrag ausspricht oder die bereits erhobene Klage reduziert, bringt er damit zum Ausdruck, daß statt des ursprünglich geforderten Betrages nunmehr nur noch der reduzierte Betrag verlangt wird. Es ist dann auch nicht mehr gerechtfertigt, die ursprüngliche Inverzugsetzung mit dem höheren Betrag auf den Zeitraum ab Reduzierung der Forderung zu beziehen. Die Inverzugsetzung ist ab diesem Zeitpunkt auf den geringeren Forderungsbetrag "konkretisiert", wie Derleder (a.a.O.) es formuliert. Von einer (unzulässigen weil einseitigen) "Mahnungsrücknahme" zu sprechen, wäre terminologisch unzutreffend: Die Reduzierung der Forderung ist nur dahin zu verstehen, daß die Fortwirkung der ursprünglichen Mahnung beendet wird. Somit bestand jedenfalls für die Zeit ab August 1987 nur ein Verzug in Höhe von 309,-- DM monatlich, so daß eine Verurteilung zu höheren Unterhaltsleistungen ausscheidet.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO bezüglich der Kosten und § 708 Ziffer 10 bezüglich der Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit.</p>
|
315,302 | olgham-1988-12-07-20-u-8288 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 20 U 82/88 | "1988-12-07T00:00:00" | "2019-03-13T14:51:50" | "2022-10-18T15:08:38" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1988:1207.20U82.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Klägerin gegen das am 15. Dezember 1987 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Kosten der Berufung werden der Klägerin auferlegt.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer von ihrem verstorbenen Ehemann zu ihren Gunsten abgeschlossenen Unfallzusatzversicherung in Höhe von 20.000,- DM in Anspruch. Die Beklagte verweigert die Zahlung, weil der Ehemann Selbstmord begangen habe. Hierzu bestimmt §2 Nr. 3 der Besonderen Bedingungen über die Unfallzusatzversicherung (BBuZ):</p>
<br /><span class="absatzRechts">3</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="0">
<tr>
<td> </td>
<td><i>"Dagegen fallen nicht unter den Versicherungsschutz:</i>
<i>...</i>
<i>d) Selbsttötung, und zwar auch dann, wenn der Versicherte die Tat in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit begangen hat, es sei denn, daß dieser durch ein unter die Versicherung fallendes Unfallereignis hervorgerufen wurde".</i></td>
</tr>
</table><br />
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Ehemann der Klägerin verunglückte am 26.08.1985 kurz nach 6.00 Uhr mit seinem Pkw tödlich. Er befuhr zu diesem Zeitpunkt die ... in ... stadteinwärts. Diese Straße ist nicht die direkte Verbindung zwischen seinem Haus und seiner Arbeitsstelle, ... der Zeche ... in .... Sie ist etwa 8 m breit und ... verläuft an der Unfallstelle geradeaus. Der Ehemann der Klägerin kam auf trockener Fahrbahn von der Straße nach rechts ab. Er prallte mit voller Wucht, ohne eine Brems- oder Schleuderspur zu hinterlassen, gegen einen neben dem rechten Mehrzweckstreifen stehenden Baum. Der Wagen blieb dann in dem etwa 1,50 m tiefen Straßengraben stecken. Die vordere Hälfte des Fahrzeugs wurde völlig zertrümmert. Der Ehemann der Klägerin, der nicht angeschnallt war, starb noch an der Unfallstelle um 6.25 Uhr. Ihm wurde eine Blutprobe entnommen, die 1,02 %o BAK ergab. Unfallzeugen gibt es nicht. In seiner Unfallanzeige vermerkte der Zeuge ...:</p>
<br /><span class="absatzRechts">5</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="0">
<tr>
<td> </td>
<td><i>"Die Ehefrau ... teilte uns mit, daß ihr Ehemann schon öfter Suizidgedanken geäußert habe. So auch heute morgen, aber sie habe dem keine große Bedeutung beigemessen."</i></td>
</tr>
</table><br />
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat behauptet, ihr Mann und sie hätten eine harmonische Ehe geführt. Zur Zeit seines Unfalls sei ein drittes Kind unterwegs gewesen, das sich gerade ihr Mann gewünscht habe. Sie hätten auch keine finanziellen Probleme gehabt. Deshalb habe ihr Mann keinen Grund zu einem Selbstmord gehabt. Die Klägerin hat ferner in der Klageschrift vorgetragen, Selbstmordäußerungen ihres Mannes seien nur in Eregung oder im Ärger gefallen und deswegen nicht ernst zu nehmen gewesen. Bei ihrer mündlichen Anhörung hat sie vor dem Landgericht behauptet, ihr Mann habe keine Selbstmordabsichten geäußert. Sie glaube auch nicht, daß sie Entsprechendes zu dem Polizeibeamten gesagt habe.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, an sie 20.000,- DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Sie hat behauptet, bei dem Unfall des Ehemannes handele es sich um einen Selbstmord. Falls es aber kein Selbstmord sei, könne der Unfall nur auf alkohlbedingter Fahruntüchtigkeit beruhen, so daß sie nach §3 Nr. 1 d BBUZ leistungsfrei sei.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat die Ermittlungsakte 81 Js 138/85 StA Dortmund zu Beweiszwecken beigezogen und verwertet und die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, daß durch eine Vielzahl von Indizien ein Selbstmord des Versicherungsnehmers feststehe. Er habe offenbar nicht zu seiner Arbeitsstelle fahren wollen und sich für einen Selbstmord Mut angetrunken. Das Abkommen von der Fahrbahn und der Umstand, daß der Fahrer nicht angeschnallt gewesen sei, sprächen für einen Selbstmord, ebenso seine Äußerungen über Selbstmordabsichten. Dem letzten Vortrag der Klägerin, daß solche Äußerungen gar nicht gefallen seien, hat das Landgericht keinen Glauben geschenkt.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche weiter. Sie bleibt dabei, daß ihr Mann keine Selbstmordabsichten geäußert habe. Sie habe so etwas auch nicht zu dem Polizeibeamten gesagt; als Spätaussiedlerin sei sie in der Deutschen Sprache nicht so gewandt und könne mißverstanden worden sein. Das Wort Suizid kenne sie gar nicht. Ihr Mann könne sich durchaus zur Zeit des Unfalls auf dem Wege zur Arbeitsstätte befunden haben. Vorher habe er wahrscheinlich einen Umweg gemacht, um die schwache Autobatterie wieder aufzuladen. Der Unfall sei vielleicht damit zu erklären, daß ihr Mann einem Tier ausgewichen oder daß er kurz eingenickt sei. Alkohol habe er schon am Vorabend getrunken und ohne Gurt sei er oft gefahren.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">abändernd die Beklagte zu verurteilen, an sie 20.000,- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 26.09.1986 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Sie verteidigt das Urteil und wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen. Nach dem ganzen Unfallverlauf komme nur ein Selbstmord des Versicherungsnehmers in Frage.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat die Ermittlungsakte 81 Js 138/85 StA Dortmund erneut beigezogen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, und Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen POM .... Dieser hat ausgesagt:</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Er könne sich an den Unfall erinnern. Es habe damals keinerlei Spuren gegeben, die auf die Unfallursache hätten hinweisen können. Man habe vor einem Rätsel gestanden. Als man Frau ... die Todesnachricht überbracht habe, habe sie geäußert, daß ihr Mann einen Selbstmord angekündigt habe. Sie habe die Ankündigung aber nicht ernst genommen, weil er das schon öfter geäußert habe. Ihm, dem Zeugen, sei die Sache nahe gegangen. Er erinnere sich deshalb noch gut daran. So wisse er beispielsweise noch, daß während des Gespräches mit der Klägerin ihre 2 Kinder dazu gekommen seien. Das Thema Selbstmord habe nicht er ins Gespräch gebracht. Frau ... habe ihm gesagt, daß ihr Mann noch an dem selben Morgen von Selbstmord gesprochen habe. Weil darin die Erklärung für den Unfall gelegen habe, habe er, der Zeuge, ihre Angabe in die Unfallanzeige aufgenommen. Mit der Klägerin habe es keine Sprachschwierigkeiten gegeben. Sie sei zwar in Tränen aufgelöst gewesen. Er habe aber mehrere Minuten lang mit ihr über die Sache gesprochen. Vor dem Senatstermin habe er sich die Unfallanzeige nicht noch einmal angesehen. Er habe sie nämlich nicht gefunden.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe</b></p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat die Leistungsklage zu Recht abgewiesen, weil der Ehemann der Klägerin sich selbst getötet hat. Davon ist auch der Senat überzeugt. Die Beklagte ist deshalb leistungsfrei nach §2 Nr. 3 d BBUZ.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die Überzeugung des Senates gründet sich im wesentlichen auf 2 Indizien, nämlich den Unfallablauf und auf die Äußerung von Selbstmordabsichten durch den Ehemann der Klägerin noch am Morgen des Unfalles.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Der Unfall ist dadurch charakterisiert, daß das Fahrzeug, das der Ehemann der Klägerin steuerte, aus ungeklärter Ursache bei völlig trockener Fahrbahn und gerader Strecke nach rechts von der Straße abkam und an einem Baum zerschellte. Aus dem Fehlen jeder Brems- und Schleuderspur ist zu folgern, daß der Wagen mit unvermindeter Geschwindigkeit den Baum rammte. Dieses Unfallgeschehen entspricht dem Bild eines absichtlich herbeigeführten Unfalls. ... Insbesondere ist durch die alkoholische Beeinflussung mit 1,02 %o BAK nicht zu erklären, weshalb der Fahrer auf gerader Strecke von der Fahrbahn abkommen sollte, selbst wenn seine Geschwindigkeit überhöht gewesen sein mag. Ein Ausweichmanöver - etwa weil Wild die Straße querte oder ein anderer Verkehrsteilnehmer zum Ausweichen zwang - erklärt nicht, daß keinerlei Brems- und Schleuderspuren zu finden waren.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Dieser Unfallablauf und die weiteren äußeren Umstände, daß nämlich der Kläger nicht angeschnallt war, daß er nicht auf direktem Wege zur Arbeitsstelle unterwegs und alkoholisiert war, reichen allerdings für sich genommen nicht aus, um einen Selbstmord zu beweisen. Dadurch sind andere Unfallursachen, etwa ein Einnicken des Fahrers oder technische Mängel des Fahrzeugs, nicht ausschließen. Das gilt insbesondere auch deshalb, weil es kein zweifelsfreies eindeutiges äußeres Bild eines Selbstmordes im Straßenverkehr gibt.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die erforderliche Überzeugung, das der Ehemann der Klägerin den Unfall in Selbstmordabsicht herbeigeführt hat, gewinnt der Senat aber aus der Ankündigung des Selbstmordes noch am Unfallmorgen.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Daß der Ehemann der Klägerin diese Selbstmordabsichten nicht nur in der Vergangenheit, sondern noch am Unfallmorgen geäußert hat, ist durch die Aussage des Zeugen ... bewiesen. Dieser war als Polizeibeamter mit der Unfallaufnahme befaßt und überbrachte der Klägerin die Todesnachricht. Von sich aus erklärte ihm daraufhin die Klägerin unter Tränen, daß ihr Mann Selbstmordabsichten noch an dem selben Morgen geäußert habe, daß sie die aber nicht ernst genommen habe. Der Senat sieht keinen Anlaß, die Selbstmordäußerungen des Ehemannes in Zweifel zu ziehen. Verständigungsschwierigkeiten mit der Klägerin hat der Zeuge verneint; solche traten auch in der Senatsverhandlung, in der die Klägerin selbst befragt wurde, nicht zutage. Daß die Klägerin das Wort "Suizid" nicht kennen will, ist ihr zu glauben, spielt aber keine Rolle. Diese Formulierung stammt von dem Polizeibeamten, der damit die Äußerung der Klägerin mit seinen Worten wiedergegeben hat. Die somit bewiesenen Äußerungen der Klägerin beweisen wiederum, daß ihr Ehemann in entsprechender Weise Selbstmordabsichten angekündigt hat.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Es ist nämlich kein Grund ersichtlich, weshalb die Klägerin solche Äußerungen ihres Mannes in der gegebenen Situation, als sie die Todesnachricht erhielt, hätte erfinden sollen. Auch kommt nicht in Betracht, daß die Klägerin in Verwirrung oder emotionaler Aufwallung falsche Äußerungen gemacht hat. Damit ließen sich allenfalls eigene Vermutungen der Klägerin über die Unfallursache erklären und entkräften, nicht aber ihre konkreten Angaben über Selbstmordäußerungen ihres Mannes.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Hat aber der Ehemann der Klägerin am Unfallmorgen eine Selbstmordabsicht geäußert, so findet der zu einem Selbstmordgeschehen passende und auf andere Weise schwererklärbare Verkehrsunfall seine Erklärung eben durch einen Selbstmord. Weiter Indizien bedarf es nicht, um den Selbstmord zur Überzeugung des Senates nachzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Gegen einen Selbstmord sprechende Indizien sind nicht vorhanden. Zwar können gewisse Umstände, wie das Abgehen von der geraden Strecke zur Arbeitsstätte und die Nichtanlegung des Gurtes, ihre Erklärung auch ohne die Annahme eines Selbstmordes finden, wie die Klägerin dargelegt hat. Das besagt aber nur, daß diese Indizien allein nicht für einen Selbstmord beweiskräftig sind. Sie sprechen aber auch nicht gegen ihn. Daß der Fahrer des Wagens zur Zeit des Unfall bereits wieder auf dem Rückwege war, da er stadteinwärts fuhr, besagt auch nichts gegen eine Selbsttötung. Denn ein gewisses Zögern bis zur Ausführung eines geplanten Selbstmordes ist nicht ungewöhnlich. Schließlich läßt sich auch aus einer Antwort auf die Frage, ob der Ehemann familiäre oder finanzielle Probleme gehabt habe kann, nichts Entscheidendes ableiten, so daß diese Frage nicht beantwortet zu werden braucht. Denn es mag durchaus sein, daß er keine schwerwiegenderen Probleme als andere Menschen hatte. Der Entschluß zum Selbstmord ist ... ohnehin unergründlich und von Außenstehenden kaum nachzuvollziehen; ihm brauchen keineswegs immer tatsächliche Probleme zugrundezuliegen.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Unerheblich ist, daß trotz der vom Ehemann verkündeten Selbstmordabsicht theoretisch noch andere Unfallursachen in Betracht kommen, etwa technische Mängel des Fahrzeugs. Solche rein theoretischen Möglichkeiten sind, gerade wenn wie bei einem Selbstmord innere Umstände zum Tatgeschehen dazugehören, nie völlig auszuschließen. Zur Überzeugungsbildung ist aber keine unumstößliche Gewißheit erforderlich; es genügt ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewißheit, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGH VersR 1987, 503).</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Nach alledem steht ein Selbstmord fest. Auch die Klägerin selbst war, als ihr der Polizeibeamte die Unfallnachricht überbrachte, von einem Selbstmord ihres Mannes überzeugt, wie ihre Äußerungen beweisen.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Da die Beklagte somit nach §2 Nr. 3 d BBUZ leistungsfrei ist, hat das Landgericht die Klage zu Recht abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist daher mit der Kostenfolge aus §97 ZPO zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§708 Nr. 10, 713 ZPO.</p>
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315,303 | olgham-1988-12-07-8-u-13588 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 8 U 135/88 | "1988-12-07T00:00:00" | "2019-03-13T14:51:53" | "2022-10-18T15:08:38" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1988:1207.8U135.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen das am 11. Februar 1988 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Essen teilweise abgeändert.</p>
<p></p>
<p>Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 2.152,26 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 11. August 1987 zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Im übrigen bleibt die Klage abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten der ersten Instanz werden gegeneinander aufgehoben.</p>
<p></p>
<p>Von den Kosten der Berufungsinstanz tragen der Kläger 3/5 und die Beklagte 2/5.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Es beschwert die Beklagte in Höhe von 2.152,26 DM, den Kläger in Höhe von 3.113,85 DM.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Tatbestand und Entscheidungsgründe</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">- abgekürzt nach § 543 Abs. 1 ZPO -</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Sie waren Miteigentümer zu je 1/2 des in xxx gelegenen Einfamilienhauses, das durch notariellen Kaufvertrag vom 19. Dezember 1986 mit Besitzübergang auf die neuen Eigentümer zum 1. März 1987 veräußert worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Seit dem 23. Juni 1986 leben die Parteien voneinander getrennt. Die Beklagte ist aus der in dem oben genannten Einfamilienhaus gelegenen ehelichen Wohnung ausgezogen. Der Kläger nutzte das Einfamilienhaus bis zum Besitzübergang auf die neuen Eigentümer allein. Auf den am 13. April 1987 eingereichten Scheidungsantrag ist die Ehe der Parteien durch Urteil des Amtsgerichts Essen vom 14. Oktober 1987 geschieden worden.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Kläger verlangt mit der Klage Erstattung der Hälfte der von ihm nach der Trennung für das Haus getragenen Kosten von insgesamt 10.532,22 DM, sowie die Hälfte des Guthabens eines Bausparvertrages, der nach der Trennung an die Beklagte in Höhe von insgesamt 1.741,94 DM ausgezahlt worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat in I. Instanz hilfsweise die Aufrechnung mit Erstattungsforderungen bezüglich von ihr beglichener Prämien für die Gebäudehaftpflichtversicherung erklärt.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 870,97 DM - der Hälfte des Guthabens des Bausparvertrages - verurteilt - und die weitergehende Klage abgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die gegen diese Entscheidung gerichtete Berufung des Klägers ist teilweise begründet. Die Beklagte ist zur Zahlung eines weiteren Betrages in Höhe von 2.152,26 DM über den vom Landgericht bereits ausgeurteilten Betrag von 870,97 DM hinaus verpflichtet.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Soweit die Beklagte die Zuständigkeit des Zivilgerichts rügt und meint, das Familiengericht sei ausschließlich für die Streitigkeit der Parteien zuständig, ist sie mit der Rüge zwar nicht gemäß § 529 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen, da sie die Zuständigkeit des Zivilgerichts bereits in erster Instanz gerügt hatte. Entgegen der von ihr vertretenen Ansicht ist jedoch die Zuständigkeitsrüge nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Gemäß § 621 Ziff. 8 ZPO gehören zwar Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht als Familiensachen in den ausschließlichen Zuständigkeitsbereich der Familiengerichte. Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht sind aber nur solche Streitigkeiten, die sich aus den §§ 1363 bis 1561 BGB oder aus einem Ehevertrag herleiten lassen, nicht aber Ansprüche, die ihre Grundlage in einem Gemeinschaftsverhältnis an einem Grundstück oder ähnlichem haben. Streitigkeiten aus der Auseinandersetzung einer Gemeinschaft sind nicht vor dem Familiengericht, sondern vor dem Zivilgericht auszutragen (vgl. dazu u.a.: Zöller-Philippi, ZPO, zu § 621). Das gilt auch für Ausgleichsansprüche, die ihre Grundlage in einem Gemeinschaftsverhältnis haben. Solche Forderungen zählen entgegen der von der Berufungserwiderung vertretenen Ansicht nicht zu Zugewinnausgleichsansprüchen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist gemäß §§ 748, 426 BGB verpflichtet, sich an den Aufwendungen, die dem Kläger nach der Trennung der Parteien in Höhe von insgesamt 10.532,22 DM für das gemeinsame Einfamilienhaus entstanden sind, zur Hälfte zu beteiligen .</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Soweit die Beklagte behauptet, derartige Ansprüche seien bei der Erlösverteilung nach dem Verkauf des Hauses miterledigt worden, fehlt es an einer substantiierten Darlegung einer entsprechenden Vereinbarung, sowie an einem Beweisantritt für ihr von dem Kläger bestrittenes Vorbringen. Der Erlös des Hauses ist nach Abzug der Darlehensverbindlichkeiten, die zu diesem Zeitpunkt noch offenstanden, geteilt worden, wie dem insoweit unbestritten gebliebenen Vortrag des Klägers zu entnehmen ist. Inwieweit bei der Teilung des Erlöses eine Berücksichtigung der Aufwendungen des Klägers erfolgt sein soll, ist nicht ersichtlich.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Grundsätzlich ist die Beklagte als Miteigentümerin auch verpflichtet, sich an den Lasten des Hausgrundstücks entsprechend ihrem Miteigentumsanteil von 1/2 hälftig zu beteiligen. Die unter Miteigentümern bestehende Verpflichtung, Lasten des gemeinschaftlichen Grundstücks zu gleichen Anteilen zu tragen, wird während des Bestehens der Ehe zwar von der ehelichen Lebensgemeinschaft überlagert, so daß ein Ausgleich nicht stattfindet. Vorliegend haben die Parteien sogar unstreitig die ausdrückliche Abrede getroffen, daß der Kläger die Lasten allein zu tragen hat, während die Beklagte die Lebenshaltungskosten bestreitet. Eine solche - üblicherweise stillschweigend, hier aber ausdrücklich - getroffene Vereinbarung gilt aber dann nicht mehr, wenn die Ehe endgültig gescheitert ist. Von einem endgültigen Scheitern einer Ehe ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jedenfalls dann auszugehen, wenn der Antrag auf Ehescheidung eingereicht worden ist. Das schließt jedoch nicht aus, daß auch schon von einem früheren Zeitpunkt an vor Erreichung des Scheidungsantrags die Ehe als tatsächlich gescheitert anzusehen ist. In diesem Fall kommt ein Ausgleich nach § 748 BGB auch schon <u>vor</u> Einreichung des Scheidungsantrags in Betracht, wie der Senat schon wiederholt in ähnlich gelagerten Fällen entschieden hat. So ist eine Ehe schon dann als endgültig gescheitert anzusehen, wenn die Trennung der Parteien in zeitlichem Zusammenhang mit der späteren Scheidung steht, zur Einreichung des Scheidungsantrages führt und auch durch das übrige Verhalten der Ehegatten dokumentiert wird, daß eine eheliche Lebensgemeinschaft nicht mehr besteht. Vorliegend ist aufgrund nachstehender Gesichtspunkte von einem Scheitern der Ehe der Parteien vom Zeitpunkt der Trennung an auszugehen: Die Parteien haben sich im Juni 1986 getrennt. Der Antrag auf Ehescheidung ist noch vor Ablauf des Trennungsjahres am 13. April 1987 eingereicht worden und die Scheidung durch Urteil vom 14. Oktober 1987 ausgesprochen worden. Bereits vor Einreichung des Scheidungsantrages war den Parteien klar, daß ihre Ehe endgültig gescheitert war, denn sie haben das gemeinsame Haus bereits mit Kaufvertrag vom 19. Dezember 1986 veräußert und unmittelbar nach der Trennung den Hausrat geteilt. Damit ist ihre ursprünglich getroffene Vereinbarung, daß der Kläger die Hauskosten trägt, während die Beklagte für die Lebenshaltungskosten einzustehen hat, mit der endgültigen Trennung hinfällig geworden. Aus diesem Grund sind die von dem Kläger nach der Trennung allein getragenen Kosten für das Haus gemäß den §§ 748, 426 BGB auszugleichen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger sind Kosten in Höhe von insgesamt 10.532,22 DM entstanden, wie seine Aufstellung auf Bl. 5 d.A. zu entnehmen und anhand der Belege Bl. 115 bis 128 d.A. nachgewiesen ist. Davon hat die Beklagte 1/2, das sind 5.266,11 DM, zu erstatten.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Der Kläger muß sich allerdings die Nutzungen, die er von August 1986 bis einschließlich Februar 1987 allein gezogen hat, anrechnen lassen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Zwar löst der Umstand, daß ein Teilhaber ein im Miteigentum stehendes Grundstück allein nutzt, noch keine Entschädigungsrechte des anderen Teilhabers aus. Die Trennung der Parteien beinhaltet aber eine so grundlegende Änderung der Verhältnisse, daß jeder Ehegatte gemäß § 745 Abs. 2 BGB eine Neuregelung der Verwaltung und Benutzung des gemeinsamen Eigentums verlangen kann. Vorliegend ist ein Verlangen der Beklagten auf eine Neuregelung der Benutzung des gemeinsamen Einfamilienhauses entsprechend § 745 Abs. 2 BGB in ihrem Verhalten nach der Trennung deutlich zu erkennen. Dabei kann es dahinstehen, ob sich die Parteien ausdrücklich darüber geeinigt haben, daß der Kläger eine mietzinsähnliche Nutzungsentschädigung zu zahlen hat, wie die Beklagte erstmals in der Berufungsinstanz behauptet; denn die Beklagte hat schon unmittelbar nach ihrem Auszug darauf bestanden, daß auch der Kläger ausziehen solle, damit der Hausverkauf realisiert werden könne. Der Kläger hat insoweit nicht bestritten, daß alsbald nach der Trennung der Parteien im Juli/ August 1986 mehrere Gespräche zwischen ihnen über die "weitere Verwendung der Immobilie" geführt worden sind. Auch wenn es insoweit nicht zu einer ausdrücklichen Vereinbarung über die Neuregelung der Nutzung gekommen ist, ist doch in den vom Kläger eingeräumten Gesprächen bereits ein Verlangen der Beklagten zu erkennen, daß sie mit der bisherigen Verwaltungs- und Nutzungsregelung nicht mehr einverstanden war. In den Verhandlungen über die weitere Verwendung des Hauses ist deshalb ein Verlangen nach einer Neuregelung im Sinne des § 745 Abs. 2 BGB zu erkennen. Das hat zur Folge, daß sich der Kläger für die Zeit von August 1986 bis einschließlich März 1987, d.h. für 7 Monate, die Nutzung des Hauses zurechnen lassen muß.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Beklagten hat das Haus eine Wohnfläche von 102 m2. Der von der Beklagten in Ansatz gebrachte Mietzins von 8,-- DM pro m2 erscheint dem Senat für ein in Essen gelegenes Einfamilienhaus angemessen, so daß der Kläger sich eine Nutzungsvergütung von 816,-- DM, das sind insgesamt 5.712,-- DM auf die von ihm allein getragenen Kosten anrechnen lassen muß. Die von ihm getragenen Lasten übersteigen die vorgenannten Nutzungen in Höhe von 4.820,22 DM, so daß ein Ausgleichsanspruch nur in Höhe von 2.410,11 DM gerechtfertigt ist.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Darüber hinaus hat der Kläger Anspruch auf Zahlung der Hälfte des an die Beklagte ausgezahlten Bausparguthabens, das beiden Parteien gemeinsam zustand. Insoweit hat die Beklagte das Urteil des Landgerichts nicht angegriffen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">3.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die hilfsweise von der Beklagten zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen sind in Höhe von insgesamt 257,85 DM begründet.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Gemäß § 748, § 426 BGB kann die Beklagte nur Erstattung der Hälfte der von ihr <u>nach</u> der Trennung beglichenen Versicherungsprämien verlangen. Ausweislich der von ihr in Fotokopie zu den Akten überreichten Lastschrift ist die Versicherungsprämie für das Jahr 1986 bereits im Januar 1986 abgerufen worden, so daß insoweit kein Ausgleich stattzufinden hat. Der Kläger ist jedoch zur anteiligen Erstattung der im Januar 1987 für das Jahr 1987 von der Beklagten gezahlten Versicherungsprämie in Höhe von insgesamt 251,20 DM verpflichtet. Er hat außerdem die anteilige Versicherungsprämie für 1987 für die Glasversicherung in Höhe von 51,80 DM auszugleichen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Darüber hinaus hat er der Beklagten in vollem Umfang die von dieser noch nach der Trennung für das dritte Quartal 1986 getragenen Rundfunkgebühren in Höhe von 48,75 DM sowie den Beitrag für seine Sterbekasse in Höhe von 57,60 DM zu erstatten.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Insoweit hat der Kläger nicht substantiiert bestritten, daß diese Beträge von dem Konto der Beklagten abgerufen worden sind.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Soweit die Beklagte darüber hinaus die Aufrechnung mit angeblich von ihr allein getragenen Wasser- und Gasgebühren für die Zeit ab 23. Juni 1986 erklärt, hat der Kläger der insoweit erstmals in zweiter Instanz geltend gemachten Aufrechnung nicht zugestimmt. Im Hinblick auf den Umstand, daß er die Begleichung von Verbrauchskosten seitens der Beklagten nach der Trennung bestritten hat und insoweit eine Klärung des Sachverhalts im Termin nicht möglich war, sieht der Senat die Aufrechnung nicht als sachdienlich an und läßt die Aufrechnung insoweit nicht zu (§ 530 ZPO).</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Unter Abzug der zur Aufrechnung zugelassenen und begründeten Gegenforderungen der Beklagten verbleibt zugunsten des Klägers ein Ausgleichsanspruch in Höhe von 2.152,26 DM. Insoweit hat seine Berufung Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die Zinsforderung ist aus dem Gesichtspunkt der §§ 284, 288 BGB begründet.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Ziff. 11 ZPO.</p>
|
315,304 | olgham-1988-12-06-15-w-54588 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 15 W 545/88 | "1988-12-06T00:00:00" | "2019-03-13T14:51:55" | "2022-10-18T15:08:39" | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1988:1206.15W545.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.</p>
<p></p>
<p>Die Beschwerde der Beteiligten zu 4) vom 18. August 1988 gegen den Beschluß des Amtsgerichts Bielefeld - Rechtspflegerin - vom 18. August 1988 wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Beteiligte zu 4) hat die Kosten der Verfahren der ersten und der weiteren Beschwerde zu tragen, deren Gegenstandswerte auf je 8.000,-- DM festgesetzt werden.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Gründe: </u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Beteiligten zu 4) sind die eingangs genannten Grundstücke durch Beschluß des Amtsgerichts Bielefeld vom 10. Juni 1988 unter den dort genannten Bedingungen zugeschlagen worden. In dem Mehrfamilienhaus; mit dem die Grundstücke bebaut sind, wohnen neben der inzwischen ausgezogenen Beteiligten zu 1), der Schuldnerin, bereits seit Jahren auch ihre Söhne, die Beteiligten zu 2) und 3). Der Beteiligte zu 2) hat die Wohnung im ersten Obergeschoß rechts, der Beteiligte zu 3) hat eine Dachgeschoßwohnung inne.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Mit Schriftsatz vom 21. Juni 1988 hat die Beteiligte zu 4) die Ausfertigung des Zuschlagsbeschlusses vom 10. Juni 1988 überreicht und beantragt, diese mit der Vollstreckungsklausel zu versehen, wonach die Räumung erfolgt gegen die Beteiligten zu 1) bis 3), und zwar bezüglich der Wohnungen im ersten Obergeschoß rechts und links sowie im Dachgeschoß, ferner bezüglich der auf dem Grundstück vorhandenen drei Garagen sowie der unter den drei Garagen befindlichen Werkstatträume. Das Amtsgericht hat zunächst nur eine Vollstreckungsklausel gegen die Beteiligte zu 1) erteilt.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Daraufhin hat die Beteiligte zu 4)<i> </i>mit Schriftsatz vom 8. August 1988 beantragt, die Vollstreckungsklausel dahin zu ergänzen, daß sich die Zwangsvollstreckung auf Räumung und Herausgabe auch gegen die Beteiligten zu 2) und 3) erstreckt.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Durch Beschluß vom 18. August 1988 hat das Amtsgericht - Rechtspflegerin - diesen Antrag vom 8. August 1988 zurückgewiesen, weil ernsthafte Anhaltspunkte für das Bestehen von Mietverhältnissen gegeben seien.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der gegen diesen Beschluß eingelegten Erinnerung der Beteiligten zu 4) vom 18. August 1988 haben Rechtspflegerin und Richter des Amtsgerichts nicht abgeholfen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Durch Beschluß vom 13. Oktober 1988 hat das Landgericht die amtsgerichtliche Entscheidung vom 18. August 1988 aufgehoben und das Amtsgericht angewiesen, von den erhobenen Bedenken gegen die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung des Zuschlagsbeschlusses vom 10. Juni 1988 zum Zwecke der Zwangsvollstreckung auf Räumung und Herausgabe gegen die Beteiligten zu 2) und 3) Abstand zu nehmen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Gegen die landgerichtliche Entscheidung wenden sich die Beteiligten zu 2) und 3) mit ihrer weiteren Beschwerde vom 28. Oktober 1988.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Mit Klageschrift vom 7. Juli 1988 haben die Beteiligten zu 2) und 3) gegen die Beteiligte zu 4) beim Amtsgericht Bielefeld Klage auf Feststellung erhoben, daß die Kündigungen der Beteiligten zu 4) vom 6. Juli 1988 hinsichtlich beider Wohnungen unwirksam sind (13 C 758/88). Die Beteiligte zu 4) ihrerseits klagt mit Klageschriften vom 19. September 1988 gegen die Beteiligten zu 2) und 3) auf Herausgabe der beiden Wohnungen (4 C 1164 und 1165/88 AG Bielefeld). Am 21. Oktober 1988 hat ein Beweisaufnahmetermin des Prozeßgerichts stattgefunden. Durch Beschluß vom 7. November 1988 sind die drei Verfahren unter dem führenden Aktenzeichen 13 C 758/88 verbunden worden.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) und 3) vom 28. Oktober 1988 ist formgerecht eingelegt worden und auch sonst zulässig. Ein neuer selbständiger Beschwerdegrund im Sinne von § 568 Abs. 2 ZPO liegt vor. Er besteht darin, daß das Landgericht die Erstbeschwerde der Beteiligten zu 4) als begründet angesehen und im Gegensatz zum Amtsgericht die Voraussetzungen für die Erteilung einer, Vollstreckungsklausel gegen die Beteiligten zu 2) und 3) bejaht hat.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Das somit zulässige Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Mit Recht hat das Amtsgericht die Erteilung der Klausel abgelehnt.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht war zunächst mit einer zulässigen Erstbeschwerde der Beteiligten zu 4) gemäß §§ 567, 569 ZPO, 11 Abs. 2 RpflG befaßt. Gegen die Ablehnung der Vollstreckungsklausel durch den Rechtspfleger findet die unbefristete Durchgriffserinnerung des § 11 Abs. 1 und 2 RpflG statt (KG, FamRZ 1985, 627; Zöller/Stöber, ZPO, 15. Aufl., Rz. 13 zu § 724 ZPO), die nach Nichtabhilfe durch Rechtspflegerin und Richter und Vorlage an das Rechtsmittelgericht als Beschwerde gegen die Entscheidung der Rechtspflegerin gilt.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Auffassung des Landgerichts kann der Zuschlagsbeschluß nicht mit der Vollstreckungsklausel gegen die Beteiligten zu 2) und 3) versehen werden.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Grundlage hierfür hätte § 93 ZVG sein können. Diese Bestimmung wahrt die Belange des Erstehers: Er soll sein Recht auf Besitzergreifung gegen denjenigen, der ihm den Besitz vorenthält, nicht erst gesondert im ordentlichen Rechtsweg geltend machen müssen. § 93 Abs. 1 ZVG legt dem Zuschlagsbeschluß daher die Bedeutung eines vollstreckbaren Titels bei. Nach Satz 1 dieser Bestimmung findet aus dem Beschlusse, durch welchem der Zuschlag erteilt wird, gegen den Besitzer des Grundstücks oder einer mitversteigerten Sache die Zwangsvollstreckung auf Räumung und Herausgabe statt. Gemäß § 93 Abs. 1 Satz 2 ZVG soll die Zwangsvollstreckung jedoch nicht erfolgen, wenn der Besitzer aufgrund eines Rechts besitzt, das durch den Zuschlag nicht erloschen ist. Letztere Regelung konkretisiert verfahrensrechtlich die materiell-rechtliche Situation (Steiner/Eickmann, ZVG, 9. Aufl., Rz. 10 zu § 93 ZVG): Ist ein Dritter Besitzer und sein Besitzrecht wurde durch den Zuschlag beendet, so besteht gegen ihn der Herausgabeanspruch des Erstehers gemäß § 985 BGB; die Einwendung aus § 986 BGB besteht nicht mehr. In diesem Falle erfaßt der Titel auch den Dritten. Ist das zum Besitz berechtigende Rechtsverhältnis jedoch vom Zuschlag unberührt geblieben, so steht dem Besitzer § 986 BGB zur Seite. Der Ersteher ist dann nur zum mittelbaren Besitz berechtigt, so daß er Herausgabe (Räumung) nicht verlangen kann. Eine Vollstreckung nach § 93 ZVG ist in diesem Falle unzulässig, der Besitzer kann sich gemäß § 771 ZPO dagegen wenden. Diese gesetzliche Regelung ist nach allgemein anerkannter Auffassung auch auf solche Besitzer anwendbar, deren Besitzrecht auf einer (weiterwirkenden) schuldrechtlichen Beziehung zum Schuldner beruht, wie das bei der Miete der Fall ist (Steiner/Eickmann, Rz. 11 zu § 93 ZVG; Zeller/Stöber, ZVG, 12. Aufl., Rz. 2.9 zu § 93 ZVG).</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Das Klauselerteilungsverfahren ist im Falle des § 93 Abs. 1 Satz 2 ZVG als ein qualifiziertes in entsprechender Anwendung des § 727 ZPO anzusehen (Steiner/Eickmann, Rz. 37 zu § 93 ZVG). Denn die gewöhnliche Klausel des § 725 ZPO liegt nur vor, wenn lediglich die Formalvoraussetzungen zu prüfen sind. Erfordert dagegen die Durchsetzbarkeit des Titels zusätzliche materielle Erwägungen - wie hier nach § 93 Abs. 1 Satz 2 ZVG -, die erst ergeben, ob das Recht im konkreten Falle durchsetzbar ist, so liegt eine qualifizierte Klausel vor. Für ihre Erteilung ist gemäß § 20 Nr. 12 RpflG der Rechtspfleger zuständig. Aus der Formulierung des Gesetzes ist eindeutig zu entnehmen, daß der materiellrechtliche Einwand des § 93 Abs. 1 Satz 2 ZVG hier ausnahmsweise schon im Klauselerteilungsverfahren geprüft werden muß, weil bei Vorliegen dieser besonderen Voraussetzung die Zwangsvollstreckung gar nicht erst durchgeführt werden soll. Nur wenn dies "gleichwohl" geschehen ist, soll der Besitzer auf die Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO angewiesen sein. Der Senat vermag sich daher der abweichenden Auffassung des Landgerichts Bielefeld im Beschluß vom 21. März 1988 (3 T 319/88) nicht anzuschließen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Da das Klauselerteilungsverfahren kein Erkenntnisverfahren ist und die Vollstreckungsklausel gegen den Besitzer der Sache erteilt wird, wenn die allgemeinen Voraussetzungen erfüllt sind und das Besitzverhältnis urkundlich nachgewiesen oder offenkundig ist, können sich bei Einführung dieses materiell-rechtlichen Einwands Beweisschwierigkeiten für den Besitzer ergeben. Da "soll" im Sinne von § 93 Abs. 1 Satz 2 ZVG zutreffender Auslegung nach "darf nicht" heißt, darf die Klausel schon dann nicht erteilt werden, wenn die Gefahr besteht, daß das Gericht wegen Eingriffs in ein Recht zum Besitz einen Schadensersatzanspruch auslösen kann. Deshalb muß die Klausel bereits dann abgelehnt werden, wenn Umstände erkennbar sind, die für ein bestehendes Recht zum Besitz sprechen (Zeller/Stöber, Rz. 2.9 zu § 93 ZVG). Der Gläubiger ist dann darauf zu verweisen, sich einen besonderen Vollstreckungstitel gegen den Besitzer zu verschaffen und nicht den vereinfachten Weg des Klauselerteilungsverfahrens zu beschreiten.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">c)</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Solche Umstände für ein Recht zum Besitz sind hier entgegen der landgerichtlichen Auffassung anzunehmen. Vom Beteiligten zu 2) ist im Klauselerteilungsverfahren vorgetragen worden, er habe mit seiner Mutter für die Wohnung im ersten Obergeschoß rechts das mietfreie Bewohnen vereinbart, nachdem er ihr beim Ende der Zwangsverwaltung etwa im November 1986 ein Darlehen von 11.000,-- DM zur Fortführung des Speditionsgeschäfts in diesem Hause gewährt habe. Der Beteiligte zu 3) hat vorgebracht, er habe die Wohnung im Dachgeschoß vor 1983 für etwa 30.000,-- DM zu Wohnzwecken hergerichtet und mit seinem im Jahre 1982 verstorbenen Vater, vereinbart, daß er diese Wohnung mietfrei bewohnen dürfe; diese Vereinbarung sei später von seiner Mutter übernommen worden. Damit ist von beiden Beteiligten der Abschluß entgeltlicher Gebrauchsüberlassungsverträge schlüssig behauptet worden.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Dieses substantiierte Vorbringen erscheint nicht lediglich als bloße Schutzbehauptung schlicht mitbesitzender Familienangehöriger. Denn die Beteiligte zu 1) hatte in einer Erklärung vom 13. Juli 1988 eidesstattlich versichert, daß ihre im Speditionsbetrieb mitarbeitenden Söhne die Wohnungen gemietet hätten. Einen gewissen Beleg für Besitzrechte hat der Richter des Amtsgerichts in seiner Vorlageverfügung ferner mit dem Hinweis auf das Verkehrswertgutachten vom 13. Januar 1988 aufzeigen können. Danach hat der Gutachter - ausgehend von den Klingelschildern - als Mieter der beiden Wohnungen die Beteiligten zu 2) und 3) angegeben. Der viel länger zurückliegende Bericht des Zwangsverwalters aus dem Jahre 1984, der im übrigen nur zum Nachteil des Beteiligten zu 3) hätte herangezogen werden können, bildet demgegenüber kein ausschlaggebendes Gegengewicht.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Es kommt hinzu, daß im Hinblick auf die Räumungsansprüche der Gläubigerin gegen die beiden Besitzer und die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung beim Amtsgericht Bielefeld inzwischen verbundene Erkenntnisverfahren anhängig sind. Das Landgericht hat mit seiner Beschwerdeentscheidung dem Ergebnis dieses ihm bekannten Erkenntnisverfahrens in nicht hinnehmbarer Weise vorgegriffen. Es hat eine Beweisaufnahme über bestehende Mietverträge mit problematischen tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen, die die Gefahr widerstreitender Gerichtsentscheidungen begründen können, als nicht notwendig angesehen. Das Prozeßgericht hatte demgegenüber auf den 21. Oktober 1988 einen Beweisaufnahmetermin mit der Vernehmung der Beteiligten zu 1) als Zeugin über dieses Beweisthema anberaumt. Diese Beweisaufnahme, deren Ergebnisse der Senat als weitere Tatsacheninstanz verwerten kann, hat zusätzliche Anhaltspunkte für das Vorliegen entgeltlicher Gebrauchsüberlassungen an die in den Jahren 1947 und 1963 geborenen Söhne der Schuldnerin ergeben, die nur im Erkenntnisverfahren, nicht jedoch im dafür ungeeigneten Klauselerteilungsverfahren überprüft werden können. Die Schuldnerin hat Geldaufwendungen ihrer beiden Söhne als Gegenleistungen für die Wohnungsüberlassungen bestätigt. Das Prozeßgericht beabsichtigt offenbar - zumindest in bezug auf ein Mietverhältnis - weitere Beweiserhebungen. Daß ganz offensichtlich keine Mietverträge vorlägen, kann unter diesen Umständen nicht gesagt werden.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">3.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Da die Voraussetzungen für die Erteilung der Vollstreckungsklausel gegen die Beteiligten zu 2) und 3) mithin nicht vorliegen, muß der Beschluß des Landgerichts aufgehoben und die Erstbeschwerde der Beteiligten zu 4) zurückgewiesen werden.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die im zweiten und dritten Rechtszug entstandenen Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 2) und 3) sind nach §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO der Beteiligten zu 4) aufzuerlegen.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 12 Abs. 1 GKG, 3 ZPO. </p>
|
315,305 | olgham-1988-11-25-20-u-8287 | {
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} | 20 U 82/87 | "1988-11-25T00:00:00" | "2019-03-13T14:51:56" | "2022-10-18T15:08:37" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1988:1125.20U82.87.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Klägers wird das am 6. Februar 1987 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts ... abgeändert.</p>
<p>Die Klage ist dem Grunde nach gerechtfertigt.</p>
<p>Zur Klärung der Anspruchshöhe wird der Rechtsstreit an das Landgericht ... zurückverwiesen, das auch über die Kosten der Berufung zu befinden haben wird.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger macht aus Anlaß eines zwischen den Parteien streitigen Einbruchsdiebstahls Entschädigungsansprüche aus seiner bei der Beklagten bestehenden Hausratsversicherung geltend. Dem Versicherungsvertrag, der auf der Grundlage des vom Kläger am 26.10.1985 unterschriebenen Antrags (Bl. 182 bis 185 GA) zustande kam - Versicherungsbeginn war der 30.09.1985, Bl. 26 GA -, liegen die Allgemeinen Hausratsversicherungsbedingungen (VHB 84) zugrunde.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Am 27.12.1985 zeigte der Kläger oder seine Lebensgefährtin, die Zeugin ..., der Polizei in ... an, daß über Weihnachten in ihre Wohnung in ... eingebrochen worden sei. Es seien Teppiche, Pelze, Schmuck und Silber entwendet worden. Die Kriminalpolizei besichtigte die Wohnung und stellte fest, daß die Täter vermutlich über das Flachdach einer angrenzenden Lagerhalle zu der im 1. Stock gelegenen Wohnung gelangt waren und dort die Scheibe, einer in die Küche führenden Tür eingeschlagen hatten, wodurch sie Zugang zu der gesamten Wohnung hatten. Die Polizeibeamten fanden u.a. die Schlafzimmertür und Türen des Kleiderschranks aufgebrochen vor; im Eßzimmer waren sämtliche Schränke geöffnet und augenscheinlich durchsucht worden (Bl. 1 bis 4 sowie Lichtbilder Bl. 13 bis 18 der Ermittlungsakte 22 Js 485/86 StA Bielefeld).</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger meldete der Beklagten mit schriftlicher Schadensanzeige vom 27.12.1985 (Bl. 57, 58 GA) den Schaden, während die Zeugin ... den Verlust des bei dem Einbruchsdiebstahl nach ihrer Darstellung entwendeten Schmucks bei der ... Versicherung geltend machte, wo sie im Juli 1985 eine Schmuckversicherung abgeschlossen hatte. Der - dort ebenfalls streitige - Diebstahl des Schmucks ist Gegenstand des vom Senat gleichzeitig verhandelten und entschiedenen Rechtsstreits 20 U 148/87.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beauftragte u.a. den Sachverständigen ... mit der Ermittlung der Schadenshöhe. Dieser führte am 13.01.1986 ein Gespräch mit dem Kläger und der Zeugin ... dessen Inhalt im einzelnen streitig ist. Nach einem Vermerk über dieses Gespräch (Bl. 333, 343 GA) bat ... zwecks endgültiger Feststellung des Schadens um Belege (Bestätigung von Lieferanten, Herkunftsangaben, Zertifikate) für einige der als gestohlen gemeldeten Pelzwaren, für die als gestohlen gemeldeten Teppiche und für einen Teil des als gestohlen gemeldeten Schmucks des Klägers.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Daraufhin legte der Kläger am 30.01.1986 im Büro der für die Beklagte arbeitenden Versicherungsermittlungsagentur in ... u.a. 5 Zertifikate für als gestohlen gemeldete Teppiche im Original vor, die dort fotokopiert und in Ablichtung an die Beklagte weitergeleitet wurden. Diese Zertifikate (Bl. 75 bis 79 GA), die Angaben über Größe und Herkunft der Teppiche enthielten, trugen Stempel und Unterschrift einer Firma ... in ... und Datumsangaben - soweit lesbar - aus den Jahren 1962 bis 1964.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Nachdem der von der Beklagten eingeschaltete Sachverständige ... festgestellt hatte, daß die Firma ... erst im Jahre 1973 gegründet worden war, kam es am 10.03.1986 in Frankfurt zu einer weiteren Besprechung zwischen dem Kläger, der Zeugin ... und dem Sachverständigen ... an der auch der erstinstanzliche Prozeßbevollmächtigte des Klägers teilnahm. In dieser Besprechung bestand Einigkeit darüber, daß die Teppichzertifikate von der Zeugin ... nach dem ersten Gespräch mit dem Sachverständigen ... am 13. Januar 1986 hergestellt worden waren. Insoweit ist folgendes unstreitig:</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Zeugin ... die früher mit ihrem inzwischen von ihr geschiedenen Ehemann einen Möbelhandel betrieb, hatte in jener Zeit Geschäftsbeziehungen zu der in ... ansässigen Firma ... unterhalten, wo - nach bestrittener Darstellung des Klägers - auch die als gestohlen gemeldeten Teppiche erworben worden waren. Geschäftsführer dieser Firma war der Zeuge ... gewesen. Zu ihm begab die Zeugin ... sich im Januar 1986 und ließ sich von ihm Blanco-Zertifikate aushändigen, die er mit seiner Unterschrift und dem Stempel seiner 1973 gegründeten Firma ... versah. Die Zeugin ... vervollständigte dann die Zertifikate mit den Größen- und Herkunftsangaben und den angeblichen Ausstellungsdaten, wobei ihr freilich entging, daß die Firma ... des Zeugen Hassan erst 1973 gegründet worden war.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte, die in der Vorlage dieser Teppichzertifikate den Versuch einer arglistigen Täuschung sieht, lehnte mit Schreiben vom 30.05.1986 die Schadensregulierung ab.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat den Versuch einer arglistigen Täuschung in Abrede gestellt und dazu behauptet, er habe von der Herkunft der Teppichzertifikate nichts gewußt. Die Zeugin ... habe sie ihm ausgehändigt, ohne ihn über die Herkunft aufzuklären, und er habe sie gutgläubig an die Beklagte weitergegeben.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Den Hausratsschaden - entwendete Gegenstände und Beschädigungen an der Einrichtung - hat der Kläger mit näherer Begründung (Bl. 2 bis 4, 12 bis 24 GA) auf knapp 165.000,- DM beziffert.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Nach seiner Darstellung hatte die Zeugin ... ihm den größten Teil des aus ihrer inzwischen geschiedenen Ehe stammenden Hausrats zur Sicherheit für Darlehen, die er ihr gewährt habe, übereignet. Dazu hat der Kläger drei Sicherungsübereignungsverträge mit Datum vom 21.12.1981, 22.11.1982 und 25.06.1983 (Bl. 65 bis 73 GA) in Ablichtung vorgelegt.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Einige Gegenstände. (3 Krokotaschen, eine Sonnenbrille, Bl. 61) hätten der Klägerin persönlich gehört, einige weitere seien stets sein persönliches Eigentum gewesen, so z.B. ein ererbter Siegelring.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zur Zahlung von 164.973,59 DM nebst 9,5 % Zinsen seit dem 11.11.1986 zu verurteilen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat den Einbruchsdiebstahl bestritten und sich auf die in den Versicherungsbedingungen vereinbarte Leistungsfreiheit wegen arglistiger Täuschung im Rahmen der Schadensregulierung sowie wegen einer Obliegenheitsverletzung des Klägers berufen. Letztere hat sie damit begründet, der Kläger habe sich gegenüber dem Zeugen ... geweigert, die Originale der Teppichzertifikate herauszugeben.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Im übrigen hat die Beklagte die Schadenshöhe bestritten.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat die Klage ohne Beweisaufnahme abgewiesen und ausgeführt, der Kläger habe mit der Vorlage der nachträglich hergestellten Teppichzertifikate arglistig gehandelt. Das Gericht sei davon überzeugt, daß der Kläger von der Herkunft der Zertifikate gewußt habe, weil er seit Jahren mit der Zeugin ... zusammenlebe. Jedenfalls müsse er sich aber das arglistige Verhalten der Zeugin zurechnen lassen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Mit der Berufung verfolgt der Kläger seinen Anspruch in Höhe von rd. 152.000,- DM weiter.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Mit eingehender tatsächlicher und rechtlicher Begründung und unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Sachvortrages legt er die äußeren Umstände des behaupteten Einbruchsdiebstahls und die Höhe seines Schadens dar.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Er hält an seiner Darstellung fest, von der Herkunft der Teppichzertifikate nichts gewußt zu haben. Hiervon habe die Zeugin ihn erst anläßlich des zweiten Gesprächs mit dem Sachverständigen ... in ... am 10.03.1986 informiert.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hält die Frage, ob die Zeugin ... arglistig gehandelt habe, für nicht entscheidungserheblich, weil er sich deren mögliches Verschulden nicht zurechnen lassen müsse.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an ihn 151.973,59 DM nebst Zinsen in Höhe von 1 % unter dem Diskontsatz der ... mindestens jedoch 4 % und höchstens 6 %, vom 27.12.1985 bis zum 07.05.1986 sowie nebst Zinsen in Höhe von 9,5 % seit dem 07.05.1986 zu zahlen;</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">ihm für den Fall der Zwangsvollstreckung zu gestatten, Sicherheitsleistung durch Bürgschaft der ... leisten zu dürfen.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen;</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">ihr für den Fall der Zwangsvollstreckung zu gestatten, Sicherheit durch Bürgschaft der Deutschen Bank Köln leisten zu dürfen.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hält das angefochtene Urteil im Ergebnis für richtig. Sie wiederholt und vertieft ihren bisherigen Sachvortrag mit eingehender tatsächlicher und rechtlicher Begründung.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Sie behauptet unter Hinweis auf eine Reihe von Indizien, der Einbruchsdiebstahl sei von dem Kläger und der Zeugin ... vorgetäuscht worden. Vorsorglich bestreitet die Beklagte weiterhin die Schadenshöhe.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Sie hält den Einwand arglistiger Täuschung aufrecht und behauptet, der Kläger sei zusammen mit der Zeugin ... in ... gewesen, um dort bei dem Zeugen ... die Blanco-Teppichzertifikate zu beschaffen. Er habe daher gewußt, daß es sich nicht um Originalzertifikate gehandelt habe. Im übrigen ist die Beklagte der Auffassung, der Kläger müsse sich das Verschulden der Zeugin ... zurechnen lassen, weil diese seine Repräsentantin im versicherungsrechtlichen Sinne sei, da sie den Hausrat gemeinsam mit ihm genutzt habe.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Zusätzlich behauptet die Beklagte, der Kläger habe einige Gegenstände als gestohlen gemeldet, die nicht gestohlen worden seien, sondern sich noch im Besitz des geschiedenen Ehemannes der Zeugin ... befänden.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Wegen der Einzelheiten des beiderseitigen Sachvortrags wird auf den Inhalt der Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen und auf die in den nachstehenden Entscheidungsgründen ergänzend mitgeteilten Tatsachen verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Dem Senat haben die Akten des gleichzeitig verhandelten und entschiedenen Parallelprozesses 20 U 148/87 ... sowie die zu jenem Verfahren beigezogenen Ermittlungsakten 22 Js 485/86 = 17 VRs 3395/87 ... vorgelegen.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen ... durch den Einzelrichter. Insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift vom 26.04.1988, Bl. 321 bis 327 GA, Bezug genommen. Die Zeugin ... hat den die Teppichzertifikate betreffenden Teil ihrer Aussage vor dem Senat im Termin vom 25.11.1988 beschworen (Bl. 367 R GA); im übrigen sind die Zeugen unvereidigt geblieben.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat ferner die Zeugen ... und ... uneidlich vernommen. Insoweit wird auf den den Parteien bekannten Vermerk des Berichterstatters über die Beweisaufnahme im Senatstermin vom 25.11.1988 (Bl. 374 bis 377 GA) Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Die Berufung hat insoweit Erfolg, als die Entschädigungspflicht der Beklagten dem Grunde nach festzustellen ist. Da die Anspruchshöhe im einzelnen in allen Punkten streitig ist, hat der Senat von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, gem. §304 ZPO über den Anspruchsgrund vorab zu entscheiden und die Sache wegen der Anspruchshöhe gem. §538 Abs. 1 Ziffer 3 ZPO an das Landgericht zurückzuverweise.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Der Eintritt des Versicherungsdiebstahls (§5 Ziffer 1 a und b VHB 84) ist nach dem Inhalt der Ermittlungsakte und nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hinreichend wahrscheinlich. Die Möglichkeit, daß der Einbruchsdiebstahl vorgetäuscht worden sein könnte, hat keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für sich. Damit steht die Eintrittspflicht der Beklagten dem Grunde nach fest (BGH VersR 84, 29 ff und seither in ständiger Rechsprechung, z.B. VersR 1987, 801).</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks"><b>1.</b></p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Die Polizeibeamten haben bei der Besichtigung der Wohnung Spuren vorgefunden, die üblicherweise von Einbrechern hinterlassen werden. Es waren Türen und Schränke gewaltsam aufgebrochen, die Wohnung war augenscheinlich durchsucht worden. Die Tat fiel zudem auf einen Zeitpunkt, zu dem Wohnungseinbrüche - wegen der Abwesenheit der Bewohner über die Weihnachtsfeiertage - gehäuft auftreten. Der vom Landgericht in der Parallelsache 20 U 148/87 ... bereits als Zeuge vernommene Polizeibeamte ... hat bestätigt, daß sich seinerzeit auch im Raum ... mehrere Wohnungseinbrüche ereignet hatten (Bl. 88 d.A. 20 U 148/87).</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks"><b>2.</b></p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Die von der Beklagten aufgezeigten Verdachtsmomente begründen nicht die erhebliche Wahrscheinlichkeit, daß die Einbruchsspuren von dem Kläger oder mit dessen Wissen bewußt gelegt worden sind, um einen Versicherungsfall vorzutäuschen.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Die Behauptung der Beklagten, der Kläger und die Zeugin ... hätten sich zur Tatzeit nicht in ... aufgehalten, ist nicht bewiesen. Die hierzu vernommenen Zeugen ... Bruder des Klägers, und ... haben glaubhaft die Darstellung des Klägers und der Zeugin ... bestätigt, daß beide am 1. Weihnachtstag in ... und am 2. Weihnachtstag in ... waren.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Zutreffend, ist der Hinweis der Beklagten, daß die Angaben zum Tatzeitpunkt widersprüchlich sind. So ist mit der Klagebegründung ebenso wie in der Parallelsache 20 U 148/87 zunächst vorgetragen worden, der Diebstahl müsse sich in der Zeit zwischen dem 25.12. und dem 27.12.1985 ereignet haben. Dies entspricht der in der polizeilichen Diebstahlsanzeige wiedergegebenen Erklärung der Zeugin ..., wonach sie und der Kläger die Wohnung am 1. Weihnachtstag verlassen hätten und am 27.12.1985 zurückgekehrt seien. Hiervon weicht die spätere Darstellung des Klägers im Rechtsstreits ab, wonach er und die Zeugin nach einem Besuch in ... am 25.12. in der Nacht zum 26.12.1987 noch einmal kurz in der Wohnung gewesen seien, um von dort aus nach ... zu fahren. Hiernach verkürzt sich der Tatzeitraum auf die Zeit, zwischen dem 26. und dem 27.12.1985.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Die Zeugin ... hat diese Darstellung des Klägers bestätigt, daß beide in der Nacht zum 26.12.1985 noch einmal in der Wohnung waren. Die unterschiedlichen Zeitangaben deuten jedoch nicht auf einen vorgetäuschten Diebstahl hin. Es ist vielmehr möglich, daß die Zeugin ... oder aber auch der Kläger sich gegenüber der Polizei in der ersten Aufregung mißverständlich geäußert haben; der Kläger ist zudem Ausländer und der deutschen Sprache zwar gut, aber nicht vollkommen mächtig. Es mögen auch die Polizeibeamten, die (korrekte) Zeitangabe mißverstanden haben. Jedenfalls hat der Kläger bereits in seiner Schadensanzeige vom 27.12.1985 für die Beklagte die Tatzeit auf den Zeitraum zwischen dem 26.12., 3.00 Uhr, und dem 27.12.1985, 14.00 Uhr, eingegrenzt, also zu einem Zeitpunkt, als Tatzeit und Tathergang noch von niemandem bezweifelt wurden. Dies spricht dafür, daß diese später im Prozeß wieder aufgenommene Darstellung der Wahrheit entspricht und die Angaben in der Klageschrift auf eine - mit den Worten der Berufungsbegründung - unreflektierte Übernahme der Angaben aus der polizeilichen Diebstahlsanzeige durch den Prozeßbevollmächtigten erster Instanz zurückzuführen ist.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Richtig und dem Senat aus der Parallelsache 20 U 148/87 bekannt ist, daß die Zeugin ... vorbestraft ist. Die Straftaten - Nichtbeantragung eines Konkursverfahrens, fahrlässig falsche Versicherung an Eides Statt - sind aber nicht einschlägig und daher nicht geeignet, Rückschlüsse auf einen versuchten Betrug gegenüber der Beklagten zuzulassen. In Verbindung mit der Tatsache, daß die Zeugin ... versucht hat, die Beklagte mittels nachträglich hergestellter Teppichzertifikate zu täuschen, und daß sie ferner nach Überzeugung des Senats auch versucht hat, die ... mittels Vorlage eines rückdatierten Sicherungsübereignungsvertrags für ihren Schmuck zu täuschen (vgl. das in der Sache 20 U 148/87 ergangene Urteil), erschüttern diese Vorstrafen zwar die Glaubwürdigkeit der Zeugin .... Gegen den Kläger läßt sich hieraus aber nichts herleiten. Daß der Kläger von der Herkunft der Teppichzertifikate gewußt hätte, ist - wie noch auszuführen sein wird - nicht bewiesen. Zudem geben die Täuschungsversuche der Zeugin ... gegenüber den beiden Versicherungsgesellschaften auch dann einen Sinn, wenn der Kläger und die Zeugin durch einen echten Einbruchsdiebstahl tatsächlich geschädigt worden sind und die Zeugin lediglich versucht haben sollte, berechtigte oder unberechtigte Versicherungsansprüche leichter durchzusetzen.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">d)</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte behauptet, die vom Kläger vorgelegten drei Sicherungsübereignungsverträge seien erst später angefertigt und rückdatiert worden. Das läßt sich jedoch nicht beweisen, weil nach unwiderlegter Darstellung des Klägers nur noch Ablichtungen dieser Verträge zur Verfügung stehen. Außerdem gäbe eine solche Manipulation auch im Falle eines echten Einbruchsdiebstahls einen Sinn, ließe den Schluß auf einen vorgetäuschten Diebstahl also nicht ohne weiteres zu.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Letzteres trifft auch für den Sicherungsübereignungsvertrag mit Datum vom 12.02.1981 zu, welcher den Schmuck betrifft, und von dem der Senat überzeugt ist, daß er erst 1985 hergestellt und rückdatiert worden ist. (Wegen der Einzelheiten wird auf das den Beteiligten bekannte Senatsurteil vom 25.11.1988 in der Sache 20 U 148/87 verwiesen.)</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">e)</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte behauptet, die Vermögenssituation der Zeugin ... sei desolat gewesen. Dies läßt sich jedoch so nicht feststellen, und es ließe zudem auch nicht unbedingt Rückschlüsse auf die Vermögensverhältnisse des Klägers, die im einzelnen nicht bekannt sind, und auf ein daraus abzuleitendes Tatmotiv für einen Versicherungsbetrug zu. Richtig und dem Senat ebenfalls aus der Parallelsache 20 U 148/87 bekannt ist, daß die Zeugin ... wenigstens zweimal im Rahmen von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen die eidesstattliche Versicherung abgegeben und dabei Angaben gemacht hat, die mit dem anläßlich des Einbruchsdiebstahls als verlustig gemeldeten wertvollen Hausrat und Schmuck nicht vereinbar sind. Nach den eidesstattlichen Versicherungen war die Zeugin praktisch vermögenslos (eidesstattliche Versicherung vom 13.07.1982 im Verfahren 5 M 346/82 und vom 12.09.1985 im Verfahren 4 M 709/85 Amtsgericht ...).</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Andererseits ist aus der Parallelsache 20 U 148/87 bekannt, daß die Zeugin dort im Juli 1985 einem Juwelier Schmuck vorgelegt hat, den dieser mit über 80.000,- DM bewertet hat. Ferner sind Lichtbilder zur Akte gereicht worden, die auf das Vorhandensein wertvollen Hausrats hindeuten. Es liegt daher die Annahme nahe, daß die eidesstattlichen Versicherungen nicht den Tatsachen entsprochen haben.</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Immerhin hat die Zeugin auch aufgrund der eidesstattlichen Versicherung vom 12.09.1985 eine Verurteilung wegen fahrlässig falscher eidesstattlicher Versicherung hingenommen (17 VRs 3395/87 = 22 Js 485/86 StA ...). Es kann daher zumindest nicht ausgeschlossen werden, daß die Vermögensverhältnisse nur gegenüber den die Zwangsvollstreckung betreibenden Gläubigern schlechter dargestellt werden sollten, als sie tatsächlich waren. In diese Richtung deuten auch die vom Kläger behaupteten Sicherungsübereignungen zu seinen Gunsten. Denn solche Sicherungsübereignungen dienen nicht selten dazu, Gläubigern pfändbares Vermögen zu entziehen.</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">f)</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte verweist auf den Umstand, daß der Kläger den Versicherungsvertrag erst knapp 2 Monate vor dem Diebstahl abgeschlossen hat. Ein enges zeitliches Zusammentreffen zwischen Versicherungsabschluß und Eintritt des Versicherungsfalls ist zwar auffallend, es läßt für sich allein aber sichere Rückschlüsse auf einen fingierten Versicherungsfall nicht zu. Denn es gibt keinen durch die Lebenserfahrung gesicherten Satz, daß Versicherungsfälle sich nicht kurz nach Vertragsabschluß zu ereignen pflegen. Zudem erklärt sich der Umstand, daß der Kläger erst im Oktober 1985 um eine Hausratsversicherung nachgesucht hat, möglicherweise auch daraus, daß die Zeugin im Hinblick auf die im September 1985 abzuleistende eidesstattliche Versicherung wesentliche Teile ihres Hausrats auf den Kläger übertragen haben könnte, so daß der Kläger auch erst danach Anlaß gehabt haben könnte, sich angemessen zu versichern.</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">g)</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Nicht bewiesen ist schließlich - wie noch auszuführen sein wird -, daß der Kläger von der Herkunft der fingierten Teppichzertifikate gewußt hat oder daß Gegenstände als gestohlen gemeldet worden sind, die sich in Wirklickeit im Besitz des geschiedenen Ehemannes der Zeugin ... befinden.</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">h)</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Auch bei einer zusammenfassenden Betrachtung der von der Beklagten aufgezeigten Verdachtsmomente, die für sich allein, wie ausgeführt, nicht auf einen fingierten Einbruchsdiebstahl hindeuten, vermag der Senat die erhebliche Wahrscheinlichkeit, daß der Versicherungsfall vorgetäuscht worden sein könnte, nicht zu erkennen. Daß die Möglichkeit eines vorgetäuschten Diebstahls nicht völlig ausgeschlossen sein mag, genügt nicht.</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist nicht wegen arglistiger Täuschung (§22 Ziffer 1 VHB 84) oder wegen einer Obliegenheitsverletzung des Klägers (§21 Ziffer 2 b VHB 84) leistungsfrei geworden.</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks"><b>1.</b></p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Die Vorlage der erst während der Regulierungsverhandlungen hergestellten und rückdatierten Teppichzertifikate erfüllt zwar objektiv die Voraussetzungen einer versuchten arglistigen Täuschung der Beklagten. Es ist jedoch nicht mit der nötigen Sicherheit nachzuweisen, daß dem Kläger bei Vorlage dieser Zertifikate deren Herkunft bekannt war. Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß die Zeugin ... den Kläger über den Ursprung dieser Zertifikate bewußt im unklaren gelassen und ihn damit gegenüber der Beklagten als gutgläubiges Werkzeug eingesetzt hat.</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">Der hierzu vernommene Zeuge ... hat nicht mit der nötigen Sicherheit bestätigen können, daß der Kläger anwesend war, als die Zeugin ... bei ihm die Blanco-Zertifikate abholte. Er hat zwar "mit fast absoluter Gewißheit" geglaubt sagen zu können, daß der Kläger zusammen mit der Zeugin bei dieser Gelegenheit bei ihm gewesen sei. Er hat aber gleichzeitig erklärt, er könne dies nicht beschwören und auch nicht ausschließen, daß die Zeugin einmal alleine bei ihm gewesen sei. Diese Aussage ist, auch wenn gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen nicht die geringsten Bedenken bestehen, eine zu unsichere Grundlage für die Feststellung, der Kläger sei zusammen mit der Zeugin bei dem Zeugen ... gewesen, um die Zertifikate zu holen. Immerhin hat der Kläger eine ärztliche Bescheinigung beigebracht, daß er in dem in Betracht kommenden Zeitraum zwischen dem 13.01. und dem 30.01.1986, nämlich vom 10. bis zum 30.01.1986 arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei (Bl. 305 GA). Das schließt zwar nicht aus, daß er gleichwohl zu dem Zeugen ... fahren konnte. Die Zeugin ... hat aber bestätigt, daß der Kläger im Januar 1986 bettlägerig erkrankt gewesen sei und daß während dieser Zeit die Zeugin ... einmal allein - angeblich zu ihrem geschiedenen Ehemann - weggefahren sei. Es erscheint daher möglich, daß die Darstellung des Klägers und der Zeugin ... die diesen Teil ihrer Aussage auf ihren Eid genommen hat, zutrifft und der Zeuge ... den - für ihn damals vergleichsweise bedeutungslosen Vorgang - ungenau in Erinnerung hat.</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">An diesem Beweisergebnis kann auch der Umstand nichts ändern, daß der Zeuge ... der erstinstanzliche Prozeßbevollmächtigte des Klägers, die Darstellung des Klägers und der Zeugin ... nicht hat bestätigen können, daß der Kläger erst anläßlich der Besprechung vom 10.03.1986 in ... von der Zeugin in die Herkunft der Zertifikate eingeweiht worden sei und sich darüber außerordentlich aufgeregt habe. Der Zeuge hat an einen solchen Vorgang keine Erinnerung gehabt. Der sichere Schluß, daß die Darstellung des Klägers und der Zeugin deshalb unzutreffend sei, ist danach nicht möglich.</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">Der Zeuge ... hat im übrigen die Behauptung der Beklagten, der Kläger habe von der Herkunft der Zertifikate gewußt, auch nicht bestätigen können. Nach seinen seinerzeitigen Aufzeichnungen hat der Kläger ihm erklärt, er habe davon erst erfahren, als die Manipulation schon aufgefallen gewesen sei.</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks"><b>2.</b></p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">Der Kläger braucht sich das Verhalten der Zeugin ... auch nicht zurechnen zu lassen. Wenn die Zeugin ihm die Zertifikate ohne Hinweise auf deren Herkunft übergeben und er sie gutgläubig weitergegeben hat, sind weder §278 BGB noch - wie vom Landgericht angenommen - §166 Abs. 1 BGB anwendbar. Zurechenbar wäre das Verhalten der Zeugin dem Kläger allenfalls dann, wenn die Zeugin seine Repräsentantin im versicherungsrechtlichen Sinne gewesen wäre. Das ist jedoch nicht der Fall.</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">Nach der heute üblichen und in der höchstrichterlichen Rechtsprechung seit langem gefestigten Definition ist ein Dritter dann als Repräsentant des Versicherungsnehmers anzusehen, wenn er allgemein in dem Geschäftsbereich, zu dem das versicherte Risiko gehört, aufgrund eines Vertretungs- oder ähnlichen Verhältnisses an die Stelle des Versicherungsnehmers getreten ist. Er muß befugt sein, selbstständig in einem gewissen, nicht ganz unbedeutenden Umfang für den Versicherungsnehmer zu handeln und auch dessen Rechte und Pflichten als Versicherungsnehmer wahrzunehmen (so z.B. BGH VersR 1964, 475, 65, 149, 150, 69, 695, 696; 69, 1086, 1087; 71, 538, 539; weitere Nachweise - auch zur Entwicklung der Rechtsprechung - bei Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 24. Aufl. 1988, §6 VVG Anm. 8 B).</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">Es ist anerkannt, daß die Ehegatteneigenschaft alleine grundsätzlich nicht die Repräsentantenstellung begründet. Bei Lebensgefährten, die in einer eheähnlichen Gemeinschaft leben, kann nichts anderes geltend.</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Eine Ausnahme ist auch nicht für den Fall der Hausratsversicherung zu machen, weil die Eheleute oder die Lebensgefährten den Hausrat gemeinsam benutzen. Der gegenteiligen Ansicht von Prölss/Martin (a.a.O. Seite 92) vermag der Senat im Anschluß an BGH VersR 1965, 425, 429 und OLG ... VersR 86, 331 nicht zu folgen, wie er bereits im Urteil vom 21.10.1986 (20 U 134/86; VersR 88, 240) ausgeführt hat.</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger ist das Verhalten der Zeugin auch nicht unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Versicherung auf fremde Rechnung zuzurechnen, soweit der Hausrat dem Kläger zur Sicherheit übereignet gewesen sein soll und die Zeugin insoweit einen bedingten Anspruch auf Rückübertragung ihres Eigentums und damit ein eigenes rechtliches und wirtschaftliches Interesse gehabt haben mag (§§74 ff., 79 VVG i.V.m. §17 Ziffer 3 VHB 84). Auch diese Zurechnung wäre nur möglich, wenn die Zeugin Repräsentantin des Klägers gewesen wäre (Prölss/Martin a.a.O. §79 Anm. 1), weil der Kläger als Sicherungseigentümer neben der Klägerin ein eigenes versicherbares Interesse hatte.</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks"><b>3.</b></p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat keine zur Leistungsfreiheit führende Obliegenheitsverletzung begangen. Es ist bereits nicht feststellbar, daß er sich ernsthaft geweigert hätte, dem Sachverständigen ... die Originale der Teppichzertifikate auszuhändigen. Zudem bestand auch keine Notwendigkeit zur Vorlage der Originale mehr, nachdem Buchwald die Manipulation schon anhand der Ablichtungen aufgedeckt und der Kläger diese sofort - nach entsprechender Information durch die Zeugin ... - auch eingeräumt hatte. Berechtigte Belange der Beklagten konnten von dem Kläger daher nicht mehr verletzt werden.</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks"><b>III.</b></p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">Die Behauptung der Beklagten, der Kläger habe Gegenstände als gestohlen gemeldet, die in Wirklichkeit noch im Besitz ... des geschiedenen Ehemannes der Zeugin ... seien, ist von dem Zeugen ... und von der Zeugin ... nicht bestätigt worden. Auch insoweit kann die Beklagte sich daher nicht mit Erfolg auf Leistungsfreiheit wegen arglistiger Täuschung gem. §22 Ziffer 1 VHB 84 berufen. Ob damit festzustellen ist, daß die Gegenstände sich im Zeitpunkt des Diebstahls im Besitz des Klägers befunden haben, ist eine andere Frage, die nicht hier, sondern im Rahmen der Prüfung der Anspruchshöhe zu beantworten sein wird.</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks"><b>IV.</b></p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">Eine Kostenentscheidung ist im gegenwärtigen Verfahrensstadium nicht veranlaßt. Die Beschwer der Beklagten liegt über 40.000,- DM.</p>
|
315,306 | olgk-1988-11-25-6-u-10788 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 6 U 107/88 | "1988-11-25T00:00:00" | "2019-03-13T14:51:58" | "2022-10-18T15:08:37" | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1988:1125.6U107.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline;"><b>G r ü n d e :</b></span></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte, die Häuser verwaltet, ließ sich von
Grundstückseigentümern wie nachfolgend bevollmächtigen:</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Mit Vertrag vom 01.04.1986 haben wir die Firma A. 77 Immobilien
GmbH, vertreten durch die Geschäftsführer G.B. und B.S. in A.,
S.straße 14 mit der Verwaltung unseres Grundstückes
(Mehrfamilienhauses) in A., S.gasse 21 beauftragt. Die Verwalter
sind zu unserer Vertretung in allen die Verwaltung des Grundstückes
(Mehrfamilienhauses) betreffenden Angelegenheiten gegenüber
Privatpersonen und Behörden ermächtigt. Gleichzeitig erteilen wir
die Zustellungs- und Zahlungsvollmacht für die Abgabenbescheide des
Grundstückes (einschließlich der Grundsteuer).</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Diese Vollmacht erstreckt sich auf die Wahrung unserer Rechte
aus Versicherungs- und allen sonstigen Verträgen, die sich auf die
Erfüllung behördlicher Vorschriften und die Instandhaltung des
Mehrfamilienhauses beziehen. Sie können solche Verträge in unserem
Namen abschließen und kündigen. Weiterhin können sie Geldbeträge
aus den vorgenannten vertraglichen Verhältnissen für uns in Empfang
nehmen und uns in allen einschlägigen außergerichtlichen und
gerichtlichen Angelegenheiten einschließlich Prozessen
vertreten.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Sie sind ferner berechtigt, im Fall eines notwendigen
Rechtsstreites diese Vollmacht auch auf dritte Personen nach
vorheriger Zustimmung durch uns zu übertragen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Diese Vollmacht gilt für die Dauer der Gültigkeit des
Verwaltervertrages für das Mehrfamilienhaus. Sie ist bei Widerruf
den Unterzeichnern zurückzureichen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">In der Befugnis, den Auftraggeber in allen einschlägigen
außergerichtlichen und gerichtlichen Angelegenheiten einschließlich
Prozessen zu vertreten, sahen die Kläger einen Verstoß gegen das
Rechtsberatungsgesetz. Nachdem die Beklagte am 29.12.1987 im
Verfahren vor dem Landgericht Aachen hinsichtlich der Vertretung
ihrer Auftraggeber in gerichtlichen Angelegenheiten in der
mündlichen Verhandlung eine Unterlassungserklärung abgegeben hatte
(Bl. 102 d.A.), haben die Parteien den Rechtsstreit insoweit
übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt und
wechselseitige Kostenanträge gestellt. Die weitergehende Klage hat
das Landgericht durch das angefochtene Urteil, auf das verwiesen
wird, abgewiesen, da den Klägern die noch geltend gemachten
Unterlassungsansprüche nicht zustünden.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Mit der Berufung haben die Kläger ihre Anträge - unter
Berücksichtigung der Teilunterlassungserklärung vom 29.12.1987 -
weiterverfolgt. Die Beklagte hat sich dann mit strafbewehrter
Unterlassungsverpflichtungserklärung vom 27.10.1988
verpflichtet,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">"es künftig zu unterlassen,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">die Hausverwalter-Vollmacht in Abs. 2
Satz 3 weiterhin in der Form zu verwenden, daß sie sich von
Auftraggebern dort die Befugnis einräumen läßt, die Auftraggeber in
- allen - einschlägigen außergerichtlichen und gerichtlichen
Angelegenheiten einschließlich Prozessen zu vertreten."</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat haben beide Parteien
daraufhin den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt und
wechselseitige Kostenanträge gestellt.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Über die Kosten war gemäß § 91 a ZPO unter Berücksichtigung des
bisherigen Sach- und Streitstandes - insbesondere im Hinblick auf
den mutmaßlichen Prozeßausgang ohne die Erledigungserklärungen nach
billigem Ermessen zu entscheiden. Dies führt dazu, den Klägern die
Kosten des Rechtsstreits - bis auf 1/3 der erstinstanzlichen Kosten
- aufzuerlegen. Die Kläger sind in der ersten Instanz mit dem noch
streitigen, unerledigten Teil des Unterlassungsbegehrens
unterlegen. Sie hätten auch in der Berufungsinstanz unterliegen
müssen, wenn die Erledigung nicht erklärt worden wäre.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der mit der Berufung weiterverfolgte Unterlassungsantrag ist
durch die Unterlassungsverpflichtungserklärung vom 27.10.1988,
deren Abgabe der Senat zur Klarstellung angeregt hatte, nicht -
auch nicht teilweise - erledigt worden. Wenn auch davon auszugehen
ist, daß die Beklagte beabsichtigt, im Rahmen der ihr erteilten
Hausverwalter-Vollmacht für ihre Auftraggeber in "allen
einschlägigen außergerichtlichen und gerichtlichen Angelegenheiten"
tätig zu werden, so begründete dies hier nicht die Begehungsgefahr
unzulässiger Rechtsberatung. Die Kläger haben, sieht man von der
erstinstanzlich erledigten Vertretung in gerichtlichen mündlichen
Verhandlungen ab, keine konkrete unzulässige Rechtsberatung der
Beklagten im Sinne von Art. 1 § 1 RechtsberatungsG vorgetragen. Die
Beklagte hat sich auch keine weitergehende, durch die
Ausnahmevorschrift des Art. 1 § 5 Nr. 3 RechtsberatungsG nicht
abgedeckte Tätigkeit angemaßt. Insbesondere die
Hausverwalter-Vollmacht in der Fassung, wie sie in zweiter Instanz
zunächst Streitgegenstand war, begründete keine ernstliche Gefahr
eines Verstoßes gegen das RechtsberatungsG. Die Ansicht der Kläger,
durch diese Vollmacht habe sich die Beklagte uneingeschränkt die
Befugnis einräumen lassen, für den Auftraggeber außergerichtlich
ggfls. auch in rechtlichen Angelegenheiten tätig zu werden (vgl.
Bl. 67 d.A.), wird durch Wortlaut und Inhalt der Vollmacht in der
ausdrücklich von "einschlägigen" Angelegenheiten die Rede war,
nicht gedeckt.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Nachdem eine Vertretung des Vollmachtsgebers in mündlichen
Verhandlungen nicht mehr Streitgegenstand war, blieb die Vertretung
in anderen gerichtlichen Angelegenheiten im Streit; sie ist der
Beklagten nicht allgemein untersagt. Vielmehr erlaubt die
Ausnahmevorschrift des Art. 1 § 5 Nr. 3 RechtsberatungsG dem
Hausverwalter generell rechtsbesorgende Tätigkeit, die mit der
Verwaltung im Zusammenhang steht. Deren sachgemäße und
objektbezogene Durchführung fordert jedenfalls z.B. ein Vorgehen
gegen zahlungsunwillige Mieter in Mahn- und
Vollstreckungsverfahren, also gerichtliche Tätigkeiten (vgl. auch
die von den Klägern vorgelegte "Verordnung über die
Berufsausbildung zum Kaufmann in der Grundstücks- und
Wohnungswirtschaft/zur Kauffrau in der Grundstücks- und
Wohnungswirtschaft" vom 13.02.1981, Seite 8/9 Anlage zu § 4 lfd.
Nr. 2), so dass der Beklagten, schon aus dieser Erwägung heraus
entgegen der von den Klägern geäußerten Ansicht nicht die
Vertretung in allen gerichtlichen Angelegenheiten verboten ist.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Zutreffend hat das Landgericht zudem auf die subjektive
Erwartungshaltung des Auftraggebers/Hauseigentümers abgestellt.
Dieser erwartet, daß derartige, das zu verwaltende Objekt
betreffende Hilfs- und Nebengeschäfte vom Hausverwalter miterledigt
werden. Sonstige, einen derartigen Rahmen verlassende Tätigkeiten
der Beklagten, die das Unterlassungsbegehren rechtfertigen würden,
haben die Kläger nicht dargetan, und sie waren auch nach dem Inhalt
der Vollmacht nicht zu besorgen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Auch der Unterlassungsantrag zu 2 b, der die außergerichtliche
streitige Korrespondenz mit Dritten, hier insbesondere mit
Rechtsanwälten über die Berechtigung zur Zurückzahlung einer
Mietkaution gemäß §§ 571 ff BGB zum Gegenstand hatte, wäre ohne die
Erledigungserklärungen zurückgewiesen worden. Auch die Kläger
verkennen nicht, daß eine gewisse Rechtsberatung und -vertretung
durch die Beklagte, insbesondere die Beratung über mietrechtliche
Fragen, zulässig ist. Entgegen ihrer Ansicht besteht auch
hinsichtlich der Frage der Zurückzahlung einer Mietkaution ein
unmittelbarer Zusammenhang zur von der Beklagten vorgenommenen
Hausverwaltung. Der Hauseigentümer erwartet von der Beklagten, daß
sie sich mit der an ihn gerichteten Forderung auf Rückzahlung der
das verwaltete Grundstück betreffenden Kautionsforderung
beschäftigt. Die sich daraus ergebende Korrespondenz - auch mit
Rechtsanwälten - hängt mit der wirtschaftlichen Tätigkeit des
Hausverwalters unmittelbar zusammen. Die konkrete außergerichtliche
Beratung und Vertretung bezüglich der Herausgabe einer Kaution
durch den Mieter - auch wenn der Streit über die Herausgabe durch
den Erwerb des Grundstücks durch den Auftraggeber entstanden ist -
und infolge dessen auch die Korrespondenz mit Rechtsanwälten
gehörte, vorliegend zur Hausverwaltertätigkeit. Diese stand im
Vordergrund, die rechtsberatende Tätigkeit aber in unmittelbarem
Zusammenhang dazu. Dabei ist ein unmittelbarer Zusammenhang schon
dann gegeben, wenn der Hausverwalter ohne die rechtliche Beratung
seine eigentliche Hausverwaltung nicht sachgemäß erledigen könnte
(vgl. BGH NJW 1988, 561-561; Altenhoff-Busch-Kaampmann, § 5 Rd. Nr.
