id
int64 58.9k
347k
| slug
stringlengths 19
56
| court
dict | file_number
stringlengths 4
100
| date
timestamp[s] | created_date
timestamp[s] | updated_date
timestamp[s] | type
stringclasses 54
values | ecli
stringlengths 0
46
| content
stringlengths 0
4.66M
|
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
315,045 | lg-kleve-1990-10-24-2-o-9090 | {
"id": 811,
"name": "Landgericht Kleve",
"slug": "lg-kleve",
"city": 445,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 2 O 90/90 | 1990-10-24T00:00:00 | 2019-03-13T14:44:48 | 2022-10-18T15:09:14 | Urteil | ECLI:DE:LGKLE:1990:1024.2O90.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 17.708,23 DM (i.W.: siebzehntausendsiebenhundertacht 23/100 Deutsche Mark). nebst 6 % Zinsen seit dem 24.02.1990 zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 22.000,-- DM vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Die Sicherheit kann auch durch Bürgschaft einer deutschen Bank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse erbracht werden.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:5px">Tatbestand:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:4px">Die Beklagte erschien am 15.02.1990 in der Hauptstelle der Klägerin, um 161.000 alte jugoslawische Dinar in Deutsche Mark umzutauschen. Dem Kassierer der Klägerin war nicht bekannt, daß die alten jugoslawischen Dinar durch eine Währungsumstellung am 26.01.1990 im Verhältnis 1:10.000 abgewertet worden waren (Mitteilung der Westdeutschen Genossenschafts-Zentralbank e.G. vom 26.01.1990, B1. 11 GA). Er legte einen Wert von 11,-- DM pro 100 neuer jugoslawischer Dinar zugrunde und zahlte der Beklagten 17.710,-- DM aus. Nachdem bei der Klägerin der Irrtum bemerkt wurde, erklärte diese mit Schreiben vom 21,02.1990 (Bl. 12 <u>ff. GA</u>) gegenüber der Beklagten die Anfechtung des mit ihr geschlossenen Geldwechselvertrages wegen arglistiger Täuschung und wegen Irrtums. Sie forderte die Beklagte zur Rückzahlung des zuviel erhaltenen Geldwechselbetrages in Höhe von</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">17.708,23 DM (17.710,-- DM abzüglich 1,77 DM Gegenwert für die eingetauschten alten Dinar) bis zum 23.02.1990 auf. Die Beklagte zahlte den Geldbetrag nicht zurück.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin meint, ein Rückzahlungsanspruch stehe ihr aus ungerechtfertigter Bereicherung zu. Jedenfalls sei dem Geldwechselvertrag der, Parteien im Wege der Auslegung der richtige Tageskurs zugrundezulegen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:22px">die Beklagte zu verurteilen, an sie 17.708,23 DM nebst 6 % Zinsen seit dem 24.02.1990 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:25px">Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte behauptet, der tatsächliche Wert der eingetauschten Dinar sei ihr nicht bekannt gewesen. Sie habe auch nichts von der Abwertung der Währung gewußt.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:4px">Entscheidungründe </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:4px">Die Klage ist begründet.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:4px">Die Beklagte ist unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet, der Klägerin den überzahlten Wechselbetrag in Höhe von 17.708,23 DM zurückzuzahlen (§ 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alternative BGB).</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat den genannten Betrag durch eine Leistung der Klägerin erhalten, ohne daß hierfür ein Rechtsgrund bestand. Nach Auffassung der Kammer haben die Parteien am 15.02.1990 einen Geldwechselvertrag über den Umtausch von 161.000,-- alter jugoslawischer Dinar in Deutsche Mark zum richtigen Tageskurs unter Berücksichtigung der Abwertung der alten Banknoten im Verhältnis 1:10.000 geschlossen. Dies ergibt sich aus einer Auslegung der rechtsgeschäftlichen Erklärungen der Parteien nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte (§§ 133, 157 BGB). Danach kann der Kassierer einer Bank die Erklärung eines Kunden, Zahlungsmittel einer fremden Währung in inländisches Geld umtauschen zu wollen, nur so verstehen, daß sich dieser Wechsel auf den richtigen Tageskurs beziehen soll. Das bedeutet auch, daß eine entsprechende Abwertung alter Banknoten infolge einer Währungsumstellung zu berücksichtigen ist. Eine davon irrtümlich abweichende Umrechnung durch den Kassierer steht einer unschädlichen Falschbezeichnung gleich (vgl. hierzu Palandt/Heinrichs, BGB, 49. Aufl. 1990, § 119 Anm. 5 f aa m.w.N.). Der vorliegende Fall kann insofern nicht anders behandelt werden als eine Fallgestaltung, bei der dem Kunden infolge einer versehentlich unberücksichtigt gelassenen Kursänderung zu wenig Geld ausbezahlt wird. Auch den von der Beklagten am 15.02.1990 gegenüber der Klägerin zum Ausdruck gebrachten Willen, die Summe von 161.000,-- alte jugoslawische Dinar in Deutsche Mark umzutauschen, konnte der Mitarbeiter der Klägerin nicht anders auffassen, als daß für die Umrechnung der zutreffende Tageskurs unter Berücksichtigung der am 26.01.1990 erfolgten Abwertung maßgebend sein sollte. Der Beklagten hätte somit bei Verwendung des richtigen Devisenkurses, nämlich 100,--Dinar = 11,-- DM, lediglich ein Betrag von 1,77 DM ausgezahlt werden dürfen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß von dem Betrag in Höhe von 161.000,-- jugoslawischen Dinar in alten Banknoten vier Stellen zu streichen waren (= 16,1 Dinar), um den Kursbezug der neuen Währung zu erhalten. Den überzahlten Betrag in Höhe von (17.710,-- DM - 1,77 DM =) 17.708,23 DM leistete die Klägerin somit ohne Rechtsgrund an die Beklagte.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Unter diesen Umständen kann die Kammer offen lassen, ob die Anfechtungserklärung der Klägerin vom 21.02.1990 wirksam gewesen ist und den Geldwechselvertrag mit rückwirkender Kraft beseitigt hat (§ 142 Abs. 1 BGB).</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:4px">Denn auch in diesem Falle wäre die Beklagte zur Rückzahlung des überzahlten Umtauschbetrages verpflichtet, da die Klägerin ihre Leistung ebenfalls ohne Rechtsgrund erbracht hätte.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:4px">Auf die streitige Frage, ob der Beklagten der Wert der alten Banknoten bekannt war, kommt es nicht an, da der gesetzliche Bereicherungsanspruch lediglich an den Tatbestand einer rechtsgrundlosen Vermögensverschiebung anknüpft und keinen Vorsatz des Bereicherungsschuldners erfordert.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Der Zinsanspruch ist nach §§ 284 Abs. 1, 286, 288 BGB gerechtfertigt, da die Klägerin die Beklagte zur Zahlung der Klagesumme unter Fristsetzung bis zum 23.02.1990 aufgefordert und hierdurch zugleich gemahnt hat. Die Höhe der Zinsen ergibt sich unter dem Gesichtspunkt des unbestrittenen Verlusts von Anlagezinsen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO. </p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Streitwert: 17.708,23 DM</p>