452 mit Nachweisen); nicht erforderlich ist es, daß die
Hausverwaltertätigkeit ohne Rechtsberatung schlechthin unmöglich
ist (vgl. BGH a.a.O., Seite 563).</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Gegenstandswert der Berufung: Bis zur Erledigung in der
mündlichen Verhandlung 35.000,00 DM, für die Zeit danach die bis
dahin entstandenen Kosten des Rechtsstreits.</p>
|
315,307 | lg-dortmund-1988-11-22-8-o-50388 | {
"id": 806,
"name": "Landgericht Dortmund",
"slug": "lg-dortmund",
"city": 407,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 8 O 503/88 | "1988-11-22T00:00:00" | "2019-03-13T14:52:00" | "2022-10-18T15:08:37" | Urteil | ECLI:DE:LGDO:1988:1122.8O503.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der Antrag auf Erlaß der einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Verfahrens trägt die Verfügungsklägerin.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Die Verfügungsklägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung</p>
<p>oder Hinterlegung in Höhe von 1.300,— DM abwenden, wenn nicht der Ver-</p>
<p>fügungsbeklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien streiten über die Zulassung der Verfügungs-</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">klägerin zum E Weihnachtsmarkt 1988. Über die Ver-</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">gabe von Standplätzen für den alljährlich stattfindenden</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Weihnachtsmarkt entscheidet eine aus sieben Personen beste-</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">hende Vergabekommission, die sich aus zwei Vertretern der</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Stadt E, dem 1. und 2. Vorsitzenden des Schausteller-</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">vereins "F" sowie aus dem 1. und 2. Vorsitzenden</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">sowie der Geschäftsführerin des Verfügungsbeklagten zusammen-</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">setzt. Den von dieser Vergabekommission ausgewählten Bewerbern</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">wird sodann aufgrund eines Vertrages mit dem Verfügungsbe-</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">klagten ein bestimmter Standplatz zugewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Verfügungsklägerin betreibt ein Reisegewerbe, indem sie</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Messen und Märkte mit mobilen Verkaufsständen beschickt, an</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">denen gebackene Kartoffeln mit Füllung zum Verkauf und Ver-</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">zehr angeboten werden.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Auf dem Weihnachtsmarkt 1986 war der Ehemann der Verfügungs-</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">klägerin mit einem Imbißstand vertreten, den er gemeinsam mit</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">dem derzeitigen 1. Vorsitzenden des Verfügungsbeklagten,</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Herrn Q, betrieben hatte.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die von der Verfügungsklägerin unter ihrer Firmenbezeichnung</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">"L" seit 1985 jährlich gestellten Anträge auf</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Zulassung einer Imbißbude zum jeweils stattfindenden Weih-</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">nachtsmarkt wurden von dem Verfügungsbeklagten abschlägig</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">beschieden.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die Ablehnung ihrer erneuten Bewerbung für einen Standplatz</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">auf dem Weihnachtsmarkt 1988 durch die Vergabekommission</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">wurde der Klägerin vom Verfügungsbeklagten durch Schreiben</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">vom 04.10.1988 wiederum mitgeteilt unter Hinweis darauf, daß</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">die Ablehnung wegen Platzmangels erfolge und daß aus einer</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Vielzahl gleicher Angebote Bewerber ausgesucht worden seien,</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">die sich in der Vergangenheit als bewährt und erprobte Händ-</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">ler herausgestellt hätten.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Die Verfügungsklägerin behauptet,</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">für die Vergabe der Standplätze existierten keine bestimmten,</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">allgemeingültigen Vergabekriterien. Die in der Vergangenheit</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">erfolgte Art und Weise der Auswahl von Bewerbern, insbeson-</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">dere die Anwendung des Kriteriums "bekannt und bewährt" auf</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">unbegrenzte Zeit hält die Verfügungsklägerin für ermessens-</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">fehlerhaft, weil hierdurch Neubewerbern innerhalb eines er-</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">kennbaren zeitlichen Turnus keine Zulassungschance eingeräumt</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">werde.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Die Verfügungsklägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">dem Verfügungsbeklagten im Wege der einstwei-</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">ligen Verfügung aufzugeben, der Verfügungs-</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">klägerin einen Standplatz mit einer Grundfläche</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">von 5 m x 2,50 m auf dem E Weihnachts-</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">markt 1988 für die Zeit vom 23.11.1988 bis</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">23.12.1988 zur Errichtung eines Holz-Verkaufs-</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">standes zum Angebot von gebackenen Kartoffeln</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">zuzuweisen;</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">hilfsweise,</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">den Verfügungsbeklagten zu verpflichten, ihr</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">schriftlich Auskunft über die ausgewiesenen und</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">zugeteilten Stellplätze des E Weih-</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">nachtsmarktes im Rahmen des gesetzten Bereiches</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">zu erteilen.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Der Verfügungsbeklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">den Antrag auf Erlaß der einstweiligen Verfü-</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">gung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Er vertritt die Auffassung, die Ablehnung der Verfügungsklä-</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">gerin für den diesjährigen Weihnachtsmarkt sei ermessensfeh-</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">lerfrei erfolgt, weil u.a. die angewendeten Auswahlkriterien</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">nicht zu beanstanden seien, insbesondere würden Neubewerbern</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">nicht schlechthin der Zugang verwehrt, wie sich an der dies-</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">jährigen Vergabe von zwei Imbiß-Standplätzen an neue Bewerber</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">zeige, die sich allerdings seit 11 bzw. 10 Jahren wiederholt</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">um einen Stand auf dem Weihnachtsmarkt bemüht hätten; im</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">übrigen sei eine Einschränkung des Imbiß-Angebotes notwendig</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">geworden, weil in der Öffentlichkeit der Umfang des Imbiß-</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Angebotes kritisiert worden sei.</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">wird verwiesen auf den vorgetragenen Inhalt der von den Par-</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">teien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">der mündlichen Verhandlung gewesen sind.</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe</b></p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">Der Antrag auf Erlaß der einstweiligen Verfügung ist zulässig:</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Für die Entscheidung über das von der Verfügungsklägerin auf</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">§ 70 Gewerbeordnung gestützte Zulassungsbegehren ist der</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">Zivilrechtsweg gegeben. Insoweit waren von ausschlaggebender</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">Bedeutung die Rechtsnatur des Veranstalters sowie die Rechts-</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">natur seiner Beziehungen zu dem jeweiligen Antragsteller bzw.</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">Teilnehmer der betreffenden Veranstaltung (OVG Koblenz, NVwZ</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">1987, S. 519; Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, 14. Aufl., § 70</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">Rdnr.27). Im vorliegenden Fall ist von einem öffentlich-</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">rechtlichen Veranstalter des Weihnachtsmarktes nicht auszu-</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">gehen, denn dieser Markt wird von dem Verfügungsbeklagten</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">sowie einem weiteren privat-rechtlichen Verein, dem Schau-</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">stellerverein "F", zumindest mitveranstaltet. Über</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">die Vergabe von Standplätzen wird auch nicht hoheitlich ent-</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">schieden, die Beziehungen zwischen Veranstalter und Teil-</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">nehmer sind ebenfalls nicht öffentlich-rechtlich ausgestal-</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">tet, sondern bestimmen sich nach dem Inhalt der Verträge</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">zwischen den Teilnehmern und dem Verfügungsbeklagten.</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">Der Antrag auf Erlaß der einstweiligen Verfügung ist auch</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">nicht etwa deswegen unzulässig, weil die begehrte einstwei-</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">lige Regelung zu einer endgültigen Durchsetzung des Zulas-</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">sungsanspruches führen und hierdurch eine Entscheidung in der</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">Hauptsache vorweggenommen würde. Denn im Hinblick darauf, daß</p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">die Veranstaltung, zu der die Verfügungsklägerin zugelassen</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">werden will, unmittelbar bevorsteht und zeitlich befristet</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">ist, wäre es ihr zeitlich nicht möglich, vor Beendigung dieser</p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">Veranstaltung eine Entscheidung über die Zulassung im ordent-</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks">lichen Verfahren herbeizuführen. Bei dieser Sachlage würde</p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks">die Ablehnung des Antrages als unzulässig einer Rechtsverwei-</p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks">gerung gleichkommen. Unter derartigen Umständen bestehen</p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">gegen die Vorwegnahme der endgültigen Regelung durch eine</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks">Entscheidung im Eilverfahren keine Bedenken (OLG Düsseldorf,</p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">JMinBI 1968, S.187).</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks">Der Antrag auf Erlaß der einstweiligen Verfügung ist aber</p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">unbegründet:</p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks">Die von der dem Verfügungsbeklagten im einzelnen vorgetrage-</p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks">nen Auswahlkriterien, aufgrund derer der Antrag der Verfü-</p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks">gungsklägerin abgelehnt wurde, stellen durchaus sachliche</p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks">Gründe für einen Ausschluß der Verfügungsklägerin von der</p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks">Veranstaltung im Sinne des § 70 Abs.3 Gewerbeordnung dar.</p>
<span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks">Insbesondere die Bevorzugung bekannter und bewährter Bewerber</p>
<span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks">gegenüber Neubewerbern wird allgemein als sachgerechtes Aus-</p>
<span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks">wahlkriterium angesehen, wenn hierdurch nicht Neubewerbern</p>
<span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks">eine Zulassungschance auf Dauer oder innerhalb eines erkenn-</p>
<span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks">baren zeitlichen Turnus genommen wird (BVerG, DVBI 1984,</p>
<span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks">S. 1072; Landmann/Rohmer; § 70 Gewerbeordnung Rdnr.21).</p>
<span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks">Letzteres war vorliegend nicht der Fall, da unstreitig zwei</p>
<span class="absatzRechts">124</span><p class="absatzLinks">Neubewerber zugelassen wurden, die sich -wie der Verfügungs-</p>
<span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks">beklagte von der Verfügungsklägerin unbestritten vorgetragen</p>
<span class="absatzRechts">126</span><p class="absatzLinks">hat- seit 10 bz-w. 11 Jahren wiederholt vergeblich beworben</p>
<span class="absatzRechts">127</span><p class="absatzLinks">hatten. Daß -wie die Verfügungsklägerin unter Berufung auf</p>
<span class="absatzRechts">128</span><p class="absatzLinks">Literaturmeinungen vorgetragen hat- ein derartiger zeitlicher</p>
<span class="absatzRechts">129</span><p class="absatzLinks">Turnus die Berücksichtigung von Neubewerbern innerhalb eines</p>
<span class="absatzRechts">130</span><p class="absatzLinks">bestimmten Zeitraumes gewährleisten muß, ist -soweit ersicht-</p>
<span class="absatzRechts">131</span><p class="absatzLinks">lich- von der Rechtsprechung nicht gefordert worden. Dies</p>
<span class="absatzRechts">132</span><p class="absatzLinks">kann letztlich aber dahinstehen. Denn auch etwaige Ermessens-</p>
<span class="absatzRechts">133</span><p class="absatzLinks">fehler bei der Ablehnung der Verfügungsklägerin (ein solcher</p>
<span class="absatzRechts">134</span><p class="absatzLinks">Fehler könnte nach Auffassung der Kammer darin bestehen, daß</p>
<span class="absatzRechts">135</span><p class="absatzLinks">die Vergabekommission bei ihrer Entscheidung offenbar irr-</p>
<span class="absatzRechts">136</span><p class="absatzLinks">tümlich von einer Erstbewerbung der Verfügungsklägerin aus-</p>
<span class="absatzRechts">137</span><p class="absatzLinks">ging, obwohl sich diese offenbar bereits in den Vorjahren seit 1985</p>
<span class="absatzRechts">138</span><p class="absatzLinks">wiederholt vergeblich um ihre Zulassung beworben hatte; denn</p>
<span class="absatzRechts">139</span><p class="absatzLinks">nach dem Vorbringen des Verfügungsbeklagten Spielte gerade</p>
<span class="absatzRechts">140</span><p class="absatzLinks">die Frage, wie oft sich der betreffende Neubewerber in der</p>
<span class="absatzRechts">141</span><p class="absatzLinks">Vergangenheit bereits vergeblich beworben hatte, bei der</p>
<span class="absatzRechts">142</span><p class="absatzLinks">begrenzten Zulassung von Neubewerbern eine ausschlaggebende</p>
<span class="absatzRechts">143</span><p class="absatzLinks">Rolle) sind nicht geeignet, den Antrag auf Erlaß der einst-</p>
<span class="absatzRechts">144</span><p class="absatzLinks">weiligen Verfügung zum Erfolg zu verhelfen. Denn selbst wenn</p>
<span class="absatzRechts">145</span><p class="absatzLinks">die Ablehnung der Verfügungsklägerin rechtswidrig gewesen</p>
<span class="absatzRechts">146</span><p class="absatzLinks">wäre, ergibt sich hieraus nicht, daß die Zulassung der Ver-</p>
<span class="absatzRechts">147</span><p class="absatzLinks">fügungsklägerin die einzig sachgerechte und ermessenfehler-</p>
<span class="absatzRechts">148</span><p class="absatzLinks">freie Entscheidung der Vergabekommission dargestellt hätte.</p>
<span class="absatzRechts">149</span><p class="absatzLinks">Dies hat die Verfügungsklägerin weder dargetan noch kann dies</p>
<span class="absatzRechts">150</span><p class="absatzLinks">aufgrund der vorgetragenen Umstände angenommen werden. Viel-</p>
<span class="absatzRechts">151</span><p class="absatzLinks">mehr ist zu berücksichtigen, daß neben der Verfügungsklägerin</p>
<span class="absatzRechts">152</span><p class="absatzLinks">zahlreiche weitere Bewerber abschlägig beschieden wurden, die</p>
<span class="absatzRechts">153</span><p class="absatzLinks">-wie die Vertreter des Verfügungsbeklagten in der mündlichen</p>
<span class="absatzRechts">154</span><p class="absatzLinks">Verhandlung unwiderlegt dargetan haben- sich bereits über</p>
<span class="absatzRechts">155</span><p class="absatzLinks">einen längeren Zeitraum vergeblich beworben hatten, als dies</p>
<span class="absatzRechts">156</span><p class="absatzLinks">von der Verfügungsklägerin für sich in Anspruch genommen</p>
<span class="absatzRechts">157</span><p class="absatzLinks">wurde.</p>
<span class="absatzRechts">158</span><p class="absatzLinks">Der von der Verfügungsklägerin hilfsweise gestellte Antrag</p>
<span class="absatzRechts">159</span><p class="absatzLinks">auf Auskunftserteilung über die ausgewiesenen und zugeteilten</p>
<span class="absatzRechts">160</span><p class="absatzLinks">Stellplätze war als unzulässig zurückzuweisen. Insoweit fehlt</p>
<span class="absatzRechts">161</span><p class="absatzLinks">es bereits an einem Rechtsschutzbedürfnis. Denn da die Ver-</p>
<span class="absatzRechts">162</span><p class="absatzLinks">fügungsklägerin schon keinen Anspruch auf Zulassung zum Weih-</p>
<span class="absatzRechts">163</span><p class="absatzLinks">nachtsmarkt dargetan hat, bedarf es der begehrten Auskunft</p>
<span class="absatzRechts">164</span><p class="absatzLinks">nicht, die die Verfügungsklägerin lediglich in die Lage ver-</p>
<span class="absatzRechts">165</span><p class="absatzLinks">setzen soll, einen bestimmten Stellplatz bezeichnen zu kön-</p>
<span class="absatzRechts">166</span><p class="absatzLinks">nen.</p>
<span class="absatzRechts">167</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">168</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt</p>
<span class="absatzRechts">169</span><p class="absatzLinks">sich aus §§ 708 Nr.6, 711 ZPO.</p>
|
315,308 | olgham-1988-11-21-22-u-7788 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 22 U 77/88 | "1988-11-21T00:00:00" | "2019-03-13T14:52:02" | "2022-10-18T15:08:37" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1988:1121.22U77.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufungen der Kläger gegen das am 10. Dezember 1987 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund werden zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kläger tragen die Kosten ihrer Berufungen.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Die Beschwer der Kläger übersteigt jeweils nicht den Betrag von 40.000,-- DM.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Tatbestand:</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Bei den Klägern handelt es sich um einen Teil der 304 Wohnungseigentümer aus der Wohnungseigentumsanlage xxx, die ihre Eigentumswohnungen in den Jahren 1980/81 im Rahmen eines Bauherrenmodells von der Beklagten zu 1) erworben haben. Der Beklagte zu 2) ist der Geschäftsführer der Komplementär GmbH der Beklagten zu 1).</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Bei dem Objekt handelt es sich um ein 20stöckiges Hochhaus mit Flachdach sowie um einen 4geschossigen Anbau mit Flachdach, in dem neben Eigentumswohnungen auch Geschäfte untergebracht sind. Das Gebäude ist 1965/66 von einer Wohnungsbaugesellschaft errichtet und 1979/80 vor Erwerb durch die Beklagte zu 1) teilweise renoviert worden. Im Januar 1980 besichtigte ein Architekt xxx das Objekt im Auftrag der Beklagten zu 1), die es sodann mit Vertrag vom 28.02.1980 erwarb. Ende April 1980 beauftragte die Beklagte zu 1) den Beklagten zu 3), einen Architekten xxx, mit der Erstellung einer Wertschätzung zu Beleihungszwecken. In seiner Wertschätzung heißt es u.a.:</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">"Abschließend kann gesagt werden, daß sich die Gebäude innen und außen - nebst den Außenanlagen - in einem sehr guten und sauberen Zustand befinden."</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Bereits vor Erstattung dieses Gutachtens waren zwecks Vermarktung des Objekts rund 10.000 Prospekte gedruckt und teilweise in Umlauf gebracht worden. Bei etwa 5.000 Prospekten wurde die Seite 7 ausgetauscht; diese erhielt u.a. einen mit rotem Balken kenntlich gemachten Aufdruck: "Durch vorliegende Wertschätzung eines Gutachters ist der sehr gute Bauzustand des Objekts bestätigt." (vgl. Prospekt lose bei der Akte und Bl. 88 d.A.).</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">In den über eine Treuhänderin, xxx, geschlossenen Kaufverträgen heißt es jeweils in § 8 Nr. 3:</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">"Dem Erwerber ist bekannt, daß die baurechtliche Schlußabnahme der Gebäude in den Jahren 1966/69 und 1974 erfolgte.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">Der Kaufgegenstand geht in dem Zustand auf Erwerber über, in dem er sich bei dem Vertragsabschluß befindet. Der Zustand zum Zeitpunkt dieses Vertragsabschlusses ist dem Erwerber bekannt. Eine Gewähr für Größe, Güte und Beschaffenheit des Kaufgegenstandes, insbesondere für seine Nutzungsfähigkeit, wird nicht geleistet oder gefordert. Dies gilt auch für die Wohn-Nutzflächenangaben in der Teilungserklärung und in diesem Vertrag, die aufgrund der übernommenen Unterlagen erstellt wurden.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">Gewährleistungsansprüche und Schadensersatzansprüche des Erwerbers sind ausgeschlossen. Eventuell bestehende derartige Ansprüche des Verkäufers gegen Dritte tritt Verkäufer hiermit an Erwerber ab."</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Kläger haben - gestützt auf ein Gutachten des Sachverständigen xxx in einem von dem Miteigentümer und Kläger xxx eingeleiteten Beweissicherungsverfahren - behauptet, daß bereits 1980 schwerwiegende Mängel am Flachdach, den Balkonen und der Fassade vorhanden gewesen seien. Darüber sei mit den Prospektaussagen hinweggetäuscht worden. Der Beklagte zu 3) habe sein Gutachten insoweit wissentlich falsch erstellt. Daran hätte er aber kein Interesse haben können, wenn er nicht gleichzeitig den Beklagten zu 1) und 2) davon Mitteilung gemacht habe. Die Kläger meinen, daß sich hieraus eine Haftung aus culpa in contrahendo und § 823 Abs. 2 BGB ergebe. Sie berechnen ihren Schaden auf der Basis der von dem Gutachter xxx geschätzten Kosten von 800.000,-- DM, entsprechend ihren jeweiligen Miteigentumsquoten. Unstreitig ist insoweit, daß die Schadensbeseitigung insgesamt 572.000,-- DM gekostet hat. Die Beklagten haben sich demgegenüber auf Verjährung berufen. Sie bestreiten das Vorliegen von Mängeln bereits im Jahr 1980/81 und gegebenenfalls deren Erkennbarkeit.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil, auf das gemäß § 543 ZPO Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Mit ihrer Berufung wenden sich die Kläger gegen die Rechtsansichten des Landgerichts. Sie meinen, Verschulden bei Vertragsschluß sei vorliegend nicht durch die Gewährleistungsregeln verdrängt; da sich vorliegend die Mängel auf das Gemeinschaftseigentum beziehen würden, müsse die Rechtsprechung zum Mangelfolgeschaden entsprechend angewandt werden. Sie meinen weiter, die Kenntnis der Firma xxx als Treuhänderin könne ihnen über § 166 BGB nicht zugerechnet werden, weil diese Firma im Lager der Beklagten stehe und diese Firmen auch wirtschaftlich verflochten seien. Auch wenn das Gutachten des Beklagten zu 3) nur zur Finanzierung bei Banken gedient habe, seien sie hierdurch geschädigt, weil es um die Finanzierung ihres Kaufpreises gegangen sei.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Sie beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung folgender Beträge nebst 10% Zinsen seit Rechtshängigkeit zu verurteilen:</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-Anteil 16,50 / 10.000stel) DM 1.320,--</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An die Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 14,57 / 10.000stel) DM 1.155,50</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An die Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 27,61 / 10.000stel) DM 2.208,80</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Klägerin xxx </p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümerin der Wohnung xxx </p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 26,90 / 10.000stel) DM 2.152,--</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 17,88 / 10.000stel) DM 1.430,--</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An die Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 27,51 / 10.000stel) DM 2.208,80</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 56,29 / 10.000stel) DM 4.503,20</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 28,00 / 10.000stel) DM 2.240,--</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An die Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 35,18 / 10.000stel) DM 2,814,40</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An die Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 28,23 / 10.000stel) DM 2.258,40</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An die Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 28,51 / 10.000stel) DM 2.280,80</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 33,73 / 10.000stel) DM 2.698,40</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An die Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 29,54 / 10.000stel) DM 2.368,20</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An die Klägerin xxx </p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümerin der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 19,83 / 10.000stel) DM 1.586,40</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 35,86 / 10.000stel) DM 2.868,80</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An die Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 37,00 / 10.000stel) DM 2.960,--</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 33,84 / 10.000stel) DM 2.707,20</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An die Klägerin xxx </p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümerin der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 15,27 / 10.000stel) DM 1.221,60</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 14,88 / 10.000stel) DM 1.190,40</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 30.01 / 10.000stel) DM 2.400,80</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An die Klägerin xxx </p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümerin der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 37,66 / 10.000stel) DM 3.012,80</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 18,84 / 10.000stel) DM 1.507,20</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 36,95 / 10.000stel) DM 2.956,--</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An die Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 16,00 / 10.000stel) DM 1.280,--</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 14,57 / 10.000stel) DM 1.165,60</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 56,63 / 10.000stel) DM 4.530,40</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 16,50 / 10.000stel) DM 1.320,--</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 27,78 / 10.000stel) DM 2.222,40</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An die Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 27,61 / 10.000stel) DM 2.208,80</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 17,19 / 10.000stel) DM 1.375,20</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An die Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 15,75 / 10.000stel) DM 1.260,--</p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 27,78 / 10.000stel) DM 2.222,40</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 37,99 / 10.000stel) DM 3.039,20</p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An die Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 14,38 / 10.000stel) DM 1.150,40</p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 19,83 / 10.000stel) DM 1.586,40</p>
<span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An die Klägerin xxx </p>
<span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümerin der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 28,63 / 10.000stel) DM 2.290,40</p>
<span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">124</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 16,14 / 10.000stel) DM 1.291,20</p>
<span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">126</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx</p>
<span class="absatzRechts">127</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 29,05 / 10.000stel.) DM 2.324,--</p>
<span class="absatzRechts">128</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">129</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">130</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 19,88 / 10.000stel) DM 1.586,40</p>
<span class="absatzRechts">131</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">132</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">133</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 15,75 / 10.000stel) DM 1.260,--</p>
<span class="absatzRechts">134</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">ACHTUNG: Adressenänderung! Neue - Anschrift: xxx</p>
<span class="absatzRechts">135</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">136</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">137</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 56,63 / 10.000stel) DM 4.530,40</p>
<span class="absatzRechts">138</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">139</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">140</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 16,50 / 10.000stel) DM 1.320,--</p>
<span class="absatzRechts">141</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">142</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">143</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 29,11 / 10.000stel) DM 2.328,80</p>
<span class="absatzRechts">144</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">145</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">146</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 16,60 / 10.000stel) DM 1.328,--</p>
<span class="absatzRechts">147</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An die Klägerin xxx </p>
<span class="absatzRechts">148</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümerin der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">149</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 33,73 / 10.000stel) DM 2.698,40</p>
<span class="absatzRechts">150</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An die Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">151</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">152</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 36,36 / 10.000stel) DM 2.908,80</p>
<span class="absatzRechts">153</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">154</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der- Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">155</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 26,95 / 10.000stel) DM 2.956,--</p>
<span class="absatzRechts">156</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">157</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">158</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 32,81 / 10.000stel) DM 2.624,80</p>
<span class="absatzRechts">159</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An die Klägerin xxx </p>
<span class="absatzRechts">160</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümerin der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">161</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil. 15,27 / 10.000stel) DM 1.221,60</p>
<span class="absatzRechts">162</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">163</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">164</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 39,47 / 10.000stel) DM 3.157,60</p>
<span class="absatzRechts">165</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">166</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">167</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 14,88 / 10.000stel) DM 1.190,40</p>
<span class="absatzRechts">168</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An die Klägerin xxx </p>
<span class="absatzRechts">169</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümerin der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">170</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 15,53 / 10.000stel) DM 1.242,40</p>
<span class="absatzRechts">171</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">172</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">173</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 36,47 / 10.000stel) DM 2.837,60</p>
<span class="absatzRechts">174</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An die Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">175</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">176</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 19,88 / 10.000stel) DM 1.590,40</p>
<span class="absatzRechts">177</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An die Klägerin xxx </p>
<span class="absatzRechts">178</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümerin der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">179</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil je 16,26 / 10.000stel) DM 3.902,40</p>
<span class="absatzRechts">180</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">181</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">182</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 28,04 / 10.000stel) DM 2.243,20</p>
<span class="absatzRechts">183</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">184</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">185</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 33,84 / 10.000stel) DM 2.707,20</p>
<span class="absatzRechts">186</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">187</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">188</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 33,84 / 10.000stel) DM 2.208,80</p>
<span class="absatzRechts">189</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">190</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">191</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 33,84 / 10.000stel) DM 2.707,20</p>
<span class="absatzRechts">192</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">193</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">194</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 35,74 / 10.000stel) DM 2.859,20</p>
<span class="absatzRechts">195</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">196</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">197</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 29,11 / 10.000stel) DM 2.328,80</p>
<span class="absatzRechts">198</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">199</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">200</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 19,88 / 10.000stel) DM 1.590,40</p>
<span class="absatzRechts">201</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">202</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">203</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 34,92 / 10.000stel) DM 2.793,60</p>
<span class="absatzRechts">204</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An die Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">205</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">206</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 36,88 / 10.000stel) DM 2.950,40</p>
<span class="absatzRechts">207</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">208</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">209</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 56,63 / 10.000stel) DM 4,530,40</p>
<span class="absatzRechts">210</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">211</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">212</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 17,23 / 10.000stel) DM 1.378,40</p>
<span class="absatzRechts">213</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">214</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">215</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 39,47 / 10.000stel) DM 3.157,60</p>
<span class="absatzRechts">216</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">217</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">218</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 28,88 / 10.000stel.) DM 2.310,40</p>
<span class="absatzRechts">219</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">220</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">221</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 15,26 / 10.000stel) DM 1.220,80</p>
<span class="absatzRechts">222</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">223</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">224</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 53,78 / 10.000stel) DM 4.302,40</p>
<span class="absatzRechts">225</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">226</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">227</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 17,57 / 10.000stel) DM 1.405,60</p>
<span class="absatzRechts">228</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">229</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">230</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 56,29 / 10.000stel) DM 4.503,20</p>
<span class="absatzRechts">231</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">232</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">233</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 28,88 / 10.000stel) DM 2.310,40</p>
<span class="absatzRechts">234</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">235</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">236</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 27,52 / 10.000stel) DM 2.201,60</p>
<span class="absatzRechts">237</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An die Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">238</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">239</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 33,12 / 10.000stel) DM 2.649,60</p>
<span class="absatzRechts">240</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">241</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">242</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 17,19 / 10.000stel) DM 1.375,20</p>
<span class="absatzRechts">243</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">244</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">245</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 14,13 / 10.000stel) DM 1.130,40</p>
<span class="absatzRechts">246</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">247</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">248</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 16,18/ 10.000stel) DM 1.294,40</p>
<span class="absatzRechts">249</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">250</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">251</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 18,18 / 10.000stel) DM 1.454,40</p>
<span class="absatzRechts">252</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">253</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">254</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 16,00 / 10.000stel) DM 1.280,--</p>
<span class="absatzRechts">255</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">256</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">257</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 32,20 / 10.000stel) DM 2.576,--</p>
<span class="absatzRechts">258</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">259</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">260</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 55,19 / 10.000stel) DM 4.415,20</p>
<span class="absatzRechts">261</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">262</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">263</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil .40,00 / 10.000stel) DM 3.200,--</p>
<span class="absatzRechts">264</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">265</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">266</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 36,91 / 10.000stel) DM 2.928,80</p>
<span class="absatzRechts">267</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">268</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">269</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 36,43 / 10.000stel) DM 2.914,40</p>
<span class="absatzRechts">270</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">271</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">272</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 16,33 / 10.000stel) DM 1.306,40</p>
<span class="absatzRechts">273</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An die Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">274</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">275</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 18,29 / 10.000stel) DM 1.463,20</p>
<span class="absatzRechts">276</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An die Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">277</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">278</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 36,97 / 10.000stel) DM 2.957,60</p>
<span class="absatzRechts">279</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An die Klägerin xxx </p>
<span class="absatzRechts">280</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümerin der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">281</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 53,78 / 10.000stel) DM 4.302,40</p>
<span class="absatzRechts">282</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">283</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">284</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 27,61 / 10.000stel) DM 2.208,80</p>
<span class="absatzRechts">285</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger xxx </p>
<span class="absatzRechts">286</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">287</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 27,78 / 10.000stel) DM 2.222,40</p>
<span class="absatzRechts">288</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger </p>
<span class="absatzRechts">289</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">290</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 111,18 / 10.000stel) DM 11.294,40</p>
<span class="absatzRechts">291</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">- An den Kläger </p>
<span class="absatzRechts">292</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">als Eigentümer der Wohnung Nr. xxx </p>
<span class="absatzRechts">293</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(ME-- Anteil 16,50 / 10.000stel) DM 1.320,--</p>
<span class="absatzRechts">294</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">295</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">296</span><p class="absatzLinks">Sie verteidigen das angefochtene Urteil und wiederholen, ihren Vortrag erster Instanz.</p>
<span class="absatzRechts">297</span><p class="absatzLinks">Wegen der Einzelheiten des beiderseitigen Vorbringens wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">298</span><p class="absatzLinks">Die Akten 5 H 1/85 AG Erlangen haben vorgelegen.</p>
<span class="absatzRechts">299</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe:</u></p>
<span class="absatzRechts">300</span><p class="absatzLinks">Die Berufungen der Kläger sind unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">301</span><p class="absatzLinks">Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht die Klagen abgewiesen, weil den Klägern unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Gewährleistungs- oder Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten zusteht.</p>
<span class="absatzRechts">302</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">303</span><p class="absatzLinks">Ansprüche wegen unrichtiger Gutachtenerstattung gegen den Beklagten zu 3) bestehen nicht.</p>
<span class="absatzRechts">304</span><p class="absatzLinks">Es ist zwar anerkannt, daß öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige nach Vertragsgrundsätzen auch Dritten gegenüber haften, wenn der Dritte auf das erstellte Gutachten seine Vermögensdispositionen gründet und dem Gutachter dies klar war (vgl. u.a. OLG Frankfurt WPM 75, 993).</p>
<span class="absatzRechts">305</span><p class="absatzLinks">Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Selbst wenn man noch aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen xxx in dem Beweissicherungsverfahren von objektiv unrichtigen Feststellungen des Beklagten zu 3) ausgeht und damit von einer Mangelhaftigkeit seines Werks, dann fehlt es aber jedenfalls schon an der Kausalität. Jeder der Kläger müßte nachweisen, daß er das Gutachten in vollem Wortlaut vorliegen hatte und hierdurch sein Kaufentschluß mit beeinflußt worden ist. Dazu fehlen jegliche Ausführungen. Vorgetragen ist nur, daß der Prospekt Verhandlungsgrundlage war. Allein die reklamehafte Anpreisung auf der geänderten Seite 7 der späteren Prospekte begründet aber noch nicht einmal den Anschein einer Kausalität in Bezug auf das von dem Beklagten zu 3) erstattete Gutachten. Im übrigen ist noch nicht einmal vorgetragen, welche der Kläger welchen Prospekt - ausgewechselte Seite 7 - vorliegen hatten.</p>
<span class="absatzRechts">306</span><p class="absatzLinks">Darüber hinaus brauchte der Beklagte zu 3) nicht damit zu rechnen, daß sein Gutachten für den Kaufentschluß der Kläger entscheidend sein würde. Das Gutachten sollte, wie seine Gestaltung auch ausweist, Grundlage für die Entscheidung der Banken sein, inwieweit von diesen eine Kaufpreisfinanzierung für die einzelnen Erwerber übernommen würde. Das hatte aber gegebenenfalls letztlich nur mittelbare Auswirkungen auf die Entscheidung der Kläger, die gegebenenfalls bei zu hohem erforderlichen Eigenkapital und zu niedriger Fremdfinanzierung von einem Erwerb Abstand genommen hätten. Für die Auslösung einer Vertragshaftung gegenüber Dritten ist das nicht ausreichend.</p>
<span class="absatzRechts">307</span><p class="absatzLinks">Eine Haftung aus § 823 Abs. 1 BGB scheidet ohnehin aus, weil allenfalls eine Vermögensschädigung gegeben ist.</p>
<span class="absatzRechts">308</span><p class="absatzLinks">Desgleichen ist eine Haftung des Beklagten zu 3) nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">309</span><p class="absatzLinks">Eine Mittäterschaft des Beklagten zu 3) gemeinsam mit den Beklagten zu 1) und 2) ist auch nicht annähernd dargelegt. Insoweit äußern die Kläger nur Mutmaßungen, die durch keinen konkreten Tatsachenvortrag gestützt werden.</p>
<span class="absatzRechts">310</span><p class="absatzLinks">Letztlich greift auch § 826 BGB nicht ein. Es kann nicht, eine objektiv unrichtige Gutachtenerstattung unterstellt, festgestellt werden, daß der Beklagte zu 3) leichtfertig handelte und eine Schadenszufügung voraussah oder mit ihrer Möglichkeit rechnete und dieses Ergebnis in Kauf nahm, also zumindest insoweit bedingter Vorsatz bei ihm vorlag. Die falsche Begutachtung muß nämlich Folge eines äußerst leichtfertigen, als Gewissenlosigkeit zu wertenden Vorgehens sein (vgl. BGH WPM 75, 559; OLG Hamm VersR 85, 841). Zur Feststellung dieser Voraussetzungen erforderliche konkrete Tatsachen sind gleichfalls nicht vorgetragen. Dies gilt vor allem auch in Bezug auf die Ursächlichkeit zwischen Gutachten und Schadenszufügung.</p>
<span class="absatzRechts">311</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">312</span><p class="absatzLinks">Desgleichen ist die Klage gegen die Beklagten zu 1) und 2) unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">313</span><p class="absatzLinks">Das Klagebegehren, soweit es auf vertragliche Haftung gestützt ist, scheitert zwar nicht bereits an fehlender Aktivlegitimation der Kläger. Die Schäden sind nämlich unstreitig beseitigt, und das setzte einen entsprechenden Beschluß der Eigentümerversammlung voraus, aus dem sich zugleich ergibt, daß vorliegend Schadensersatz in Form der Mangelbeseitigungskosten unter Beibehaltung des Kaufobjekts gewählt ist. Dann ist aber eine Klagebefugnis der einzelnen Miteigentümer entsprechend ihrer Quote im Regelfall zu bejahen. Diese Frage kann letztlich aber offen bleiben, weil die Klagen ohnehin unbegründet sind.</p>
<span class="absatzRechts">314</span><p class="absatzLinks">Die Voraussetzungen des § 463 BGB, der wegen des vereinbarten Gewährleistungsausschlusses allein als vertragliche Haftungsgrundlage in Betracht kommt, liegen nicht vor.</p>
<span class="absatzRechts">315</span><p class="absatzLinks">Es ist bereits zweifelhaft, ob sich nicht die Kläger die von ihnen selbst behauptete Kenntnis ihrer Treuhänderin - was von den Beklagten zu 1) und 2) bestritten ist - zurechnen lassen müssen, § 166 BGB. Denn typisch für Anlage-/Bauherren- oder Erwerbermodelle ist gerade, daß die Interessenten eben auch bewußt zur Erzielung von Steuervorteilen einen Treuhänder einschalten und diesem alles weitgehend überlassen. Dafür, daß hier die Treuhänderin, xxx, mit den Beklagten zu 1) und 2) kollusiv zusammengewirkt hat, ist nichts konkret vorgetragen. Auch soweit die Kläger eine wirtschaftliche Verflechtung behaupten, fehlt diesem Vortrag jede tatsächliche Substanz. Auch diese Frage kann letztlich jedoch offen bleiben. Unabhängig von Vorstehendem nämlich und selbst wenn man davon ausgeht, daß die behaupteten Mängel beim Verkauf an die Kläger entsprechend den Feststellungen des Gutachtens xxx vorhanden waren, ist nicht die Feststellung gerechtfertigt, daß die Beklagten zu 1) und 2) von diesen Mängeln gewußt und diese arglistig verschwiegen haben. Unbestritten haben die Beklagten zu 1) und 2) das Objekt nämlich erst nach der Renovierung durch den Voreigentümer gesehen, was die Mängel jedenfalls verdeckt haben kann. Unbestritten ist auch vorgetragen, daß im damaligen Zeitpunkt bei der Beklagten zu 1) keine eigenen Architekten/ Techniker, die entsprechende Erkenntnisse über Baumängel hätten vermitteln können, angestellt waren. Unstreitig lagen ferner vor dem Kaufentschluß der Beklagten zu 1) selbst die Gutachten xxx aus dem Jahr 1969 und xxx aus dem Jahr 1980 vor, die bezüglich gravierender Mängel nichts aussagten. Nicht unberücksichtigt bleiben kann auch, daß die Beklagte zu 1) zunächst sich selbst zur Kaufpreiszahlung verpflichtet hatte und damit ein hohes wirtschaftliches Risiko eingegangen war, mag sie auch mit entsprechend hohen Gewinnen in der Zukunft gerechnet haben. Es ist nämlich kaum anzunehmen, daß die Beklagte zu 1), vertreten durch den Beklagten zu 2), sehenden Auges ein mit erheblichen Mängeln behaftetes Objekt kaufen wollte und bewußt das Risiko einging, dieses gerade wegen der Mängel nicht weiterverkaufen zu können oder in der Folgezeit mit Gewährleistungsverfahren überzogen zu werden. Letztlich kann nicht unberücksichtigt bleiben, daß die jeweiligen Feststellungen des Sachverständigen xxx dahingehend, daß die Beklagten zu 1) und 2) die von ihm konstatierten Mängel hätten erkennen können und müssen, nicht belegt sind; selbst wenn es sich jeweils um langwierige Verrottungsprozesse handeln sollte, ist nicht dargelegt, ob sich dieser Prozeß linear vollzieht oder ob gegebenenfalls zunächst nur geringfügige Anzeichen auftreten, denen ein Laie noch nicht solches Gewicht beizumessen pflegt. Die Verkäufe haben immerhin, was auch zu berücksichtigen ist, 4-5 Jahre vor der Besichtigung durch den Sachverständigen xxx im August 1985 stattgefunden. Letztlich kann nicht ausgeschlossen werden, daß, wie bereits ausgeführt, etwaige vorhandene Mängel durch die vor dem Verkauf erfolgten Sanierungsmaßmaßnahmen verdeckt worden sind. Daß der Beklagte zu 3) die Mängel erkannt und hiervon die Beklagten zu 1) und 2) vor den jeweiligen Verkäufen unterrichtet hätte, ist, wie bereits oben ausgeführt, durch keinen konkreten Tatsachenvortrag belegt.</p>
<span class="absatzRechts">316</span><p class="absatzLinks">Bei einer Gesamtwertung des Vorstehenden läßt sich jedenfalls ein arglistiges Verhalten der Beklagten zu 1) nicht feststellen.</p>
<span class="absatzRechts">317</span><p class="absatzLinks">Nach Vorstehendem scheiden auch Ansprüche aus §§ 823 Abs. 2 und § 826 BGB aus.</p>
<span class="absatzRechts">318</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97, 708 Ziff. 10, 711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">319</span><p class="absatzLinks">Die Festsetzung der Beschwer beruht auf § 546 Abs. 2 ZPO.</p>
|
315,309 | lg-bonn-1988-11-18-4-s-10088 | {
"id": 804,
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} | 4 S 100/88 | "1988-11-18T00:00:00" | "2019-03-13T14:52:04" | "2022-10-18T15:08:37" | Urteil | ECLI:DE:LGBN:1988:1118.4S100.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Klägerin wird das am 27.4.1988 verkündete Urteil des Amtsgerichts Bonn (3 C 22/88) abgeändert.</p><p>Der Beklagte wird verurteilt, auf seine Kosten an der Grenze des Grundstücks A im Verlaufe der vorhandenen Wasserhausanschlussleitung</p><p>entweder</p><p>einen Wasserzählerschacht unter Niveau mit den Abmessungen gemäß dem Formblatt Wasserzählerausabe1974 anzubringen</p><p>oder</p><p>einen Wasserzählerschrank, der für die frostsichere Aufnahme der Meßeinrichtung geeignet ist, anzubringen.</p><p>Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen werden dem Beklagten auferlegt.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Tatbestand:</p><span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin ist Träger in der kommunalen Wasserversorgung in C2. Der Beklagte ist Eigentümer des Hausgrundstücks C2.</p><span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Dieses Haus ist seit seiner Erbauung in den 50er Jahren an die öffentliche Wasserversorgung der Klägerin angeschlossen. Die Länge des auf dem Privatgrundstück des Beklagten verlegten Teiles des Hausanschlusses beträgt nach Angaben des Beklagten 16,10 m, nach Angaben der Klägerin 16,50 m. Der Wasserzähler liegt im Inneren des Hauses unmittelbar hinter der straßenwärtigen Hauswand; dort ist zur Zeit auch die Hauptabsperrvorrichtung angebracht. Im Jahre 1987 wurde die Wasseranschlußleitung auf dem Grundstück des Beklagten auf Kosten der Klägerin gänzlich erneuert.</p><span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin verlangt von dem Beklagten - nach dessen Wahl - die Anbringung eines Wasserzählerschachtes oder eines Wasserzählerschrankes an der Grundstücksgrenze. Ihr Begehren stützt sie auf § 11 Abs.1 Nr. 2 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser (AVBWasserV). Danach kann das Wasserversorgungsunternehmen vom Anschlußnehmer verlangen, die vorbezeichneten Meßeinrichtungen an der Grundstücksgrenze anzubringen, wenn die Versorgung des Gebäudes mit Anschlussleitungen erfolgt, die unverhältnismäßig lang sind.</p><span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Ergänzend beruft sich die Klägerin auf die "Ergänzenden Bestimmungen" zu der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser (AVBWasserV) der Stadtwerke C2 vom 26. Juni 1981, welche am selben Tage öffentlich bekanntgemacht wurden. In Nr. 5 Satz 1 dieser " Ergänzenden Bestimmungen" ist festgelegt, dass eine Anschlussleitung dann unverhältnismäßig lang im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 AVBWasserV sei, wenn sie auf dem Privatgrundstück eine Länge von 15 m überschreitet.</p><span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat behauptet, daß die durchschnittliche Länge der auf den Privatgrundstücken liegenden Anschlussleitungen in ihrem Versorgungsgebiet zwischen 10 - 11 m betrage und hielt deshalb die Voraussetzungen der vorgenannten Bestimmungen für erfüllt. Sie vertritt insbesondere die Auffassung, daß diese Bestimmungen nicht nur der einwandfreien Erfassung des Wasserverbrauchs dienten. Es gehe vielmehr vor allem darum, das Wasserversorgungsunternehmen im Interesse der Gesamtheit der Anschlußnehmer nicht mit überdurchschnittlichen Aufwendungen für Unterhaltung und Erneuerung zu belasten und es vor den Nachteilen zu schützen, die dadurch entstehen, daß ungemessenes Wasser in einer auf fremdem Grund verlegten besonders langen Leitung fließt.</p><span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p><span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">den Beklagten, zu, verurteilen, auf seine Kosten an der Grenze des Grundstücks A, im Verlaufe der vorhandenen Wasseranschlußleitung</p><span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">entweder</p><span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">einen Wasserzählerschacht unter Niveau mit den Abmessungen gem. dem Formblatt Wasserzählerausgabe 1974 anzubringen,</p><span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">oder</p><span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">einen Wasserzählerschrank, der für die frostsichere</p><span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Aufnahme der Meßeinrichtung geeignet ist.</p><span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat beantragt,</p><span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p><span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Er hat behauptet, daß die mittlere Hausanschlusslänge in C2 nicht unter 17 m liege. Die von der Klägerin in Nr. 5 der "Ergänzenden Bestimmungen" festgelegte Grenze von 15 m sei "frei gegriffen" und unangemessen. Überdies bezwecke § 11 Abs. 1 Nr. 2 AVBWasserV lediglich, das Versorgungsunternehmen von erhöhten Ablesekosten freizustellen, die bei unverhältnismäßig langen Hausanschlüssen über Privatgrundstück entstünden. Solche unangemessenen Mehrkosten würden bei Ablesen der Meßeinrichtung in seinem Hause nicht anfallen.</p><span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Äußerstenfalls hält sich der Beklagte für verpflichtet, die gegenwärtig in seinem Hause liegende Hauptabsperrvorrichtung um einen guten Meter in Richtung zur straßenwärtigen Grundstücksgrenze vorzuverlegen und exakt 15 m von der straßenwärtigen Grundstücksgrenze entfernt an geeigneter Stelle im Vorgarten anzubringen. Damit würde die Hausanschlussleitung auf eine Länge verkürzt, die auch nach Auffassung der Klägerin nicht "unverhältnismäßig lang" sei.</p><span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat sich im wesentlichen der Rechtsauffassung des Beklagten angeschlossen und die Auffassung vertreten, daß das von der Klägerin verfolgte Ziel, nämlich die Unterhaltungskosten für die Hausanschlussleitung künftig dem Beklagten aufzubürden, nicht automatisch mit der hier begehrten Verlegung des Wasserzählers an die Grundstücksgrenze erreicht werden könne.</p><span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend beruft sie sich auf eine Erhebung aus dem Jahre 1987. Danach betrage die Gesamtlänge aller im Jahre 1987 neu verlegten Hausanschlussleitungen (Neuanschlüsse und altersbedingte Auswechselungen) 10.145,7 m. Die Gesamtstückzahl aller Hausanschlussleitungen betrage 1.125. Hieraus errechne sich eine mittlere Hausanschlusslänge von 9,01 m. Davon sei noch der im Bereich der öffentlichen Straße und des Gehwegs liegende Leitungsabschnitt in Abzug zu bringen, der durchschnittlich 5 m betrage. Die mittlere Hausanschlusslänge auf privaten Grundstücken liege deshalb für das Jahr 1987 bei rund 4 m.</p><span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt nunmehr,</p><span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung den Beklagten nach den erstinstanzlichen Anträgen zu verurteilen.</p><span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p><span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p><span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Auch er wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und hält das angefochtene Urteil für zutreffend.</p><span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den übrigen Akteninhalt ergänzend Bezug genommen</p><span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die Kammer hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen C.</p><span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Entscheidungsgründe</span>:</p><span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.</p><span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin stützt ihr Klagebegehren zu Recht auf § 11 Abs. 1 Nr. 2 AVBWasserV i. V. m. Nr. 5 der "Ergänzenden Bestimmungen" vom 26.6.1981.</p><span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Beide Vorschriften sind Bestandteil des zwischen den Parteien in den 50-er Jahren abgeschlossenen Versorgungsvertrags geworden. Für die Vorschrift des § 11 AVBWasserV ergibt sich dies unmittelbar aus § 1 Abs. 1, Satz 2 i.V.m. § 37 Abs. 2, Satz 1 AVBWasserV. Diese zuletzt genannte Vorschrift stellt klar, dass die Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser auch für Versorgungsverträge, die vor dem 1. April 1980 zustande gekommen sind, unmittelbar gilt. Gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser rückwirkenden Inkraftsetzung bestehen keine durchgreifenden Bedenken (vgl. dazu BGH NJW 1987, 1622 ff.).</p><span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Auch die "Ergänzenden Bestimmungen " der Stadtwerke C2 vom 26.6.1981 sind wirksamer Vertragsbestandteil geworden. Wie sich nicht zuletzt aus § 1 Abs. 4 AVBWasserV ergibt, sind die Versorgungsunternehmen ermächtigt, in dem durch die entsprechenden Bestimmungen der AVBWasserV vorgegebenen Rahmen ergänzende Regelungen zu treffen. Obwohl es sich hierbei nach einhelliger Meinung um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne von § 1 Abs. 1 AGBG handelt, (vgl. hierzu BGH NJW 1987, 1829; Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, Komm., § 27 Rdnr. 3; Morell, Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser, Komm., E § 1, zu Abs. 1 f), ist die Frage, ob sie wirksam in den bestehenden Vertrag einbezogen worden sind, nicht nach § 2 AGBG zu beantworten, sondern vielmehr nach der spezielleren Vorschrift des § 1 Abs. 4 AVBWasserV. Es genügt mithin die öffentliche Bekanntmachung dieser "Ergänzenden Bestimmungen" (vgl. dazu, Morell, a. a. O., und Hermann/Recknagel/Schmidt-Salzer, Komm. zu den Allgemeinen Versorgungsbedingungen, Band 1, 1981, § 1 AVBFernwärmeV, Rdnr. 45), welche nach dem insoweit unwidersprochenen Vorbringen der Klägerin ordnungsgemäß erfolgt ist.</p><span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Diese hier einschlägige Vorschrift der Nr.5 der "Ergänzenden Bestimmungen" ist auch im übrigen wirksam und für beide Parteien verbindlich.</p><span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Diese zur Ausgestaltung der Allgemeinen Versorgungsbedingungen zulässige ergänzende Unternehmensregelung ist entsprechend § 315 Abs. 1 BGB nach billigem Ermessen zu treffen (vgl. dazu Morell, a.a.O., E § 1, zu Abs. 1 f, Seite 6).</p><span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Durchschnittslänge aller privaten Hausanschlüsse im Versorgungsgebiet der Klägerin deutlich unter 15 m liegt, so dass die Festsetzung eines solchen Grenzwertes, oberhalb dessen eine Anschlussleitung als "unverhältnismäßig lang" anzusehen ist, durchaus billig und angemessen erscheint.</p><span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Wie der dazu gehörte Zeuge C bekundete, existiert zwar derzeit keine aktuelle Erhebung über die durchschnittliche Länge der privaten Hausanschlüsse. Vielmehr wurde die letzte Gesamterhebung im Rahmen der kommunalen Neugliederung vorgenommen. Damals wurde für den Bereich "Alt Bonn" eine mittlere Hausanschlusslänge von 10,5 m festgestellt. Dabei hat der Zeuge klargestellt, daß sich dieser Durchschnittswert, auf den gesamten Hausanschluss, also auf den "öffentlichen" und den "privaten" Teil bezöge. Geht man davon aus, daß sich die Wasserversorgungsleitungen in aller Regel in der Straßenmitte befinden, so verkürzt sich der private Teil des Hausanschlusses durchschnittlich nochmals um 5 m, nämlich 3 m hälftige Straßenbreite und 2 m Gehwegbreite.</p><span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Allerdings hat die Beweisaufnahme auch ergeben, daß sich das Versorgungsgebiet der Klägerin durch die Übernahme der Wasserversorgung in den eingemeindeten Städten und Gemeinden H, E, V, S und C3 seit dieser letzten Erhebung mehr als verdoppelt hat, nämlich von ursprünglich 305 km Anschlusslänge auf nunmehr 720 km. Dem Beklagten ist durchaus beizupflichten, daß zu diesen neu hinzugekommenen Stadtteilen auch einige "ländlich strukturierte " Gebiete gehören, in denen die Bebauung nicht so dicht ist, wie im Bereich von "Alt Bonn". Es ist deshalb nicht auszuschließen, daß sich in diesen neuen Stadtteilen auch ein größerer Prozentsatz von Häusern mit großzügigerer Vorgartengestaltung befindet, mit der Folge, daß sich nach Vollzug der kommunalen Neugliederung der Durchschnittswert der mittleren Hausanschlusslänge etwas erhöht haben dürfte.</p><span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Gleichwohl ist die Kammer davon überzeugt, daß die heutige Durchschnittslänge der auf den Privatgrundstücken befindlichen Hausanschlüsse deutlich unter 10 m liegt. Ausschlaggebend war dabei die Überlegung, daß im ländlichen Bereich zwar die Hausgrundstücke im Durchschnitt größer sein dürften als im dicht besiedelten innerstädtischen Bereich. Allerdings ist es auch - von wenigen Ausnahmen, wie z.B. bei größeren Gehöften, Landsitzen u. ä. abgesehen -, im ländlichen Bereich durchaus üblich, - die Häuser in Straßennähe zu errichten und nicht etwa auf der Mitte eines großen Grundstücks, mit der Folge, daß auch dort die mittlere Länge eines Privatanschlusses nicht wesentlich größer sein dürfte als im städtischen Bereich. Hinzu kommt, daß auch dort, wie zahlreiche gerichtsbekannte Neubaumaßnahmen zeigen, die Privatgrundstücke wegen der gestiegenen Grundstückspreise immer kleiner zugeschnitten werden. Diesen Trend bestätigt deutlich die im Jahre 1987 von der Klägerin durchgeführte aktuelle Erhebung, bei der nunmehr im <span style="text-decoration:underline">gesamten</span> Versorgungsgebiet der Klägerin alle erneuerten Hausanschlüsse (altersbedingte Auswechselungen und auch Neuanschlüsse) berücksichtigt wurden. Danach wurde eine mittlere Hausanschlusslänge von nur noch 9,01 m festgestellt, wovon wiederum der nicht auf dem Privatgrundstück liegende Teil (durchschnittlich rund 5 m) in Abzug zu bringen ist.</p><span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Unter Zugrundelegung dieser Fakten ist die Festlegung eines Grenzwertes von 15 m durchaus billig. Denn dieser Grenzwert übersteigt die mittlere Länge der privaten Hausanschlüsse, mag diese nunmehr, wie für "Alt-Bonn" festgestellt, bei etwa 5 m liegen oder aufgrund der dazugekommenen ländlichen Gemeinden etwas darüber, wobei die Abweichung aufgrund der oben dargestellten Entwicklung nicht sehr groß sein kann, ganz erheblich.</p><span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts kommt es für die Beantwortung der Frage, welche Bestimmung im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB noch "billig" ist; nicht auf die zwischen den Parteien in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht streitige Frage an, ob die Vorschrift des § 11 Abs. 1 AVBWasserV lediglich "der einwandfreien Erfassung des Wasserverbrauchs bei besonderen Anschlussverhältnissen" dient oder darüber hinaus auch dem Anschlussnehmer die Kosten für die Unterhaltung und Erneuerung der Anschlüsse dadurch aufgebürdet werden sollen (für die zuletzt genannte Auffassung sprechen sich aus: Ludwig-Odenthal, Die Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser, Komm., 3. Aufl. 1986, § 11, Erläuterung 1; Morell, a.a.O. E § 11, zu Abs. 1 a und wohl auch OLG Köln, Urteil vom 17.12.1982, 19 U 58/82, veröffentlicht in VKU-Nachrichtendienst, Folge 411; dagegen scheinen sich Hermann/Recknagel/Schmidt-Salzer, Komm. zu den Allgemeinen Versorgungsbedingungen, Band II, 1984, §11 AVBWasserV, Rdnr. 1 und 2 aussprechen zu wollen, indem sie insoweit eine "abweichende Vereinbarung im Sinne des § 10 Abs. 3, Satz 1 AVBWasserV" für erforderlich halten).</p><span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Allerdings spricht die mit § 11 AVBWasserV zweifelsfrei bezweckte "einwandfreie Erfassung des Wasserverbrauchs" entgegen der vom Amtsgericht geteilten Auffassung des Beklagten nicht nur den reinen "Ableseaufwand" an. Durch diese Vorschrift soll das Versorgungsunternehmen - unabhängig von der Frage, wer als Eigentümer für die Unterhaltung des Privatanschlusses verantwortlich ist - in jeden Fall auch vor den Nachteilen geschützt werden, die dadurch entstehen können, daß ungemessenes Wasser eine auf fremdem Grund verlegte unverhältnismäßig lange Leitung durchfließt. (ebenso Ludwig-Odenthal, a.a.O., § 11, Erläuterung 1; Morell, a.a.O., E § 11, zu Abs. 1 a)</p><span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Da die abstrakte Gefahr eines Lecks und ein damit unkontrollierter Wasserverlust mit der Länge der Anschlussleitung stetig zunimmt, erscheint es gerechtfertigt, dem Wasserversorgungsuntemehmen und damit der Allgemeinheit das Risiko eines unkontrollierten und ungemessenen Wasserverlusts nur in bestimmten engen Grenzen aufzubürden. Diese Überlegungen entsprechen im Grundgedanken den Ausfüllungen des Begriffs der "wirtschaftlichen Unzumutbarkeit" in § 6 Abs. 2. des Energiewirtschaftsgesetzes, die es ebenfalls zulassen, daß eine vorhandene wirtschaftliche Unzumutbarkeit dadurch ausgeräumt werden kann, daß der Anschlußnehmer diese Kostenelemente selbst übernimmt (vgl. dazu auch Hermann/Recknagel/Schmidt-Salzer, a.a.O., § 11 AVBWasserV, Rdnr. 4).</p><span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Schon deshalb braucht die Klägerin nicht, wie das Amtsgericht meint, darzulegen, weshalb der "Ableseaufwand" im Streitfall unverhältnismäßig groß ist. Denn zum einen stellt § 11 AVBWasserV, wie oben ausgeführt, nicht nur auf einen solchen erhöhten Ableseaufwand ab. Und zum anderen ist zu bedenken, daß die Klägerin öffentliche Aufgaben durch privatrechtliche Betätigung erfüllt und deshalb zur gleichmäßigen Behandlung ihrer Kunden verpflichtet ist (vgl. dazu Palandt, Komm. zum BGB, § 242, Anm. 1d bb, Stichwort "öffentliche Hand"). Sie braucht deshalb nicht in jedem Einzelfall besondere Umstände für einen "erhöhten Aufwand" darzutun, sondern kann sich darauf beschränken, die Vorrausetzungen für bestimmte "Standardsituationen" zu schematisieren und die jeweilige Rechtsfolge an bestimmte schematische Höchstgrenzen anzuknüpfen.</p><span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Im übrigen vermag der Umstand, daß die Klägerin hier erklärtermaßen einen weitergehenden Zweck, nämlich die Übernahme künftiger Unterhaltungskosten durch den Beklagten verfolgt, welcher mit diesem Verfahren möglicherweise gar nicht erreichbar ist, nicht dazu zu führen, der Klägerin die ihr, aus anderen Motiven zustehenden Ansprüche aus § 11 Abs. 1 S. 2 AVBWasserV zu versagen.</p><span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Die Festlegung des Grenzwertes von 15 m hält schließlich auch einer Inhaltskontrolle nach den §§ 9 ff. AGBG stand. Insbesondere wird der Beklagte durch Nr. 5 der "Ergänzenden Bestimmungen" als Vertragspartner der Verwenderin (Klägerin) nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt (vgl. § 9 Abs. 1 AGBG)</p><span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Zwar werden dem Beklagten durch die von der Klägerin begehrte Regelung nicht unerhebliche Kosten aufgebürdet. Denn in jedem Fall muss, er die Kosten für den kompletten Wasserzählerschacht bezahlen, die die Klägerin mit 3.990,-- DM angibt. Hinzu kommt die in § 11 Abs. 2 AVBWasserV geregelte Verpflichtung, diese Einrichtungen in Ordnungsgemäßem Zustand und jederzeit zugänglich zu halten. Indessen rechtfertigen die gleichen Gründe, die die Kammer zur Bejahung der Voraussetzungen des § 315 Abs. 1 BGB veranlassten, auch die Feststellung, daß diese Benachteiligung des Beklagten nicht unangemessen im Sinne des § 9 Abs. 1 AGBG ist. Hinzu kommt, daß die Klägerin dem Beklagten entsprechend der Regelung der Nr. 5, Satz 2 der "Ergänzenden Bestimmungen" vorprozessual das Angebot unterbreitet hat, auf ihr jetziges Klagebegehren gänzlich zu verzichten, wenn der Beklagte den auf seinem Privatgrundstück liegenden Teil des Hausanschlusses in sein Eigentum übernimmt. Auf diese Weise müsste der Beklagte zwar künftig die Unterhaltungskosten für den Privatanschluss tragen. Da dieser jedoch erst im letzten Jahr auf Kosten der Klägerin vollständig erneuert wurde, wären diese Kosten hier nur als sehr gering zu veranschlagen. Im übrigen bliebe das Risiko eines unkontrollierten Wasserverlustes bei dieser Variante bei der Klägerin.</p><span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Da die zum Hause des Beklagten führende private Anschlussleitung den nach alledem verbindlich festgelegten Grenzwert von 15 m überschreitet, sind die Voraussetzungen der Nr. 5, Satz 1 der "Ergänzenden Bestimmungen" erfüllt, ohne daß es hierzu weiterer Feststellungen bedarf.</p><span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Als Rechtsfolge steht der Klägerin der klageweise geltend gemachte Anspruch in vollem Umfang zu. Der Auffassung des Beklagten, die Klägerin könne bestenfalls eine geringfügige Vorverlegung des Wasserzählerschachts oder Wasserzählerschrankes an eine geeignete Stelle, die 15 m oder weniger von der Grundstücksgrenze entfernt ist, verlangen, vermag sich die Kammer nicht anzuschließen. § 11 Abs. 1 Nr. 2 AVBWasserV sieht eine solche "Zwischenlösung" zweifellos nicht vor. Diese Vorschrift verstößt damit nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Die Festlegung einer Höchstgrenze, bis zu der bestimmte Vergünstigungen gewährt werden, und bei deren Überschreitung wie hier jegliche Vergünstigung wegfallen soll, ist nicht willkürlich. Es hält sich im Rahmen der dem Gesetz-und Verordnungsgeber eingeräumten weiten Gestaltungsfreiheit, eine Vergünstigung nur bis zu bestimmten Grenzen vorzusehen. Denn nur bis zu einer bestimmten Grenze, die hier im übrigen ermessensfehlerfrei auf 15 m festgesetzt wurde, erscheint es vertretbar; daß ein Versorgungsunternehmen und damit letztlich die Allgemeinheit, ein dem privaten Anschlussnehmer zuzurechnendes Risiko übernimmt.</p><span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Hierzu gibt es im Bereich der Leistungsverwaltung mehrere Parallelen. So ist beispielsweise die Einkommensgrenze des § 2 a des Wohnungsbau-Prämiengesetzes, bei deren Überschreitung jegliche Vergünstigung entfällt, vom Bundesverfassungsgericht als verfassungsgemäß angesehen worden (vgl. dazu den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 20.6.1978 in BVerfG E 48, 403ff., insbesondere Seite 420). Vergleichbar ist auch der Fall des § 39 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes, wonach bei Überschreiten der dort festgelegten maximalen Wohnungsgrößen <span style="text-decoration:underline">jeglicher</span> Anspruch auf eine öffentliche Förderung entfällt.</p><span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.</p><span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Streitwert</span>: 3.990,-- DM</p>
|
315,310 | olgham-1988-11-15-4-uf-34888 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
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} | 4 UF 348/88 | "1988-11-15T00:00:00" | "2019-03-13T14:52:06" | "2022-10-18T15:08:37" | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1988:1115.4UF348.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>1) </p>
<p>Der Antrag der Antragstellerin, ihr im Wege der einstweiligen Anordnung die Ehewohnung der Parteien zur alleinigen Benutzung zuzuweisen, wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Kosten des Anordnungsverfahrens folgen der Entscheidung über die Kosten in der Hauptsache.</p>
<p></p>
<p>2) </p>
<p>Der Antragstellerin wird die für das Verfahren der einstweiligen Anordnung nachgesuchte Prozeßkostenhilfe verweigert.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Gründe:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien, die am 14.10.1958 geborene Antragstellerin xxx Staatsangehörigkeit und der am 25.5.1956 geborene Antragsgegner xxx, Staatsangehöriger, haben am 8.7.1982 vor dem Standesbeamten in xxx geheiratet. Beide Parteien gehen davon aus, daß die Antragstellerin durch die Eheschließung zusätzlich die xxx Staatsangehörigkeit erworben hat. Aus der Ehe sind die Kinder xxx, geb. am 26.6.1984, und xxx, geboren am 21.4.1987, hervorgegangen. Die Parteien leben innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt. Die Antragstellerin hat beantragt, die Ehe gem. Art 150 f. des Codice Civile (von Tisch und Bett) zu trennen, ihr im Rahmen der Trennung die eheliche Wohnung zur alleinigen Benutzung zuzuweisen, ihr gem. Art. 155 des xxx Codice Civile für die Dauer der Trennung die Kinder anzuvertrauen und den Antragsgegner zu verurteilen, ab Rechtskraft des Trennungsurteils für sie und die Kinder Unterhalt zu zahlen. Durch am 13.6.1988 verkündete Verbundurteil hat das Amtsgericht die Ehe der Parteien von Tisch und Bett getrennt (Art. 151 des xxx Codice Civile), für die Dauer der Trennung die elterliche Sorge über die beiden Kinder der Antragstellerin übertragen, die eheliche Wohnung der Antragstellerin zur Alleinbenutzung zugewiesen und dem Antragsgegner die Räumung und Herausgabe der Wohnung aufgegeben sowie dem Antragsgegner aufgegeben, ab Rechtskraft des Trennungsurteils für die Antragstellerin und die Kinder bestimmte Unterhaltsbeträge zu zahlen. Gegen dieses Urteil hat der Antragsgegner Berufung eingelegt und den Antrag angekündigt, abändernd die Anträge der Antragstellerin auf Trennung, Wohnungszuweisung und Unterhält abzuweisen. Er ist der Ansicht, das Amtsgericht habe auf den Trennungsantrag zu Unrecht xxx Recht angewandt, weil die Antragstellerin mit Ausnahme der Heirat zu xxx keinerlei Beziehungen habe und die Parteien während der Ehe ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland gehabt hätten. Im Rahmen des vorliegenden Berufungsverfahrens hat die Antragstellerin beantragt, ihr im Wege, der einstweiligen Anordnung die eheliche Wohnung zur alleinigen Benutzung zuzuweisen und ihr für das Anordnungsverfahren Prozeßkostenhilfe zu bewilligen. In der Antragsschrift hat sie ausgeführt, sie schließe sich den gegnerischen Ausführungen zum anwendbaren (deutschen) Sachrecht an; da das nach Art. 14 Abs.1 S.2 EGBGB anzuwendende deutsche Sachrecht keine Trennung von Tisch und Bett kenne, werde sie ihren entsprechenden Antrag in der demnächstigen mündlichen Verhandlung zurücknehmen. Wegen des von ihr näher dargestellten Verhaltens des Antragsgegners wolle sie die endgültige Trennung aber auch räumlich herbeiführen, deshalb sei nach demnächstiger Rücknahme ihres Trennungsantrages das - bisher im Verbund anhängige Verfahren - auf Zuweisung der Ehewohnung als isoliertes Verfahren nach § 1361b BGB fortzuführen. Auch in einem isolierten Verfahren sei eine einstweilige Anordnung zulässig, so daß ihrer Ansicht nach auf jeden Fall die einstweilige Anordnung zu erlassen sei. Der Antragsgegner begehrt die Zurückweisung des Anordnungsantrages und bestreitet das tatsächliche Vorbringen der Antragstellerin zur Notwendigkeit einer einstweiligen Benutzungsregelung.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Da zwischen den Parteien (noch) das Trennungsverfahren nach xxx materiellen Recht und damit eine Ehesache im Sinne des § 606 Abs. 1 ZPO anhängig ist (vgl. BGH FamRZ 1987, 793), kann auf Antrag gemäß §§ 20 S. 1 Nr.7 ZPO xxx durch einstweilige Anordnung die Benutzung der Ehewohnung geregelt werden.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Es kann dahingestellt bleiben, ob dem Anordnungsbegehren schon die Ankündigung der Antragstellerin entgegen steht, den Trennungsantrag nach xxx Recht demnächst zurückzunehmen (das Amtsgericht hatte die effektive Staatsangehörigkeit der Antragstellerin nicht geprüft). Denn auf jeden Fall ist vorliegend sachlich kein Anlaß für eine einstweilige Benutzungsregelung gem. § 620 S. 1 Nr. 7 ZPO gegeben.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">§ 620 ZPO ist eine reinprozessuale Regelung und ersetzt keine materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage. Im einstweiligen Anordnungsverfahren nach § 620 ZPO ist daher grundsätzlich ein Rückgriff auf materielles Recht erforderlich.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Dabei kann es zur Frage der sachlichen Voraussetzungen der begehrten einstweiligen Anordnung dahingestellt bleiben, ob die allgemeinen Wirkungen der Ehe der Parteien (Art. 14 EGBGB) dem deutschen oder dem xxx Recht unterfallen. Ob die Antragstellerin mit xxx oder mit xxx enger verbunden ist oder ob gar ihre Bindungen zu beiden Staaten gleich locker sind, ist bisher noch nicht dargestellt und daher noch nicht feststellbar. Die einstweilige Benutzungsregelung bezüglich der Ehewohnung beurteilt sie aber auf jeden Fall deshalb nach deutschem Recht, weil es sich um eine vorläufige Regelung während der Trennung bis zur Entscheidung in der Hauptsache handelt, mit der Unterhaltsbedürfnisse des antragstellenden Ehegatten befriedigt werden sollen; zumindest steht eine einstweilige Benutzungsregelung bezüglich der Ehewohnung einem Unterhaltsanspruch sachlich nahe, zumal hier die Antragstellerin die Wohnung für sich und die Kinder begehrt. Das rechtfertigt es, den Anspruch auf einstweilige Wohnungszuweisung als unterhaltsrechtlich zu qualifizieren, so daß für die Frage des anwendbaren materiellen Rechts Art. 18 EGBGB und nicht Art. 14 EGBGB maßgebend ist ( so auch Henrich, Ehe- und Familiensachen mit Ausländerbeteiligung, 4. Aufl., S. 57; Johannsen/Henrich, Eherecht, 1987, Art. 14 EGBGB Rdn. 5 m.w.N.; Ferid/Böhmer, IPR, 3. Aufl., Rdn. 8-93;. Kegel, IPR , 6. Aufl., S. 532; <u>a.A.:</u> Palandt/Heldrich, 47. Aufl., Art. 14 EGBGB Anm. 4 b; Rahm/Künkel-Paetzold, Handbuch des Familiengerichtsverfahrens, 2. Aufl., 2. Bd., VIII Rdn. 468; Piltz, Internationales Scheidungsrecht, 1988, S. 102; Firsching, IPR, 3. Aufl., S. 209).</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Art. 18 EGBGB ist eine erst durch das IPR-Neuregelungsgesetz zum 1.9.1986 eingeführte Regelung, die sich jedenfalls nunmehr als die gegenüber Art. 14 EGBGB für Fälle der vorliegenden Art speziellere Regelung erweist. Der Anspruch auf vorläufige Wohnungszuweisung steht den Unterhaltsansprüchen näher als den sonstigen allgemeinen Ehewirkungen. Denn in dem - wie auch hier - typischen Fall dient die begehrte einstweilige Wohnungszuweisung dem Unterhaltsbedürfnis desjenigen Ehegatten, der wegen der Kinderbetreuung zu einer eigenen Erwerbstätigkeit nicht in der Lage ist. Das aber bedeutet: Maßgebend für die einstweilige Zuweisung der Ehewohnung gem. § 620 S. 1 Nr. 7 ZPO ist nach der Kollisionsnorm des Art. 18 EGBGB das Recht des Staates, in dem der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Hiergegen gilt für die Zuweisung der Ehewohnung in einem Scheidungsverbundurteil oder nach Rechtskraft der Ehescheidung (von Sonderfällen abgesehen) materiell das auf die Scheidung angewandte Recht (Art. 18 Abs. 4 EGBGB). Welche Kollisionsnorm für die Folgeentscheidung in einem Trennungs-Verbundurteil maßgebend ist, bedarf vorliegend keiner Entscheidung.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Ist also das Anordnungsbegehren nach materiellem deutschen Recht zu beurteilen, so kann danach die Antragstellerin die vorläufige Zuweisung der Ehewohnung zur Alleinbenutzung nicht erlangen. Dabei kann es offen bleiben, ob die strengen Voraussetzungen des § 1361 b BGB gegeben sein müssen, oder ob in dem Verfahren der einstweiligen Anordnung nach § 620 S. 1 Nr. 7 ZPO eine niedrigere Eingriffsschwelle gilt, ob eine Alleinzuweisung also nur in Betracht kommt, um eine "schwere Härte" für den antragstellenden Ehegatten zu vermeiden oder ob es ausreicht, daß eine unbillige Härte vermieden werden soll (vgl. Fehmel, HausratsVO, 1986, § 18a Rdn. 30): Denn in jedem Falle würde die vorläufige Zuweisung der Ehewohnung an einen Ehegatten unter völligem Ausschluß des anderen Ehegatten nach dem Grundsatz des Übermaßverbotes, das gerade in summarischen Verfahren zu beachten ist, das Vorliegen von besonderen Ausnahmesituationen verlangen (vgl. Johannsen/Henrich-Sedemund-Treiber, a.a.O., § 620 ZPO Rdn. 27; Johannsen/Henrich-Voelskow, a.a.O., § 1361 b BGB Rdn. 5, 8 ff.; Zöller/Philippi, 15. Aufl., § 620 ZPO Rdn. 57). Ein solch schwerwiegender Eingriff in den Lebensbereich des Ehegatten, der weichen soll, kommt nur als letzte Maßnahme in Betracht. An diesem Maßstab gemessen muß die vorzunehmende Prüfung der gesamten Situation bei Anlegung eines objektiven Bewertungsmaßstabes eine Schädigung oder zumindest eine ernstliche, unmittelbare und schwerwiegende Gefährdung der körperlichen und/oder seelischen Unversehrtheit des anderen Ehegatten erkennen lassen. Nach diesen Maßstäben ist auch das Verhalten des Ehegatten, der weichen soll, gegenüber den übrigen Familienmitgliedern zu beurteilen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Bei diesen Anforderungen kann vorliegend die begehrte einstweilige Anordnung nicht erlassen werden. Denn nach den Angaben der Antragstellerin in der das Hauptverfahren einleitenden Antragsschrift vom 3.12.1987 leben die Parteien bereits seit September 1986 innerhalb der Ehewohnung getrennt, indem sie die Wohnung unter sich aufgeteilt haben. Diese schon über so lange Zeit praktizierte Handhabung hat offensichtlich nicht zu einer unerträglichen Situation geführt. Die von der Antragstellerin nunmehr behaupteten Verhaltensweisen des Antragsgegners rechtfertigen - soweit sie glaubhaft gemacht worden sind - nicht dessen völlige Hinausweisung aus der ehelichen Wohnung. Denn nach der eidesstattlichen Versicherung der Antragstellerin ist es zu einer tätlichen Auseinandersetzung nur in der Nacht vom 7. auf den 8. August 1988 gekommen; die Darstellung der Parteien darüber, wer bei diesem einmaligen Vorfall zuerst handgreiflich geworden ist, ist gegensätzlich. Wenn auch der gesamte einmalige Vorfall nicht zu billigen ist, so kann er doch weder für sich allein noch im Zusammenhang mit Streitgesprächen zwischen den Parteien derzeit zu einem völligen Ausschluß des Antragsgegners aus der Ehewohnung führen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 620g ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Mangels hinreichender Erfolgsaussicht mußte der Antragstellerin die für das Anordnungsverfahren nachgesuchte Prozeßkostenhilfe verweigert werden. Zur Begründung wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.</p>
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315,311 | lagham-1988-11-10-17-sa-60588 | {
"id": 794,
"name": "Landesarbeitsgericht Hamm",
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} | 17 Sa 605/88 | "1988-11-10T00:00:00" | "2019-03-13T14:52:07" | "2022-10-18T15:08:36" | Beschluss | ECLI:DE:LAGHAM:1988:1110.17SA605.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Minden vom 25.01.1988 - 2 Ca 690/87 - wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Klageerweiterung des Klägers in der Berufungsinstanz wird abgewiesen.</p>
<p>Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Tatbestand</span></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien streiten sich in der Hauptsache darüber, ob es dem Beklagten möglich ist, den Kläger entsprechend seines Gesundheitszustandes tatsächlich zu beschäftigen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte wurde in 1S72 von den Städten und Gemeinden des Altkreises Lübbecke als Körperschaft des öffentlichen Rechts gegründet. Gleichzeitig wurden die örtlich bestehenden Wasser- und Bodenverbände aufgelöst.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Beim Beklagten ist ein Geschäftsführer beschäftigt, der die Verwaltungsaufgaben wahrnimmt. Dies ist <em>zur Zeit</em> Herr Hohl.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Daneben sind zur Zeit mit dem Kläger 35 Arbeiter für den Beklagten tätig, nämlich 24 Arbeiter, die als Verbandsarbeiter eingesetzt werden, zwei Betriebsschlosser, fünf Baggerfahrer und zwei Schleppfahrer. Diesen Arbeitern stehen zwei Vorarbeiter vor. Dies sind zur Zeit die Mitarbeiter Querenheim und Buckentin. Dabei ist zwischen den Parteien im Streit, inwieweit diese Vorarbeiter körperlich mitzuarbeiten haben.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Aufgabe des Beklagten ist es, die Gewässer II. Ordnung im Verbandsgebiet von ca. 1.300 km zu unterhalten. Dabei sind von den Verbandsarbeitern jedes Jahr vom 1. Juni bis zum Jahresende die Gewässersohlen, die Uferböschungen und die Unterhaltungsstreifen auszumähen. Dieses erfolgt heute vorwiegend mit Maschinen, z.B. mit Front- und Seitenmähern, Schlegel-Häckslern und Mähkörben. Diese</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Geräte sind von der Böschungsoberkante her oder auf der Böschung zu fahren. Die Naturstrecken und die bepflanzten Gewässer sind von Hand mit der Sense zu mähen. Das Mähgut ist, soweit es von den Mähkörben nicht aufgefangen wird, mit der Gabel aus den Gewässersohlen zu entfernen. Außerhalb der Mähsaison, also vom 1. Januar bis 31. Mai eines jeden Jahres, sind von den Verbandsarbeitern die Gewässer von Unrat, Schlamm u.a. zu räumen, was unter Einsatz der Bagger auch Handarbeit erfordert. Ferner sind Rohre in den Gewässerprofilen zu verlegen, das Ufergeholz zu beschneiden und Neuanpflanzungen vorzunehmen. Außer den beiden Betriebsschlossern sind alle Verbandarbeiter des Beklagten im Freien eingesetzt.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hatte bis Ende 1985 auf alle Arbeitsverhältnisse seiner Mitarbeiter die Regelungen der Tarifverträge, die die IG Bau-Steine-Erden abgeschlossen hatte, angewandt.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte wurde dann zum 01.01.1986 Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbandes des Landes Nordrhein-Westfalen (KAV NW), da die Belegschaft des Beklagten zuletzt am 21.09.1984 mit dem Hinweis, daß der Beklagte eine Körperschaft des öffentlichen Rechts sei, gefordert hatte, daß ihre Arbeitsverträge auf der Grundlage des Bundesmanteltarifvertrages für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-GII) neu abzuschließen seien.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Am 20.11.1984 wurde erstmals ein dreiköpfiger Personalrat beim Beklagten gewählt.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte entschloß sich dann in 1986, die bestehenden Arbeitsverträge seiner Beschäftigten auf die Bestimmungen des BMT-GII umzustellen. Zu diesem Zweck führte er mit dem Personalrat ein Einigungsstellenverfahren nach § 66 LPVG NW durch. In diesem Verfahren beschloß die Einigungsstelle in der Sitzung am 30.09.9186 u.a., daß übergangsweise bis Ende 1987 zwei Vorarbeiterstellen beim Beklagten einzurichten seien. Dabei sollte eine dieser Stellen mit Herrn Quernheim besetzt werden. Der Vorschlag des Beklagten, die zweite Vorarbeiter- steile mit dem Mitarbeiter Buckentin zu besetzen, wurde von der Einigungsstel-</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">le abgelehnt. Bis zu dieser Entscheidung der Einigungsstelle hatte der Beklagte nur eine offizielle Vorarbeiterstelle eingerichtet, die seit 1982 von Herrn Buckentin eingenommen worden war.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte richtete dann auch entsprechend dem Beschluß der Einigungsstelle zwei Vorarbeiterstellen ein. Diese Vorarbeiter sind wie alle Verbandsarbeiter mit Ausnahme der Schlosser in die Lohngruppe IV BMT-GII eingestuft. Weiter erhalten sie wie die Verbandsarbeiter den Erschwerniszuschlag nach § 23 Abs. 1 Buchst, d BMT-GII. Zusätzlich zahlt der Beklagte nur den Vorarbeitern widerruflich die tarifliche Vorarbeiterzulage in Höhe von 10 % der Lohngruppe IV BMT-GII und die Leistungszulage in Höhe des Unterschiedsbetrages der Lohngruppe IV und der Lohngruppe VI BMT-GII.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte bestellte desweiteren Herrn Quernheim nach § 4 BZT-G/NRW schriftlich zum Vorarbeiter. Die zweite Vorarbeiterstelle wurde hingegen vom Beklagten zunächst nicht offiziell besetzt. Vielmehr beauftragte er mit Schreiben vom 23.10.1936 Herrn Buckentin weiterhin mit der Wahrnehmung der Vorarbeitertätigkeiten unter entsprechender Bezahlung.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Im August 1987 trat der am 24.07.1987 neu gewählte Personalrat an den Beklagten mit dem Antrag heran, Herrn Buckentin offiziell zum zweiten Vorarbeiter zu bestellen. Diesem Antrag schloß sich der Mitarbeiter Buckentin schriftlich an. Daraufhin beschloß der Vorstand des Beklagten am 19.11.1987, Herrn Buckentin zum 01.01.1989 offiziell nach § 4 BZT-G/NRW zum Vorarbeiter zu bestellen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der am 2S.09.194G geborene Kläger ist verheiratet und Vater zweier Kinder, die am 23.03.1968 und 29.12.1975 geboren sind. Dabei ist im Berufungstermin am 10.11.1988 unstreitig geworden, daß nur noch das jüngere Kind unversorgt und daß die Ehefrau des Klägers seit 1976 vollzeitig als Pflegerin mit einem Bruttomonatsverdienst von ca. 2.000,— DM beschäftigt ist.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat keinen Beruf erlernt. Er hat nebenberuflich eine Landwirtschaft betrieben und war zunächst ca. 10 Jahre auf einer Ziegelei als Arbeiter tätig.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Zum 01.04.1979 nahm er seine Tätigkeit als Verbandsarbeiter beim Beklagten auf.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Schon zu dieser Zeit litt er seit Ende der 60-iger Jahre an Rückenbeschwerden. Deswegen unterzog er sich in 1905 einer vom Rentenversicherungsträger bewilligten Heilkur in Bad Sassendorf, die im Ergebnis ohne Erfolg für die Rückenbeschwerden des Klägers blieb.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Unter dem 21.05.1985 erstellte der den Kläger behandelnde Arzt S. John folgende Bescheinigung, die der Kläger dem Beklagten vorlegte:</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Herr Günter Schlottmann, geb. 29.09.46, wohnhaft 4993 Rahden, Mühlendamm 29, steht wegen einer Wirbelsäulenverbiegung bei einer Scheuermann'sehen Krankheit, sowie wegen Verschleißerscheinungen an den Knie- u. Hüftgelenken in meiner Behandlung.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Weiterhin leidet er unter Herz-, Hirn- u. peripheren Durchblutungsstörungen mit arteriellen Durchblutungsstörungen bd. Beine u. unter einer Schilddrüsenvergrößerung .</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Vom Versorgungsamt Bielefeld wurde eine Erwerbsminderung von 60 % anerkannt.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Auf Grund der oben beschriebenen Krankheitsbilder ist mein Pat. nicht in der Lage, schwere körperliche, die Wirbelsäule belastende Arbeiter zu verrichten.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Ab dem 05.11.1985 wurde der Kläger wegen seines Rückenleidens von den praktischen Ärzten Dr. E. John und S. John erneut arbeitsunfähig krankgeschrieben. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Arzt für Orthopädie Dr. 0. M. Agua durch gezielte Untersuchungen bereits festgestellt, daß der Kläger an einem chronischen Rückenleiden durch kyphotische Verbiegung der Brustwirbelsäule mit degenerativen Veränderungen aufgrund einer in der Jugend durchgemachten sogenannten Scheuermann'sehen Erkrankung litt. Unter dam 21.10.1985 hatte Herr Dr. 0. M. Agua dem Kläger eine Aufrichtungsosteothomie bzw. eine Korrektur der Scheuermann-Kyphose empfohlen. Oer Kläger befand sich dann vom 02. bis 25.01.1986 in stationärer Behandlung. Dabei wurde er am 06.01.1986 von Herrn Dr. 0. M. Agua operiert. Hierbei wurden die Kyphose aufgerichtet und die betroffenen Wirbel - vom vierten Brustwirbel bis zum ersten Lendenwirbel - versteift. Im Anschluß an diesen operativen Eingriff erfolgte nach komplikationsloser Wundbehandlung die Anlegung eines Rumpfgipses mit anschließender Mobilisierung. Vom 29.07. bis 01.08.1986 wurde der Kläger erneut stationär aufgenommen. Es erfolgte die Gipsentfernung sowie eine medio-mechanische Mobilisierung durch Herrn Dr. 0. M. Agua.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Der Kläger blieb weiterhin arbeitsunfähig krankgeschrieben. Er wurde am 16.10.1986, 02.02.1987 und 17.03.1987 vertrauensärztlich untersucht. Dabei wurde bei der letzten vertrauensärztlichen Untersuchung am 17.03.1987 über die Weiterverwendungsfähigkeit des Klägers ausgeführt:</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">"Der Versicherte ist für die bisher ausgeübte Tätigkeit weiterhin nicht geeignet. Nach seinen Angaben kann ihm ein leistungsgerechter Arbeitsplatz vom Arbeitgeber angeboten werden. Die Entscheidung fällt wahrscheinlich Ende März. Der Versicherte ist bereit, einen leistungsgerechten Arbeitsplatz anzunehmen."</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger wurde seitens der A0K Minden-Lübbecke von Beginn seiner letzten Arbeitsunfähigkeit an seit dem 05.11.1985 Krankengeld gezahlt. Diese Zahlung stellte die Krankenkasse zum 05.05.1987 ein, da nach § 183 Abs. 2 RV0 Krankengeld für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit für höchstens 78 Wochen innerhalb von drei Jahren, gerechnet vom Tage des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an, zu gewähren ist.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Am 04.05.1987 brachte der Kläger gegenüber dem Verbandsvorsteher des Beklagten telefonisch zum Ausdruck, er sei wieder arbeitsfähig.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Der Kläger erschien jedoch am 06.05.1987, einem Mittwoch, nicht zur Arbeitsaufnahme beim Beklagten.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 07.05.1987 teilte der Beklagte dem Kläger mit, er gehe davon aus, daß der Kläger nach wie vor arbeitsunfähig sei. Aus dem Gesichtspunkt der</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Fürsorgepflicht sehe er sich gehalten, den Kläger nur arbeiten zu lassen, wenn er tatsächlich aus gesundheitlichen Gründen arbeiten könne. Deswegen werde der Kläger gebeten, am 29.05.1987 sich einer Untersuchung durch den Betriebsärztlichen Dienst zu unterziehen.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Mit weiterem Schreiben vom 13.05.1987 gab der Beklagte dem Kläger folgendes bekannt:</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Sehr geehrter Herr Schlottmann!</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Da Sie am 04.05.1987 gegenüber dem Verbandsvorsteher telefonisch zum Ausdruck gebracht haben, wieder arbeitsfähig zu sein, teile ich Ihnen ergänzend zu unserem Schreiben vom 7. Mai 37 mit, daß Ihrem Urlaubsanspruch aus dem Jahre 1986 (= 36 Tage) ab 05.05.1987 stattgegeben wird; d.h. diese 36 Tage sind ab 05.05.1987 zu nehmen bzw. anzutreten.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Ihr erster Arbeitstag wäre somit der 30. Juni 1987.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Sie werden gebeten, sich am</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Donnerstag, den 30. Juni 1987</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">an dem für Sie festgesetzten Sammelpunkt (Betriebsplatz) zum vorgeschriebenen Arbeitsbeginn um 7.00 Uhr, gem. Teil A, Punkt 1.23 der Dienstanweisung, einzufinden und die Arbeit, vorbehaltlich Ihrer Arbeitsfähigkeit, wieder aufzunehmen.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Hinweislich:</span></p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Bezüglich der amtsärztlichen Untersuchung am 20. Mai 1987 verweise ich auf das Schreiben des Verbandes vom 7. Mai 1987.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Unter dem 29.05.1987 gab der Arzt für Arbeitsmedizin Dr. Müller-van Meerbeke des Betriebsärztlichen Dienstes für Krankenhäuser, Kliniken und öffentliche Verwaltungen in Bad Oeynhausen aufgrund der Untersuchung des Klägers.am 20.05.1987 gegenüber dem Beklagten folgende schriftliche arbeitsmedizinische Stellungnahme ab:</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Aufgrund dieser Untersuchung sowie der mir vorliegenden Befunde der behandelnden Ärzte erhebe ich</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">dauernde gesundheitliche Bedenken</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">gegen eine Beschäftigung als Wasserwerker gemäß der bis zum Jahresende 1935 ausgeübten Tätigkeit.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Der Arbeitsplatz von Herrn Schlottmann beinhaltet ein Stehen an einer schrägen Böschung zum Zwecke des Grasmähens und anderer Instandhaltungsarbeiten. Diese unterschiedliche Beinbelastung an den schrägen Böschungen muß durch die Wirbelsäule wieder ausgeglichen werden. Bei Herrn Schlottmann ist jedoch die Funktionsfähigkeit durch eine seit der Jugend bekannten Erkrankung erheblich eingeschränkt. Dieses hat auch zu einer Operation der Wirbelsäule geführt. Die Gesamterkrankung war der Grund für die anderthalbjährige Arbeitsunfähigkeit.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Herr Schlottmann hat mich in Bezug auf die Erkrankung seiner Wirbelsäule ausdrücklich von der Schweigepflicht entbunden.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Aufgrund meiner Untersuchungen empfehle ich Herrn Schlottmann nicht mehr an dem vorherigen Arbeitsplatz zu beschäftigen.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Empfehlenswert wäre eine Tätigkeit mit Organisationsaufgaben, wobei auch das Führen eines Kraftfahrzeuges - auch über eine schlechte Wegstrecke - durchaus zuzumuten wäre.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Bereits unter dem 18.05.1987 hatte der Beklagte desweiteren das Gesundheitsamt des Kreises Minden-Lübbecke gebeten, den Kläger gem. § 10 Abs. 2 BMT-GII zur Feststellung der Arbeits- und Dienstfähigkeit amtsärztlich zu untersuchen. Diese Untersuchung des Klägers wurde vom Amtsarzt, dem Leitenden Kreismedizinaldirektor Dr. Lingesleben, am 24.06.1987 durchgeführt. In seinem gegenüber dem Beklagten erstellten amtsärztlichen Gutachten vom 25.06.1987 kommt Herr Dr. Lingesleben zu folgendem Ergebnis:</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Es kann keinesfalls davon ausgegangen werden, daß, trotz deutlicher subjektiver Besserung bei der bestehenden objektiven Bewegungseinschränkung und der Wahrscheinlichkeit wieder verstärkt muskuläre Verspan- nungen mit Schmerzen zu erzeugen, aus sozialmedizinischer Sicht ein Einsatz in der alten Tätigkeit riskiert werden kann. Wenn auch nach derartigen Operationen weitgehend subjektive Schmerzfreiheit bei geringer Belastung erreicht werden kann, ist es nur in seltenen Fällen möglich, wieder alte belastende körperliche Tätigkeiten aufzunehmen.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Aufgrund des Untersuchungsbefundes sowie der hier vorgelegenen klinischen und paraklinischen Befunde, ist Herr Schlottmann nicht mehr für schwere bis mettelschwere körperliche Arbeiten, wie bislang im Einsatz beim Wasserverband Große Aue aufgeführt, einsatzfähig. Dies gilt ganz besonders für die Arbeiten während der Mähsaison von Juni bis zum Jahresende. Diese Einschränkung der Leistungsbreite muß unterstellt werden, da mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die bisherige Verwendung, wie auch das Verlegen von Rohren, grundhafte Räumung und dergleichen, Rezidive der Rückenschwierigkeiten und erneute Arbeitsunfähigkeiten nicht ausschließen lassen. Für alle anderen leichten bis mittelschweren körperlichen Arbeiten ohne schweres Heben und Tragen oder ständiges Gebücktsein sowie auch aufsichtsführend sind zumutbar bzw. möglich. Es müßte durch den Wasserverband überprüft werden, zumal Herr Schlottmann auch durch sein Leiden anerkannter Schwerbehinderter ist, in welcher Form im Bereich des Verbandes eine Beschäftigung als Schwerbeschädigter in dem ausgeführten Umfang möglich ist.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Bezogen auf die, für die Tätigkeitsbeurteilung in Frage kommenden Leiden, handelt es sich um eine Dauersituation, die allerdings keine Erwerbsunfähigkeit sowie auch keine Berufsunfähigkeit zur Folge hat, zumal Herr Schlottmann auf alle Tätigkeiten, die die in der Beurteilung aufgeführten Einschränkungen berücksichtigen, vereisbar ist und diese vollschichtig verrichtet Vierden können.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Der Kläger erhielt für die Zeit vom 05.05. bis 29.06.1937 vom Beklagten, wie im Schreiben vom 13.05.1987 angekündigt, die Urlaubsvergütung gezahlt. Dabei soll dem Kläger eine Überzahlung von 225,06 DM zugeflossen sein. Die Rückzahlung dieses Betrages ist Gegenstand des zwischen den Parteien mit umgekehrten Rubrum geführten Rechtsstreits 2 Ca 1170/87 ArbG Minden, der bis zur rechtskräftigen Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits ausgesetzt ist.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Bereits am 23.06.1987 faßte der Vorstand des Beklagten den Beschluß, den Kläger nicht mehr weiterzubeschäftigen, da er seine bisherigen Tätigkeiten als Verbandsarbeiter aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben könne. Andere Arbeitsplätze, die dem Gesundheitszustand des Klägers entsprächen, seien nicht vorhanden.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Aus diesem Grund wurde dem Kläger seitens des Beklagten auch dann die Arbeitsaufnahme mit den Tätigkeiten eines Verbandsarbeiters nach Ablauf der gewährten Urlaubszeit am 30.06.1987 untersagt.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 14.07.1987 teilte der Beklagte dem Kläger folgendes mit:</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Betr.:</span> Beendigung des Arbeitsverhältnisses</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Bezug:</span> Arbeitsmedizinische Stellungnahme über Ihren Gesundheitszustand vom 29.05.1987;</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Vorstandsbeschluß vom 23.06.1987;</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Amtsärztliches Gutachten über Ihren Gesundheitszustand vom 25.06.1987</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Sehr geehrter Herr Schlottmann!</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Sowohl aus der arbeitsmedizinischen Stellungnahme als auch aus dem amtsärztlichen Gutachten ergibt sich eindeutig, daß Sie Ihrer bisherigen Tätigkeit nicht nachkommen können bzw. Sie nicht mehr für schwere bis mittelschwere körperliche Arbeiten, wie bislang im Einsatz beim Wasserverband, einsatzfähig sind.</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Bezogen auf die, für Ihre Tätigkeitsbeurteilung in Frage kommenden Leiden, handelt es sich um eine Dauersituation.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Laut Vorstandsbeschluß vom 23.06.1987 werden Sie beim Verband nicht weiterbeschäftigt, da Sie Ihre bisherige Tätigkeit als Verbandsarbeiter nicht mehr ausführen können.</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Ein anderer Arbeitsplatz, der Ihrem Gesundheitszustand entspricht, ist nicht vorhanden und kann auch nicht geschaffen werden.</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Es wird Ihnen daher empfohlen, einen Umschulungsantrag beim Arbeitsamt Herford oder einen Rentenantrag bei der zuständigen Versicherungsanstalt zu stellen. Sollte eine Umschulungsmaßnahme (kaufm. Ausbildung) die Voraussetzung für eine Tätigkeit beim Verband erfüllen, behält sich der Wasserverband eine Wiedereinstellung vor.</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Wir bitten Sie, uns innerhalb von einer Woche schriftlich mitzuteilen, ob Sie sich für eine der angedeuteten Maßnahmen entscheiden können.</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Wir schlagen daher vor, das Arbeitsverhältnis einvernehmlich zu beenden.</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">Falls Sie sich binnen der vorgenannten Frist nicht äußern, werden wir das Kündigungsverfahren einleiten und den Personalrat um Zustimmung zur fristlosen Kündigung bitten, da Sie aus personenbedingten Gründen nicht in der Lage sind, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Entsprechendes gilt für die Zustimmung der Hauptfürsorgestelle.</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Wir machen ausdrücklich darauf aufmerksam, daß Ihnen, wegen Ihres Gesundheitszustandes, keinerlei Vergütungsansprüche mehr zustehen. Das gilt auch für Urlaubsansprüche etc.</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">Es liegt daher in Ihrem ureigensten Interesse, die bestehende Situation sofort abzuändern, da sonst zu befürchten ist, daß Sie mittellos dastehen. Nach unseren Informationen erhalten Sie auch kein Krankengeld mehr, da Sie nach Beendigung des Anspruchszeitraums ausgesteuert sind.</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">Durch Schreiben vom 22.07.1987 ließ der Kläger, der Mitglied der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) ist, dem Beklagten erfolglos mitteilen, daß er auf einer Weiterbeschäftigung bestehe.</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist wegen seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen mit Bescheid des Versorgungsamtes Bielefeld vom 12.03.1984 als Schwerbehinderter mit einer Minderung der Erwerbsunfähigkeit von 60 v.H. anerkannt.</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">Er war sowohl am 20.11.1984 als auch am 24.07.1987 beim Beklagten in den Personalrat gewählt worden. Dabei hatte er vom 20.11.1984 bis 24.07.1987 die</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">Funktion des Personalratsvorsitzenden ausgeübt. Seit der Neuwahl des Personalrats am 24.07.1987 ist er nur noch einfaches Mitglied des dreiköpfigen Personalrats. Vorsitzender ist jetzt Herr Griepenstroh.</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">Spätestens seit der Operation Anfang 1936 hat der Kläger seine Landwirtschaft vollständig verpachtet. Ob dieses wegen der dargelegten gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers erfolgt ist, ist zwischen den Parteien streitig.</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hätte zuletzt bei einer Beschäftigung als Verbandsarbeiter durch den Beklagten die tarifliche Gesamtvergütung von 2.574,43 DM brutto erzielt.</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte erbringt dem Kläger jedoch seit dem 30.06.1987 keinerlei Zahlungen.</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hatte sich zum 21.07.1987 bei dem Arbeitsamt arbeitslos gemeldet. Er erhielt vom 21. bis 31.07.1987 Arbeitslosengeld in Höhe von 682,-- DM netto gezahlt.</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">Mit Schriftsatz vom 06.08.1987, der am selben Tag beim Arbeitsgericht Minden eingegangen ist, hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben.</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">Er hat behauptet, er sei wieder zur Erbringung der Tätigkeiten eines Verbandsarbeiters gesundheitlich in der Lage. Zumindest könne er die Aufgaben eines Vorarbeiters erledigen. Daher sei der Beklagte nach seiner Meinung verpflichtet, anstatt Herrn Suckentin ihm diesen Arbeitsplatz zu übertragen. Zumindest sei der Beklagte nach seiner Behauptung in der Lage, ihn mit anderen ihn gesundheitlich weniger beeinträchtigenden Tätigkeiten zu beschäftigen. Ausgehend hiervon sei der Beklagte nach seiner Auffassung verpflichtet, ihm die Vergütung eines Verbandsarbeiters aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges nach § 615 BGB für den 30.06.1987 und für Juli 1987 unter Abzug des erhaltenen Arbeitslosengeldes zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">1. den Beklagten zu verurteilen, ihn tatsächlich als Verbandsarbeiter zu beschäftigen.</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">2.       Den Beklagten zu verurteilen, an ihn 132,45 DM brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 30.06.1987 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">3.       Den Beklagten zu verurteilen, an ihn 2.574,43 DM brutto abzüglich 682,— DM netto erhaltenen Arbeitslosengeldes nebst 4 % Zinsen aus dem Nettobetrag seit dem 31.07.1987 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">Er hat behauptet, der Kläger sei seit dem 05.11.1985 zu keinem Zeitpunkt mehr in der Lage gewesen, wegen seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen die vertraglich geschuldeten Tätigkeiten eines Verbandsarbeiters zu erbringen. Dieses folge nach seiner Ansicht aus allen gutachtlichen ärztlichen Äußerungen, die er eingeholt habe. Aber auch die Aufgaben eines Vorarbeiters könne der Kläger nicht ausüben, da die bei ihm eingesetzten Vorarbeiter nach seiner vom Kläger erstinstanzlich nicht bestrittenen Behauptung wie alle Arbeiter körperlich mitarbeiten müßten. Andere freie Arbeitsplätze, die dtn gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers zuträglich seien, seien nicht vorhanden. Dann sei er aber aufgrund seiner Fürsorgepflicht nach seiner Meinung gehalten, den Kläger nicht mit den Tätigkeiten eines Verbandsarbeiters einzusetzen.</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">Das Arbeitsgericht hat zu der Behauptung des Klägers, er sei seit März 1987 wieder für die Ausübung der Tätigkeiten eines Verbandsarbeiters gesundheitlich in der Lage gewesen, Auskünfte bei den Ärzten Dr. 0. M. Agua und John eingeholt.</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">Herr Dr. 0. M. Agua hat hierzu unter dem 16.11.1987 wie folgt schriftlich Stellung genommen:</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">Erfahrungsgemäß dauert der Heilungsprozeß eines solchen Eingriffes, d.h. bis der Knochen sich befestigt hat und belastungsfähig wird, 1 1/2 Jahre. Dennoch ist eine solche operierte WS nicht mehr im vollen Umfang wie eine gesunde Wirbelsäule zu belasten. Tätigkeiten, die mit schwerheben und tragen sowie welche in langer Zeit eine gebückte Haltung erfordern, sind für solche Pat. nicht mehr geeignet.</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">Dennoch im Sinne der oben erwähnten Ausführungen werde ich Herrn Schlottmann seit März 1987 als voll wiederarbeitsfähig betrachten, und zwar ganztägig für Arbeiten, die mit Schwerheben und tragen nicht verbunden sind, und bei der er abwechselnd im Stehen und Sitzen in geschlossenen Räumen arbeiten kann.</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">Im Schreiben der Ärzte John vom 16.11.1387 heißt es:</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">Obwohl durch die Operation weitgehend eine Schmerzfreiheit bei geringer Belastung erreicht wurde, ist dem Patienten zu raten, keine mittelschweren oder gar schweren körperlichen Arbeiten insbesondere schweres Heben und Tragen oder ständiges Gebücktsein, aufzunehmen. Seitens der Wirbelsäule handelt es sich um eine die Gesundheit einschränkende Dauersituation, die sich durch belastende körperliche Tätigkeiten verschlimmern kann, so daß Rezidive der Rückenbeschwerden und erneute Arbeitsunfähigkeiten bei Nichtbeachtung der körperlichen Schonung nicht ausgeschlossen sind.</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">Dopplersonographisch wurde bei Herrn Schlottmann eine periphere arterielle Verschlußkrankheit beider Unterschenkel festgestellt, die dem Patienten zur Zeit aber keine Beschwerden macht.</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Beurteilung:</span></p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">Aufgrund oben aufgeführter Gesundheitsstörungen ist Herr Schlottmann seit März dieses Jahres mit Einschränkungen arbeitsfähig.</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">Ärztlicherseite ist mein Patient für leichtere körperliche Tätigkeiten wie z.B. Büroarbeit, Fahrdienste, Beaufsichtigung, Organisation usw. arbeitsfähig.</p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">Das Arbeitsgericht hat dann mit Urteil vom 25.01.1S88 die Klage in vollem Umfang abgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">Zur Begründung ist im wesentlichen ausgeführt:</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger stünden der geltend gemachte tatsächliche Beschäftigungsanspruch und Zahlungsanspruch gegenüber dem Beklagten nicht zu, da aufgrund der ärztlichen Auskünfte und Gutachten davon auszugehen sei, daß der Kläger die bisherigen vertraglichen Arbeiten eines Verbandsarbeiters beim Beklagten gesundheitlich nicht mehr ausüben könne. Soweit der Kläger sich auf den Einsatz auf anderen Arbeitsplätzen berufen habe, sei er seiner Darlegungslast nicht nachgekommen, da er solche beim Beklagten freie Arbeitsplätze nicht aufgezeigt habe.</p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">Das wegen der sonstigen Einzelheiten hiermit in Bezug genommene Urteil ist dem Kläger am 24.02.1988 zugestellt worden. Hiergegen hat der Kläger mit einem am 22.03.1988 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, die er am 13.04.1988 begründet hat.</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks">In der Berufungsinstanz ist weiter unstreitig geworden, daß der Kläger am 08.04.1988 bei der Landesversicherungsanstalt Westfalen-Lippe (LVA) in Münster einen Antrag auf Bewilligung einer Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit gestellt hat. Dieser Antrag ist von der LVA mit Bescheid vom 07.09.1988 abgelehnt worden, wobei es in der Begründung, soweit hier von Interesse, heißt:</p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks">Sie sind weder berufs- noch erwerbsunfähig. Ihr Leistungsvermögen ist zwar aufgrund der folgenden bei Ihnen gegebenen gesundheitlichen Einschränkungen -</p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks">Wirbelsäulenbeschwerden nach Versteifungsoperation 1986, beginnender Verschleiß der Hüfte ohne wesentliche Funktionseinschränkung, Niereninsuffizienz bei unklarer Genese, Neigung zu labilem Bluthochdruck</p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">- herabgesetzt, jedoch sind Sie mit der Ihnen verbliebenen Leistungsfähigkeit noch in der Lage,</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks">leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten ohne häufiges Bücken, schweres Heben und Tragen vollschichtig zu verrichten. Damit ist Ihre Erwerbsunfähigkeit nicht auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich und geistig gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken.</p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">Gegen diesen Ablehnungsbescheid hat der Kläger Widerspruch eingelegt, über den bis zum Schluß der Berufungsverhandlung noch nicht entschieden war.</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks">Zur Unterstützung dieses Rentenverfahrens hatten die Ärzte John dem Kläger unter dem 14.04.1988 eine Bescheinigung erstellt, in der u.a. ausgeführt ist:</p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">Durch das Operationsergebnis haben sich die Beschwerden meines Patienten deutlich sowohl subjektiv als auch objektiv gebessert. Um das Operationsergebnis zu halten, ist dem Patienten von mir geraten worden, keine körperlichen Arbeiten, die die Wirbelsäule belasten, auszuführen.</p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks">Seitens der Wirbelsäule handelt es sich um eine die Gesundheit einschränkende Dauersituation, die Herrn Schlottmann verbietet, sich körperlich zu belasten, damit die Wirbelsäulenbeschwerden sich nicht verschlimmern.</p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks">Bei Nichtbeachtung der körperlichen Schonung ist von Rezidiven auszugehen.</p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks">Auf Grund der oben aufgeführten Gesundheitsstörungen und der Gefährung seiner Wirbelsäule ist Herr Schlottmann ab dem 07.04.1988 von mir krankgeschrieben.</p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks">Herrn Schlottmann ist geraten worden, die Erwerbsunfähigkeitsrente zu beantragen, was ich ausdrücklich befürworte.</p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks">In dem von der LVA eingeholten vertrauensärztlichen Gutachten des Dr. Gudat vom 18.04.1988 ist aufgenommen:</p>
<span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks">1. 42-jähriger Landwirt und Arbeiter beim Wasserverband Große Aue der seit dem 07.04.88 wegen einer Scheuermannkyphose und Zustand nach 1986 durchgeführter Korrekturosteotomie erneut arbeitsunfähig ist. Der Versicherte war wegen dieses Leidens am 04.05.87 ausgesteuert. Ein neuer Krankengeldanspruch ist lt. Mitteilung der Krankenkasse erst ab 05.11.38 gegeben. 3ezieht z.Zt. Arbeitslosengeld. Der Versicherte hat am 08.04.88 einen Rentenantrag gestellt, lt. Mitteilung des behandelnden Hausarztes bestehen zunehmende belastungsabhängige Schmerzen. Pat. hat seinen landwirtschaftlichen Betrieb zum 01.04.88 aufgegeben.</p>
<span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks">2. ...</p>
<span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks">3. Recidiv. Rückenbeschwerden nach 1986 durchgeführter Korrekturosteotomie und Kompressionsspondylo- dese TH4 bis LI bei schwerer Scheuermannkyphose, weiter au.</p>
<span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks">Es besteht durchgehende Arbeitsunfähigkeit auch nach der erfolgten Aussteuerung, wahrscheinlich auch bis zur Beendigung der Blockfrist. Rentenbescheid bleibt abzuwarten.</p>
<span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks">Schließlich ist im Berufungstermin am 10.11.1988 einerseits unstreitig geworden, daß der Beklagte auch mit dem Kläger durch Vertrag vom 31.10.1986 einvernehmlich vereinbart hat, daß sich die Arbeitsbedingungen ab dem 01.01.1987 nach den Bestimmungen des BMT-GII und der diesen ergänzenden Tarifverträge richten soll.</p>
<span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks">Andererseits haben die Parteien unstreitig gestellt, daß dar Beklagte bisher bei der Hauptfürsorgestelle des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe keinen Antrag dahingehend gestellt hat, die Zustimmung zu einer beabsichtigten Änderungs- oder Beendigungskündigung des Arbeitsverhältnisses zum schwerbehinderten Kläger nach den Bestimmungen des Schwerbehindertengesetzes zu erteilen.</p>
<span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks">Der Kläger nimmt auch weiterhin seine Aufgaben als Mitglied des Personalrats beim Beklagten wahr.</p>
<span class="absatzRechts">124</span><p class="absatzLinks">Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Klagebegehren weiterhin. Er bleibt bei seiner Behauptung, er könne die vertraglich vereinbarten Tätigkeiten eines Verbandsarbeiters ausüben. Zumindest könne er vom Beklagten entsprechend seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung als Vorarbeiter eingesetzt werden. Hierzu behauptet er jetzt, nur der als Vorarbeiter eingesetzte Mitarbeiter Querenheim habe wie ein Verbandsarbeiter mitzuarbeiten. Hingegen habe der weitere Vorarbeiter Buckentin solche Tätigkeiten nicht zu erbringen. Seine Aufgabe sei es ausschließlich, den Arbeitseinsatz aller Arbeiter vorzunehmen, Anweisungen zu erteilen und die Ausführungen der Arbeiten zu kontrollieren.</p>
<span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks">Zumindest könne der Beklagte ihn als Baggerfahrer einsetzen, da der Beklagte unstreitig Ende August 1988 einen neuen Bagger angeschafft habe und hierdurch nach seiner Behauptung ein zusätzlicher Dauerarbeitsplatz vom Beklagten geschaffen worden sei, den er aufgrund seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung einnehmen könne.</p>
<span class="absatzRechts">126</span><p class="absatzLinks">Die Handlungsweise des Beklagten verstoße zudem nach seiner Meinung gegen § 15 KSchG.</p>
<span class="absatzRechts">127</span><p class="absatzLinks">Der Kläger und Berufungskläger beantragt zuletzt,</p>
<span class="absatzRechts">128</span><p class="absatzLinks">das Urteil des Arbeitsgerichts Minden vom 25.01.1988 - 2 Ca 690/87 - abzuändern und den Beklagten zu verurteilen,</p>
<span class="absatzRechts">129</span><p class="absatzLinks">1. a) ihn zu den bisherigen Arbeitsbedingungen als Verbandsarbeiter weiterzubeschäfti- gen;</p>
<span class="absatzRechts">130</span><p class="absatzLinks">b) hilfsweise ihn zu den Arbeitsbedingungen eines Baggerfahrers weiterzubeschäfti- gen,</p>
<span class="absatzRechts">131</span><p class="absatzLinks">2. an ihn 132,45 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit dem 30.06.1987 zu zahlen;</p>
<span class="absatzRechts">132</span><p class="absatzLinks">3. an ihn 2.574,43 DM brutto abzüglich 682,— DM netto an erhaltenem Arbeitslosengeld nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit dem 31.07.1987 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">133</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte und Berufungskläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">134</span><p class="absatzLinks">die Berufung des Klägers zurückzuweisen und die Klageerweiterung in der Berufungsinstanz abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">135</span><p class="absatzLinks">Er hat sich im Berufungstermin am 10.11.1988 auf die Klageerweiterung insoweit, als der Kläger hilfsweise die Weiterbeschäftigung als Baggerfahrer begehrt, eingelassen.</p>
<span class="absatzRechts">136</span><p class="absatzLinks">Diesbezüglich behauptet er, es handele sich bei der Neubeschaffung des Baggers um eine Ersatzbeschaffung. Hierfür werde ein alter Bagger stillgelegt. Richtig sei lediglich, daß z. Zt. auch noch der alte Bagger in Betrieb und mit einem als Baggerführer ausgebildeten Ersatzmann besetzt sei. Der alte Bagger werde jedoch nur noch solange bis Ende 1988 eingesetzt, wie es die Witterung zulasse. Der alte Bagger würde spätestens Ende 1988 endgültig stillgelegt.</p>
<span class="absatzRechts">137</span><p class="absatzLinks">Soweit der Kläger vorbringe, der zweite Vorarbeiter Buckentin arbeite körperlich nicht mit, sei dieses unzutreffend. Auch dieser Vorarbeiter habe wie jeder Verbandsarbeiter mitzuarbeiten. Denn Arbeitskontrollen würden nur von seinem Geschäftsführer Röhl durchgeführt. Deswegen komme schon ein Einsatz des Klägers als Vorarbeiter nach seiner Meinung aufgrund der körperlichen Beeinträchtigungen des Klägers ebenfalls nicht in Betracht.</p>
<span class="absatzRechts">138</span><p class="absatzLinks">Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den Inhalt der von den Parteien in beiden Instanzen zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen und der beidinstanzlichen Terminsprotokolle verwiesen. Auf die vom Arbeitsgericht eingeholten ärztlichen Auskünfte wird inhaltlich Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">139</span><p class="absatzLinks">Das Berufungsgericht hat im Termin am 10.11.1980 dazu, ob der Vorarbeiter Buckentin körperlich mitarbeiten muß und ob es sich bei der Neuanschaffung des Baggers nur um eine Ersatzbeschaffung handelt, Beweis erhoben durch uneidliche Zeugenvernehmung des Herrn Buckentin und Parteivernehmung des Verbandsvorstehers Hesselmeier des Beklagten. Bezüglich des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 10.11.1988 hingewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">140</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Entscheidungsgründe</span></p>
<span class="absatzRechts">141</span><p class="absatzLinks">Die statthafte Berufung des Klägers und seine teilweise Klageerweiterung in der Berufungsinstanz sind zwar zulässig, aber aufgrund der vorliegenden ärztlichen Erklärungen und des Ergebnisses der zweitinstanzlichen Beweisaufnahme unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">142</span><p class="absatzLinks">Mit dem Arbeitsgericht ist nämlich weiterhin davon auszugehen, daß der Kläger wegen seiner körperlichen Beeinträchtigung ab dem 30.06.1987 nicht in der Lage war und ist, die arbeitsvertraglich vereinbarten Tätigkeiten eines Verbandsarbeiters auszuführen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem Berufungsgericht steht desweiteren fest, daß auch der Vorarbeiter Buckentin diese Arbeiten durchzuführen hat. Dann war der Beklagte aber aufgrund seiner Fürsorgepflicht gehalten, den Kläger auch nicht einmal versuchsweise mit den Tätigkeiten eines Verbandsvertreters einzusetzen.</p>
<span class="absatzRechts">143</span><p class="absatzLinks">Eine Einsatzmöglichkeit des Klägers auf einen freien Arbeitsplatz als Baggerfahrer kommt ebenfalls nicht in Betracht, da die zweitinstanzliche Beweisaufnahme ergeben hat, daß es sich bei der Neuanschaffung des Baggers durch den Beklagten Ende August 1988 nur um eine Ersatzbeschaffung handelt und einer der alten Bagger spätestens Ende 1988 stillgelegt wird.</p>
<span class="absatzRechts">144</span><p class="absatzLinks">War der Kläger aber nicht in der Lage, dem Beklagten ab dem 30.OS. 1937 seine arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung anzubieten, ist auch der Zahlungsanspruch des Klägers, der nur aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges nach § 615 BGB begründet sein kann, nicht gegeben.</p>
<span class="absatzRechts">145</span><p class="absatzLinks">1. Soweit der Kläger erstmals in der Berufungsinstanz mit dem Klageantrag zu Ziff. 1 Buchst, b) hilfsweise die tatsächliche Beschäftigung als Baggerfahrer vom Beklagten begehrt, handelt es sich um keine unzulässige Klageerweiterung.</p>
<span class="absatzRechts">146</span><p class="absatzLinks">a) Zwar ist die Klageerweiterung des Klägers in der Berufungsinstanz nicht schon nach § 2S4 Abs. 2 ZPO, der auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren in der Berufungsinstanz anzuwenden ist (§ 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 523 ZPO), als zulässig anzusehen. Danach liegt nämlich keine Änderung der Klage nur dann vor, wenn ohne Änderung des Klagegrundes der Klageantrag in der Hauptsache oder in bezug auf Nebenforderungen erweitert wird (BGH, Urteil vom 08.11.1978 - VIII ZR 199/77 - = NJW 1979, 925, 926). Bei einer Klageerweiterung mutet es das Gesetz dem Beklagten zu, daß sein hierauf bezogenes Verteidigungsvorbringen nur in einer Tatsacheninstanz überprüft wird. Es ist nicht erforderlich, daß gem. § 263 ZPO der Beklagte der Klageerweiterung zugestimmt oder das Gericht die Klageerweiterung für sachdienlich erachtet (BGH, Urteil vom 04.10.1984 - VII ZR 162/83 - = NJW 1985, 1784 m.w.N.; Schneider MDR 1932, 626, 627).</p>
<span class="absatzRechts">147</span><p class="absatzLinks">Vorliegend hat der Kläger aber seinen Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung durch den Beklagten erstmals in der zweiten Instanz auch auf den Arbeitsplatz eines Baggerführers erweitert. Dieser Arbeitsplatz war zwischen den Parteien arbeitsvertraglich nicht vereinbart, so daß sich ein solcher Anspruch des Klägers nur aus dem Gesichtspunkt ergeben kann, daß der Beklagte verpflichtet ist, den Kläger auf einem zumutbaren anderen freien Arbeitsplatz zu beschäftigen. Diese Verpflichtung des Beklagten kann sich dann nur als arbeitsvertragliche Nebenpflicht des Beklagten ergeben.</p>
<span class="absatzRechts">148</span><p class="absatzLinks">b) Die Klageerweiterung des Klägers in der Berufungsinstanz ist jedoch nach § 263 ZPO, der ebenfalls im arbeitsgerichtlichen Verfahren in der Berufungsinstanz zur Anwendung kommt (§ 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 523 ZPO), als zulässig anzusehen. Danach ist nämlich eine Klageänderung nach Eintritt der Rechtshängigkeit dann zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet.</p>
<span class="absatzRechts">149</span><p class="absatzLinks">Vorliegend hat aber der Beklagte der Klageerweiterung des Klägers im Beruf ungstermin am 10.11.1988 ausdrücklich zu Gerichtsprotokoll zugestimmt.</p>
<span class="absatzRechts">150</span><p class="absatzLinks">2. Dem Kläger steht ein tatsächlicher Beschäftigungsanspruch gegenüber dem Beklagten nach der derzeitigen Sachlage weder als Verbandsarbeiter noch als Vorarbeiter zu. Ebenfalls kann der Kläger die auf die Zukunft gerichtete Beschäftigung als Baggerfahrer z.Zt. des Schlusses der Berufungsverhandlung vom Beklagten nicht verlangen.</p>
<span class="absatzRechts">151</span><p class="absatzLinks">a) Zwar ist dem Kläger dahingehend zu folgen, daß spätestens seit Inkrafttreten des Grundgesetzes dem Arbeitnehmer während des bestehenden Arbeitsverhältnisses ein tatsächlicher Beschäftigungsanspruch zusteht, der sich aus den §§ 611, 613 BGB i.V.m. § 242 BGB ableitet. Die Generalklausel des § 242 BGB wird dabei ausgefüllt durch die Wertentscheidung des Art. 1 und Art. 2 GG. Denn das Grundgesetz hat in seinen Artikeln 1 und 2 die Würde des Menschen und dessen Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit zu zentralen Werten unserer Verfassung erhoben. Das Leben des Arbeitsnehmers wird aber zu einem ganz wesentlichen Teil durch das Arbeitsverhältnis bestimmt und geprägt. Die Arbeit in seinem Arbeitsverhältnis stellt für den Arbeitnehmer eine wesentliche Möglichkeit zur Entfaltung seiner Persönlichkeit dar. Nach § 613 BGB ist der Arbeitnehmer zur persönlichen Dienstleistung für den Arbeitgeber verpflichtet. Dann trifft den Arbeitgeb^i aber die sich aus § 242 BGB unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Wertentscheidung der Artikel 1 und 2 GG über den Persönlichkeitsschutz ergebende arbeitsvertragliche Fürsorgepflicht der Beschäftigungsinteressen des Arbeitnehmers.</p>
<span class="absatzRechts">152</span><p class="absatzLinks">Bei dieser persönlichkeitsrechtlichen Begründung des tatsächlichen Beschäftigungsanspruchs aus der ideellen Interessenslage besteht dann grundsätzlich für jeden Arbeitnehmer ein Beschäftigungsanspruch aus dem Arbeitsverhältnis. Darauf, ob er höhere oder geringwertige Arbeiten verrichten kann, ob er für seine Arbeit eine spezielle Vor- oder Ausbildung benötigt oder nicht, kann es nicht ankommen. Ebensowenig kann der Beschäftigungsanspruch davon abhängig gemacht werden, ob im Einzelfall ein faktisches Interesse des Arbeitnehmers an der Arbeitsleistung besteht und ob sich die vertragsgemäße Arbeitsleistung nach dem subjektiven Empfinden des Arbeitnehmers als Last und Bürde oder als sinnvolle Entfaltung seiner Persönlichkeit darstellt. Der Anspruch auf Beschäftigung wird nämlich keinem Arbeitnehmer aufgezwungen, weil es als dispositiver Anspruch davon abhängt, ob der Arbeitnehmer verlangt, beschäftigt zu v/erden. Verlangt er seine vertragsgemäße Beschäftigung, so muß ihm dazu grundsätzlich auch Gelegenheit gegeben werden (zuletzt: BAG, Beschluß des Großen Senats vom 27.02.1985 - GS 1/84 - AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht) .</p>
<span class="absatzRechts">153</span><p class="absatzLinks">b) Da der allgemeine Beschäftigungsanspruch aus einer sich aus Treu und Glauben ergebenden Pflicht des Arbeitgebers herzuleiten ist, ist einerseits auch anerkannt, daß der Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers dort zurückzutreten hat, wo überwiegende schutzwerte Interessen des Arbeitgebers entgegenstehen. Der Arbeitgeber ist berechtigt, die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers abzulehnen, wenn ihm die Weiterbeschäftigung unter Berücksichtigung der dem Arbeitnehmer zuzurechnenden Umstände nach Treu und Glauben nicht zuzumuten ist (BAG, Beschluß des Großen Senats vom 26.04.1956 - GS 1/85 - BAG 3, 66, 74 = AP Nr. 5 zu § 9 MuSchG, zu II 2 der Gründe; BAG, Urteil vom 11.11.1976 - 2 AZR 45/773 - AP Nr. 8 zu § 103 BetrVG 1972, zu B II 2 a der Gründe). Dabei kann jedoch der Arbeitgeber die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers nicht bei jedem Verhalten des Arbeitnehmers ablehnen.</p>
<span class="absatzRechts">154</span><p class="absatzLinks">Insbesondere wird nur bei besonders groben Vertragsverstößen der Annahmeverzug nach § 615 BGB ausgeschlossen, nämlich nur, wenn bei Annahme der Leistung Rechtsgüter des Arbeitgebers, seiner Familienangehörigen oder anderer Arbeitnehmer gefährdet werden, deren Schutz Vorrang vor den Interessen des Arbeitnehmers an der Erhaltung seines Verdienstes hat (zuletzt: BAG, Urteil vom 29.10.1937 - 2 AZR 144/87 - = NZA 1933, 465).</p>
<span class="absatzRechts">155</span><p class="absatzLinks">c) aa) Andererseits ist aber auch anerkannt, daß der Arbeitgeber Arbeitsleistungen, die unter seiner Anordnung oder seiner Leitung vorzunehmen sind, so zu regeln hat, daß der Arbeitnehmer gegen Gefahr gegen Leben und Gesundheit so weit geschützt ist, als die Natur der Arbeitsleistung es gestattet (BAG, Urteil vom 13.03.1967 - 2 AZR 133/86 - AP Nr. 15 zu § 618 BGB). Handelt der Arbeitgeber dieser Pflicht schuldhaft zuwider, so ist er zum Schadensersatz verpflichtet (BAG, Urteil vom 27.02.1970 - 1 AZR 253/69 - AP Mr. 16 zu § 618 BGB).</p>
<span class="absatzRechts">156</span><p class="absatzLinks">Danach ist der Arbeitgeber gehalten, den Arbeitnehmer dann nicht zur Arbeitsleistung einzusetzen, wenn er arbeitsunfähig krank ist.</p>
<span class="absatzRechts">157</span><p class="absatzLinks">bb) Hierzu hat das Bundesarbeitsgericht zum einen mit Urteil vom 10.05.1973 - 5 AZR 493/72 - AP Nr. 27 zu § 615 BGB entschieden, daß der Arbeitgeber dann in Annahmeverzug gerät, wenn der Arbeitnehmer objektiv arbeitsfähig ist, der Arbeitnehmer selbst zwar Zweifel an der eigenen Arbeitsfähigkeit hat, sich aber gleichwohl zum Arbeitsangebot entschließt und der Arbeitgeber nur subjektiv davon ausgeht, daß der Arbeitnehmer arbeitsunfähig sei.</p>
<span class="absatzRechts">158</span><p class="absatzLinks">Denn das Bundesarbeitsgericht geht für den Regelfall davon aus, daß ein Arbeitnehmer nach einer Zeit der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit wieder arbeitsfähig ist, wenn er tatsächlich Arbeit leistet. Nimmt der Arbeitnehmer seine Arbeit wieder auf, sei der Verhinderungsfall - die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit - im Regelfall beendet. Die tatsächliche Arbeitsaufnahme sei für die überwiegende Zahl aller Fälle ein praktisch brauchbares Abgrenzungsmerkmal (BAG, Urteil vom 01.07.1333 - 5 AZR 468/80 - AP Nr. 54 zu § 1 LohnFG, mwN.).</p>
<span class="absatzRechts">159</span><p class="absatzLinks">Steht jedoch fest, daß der Arbeitnehmer objektiv nicht arbeitsfähig ist, geht das Bundesarbeitsgericht zum anderen bei einer Arbeitsaufnahme davon aus, daß dann ein mißglückter Arbeitsversuch vorliege, der keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall auslöse (BAG, Urteil vom 01.07.1983 - 5 AZR 468/80 - aaü.).</p>
<span class="absatzRechts">160</span><p class="absatzLinks">cc) Dabei liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine Arbeitsunfähigkeit aes Arbeitnehmers wegen Erkrankung dann vor, wenn ein Krankheitsgeschehen ihn außerstande setzt, die ihm nach dem Arbeitsvertrag obliegende Verpflichtung zu verrichten oder wenn er die Arbeit nur unter der Gefahr fortsetzen könnte, in absehbarer Zeit seinen Zustand zu verschlimmern (BAG, Urteil vom 14.01.1972 - 5 AZR 264/71 - AP Nr. 12 zu § 1 LohnFG; BAG, Urteil vom 25.06.1981 - 6 AZR 940/78 - AP Nr. 52 zu § 616 BGB, zu II 4 der Gründe).</p>
<span class="absatzRechts">161</span><p class="absatzLinks">dd) Nach dieser Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der das Berufungsgericht folgt, liegt jedenfalls eine Arbeitsunfähigkeit beim Arbeitnehmer in Fällen, bei denen er die Arbeit nur unter der Gefahr verrichten bzw. fortsetzen kann, daß sich in absehbarer naher Zeit sein Zustand verschlechtert, dann vor, wenn dem Arbeitnehmer entweder die Verschlimmerungsgefahr unmittelbar bewußt ist oder er doch zumindest Kenntnis von den Umständen hat, aus denen ärztlicherseits auf eine solche Verschlimmerungsgefahr geschlossen werden kann. Dies besagt im Umkehrschluß, daß ein Arbeitnehmer dann, wenn er weder äußere Anhaltspunkte für seine Erkrankung noch subjektiv irgendwelche Beschwerden hat, nicht aus Gründen der Unzumutbarkeit als arbeitsunfähig angesehen werden kann (wie hier: LAG Berlin, Urteil vom 28.03.1988 - 8 Sa 72/87).</p>
<span class="absatzRechts">162</span><p class="absatzLinks">Danach ist der Arbeitgeber zumindest dann, wenn die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers objektiv feststeht, dieses beiden Arbeitsvertragspar-</p>
<span class="absatzRechts">163</span><p class="absatzLinks">Parteien bekannt ist, der Arbeitnehmer aber sehenden Auges gleichwohl arbeiten will, aus seiner Fürsorgepflicht heraus verpflichtet, den Arbeitnehmer von dieser Arbeit abzuhalten.</p>
<span class="absatzRechts">164</span><p class="absatzLinks">Ob dieses auch dann gilt, wenn die Arbeitsaufnahme durch den Arbeitnehmer nach einer in ihrer Aussagekraft sehr eingeschränkten ärztlichen Bekundung der Gesundheit des Arbeitnehmers abträglich sein kann, kann hier dahingestellt bleiben (vgl. hierzu: LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.07.1988 - 6 Sa 370/83 - = DB 1988, 2368).</p>
<span class="absatzRechts">165</span><p class="absatzLinks">d) aa) Ausgehend hiervon ist zum einen mit dem Arbeitsgericht weiter davon auszugehen, daß der Kläger weder am 30.06.1987 noch danach für die arbeitsvertraglich vereinbarten Tätigkeiten eines Verbandsarbeiters beim Beklagten als arbeitsfähig anzusehen ist.</p>
<span class="absatzRechts">166</span><p class="absatzLinks">Denn bei diesen Tätigkeiten hätte der Kläger unstreitig wie bisher von Juni bis zum Ende eines jeden Kalenderjahres Mäharbeiten durchführen müssen. Diese sind größten Teils an schrägen Böschungen durchzuführen, wodurch die Wirbelsäule des Klägers stark beansprucht worden wäre. Weiter hätte der Kläger von Januar bis Ende Mai eines jeden Kalenderjahres Rohre in den Gewässerprofilen verlegen, Ufergehölz zurückschneiden und an den Gewässern neue Anpflanzungen vornehmen müssen. Auch diese Arbeiten hätten die Wirbelsäule des Klägers stark belastet, da sie mit häufigem Bücken und ebenfalls mit schräger Körperstellung an Böschungen verbunden sind.</p>
<span class="absatzRechts">167</span><p class="absatzLinks">Aus der von den Ärzten John vor der beim Kläger durchgeführten Operation am 21.05.1985 ausgestellten Bescheinigung ergibt sich aber schon, daß der Kläger bereits zu diesem Zeitpunkt nicht in der Lage war, schwere körperliche, die Wirbelsäule belastende Arbeiten zu verrichten.</p>
<span class="absatzRechts">168</span><p class="absatzLinks">An dieser körperlichen Beeinträchtigung des Klägers hat sich jedoch auch nach der im Januar 1986 durchgeführten Operation nichts geändert.</p>
<span class="absatzRechts">169</span><p class="absatzLinks">Dann der Facharzt Dr. 0. M.- Agua, der die Operation beim Kläger durchgeführt hat, kommt in seiner gegenüber dem Arbeitsgericht abgegebenen schriftlichen Stellungnahme vom 16.11.1907 zu dem Ergebnis, daß der Kläger seit März 1907 als voll wieder arbeitsfähig nur für ganztägige Arbeiten zu betrachten ist, die mit schwerem Heben und Tragen nicht verbunden sind und bei denen der Kläger abwechselnd im Stehen und Sitzen in <span style="text-decoration:underline">geschlossenen</span> Räumen arbeiten kann. Dies beruhe darauf, daß die beim Kläger operierte Wirbelsäule nicht mehr wie eine gesunde zu belasten sei. Für Tätigkeiten, die in langer Zeit eine gebückte Haltung erforderten, sei der Kläger nicht mehr geeignet.</p>
<span class="absatzRechts">170</span><p class="absatzLinks">Mit dieser Auskunft des Dr. u.M.- Agua stimmt auch die dem Arbeitsgericht abgegebene Stellungnahme der Ärzte John vom 16.11.1987 überein. Denn auch dort wird ausgeführt, daß der Kläger nur noch für leichtere körperliche Arbeiten seit März 1987 arbeitsfähig sei.</p>
<span class="absatzRechts">171</span><p class="absatzLinks">Zu diesem Ergebnis waren auch schon zuvor der Betriebsärztliche Dienst für Krankenhäuser, Kliniken und Öffentliche Verwaltungen und der Amtsarzt des Gesundheitsamtes des Kreises Minden-Lübbecke aufgrund ihrer eigenen beim Kläger durchgeführten Untersuchungen, veranlaßt vom Beklagten, gekommen. So schließt der Amtsarzt Dr. Lingesleben in seinem Gutachten vom 25.06.1987 ausdrücklich den bisherigen Einsatz des Klägers als Verbandsarbeiter als mit seiner körperlichen Beeinträchtigung nicht vereinbar aus.</p>
<span class="absatzRechts">172</span><p class="absatzLinks">Weiter haben die Ärzte John in der Bescheinigung für das Rentenverfahren vom 14.04.1988 dem Kläger dringend davon abgeraten, sich körperlich zu belasten, damit die Wirbelsäulenbeschwerden sich nicht verschlimmerten.</p>
<span class="absatzRechts">173</span><p class="absatzLinks">Schließlich kommt der Vertrauensarzt Dr. Gudat in seinem Gutachten für die LVA vom 18.04.1988 zu dem Ergebnis, daß beim Kläger auch nach der</p>
<span class="absatzRechts">174</span><p class="absatzLinks">Aussteuerung durch die Krankenkasse zum 05.05.19C7 durchgehende Arbeits- unfähgikeit bezüglich seiner bisherigen Tätigkeiten als Verbandsarbeiter bestanden habe.</p>
<span class="absatzRechts">175</span><p class="absatzLinks">Soweit der Kläger sich nun darauf beruft, daß die LVA seinen Rentenantrag mit Bescheid vom 07.09.1938 abgelehnt habe, weil er noch in der Lage sei, leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten ohne häufiges Bücken durchführen zu können und deswegen seine Erwerbsfähigkeit nicht auf weniger als die Hälfte eines vergleichbaren Versicherten herabgesunken sei, kann er hieraus nichts für seine Arbeitsfähigkeit als Verbandsarbeiter herleiten.</p>
<span class="absatzRechts">176</span><p class="absatzLinks">Denn erwerbsunfähig ist, wer infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder von der Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte auf nicht absehbare Zeit eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit nicht mehr ausüben oder nicht mehr als nur geringfügige Einkünfte durch Erwerbstätigkeit erzielen kann (vgl. § 1247 Abs. 2 RVO). Die Erwerbsunfähigkeit setzt somit nicht voraus, daß der Arbeitnehmer eine bisher vertraglich geschuldete Tätigkeit nicht mehr ausüben kann. Bei Prüfung der Erwerbsunfähigkeit findet keine Beschränkung auf den bisherigen Beruf oder, wie dies bei der Berufsunfähigkeit nach § 1246 Abs. 2 RVO die Regel ist, auf die Berufsgruppe statt (vgl. Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung Bd. II, S. 392 und Bd. III, S. 682 g).</p>
<span class="absatzRechts">177</span><p class="absatzLinks">Bei dieser Sachlage war das Berufungsgericht auch nicht gehalten, dem vom Kläger im Berufungstermin gestellten Antrag, bezüglich der Einsatzfähigkeit des Klägers als Verbandsarbeiter beim Beklagten ein ärztliches Sachverständigengutachten einzuholen, nachzugehen. Denn nach § 144 ZPO entscheidet das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen darüber, ob es einen Sachverständgen zuziehen will. Hiervon konnte abgesehen werden, da der Sachverständige nur die Aufgabe gehabt hätte, aufgrund seiner besonderen Sachkunde festzustellen, ob der Kläger in dem hier fraglichen Zeitraum für die Tätigkeiten als Verbandsarbeiter beim Beklagten arbeitsunfähig war. Aufgabe des Sachverständigen wäre es gewesen, eins tatsächliche Grundlage für die Schlußfolgerung des Berufungsgerichts zu schaffen, ob der Kläger arbeitsunfähig ist (vgl. BAG, Urteil vom 01.07.1933 - 5 AZR 4G8/80 -, aaO.). Diese Grundlage war für das Berufungsgericht jedoch schon durch die vorliegenden ärztlichen Auskünfte und Gutachten, die vom Kläger substantiiert nicht angegriffen sind, geschaffen.</p>
<span class="absatzRechts">178</span><p class="absatzLinks">bb) Der Beklagte war vorliegend auch zum anderen nicht gehalten, den Kläger als Vorarbeiter oder als Baggerfahrer einzusetzen.</p>
<span class="absatzRechts">179</span><p class="absatzLinks">Zwar ist zum Kündigungsrecht anerkannt, daß eine arbeitgeberseitige Kündigung nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 b KSchG auch dann sozial ungerechtfertigt ist, wenn der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weitgerbeschäftigt werden kann (BAG, Urteil vom 22.07.1902 - 2 AZR 30/81 - AP Nr. 5 zu § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung). Auch eine Kündigung aus Krankheitsgründen wäre sozialwidrig, wenn diese Weiterbeschäftigungsmöglich- keit auf einem anderen Arbeitsplatz für den Arbeitgeber bestünde (BAG, Urteil vom 05.08.1976 - 3 AZR 110/75 - AP Nr. 1 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit, zu II 3 der Gründe; Rost, Kündigung und Kündigungsschutz in der betrieblichen Praxis, 2. Aufl., III 2 g, S. 84 f).</p>
<span class="absatzRechts">180</span><p class="absatzLinks">Dieser Rechtsgedanke ist auch auf den vorliegenden Fall einer tatsächlichen Beschäftigung des Klägers auf einem anderen freien Arbeitsplatz durch den Beklagten übertragbar, will man dem oben angeführten Grundsatz des Anspruchs auf tatsächliche Beschäftigung während des bestehenden Arbeitsverhältnisses Geltung verleihen.</p>
<span class="absatzRechts">181</span><p class="absatzLinks">Dabei hat dann der Kläger wie im Kündigungssrechtsstreit auch hier die Aufgabe, im einzelnen darzulegen und notfalls zu beweisen, wie seine Weiterbeschäftigung auf einem anderen freien Arbeitsplatz beim Beklagten möglich war oder ist. Hierfür genügt nicht, daß er aus Gründen der Fürsorgepflicht das Beklagten seine Weiterbeschäftigung durch den Beklagten</p>
<span class="absatzRechts">182</span><p class="absatzLinks"><strong>begehrt (BAG, Urteil vom 05.08.1975 - 3 AZR 110/75 -, aaO; BAG, Urteil vom 03.02.1977 - 2 AZR 476/75 - AP Nr. 4 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu II 2 a der Gründe).</strong></p>
<span class="absatzRechts">183</span><p class="absatzLinks"><strong>Daß solche vom Kläger aufgrund seiner körperlichen Behinderung einnehmbare freien Arbeitsplätze ab dem 30.06.1987 vorhanden waren oder sind, hat aber die vor dem Berufungsgericht durchgeführte Beweisaufnahme nicht ergeben.</strong></p>
<span class="absatzRechts">184</span><p class="absatzLinks"><strong>Soweit sich der Kläger nämlich zweitinstanzlich auf den Arbeitsplatz des Vorarbeiters Buckentin beruft, hat die Beweisaufnahme eindeutig die Behauptung des Beklagten bestätigt, daß auch dieser Vorarbeiter Tätigkeiten wie ein Verbandsarbeiter mitzuerledigen hat. Denn spätestens seit 1986 hat der Vorarbeiter Buckentin nach seiner Zeugenaussage nur noch in ganz geringem Umfang Schreibarbeiten zu erledigen. Ganz überwiegend arbeitet er wie die anderen Verbandsarbeiter. Diese Tätigkeiten kann der Kläger jedoch nach Vorstehendem aus gesundheitlichen Gründen nicht ausüben.</strong></p>
<span class="absatzRechts">185</span><p class="absatzLinks"><strong>Insoweit der Kläger erstmals in der Berufungsinstanz geltend macht, der Beklagte könne ihn zukünftig als Baggerfahrer einsetzen, ist durch die Parteivernehmung des Verbandsvorstehers Hesselmeier des Beklagten nachgewiesen, daß der Beklagte den neuen Bagger Ende August 1988 nur als Ersatz für einen alten Bagger angeschafft hat. Der alte Bagger soll spätestens Ende 1988 stillgelegt werden. Damit steht aber fest, daß ein weiterer Arbeitsplatz für einen Baggerfahrer vom Beklagten nicht geschaffen worden ist. Ein zukünftiger Einsatz des Klägers auf dem freien Arbeitsplatz eines Baggerfahrers ist nicht gegeben. Der vorübergehende Einsatz des Klägers auf dem alten Bagger bis längstens Ende 1988 war dem Beklagten nicht zumutbar, da hierfür ein bereits ausgebildeter Ersatzbaggerfahrer dem Beklagten zur Verfügung stand und eine erforderliche Einarbeitung des Klägers für die Tätigkeiten eines Baggerfahrers wegen der Kürze des zusätzlichen Einsatzes des alten Baggers nicht vertretbar war.</strong></p>
<span class="absatzRechts">186</span><p class="absatzLinks">Das Berufungsgericht hatte keine Veranlassung, an der Richtigkeit der Zeugenaussage des Herrn Buckentin und der Parteiaussage des Herrn Hesselmeier zu zweifeln. Sie haben beide ruhig und überlegend ihre Aussagen gemacht. Anhaltspunkte gegen die Richtigkeit ihrer Aussagen hat der Kläger nicht dargetan.</p>
<span class="absatzRechts">187</span><p class="absatzLinks">cc) Sollte der Kläger schließlich der Auffassung sein, der Beklagte sei aufgrund einer gesteigerten Fürsorgepflicht ihm gegenüber verpflichtet, für ihn einen neuen Arbeitsplatz einzurichten, der seinen gesundheitlichen Beeinträchtigungen gerecht würde, kann er hiermit ebenfalls nicht erfolgreich durchdringen.</p>
<span class="absatzRechts">188</span><p class="absatzLinks">Zwar wird in der Rechtslehre die Auffassung vertreten, daß sich etwa aus Arbeitsunfällen dann eine gesteigerte Verpflichtung für den Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer bis hin zur Einrichtung eines neuen Arbeitsplatzes ergebe, wenn der Arbeitgeber den eingetretenen Arbeitsunfall zu vertreten habe (vgl.: Lepke, Kündigung bei Krankheit, 7. Aufl., S. 18; Weiler, Das Arbeitsrecht der Gegenwart, 1982, S. 77, 89).</p>
<span class="absatzRechts">189</span><p class="absatzLinks">Aber vorliegend beruht die Arbeitsunfähigkeit des Klägers nicht einmal auf einem Arbeitsunfall des Klägers, den er bei der Ausübung der Tätigkeiten im Arbeitsverhältnis zum Beklagten erlitten hätte. Die Arbeitsunfähigkeit des Klägers ist vielmehr unstreitig auf seine Erkrankung im Kindesalter zurückzuführen.</p>
<span class="absatzRechts">190</span><p class="absatzLinks">dd) Soweit der Kläger schließlich geltend macht, die unterbliebene Beschäftigung durch den Beklagten verstoße gegen § 15 KSchG, ist dieses nicht verständlich. Denn unstreitig ist bisher seitens des Beklagten eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum Kläger nicht ausgesprochen worden.</p>
<span class="absatzRechts">191</span><p class="absatzLinks">Sollte der Kläger jedoch hiermit geltend machen wollen, in seiner Nicht- beschäftigung durch den Beklagten sei eine unzulässige Benachteiligung wegen seiner Mitgliedschaft im Personalrat zu sehen, geht auch ein solches Vorbringen ins Leere. Denn der Kläger kann vom Beklagten nicht allein deshalb eine tatsächliche Beschäftigung verlangen, weil er dem Personalrat angehört. Die Bejahung eines solchen Anspruches würde nämlich wieder gegen das Verbot der Begünstigung von Personalräten gegenüber den anderen Mitarbeitern verstoßen, da der Kläger auch ohne tatsächliche Beschäftigung durch den Beklagten seine Aufgaben als Personalratsmitglied ausüben kann (LAG Berlin, Urteil vom 20.07.1978 - 9 Sa 55/78 - AP Mr. 6 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht). Daß der Beklagte den Kläger an der Ausübung seiner Personalratsaufgaben seit der Nichtbeschäftigung gehindert hätte, wird nicht einmal vom Kläger behauptet.</p>
<span class="absatzRechts">192</span><p class="absatzLinks">3. Steht dem Kläger jedoch nach Vorstehendem seit dam 30.06.1987 kein Beschäftigungsanspruch gegenüber dem Beklagten deswegen zu, weil er die aufgezeigten arbeitsvertraglich geschuldeten Leistungen aus Krankheitsgründen nicht erbringen konnte, ist auch der Zahlungsanspruch des Klägers aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges nach § S15 BGB i.V.m. §§ 295, 296 BGB unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">193</span><p class="absatzLinks">Zwar ist mit der inzwischen als gefestigt anzusehenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts davon auszugehen, daß es nach § 236 BGB keines Angebotes der Arbeitsleistung durch den Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber bedarf, wenn der Arbeitgeber ihm keinen funktionsfähigen Arbeitsplatz zur Verfügung stellt und ihm keine Arbeit zuweist (BAG, Urteil vom 09.08.1984 - 2 AZR 374/83 - BAG 46, 234 = AP Nr. 24 zu § 615 BGB; BAG, Urteil vom 21.03.1985 - 2 AZR 201/34 - AP Nr. 35 zu § 615 BGS). Nach § 297 BGB kommt der Arbeitgeber aber dann nicht in Verzug, wenn der Arbeitnehmer zur Zeit des Angebots oder im Falle des § 29S 3GB zu der für die Handlung des Arbeitgebers bestimmten Zeit außerstande ist, die Leistung zu bewirken. Denn die Unmöglichkeit der Leistung durch den Arbeitnehmer und der Annahmeverzug durch den Arbeitgeber schließen sich gegenseitig aus (SAG, Urteil vom 06.03.1974 - 5 AZR 313/73 - AP Nr. 29 zu § 615 BGB).</p>
<span class="absatzRechts">194</span><p class="absatzLinks">4. Die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels und der unbegründeten Klageerweiterung hat der Kläger nach §§ 91, 97 ZPO zu tragen.</p>
<span class="absatzRechts">195</span><p class="absatzLinks">Gründe für die Zulassung der Revision nach § 72 Abs. 2 ZPO sind nicht ersichtlich. Insbesondere liegt keine Abweichung zu dem angeführten Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 15.07.1938 - 6 Sa 370/08 -, aaO., aus den dargelegten Gründen vor.</p>
|
315,312 | olgk-1988-11-09-27-u-7788 | {
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<p>I.</p>
<p></p>
<p>Auf die Berufung der Kläger wird unter teilweiser Zurückweisung der Berufung der Beklagten zu 1) das am 17. Februar 19B8 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Aachen - 4 O 140/86 - teilweise geändert und wie folgt gefasst: </p>
<p></p>
<p> </p>
<p>1.</p>
<p>Die Beklagten zu 1) und 3) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Kläger 5.946,13 DM nebst 4 % Zinsen von 5.116,13 DM seit dem 16. Januar 1986 und von 830,00 DM seit dem 26. November 1986 zu zahlen. </p>
<p></p>
<p>2. </p>
<p>Die gegen die Beklagten zu 1) und 3) gerichteten Anträge der Kläger zu II. 2, 3 und 4 sind dem Grunde nach gerechtfertigt. </p>
<p></p>
<p>3. </p>
<p>Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1) und 3) als Gesamtschuld-ner verpflichtet sind, den Klägern alle weiteren Schäden zu ersetzen, die ihnen aus der fehlerhaften ärztlichen Behandlung der am 19. August 1985 verstorbenen Frau N. M. entstehen werden, soweit die Ansprüche nicht auf Dritte übergegangen sind. </p>
<p></p>
<p>II. </p>
<p></p>
<p>Die gegen den Beklagten zu 2) gerichtete Berufung der Kläger wird zu-rückgewiesen. </p>
<p></p>
<p>Sie haben die außergerichtlichen Kosten des Beklagten aus beiden Rechtszügen je zur Hälfte zu tragen. </p>
<p></p>
<p>III. </p>
<p></p>
<p>Die weitere Entscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten. </p>
<p></p>
<p>IV.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten zu 1) und 3) dürfen die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 7.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten. </p>
<p></p>
<p>Die Kläger dürfen die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 13.500,00 DM abwenden, wenn nicht der Beklagte zu 2) vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet. </p>
<p> </p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>T a t b e s t a n d :</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Kläger nehmen die Beklagten auf Schadensersatz wegen ärztlicher Fehler bei der Behandlung der am 19. August 1985 verstorbenen Ehefrau des Klägers zu 1) und Mutter des Klägers zu 2) in Anspruch. </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Diese war seit Frühjahr 1985 schwanger. </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Am 15. August 1985 wurde bei einer Ultraschalluntersuchung im Klinikum der Beklagten zu 3) der Tod des Kindes festgestellt. </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Ehefrau des Klägers zu 1) begab sich daraufhin noch am selben Tag zur Vornahme der Geburtsausstoßung in die stationäre Behandlung bei der Beklagten zu 3). </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Vor ihrer stationären Aufnahme unterzeichnete sie eine Verpflichtungserklärung, in der sie als gesondert zu berechnende Wahlleistung die private, per- sönliche Behandlung durch die liquidationsberechtigten Klinikärzte beantragte. </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Im Rahmen der vorgedruckten Verpflichtungserklärung erklärte sie sich gleichzeitig mit der Geltung der Aufnahmebedingungen der Beklagten zu 3) einverstanden. Darin heißt es unter Ziffer 4 Abs. 2 und 3 u. a.: </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">(2) Jeder Kranke hat die Möglichkeit, sich auf seinen ausdrücklichen schriftlichen Wunsch gegen ein besonderes Honorar von einem liquidationsberechtigten Professor der medizinischen Einrichtungen nach dessen schriftlicher Zustimmung privat behandeln zu lassen. </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">(3) Die Wahlleistung "persönliche Behandlung durch die liquidationsberechtigten Professoren der medizinischen Einrichtungen" erstreckt sich auch auf die Leistungen aller anderen eventuell an der Behandlung beteiligten liquidationsberechtigten Professoren. </p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Unter Nr. 13 Abs. 2 heißt es weiter, dass von der Haftung der Beklagten zu 3) Schäden ausgeschlossen sind, die "durch Liquidationsberechtigte Professoren sowie deren Beauftragte infolge der persönlichen privaten Behandlung durch diese verursacht werden ... ". </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Am Vormittag des 15. August 1985 fand zwischen dem Zeugen Prof. Dr. K. und der Ehefrau des Klägers zu 1) zunächst eine Besprechung über die Möglichkeit eines Eingriffs zur Geburtsausstoßung statt. </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Im Verlaufe des Tages wurde diese sodann unter Beteiligung des Zeugen Prof. Dr. K. eingeleitet. Am 16. August 1985 um 1.40 Uhr wurde die Ehefrau des Klägers zu 1) von einem toten Feten entbunden. </p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Als bei ihr in der Folgezeit stärkere Blutungen auftraten, gab ein Oberarzt der Gynäkologie die Anweisung zur Durchführung einer Abrasio. </p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte zu 1), die als erste diensthabende Anästhesistin tätig war und 10 Tage vor der Ablegung ihrer Facharztprüfung stand, wurde darüber gegen 2.30 Uhr verständigt. Sie informierte daraufhin den zweiten diensthabenden Narkosearzt Dr. O.. Beide begannen gegen 2.45 Uhr mit der Vorbereitung der Narkose zur Durchführung des Eingriffs. </p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Nachdem Dr. O. die Patientin ca. 3 Minuten mit 100 % Sauerstoff prae oxygeniert hatte, leitete er die Narkose ein. </p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte zu 1) entschied sich für eine Intubationsnarkose, weil sie aufgrund der vorangegangenen Schwangerschaft die Gefahr einer Aspiration bei der Patientin befürchtete. </p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Nachdem die Ehefrau des Klägers zu 1) nach der Gabe von Narkosemitteln eingeschlafen und relaxiert war, führte Dr. O. die Intubation durch. </p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Er konnte dabei die Stimmritzen der Patientin nicht einsehen und führte den Tubus ohne direkte Sicht ein. Dabei kam es zu einer oesophagealen Intubation, wie bei der Belüftungskontrolle der Lunge festgestellt wurde. </p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Patientin wurde daraufhin wieder extubiert und über die Maskenbeatmung mit 100 % Sauerstoff versorgt, woraufhin sich eine Lippenzyanose wieder zurückbildete. </p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Anschließend unternahm die Beklagte zu 1) einen zweiten Intubationsversuch, der ebenfalls misslang. Die Patientin wurde erneut mit der Maske beatmet; gleichzeitig - etwa gegen 3.20 Uhr - 3.25 Uhr - wies die Beklagte zu 1) Dr. O. an, den Beklagten zu 4) herbeizurufen, der auf der Intensivstation der Abteilung Anästhesiologie tätig war. </p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Dieser erschien etwa um 3.30 Uhr und nahm ebenfalls einen erfolglosen Intubationsversuch vor. Nach dem sodann durchgeführten vierten Intubationsversuch ging der Beklagte zu 4) davon aus, dass ihm die regelrechte Intubation der Patientin gelungen war. </p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die anschließende Überprüfung ergab bei der Thoraxkompression ein Entweichen von Luft aus dem Tubus. </p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte zu 1) bestätigte nach Abhören der Lunge mit einem Stethoskop die seitengleiche Belüftung des Thorax. </p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Nach wenigen Minuten wurde die Patientin jedoch lippenzyanotisch und nach etwa 10 Minuten bradycard. Die Pulsfrequenz sank und es kam zu einem Herz-Kreislauf-Stillstand. </p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Durchgeführte Reanimationsmaßnahmen, die zunächst hämodynamisch wirksam waren, führten schließlich zu keiner Verbesserung des Zustandes der Patientin. </p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte zu 1) wies Dr. O. an, die diensthabende Oberärztin hinzuzurufen, die nach ca. 5 - 7 Minuten erschien. </p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Sie stellte die oesophageale Lage des Tubus fest und gab dem Beklagten zu 4) die Anweisung, neben dem im Oesophagus liegenden Tubus einen weiteren Tubus in die Trachea einzuführen. </p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Daraufhin gelang gegen 3.55 Uhr die regelrechte Intubation der Patientin, deren Herz-Kreislaufzustand sich stabilisierte. </p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Nach Durchführung des operativen Eingriffs wurde die Patientin auf die Intensivstation der Anästhesiologie verlegt. </p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Bei der anschließenden neurologischen Untersuchung der Ehefrau des Klägers zu 1) wurde ein irreversibler hypoxischer Hirnschaden festgestellt, worauf am 19. August 1985 nach 72-stündiger Frist nach Feststellung des Hirntodes die Beatmung der Patientin beendet wurde. </p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Zur Zeit des Narkosevorfalls bestand in der Abteilung Anästhesiologie der Beklagten zu 3), die vom Beklagten zu 2) als Chefarzt geleitet wird, eine innerdienstliche Anordnung, wonach zur Behandlung von Privatpatienten stets der diensthabende Oberarzt hinzuzuziehen ist. </p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Nach dem Tod der Ehefrau stellte der Kläger zu 1) zur Haushalts- und Kinderbetreuung Aushilfskräfte ein. Dafür sind ihm Kosten entstanden, die er in erster Instanz mit 21.116,05 DM beziffert hat. </p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Von den Beerdigungskosten mussten die Kläger einen Eigenanteil in Höhe von 5.116,13 DM tragen und wendeten für die Grabausstattung und -pflege darüber hinaus 1.239,00 DM auf. </p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Mit Beginn des Monats September 1987 stellte der Kläger zu 1) eine ganztägige Haushalts- und Betreuungskraft ein, an die er monatlich einschließlich Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung 2.004,39 DM zahlt. </p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Als Träger des Krankenhauses haben die Kläger zunächst das Land Nordrhein-Westfalen in Anspruch genommen. Im Wege des Parteiwechsels ist an dessen Stelle später die jetzige Beklagte zu 3) getreten. </p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Die Kläger haben geltend gemacht, den Beklagten zu 1) und 4) seien schuldhafte Fehler bei der Behandlung der Ehefrau des Klägers zu 1) unterlaufen. </p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Insbesondere sei die Beklagte zu 1) verpflichtet gewesen, zur Durchführung der Narkose die diensthabende Oberärztin hinzuzuziehen. </p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Die Ehefrau des Klägers zu 1) sei Privatpatientin des Beklagten zu 2) gewesen. Sie habe mit dem Zeugen Prof. Dr. K. einen privatärztlichen Behandlungsvertrag geschlossen, der sich nach den Aufnahmebedingungen der Beklagten zu 3) auch auf den Beklagten zu 2) erstreckt habe. </p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Das Zustandekommen eines privatärztlichen Behandlungsvertrages sei nicht dadurch gehindert, dass der Zeuge Prof. Dr. K. - wie unstreitig ist - seine Zustimmung nach Ziffer 4 Abs. 2 der Aufnahmebedingungen nicht schriftlich erklärt habe. </p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten seien verpflichtet, ihnen die bisher entstandenen Kosten und ab 1. September 1987 monatlich jeweils weitere 2.004,39 DM zu erstatten. </p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Sie haben beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">1. </p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie </p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">a) </p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">9.101,33 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 16. Januar 1986, </p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">b) </p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">5.944,46 DM nebst 4 % Zinsen seit Zustellung der Klageerweiterung vom </p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">11. September 1986 - am 18. September 1986 an die Beklagte zu 3), am 26. November 1986 an die Beklagten zu 1) und 2) und am 17. März 1987 an den Beklagten zu 4) -, </p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">c) </p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">6.104,18 DM nebst 4 % Zinsen seit Zustellung der Klageerweiterung vom 17. März 1987 - am 30. März 1987 an den Beklagten zu 4), am 13. Mai 1987 an die übrigen Beklagten -, </p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">d) </p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">6.321,21 DM nebst 8 % Zinsen seit Zustellung der Klageerweiterung vom 30. September 1987 - am 5. Oktober 1987 an die Beklagten zu 2) - 4), am 6. Oktober 1987 an die Beklagte zu 1) - sowie </p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">e) </p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">beginnend ab September 1987 zum 30. eines jeden Monats 2.004,39 DM nebst 8 % Zinsen aus dem jeweiligen Teilbetrag am Ende eines jeden Monats zu zahlen, </p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">2. </p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, ihnen jeglichen Schaden zu ersetzen, der ihnen aus der fehlerhaften ärztlichen Behandlung der am 19. August 19B5 verstorbenen Frau N. M. entstehen wird, soweit die Ansprüche nicht auf Dritte übergegangen sind. </p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten haben beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen. </p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Sie haben geltend gemacht, ärztliche Behandlungsfehler seien für den Tod der Patientin nicht ursächlich geworden; es habe sich vielmehr um einen schicksalhaften Verlauf gehandelt. </p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Darüber hinaus hat die Beklagte zu 1) behauptet, sie habe bei der Behandlung keine Information darüber besessen, dass die Ehefrau des Klägers zu 1) Privatpatientin gewesen sei. </p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte zu 2) hat behauptet, ein privatärztlicher Behandlungsauftrag zwischen der Ehefrau des Klägers zu 1) und ihm sowie dem Zeugen Prof. Dr. K. sei nicht zustande gekommen. </p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme der Klage des Klägers zu 1) gegen die Beklagte zu 1) im Wesentlichen stattgegeben. </p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Soweit auch der Kläger zu 2) Ersatz der Kosten für die Aushilfs- und Betreuungskräfte begehrt hat, hat es die Klage ebenso wie die Klage des Klägers zu 1) gegen die übrigen Beklagten abgewiesen. </p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte zu 1) sei zum Schadensersatz verpflichtet, weil sie die Oberärztin Frau Dr. P. nicht schon nach dem zweiten Intubationsversuch hinzugezogen habe. Dem Beklagten zu 2) komme dagegen das Haftungsprivileg des § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB zugute. Die Haftung der Beklagten zu 3) sei nach Nr. 13 der Aufnahmebedingungen ausgeschlossen. Der Beklagte zu 4) hafte nicht, weil nicht bewiesen sei, dass ein schuldhaftes Verhalten des Beklagten zu 4) für die hypoxische Hirnschädigung der Ehefrau des Klägers zu 1) ursächlich geworden sei. </p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger zu 2) stünden mangels eines materiellen Schadens keine weitergehenden Ansprüche zu. </p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Gegen das der Beklagte zu 1) am 1. März 1988 und den Klägern am 3. März 1988 zugestellte Urteil, auf das im Übrigen Bezug genommen wird, haben jene am 18. März 1988 und die Kläger am 5. April 1988 (Osterdienstag) Berufung eingelegt. </p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat ihre Berufung nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist am 18. Mai 1988 und die Kläger haben ihre Berufung nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 5. Juni 1988 am 6. Juni 1988, einem Montag, begründet. </p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte zu 1) verfolgt ihr erstinstanzliches Ziel, die Klage abzuweisen, weiter. Sie meint, sie sei nicht verpflichtet gewesen, nach dem zweiten Intubationsversuch die Oberärztin hinzuzurufen, und verneint die Ursächlichkeit der Unterlassung für den Tod von Frau M.. </p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Hilfsweise beruft sie sich auf § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB, da die Beklagte zu 3) ebenfalls hafte. Sie wendet sich gegen die Auffassung des Landgerichts, deren Haftung sei nach Nr. 13 der Aufnahmebedingungen ausgeschlossen. </p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">Frau M. habe die ärztlichen Wahlleistungen nur zusätzlich in Anspruch nehmen, aber nicht die Beklagte zu 3) aus der Haftung entlassen wollen. Nr. 13 der Aufnahmebedingungen sei zudem überraschend und verstoße gegen das AGB-Gesetz. </p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Für die Anwendung des § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB kommt es nicht darauf an, dass sie als Angestellte und nicht als beamtete Ärztin beschäftigt gewesen sei. </p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">Für Angestellte, denen ein öffentliches Amt übertragen worden sei, kämen die gleichen Grundsätze wie für Beamte zur Anwendung. </p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">Sie beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage in vollem Umfang abzuweisen und die Berufung der Kläger zurückzuweisen. </p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">Die Kläger beantragen, </p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">I. </p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">die Berufung der Beklagten zu 1) zurückzuweisen; </p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">II. </p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Beklagten zu 1), 2), 3) und 4) zu verurteilen, </p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">1. </p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">an die Kläger als Gesamtgläubiger 5.946,13 DM nebst 4 % Zinsen von 5.116,13 DM seit dem 16. Januar 1986 und von 830,00 DM seit dem 26. November 1986, </p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">2. </p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">an die Kläger als Gesamtgläubiger 45.167,73 DM nebst 4 % Zinsen von 3.985,20 DM seit dem 16. Januar 1986, 4 % Zinsen von 4.837,46 DM seit dem 26. November 1986, 4 % Zinsen von 5.972,18 DM seit dem 13. Mai 1987 und 8 % Zinsen von 6.331,21 DM seit dem 8. Oktober 1987, </p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">3. </p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">an die Kläger als Gesamtgläubiger monatlich 2.004,39 DM beginnend am 1. September 1988 und endend am 25. Januar 1998, fällig jeweils zum Monatsende, nebst 4 % Zinsen jeweils ab Fälligkeit, </p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">4. </p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">an die Kläger als Gesamtgläubiger weitere 1.637,17 DM nebst 5 % Zinsen ab 1. August 1988 als Gesamtschuldner zu zahlen. </p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">III. </p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">Unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils festzustellen, dass die Beklagten zu 1), 2), 3) und 4) als Gesamtschuldner verpflichtet sind, den Klägern alle darüber hinausgehenden Schäden zu ersetzen, die ihnen aus der fehlerhaften ärztlichen Behandlung der am 19. August 1985 verstorbenen Frau N. M. entstehen werden, soweit die Ansprüche nicht auf Dritte übergegangen sind. </p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">Sie verteidigen das angefochtene Urteil gegen die Berufung der Beklagten zu 1), ergänzen und vertiefen ihren Vortrag aus erster Instanz und weisen darauf hin, dass der Strafbefehl gegen die Beklagte zu 1) wegen fahrlässiger Tötung über 12.000,00 DM rechtskräftig sei. </p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">Sie sind der Auffassung, die Beklagte zu 3) hafte für die Beklagte zu 1) aus § 831 BGB, für den Beklagten zu 2) aus §§ 31, 831 BGB. </p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Meinung des Landgerichts sei zwischen Frau M. und dem Zeugen Prof. Dr. K. überhaupt kein Vertrag, jedenfalls kein gespaltener Arzt/Krankenhausvertrag, sondern allenfalls ein Arztzusatzvertrag zustande gekommen. </p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte zu 3) hafte auch wegen Organisationsmängeln; sie hätte eine ordnungsgemäße Überwachung der Assistenzärzte und die Durchführung ihrer Anordnung, bei Privatpatienten grundsätzlich den diensthabenden Oberarzt hinzuziehen, sicherstellen müssen. </p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">Auch der Beklagte zu 2) müsse für den Schaden einstehen. Auf das Verweisungsprivileg des § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB könne er sich im Fall des gespaltenen Arzt/Krankenhausvertrages nicht berufen. Es gehöre nicht zu den Amtspflichten des Chefarztes, Privatpatienten zu behandeln. </p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">Der erweiterte Klageantrag sei der zeitlichen Entwicklung bis August 1987 (wohl richtig 1988) angepasst. </p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">Sie behaupten, obwohl die Ehefrau des Klägers zu 1) ein Antiquitätengeschäft in Aachen betrieben habe, habe sie wegen der Öffnungszeiten von 10.00 Uhr bis 13.00 Uhr und 15.00 Uhr bis 18.00 Uhr und durch den Einsatz von Aushilfskräften in vollem Umfang ihren haushaltlichen und mütterlichen Pflichten nachkommen können. </p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">Entsprechend gering seien die Einnahmen aus dem Geschäft gewesen. Im Jahre 1984 habe sie einen Gewinn von Steuern von 25.497,00 DM erzielt. Wegen der nach dem Tod seiner Ehefrau eingetretenen Verluste habe der Kläger zu 1) als Erbe sich im Jahre 1988 entschlossen, das Geschäft zu schließen. </p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten zu 2) und 3) beantragen, </p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">die Berufung der Kläger zurückzuweisen. </p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte zu 3) verteidigt das ihr günstige Urteil und wiederholt und ergänzt ihren erstinstanzlichen Vortrag. </p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">Sie hält den Haftungsausschluss im Fall des ihrer Ansicht nach hier vorliegenden gespaltenen Arzt/Krankenhausvertrages für wirksam, weil er in den Aufnahmebedingungen deutlich durch Fettdruck hervorgehoben sei. </p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">Sie behauptet, Frau M. seien auch die Bedingungen ausgehändigt worden, was diese ausdrücklich bestätigt habe. </p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">Der Rechtsstreit zwischen den Klägern und dem Beklagten zu 4) ist durch Beschluss vom 5. Oktober 1988 auf Antrag dieser Parteien zum Ruhen gebracht worden. </p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks">Wegen aller übrigen Einzelheiten wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Strafakten 30 Cs 83/87 AG Aachen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, das angefochtene Urteil und die Sitzungsniederschriften Bezug genommen. </p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks"><b><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :</u></b></p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks">Sowohl die Berufung der Kläger als auch die Berufung der Beklagten zu 1) ist zulässig. </p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks">Die Berufung der Beklagten zu 1) ist unbegründet, soweit sie sich gegen ihre Verurteilung zur Zahlung der Beerdigungskosten von 5.946,13 DM und im Übrigen gegen ihre Verurteilung dem Grunde nach und gegen die vom Landgericht ausgesprochene Feststellung wendet. </p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">Der Senat hält es für angebracht, über die Beerdigungskosten und den Feststellungsantrag gemäß § 301 Abs. 1 ZPO durch Teilurteil und gemäß § 304 Abs. 1 ZPO über den Grund der auch der Höhe nach streitigen übrigen Klageansprüche vorab zu entscheiden. Das gleiche gilt für die Klageansprüche der Kläger gegen die Beklagten zu 2) und 3). </p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks">1 a) </p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat mit Recht die Beklagte zu 1) aus §§ 823 Abs. 1, 844 Abs. 1 und 2 BGB dem Grunde nach zum Ersatz des durch den Tod der Frau M. den Klägern entstandenen Schadens für verpflichtet gehalten. Die Angriffe der Beklagten zu 1) gegen das angefochtene Urteil überzeugen nicht. </p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte zu 1) hat den Tod der Frau M. schuldhaft mitverursacht. Jedenfalls nach dem zweiten erfolglosen Intubationsversuch war sie verpflichtet, die diensttuende Oberärztin hinzuzurufen. Denn nach dem zweiten Versuch war ihr klar geworden, dass die Intubation mit Problemen verbunden war, deren Bewältigung sie nicht gewachsen war. </p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks">Anders ist es nicht zu erklären, dass sie dem Beklagten zu 4) von der anästhesiologischen Intensivstation herbeirufen ließ und es ihm überließ, die Patientin zu intubieren. </p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks">Auch der Sachverständige Prof. Dr. L. hielt es für geboten, nach den wiederholten Fehlintubationen den diensthabenden Oberarzt zu rufen, und zwar zumindest zeitgleich mit der Anforderung des Beklagten zu 4). </p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks">Die Argumentation der Beklagten zu 1) in der Berufungsbegründung, mit der sie dem Vorwurf der pflichtwidrigen Unterlassung entgegentritt, ist nicht schlüssig. </p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks">Selbst wenn sie bereits eine erfahrene Anästhesistin war, durfte sie nach den zwei fehlgeschlagenen Versuchen gerade nicht darauf vertrauen, ihr werde gemeinsam mit einem weiteren Assistenzarzt die Intubation noch gelingen. </p>