|
315,046 | lagk-1990-10-24-7-sa-63890 | {
"id": 795,
"name": "Landesarbeitsgericht Köln",
"slug": "lagk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": "Arbeitsgerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": null
} | 7 Sa 638/90 | 1990-10-24T00:00:00 | 2019-03-13T14:44:49 | 2022-10-18T15:09:13 | Urteil | ECLI:DE:LAGK:1990:1024.7SA638.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 7.6.1990 - 2 Ca 639/90 - wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Entscheidungsgründe</span></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I.                               Die Berufungsbegründungsschrift des Klägers vom20.8.1990 ist - per Telefax - bereits am selben Tagbeim Landesarbeitsgericht eingegangen. Das ergibt sichaus Blatt 48 d.GA. Der anders lautende Vermerk aufdem der Beklagten zugestellten Exemplar des Schriftsatzes, daß dieser Schriftsatz erst am 21.8.1990 perTelefax eingegangen sei, ist falsch.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">II.                            Die Berufung ist jedoch nicht begründet. DieKlage ist bereits unzulässig. Sie verstößt gegen § 242BGB. Die Kündigung der Beklagten ist auf Wunsch desKlägers erfolgt. Bei einer auf Wunsch des Arbeitnehmerserfolgten Kündigung verstößt es jedoch gegen Treu undGlauben, wenn der Arbeitnehmer sich gleichwohl auf denallgemeinen Kündigungsschutz beruft, vgl. LAG Köln,</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">DB 1984, 1105 und KR-Becker, 3. Aufl., § l KSchG Rdnr. 14. Ein solcher Wunsch ist mehr als ein - unwirksamer - Verzicht des Arbeitnehmers auf den Kündigungsschutz. Er geht darüber hinaus.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Kläger macht nicht geltend, bei der Äußerung seines Wunsches geschäftsunfähig im Sinne von § 104 Nr. 2 BGB gewesen zu sein. Sein Vorbringen, er sei krankhaft depressiv und erschöpft gewesen, ist rechtlich nicht erheblich. Einen Rechtssatz, wonach Erklärungen eines krankhaft Depressiven und Erschöpften diesem nicht zuzurechnen seien, gibt es nicht.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Richtig ist, daß die Beklagte  (aufgrund der arbeitsrechtlichen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers) dem Wunsch des Klägers nicht hätte nachkommen dürfen, wenn bei dem Gespräch mit ihm ihre Repräsentanten hätten erkennen müssen, daß der Kläger krankhaft depressiv und erschöpft ist. Das ist jedoch nicht ersichtlich. Im Gegenteil. Der Kläger hatte seinen Wunsch nach der Kün-</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">digung verständlich begründet, nämlich mit dem Wunsch, über einen längeren Zeitraum keiner Arbeit mehr nachzugehen und erst später zu entscheiden, was und wie er neu anfangen wolle. Bei der Erörterung einer Eigenkündigung wies er auf die zu erwartende Verhängung einer Sperrfrist durch die Arbeitsverwaltung hin und meinte, sich einen vorübergehenden Ausfall der Arbeitslosenunterstützung nicht leisten zu können. Er bot der Beklagten an, eine Eigenkündigung auszusprechen, wenn die Beklagte ihm unter Umgehung der bestehenden Lohnpfändung (Unterhalt der getrennten Ehefrau) Geld bar auszahle, damit er seinen Unterhalt innerhalb der Sperrfrist bestreiten könne. Der Kläger hat diesen Vortrag der Beklagten nicht bestritten. Auch der Betriebsratsvorsitzende, mit dem der Kläger anschließend sprach, hatte nicht den Eindruck, der Kläger könnte psychisch krank sein. Im Protokoll über die Sitzung des Betriebsrates vom 2.3.1990, bei der über die Kündigungsabsicht der Beklagten beraten wurde, heißt es: "Aufgrund dessen, daß Herr B aus persönlichen Gründen die Arbeit nicht mehr aufnehmen wird, ergaben sich im Betriebsrat gegen die Kündigung keine Bedenken. Die Meinung war einstimmig. Am 27. Februar hatte Herr B in einem Gespräch mit dem Betriebsratsvorsitzenden die Aufgabe seines Arbeitsverhältnisses bestätigt."</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">III.   Für die Zulassung der Revision liegen die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Sie betrifft im Gegenteil einen extremen Einzelfall. Eine Abweichung im Sinne von § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG liegt ebenfalls nicht vor.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Rechtsmittelbelehrung</span></p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil findet kein Rechtsmittel</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">statt.</p>
|
315,047 | olgk-1990-10-19-ss-49090 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | Ss 490/90 | 1990-10-19T00:00:00 | 2019-03-13T14:44:51 | 2022-10-18T15:09:13 | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1990:1019.SS490.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>I. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.</p>
<p></p>
<p>II. Das angefochtene Urteil wird mit den getroffenen Feststellungen aufgehoben.Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Bonn zurückverwiesen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen fahrlässiger Zuwiderhandlung gegen die §§ 1, 5, 49 StVO zu einer Geldbuße von 80,00 DM verurteilt. Mit dem Antrag des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wird die Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Rechtsbeschwerde ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtssprechung zuzulassen. Sie ist auch begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an eine anderer Abteilung des Amtsgerichts Bonn.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Rüge, ein abgelehnter Richter habe bei dem Urteil mitgewirkt (§ 338 Nr. 3 StPO) greift durch.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Aufgrund der ordnungsgemäß nach § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO erhobenen Verfahrensrüge, deren Tatsachenvortrag durch den Akteninhalt bestätigt wird, ist von folgendem Sachverhalt auszunehmen:</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Im Hauptverhandlungstermin vom 18.12.1989 hat der Verteidiger einen Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens und auf Augenscheinseinnahme gestellt. Die Hauptverhandlung ist daraufhin unterbrochen und am 20.12.1989 fortgesetzt worden. Zu Beginn des Fortsetzungstermins hat das Amtsgericht den Beweisantrag als unzulässig zurückgewiesen, weil der Antrag nach Schluß der Beweisaufnahme gestellt worden sei. Auf die Frage des Verteidigers, wie die Amtsrichterin zur Regelung des § 246 StPO stehe, erklärte diese, sie beantworte keine Fragen der Verteidigung zur Rechtsauffassung des Gerichts. Der Verteidiger lehnte daraufhin im Namen des Betroffenen die Amtsrichterin wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Das Amtsgericht hat den Befangenheitsantrag gemäß § 26 a Abs. 1 Nr. 3 StPO als unzulässig zurückgewiesen, da die Ablehnung offensichtlich nur mit dem Zweck der Verfahrensverschleppung und zur Verfolgung verfahrensfremder Ziele gestellt sei.