<span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks">Sie lässt jede Erklärung dafür vermissen, aus welchem Grund der Beklagte zu 4) mit der Situation hätte besser fertigwerden sollen, als sie, die - unterstellt - erfahrene Anästhesistin. </p>
<span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks">Tatsächlich hat sie darauf auch nicht vertraut. Sie hat vielmehr die Intubation dem Beklagten zu 4) überlassen. </p>
<span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks">Fehlten ihr aber hinreichende Erfahrungen und Fachkenntnisse, war sie erst recht nach dem zweiten Versuch gehalten, die Oberärztin Dr. P. hinzuzuziehen. </p>
<span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks">b) </p>
<span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks">Die pflichtwidrige Unterlassung war für den Tod der Frau M. ursächlich. </p>
<span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks">Wäre Frau Dr. P. bereits nach dem zweiten Versuch gerufen worden, wäre die gesundheitliche Schädigung nicht eingetreten. Denn Frau Dr. P. gab die Anordnung, den bereits liegenden Tubus zu belassen und als Schiene für einen zweiten Tubus zu benutzen. </p>
<span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks">Hierdurch erst gelang die regelrechte Intubierung der Patientin. Das ergibt sich dem Vortrag des Beklagten zu 4) im Schriftsatz vom 4. Mai 1987 (BI. 241) und dem Bericht des Assistenzarztes Dr. O. (BI. 43 Beiakten) . </p>
<span class="absatzRechts">124</span><p class="absatzLinks">Es liegen keine Anhaltspunkte vor, die die Annahme rechtfertigen, die regelrechte Intubation wäre bei einem früheren Versuch unter Anleitung der Oberärztin nicht gelungen. </p>
<span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks">Der Vortrag der Beklagten zu 1), es sei nicht anzunehmen, dass dem Beklagten zu 4) der erfolgreiche frühere Intubationsversuch nur aufgrund der Anwesenheit der Oberärztin bereits früher gelungen wäre, übersieht, dass diese die Anordnung zum Liegenlassen des bereits eingeführten Tubus gegeben hatte. </p>
<span class="absatzRechts">126</span><p class="absatzLinks">Ob sie auch eine oesophageale Intubation früher erkannt hätte, erscheint allerdings zweifelhaft. Denn bei ihrem Erscheinen stellte sich eine Situation dar, die sie in dem von ihr verfassten Protokoll vom 21. August 1985 wie folgt schildert: Patientin zyanotisch, Herzaktion nur bei Massage, der Bauch war dick. </p>
<span class="absatzRechts">127</span><p class="absatzLinks">Immerhin hat sie nach Abhören der Lunge vermutet, dass der Tubus im Oesophagus säße. </p>
<span class="absatzRechts">128</span><p class="absatzLinks">Ob sie diese Vermutung auch ohne die aufgeführten Symptome gehabt hätte, steht nicht fest. Doch kommt es darauf auch nicht an; denn nach der Überzeugung des Senats wäre ihr die erfolgreiche Intubation gelungen, wenn sie nach dem zweiten Versuch hinzugerufen worden wäre. </p>
<span class="absatzRechts">129</span><p class="absatzLinks">Ihr war nämlich die vom Sachverständigen als Kniff bzw. Trick bezeichnete Methode bekannt, bei schwierigen Intubationen einen Tubus bewusst in die Speiseröhre zu legen, um so diese versperrt zu halten und dann die regelrechte Intubation vorzunehmen. Denn auf ihre Anordnung ließ der Beklagte zu 4) den im Oesophagus vermuteten Tubus liegen und benutzte ihn als Schiene für den in die Luftröhre zu plazierenden Tubus. </p>
<span class="absatzRechts">130</span><p class="absatzLinks">Es spricht alles für die Annahme, dass Frau Dr. P. angesichts der von der Beklagten zu 1) im Bericht vom 16. August 1985 beschriebenen Schwierigkeit, die Stimmritze sichtbar einzustellen und den Tubus unter direkter Sicht auf die Stimmritze durch den Kehlkopf in die Luftröhre zu schieben, diese ihr bekannte Methode angewandt hätte. </p>
<span class="absatzRechts">131</span><p class="absatzLinks">Nach dem überzeugenden Gutachten von Prof. Dr. L. ist nicht zweifelhaft, dass der Gesundheitsschaden, der zum Tode führte, nicht schon nach dem zweiten Intubationsversuch eingetreten ist. </p>
<span class="absatzRechts">132</span><p class="absatzLinks">Der Sachverständige führt hierzu aus, es sei anzunehmen, dass die durch die beiden ersten Intubationsversuche passageren Sauerstoffmangelzustände nicht zu cerebralen Dauerschäden bei der Patientin geführt hätten. </p>
<span class="absatzRechts">133</span><p class="absatzLinks">Erst die vierte Fehlintubation habe die irreversiblen hypoxischen Hirnschäden verursacht. Der Sachverständige begründet diese Annahme überzeugend mit dem Zeitablauf. </p>
<span class="absatzRechts">134</span><p class="absatzLinks">Nach dem Bericht des Gynäkologen Dr. F. in der gynäkologischen Akte nahm der Beklagte zu 4) etwa um 3.30 Uhr den vierten Intubationsversuch vor. Etwa um 3.45 Uhr traf die Oberärztin Dr. P. ein und um 3.55 Uhr gelang die Intubation. </p>
<span class="absatzRechts">135</span><p class="absatzLinks">Das entspricht ungefähr den Angaben des Zeugen Dr. O., der in seiner dienstlichen Stellungnahme zu dem Todesfall berichtet, etwa 10 Minuten nach der vierten Intubation sei die Patientin bradycard geworden. Daraufhin sei die Oberärztin verständigt worden, die nach etwa 5 - 7 Minuten eingetroffen sei. </p>
<span class="absatzRechts">136</span><p class="absatzLinks">Nach dem Sachverständigengutachten betragen die Wiederbelebungszeiten für das Gehirn unter normothermen Bedingungen etwa 4 - 6 Minuten. </p>
<span class="absatzRechts">137</span><p class="absatzLinks">Dieser Zeitraum war bis zum zweiten Fehlversuch nicht überschritten worden, wie sich aus der Tatsache ergibt, dass sich die jeweils eingetretenen Zyanosen nach der jeweiligen Extubation und der nachfolgenden Maskenbeatmung schnell zurückbildeten und die Patientin bei Eintreffen schnell zurückbildeten und die Patientin bei Eintreffen des Beklagten zu 4) zusehends wacher wurde. </p>
<span class="absatzRechts">138</span><p class="absatzLinks">Zugunsten der Kläger greifen für den Kausalitätsablauf aber auch zumindest Beweiserleichterungen ein. </p>
<span class="absatzRechts">139</span><p class="absatzLinks">Beweiserleichterungen bis hin zur Kausalitätsvermutung kommen dem Geschädigten nach der Rechtsprechung zugute, wenn ein grober Behandlungsfehler festgestellt ist (BGHZ 85, 212; MDR 1988, 852). </p>
<span class="absatzRechts">140</span><p class="absatzLinks">Als grober Behandlungsfehler ist ein Verhalten zu werten, das zwar nicht notwendig aus subjektiven, in der Person des Arztes liegenden Gründen, aber aus objektiver ärztlicher Sicht bei Anlegung des für einen Arzt geltenden Ausbildungs- und Wissensmaßstabs nicht mehr verständlich und verantwortbar erscheint, weil ein solcher Fehler dem behandelnden Arzt aus dieser Sicht schlechterdings nicht unterlaufen darf (BGH VersR 1983, 729). </p>
<span class="absatzRechts">141</span><p class="absatzLinks">Zwar ist mit dem Landgericht im Anschluss an das überzeugende Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. L. kein Behandlungsfehler darin zu sehen, dass sich die Beklagte zu 1) zu einer sogenannten Blitzintubation entschloss und diese ohne Hinzuziehung der Oberärztin Dr. P. durch den Zeugen Dr. O. vornehmen ließ bzw. den zweiten Versuch selbst vornahm. </p>
<span class="absatzRechts">142</span><p class="absatzLinks">Ihr Fehlverhalten liegt vielmehr darin, dass sie es pflichtwidrig unterließ, nach dem zweiten Versuch die Oberärztin hinzuzuziehen. </p>
<span class="absatzRechts">143</span><p class="absatzLinks">Mit der Hinzuziehung des Beklagten zu 4) genügte sie nicht den an sie als erste diensthabende Ärztin zu stellenden Anforderungen an eine ordnungsgemäße Betreuung der Patienten. </p>
<span class="absatzRechts">144</span><p class="absatzLinks">Auch hierbei handelt es sich im weiteren Sinn um einen Behandlungsfehler, da der Begriff des Behandlungsfehlers nicht auf die eigentliche Behandlung der Patientin beschränkt ist, sondern sich auf ein Verschulden bei der Übernahme oder Fortführung der Behandlung ohne die erforderliche Spezialerfahrung und Übung erstreckt (Steffen, Neue Entwicklungslinien der BGH-Rechtsprechung zum Arzthaftungsrecht, 2. AufI., Seite 30). </p>
<span class="absatzRechts">145</span><p class="absatzLinks">Bei Anlegung des oben dargestellten Maßstabes handelte die Beklagte zu 1) grob fehlerhaft. Nachdem sowohl dem Zeugen Dr. O. als auch ihr selbst ein Intubationsversuch misslungen war, obwohl sie am Ende ihrer Facharztausbildung stand, reichte es schlechterdings nicht aus, zunächst lediglich einen weiteren Assistenzarzt herbeizurufen in der Hoffnung, diesem werde die regelrechte Intubation gelingen. </p>
<span class="absatzRechts">146</span><p class="absatzLinks">Aus welchen Gründen die Beklagte zu 1) annahm, diesem werde, obwohl er sich ebenfalls noch in der Facharztausbildung befand, die Intubation gelingen, trägt sie substantiiert auch nicht vor. </p>
<span class="absatzRechts">147</span><p class="absatzLinks">Sie verweist in der Berufungsbegründung lediglich darauf, dass dieser aufgrund seiner Tätigkeit - wohl auf der anästhesistischen Intensivstation bereits über gute Erfahrungen verfügt habe. </p>
<span class="absatzRechts">148</span><p class="absatzLinks">Da sie selbst aber unmittelbar vor ihrer Facharztprüfung als Anästhesistin stand, also mindestens gleichgute Erfahrungen gehabt haben muss, rechtfertigt dieser Erfahrungszustand des Beklagten zu 4) angesichts der fehlgeschlagenen Versuche nicht, von der Hinzuziehung der Oberärztin abzusehen. </p>
<span class="absatzRechts">149</span><p class="absatzLinks">Der grobe Behandlungsfehler der Beklagten zu 1) hat, weil er eine sofortige sachgerechte Behandlung nach dem zweiten Intubationsversuch durch die Oberärztin Dr. P. verhindert hat, die Aufklärung des hypothetischen weiteren Verlaufs der Behandlung, die für die Patientin ohne nachhaltige Gesundheitsschädigung lebenserhaltend hätte sein können, erschwert. </p>
<span class="absatzRechts">150</span><p class="absatzLinks">Dies ist einer der wesentlichen Gründe, die die Beweislasterleichterung zugunsten des Geschädigten rechtfertigen (BGH MDR 1988, 852; BGHZ 85, 212, 216 f.). </p>
<span class="absatzRechts">151</span><p class="absatzLinks">Ohne das Fehlverhalten der Beklagten zu 1) hätte sich herausgestellt, ob die Patientin ohne nachhaltige Gesundheitsschädigung überlebt hätte. </p>
<span class="absatzRechts">152</span><p class="absatzLinks">Da der Oberärztin Dr. P. die regelrechte Intubation sofort gelungen ist, führt die Beweiserleichterung dazu, dass unter den hier gegebenen Umständen der den Klägern obliegende Beweis geführt ist, bei Hinzuziehung der Frau Dr. P. nach dem zweiten Intubationsversuch wäre Frau M. ohne nachhaltige Gesundheitsschädigung am Leben geblieben. </p>
<span class="absatzRechts">153</span><p class="absatzLinks">2. </p>
<span class="absatzRechts">154</span><p class="absatzLinks">Zu Unrecht beruft sich die Beklagte zu 1) auf § 839 Abs. 1 S. 2 BGB. Sie war nicht Beamtin, sondern Angestellte (vgl. Bl. 70 ff. Strafakten) . </p>
<span class="absatzRechts">155</span><p class="absatzLinks">In diesem Fall kommt § 839 BGB nur bei hoheitlicher Tätigkeit des Angestellten zur Anwendung (Palandt, Kommentar zum BGB, 46. Aufl., § 839 Anm. 3), denn bei privatrechtlichem Handeln gilt für die Eigenhaftung des Beamten nicht der haftungsrechtliche, sondern der staatsrechtliche Beamtenbegriff. </p>
<span class="absatzRechts">156</span><p class="absatzLinks">Die ärztliche Behandlung hat, von wenigen Ausnahmen bei Zwangsbehandlung - etwa von eingewiesenen Geisteskranken - abgesehen, privatrechtlichen Charakter (vgl. Steffen a.a.O., Seite 2; Laufs, Arztrecht, 4. Aufl., Seite 26; Palandt, § 839 Anm. 2 Acc; vgl. auch Nr. 1 der Aufnahmebedingungen, Bl. 109 d. A.), so dass sich die Haftung der Beklagten zu 1) nicht nach § 839 BGB, sondern nach § 823 BGB bestimmt. </p>
<span class="absatzRechts">157</span><p class="absatzLinks">3. </p>
<span class="absatzRechts">158</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte zu 1) hat gemäß § 844 Abs. 1 BGB den Klägern die Beerdigungs- kosten in Höhe der vom Landgericht zuerkannten 5.946,13 DM zu ersetzen. </p>
<span class="absatzRechts">159</span><p class="absatzLinks">Die Höhe dieses Betrages hat sie in zweiter Instanz nicht angegriffen. Entgegen der Auffassung des Landgerichts sind die Kläger aber nicht Gesamtgläubiger. Mangels anders lautenden Vortrages ist davon auszugehen, dass beide Kläger Erben der verstorbenen Frau M. sind. </p>
<span class="absatzRechts">160</span><p class="absatzLinks">Zwar hat der Kläger zu 1) im Schriftsatz vom 27. September 1988 (BI. 612 d. A.) vorgetragen, er habe sich als Erbe entschlossen, das Antiquitätengeschäft zu schließen. Der Hinweis, dass er Erbe sei, schließt aber nicht aus, dass auch der Kläger zu 2) Erbe geworden ist. </p>
<span class="absatzRechts">161</span><p class="absatzLinks">Sind beide Kläger Erben geworden, steht ihnen als Erbengemeinschaft die Forderung zur gesamten Hand zu mit der Folge, dass eine gemeinsame Empfangszuständigkeit begründet ist. </p>
<span class="absatzRechts">162</span><p class="absatzLinks">Zu Unrecht hat das Landgericht die Klage des Klägers zu 2) wegen der weitergehenden Zahlungsansprüche mit der Begründung abgewiesen, ihm sei kein eigener Schaden entstanden. </p>
<span class="absatzRechts">163</span><p class="absatzLinks">Zwar ist es richtig, dass die infolge ihres Todes weggefallene Betreuungsleistung der Mutter durch die Ersatzkraft - soweit das möglich ist - ausgeglichen worden ist. </p>
<span class="absatzRechts">164</span><p class="absatzLinks">Dadurch ist aber der Schaden ebensowenig wie in dem Fall weggefallen, in dem das Kind von unterhaltspflichtigen Verwandten betreut wird. </p>
<span class="absatzRechts">165</span><p class="absatzLinks">Das ergibt sich auch aus dem nach § 844 Abs. 2 2. Halbsatz in bezug genommenen § 843 Abs. 4 BGB. Die Vorschrift ist Ausdruck des allgemeinen Rechtsgedankens, dass auf den Schaden keine Leistungen anderer anzurechnen sind, die nach ihrer Natur dem Schädiger nicht zugute kommen sollen. </p>
<span class="absatzRechts">166</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht verneint aber gerade einen Schaden wegen der Leistung des Klägers zu 1). Die Begründung, der Schaden sei in vollem Umfang auf den Kläger zu 1) verlagert, vermag wegen der gesetzlichen Regelung nicht zu überzeugen (vgl. auch den ähnlich gelagerten, vom BGH entschiedenen Fall in FamRZ 1973, 535). </p>
<span class="absatzRechts">167</span><p class="absatzLinks">Ebenfalls ist aus den Gründen des angefochtenen Urteils dem Feststellungsan-trag stattzugeben. </p>
<span class="absatzRechts">168</span><p class="absatzLinks">Wegen der übrigen Ansprüche ist die Klage gegen die Beklagte zu 1) noch nicht zur Entscheidung reif. Der Senat verweist hierzu auf den Hinweisbeschluss vom heutigen Tage. </p>
<span class="absatzRechts">169</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">170</span><p class="absatzLinks">Die mit der Berufung der Kläger weiterverfolgten Ansprüche sind ebenfalls teilweise zur Entscheidung reif. Gegen die in der Berufungsbegründung geltend gemachte Erweiterung des Zahlungsantrages bestehen prozessual keine Bedenken. </p>
<span class="absatzRechts">171</span><p class="absatzLinks">1. </p>
<span class="absatzRechts">172</span><p class="absatzLinks">Die Klage gegen die Beklagte zu 3) ist im selben Umfang wie die Klage gegen die Beklagte zu 1) begründet. </p>
<span class="absatzRechts">173</span><p class="absatzLinks">a) </p>
<span class="absatzRechts">174</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte zu 3) hat den Klägern für das Fehlverhalten der Beklagten zu 1) nach § 831 BGB einzustehen. Diese ist als Verrichtungsgehilfin der Beklagten zu 3) anzusehen. </p>
<span class="absatzRechts">175</span><p class="absatzLinks">Daran ändert nichts, wenn zwischen der verstorbenen Frau M. und dem Beklagten zu 2) ein sogenannter gespaltener Arzt/Krankenhausvertrag bestanden hat. </p>
<span class="absatzRechts">176</span><p class="absatzLinks">In diesem Fall haftet zwar der Krankenhausträger auch deliktisch nicht für Fehler des selbst liquidierenden Arztes. Dieser ist nicht als Organ oder Verrichtungsgehilfe des Krankenhausträgers anzusehen (BGHZ 85, 393; 89, 263; Steffen, a.a.O., Seite 7, 19). </p>
<span class="absatzRechts">177</span><p class="absatzLinks">Aber auch bei einem solchen Vertrag werden die dem vertragsschließenden Arzt nachgeordneten Ärzte nicht nur als dessen Verrichtungsgehilfen tätig. </p>
<span class="absatzRechts">178</span><p class="absatzLinks">Wegen der Verzahnung ihrer Aufgaben mit ihrer PflichtensteIlung im Klinikbetrieb sind sie vielmehr auch als Gehilfen des Krankenhausträgers anzusehen, für deren Fehler deshalb auch dieser gesamtschuldnerisch neben dem selbst liquidierenden Arzt einstehen muss (Steffen, a.a.O., Seite 7, 8). </p>
<span class="absatzRechts">179</span><p class="absatzLinks">b) </p>
<span class="absatzRechts">180</span><p class="absatzLinks">Eine Haftung des Krankenhausträgers für die nachgeordneten Ärzte scheidet aber aus, wenn er im Fall eines gespaltenen Arzt/Krankenhausvertrages mit dem Patienten die Trennung der Behandlungs- und Haftungsbereiche auch für die nachgeordneten Ärzte vereinbart (Steffen, a.a.O., Seite 7) und diese als Beauftragte eines liquidationsberechtigten Arztes tätig geworden sind. Daran fehlt es im Streitfall: </p>
<span class="absatzRechts">181</span><p class="absatzLinks">Zu Unrecht beruft sich die Beklagte zu 3) darauf, in Nr. 13 der Aufnahmebedingungen sei eine derartige Vereinbarung mit der verstorbenen Frau M. getroffen worden. </p>
<span class="absatzRechts">182</span><p class="absatzLinks">Nr. 13 der Aufnahmebedingungen ist nämlich schon nicht Vertragsbestandteil des Aufnahmevertrages geworden. </p>
<span class="absatzRechts">183</span><p class="absatzLinks">Bei den Aufnahmebedingungen handelt es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des AGB-Gesetzes. Es sind für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen, die die Beklagte zu 3) den bei ihr Aufnahme suchenden Patienten bei Abschluss des Aufnahmevertrages stellt. </p>
<span class="absatzRechts">184</span><p class="absatzLinks">Die Klausel in Nr. 13 der Bedingungen ist so ungewöhnlich, dass ihr ein Überrumpelungseffekt innewohnt. </p>
<span class="absatzRechts">185</span><p class="absatzLinks">Haftungsausschlussklauseln widersprechen grundsätzlich dem Leitbild des gerade auf den Schutz der Gesundheit des Patienten angelegten Behandlungsvertrages und verschieben die Risikolasten unzulässig (Steffen, a.a.O., Seite 6). </p>
<span class="absatzRechts">186</span><p class="absatzLinks">Wenn man eine haftungsmodifizierende Klausel, wie hier, dennoch für zulässig erachtet, muss der Patient deutlich auf Existenz und Tragweite der Klausel hingewiesen werden. An einem solchen Hinweis fehlt es. </p>
<span class="absatzRechts">187</span><p class="absatzLinks">In der vorgedruckten Verpflichtungserklärung, in der der Patient die Aufnahmebedingungen anerkennt und bestätigt, sie ausgehändigt erhalten zu haben, fehlt jeglicher Hinweis auf den Haftungsausschluss. </p>
<span class="absatzRechts">188</span><p class="absatzLinks">In den Aufnahmebedingungen selbst, die aus 3 1/2 eng bedruckten Seiten bestehen, befindet sich die Klausel auf der letzten Seite als Nr. 13 von insgesamt 15 Klauseln. </p>
<span class="absatzRechts">189</span><p class="absatzLinks">Zwar ist sie wie die übrigen Klauseln auch mit einer drucktechnisch deutlich hervorgehobenen Überschrift versehen; doch reicht das wegen der Bedeutung für den Patienten nicht aus. </p>
<span class="absatzRechts">190</span><p class="absatzLinks">Um ihr den Überrumpelungseffekt zu nehmen und um dem bei der Unterzeichnung der Verpflichtungserklärung wegen seiner körperlichen und seelischen Verfassung in der Aufnahmefähigkeit häufig beeinträchtigten Patienten Rechnung zu tragen, hätte schon die Verpflichtungserklärung einen nicht zu übersehenden Hinweis auf den Haftungsausschluss enthalten müssen. </p>
<span class="absatzRechts">191</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte zu 3) beruft sich aber auch deshalb zu Unrecht auf die Klausel, weil deren Voraussetzungen in bezug auf die Beklagte zu 1) überhaupt nicht vorliegen. </p>
<span class="absatzRechts">192</span><p class="absatzLinks">Nach Nr. 13 Abs. 2 der Bedingungen sind Schäden von der Haftung u. a. ausgeschlossen, die durch Liquidationsberechtigte Professoren sowie deren Beauftragte infolge der persönlichen privaten Behandlung durch diese verursacht werden. </p>
<span class="absatzRechts">193</span><p class="absatzLinks">Die Anwendung der Klausel scheitert allerdings nicht schon deshalb, weil ein privatärztlicher Behandlungsvertrag zwischen dem Beklagten zu 2) und Frau M. nicht zustande gekommen wäre. </p>
<span class="absatzRechts">194</span><p class="absatzLinks">Zwar hat der Beklagte zu 2) persönlich keinen Vertrag mit ihr geschlossen. Das ist indessen unschädlich, weil der selbstliquidationsberechtigte Prof. Dr. K. einen privatärztlichen Behandlungsvertrag mit Frau M. abgeschlossen hat. Das hat das Landgericht im Einzelnen ausgeführt. </p>
<span class="absatzRechts">195</span><p class="absatzLinks">Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat, der insoweit den Gründen des angefochtenen Urteils folgt, auf diese gemäß § 543 Abs. 1 ZPO Bezug. </p>
<span class="absatzRechts">196</span><p class="absatzLinks">Die Ausführungen in der Berufungsbegründung geben zu einer anderen Beurteilung keinen Anlass. In einem solchen Fall rücken alle selbstliquidierenden Ärzte, die mit der Behandlung befasst werden, in die Vertragspartnerstellung ein und werden dem Patienten verpflichtet (BGH NJW 1981, 2002). Das sieht im Übrigen auch Nr. 4 Abs. 3 der Aufnahmebedingungen vor. </p>
<span class="absatzRechts">197</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte zu 2) ist als Vorstand der Abteilung Anästhesie und als deren Chefarzt bei der Beklagten zu 3) unstreitig selbstliquidationsberechtigter Professor. </p>
<span class="absatzRechts">198</span><p class="absatzLinks">Der Haftungsausschluss greift aber deshalb nicht, weil die Beklagte zu 1) den Tod der Frau M. nicht als Beauftragte des Beklagten zu 2) infolge der persönlichen privaten Behandlung verursacht hat. </p>
<span class="absatzRechts">199</span><p class="absatzLinks">Durch den Vertragsschluss über die Wahlleistung erwarb Frau M. ein Recht auf Behandlung durch den Beklagten zu 2). </p>
<span class="absatzRechts">200</span><p class="absatzLinks">Ob dieser sich durch die Oberärztin Dr. P. vertreten lassen durfte, ohne seinen Honoraranspruch zu verlieren, kann dahinstehen. </p>
<span class="absatzRechts">201</span><p class="absatzLinks">Jedenfalls entsprach die Behandlung, durch die Beklagte zu 1), eine Assistenzärztin in der Weiterbildung, nicht mehr seinen Vertragspflichten. </p>
<span class="absatzRechts">202</span><p class="absatzLinks">Dies lief auch der von der Beklagten zu 3) nicht bestrittenen Weisung des Beklagten zu 2) zuwider, zur Behandlung von Privatpatienten den diensttuenden Oberarzt zuzuziehen. </p>
<span class="absatzRechts">203</span><p class="absatzLinks">Dass dieser Handhabung Hindernisse entgegen gestanden hätten, ist nicht ersichtlich. </p>
<span class="absatzRechts">204</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte zu 1) hatte - wie sie bei Übernahme der Behandlung selbst einräumt - überhaupt nicht erkannt, dass Frau M. "Privatpatientin" war. </p>
<span class="absatzRechts">205</span><p class="absatzLinks">Aus allen diesen Gründen ist deshalb davon auszugehen, dass die Verstorbene bei der anästhesistischen Behandlung nicht Empfängerin einer ärztlichen Wahlleistung gewesen ist. </p>
<span class="absatzRechts">206</span><p class="absatzLinks">Dann kann aber auch der Haftungsausschluss nicht in Betracht kommen, der nur für eine Behandlung auf Grund Arztzusatzvertrages vorgesehen ist. </p>
<span class="absatzRechts">207</span><p class="absatzLinks">Dieser Beurteilung steht die in Medizinrecht 1988, 86 veröffentlichte Entscheidung des BGH nicht entgegen. </p>
<span class="absatzRechts">208</span><p class="absatzLinks">In diesem Fall ging es um die Frage, zwischen wem ein Vertrag zustande kommt, wenn ein Kassenpatient in die Krankenhausambulanz überwiesen und dort die Behandlung nicht von dem die Ambulanz kraft kassenärztlicher Beteiligung gemäß § 368 a Abs. 8 RVO betreibenden Chefarzt, sondern von einem nachgeordneten Klinikarzt durchgeführt wird. </p>
<span class="absatzRechts">209</span><p class="absatzLinks">Der Fall zeichnet sich durch die Besonderheit aus, dass dem im Krankenhaus tätigen Chefarzt in bestimmtem Rahmen die ambulante Behandlung von Kassenpatienten gestattet war, obwohl die ambulante Versorgung nicht zu den Aufgaben des Krankenhauses gehörte. </p>
<span class="absatzRechts">210</span><p class="absatzLinks">Nach der Auffassung des BGH ergibt sich aus der sozialversicherungsrechtlichen Regelung, dass allein der Chefarzt und nicht der Krankenhausträger Vertragspartner des Kassenpatienten ist, und zwar auch dann, wenn der Chefarzt seiner Verpflichtung zur persönlichen Behandlung des Patienten nicht nachgekommen ist, sondern diese Behandlung vollständig einem Oberarzt überlassen hat. </p>
<span class="absatzRechts">211</span><p class="absatzLinks">Im vorliegenden Fall ist die Tätigkeit der Beklagten zu 1) aber aus den oben angeführten Gründen nicht als eine solche im Rahmen eines Behandlungsvertrages zwischen dem Beklagten zu 2) und Frau M. zu sehen. Sie ist vielmehr im Rahmen der allgemeinen ärztlichen Versorgung der Klinik erfolgt. </p>
<span class="absatzRechts">212</span><p class="absatzLinks">c) </p>
<span class="absatzRechts">213</span><p class="absatzLinks">Ist danach der Haftungsausschluss weder wirksam vereinbart, noch kommt er im vorliegenden Fall zum Tragen, haftet die Beklagte zu 3) für das Fehlverhalten der Beklagten zu 1) nach § 831 BGB im selben Umfang wie diese, da sie sich nicht entlastet hat. </p>
<span class="absatzRechts">214</span><p class="absatzLinks">2. </p>
<span class="absatzRechts">215</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist unbegründet, soweit die Kläger den Beklagten zu 2) in An-spruch nehmen. </p>
<span class="absatzRechts">216</span><p class="absatzLinks">a) </p>
<span class="absatzRechts">217</span><p class="absatzLinks">Eine vertragliche Haftung zugunsten der Kläger aus dem Arztzusatzvertrag zwischen dem Beklagten zu 2) und Frau M. kommt nicht in Betracht. </p>
<span class="absatzRechts">218</span><p class="absatzLinks">Der Schutz von Vermögensinteressen dritter Personen wird vom Arzt grundsätzlich nur bei entsprechender ausdrücklicher Verabredung übernommen (BGHZ 89, 263, 266, 267; Steffen, a.a.O., Seite 22). Hieran fehlt es. </p>
<span class="absatzRechts">219</span><p class="absatzLinks">Zudem finden §§ 844 Abs. 2, 845 BGB bei vertraglichen Ansprüchen keine Anwendung (Palandt, Vorbemerkung vor § 240, Anm. 6 a). </p>
<span class="absatzRechts">220</span><p class="absatzLinks">b) </p>
<span class="absatzRechts">221</span><p class="absatzLinks">Wegen etwaigen Ansprüchen aus unerlaubter Handlung kann der Beklagte zu 2) nach § 839 Abs. 1 S. 2 BGB auf die Schadensersatzpflicht der Beklagten zu 1) und 3) verweisen. </p>
<span class="absatzRechts">222</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte zu 2) ist als ordentlicher Professor (vgl. BI. 102 GA) Beamter im staatsrechtlichen Sinn und haftet deshalb nur subsidiär, da allenfalls ein fahrlässiger Pflichtenverstoß in Betracht kommt. </p>
<span class="absatzRechts">223</span><p class="absatzLinks">Auch das eigene Liquidationsrecht hindert die Verweisungsbefugnis nicht, weil der Haftungsausschluss nach § 13 der Aufnahmebedingungen nicht Vertragsbestandteil geworden ist. </p>
<span class="absatzRechts">224</span><p class="absatzLinks">Es ist deshalb nicht von einem gespaltenen Arzt/Krankenhausvertrag auszugehen, bei dem der Krankenhausträger für Fehler des selbstliquidierenden Arztes auch deliktisch nicht haftet (vgl. Steffen, a.a.O., S. 19). </p>
<span class="absatzRechts">225</span><p class="absatzLinks">Hier ist vielmehr ein (sog. totaler) Krankenhausvertrag mit Arztzusatzvertrag geschlossen worden, bei dem der Krankenhausträger auch im Bereich der von </p>
<span class="absatzRechts">226</span><p class="absatzLinks">liquidationsberechtigten Ärzten zu erbringenden Leistungen für Fehler haftet. </p>
<span class="absatzRechts">227</span><p class="absatzLinks">Hinzu kommt, dass - wie oben ausgeführt - die Beklagte zu 1) nicht als Beauf-tragte des Beklagten zu 2) in dessen Funktion als liquidationsberechtigtem Chefarzt, sondern in der vom Krankenhausträger geschuldeten ärztlichen Grundversorgung tätig geworden ist. </p>
<span class="absatzRechts">228</span><p class="absatzLinks">Soweit dem Beklagten zu 2) bei der Anleitung und Überwachung der Beklagten zu 1) Fehler unterlaufen sein sollten, wären dies Versäumnisse in seiner Funktion als Klinikleiter, die ebenfalls in den Bereich gehören, für den die Beklagte zu 3) nach den Vorschriften der §§ 30, 31 BGB ohne Ausschlussmöglichkeit haftet. </p>
<span class="absatzRechts">229</span><p class="absatzLinks">Eine eigene Schadensersatzpflicht des Beklagten zu 2) ist damit ausgeschlossen. </p>
<span class="absatzRechts">230</span><p class="absatzLinks">III. </p>
<span class="absatzRechts">231</span><p class="absatzLinks">Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) müssen die Kläger nach §§ 91, 100 Abs. 1 ZPO je zur Hälfte tragen. </p>
<span class="absatzRechts">232</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung im Übrigen muss dem Schlussurteil vorbehalten bleiben, weil noch nicht abzusehen ist, inwieweit die Kläger und die Beklagten zu 1), 3) und 4) obsiegen oder unterliegen. </p>
<span class="absatzRechts">233</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den Vorschriften der §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. </p>
<span class="absatzRechts">234</span><p class="absatzLinks">Beschwer für die Kläger und die Beklagten zu 1) und 3): 181.377,26 DM. </p>
|
315,313 | ag-dortmund-1988-11-08-132-c-29188 | {
"id": 647,
"name": "Amtsgericht Dortmund",
"slug": "ag-dortmund",
"city": 407,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 132 C 291/88 | "1988-11-08T00:00:00" | "2019-03-13T14:52:11" | "2022-10-18T15:08:37" | Urteil | ECLI:DE:AGDO:1988:1108.132C291.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 415,-- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 27.09.1988 zu zahlen.</p><p>Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p><p>Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 9/10 und der Beklagte 1/10 zu tragen.</p><p>Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p><p>Der Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung i.H.v. 600,-- DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p><p>Der Kläger kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 600,-- DM abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><strong>TATBESTAND:</strong></p><span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Am 27.07.1986 schleppte der Kläger, der einen Autodienst betreibt, im Auftrag des Beklagten einen schrottreif verunfallten Pkw Opel Ascona des Beklagten auf das Gelände des klägerischen Unternehmens. Da der Beklagte sein Unfallauto trotz mehrfacher Aufforderungen des Klägers nicht abholte, verschrottete der Kläger das Auto im Jahr 1988.</p><span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Kläger begehrt vom Beklagten Zahlung der Abschleppkosten i.H.v. 125,-- DM und Standgebühren für den Zeitraum 27.07.1986 bis 29.02.1988 in einer Gesamthöhe von 3.789,50 DM jeweils zzgl. MwSt. unter Abzug einer Zahlung des Beklagten i.H.v. 200,-- DM und beantragt,</p><span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 4.262,53 DM nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen.</p><span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p><span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">                                          die Klage abzuweisen.</p><span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte ist der Ansicht, daß dem Kläger über den gezahlten Betrag 200,-- DM hinaus keine Forderung zustehe.</p><span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Akteninhalt verwiesen.</p><span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks"><strong>ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:</strong></p><span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist teilweise begründet.</p><span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger steht unstreitig die Abschleppvergütung i.H.v. 125,-- DM nebst 14 % MwSt. = 142,50 DM vertraglich zu.</p><span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich der Standkosten steht dem Kläger gem. §§ 677, 683 Satz 1, 670 BGB oder §§ 677, 684 Satz 1, 812 Abs. 1 Satz 1, 818 Abs. 2 BGB ein Gesamtbetrag i.H.v.472,50 DM zu. Nach Ansicht des erkennenden Richters ist der Kläger berechtigt, bis zum 31.12.1986 zu berechnen. Nach diesem Zeitpunkt traf den Kläger nach Ansicht des erkennenden Richters gem. § 242 BGB die Obliegenheit, das Auto vor dem Haus abzustellen, in dem der Beklagte damals wohnte, und den Beklagten entsprechend zu benachrichtigen. Zur Höhe der täglichen Standkosten hält der erkennende Richter gem. § 287 Abs. 2 ZPO einen Betrag von 3,-- DM für gerechtfertigt.</p><span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 1 BGB; 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.</p>
|
315,314 | ag-essen-1988-10-31-12-c-56288 | {
"id": 657,
"name": "Amtsgericht Essen",
"slug": "ag-essen",
"city": 417,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 12 C 562/88 | "1988-10-31T00:00:00" | "2019-03-13T14:52:13" | "2022-10-18T15:08:37" | Urteil | ECLI:DE:AGE1:1988:1031.12C562.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Tatbestand:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beauftragte im April 1988 den Beklagten, anläßlich der Hochzeit des Klägers im Fotostudio des Beklagten Hochzeitsfotos vom Kläger und seiner Ehefrau anzufertigen. Es wurde vereinbart, dass jedes Foto 25,00 DM kosten solle, und dass der Beklagte etwa zehn Fotos erstellen solle. Vereinbarungsgemäß fertigte der Beklagte am 07.05.1988 Aufnahmen, aus denen der Kläger am 25.05.1988 elf Stück auswählte und bezahlte, wovon vier Stück wegen falschen Ausschnittes kostenlos –in vom Kläger aber nochmals gerügter Qualität- nachgebessert wurden. Der Kläger begehrt die Übereignung der zugehörigen elf Negative und deren Herausgabe und hält dafür, es handele sich bei der Arbeit um ein handwerkliches Produkt, Teil der Leistungen des Beklagten nach dem Vertrage müsse es zumindest im Wege der ergänzenden Auslegung sein, auch die Negative herauszugeben. </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">den Beklagten zu verurteilen, zu erklären, dass das Eigentum an den 11 Hochzeits-Portrait-Fotos-Negativen, die der Beklagte am 07.05.1988 unter den Archivnummern 308/18-2 A, -4 A, -6 B, -6 C, -7 A, -8 A, -9 B, - 11 B, -13 A, -13 C und 16 B von dem Kläger und seiner Braut hergestellt hat, auf den Kläger übergehen soll; und ihn weiter zu verurteilen,</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">mit Rechtskraft des Urteils, die mit dem Antrag zu 1) näher bezeichneten 11 Foto-Negative an den Kläger herauszugeben.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hält dafür, die von ihm zu erbringende Leistung sei nur das Endprodukt, das Foto. Auch weil ihm das alleinige Recht zustehe, Vervielfältigungen herzustellen, müsse er das Recht haben, das Negativ zu behalten.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die auf eine werkvertragliche Eigentumsverschaffungspflicht an den Negativen gestützte Klage ist nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der Vertrag der Parteien ist ein Werkvertrag. Es entspricht ganz überwiegender Meinung, dass ein Vertrag, der eine zum Beispiel in einem Foto verkörperte geistige Leistung zum Gegenstand hat, vorwiegend dem Werkvertragsrecht zu unterstellen ist. Es sind auch nicht die Regeln des Werklieferungsvertrages anzuwenden, weil die bei der Erstellung der Fotos verwendeten Materialien völlig geringwertig im Vergleich mit der aufgewendeten Studiozeit und dem Zeitaufwand für die Erstellung der Abzüge sind (vgl. nur Palandt-Thomas, § 651 Anmerkung 1 a; OLG Hamburg, Urteil vom 21.02.1980, 3 U 110/79 (Seite 9 bei Schulze, OLGZ 225). Danach hatte der Beklagte im vorliegenden Fall zumindest und insoweit unstrittig die Pflicht, Fotoaufnahmen des Klägers und seiner nunmehrigen Ehefrau anzufertigen und Fotoaufnahmen hierüber an den Kläger gegen Entgelt zu übereignen. Außerdem treffen den Beklagten entsprechende werkvertragliche Gewährleistungspflichten.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Aus dieser grundsätzlichen Rechtslage folgt aber nicht unmittelbar auch die Pflicht des Beklagten, die gefertigten Negative zu den schließlich übereigneten Fotos ebenfalls an den Kläger zu übereignen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">a) Die von den Parteien vorgelegten amtsgerichtlichen Urteile über vergleichbare Fälle (AG Regensburg, 6 C 3682/86, Urteil vom 14.04.1987; AG Bad Neustadt an der Saale, C 60/88, Urteil vom 08.04.1988, AG Weilheim, Zweigstelle Schongau, C 287/86, Urteil vom 18.12.1986) erörtern zwar zu Recht den Fall, ob bei der Auslegung des geschlossenen Vertrages nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte, §§ 133, 157 BGB, sich eine Pflicht ergibt, auch die Negative zu übereignen. Eine solche Pflicht könne ohne weiteres vereinbart worden sein. Das ist vorliegend unstrittig nicht der Fall bei Abschluß des Vertrages ist über das Eigentum an den Negativen nicht gesprochen worden.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">Im Zweifel aber ist dann davon auszugehen, dass eine Pflicht zur Verschaffung des Eigentums an den Negativen nicht vereinbart ist.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">b) Denn der vorliegende Fall bewegt sich im Bereich des Urheberrechts, § 2 Absatz 1 Nummer 5 Urheberrechtsgesetz. Lichtbildwerke sind grundsätzlich urheberrechtlich geschützt. Fehlgeht allerdings die Auffassung des Beklagten, hieraus folge unmittelbar, dass er das Eigentum an den Negativen behalten könne. Das Urheberrecht steht in keinem zwingenden Zusammenhang mit dem Eigentumsrecht an den Werken oder Vorstufen zu den Werken. Ein Original im Sinne des Urheberrechts kann unbeschadet des Urheberrechts veräußert werden, wie sich aus den §§ 17 Absatz 1, 44 Urheberrechtsgesetz unmittelbar ergibt und wie es gerade auch für die vorliegende Konstellation, das Eigentum an Negativ und Positiv, schon vom Reichsgericht entschieden worden ist /RGZ 108, 44 ff), ohne dass sich die Rechtslage durch die Neufassung des Urheberrechtsgesetzes insoweit geändert hätte. Selbst wenn also der Beklagte das Negativ mitübereignet hätte, wäre damit im Zweifel, ohne besondere andere Abrede, noch nicht das Nutzungsrecht mit- übertragen (§ 44 Absatz 1 Urheberrechtsgesetz). Es stehen also das Eigentum am Foto, das Eigentum am Negativ und das Urheberrecht in keinem zwingend aneinandergeketteten Zusammenhang. </p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">Allerdings folgt aus dem Umstand, dass die Anfertigung der Aufnahmen dem Urheberrechtsbereich zuzuordnen ist, doch unmittelbar, dass eine Annahme einer Übereignungspflicht hinsichtlich nicht ausdrücklich geregelter Teile der urheberrechtlichen Leistung eher fernliegt. Im Zweifel ist der Urheber gerade nicht verpflichtet, das Eigentum an seinen Werken zu übertragen (Landgericht Stuttgart, Urteil vom 07.08.1980, 17 O 150/80, Schulze LGZ Nummer 181; OLG Hamburg, a.a.O.). Für eine vergleichbare Konstellation hat es schon das Reichsgericht a.a.O. ausgeführt, dass hinsichtlich der Negative, damals noch Fotoplatten, "die Sache hier nicht anders liegt als im Regelfalle, wo der Berufsfotograf die Platten der bei ihm bestellten Bilder als sein Eigentum behält und aufbewahrt, um davon bei etwaiger künftiger Bestellung neue Abzüge gegen Entgelt zu liefern" (RGZ 108, 44, 46).</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">c) Diese Rechtslage hat sich durch das neu gefaßte Urheberrechtsgesetz nicht grundsätzlich geändert. Auch wenn man die vom Beklagten gefertigten Fotos dem Schutz dieses Gesetzes unterstellt, so ist doch der Kläger als Besteller der Werkleistung nicht etwa dem Beklagten nunmehr –mangels genauer Abreden über die weiteren Verwertungsrechte- "ausgeliefert". Zwar steht das Vervielfältigungsrecht grundsätzlich dem Urheber zu, § 16 Urheberrechtsgesetz. Dieses und die weiteren Nutzungsrechte an dem gefertigten Papierabzug werden nämlich im Zweifel mit dem Original gerade auch nicht mitveräußert (§ 44 Absatz 1 Urheberrechtsgesetz). Andererseits aber kann der Fotograf die gefertigten Aufnahmen nur mit der Einwilligung des Klägers etwa veröffentlichen (§ 141 Nummer 5 Urheberrechtsgesetz i.V.m. dem insoweit fortgeltenden § 22 Satz 1 des Kunsturhebergesetzes). Überdies kann der Kläger als nunmehriger Eigentümer des Fotoabzuges die mit den heutigen technischen Mitteln ohne weiteres möglichen einzelnen Vervielfältigungen für den privaten Gebrauch (§ 53 Absatz 1 Satz 1 Urheberrechtsgesetz). beispielsweise durch Bild vom Bild-Kopien herstellen lassen und verwenden. Erst wenn der Beklagte ohne Einwilligung des Klägers oder seiner nunmehrigen Ehefrau die Fotos verbreiten oder öffentlich zur Schau stellen würde, hätte der Kläger das Recht auf Übereignung (§§ 22, 38 Kunsturhebergesetz). Hierzu ist nichts dargetan.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nummer 11, 713 ZPO).</p>
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315,315 | ag-iserlohn-1988-10-28-42-c-43888 | {
"id": 680,
"name": "Amtsgericht Iserlohn",
"slug": "ag-iserlohn",
"city": 440,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 42 C 438/88 | "1988-10-28T00:00:00" | "2019-03-13T14:52:14" | "2022-10-18T15:03:51" | Urteil | ECLI:DE:AGIS:1988:1028.42C438.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.482,93 DM und 4 % Zinsen seit dem 19.08.1988 zu zahlen.</p>
<p>Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p>Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung</p>
<p>oder Hinterlegung von 1.600,-- DM abwenden, falls der Kläger</p>
<p>nicht Sicherheit in derselben Höhe leistet</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"> <span style="text-decoration:underline">Tatbestand:</span></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Am 24.05.1988 parkte die Ehefrau des Klägers den PKW des Klägers auf dem Parkplatz des von der Beklagten betriebenen Gartencenters in Iserlohn. Als die Ehefrau des Klägers das Fahrzeug verlassen wollte, rollte ein Einkaufswagen gegen das Fahrzeug des Klägers. Die Ehefrau des Klägers reklamierte den Schaden sofort; zwischenzeitlich waren zwei weitere leere Einkaufswagen gegen das Fahrzeug des Klägers gerollt.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Den ihm entstandenen Schaden beziffert der Kläger wie folgt:</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Instandsetzungskosten gemäß Kostenvoranschlag</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Firma ………….. vom 25.05.1988                            1.452,93 DM</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Unfallbedingte Pauschale                                                <span style="text-decoration:underline">30,--  DM</span></p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">                                                                      1.482,93 DM.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Mit der vorliegenden, der Beklagten am 19.08.1988 zugestellten Klage begehrt der Kläger Ersatz des ihm entstandenen Schadens.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Er beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">1.482,93 DM und 4 % Zinsen seit dem 26.06.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">1988 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Sie ist der Auffassung, daß sie ihrer Verkehrssicherungspflicht</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">genügt hat.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Sie trägt vor:</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Am Rande des Parkplatzes habe sie eine spezielle Sammelstelle für die Kundeneinkaufswagen eingerichtet, außerdem einen Mitarbeiter eingestellt, der die zurückgelassenen Einkaufswagen in einem 15- bis 20- minütigen Abstand einsammeln würde.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Wegen des weitergehenden Vortrages der Parteien wird auf die zwischen den Parteien im vorliegenden Verfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Entscheidungsgründe:</span></p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist gemäß § 823 Abs. 1 in Verbindung mit § 831 oder</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">§ 31 BGB in der Hauptsache begründet.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Der Beklagten oblag die Verpflichtung, notwendigen Vorkehrungen zum Schutz der Kunden zu treffen; diese Verpflichtung bezieht sich nicht nur auf Kunden, die das Ladengeschäft betreten, sondern auch auf die Personen, die befugtermaßen mit ihrem PKW den zur Verfügung gestellten Parkplatz aufsuchen. Soweit aufgrund der besonderen Umstände damit zu rechnen ist, daß leere Einkaufswagen, die von Kunden auf dem Parkplatzgelände abgestellt werden, sich selbstständig in Bewegung setzen können, besteht mithin die Verpflichtung, geeignete Vorkehrungen zu treffen, die verhindern, daß – in jedem Einzelfall – dort abgestellte Fahrzeug beschädigt werden.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Zwar hat der Kläger konkrete Umstände, die zusätzliche Maßnahmen über ein gelegentliches Einsammeln der Einkaufswagen hinaus erforderlich erscheinen lassen, nicht vorgetragen; allein die Tatsache, daß – unstreitig – innerhalb kurzer Zeit drei leere Einkaufswagen gegen das Fahrzeug des Klägers gerollt sind, macht jedoch hinreichend deutlich, daß Sicherungsmaßnahmen erforderlich waren. Dies wird von der Beklagten auch letztlich nicht in Zweifel gezogen; sie meint lediglich; daß die von ihr getroffenen Vorkehrungen (Sammelplatz / Einstellen eines Mitarbeiters allein für das Einsammeln der leeren Einkaufswagen) im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren ausreichend seien.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Diese Auffassung teilt das Gericht nicht; auch wenn die Beklagte – ihren Vortrag als richtig unterstellt – eigens einen Mitarbeiter eingestellt hat, der die Einkaufswagen in einem Abstand von 15 bis 20 Minuten einsammelt, ist die Beklagte der ihr obliegenden Verkehrssicherungspflicht nicht ausreichend nachgekommen. Daß diese Maßnahme allein bereits nicht geeignet ist, Schäden an Kraftfahrzeugen der Kunden zu verhindern, ergibt sich bereits daraus, daß abgestellte Einkaufswagen sich nicht erst nach 15 bis 20 Minuten selbstständig machen.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Es ist nicht die Aufgabe des Gerichts, im einzelnen festzustellen, durch welche Maßnahmen die Beklagte konkret der ihr obliegenden Verkehrssicherungspflicht Genüge getan hätte. Jedenfalls bestehen weitergehende Möglichkeiten, auf die das Landgericht Berlin (Versicherungsrecht 88, 720 f) bereits hingewiesen hat. Inwieweit derartige Maßnahmen allein oder zusätzlich im Einzelfall greifen, läßt sich theoretisch nicht beurteilen, hängt vielmehr von der Ausgestaltung der einzelnen Maßnahmen unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des jeweiligen Unternehmens ab.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Jedenfalls lassen sich zusätzliche Maßnahmen nicht als wirtschaftlich unzumutbar bezeichnen. Die für die Verbrauchermärkte vorteilhaften Einkäufe mit Einkaufswagen kann nicht dazu führen, im Rahmen der wirtschaftlichen Zumutbarkeit das Risiko einseitig auf den einzelnen Kunden zu verlagern.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Der Höhe nach ist die Klageforderung im wesentlichen unstreitig; der Kläger ist befugt, aufgrund des Kostenvoranschlages die fiktiven Reparaturkosten geltend zu machen,</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">ohne die Reparatur selbst durchgeführt zu haben; deshalb sind sämtliche Kosten erstattungspflichtig, die bei Reparatur in der Werkstatt anfallen.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Die Zinsforderung ist gemäß § 291 BGB ab Rechtshängigkeit begründet; im übrigen ist die Zinsforderung mangels Substantiierung eines früheren Verzugszeitpunktes unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.</p>
|
315,316 | lg-krefeld-1988-10-26-2-s-1388 | {
"id": 813,
"name": "Landgericht Krefeld",
"slug": "lg-krefeld",
"city": 448,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 2 S 13/88 | "1988-10-26T00:00:00" | "2019-03-13T14:52:16" | "2022-10-18T15:03:51" | Urteil | ECLI:DE:LGKR:1988:1026.2S13.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Klägers gegen das am 14.12.1987 verkündete Urteil des Amtsgerichts Krefeld wird als unbegründet zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Tatbestand und Entscheidungsgründe:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Zu Recht hat das Amtsgericht in dem angefochtenen Urteil den geltend gemachten Anspruch des Klägers auf Zahlung weiteren Schmerzensgeldes für unbegründet erachtet, weil der von der Beklagten gezahlte Betrag von 800,-- DM mit Hinblick auf Art und Schwere der erlittenen Unfallverletzung ausreichend und angemessen ist.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Berufungskammer hält die Ausführungen des angefochtenen Urteils für zutreffend und schließt sich ihnen in vollem Umfang an.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Auch die Berufungsbegründung gibt der Kammer nach erneuter Überprüfung keine Veranlassung, eine andere Entscheidung zu treffen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Ausweislich der von der Beklagten eingeholten und mit der Klageerwiderung vorgelegten ärztlichen Bescheinigung vom 30.12.1986 lag keine erhebliche Verletzung vor und war die Beweglichkeit der Halswirbelsäule nicht eingeschränkt, sondern lediglich schmerzhaft erschwert, weshalb als Therapie das Anlegen einer Schanz'schen Krawatte angeordnet wurde. Weitere Behandlungsmaßnahmen waren – ausweislich des vom Kläger vorgelegten Attestes vom 25.03.1988 – nicht erforderlich.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Verletzung war auch nicht so gravierend, daß der Kläger gehindert war, ein Fahrzeug zu führen; mit Ausnahme körperlicher Arbeiten waren ihm – ausweislich der ärztlichen Bescheinigung vom 30.12.1986 – alle Tätigkeiten erlaubt.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Das vom Kläger für erforderlich gehaltene Schmerzensgeld von insgesamt 2.000,-- DM ist von der Kammer bisher nur bei Halswirbelsäulen-Schleudertraumen schweren Grades, die weitere Behandlungsmaßnahmen und Erwerbsminderungen über Monate hinweg zur Folge hatten, oder bei Vorliegen weiterer Verletzungen zuerkannt worden.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Von einer nochmaligen Darlegung der Rechtslage wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Streitwert für das Berufungsverfahren: 1.235,- DM.</p>
|
315,317 | olgham-1988-10-25-2-uf-588 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 2 UF 5/88 | "1988-10-25T00:00:00" | "2019-03-13T14:52:17" | "2022-10-18T15:03:51" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1988:1025.2UF5.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Beklagten wird das am 3. Dezember 1987 verkündete Urteil des Amtsgerichts Essen abgeändert.</p>
<p></p>
<p>Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für die Zeit vom 1. Juni 1987 bis 31. Januar 1988 einen nachehelichen Unterhalt von 150,- DM monatlich zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die weitergehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Von den Kosten den Rechtsstreits werden 1/10 dem Beklagten und 9/10 der Klägerin auferlegt.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Berufung des Beklagten ist zulässig. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache überwiegend Erfolg. Das angefochtene Urteil, durch das der Beklagte zur Zahlung eines nachehelichen Unterhaltes von 910,- DM monatlich ab Juni 1987 verurteilt worden ist, kann keinen Bestand haben. Vielmehr braucht der Beklagte lediglich für die Zeit von Juni 1987 bis einschließlich Januar 1988 nachehelichen Unterhalt zu zahlen, und dies auch nur in Höhe von 150,- DM monatlich. Entsprechend mußte das angefochtene Urteil abgeändert werden.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Für den Zeitraum von Juni 1987 bis Ende Januar 1988 steht der Klägerin ein Anspruch auf Zahlung von Unterhalt gemäß § 1572 BGB zu. Die Klägerin war unstreitig seit längerer Zeit alkoholkrank. Während des genannten Zeitraumes unterzog sie sich einer langfristigen, intensiven Entziehungskur im Landeskrankenhaus XXX. Die Kosten dafür sind von der XXX und der XXX übernommen worden. Damit ist während des genannten Zeitraumes der Bedarf der Klägerin weitestgehend gedeckt. Sie benötigte lediglich noch ein Taschengeld und Geld für die Anschaffung von Kleidung. Insoweit erscheint es dem Senat angemessen, noch einen nicht gedeckten Bedarf von monatlich 150,- DM anzusetzen. Einen solchen Betrag kann der Beklagte zahlen, ohne daß seine Leistungsfähigkeit auch nur annähernd tangiert wäre.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Da sich die Klägerin einer langen und intensiven Entziehungskur unterzogen hat - es kann dahingestellt bleiben, ob dies freiwillig oder unfreiwillig geschah - und diese Kur darüber hinaus auch wohl Erfolg zeigte, kommt ein Unterhaltsausschluß gemäß § 1579 Ziff. 3 BGB nicht in Betracht. Die Klägerin hat nunmehr gerade das getan, was von ihr unterhaltsrechtlich verlangt wird.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Im Februar 1988 hat die Klägerin wieder als Friseuse gearbeitet und dadurch nach ihren Angaben 873,- DM verdient, die allerdings ihren Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen nicht vollständig decken. Gleichwohl kann ihr ein Aufstockungsunterhalt gemäß § 1573 II BGB nicht zuerkannt werden. Die Klägerin hat nämlich nicht hinreichend dargelegt, daß ihre Einkünfte im Februar 1988 einer vollschichtigen Tätigkeit entsprangen, deren Aufnahme ihr unterhaltsrechtlich oblag. Nur in diesem Falle könnte sie die Differenz zwischen ihren Einkünften und dem vollen Unterhalt verlangen. Stammen die Einkünfte aus einer Teilzeitbeschäftigung, hätte sie darlegen müssen, daß sie trotz intensiver Bemühungen keine vollschichtige Erwerbstätigkeit hat finden können, die ihren Bedarf im vollen Umfange abdeckte. Ein entsprechender Vortrag fehlt.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Ab März 1988 ist ein Unterhaltsanspruch der Klägerin aus objektiven Gründen (§ 1579 Ziff. 7 BGB) wegen grober Unbilligkeit ausgeschlossen. Nach der vom Senat geteilten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann das wesentliche Erfordernis des § 1579 BGB, daß die aus der Unterhaltspflicht erwachsene Belastung für den Verpflichteten die Grenze des Zumutbaren überschreitet, nicht nur aus einem schwerwiegenden einseitigen Fehlverhalten des Berechtigten, sondern auch aus objektiven Gegebenheiten und Entwicklungen der Lebensverhältnisse der Ehegatten folgen (vgl. BGH, FamRZ 1986, 43 mit weiteren Nachweisen). Lebt der Unterhaltsberechtigte mit einem neuen Partner in einer festen sozialen Bindung zusammen, so kann das Erscheinungsbild dieser Verbindung in der Öffentlichkeit dazu führen, daß die Fortdauer der Unterhaltsbelastungen und des damit verbundenen Eingriffs in die Lebensgestaltung des Unterhaltspflichtigen unzumutbar wird. Eine feste soziale Bindung im vorgenannten Sinne setzt nicht einmal notwendig eine gemeinsame Wohnung und einen gemeinsamen Haushalt im Sinne einer Wirtschaftsgemeinschaft voraus. Auch bei einer anders gestalteten, dauerhaften Verbindung kann gleichwohl je nach dem Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit ein Grund zur Anwendung der Härteklausel des § 1579 BGB bestehen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Voraussetzung eines Unterhaltsausschlusses sind im vorliegenden Falle gegeben. Seit März 1988 lebt die Klägerin unstreitig mit dem Zeugen XXX in eheählicher Gemeinschaft. Sie bewohnt zusammen mit ihm eine Zwei-Zimmer-Wohnung in XXX. Am Briefkasten vor dem Hause sind beide Namen verzeichnet. Die Klägerin führt den Haushalt. Im August 1988 ist aus der Verbindung mit dem Zeugen XXX ein Kind hervorgegangen. Die Klägerin lebt demnach wie in einer neuen Familie mit der Ausnahme, daß lediglich die formale Eheschließung fehlt. Die neue Gemeinschaft besteht jetzt auch schon 8 Monate, so daß nicht nur von einem kurzen, nicht auf Dauer angelegten Zusammenleben gesprochen werden kann, sondern von einer festen sozialen Bindung.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Unter diesen Umständen ist es grob unbillig, daß der Beklagte durch Unterhaltszahlungen an die Klägerin den Lebensstandard der neuen Lebensgemeinschaft der Klägerin anheben und selbst eine Minderung seines Lebensstandards hinnehmen soll. Wer - wie die Klägerin - sich in allen persönlichen und sozialen Beziehungen von seinem früheren Ehepartner löst und in einer neuen Partnerschaft sein Leben gestaltet und sein wirtschaftliches Auskommen findet, kann billigerweise von dem früheren Ehepartner eine wirtschaftliche Unterstützung nicht mehr erwarten.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Ziff. 10 ZPO.</p>
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315,318 | olgk-1988-10-25-ss-56788 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | Ss 567/88 | "1988-10-25T00:00:00" | "2019-03-13T14:52:18" | "2022-10-18T15:03:51" | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1988:1025.SS567.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Das angefochtene Urteil wird mit seinen Feststellungen aufgehoben.</p>
<p></p>
<p>Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des Landgerichts Bonn zurückverwiesen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat den Angeklagten wegen fahrlässigen Vollschrausches (§ 323 a Abs. 1 StGB) zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 70,- DM verurteilt; zugleich hat es ihm die Fahrerlaubnis entzogen, den Führerschein eingezogen und angeordnet, daß vor Ablauf einer Sperrfrist von acht Monaten keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden dürfe (§§ 69, 69 a StGB). Das Landgericht hat die Berufung des Angeklagten mit der Maßgabe verworfen, daß die Sperrfrist auf fünf Monate herabgesetzt worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Nach den Feststellungen der Strafkammer fuhr der Angeklagte am 18. Dezember 1987 gegen 19.30 Uhr mit seinem PKW in E ... die L 264, obwohl er eine Blutalkoholkonzentration von mindestens 4,44 Promille hatte. Seine Einlassung, er habe das Fahrzeug nach dem Alkoholkonsum nicht mehr geführt, hat die Strafkammer als widerlegt angesehen. Dabei hat sie im Rahmen der Beweiswürdigung unter anderem darauf abgestellt, daß der Angeklagte selbst am Tatort Polizeibeamten erklärt habe, <u>er</u> sei gefahren. An anderer Stelle hat die Strafkammer jedoch darauf hingewiesen, daß sie aufgrund der vorhandenen Indizien auch ohne diese Äußerung des Angeklagten von dessen Trunkenheitsfahrt überzeugt sei.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Gegen das Berufungsurteil richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Insbesondere wird beanstandet, daß die im Zustand hochgradiger Alkoholisierung abgegebenen Erklärungen des Angeklagten verwertet worden seien.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Das Rechtsmittel hat (vorläufigen) Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Mit Recht beanstandet die Verteidigung als Verfahrensfehler, daß die Strafkammer das Beweisverwertungsverbot des § 136 a Abs. 3 Satz 2 StPO mißachtet habe, indem sie die Erklärung des Angeklagten, er sei gefahren, durch Vernehmung des Polizeibeamten in die Hauptverhandlung einführte und zum Gegenstand sowohl der Beweiswürdigung als auch der Urteilsfindung machte (vgl. BGH St. 29, 244, 249 = MDR 1980, 775, 776; BGH bei Dallinger MDR 1973, 371). Die bezeichnete Vorschrift verbietet es, Aussagen eines Beschuldigten zu verwerten, die unter Verletzung der Freiheit seiner Willensentschließung und -betätigung zustandegekommen sind. § 136 a Abs. 1 Satz 1 StPO untersagt insbesondere die Beeinträchtigung der Willensfreiheit durch Verabreichung von Mitteln. Unter den Begriff des "Mittels" fallen namentlich berauschende Substanzen wie Alkohol (vgl. Hanack in: Löwe-Rosenberg, StPO, 24. Aufl., § 136 a Rn. 25). Danach ist anerkannt, daß ein Beschuldigter nicht vernommen werden darf, wenn er so erheblich unter Alkoholeinfluß steht, daß seine Verhandlungsfähigkeit ausgeschlossen ist (vgl. KK-Boujong, StPO, 2. Aufl., Rn. 16; Kleinknecht-Meyer, StPO, 38. Aufl., Rn. 10; noch weitergehend: Hanack a.a.O. Rn. 28; alle zu § 136 a). Die Aussage eines in diesem Zustand vernommenen Beschuldigten ist unverwertbar. Das gilt auch, wenn der Beschuldigte die hochgradige, Verhandlungsunfähigkeit begründende Trunkenheit selbst verursacht hat, und sogar unabhängig davon, ob der Vernehmende die dadurch bewirkte Beeinträchtigung der Willensfreiheit erkannt hat oder nicht (vgl. OLG Frankfurt OLG St. 136 a S. 1 = VRS 36, 366; Hanack a.a.O. Rn. 27; KK-Boujong a.a.O. Rn. 16; Kleinknecht-Meyer a.a.O. Rn. 10; KMR-Müller, StPO, § 136 a Rn. 9). Allein der objektive Zustand ist maßgebend. Verhandlungsfähig ist der Beschuldigte, solange er in oder außerhalb der Verhandlung seine Interessen vernünftig wahrnehmen, die Verteidigung in verständiger und verständlicher Form führen sowie Prozeßerklärungen abgeben und entgegennehmen kann (vgl. BGH bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1985, 207; KK-Pfeiffer a.a.O. Einl. Rn. 126; Kleinknecht-Meyer a.a.O. Einl. Rn. 97). Eine trunkenheitsbedingte Verhandlungsunfähigkeit muß allerdings bewiesen sein; bloße Zweifel an der Verhandlungsfähigkeit genügen nicht (BGH StV 1984, 493; LR-Rieß a.a.O. § 206 a Rn. 29; KK-Hürxthal a.a.O. § 261 Rn. 63; Kleinknecht-Meyer a.a.O. § 261 Rn. 34).</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Danach durfte die Aussage des Angeklagten, er sei gefahren, nicht verwertet werden. Zwar begründet - wie die Strafkammer zutreffend dargelegt hat - die fehlende Belehrung gemäß §§ 163 a Abs. 4 Satz 2, 136 Abs. 1 Satz 2 StPO noch kein Verwertungsverbot (vgl. BGH St. 25, 325, 332; 31, 395, 399). Ein Verwertungsverbot ergibt sich jedoch aus dem oben angeführten, von der Strafkammer nicht erörterten Gesichtspunkt, daß der Angeklagte bei Abgabe seiner Erklärung alkoholbedingt verhandlungsunfähig war. Bereits der bei ihm festgestellte, außergewöhnlich hohe Blutalkoholwert von (mindestens) 4,44 Promille legt i auch bei dem - ersichtlich trinkgewohnten - Angeklagten den Ausschluß der Verhandlungsfähigkeit nahe (vgl. OLG Frankfurt a.a.O.). Hinzu kommt, daß nach den Feststellungen des Berufungsurteil der Denkablauf des Angeklagten sprunghaft war und sein Bewußtsein benommen. Infolgedessen ist er teilweise nicht mehr fähig gewesen, ihm gestellte Fragen zu verstehen. Davon ist die Strafkammer aufgrund der Aussagen der Polizeibeamten ausgegangen. Angesichts dieser Umstände war der Angeklagte in seinem hochgradig alkoholisierten Zustand erkennbar nicht imstande, seine Interessen verständig wahrzunehmen, d.h. Vor- und Nachteile der Aussage, er sei gefahren, gegeneinander abzuwägen. Da der Angeklagte hiernach erwiesenermaßen verhandlungsunfähig war, durfte seine Erklärung, mit der er sich den Polizeibeamten gegenüber selbst als Fahrer bezeichnet hatte, gemäß § 136 a Abs. 3 Satz 2 StPO nicht verwertet werden. Dagegen hat die Strafkammer verstoßen, als sie diese Aussage des Angeklagten durch Vernehmung der Polizeibeamten in das Verfahren einführte und zur Urteilsgrundlage machte. Die Entscheidung des OLG Celle (VRS 41, 206), in der ein Verwertungsverbot für solche Aussagen verneint wird, steht dem hier gewonnenen Ergebnis auch unter dem Gesichtspunkt der Vorlagepflicht nach § 121 Abs. 2 GVG nicht entgegen, weil die Sachverhalte nicht vergleichbar sind; insbesondere hat das OLG Celle (im Gegensatz zum vorliegenden Fall) keine Verhandlungsunfähigkeit des Beschuldigten festgestellt.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Einen Gesetzesverstoß begründet die Revision nur, wenn das Urteil bei richtiger Anwendung des Gesetzes anders ausgefallen wäre. Der ursächliche Zusammenhang braucht aber nicht erwiesen zu sein. Die bloße Möglichkeit, daß das Urteil auf dem Fehler beruht, reicht aus. Nur wenn sie ausgeschlossen oder rein theoretisch ist, fehlt es am ursächlichen Zusammenhang (BGH NStZ 85, 135; Kleinknecht-Meyer a.a.O. § 337 Rn. 37).</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Hier kann nicht ausgeschlossen werden, daß die angefochtene Entscheidung auf dem Verstoß gegen das Verwertungsverbot des § 136 a Abs. 3 Satz 2 StPO "beruht". Zwar hat die Strafkammer im Urteil dargelegt, daß sie auch ohne die Angaben des Angeklagten am Tatort von dessen Trunkenheitsfahrt überzeugt sei. Diese Mitteilung rechtfertigt jedoch keine andere Beurteilung der Beruhensfrage. Die Strafkammer hat ihre Beweiswürdigung ersichtlich auch auf die Äußerungen des Angeklagten am Tatort gestützt. Allein dieser Umstand spricht dafür, daß jene Erklärungen am Tatort ungeachtet aller gegenteiligen Beteuerungen aus der Sicht der Strafkammer von einiger Bedeutung waren und zur Überführung des Angeklagten benötigt worden sind. Die bloß hypothetische Annahme, daß man im Rahmen der Beweiswürdigung auch ohne diesen Gesichtspunkt ausgekommen wäre, vermag daran nichts zu ändern, zumal die praktisch ein Geständnis enthaltenden Angaben des Angeklagten am Tatort von ihrer Bedeutung her erkennbar nicht wie ein lediglich untergeordnetes Indiz behandelt werden konnten. Im Gegenteil läßt sich nicht von der Hand weisen, daß die von der Strafkammer zusammengetragenen sonstigen Beweisanzeichen gerade im Hinblick auf das "Geständnis" des Angeklagten am Tatort besonderes Gewicht erlangt haben.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Da nach allem ein "Beruhen" des Urteils auf dem Verstoß gegen das Verwertungsverbot des § 136 a Abs. 3 Satz 2 StPO nicht auszuschließen ist, muß die Sache gemäß § 354 Abs. 2 StPO unter Aufhebung der angegriffenen Entscheidung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts Köln zurückverwiesen werden.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Für die neue Verhandlung wird bemerkt:</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Beweiswürdigung des Tatrichters muß frei sein von inneren Widersprüchen, Lücken oder Unklarheiten (BGH StV 1986, 421; Kleinknecht-Meyer a.a.O. § 337 Rn. 26 ff.). Revisionsrechtlich relevante Lücken liegen insbesondere vor, wenn aus dem Urteil ersichtliche Umstände, die Schlüsse zugunsten oder zuungunsten des Angeklagten zulassen, nicht gewürdigt sind (vgl. BGH bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1985, 15). Hält der Tatrichter es im Anschluß an ein Sachverständigengutachten für unwahrscheinlich, daß der Angeklagte bei einer so hohen Blutalkoholkonzentration über die gesamte Strecke von Köln nach Euskirchen selbst am Steuer gesessen hat, und sieht er als denkbar an, daß der Angeklagte auf einem Teil jener Strecke von einem anderen chauffiert worden sein könnte, so wird er sich im Urteil mit der Frage auseinandersetzen müssen, weshalb diese andere Person den PKW nicht auch bis zu dem Ort, an dem er von den Polizeibeamten entdeckt wurde, gebracht haben kann. Allein mit dem Hinweis, es sei nicht ersichtlich, wo der "Chauffeur" geblieben sein könnte, läßt sich diese Möglichkeit nicht rechtsfehlerfrei ausschließen, zumal die vorhandenen Indizien auch auf den Fall passen würden, daß der Angeklagte von einem Dritten an den betreffenden Ort gebracht worden wäre und sich dort nach Entfernung des Fahrers erfolglos angeschickt hätte, mit dem PKW allein weiterzufahren. Zu diesem Punkt werden somit nähere Ausführungen geboten sein, wenn nicht der neue Tatrichter die Möglichkeit, daß ein Dritter den PKW des Angeklagten (zeitweise) gesteuert haben könnte, nach dem Beweisergebnis ganz auszuschließen vermag.</p>
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315,319 | olgham-1988-10-20-4-uf-31288 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
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} | 4 UF 312/88 | "1988-10-20T00:00:00" | "2019-03-13T14:52:20" | "2022-10-18T15:03:51" | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1988:1020.4UF312.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird das am 25. Mai 1988 verkündete Verbundurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Dortmund hinsichtlich des Ausspruchs über die Regelung der elterlichen Sorge (Ziffer 2) des Urteilstenors) nebst dem zugrunde liegenden Verfahren insoweit aufgehoben, als dort die elterliche Sorge für die Kinder X und X2 geregelt ist. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens - an das Amtsgericht </p>
<p>- Familiengericht - Dortmund zurückverwiesen.</p>
<p></p>
<p>Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.500,00 DM festgesetzt.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>G r ü n d e :</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die am 1. April 1959 geborene Antragstellerin und der am 4. Juni 1946 geborene Antragsgegner haben am 13. Juli 1979 miteinander die Ehe geschlossen, aus der die Kinder X - vorehelich am 9. März 1979 geboren -, X2 - geboren am 24. Dezember 1981 - und X3 - geboren am 15. Dezember 1987 - hervorgegangen sind.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Nachdem die Antragstellerin bereits 1984 die Scheidung ihrer Ehe begehrt hatte, sich sodann aber wieder mit dem Antragsgegner ausgesöhnt hatte (176 F 283/84 AG Dortmund), verließ sie am 17. Juli 1987 die Ehewohnung und hielt sich zunächst in dem "Dortmunder Frauenhaus" auf. Durch einstweilige Anordnung vom 3. September 1987 sprach das Amtsgericht ihr die eheliche Wohnung zur alleinigen Benutzung zu (177 F 159/87 SH II 09), der Antragsgegner suchte sich eine eigene Wohnung.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Nach den Angaben des Jugendamtes der Stadt E vom 24. März 1988 wurde die Familie der Parteien seit 1979 von ihm betreut. Als sich die Lage infolge der Schwangerschaft der Antragstellerin verschärfte - schon zuvor konnte sie nach den Feststellungen des Jugendamtes "die erforderlichen hauswirtschaftlichen Verrichtungen und die Versorgung der Kinder … nur mit großer Mühe sicherstellen", X störte in der Schule und verweigerte die geforderte Leistung, X2 nässte und kotete tags- und nachtsüber ein, seinen Aggressionen gegenüber war die Antragstellerin hilflos -, stellte das Jugendamt 1987 eine Familienhelferin, die auch derzeit nach den Ausführungen der Antragstellerin zweimal wöchentlich je zwei bis drei Stunden hilft.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Bis auf einen Monat ist der Antragsgegner seit der Eheschließung nicht versicherungspflichtig tätig gewesen, die Antragstellerin gar nicht.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Mit ihrem Antrag vom 23. Juli 1987 hat die Antragstellerin die Scheidung der Ehe, die Übertragung der elterlichen Sorge für die Kinder auf sie und den Ausschluss des Versorgungsausgleichs begehrt. Sie hat u.a. ausgeführt, der Antragsgegner sei fast täglich volltrunken, tyrannisiere die Familie und misshandele die Kinder. Mit Unterstützung der Familienfürsorge sei sie, und zwar nur sie, in der Lage, die Kinder zu betreuen und zu erziehen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Antragsgegner, der gleichfalls die Scheidung erstrebt, hat hinsichtlich der Regelung der elterlichen Sorge keinen Vorschlag gemacht. Er hat verneint, im Übermaße Alkohol zu trinken. Er habe auch die Kinder nicht geschlagen. Anlass für Streitigkeiten sei allein gewesen, dass die Antragstellerin die Führung des Haushalts und die Versorgung der Kinder erheblich vernachlässigt habe. So habe sie nicht einmal die Mahlzeiten regelmäßig zubereitet. Ein Mindestmaß an Versorgung sei erst nach der Einschaltung der Familienhelferin gewährleistet gewesen. Da die Antragstellerin sich zudem auch ehewidrig verhalte, sei auch nach seiner Ansicht die Ehe zerrüttet.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat lediglich die Stellungnahme des Jugendamtes der Stadt E vom 24. März 1988 eingeholt (Bl. 65 bis 68 d.A.) und sodann durch das angefochtene Urteil die Ehe der Parteien geschieden, die elterliche Sorge für die Kinder der Antragstellerin übertragen und den Versorgungsausgleich ausgeschlossen. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist allein die Regelung der elterlichen Sorge. Hinsichtlich der Begründung der Entscheidung durch das Amtsgericht wird auf die Entscheidungsgründe zu Ziffer II. Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Antragsgegner strebt mit seiner Beschwerde die Übertragung der elterlichen Sorge für die Kinder X und X2 auf ihn an, hilfsweise die Aufhebung der sie betreffenden Entscheidung und die Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht. Er führt dazu aus, die Aufhebung und Zurückverweisung sei geboten, weil das Amtsgericht weder die Antragstellerin, noch die Kinder X und X2, noch ihn persönlich angehört hätte. Ohne die Anhörung der beiden Kinder habe sich das Amtsgericht kein Bild davon machen können, ob ein weiteres Verbleiben der Kinder bei der Antragstellerin dem Wohl der Kinder am besten entspreche. Die fehlende Eignung der Antragstellerin ergebe sich auch daraus, dass sie seit der Trennung "sexuell ein äußerst freizügiges Leben" in der Ehewohnung führe, wobei sie die Beziehungen zu den Männern über CB-Funk anknüpfe. Er selbst sei auch CB-Funker und verfolge die Gespräche der Antragstellerin mit. Für den Sohn X3 strebe er die elterliche Sorge deshalb nicht an, weil er nicht der Erzeuger sei.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der Antragsgegner beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">unter Abänderung der Ziffer 2) des angefochtenen Verbundurteils die elterliche Sorge für die Kinder X und X2 auf ihn zu übertragen, </p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">hilfsweise,</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">das Urteil insoweit aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht - Familiengericht - zurückzuverweisen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Beschwerde zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Sie verteidigt die angefochtene Regelung und führt aus, sowohl X als auch X2 hätten sich positiv entwickelt. Der Antragsgegner habe sich seit Februar 1988 nicht mehr um sie bemüht. Sie führe kein sexuell freizügiges Leben, das Kind X3 stamme auch vom Antragsgegner. Eine Anhörung der Kinder führe hinsichtlich der Regelung der elterlichen Sorge nicht zu einer abweichenden Entscheidung.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die gem. §§ 629 a Abs. 2, 621 e, 516, 519 ZPO zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist begründet und führt zur Aufhebung der Regelung der elterlichen Sorge, soweit sie die Kinder X und X2 betrifft, nebst dem zugrunde liegenden Verfahren und zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht (§§ 539, 540 ZPO).</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Gem. § 539 ZPO, der entsprechend auch im FGG-Verfahren anzuwenden ist, kann die Sache an das Gericht des ersten Rechtszuges unter Aufhebung der Entscheidung und des Verfahrens zurückverwiesen werden, wenn das Verfahren des ersten Rechtszuges an einem wesentlichen Mangel leidet. </p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Ein solcher Mangel liegt vor, da das Amtsgericht weder die Parteien noch die Kinder X und X2 persönlich angehört hat, sondern lediglich das Ergebnis des Jugendamtsberichts vom 24. März 1988 übernommen hat.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Gem. § 50 a Abs. 1 S. 1 und 2 FGG soll das Gericht in Angelegenheiten der Personensorge in der Regel die sorgeberechtigten Eltern persönlich, also mündlich, anhören. Diese Anhörung ist <u>zwingend</u> vorgeschrieben, da mit dem Wort "soll" dem Gericht kein Ermessen eingeräumt worden ist (vgl. Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 12. Aufl., § 50 a FGG Rn. 10; Bumiller/Winkler, FGG, 4. Aufl., § 50 a FGG, Anm. 2).</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Entsprechend ist gem. § 50 b Abs. 1 FGG in dem Verfahren, das die elterliche Sorge betrifft, das Kind persönlich anzuhören, wenn die Neigungen, Bindungen oder der Wille des Kindes für die Entscheidung von Bedeutung sind oder wenn es zur Feststellung des Sachverhaltes angezeigt erscheint. Auch diese Anhörung ist zwingend vorgeschrieben, da sie dem verfassungsrechtlichen Gebot entspricht, bei Sorgerechtsentscheidungen den Willen des Kindes zu berücksichtigen, soweit dies mit dem Wohl des Kindes zu vereinbaren ist. Eine Entscheidung, die den Belangen des Kindes gerecht werden soll, kann in der Regel nur ergehen, wenn das Kind in dem gerichtlichen Verfahren die Möglichkeit erhalten hat, seine persönlichen Beziehungen zu den übrigen Familienmitgliedern erkennbar werden zu lassen (vgl. dazu BVerfG FamRZ 1981, 124 ff., 126).</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Dienen somit beide Vorschriften zum einen der Sicherstellung des rechtlichen Gehörs der Eltern und der Kinder, so erschöpft sich darin aber nicht ihre Bedeutung (vgl. dazu BGH FamRZ 1985, 169 ff., 172). Denn die persönliche Anhörung nach den §§ 50 a und b FGG soll in erster Linie der nach <u>§ 12 FGG gebotenen Sachaufklärung</u> dienen (vgl. BGH a.a.O. 172 m.w.N.).</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Keinem dieser Gesichtspunkte ist das Amtsgericht mit seiner Entscheidung gerecht geworden. Insbesondere hat es nicht dargelegt, warum es weder die Eltern noch die beiden Kinder persönlich angehört hat, da von einer Anhörung nur aus schwerwiegenden Gründen abgesehen werden kann (vgl. §§ 50 a Abs. 3 und 50 b Abs. 3 FGG) und damit die Gründe, die zu einem Absehen von einer Anhörung geführt haben könnten, nachprüfbar dargetan sein müssen (vgl. BGH FamRZ 1984, 1084 ff., 1086).</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Da das Amtsgericht seine Aufklärungspflicht gem. § 12 FGG nicht erfüllt hat, Bindungen, Neigungen und den Kindeswillen nicht einmal ansatzweise erforscht hat, keine eigenen Feststellungen z.B. zur Erziehungs- und Betreuungseignung der Parteien getroffen hat (vgl. zum Begriff des Kindeswohls BGH FamRZ 1985, 169 ff.), hat der Senat auch nicht unterstellen können, eine ordnungsgemäße Anhörung hätte für das Amtsgericht keinen Erkenntniswert für die Regelung der elterlichen Sorge gehabt.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Der dargelegte Verfahrensfehler ist auch wesentlich, da mangels jeglicher Anhaltspunkte nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Amtsgericht anders entschieden hätte, wenn die Anhörung durchgeführt worden wäre.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Schließlich hat es der Senat nicht für sachdienlich gehalten, von einer Zurückverweisung abzusehen und die Anhörung selbst vorzunehmen, um dann in der Sache entscheiden zu können, da den Parteien dadurch eine Tatsacheninstanz verloren ginge (§ 540 ZPO).</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Abschließend weist der Senat darauf hin, dass es bei der Regelung der elterlichen Sorge gem. § 1671 BGB nicht ausreichen kann, wenn die Entscheidung <u>"im Moment"</u> dem Wohl der Kinder (am besten) entspricht, wie allein schon aus dem sog. Kontinuitätsgrundsatz folgt und daraus, dass eine Regelung gem. § 1696 Abs. 1 BGB nur dann abgeändert werden kann, wenn triftige, das Kindeswohl <u>nachhaltig</u> berührende Gründe gegeben sind.</p>
|
315,320 | lg-duisburg-1988-10-18-1-o-33588 | {
"id": 807,
"name": "Landgericht Duisburg",
"slug": "lg-duisburg",
"city": 408,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 1 O 335/88 | "1988-10-18T00:00:00" | "2019-03-13T14:52:21" | "2022-10-18T15:03:51" | Urteil | ECLI:DE:LGDU:1988:1018.1O335.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p>Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.</p>
<p>Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 4.500,00 DM vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Die Sicherheitsleistung kann auch durch unwiderrufliche selbstschuldnerische Bürgschaft einer inländischen Großbank oder Sparkasse erbracht werden.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>T a t b e s t a n d :</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der am 16. Oktober 1938 geborene Kläger ist Mieter im Hause der Beklagten auf der</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">in . Er nimmt die Beklagte unter dem Gesichtspunkt eines schuldhaften Verstoßes gegen die Verkehrssicherungspflicht und Vertragsverletzung mit der Behauptung auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes und Feststellung der Ersatzpflicht für Zukunftsschäden in Anspruch, er sei am 18. Dezember 1986 gegen 22.00 Uhr im Treppenhaus gestürzt und gegen den dort angebrachten Sicherungskasten gestoßen und habe hierbei sein rechtes Augenlicht verloren.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger war seinerzeit seit dem 02. Dezember 1986 arbeitsunfähig erkrankt wegen Bronchitis, Rückenschmerzen und Schulterschmerzen. Damals wie heute litt er unter Bluthochdruck. Am Abend des 18. Dezember 1986 verabschiedete er gegen 22.00 Uhr Gäste aus der Nachbarschaft, die er zum Auto auf der Straße begleitete. Ins Treppenhaus zurückgekehrt, wollte er von dem Erdgeschoß ins Dachgeschoß gehen. Nachdem er etwa 3 bis 4 Stufen hinaufgestiegen war, erlosch die Treppenhausbeleuchtung, die über einen Minutenschalter gespeist wird, dessen Phase nach Klägerbehauptung 1 Minute, nach Beklagtenbehauptung 2 Minuten beträgt. Der Kläger blieb besinnungslos am Boden liegen und begründet mit dieser Besinnungslosigkeit seine Probleme bei der Unfallrekonstruktion.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Kläger behauptet:</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Er müsse sich bei der Anzahl der Treppenstufen verrechnet haben, als er wieder zum Ausgangspunkt habe zurückgehen wollen, um den Lichtknopf erneut zu betätigen. Möglicherweise habe er auch die letzte Treppenstufe verfehlt. Jedenfalls sei er in diesem Zeitpunkt weder körperlich geschwächt noch von Alkohol beeinflusst gewesen. Ursächlich für seinen Sturz seien aber auch der etwas abgenutztere Zustand der Treppenstufen und die Tatsache, dass die Treppenhausbeleuchtung so plötzlich erloschen sei. Schließlich sei eine Lichtphase von 1 Minute zu kurz. Außerdem sei der Sicherungskasten so unglücklich angebracht worden, dass er bei diesem Sturz mit dem Kopf und Auge gegen dessen Unterkante habe stoßen können. Hier sei der vorgeschriebene Mindestabstand von der Unterkante des Sicherungskastens zum Fußboden von 1 m um 4 cm unterschritten.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Mit Rücksicht auf den behaupteten Verlust seines rechten Augenlichtes hält der Kläger ein Schmerzensgeld von etwa 40.000,00 DM für angemessen, zumal er am rechten Auge im Rahmen eines 10-tätigen stationären Aufenthaltes operiert worden ist. Überdies klagt er über Schmerzen am linken Augenlicht.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">1.)</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Beklagte<b> </b>zu verurteilen, an ihn ein Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">2.)</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm allen Schaden, der ihm aus dem Unfallereignis vom 18. Dezember 1986 entstanden ist und noch entstehen wird – einschließlich eventueller weiterer Schmerzensgeldansprüche – zu ersetzen, soweit diese Ansprüche nicht auf öffentlich-rechtliche Versicherungsträger übergegangen sind oder übergehen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">Klageabweisung.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Sie bestreitet den behaupteten Sturz und die behaupteten Folgen dieses Sturzes und verweist auf Ungereimtheiten in den Angaben zum angeblichen Unfallhergang in einem Anwaltschreiben der Klägeranwälte vom 17. Februar 1987. Der Sicherungskasten sei ordnungsgemäß und ungefährlich installiert. Der Kläger habe im Unfallzeit – dies ist unstreitig – Hausschuhe getragen. Als Mieter im Hause seien dem Kläger die Lichttaktverhältnisse der Treppenhausbeleuchtung bekanntgewesen. Ungeachtet dessen sei es ihm unschwer möglich gewesen, am Treppengeländer nach Erlöschen der Beleuchtung im Treppenhaus festen Halt zu finden und den Sturz auf dieses Weise zu vermeiden.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Akteninhalt Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks"><u> E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e : </u></p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist schon nach dem eigenen Sachvortrag des Klägers unbegründet, und zwar sowohl hinsichtlich einer Anspruchsgrundlage aus schuldhafter Verletzung der der Beklagten obliegenden Verkehrssicherungspflicht wie auch nach den Grundsätzen einer positiven Vertragsverletzung aus dem Mietvertrag der Parteien.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat einen geeigneten Beweis für seine erst im letzten Schriftsatz vom 16. August 1988 behauptete Gewißheit für den Unfallhergang, wonach er "sich im übrigen zwischenzeitlich sicher" sei, daß er gegen den Sicherungskasten mit dem Auge gestoßen sei, nicht angetreten.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Soweit der Kläger hierfür seine eigene Parteivernehmung beantragt hat, ist dieser Antrag nach § 445 Abs. 1 ZPO unzulässig. Beweis durch Parteivernehmung kann danach nur durch den Antrag auf Vernehmung der Gegenpartei des Beweisführers angetreten werden. Für eine Vernehmung des Klägers als Partei von Amts wegen nach § 448 ZPO ist kein Raum, da nicht einmal – auf die nachstehenden Ausführungen wird insoweit verwiesen – eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die in dieser letzten Alternativgestaltung vom Kläger behauptete Unfallversion festgestellt werden kann.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Ungeeignet sind auch die Zeugenbeweisantritte des Klägers für den von ihm dargestellten Hergang des Sturzes im Treppenhaus am Abend des 18. Dezember 1986. Ungeeignet sind die Beweismittel durch Benennung der Ehefrau und der Tochter des Klägers deshalb, weil der Kläger selbst in diesem Schriftsatz vom 16. August 1988 darauf hingewiesen hat, diese beiden Zeugen hätten ihn "kurz nach seinem Sturz" bewußtlos auf dem Boden liegend vorgefunden, "als sie ebenfalls in den Hausflur hineintraten". Ebenso ungeeignet sind die vom Kläger ferner benannten Zeugen </p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">und und Professor sowie Dr. ,weil die beiden benannten türkischen Zeugen auch erst nach dem Sturz des Klägers hinzugekommen sind – der Zeuge , der den Kläger ins Hospital gebracht hat – und die ärztlichen Zeugen, die erst in der Klinik den Kläger erstmals gesehen haben. Zum engeren Unfallgeschehen und dem Sturz des Klägers selbst können sämtliche benannten Zeugen schon nach diesem eigenen Sachvortrag des Klägers mit Gewißheit keine eigenen Wahrnehmung bekunden.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">So wie der Kläger den Unfall mit vermuteten Alternativgestaltungen vorgerichtlich und in seiner Klageschrift rekonstruiert hat – zunächst lediglich mit dem Beweisantritt auf Inaugenscheinnahme und Sachverständigengutachten -, ist er ausschließlich Folge eigenen Fehlverhaltens des Klägers, ohne daß eine anspruchsbegründete schuldhafte Verletzung der Verkehrssicherungspflicht auf Seiten der Beklagten zu erkennen wäre.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Von maßgeblicher Bedeutung ist hierbei, dass der Kläger guten Gewissens nicht einmal selbst mit Gewißheit behaupten kann, er sei gegen den Sicherungskasten gestürzt, vielmehr selbst verschiedene Geschehensvarianten als Vermutung gleichrangig nebeneinander stellt. Im Rahmen dieser Alternativvarianten des Geschehensablaufs muss die Behauptung, ursächlich sei der etwas abgenutztere Zustand der Treppenstufen schon nahezu als abwegig gewürdigt werden, da ausweislich der Lichtbilder Blatt 26, 27 eine Ursächlichkeit des Zustandes der Treppen für den Sturz mit Sicherheit auszuscheiden hat. Von einer Lackierungsbedürftigkeit des Treppenstufenbelags abgesehen sind keinerlei Mängel und Abnutzungserscheinungen, die für den Sturz ursächlich gewesen sein könnten, erkennbar. Überdies war dem Kläger als Mieter im Hause dieser Zustand der Treppenstufen bekannt. </p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Dasselbe gilt für die Behauptung des Klägers, in dem Zeittakt der Treppenhausbeleuchtung, die lediglich eine Lichtphase von 1 Minute eröffne, liege ein Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflicht der Beklagten. </p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Der Kläger sagt selbst nicht, es habe sich aufgrund dieses nach seinem Dafürhalten zu kurzen Lichttakts bereits immer ausgereicht. Von entscheidender Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass der Kläger diesen Zeittakt als Mieter in diesem Hause kannte und hinreichend Gelegenheit hatte, sich hierauf einzustellen. Es wäre allein seine Obliegenheit gewesen, sich vor Beginn des Treppensteigens zu vergewissern, dass er nicht am Ende dieser Lichtphase losging, sich stattdessen vorher vergewisserte, dass ihm eine volle Lichtphase fürs Treppensteigen in die nächste Etage zur Verfügung stand. Hierbei wäre es erforderlich gewesen, vorsorglich durch Druck auf den Lichtknopf eine volle Phasenlänge für die Treppenhausbeleuchtung vor Besteigen der Treppenstufen sicherzustellen. Ungeachtet dessen ist ein Lichttakt von 1 Minute ungeachtet der vorstehenden Gesichtspunkte grundsätzlich ausreichend, um Hausbewohnern das Steigen von der einen zur anderen Etage übers Treppenhaus gefahrlos zu ermöglichen. Für diese Feststellung bedarf es weder eines Ortstermins noch eines Sachverständigengutachtens, zumal davon auszugehen ist, dass derartige Zeitschalteinrichtungen im Handel auf entsprechenden Erfahrungswerten beruhen. </p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Soweit der Kläger schließlich versucht, als Haftungsgrund einen verkehrswidrigen Zustand des Sicherungskastens heranzuziehen, bleibt auch dieser Gesichtspunkt erfolglos. </p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Ausweislich der Lichtbilder Bl. 26, 27 GA. ist ein verkehrssicherungswidriger Zustand des Sicherungskastens nicht zu erkennen, die räumlichen Verhältnisse auf dieser Erdgeschoßebene vor Beginn der Treppenstufen lassen für jedermann hinreichend Raum, den Sicherungskasten bei eigener sorgfältiger Benutzung des Treppenhauses gefahrlos zu passieren. </p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Der Kläger kann eine Verletzung von Sicherungspflichten auch nicht aus § 32 Abs. 5 der BauO NW herleiten, wonach "die nutzbare Breite der Treppenabsätze mindestens 1 m betragen muß". Zunächst einmal befasst sich der gesamte § 35 in erster Linie mit der Sicherstellung von Rettungswegen in Gebäuden. Deshalb auch läßt § 35 Abs. 5 in Wohngebäuden mit nicht mehr als zwei Wohnungen eine Breite von 0,80 m genügen und gestattet für Treppen mit geringerer Benutzung noch geringere Breiten. Der Kläger als Mieter kann deshalb für sich persönlich nicht einen Zugang von mindestens 1 m Breite beanspruchen. Eine Behinderung durch Gegenverkehr (Begegnungsverkehr) fand nicht statt. Eine Breite von 0,96 m reicht für eine Person aber ohne weiteres aus. Entscheidend bleibt auch hier wieder, dass der Kläger als Mieter die Beschaffenheit des Treppenhauses kannte, er sich hierauf also einstellen konnte und mußte. </p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Ungeachtet der Tatsache, dass die Behauptung des Klägers, er sei gegen den Sicherungskasten gestürzt, weder unstreitig noch in zulässiger Weise unter Beweis gestellt ist, könnte aus solchem Unfallhergang noch keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch die Beklagte hergeleitet werden, wenn man bedenkt, dass die Ursache des Sturzes in anderen Umständen als der Anbringung des Sicherungskastens zu suchen ist, nämlich darin, daß der Kläger – hierin liegt ein Verstoß gegen eigene Interessen – es versäumt hat dafür so sorgen, dass das Treppenhaus beleuchtet war, als er die Treppenstufen stieg und auch nach Erlöschen der Beleuchtung nicht durch sicheren Haltegriff am Treppengeländer den behaupteten Sturz vermieden hat.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Schließlich ist unstreitig, dass der Kläger im Unfallzeitpunkt Hausschuhe trug. Bei Hausschuhen handelt es sich nicht um festes Schuhwerk wie bei geschnürten Schuhen. Auch hierin kann eine denkbare Mitursache für plötzliche Laibilität und schließlich den Sturz des Klägers gesehen werden.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Streitwert: 42.000,00 DM (40.000,00 DM für den Zahlungsantrag, 2.000,00 DM für den Feststellungsantrag).</p>
|
315,321 | olgham-1988-10-17-8-u-5888 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 8 U 58/88 | "1988-10-17T00:00:00" | "2019-03-13T14:52:22" | "2022-10-18T15:03:50" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1988:1017.8U58.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen das am 2. Dezember 1987 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn teilweise abgeändert.</p>
<p></p>
<p>Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.540,40 DM nebst 6% Zinsen seit dem 21. Mai 1987 zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Im übrigen bleibt die Klage abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits werden zu 7/10 der Klägerin und zu 3/10 der Beklagten auferlegt.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Es beschwert die Klägerin in Höhe von 5.724,12 DM, die Beklagte in Höhe von 2.540,40 DM.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Tatbestand:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin übertrug mit notariellem Vertrag vom 18.02.1977 ihren 50%igen Gesellschaftsanteil an der Firma xxx in xxx auf die Beklagte und schied aus der Gesellschaft aus. Die Beklagte verpflichtete sich als Gegenleistung zur Zahlung einer lebenslangen Versorgungsrente in Höhe von anfangs 2.000,-- DM. Es wurde folgende - von der Landeszentralbank in Nordrhein Westfalen unter dem 22. April 1977 genehmigte - Wertsicherungsvereinbarung getroffen:</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:43px">Sollte sich die Kaufkraft der deutschen Mark gegenüber dem Stand vom 1. Januar 1977 nach oben oder unten verändern, so verändert sich auch die vorgenannte Rente im gleichen Maße und mit dem gleichen Zeitpunkt.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:43px">Als Maßstab gilt der Lebenshaltungskostenindex aller privaten Haushalte... Die Anpassung der Rente erfolgt jährlich zum 1. Januar eines jeden Jahres und setzt voraus, daß der jeweils Berechtigte die geänderte Rente spätestens bis zum 1. April des Jahres per Einschreiben anfordert.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Aufgrund dieser Wertgleitklausel ist die Rente mehrfach angehoben worden, zuletzt im Jahre 1983 auf 2.620,69 DM. Im Jahre 1984 und 1985 wurde keine Anpassung gefordert. Mit Schriftsatz vom 24. März 1986 verlangte im Auftrag und in Vollmacht der Klägerin der beurkundende Notar erneute Anpassung der Rente auf 2.788,-- DM, wobei er die Erhöhung berechnete aus dem Verhältnis des Lebenshaltungskostenindex für den 1. Januar 1977 (143 Punkte) zu dem Index für den 31.12.1985 (unstreitig 199,3 Punkte).</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Da es schon für das Jahr 1985 zu einem unstreitigen Rückstand von 5.427,12 DM gekommen war und die Beklagte die geforderte Erhöhung unter Berufung auf einen erheblichen Rückgang der Einnahmen der Gesellschaft ablehnte, erhob die Klägerin, vertreten durch die Kanzlei des beurkundenden Notars xxx in xxx, die vorliegende Klage. Mit dieser machte sie sowohl den offen gebliebenen Rückstand aus 1985 geltend als auch die aus der Erhöhung sich errechnenden Rückstände für die Zeit von Januar 1986 bis einschließlich Mai 1987, die sie auf 2.540,40 DM errechnet.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Nachdem das Landgericht Bedenken gegen die wirksame Prozeßvertretung durch die Kanzlei des beurkundenden Notars (- im Hinblick auf § 45 BRAO) geltend gemacht hatte, trat für die Klägerin ein anderer Prozeßbevollmächtigter in den Rechtsstreit ein und machte das bisherige Vorbringen der Klägerin zum Gegenstand seines Prozeßvortrages.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte berief sich auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage und trug dazu vor, Voraussetzung für die Zahlung der Rente sei gewesen, daß die Gesellschaft ausreichende Gewinne erziele, was jedoch seit 1983 nicht mehr der Fall sei.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Außerdem ist die Beklagte der Meinung, die Berechnungsweise der Klägerin sei falsch. Da für 1984 und 1985 eine Anpassung nicht erfolgt sei, müsse bei der Erhöhung an die vorherige Rentenhöhe angeknüpft werden. Diese Rente könne nur um die Differenz der Indexpunkte zum Vorjahr erhöht werden. Daraus errechne sich eine monatliche Rente von 2.667,54 DM.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen mit der Begründung, es fehle an ordnungsgemäßer Klageerhebung, weil der Sozius des beurkundenden Notars keine wirksame Prozeßvollmacht gehabt habe. Diese sei ebenso unwirksam wie der Geschäftsbesorgungsvertrag, weil gegen das gesetzliche Verbot des § 45 Ziff. 4 BRAO verstoßen worden sei. Auch eine Heilung des Mangels sei nicht eingetreten, weil eine Genehmigung nichtiger Geschäfte nicht denkbar sei.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil wendet sich die Berufung der Klägerin. Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:28px">abändernd die Beklagte zu verurteilen, 8.264,52 DM nebst 6% Zinsen seit dem 21. Mai 1987 an sie zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:28px">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Sie verteidigt das angefochtene Urteil.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Bei der Anhörung vor dem Senat hat die Klägerin im wesentlichen angegeben, erst im Januar 1983 sei wieder eine Erhöhung der Rente vorgenommen worden, wobei über die jetzige Höhe der Rente naturgemäß weiterhin Streit bestehe. Auf die Rückstände sei folgendes gezahlt worden: Im Jahr 1986 habe sie 32.482,76 DM erhalten, im Jahre 1987 33.969,84 DM. Auf die Rückstände habe sie weiter im Januar 1988 3.500,-- DM und im März 1988 noch 1.288,77 DM erhalten.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe:</u></p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung ist teilweise begründet. Der Klägerin steht, nachdem die Rückstände aus dem Jahr 1985 inzwischen beglichen sind, wie sich aus dem übereinstimmenden Vortrag beider Parteien hinsichtlich der Zahlungen für die Jahre 1986 und 1987 sowie die im Januar und März 1988 noch geleisteten Restzahlungen darauf ergibt, nur noch ein Betrag von 2.540,40 DM zu. Das ist der von der Klägerin so errechnete Betrag, der sich für die Monate Januar 1986 bis Mai 1987 aus der Erhöhung auf einen monatlichen Rentenbetrag von 2.788,-- DM ergibt.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist entgegen der Ansicht des Landgerichts zulässig. Sie ist durch den Sozius des beurkundenden Notars xxx wirksam erhoben, weil gegen die Wirksamkeit der von der Klägerin ihrem Prozeßbevollmächtigten erteilten Prozeßvollmacht zur Klageerhebung keine durchgreifenden Bedenken bestehen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat bereits anderweitig entschieden, daß ein eventueller Verstoß eines Prozeßbevollmächtigten gegen die Vorschrift des § 45 Ziff. 4 BRAO nicht zur Unwirksamkeit der Prozeßvollmacht führt (Urteil vom 12.10.1987, 8 U 169/86, nicht veröffentlicht). Auch die von der Beklagten ins Feld geführte anderslautende Entscheidung des 5. Zivilsenats (Urteil vom 21. September 1987, 5 U 188/87, nicht veröffentlicht) gibt dem Senat keinen Anlaß, davon abzuweichen. Dort wird zudem auf mangelnde Postulationsfähigkeit abgestellt, um die es beim Fehlen einer wirksamen Prozeßvollmacht nicht gehen kann.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Für die Entscheidung ist unerheblich, ob ein Verstoß gegen die standesrechtliche Verbotsnorm des § 45 Nr. 4 BRAO zur Nichtigkeit des Geschäftsbesorgungsvertrages zwischen dem Prozeßbevollmächtigten und dem Mandanten führt, was allgemein angenommen wird (vgl. OLG Köln in AnwBl. 1980, 70/71). Denn die Prozeßvollmacht des Prozeßbevollmächtigten ist von dem zugrunde liegenden Geschäftsbesorgungsvertrag unabhängig. Mögliche Fehler des Grundgeschäftes schlagen auf die Prozeßvollmacht nicht durch, diese ist vielmehr nur dann unwirksam, wenn dies aus den Regeln der Zivilprozeßordnung folgt (allgemeine Meinung, vgl. etwa OLG Köln in MDR 1974, 310; Zöller-Vollkommer, Rdn. 5 in Vorbemerkungen zu § 78 ZPO und Rdn. 20 und 22 zu § 78 ZPO; Baumbach-Lauterbach-Hartmann, Anm. 2B in Übersicht vor § 78 ZPO). Diese Unterscheidung zwischen dem rechtsgeschäftlichen Verhältnis zwischen dem Mandanten und dem Prozeßbevollmächtigten einerseits und der gegenüber dem Gericht wirkenden Prozeßvollmacht andererseits ergibt sich eindeutig aus den gesetzlichen Regelungen der BRAO selbst: Das ehrengerichtlich festgesetzte Berufsverbot gegen einen Rechtsanwalt (vgl. § 155 Abs. 3 BRAO) führt gemäß ausdrücklicher Vorschrift des § 155 Abs. 5 BRAO nicht zur Unwirksamkeit der Vollmacht, vielmehr bleiben die Prozeßhandlungen eines Anwalts trotz der Zuwiderhandlung gegen das Berufsverbot wirksam. Daraus ergibt sich, daß ein Verstoß gegen ein gesetzliches oder behördliches Verbot die Wirksamkeit der Prozeßhandlung aufgrund des Weiterwirkens der Vollmacht dem Gericht gegenüber nicht berührt.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Das ist auch allgemein anzunehmen und hat einen einleuchtenden Grund. Die Prozeßhandlungsvoraussetzungen der Postulationsfähigkeit und der wirksamen Prozeßvollmacht sollen allein von äußeren Tatsachen abhängen und somit schnell und ohne Beweisbedürftigkeit geklärt werden können. Pflichtwidrigkeiten aus dem Bereich der Standesvorschriften für Rechtsanwälte dagegen, die nicht ohne weiteres sofort erkennbar sind und gegebenenfalls des Beweises bedürften, sollen deshalb vom Gericht nicht beachtet werden müssen, sie berühren die Vertretungsbefugnis des Prozeßbevollmächtigten nicht (vgl. schon RGZ 83, 1, 8). Allerdings kann der Prozeßbevollmächtigte, wenn er im Termin auftritt, obwohl er damit gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, gegebenenfalls vom Gericht zurückgewiesen werden (vgl. OLG Köln in MDR 1974, 310).</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die vom Landgericht und vom 5. Senat in der genannten Entscheidung für die gegenteilige Ansicht herangezogenen Entscheidungen (OLG Köln in MDR 1982, 1024 sowie Bundesverfassungsgericht in BVfGE 8, 92) sind für die Frage der Prozeßvollmacht nicht einschlägig. Dort ging es vielmehr um vor dem Gericht nicht postulationsfähige Vertreter, wobei die Frage der Rückwirkung von Wiederholungshandlungen durch postulationsfähige Anwälte geprüft wurde. Die abstrakte Wirksamkeit einer vorliegenden Prozeßvollmacht wird dagegen nicht behandelt. Der Senat sieht deshalb auch keinen Grund, in dieser Frage die Revision zuzulassen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Der Klägerin fehlt entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht etwa das Rechtschutzinteresse, auch wenn in dem notariellen Vertrag vom 18. Februar 1977 die Beklagte sich wegen der Rentenansprüche der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat. Es ist allgemein anerkannt, daß dem Gläubiger trotz Vorhandensein eines Vollstreckungstitels die Erhebung einer Klage nicht erwehrt sein kann, wenn hierfür nach Lage der Dinge ein verständiger Grund angeführt werden kann, was darin meist gesehen wird, daß der Schuldner gegen die vollstreckbare Forderung Einwendungen erhebt und deshalb bei Einleitung der Zwangsvollstreckung mit einer Vollstreckungsabwehrklage zu rechnen ist (vgl. BGH in NJW 1961, 1116; Stein-Jonas-Schumann, Rdn. 115 vor § 253 ZPO). So liegt der Fall hier. Die Beklagte hat schon vorgerichtlich im Schreiben vom 09.12.1986 ihrerseits eine Abänderungsklage bzw. Vollstreckungsgegenklage angedroht und dabei im wesentlichen dieselben Argumente vorgebracht, die jetzt auch im Prozeß gegen die Forderung geltend gemacht werden, nämlich das der falschen Berechnung und das des Wegfalls der Geschäftsgrundlage. Bei dieser Sachlage kann die Klägerin einer Vollstreckungsgegenklage auch zuvorkommen und die entstandenen Streitfragen hinsichtlich der Fortgeltung der Rentenverpflichtung und hinsichtlich der Rentenhöhe im Zahlungsprozeß klären lassen.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist in Höhe von noch 2.540,40 DM auch begründet, im übrigen ist im Laufe des Prozesses der ursprünglich offene Rückstand von unstreitig 5.724,12 DM durch Zahlung ausgeglichen worden. Da die Klägerin ihren Prozeßantrag dem nicht angepaßt hat, ist die Klage insoweit unbegründet geworden.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Zunächst ist festzustellen, daß die Erhöhung der Rente mit dem Schriftsatz vom 24. März 1986 durch den beurkundenden Notar selbst entgegen der Ansicht der Beklagten wirksam geltend gemacht worden ist. Bei dem Erhöhungsverlangen nach § 2 Nr. 2 des notariellen Vertrages vom 18. Februar 1977 handelt es sich um eine empfangsbedürftige einseitige Willenserklärung, für die § 180 S. 2 BGB gilt. Danach ist auch ein einseitiges Rechtsgeschäft wirksam, wenn es ohne wirksame Bevollmächtigung vorgenommen wird, falls der Erklärungsempfänger dies nicht beanstandet und der Erklärende durch sein späteres Verhalten schlüssig zu erkennen gibt, daß er das vollmachtlose Handeln des Vertreters genehmige. Bei solchem Verhalten hat die spätere Genehmigung auch rückwirkende Kraft, § 184 Abs. 2 BGB. So liegt der Fall hier, falls man annimmt - was deshalb nicht entschieden werden muß - der Rechtsanwalt und Notar xxx habe von der Klägerin nicht wirksam beauftragt werden können, die Rentenerhöhung geltend zu machen, weil dies gegen § 45 Ziff. 4 BRAO verstoßen habe. Trotz der - eventuellen - Unwirksamkeit der Bevollmächtigung ist dann mangels einer Zurückweisung des Rentenerhöhungsverlangens dieses genehmigungsfähig geblieben. Die Klägerin hat durch spätere Beauftragung eines anderen Prozeßbevollmächtigten und klageweise Verfolgung ihres Anspruches das Handeln des vollmachtlosen Vertreters schlüssig genehmigt, so daß gegen die Wirksamkeit des Erhöhungsverlangens insgesamt keine durchgreifenden Bedenken bestehen.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Das Erhöhungsverlangen ist auch in dem richtigen Umfang ausgeübt worden, die Rente ist auf 2.788,-- DM ab 1. Januar 1986 anzupassen. Die Klägerin hat dabei zu Recht die Ursprungssumme der Rente von monatlich 2.000,-- DM erhöht im Verhältnis der beiden Indexwerte für 1. Januar 1977 und 1. Januar 1986, die als solche unstreitig geblieben sind. Denn die Wertsicherungsvereinbarung stellt nach ihrem Wortlaut, aber auch nach ihrem Sinn, nicht auf den jeweiligen Kaufkraftverlust innerhalb von bestimmten Perioden ab, sondern auf den insgesamt im Verhältnis zum 1. Januar 1977 eingetretenen Kaufkraftverlust. Es ist ausdrücklich vorgesehen, daß sich die Rente "im gleichen Maße und mit dem gleichen Zeitpunkt" ändert, wie sich die Kaufkraft gegenüber dem Stand vom 1. Januar 1977 ändert. Allerdings ist es der Klägerin dabei freigestellt, ob sie jeweils jährlich eine solche Rentenanpassung verlangen will oder aus Opportunitätsgründen darauf im Einzelfall verzichten will. Tut sie das aber, so wird sie dadurch nur vorübergehend an der entsprechenden Anpassung gehindert, ohne daß sich aber der Anpassungsmodus, falls eine neue Anpassung erfolgt, grundlegend ändern soll.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Diese aus dem Wortlaut folgende Auslegung des Vertrages ist auch nicht sinnwidrig. Die Klägerin soll mit der Kaufpreisrente, um die es sich praktisch handelt, weil die Klägerin ihren Gesellschaftsanteil gegen diese Rente abgetreten hat, eine gleichbleibende Altersversorgung erhalten. Ihr soll allerdings die Möglichkeit gegeben sein, nicht jede geringfügige Kaufpreisschwankung jeweils jährlich ausnutzen zu müssen, um eventuelle dauernde Folgen für ihre Rente' vermeiden zu können. So soll sie auch eventuellen Liquiditätsschwierigkeiten der Beklagten entgegenkommen können, ohne daraus endgültige Nachteile erleiden zu müssen. Genau das aber wäre der Fall, wollte man der Berechnungsmethode der Beklagten folgen. Denn danach würde das vorübergehende Auslassen von Erhöhungsmöglichkeiten zu einer ständigen Verringerung des Rentenniveaus führen, weil auch bei späteren Erhöhungsverlangen die Rente gerade nicht mehr auf den Satz angehoben werden könnte, den sie im Verhältnis zur Ursprungsrente nach der Kaufkraft der deutschen Mark haben müßte.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die von der Beklagten erhobenen Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Rentenerhöhung im übrigen gehen ebenso fehl. Ein Wegfall der Geschäftsgrundlage, der nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) zu einer Anpassung des Rentenanspruch führen würde, liegt ersichtlich nicht vor. Selbst wenn beide Parteien, wie die Beklagte behauptet, bei Vertragschluß davon ausgegangen sein sollten, daß man selbstverständlich mit ständigen Gewinnen der Gesellschaft gerechnet habe, so liegt darin keine Geschäftsgrundlage für das Rentenversprechen, weil eine solche Grundlage für das Zahlungsversprechen in der Risikosphäre lediglich einer Vertragspartei, nämlich der Beklagten, liegt und deshalb keine Störung des Vertragsverhältnisses hervorrufen kann, die zu einer Anpassung führen würde (vgl. etwa Palandt-Heinrichs, Anm. 6 B d zu § 242 BGB). Eine Anpassung könnte allenfalls in Betracht kommen, wenn angesichts der geforderten Erhöhung die wirtschaftliche Existenz der Beklagten auf dem Spiele stünde, was weder vorgetragen noch ersichtlich ist. Jedenfalls hat die Beklagte für ein Überschreiten der sogenannten Opfergrenze, die für eine Anpassung eines langfristigen Vertrages notwendig ist, nicht genügend vorzutragen vermocht. Auch wenn die Gesellschaft über drei Jahre hin keine Gewinne erwirtschaftet hat, so gibt das der Beklagten angesichts der gesamten Umstände nicht das Recht, die vereinbarte Kaufpreisrente zu kürzen. Da die Klägerin die Kaufpreisrente für die Abtretung der Geschäftsanteile in Höhe von 50% zugesagt erhielt, muß die Beklagte gegebenenfalls auch aus privatem Vermögen für diese Rente aufkommen. Den Einzelheiten des Beklagtenvortrages über die fehlenden Gewinne ist deshalb nicht weiter nachzugehen.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Dementsprechend war das angefochtene Urteil abzuändern.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 92, 97, 546, 708 Ziff. 10, 711 und 713 ZPO.</p>
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315,322 | olgham-1988-10-12-11-u-27187 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
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} | 11 U 271/87 | "1988-10-12T00:00:00" | "2019-03-13T14:52:24" | "2022-10-18T15:03:50" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1988:1012.11U271.87.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Klägerin wird das am 21. Juli 1987 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bochum abgeändert.</p>
<p></p>
<p>Das beklagte Land wird verurteilt, an die Klägerin 15.595,80 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 11. Juni 1987 zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Die Anschlußberufung des beklagten Landes wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Das beklagte Land trägt die Kosten des Rechtsstreits.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Es beschwert das beklagte Land in Höhe von 23.069,40 DM.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Tatbestand</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin macht aus übergegangenem Recht ihres Mitglieds xxx Schadensersatzansprüche gegen das beklagte Land geltend.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der xxx wurde am 25.09.1984 in Untersuchungshaft genommen und der JVA Bochum zugeführt, in der sein Vater als Beamter tätig ist. Er hatte schon früher längere Haftstrafen verbüßt. Wegen der neuerlichen Festnahme wollte er aus dem Leben scheiden. Er schnitt sich daher in der Zelle die Pulsadern auf. Dort wurde er am nächsten Morgen in geschwächtem Zustand bewußtlos entdeckt. Er wurde sofort in das xxx eingeliefert, dort wegen nicht sehr tief reichender Schnittwunden im Bereich der beiden Ellenbogen chirurgisch versorgt und auf die Wachstation gelegt. Um 8.00 Uhr erhielt er eine Elektrolytinfusion, zwischen 8.00 Uhr und 9.00 Uhr nahm er ein Frühstück zu sich. Er wurde durch den Justizvollzugsbeamten xxx bewacht, der xxx zu diesem Zweck in das Krankenhaus begleitet hatte.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Gegen 10.00 Uhr bat xxx die Toilette aufsuchen zu dürfen, und zwar mit der Begründung, ihm sei schlecht, er müsse sich übergeben. Daraufhin führten der Beamte xxx und eine Krankenschwester xxx, der einen geschwächten Eindruck machte, zur Toilette. Diese bestand aus einem Vorraum und zumindest einer Toilettenkabine. xxx suchte die Toilette auf, xxx und die Krankenschwester blieben vor der Toilette. xxx verriegelte die Tür von innen und sprang aus dem Fenster. Er stürzte vom 2. Stockwerk in die Tiefe und verletzte sich schwer.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die dadurch bis zum 31.10.1984 angefallenen Behandlungskosten in Höhe von 7.473,60 DM trug das beklagte Land. Die in der Zeit vom 01.11. bis zum 19.12.1984 nach der Entlassung des Zeugen xxx aus der Untersuchungshaft angefallenen Behandlungskosten in Höhe von 15.595,80 DM trug die Klägerin.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat behauptet, xxx sei in Selbsttötungsabsicht aus dem Fenster gesprungen. Sie meint, das beklagte Land sei xxx zu Schadensersatz verpflichtet, weil der Beamte xxx dessen erneuten Suizidversuch nicht verhindert habe.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">das beklagte Land zu verurteilen, an sie 15.595,80 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 11.06.1987 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Das beklagte Land hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Es hat gemeint, der Beamte xxx habe keine Amtspflichten verletzt. Hilfsweise hat es die Aufrechnung erklärt. Es hat gemeint, ihm stehe gegen xxx ein Anspruch wegen der Behandlungskosten von 7.473,60 DM zu.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat xxx als Zeugen vernommen und das beklagte Land sodann unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt, an die Klägerin 4.061,10 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 11.06.1987 zu zahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Vollzugsbeamte xxx habe ihm gegenüber dem Untersuchungshäftling xxx bestehende Amtspflichten dadurch verletzt, daß er es ihm ermöglicht habe, die Tür der Toilettenkabine von innen zu verschließen, um dann in Selbsttötungsabsicht aus dem Fenster zu springen. xxx treffe jedoch ein hälftiges Mitverschulden. Die Klägerin habe daher einen Anspruch auf die Hälfte der Klageforderung, also 7.797,90 DM. Dieser Anspruch mindere sich um die Hälfte der hilfsweise vom beklagten Land zur Aufrechnung gestellten Forderung.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil wenden sich die Klägerin mit der Berufung und das beklagte Land mit der Anschlußberufung.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin macht unter Wiederholung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens die volle Forderung geltend.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Sie meint, xxx treffe kein Mitverschulden, da er unzurechnungsfähig gewesen sei. Das Land habe keine Gegenforderung. In Selbstverletzungsfällen von Untersuchungsgefangenen gebe es keine Aufwendungsersatzansprüche der Vollzugsbehörde.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">das angefochtene Urteil abzuändern und das beklagte Land zu verurteilen, an sie 15.595,80 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 11.06.1987 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Das beklagte Land beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">1.)</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Berufung zurückzuweisen,</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">2.)</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Auch das beklagte Land wiederholt und ergänzt sein erstinstanzliches Vorbringen. Es meint, xxx müsse seinen Schaden allein tragen, weil er schuldhaft vorsätzlich gehandelt habe. Er sei zurechnungsfähig gewesen. Hilfsweise stützt sich das Land auf die schon in erster Instanz erklärte Aufrechnung.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">die Anschlußberufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens darüber Beweis erhoben, ob der Zeuge xxx in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit gehandelt hat, als er am 26.09.1984 aus dem Fenster gesprungen ist. Unter dem 06.06.1988 hat der Sachverständige xxx ein Gutachten erstattet. Auf Bl. 101 ff. d.A. wird verwiesen. Der Sachverständige hat sein Gutachten im Termin erläutert. Insoweit wird auf den über den Termin gefertigten Berichterstattervermerk verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe</u></p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die Berufung der Klägerin ist begründet, die Anschlußberufung des beklagten Landes ist unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Der Klägerin steht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch gemäß § 839 BGB, Art. 34 GG aus übergegangenem Recht ihres Mitglieds xxx zu.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">1.)</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Der mit der Bewachung des Zeugen xxx betraute Justizvollzugsbeamte xxx hat eine ihm gegenüber xxx obliegende Amtspflicht schuldhaft verletzt, indem er nicht verhindert hat, daß xxx sich am Morgen des 26.09.1984 aus dem Fenster stürzte. Das beklagte Land verkennt nicht, daß die Fürsorgepflicht des Staates gegenüber einem erkennbar suizidgefährdeten Untersuchungsgefangenen die Pflicht beinhaltet, einen Selbsttötungsversuch zu verhindern. Xxx ist in suizidaler Absicht aus dem Fenster gesprungen. Er war seinerzeit erkennbar suizidgefährdet. Bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hätte der Suizidversuch durch den Vollzugsbeamten xxx verhindert werden können.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat in zutreffender Würdigung der Aussage des Zeugen xxx festgestellt, daß xxx in Selbsttötungsabsicht, nicht in Fluchtabsicht aus dem Fenster gesprungen ist. Der Senat kommt zu keinen anderen Feststellungen. Auch der Sachverständige xxx hat es für ausgeschlossen gehalten, daß xxx Selbsttötungsabsichten lediglich vorgespielt hat.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Da xxx sich zuvor in suizidaler Absicht Schnittverletzungen beigebracht hatte, war er ein erkennbar suizidgefährdeter Häftling. Wie der Sachverständige xxx bei seiner Anhörung im Termin überzeugend ausgeführt hat, muß mit der Wiederholung eines Suizidversuchs gerechnet werden, solange keine zuverlässigen Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß die Suizidgefahr nicht mehr besteht. Anhaltspunkte dafür, daß xxx seine Absicht, aus dem Leben zu scheiden, aufgegeben hatte, gab es jedoch nicht. Insbesondere war nicht ersichtlich, daß das für den ersten Suizidversuch bestimmende Motiv entfallen war. Naheliegendes Motiv waren, die erneute Inhaftierung und die Verbringung xxx in die Vollzugsanstalt, in der sein Vater als Vollzugsbeamter tätig war. Es war auch nicht sicher, daß xxx zu einem Suizidversuch physisch nicht imstande war. Er hatte zwar erklärt, ihm sei schlecht und er müsse sich übergeben. Dies war aber nur ein Vorwand und konnte als solcher auch erkannt werden. Es lag nicht fern, dass xxx Brechreiz und physische Schwächen vorspiegelte, um sich eine neue Gelegenheit zur Verwirklichung seiner Suizidabsicht zu verschaffen.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Der Vollzugsbeamte xxx hat die Amtspflicht, den Selbsttötungsversuch des erkennbar suizidgefährdeten Häftlings xxx verhindern, fahrlässig verletzt. Es kann dahinstehen, ob der Beamte die weiter bestehende Suizidalität erkannt hat. Bei Anwendung der gemäß § 276 BGB erforderlichen Sorgfalt hätte er sie erkennen und den erneuten Suizidversuch verhindern können. Für die Verschuldensfrage kommt es nicht auf die Fähigkeiten an, über die der Beamte tatsächlich verfügt, sondern auf die Kenntnisse und Einsichten, die für die Führung des übernommenen Amts im Durchschnitt erforderlich sind (BGH VersR 1984, 849, 850; Kreft in BGBG-RGRK, BGB, 12. Aufl., 1980, § 839 Rdn. 289; Palandt-Thomas, BGB, 47. Aufl., 1988, § 839 Anm. 6). Ein mit der Bewachung eines Häftlings, der einen Selbsttötungsversuch unternommen hat, betrauter Beamter muß wissen, daß Suizidalität grundsätzlich fortbesteht, solange keine Anhaltspunkte für das Gegenteil vorliegen. Andernfalls kann er die Pflicht, Suizidversuche eines suizidgefährdeten Häftlings zu verhindern, nicht erfüllen. Es kann daher erwartet werden, daß die Vollzugsbehörde den mit der Bewachung suizidgefährdeter Häftlinge betrauten Beamten im Rahmen ihrer Ausbildung die für diese Aufgabe erforderlichen Kenntnisse und Einsichten vermittelt oder ihnen im Einzelfall entsprechende Weisungen erteilt. Sollten xxx die erforderlichen Kenntnisse nicht vermittelt worden sein, würde das beklagte Land deshalb wegen Pflichtverletzungen der Vollzugsbehörde haften.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Bei pflichtgemäßen Verhalten hätte xxx verhindern können, daß xxx in Selbsttötungsabsicht aus dem Toilettenfenster sprang. Er hätte xxx entweder nicht aus den Augen lassen dürfen oder sich jedenfalls so in die Toilettentür stellen müssen, daß er jederzeit hätte eingreifen können. Auch durch eine in der gegebenen Situation zulässige Fesselung xxx hätte der Sprung aus dem Fenster verhindert werden können. Eine dieser Maßnahmen hätte der Beamte ergreifen müssen, um den Selbsttötungsversuch zu verhindern.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">2.)</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Der auf die Klägerin übergegangene Schadensersatzanspruch des Zeugen xxx gegen das beklagte Land ist nicht gem. § 254 Abs. 1 BGB ausgeschlossen oder gemindert. Eine schuldhafte Mitversuchung liegt nicht vor, wenn der Geschädigte schuldunfähig im Sinne von § 827 war. (Palandt-Heinrichs, § 254 Anm. 3a, bb; Münchener Kommentar-Grunsky, BGB, 2. Aufl. 1985, § 254 Rn. 1; Soergel/Mertens, BGB, 11. Aufl. 1986, § 254 Rn. 31). Aufgrund des schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen xxx und seinen mündlichen Erläuterungen im Termin vor dem Senat steht fest, daß xxx im Zeitpunkt des erneuten Suizidversuchs schuldunfähig war.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Das von dem Sachverständigen xxx erstattete schriftliche Gutachten vom 06.06.1988 ist verwertbar. Dem steht nicht entgegen, daß laut Beweisbeschluß vom 13.01.1988 " der Direktor der Universitäts-Nervenklinik der Universität Münster, xxx" zum Sachverständigen bestimmt worden ist. Ein Gutachten, das ein anderer als der im Beweisbeschluß benannte Sachverständige schriftlich erstattet hat, kann entgegen der Rüge einer Partei verwertet werden, sofern der Partei die Verwertungsabsicht vorher unmißverständlich mitgeteilt worden ist (BGH NJW 1985, 1399). Letzteres war der Fall. Dem beklagten Land ist in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt worden, daß der Senat die Verwertung des Gutachtens beabsichtigte. Bedenken gegen die Person des Gutachters xxx bestehen nicht. Auch das beklagte Land hat gegen den Gutachter nichts vorgebracht. Das beklagte Land hat auch hinreichend Gelegenheit gehabt, sich in seiner Verteidigung auf die Verwertung des Gutachtens einzustellen. Es hatte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat die Möglichkeit, an den Sachverständigen xxx Fragen zu richten, und es hat von dieser Möglichkeit auch Gebrauch gemacht.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Der Sachverständige ist in dem schriftlichen Gutachten zu dem Ergebnis gekommen, dass xxx, als er aus dem Fenster gesprungen ist, an einer schweren reaktiv ausgelösten Depression mit vorliegender Suizidalität litt, welche ein krankheitswertiges Ausmaß hatte, und daß er demnach zu dem in Frage kommenden Zeitpunkt in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit handelte. An dieser Feststellung hat der Sachverständige auch bei der mündlichen Erläuterung des Gutachtens im Termin vor dem Senat festgehalten. Der Senat hält die Ausführungen des Sachverständigen für überzeugend. Die fachliche Befähigung des Sachverständigen steht außer Frage, sie ist auch von dem beklagten Land nicht bezweifelt worden. Die Ausführungen des Sachverständigen sind widerspruchsfrei und nachvollziehbar. Der Sachverständige hat einleuchtend dargelegt, daß wegen einer psychischen Störung das gesamte Denken xxx auf den Suizid konzentriert und es ihm deshalb nicht möglich war, sein Handeln in eine andere Richtung zu steuern. Es besteht kein Anlaß, an der Richtigkeit dieser Feststellungen des Sachverständigen zu zweifeln.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">3.)</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">§ 839 Abs. 1 Satz 2 BGB steht dem Anspruch der Klägerin nicht entgegen. xxx hat keinen Schadensersatzanspruch gegen den Träger des xxx. Die Krankenschwester, die xxx betreut hat, oder andere Erfüllungsgehilfen des Krankenhauses haben keine gegenüber xxx bestehenden Pflichten verletzt. Die Bewachung xxx oblag allein dem Justizvollzugsbeamten. Die Krankenschwester durfte sich darauf verlassen, daß dieser das zur Verhinderung eines Suizidversuchs Erforderliche tun werde. Wegen der Häufigkeit von Selbsttötungsversuchen in Justizvollzugsanstalten durfte sie annehmen, daß der mit der Bewachung xxx betraute Vollzugsbeamte mit suizidgefährdeten Gefangenen hinreichend Erfahrung hatte und die richtigen Maßnahmen ergreifen werde. Bei den gegebenen Umständen hatte sie nicht die Aufgabe, xxx zu überwachen oder den Vollzugsbeamten zu bestimmten Maßnahmen anzuhalten.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">4.)</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Das beklagte Land hat gegen den Anspruch der Klägerin auch nicht wirksam aufgerechnet. Ihm steht nämlich kein Gegenanspruch zu. Es muß die bis zum 31.10.1984 angefallenen Kosten für die Behandlung des Zeugen xxx tragen, weil es ihm, wie ausgeführt, wegen der Verletzungen in voller Höhe schadensersatzpflichtig ist.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">5.)</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Der Zinsanspruch ist gem. § 291 BGB begründet.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">6.)</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.</p>
|
315,323 | lg-bonn-1988-10-11-13-o-41987 | {
"id": 804,
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} | 13 O 419/87 | "1988-10-11T00:00:00" | "2019-03-13T14:52:25" | "2022-10-18T15:03:50" | Urteil | ECLI:DE:LGBN:1988:1011.13O419.87.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>1. Die Klage wird abgewiesen. . </p>
<p></p>
<p>2. Der Kläger wird verurteilt, an die Beklagte 5.503,01 DM zu zahlen. </p>
<p></p>
<p>3. Es wird festgestellt, daß der Kläger verpflichtet ist, der Beklagten allen materiellen Schaden, der ihr anlässlich der zahnärztlichen Behandlung in der Zeit vom 26.09.1985 bis 15.11.1985 durch den Beklagten entstanden ist und noch entstehen wird, zu ersetzen, soweit dieser Anspruch nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen ist oder noch übergehen wird. </p>
<p></p>
<p>4. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger. </p>
<p></p>
<p>5. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 7.500,-- DM vorläufig vollstreckbar. </p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Tatbestand:</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie und unterhält eine Praxis, in welcher für sein Fachgebiet sämtliche ambulanten Operationen durchgeführt werden können. Im Jahre 1985 beabsichtigte die Beklagte und Widerklägerin, einige ihrer Zähne im Unterkieferbereich überkronen zu lassen. Aus diesem Grunde wurde sie von Herrn Dr. H, bei welchem sie sich in zahnärztlicher Behandlung befand, an den Kläger zur operativen Entfernung der Zähne 38 und 48 überwiesen. Dort stellte sie sich am 26.09.1985 zur Durchführung der Behandlung vor. Der Beklagten wurde die Möglichkeit aufgezeigt, die Weisheitszähne einzeln in Lokalanästhesie zu entfernen. Da diese jedoch eine Entfernung in Vollnarkose verlangte, wurde sie über das Narkoserisiko aufgeklärt. Eine Aufklärung über die Möglichkeit einer Nervenschädigung bei der operativen Entfernung der Weisheitszähne erfolgte nicht. </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Nach Durchführung der Operation verspürte die Beklagte im Unterkieferbereich ab Mitte der Unterlippe bis in den rechten Mundwinkel und im gesamten rechten Wangenbereich kein Gefühl mehr. </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Für seine ärztlichen Bemühungen erteilte der Kläger der Beklagten am 19.11.1985 Rechnung, die identisch ist mit der vorgelegten Rechnung vom 08.05.1987, über 996,99 DM. Dies ist die Klageforderung. Die Beklagte begehrt im Wege der Widerklage die Zahlung eines Schmerzensgeldes sowie die Feststellung, daß der Kläger ihr- zum Ersatz zukünftiger materieller Schäden anlässlich der durch ihn erfolgten zahnärztlichen Behandlung verpflichtet sei. </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">die Beklagt zu verurteilen, an ihn 996,99 DM zuzüglich 8,5 % Verzugszinsen seit dem 04.08.1986 zu zahlen. </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen. </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte und Widerklägerin behauptet, die Extraktion der Weisheitszähne sei nicht vital indiziert und daher nicht erforderlich gewesen, sondern eine Maßnahme, die in Anbetracht der beabsichtigten Überkronung allenfalls zweckmäßig gewesen sei. Die Extraktion der beiden Weisheitszähne sei nicht lege artis erfolgt. Es sei pflichtwidrig und vorwerfbar zu einer Verletzung der Unterkiefernerven mit einer folgenden bis heute nicht abgeklungenen Nervenläsion gekommen. Infolge dieses Behandlungsfehlers und der daraus folgenden Nervenläsion seien die eingetretenen Beschwerden nach wie vor vorhanden. Demgemäß besitze sie nur eine begrenzte Kontrolle der Unterlippe und des gesamten Unterkiefers mit der Folge, daß sich Schwierigkeiten beim kontrollierten Trinken, beim Kauen und dergleichen ergäben. Insbesondere im Winter habe sie das Gefühl, daß der gesamte Unterkieferkinnbereich zu einem "Eisklumpen" erstarrt sei. </p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Bei der Nervenläsion im Kieferbackenbereich handele es sich um eine bekannte und typische, vermeidbare Komplikation einer Extraktion der Weisheitszähne. Bei Weisheitszahnextraktionen komme es häufig zu Läsionen des Nervus Lingualis und des Nervus Alviualares inferior. </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Diese bekannte Komplikation sei bei entsprechender Sorgfalt vermeidbar. Der Kläger habe bei den Zahnextraktionen die erforderliche Sorgfalt nicht beachtet; so daß es pflichtwidrig und vorwerfbar zu der Nervenläsion gekommen sei. </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist der Ansicht, der Kläger habe sich wegen des Behandlungsfehlers schadensersatzpflichtig gemacht. Dessen Haftung bestehe auch deshalb, weil er sie über die mit der Extraktion der Weisheitszähne verbundenen Gefahren nicht aufgeklärt habe. Insoweit behauptet sie, sie hätte die Extraktion der Weisheitszähne nicht durchführen lassen, wenn sie über die Risiken einer Nervenläsion aufgeklärt worden wäre, zumal die Extraktion nicht vital geboten gewesen sei, sondern lediglich die Überkronung der Zähne hätte erleichtern sollen. </p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Widerklagend beantragt die Beklagte, </p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">1. den Kläger zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld, mindestens 5.000,-- DM abzüglich 996,99 DM, dessen Höhe im übrigen in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, zu zahlen; </p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">2. festzustellen, daß der Kläger verpflichtet ist, ihr allen materiellen Schaden, der ihr anlässlich der zahnärztlichen Behandlung in der Zeit vom 26.09.1985 bis 15.11.1985 durch den Beklagten entstanden ist und noch entstehen wird, zu ersetzen, soweit dieser Anspruch nicht auf Sozialversicherungsträger und sonstige Dritte übergegangen ist oder noch übergehen wird. . </p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">die Widerklage abzuweisen. </p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Der Kläger und Widerbeklagte behauptet, aufgrund der von der Beklagten mitgebrachten Röntgenaufnahmen und der durchgeführten Untersuchung habe er festgestellt, daß die in Rede stehenden Weisheitszähne stark impaktiert gewesen seien, so daß eine umfangreiche Osteotomie habe durchgeführt werden müssen. In Fachkreisen sei einhellige Meinung, daß die operative Entfernung von verlagerten und retinierten Weisheitszähnen notwendig sei. Dabei handele es sich nicht um eine vitale Indikation. Konkreter Anlass zur operativen Entfernung bei der Beklagten sei eine röntgenologisch dargestellte periapikale Aufhellung am Zahn 48 gewesen, die auf einen pathologischen Prozess hingedeutet habe. Diesem pathologischen Prozess in Verbindung mit den zuvor getroffenen Feststellungen werde am besten durch Entfernung der entsprechenden Weisheitszähne begegnet. Dieses entspreche den Regeln der ärztlichen Kunst. Das Risiko, daß bei einer operativen Entfernung der Weisheitszähne durch einen Mund- und Kieferchirurgen eine Paraesthesie oder gar Anaesthesie auftrete, sei statistisch gesehen äußerst selten. </p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Nach Durchführung der Operation bei der Beklagten seien die Nervenstränge in ihrer Kontinuität erhalten gewesen, und zwar auch nach der operativen Entfernung des zweiten Zahnes. Die operative Entfernung der Zähne sei lege artis erfolgt. Eine Paraesthesie, wie er sie aufgrund der von der Beklagten behaupteten Gefühlsstörung postoperativ in das Krankenblatt als Möglichkeit eingetragen habe, sei in der Regel reversibel. Im übrigen seien die von der Beklagten vorgetragenen Beschwerden nicht alle dem Versorgungsgebiet des angeblich noch immer geschädigten Nerves zuzuordnen. </p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist der Ansicht, er hafte der Beklagten weder aus dem Gesichtspunkt eines ärztlichen Behandlungsfehlers noch aus dem Gesichtspunkt der Verletzung der Aufklärungspflicht. Hinsichtlich der Möglichkeit einer Nervschädigung habe für ihn keine Aufklärungspflicht bestanden. </p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen N sowie durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Privatdozent Dr. Dr. J, welches dieser in der mündlichen Verhandlung am 13.09.1988 mündlich erläutert hat. Der Zeuge Dr. I hat die an ihn gerichtete Beweisfrage unter eidesstattlicher Versicherung, ihrer Richtigkeit schriftlich beantwortet (Bl. 168. d.A.). </p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Wegen des Inhalts und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Beweisbeschluss vom 03.11.1987 (Bl. 78 ff. d.A.), das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Privatdozent Dr. Dr. J (Bl. 120 ff. d.A.) sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 13.09.1988 (Bl. 170 ff. d.A.) Bezug genommen. Auf die persönliche Anhörung des Zeugen Dr. I sowie auf die Vernehmung der Zeugen Dr. L und Dr. H haben die Parteien verzichtet. </p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und der von ihnen überreichten Urkunden verwiesen. </p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks"><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:</u></p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist unbegründet, die Widerklage ist begründet. </p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger steht ein unstreitiger Honoraranspruch in Höhe von 996,99 DM gegen die Beklagte zu, der aber durch die Aufrechnung mit einem der Beklagten und Widerklägerin zustehenden Schmerzensgeldanspruch in Höhe von 6.500,-- DM erloschen ist, so daß ein Anspruch der Beklagten in Höhe von <u>5.503,01 DM </u>verbleibt. </p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Der Anspruch der Beklagten auf Zahlung eines Schmerzensgeldes hat seine Grundlage in den §§ 823 Abs. 1, 847 BGB. </p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme steht zwar fest, daß dem Beklagten kein Behandlungsfehler unterlaufen ist, er hat jedoch schuldhaft die ihm obliegende Aufklärung über die mit der Operation verbundenen Risiken unterlassen und sich deshalb der Beklagten gegenüber schadensersatzpflichtig gemacht., </p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Ein <u>Behandlungsfehler </u>liegt nicht vor. Dies steht aufgrund des Überzeugenden Gutachtens des Sachverständigen Privatdozent Dr. Dr. J fest. Bei der operativen Entfernung des retinierten und verlagerten Zahnes 48 bei der Beklagten ist es zu einer Taubheit (Anaesthesie) des Nervus alveolaris inferior rechts gekommen. Diese Gefühlsbeeinträchtigung ist im unmittelbaren Zusammenhang mit der operativen Entfernung des Zahnes 48 zu sehen, beruht jedoch nicht auf einem Behandlungsfehler. </p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Die operative Entfernung des Zahnes: 48 (unterer rechter Weisheitszahn) war - ebenso wie die des Zahnes 38 (linker unterer Weisheitszahn) medizinisch angezeigt. Auf der praeoperativ angefertigten Röntgendarstellung ist eine periapikale Aufhellung der Wurzelspitze des Zahnes 48 erkennbar, desweiteren ist eine zystische Aufhellung im Bereich der Zahnkrone dieses Zahnes festzustellen, so daß in Anbetracht der vorgesehenen Überkronung eine prophylaktische Entfernung des Zahnes unbedingt angezeigt war, und zwar auch dann, wenn die Patientin noch keine Beschwerden in dieser Region verspürte. Die Entfernung derartiger Weisheitszähne in solchen Fällen entspricht, wie der Sachverständige dargelegt hat, der heutigen wohl überwiegenden Meinung in der Zahnmedizin. Allerdings bestand keine vitale Indikation zur Entfernung des betreffenden Zahnes. Zwar hätte der Zahn 48 in der Folgezeit die Ursache verschiedener Krankheitsbilder bei der Beklagten sein können, sichere Prognosen hierüber lassen sich jedoch nicht anstellen. Es ist auch davon auszugehen, daß sich der Zahn 48 in der. vorgefundenen Lage bei der Beklagten bereits etwa 30 Jahre befunden hat. </p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die durch die Entfernung des Weisheitszahnes verursachte Gefühlsstörung kann dem Kläger nicht als Behandlungsfehler angelastet werden. Die operative Entfernung eines retinierten und verlagerten Weisheitszahnes hat, wie der Sachverständige dargelegt hat, in der Weise zu erfolgen, daß zur operativen Entfernung eines retinierten und verlagerten Weisheitszahnes zur übersichtlichen Freilegung des Operationsgebietes Schnitte der Schleimhaut und Knochenhaut entlang der Vorderkante des Kieferastes und vom Gingivasaum des zweiten Molaren zur Umschlagfalte geführt werden. Nach Skelettierung des Alveolarfortsatzes in der Vorderkante des Kieferastes wird der Zahn mit einem Rosenbohrer bis zum größten Durchmesser der Krone freigelegt. Befindet sich der Weisheitszahn wie bei der Beklagten schräg nach mesial geneigt im Kiefer, hängt die Art der Extraktionstechnik von der Trennung der Wurzeln ab. In dieser Weise ist der Kläger, wie er substantiiert dargelegt hat, vorgegangen. Er hat die Zahnkrone abgetragen und anschließend zusätzlich die Wurzel durchtrennt und die Wurzelteile einzeln entfernt. Nach Durchtrennen der Wurzel hat er den Restzahn mit einem Hohlmeißelhebel luxiert und dann mit der Pinzette entfernt. Dabei sind die Nervenstränge in ihrer Kontinuität erhalten gewesen. Dies hat der Zeuge Dr. N, der seinerzeit beim Kläger als Assistent tätig war, bestätigt, nachdem er von diesem hinzugerufen worden war, um das Operationsfeld in Augenschein zu nehmen. Diese vom Kläger angewandte Operationstechnik gibt keine Veranlassung zur Beanstandung. Sie ist von der Beklagten auch nicht substantiiert bestritten worden. </p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Daß es bei der Beklagten gleichwohl zu einer Gefühlsstörung gekommen ist, ist dem Kläger nicht anzulasten, da selbst bei einer ordnungsgemäß durchgeführten Zahnentfernung in diesen Fällen eine mechanische Nervenläsion nicht ausgeschlossen werden kann. So kann bei der Luxation eines Zahnes z.B. ein Druck auf den Nervverlauf erfolgen, ohne daß dieser in seiner Kontinuität unterbrochen ist. Bereits durch Druck auf den Nerven kann es zu einer Gefühlsstörung kommen, was der Sachverständige im vorliegenden Fall auch für wahrscheinlich hält, da die praeoperative Röntgendarstellung eine unmittelbare Beziehung der Wurzelspitze des Zahnes 48 zu dem Nervkanal mit dem in diesem verlaufenden Nervus alveolares inferior vermuten lässt. Tatsächlich war es so, daß der Nerv zwischen den Wurzeln durchlief. </p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat sich der Beklagten gegenüber jedoch schadensersatzpflichtig gemacht, weil er schuldhaft gegen die ihm obliegende <u>Aufklärungspflicht</u> verstoßen hat und der körperliche Eingriff, den die Entfernung des Weisheitszahnes darstellte, nicht in vollem Umfang von der Einwilligung der Beklagten abgedeckt war. </p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Voraussetzung einer wirksamen Einwilligung ist, daß der Patient ausreichend überblicken und würdigen kann, in was er einwilligt. Die, Aufklärung muss deshalb die im großen und ganzen bestehenden Risiken einer ordnungsgemäßen Behandlung zum Gegenstand haben, wobei sich ihre Intensität nach dem Einzelfall richtet (BGH, NJW 1985, 2192). Der Umfang der erforderlichen Aufklärung wird durch die Art und Höhe des erwarteten Risikos und durch die mögliche Schwere der Folgen bestimmt, wobei der sachlichen und zeitlichen Notwendigkeit des Eingriffs entscheidende Bedeutung zukommt (Palandt-Thomas, BGB, 47. Aufl. 1988, § 823 Anm. 6 B i m.w.N.). An dieser nach den dargestellten Grundsätzen zu bemessenden erforderlichen Aufklärung hat der Kläger es fehlen lassen. </p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Die Aufklärung über die Möglichkeit einer auftretenden Gefühlsstörung war deshalb dringend veranlasst, weil Gefühlsstörungen auch bei ordnungsgemäßem Vorgehen des behandelnden Zahnarztes nicht ausgeschlossen werden können. Es handelt sich vielmehr um ein typisches Risiko, welches mit einem derartigen Eingriff verbunden ist. Der Sachverständige hat hierzu ausgeführt, daß bei der Lage des Zahnes 48 durchaus mit einer Nervschädigung zu rechnen war, die vorübergehend, aber auch bleibend sein kann, wobei der bleibende Schaden eher selten ist. </p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte und Widerklägerin hat hinreichend substantiiert dargelegt, daß sie die Weisheitszahnextraktion nicht hätte vornehmen lassen, wenn sie über die damit verbundenen Risiken informiert gewesen wäre. Für den Gegenbeweis liegt die Beweislast beim behandelnden Arzt, also beim Kläger (BGH NJW 1976, 363). Die behauptete Ablehnung der Einwilligung in den Eingriff im damaligen Zeitpunkt erscheint verständlich (siehe im einzelnen hierzu BGHZ 90, 96), da sie keine akuten Beschwerden hatte und eine vitale Indikation zur Entfernung des betreffenden Zahnes, wie dargelegt, nicht bestand. An der Verpflichtung zur Aufklärung änderte sich für den Kläger nichts. dadurch, daß es sich bei ihm um einen erfahrenen Kieferchirurgen handelt, für den ein Eingriff, wie er ihn bei der Beklagten vorgenommen hat, einen Routineeingriff darstellt. Denn auch in diesem Fall muss mit möglichen Komplikationen gerechnet werden, wenn, auch, wie der Sachverständige dargelegt hat, für einen erfahrenen Kieferchirurgen der Eintritt einer Komplikation sicherlich geringer ist. </p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Bei der Höhe des Schmerzensgeldes, welches eine Ausgleichs- und Genugtuungsfunktion hat, kam es entscheidend auf die erlittenen Beeinträchtigungen an. Die Beklagte hat hierzu vorgetragen, daß sie bis heute im Unterkieferbereich ab Mitte der Unterlippe bis in den rechten Mundwinkel und im gesamten rechten Backenbereich kein Gefühl mehr verspüre. Demgemäß besitze sie nur eine begrenzte Kontrolle der Unterlippe und des gesamten Unterkiefers mit der Folge, daß sich Schwierigkeiten beim kontrollierten Trinken, beim Kauen und der gleichen ergäben. Insbesondere im Winter habe sie das Gefühl, daß der gesamte Unterkieferkinnbereich zu einem "Eisklumpen" erstarrt sei. Die Anamnese der Beklagten durch den Sachverständigen hat ergeben, daß die vom Gutachter objektivierte Gefühlsstörung seit dem operativen Eingriff besteht und sich während dieses Zeitraumes nicht wesentlich verbessert hat. Möglicherweise wird sich der gegenwärtige Zustand noch verbessern, jedoch ist die Wahrscheinlichkeit in diesem speziellen Fall als äußerst gering anzusehen. Andererseits dürfte auch eine Verschlimmerung des heutigen Zustandsbildes ausgeschlossen sein. </p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Der Sachverständige hat eine deutliche Anaesthesie im Ausbreitungsgebiet des rechten Nervus mentalis in einem Hautareal der Unterlippe wie folgt festgestellt: Ausgehend vom mittleren Drittel der Unterlippe werde innerhalb eines Hautdreieckes, dessen 3 cm lange Basis im Lippenrot liegt und dessen zur Kinnspitze hin gerichtete Höhe 4 cm beträgt, auf Nadelstiche nicht registriert, wobei die Mimik der Beklagten jedoch nicht gestört ist. </p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände und insbesondere auch des Alters der Beklagten von 49 Jahren sowie des Verschuldens des Klägers hielt die Kammer ein Schmerzensgeld in Höhe von 6.500,-- DM für angemessen, aber auch ausreichend. </p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Soweit die Beklagte sich auf Entscheidungen beruft, in welchen in vergleichbaren Fällen höhere Schmerzensgelder zuerkannt worden sind, vermag dies an der Auffassung der Kammer nichts zu ändern, da die angeführten Fallkonstellationen mit dem hier vorliegenden Fall, nicht in jeder Hinsicht vergleichbar sind. So waren in den Entscheidungen, auf welche die Beklagte sich beruft (LG Dortmund; 2 0 29/79 - 7.500,-- DM; LG Heidelberg - 3 0 96/82 - 10.000,-- DM; OLG München - 14 440/78 - 15.000,-- DM; LG Augsburg - 6 0 689/87 - 9.000,-- DM; LG München I - 12 0 6980/83 - 12.000,-- DM), die Patienten, soweit Altersangaben vorliegen, jünger als die Beklagte, neben Gefühlsbeeinträchtigungen wurden, auch Schmerzen geäußert, der Schmerzensgeldanspruch war aufgrund eines Behandlungsfehlers begründet, es floss Speichel unbemerkt aus dem Mundwinkel, das Geschmacksempfinden auf einer Zungenseite ging verloren oder es traten zusätzlich Behinderungen beim Sprechen ein. Das Vorbringen der Beklagten hinsichtlich der Beeinträchtigungen, die sie hinnehmen muss, rechtfertigt ein Schmerzensgeld, welches nicht an der unteren Grenze angesiedelt werden kann, andererseits die Zusprechung eines Schmerzensgeldes über einen Betrag von 6.500,-- DM hinaus nicht begründet. </p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Neben dem Leistungsanspruch hat die Beklagte und Widerklägerin ferner einen Anspruch auf Feststellung im Sinne des Widerklageantrags zu Ziffer 2). Dieser Antrag ist zulässig und begründet. Der Kläger und Widerbeklagte ist verpflichtet, der Beklagten allen materiellen Schaden, der ihr anlässlich der zahnärztlichen Behandlung in der Zeit vom 26.09.1985 bis 15.11.1985 entstanden ist und noch entstehen wird, zu ersetzen. Solche zukünftigen Schäden sind nicht auszuschließen. So ist nach den Ausführungen des Sachverständigen nicht auszuschließen daß die Beklagte sich etwa bei Bewegung des Kiefers beim Essen einmal eine Verletzung an der Unterlippe zufügt. Besteht aber nur die Möglichkeit etwaiger Zukunftsschäden, so ist dem Feststellungsantrag stattzugeben. </p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. '. </p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § S. 1 ZPO. </p>
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315,324 | olgk-1988-10-10-10-uf-15388 | {
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"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
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"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 10 UF 153/88 | "1988-10-10T00:00:00" | "2019-03-13T14:52:26" | "2022-10-18T15:03:50" | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1988:1010.10UF153.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>1. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Aachen vom 25. Mai 1988 - 23 F 335/87 - wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.</p>
<p></p>
<p>2. Der Antragstellerin wird Prozeßkostenhilfe für das Beschwerdeverfahren nicht bewilligt.</p>
<p></p>
<p>3. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren und das erstinstanzliche Verfahren wird (hinsichtlich des letzteren zugleich in Abänderung der Wertfestsetzung im angefochtenen 8eschluß) auf bis zu DM 500,00 festgesetzt.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>G r ü n d e</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">1. Die nach § 621 e ZPO statthafte sowie fristgerecht eingelegte und begründete Beschwerde ist nicht zulässig, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes die durch § 14 HausRVO gezogene Mindestgrenze von DM 1.000,00 nicht übersteigt.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Wie zwischen den Parteien unstreitig ist, beläuft sich der Verkehrswert der drei Holzfiguren, um deren Verbleib gestritten wird, auf ca. DM 1.300,00. Der Wert der Beschwer des Antragsgegners ist jedoch nicht diesem Sachwert gleichzusetzen. Denn da die Ehe der</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Parteien noch nicht geschieden ist, kann im vorliegenden Verfahren keine endgültige Aufteilung des Hausrats gem. §§ 1 f, 8 ff HausRVO erfolgen, durch die auch eine Änderung der Eigentumsverhältnisse bewirkt wird, sondern es kann lediglich eine Benutzungsregelung getroffen werden, die die Eigentumsverhältnisse unberührt läßt,</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">vgl. § 1361 a Abs. 48GB. Da diese Regelung von vornherein nur auf eine begrenzte Zeit angelegt ist, nämlich bis zur rechtskräftigen Scheidung der Ehe (worauf das Amtsgericht im angefochtenen Beschluß zutreffend hinweist), ist es nicht gerechtfertigt, den Wert des Hausrats selbst als den Wert der Beschwer anzusetzen, vielmehr muß der Beschwerdewert deutlich unter dem Sachwert liegen. Diese Erwägung hat in § 21 Abs. 2 S. 2 HausRVO für die Bemessung des Geschäftswerts ausdrücklich ihren Niederschlag gefunden; für den Beschwerdewert gern. § 14 HausRVO kann nichts anderes gelten, denn die Beschwer des zur Herausgabe verpflichteten Ehegatten ist naturgemäß geringer, wenn die Anordnung von vornherein nur eine vorübergehende Regelung ohne Änderung der Eigentumsverhältnisse trifft, als wenn ihm das (Mit-)Eigentum und ein Recht zum Besitz auf Dauer entzogen werden (in diesem Sinn auch OLG Frankfurt FamRZ 1987, 407). </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Aus der Regelung des § 6 ZPO, die für Besitzansprüche grundsätzlich auf den Wert der Sache abstellt, läßt sich gegen die vom Senat vertretene Auffassung nichts herleiten. Es ist nämlich anerkannt, daß bei gerichtlichen Entscheidungen mit vorläufiger Natur auf das Interesse des Antragstellers abzustellen ist, das regelmäßig nur einen Bruchteil des Sachwertes ausmacht (Baumbach-Lauterbach, ZPO, § 6 Anm. 1 Ab), und es entspricht ebenfalls allgemeiner Auffassung, daß bei befristeten Rechten dem Umstand, daß ihr Bestand begrenzt ist, bei der Wertbemessung Rechnung zu tragen ist (Baumbach-Lauterbach, § 3 Anhang, Stichwort "Befristeter Anspruch" und Thomas-Putzo, ZPO, 15. AufI., § 3 Anm. 2 Stichwort "Befristete Rechte").</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Beschwerdewert kann nach alledem nicht höher als DM 500,00 veranschlagt werden.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens sind dem Antragsgegner aufzuerlegen, weil dies der Billigkeit entspricht, vgl. § 20 HausRVO und § 13 a Abs. 1 S. 2 FGG. </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">2. Aus den Ausführungen unter 1. folgt, daß auch der für die Gebührenberechnung maßgebliche Geschäftswert auf bis zu DM 500,00 zu veranschlagen ist. Die abweichende Festsetzung im angefochtenen Beschluß ist gem. § 31 Abs. 1 S. 2 KostO dementsprechend von Amts wegen zu ändern.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">3. Der Antragstellerin kann Prozeßkostenhilfe für das Beschwerdeverfahren nicht bewilligt werden. Sie hat nicht dargetan, daß der Antragsgegner nicht in der Lage ist, ihr gem. § 1360 a Abs. 4 BGB einen entsprechenden Prozeßkostenvorschuß zur Verfügung zu</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">stellen; im Hinblick darauf, daß die Kosten für die Antragstellerin unter DM 200,00 liegen, kann unter Berücksichtigung der dem Senat aus dem Verfahren 10 UF 46/88 bekannten Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Antragsgegners nicht von dessen Leistungsunfähigkeit ausgegangen werden. Darüber hinaus käme die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe nur unter Anordnung von Ratenzahlung in Betracht; hier würde dann die Vorschrift des § 115 Abs. 6 ZPO eingreifen. </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Köln, den 10. Oktober 1988</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Oberlandesgericht, 10. Zivilsenat - Familiensenat -</p>
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315,325 | olgham-1988-10-06-4-u-5088 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
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"state": 12,
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"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 4 U 50/88 | "1988-10-06T00:00:00" | "2019-03-13T14:52:30" | "2022-10-18T15:03:51" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1988:1006.4U50.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Klägerin wird das am 21. Januar 1988 verkündete Urteil der VIII. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bielefeld teilweise abgeändert.</p>
<p></p>
<p>Der Beklagte wird verurteilt, über den im landgerichtlichen Urteil genannten Betrag hinaus an die Klägerin weitere 3.000,-- DM nebst 5% Zinsen hiervon seit dem 30.10.1987 zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Der Beklagte trägt die gesamten Kosten des Rechtsstreits.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Die Beschwer des Beklagten liegt unter 40.000,-- DM.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Tatbestand</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin verlangt vom Beklagten die Zahlung zweier Vertragsstrafen in Höhe von jeweils 3.000,-- DM. Sie stützt ihr Begehren auf eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtung des Beklagten vom 11. Juli 1985, durch die er sich verpflichtet hatte, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs keine Anzeigen mehr zu verwenden, bei welchen der Hinweis auf den gewerblichen Charakter des Angebotes fehlt. Zugleich hatte der Beklagte für jeden Fall der Zuwiderhandlung die Zahlung einer Vertragsstrafe von 3.000,-- DM an die Klägerin versprochen (Bl. 7 der Akten).</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">In der Zeitung xxx vom 22.11.1986 und vom 27.05.1987 erschienenen Kleinanzeigen des Beklagten mit denen dieser Eigentumswohnungen zum Verkauf nur unter Angabe der Telefonnummer seiner Firma anbot. Mit Schreiben ihrer Prozeßbevollmächtigten vom 17.09.1987 (Bl. 8 d.A.) forderte die Klägerin vom Beklagten wegen dieser Anzeigen "die vereinbarte Vertragsstrafe von 3.000,-- DM". Daraufhin ließ der Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 25.09.1987 (Bl. 10 d.A.) den Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtung mit einem Versehen der Zeitung entschuldigen. Diese Entschuldigung wies die Klägerin mit Anwaltsschreiben vom 15.10.1987 (Bl. 15 ff d.A.) zurück und forderte unter Fristsetzung bis zum 29. Oktober 1987 von der Beklagten die Zahlung zweier Vertragsstrafen in Gesamthöhe von 6.000,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Dieser Zahlungsaufforderung kam der Beklagte nicht nach. Die darauf von der Klägerin erhobene Klage hatte vor dem Landgericht nur in Höhe eines Betrages von 3.000,-- DM Erfolg. Das Landgericht ist der mit Blick auf § 21 UWG erhobenen Verjährungseinrede des Beklagten wegen der Zuwiderhandlung vom 22.11.1986 gefolgt und hat insoweit das Vertragsstrafebegehren der Klägerin zurückgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil, auf das wegen der Einzelheiten verwiesen wird, richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie tritt der Rechtsauffassung des Landgerichts zur Frage der Verjährung des Vertragsstrafeanspruches entgegen und macht ihrerseits geltend, daß die Vertragsstrafe der regelmäßigen Verjährung von 30 Jahren unterliege.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:28px">unter teilweiser Abänderung des landgerichtlichen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an sie weitere 3.000,-- DM nebst 5% seit dem 30.10.1987 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte bittet um Zurückweisung der Berufung.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Er verteidigt die landgerichtliche Rechtsauffassung zur Frage der Verjährung und erhebt äußerst vorsorglich auch den Einwand der Verwirkung. Dazu führt er aus, die Klägerin habe mit ihrem Schreiben vom 07.09.1987 klargestellt, daß sie wegen der ihr bekannten Zeitungsanzeige vom 22.11.1986 keinerlei Vertragsstrafe verlangen wolle. Daran müsse sie sich nun festhalten lassen. Im übrigen entschuldigt sich der Beklagte nach wie vor mit einem Versehen der Zeitung.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Wegen des Vorbringens der Parteien im einzelnen wird auf den Inhalt der zwischen gewechselten Schriftsätze verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe</u></p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Aus der Vertragsstrafevereinbarung mit dem Beklagten stehen ihr über den vom Landgericht bereits zuerkannten Betrag hinaus weitere 3.000,-- DM nebst Zinsen zu.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Anzeigenwerbung des Beklagten vom 22.11.1986 verstößt gegen das strafbewehrte Unterlassungsversprechen, weil sie die Gewerblichkeit des Angebotes nicht erkennen läßt. Das zieht auch der Beklagte nicht in Zweifel. Der Beklagte kann sich seiner Verantwortlichkeit dafür nicht mit einem Hinweis auf ein Versehen der Zeitung entziehen. Denn er hat für diese als seine Erfüllungsgehilfin bei schuldhaften Verhalten einzustehen (§ 278 BGB; vgl. dazu BGH GRUR 1988, 561 = WRP 1988, 608 = NJW 1988, 1907). Nach dem eigenen Vorbringen des Beklagten hat sich das Publikationsorgan über den ausdrücklichen Hinweis, in der Anzeige die Firma des Beklagten zu nennen, hinweggesetzt. Darin liegt eine vorwerfbare Pflichtwidrigkeit, die der Beklagte letztlich zu vertreten hat (vgl. dazu BGH a.a.O.).</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Verstoß gegen das Unterlassungsversprechen löst die vereinbarte Vertragsstrafe von 3.000,-- DM aus. Die demgegenüber mit Blick auf § 21 UWG erhobene Einrede der Verjährung verfängt nicht, denn die kurze Verjährung jener Vorschrift findet auf diesen Fall keine Anwendung. Jene betrifft gesetzliche Ansprüche, die dem Anspruchsgläubiger aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb erwachsen, wenn ein anderer gegen diese Rechtsregeln verstößt. Demgegenüber macht die Klägerin hier jedoch einen vertraglichen Anspruch geltend. Dieser unterliegt grundsätzlich nicht der deliktischen Verjährung des § 21 UWG, sondern selbständig der für diesen geltenden Verjährungsfrist (BGHZ 66, 315; Staudinger-Dilcher, BGB, 12. Aufl., § 194 RdNr. 19 mit weiteren Nachweisen; Palandt-Heinrichs, BGB, 47. Aufl., § 194 Anm. 3).</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Frage der Verjährung von Vertragsstrafen ist allerdings umstritten. Nach einer Ansicht ist diejenige Frist maßgebend, die auch für den gesicherten Anspruch gilt (vgl. dazu Soergel-Lindacher, BGB, 11. Aufl., § 339 RdNr. 29), nach einer anderen Auffassung soll die Verjährungsfrist des Vertragsanspruches grundsätzlich 30 Jahre betragen, selbst bei kürzerer Verjährungsfrist des zugrundeliegenden Anspruches (Münchener Kommentar, BGB, 2. Aufl., § 339 RdNr. 10). Nach einer vermittelnden Meinung soll die Verjährungsfrist des Hauptanspruches maßgebend sein, wenn die Vertragsstrafe diesem wirtschaftlich entspricht (Palandt-Heinrichs a.a.O. § 195 Anm. 2b; Horschitz, NJW 1973, 1958, 1960). Welche der Meinungen den Vorzug verdient, braucht hier nicht entschieden zu werden, denn die Verjährungsfrage beantwortet sich in jedem Fall gleich. Das Unterlassungsversprechen, das der Störer dem Anspruchsgläubiger, der einen Wettbewerbsverstoß beanstandet, auf Verlangen erklärt, begründet bei seiner Annahme durch den anderen Teil eine vertragliche Unterlassungspflicht. Das bei berechtigtem Unterlassungsanspruch ursprünglich bestehende gesetzliche Schuldverhältnis nach Maßgabe der Regeln des Wettbewerbsrechts wird dadurch beseitigt und durch ein vertragliches ersetzt.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Es ist anerkannten Rechts, daß schon die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, die eine erneute Rechtsverletzung derselben Art ausgeschlossen erscheinen läßt, erst recht aber ein entsprechender Vertrag die Wiederholungsgefahr ausgeräumt, mit der Folge, daß der durch eine Rechtsverletzung zunächst begründete Unterlassungsanspruch erlischt (vgl. dazu Teplitzky, Wettbewerbliche Ansprüche, 5. Aufl., Kapitel 11 RdNr. 5). Da der Verletzte und auch der Verletzer ein für alle mal eine endgültige außergerichtliche Beilegung der Auseinandersetzung wollen, die aber nur durch Begründung einer dauerhaften vertraglichen Unterlassungspflicht zu erreichen ist, kommt dem Unterlassungsvertrag innovative Bedeutung zu. Eine Abhängigkeit von dem Bestehen der alten (gesetzlichen) Schuld ist nach Lage der Dinge nicht anzunehmen. Denn der Abgabe der strafbewehrten Unterlassungsverpflichtung liegt nicht in jedem Falle ein als sicher festgestelltes gesetzliches Schuldverhältnis zugrunde. Sie dient vielmehr regelmäßig dazu, das Streitverhältnis ohne endgültige Klärung weiteren Auseinandersetzungen zu entziehen und klare Verhältnisse zu schaffen, bezweckt also die Begründung einer Unterlassungspflicht unabhängig von einem etwaig existenten Schuldverhältnis. Das bedeutet für den Gläubiger, zukünftig der Nachweispflicht enthoben zu sein, daß die dem Versprechen zugrundeliegende Wettbewerbshandlung unzulässig war (vgl. dazu Teplitzky a.a.O. Kapitel 11 RdNr. 6).</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die wegen einer Zuwiderhandlung gegen die vertragliche Unterlassungspflicht verwirkte Vertragsstrafe unterläge im Licht des oben dargestellten Meinungsstreits nur dann nicht der regelmäßigen Verjährung von 30 Jahren (§ 195 BGB), wenn sie wirtschaftlich einem Anspruch - insoweit käme hier nur der Schadensersatzanspruch in Betracht - gleichstände, der der kürzeren Verjährung unterliegt. Aber auch davon kann hier nicht ausgegangen werden.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Zwar wohnt der Vertragsstrafe immer auch ein schadensersatzrechtliches Moment inne (BGH NJW 1975, 163, 164; NJW 1986, 127 = GRUR 1985, 1065 = WRP 1986, 141); das kann jedoch vorliegend nicht dazu führen, die Vertragsstrafe wirtschaftlich einem Schadensersatzanspruch gleichzustellen, der der Verjährung des § 21 UWG anheimfiele. Das selbständige Vertragsstrafeversprechen für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die vertragliche Unterlassungspflicht hat nämlich schwergewichtig präventiven Charakter, weil sie als Druckmittel dazu dienen soll, den Störer von künftigen Rechtsverletzungen der beanstandeten Art abzuhalten (vgl. BGH NJW 1983, 1060 = GRUR 1983, 186 = WRP 1983, 264). Der Anspruchsgläubiger wird dadurch in eine ähnliche Lage versetzt, wie sie derjenigen bei Titulierung des gesetzlichen Unterlassungsanspruches entspricht. Die vorrangige Bedeutung der Vertragsstrafe als Druck- und Sanktionsmittel gegen den Unterlassungsschuldner zeigt sich in Sonderheit in den Fällen der Übernahme einer strafbewehrten vertraglichen Unterlassungspflicht gegenüber einem Verband, der durch die aufgegriffene Wettbewerbshandlung des Unterlassungsschuldners regelmäßig keinen Schaden erleidet. Der Umstand, daß die Vertragsstrafe für den Mitbewerber auch schadensersatzrechtliche Funktion haben kann, nimmt ihr nicht ihre präventive Bedeutung, sie wird dadurch keinesfalls zum bloßen Schadensersatz. Andernfalls wäre die Rechtsprechung zur Drittunterwerfung (vgl. dazu auch BGH NJW 1983, 1060 = GRUR 1983, 186 = WRP 1983, 264 sowie GRUR 1987, 640 = WRP 1987, 557) auch nicht zu rechtfertigen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Danach ist im Ergebnis festzustellen, daß die bei Zuwiderhandlung gegen die vertragliche Unterlassungspflicht verwirkte Vertragsstrafe der 30-jährigen Verjährung unterliegt. (Vgl. dazu Landgericht Mannheim, GRUR 1987, 743).</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Daß die kurze Verjährung eines deliktischen Anspruches auf einen gleichgerichteten vertraglichen Anspruch durchschlägt, wird soweit ersichtlich nirgends bejaht (vgl. dazu Staudinger-Dilcher, BGB, 12. Aufl., § 194 RdNr. 23). Durchgreifende der Gesichtspunkte, die eine auch dogmatisch begründbare Beurteilung rechtfertigen könnten, hat der Beklagte nicht aufgezeigt, sie sind auch sonst nicht ersichtlich.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte kann der Klageforderung auch nicht den Einwand der Verwirkung entgegenhalten.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat zwar zunächst den Eindruck erweckt, als wolle sie wegen der Zuwiderhandlungen vom 22. November 1986 und 27. Mai 1987 insgesamt nur eine Vertragsstrafe geltend machen. Aus dem Schreiben der erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten der Klägerin vom 15. Oktober 1987 (Bl. 15 d.A.) ergibt sich nämlich, daß sie zunächst (vgl. Schreiben vom 17.09. Bl. 8 ff sowie vom 29.09. Bl. 12 ff d.A.) nur eine Vertragsstrafe von 3.000,-- DM hat einfordern wollen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Das allein begründet aber nicht das Umstandsmoment der Verwirkung. Denn insoweit muß hinzukommen, daß sich der Beklagte auch darauf einrichtet, nur in Höhe eines Betrages von 3.000,-- DM in Anspruch genommen zu werden, so daß ihm die verspätete Geltendmachung nicht mehr zugemutet werden kann. In diese Richtung lassen sich allerdings keine Feststellungen treffen, zumal der Beklagte insoweit selbst nichts vorgetragen hat.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Der Zinsanspruch beruht auf §§ 284, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB, 352 HGB.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die Sache bedarf nicht der Zulassung der Revision, weil die im vorstehenden Sinne beantwortete Rechtsfrage der Verjährung keiner höchstrichterlichen Klärung bedarf. Die Entscheidung bewegt sich im Rahmen der bisherigen Rechtpraxis der höchstrichterlichen Rechtsprechung.</p>
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315,326 | ag-munster-1988-10-06-38-c-41287 | {
"id": 711,
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"city": 471,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 38 C 412/87 | "1988-10-06T00:00:00" | "2019-03-13T14:52:31" | "2022-10-18T15:03:51" | Urteil | ECLI:DE:AGMS:1988:1006.38C412.87.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p> </p>
<p></p>
<p>Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. </p>
<p></p>
<p> </p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>T a t b e s t a n d</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Mit der Klage begehrt der Kläger restlichen Mietzins. Der Kläger ist Eigentümer des Hauses G-Straße in N. In diesem Haus hat die Beklagte eine Wohnung gemietet. Der monatliche Mietzins beträgt seit Mietzinserhöhung zum 1. September 1987 598,00 DM, die Nebenkostenvorauszahlung beläuft sich auf monatlich 30,00 DM. </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte mindert den Mietzins seit November 1987 um 60,00 DM monatlich unter Berufung Mangelhaftigkeit der Wohnung. Streitbefangen im Hinblick auf die Berechtigung zur Mietzinsminderung ist der Mietzins für die Monate November und Dezember 1987.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger bestreitet Mängel der Wohnung und ist im übrigen der Ansicht, dass die Beklagte sich aufgrund jahrzehntelanger vorbehaltloser Mietzinszahlung nunmehr auf Mängel ohnehin nicht berufen können.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<br /><span class="absatzRechts">6</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="0">
<tr>
<td valign="top"> </td>
<td valign="top">die Beklagte zu verurteilen, an ihn 120,00 DM nebst 4 % Zinsen von je 60,00 DM seit dem 05.11.87 und 05.12.87 zu zahlen. </td>
</tr>
</table><br />
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist der Ansicht, dass ihre Mietzinsminderung, die sie dem Kläger mit Schreiben vom 06.10.87 konkret zum 01.11.87 angekündigt hat, berechtigt sei im Hinblick auf nachfolgende von ihr behauptete Mängel.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Durch die Wohnzimmer- bzw. Schlafzimmerdecke dringe von der darunterliegenden Wohnung her Zigarettenrauch und Geruch in die Wohnung der Beklagten. Aufgrund von erheblichen Feuchtigkeitserscheinungen der unter ihrer Wohnung liegenden Parterrewohnung träten in ihrer Wohnung, insbesondere in den Sommermonaten, Silberfischen im Küchenschrank auf. Der Außenanstrich und die Verkittung sämtlicher Fenster des Wintergartens seien erneuerungsbedürftig. Im November und Dezember 1987 sei im übrigen ein Schlafzimmerfenster defekt gewesen und der Holzrahmen des Fensters der Speisekammer sei verrottet und daher undicht gewesen, so dass Wasser habe eindringen können.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die gusseisernen Abflussrohre im Badezimmer und in der Küche seien undicht. Es trete an mehreren Stellen immer wieder braune Flüssigkeit aus. Sämtliche Wände des mitgemieteten Kellerraums seien feucht und hätten Schimmel angesetzt. Der Kellerraum könne weder als Vorrats- noch als Abstellraum genutzt werden. Die Feuchtigkeitserscheinungen seien erstmals etwa 1965 aufgetreten und in der letzten Zeit erheblich schlimmer geworden. Die Schlösser der Haustür und der hinteren Eingangstür seien nicht mehr in Ordnung und ließen sich nicht ordnungsgemäß abschließen. </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen. </p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des vereidigten Sachverständigen für Hochbau Dipl.-Ing. H. P. in N sowie durch Vernehmung der Zeugen T und K. C van N.. </p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten vom 22.06.1988 und auf die Sitzungsniederschrift vom 22.09.1988 Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks"><b><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e</u></b></p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist nicht begründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Mietzinsrestanspruch gem. § 535 BGB nicht zu, da die Beklagte den Mietzins wirksam gem. § 537 BGB gemindert hat. Die erklärte Mietzinsminderung erfolgte wirksam wegen des Vorhandenseins von Mängeln der Wohnung. Die Mangelhaftigkeit der Wohnung ergibt sich aus dem Sachverständigengutachten unterstützt insbesondere durch die klaren und glaubhaften Bekundungen der Zeugen. Danach steht fest, dass die Abflussrohre jedenfalls im Toilettenraum porös und undicht sind und dieser Mangel sich durch das Austreten von brauner Flüssigkeit bemerkbar macht. Außerdem sieht das Gericht es als bewiesen an, dass infolge von Feuchtigkeit Silberfischen im Hause auftreten, wie sich aus den klaren Bekundungen der Zeugin C van N. ergibt. Dass für dieses Erscheinungsbild etwa mangelnde Pflege der Wohnung durch die Beklagte maßgeblich sein könnte, ist nach den Ausführungen des Sachverständigen und den Bekundungen der Zeugin T nicht anzunehmen. Ein weiterer wesentlicher Mangel der Wohnung liegt daran, dass die Zwischendecke zwischen der Parterrewohnung und der Wohnung der Klägerin nicht in allen Bereichen hinreichend abgedichtet ist und geruchs- und insbesondere rauchdurchlässig ist. Dies ist ebenfalls durch die Bekundungen der Zeugin C van N. nachgewiesen. </p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Wegen dieser Mängel der Mietwohnung ist eine Mietzinsminderung in der von der Beklagten ausgesprochenen Höhe von etwa 10 %, 60,00 DM gerechtfertigt, ohne dass es auf die Entscheidung der Rechtsfrage im einzelnen ankommt, ob die Beklagte die Mietzinsminderung auch auf weitere Mängel, die bei vorbehaltloser Mietzahlung vor Mietzinserhöhung bereits vorlagen, wie die den heutigen Sicherheitserfordernissen nicht mehr entsprechende Haustür oder die zunehmende Feuchtigkeit des Kellers, stützen kann. Angesichts der Tatsache, dass die Beklagte Mängel der Mietsache unmittelbar bei Mietzinserhöhung gerügt hat und insoweit dargetan hat, dass sie nunmehr den begehrten Mietzins wegen der Mängel nicht mehr zahlen werde, wenn diese nicht abgestellt würden, ist insoweit eine entsprechende Anwendung von § 539 BGB mit der Folge des Ausschlusses dieser Mängel für die Berechtigung zur Mietzinsminderung nicht gerechtfertigt. </p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Ziffer 11, 713 ZPO.</p>