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Verwerfung des Ablehnungsgesuchs als unzulässig war fehlerhaft. Die Begründung enthält nur die Wiedergabe des Wortlauts des § 26 a Abs. 1 Nr. 3 StPO. Im Fall des § 26 a Abs. 1 Nr. 3 StPO muß der Ablehnungsbeschluß aber die den Verwerfungsgrund tragenden Umstände mitteilen (§ 26 a Abs. 2 Satz 2 StPO). Die Begründung muß so ausführlich sein, daß sie dem Beschwerdegericht eine sachliche Nachprüfung ermöglicht (BayObLG VRS 44, 206; Kleinknecht/Meyer, StPO 39. Aufl., § 26 a, RNr. 9; KK-Pfeiffer, 2. Aufl., § 26 a RNr, 4; Wendisch in Löwe-Rosenberg, StPO, 24. Aufl. § 26 a, RNr. 40). Daran fehlt es. Der Verfahrensablauf läßt auch keine Anhaltspunkte dafür erkennen, daß das Ablehnungsgesuch offensichtlich nur der Verschleppungsabsicht oder verfahrensfremden Zwecken diente. Derartige Fällte kommen in der Praxis ohnehin nur ausnahmsweise vor (BayObLG VRS 44, 206, 208).</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die fehlerhafte Verwerfung des Ablehnungsgesuchs nach § 26 a StPO führt allerdings noch nicht zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, da das Revisionsgericht nach Beschwerdegrundsätzen in der Sache entscheiden muß, ob ein Ablehnungsgrund vorlag (BGHSt. 23, 265; BH NStZ 1984, 230; NJW 1985, 243, 244; BayObLG VRS 44, 206, 208; SenE vom 29.05.1990 - SS. 551/89; KK-Pikart, StPO, 2. Aufl., § 338, RNr. 59; Hanack in Löwe-Rosenberg, StPO, 24. Aufl., § 338 RNr. 65; Kleinknecht/Meyer, StPO 39. Aufl., § 338 RNr. 28). Das Revisionsgericht hat zu prüfen, ob das Gesuch nach den damaligen Verhältnissen sachlich gerechtfertigt war (Senatsentscheidung vom 26.01.1988 - Ss 650/87 = Strafverteidiger 1988, 287 m.w.N.).</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Das Ablehnungsgesuch war zur Zeit der Antragstellung sachlich begründet. Nach § 24 Abs. 2 StPO kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen. Mißtrauen in die Unparteilichkeit des Richters ist gerechtfertigt, wenn der Ablehnende bei verständiger Würdigung des ihm bekannten Sachverhalts Grund zu der Annahme hat, der abgelehnte Richter nehme ihm gegenüber eine innere Haltung ein, die seine Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen könne (SenE - Strafverteidiger 1988, 287 m.w.N.; Senatsentscheidung vom 19.09.1989 - Ss. 127/89; Kleinknecht/Meyer, StPO, 39. Aufl., § 24 RNr. 8). Maßgebend sind der Standpunkt eines vernünftigen Angeklagten bzw. Betroffenen und die Vorstellungen, die er sich bei der ihm zumutbaren ruhigen Prüfung der Sachlage machen kann (SenE Strafverteidiger 1988, 287; Kleinknecht/Meyer a.a.O. - jeweils m.w.N.). Die rechtswidrige Ablehnung eines begründeten Beweisantrags allein begründet noch nicht die Besorgnis der Befangenheit (BGH NStZ 1988, 372). Etwas anderes gilt jedoch, wenn eine Zwischenentscheidung in einem anhängigen Verfahren völlig abwegig ist (BGH NJW 1984, 1907, 1909; OLG Koblenz GA 77, 314; Kleinknecht/Meyer a.a.O. § 24, RNr. 14; Wendisch in Löwe-Rosenberg, StPO, 24. Aufl., § 24, RNr. 27) oder sogar den Anschein der Willkür erweckt (BayObLG DRiZ 1977, 244; Kleinknecht/Meyer a.a.O. § 24, RNR. 14).</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Ein solcher Fall war hier gegeben. Die Ablehnung des Beweisantrags mit der Begründung, er sei nach Schluß der Beweisaufnahme gestellt worden, verstieß gegen den fundamentalen Grundsatz, dass Beweisanträge bis zum Beginn der Urteilsverkündung gestellt werden können (BGHST 16, 389, 391; 21, 118, 123; NStZ 1981, 311 und 1982, 41; SenE VRS 64, 279, 280; Alsberg/Nüse/Meyer, Der Beweisantrag im Strafprozeß, 5. Aufl., Seite 387; Herdegen in KK, StPO, 2. Aufl., § 246 RNr. 1; Kleinknecht/Meyer, StPO, 39. Aufl., § 244 RNr. 33 und § 246 RNr. 1). Dieser Grundsatz gilt auch im Bußgeldverfahren. Grundsätzlich richtet sich das gerichtliche Verfahren in Bußgeldsachen nach der StPO, sowie im OWiG nichts anderes bestimmt ist (§ 71 OWiG). Für den Zeitpunkt, bis zu dem ein Beweisantrag gestellt worden sein muß, trifft das OWiG keine spezielle Regelung. Es erleichtert in § 77 Abs. 2 OWiG lediglich die Ablehnung von Beweisanträgen und gibt dem Gericht die Möglichkeit, insbesondere dann einen Beweisantrag abzulehnen, wenn nach seiner freien Würdigung das Beweismittel oder die zu beweisende Tatsache in einem Verfahren wegen einer geringfügigen Ordnungswidrigkeit ohne verständlichen Grund so spät vorgebracht wird, das die Beweiserhebung zur Aussetzung der Hauptverhandlung führen würde (§ 77 Abs. 2 Nr. 2 OWiG). Die Voraussetzungen dieser Ablehnungsmöglichkeit - wenn das Amtsgericht sie gemeint haben sollte - lagen im vorliegenden Fall schon deshalb nicht vor, weil sie beschränkt ist auf Verfahren, die eine geringfügige Ordnungswidrigkeit zum Gegenstand haben, in denen es also um keine höhere Geldbuße als 75,00 DM geht (SenE VRS 74, 372; 75, 119; SenE vom 16.01.1990 - Ss 6/90; OLG Düsseldorf VRS 78, 140; Göhler, OWiG, 9. Aufl., § 77 RNr. 20; Senge in KK-OWiG, § 77 RNR. 23). Schon die fehlerhafte Begründung der Ablehnung des Beweisantrags erweckte den Eindruck objektiver Willkür und gab Grund für die Annahme, die abgelehnte Amtsrichterin wolle sich die Mühe ersparen, den Beweisantrag sachlich zu bescheiden. Der Umstand, daß die Entscheidung nach einer zweitägigen Unterbrechung der Hauptverhandlung erging, so daß die Amtsrichterin genügend Zeit hatte, ihre Entscheidung zu durchdenken, konnte das Gefühl bestärken, ihre gehe es nur um einen schnellen Abschluß des Verfahrens, nicht aber um die gebotene sorgfältige Prüfung und sachliche Würdigung des Beweisantrags. Dieser Verdacht wurde erhärtet durch das weitere Verhalten der Richterin. Wenn sie auf die Frage des Verteidigers, wie sie zur Regelung des § 246 StPO stehe - womit ersichtlich auf das Recht hingewiesen werden sollte, Beweisanträge bis zum Beginn der Urteilsverkündung stellen zu können -, erklärte, sie beantworte keine Fragen zu ihrer. Rechtsauffassung, so gab sie zu erkennen, daß sie nicht bereit war, ihre eigene Entscheidung kritisch zu überprüfen, obwohl die Frage des Verteidigers dazu Anlaß gab. Die Behandlung des vom Verteidiger gestellten Beweisantrags durch die Amtsrichterin gab dem Betroffenen hinlänglichen Grund zu der Annahme mangelnder Unvoreingenommenheit (vgl. BGH NJW 1990, 1373, 1374), so daß das Ablehnungsgesuch auch im Ergebnis zu Unrecht verworfen worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Da die Rüge der Verletzung des § 338 Nr. 3 StPO Aufhebungsgrund ist, muß die Sache an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Bonn zurückverwiesen werden.</p>
|
315,048 | ag-essen-1990-10-18-108b-f-2990 | {
"id": 657,
"name": "Amtsgericht Essen",
"slug": "ag-essen",