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315,327 | lg-dusseldorf-1988-10-04-4-o-5088 | {
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"city": 413,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 4 O 50/88 | "1988-10-04T00:00:00" | "2019-03-13T14:52:33" | "2022-10-18T15:03:49" | Urteil | ECLI:DE:LGD:1988:1004.4O50.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>für Recht erkannt </p>
<p>I.</p>
<p>Die Beklagte wird verurteilt,</p>
<p>1.</p>
<p>Es bei Meidung eines für den Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,-- DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,</p>
<p>Strick- und Wirkwaren, wie Pullover, Jacken oder dergleichen</p>
<p>im Gebiet der Bundesrepublik Deutsch¬land einschließlich Berlin (West) gewerbsmäßig feilzuhalten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen,</p>
<p>die unter Verwendung einer maschinen¬gestrickten Abschlußblende hergestellt</p>
<p> </p>
<p>- 3 -</p>
<p>worden sind, bei der gegen Ende alle Maschen umgehängt und daran an-schließend eine oder mehrere Rechts-Links-Maschenreihen gestrickt sind, die zu einer Seite unter Bildung eines kantengenauen, kettelstichgleichen Warenbruches umgelegt sind, zum Verbinden mit den Endmaschen der Strick- und Wirkwaren durch Abbinden beim Nähen,</p>
<p>wobei hierbei Strick- und Wirkwaren ausgenommen sind, die von einem Dritten hergestellt worden sind, der hierzu auf Grund eines mit dem Kläger abgeschlossenen Lizenzvertrages berechtigt ist;</p>
<p>2.</p>
<p>dem Kläger über ihre Umsätze mit den zu 1. bezeichneten Strick- und Wirkwaren in der Zeit vom 9. Februar 1973 bis zum 14. Januar 1988 Auskunft zu erteilen, und zwar - aufgeschlüs¬selt nach Artikeln - unter Angabe der Verkaufsmengen, Verkaufszeiten, Verkaufspreise und der Lieferanten;</p>
<p>3.</p>
<p>Dem Kläger darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 15. Januar 1988 begangen hat, und zwar -aufgeschlüsselt nach Artikeln - unter</p>
<p></p>
<p></p>
<p></p>
<p></p>
<p>- 4 -</p>
<p></p>
<p>Angabe der Verkaufsmengen, Verkaufs¬zeiten, Verkaufspreise, der Lieferan¬ten, der Art und des Umfanges der betriebenen Werbung sowie unter Vorlage eines Verzeichnisses, das aufgeschlüsselt nach den einzelnen Kostenfaktoren - die Gestehungskosten und den erzielten Gewinn ausweist.</p>
<p>II.</p>
<p>Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist,</p>
<p>1.</p>
<p>an den Kläger nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerecht-fertigten Bereicherung dasjenige herauszugeben, was sie durch die zu I 1. bezeichneten, in der Zeit vom 9. Februar 1973 bis zum 11. Januar 1988 begangenen Handlungen erlangt hat;</p>
<p>2.</p>
<p>dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der ihm durch die zu I 1. bezeichne¬ten, seit dem 15. Januar 1988 began¬genen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.</p>
<p>III.</p>
<p>Die weitergehende Klage wird abgewie¬sen .</p>
<p> </p>
<p>- 5 -</p>
<p>IV.</p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits werden zu 1/5 dem Kläger und zu 4/5 der Beklag¬ten auferlegt.</p>
<p>Das Urteil ist gegen Sicherheitslei-stung vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheitsleistung beträgt für die Zwangsvollstreckung des Klägers 300.000,— DM und für die Zwangsvoll-streckung der Beklagten wegen der Kosten 2.500,— DM. Die Sicherheiten können auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Berlin (West) ansässigen Großbank oder öffentlichen Sparkasse erbracht werden.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Tatbestand</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist eingetragener Inhaber des deutschen Patents X (Anlage 1) und nimmt die beklagte X wegen Verletzung dieses Patents in Anspruch.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Das Klagepatent beruht auf einer Anmeldung vom 18. Februar 1971, die am 24. August 1972 offengelegt und am 8. Februar 1973 bekannt gemacht worden ist. Die Ausgabe der Patentschrift ist am 30. August 1973 erfolgt. Auf eine von dritter Seite erhobene</p>
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315,328 | olgham-1988-09-22-4-ws-43688 | {
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"jurisdiction": null,
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} | 4 Ws 436/88 | "1988-09-22T00:00:00" | "2019-03-13T14:52:35" | "2022-10-18T15:03:49" | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1988:0922.4WS436.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Vorsitzende der Strafkammer des Landgerichts hat mit der von Rechtsanwalt ... als Wahlverteidiger des Angeklagten ... angefochtenen Verfügung vom 16. August 1988 den zunächst auf den 22. August 1988 anberaumten Hauptverhandlungstermin aufgehoben und auf den 27. Oktober und 3. November 1988 verlegt. Diese Termine hatte er zuvor telefonisch mit den Verteidigern der Angeklagten abgestimmt. Dabei hatte er von der Kanzlei des Rechtsanwalts ... die Auskunft erhalten, daß die Termine noch frei seien. Mit dem der Strafkammer übersandten Empfangsbekenntnis vom 18. August 1988 legte Rechtsanwalt ... sodann gegen die Terminsbestimmung Beschwerde ein, da er "verhindert" sei. Mit der Beschwerdebegründung vom 22. August 1988 macht der Verteidiger geltend, daß die Terminsabsprache mit der Kanzlei unter dem Vorbehalt seiner Zustimmung erfolgt sei. Er habe den Vorsitzenden der Strafkammer schon am 17. August 1988 vormittags über seine Verhinderung informiert, dieser habe jedoch auf seiner Terminsverfügung beharrt.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde ist unstatthaft, wobei dahinstehen kann, ob sie sich nur gegen die Anberaumung der Hauptverhandlung oder auch gegen die in dem Telefongespräch vom 17. August 1988 jedenfalls konkludent erfolgte Ablehnung einer Terminsverlegung richtet.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Terminsverfügungen mit der Beschwerde angefochten werden können, wird in Rechtsprechung und Literatur nicht einheitlich beantwortet. Nach § 305 Abs. 1 Satz 1 StPO unterliegen Entscheidungen des erkennenden Gerichts, die der Urteilsfällung vorausgehen - von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen - nicht der Beschwerde durch die Verfahrensbeteiligten. Diese Bestimmung schließt nach einer Auffassung generell jedenfalls die Beschwerde des Angeklagten bzw. des Verteidigers gegen eine Terminsverfügung aus (OLG Stuttgart NJW 1976, 1647; OLG Hamm 1 Ws 314/77 vom 1. Mai 1978; OLG Hamm 6 Ws 508/85 vom 6. November 1985; OLG Celle in OLGSt Nr. 2 zu § 305 StPO). Nach Ansicht des OLG Hamm (MDR 1975, 245 - 5. Strafsenat -) steht demgegenüber § 305 Abs. 1 StPO einer Zulässigkeit der Beschwerde nicht entgegen (ebenso LG Köln StrVert 1988, 195 f).</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Nach Meinung der Literatur wird die Beschwerde mit der sich aus § 305 Abs. 1 Satz 1 StPO ergebenden Beschränkung in Ausnahmefällen als zulässig angesehen, wenn die in rechtsfehlerhafter Ermessensausübung getroffene Terminsverfügung eine besondere, selbständige Beschwer für Prozeßbeteiligte bewirkt (Kleinknecht/Meyer Strafprozeßordnung, 38. Auflage, § 213 Rdnr. 6; K-M-R, Strafprozeßordnung, § 213 Rdnr. 14 und 16; Karlsruher Kommentar, 2. Auflage, § 213 Rdnr. 6). Unter dem Gesichtspunkt des § 305 Abs. 1 Satz 1 StPO wird allerdings die Anfechtbarkeit von Terminsverfügungen in der Regel - von hier nicht interessierenden Ausnahmefällen abgesehen - verneint (Kleinknecht/Meyer, a.a.O., § 305 Rdnr. 4; K-M-R § 305 Rdnr. 12; Karlsruher-Kommentar § 305 Rdnr. 6 a; Löwe-Rosenberg-Gollwitzer, Strafprozeßordnung, 24. Auflage, § 305 Rdnr. 16). Nach Auffassung des Senats läßt § 305 Abs. 1 Satz 1 StPO die Annahme einer generellen Zulässigkeit der Beschwerde im vorliegenden Zusammenhang eindeutig nicht zu. Die Terminsverfügung steht in innerer Verbindung mit der Urteilsfällung. Sie dient der Urteilsvorbereitung und hat - jedenfalls für den Angeklagten - keine weiteren Verfahrenswirkungen. Im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung ist hierbei entscheidend darauf abzustellen, ob die angefochtene Verfügung im Hauptverfahren oder im Rahmen einer Urteilsanfechtung noch der gerichtlichen Überprüfung unterliegt (vgl. Löwe-Rosenberg-Gollwitzer § 305 Rdnr. 13 sowie die unter Rdnr. 1 mitgeteilten gesetzlichen Motive). Das ist der Fall. Der Angeklagte ist nicht gehindert, Ermessensfehler des Vorsitzenden bei der Terminierung mit einem Aussetzungsantrag gem. § 228 StPO in der Hauptverhandlung geltend zu machen. Sollte er in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt in seiner Verteidigung durch Gerichtsbeschluß beschränkt werden, steht ihm die Rüge einer Verletzung des § 338 Nr. 8 StPO im Revisionsverfahren zur Verfügung.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Hinweis des Landgerichts Köln (StVert 1988, 195 f) auf die nur eingeschränkte Aussetzungsmöglichkeit gem. § 228 Abs. 2 StPO geht nach Auffassung des Senats fehl: Diese Bestimmung zeigt vielmehr lediglich - ebenso wie beispielsweise die Regelungen in den §§ 230 ff und in § 329 StPO -, daß der Gesetzgeber grundsätzlich nur unter bestimmten Voraussetzungen die Frage der Anwesenheit des Angeklagten bzw. des Verteidigers in der Hauptverhandlung als regelungsbedürftig angesehen hat. Die Vorschrift des § 228 Abs. 2 StPO ist im übrigen nicht anzuwenden, wenn dies mit den Grundsätzen eines fairen Verfahrens unvereinbar wäre (vgl. OLG Hamm VRS 41, 45; 47, 358; 68, 49; Kleinknecht/Meyer a.a.O. (§ 228 Rdnr. 7)).</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">In Fällen der vorliegenden Art besteht danach keine Notwendigkeit für einen mit der Eröffnung des Beschwerdeverfahrens möglichen Eingriff in die "Terminshoheit" (OLG Stuttgart a.a.O.) des Vorsitzenden, zumal auch im Hinblick auf die ansonsten gebotene Vorlage der Akten an das Beschwerdegericht (§ 306 Abs. 2, 2. Halbsatz StPO) einer Prozeßverschleppung "Tür und Tor" (vgl. Löwe-Rosenberg Gollwitzer, § 305, Rdnr. 2) geöffnet werden könnte (ähnlich OLG Celle a.a.O. und OLG Hamm 1 Ws 314/77 zur Umgehung des § 329 Abs. 1 Satz 2 StPO).</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Darüber hinaus sei anzumerken, daß sich etwaige Schwierigkeiten im vorliegenden Rahmen durch vorherige Bemühungen um entsprechende Terminsabsprachen - wie sie überwiegend schon praktiziert werden - zumindest weitgehend ausschließen lassen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde war danach als unzulässig zu verwerfen. Eine Kostenentscheidung ist im Hinblick auf § 464 Abs. 1 StPO nicht angezeigt.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Terminsverfügungen des Vorsitzenden des erkennenden Gerichts, die der Urteilsfällung vorausgehen, sind nicht mit der Beschwerde anfechtbar.</p>
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315,329 | ag-essen-1988-09-20-9-c-24888 | {
"id": 657,
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"slug": "ag-essen",
"city": 417,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 9 C 248/88 | "1988-09-20T00:00:00" | "2019-03-13T14:52:37" | "2022-10-18T15:03:49" | Urteil | ECLI:DE:AGE1:1988:0920.9C248.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.869,00 DM (eintausendachthundertneunundsechzig Deutsche Mark) nebst 4 % Zinsen seit dem 29.02.1988 zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.300,00 DM vorläufig vollstreckbar. </p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Tatbestand:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist der Anwalt der Frau L, geborene Q, welche mit ihrem Ehemann, dem Beklagten, in Scheidung lebt. Am 04.06.1987 schlossen die Eheleute L unter Beteiligung des Klägers und des Prozeßbevollmächtigten des Beklagten einen Vergleich, der verschiedene im Zusammenhang mit dem Scheidungsverfahren stehende Punkte regelte, unter anderem tragen sie eine Vereinbarung über Kindes- und Trennungsunterhalt. Die Unterhaltsverpflichtung des Beklagten wurde am 19.08.1987 von dem Notar T in H beurkundet; - UR-Nummer ### -. In der notariellen Urkunde heißt es unter anderem: "Diese Unterhaltsvereinbarung ist Teil der zwischen mir und meiner Ehefrau am 04.06.1987 getroffenen Gesamtvereinbarung" und an anderer Stelle: "Die Kosten dieses Vertrages und seiner Ausführung trage ich". Auf die weiteren Einzelheiten der Urkunde vom 19.08.1987 wird verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Mit der vorliegenden Klage verlangt der Kläger aus abgetretenem Recht seiner Mandantin vom Beklagten Zahlung anwaltlichen Honorars gemäß Kostennote vom 07.01.1988. Er macht geltend, die laut Urkunde vom 19.08.1987 von diesem zu erstattenden Kosten des Vertrages und seiner Ausführung beinhalteten auch das durch seine – des Klägers – Mitwirkung bei der Verhandlung angefallene Honorar. Das ergebe sich aus dem Wortlaut der Übernahmeverpflichtung, die nicht nur die eigentlichen Notariatskosten sondern auch die Rechtsberatungskosten des Gegners erfasse. Ansonsten habe nämlich der fragliche Passus keinen Sinn, denn als Auftraggeber hafte der Beklagte ohnehin für die Kosten der Urkunde. Auch die Formulierung spreche für diese Auslegung.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt, den Beklagten, wie geschehen, zu verurteilen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Er ist der Auffassung, die Kostenübernahmeverpflichtung in der Urkunde vom 19.08.1987 betreffe ausschließlich die Kosten des Notars, diejenigen der Vertragsausfertigung sowie Fotokopierkosten. Sie besage keinesfalls, daß er – der Beklagte – sich auch verpflichtet habe, die Rechtsberatungskosten für seine Ehefrau zu übernehmen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Akteninhalt verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die auf die notarielle Urkunde vom 19.08.1987 in Verbindung mit § 398 BGB gestützte Klage ist begründet.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Unstreitig hat der Kläger bei der Verhandlung vom 04.06.1987, in der die Eheleute L eine mehrere Punkte umfassende Regelung im Zusammenhang mit ihrer Scheidung getroffen haben, aufgrund eines ihm von der Ehefrau L erteilten Mandats mitgewirkt und dadurch unter anderem dazu beigetragen, daß der Beklagte sich zur Zahlung von Kindes- und Trennungsunterhalt in Höhe von monatlich 1.800,00 DM verpflichtete. Die anschließend am 19.08.1987 von diesem vor dem Notar T in H abgegebene Schulderklärung mit Vollstreckungsunterwerfung diente ersichtlich nur noch dem Zweck, der Ehefrau den Unterhaltsanspruch zu sichern, indem zu ihren Gunsten ein vollstreckungsfähiger Titel geschaffen wurde. Der Bezug zu der am 04.06.1987 getroffenen Grundvereinbarung wird insbesondere auch dadurch deutlich, daß in der Urkunde vom 19.08.1987 ausdrücklich auf sie verwiesen wird. Bei dieser Sachlage kann die Übernahmeverpflichtung betreffend Kosten nur so verstanden werden, daß unter "Kosten dieses Vertrages" sämtliche Kosten der Unterhaltsvereinbarung gemeint sind einschließlich derjenigen, welche für die anwaltliche Beratung und Vertretung der Ehefrau entstanden sind. Zu Recht führt der Kläger im übrigen aus, daß der Beklagte ohnehin der Schuldner für die durch die Errichtung der Urkunde entstandenen Kosten ist, so daß die Übernahmeverpflichtung mehr aussagen muß als eine bloße inhaltliche Wiederholung des § 2 Absatz 1 der Kostenordnung. </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Das gilt hier um so mehr, als der Beklagte allein als Kostenschuldner im Sinne dieser Vorschrift in Frage kommt, da ausschließlich seine Erklärung beurkundet worden ist. Auch die Formulierung spricht für eine Auslegung im Sinne des Klägers. Mit "Vertrag" kann nur die Unterhaltsvereinbarung vom 04.06.1987 gemeint sein, denn Gegenstand der Beurkundung war lediglich eine einseitige Erklärung des Beklagten. Dieser ist daher verpflichtet, die durch die Rechtsberatung seiner Ehefrau erwachsenden Kosten zu tragen, deren Höhe zutreffend berechnet und im übrigen nicht bestritten worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Klage war demnach stattzugeben.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die zugesprochenen Zinsen sind aus §§ 284, 286 BGB begründet.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 ZPO.</p>
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315,330 | ag-aachen-1988-09-20-6-c-359-88 | {
"id": 620,
"name": "Amtsgericht Aachen",
"slug": "ag-aachen",
"city": 380,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 6 C 359-88 | "1988-09-20T00:00:00" | "2019-03-13T14:52:39" | "2022-10-18T15:03:50" | Urteil | ECLI:DE:AGAC1:1988:0920.6C359.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p> Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.</p>
<p></p>
<p> Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Tatbestand</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien streiten um restlichen Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall, für welchen unstreitig die Beklagten eintrittspflichtig sind.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Am Fahrzeug des Klägers, welches zum Schadenszeitpunkt 6 ½ Monate alt war, entstand wirtschaftlicher Totalschaden. Der Wiederbeschaffungswert des Fahrzeuges belief sich auf 19.100,00 DM, der Restwert auf 1.200,00 DM. Die Wiederbeschaffungsdauer wurde auf ca. 2 Wochen geschätzt. Der Kläger nahm für 10 Tage einen Mietwagen in Anspruch. Die Kosten hierfür sind abgewickelt.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hatte sich dafür entschieden, ein neues Fahrzeug zu erwerben, da er insoweit Anspruch gegen seine Vollkaskoversicherung hatte. Der Verkehrsunfall ereignete sich am 26.10.1987; die Lieferzeit des Neufahrzeuges dauerte bis zum 05.02.1988. Der Kläger erwarb ein Fahrzeug zum Preise von 1.700,00 DM, ließ dieses zu, wodurch ihm Kosten in Höhe von 93,00 DM entstanden. Nach Erhalt des Neufahrzeuges veräußerte er das Interimsfahrzeug. </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Kläger behauptet, er habe das Interimsfahrzeug nur noch zu einem Preis von 600,00 DM veräußern können. Den Restbetrag in Höhe von 1.100,00 DM verfolgt er im Klagewege.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte hafte auch für den Nachteil aus der Prämienerhöhung des Klägers bei der Kaskoversicherung, welcher sich auf 857,60 DM beläuft, ferner auf Überführungs- und Zulassungskosten des Neufahrzeuges dem Betrage von 480,00 DM, schließlich auf den verbliebenen Restschaden hinsichtlich des Interimsfahrzeuges in Höhe von 600,00 DM, nachdem vom Restschaden von 1.100,00 DM die Beklagte zu 3) 500,00 DM gezahlt hat.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist der Ansicht, da sein Fahrzeug nur 6 Monate alt gewesen sei, sei er berechtigt gewesen, den Schaden als Kaskoschaden abzuwickeln, da der eingetretene Neuwagenvorteil in keinem nennenswerten Verhältnis gegenüber dem Umstande stehe, dass der Kläger ohne Unfall ein einwandfreies, nahezu neuwertiges Fahrzeug besessen hätte. Unter diesen Umständen sieht er die Beklagten als verpflichtet an, ihm die durch die Inanspruchnahme der Kaskoversicherung und die Überführung und Neuzulassung des Neufahrzeuges entstandenen Kosten zu tragen. Hinsichtlich des Interimsfahrzeugs behauptet der Kläger, er habe es zu einem Kaufpreis von 600,00 DM veräußern können. Der Umstand, dass ein Neufahrzeug werksbedingt erst Monate später habe ausgeliefert werden können, könne ihm nicht zur Last gelegt werden.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von 1.930,70 DM</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">nebst 4 % Zinsen seit dem 11.02.1988 zu verurteilen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Klageabweisung.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Sie bestreiten, dass das Interimsfahrzeug des Klägers nur zu einem Kaufpreis von 600,00 DM hätte veräußert werden können.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Aus der zeitlichen Abfolge der Dinge schließen sie, dass der Kläger alsbald die Absicht gehabt habe, ein Neufahrzeug zu erwerben. So habe der Kläger sich bereits 3 Tage nach dem Unfalle dazu entschieden, statt eine Ersatzleistung durch die Beklagten seine Kaskoversicherung in Anspruch genommen. Grund hierfür sei gewesen, da dies für den Kläger günstiger gewesen sei. Die hieraus sich ergebenden Folgen können nicht zu Lasten der Beklagten gehen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Für die weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe</u></p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Wie sich auch aus dem unstreitigen Parteivortrag ergibt, hat der Kläger bei dem eingetretenen wirtschaftlichen Totalschaden seine Kaskoversicherung zur Zahlung eines Neufahrzeuges zum Preise von 25.731,00 DM in Anspruch genommen, wohingegen der Fahrzeugschaden sich auf 17.900,00 DM belief. Bereits aus der Gegenüberstellung dieser Zahlen ergibt sich, dass die vom Kläger gewählte Form der Schadensregulierung zwar insoweit schadensbedingt war, als Anlass hierzu der Verkehrsunfall war, für welchen die Beklagten eintrittspflichtig waren, dies aber angesichts des Umstandes zurückzutreten hat, dass der Kläger die für ihn entstandene günstige Situation zum Anlass nahm, ein Neufahrzeug zu erwerben.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Zu Unrecht beruft sich der Kläger darauf, dass er ohne das Unfallereignis ein nahezu neuwertiges Fahrzeug gehabt hätte, so dass der Vorteil durch den Neuwagen ins Gewicht falle. Aus den unstreitigen Wertverhältnissen ergibt sich nämlich, dass der Pkw des Klägers vor dem Unfall nur noch einen Wert von ¾ gegenüber einem Neuwagen hatte. Unter diesen Umständen kann nicht die Rede davon sein, dass der Vorteil der vom Kläger gewählten Regulierungsart nicht ins Gewicht falle. Der Kläger muss sich unter diesen Umständen den eingetretenen Prämienverlust als durch eigene Entscheidung, nicht etwa durch den Unfall bedingt entstanden anrechnen lassen, das gleiche gilt für die geltend gemachten Überführungs- und Zulassungskosten für das Neufahrzeug.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich der Kosten für das Interimsfahrzeug ergibt sich vorliegend dasselbe:</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Gegenüber der vom Gutachter festgestellten Wiederbeschaffungsdauer von ca. 2 Wochen zog sich die konkrete Wiederbeschaffungsdauer durch die Lieferfristen für das Neufahrzeug über den Zeitraum von mehreren Monaten hin. Die hierdurch entstandenen Kosten sind, unabhängig von der Frage, welchen Wiederverkaufswert das Interimsfahrzeug hatte, durch freie, wirtschaftlicher Vernunft entsprechende Entscheidung des Klägers bedingt, nicht durch das Unfallereignis. Die Beklagten haben sich an den Kosten mit einem Teilbetrag von 500,00 DM beteiligt. Damit sind die dem Kläger in dieser Position unfallbedingt entstandenen Schäden hinreichend ausgeglichen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Dementsprechend war die Klage insgesamt mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Reis</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Richter am Amtsgericht</p>
|
315,331 | olgham-1988-09-16-20-u-33787 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 20 U 337/87 | "1988-09-16T00:00:00" | "2019-03-13T14:52:40" | "2022-10-18T15:03:50" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1988:0916.20U337.87.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Beklagten gegen das am 14. Oktober 1987 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts ... wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß Zinsen nur in Höhe von einem Prozent über dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank - mindestens aber 4 %, höchstens 6 % - zugesprochen werden.</p>
<p>Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 95.000,- DM abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p>
<p>Die Beklagte kann die Sicherheitsleistung durch Bürgschaft einer Großbank, öffentlichen Sparkasse oder Genossenschaftsbank erbringen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Arbeitgeberin des Klägers, die ..., hatte für den Kläger bei der Beklagten eine allgemeine Unfallversicherung mit einer Versicherungssumme von 400.000,- DM abgeschlossen. Sie hat den Kläger ermächtigt, seine Rechte aus dem Versicherungsvertrag im eigenen Namen geltend zu machen und einzuklagen. Die Beklagte hat dem ausdrücklich nicht widersprochen, sondern war damit einverstanden.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Am 9. Juli 1983 erlitt der Kläger einen schweren Verkehrsunfall, durch welchen er erheblich verletzt wurde. Der Kläger erlitt Rippenserienbrüche rechts 5- 8 und links 2- 5 mit Hämatopneumothorax rechts, eine Milzruptur, Lebereinrisse, einen pertrochantären Oberschenkelbruch links, eine offene Ellenbogenverletzung mit Bursaverletzung und multiple Gesichtsverletzungen. Mit formularmäßiger Schadenanzeige vom 29. September 1983 zeigte die Arbeitgeberin des Klägers der Beklagten den Unfall an und teilte mit, daß der Kläger in der Zeit vom 9. Juli 1983 bis zum 3. August 1983 in stationärer Behandlung des Universitätsklinikums ... und des Kreiskrankenhauses ... gewesen sei. Mit Schreiben vom 4. Juni 1984 teilte der Kläger selbst der Beklagten die Anschriften der ihn bis dahin behandelnden Ärzte ... und ... mit, wies auf ein erstelltes unfallchirurgisches und internistisches Gutachten hin und bat die Beklagte, die Feststellung der Dauerfolgen und Invalidität im Krankenhaus ... zu erfragen, weil ihm die Ergebnisse der Gutachten nicht vorlägen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte forderte daraufhin bei dem Krankenhaus ... einen Arztbericht an und teilte der Arbeitgeberin des Klägers mit Schreiben vom 20. Juli 1984 mit, nach dem Bericht der Ärzte könne der Dauerzustand des Klägers im Endzustand noch nicht beurteilt werden. Der Invaliditätsgrad könne allenfalls zum Ablauf des zweiten Unfalljahres gutachtlich festgestellt werden. Weiterhin teilte die Beklagte in dem Schreiben mit, sie habe den Termin Juli 1985 notiert und werde zum genannten Zeitpunkt nach Vorlage des Arztberichtes erneut auf die Angelegenheit zurückkommen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Am 11. Juli 1985 holte die Beklagte bei ... vom Krankenhaus ... ein neues fachchirurgisches Gutachten über die vom Kläger erlittenen Unfallfolgen und den Grad seiner Arbeitsunfähigkeit ein, welches unter dem 22. Juli 1985 erstattet wurde. Darin kam ... zu der Beurteilung, daß der Schwerpunkt der Unfallfolgen auf internistischem Gebiet mit Einschränkung der Lungenfunktion und Zustand nach Splenektomie liege, den hierdurch bedingten Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit bezifferte er auf 20 %. Unfallchirursich bestehe eine leichte Minderung der Hüftmuskulatur mit leichter Einschränkung der Innendrehung im linken Hüftgelenk. Den hierdurch bedingten Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit bezifferte ... auf 10 %. Insgesamt stufte er die Minderung der Erwerbsfähigkeit bis auf weiteres mit 30 % ein. Auf ausdrückliche Frage der Beklagten stellte ... fest, daß internistische Fachuntersuchungen nicht mehr erforderlich seien, hier sei eine Änderung der Höhe der Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht mehr zu erwarten. Lediglich durch eine Rückbildung der Muskelminderung im Bereich der linken Hüften durch Gebrauch und Körpertraining sei noch mit einer Besserung zu rechnen, eventuell auch noch mit einer Besserung der endgradig eingeschränkten Hüftgelenksbeweglichkeit. Nach seiner Beurteilung sei die Erwerbsfähigkeit des Klägers gegenüber der Norm auch über das dritte Jahr nach dem Unfall hinaus um 30 % gemindert. Falls noch eine Besserung im Bereich der linken Hüfte und der Hüftgelenksbeweglichkeit links eintreten sollte, sei hiermit bis spätestens zum Ablauf des dritten Unfalljahrs zu rechnen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 6. August 1985 teilte die Beklagte der Arbeitgeberin des Klägers den Eingang des Gutachtens vom 22. Juli 1985 mit und erklärte sich bereit, aufgrund der in dem Gutachten getroffenen Aussage einen Vorschuß in Höhe von 60.000,- DM zu zahlen, der im November 1985 an den Kläger ausgezahlt wurde. Gleichzeitig machte die Beklagte den Vorbehalt, daß die Zahlung auf die möglichen Ansprüche aus dem Vertrag unter dem Vorbehalt vollständiger oder teilweiser Rückforderung erfolge, falls die Ermittlungen zum medizinischen Beweisverfahren den gezahlten Betrag nicht oder nur zum Teil zu rechtfertigen vermöchten. Schließlich kündigte die Beklagte in dem Schreiben an, bedingungsgemäß zum Ablauf des dritten Unfalljahres eine Endgebutachtung durchführen zu lassen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Im Juni/Juli 1986, kurz vor Ablauf der Dreijahresfrist, sollte die Endbegutachtung des Klägers durchgeführt werden. Obwohl der Kläger die Beklagte bereits mit Schreiben vom 2. November 1985 über seinen Wohnsitzwechsel unterrichtet und seine neue Anschrift mitgeteilt hatte, wollte sich die Beklagte noch einmal vergewissern und teilte deshalb der Arbeitgeberin des Klägers erst mit Schreiten vom 29. August 1986 mit, daß die Endbegutachtung des Klägers erfolgen solle und daß mit der Erstattung des Gutachtens Herr Oberarzt ... aus ... beauftragt worden sei. Dieser wurde von der Beklagten unter dem gleichen Datum mit der Erstattung des Gutachtens beauftragt. Als Untersuchungstermin wurde von dem Gutachter der 6. Oktober 1986 festgesetzt. Der Kläger weigerte sich unter Hinweis auf die Dreijahresfrist des §13 Abs. 3 a AUB, diesen Untersuchungstermin wahrzunehmen. Als auch eine Mahnung der Beklagten vom 17. November 1986 mit Fristsetzung von einem Monat erfolglos blieb, lehnte die Beklagte die Zahlung weiterer Versicherungsleistungen mit Schreiben vom 22. Mai 1987 endgültig ab.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist der Ansicht, das Verlangen der Beklagten vom 29. August 1986 nach einer Endbegutachtung sei offensichtlich verspätet. Eine Neufeststellung des Invaliditätsgrades müsse so rechtzeitig verlangt werden, daß die neue Untersuchung bei normalem Verlauf noch innerhalb der Fristen möglich sei. Darüber hinaus habe es die Beklagte unterlassen, eine Feststellung der Entschädigung herbeizuführen. Das hätte sie tun müssen, um von der Möglichkeit der jährlichen Neufeststellung Gebrauch machen zu können. Die Beklagte habe sich dem Untersuchungsbefund des Bescheides der Maschinenbau- und Kleinindustrie-Berufsgenossenschaft vom 17. April 1985 angeschlossen, aus welchem sich eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 % ergebe. Weitere Erkenntnisse lägen nicht vor.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, an ihn 60.000,- DM nebst 6 % Zinsen seit dem 1. Februar 1984 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist der Ansicht, das Verlangen nach Neufeststellung innerhalb der Dreijahresfrist mit Schreiben vom 6. August 1985 ausgesprochen zu haben. Das Verlangen nach Neufestsetzung müsse nicht unmittelbar vor der Untersuchung erfolgen, sondern könne auch von vornherein erklärt werden. Darüber hinaus sei das Verlangen nach Neufestsetzung und Begutachtung des Klägers im Jahre 1986 rechtzeitig vor Fristablauf auch telefonisch erfolgt. Eine Änderung in der Beurteilung des Gesundheitszustandes des Klägers sei im Jahre 1986 eingetreten, weil der Berufsgenossenschaft vorliegende Gutachten nur noch von einem Invaliditätsgrad von 20 % ausgingen. Dies sei dem Kläger bekannt gewesen und habe zu seiner Weigerung geführt.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat diese Behauptungen der Beklagten bestritten.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt, weil die Frist zur erneuten Begutachtung des Klägers nach Ablauf der Dreijahresfrist des §13 Abs. 3 a AUB verstrichen sei. Die Behauptung der telefonischen Aufforderung des Klägers, sich begutachten zu lassen, sei unsubstantiiert. Das Schreiben vom 6. August 1985 beinhalte keine Aufforderung an den Kläger, sich begutachten zu lassen. Der Kläger habe sich einer erneuten ärztlichen Untersuchung nicht mehr zu stellen brauchen. Wegen der weiteren Einzelheiten des angefochtenen Urteils wird auf Bl. 54- 60 d.A. Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und ist der Ansicht, §13 Abs. 3 a AUB sei für ihr Verlangen vom 29. August 1986 nicht einschlägig, weil es sich nicht um ein Verlangen nach Neufeststellung der Arbeitsunfähigkeit des Klägers, sondern um ein Verlangen nach Erstfeststellung gehandelt habe. Dieses sei in §13 AUB nicht geregelt und müsse einer Neufeststellung vorausgehen. Zudem sei eine Erstfeststellung der Dauer der Arbeitsunfähigkeit des Klägers Voraussetzung für einen Anspruch aus der Unfallversicherung. Diese Voraussetzung sei nicht gegeben. Das Gutachten von ... sei keine Feststellung der dauernden Arbeitsunfähigkeit des Klägers gewesen, weil ihm diese Beurteilung noch nicht möglich gewesen sei. Der Vorbehalt einer weiteren Untersuchung reiche nicht aus. Erst mit Gutachten vom 22. Juli 1985 sei die dauernde Arbeitsunfähigkeit des Klägers ärztlich festgestellt worden, dies sei außerhalb der Fünfzehnmonatsfrist des §8 Nr. 2 Abs. 1 AUB geschehen. In der Vorauszahlung der 60.000,- DM sei kein Anerkenntnis zu sehen. Zudem habe der Kläger seine Obliegenheiten verletzt, weil er eine Untersuchung am 6. Oktober 1986 abgelehnt habe. Eine Untersuchung sei auch noch nach Ablauf der Dreijahresfrist möglich. Schließlich ist die Beklagte der Ansicht, die Weigerung des Klägers, sich erneut untersuchen zu lassen, verstoße gegen Treu und Glauben, weil ihm bekannt gewesen sei, daß für die Berufsgenossenschaft erstellte Gutachten zu einem geringeren Grad der Arbeitsunfähigkeit als 30 % gekommen seien.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen;</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">ihr im Falle des Unterliegens zu gestatten, eine zu erbringende Sicherheit durch Bürgschaft einer Großbank, einer öffentlichen Sparkasse oder einer Genossenschaftsbank zu erbringen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Der Kläger bestreitet die Behauptungen der Beklagten und verteidigt im übrigen das angefochtene Urteil mit näherer Begründung.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die in den nachstehenden Entscheidungsgründen weiter mitgeteilten näheren Einzelheiten Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat die Sozialversicherungsakten der ... Aktenzeichen ..., auf deren Inhalt Bezug genommen wird, beigezogen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen ... und .... Der Zeuge ... hat bekundet:</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Ich bin als ...-Schadenssachbearbeiter der Beklagten in deren Vertriebsbüro ... tätig. Die Schadenakte des Klägers habe ich nach Einholung eines Gutachtens im Juli 1985, wie das üblich ist, auf Frist genommen. Meinen Akten entnehme ich, daß der Termin, der zur Wiedervorlage eingetragen war, der 1. Juli 1986 war. Am 1. Juli 1986 war ich in Urlaub. Mein Urlaub dauerte bis ca. 20./21. Juli 1986. Wegen meines Urlaubs ist mir die Akte gar nicht vorgelegt worden, sondern meinem Abteilungsleiter ... Jedenfalls gehe ich davon aus, daß die Akte diesem vorgelegt wurde. Was Herr ... veranlaßt hat, ergibt sich aus den mir vorliegenden Akten nicht. In meinen Akten findet sich auch kein schriftlicher Auftrag an das Katharinenhospital in ... zur Begutachtung des Klägers. Das Doppel eines derartigen schriftlichen Auftrags kommt grundsätzlich immer zu den Akten, es sei denn, das Original des Schriftstücks geht nicht heraus.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Auf Frage von Rechtsanwalt ...</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Ich habe mehrfach mit Frau ... von der Arbeitgeberin des Klägers telefoniert und ihr erklärt, daß noch ein Gutachten eingeholt werden solle. Wann diese Telefonate stattfanden, weiß ich heute nicht mehr. Jedenfalls muß das aber vor meinem Urlaub gewesen sein. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich die Schadensakte des Klägers nicht vorliegen. Auf Vorhalt will ich aber nicht ausschließen, daß mir die Akte doch schon vorher vorlag. Der Auftrag zur Erstattung eines Gutachtens an das Krankenhaus in ... ist geschrieben, aber offenbar nicht abgeschickt worden. Wann die Rückfrage nach dem Ort der Begutachtung und dem Wohnsitz des Klägers erfolgte, weiß ich heute nicht mehr.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Zeugin ... hat bekundet:</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Ich habe mit Herrn ... vom ... nicht direkt wegen der Unfallversicherung des Herrn ... telefoniert, sondern wegen eines Schreibens, welches an unsere Firma gerichtet war. Das Schreiben selbst habe ich nie gesehen. Herr Kahmann rief mich an und sagte, daß an Herrn ... ein Schreiben gerichtet worden sei, wonach er sich begutachten lassen sollte. Ich habe Herrn ... daraufhin geantwortet, daß Herr ... in Urlaub sei. Nach meiner Erinnerung war dies im Jahre 1986. Herr ... hatte bis Ende August 1986 Urlaub. Das von mir geschilderte Telefongespräch fand in dessen Urlaub statt. An sich habe ich mit der Abwicklung von Versicherungssachen in unserem Betrieb gar nichts zu tun. Wenn mir vorgehalten wird, daß in dem Telefonat angekündigt worden sein soll, ein Gutachten über Herrn ... einzuholen, so kann dieses Telefonat Ende Juni 1986 nicht stattgefunden haben. Ich habe das eigens nachgeschaut. Im Juni 1986 war Herr ... nicht in Urlaub. Richtig ist dagegen, daß Herr ... zu diesem Zeitpunkt wohl auf Montage war. Es ist auch darüber gesprochen worden, daß Herr ... im süddeutschen Raum ärztlich begutachtet werden sollte. Herr ... sprach davon. Ich habe daraufhin gesagt, daß Herr Schwarze zurückgekehrt sei und daß die Begutachtung hier stattfinden solle. Wegen dieser Versicherungsangelegenheiten habe ich selbst nur ein Telefongespräch geführt. Jedenfalls kann ich mich nur an ein einziges Telefongespräch erinnern.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung der Beklagten hat bis auf den Zinsausspruch keinen Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist gemäß §§8 Nr. 2 Abs. 5; 1 AUB; Abs. 1 VVG verpflichtet, an den Kläger weitere 60.000,- DM aus der allgemeinen Unfallversicherung zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Der Kläger kann gemäß §8 Nr. 2 AUB von der Beklagten die Zahlung einer Invaliditätsentschädigung verlangen, weil er infolge seines Verkehrsunfalls vom 9. Juli 1983 in seiner Arbeitsfähigkeit dauernd beeinträchtigt ist, die Invalidität des Klägers innerhalb eines Jahres vom Unfallzeitpunkt an gerechnet eintrat, innerhalb einer Frist von weiteren drei Monaten ärztlich festgestellt und auch vom Kläger geltend gemacht wurde.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks"><b>1.</b></p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Der Eintritt einer dauernden Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit des Klägers infolge des Verkehrsunfalls vom 9. Juli 1983 ist zwischen den Parteien nicht streitig. Streitig ist vielmehr, ob der Grad der Invalidität des Klägers 20 % oder 30 % beträgt. Mit Berufungsbegründung vom 25. Januar 1988 trägt die Beklagte selbst vor, der Sachverständige ... habe in seinem Gutachten vom 14. April 1986 die Minderung der Erwerbsfähigkeit nur noch auf 20 % statt zuvor 30 % festgestellt, ohne daß die Beklagte diese Feststellungen angreift oder als falsch bezeichnet. Die Beklagte geht selbst davon aus, daß durch das Gutachten des Arztes ... vom 22. Juli 1985 die dauernde Arbeitsunfähigkeit des Klägers festgestellt wurde. Aufgrund der genannten Sachverständigengutachten und der in den beigezogenen Akten der ... befindlichen Rentengutachten sowie fachärztlichen Gutachten, die sämtlich zu einer Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers gelangen, kann nicht zweifelhaft sein, daß innerhalb eines Jahres nach dem Verkehrsunfall des Klägers eine dauernde Beeinträchtigung seiner Arbeitsfähigkeit eingetreten ist.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks"><b>2.</b></p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Die Invalidität des Klägers infolge seines Verkehrsunfalls ist innerhalb von weiteren drei Monaten ärztlich festgestellt worden. Bereits in seinem ersten Rentengutachten vom 23. Februar 1984 kam der Oberarzt ... zu den Ergebnis, daß bei dem Kläger in der Zeit vom 1. Februar 1984 bis zum 15. Juni 1984 eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 % und für die Zeit danach bis zur Beendigung des zweiten Jahres nach dem Unfall eine solche von voraussichtlich noch 20 % festzustellen ist. Die Frage, ob die Erwerbsfähigkeit des Klägers durch geeignete Maßnahmen wiederhergestellt oder gebessert werden könne, verneinte .... Zum gleichen Ergebnis kam ... in seinem Gutachten vom 28. Mai 1984. Er führte zusätzlich aus, daß allein durch den infolge des Unfalls des Klägers verursachten Verlust der Milz bis zum Ablauf des ersten Jahres nach dem Unfall von einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 % auszugehen ist und für die Zeit danach auf Dauer von 10 %. Entsprechend ist auch der von der Beklagten mit Schreiben vom 20. Juli 1984 mitgeteilte Arztbericht der Ärzte des Krankenhauses ... zu verstehen. Wenn es darin heißt, der Invaliditätsgrad des Klägers sei allenfalls zum Ablauf des zweiten Unfalljahres gutachtlich festzustellen, so bezieht sich das nicht auf die Feststellung der Invalidität selbst, sondern nur auf deren Grad. Innerhalb der Frist des §8 Nr. 2 Abs. 1 AUB ist demzufolge die Invalidität des Klägers zumindest dem Grunde nach ärztlich festgestellt worden. Eine ärztliche Feststellung dem Grunde nach reicht zur Fristwahrung aus (vgl. Prölss-Martin, VVG, 24. Aufl., §8 AUB, Anm. 6). Die genannten ärztlichen Feststellungen geben auch nicht lediglich die erhobenen Befunde wieder, es wird vielmehr ausdrücklich aus den erhobenen Befunden die dauernde Arbeitsunfähigkeit des Klägers infolge seines Verkehrsunfalls geschlossen und festgestellt (vgl. Grimm, Unfallversicherung, §8, Rdnr. 18).</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks"><b>3.</b></p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat seine Invalidität der Beklagten gegenüber ordnungsgemäß und rechtzeitig mit Schreiben vom 4. Juni 1984 geltend gemacht. In seinem Schreiben beruft sich der Kläger auf die ärztlich festgestellten Dauerfolgen seines Unfalls, benennt die ihn behandelnden und begutachtenden Ärzte und begehrt, wie aus dem Zusammenhang des Schreibens ersichtlich ist, von der Beklagten die Zahlung einer Invaliditätsentschädigung. In diesem Sinne hat die Beklagte das Schreiben des Klägers vom 4. Juni 1984 auch verstanden. Zum Inhalt der Geltendmachung eines Invaliditätsanspruchs enthalten die AUB keine Bestimmungen. Ausreichend, aber auch erforderlich ist es, wenn der Versicherte die Zahlung einer Invaliditätsentschädigung unter Berufung auf die fristgemäß eingetretene und ärztlich festgestellte oder noch festzustellende dauernde Beeinträchtigung verlangt (vgl. Grimm, a.a.O., §8, Rdnr. 25). Da im Juni 1984 der Grad der endgültigen Invalidität des Klägers noch nicht feststand, war es ausreichend, wenn der Kläger die Zahlung einer Invaliditätsentschädigung dem Grunde nach verlangte, ohne seinen Anspruch zu beziffern. Nach allem steht dem Kläger ein Anspruch gegen die Beklagte aus §8 Nr. 2 AUB auf Zahlung einer Invaliditätsentschädigung zu.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger stehen Versicherungsleistungen nach einem Invaliditätsgrad von 30 % zu. Das auf Veranlassung der Beklagten erstattete Sachverständigengutachten des Oberarztes ... vom 22. Juli 1985 stellte den Grad der dauernden Arbeitsunfähigkeit des Klägers auf 30 % fest. Diese Feststellung war bis zur Neufeststellung des Invaliditätsgrades gemäß §13 Abs. III a AUB bindend. Dieses Gutachten haben beide Parteien als sachlich richtig akzeptiert, den Schreiben der Beklagten und ihrer Vorschußzahlung vom 6. August 1985 lagen das Sachverständigengutachten vom 22. Juli 1985 zugrunde. Das ärztliche Sachverständigengutachten vom 22. Juli 1985 stellte auf ausdrückliche Frage der Beklagten fest, daß die Erwerbsfähigkeit des Klägers infolge seines Verkehrsunfalls voraussichtlich auch über das dritte Jahr nach dem Unfall hinaus zu 30 % gemindert ist. Dies ist nichts anderes als eine Feststellung des Grades der dauernden Arbeitsunfähigkeit des Klägers. Das hat auch die Beklagte nicht anders gesehen. Sie hat den Feststellungen des Gutachtens nicht nur nicht Widersprochen, sondern sich das Gutachten zu eigen gemacht, zuletzt in ihrem Schriftsatz vom 25. Januar 1988, und auf der Grundlage dieses Gutachtens den Vorschuß von 60.000,- DM an den Kläger gezahlt. Unter diesen Umständen konnte der Inhalt des Schreibens der Beklagten vom 6. August 1985 von dessen Empfängern nur dahin verstanden werden, daß die Beklagte die Feststellungen des ärztlichen Sachverständigen ... in seinem Gutachten vom 22. Juli 1985 akzeptierte, daraufhin ihre Leistungspflicht dem Grunde nach anerkannte und diesem Anerkenntnis durch Zahlung eines Vorschusses entsprach. Die in dem Schreiben vom 6. August 1985 enthaltenen Vorbehalte dienten allein dem Zweck, den endgültigen Grad der Arbeitsunfähigkeit des Klägers nach Ablauf des dritten Jahres nach dem Verkehrsunfall von einer Neufeststellung im Sinne von §13 Abs. 3 a AUB abhängig zu machen und die Rückforderung von sich danach möglicherweise ergebenden Überzahlungen vorzubehalten. In diesem Sinne hat die Beklagte ihr Schreiben vom 6. August 1985 selbst verstanden, wie ihr weiteres Verhalten und ihr Vortrag zeigen. Wenn die Beklagte in ihrem Schreiben vom 6. August 1985 davon spricht, sie werde "bedingungsgemäß zum Ablauf des dritten Unfalljahres eine Endbegutachtung durchführen lassen", so zielt dies erkennbar auf das Verfahren zur Neufeststellung des Grades der Arbeitsunfähigkeit und auf die Fristen des §13 Abs. 3 a AUB ab. Es findet sich in den Versicherungsbedingungen keine andere Regelung mit einer Dreijahresfrist, die in dem Schreiben der Beklagten vom 6. August 1985 hätte angesprochen werden können. Entsprechend hat die Beklagte noch mit Berufungsschrift vom 25. Januar 1988 vorgetragen, ihre Erklärung in dem Schreiben vom 6. August 1985 stelle nicht lediglich eine bloße Absichtserklärung dar, sie sei vielmehr als Verlangen im Sinne des §13 Abs. 3 a AUB zu verstehen. Die Beklagte ging demzufolge selbst davon aus, daß eine Erstfeststellung des Grades der Arbeitsunfähigkeit des Klägers erfolgt war und daß nur noch eine Neufeststellung im Sinne von §13 Abs. 3 a AUB in Betracht kam. Die in dem ärztlichen Sachverständigengutachten des Arztes ... vom 22. Juli 1985 getroffenen Feststellungen waren demzufolge bis zur Neufeststellung des Grades der dauernden Arbeitsunfähigkeit des Klägers entsprechend §13 Abs. 3 a AUB bindend. Da eine Neufeststellung des Grades der dauernden Arbeitsunfähigkeit des Klägers nicht erfolgt ist, ist von dem festgestellten Invaliditätsgrad von 30 % auszugehen. Bei einer Versicherungssumme von 400.000,- DM stehen dem Kläger also Versicherungsleistungen in Höhe von insgesamt 120.000,- DM zu, abzüglich der von der Beklagten bereits gezahlten 60.000,- DM verbleibt ein Anspruch in Höhe von 60.000,- DM.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks"><b>III.</b></p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist nicht nach §17 AUB leistungsfrei, weil der Kläger seine Obliegenheiten aus §15 Nr. 2 Abs. 6 a AUB verletzt hätte. Dies scheidet bereits deshalb aus, weil, einer Obliegenheitsverletzung des Klägers unterstellt, der Kläger weder vorsätzlich noch grob fahrlässig gehandelt hätte. Als Obliegenheitsverletzung des Klägers kommt insoweit nur dessen Weigerung in Betracht, sich noch nach Ablauf von drei Jahren seit dem Verkehrsunfall vom 9. Juli 1983 ärztlich untersuchen und begutachten zu lassen. Zum Vorsatz des Klägers gehört das Bewußtsein, zu dieser ärztlichen Untersuchung und Begutachtung verpflichtet zu sein. Dieses Bewußtsein hatte der Kläger erkennbar nicht. Dem Kläger ist auch nicht als grobe Fahrlässigkeit vorwerfbar, daß er der Überzeugung war, zu einer ärztlichen Untersuchung und Begutachtung nach Ablauf von drei Jahren seit dem Verkehrsunfall nicht mehr verpflichtet gewesen zu sein. Zu berücksichtigen ist hierbei, daß die Ansicht des Klägers zumindest vertretbar ist. Immerhin hat das Landgericht in seinem angefochtenen Urteil den Standpunkt des Klägers geteilt und diesen nicht für verpflichtet gehalten, sich einer ärztlichen Untersuchung und Begutachtung nach dem 9. Juli 1986 zu unterziehen.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks"><b>IV.</b></p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Der Anspruch des Klägers auf Zahlung einer weiteren Invaliditätsentschädigung in Höhe von 60.000,- DM ist fällig. Der Grad der Invalidität des Klägers ist endgültig festgestellt. Eine Neufeststellung gemäß §13 Abs. 3 a AUB kann die Beklagte nicht mehr verlangen.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks"><b>1.</b></p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Auf das Verlangen der Beklagten an den Kläger, sich erneut einer ärztlichen Untersuchung und Begutachtung zur Feststellung des Grades seiner Invalidität zu unterwerfen, ist §13 Abs. 3 a AUB, insbesondere dessen Dreijahresfrist anwendbar. Mit Schreiben vom 29. August 1986 verlangte die Beklagte eine Begutachtung des Klägers zum Zwecke der Neufeststellung des Grades der dauernden Arbeitsunfähigkeit und nicht zum Zwecke der erstmaligen Feststellung des Grades der dauernden Arbeitsunfähigkeit des Klägers. Diese war, wie bereits zuvor ausgeführt, längst durch zahlreiche, auch der Beklagten bekannte Gutachten erfolgt.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks"><b>2.</b></p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Gemäß §13 Abs. 3 a AUB kann der Versicherer eine neue Feststellung des Grades der dauernden Arbeitsunfähigkeit des Versicherungsnehmers nur bis zum Ablauf des dritten Jahres vom Unfalltage an verlangen. Diese Frist ist für den Versicherer bindend. Bei dieser Befristung handelt es sich um eine von den Versicherern in ihren den allgemeinen Geschäftsbedingungen entsprechenden allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen selbst gesetzten Frist, an welcher sich die Beklagte festhalten lassen muß. Die Geschäftsbedingungen der Beklagten sind nicht zu ihren Gunsten auszulegen. Dem Wortlaut des §13 Abs. 3 a AUB entspricht zunächst nur eine Verfahrensweise, bei der die Neufeststellung so rechtzeitig verlangt wird, daß die abschließende ärztliche Untersuchung noch bis zum Ablauf der Frist stattgefunden hat (vgl. Grimm, a.a.O., §13 AUB, Rdnr. 9). Weitergehend wird auch für ausreichend gehalten, wenn die Neufeststellung gemäß §13 Abs. 3 a AUB so rechtzeitig verlangt wird, daß die neue Untersuchung bei normalem Verlauf noch innerhalb der Fristen möglich ist (vgl. Prölss-Martin, a.a.O., §13 AUB, Anm. 3). An der nach dieser für den Versicherer günstigeren Auffassung müssen die zur Neufeststellung erforderlichen Maßnahmen wenigstens so rechtzeitig eingeleitet werden, daß nach normalem Lauf der Dinge die Neufeststellung vor Ablauf der Frist erfolgen kann (vgl. Wussow-Pürckhauer, AUB, 5. Aufl., §13, Anm. 4). Nur wenn das Verlangen des Versicherers rechtzeitig war, muß die Untersuchung, wenn sie sich ausnahmsweise verzögert, auch noch nach Fristablauf geduldet werden. Selbst wenn man allein das Verlangen nach Neufeststellung gemäß §13 Abs. 3 a AUB für die Fristwahrung als ausreichend ansehen wollte (so für die Kraftfahrtversicherung Stiefel-Hoffmann, AKB, 13. Aufl., §21, Rdnr. 14), so müßte sich dieses Verlangen jedoch zumindest auf konkrete Untersuchungen und durchzuführende Maßnahmen beziehen. Letztlich kann im vorliegenden Fall dahinstehen, welcher Ansicht der Vorzug zu geben ist, weil das Verlangen der Beklagten nach Neufeststellung des Invaliditätsgrades des Klägers in jedem Fall gemäß §13 Abs. 3 a AUB verspätet war.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat den Sachverständigen Oberarzt Dr. Petersen aus Osnabrück erst mit Schreiben vom 29. August 1986, mehr als einen Monat nach Fristablauf, mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Die Beklagte kann sich nicht damit entschuldigen, sich zuvor noch über die gegenwärtige Anschrift des Klägers vergewissert zu haben. Die neue Anschrift des Klägers war der Beklagten unstreitig bekannt. Die Beweisaufnahme hat vielmehr ergeben, daß die Fristversäumung einmal darauf zurückzuführen ist, daß sich der zuständige Sachbearbeiter die Versicherungsakte erst am 1. Juli 1986, neun Tage vor Fristablauf, vorlegen ließ und zum anderen zu diesem Zeitpunkt in Urlaub war, so daß eine sachgemäße und rechtzeitige Bearbeitung des Versicherungsfalls schon im Ansatz nicht gewährleistet war.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Das Schreiben der Beklagten vom 6. August 1985 stellt keine wirksame Aufforderung an den Kläger zur Neufeststellung des Grades seiner Arbeitsunfähigkeit im Sinne von §13 Abs. 3 a AUB dar. Die Aufforderung im Sinne von §13 Abs. 3 a AUB muß für den Versicherungsnehmer erkennbar einen klaren inhaltlichen Bezug und zeitlichen Zusammenhang mit einer bevorstehenden und konkret durchzuführenden ärztlichem Untersuchung und Begutachtung zum Zwecke der Neufeststellung des Grades der Arbeitsunfähigkeit des Versicherungsnehmers haben. Sie muß die Neufeststellung konkret ermöglichen und die erforderlichen Maßnahmen bezeichnen und vorbereiten. Diesen Anforderungen genügt das Schreiben vom 6. August 1985 nicht. Es enthält lediglich eine vage Ankündigung einer später durchzuführenden Endbegutachtung. Eine Aufforderung an den Kläger, sich ärztlich untersuchen und begutachten zu lassen, findet sich in dem Schreiben nicht. Die Beklagte entsprach mit der Ankündigung, "bedingungsgemäß zum Ablauf des dritten Unfalljahres eine Endbegutachtung durchführen zu lassen", lediglich dem Erfordernis, zugleich mit ihrer Erklärung nach §11 AUB über ihre Leistungspflicht zu erkennen zu geben, ob sie von dem Recht, eine Neufeststellung zu verlangen, eventuell Gebrauch machen wird (vgl. Wussow-Prückhauer, a.a.O.). Wollte man diese Ankündigung als Verlangen im Sinne von §13 Abs. 3 a AUB ausreichend sein lassen, würde so die Dreijahresfrist unterlaufen.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">c)</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat nicht bewiesen, ihren Versicherungsnehmer, die Firma ... oder den Kläger selbst rechtzeitig telefonisch aufgefordert zu haben, sich einer ärztlichen Begutachtung zu unterziehen. Die Beweisaufnahme hat nicht bestätigt, daß der Sachbearbeiter der Beklagten deren Versicherungsnehmer Ende Juni 1986 angerufen hätte. Zwar bestätigte der Zeuge ... die entsprechende Behauptung der Beklagten, die Aussage des Zeugen ... steht jedoch im Widerspruch zur Aussage der Zeugin ..., die auf Seiten des Versicherungsnehmers der Beklagten mit dem Zeugen ... telefonierte. Die Zeugin ... schloß aus, daß das Telefongespräch mit dem Zeugen ... Ende Juni 1986 stattfand. Gegen die Richtigkeit der Aussage des Zeugen ... spricht auch, daß dieser Ende Juni 1986 gar keine Veranlassung hatte, mit der Firma ... zu telefonieren, weil er sich in seiner Versicherungsakte eine Frist zum 1. Juli 1986 notiert hatte und demzufolge zuvor die Versicherungsakten kaum vorliegen hatte. Abgesehen davon hat die Beweisaufnahme nicht bestätigt, daß das von der Beklagten behauptete Telefonat mit ihrem Versicherungsnehmer inhaltlich den an eine Aufforderung im Sinne von §13 Abs. 3 a AUB zu stellenden Anforderungen entsprochen hätte.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Beide Zeugen stimmten darin überein, daß in dem Telefongespräch im wesentlichen über den Aufenthalt des Klägers gesprochen wurde, nicht dagegen über konkrete Maßnahmen und Untersuchungen, denen sich der Kläger unterziehen sollte. Nach allem ist nicht einmal die Aufforderung an den Kläger, den Grad seiner Invalidität neu feststellen zu lassen, innerhalb der Frist des §13 Abs. 3 a AUB erfolgt, so daß dahingestellt bleiben kann, ob diese Aufforderung allein überhaupt zur Fristwahrung ausreichend ist.</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks"><b>V.</b></p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben nicht gehindert, sich auf den Ablauf der Dreijahresfrist des §13 Abs. 3 a AUB zu berufen, unabhängig davon, ob er von der Minderung des Grades seiner dauernden Arbeitsunfähigkeit von 30 % auf 20 % wußte oder nicht. Der Kläger hat keinen Anschein erweckt, sich nicht auf den Ablauf der Frist zu berufen. Er hat durch sein Verhalten der Beklagten auch keinerlei Veranlassung gegeben, die Frist nicht einzuhalten. Es liegt allein in der Sphäre der Beklagten und ist auch allein von ihr zu vertreten, daß die Dreijahresfrist ungenutzt verstrich. Abgesehen davon steht aber auch bisher nicht endgültig fest, ob der Grad der dauernden Arbeitsunfähigkeit des Klägers nun 20 % oder 30 % beträgt. Der Kläger hat, wie sich aus den beigezogenen Akten der ... ergibt, das Sachverständigengutachten des Arztes ... vom 14. April 1986 und dessen zweites Rentengutachten vom 6. Mai 1988 nicht akzeptiert und den Änderungsbescheid der ... vom 14. Januar 1987 angefochten. Es verstieß daher nicht gegen Treu und Glauben, sich auf den Fristablauf zu berufen.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks"><b>VI.</b></p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Nach allem konnte die Berufung der Beklagten zur Hauptsache keinen Erfolg haben.</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Allerdings stehen dem Kläger Zinsen nicht in Höhe von 6 %, sondern gemäß §13 Abs. 3 b AUB lediglich in Höhe von 1 % über dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank - mindestens aber 4 %, höchstens 5 % - zu.</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf §92 Abs. 2 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Das Urteil war gemäß §§708 Nr. 10/711 ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären.</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Die Beschwer der Beklagten beträgt 60.000,- DM.</p>
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} | 2 W 151/88 | "1988-09-13T00:00:00" | "2019-03-13T14:52:42" | "2022-10-18T15:03:50" | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1988:0913.2W151.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die sofortige weitere Beschwerde der Gläubigerin W eG vom 6. April 1988 - eingegangen am 7. April 1988 - gegen den am 24. März 1988 zugestellten Beschluß der 19. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 19 T 69/88 - wird der angefochtene Beschluß aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung <strong>an</strong> das Landgericht zurückverwiesen.</p><p>Dem Landgericht wird auch die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde 2 W 151/88 übertragen.</p><p>Der Beschwerdewert wird auf 10.000,-- DM festgesetzt.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Gründe</p><span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I.</p><span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Mit Beschluß vom 16. November 1987 wurde der Konkurs über das Vermögen der Firma S mbH & Co KG eröffnet. Zum Konkursverwalter wurde Herr Rechtsanwalt Dr. H, Beschwerdegegner, ernannt. Gleichzeitig bestimmte der Rechtspfleger einen Termin zur Beschlußfassung über die Beibehaltung des ernannten oder die Wahl eines neuen Konkursverwalters. Zu diesem Termin - am 22. Dezember 1987 - erschienen in der ersten Gläubigerversammlung als Gläubiger nur die W eG - Beschwerdeführerin - und die X(X). Beide beantragten im Termin, Herrn Rechtsanwalt Dr. H nicht zum endgültigen Konkursverwalter zu bestellen, sondern Herrn Rechtsanwalt Dr. G aus Wuppertal.             </p><span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Mit Beschluß vom 18. Januar 1988 lehnte der Rechtspfleger diesen Antrag ab. Er begründete die Ablehnung damit, ein Wuppertaler Rechtsanwalt sei nicht sachnah genug, die Ernennung eines neuen Konkursverwalters erhöhe die Kosten, Bedenken gegen die von den Gläubigern vorgebrachte Eignung des ernannten Konkursverwalters bestünden nicht.</p><span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Gegen diese Entscheidung haben sowohl die W eG als auch die X sofortige Beschwerde eingelegt. Das Landgericht hat nur über die Beschwerde der W eG entschieden und diese zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der W eG, mit der gerügt wird, das Landgericht sei nicht auf die von den Gläubigern dargelegten Pflichtverletzungen des Konkursverwalters eingegangen.</p><span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">II.</p><span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der sofortigen weiteren. Beschwerde ist mit der Maßgabe stattzugeben, daß der angefochtene Beschluß aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen ist.</p><span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">1.</p><span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig.</p><span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Zwar stimmen die Vorentscheidungen überein. Es ist jedoch der neue selbständige Beschwerdegrund eines wesentlichen Verfahrensmangels gegeben (§ 568 Abs. 2 ZPO).</p><span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">a)  </p><span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Kein Verfahrensmangel liegt allerdings darin, daß das Landgericht die sofortige Beschwerde der X übergangen hat. Es ist nicht ersichtlich, ob dies auf einem Versehen beruht. Verfahrenswidrig ist dieses Vorgehen jedenfalls deshalb nicht, weil das Landgericht über beide sofortigen Beschwerden getrennt entscheiden darf.</p><span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">b)  </p><span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Ein wesentlicher Verfahrensmangel liegt jedoch darin, daß das Landgericht sich ausweislich der Beschlußgründe nicht mit den Vorwürfen mangelnder Eignung des Konkursverwalters Dr. H befaßt hat.</p><span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Begründungslücken und Begründungsdifferenzen setzen grundsätzlich keine neue selbständige Beschwer. Das Beschwerdegericht ist verfahrensrechtlich nicht gezwungen, sich mit allen Einzelheiten des Parteivorbringens auseinanderzusetzen. Anders verhält es sich, wenn geschlossene Tatsachen- oder Rechtskomplexe übergangen werden. Dann verstößt die fehlende Begründung gegen Verfassungsrecht und damit auch gegen Verfahrensrecht. Die Beschlußgründe müssen zumindest erkennen lassen, daß das Gericht tatsächliches Vorbringen zur Kenntnis genommen und bei seiner Entscheidung berücksichtigt hat (BVerfGE 47, 187 f.; 54, 46 und 92; OLG Celle MDR 1986, 154). Diese Ausnahme ist hier gegeben, da das Landgericht, abweichend vom Amtsgericht, die Vorwürfe der Beschwerdeführerin und der X zur mangelnden Eignung des ernannten Konkursverwalters gänzlich übergangen hat.</p><span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Auf diesem Verfahrensmangel kann die angefochtene Entscheidung auch beruhen. Dem Landgericht obliegt insoweit eine Prüfungspflicht (siehe dazu Kuhn/Uhlenbruck, Konkursordnung, 10. Auflage 1986, § 80 Rn. 2). Da das Landgericht als Tatsacheninstanz entscheidet, muß es den Streitstoff umfassend berücksichtigen und darf sich nicht darauf beschränken, die erstinstanzliche Entscheidung auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Das ergibt sich aus § 570 ZPO. Es ist nicht auszuschließen, daß das Landgericht zu einer im Ergebnis abweichenden Entscheidung gelangt, wenn es sich mit den von den Gläubigern behaupteten Eignungsmängeln des Konkursverwalters befaßt.</p><span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">2.</p><span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Aus den vorstehenden verfahrensrechtlichen Ausführungen folgt auch die Begründetheit der sofortigen weiteren Beschwerde. Sie ergibt sich daraus, daß das Landgericht den Sachvortrag der Beschwerdeführerin nicht voll berücksichtigt und beschieden hat.</p><span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">3.</p><span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung zum Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde ist dem Landgericht zu übertragen, da der endgültige Ausgang des Verfahrens noch ungewiß ist.</p>
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} | 21 S 42/88 | "1988-09-09T00:00:00" | "2019-03-13T14:52:43" | "2022-10-18T15:03:50" | Urteil | ECLI:DE:LGD:1988:0909.21S42.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Beklagten wird das am 16. Dezember</p>
<p>1987 verkündete Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf</p>
<p>- 22 C 525 / 8 6 - abgeändert und insgesamt wie folgt</p>
<p>neu gefaßt:</p>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen hat</p>
<p>die Klägerin zu tragen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e</span></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Die Berufungsbeschwer</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">richtet sich nach dem angefochtenen Urteil - Stattgeben der Klage</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">und Abweisung der Hilfswiderklage - und beträgt insgesamt 75o,--DM.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">(Davon unabhängig beträgt der Kostenstreitwert der Berufung</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">5oo, -- DM, dadurch die nunmehr erfolgte Klageabweisung die Hilfswiderklage</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">gegenstandslos geworden ist.)</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Auffassung der Klägerin im Schriftsatz vom o9.o5.1988 (Bl.9o d.A.), der Hilfs-</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">widerklageantrag werden nicht weiter verfolgt</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">und stelle somit keine Grundlage für die Beschwer dar, liegt</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">ersichtlich neben der Sache; sie ist nicht nachvollziehbar.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Berufung der Beklagten ist auch begründet.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin ist als Erdgeschoß - Mieterin nach wie vor verpflichtet,</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">den Bürgersteig zu reinigen und zu bestreuen . Daher ist ihre</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">negative Feststellungsklage festzustellen, daß sie nicht mehr</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">verpflichtet sei, den Schnee von dem Bürgersteig vor dem Haus</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">I -T - Str . in E zu beseitigen, nicht gerechtfertigt.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Verpflichtung der Klägerin ergibt sich aus der Hausordnung,</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Abschnitt „Bürgersteig, T-Straße und Kehricht" (Bl.24 d.A.) . Die</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Hausordnung ist für die Klägerin rechtsverbindlich, auch soweit</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">in ihr die vorgenannte Verpflichtung enthalten ist, da die Hausordnung in § 14 des</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Mietvertrages vom 14.o1.1961 enthalten und somit zum Bestandteil des Mietvertrages selbst geworden ist.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Daß es sich um eine Formularklausel handelt ändert an ihrer Wirksamkeit nichts. Die Voraussetzungen des § 9 AGBG sind nicht gegeben.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die Verpflichtung ist auch entgegen der Auffassung der Klägerin nicht frei widerrufbar, weil hierfür kein spezielles Entgelt vorgesehen ist. Die Frage der Entgeltlichkeit oder Unentgeltlichkeit steht in keinem Zusammenhang mit der Rechtsverbindlichkeit der Schneebeseitigungsverpflichtung.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Der Begründung des angefochtenen Urteils, die Klägerin sei nicht mehr zur Schneeräumung verpflichtet, weil ihr die Erfüllung dieser Verpflichtung aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr länger zumutbar und möglich sei, kann nicht gefolgt werden. Alter und angegriffener Gesundheitszustand befreien grundsätzlich nicht von der Schneebeseitigungspflicht. Bei dieser Verpflichtung handelt es sich nicht um eine höchst persönliche Verpflichtung des Mieters. Der Mieter kann und muß sich gegebenenfalls zur Erfüllung seiner Verpflichtung einer Hilfskraft bedienen (LG Flensburg, WuM 1987, 52; Landgericht Wuppertal, WuM 1988, 331; OLG Hamburg, MDR 169, 483-484 letzter Satz; Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht von A-Z, 11. Aufl. Stichwort „ Reinigungspflicht des Mieters“). Das gilt auch, wenn er für die Inanspruchnahme einer Hilfskraft ein Entgelt aufbringen muß.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Es liegt daher kein Fall des nachträglichen Unvermögens nach § 275 Abs. 1 BGB vor. Gerade im Hinblick auf die nicht höchstpersönliche Verpflichtung ist eine Leistungserschwerung, die unter zumutbaren Anstrengungen nicht überwindbar ist, von der Klägerin nicht schlüssig dargelegt worden.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Mit Rücksicht auf die Klageabweisung ist die Hilfswiderklage der Beklagten gegenstandslos.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Der Gebühren-Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 500,-- DM.</p>
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"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 4 WF 209/88 | "1988-09-02T00:00:00" | "2019-03-13T14:52:45" | "2022-10-18T15:03:48" | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1988:0902.4WF209.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>wird die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Siegburg vom 15.12.1987 (32 F 212/86) auf Kosten des Antrags-gegners zurückgewiesen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>G r ü n d e:</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Im Rechtsstreit der Parteien über Kindesunterhalt und Getrenntlebensunterhalt hatte das Amtsgericht am 23.10.1987 auf Antrag der Antragstellerin eine einstweilige Anordnung dahin erlassen, daß der Antragsgegner einen Prozeßkostenvorschuß</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">in Höhe von 1.300,-- DM zu zahlen hatte. Mit Schriftsatz vom 11.11.1987 beantragte der Antragsgegner Aufhebung dieser Entscheidung unter Berufung auf mangelnde Leistungsfähigkeit.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Im Termin vom 15.12.1987, in dem beide Parteien anwesend waren, wurden die wirtschaftlichen Verhältnisse erörtert und das Amtsgericht erließ sodann folgenden Beschluß: "Der Beschluß vom 23.10.1987 wird aufgehoben. Der Klägerin wird für das Hauptverfahren und die einstweilige Anordnung Prozeßkostenhilfe unter Beiordnung von RA D. bewilligt. Es werden monatliche Raten von 60,-- DM festgesetzt, die</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">der Antragsgegner bzw. Beklagte des Hauptverfahrens zu tragen hat."</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Ferner bewilligte das Amtsgericht auch dem Antragsgegner PKH gegen Raten von 60,-- DM. </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Gegen diese Entscheidung wurden keine Rechtsbehelfe eingelegt und am 19.2.1988 wurde der Rechtsstreit durch Vergleich beendet.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Mit Schriftsatz vom 4.7.1988 haben sodann die Anwälte des Antragsgegners Beschwerde dagegen eingelegt, daß der Antragsgegner mit Ratenzahlungen für die der Antragstellerin gewährte PKH belastet worden sei, da das im Gesetz, nicht vorgesehen sei und der Antragsgegner nicht leistungsfähig sei.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde bleibt gemäß § 127 a 11 S. 1 ZPO ohne Erfolg, denn sie richtet sich gegen eine einstweilige Anordnung auf Leistung eines Prozeßkostenvorschusses</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">in einer Unterhaltssache. Nur der äußeren Form nach handelt es sich um eine</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">PKH-Entscheidung, die nach § 127 ZPO anfechtbar wäre.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Der Antragsgegner ist nicht unzulässigerweise im Rahmen der PKH-Gewährung als Dritter mit Ratenzahlungen belastet worden, die nach § 115 ZPO nur dem Antragsteller auferlegt werden können. Dies ergibt sich daraus, daß das Amtsgericht den</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Antragsgegner erst auf seinen Aufhebungsantrag hin anstatt mit einer einmaligen Prozeßkostenvorschußleistung mit einer in Raten zu erbringenden Prozeßkostenvorschußleistung belastet hat. So haben die im Termin mit ihren Anwälten persönlich anwesenden Parteien die Entscheidung auch offenbar verstanden, denn sie haben sie seinerzeit hingenommen, ohne Rechtsmittel einzulegen oder im Hauptverfahren das Nichtbestehen einer Prozeßkostenvorschußpflicht prüfen zu lassen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Es widerspricht auch nicht dem Wesen des Prozeßkostenvorschußanspruchs</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">in Raten erfüllt zu werden. Aus dem Gesetz ergibt sich nichts dafür, daß ein Vorschußanspruch nicht besteht, wenn der Verpflichtete nur in Raten leisten kann. Auch wenn der Anwalt des Vorschußberechtigten nicht dazu bereit ist, sich mit Ratenzahlungen zu begnügen, kommt eine Gewährung von PKH mit Anordnung monatlicher Ratenzahlung in Höhe des Vorschußanspruchs in Betracht (OLG Bamberg JurBüro 1987, 1415 m.w.N.; Kalthoener/Büttner, Prozeßkostenhilfe und Beratungshilfe, NJW-Schriften 47, Rn. 371, 372) .</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Wenn das Amtsgericht seine Entscheidung so gefaßt hat, daß der Antragsgegner die "Raten" zu leisten hat, so ist das demnach nur eine mißverständliche Ausdrucksweise dafür, daß er den Vorschuß zur Deckung der Prozeßkosten in Raten zu leisten hat.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Es verbleibt daher bei der Unanfechtbarkeit der Entscheidung gemäß § 127 a 11 S. 1 ZPO. </p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Eine andere Frage ist, ob die Staatskasse unmittelbar aus der Entscheidung gegen den Antragsgegner vollstrecken kann, weil diese den Anschein einer PKH-Raten=Auferlegung hat. Aus dem Gesamtzusammenhang der Entscheidung muß gefolgert werden, daß der Beklagte die Raten unmittelbar an den Staat zu zahlen hat, denn Zweck dieser Entscheidung war es, die Frau von Prozeßkosten freizustellen, was durch die PKH-Bewilligung auch geschehen ist. Richtigerweise haben der Frau in Höhe der Vorschußraten PKH-Raten auferlegt werden müssen, für deren Bezahlung der Mann einzustehen hat. Da das Familiengericht diese PKH-Raten nicht angeordnet hat, kann die vorschußweise Zahlungsanordnung nur dahin verstanden werden, daß die Raten unmittelbar an die Staatskasse zu zahlen sind.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, da es sich nicht um eine Beschwerde gegen eine PKH-Entscheidung handelt.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Beschwerdewert: 1.500,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Köln, den 2.9.1988</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Oberlandesgericht</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">4. Zivilsenat – Familiensenat – </p>
|
315,335 | olgham-1988-08-31-10-wf-39888 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 10 WF 398/88 | "1988-08-31T00:00:00" | "2019-03-13T14:52:47" | "2022-10-18T15:03:48" | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1988:0831.10WF398.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der angefochtene Beschluß wird abgeändert.</p>
<p></p>
<p>Der Klägerin wird Prozeßkostenhilfe bewilligt, soweit sie Verurteilung des Beklagten von</p>
<p></p>
<p>a)</p>
<p>je 800,-- DM monatlich für Dezember 1987 bis Februar 1988 einschließlich,</p>
<p>b)</p>
<p>je 770,-- DM monatlich ab März 1988</p>
<p></p>
<p>begehrt.</p>
<p></p>
<p>Das weitergehende Prozeßkostenhilfegesuch der Klägerin wird zurückgewiesen.</p>
<p>Der Klägerin wird Rechtsanwalt xxx beigeordnet.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Gründe:</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige Beschwerde ist in dem aus der Beschlußformel ersichtlichen Umfang begründet. Insoweit bietet die von der Klägerin beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Dem Grunde nach folgt der Unterhaltsanspruch der Klägerin aus § 1361 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Höhe nach ist für die Monate Dezember 1987 sowie Januar und Februar 1988 ein monatlicher Unterhalt von je 300,-- DM anzunehmen. Das entspricht dem unstreitig vom Beklagten für insgesamt 6 Monate angebotenen Betrag und liegt unterhalb eines Anteils von 3/7 des von der Klägerin behaupteten Einkommens des Beklagten von monatlich mindestens 3.000,-- DM netto, dessen genaue Höhe im Hauptverfahren geprüft werden mag.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Eine Erwerbsobliegenheit der Klägerin für die Monate bis einschließlich Februar 1988 ist angesichts der Kürze der seit der Trennung der Parteien im November 1987 verstrichenen Zeit, der Notwendigkeit, sich auf die Trennung einzustellen und der Verpflichtung der Klägerin, sich während dieses Zeitraums um eine. Arbeitsstelle zu bemühen, nicht anzunehmen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Ab März 1988 ist die Klage auf einen monatlichen Unterhalt von allenfalls rd. 770,-- DM aussichtsreich. Dieser Betrag stellt einen Anteil von 3/7 der Differenz des von der Klägerin behaupteten Einkommens des Beklagten von 3.000,-- DM netto und eines der Klägerin zuzurechnenden monatlichen anrechenbaren Einkommens von 1.200,-- DM. Denn ab März 1988 ist davon auszugehen, daß die Klägerin ihrer Erwerbsobliegenheit nachkommt und ein entsprechendes monatliches anrechenbares Einkommen bezieht.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Erwerbsobliegenheit der Klägerin für die Zeit ab März 1988 leitet sich daraus her, daß sie, was unstreitig ist, während des Zusammenlebens mit dem Beklagten in dessen Gewerbebetrieb mitgearbeitet hat, erst rd. 30 Jahre alt ist und keine Kinder zu versorgen hat.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Daß die Klägerin ab März eine Arbeitsstelle nicht hätte finden können, ist nicht ersichtlich. Vielmehr muß angenommen werden, daß sie mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Arbeit hätte finden können, die ihr ein Einkommen von jedenfalls 1.200,-- DM im Monat sicherte. Denn der Unterhaltsberechtigte muß seine Arbeitskraft entsprechend seiner Vorbildung, seinen Fähigkeiten und der Lage auf dem Arbeitsmarkt in zumutbarer Weise bestmöglich einsetzen. Dementsprechend muß er sich gehörig um Arbeit bemühen. Der Nachweis ausreichender Bemühungen um Arbeit kann keinesfalls allein durch die Meldung beim Arbeitsamt geführt werden. Zu erwarten ist vielmehr eine intensive Privatinitiative in Form von Bewerbungen auf Steilenangebote in Zeitungen, eigenen Stellenannoncen sowie mündlichen und schriftlichen Bewerbungen bei Firmen, die konkret für Stellenvergaben in Betracht kommen. </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Ausreichende Bemühungen in diesem Sinne hat die Klägerin nicht vorgetragen. Sie legt lediglich 6 Ablehnungsschreiben von möglichen Arbeitgebern vor, von denen 4 aus dem Monat April 1988, 1 aus dem Monat Februar und 1 weitere aus dem Monat März 1988 herrühren. Abgesehen davon, daß das Ablehnungsschreiben der xxx vom 28.4.1988 erkennen läßt, daß dort konkret eine Stelle nicht zu erlangen war, von der xxx vielmehr "wunschgemäß" bestätigt wird, daß die Klägerin sich dort um eine Anstellung als Kosmetikerin beworben hat, ist für den Zeitraum nach Trennung der Parteien bis einschließlich Februar 1988 nur <u>eine</u> konkrete Bewerbung ersichtlich. Die wenigen Bewerbungen, die im Anschluß daran belegt sind, reichen nicht aus, die Überzeugung zu gewinnen, daß auch bei gehörigen Bemühungen in der Zeit bis einschließlich Februar 1988 eine Arbeitsstelle nicht hätte erlangt werden können.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Hätte die Klägerin aber ab 1.März 1988 eine Arbeitsstelle haben können, dann hätte sie ein Einkommen von mindestens 1.200,-- DM anrechenbar im Monat verdienen können. Einkünfte dieser Art liegen im Bereich der Tätigkeiten, welche die Klägerin verrichten kann, etwa im Verkaufs- oder Gastronomiebereich.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Ein Anteil von 3/7 der Differenz von 3.000,-- DM und 1.200,-- DM ergibt 771,43 DM, also rd. 770,-- DM. Dabei ermittelt der Senat diesen Betrag nach der sog. Differenzmethode, geht also vom Vorliegen einer Doppelverdienerehe (vgl. BGH, FamRZ 1982, 892 ff./893; FamRZ 1984, 358 ff./360) aus. Im Hauptverfahren wird zu prüfen sein, inwieweit die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit der Klägerin nach Trennung der Parteien schon während des Zusammenlebens geplant oder doch voraussehbar war (vgl. BGH, FamRZ 1984, 149 ff./150).</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Geltendmachung des gesamten Unterhalts durch die Klägerin selbst mit dem Ziel der Zahlung der geschuldeten Beträge an diese steht die Tatsache nicht entgegen, daß die Klägerin seit November 1987 Sozialhilfe bezieht, und der Unterhaltsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten nach §§ 90, 91 BSHG auf das Sozialamt der Stadt xxx übergeleitet worden ist. Denn die Stadt xxx hat die Klägerin zugleich berechtigt, auch die übergeleiteten Beträge in einem Unterhaltsprozeß selbst geltend zu machen und einzuziehen. Vor Klageerhebung im Wege der Überleitungsanzeige und Sozialhilfegewährung auf den Träger der Sozialhilfe übergegangene Unterhaltsansprüche aber können, wenn, wie hier, die dazu erforderlichen Voraussetzungen vorliegen, von dem Unterhaltsberechtigten in gewillkürter Prozeßstandschaft gegen den Unterhaltspflichtigen geltend gemacht werden. Der Senat schließt sich dem Beschluß des 16. Zivilsenates des Kammergerichts vom 6.11.1987 - 16 WF 6026/87 - an (FamRZ 1988, 300 ff.). Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts werden berechtigte Belange des Beklagten durch die Zulassung der gewillkürten Prozeßstandschaft im vorliegenden Fall nicht beeinträchtigt. Zutreffend weist das Kammergericht in seiner angeführten Entscheidung darauf hin, daß im Gegenteil höhere Verfahrenskosten entstehen, wenn der rückständige Unterhalt durch den Träger der Sozialhilfe und in einem gesonderten Verfahren der laufende und künftige Unterhalt durch den Unterhaltsberechtigten selbst geltend gemacht werden. Auch eine unlautere Ausnutzung der Möglichkeit der gerichtlichen Durchsetzung eines fremden Rechts in gewillkürter Prozeßstandschaft ist regelmäßig nicht zu befürchten, wenn der Träger der Sozialhilfe den Unterhaltsberechtigten, wie im vorliegenden Fall, ermächtigt, im eigenen Namen auch die vor Klageerhebung übergegangenen Unterhaltsansprüche geltend zu machen. So wird Prozeßkostenhilfe nicht rechtsmißbräuchlich erbeten, weil der mittellosen Unterhaltsberechtigten auch dann Prozeßkostenhilfe bewillligt werden müßte, wenn sie den rückständigen Unterhalt mangels Überleitung als Rechtsinhaberin geltend machen würde. Eine Zeugenstellung des Ermächtigenden wird nicht erschlichen, da der Träger der Sozialhilfe als Zeuge im Unterhaltsprozeß von vornherein ausscheidet. Letztlich findet auch eine rechtsmißbräuchliche Abwälzung der Kostentragungspflicht auf den etwa unterliegenden mittellosen Unterhaltsberechtigten, wie das Amtsgericht meint, nicht statt. Denn auch insoweit entspricht die Rechtslage derjenigen, die bestände, wenn der Träger der Sozialhilfe Unterhaltsansprüche des Berechtigten nicht auf sich übergeleitet hatte und der Berechtigte auch den rückständigen Unterhalt aus eigenem Recht gegen den Unterhaltspflichtigen geltend machen würde.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Bei einem Sachverhalt wie dem vorliegenden ist die gewillkürte Prozeßstandschaft auch nicht deshalb auszuschließen, um den Unterhaltspflichtigen davor zu schützen, wegen derselben Unterhaltsbeträge doppelt in Anspruch genommen zu werden. Denn das im Rechtsstreit des Prozeßstandschafters ergangene Urteil wirkt für und gegen den Rechtsinhaber Rechtskraft (KG a.a.O., S. 302, m.w.N.).</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Nach alledem ist, wie geschehen, zu entscheiden.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO.</p>
|
315,336 | ovgnrw-1988-08-19-15-a-92486 | {
"id": 823,
"name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen",
"slug": "ovgnrw",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": null
} | 15 A 924/86 | "1988-08-19T00:00:00" | "2019-03-13T14:53:00" | "2022-10-18T15:03:48" | Urteil | ECLI:DE:OVGNRW:1988:0819.15A924.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Beklagten wird das angefochtene Urteil
geändert.</p>
<p></p>
<p>Die Klagen werden in vollem Umfang abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Berufungen der Kläger werden zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu je
1/7.</p>
<p></p>
<p>Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Die Revision wird nicht zugelassen.</p>
<p></p>
<p></p>
<p></p>
<p>
</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"> Tatbestand:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Kläger zu 1. bis 6. beteiligten sich als von der Klägerin zu 7. aufgestellte
Direktkandidaten an der Kommunalwahl vom 30. September 1984 im Gebiet der
Beklagten. Sie waren zugleich für die von der Klägerin zu 7. eingereichte Reserveliste
benannt. Der Kläger zu 1., der bis dahin zweiter stellvertretender Bürgermeister der
Beklagten war, nahm den Spitzenplatz der Reserveliste ein.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Kläger wenden sich gegen eine Reihe von Maßnahmen der Beklagten, in
denen sie eine Verletzung ihres Rechtes auf Chancengleichheit bei der
Wahlteilnahme sehen. Neben den im Antrag zu 3. bezeichneten Presseerklärungen
und Pressegesprächen der Beklagten in den Monaten August und September 1984
greifen sie insbesondere die Herausgabe einer mit 1.000 Exemplaren aufgelegten
Broschüre an, die Mitte August 1984 vom Oberstadtdirektor der Beklagten als
"Umweltbericht 1984" der Öffentlichkeit vorgestellt, u.a. den Mitgliedern des Rates
und der Bezirksvertretungen sowie den Ratsfraktionen überlassen und der
Bürgerberatungsstelle zur Verteilung an interessierte Bürger zur Verfügung gestellt
wurde. Sie beanstanden außerdem die Durchführung eines "Informationstages
1984" am 25. August 1984 mit den Themen "Schutz der Umwelt", "Stadtplanung",
"Freizeit im Grünen" und "Verkehrssicherheit", für den die Beklagte durch Inserate in
der Lokalpresse und durch Verteilung von Handzetteln geworben hatte. Eine weitere
Verletzung der Chancengleichheit sehen sie darin, daß die von der Beklagten im
Stadtmuseum veranstaltete Ausstellung "xxx 800 bis 1800 - 1.000 Jahre Geschichte
der Stadt" am 20. September 1984 statt durch den Oberbürgermeister oder dessen
Stellvertreter vom Spitzenkandidaten der CDU xxx in dessen damaliger Eigenschaft
als Vorsitzender des Kulturausschusses eröffnet wurde.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Kläger haben zur Begründung ihrer am 14. September 1984 erhobenen und
mit Schriftsatz vom 21. Juni 1985 u.a. um den Antrag zu 4. erweiterten Klagen im
wesentlichen vorgetragen: Mit den angegriffenen Maßnahmen habe die Beklagte die
vom Bundesverfassungsgericht für die Tätigkeit der Bundesregierung aufgezeigten,
der Sache nach aber auch für die Gemeinden gültigen Grenzen amtlicher
Öffentlichkeitsarbeit überschritten und unter Verkürzung ihrer Wettbewerbschancen
in den Wahlkampf eingegriffen. Der "Umweltbericht 1984" sei ein Arbeits-,
Leistungs- und Erfolgsbericht gewesen, für dessen Herausgabe wenige Wochen vor
der Wahl kein sachlicher Anlaß bestanden habe. Terminlich wie inhaltlich habe es
sich um eine gezielt lancierte Wahlkampfhilfe zugunsten der CDU gehandelt, mit
deren Kommunalwahlprogramm der Bericht abgestimmt gewesen sei und die den
Bericht mangels gegenteiliger Vorkehrungen der Beklagten im Wahlkampf
ungehindert habe verwenden können. Auch für den "Informationstag 1984" mit
seiner starken inhaltlichen Ausrichtung auf die Fragen des Umweltschutzes, der
zudem abweichend von früheren Gepflogenheiten mit beträchtlichem Aufwand
durchgeführt worden sei, habe es keinen von der Sache gebotenen Anlaß gegeben.