"city": 417,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 108b F 29/90 | 1990-10-18T00:00:00 | 2019-03-13T14:44:52 | 2022-10-18T15:09:13 | Urteil | ECLI:DE:AGE1:1990:1018.108B.F29.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Die Klägerin darf die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 800,-- DM abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Tatbestand</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien sind seit dem 26.05.1987, rechtskräftig seit dem 19.10.1987, geschiedene Eheleute – Amtsgericht Essen 108b F 13/86 -. Aus ihrer Ehe ist der am 27.03.1972 geborene Sohn hervorgegangen, der bei der Klägerin wohnt und von ihr versorgt wird.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Durch Urteil vom 27.10.1988 – 108b F 182/87 Amtsgericht Essen – wurde der Beklagte ausgehend von einem monatlichen durchschnittlichen Nettoeinkommen bei der Firma T von 2.530,-- DM verurteilt, an die Klägerin, die als selbständige Fußpflegerin über eigene monatliche Einkünfte von rund 300,-- DM verfügte und seit April 1988 als unselbständige Fußpflegerin in Halbtagsstellung ein monatliches Nettoeinkommen von rund 900,-- DM erzielte, für Dezember 1987 300,13 DM, für Januar bis März 1988 monatlich je 467,54 DM und für April 1988 354,24 DM sowie ab Mai 88 laufenden monatlichen Unterhalt in Höhe von 250,-- DM zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil legte der Beklagte am 12.12.1988 Berufung ein. In dem Berufungsverfahren stellte sich durch Schriftsatz des Beklagten vom 10.08.1989 heraus, daß der Beklagte bereits zum 30.06.1988 im beiderseitigen Einvernehmen aus den Diensten der T AG ausgeschieden ist, und daß ihm für die Zeit vom 01.07.1988 bis 31.12.1988 6 x 2.863,-- DM als Überbrückungszuschuß, für die Zeit vom 01.01.1989 bis 31.01.1993 49 x 900,-- DM Beihilfe als Anerkennung für langjährige Dienste und ab 01.07.1988 monatlich 296,-- DM Ruhegehalt gezahlt wurden neben einem Arbeitslosengeld von monatlich 1.505,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Nachdem die Klägerin durch den vorerwähnten Schriftsatz davon Kenntnis erhielt, legte sie Anschlußberufung am 16.10.1989 ein. Dadurch, daß der Beklagte im Termin vom 14.12.1989 die Berufung zurücknahm, wurde auch über die Anschlußberufung nicht mehr entschieden.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die seinerzeit beabsichtigten Anträge verfolgt die Klägerin nunmehr mit vorliegender Abänderungsklage.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Sie ist der Ansicht, der Beklagte habe, um sie zu schädigen, seine wahren Einkünfte zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung verschwiegen. Eine Abänderung sei deshalb auch jetzt noch rückwirkend möglich. Bei der Kenntnis des wahren Sachverhalts hätte sie damals höhere Unterhaltsansprüche für die Zeit ab Dezember 1987 bzw. Juli 1988 geltend gemacht. Der Beklagte habe nämlich statt über 2.530,-- DM tatsächlich über ein Einkommen von 2.923,-- DM in der Zeit von Januar 1988 bis Juni 1988 verfügt und in der Zeit von Juli 1988 bis Dezember 1988 über monatlich 4.739,-- DM. Damit ergebe sich ein durchschnittliches monatliches Einkommen für 1988 in Höhe von 3.831,-- DM. Ab Januar 1989 habe ihm monatlich 2.742,-- DM inklusive einer anteiligen Steuerrückerstattung zur Verfügung gestanden. Unter Berücksichtigung des tatsächlich gezahlten Kindesunterhalts von monatlich 165,-- DM und der Kreditrate von 211,-- DM sowie des auch während der Ehe schon erzielten Verdienstes von 300,-- DM ihrerseits errechne sich ein 3/7 Anspruch von 1.352,-- DM, auf den zu 6/7 das restliche aus erst nach der Trennung aufgenommenen Tätigkeit erzielte Einkommen mit 601,-- DM anzurechnen sei, so dass sich ein berechtigter Unterhaltsanspruch von monatlich 751,-- DM errechne für 1988 und für 1989 ein solcher von 355,-- DM sowie ab Juni 1989 ein laufender Unterhaltsanspruch von 446,-- DM, da die Kredittilgung seitdem entfallen sei.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:50px">den Beklagten zu verurteilen, ab sie in Abänderung des Urteils vom 27.10.1988 - 108b F 182/87 – (Amtsgericht Essen) für die Monate April bis einschließlich Dezember 1988 über titulierte monatlich 300,13 DM, weitere monatliche 265,58 DM und ab Mai 1988 über titulierte 250,-- DM hinaus, weitere 196,-- DM zu zahlen, wobei der laufende Unterhalt zahlbar ist im voraus fällig bis zum 3. Werktag eines jeden Monats.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Er ist der Ansicht, für die Klage bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis, da der Unterhalt weitgehend bereits tituliert sei. Er habe seinerzeit keine falschen Angaben gemacht, denn das Urteil sei auf eine vom Gericht eingeholte Lohnauskunft bei seinem Arbeitgeber gestützt worden. Monatsanteilige Steuererstattungen können nicht hinzuaddiert werden, da er eine solche nicht erhalten habe. Die Klägerin sei auch nicht bedürftig. Sie erziele ein deutlich höheres Einkommen als monatlich 900,-- DM. Im übrigen sei der Unterhaltsanspruch der Klägerin begrenzt durch den Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten und monatlich vorgetragenen Schriftsätze Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe</u></b></p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist unzulässig, soweit Abänderung für die Vergangenheit begehrt wird und unbegründet, soweit die Zukunft betroffen ist.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Soweit die Klägerin Abänderung ihres titulierten Unterhaltsanspruchs für die Vergangenheit begehrt, kann sie ihren Anspruch nur auf § 323 ZPO in Verbindung mit § 826 BGB stützten.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Zwar hat die Klägerin die Einkommensverhältnisse des Beklagten ab Juli 1988 erst im August 1989, also nach Schluß der mündlichen Verhandlung I. Instanz und Ablauf der Berufungsfrist erfahren, so daß sie den damals rechtlich allein möglichen Weg der Anschlußberufung gewählt hat, die lediglich deshalb nicht zum Tragen kam, weil der Beklagte die Berufung zurücknahm. Bei dieser Fallgestaltung ist die Abänderungsklage der dann richtig Rechtsbehelf. Jedoch setzt die Zulässigkeit der Abänderungsklage für die Vergangenheit in diesen Fällen weiter voraus, daß der Beklagte in Schädigungsabsicht gehandelt hat, als er der Klägerin seine wahren Einkommensverhältnisse verschwieg. Dafür darlegungs- und beweispflichtig ist die Klägerin, es sei dann wegen eines enormen Einkommensunterschiedes läge eine Schädigungsabsicht auf der Hand.