Gleiches gelte für eine Flut amtlicher Presseerklärungen und Pressegespräche, deren
Gegenstand jeweils aktuelle Wahlkampfthemen gewesen seien und die angesichts
der Rolle der Lokalpresse in einem Kommunalwahlkampf gesteigerten Einfluß auf
die Wettbewerbsverhältnisse hätten haben können. Die Eröffnung der Ausstellung
im Stadtmuseum durch den Vorsitzenden des Kulturausschusses sei ein
Kompetenzverstoß zu Lasten des im Verhinderungsfall dafür zuständigen Klägers zu
1. gewesen und habe schon aus diesem Grund die Grenzen zulässiger
Öffentlichkeitsarbeit überschritten.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Kläger haben beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">festzustellen, daß die Beklagte unter Verletzung ihrer Rechte auf
chancengleiche Teilnahme an der Kommunalwahl vom 30. September 1984 in den
Wahlkampf eingegriffen hat, indem sie</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">1. am 16. August 1984 den "Umweltbericht 1984" herausgegeben, in der
Lokalpresse vorgestellt und seitdem zur Abholung bereitgehalten hat,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">2. am 25. August 1984 einen "Informationstag 84" zur Darstellung ihrer
positiven Leistungen auf den Gebieten "Schutz der Umwelt", "Stadtplanung",
"Freizeit im Grünen" und "Verkehrssicherheit" durchgeführt hat, der mit
großformatigen Anzeigen in der Lokalpresse angekündigt wurde,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">3. seit Ende der Sommerferien jeweils ohne Anlaß in verstärktem Maße die
Lokalpresse mit amtlichen Pressemitteilungen zu aktuellen Wahlkampfthemen
versorgt hat, und zwar</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">a) zum Thema Umweltschutz durch</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">- Pressemitteilung "Mit dem Fahrrad bis zur holländischen Grenze"</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">- Pressemitteilung "Stadtreinigungsamt nimmt den Umweltschutz ernst"</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">- Pressemitteilung "xxx Müllkonzept dient vielen Städten als Vorbild"</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">- Pressemitteilung "Die neue Zentraldeponie wächst schneller"</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">- Pressemitteilung "Die Stadt erschließt dem Wanderer die Landschaft bei xxx
und xxx</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">- Pressekonferenz und -besichtigung "Landschaftsplan xxx",</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">b) zum Thema Arbeitslosigkeit und Wirtschaftsbedingungen in xxx durch</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">- Pressemitteilung "Zahl der Beschäftigten konstant"</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">- Pressemitteilung "xxx Steuerpflichtige zahlen am wenigsten"</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">- Pressemitteilung "xxx ist ein attraktiver Standort für Unternehmen"</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">- Pressemitteilung "xxx wirtschaftet solide",</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">c) zum Thema Bürgernähe, Bürgerbeteiligung durch</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">- Pressemitteilung "Stadtverwaltung stellt für die Stadterneuerung
Bürgerberater ein"</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">- Pressemitteilung "Bürgerberater bekommt viel Arbeit"</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">- Pressegespräch zum Thema "Wohnumfeldverbesserung in der
Innenstadt"</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">und</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">d) zum Thema Sport (-förderung) in xxx durch</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">- Pressemitteilung "Sportförderungs-Richtlinie als Broschüre"</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">- Pressemitteilung "Großer Sporthallenbau in xxx kommt mit 800.000,-- DM
weniger aus",</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">4. die Begrüßunq der Gäste zur Eröffnung der Ausstellung "1000 Jahre xxx 800
bis 1800" am 20. September 1984 durch den damaligen Spitzenkandidaten der CDU
xxx aussprechen ließ.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">die Klagen abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Sie hat im wesentlichen geltend gemacht: Die Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts zur Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung sei auf die
Gemeinden allenfalls eingeschränkt übertragbar. Jedenfalls aber habe sie, die
Beklagte, die vom Bundesverfassungsgericht aufgezeigten Grenzen zur unzulässigen
Wahlwerbung mit den angegriffenen Maßnahmen nicht überschritten. Der
"Umweltbericht 1984" sei kein Leistungsbericht, sondern eine nach Form und Inhalt
neutrale Bestandsaufnahme gewesen, die als Grundlage für die künftige Arbeit von
Rat und Verwaltung habe dienen sollen, deren Erstellung auf einen Auftrag des
Rates zurückgehe und darin einen hinreichenden Anlaß habe. Der "Informationstag
1984" habe die Tradition der alljährlich durchgeführten Tage der offenen Tür
fortgesetzt und sei terminlich mit den vom Minister für Wirtschaft und Verkehr
mitveranstalteten Verkehrssicherheitstagen verbunden worden. Pressemitteilungen
und Pressegespräche seien nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
von den Beschränkungen amtlicher Öffentlichkeitsarbeit in der Vorwahlzeit
ausgenommen; im übrigen habe für alle von den Klägern angegriffenen
Presseerklärungen ein sachlicher Anlaß bestanden. Die Eröffnung der Ausstellung im
Stadtmuseum durch den Vorsitzenden des Kulturausschusses habe ständiger Praxis
in vergleichbaren Fällen entsprochen.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Durch das angefochtene Urteil, auf das Bezug genommen wird, hat das
Verwaltungsgericht dem zu 1. gestellten Antrag stattgegeben und die Klagen im
übrigen abgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Dagegen haben die Kläger und die Beklagte Berufung eingelegt, zu deren
Begründung sie ihren jeweiligen erstinstanzlichen Vortrag wiederholen und weiter
vertiefen.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Die Kläger beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">1. das angefochtene Urteil zu ändern und auf der Grundlage der in erster
Instanz gestellten Anträge zu 2. bis 4. festzustellen, daß die Beklagte ihre Rechte
auf chancengleiche Teilnahme an der Wahl vom 30. September 1984 verletzt hat,
indem sie</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">a) am 25. August 1984 einen "Informationstag 1984" zu den Themen "Schutz
der Umwelt", "Stadtplanung", "Freizeit im Grünen" und "Verkehrssicherheit"
veranstaltet hat,</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">b) in den Monaten August und September 1984</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">aa) zum Thema Umweltschutz</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">die Pressemitteilungen</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">"Mit dem Fahrrad bis zur holländischen Grenze",</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">"Stadtreinigungsamt nimmt den Umweltschutz ernst",</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">"xxx Müllkonzept dient vielen Städten als Vorbild",</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">"Die neue Zentraldeponie wächst schneller",</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">"Die Stadt erschließt dem Wanderer die Landschaft bei xxx und xxx"</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">und die Pressekonferenz "Landschaftsplan xxx",</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">bb) zum Thema Arbeitslosigkeit und Wirtschaftsbedingungen</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">die Pressemitteilungen</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">"Zahl der Beschäftigten konstant",</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">"xxx Steuerpflichtige zahlen am wenigsten",</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">"xxx ist ein attraktiver Standort für Unternehmen" und</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">„ xxx wirtschaftet solide",</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">cc) zum Thema Bürgernähe und Bürgerbeteiligung</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">die Pressemitteilungen</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">"Stadtverwaltung stellt für die Stadterneuerung Bürgerberater ein",</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">"Bürgerberater bekommt viel Arbeit"</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">und die Pressekonferenz "Wohnumfeldverbesserung in der Innenstadt",</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">dd) zum Thema Sportförderung</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">die Pressemitteilungen</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">"Sportförderungs-Richtlinie als Broschüre"</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">und</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">"Großer Sporthallenbau in xxx kommt mit 800.000,-- DM weniger aus"</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">herausgegeben bzw. veranstaltet hat,</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">c) die Eröffnung der Ausstellung "xxx 800 bis 1800 - 1.000 Jahre Geschichte der
Stadt" am 20. September 1984 durch den damaligen Vorsitzenden des
Kulturausschusses xxx vornehmen ließ.</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">2. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">1. das angefochtene Urteil zu ändern und die Klagen auch mit dem in erster
Instanz gestellten Antrag zu 1. abzuweisen,</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">2. die Berufungen der Kläger zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der
Akten VG Münster 2 L 455/84 und der von den Beteiligten vorgelegten Unterlagen
verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">Die Berufung der Beklagten hat Erfolg, weil die Klagen auch mit dem in erster
Instanz zu 1. gestellten Antrag abzuweisen sind. Die Berufungen der Kläger bleiben
hingegen erfolglos; denn das Verwaltungsgericht hat die Klageanträge zu 2. bis 4.
zu Recht abgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">Die Klagen der Kläger zu 1. und zu 4. bis 7. sind als Feststellungsklagen gemäß
§ 43 Abs. 1 VwGO zulässig. Die Beteiligten streiten über das Bestehen eines
Rechtsverhältnisses im Sinne dieser Vorschrift, weil die Kläger eine Verletzung ihres
subjektiven Rechtes auf chancengleiche Wahlteilnahme durch bestimmte
Handlungen der Beklagten geltend machen und die Beklagte in Abrede stellt, die ihr
durch dieses Recht gezogenen Grenzen überschritten zu haben. Das berechtigte
Interesse der Kläger zu 1. und zu 4. bis 7. an einer baldigen Feststellung ergibt sich
aus der Gefahr, daß wegen des Rechtsstandpunktes der Beklagten mit einer
Wiederholung ähnlicher Handlungen vor der 1989 anstehenden Kommunalwahl zu
rechnen ist, an der sich nicht nur die Klägerin zu 7. mit einem Wahlvorschlag,
sondern voraussichtlich auch die Kläger zu 1. und zu 4. bis 6. durch erneute
Kandidatur beteiligen wollen. Sie können ihr Begehren auch nicht ebenso gut mit
einer Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen (§ 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Eine
allenfalls in Betracht zu ziehende Unterlassungsklage vor der bevorstehenden
Kommunalwahl würde sie zur Bezeichnung bestimmter, von der Beklagten zu
unterlassender Handlungen zwingen, die für die Kläger jedoch weder ihrem
Gegenstand noch dem Zeitpunkt nach hinreichend vorhersehbar sind, und hätte den
weiteren Nachteil, daß eine rechtskräftige Entscheidung vor der Wahl nicht zu
erwarten wäre.</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">Demgegenüber sind die Klagen der Kläger zu 2. und 3. unzulässig, weil diese
ein berechtigtes Interesse an einer baldigen Feststellung nicht geltend machen
können. Da sie gegenwärtig nicht die Absicht haben, sich bei einer Kommunalwahl
im Gebiet der Beklagten erneut zur Wahl zu stellen, brauchen sie künftige
Beeinträchtigungen des in Anspruch genommenen Rechtes auf chancengleiche
Wahlteilnahme durch Handlungen der Beklagten nicht zu befürchten. Sonstige
Umstände, die ein Feststellungsinteresse begründen könnten, liegen nicht vor. Mit
dem bloßen Hinweis auf die Bedeutung einer Sachentscheidung für die künftige
politische Arbeit auch der Kläger zu 2. und 3. ist lediglich ein Interesse am Ausgang
des Rechtsstreites dargelegt, das auch jeder beliebige Dritte haben kann, der am
politischen Geschehen aktiv teilnimmt. Ein darüberhinausgehendes Interesse der
Kläger zu 2. und 3. an einer Klärung der Streitfragen gerade gegenüber der
Beklagten ergibt sich daraus nicht.</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">Die Klagen der Kläger zu 1. und zu 4. bis 7. sind unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Rechtsgrundlage des mit der Klage verfolgten Rechtes auf chancengleiche
Wahlteilnahme sind § 29 Abs. 1 GO i.V.m. §§ 7, 12 KWahlG und Art. 21 Abs. 1 Satz 1
GG i.V.m. § 15 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 KWahlG. Nach § 29 Abs. 1 GO, der den
bundesverfassungsrechtlichen Auftrag in Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG für die Wahlen
zum Rat einer Gemeinde in Landesrecht umsetzt,</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 5. April 1952 - 2 BvH 1/52 -, BVerfGE 1, 208 (236);
OVG NW, Urteil vom 14. Februar 1962 - III A 726/61 -, OVGE 18, 1 f.,</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">werden die Ratsmitglieder in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und
geheimer Wahl gewählt. Hieraus folgt für den einzelnen Wahlbewerber, der wie die
Kläger zu 1. bis 6. die Wählbarkeitsvoraussetzungen der §§ 12 und 7 KWahlG erfüllt,
ein Recht auf chancengleiche Teilnahme an der Kommunalwahl,</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">vgl. z.B. BVerfG, Urteil vom 2. November 1960 - 2 BvR 504/60 -, BVerfGE 11,
351 (360 f, 364),</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">das auch für die Wahlvorbereitung einschließlich der Wahlwerbung Geltung
beansprucht.</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerfG, Urteil vom 2. März 1977 - 2 BvE 1/76 -, BVerfGE 44, 125 (146);
Beschluß vom 23. Februar 1983 - 2 BvR 1765/82 -, BVerfGE 63, 230 (242).</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">Dieses Recht steht gemäß Art 21 Abs. 1 Satz 1 GG in gleicher Weise und im
selben Umfang auch den politischen Parteien zu. Deren verfassungsrechtlich
garantierte Befugnis zur Mitwirkung bei der politischen Willensbildung des Volkes,
die sich nicht nur auf die Bundestagswahlen, sondern auch auf die in den Ländern
und in den Kommunen stattfindenden Wahlen erstreckt,</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">vgl. BVerfG, Urteil vom 5. April 1952, a.a.O., 227; Beschluß vom 7. Mai 1957 - 2
BvH 1/56 -, BVerfGE 6, 367 (372 f, 375); Beschluß vom 16. Juli 1969 - 2 BvH 1/67 -,
BVerfGE 27, 10 (17),</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">erfordert es, daß sie, soweit irgend möglich, mit gleichen Chancen auch an dem
der Wahl vorausgehenden Wahlkampf teilnehmen können.</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerfG, Urteil vom 2. März 1977, a.a.O., 144 ff.</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">Die sich daraus im Einzelfall ergebenden Leistungs- und Abwehrrechte stehen
für die hier streitige Kommunalwahl der Klägerin zu 7. als der für die Ausübung des
Wahlvorschlagsrechtes aus § 15 Abs. 1 Satz 2 KWahlG zuständigen örtlichen
Untergliederung der SPD (§ 15 Abs. 2 Satz 1 KWahlG) zu.</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">Das Recht auf chancengleiche Teilnahme an einer Wahl kann insbesondere in
seiner hier interessierenden Ausprägung der Wettbewerbsgleichheit im Wahlkampf
in vielfältiger Weise beeinträchtigt werden. Neben den Eingriffen Dritter</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">- vgl. dazu Seifert, Bundeswahlrecht, 3. Aufl. 1976, S. 58 (Art. 38 GG Rdnr. 29)
und S. 410 ff.; ferner BVerfG, Beschluß vom 10. April 1984 - 2 BvC 2/83 -, NJW 1984,
2201 -</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">sind vor allem Maßnahmen von Hoheitsträgern geeignet, chancenmindernd in
den Wahlkampf einzuwirken. Geschehen kann dies nicht nur durch die einseitige
Bevorzugung oder Benachteiligung bestimmter Wahlbewerber bei der Gewährung
öffentlicher Leistungen</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">- vgl. z.B. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Mai 1983 - 1 S 965/83 -,
NVwZ 1985, 671; Urteil des Senats vom 4. Oktober 1985 - 15 A 1215/84 -, bestätigt
durch BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 1986 - 7 C 86.85 -, BVerwGE 75, 79 -</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">und in hoheitlicher Funktion abgegebene wahlbezogene Erklärungen von
Amtswaltern</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">- vgl. z.B. VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 7. November 1983 - 1 S
1311/83 -, DVBl. 1985, 170, und vom 2. Dezember 1985 - 1 S 2428/85 -, ESVGH 36,
109 -,</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">sondern auch durch der Öffentlichkeitsarbeit zuzurechnende Maßnahmen eines
Hoheitsträgers,</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">vgl. BVerfG, Urteil vom 2. März 1977, a.a.O., 147 ff.,</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">wie sie im vorliegenden Fall Gegenstand der Anträge zu 1. bis 3. sind. Denkbar
ist auch, daß sonstige hoheitliche Handlungen, die - wie der im Antrag zu 4.
bezeichnete Vorgang - ihrer Art nach weder einen unmittelbaren noch einen
mittelbaren Bezug zur Wahl haben, chancenbeeinträchtigende Folgen nach sich
ziehen.</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerfG, Beschluß vom 3. Juni 1975 - 2 BvC 1/74 -, BVerfGE 40, 11
(38/39).</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">1. Die mit den Anträgen zu 1. bis 3. angegriffenen Maßnahmen der
gemeindlichen Öffentlichkeitsarbeit sind an den Kriterien zu messen, die das
Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 2. März 1977, a.a.O., 147 ff,
entwickelt hat. In dieser Entscheidung ist bezogen auf die Bundesregierung
dargelegt, daß deren Öffentlichkeitsarbeit nicht nur zulässig, sondern notwendig ist,
jedoch auch ihre Grenzen hat:</p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">Öffentlichkeitsarbeit müsse sich im Rahmen des Aufgaben- und
Zuständigkeitsbereiches der Regierung bewegen und - angesichts deren
Sachverantwortung gegenüber dem ganzen Volk - jeder offenen oder versteckten
Werbung für die eine oder andere Seite der miteinander konkurrierenden politischen
Kräfte enthalten.</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">Eine weitere Grenze liege dort, wo die Öffentlichkeitsarbeit der Regierung zur
Wahlwerbung werde. Anhaltspunkte für eine Grenzüberschreitung seien etwa der
Inhalt und die äußere Form amtlicher Anzeigen oder Druckschriften. Inhaltlicher
Beleg für den parteiergreifenden Charakter einer Veröffentlichung könne sein, daß
die Regierung sich als von bestimmten Parteien getragen darstelle, für diese oder
für ihr Verbleiben im Amt Werbung treibe oder sich über oppositionelle Bewerber mit
negativem Akzent äußere. Der Form nach könne unzulässige Wahlwerbung deutlich
werden durch die reklamehafte Aufmachung von Druckschriften mit spärlichem
Informationsgehalt oder durch eine Häufung amtlicher Veröffentlichungen, die mehr
der Sympathiewerbung für die Regierungsmitglieder als der Befriedigung eines
sachorientierten Informationsbedürfnisses dienlich seien.</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">Über diese stets zu beachtenden Grenzen hinaus könnten in der unmittelbaren
Vorwahlzeit auch nach Inhalt und Form neutral gehaltene Veröffentlichungen zur
unzulässigen Wahlwerbung werden. Denn auch solche Veröffentlichungen stünden
nicht frei im politischen Raum, sondern entfalteten regelmäßig Wirkungen zugunsten
der regierungstragenden Parteien. Wann insoweit die Grenze zur unzulässigen
Wahlwerbung überschritten werde, sei nicht allgemeingültig festzulegen, sondern
hänge von Zahl und Umfang solcher Maßnahmen, der Nähe des Wahlzeitpunktes
und der Intensität des Wahlkampfes ab. Je näher der Wahlzeitpunkt heranrücke,
desto mehr trete die Aufgabe einer durch Öffentlichkeitsarbeit bewirkten
Sachinformation des Bürgers hinter das Gebot zurück, die Willensbildung des Volkes
vor einer Wahl von staatlicher Einflußnahme freizuhalten. Das daraus herzuleitende
Gebot äußerster Zurückhaltung in der "heißen Phase des Wahlkampfes", das in
zeitlicher Hinsicht in etwa dann einsetze, wenn der Wahltag bestimmt werde,
erfordere den Verzicht auf jegliche Öffentlichkeitsarbeit in der Form sogenannter
Arbeits-, Leistungs- und Erfolgsberichte. Unzulässig sei auch eine mittelbare
Beeinflussung des Wahlkampfes von amtlicher Seite, etwa indem den
Wahlbewerbern amtliche Druckwerke zur Verwendung im Wahlkampf überlassen
würden. Da die amtlichen Äußerungen der Regierung in der politischen Wirklichkeit
nicht selten übereinstimmten mit Wahlkampfaussagen der sie tragenden Parteien,
sei die Regierung verpflichtet, Vorkehrungen zu treffen, daß für Zwecke der
Öffentlichkeitsarbeit hergestellte Druckwerke nicht von den Parteien oder den sie
unterstützenden Gruppen zur Wahlwerbung eingesetzt werden.</p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">Ausgenommen von diesen Beschränkungen der Öffentlichkeitsarbeit seien -
auch in unmittelbarer Vorwahlzeit - amtliche Veröffentlichungen, die aus akutem
Anlaß geboten seien. Den Regierungsmitgliedern sei es im übrigen nicht versagt,
sich in amtlicher Funktion über Rundfunk, Fernsehen oder die Presse an die
Öffentlichkeit zu wenden. Auch ihre Teilnahme am Wahlkampf außerhalb dieser
Funktion sei unbedenklich.</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks">Diese Maßstäbe zur Abgrenzung zulässiger Öffentlichkeitsarbeit von verbotener
Wahlbeeinflussung sind in der späteren Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts</p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks">- vgl. den Beschluß vom 23. Februar 1983, a.a.O., 242 ff. -</p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks">bekräftigt, von der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung der Länder</p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">- vgl. VerfGH Saarland, Urteil vom 26. März 1980 - Lv 1/80 -, NJW 1980, 2181
(2182 f.); StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27. Februar 1981 - GR 1/80 -,
ESVGH 31, 81 (85 ff.); StGH Bremen, Entscheidung vom 30. November 1983 - St
1/83 -, DVBl. 1984, 221 (222 f.); VerfGH NW, Urteil vom 15. Februar 1985 - VerfGH
8/84 -, DVBl. 1985, 691,</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks">übernommen, im Schrifttum zustimmend aufgegriffen</p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">- vgl. z.B. Zuck, ZRP 1977, 144 ff.; Häberle, JZ 1977, 361 ff.; Seifert, DÖV 1977,
288 ff.; Berkemann, JR 1977,445 (454), und EuGRZ 1977, 189 (191 f.); Kempen, Der
Staat 1979, 81 ff. -</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks">und in der Praxis - soweit ersichtlich - weitgehend befolgt worden.</p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">Vgl. z.B. die auch die kommunale Praxis betreffenden Berichte von Zurnieden,
Städtetag 1980, 721 ff., und Bengel, BWVPr 1981, 281 ff.; ferner
Kommunalpolitische Blätter 1981, 225 u. 347 f.</p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks">Sie haben Geltung auch für die Gestaltung der Öffentlichkeitsarbeit einer
Gemeinde.</p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks">Ebenso wie Bund und Länder sind auch die Gemeinden berechtigt und
verpflichtet, zum Zwecke sachbezogener Information ihren Einwohnern gegenüber
Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben. Dahingehende ausdrückliche Bestimmungen
enthält die Gemeindeordnung insbesondere in § 6b Abs. 1 und Abs. 2, aber z.B. auch
in § 13b Abs. 1 Satz 1 f) und in § 37 Abs. 2. Als Mittel der Bürgerinformation nennt
die Verwaltungsvorschrift zu § 6 b GO (Runderlaß des Innenministers vom 4.
September 1984, MBl NW 1984, 1156) neben der Einwohnerversammlung öffentliche
Anhörungen, Flugblattaktionen und Bürgerbriefe. Dem entspricht § 5 Abs. 1 der
Hauptsatzung der Beklagten vom 2. Juli 1975 i.d.F. der Änderungssatzung vom 30.
September 1981, die zusätzlich die schriftliche Unterrichtung der Haushalte,
Presseveröffentlichungen, Bekanntmachungen und Informationsschriften erwähnt.
Der Sinn all dessen besteht darin, den Bürger nicht auf die Rolle des bloßen
Zuschauers zu beschränken, sondern ihn an den von der Gemeinde zu treffenden
Entscheidungen im Rahmen des Möglichen zu beteiligen. Grundvoraussetzung dieses
Anliegens ist eine sachgerechte Unterrichtung des Bürgers über die kommunalen
Angelegenheiten. Wird diese Pflicht von der Gemeinde erfüllt, so ist damit zugleich
die Möglichkeit gegeben, einer anderenfalls zu befürchtenden Entfremdung zwischen
der Verwaltung der Gemeinde und deren Einwohnern entgegenzuwirken.</p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks">Vgl. zum ganzen den der Einfügung des § 6 b GO in die Gemeindeordnung
vorausgegangenen Gesetzentwurf der Landesregierung vom 6. April 1978,
Landtagsdrucksache 8/3152, S. 2, 55 u. 58; ferner die vom Hauptausschuß des
Deutschen Städtetages am 8. März 1988 neugefaßten "Leitsätze zur städtischen
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit 1988", Städtetag 1988, 239.</p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks">Ebenso wie die Öffentlichkeitsarbeit von Bund und Ländern ist auch die
gemeindliche Öffentlichkeitsarbeit geeignet, zugunsten der einen oder anderen Seite
der in der Gemeinde miteinander konkurrierenden politischen Kräfte in die
Wahlwerbung einzugreifen. Denn die Grundbedingungen politischen Handelns sind
in einer demokratisch verfaßten, nach den Grundsätzen parlamentarischer
Repräsentation organisierten Gemeinde prinzipiell keine anderen als in Bund und
Ländern.</p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks">Vgl. dazu auch Meyer, Kommunalwahlrecht, in Handbuch der kommunalen
Wissenschaft und Praxis, 2. Aufl. 1982, Band 2, S. 37 (51 ff.).</p>
<span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks">Die von der Beklagten hervorgehobenen Besonderheiten in der
organschaftlichen Stellung der an der Spitze der Gemeindeverwaltung stehenden
Beamten rechtfertigen keine andere Beurteilung. Daß der Gemeindedirektor und die
Beigeordneten vom Rat auf die Dauer von acht Jahren gewählt sind (§ 49 Abs. 2
Satz 1 GO), während die Ratsmitglieder nur für fünf Jahre gewählt werden (§ 29
Abs. 1 Satz 1 GO), hat zur Folge, daß Gemeindedirektor und Beigeordnete von einer
Wahl zu der Vertretungskörperschaft nicht unmittelbar betroffen werden. Das
Erfordernis einer qualifizierten Mehrheit von zwei Dritteln erschwert dem neu
gewählten Rat trotz einer eventuell eingetretenen Änderung der
Mehrheitsverhältnisse darüberhinaus die vorzeitige Abberufung der leitenden
Beamten der Gemeinde (§ 49 Abs. 4 GO). Hinzu tritt die Befugnis des
Gemeindedirektors, rechtswidrige Ratsbeschlüsse zu beanstanden (§ 39 Abs. 2 GO).
All das zeigt, daß die Verwaltungsspitze der Gemeinde von der jeweiligen
Ratsmehrheit in geringerem Maße abhängig ist, als dies bei einer Bundes- und
Landesregierung in bezug auf die jeweilige Parlamentsmehrheit der Fall ist.
Gleichwohl sind diese Unterschiede angesichts der politischen Wirklichkeit und
wegen der grundsätzlichen Allzuständigkeit des Rates (§ 28 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2
Satz 1 und Abs. 3 GO), dessen Kontrollbefugnissen gegenüber der Verwaltung (§ 40
Abs. 1 Sätze 1 und 2, Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1), der darüberhinaus bestehenden
Auskunfts- und Unterrichtungsrechte (vgl. z.B. § 46, § 47 Abs. 2 GO) und der
Zitierbefugnis in § 48 Abs. 1 Satz 2 GO nicht überzubewerten. Auch ungeachtet
dessen haben die aufgezeigten Unterschiede Auswirkungen nur insoweit, als die
Motivation der an der Spitze der Gemeinde stehenden Beamten, in den einer
Kommunalwahl vorausgehenden Wahlkampf zugunsten der bisherigen Ratsmehrheit
einzugreifen, geringer ausgeprägt sein kann als das entsprechende Interesse einer
Bundes- oder Landesregierung. Das mag in tatsächlicher Hinsicht die Erwartung
rechtfertigen, daß solche Eingriffe bei einer Kommunalwahl seltener sind als bei
Wahlen im Bund und in den Ländern,</p>
<span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks">vgl. hierzu auch Zurnieden, a.a.O., 721,</p>
<span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks">ändert an der chancenmindernden Wirkung solcher Eingriffe indes nichts, wenn
sie gleichwohl vorkommen. Im Gegenteil kann eine Grenzüberschreitung der für die
Gemeinde handelnden Verwaltung für die in der bisherigen Opposition stehenden
Wahlbewerber sogar nachteiligere Auswirkungen haben, als dies bei entsprechenden
Vorgängen auf Bundes- oder Landesebene zu befürchten ist. Denn die oben
aufgezeigten Besonderheiten in der kommunalverfassungsrechtlichen Stellung der
leitenden Verwaltungsbeamten mag gerade bei einem diese Stellung bedenkenden
Wahlbürger den Eindruck erwecken, daß die amtlichen Verlautbarungen der
Gemeinde den Vorzug neutraler Information haben, und den Blick auf eine darin im
Einzelfall möglicherweise enthaltene versteckte Wahlwerbung verstellen
können.</p>
<span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks">Die vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Maßstäbe zur Begrenzung
amtlicher Öffentlichkeitsarbeit sind auf diejenige der Kommunen deshalb
uneingeschränkt übertragbar.</p>
<span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks">Ebenso im Ergebnis: BayVGH, Urteil vom 22. Juni 1983 - Nr. 4 B 80 A. 1769 -,
VGHE 36, 67; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 7. November 1983, a.a.O., 170;
Seifert, DÖV 1977, 288 (290).</p>
<span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks">a) Mit den in den Anträgen zu 1. und 2. bezeichneten Maßnahmen hat die
Beklagte die Grenzen zulässiger Öffentlichkeitsarbeit danach teilweise
überschritten.</p>
<span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks">Der mit dem Antrag zu 1. angegriffene Umweltbericht durfte weder in der
unmittelbaren Vorwahlzeit herausgegeben noch - wie hier geschehen - den
Wahlbewerbern zur ungehinderten Verwendung auch zu Wahlkampfzwecken
überlassen werden.</p>
<span class="absatzRechts">124</span><p class="absatzLinks">Allerdings kann dieser Bericht nicht als eine Publikation eingeordnet werden,
die schon nach ihrem Inhalt oder nach ihrer äußeren Aufmachung den Charakter
eines parteiergreifenden Werbemittels besaß.</p>
<span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks">Inhaltlich handelt es sich, wie die Beklagte zu Recht hervorhebt, um einen zwar
umfangreichen, der komplexen Materie angepaßten, gleichwohl aber nicht aus dem
Rahmen des üblichen fallenden Verwaltungsbericht, wie er auch in anderen
Gemeinden als Bestandsaufnahme, Arbeitsgrundlage und zum Zwecke der
Bürgerinformation erstellt zu werden pflegt. Er enthält an keiner Stelle direkte oder
indirekte Aussagen zugunsten oder zu Lasten der einen oder anderen Partei oder
bestimmter Wahlbewerber. Die Kläger selbst stellen diese Einschätzung nicht
substantiiert in Frage. Soweit sie die Auffassung vertreten, der Bericht sei eine
"gezielt lancierte Wahlkampfhilfe" für die Mehrheitspartei gewesen, geht dies schon
deshalb fehl, weil die als Beleg angeführten Textpassagen nur die Behauptung
stützen sollen, daß der Bericht an vielen Stellen zu allgemein gehalten oder auf die
Wiedergabe positiver Befunde beschränkt worden sei. Die Richtigkeit dessen
unterstellt, würde weder das eine noch das andere den Vorwurf der Kläger
rechtfertigen. Dies versteht sich für die angeblich zu allgemein gehaltenen Teile des
Berichtes von selbst und folgt im übrigen daraus, daß etwaige Unvollständigkeiten
des Berichtes zwar dessen Tauglichkeit als Arbeitsgrundlage für Rat und Verwaltung
beeinträchtigen könnten, In bezug auf seine hier in erster Linie Interessierende
Verwendung als Bürgerinformation aber im Interesse der Lesbarkeit ohnehin nicht in
jeder Hinsicht vermeidbar waren.</p>
<span class="absatzRechts">126</span><p class="absatzLinks">Vgl. hierzu den zutreffenden Hinweis von Bengel, a.a.O., 283, daß auch
amtliche Publikationen notwendigerweise selektiv sein müssen; in ähnliche Richtung
zielend die Bemerkung von Zuck, a.a.O., 147, daß Öffentlichkeitsarbeit auf den
Empfängerhorizont aller Bürger abgestellt sein dürfe.</p>
<span class="absatzRechts">127</span><p class="absatzLinks">Die inhaltliche Grenze zur Wahlwerbung könnte im letztgenannten
Zusammenhang allenfalls dann überschritten sein, wenn in dem Bericht eine
einseitige Auswahl positiver Feststellungen enthalten und problematische
Gesichtspunkte gänzlich oder im wesentlichen unterdrückt wären. Daß davon keine
Rede sein kann, wird hinlänglich belegt u.a. durch die von der Beklagten
angeführten Textteile, die - etwa mit den Problemen der Schadstoffanreicherungen
im Boden, der partiellen Verschlechterung der Gewässergüte und der Luftbelastung -
negative Befunde und entsprechenden Handlungsbedarf herausstellen.</p>
<span class="absatzRechts">128</span><p class="absatzLinks">Auch die äußere Aufmachung des Berichtes enthält keine Anzeichen einer
parteiergreifenden Werbeschrift. Reklamehafte Bebilderung und schlagzeilenartige
Aussagen sind ebenso vermieden wie auf Sympathiewerbung oder
Popularitätssteigerung zugunsten bestimmter Gruppen oder Personen angelegte
Textpassagen. Stattdessen entspricht das äußere Erscheinungsbild dem eine
Vielzahl von tatsächlichen Informationen vermittelnden Inhalt, der beim Leser ein
nicht unerhebliches Maß an sachbezogenem Interesse und Aufmerksamkeit
voraussetzt und im Verhältnis zur Aufmachung eindeutig im Vordergrund steht.</p>
<span class="absatzRechts">129</span><p class="absatzLinks">Hieraus folgt, daß eine Veröffentlichung des Berichtes außerhalb der
unmittelbaren Vorwahlzeit unbedenklich gewesen wäre.</p>
<span class="absatzRechts">130</span><p class="absatzLinks">Seine Herausgabe am 15./16. August 1984, also etwa 6 Wochen vor dem
Wahltag am 30. September 1984, überschritt jedoch die der Beklagten gezogenen
Grenzen.</p>
<span class="absatzRechts">131</span><p class="absatzLinks">Unerheblich für diese Feststellung ist, wann bei der hier streitigen
Kommunalwahl die "heiße Phase" des Wahlkampfes begonnen hatte, in der die
Träger öffentlicher Gewalt zu äußerster Zurückhaltung verpflichtet sind. Denn etwa 6
Wochen vor der Wahl war dieser Zeitpunkt jedenfalls erreicht. Der Senat kann
deshalb offenlassen, ob die Annahme des Verwaltungsgerichts zutrifft, der
Runderlaß des Innenministers vom 4. Juni 1984 über die "Vorbereitung und
Durchführung" der Wahl (MBl. NW 1984, 688) sei der hier maßgebliche
Orientierungspunkt gewesen, obgleich die Bestimmung des Wahltages schon mit der
Bekanntmachung des Innenministers vom 26. August 1983 (veröffentlicht am 20.
September 1983, MBl. NW 1983, 1906) erfolgt war.</p>
<span class="absatzRechts">132</span><p class="absatzLinks">Nicht entscheidungserheblich ist ferner, ob der Umweltbericht als "Arbeits-,
Leistungs- und Erfolgsbericht" im Sinne des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes
vom 2. März 1977, a.a.O., 152, angesehen werden kann. Denn solche Berichte
stellen nur Beispiele für unzulässige Publikationen in der unmittelbaren Vorwahlzeit
dar. Entscheidend ist demgegenüber, ob die Herausgabe des Berichtes das Gebot
äußerster Zurückhaltung im nahen Vorfeld der Wahl verletzt hat oder durch einen
akuten Anlaß geboten erschien.</p>
<span class="absatzRechts">133</span><p class="absatzLinks">Diese Frage ist zu Lasten der Beklagten zu beantworten. Wird mit dieser davon
ausgegangen, daß der Bericht auf der Grundlage eines ordnungsgemäß
zustandegekommenen Beschlusses der Vertretungskörperschaft erstellt worden ist,
lag gleichwohl kein hinreichender Grund dafür vor, ihn wenige Wochen vor dem
Wahltag der Öffentlichkeit zu präsentieren. Die von der Beklagten hierzu gemachten
Angaben betreffen allein die Fragen, aus welchen Gründen überhaupt ein
Umweltbericht erstellt worden ist und in welcher zeitlichen Abfolge die dazu
notwendigen Arbeitsgänge stattgefunden haben. Nicht dargelegt ist, daß für die
Fertigstellung und Publikation des Berichtes eine zeitliche Zielvorgabe etwa in
Gestalt eines entsprechenden Ratsbeschlusses bestand. Noch weniger ersichtlich
sind die sachlichen Gründe, die eine Herausgabe des Berichtes gerade im nahen
Vorfeld der Wahl und einen Ratsbeschluß mit einer dahingehenden Anordnung
hätten rechtfertigen können. Angesichts dessen hätte es der Beklagten
freigestanden, auf eine Herausgabe des Berichtes im August (oder September) 1984
zu verzichten und seine Veröffentlichung auf die Zeit nach der Wahl zu
verschieben.</p>
<span class="absatzRechts">134</span><p class="absatzLinks">Hierzu war die Beklagte aufgrund des Gebotes äußerster Zurückhaltung in der
unmittelbaren Vorwahlzeit auch verpflichtet. Wie oben dargelegt, sind auch
inhaltlich und in der Form neutral gehaltene amtliche Publikationen kurze Zeit vor
einer Wahl geeignet, die Wettbewerbsverhältnisse im Wahlkampf zu Gunsten der in
der bisherigen Mehrheit stehenden Bewerber zu verbessern. Solche Auswirkungen
konnten auch von der Herausgabe des Umweltberichtes ausgehen. Nach den
unwidersprochenen und in mehrfacher Hinsicht belegten Angaben der Kläger waren
die Fragen des Umweltschutzes und der Umweltpolitik vor der Wahl vom 30.
September 1984 ein zentrales Wahlkampfthema, dem sich auch die Mehrheitspartei
der CDU und deren Spitzenkandidat in verstärktem Maße zugewandt hatten. Eine
der wesentlichen Wahlkampfaussagen der CDU bestand ausweislich ihres
Kommunalwahlprogramms und der Äußerungen ihres Spitzenkandidaten darin, daß
die Stadt xxx "seit Jahrzehnten eine konsequente Grünpolitik betrieben" habe,
"heute ... ohne größere Umweltprobleme" dastehe, "als Stadt im Grünen auch in
Zukunft zu bewahren und zu erhalten" sei und bei einem Fortbestand der
langjährigen CDU-Mehrheit "die kommenden Probleme ... mit neuen und
qualifizierten Antworten besser lösen könne als die SPD und die GAL mit ihren
Rezepten zu mehr Verwaltung, mehr Bürokratie und mehr Gängelung des Bürgers".
Der Umweltbericht war geeignet, die erstgenannten Aussagen zu bestätigen und
seine Leser von der Richtigkeit der von der CDU vertretenen Politik zu überzeugen.
Denn er kam nach seinem Vorwort des Oberstadtdirektors und nach seinen
einleitenden Feststellungen zu dem zusammenfassenden Ergebnis, "daß das
jahrelange Bemühen von Rat und Verwaltung, bei ihren Entscheidungen und
Maßnahmen den Belangen des Umweltschutzes Rechnung zu tragen, in xxx zu einer
positiven Umweltbilanz geführt hat". Mit dieser Aussage in einem besonders
sensiblen Bereich der kommunal politischen Auseinandersetzungen konnte der
Umweltbericht - ungeachtet der Neutralität seines Inhaltes und seiner Aufmachung -
die Bedeutung einer Wahlkampfhilfe zugunsten der Mehrheitspartei erlangen. Das
hätte der Beklagten Anlaß sein müssen zu der Prüfung, ob seine Herausgabe wenige
Wochen vor der Wahl wirklich unerläßlich war.</p>
<span class="absatzRechts">135</span><p class="absatzLinks">Vgl. in diesem Zusammenhang und zu diesem Maßstab auch VGH Baden-
Württemberg, Urteil vom 2. Dezember 1985, a.a.O., 111.</p>
<span class="absatzRechts">136</span><p class="absatzLinks">Da dies, wie oben dargelegt, nicht der Fall war, hätte die Beklagte eine
Herausgabe bis zur Beendigung der Wahl zurückstellen müssen.</p>
<span class="absatzRechts">137</span><p class="absatzLinks">Vgl. auch das von Zurnieden, a.a.O., 723, erwähnte Beispiel der Stadt Bonn, die
in einem ähnlichen Fall dementsprechend verfahren ist.</p>
<span class="absatzRechts">138</span><p class="absatzLinks">Mit dem Zurückhaltungsgebot war außerdem nicht vereinbar, daß die Beklagte
den Umweltbericht den Mitgliedern des Rates und der Bezirksvertretungen sowie
den Ratsfraktionen überlassen hat, ohne Vorkehrungen gegen eine Verwendung des
Berichtes zu Wahlkampfzwecken zu treffen. Wie oben näher dargelegt, war die
Beklagte verpflichtet, sich jeder vermeidbaren auch indirekten Einflußnahme auf den
Wahlkampf zu enthalten. Die Überlassung des Berichtes an den genannten
Personenkreis konnte solche mittelbaren Auswirkungen haben, weil davon
ausgegangen werden kann, daß dieser Personenkreis überwiegend oder doch zu
einem nicht unerheblichen Teil aktiv am Wahlkampf beteiligt war, der Bericht ein
zentrales Thema des Wahlkampfes betraf und - wie bereits ausgeführt - mit seinen
Aussagen die Position der Mehrheitspartei unterstützen konnte. Diese Einschätzung
wird bestätigt z.B. durch die Zitierung des Berichtes in Wahlkampfveranstaltungen
der Mehrheitspartei und durch die wörtliche Wiedergabe der einleitenden
Feststellungen des Berichtes in einem Wahlkampfpapier des Kreisverbandes der
Jungen Union. Daß der Bericht nach den Angaben der Beklagten in erster Linie zu
dienstlichen Zwecken bestimmt war, konnte ihre Handlungsweise nicht
rechtfertigen. Denn ihr wäre es möglich gewesen, für einen auf den dienstlichen
Bereich beschränkten Gebrauch des Berichtes Vorsorge zu treffen. Eine insoweit z.B.
denkbare Verpflichtung des Empfängerkreises, eine außerdienstliche Verwendung
des Berichtes bis zur Wahl zu unterlassen, wäre zugleich ein geeignetes Mittel
gewesen, die in dem Bericht enthaltenen aktuellen Informationen den damit
dienstlich befaßten Personen sogleich nach Fertigstellung zur Verfügung zu
stellen.</p>
<span class="absatzRechts">139</span><p class="absatzLinks">Auch die Veranstaltung des im Antrag zu 2. bezeichneten "Informationstages
1984" hätte unterbleiben müssen. Zwar liegen insoweit ebenfalls keine
Anhaltspunkte dafür vor, daß die Veranstaltung nach Inhalt oder Form der
Wahlwerbung für bestimmte Wahlbewerber dienen sollte; gleichwohl war sie
geeignet, solche Auswirkungen nach sich ziehen. Ihre die Grenzen zulässiger
Öffentlichkeitsarbeit überschreitende Bedeutung erlangte sie dadurch, daß ein
akuter Anlaß für die Veranstaltung etwa 5 Wochen vor der Wahl nicht gegeben
war.</p>
<span class="absatzRechts">140</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte und ihr folgend das Verwaltungsgericht haben für ihre gegenteilige
Betrachtung hauptsächlich angeführt, der "Informationstag 1984" habe die Tradition
früherer Veranstaltungen fortgesetzt, die als "Tage der offenen Tür" in den
Vorjahren stattgefunden hätten, und sei zudem veranlaßt gewesen durch die
Einbindung in die vom Minister für Wirtschaft und Verkehr mitveranstalteten
Verkehrssicherheitstage in der Zeit vom 23. bis 25. August 1984. Weder das eine
noch das andere läßt einen - gemessen am Gebot äußerster Zurückhaltung -
hinreichenden sachlichen Anlaß für die Veranstaltung gerade in der unmittelbaren
Vorwahlzeit erkennen. Nach den unwidersprochenen Angaben der Kläger haben
"Tage der offenen Tür" in den Vorjahren jeweils schon vor den Sommerferien
stattgefunden; die von der Beklagten hierzu vorgelegte Liste weist aus, daß
daneben weitere Veranstaltungen mit ähnlicher Zielsetzung durchgeführt worden
sind. Bestimmte zeitliche Vorgaben, etwa in Gestalt eines traditionell feststehenden
Zeitpunktes für einen "Tag der offenen Tür", gab es für den "Informationstag 1984"
daher nicht. Der Hinweis der Beklagten auf den Termin der Sommerferien 1984
besagt nichts Gegenteiliges, well nicht ernstlich angenommen werden kann, daß
eine Durchführung vor den Ferien (oder nach der Wahl) aus tatsächlichen Gründen
ausgeschlossen oder wegen zu geringen Zuspruches der Bevölkerung keinen Sinn
gehabt hätte. Die Veranstaltung der Verkehrssicherheitstage mag einen äußeren
Anlaß für eine organisatorische Verbindung mit dem Informationstag abgegeben
haben. Sachlich geboten oder gar zwingend war eine solche Verbindung aber schon
deshalb nicht, weil die Gegenstände der Veranstaltungen wenig oder nichts
gemeinsam hatten und eine Verbindung etwaigen Interessenten für beide
Themenbereiche sogar hinderlich sein konnte; zum Fehlen hinreichender zeitlicher
Vorgaben für eine Terminierung gerade in der unmittelbaren Vorwahlzeit tritt hinzu,
daß der Informationstag von einer durch frühere Veranstaltungen etwa begründeten
Tradition auch der Art nach abwich. Nach der eigenen Einschätzung der Beklagten
wurden insbesondere mit den kostenlosen Besichtigungsfahrten zu verschiedenen
Mülldeponien und den begleitenden fachkundigen Führungen "neue Wege" der
Bürgerinformation beschritten, die nach der Eröffnungsansprache des
Bürgermeisters die Bedeutung eines "Experimentes" besaßen und ein Programm
bieten sollten, "das beim Bürger in der Form des Informationstages noch nicht
eingeführt" war.</p>
<span class="absatzRechts">141</span><p class="absatzLinks">Die Eignung des Informationstages, die Wettbewerbschancen bei der Wahl
zugunsten der Mehrheitspartei zu beeinflussen, folgt aus dessen Thematik. Ein
wesentlicher Schwerpunkt der Bürgerinformation, der aus den von der Beklagten
verteilten Einladungsschreiben hervorgeht und sich in der Presseberichterstattung
widerspiegelte, war der "Schutz der Umwelt"; die weiteren Themen "Freizeit im
Grünen" und "Stadtplanung" wiesen Überschneidungen mit diesem Themenbereich
auf oder standen ihm zumindest nahe. Im Blick darauf, daß die damit
angesprochenen Fragen auch einen wichtigen Bereich der im Wahlkampf geführten
Auseinandersetzungen berührten, war der Informationstag geeignet, die von der
Mehrheitspartei vertretene Position zu stützen und deren Aussage zu verifizieren,
daß der Schutz der Umwelt schon seit langem ein Anliegen ihrer Politik gewesen sei
und deshalb in diesem Bereich eine positive Bilanz ihrer bisherigen Arbeit gezogen
werden könne.</p>
<span class="absatzRechts">142</span><p class="absatzLinks">Die danach vorliegenden Grenzüberschreitungen haben indes zu keiner
Rechtsverletzung zu Lasten der Kläger geführt. Das Bundesverfassungsgericht hat in
seinem Urteil vom 2. März 1977, a.a.O., 156, In der Gestaltung der
Öffentlichkeitsarbeit eines Hoheitsträgers eine Rechtsverletzung dann gesehen,
wenn "eine ins Gewicht fallende Häufung und Massivität offenkundiger
Grenzüberschreitungen" festzustellen ist.</p>
<span class="absatzRechts">143</span><p class="absatzLinks">Ebenso VerfGH Saarland, Urteil vom 26. März 1980, a.a.O., 2182 f.; StGH
Baden-Württemberg, Urteil vom 27. Februar 1981, a.a.O., 86; StGH Bremen,
Entscheidung vom 30. November 1983, a.a.O., 224.</p>
<span class="absatzRechts">144</span><p class="absatzLinks">Mit diesen Einschränkungen, die sich aus dem dort zu beurteilenden, mit dem
hier vorliegenden Tatbestand nicht vergleichbaren Fall einer Flut
regierungsamtlicher Anzeigenserien und sonstiger Publikationen erklären, ist zwar
kein allgemein feststehender, für jede Fallgestaltung gültiger Maßstab beschrieben.
Nicht ausgeschlossen wird dadurch z.B., daß auch einmalige Grenzüberschreitungen
von besonderem Gewicht das Recht auf Chancengleichheit bei der Wahlteilnahme
verletzen können.</p>
<span class="absatzRechts">145</span><p class="absatzLinks">Vgl. StGH Bremen, Entscheidung vom 30. November 1983, a.a.O., 224; vgl.
ferner VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 7. November 1983, a.a.O., 172, und
vom 2. Dezember 1985, a.a.O., 111.</p>
<span class="absatzRechts">146</span><p class="absatzLinks">Die grundsätzliche Berechtigung einer einschränkenden Betrachtung bei der
Frage der Rechtsverletzung wird dadurch aber nicht berührt. Sie ist veranlaßt durch
die Notwendigkeit einer Grenzziehung, die Abgrenzungsschwierigkeiten im Einzelfall
nach Möglichkeit vermeidet</p>
<span class="absatzRechts">147</span><p class="absatzLinks">- vgl. BVerfG, Urteil vom 2. März 1977, a.a.O., 155/156 -</p>
<span class="absatzRechts">148</span><p class="absatzLinks">und Rücksicht nimmt auf die Sachbedingungen praktischen
Verwaltungshandelns.</p>
<span class="absatzRechts">149</span><p class="absatzLinks">Eine Anerkennung weiterreichender Ansprüche hätte zur Folge, daß nahezu jede
Maßnahme amtlicher Öffentlichkeitsarbeit in der Vorwahlzeit, sei sie auch noch so
unbedeutend, zur gerichtlichen Kontrolle gestellt werden könnte. Dies würde die
Versuchung nahelegen, den Wahlkampf in den Gerichtssaal zu tragen und vorläufige
Rechtsschutzverfahren allein mit dem Ziel einzuleiten, einen günstigen gerichtlichen
Ausspruch als Werbemittel im Wahlkampf auszunutzen. Dies wiederum könnte zur
Folge haben, daß die gemeindliche Öffentlichkeitsarbeit in der Vorwahlzeit wegen
der damit verbundenen Risiken praktisch erliegen würde. Weder das eine noch das
andere wäre zu rechtfertigen.</p>
<span class="absatzRechts">150</span><p class="absatzLinks">Die danach gebotenen Einschränkungen bei der Frage der Rechtsverletzung
sind um so mehr gerechtfertigt, als ein hoheitliches Einwirken auf die Wahlwerbung,
dessen Intensität den vom Bundesverfassungsgericht bezeichneten Grad nicht
erreicht, in der Regel allenfalls unwesentlichen Einfluß auf das Wahlergebnis haben
kann. Auch solche Grenzüberschreitungen sind zwar wegen der darin liegenden
Verletzung objektiven Rechtes rechtswidrig. Sie begründen aber keine subjektiven
Abwehrrechte der Wahlbewerber, die aus dem Gebot der Chancengleichheit im
Wahlwettbewerb herzuleiten wären.</p>
<span class="absatzRechts">151</span><p class="absatzLinks">Die Feststellung einer Rechtsverletzung zum Nachteil eines Wahlbewerbers und
die Zuerkennung eines subjektiven Abwehrrechtes müssen deshalb davon abhängig
gemacht werden, daß amtliche Öffentlichkeitsarbeit die Grenzen zur unzulässigen
Wahlwerbung in einem ins Gewicht fallenden, spürbare Auswirkungen auf das
Wahlergebnis nahelegenden Umfang überschritten hat bzw. zu überschreiten
droht.</p>
<span class="absatzRechts">152</span><p class="absatzLinks">Gemessen daran haben die hier aufgezeigten Grenzüberschreitungen weder für
sich betrachtet noch in ihrer Zusammenschau die Rechte der Kläger verletzt.</p>
<span class="absatzRechts">153</span><p class="absatzLinks">Der vom Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung, die Herausgabe des
Umweltberichtes sei eine deutliche Grenzüberschreitung von ebenso deutlichem
Gewicht gewesen, vermag der Senat nicht zu folgen.</p>
<span class="absatzRechts">154</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat den Umweltbericht der Öffentlichkeit in der Weise zugänglich
gemacht, daß sie den Bericht für daran interessierte Bürger in ihrer
Bürgerberatungsstelle lediglich bereitgehalten hat. Die Verbreitung des Berichtes
wurde zusätzlich dadurch eingeschränkt, daß der Bürgerberatungsstelle nur etwa
230 Exemplare zur Verfügung standen, für deren Abgabe außerdem eine
Schutzgebühr von 3,-- DM erhoben wurde. Die unmittelbare Öffentlichkeitswirkung,
die mit dem Bericht erzielt wurde, war dementsprechend denkbar gering: verkauft
wurden bis zum Wahltag nur ca. 100 Exemplare.</p>
<span class="absatzRechts">155</span><p class="absatzLinks">Vgl. zu diesem Gesichtspunkt auch StGH Bremen, Entscheidung vom 30.
November 1983, a.a.O., 224.</p>
<span class="absatzRechts">156</span><p class="absatzLinks">Nichts anderes gilt für die mittelbare Öffentlichkeitswirkung, die der Bericht
durch seine Verwendung im Wahlkampf entfaltet haben kann. Wenn die Kläger
lediglich drei Einzelfälle angeführt haben, in denen der Bericht von Mitgliedern oder
Anhängern der Mehrheitsfraktion als Wahlkampfmittel eingesetzt worden ist, so
verdeutlicht dies, daß die Eignung des Berichtes als Wahlkampfhilfe nicht
überschätzt werden darf. Seinen hauptsächlichen Grund dürfte das darin haben, daß
der Bericht - wie oben dargelegt - weder in seinem Inhalt noch in seiner Form als
parteiergreifendes Werbemittel konzipiert war. Das schränkte einerseits seine
Verwendbarkeit im mehr auf vereinfachende und zugleich einprägsame Aussagen
angelegten Wahlkampf für die Mehrheitspartei ein. So haben die von den Klägern
mit umfangreichen Ausführungen angegriffenen Einzelfeststellungen des Berichtes
im Wahlkampf offensichtlich keine Rolle gespielt, und allein die zusammenfassende
Einleitung ist von der Mehrheitspartei gelegentlich für die Richtigkeit ihrer Position
zitiert worden. Auf der anderen Seite hatten auch die Wahlbewerber der übrigen
Parteien die Möglichkeit, sich etwa mit der Begründung auf den Bericht zu berufen,
daß ihre Vertreter an den dort aufgeführten positiven Leistungen - gegebenenfalls
maßgeblich - beteiligt gewesen seien oder auf die in dem Bericht enthaltenen
negativen Feststellungen schon früher hingewiesen und - angesichts der bisherigen
Mehrheitsverhältnisse erfolglos - Abhilfe verlangt hätten.</p>
<span class="absatzRechts">157</span><p class="absatzLinks">Ähnlich zu bewerten ist auch die Bedeutung des Informationstages für die
Wettbewerbsverhältnisse im Wahlkampf. Angesichts seiner neutralen Gestaltung
konnte der Informationstag das Meinungsbild der Wahlbürger zugunsten der
Mehrheitspartei - wie oben dargelegt - allein wegen seiner Thematik beeinflussen.
Dieser Einfluß war so beschaffen, daß er mehr der Sympathiewerbung dienen als die
Sachaussagen der Mehrheitspartei unterstützen konnte, und erreichte zudem
angesichts der Besucherzahlen von nicht mehr als 300 bzw. 400 Personen
(Westfälische Nachrichten vom 27. August 1984) nur einen verhältnismäßig kleinen
Teil der Wahlberechtigten. Von einer ins Gewicht fallenden Einflußnahme auf den
Wahlkampf kann daher auch insoweit nicht ausgegangen werden.</p>
<span class="absatzRechts">158</span><p class="absatzLinks">Hieraus folgt, daß die Handlungen bzw. Unterlassungen der Beklagten im
Zusammenhang mit der Herausgabe des Umweltberichtes ebenso wie die
Veranstaltung des Informationstages jeweils für sich betrachtet von untergeordneter
Bedeutung waren.</p>
<span class="absatzRechts">159</span><p class="absatzLinks">Auch in ihrem Zusammenwirken haben die Grenzüberschreitungen der
Beklagten nicht den Grad erreicht, jenseits dessen von einem massiven Eingriff in
den Wahlkampf gesprochen werden kann. Bei einer sämtliche Umstände in den Blick
nehmenden Gesamtbetrachtung haben die streitigen Maßnahmen wegen ihres
wahlnahen Zeitpunktes, ihrer oben dargelegten Relevanz für die Gegenstände der
parteipolitischen Auseinandersetzung und ihrer zeitlichen Konzentration in der 2.
Augusthälfte 1984 dazu geführt, daß die Leistungen der städtischen Umweltpolitik
nachdrücklich in das Bewußtsein eines Teiles der Wahlbürger gerückt worden sind.
Angesichts dieses in der Lokalpresse als "grüne Verwaltungsoffensive" qualifizierten
Vorganges (xxx-Zeitung vom 18. August 1984) lassen sich Einflüsse auf die
Meinungsbildung der Wähler zwar nicht ausschließen. Nach Zahl, Art und Umfang
fielen die der Beklagten anzulastenden Handlungen gleichwohl nicht ins Gewicht.
Bei insgesamt allenfalls drei Grenzüberschreitungen, von denen zudem zwei mit
dem Umweltbericht denselben Gegenstand betrafen, kann insbesondere von einer
Häufung keine Rede sein. Auch sind die der gemeindlichen Öffentlichkeitsarbeit
gezogenen Grenzen von der Beklagten in keinem Falle in eindeutiger oder massiver
Weise, sondern angesichts der nach Form und Inhalt stets gewahrten Neutralität nur
geringfügig überschritten worden. In allen Fällen war schließlich - wie oben
ausgeführt - die Öffentlichkeitswirkung von sehr begrenztem Umfang. Hiernach
waren die mit den Anträgen zu 1. und 2. angegriffenen Maßnahmen ungeeignet,
mehr als unwesentliche Auswirkungen auf das Wahlergebnis nach sich zu
ziehen.</p>
<span class="absatzRechts">160</span><p class="absatzLinks">b) Die im Antrag zu 3. bezeichneten Maßnahmen der Beklagten waren
rechtmäßig. Eine Rechtsverletzung zum Nachteil der Kläger kann demgemäß schon
deshalb nicht festgestellt werden.</p>
<span class="absatzRechts">161</span><p class="absatzLinks">Mit Recht hat das Verwaltungsgericht darauf abgehoben, daß nach den
eingangs dargelegten Grundsätzen im Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 2.
März 1977, a.a.O., 154/155, amtliche Öffentlichkeitsarbeit auch im nahen Vorfeld
einer Wahl dann unbedenklich ist, wenn sie sich nicht unmittelbar an den
Wahlbürger wendet, sondern sich - wie im vorliegenden Fall - in der Gestalt von
schriftlichen Presseerklärungen oder mündlichen Äußerungen gegenüber der Presse
vollzieht. Die vom Bundesverfassungsgericht aufgezeigten Grenzen amtlicher
Öffentlichkeitsarbeit sind das Ergebnis einer Abwägung, die die damit verfolgten, im
Allgemeininteresse liegenden und von der Rechtsordnung gebilligten Zwecke in
Beziehung setzt zu der von ihr vor allem in der Vorwahlzeit ausgehenden Gefahr,
daß die Wettbewerbschancen der miteinander konkurrierenden Wahlbewerber
zugunsten oder zu Lasten einer Seite verändert werden. Diese Abwägung ist wegen
des Rechtes und der Pflicht auch der Kommunen zur Durchführung von
Öffentlichkeitsarbeit in gleicher Weise für die Rechtsverhältnisse der Gemeinden
nötig und führt - wie oben dargelegt - zu denselben Maßstäben wie auf Bundes-
oder Landesebene.</p>
<span class="absatzRechts">162</span><p class="absatzLinks">Wenn hiernach gemeindliche Öffentlichkeitsarbeit in der mittelbaren Form von
Presseerklärungen auch im nahen Vorfeld der Wahl grundsätzlich uneingeschränkt
stattfinden darf, so steht die damit verbundene Selbstdarstellung der Gemeinde
allerdings nicht frei im politischen Raum; vielmehr kann sie - ebenso wie
unmittelbare Öffentlichkeitsarbeit außerhalb der Vorwahlzeit - die
Wettbewerbschancen der miteinander konkurrierenden politischen Kräfte durchaus
beeinflussen. Solche Auswirkungen sind aber begrenzt und müssen deshalb im
Rahmen der dargestellten Abwägung grundsätzlich hingenommen werden.</p>
<span class="absatzRechts">163</span><p class="absatzLinks">Vgl. in diesem Zusammenhang auch BVerfG, Urteil vom 2. März 1977, a.a.O.,
151/152; Häberle, a.a.O., 367.</p>
<span class="absatzRechts">164</span><p class="absatzLinks">Seinen wesentlichen Grund hat dies darin, daß Erklärungen gegenüber der
Presse nicht unmittelbar auf die Meinungsbildung des Bürgers Einfluß nehmen,
sondern Öffentlichkeitswirkung erst in der Gestalt entfalten können, die sie nach
ihrer Umsetzung durch die Presse erhalten. Der Senat stimmt dem
Verwaltungsgericht darin zu, daß dadurch die Gefahr einer werbenden Einflußnahme
wesentlich gemildert wird und deshalb vernachlässigt werden kann.</p>
<span class="absatzRechts">165</span><p class="absatzLinks">Ebenso Ladeur, DVBl. 1984, 224/225.</p>
<span class="absatzRechts">166</span><p class="absatzLinks">Die Mittlerfunktion, die den Presseorganen in diesem Falle zukommt, hat zur
Folge, daß die amtlichen Verlautbarungen des Hoheitsträgers sich zunächst der
kritischen Betrachtung einer unabhängigen dritten Stelle aussetzen müssen, bevor
sie an die Öffentlichkeit gelangen. Das hat im Regelfall Einfluß nicht nur auf den
endgültigen Inhalt und die endgültige Form, in der sich eine amtliche Verlautbarung
letztlich dem Bürger darbietet, sondern kann schon im Vorfeld dessen auf die für den
Hoheitsträger handelnden Amtswalter disziplinierend wirken. Denn eine übermäßige
Zahl von Presseerklärungen oder der tendenziöse Inhalt solcher Informationen
können einer sich um objektive Berichterstattung bemühenden Presse Anlaß zu
kritischen Meldungen geben, die in der Öffentlichkeit das Gegenteil dessen
bewirken, was mit solchen Erklärungen beabsichtigt war.</p>
<span class="absatzRechts">167</span><p class="absatzLinks">Vgl. dazu auch das von Kempen, a.a.O., 82/83, erwähnte Beispiel kritischer
Pressemeldungen über den Umfang regierungsamtlicher Informationspolitik.</p>
<span class="absatzRechts">168</span><p class="absatzLinks">Hieraus folgt, daß jedenfalls bei typisierender Betrachtung von einer
Öffentlichkeitsarbeit in Gestalt von Presseerklärungen und Pressegesprächen
nennenswerte Gefahren für die Chancengleichheit im Wahlwettbewerb nicht
ausgehen.</p>
<span class="absatzRechts">169</span><p class="absatzLinks">Vgl. insoweit auch den Bericht von Zurnieden, a.a.O., 722, über die in der Praxis
der Presse- und Informationsämter aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes
vom 2. März 1977 gezogenen Konsequenzen.</p>
<span class="absatzRechts">170</span><p class="absatzLinks">Die demgegenüber von den Klägern erhobenen Einwände rechtfertigen keine
andere Beurteilung. Die Kläger meinen, da der einer Kommunalwahl vorausgehende
Wahlkampf nicht im Fernsehen oder im Rundfunk, sondern hauptsächlich im
Lokalteil der örtlichen Tageszeitungen ausgetragen werde, hätten die
Presseerklärungen einer Gemeinde gegenüber denjenigen einer Bundes- oder
Landesregierung gesteigerten Einfluß auf die Wettbewerbsbedingungen in der
Vorwahlzeit. Das gelte besonders im Gebiet der Beklagten, weil die - auch in
anderen Gemeinden nicht selten anzutreffende - Praxis der örtlichen Presseorgane
dahingehe, solche Erklärungen unverändert und ohne Kenntlichmachung ihres
Urhebers als redaktionelle Meldungen abzudrucken. Daraus läßt sich - den Vortrag
der Kläger als richtig unterstellt - für ihr Begehren nichts herleiten. Eine gegenteilige
Betrachtung liefe darauf hinaus, daß die der Öffentlichkeitsarbeit einer Gemeinde
verbleibenden Spielräume abhängig wären von den Gepflogenheiten der jeweiligen
örtlichen Presseorgane und mit deren Kritikvermögen und Kritikbereitschaft zu- bzw.
abnähmen. Es liegt auf der Hand, daß dies mit der in anderem Zusammenhang
bereits hervorgehobenen Notwendigkeit einer Grenzziehung, die Unklarheiten im
Einzelfall nach Möglichkeit vermeldet, nicht zu vereinbaren wäre. Es tritt hinzu, daß
das Verhalten der örtlichen Presseorgane von einer Vielzahl gesellschaftlicher,
ökonomischer und politischer Faktoren abhängig ist, die ihrerseits Ausfluß der die
jeweilige örtlichen Situation prägenden Verhältnisse sind. Solche z.B. in der
Bevölkerungsstruktur einer Gemeinde oder in einer etwaigen politischen
Grundhaltung ihrer Einwohnerschaft liegende Sachbedingungen müssen die im
Wahlkampf miteinander konkurrierenden Kräfte als notwendige Vorgegebenheiten
politischen Handelns hinnehmen. Ein Anspruch darauf, daß die Gemeinden als
Träger öffentlicher Gewalt auf derartige Sachbedingungen - sei es auch nur durch
die Gestaltung Ihrer Informationstätigkeit gegenüber der Ortspresse - mit dem Ziel
eines Ausgleiches einwirken, kann ihnen daher nicht zuerkannt werden.</p>
<span class="absatzRechts">171</span><p class="absatzLinks">2. Auch der Antrag zu 4. Ist unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">172</span><p class="absatzLinks">Wird zugunsten der Kläger unterstellt, daß die Eröffnung der Ausstellung vom
20. September 1984 in die Zuständigkeit des Klägers zu 1. als des damaligen
zweiten Stellvertreters des Oberbürgermeisters fiel, so könnte die Übertragung
dieser Aufgabe auf den Vorsitzenden des Kulturausschusses mangels Zustimmung
des Klägers zu 1. dessen organschaftliche Kompetenzen verletzt haben.</p>
<span class="absatzRechts">173</span><p class="absatzLinks">Vgl. hierzu etwa von Loebell/Salmon, Gemeindeordnung für das Land
Nordrhein-Westfalen, 4. Aufl. Stand 1988, § 32 Erl. 6.</p>
<span class="absatzRechts">174</span><p class="absatzLinks">Dem hätte der Kläger zu 1. - ein hinreichendes Feststellungsinteresse
vorausgesetzt - mit einer Organklage begegnen können, die gegen den
Oberbürgermeister als das nach der gemeindeverfassungsrechtlichen
Kompetenzordnung allein in Betracht kommende Pflichtsubjekt zu richten gewesen
wäre.</p>
<span class="absatzRechts">175</span><p class="absatzLinks">Vgl. dazu Urteil des Senats vom 10. September 1982 - 15 A 1223/80 -, NVwZ
1983, 485.</p>
<span class="absatzRechts">176</span><p class="absatzLinks">Daraus läßt sich für das mit dem Antrag zu 4. verfolgte Begehren indes nichts
herleiten. Denn Gegenstand dieses Antrages ist die von den Klägern behauptete
Verletzung des Rechtes auf chancengleiche Wahlteilnahme, das im Außenrechtskreis
angesiedelt ist</p>
<span class="absatzRechts">177</span><p class="absatzLinks">- vgl. BVerfG, Beschluß vom 14. Oktober 1987 - 2 BvR 64/87 -</p>
<span class="absatzRechts">178</span><p class="absatzLinks">und durch Kompetenzverletzungen im Innenrechtsbereich grundsätzlich nicht
berührt werden kann. Der demgegenüber von den Klägern erhobene Einwand, nach
den eingangs dargelegten Grundsätzen des Bundesverfassungsgerichtes führe eine
Kompetenzüberschreitung immer und in jedem Falle zu einer Verletzung der
Chancengleichheit, beruht auf einer Fehlinterpretation dieser Grundsätze. Daß jeder
Hoheitsträger sich in seiner Öffentlichkeitsarbeit auf die Angelegenheiten des
eigenen Zuständigkeitsbereiches zu beschränken hat, besagt für eine Gemeinde
lediglich, daß sie auch insoweit die Grenzen ihrer Befassungskompetenz nicht
überschreiten darf. Eine Aussage in bezug auf das Verhalten einzelner Organe der
Gemeinde kann darin nicht gesehen werden.</p>
<span class="absatzRechts">179</span><p class="absatzLinks">Der Antrag zu 4. könnte danach allenfalls dann Erfolg haben, wenn in der
Eröffnung der Ausstellung durch den damaligen Vorsitzenden des Kulturausschusses
über einen etwaigen Innenrechtsverstoß hinaus eine unmittelbare Verletzung des
Rechtes auf Chancengleichheit bei der Wahlteilnahme läge. Das aber läßt sich schon
deshalb nicht feststellen, weil es an den tatsächlichen Voraussetzungen dafür
fehlt.</p>
<span class="absatzRechts">180</span><p class="absatzLinks">Keiner Erörterung bedarf insoweit, ob eine Verletzung der Chancengleichheit
auch bei hoheitlichen Maßnahmen der vorliegenden Art, die sich außerhalb des
Bereiches amtlicher Öffentlichkeitsarbeit bewegen und den eingangs genannten
Fällen sonstiger Einflußnahmen auf den Wahlkampf zuzurechnen sind, mit dem
Verwaltungsgericht nur dann bejaht werden kann, wenn ein offenkundiger und
zugleich massiver Rechtsverstoß festzustellen ist. Ungeachtet dessen berührt ein
hoheitliches Einwirken auf den Wahlkampf generell, also unabhängig von der Form
der Einflußnahme, die subjektiven Rechte der Wahlbewerber jedenfalls dann nicht,
wenn Auswirkungen auf das Wahlergebnis auszuschließen sind. Unter dieser
Voraussetzung liegt weder ein Wahlanfechtungsgrund vor, der im
Wahlprüfungsverfahren zur Ungültigkeit der Wahl führen könnte (vgl. § 40 Abs. 1b
KWahlG), noch läßt sich aus dem Recht auf Chancengleichheit bei der
Wahlteilnahme ein Anspruch darauf herleiten, daß solche Einwirkungen
unterbleiben.</p>
<span class="absatzRechts">181</span><p class="absatzLinks">Zu der insoweit doppelten Bedeutung des Erheblichkeitsgrundsatzes vgl.
BVerfG, Beschluß vom 14. Oktober 1987 - 2 BvR 64/87 -; ferner Beschluß vom 3.
Juni 1975, a.a.O., 38 f., 40 f.; Seifert, Bundeswahlrecht, 3. Aufl. 1976,S. 407 ff., 411;
weltergehend aufgrund einer auch objektiv rechtliche Gesichtspunkte
einbeziehenden Betrachtung: Zuck, a.a.O., 147.</p>
<span class="absatzRechts">182</span><p class="absatzLinks">Die Annahme, die Eröffnung der Ausstellung in der kleinen Eingangshalle des
Stadtmuseums habe Folgen für das Wahlergebnis haben können, ist lebensfremd.
Aus der Sicht des Spitzenkandidaten der CDU verschaffte sie ihm lediglich eine von
vielen Möglichkelten, sich in seiner damaligen Funktion als Ausschußvorsitzender der
Öffentlichkeit zu präsentieren. Umgekehrt wurde dem Kläger zu 1. als dem
Spitzenkandidaten der SPD dadurch eine von vielen Möglichkeiten zu einem
öffentlichen Auftritt als stellvertretender Bürgermeister genommen. Dabei darf
davon ausgegangen werden, daß die bisherigen Funktionen beider Kandidaten
spätestens zur Zeit der Ausstellungseröffnung, also wenige Tage vor der Wahl,
jedenfalls aufgrund des vorausgegangenen Wahlkampfes ohnehin jedem
interessierten Wahlbürger wohlbekannt waren. Der Werbeeffekt eines zusätzlichen
öffentlichen Auftrittes in amtlicher Funktion kann - die Berichterstattung in der
örtlichen Presse eingeschlossen - unter diesen Umständen, soweit überhaupt
vorhanden, nur äußerst gering gewesen sein. Auswirkungen auf das Wahlergebnis
können danach ausgeschlossen werden.</p>
<span class="absatzRechts">183</span><p class="absatzLinks">III.</p>
<span class="absatzRechts">184</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und Abs. 2, § 159 Satz 1
VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch zu deren vorläufiger Vollstreckbarkeit folgt
aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711, § 713 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">185</span><p class="absatzLinks">Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (§ 132 Abs. 2, § 137
Abs. 1 VwGO).</p>
<span class="absatzRechts">186</span><p class="absatzLinks">
</p>
|
315,337 | lg-duisburg-1988-08-19-4-s-54287 | {
"id": 807,
"name": "Landgericht Duisburg",
"slug": "lg-duisburg",
"city": 408,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 4 S 542/87 | "1988-08-19T00:00:00" | "2019-03-13T14:53:02" | "2022-10-18T15:03:49" | Urteil | ECLI:DE:LGDU:1988:0819.4S542.87.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Klägers gegen das am 10. November 1987</p>
<p> verkündete Urteil des Amtsgerichts Mülheim an der Ruhr </p>
<p> - 11 C 360/87 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat dem Kläger zu Recht ein höheres Schmerzensgeld als </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">800,-- DM mit der Begründung versagt, daß die Verletzungen/Beschwerden des Klägers relativ geringfügig und schon nach gut drei Wochen - solange war er arbeitsunfähig - folgenlos ausgeheilt waren. Die Kammer hält die Ausführungen des Vorderrichters in dem angefochtenen Urteil für zutreffend. Auf sie kann deshalb zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen gemäß § 543 Abs. 1 ZPO Bezug genommen werden.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Berufungsbegründung rechtfertigt keine andere Beruteilung des Sachverhalts.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Selbst wenn der Kläger auch noch über Weihnachten 1986 und Neujahr 1987 infolge der attestierten Verletzungen/Beschwerden "erheblich in seiner Lebensfreude beeinträchtigt war", so steht dem andererseits gegenüber, daß die Haftung der Beklagten (nur) auf ein fahrlässiges Fehlverhalten des Beklagten zu 1.) im Straßenverkehr und nicht etwa auf eine vorsätzliche unerlaubte Handlung zurückgeht. Bei Abwägung dieser und aller anderen - vom Amtsgericht bereits berücksichtigten - Umstände erscheint das vorprozessual gezahlte Schmerzensgeld (800,-- DM) in jedem Falle angemessen und ausreichend. Mehr kann der Kläger zum Ausgleich seines unfallbedingten immateriellen Schadens nicht verlangen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Nach alledem unterlag die Berufung der Zurückweisung.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Streitwert für das Berufungsverfahren: 1.200,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">zugleich für den RaLG ,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">der sich in Urlaub befindet.</p>
|
315,338 | ag-dusseldorf-1988-08-18-20-c-23386 | {
"id": 653,
"name": "Amtsgericht Düsseldorf",
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"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 20 C 233/86 | "1988-08-18T00:00:00" | "2019-03-13T14:53:03" | "2022-10-18T15:03:49" | Urteil | ECLI:DE:AGD:1988:0818.20C233.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>hat das Amtsgericht Düsseldorf</p>
<p>auf die mündliche Verhandlung vom 14. Juli 1988</p>
<p>durch den Richter am Amtsgericht X</p>
<p></p>
<p>für R e c h t erkannt:</p>
<p></p>
<p> Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.006,- DM nebst</p>
<p> 4 % Zinsen seit dem 03.04.1986 abzüglich am 14.05.1986</p>
<p> gezahlter 1.506,- DM zu zahlen.</p>
<p></p>
<p> Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p></p>
<p> Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 15/100, der</p>
<p> Beklagte zu 85/100, jedoch mit Ausnahme der Kosten, die</p>
<p> durch die Einholung der Sachverständigengutachten entstanden</p>
<p> sind. Diese Kosten trägt der Kläger allein.</p>
<p></p>
<p> Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p> Streitwert: 2.006,- DM, ab 23.06.1986 500,- DM.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px"><u> T a t b e s t a n d :</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Der Beklagte und seine Ehefrau sind aufgrund schriftlichen Mietvertrages vom 18.04.1985 Wohnungsmieter des Klägers im Hause X. die Mieträume liegen im Erdgeschoß und ersten Obergeschoß. Mit vermietet wurde eine Doppelgarage und der Hausgarten, der mit den Räumen im Erdgeschoß über eine Gartentreppe verbunden ist. </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Die Miete beträgt für den Wohnraum 1.500,- DM, die Garage 100,- DM zuzüglich 406,- DM für Nebenkosten. Diese Beträge und 5,- DM für vorgerichtliche Kosten hat der Kläger für den Monat April 1986 im Mahnverfahren geltend gemacht. Der Beklagte hat nach Zustellung des Mahnbescheides und Einlegung seines Widerspruches dagegen 1.506,- DM auf die Forderung gezahlt. </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Im übrigen mindert der Beklagte die Miete.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Mit Schreiben vom 25.04.1986 (Blatt 16, 17 d.A.) berief sich der Beklagte dem Vertreter des Klägers gegenüber auf Mängelrügen vom 01.06.1985, die bisher nicht erledigt seien und machte weitere Mängel geltend. Insgesamt rügte der Beklagte folgendes:</p>
<span class="absatzRechts">6</span><ol class="absatzLinks"><li>Terrasse/Treppe undicht – Treppe glitschig</li>
<li>Treppengeländer abgerostet</li>
<li>Abfallender Putz auf die Terrasse</li>
<li>Risse im Mauerwerk auf beiden Terrassen</li>
<li>Schallmängel, über die er ein Gutachten vorlegen werde</li>
<li>fehlender 2. Fluchtweg in der 2. Etage (Schlafzimmer und Kinderzimmer)</li></ol>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Im Rechtsstreit hat der Beklagte ein Schallgutachten des Sachverständigen X vom 09.06.86 vorgelegt, in dem der Gutachter zu dem Ergebnis kommt, dass Schallstörungen von dem Heizungskessel im Erdgeschoß, dem Bad im 3. Obergeschoß des Hauses X sowie durch Betätigung des Rolladens im Nachbarhaus ausgehen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Der Kläger bestreitet das Vorhandensein von Mängeln, insbesondere von Schallmängeln und behauptet, etwaige Schallmängel seien bereits bei Vertragsabschluss bekannt gewesen. Jedenfalls berechtigten die Mängel den Beklagten nicht zu einer Minderung von 500,- DM.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Der Kläger hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">den Beklagten zur Zahlung von 2.006,- DM nebst 4 % Zinsen </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">seit dem 03.04.1986 und 5,- DM für vorgerichtliche Kosten zu</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">verurteilen abzüglich am 14.05.1986 gezahlter 1.506,- DM.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Der Beklagte hat sich der Erledigungserklärung angeschlossen und beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">die Klage im übrigen abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Er beruft sich auf die vorstehend aufgeführten Mängel und rügt zusätzlich, dass die Verbindungswand zur Nachbarwohnung nicht die erforderliche Klassifizierung F 90 besitze und damit nicht die vorgeschriebene Brandschutzwand darstelle.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Der ehemalige Türdurchgang sei nicht ordnungsgemäß ausgeführt. Über dem Heizkessel und dem Abgasrohr befinde sich ein 2 – 4 mm starker Riss. Bei einer geringfügigen Verpuffung seien im Wohnzimmer Abgasgerüche festzustellen gewesen. Er stütze die Minderung daher auch auf diese Mängel. Im übrigen mache er wegen der Mängel ein Zurückbehaltungsrecht geltend.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Der Kläger hat auch diese Mängel bestritten und wehrt sich dagegen, dass sie berücksichtigt werden.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Aufgrund Beweisbeschluss vom 17.11.1986 (Blatt 36, 37 d.A.) ist Beweis erhoben worden durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen X vom 16.11.1987 (Blatt 54 bis 87 d.A.) und dessen Ergänzung vom 22.04.1988 (Blatt 108 bis 111 d.A.) Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Wegen des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf den Akteninhalt verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px"><u> E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :</u></p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Die Klage ist teilweise begründet.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Der Beklagte kann mit Recht folgende von dem Gutachter X festgestellte Mängel rügen:</p>
<span class="absatzRechts">23</span><ol class="absatzLinks"><li>Verfärbungen der Außentreppe von der Terrasse zum Garten durch Aussinterungen</li>
<li>Loser Antrittspfosten des Treppengeländers im Terrassenbelag</li>
<li>Putzschäden</li></ol>
<span class="absatzRechts">24</span><ol class="absatzLinks" type="a"><li>im Bereich der Sichtblende zum Nachbarhaus 50 x 10 cm</li>
<li>handtellergroßer Putzabfall auf der Hausaußenwand</li>
<li>weitere Schadstelle an der Außenwand im Bereich der Terrassentreppe, 2 Handteller groß</li>
<li>etwa 6 qm Außenputz der unterkellerten Terrasse schadhaft, jedoch weitgehend durch dichtes Strauchwerk verdeckt</li>
<li>auf der Stirnseite des Balkons über dem 1. Obergeschoß 15 x 20 cm</li></ol>
<span class="absatzRechts">25</span><ol class="absatzLinks" start="4"><li>gelöste Sockelplatten an der Schmalseite der Lisene</li>
<li>Risse</li></ol>
<span class="absatzRechts">26</span><ol class="absatzLinks" type="a"><li>Riss von 1,5 m Länge an der Außenwand, bis zu 0,3 mm klaffend</li>
<li>ähnlicher Riss in der Außenwand im Bereich des 1. Obergeschosses, jedoch stärker bis zu 0,8 mm klaffend</li>
<li>1. Obergeschoß gartenseitig zwischen den beiden Fenstern 2,3 m hoch, 0,6 mm klaffend</li>
<li>an der Stelle wie zu c) ein weiterer Riss von der rechten Fensterbrüstung bis zum Terrassenbelag, 1,2 mm klaffend</li></ol>
<span class="absatzRechts">27</span><ol class="absatzLinks" start="6"><li>Rolladengeräusch vom Nachbarhaus</li></ol>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Die Geräusche im übrigen können nicht gerügt werden, da dies auf Normen beruht, die erst nach der Errichtung des Hauses in den Jahren 1959/60 festgelegt worden sind. Normen aus der Zeit vor Errichtung des Hauses stammen aus dem Jahre 1944, sind aber nach dem Ergänzungsgutachten des Sachverständigen (Blatt 110 d.A.) für die vorliegenden Probleme nicht verwertbar. Wer eine Wohnung aus dem Baujahr 1959/60 anmietet, kann nicht verlangen, dass diese Normen entspricht, die nach dieser Zeit erst aufgestellt worden sind. Ferner kann der Beklagte nicht rügen, dass die Wohnung im 2. Obergeschoß keinen Fluchtweg besessen habe, da dieser Mangel bei Anmietung erkennbar war. </p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Angebliche Verstöße gegen die Bauordnung, die der Beklagte nachträglich gerügt hat – hier nicht ausreichend dimensionierte Trennwand – führen nur dann zu einer Mietminderung, wenn sie zugleich die Benutzbarkeit der Mietsache beeinträchtigen. Dazu ist jedoch in diesem Zusammenhang nichts vorgetragen. Ein einmaliger Abgasgeruch – mehr hat der Beklagte nicht gerügt – berechtigt nicht zur Minderung.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Es war vorgesehen, nach Feststellung der Mängel auch ein Gutachten über den Minderwert einzuholen. Nachdem sich jedoch herausgestellt hat, dass nur ein Teil der gerügten Mängel zu einer Mietminderung führen kann und diese Mängel nur geringfügig sind, ist davon Abstand genommen worden.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Das Gericht schätzt die berechtigte Mietminderung auf 5 % der 1.500,- DM monatlich ausmachenden Wohnungsmiete, mithin monatlich auf 75,- DM. Die Putzschäden sind nämlich geringfügig und befinden sich wie die Risse nur zum Teil im Bereich der eigentlichen Wohnung des Beklagten. Die größeren Putzschäden werden durch Sträucher verdeckt, so dass sie nicht auffallen. Inwiefern die Glitschigkeit der Gartentreppe dem Kläger anzulasten ist, ist nicht ersichtlich, da die Reinigung der Treppe dem Beklagten obliegt. Lediglich der unten nicht mehr verankerte Geländerpfosten ist von einiger Bedeutung. </p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Die Rolladengeräusche treten nur morgens und abends auf. Dass sie dann den Beklagten besonders stören, ist nicht dargelegt. Es ist nicht ersichtlich, dass diese Geräusche zu Zeiten auftreten, zu denen sie den Beklagten und seine Familie besonders stören könnten.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Der Beklagte kann daher die Miete für den Monat April 1986 um 75,- DM mindern.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Das von dem Beklagten geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht greift gemäß § 552 a BGB nicht durch, da der Beklagte erst mit Schriftsatz vom 25.04.1986 (Blatt 16, 17 d.A.) dieses Recht geltend gemacht hat. </p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Der Beklagte war daher zur Zahlung von 425,- DM und der geltend gemachten Zinsen ab 03.04.86 gemäß § 5 des Mietvertrages und § 288 BGB zu verurteilen.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Inwiefern der Beklagte 5,- DM für vorgerichtliche Ausgaben schuldet, ist nicht dargelegt.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Ziff. 11, 713 ZPO. Da die eingeholten Gutachten Bedeutung auch für den Parallelrechtsstreit 20 C 283/86 haben, wären diese Kosten entsprechend dem Obsiegen und Unterliegen in beiden Prozessen zu verteilen gewesen. Da der Kläger jedoch mit einem erheblichen Streitwert in dem Parallelverfahren unterliegt, waren ihm die Gutachterkosten in vollem Umfange aufzuerlegen.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Es erschien bei der Entscheidung über die Gutachterkosten angemessen, die Grundsätze über die Kosten eines Beweissicherungsverfahrens, das für mehrere Prozesse beitsam ist, entsprechend anzuwenden (zu den Beweissicherungskosten für mehrere Prozesse vergl. Baumbach 43. Aufl. Anmerkung 5, Sichtwort "Beweissicherung" zu § 91 ZPO).</p>
<br /><span class="absatzRechts">39</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="0">
<tr>
<td valign="top"><b>Geschäfts-Nr.:</b>
20 C 233/86
Bitte bei allen Schreiben angeben!
</td>
<td valign="top">
</td>
<td valign="top">
</td>
</tr>
</table><br />
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks"><b>Amtsgericht Düsseldorf</b></p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px"><b> BESCHLUSS</b></p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px"></p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Der Tenor des am 18. August 1988 verkündeten Urteils wird gemäß § 319 ZPO dahin berichtigt, dass</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">der Beklagte lediglich verurteilt wird, an den Kläger</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">1931,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 03.04.1986</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">abzüglich am 14.05.1986 gezahlter 1506,00 DM zu </p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">bezahlen.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px"><u>Gründe:</u></p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Es waren 75,00 DM Minderung abzuziehen.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Richter am Amtsgericht </p>
|
315,339 | vg-munster-1988-08-18-5-k-186387 | {
"id": 846,
"name": "Verwaltungsgericht Münster",
"slug": "vg-munster",
"city": 471,
"state": 12,
"jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": null
} | 5 K 1863/87 | "1988-08-18T00:00:00" | "2019-03-13T14:53:04" | "2022-10-18T15:03:49" | Urteil | ECLI:DE:VGMS:1988:0818.5K1863.87.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 00.00.0000 in der Fassung des Widerspruchbescheides vom 00.00.0000 verpflichtet, der Klägerin Bekleidungs¬beihilfe zum Kauf eines Kleides sowie von einem Paar Schuhe aus Anlass des 90. Geburtstags ihrer Großmutter in Höhe von 180,- DM zu gewähren.</p>
<p></p>
<p>Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheits-leistung oder Hinterlegung abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit leistet.</p>
<p></p>
<p>Die Berufung wird nicht zugelassen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>T a t b e s t a n d :</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die am 15. September 1957 geborene Klägerin studierte von 1977 bis April 1986 und brach dann dieses Studium aus finanziellen Gründen ab, nachdem sie bereits in den letzten Monaten von privaten Krediten gelebt hatte. Seit April 1986 erhält die Klägerin laufende Hilfe zum Lebensunterhalt. Im Winterhalbjahr 1986 erhielt sie eine Bekleidungsbeihilfe in Höhe von 254,50 DM. Desweiteren erhielt sie im Juni 1987 eine weitere Bekleidungsbeihilfe für das erste Halbjahr 1987 in Höhe von ebenfalls 245,50 DM.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Am 12. August 1987 bat die Klägerin um eine einmalige Bekleidungsbeihilfe und eine Fahrtkostenbeihilfe aus Anlass des 90. Geburtstages ihrer Großmutter am 15. August 1987. Sie gab an, ein Kleid, ein Paar Schuhe und eine passende Jacke zu benötigen. Der Beklagte stellte der Klägerin die entsprechende Fahrkarte zur Verfügung; die Bekleidungsbeihilfe lehnte er jedoch mit mündlichem Bescheid vom       00.00.0000 ab. Hiergegen legte die Klägerin am selben Tage Widerspruch ein. Im Rahmen eines in diesem Zusammenhang ebenfalls geführten Verfahrens auf Erlangung einstweiligen Rechtsschutzes und im vorliegenden Klageverfahren gab die Klägerin zu ihrem Bekleidungsbestand an, aus früheren Zeiten nicht über festliche Kleidung zu verfügen. Sie habe jahrelang von nur 700,- DM monatlich gelebt und damit nur den notwendigsten Bedarf an Kleidung decken können. Sie verfüge lediglich über ausgesprochene Alltagskleidung, d.h. Jeans, Turnschuhe und Pullis, nicht jedoch etwa über ein Kleid, einen Rock oder eine weiße Bluse oder gar Schuhe, die sie zu einem Rock tragen könne. Da ihre Bekleidung im Frühjahr 1987 völlig abgetragen gewesen sei, habe sie die Bekleidungsbeihilfe für das Sommerhalbjahr 1987 zur Anschaffung von leichten Turnschuhen, Jeans, Schürze, Unterwäsche, Badeanzug, Nachtwäsche und eines gebrauchten Sommermantels verwandt. Dagegen habe sie von diesem Geld kein Kleid gekauft. Sie habe darauf geachtet, dass diese Gegenstände preiswert und für den täglichen Lebensbedarf zu verwenden seien.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Geburtstagsfeier fand in dem Festsaal einer Gaststätte statt. Es waren etwa 60 Gäste geladen, die überwiegend ein Alter von 50 bis 60 Jahre hatten. Außer der Verwandtschaft waren Freunde, Bekannte und Nachbarn aus dem Heimatort sowie der örtliche Gesangverein geladen. Alle Festtagsteilnehmer waren in festlicher Garderobe erschienen. Die Klägerin wirkte an musikalischen Einlagen mit. </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Mit Widerspruchsbescheid vom        00.00.0000 begründete der Beklagte seine ablehnende Entscheidung damit, dass ein sozialhilferechtlicher Bedarf für zusätzliche Kleidung anlässlich des 90. Geburtstages der Großmutter der Klägerin nicht anerkannt werden könne. Da der Klägerin im Juni 1987 die letzte übliche Bekleidungsbeihilfe in Höhe von 254,- DM gewährt worden sei, sei davon auszugehen, dass sie über ausreichende Bekleidung verfügt habe, die sie auch anlässlich des Geburtstages ihrer Großmutter habe tragen können. Die Notwendigkeit besonderer festlicher Kleidung könne nicht anerkannt werden.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Aufgrund des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Münster vom 14. August 1987 hatte die Klägerin eine einmalige Beihilfe in Höhe von 180, DM für den Kauf eines Kleides und ein Paar Schuhen erhalten, die von ihr nach ihren Angaben im Erörterungstermin zum Kauf entsprechender Bekleidungsgegenstände verwandt wurden. Auf die Beschwerde des Beklagten hin änderte das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen mit Beschluss vom 21. September 1987 den Beschluss der erkennenden Kammer vom 14. August 1987 und lehnte den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Nachdem der Klägerin der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom       00.00.0000 am        00.00.0000 zugestellt worden ist, hat sie am 3. Dezember 1987 die vorliegende Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren auf Bekleidungsbeihilfe für ein Kleid und ein Paar Schuhe weiterverfolgt.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt sinngemäß,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:57px">den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom       00.00.0000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom        00.00.0000 zu verpflichten, ihr eine Bekleidungsbeihilfe für ein Kleid und ein Paar Schuhe aus Anlass des 90. Geburtstages ihrer Großmutter zu gewähren.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:57px">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Er meint, der Klägerin fehle das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, da ihr 180,- DM zum Kauf eines Kleides und eines Paares Schuhe ausgezahlt worden seien. Eine Erklärung dahingehend, dass der Klägerin die 180,- DM endgültig belassen werden, wurde vom Beklagten jedoch nicht abgegeben. Vielmehr wurde der Vergleich, mit dem der Beklagte auf die Rückforderung der gezahlten Beihilfe von 180,- DM verzichtete, fristgerecht widerrufen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die vorgelegten Verwaltungsvorgänge und die beigezogene Verfahrensakte 5 L 1548/87 ergänzend Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Das Gericht kann gemäß § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung  VwGO  ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Klage hat Erfolg. Der Bescheid des Beklagten vom       00.00.0000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom        00.00.0000 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 4 S. 1 VwGO). Entgegen der Ansicht des Beklagten hat die Klägerin einen Anspruch auf eine einmalige Hilfe zur Beschaffung angemessener Kleidung anlässlich des 90. Geburtstages ihrer Großmutter.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Der Anspruch der Klägerin auf einmalige Hilfe für eine angemessene Bekleidung anlässlich des 90. Geburtstages ihrer Großmutter findet seine Rechtsgrundlage in den §§ 3, 11 Abs. 1, 12 Abs. 1 und 21 Abs. 1 BSHG. Danach ist  unter Berücksichtigung des Individualisierungsgebotes  demjenigen, der seinen Lebensunterhalt nicht bzw. nicht ausreichend aus eigenen Mitteln bestreiten kann, Hilfe zum Lebensunterhalt  die auch in Form von einmaligen Leistungen bewilligt werden kann  zu gewähren, sofern ein vom Gesetz anerkannter notwendiger Bedarf für diese Leistungen besteht. Dabei umfasst der "notwendige Lebensunterhalt" im Sinne des § 12 Abs. 1 BSHG nicht nur die rein materiellen, sondern gem. § 12 Abs. 1 S. 2 BSHG als persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens in vertretbarem Umfang auch Beziehungen zur Umwelt. Was mit dem unbestimmten Rechtsbegriff des "notwendigen Lebensunterhalts" gemeint ist, bestimmt sich nach dem allgemeinen Ziel der Sozialhilfe, wie es in § 1 Abs. 2 S. 1 BSHG zum Ausdruck kommt. Danach ist es die Aufgabe der Sozialhilfe, dem Empfänger der Hilfe die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht. Zu einem menschenwürdigen Leben gehört nicht nur das physiologisch Notwendige; vielmehr soll der Sozialhilfeempfänger in die Lage versetzt werden, in der Umgebung von Nichthilfeempfängern ähnlich wie diese zu leben. Dagegen ist es nicht Aufgabe der Sozialhilfe, sämtliche "Normalbedürfnisse" zu befriedigen und auch einen gehobenen Bedarf zu decken.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:57px">Vgl. Oberverwaltungsgericht Hamburg, Beschluss vom  16. Mai 1983  BS I 66/82 -, FEVS 33, 96.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Jedoch soll dem Sozialhilfeempfänger ermöglicht werden, ein Leben zu führen, wie dies Lohnempfängern, der unteren Lohnstufen möglich ist.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Bei der Auslegung des Begriffs des notwendigen Lebensunterhaltes ist folglich von den herrschenden Lebensgewohnheiten, den örtlichen Verhältnissen und den Besonderheiten des Einzelfalles auszugehen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:57px">Vgl. Mergler/Zink, Bundessozialhilfegesetz, Kommentar, 4. Aufl., § 11 Rdnr. 15 und 16 sowie § 12 Rdnr. 8; Schellhorn/Jirasek/Seipp, Bundessozialhilfegesetz, Kommentar, 12. Aufl., § 12, Anm. 3 ff.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Zum notwendigen Lebensunterhalt in diesem Sinne gehört daher auch grundsätzlich derjenige Bedarf, der durch die Teilnahme an religiösen Festakten oder privaten Feiern verursacht wird.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:57px">Vgl. Verwaltungsgericht Hamburg, Urteil vom 20. Dezember 1985  5 VG 3579/84 -; Verwaltungsgericht Hannover, Beschluss vom 16. Juni 1986  3 HI VG 57/86  m.w.N.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die Feier eines 90. Geburtstages ist ein herausragendes Ereignis, welches von der Großmutter der Klägerin  wie in der Bevölkerung vielfach üblich  in einem festlichen Rahmen begangen wurde. Zu den Beziehungen der Klägerin zur Umwelt, deren Pflege gem. § 12 Abs. 1 S. 2 BSHG in vertretbarem Umfang sicherzustellen ist, gehört auch die Möglichkeit der Teilnahme an dieser Feier. Ohne die beantragte Beihilfe war es der Klägerin jedoch verwehrt, an der Familienfeier teilzunehmen, da sie nicht über eine angemessene Kleidung verfügte.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">So hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in seinem Beschluss vom 21. September 1987  17 B 2207/87  klargestellt, "dass die <u>sozialhilferechtliche Notwendigkeit</u> für die Anerkennung eines Bekleidungsbedarfs aus einem bestimmten Anlass dann gegeben sein mag, wenn durch die vorhandene getragene Kleidung das Gebot der Rücksichtnahme gegenüber dem Gastgeber und den anderen Gästen verletzt würde und der Hilfesuchende dadurch in eine ihn zurücksetzende und entwürdigende Situation des Ausgegrenztseins geriete."</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">In eine solche Situation des Ausgegrenztseins wäre die Klägerin jedoch geraten, wenn sie in der ihr damals zur Verfügung stehenden Kleidung an der Geburtstagsfeier teilgenommen hätte. Angesichts der Tatsache, dass die Klägerin von 1977 bis 1986 studiert hat und ihr jahrelang nur etwa 700,- DM monatlich für den Lebensunterhalt zur Verfügung gestanden haben, sie in den letzten Monaten vor Aufgabe ihres Studiums ihren Lebensunterhalt durch Darlehen finanziert hat und seit April 1986 Sozialhilfe bezieht, ist der Vortrag der Klägerin in ihrer Klageschrift, dass im Frühjahr 1987 ihre Bekleidung völlig abgetragen war, in sich schlüssig und nachvollziehbar. Weder von einem Betrag von 700,- DM monatlich noch von den ihr seit April 1986 monatlich zur Verfügung stehenden Sozialhilfebeträgen war es der Klägerin möglich, eine normale Grundausstattung an Kleidung anzuschaffen. Der Vortrag der Klägerin, weder über ein Kleid oder einen Rock, noch dazu passende Schuhe, noch über eine weiße Bluse zu verfügen, wird somit verständlich. Die einmalige Bekleidungsbeihilfe in Höhe von 245,- DM, die der Beklagte der Klägerin im Herbst 1986 gewährte, dürfte kaum zur Anschaffung der dringend benötigten Winterkleidung ausgereicht haben. Dasselbe gilt für die im Juni gewährte Sommerbekleidungsbeihilfe in Höhe von 254,- DM, die zur Beschaffung des als Bedarf geltend gemachten Kleides nach Kauf eines gebrauchten Sommermantels, einer Hose, einer Schürze, eines Badeanzuges und von Turnschuhen, Unterwäsche und Nachtwäsche nicht ausreichend war. Der Vortrag der Klägerin im Verfahren auf Erlangung einstweiligen Rechtsschutzes, in Jeans und Turnschuhen nicht an der Geburtstagsfeier teilnehmen zu können, findet so seine Erklärung. Die Alltagskleidung der Klägerin bestand eben tatsächlich aus Jeans und Turnschuhen und nicht wie sonst üblich aus weiteren Bekleidungsgegenständen, die auch zu einer Geburtstagsfeier getragen werden können. Das Erscheinen in Jeans und Turnschuhen zu einer festlich gehaltenen Geburtstagsfeier mit ansonsten festlich gekleideten Gästen sieht selbst das Oberverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 21. September 1987  17 B 2207/87  als Regelverstoß an. Angesichts der damals glaubhaft gemachten Tatsachen ging der Senat jedoch davon aus, dass sich die Antragstellerin nicht in einer derartigen Situation (Erscheinen in Jeans und Turnschuhen) befunden hätte. Angesichts der zumindest nunmehr vorliegenden Erkenntnisse ist davon auszugehen, dass die Klägerin in Jeans und Turnschuhen zu der Feier hätte gehen müssen und somit das Gebot der Rücksichtnahme gegenüber der Gastgeberin und den anderen Gästen verletzt hätte. Die Geburtstagsfeier fand nämlich in einem festlichen Rahmen statt, an der überwiegend Personen der Altersgruppe zwischen 50 und 60 Jahren teilnahmen. Selbst wenn man der Annahme des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen in seinem Beschluss vom 21. September 1987  17 B 2207/87  folgte, insbesondere jüngere Gäste würden dem Gesichtspunkt einer dem Anlass angemessenen Bekleidung wenig Bedeutung beimessen  was jedoch angesichts gewandelter Lebensauffassung heute zweifelhaft ist , so ist diese Annahme doch für den vorliegenden Fall ohne Belang. Denn es handelte sich nicht um eine Feier von jungen Leuten, sondern um eine Feier des 90. Geburtstages der Großmutter der Klägerin, zu der überwiegend ältere Gäste erschienen waren, die erfahrungsgemäß Wert auf eine angemessene Festtagskleidung legen und durch deren Unverständnis die Klägerin in eine sie zurücksetzende und entwürdigende Situation des Ausgegrenztseins geraten wäre. </p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich des Umfangs des Anspruchs der Klägerin auf Bewilligung von Beihilfe zur Beschaffung von Kleid und Schuhen unterliegt dieser jedoch der Einschränkung, dass er nur soweit gegeben ist, als sich der geltend gemachte Bedarf in einem vertretbaren Umfang hält. Auch der Begriff der Vertretbarkeit unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der vollen gerichtlichen Nachprüfung. Maßgebend für die Beurteilung der Frage, welcher Aufwand jeweils noch als vertretbar im Sinne des § 12 Abs. 1 S. 2 BSHG anzusehen ist, ist der Aufwand, den andere Personen aus dem Arbeitsentgelt unterer Lohngruppen bestreiten können. So geht die Kammer mit dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen im angeführten Beschluss (siehe oben) davon aus, dass das Gebot der Rücksichtnahme nicht bereits immer dann verletzt ist, wenn sich ein Hilfesuchender mit seinen Möglichkeiten in einem sozialen Umfeld zu bewegen hat, das von seinen wirtschaftlichen Voraussetzungen her einen bestimmten Standard im äußeren Erscheinungsbild der getragenen Bekleidung pflegen kann und der Hilfesuchende sich insoweit von den übrigen Personen seines Umfeldes unterscheidet. Die Grenze des noch Hinnehmbaren wird vielmehr erst dann erreicht sein, wenn der Hilfesuchende in seinem äußeren Erscheinungsbild auch gegenüber solchen Personen erkennbar abfällt, die die Deckung ihres Bedarfes aus dem Arbeitsentgelt unterer Lohngruppen zu bestreiten haben. Der vertretbare Aufwand im vorliegenden Fall umfasst deshalb nicht die Kosten des Kaufes festlicher Kleidung, sondern von Kleidung des normalen Alltagsgebrauchs, nämlich eines Kleides und von einem Paar Schuhen, wie die Klägerin sie mit den ihr zur Verfügung gestellten 180,- DM angeschafft hat. Dass mit diesem Betrag keine festliche Kleidung und Schuhe angeschafft werden können, versteht sich von selbst.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; gemäß § 188 Satz 2 VwGO werden Gerichtskosten nicht erhoben. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Berufung bedarf der Zulassung gemäß Artikel 2 § 4 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes der Klage, die einen auf eine Geldleistung gerichteten Verwaltungsakt betrifft, nur einen Betrag von 180,- DM ausmacht und damit den erforderlichen Wert von 500,- DM nicht übersteigt. Die Berufung war nicht zuzulassen, weil weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, noch das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts oder eines Oberverwaltungsgerichts abweicht (§ 130 Abs. 2 VwGO).</p>
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315,340 | olgham-1988-08-12-20-w-4288 | {
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} | 20 W 42/88 | "1988-08-12T00:00:00" | "2019-03-13T14:53:08" | "2022-10-18T15:03:47" | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1988:0812.20W42.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beschwerde wird zurückgewiesen.</p>
<p>Der Beschwerdewert wird auf 1.800,- DM festgesetzt.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde ist nach §127 Abs. 2 S. 2 ZPO zulässig, aber nicht begründet, weil das Landgericht die hinreichende Erfolgsaussicht der beabsichtigten Zahlungsklage (§114 S. 1 ZPO) zu Recht verneint hat.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks"><b>1.</b></p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Nach §2 Abs. 1 S. 2 der dem Versicherungsvertrag zugrundeliegenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung (Musterbedingungen des Verbandes der privaten Krankenversicherung; MBKK 76) wird für Versicherungsfälle, die vor Beginn des Versicherungsschutzes eingetreten sind, nicht geleistet. Nach §1 Abs. 2 S. 2 MBKK 76 beginnt der Versicherungsfall - das ist nach §1 Abs. 2 S. 1 MBKK 76 die medizinisch notwendige Heilbehandlung - mit der Heilbehandlung.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Nach gefestigter Rechtsprechung ist "Heilbehandlung" jegliche ärztliche Tätigkeit, die durch die betreffende Krankheit verursacht worden ist, sofern die Leistung des Arztes von ihrer Art her in den Rahmen der medizinisch notwendigen Krankenpflege fällt und auf die Heilung oder Linderung der Krankheit abzielt, mag auch dieses Endziel erst nach Unterbrechungen oder mit Hilfe weiterer Ärzte erreicht werden.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Heilbehandlung beginnt mit der ersten Inanspruchnahme einer solchen ärztlichen Tätigkeit (BGH Versicherungsrecht 78, 271, 272). Zur Behandlung einer Krankheit gehört nicht nur die unmittelbare Heiltätigkeit, sondern auch schon die erste ärztliche Untersuchung, die auf die Erkennung des Leidens abzielt, ohne Rücksicht darauf, ob sofort oder erst nach weiteren Untersuchungen eine endgültige und richtige Diagnose gestellt und mit den eigentlichen Heilmaßnahmen begonnen worden ist (BGH Versicherungsrecht 78, 362, 364). Diese Auslegung trägt dem Umstand Rechnung, daß es andernfalls dem Versicherungsnehmer möglich wäre, zunächst eine ärztliche Diagnose und Beratung über mögliche Behandlungsformen einzuholen, sodann eine Krankenversicherung abzuschließen bzw. eine bestehende Krankenversicherung zu erhöben und dann erst nach Ablauf der vertraglich vereinbarten Wartezeit die Heilbehandlung beginnen zu lassen, um den Versicherungsschutz in Anspruch nehmen zu können (vgl. dazu BGH Versicherungsrecht 78, 271, 272, für einen Fall zahnärztlicher Behandlung).</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Um dem hiermit umschriebenen subjektiven Risiko zu begegnen, ist es auch gerechtfertigt, den Beginn einer <u>ambulanten</u> Behandlung als Beginn der (versicherten) Heilbehandlung anzusehen, wenn ausschließlich die Kosten einer <u>stationären</u> Behandlung versichert sind (so Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz 24. Aufl. 1988, §1 MBKK Anm. 3; BGH Versicherungsrecht 78, 362, 364; OLG Hamm - Senat - Versicherungsrecht 88, 127; Bach/Moser, private Krankenversicherung, 1984, §1 MBKK Rdnr. 59).</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks"><b>2.</b></p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Versicherungsbeginn der von der Antragstellerin abgeschlossenen Zusatzversicherung für stationäre Heilbehandlung und der Krankenhaustagegeldversicherung war unstreitig der 01.07.1984. Am 04.06.1984 hatte die Antragstellern jedoch bereits die Frauenärztin ... wegen starker Regelblutungen aufgesucht, eines Leidens, das schön 1981/82 zu einem operativen Eingriff geführt hatte. Mit diesem Arztbesuch am 04.06.1984, also vor Versicherungsbeginn, begann die Heilbehandlung, die dann im Februar/März 1985 mit der stationären Behandlung und Operation fortgesetzt wurde, für die die Antragstellerin Versicherungsschutz begehrt.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Nach der schriftlichen Auskunft der Frauenärztin soll der Antragstellerin schon anläßlich der Untersuchung vom 04.06.1984 eine Operation empfohlen worden sein, die allerdings noch nicht dringlich erschien. Für die Richtigkeit dieser Darstellung spricht der Umstand, daß die Antragstellerin wenig später, am 27.06.1984, den Antrag auf Abschluß der Zusatzversicherung und der Krankenhaustagegeldversicherung stellte.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Darauf kommt es aber nicht einmal entscheidend an. Selbst wenn die Frauenärztin - wie die Antragstellerin behauptet - noch keine Operation empfohlen haben sollte, bliebe der Umstand, daß die Antragstellerin sich am 04.06.1984 wegen der Beschwerden untersuchen ließ, die später stationär und operativ behandelt wurden.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">c)</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin wird voraussichtlich keinen Erfolg mit ihrem Argument haben, die Behandlungsbedürfigkeit der am 04.06.1984 untersuchten Beschwerden sei zwischenzeitlich weggefallen; die Operation, die Anlaß für die stationäre Behandlung war, habe andere Beschwerden zur Ursache gehabt. Nicht nur die Frauenärztin ... hat ausgeführt, die Antragstellerin sei am 04.06.1984 "wegen der zur OP führenden Beschwerden" zur Untersuchung gekommen. Auch der Chefarzt ... hat diesen Ursachenzusammenhang bestätigt. In seinem von der Antragstellerin vorgelegten und für ihre Behauptung in Bezug genommenen Schreiben vom 05.11.1985 heißt es, die stationäre Behandlung sei wegen "rezidivierender Blutungsstörungen" erfolgt, die schon 1982 operativ behandelt worden seien und 1984 Anlaß zur Untersuchung durch Frau ... gegeben hätten. Die Operation sei durch die "in seitlichen Abständen auftretenden therapieresistenten Regelstörungen" indiziert gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Daraus folgt, daß die von der Antragstellerin behauptete zwischenzeitliche Besserung der Beschwerden zum Krankheitsbild gehört und nicht den Schluß auf eine neue Erkrankung Anfang 1985 zuläßt, die mit der von 1984 nicht in Zusammenhang stünde.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Nach dem Schreiben vom 05.11.1985 trifft es auch nicht zu, daß - wie die Antragstellerin weiter behauptet - die Operation erst durch die festgestellte Gebärmuttervergrößerung veranlaßt worden sei. Abgesehen davon, daß auch diese Gebärmuttervergrößerung nach der Darstellung in dem zitierten Schreiben bereits bei der Untersuchung 1984 festgestellt wurde, wird in dem Schreiben ausdrücklich festgestellt, sie habe die Operation nicht indiziert, weil die Vergrößerung nur gering gewesen sei und keine Beschwerden verursacht habe.</p>
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} | 4 WF 181/88 | "1988-08-12T00:00:00" | "2019-03-13T14:53:09" | "2022-10-18T15:03:47" | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1988:0812.4WF181.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben, soweit dem Beklagten PKH versagt worden ist. Das Amtsgericht hat über das PKH-Gesuch des Beklagten erneut zu entscheiden.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>G r ü n d e :</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Beschwerde des Beklagten hat sachlich Erfolg. Daß dem Beklagten PKH nicht mangels Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverteidigung versagt werden kann, hat der Senat bereits in seinem Beschluß vom 22.03.1988 (4 WF 69/88) ausgeführt.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">An diese Feststellung ist das Amtsgericht hier gebunden; denn maßgeblicher Zeitpunkt für die Erkenntnisgrundlage der Erfolgsprüfung ist die Entscheidungsreife des PKH-Antrages (vgl. Kalthoener/Büttner, Prozeßkostenhilfe und Beratungshilfe, NJW-Schriften</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">47, Rdnr. 525). Die Entscheidungsreife erfordert einen "bewilligungsreifen" Antrag (vgl. Kalthoener/Büttner, a.a.O., Rdnr. 535) und war seinerzeit bereits gegeben.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Zwar lagen dem erkennenden Familienrichter die zur Antragsteilung erforderlichen Unterlagen über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beklagten (§ 117 ZPO) nur im Parallelverfahren 45 F 315/87 AG Bonn vor und waren hier lediglich in</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Bezug genommen. Ob eine derartige Bezugnahme auf andere Verfahrensakten des Gerichts generell zulässig und ausreichend ist, konnte der Senat offenlassen. Immerhin spricht in Fällen, in denen wie hier derselbe Richter zuständig ist, vieles dafür.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Im Streitfalle hat jedoch der Familienrichter überdies selbst zu erkennen gegeben, daß er diese Verfahrensweise als formgerechte Antragsteilung gelten ließ; denn von dem Anerbieten des Beklagten unter dem 29.02.1988, die Unterlagen gegebenenfalls hier erneut vorzulegen, hat der Familienrichter - zunächst - keinen Gebrauch gemacht, unter dem 08.04.1988 schließlich Vordruckeingabe nur deshalb (erneut) erbeten, weil die in Bezug genommenen Akten wegen eines Rechtsmittelverfahrens "hier nicht greifbar" waren.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die von Zufälligkeiten abhängige gerichtsinterne Aktenversendung hat hingegen keinen Einfluß auf die Qualifikation eines einmal gestellten Antrages; ein bisher formgerechter PKH-Antrag wird hierdurch nicht zum unvollständigen. Insbesondere der Zweck der</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Prozeßkostenhilfe, das sozialstaatliehe Gebot der Gleichstellung wirtschaftlich Starker und Schwacher im Rechtsschutzbereich zu verwirklichen, verbietet eine solch formalistische Betrachtungsweise.Das Amtsgericht hätte sich die Entscheidungsgrundlage ohne</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">weiteres durch Rückforderung des PKH-Heftes im Parallelverfahren für nur einen Tag schaffen und so über den PKH-Antrag des Beklagten bereits seinerzeit befinden können.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Da es zur Hilfsbedürftigkeit des Beklagten, insbesondere zu einer etwaigen Ratenpflicht, Feststellungen bislang noch nicht getroffen hat, war dem Amtsgericht insoweit die weitere Entscheidung vorzubehalten.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Beschwerdewert: DM 2.000,00.</p>
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315,342 | olgham-1988-08-11-4-ss-71688 | {
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} | 4 Ss 716/88 | "1988-08-11T00:00:00" | "2019-03-13T14:53:11" | "2022-10-18T15:03:47" | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1988:0811.4SS716.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Das Urteil wird mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.</p>
<p>Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere große Strafkammer des Landgerichts Paderborn zurückverwiesen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Angeklagte ist durch Urteil des Schöffengerichts Paderborn vom 2. Oktober 1987 vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung freigesprochen worden. Durch das angefochtene Urteil hat die 2. große Strafkammer des Landgerichts Paderborn den Angeklagten auf die Berufung der Staatsanwaltschaft wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 70,00 DM verurteilt und zum Tathergang im wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Angeklagte war als Sicherheitsfachkraft der in ... tätig. Am 5. April 1985 kam es in der Halle 19 der ... zu einem Betriebsunfall, als der für einen Subunternehmer tätige Zeuge ... trotz unzureichender Sichtmöglichkeiten mit einem Schlacketransporter rückwärts in die Werkshalle fuhr und dabei gegen einen quer zu seiner Fahrtrichtung stehenden Eisenbahnwaggon stieß. Der an diesem Waggon mit dem Einhängen von Schrottkörben beschäftigte Arbeiter ... wurde von dem Schlacketransporter erfaßt und erlitt tödliche Verletzungen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Revision des Angeklagten hat schon mit der in zulässiger Weise begründeten Verfahrensrüge der Verletzung des § 338 Nr. 5 StPO (vorläufigen) Erfolg, so daß es eines Eingehens auf die weiteren Verfahrensrügen und auf die Sachrüge nicht bedarf. Die Revision beanstandet zu Recht, daß die Berufungshauptverhandlung in wesentlichen Teilen ohne die Anwesenheit des Verteidigers stattgefunden hat, obwohl ein Fall der notwendigen Verteidigung nach § 140 Abs. 2 StPO vorlag. Ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls erschien der Wahlverteidiger des Angeklagten in der Berufungshauptverhandlung erst nach dem Vortrag des Berichterstatters, der Verlesung der Urteilsformel des Urteils 1. Instanz, der Vernehmung des Angeklagten zur Person und seiner Erklärung, er sei ohne seinen Anwalt zur Äußerung in der Sache nicht bereit. Die Erörterung von Verfahrensvorgängen kann aber ebenso wie die Vernehmung des Angeklagten zur Person und zur Sache Einfluß auf die Überzeugungsbildung der Richter nehmen, so daß es sich bei diesen Verfahrensabschnitten um wesentliche Teile der Berufungshauptverhandlung handelt (vgl. Kleinknecht/Meyer, Strafprozeßordnung, 38. Aufl., § 338 Rdn. 37 m.w.N.; KMR, Komm, zur Strafprozeßordnung, 3. Ergänzungslieferung 1987, § 338 Rdn. 55).</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Abwesenheit des Wahlverteidigers begründet auch die Revision, da wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Voraussetzungen des § 140 Abs. 2 StPO gegeben sind; die Mitwirkung eines Verteidigers war daher gesetzlich vorgeschrieben im Sinne des unbedingten Revisionsgrundes des § 338 Nr. 5 StPO. Hier ist zunächst schon zu berücksichtigen, daß in 2. Instanz auf die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen ein freisprechendes Urteil verhandelt wurde (dazu: KK, StPO, 2. Aufl.; § 140, Rdn. 23; Kleinknecht, a.a.O., § 140, Rdn. 26; OLG Bremen NJW 1957, 151; LG Bonn StrafVert. 1986, 246). Darüber hinaus sind im gegebenen Fall bei einer Schuldfeststellung haftungsrechtliche Konsequenzen erheblichen Umfanges bei Regreßansprüchen der Berufsgenossenschaft nicht auszuschließen. Die Urteilsfeststellungen belegen darüber hinaus auch, daß in der Berufungshauptverhandlung vor allem im Hinblick auf die Frage der Garantenstellung des Angeklagten rechtlich schwierige Probleme des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Bestimmungen des Arbeitssicherheitsgesetzes und der einschlägigen Unfallverhütungsvorschriften zu klären waren. Die Gesamtwürdigung der Sach- und Rechtslage ergibt daher hier, daß die Mitwirkung eines Verteidigers geboten war. Da eine Heilung des Verfahrensmangels nicht erfolgt ist, war die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur neuen Verhandlung und Entscheidung an eine andere große Strafkammer des Landgerichts Paderborn zurückzuverweisen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Für die erneute Hauptverhandlung weist der Senat vorsorglich auf folgendes hin:</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Auf Grund der bisherigen Urteilsfeststellungen kann die erforderliche Kausalität zwischen dem unterlassenen Einschreiten des Angeklagten und dem eingetretenen Erfolg nicht zweifelsfrei bejaht werden. Dem Angeklagten wird lediglich zur Last gelegt, daß er die bereits seit Jahrzehnten geübte Praxis beim Zurücksetzen der Schlacketransporter ohne Einsatz eines Einweisers bei der Betriebsleitung hätte beanstanden müssen. Es fehlen jedoch ausreichende Feststellungen dazu, daß bei einem entsprechenden Vorgehen durch die Firmenleitung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der generelle Einsatz eines Einweisers - wie seit dem Unfalltag praktiziert - angeordnet worden wäre. Nach der Aussage des Zeugen ... hatte es in der Vergangenheit zwar bei <u>begründeten</u> Sicherheitsbedenken nie <u>wesentliche</u> Probleme mit der Umsetzung der von der Sicherheitsabteilung gemachten Verbesserungsvorschläge gegeben. Die vorliegende "Normalsituation" sei aus seiner Sicht aber nicht besonders gefahrenträchtig gewesen, weil es in der Halle hell gewesen sei und sich in dem befahrenen Bereich keine Arbeitsplätze befunden hätten. (Seite 17 der Urteilsgründe). Auch die in der Hauptverhandlung vernommenen Betriebsangehörigen hatten die "Normalsituation" nicht als sonderlich gefährlich erkannt. Es erscheint danach zweifelhaft, ob die von der Betriebsleitung nach dem Unfall getroffenen organisatorischen Maßnahmen auch bei einer zuvor erfolgten Beanstandung des Angeklagten bereits ergriffen worden wären. Dies wird in der neuen Hauptverhandlung insbesondere durch die Vernehmung der Zeugen ... und ... aufzuklären sein.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Im übrigen lassen die Urteilsgründe nicht erkennen, daß die Strafkammer die Milderungsmöglichkeit der §§ 13 Abs. 2, 49 StGB bei der Strafzumessung berücksichtigt hat bzw. sich dieser Milderungsmöglichkeit bewußt war.</p>
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315,343 | lg-aachen-1988-08-10-7-s-16588 | {
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"name": "Landgericht Aachen",
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"city": 380,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
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} | 7 S 165/88 | "1988-08-10T00:00:00" | "2019-03-13T14:53:12" | "2022-10-18T15:03:48" | Urteil | ECLI:DE:LGAC:1988:0810.7S165.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Klägers gegen das am 19. Februar 1988 verkündete Urteil des Amtsgerichts Aachen 11 C 361/87 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.</p>
<p>Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist zulässig; sie ist an sich statthaft sowie frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger stehen aus dem Unfallereignis vom 22.03.1987 keine Ansprüche gegen die Beklagten zu. Dabei kann dahinstehen, wie der Hergang des Unfalles im einzelnen war, insbesondere ob die Beklagte zu 1) mit ihrem Fahrzeug bereits einige Zeit vorher, und wenn ja wielange, auf der in ihrer Fahrtrichtung gesehenen linken Fahrbahnhälfte gefahren ist und ob es zu einem sogenannten seitlich versetzten Frontalzusammenstoß oder einem seitlichen, mehr streifenden Zusammenstoß gekommen ist. Jedenfalls war der Kläger nach § 10 StVO verpflichtet, alles zu tun, um die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer, wie der Beklagten zu 1), zu vermeiden. Bei der nach § 17 Abs. 1 StVG erforderlichen Abwägung tritt ein eventuell der Beklagten zu 1) anzulastender Verkehrsverstoß ebenso völlig zurück, wie die Betriebsgefahr des Fahrzeuges der Beklagten zu 1). </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Auffassung des Klägers ist § 9 Abs. 5 StVO zu Lasten der Beklagten zu 1) vorliegend nicht mit der Folge anwendbar, daß die Betriebsgefahr der am Verkehrsunfall beteiligten Fahrzeuge gleichgewichtig wäre. Zwar ergreift § 9 Abs. 5 StVO seinem Wortlaut nach, wonach sich der in ein Grundstück abbiegende Fahrzeugführer so zu verhalten hat, daß eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist, auch den vorliegenden Fall. Nach ihrem Sinn und Zweck ist die Norm jedoch nicht in der vorliegenden besonderen Fallkonstellation anwendbar. Soweit ersichtlich ist die vorliegende Konstellation, daß ein aus einem Grundstück ausfahrendes Kraftfahrzeug mit einem in das gleiche Grundstück einfahrenden Kraftfahrzeug kollidiert, in der Rechtsprechung noch nicht entscheiden worden und wird auch in der Literatur nicht behandelt. Vielmehr sind Gegenstand von veröffentlichten Entscheidungen wie auch von Erörterungen in der Literatur diejenigen Fälle, in denen ein aus einem Grundstück ausfahrender bzw. in ein Grundstück abbiegender Kraftfahrzeugführer mit einem anderen Verkehrsteilnehmer, der am fließenden Straßenverkehr teilnimmt, kollidiert. Soweit in Rechtsprechung und Literatur Äußerungen zu finden sind, wonach § 9 Abs. 5 StVO nur bei Kollisionen mit durchgehendem bzw. fließendem Verkehr gilt (vgl. OLG Saarbrücken, VM 1978, 95, 96; OLG Frankfurt, VM 1979, 86; Jagusch-Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 29. Auflage 1987, § 9 StVO Rdnr. 44, 52), sind diese Ausführungen nicht tragend, weil keine dem vorliegenden Fall vergleichbare Konstellation entschieden worden ist. </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Kammer ist jedoch mit dem Amtsgericht der Ansicht, daß § 9 Abs. 5 StVO in der vorliegenden Fallkonstellation nicht anwendbar ist. Wenn der Verordnungsgeber in § 9 Abs. 5, 10 StVO in bestimmten Situationen von einem Kraftfahrzeugführer verlangt, daß er sich so verhalte, daß eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist, so trägt er damit dem allseits bekannten Umstand Rechnung, daß die meisten Verkehrsunfälle nicht im fließenden Verkehr geschehen, sondern in anderen Situationen, in denen ein Verkehrsteilnehmer den fließenden Verkehr der anderen Verkehrsteilnehmer unterbricht. Deshalb legt der Verordnungsgeber sowohl dem in ein Grundstück abbiegenden wie dem wendenden und rückwärtsfahrenden als auch dem in eine Fahrbahn ein- bzw. vom Fahrbahnrand anfahrenden Fahrzeugführer die besonderen Sorgfaltspflichten auf. Diesem Sinn und Zweck entsprechend gilt § 9 Abs. 5 StVO daher nicht, wenn diese typische Gefahrenlage, daß ein Verkehrsteilnemer den Verkehrsfluß der anderen unterbricht, nicht vorliegt. Demgemäß ist bereits entschieden worden, daß § 9 Abs. 5 StVO jedenfalls nur eingeschränkt auf öffentlichen Parkplätzen gilt, weil dort ohnehin regelmäßig mit geringeren Geschwindigkeiten gefahren wird (vgl. OLG Frankfurt a.a.O.). Dagegen obliegt die besondere Sorgfaltspflicht des § 9 Abs. 5  StVO dem in ein Grundstück Abbiegenden nicht gegenüber solchen Fahrzeugführern, die selbst nicht Teilnehmer am fließenden Straßenverkehr sind, wie vorliegend der Kläger. Die typische Gefährdung, der § 9 Abs. 5 StVO Rechnung trägt, bestand nur im Verhältnis zu den die P1 Straße befahrenden anderen Kraftfahrzeugen, nicht jedoch im Verhältnis zum klägerischen Fahrzeug. Demgegenüber fällt dem Kläger, was er selbst auch nicht in Abrede stellt, eine Verstoß gegen § 10 StVO zur Last. Für ihn war die Beklagte zu 1) eine Teilnehmerin am fließenden Straßenverkehr. Er hatte ihr das Vorrecht zu gewähren und darauf zu achten, daß sie nicht gefährdet werden konnte. Die ihm insoweit obliegende gesteigerte Sorgfaltspflicht hat er nicht genügt, indem er nach seinem eigenen Vortrag sich nur nach links umgeschaut hat und dann in die P1 Straße eingebogen ist. Darüberhinaus ist der Kläger, wie die Zeugen T und P2 übereinstimmend bekundet haben, mit erheblicher Geschwindigkeit aus dem Tankstellenbereich auf die P1 Straße eingebogen, was der Kläger ebenfalls nicht in Abrede gestellt hat. Infolgedessen trifft den Kläger ein erheblicher Verschuldensvorwurf, hinter dem ein etwaiger Verkehrsverstoß der Beklagten zu 1) zurücktreten muß.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Berufung war daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks"><strong><u>Berufungsstreitwert</u></strong>:                     862,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">T2                                L                                      D</p>
|
315,344 | olgk-1988-07-25-25-wf-14988 | {
"id": 822,
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} | 25 WF 149/88 | "1988-07-25T00:00:00" | "2019-03-13T14:53:13" | "2022-10-18T15:03:48" | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1988:0725.25WF149.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Leverkusen vom 13. Juni 1988 wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>G r ü n d e :</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I .</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Parteien sind getrennt lebende Eheleute. Ihre beiden Kinder, die am 22. Januar 1975 geborene T. I. und der am 15. Oktober 1977 geborene U. I., leben bei der Klägerin.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte zahlt seit längerem Unterhalt für die beiden Kinder, bis einschließlich August 1987 in Höhe von 300,-- DM monatlich, seit September 1987 in Höhe von 200,-- DM monatlich je Kind.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Anfang September 1987 hat die Klägerin eine Stufenklage erhoben mit den Anträgen, den Beklagten zu verurteilen,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">a) ihr Auskunft über sein Einkommen zu erteilen,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">b) die Richtigkeit seiner Auskunft an Eides Statt zu versichern,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">c) an sie einen noch zu beziffernden Ehegatten- und Kindesunterhalt zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Mit Versäumnisurteil vom 28. Oktober 1987 hat das Familiengericht dem Antrag zu a) stattgegeben.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Nachdem der Beklagte die Auskunft über sein Einkommen erteilt hatte, hat die Klägerin ihren Zahlungsantrag beziffert, und zwar für die Tochter T. auf 375,-- DM monatlich, für den Sohn U. auf 315,-- DM monatlich, jeweils abzüglich 37,50 DM monatlich anteiliges Kindergeld. Ehegattenunterhalt hat sie nicht weiter geltend gemacht.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Entsprechend einem Vorschlag des Familiengerichtes haben die Parteien am 22. Juni 1988 einen Vergleich geschlossen, durch welchen der Beklagte sich verpflichtet hat, für die Zeit ab September 1987 für die Tochter T. über freiwillig gezahlte 200,--<i> </i>DM monatlich hinaus weitere 107,50 DM monatlich und für den Sohn U. über freiwillig gezahlte</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">200,-- DM monatlich hinaus weitere 52,50 DM monatlich zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Von Anbeginn des Verfahrens an hatte die Klägerin um die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe gebeten. Noch vor dem Erlaß seines Versäumnisurteiles vom 28. Oktober 1987, nämlich mit Beschluß vom 9. Oktober 1987, hat das Familiengericht diesem Antrag stattgegeben, jedoch "vorerst bis zu einem Streitwert von 1.000,-- DM". Mit Beschluß vom 13. Juni 1988 hat das Familiengericht die der Klägerin bereits bewilligte Prozeßkostenhilfe auf einen Streitwert von 1.920,-- DM ausgedehnt, nämlich 12 mal (106,50 DM + 52,50 DM); das weitergehende Prozeßkostenhilfegesuch hat es zurückgewiesen mit</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">der Begründung, soweit die Klägerin bei der Bezifferung ihrer Anträge nicht die tatsächlichen Unterhaltszahlungen des Beklagten berücksichtigt habe, sei ihr Klagebegehren mutwillig, so daß insoweit Prozeßkostenhilfe zu versagen sei.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Gegen diesen Beschluß hat die Klägerin Beschwerde eingelegt mit dem Ziel der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für ihre Zahlungsanträge in voller Höhe. Zur Begründung bringt sie u.a. vor, sie habe nicht mutwillig gehandelt, weil "der Beklagte beliebig</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Verrechnungen nach seinen besonderen Wünschen mit anderweitigen Forderungen vorgenommen" habe, und der Beklagte sei bereits außergerichtlich aufgefordert</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">worden, eine kostenfreie Titulierung des freiwillig gezahlten Unterhalts gemäß § 49 JWG</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">vorzunehmen, dies habe er aber regelmäßig abgelehnt, zuletzt in der mündlichen Verhandlung vom 22. Juni 1988. Die Sitzungsniederschrift über diese mündliche Verhandlung, in deren Verlauf die Parteien den erwähnten Prozeßvergleich geschlossen haben, weist aus, daß die Klägerin den Beklagten nach dem Abschluß des Vergleiches aufgefordert hat, zugunsten der Kinder eine kostenfreie Verpflichtungserklärung nach § 49 JWG bezüglich der freiwilligen Zahlungen abzugeben, der Beklagte dies aber abgelehnt hat.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Das Familiengericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und dies in seinem Beschluß vom 28. Juni 1988 im einzelnen begründet.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Das Familiengericht hat sich mit Recht darauf beschränkt, der Klägerin Prozeßkostenhilfe nur für den Teil ihres Zahlungsantrages zu gewähren, welcher die freiwilligen Leistungen des Beklagten Übersteigt. Soweit die Klägerin auch diese Leistungen in ihren</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Klageantrag aufgenommen hat, erscheint ihre Rechtsverfolgung in der Tat mutwillig im Sinne von § 114 Satz 1 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Das Oberlandesgericht Düsseldorf </p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">(FamRZ 1987, 1280)</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">hat ausgesprochen, daß es in der Regel nicht mutwillig sei, einen freiwillig gezahlten Teilbetrag miteinzuklagen, wenn der darüber hinausgehende Unterhaltsanspruch streitig sei. Zur Begründung hierfür führt das OLG Düsseldorf aus, daß ein Titel, durch welchen der Unterhaltsschuldner nur zur Zahlung des Differenzbetrages über den freiwillig gezahlten Teilbetrag hinaus verurteilt werde, keine Rechtskraftwirkung für den Gesamtunterhalt oder für die umstrittene Unterhaltsspitze entfalte; er sei auch für die Vollstreckung nicht brauchbar, da der Unterhaltsschuldner die Zahlung des freiwillig geleisteten</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Teilbetrages einstellen könnte und dann nur eine Vollstreckung in Höhe der Differenz möglich wäre.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Ähnliche Erwägungen finden sich bei der Erörterung der Frage, ob ein Schuldner, der einen Teil der ihm obliegenden Leistung freiwillig erbringt, im Sinne von § 93 ZPO Veranlassung zur Klage gegeben hat. In diesem Zusammenhang führt z.B. das OLG Köln</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">(FamRZ 1986, 827)#</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">weiter ins Feld, daß der Unterhaltsschuldner gemäß § 266 BGB zu Teilleistungen nicht berechtigt sei und daß der Unterhaltsgläubiger bei nur teilweiser Titulierung seines Anspruches im Falle einer Abänderungsklage nach § 323 ZPO mit Schwierigkeiten rechnen müsse</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(vgl. hierzu auch z.B. OLG Stuttgart NJW 1978, 112; OLG Hamburg, FamRZ 1981, 583).</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Da Mutwillen im Sinne von § 114 Satz 1 ZPO wohl u.a. auch anzunehmen ist, wenn der Beklagte im Sinne von § 93 ZPO keine Veranlassung zur Klageerhebung gegeben hat</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">(vgl. z.B. Stein-Jonas-Leipold, ZPQ, Rz. 33 zu § 114),</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">ist es nicht unrichtig, die in dem dortigen Zusammenhang angestellten Überlegungen auch in die Erwägungen zu der hier in Rede stehenden Fragestellung miteinzubeziehen</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">(so z.B. KG FamRZ 1988, 518).</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Der Senat schließt sich der Auffassung des Familiengerichtes an, welches das Vorgehen der Klägerin bei der hier gegebenen Sachlage als mutwillig angesehen hat. Sie entspricht der ratio legis und den Besonderheiten des Rechtes der Prozeßkostenhilfe.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Diese soll sicherstellen, daß der Weg zu den Gerichten jedermann eröffnet bleibt, auch demjenigen, der die entstehenden Kosten nicht oder nur in begrenztem Umfang aufzubringen vermag. "Zweck der Prozeßkostenhilfe ist die Verwirklichung des sozialstaatlichen Gebots einer Gleichstellung wirtschaftlich starker und schwacher im Rechtsschutzbereich, soziale Hilfe im Bereich der Rechtspflege, staatliche Daseinsfürsorge"</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">(Kalthoener-Büttner, Prozeßkostenhilfe und Beratungshilfe, Rz. 1 m.w.N.).</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Andererseits kann der Gesetzgeber aber nicht so weit gehen, öffentliche Mittel bereitzustellen für Vorhaben, die verständigerweise nicht notwendig, die überflüssig oder gar sinnlos erscheinen. Dementsprechend geben §§ 114 ff. ZPO einem hilfsbedürftigen</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Bürger auf der einen Seite die Gewahr, falls erforderlich, auch ohne den Einsatz eigener finanzieller Mittel die Gerichte anrufen zu können, errichten auf der anderen Seite aber die Schranken der hinreichenden Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung oder -verteidigung und der Mutwilligkeit. In diesem wie in jenem Falle bedarf der finanziell</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Schwache der staatlichen Fürsorge nicht, wäre es nicht gerechtfertigt, öffentliche Mittel auszugeben.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Vor diesem Hintergrund wird deutlich, daß es hier nicht darauf ankommen kann, ob der Schuldner zu Teilleistungen berechtigt ist oder nicht. Zweck von § 266 BGB ist es, worauf das KG</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">(a.a.O.)</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">zutreffend hinweist, Belästigungen des Gläubigers durch mehrfache Teilleistungen des Schuldners zu vermeiden. Diese Zielrichtung geht aber ins Leere, wenn der Gläubiger, wie im hiesigen Rechtsstreit die Klägerin, die Teilleistungen fortlaufend entgegengenommen und nicht etwa mit der Begründung, zur Annahme solcher Teilleistungen sei sie nicht verpflichtet, zurückgewiesen hat. Derartige materiell-rechtliche Erwägungen entsprechen indes Denkkategorien, welche hier nicht am Platze sind. Entscheidend ist nicht, ob. der Schuldner zu diesem oder jenem berechtigt ist, sondern nur, ob Anlaß besteht, an der Fortdauer seiner Leistungen zu zweifeln und daher - vorsorglich - einen Titel zu erwirken, die Rechtsverfolgung durch Inanspruchnahme des Gerichtes also verständigerweise zur Sicherung des zukünftigen Unterhaltes geboten erscheint. Ist das nicht der Fall, dann besteht kein Grund, vor Gericht zu ziehen, besteht keine Notwendigkeit, durch Bereitstellung öffentlicher Mittel Hilfe zu leisten.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">So aber liegen die Dinge hier. Abgesehen davon, daß die Klägerin erstmals in ihrer Beschwerdeschrift vorgetragen hat, der Beklagte habe willkürlich Verrechnungen vorgenommen und trotz außergerichtlicher Aufforderung keine Verpflichtungserklärung nach § 49 JWG abgeben wollen - hierauf wird noch zurückzukommen sein - hat der Beklagte unstreitig fortlaufend Kindesunterhalt gezahlt. Daß er zu diesbezüglichen Leistungen nicht mehr bereit sei, seine Zahlungen also einstellen werde, hat er weder je erklärt noch sonstwie zu erkennen gegeben. Er hat den Unterhalt lediglich von 300,-- DM auf 200,-- DM je Monat und Kind vermindert, augenscheinlich im Zusammenhang mit dem Verlust seines früheren Arbeitsplatzes. Zu der Vermutung, er wolle seine Unterhaltszahlungen ganz einstellen, hat er aber keinerlei Anlaß gegeben.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Ähnliche Erwägungen gelten gegenüber der Befürchtung, der Gläubiger könne, so er nur einen Titel über den nicht freiwillig gezahlten Teil seines Unterhaltes erlange, Nachteile erleiden im Falle einer Zwangsvollstreckung, wegen der begrenzten Rechtskraft und im Falle einer Abänderungsklage nach § 323 ZPO. Diese Überlegungen liegen auf einer anderen Ebene als die Argumentation mit materiell-rechtlichen Gesichtspunkten. Hier geht es um die Abwägung zwischen den höheren Kosten, welche bei der Klage auf die volle Leistung entstehen, einerseits und etwaigen zukünftigen Risiken andererseits. Sind diese Risiken so hoch, daß sie den höheren Kostenaufwand rechtfertigen, die Hilfsbedürftigkeit des finanziell nicht oder nur begrenzt leistungsfähigen Bürgers auslösen und so den Einsatz öffentlicher Mittel erforderlich machen?</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">In Hinsicht auf eine mögliche Zwangsvollstreckung ist das sicher nicht der Fall. Theoretisch läßt sich freilich nicht ausschließen, daß der Beklagte seine bisherigen Zahlungen eines Tages ganz oder teilweise einstellen und die Klägerin zur Zwangsvollstreckung</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Veranlassen werde. Dies ist jedoch unwahrscheinlich. Abgesehen davon, daß er in der Vergangenheit regelmäßig gezahlt hat, wird der Beklagte, sofern nicht eine wesentliche Änderung der beim Abschluß des Prozeßvergleiches gegebenen Verhältnisse eintritt, kaum so töricht sein, sich selbst sehenden Auges in Schwierigkeiten zu bringen, sich selbst mit Kosten zu belasten. Im Rahmen ihres Prozeßvergleiches haben die Parteien materiell -rechtlich eine Unterhaltsvereinbarung getroffen und sich auf 307,50 DM monatlich für T. und 252,50 DM monatlich für U. geeinigt. Hierbei haben sie einen Vorschlag des Familiengerichtes aufgenommen, den dieses zuvor schriftlich erläutert und zu dessen Begründung es dargelegt hatte, daß die Sätze der zweiten Einkommensgruppe der sogen. Düsseldorfer Tabelle anzuwenden seien, nicht, wie von der Klägerin begehrt, diejenigen der dritten Einkommensgruppe. Das Nachgeben der Klägerin beim Abschluß des Prozeßvergleiches liegt nicht nur in der Ermäßigung ihrer Forderung, sondern auch in dem Verzicht auf die Titulierung der freiwillig gezahlten Teilbeträge - eine Vorgehensweise, welche die Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung des Unterhaltes in Höhe der vollen vereinbarten Beträge unberührt läßt. Würde der Beklagte künftig also etwa nur noch 107,50 DM monatlich und 52,50 DM monatlich zahlen, und so dem Versuch einer Zwangsvollstreckung den Boden entziehen, so wäre sicher, daß er umgehend mit einem neuen Rechtsstreit zur Titulierung der bisher freiwillig geleisteten Teilzahlungen überzogen würde, in dem zu obsiegen er wegen der Unterhaltsvereinbarung keine Chance, er aber wohl alle Kosten zu tragen hätte - in etwa gleichbleibende</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">wirtschaftliche Verhältnisse vorausgesetzt. Notfalls könnte die Klägerin, um die Fortzahlung der bisher freiwilligen Leistungen sicherzustellen, eine einstweilige Verfügung</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">erwirken.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Der Gesichtspunkt der beschränkten Rechtskraft kann vorliegend keine Rolle spielen, weil der Prozeßvergleich keiner Rechtskraft fähig ist. </p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Gegen das Vorgesagte läßt sich freilich einwenden, die Betrachtung stelle auf einen unrichtigen Zeitpunkt ab, weil der Prozeßvergleich zeitlich nach dem Prozeßkostenhilfeantrag der Klägerin abgeschlossen worden sei. Maßgebend sei aber, so ließe sich anführen, der Zeitpunkt der Antragstellung; zu dieser Zeit jedoch habe die Klägerin ein Urteil</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">erstrebt, den Abschluß eines Prozeßvergleiches noch nicht vorhersehen können. Dies ändert indes am Ergebnis nichts. Ein Urteil, welches eine Unterhaltsrente über einen freiwillig gezahlten Teilbetrag hinaus zuspricht, entscheidet nur über eine Teilklage und stellt nicht rechtskräftig fest, daß der zugrunde liegende Unterhaltsanspruch im Umfang der freiwilligen Zahlung bestehe; für Mehrforderungen des Unterhaltsgläubigers ist in</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">einem solchen Fall nicht die Abänderungsklage, sondern die Nachforderungsklage gegeben</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">(BGH FamRZ 1985, 371 = NJW 1985, 1340).</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Das bedeutet, daß es dem Unterhaltsgläubiger, falls die freiwilligen Zahlungen des Unterhaltsschuldners eines Tages ausbleiben sollten, offen steht, diesen Teilbetrag erneut einzuklagen, ohne daß eine Bindung an die vorangegangene Entscheidung bestünde. Erweist sich in diesem neuen Rechtsstreit, daß ein Unterhaltsanspruch tatsächlich in Höhe des bisher freiwillig gezahlten Teilbetrages und des bereits zuerkannten "Spitzenbetrages" besteht, dann wird der Unterhaltsgläubiger genauso obsiegen, wie es in dem vorangegangenen Rechtsstreit der Fall gewesen wäre, wäre dort auch schon der freiwillig gezahlte Teil des Unterhaltes Streitgegenstand gewesen. Ergibt sich hingegen, daß der Unterhaltsanspruch in Wahrheit niedriger ist als die Summe des bisher freiwillig gezahlten Teiles und des bereits titulierten Teiles, dann war es für den Unterhaltsgläubiger vorteilhaft, seinerzeit nur den über die freiwilligen Zahlungen hinausgehenden Teil eingeklagt zu haben. In dem neuen Rechtsstreit wird er zwar ganz oder teilweise unterliegen, die in der Vergangenheit freiwillig geleisteten Zahlungen aber hat er tatsächlich bekommen.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Irgendwelche Schwierigkeiten im Falle einer Abänderungsklage hat der Unterhaltsgläubiger, vorliegend die Klägerin, schließlich ebenfalls nicht zu befürchten. Wie bereits ausgeführt, kommt bei einer Fallgestaltung der hier in Rede stehenden Art für ihn ohnehin nicht eine Klage nach § 323 ZPO, sondern eine Nachforderungsklage in Betracht. Wie</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">die Situation sich aus der Sicht des Unterhaltsschuldners, hier des Beklagten, darstellt,</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">(vgl. hierzu BGH FamRZ 1985, 582 = NJW 1985, 1343),</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">ist für den Unterhaltsgläubiger und die Notwendigkeit, den Unterhalt in voller Höhe einzuklagen, ohne Belang. Nach alledem handelt ein Unterhaltsgläubiger, der trotz freiwilliger Zahlungen des Unterhaltsschuldners den Unterhaltsanspruch in voller Höhe einklagt, und nicht nur dessen über die freiwilligen Zahlungen hinausgehenden Teil, mutwillig im Sinne von § 114 Satz 1 ZPO. Bei einer derartigen Sachgestaltung würde, wie es in § 114 Abs. 1 Satz 2 ZPO a.F. hieß, "eine nicht das Armenrecht beanspruchende Partei ... nur einen Teil des Anspruchs geltend machen"</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">(ebenso OLG Oldenburg, Beschluß vom16. September 1977 - 5 UF 58/77<i> </i>-; OLG</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">Bremen, Beschluß vom 22. März 1978 - UF 34/78 -; OLG Hamm, Beschluß vom 12. September 1978 - 1 WF 441/78 -; allesamt zitiert in KoRspr, Übersicht zu § 114 ZPO; AG Pinneberg, SchleswHA 1978, 172; OLG Düsseldorf, FamRZ 1981, 70; Baumbach-Lauterbach, Anm. 2 B b) bb) zu § 114; Künkel, DAmtsV 1983, 348; Zöller- Schneider, ZPO, Rz. 53 zu § 114; Kalthoener-Büttner, Prozeßkostenhilfe und Beratungshilfe, Rz. 490).</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Das alles gilt um so mehr, als die Klägerin selbst die Risiken einer nur teilweisen</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Titulierung der Unterhaltsansprüche der Kinder nur gering eingeschätzt hat, wäre sie andernfalls doch wohl kaum bereit gewesen, vergleichsweise auf die Titulierung der freiwilligen Zahlungen zu verzichten. Dies ist übrigens um so bemerkenswerter, als der</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Beklagte zuvor angekündigt hatte, die Klageforderung zum großen Teil, nämlich in Höhe von 327,-- DM und 276,-- DM abzüglich jeweils 37,50 DM anteiligen Kindergeldes monatlich anerkennen zu wollen, und zwar ohne Begrenzung auf die nicht freiwillig ge-</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">zahlten Teilbeträge.</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">In ihrer Beschwerdeschrift hat die Klägerin allerdings vorgetragen, der Beklagte habe in der Vergangenheit gegenüber seinen freiwilligen Zahlungen willkürlich Verrechnungen vorgenommen und er habe es trotz außergerichtlicher Aufforderung abgelehnt, eine Verpflichtungserklärung nach § 49 JWG abzugeben. Ausweislich der Sitzungsniederschrift des Familiengerichtes hat die Klägerin eine solche Aufforderung in der Tat vergeblich ausgesprochen, aber erst nach dem Abschluß des Prozeßvergleiches. Diese Aufforderung vermag die Annahme des Mutwillens im Sinne von § 114 Satz 1 ZPO nicht zu entkräften.</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Ob eine willkürliche Verrechnung oder die Zurückweisung einer außergerichtlichen Aufforderung zur Abgabe einer Verpflichtungserklärung nach § 49 JWG geeignet wäre, das Vorgehen der Klägerin in anderem Lichte erscheinen zu lassen, kann auf sich beruhen.</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Denn diese Dinge hat die Klägerin, wie bereits erwähnt, erstmals in ihrer Beschwerdeschrift, also erst nach dem Abschluß des Rechtsstreites durch den Prozeßvergleich behauptet. Zu diesem Zeitpunkt aber vermochte die Klägerin ihr Prozeßkostenhilfegesuch</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">nicht mehr "nachzubessern". Entscheidend ist vielmehr, daß bis zum Abschluß des Rechtsstreits kein Prozeßkostenhilfegesuch vorlag, welchem das Gericht hätte stattgeben können. Insofern kann hier nichts anderes gelten, als wenn die Klägerin ein</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Prozeßkostenhilfegesuch erstmals nach dem Abschluß des Rechtsstreites angebracht hätte.</p>
|
315,345 | lg-bochum-1988-07-19-11-s-58987 | {
"id": 803,
"name": "Landgericht Bochum",
"slug": "lg-bochum",
"city": 393,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 11 S 589/87 | "1988-07-19T00:00:00" | "2019-03-13T14:53:15" | "2022-10-18T15:03:48" | Urteil | ECLI:DE:LGBO:1988:0719.11S589.87.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Beklagten gegen das am 23.10.1987 verkündete Urteil des Amtsge-richts Recklinghausen wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.</p>
<p></p>
<p>Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe</u>:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Berufung des Beklagten ist zulässig, sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Kläger haben gegen den Beklagten einen Anspruch auf Schmerzensgeld wegen Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts (§§ 823 Abs. 1, 847 BGB).</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Beklagte unbefugt in die Privatsphäre der Kläger eingegriffen hat. Er hat im Jahre 1983 über längere Zeit hinweg Bestellungen und Anzeigen im Namen des Klägers - ohne dessen Auftrag und gegen dessen Willen - aufgegeben. Die Sachverständige A hat in ihrem Gutachten, dem sich die Kammer anschließt, festgestellt, dass der Kläger selbst nicht Urheber der in Rede stehenden schriftlichen Bestellungen ist. Nach den Ergebnissen der schrift- und vergleichs-analytischen Untersuchungen sei vielmehr der Beklagte mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit als Urheber der Ausfüllschriften und der strittigen Bestellungen anzusehen. Dies ergebe sich aus einer Fülle von Übereinstimmungen bei den Druckbuchstaben "G, W, K, 0, Ü, S, F, r, w, e" mit dem Vergleichsmaterial, welches von dem Beklagten stammt.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Auch der Sachverständige M, der in dem gegen den Beklagten gerichteten Ermittlungsverfahren 7 Js 365/83<i> </i>StA Bochum ein Schriftgutachten erstellt hat, kommt zu dem Ergebnis, dass zumindest hinsichtlich einer Urkunde sich ausreichende Merkmale dafür ergeben, dass der Beklagte als Urheber dieser Urkunde in Betracht gezogen werden muss.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Dem steht nicht entgegen, dass die Sachverständige A nicht feststellen konnte, dass die Unterschriften auf den Bestellzetteln von dem Beklagten stammen. Bei den fraglichen Unterschriften handelt es sich zum Teil um Pausfälschungen, bei denen die Urheberschaft nur schwer zu ermitteln ist. In den übrigen Fällen standen der Sachverständigen nur Reproduktionen zur Verfügungen, wodurch die Analysierbarkeit stark eingeschränkt war.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Darüber hinaus hat die Zeugin M1 bei ihrer Vernehmung bekundet, sie sei sich zu 90 % sicher, dass der Beklagte seinerzeit im Januar 1983 bei ihr eine Anzeige aufgegeben habe, wonach der Kläger angeblich ein Paar fast neue Langlaufski und ein Hollandrad zu verschenken habe. Die Aussage der Zeugin ist glaubhaft. Sie konnte sich noch gut an den fraglichen Vorgang erinnern, da sie selbst an den angeblich zu verschenkenden Gegenständen interessiert war. Sie wusste auch noch, dass sie damals Hemmungen hatte, den Beklagten nach den fraglichen Gegenständen zu fragen. Aus diesen Umständen ergibt sich auch, warum die Zeugin, die in ihrem Beruf viel mit fremden Menschen zu tun hat, sich noch so genau an den Beklagten erinnern konnte. Für die Glaubwürdigkeit der Zeugin spricht zudem, dass sie ihrem eigenen Erinnerungsvermögen kritisch gegenübersteht und nicht versucht, dem Gericht eine 100 %ige Sicherheit vorzutäuschen. Auch wenn die Zeugin im Jahre 1983, als ihr von dem ermittelnden Polizeibeamten ein Bild des Beklagten gezeigt wurde, nur gesagt hat, dass dieser als Anzeigenaufgeber in Betracht käme, wird die Glaubwürdigkeit der Zeugin hierdurch nicht beeinträchtigt. Es ist allgemein bekannt, dass Menschen auf einem Foto - insbesondere auf einem Zeitungsfoto - nicht immer so aussehen wie in Natura.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Auch der Umstand, dass der Anzeigenaufgeber nach Angaben der Zeugin M1 möglicherweise eine Brille getragen hat - der Beklagte ist kein Brillenträger - vermag keine andere Beurteilung zu rechtfertigen. Es ist ohne weiteres möglich, dass der Beklagte seinerzeit eine Brille getragen hat, um so sein Aussehen bewusst zu verändern.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Zu berücksichtigen ist weiter, dass nur ein Bekannter des Klägers als Urheber der Anzeigen und Bestellungen in Betracht kommen kann, denn dieser musste in den Besitz von Schriftstücken gelangen können, die die Unterschrift des Klägers trugen, um so die teilweise erfolgten Pausfälschungen fertigen zu können.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Zwar mögen die einzelnen Beweismittel für sich genommen nicht ausreichen, den Beklagten als den Urheber der Bestellungen und Anzeigen zu identifizieren. Im Rahmen einer erforderlichen Gesamtbetrachtung verbleiben jedoch letztlich keine durchschlagenden Bedenken an der Urheberschaft des Beklagten, so dass die Kammer davon ausgeht, dass der Beklagte die gegen die Kläger gerichteten Belästigungen initiiert hat.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Durch sein Vorgehen hat der Beklagte das Persönlichkeitsrecht der Kläger verletzt, indem er dafür gesorgt hat, dass Firmen, Anzeigeninteressenten, Taxifahrer und weitere Personen - zum Teil massiv - an die Kläger herangetreten sind und bei diesen eine erhebliche Störung des Privatlebens herbeigeführt haben.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Durch die Bestellungen des Beklagten, die im Namen des Klägers erfolgten, wurde zudem der Ruf des Klägers bei den betroffenen Warenlieferanten erheblich geschädigt. Diese gingen selbstredend davon aus, dass der Kläger selbst die Bestellungen aufgegeben hatte und sich sodann auch vertragstreu verhalten würde. Es ist offensichtlich, dass es den Kläger erhebliche Mühe kostete, die Warenlieferanten davon zu überzeugen, dass die Bestellungen gefälscht worden waren. Insoweit ist umfangreicher Schriftverkehr des Klägers zu den Akten gelangt.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Es entspricht auch allgemeiner Lebenserfahrung, dass sich auf eine Anzeige, wonach fast neue Langlaufskier und ein Hollandfahrrad zu verschenken sind, eine Vielzahl von Personen meldet. Es handelt sich bei den entsprechenden Gegenständen um in der Bevölkerung begehrte und vom Neupreis her relativ teure Gegenstände. Dass die Interessenten verärgert waren und vereinzelt sogar ausfallend und beleidigend wurden, als ihnen mitgeteilt wurde, dass der Kläger nichts zu verschenken habe, liegt ebenfalls auf der Hand.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">In die Privatsphäre der Klägerin ist schließlich insbesondere durch die Zeitungsannonce in der "Welt am Sonntag" eingegriffen worden. Es entspricht allgemeiner Lebenserfahrung, dass eine Anzeige, mit der ein Ehemann angeblich eine Reisebegleitung für "große Törns und mehr" sucht, zu einer erheblichen Belastung der Ehe führt. Schließlich ist es nur natürlich, dass eine Ehefrau verärgert ist, wenn sich ihr Ehemann per Zeitungsannonce nach einer neuen Partnerin umsieht.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Eingriff des Beklagten erfolgte widerrechtlich und vorsätzlich, denn die erfolgten Störungen sollten gerade durch das Vorgehen des Beklagten erreicht werden. Die Kläger können den ihnen daraus entstandenen Schaden ersetzt verlangen, sie haben zudem Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens in Geld (Schmerzensgeld), denn es liegt eine schwere Verletzung des Persönlichkeitsrechts vor und Genugtuung kann auf andere Weise nicht erlangt werden.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes hat die Kammer berücksichtigt, dass der Beklagte vorsätzlich gehandelt hat und durch sein Vorgehen insbesondere den Kläger, aber auch die Klägerin in ihrem Persönlichkeitsrecht ganz erheblich verletzt hat. Nach allem erscheint der Kammer ein Schmerzensgeld in Höhe von 3.000,- DM für den Kläger und ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.500,- DM für die Klägerin angemessen und erforderlich.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat weiterhin Anspruch auf Erstattung der ihm entstandenen Anwaltskosten in Höhe von 466,90 DM (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 267 Abs. 1 StGB). Der Beklagte hat, indem er fortlaufend Bestellungen auf den Namen des Klägers aufgab und diese mit dem Namen des Klägers unterzeichnete, eine fortgesetzte Urkundenfälschung begangen. Auch wenn die Vorschrift des § 267 StGB primär der Sicherheit und Zuverlässigkeit des Rechtsverkehrs dient, so dient sie daneben auch unmittelbar dem Individualschutz. Durch diese Norm soll auch der Einzelne unmittelbar davor geschützt werden, dass in seinem Namen unbefugt Urkunden ausgestellt werden. Durch die fortgesetzte Urkundenfälschung ist dem Kläger ein Schaden in Höhe der Anwaltskosten entstanden. Der Kläger durfte zur sachgerechten Verfolgung seiner Interessen einen Anwalt einschalten, um so die dauernden Falschbestellungen wirkungsvoll zu unterbinden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Falschbestellungen nicht nur den guten Ruf des Klägers beeinträchtigten. Daneben wurde auch das Vermögen des Klägers akut gefährdet, denn der Kläger musste schließlich bei jeder Bestellung damit rechnen, dass der Warenlieferant von ihm Erfüllung des vermeintlich von ihm geschlossenen Kaufvertrages verlangen würde.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Ohne Bedeutung ist es insoweit, dass in dem Strafverfahren selbst keine Kostenregelung getroffen wurde.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Nach allem war die Berufung des Beklagten mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergehenden Kostenfolge zurückzuweisen.</p>
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315,346 | lg-bonn-1988-07-18-5-t-8788 | {
"id": 804,
"name": "Landgericht Bonn",
"slug": "lg-bonn",
"city": 394,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 5 T 87/88 | "1988-07-18T00:00:00" | "2019-03-13T14:53:17" | "2022-10-18T15:03:48" | Beschluss | ECLI:DE:LGBN:1988:0718.5T87.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beschwerde wird zurückgewiesen</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>G r ü n d e </u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Beteiligte zu 1), die die Sische Staatsangehörigkeit besitzt, hat am ##. August 19## in X2 das Kind G geboren. Mutter und Kind leben in der Bundesrepublik Deutschland. Am ##. September 19## erkannte der Sische Staatsangehörige D N zur Urkunde des Standesbeamten der Kreisverwaltung B die Vaterschaft zu dem Kind an; der Beteiligte zu 2) stimmte als gesetzlicher Vertreter des Kindes der Vaterschaftsanerkennung zu. </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Standesbeamte des Standesamtes X2 hat es abgelehnt, das Vaterschaftsanerkenntnis dem Geburtseintrag des Kindes beizuschreiben. Er hält, ebenso wie der Beteiligte zu 3), die Beischreibung nicht für zulässig, weil das Kind nach Sischem Recht ehelich sei. Die durch Urteil des Amtsgerichts –Familiengerichts – X vom 10. Dezember 1985 - ## F ###/## - ausgesprochene Scheidung der Ehe der Beteiligten zu 1) mit einem Sischen Staatsangehörigen sei nicht durch ein Sisches Gericht anerkannt worden, so daß die Mutter des Kindes im Sischen Rechtsbereich noch als verheiratet gelte. </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Auf den Antrag des Beteiligten zu 2) hat das Amtsgericht durch den angefochtenen Beschluss den Standesbeamten des Standesamtes X2 angehalten, die Vaterschaftsanerkennung zu dem betroffenen Kind G B2 durch den Sischen Staatsangehörigen D N vom ##. April 19## am Rande des Geburtseintrages zu vermerken. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 3), der die Rechtslage für umstritten hält und eine obergerichtliche Entscheidung herbeiführen möchte. </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die nach §§ 49 Abs. 1, Abs. 2 PStG zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Beschwerde ist nicht begründet. Die Kammer schließt sich den zutreffenden Ausführungen des angefochtenen Beschlusses an, wonach die Frage, ob eine Ehe aufgelöst ist, nicht nach dem gem. Artikel 19 Abs. 1 EGBGB in Betracht kommenden Recht, sondern bei Vorliegen eines deutschen Scheidungsurteils selbständig nach deutschem Recht zu entscheiden ist. Auf die zur Begründung angeführten Gesichtspunkte und die zitierte Literatur wird verwiesen. </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die hiergegen vorgebrachten Argumente in der Beschwerdeschrift greifen demgegenüber nicht durch. </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Beschwerdeführer verkennt zunächst nicht, daß die Frage, ob die Mutter eines Kindes in gültiger Ehe lebt, nicht nach dem durch Artikel 19 EGBGB berufenen Recht (Familienstatut) zu beurteilen, sondern selbständig, d. h., unter Anwendung der Kollisionsnormen des deutschen Rechts, anzuknüpfen ist. Danach ist aber die Frage, ob die frühere Ehe der Beteiligten zu 1) wirksam geschieden ist, nur davon abhängig, ob ein deutsches Scheidungsurteil vorliegt. Es handelt sich hierbei um eine Frage des internationalen Scheidungsverfahrensrechts, für die die Frage, ob die deutsche Scheidung nach ausländischem Recht anerkannt wird, ohne Bedeutung ist. Für den deutschen Rechtsbereich kommt es danach nur auf das deutsche Scheidungsurteil an (vgl. Massfeller-Hoffmann, Rdn, 78 zu § 21 PStG, Rdn, 21 ff zu § 5 EheG; BGH NJW 1981, 1900, 1901 a.E.). An der Richtigkeit dieser Auffassung hat sich auch nichts durch die Neufassung des Artikel 13 Abs. 2 EGBGB geändert. Denn diese Vorschrift berührt Fragen des internationalen Scheidungsverfahrensrechts nicht; sie gewinnt allenfalls Bedeutung für die Frage der Ehefähigkeit, weil sich diese Frage im internationalen Eheschließungsrecht als ''Vorfrage'' im Rahmen des von Artikel 13 Abs. 1 EGBGB berufenen Eheschließungsstatus stellen kann (Massfeller-Hoffmann, Rdz, 22 a zu § 5 EheG). Entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 3) wird durch diese Betrachtungsweise auch nicht das Bestreben des Gesetzgebers bei der Neuschaffung der Artikel 13 Abs. 2, 19, 20 EGBGB, hinkende Ehen zu vermeiden, unzureichend berücksichtigt. Dieses Problem ergibt sich nämlich nur dann, wenn ein deutsches Gericht gegen die in § 606 b ZPO geregelte internationale Zuständigkeitsvorschrift verstoßen hat und deshalb die Scheidung im Ausland nicht anerkannt wird. Bei richtiger Anwendung der Regeln über die internationale Zuständigkeit steht hingegen der Anerkennung der deutschen Scheidung im Ausland kein Hindernis entgegen (Massfeller-Hoffmann, a.a.O. Rdn. 22 zu § 5 EheG). Sinn der Anerkennung einer ausländischen Scheidung kann es nur sein, deren Wirkung auch auf das Inland zu erstrecken. Hier geht es aber nicht um die Frage, ob das deutsche Scheidungsurteil im Sischen Rechtskreis Anerkennung findet, sondern darum, ob deutsche Behörden und Gerichte an die von einem deutschen Gericht ausgesprochene Scheidung gebunden sind. Für diese Frage kann es auf die Anerkennung der Entscheidung durch das Heimatland nicht ankommen. Vielmehr ist die Ehe für den deutschen Rechtsbereich aufgelöst (Massfeller-Hoffmann, Rdn, 78 zu § 21 PStG). Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ergibt sich aus der Kommentierung Massfeller-Hoffmann Rdn, 82 zu § 21 PStG nichts anderes, weil der dortige Verweis auf § 17 EGBGB einen anderen Fall als den hier vorliegenden betrifft. Auch soweit die Frage in Rdn. 78 zu § 21 PStG als umstritten bezeichnet wird, bezieht sich dies offensichtlich nur darauf, ob die Frage der Gültigkeit der Ehe selbständig oder unselbständig anzuknüpfen ist, wie auch der Verweis auf Vorbemerkungen 22 vor § 1 ff EheG zeigt. Der dortigen Kommentierung lässt sich nichts anderes entnehmen; vielmehr ergibt sich aus den Bemerkungen Rdn. 21 ff zu § 5 EheG eindeutig, daß die Inlandswirkung des deutschen Urteils unabhängig davon gesehen wird, ob die Entscheidung im ausländischen Heimatstaat anerkannt wird. </p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, da der Beteiligte zu 3) Gebührenfreiheit genießt (§ 11 KostO). Eine Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten war nicht veranlasst, da im Beschwerdeverfahren nicht mehrere im Sinne des § 13 a FGG beteiligt waren. </p>
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