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Zwar hat der Beklagte ab Juli 1988 bis Dezember 1988 aufgrund der Vorruhestandsregelung neben dem Arbeitslosengeld von monatlich 1.505,-- DM noch monatliches Ruhegeld von 286,-- DM und einen Übergangszuschuß von 2.863,-- DM erhalten und damit monatlich tatsächlich 9.739,-- DM zur Verfügung gehabt. Jedoch ist dieses Überbrückungsgeld, wie auch die ab 01.01.1989 gezahlte Beihilfe nach Wegfall des Überbrückungsgeldes nur eine zeitlich absehbare Einkommensquelle. Sie dient dem Beklagten als Anreiz dafür, die Vorruhestandsregelung und die nach Ablauf der Übergangszeit ihn treffende schlechtere Einkommenssituation zu akzeptieren und schmackhaft zu machen. Als der Beklagte im Juni 1988 diese Regelung akzeptierte, wußte er, daß er spätestens ab Auslauf der Beihilfe am 31.01.1993 über wesentlich geringere Einkünfte als das bisherige Erwerbseinkommen verfügen würde, das ihm bei der Rentenberechnung fünf bis zehn Berufsjahre fehlten würden und daß er gehalten war, das Übergangsgeld gewinnbringend anzulegen, damit er auch in Zukunft über ein annähernd gleich hohes Einkommen würde verfügen können. Wenn der Beklagte damit die Einkommensveränderungen, die ihm zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bereits bekannt waren, nicht angegeben hat, kann allein aus der Tatsache des Schweigens nicht auf Arglist und Schädigungsabsicht geschlossen werden. Damit entfällt die Möglichkeit einer rückwirkenden Abänderung, die im übrigen aber auch schon deshalb entfallen würde, weil die ehelichen Lebensverhältnisse, die von dem Erwerbseinkommen des Beklagten von 2.530,-- DM, dem Kindesunterhalt in Höhe von 345,-- DM und der Kreditrate von monatlich 211,-- DM sowie dem Eigeneinkommen der Klägerin von damals 300,-- DM geprägt waren, bei einem jetzigen Einkommen der Klägerin von wenigstens 900,-- DM seit April 1988 eine Aufstockung um mehr als 250,-- DM nicht zulassen würden. Die ehelichen Lebensverhältnisse wurden nämlich noch nicht von der Erwartung geprägt, daß der Beklagte die Vorruhestandsregelung, falls sie ihm angeboten würde, in Anspruch nehmen würde. Dies hat die Klägerin im Termin selbst erklärt, die bekundete, daß zum Zeitpunkt des Zusammenlebens der Parteien über die Möglichkeit eines Vorruhestandes zwischen ihnen nie gesprochen worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Auch eine Abänderung für die Zukunft, d. h. ab Zustellung der Abänderungsklage und damit ab Juni 1990 kommt nicht in Betracht. Zum eine gilt auch hier, daß die ehelichen Lebensverhältnisse von der Tatsache der Vorruhestandregelung nicht geprägt waren, so daß die Klägerin, selbst wenn die Einkommenssituation des Beklagten sich aufgrund dessen verbessert haben sollte, daran nicht teilhaben würde. Die Einkommenssituation des Beklagten hat sich aber auch nicht wesentlich geändert. Zwar bezieht er zur Zeit Arbeitslosengeld in Höhe von monatlich 1.505,-- DM, Ruhegehalt in Höhe von monatlich 296,-- DM und 900,-- DM Beihilfe und damit effektiv monatlich 2.701,-- DM. Angesichts dessen, daß die Beihilfe und das Überbrückungsgeld jedoch nur zeitlich befristet gezahlt werden, erscheint es angemessen, die tatsächlich gezahlten Beträge auf einen größeren Zeitraum und zwar zehn Jahre – denn diese sollten bei der Vorruhestandsregelung bei einem Alter des Beklagten von damals 55 Jahren bis zum Rentenalter ausgeglichen werden – zu verteilen. Für den Zeitraum vom 01.07.1988 bis 31.01.1993 werden dem Beklagten insgesamt 61.287,-- DM gezahlt, so daß bezogen auf zehn Jahre ein monatliches Einkommen von 510,65 DM zu berücksichtigen wäre. Dem Beklagten steht damit monatlich lediglich mit den übrigen Bezügen 2.312,05 DM zur Verfügung. Damit ist für eine Abänderungsklage der Klägerin, deren Unterhaltsansprüche auf ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen des Beklagten von 2.530,-- DM gestützt sind, jedenfalls keinen Raum. </p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Ziffer 11, 711 ZPO.</p>
|
315,049 | olgk-1990-10-17-13-u-11590 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 13 U 115/90 | 1990-10-17T00:00:00 | 2019-03-13T14:44:53 | 2022-10-18T15:09:13 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1990:1017.13U115.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Klägers wird das am 22.02.1990 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Aachen - 2 0 683/89 - teilweise abgeändert und neu gefaßt:</p>
<p>Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 35.250,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 12.12,1939 zu zahlen.</p>
<p>Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner zu 78,3 %, der Kläger zu 21,7 %.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist zulässig und überwiegend begründet.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Kläger kann von den Beklagten Schadensersatz in ehe von 35.250,00 DM verlangen, weil diese die ihnen beim Abschluß der Kaufverträge obliegenden Offenbarungspflichten schuldhaft verletzt haben, §§ 276, 278 BGB analog. Die Beklagten waren nämlich - entgegen der Ansicht des Landgerichts - verpflichtet, dem Kläger auch ungefragt zu offenbaren, daß sie vom EBV im Jahr vor Abschluß der Verträge eine Entschädigung erhalten hatten, mit der die zwar vorliegenden, sich aber erst künftig realisierenden Bergschäden abgegolten wurden. Diese Verpflichtung bestand für die Beklagten insbesondere deshalb, weil in § 2 der Kaufverträge eine Regelung getroffen worden war, die aus der Sicht des Klägers Ansprüche aus Bergschäden auf diesen übergehen ließ. Diese Regelung ließ nicht erkennen, daß wegen bereits eingetretener Bergschäden eine Entschädigung für künftige Schäden Ertragsausfälle und Arbeitserschwernisse gewährt worden war, also für Folgen, die sich erst künftig zeigen würden. Wie die Beklagten selbst vortragen, ist auch im Bergschädengebiet keineswegs sicher, daß jährlich neue Schäden auftreten. Umsomehr bedeutete die Abtretung künftiger etwaiger Bergschäden zugleich die stillt schweigende Erklärung, daß derartige Ansprüche noch nicht erledigt und noch nicht abgefunden waren, zumal mit künftigen Erschwernissen und Ausfällen ernsthaft zu rechnen war. Aus diesem Grund muß für die Frage der Offenbarungspflicht zunächst auf die Sicht der Beklagten abgestellt werden, die genau wußten, daß sie in Höhe eines erheblichen Teilbetrages des Grundstückswertes bereits entschädigt waren und für die es sich aufdrängen müßte, daß diese Tatsache für den Kläger als Käufer von grundlegender Bedeutung war. Nach dem Vorbringen der Beklagten betrug die Entschädigung für rd. 10 ha nämlich 65.000,00 DM, also 6.500,00 DM je ha und damit fast 9 % des Kaufpreises und damit des Grundstückswertes. Indem das Landgericht auf die Sicht des Klägers abgestellt hat, der lediglich wußte, daß die Parzellen im Bergbaugebiet lagen und daß Bergschäden auftreten konnten, nicht aber, daß die Beklagten wegen künftiger Schäden umfassend entschädigt waren, ist es zu Unrecht davon ausgegangen, daß der Kläger der bereits erfolgten Entschädigung keine Bedeutung beimessen würde. Dafür fehlten Anhaltspunkte. Das Gegenteil mußte nach der Lebenserfahrung angenommen werden, gerade weil die Frage, ob eine Entschädigung bereits gezahlt worden war, bei Abschluß der Kaufverträge nicht angeschnitten wurde. Der Kläger brauchte und konnte angesichts der in § 2 der Kaufverträge getroffenen Regelung nicht damit rechnen, daß die Beklagten ihm diese rechtlich und wirtschaftlich bedeutsame Tatsache verschwiegen. Entgegen der Ansicht der Beklagten handelt es sich nicht um eine Entschädigung alter Bergschäden, die für den Kläger ohne Interesse waren, sondern um eine Entschädigung erst nach Abschluß der Kaufverträge sich verwirklichender Nachteile bei der Bewirtschaftung, die auch aus der Sicht der Beklagten für den Kläger von erheblicher Bedeutung waren. Gerade der Umstand, daß die Beklagten sich in einer Größenordnung hatten entschädigen lassen, die einem erneblichen Teil des Grundstückswertes entsprach, macht deutlich, daß es dabei nicht um eine Nebensache ging, sondern um eine Frage, die für den Kläger von erheblicher Bedeutung sein mußte, zumal in den Kaufverträgen angesprochen war, daß die meisten Parzellen im Einzugsbereich des Abbaugebietes des EBV lagen und damit Bergschäden ernsthaft in Betracht kamen. Gerade weil die Beklagten die Entschädigung durch den EBV erhalten hatten, waren sie aus vorangegangenem Tun zur Offenlegung verpflichtet. Für einen redlichen Verkäufer konnte es nicht zweifelhaft sein, daß die bereits erfolgte Entschädigung zu-offenbaren war, wenn er den Käufer nicht übervorteilen wollte. Auf die weiteren vom Kläger vorgetragenen Indizien, die eine Offenbarungspflicht zusätzlich begründen könnten, kommt es deshalb nicht mehr an.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger kann von den Beklagten Zahlung von 35.250,00 DM verlangen. Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen:</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten haben die vom EBV für rd. 10 ha gezahlte Entschädigung mit rd. 65.000,00 DM beziffert. Da der Kläger rd. 5,5 ha Fläche erworben hat, die im Bergbaugebiet liegt, entfällt. darauf ein Betrag von rd. 42.250,00 DM. Die Behauptung des Klägers, die Entschädigung für diese Fläche habe mindestens 49.900,.00 DM betragen, ist ersichtlich ins Blaue hinein aufgestellt, denn der Kläger will zwar eine entsprechende Berechnung beim Beklagten zu 1) eingesehen haben, er war aber nicht in der Lage, seine Erkenntnisquelle für diesen Betrag zu erläutern. Dem Beweisantritt zu dieser Behauptung geht der Senat deshalb nicht nach.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Betrag von 42.250,00 DM steht den Kläger nicht in voller Höhe zu, weil den Beklagten noch für zwei Jahre nach Abschluß des Kaufvertrages die Nutzung der Flächen und damit auch die Entschädigung zustand. Die Berechnung des Klägers, der aus diesem Grund 2/20 der Entschädigung in Abzug bringt, ist jedoch nicht zutreffend, denn wenn eine Entschädigung für 20 Jahre im Voraus gezahlt wird, wird die jährlich zu zahlende Rate abgezinst. Bei einem Zinssatz von rd. 6 % ergibt sich für die ersten beiden Jahre eine Entschädigung von rd. 7.000,00 DM, um die der Betrag von 42.250,00 DM zu vermindern ist.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Kläger kann daher von den Beklagten als Gesamtschuldner (42.250,00 DM ./. 7.000,00 DM =) 35.250,00 DM verlangen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen folgen aus §§, 92, 97, 708 Nr. 10, 713 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Gegenstandswert: 45.000,00 DM</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Beschwer für die Beklagten: 35.250.00 DM.Beschwer für den Kläger:              9.750,00 DM.</p>
|
315,050 | olgk-1990-10-15-16-w-5590 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 16 W 55/90 | 1990-10-15T00:00:00 | 2019-03-13T14:44:54 | 2022-10-18T15:09:13 | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1990:1015.16W55.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>I. Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Antrag der Antragstellerin zurückgewiesen wird.</p>
<p></p>
<p></p>
<p>Die Gerichtskosten tragen die Parteien je zur Hälfte.</p>
<p>Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.</p>
<p></p>
<p>II. Der Antragstellerin wird unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. M. in L. für das</p>
<p>Beschwerdeverfahren ratenfreie Prozeßkostenhile bewilligt.</p>
<p></p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>G r ü n d e</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Das zuIässige Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Antrag der Antragstellerin, ihr für die Dauer des Getrenntlebens die elterliche Sorge über das gemeinsame Kind Z. (geb. am 22.09.1986) zu übertragen, ist unzulässig.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Es fehlt nämlich an der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte. Diese richtet sich nach dem Minderjährigenschutzabkommen (MSA). Nach Art. 1 MSA sind die Gerichte des Staates, in dem der Minderjährige seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, vorbehaltlich der Bestimmungen der Art. 3, 4 und 5 Abs. 1 MSA, dafür zuständig, Maßnahmen zum Schutze der Person und des Vermögens des Minderjähriqen zu treffen. Dabei ist die Regelung der elterlichen Sorge unumstritten eine Schutzmaßnahme im Sinne des Art. 1 MSA (vql. BGHZ 67/255).</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Gem. Art. 263 des türkischen ZGB (die Parteien und der Sohn Z. sind Türken) liegt jedoch ein Gewaltverhältnis im Sinne des Ar t. 3 MSA vor, so daß nach dem Vorbehalt in Art. 1 MSA deutsche Gerichte unzuständig sind, da auch die Voraussetzungen des Art. 8 MSA - eine ernsthafte Gefährdung der Person oder des Vermögens des Minderjährigen - nicht gegeben sind (vgl. BGHZ 60/68, 69; SenE vom 24.10.1988 - 21 UF 189/88). Nach Art. 263 türkisches ZGB steht bei Meinungsverschiedenheiten der Eltern die Entscheidung über die elterliche Gewalt dem Vater zu. Diese hat der Antragsgegner (Vater) dahingehend ausgeübt, daß er die elterliche Gewalt für sich beansprucht. Art. 263 türkisches ZGB wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Parteien getrennt leben. In die elterliche Gewalt kann nach türkischem Recht zwar unter den mit § 1666 BGB vergleichbaren Voraussetzungen, nicht aber durch eine Sorgerechtsregelung während des Getrenntlebens der Eltern ohne förmliche Trennung von Tisch und Bett eingegriffen werden (Art. 272 ff., 148 türkisches ZGB; OLG Stuttgart in NJW 1985/566 m. w. N.).</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Da demnach ein Gewaltverhältnis im Sinne des Art. 3 MSA vorliegt und auch Art. 8 MSA nicht einschIägig ist, sind die deutschen Gerichte unzuständig.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Dabei übersieht der Senat nicht die gegenteilige Ansicht des OLG Stuttgart (a.a.O.), die in diesen Vorschriften nur die Anerkennung des ex~lege Gewaltverhältnisses bei der in der Zuständigkeit des Art. 1 MSA zu treffenden Sachentscheidung fordert. Indes ist der Wortlaut des Art. 1 MSA in dieser Frage eindeutig. Auch sind die praktischen Bedenken dieser Ansicht nicht zwingend, weil im Notfall die deutschen Gerichte nach Art. 8 MSA eingreifen können. Ein darüberhinausgehendes Bedürfnis, entgegen der klaren gesetzlichen Regelung die Zuständigkeit zu bejahen, besteht nicht.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Eine ernsthafte Gefährdung des Kindes Z. im Sinne von Art. 8 MSA ist nicht ersichtlich, wenn das Sorgerecht entsprechend dem ex-lege Gewaltverhältnis beim Antragsgegner verbleibt. Gründe, die es nach deutschem Recht rechtfertigen würden, dem Antragsgegner das Sorgerecht zu entziehen (das wäre ein Fall des Art. 8 MSA), sind nicht ersichtlich.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 13 a FGG.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Trotz ihres Unterliegens war der Antragstellerin gem. § 119 ZPO (in Verbindung mit § 14 FGG) für das Beschwerdeverfahren ratenfreie Prozeßkostenhilfe zu bewilligen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Beschwerdewert: 5.000,-- DM.</p>
|
315,051 | lg-dortmund-1990-10-11-8-o-31390 | {
"id": 806,
"name": "Landgericht Dortmund",
"slug": "lg-dortmund",
"city": 407,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 8 O 313/90 | 1990-10-11T00:00:00 | 2019-03-13T14:44:56 | 2022-10-18T15:09:13 | Urteil | ECLI:DE:LGDO:1990:1011.8O313.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger</p>
<p>8.000,00 DM (i.W.: achttausend Deutsche Mark)</p>
<p>nebst 4 % Zinsen seit dem 05. April 1990 zu</p>
<p>zahlen.</p>
<p></p>
<p>Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits tragen zu 9 %</p>
<p>der Kläger und zu 91 % der Beklagte.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in</p>
<p>Höhe von 10.000,00 DM vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="h2 absatzLinks">T a t b e s t a n d</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist das einzige Kind der am 14. Juni 1985</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">verstorbenen Frau Q. Der</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Beklagte ist der Bruder der Verstorbenen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Frau Q hatte am 02.12.1983 handschriftlich</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">verfügt: "... meinen einzigen Erben ist mein Sohn G .. "</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Mit "Testament" vom 20.04.1984 hatte sie bestimmt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">daß nach ihrem Tode ihr Bruder F alles in seine</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Hände nehmen solle, "alles regeln in Geldsachen und</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">sonstiges, was so anfallen tut", Wegen der Einzelheiten</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">der beiden Schriftstücke wird auf Blatt 6 und 7 der</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Akte Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist der Ansicht, daß er sowohl nach dem .</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Gesetz als auch aufgrund der letztwilligen Verfügung</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">vom 2. Dezember 1983 Alleinerbe seiner Mutter ge-</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">worden ist. Er behauptet: Nach dem Tode der Mutter</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">habe der Beklagte aus der Wohnung der Verstorbenen </p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">ein Päckchen an sich genommen, in dem sich ein Bar-</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">geldbetrag von 16.000,00 DM befunden habe. Mit der</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Klage macht der Kläger einen Teilbetrag von 8.000,00 DM</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">geltend. Er behauptet weiter: Der Beklagte habe von</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">der Verstorbenen ein Sparbuch über 4.000,00 DM er-</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">halten, weswegen er ihm folgende Beträge erstatten</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">müsse:</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">1. Mietzahlung im Rahmen der Auflösung </p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">der Wohnung der Erblasserin 236,00 DM</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">2. Heizkostennachzahlungen 43,16 DM</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">und 235,80 DM</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">3. restliche Beerdigungskosten <u>252,62 DM</u></p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">insgesamt 768,03 DM.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">den Beklagten zu verurteilen, an ihn 8.768,03 DM nebst</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">4 % Zinsen seit dem 05.04.1990 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte ist der Ansicht, daß er aufgrund des Testamentes</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">vom 20. April 1984 Alleinerbe seiner verstorbenen Schwester</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">geworden sei. Mit dieser letztwilligen Verfügung habe die</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Verstorbene die Bestimmungen im Testament vom 02.12.1983</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">widerrufen. Er bestreitet, aus der Wohnung der Verstorbenen</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">16.000,00 DM genommen zu haben.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Er hat hierzu vortragen lassen:</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">- (In der Klageerwiderungsschrift vom 08.08.1990)</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Nach der Beerdigung sei er mit der Zeugin L zur</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Wohnung der verstorbenen Schwester in das Altenwohnheim</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">gegangen. Frau L habe gewußt, wo das Päckchen war,</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">sie habe auch gewußt, daß in der Gaderobe Geld war, was</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">angeblich für sie bestimmt sei. Die Zeugin L habe</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">das Geld aus der Gaderobe an sich genommen und auch noch</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">das Geld aus dem Päckchen, welches sie dann dem Beklagten</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">gegeben habe. In dem Päckchen sei Geld, ein Sparbuch sowie</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">das Testament vom 20.04.1984 gewesen. Wieviel Geld in dem</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Päckchen gewesen war, wisse er nicht.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">- (Im Schriftsatz vom 04.10.1990)</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Frau L habe in der Wohnung der Verstorbenen nach</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">dem Päckchen gesucht und es auch gefunden und danach</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">dem Beklagten gegeben. In dem Päckchen sei</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">das Testament, das Sparbuch sowie Geld gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Von diesem Geld habe die Zeugin L 10.000,00 DM</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">erhalt ein, soviel wie sie haben wollte. Wieviel</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Geld in dem Päckchen gewesen sei, wisse er nicht.</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">- In der mündlichen Verhandlung vom 11.10.1990 hat</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">der Beklagte eingeräumt, daß in dem Päckchen wohl</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">16.000,00 DM gewesen sein könnten, wovon die Zeugin</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">L 10.000,00 DM an sich genommen habe.</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Daß der Kläger Beerdigungskosten bezahlt habe, be-</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">streitet der Beklagte.</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrages</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze ver-</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">wiesen.</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Die Kammer hat Beweis erhoben durch Vernehmung der</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">Zeuginnen L und I. Wegen des Ergebnisses</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift vom</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">11. Oktober 1990 verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="h2 absatzLinks">E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist hinsichtlich der Teilforderung von </p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">8.000,00 DM begründet.</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist aufgrund der letztwilligen Verfügung</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">vom 02.12.1983 Alleinerbe seiner Mutter. Dieses</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">Testament ist wirksam und nicht durch die letztwillige</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">Verfügung .vom 20. April 1984 abgeändert worden. Mit</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">dieser hat die Verstorbene lediglich angeordnet, daß</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">der Beklagte "alles regeln" soll, nicht aber daß er</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">Teile des Nachlasses oder den Nachlaß gar insgesamt</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">behalten dürfe.</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">Die Kammer sieht es auch aufgrund der Aussage der Zeugin</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">L als erwiesen an, daß er in der Wohnung der Ver-</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">storbenen aus dem Päckchen 16.000,00 DM an sich genommen</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">hat. Dies hat die Zeugin L mit aller Entschieden-</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">heit bekundet. Die Kammer verkennt nicht, daß die Zeugin</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">L diesen Umstand dem Kläger erst zu einem Zeitpunkt</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">offengelegt hatte, als sie sich von dem Beklagten, mit</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">dem sie zuvor zusammengelebt hatte, getrennt hatte und wegen</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">Forderungen des Beklagten an ihren Schwiegersohn verärgert</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">war. Die Zeugin L hat ausgesagt, daß sie nach dem</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">Tode der Verstorbenen auf deren Weisung mit dem Beklagten</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">in deren Wohnung gegangen sei, wo sie aus einer. Tasche</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">eines an der Gaderobe hängenden Mantels einen Briefum-</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">schlag mit 10.000,00 DM genommen habe, der für sie be- </p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">stimmt gewesen sei. Unter dem Bett hätten sie ein Päckchen</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">gefunden, in dem sich 16.000,00 DM in 100-DM-Scheinen</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">befunden hätten. Dieser Teil der Aussage deckt sich mit</p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">den Angaben des Beklagten in der Klageerwiderungsschrift,</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks">wonach die Zeugin L Geld aus der Gaderobe an sich</p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks">genommen habe und auch noch Geld aus dem Päckchen.</p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks">Von dem Geld in der Gaderobe ist im Schriftsatz vom</p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">04.10.1990 keine Rede mehr, sondern nur noch von dem</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks">Geld in dem Päckchen, wovon die Zeugin L</p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">10.000,00 DM erhalten habe. Die Kammer kann auch nicht</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks">glauben, daß der Beklagte nicht wußte, wieviel Geld</p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">insgesamt in dem Packen war. Auf entsprechende Vorhaltungen</p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks">hat er in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, daß</p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks">außer den 10.000,00 DM wohl noch 5.000,00 DM bis</p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks">6.000,00 DM im Päckchen gewesen sein können. Die</p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks">Zeugin L ließ auch keine verdachterregende Be-</p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks">lastungstendenzen erkennen. Im Gegenteil, sie vertrat</p>
<span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks">mit aller Bestimmtheit die Ansicht, daß das Sparbuch</p>
<span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks">mit einem Guthaben über 3.419,59 DM allein dem Beklagten ge-</p>
<span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks">bührte. Die Glaubwüdigkeit der Aussage der Zeugin</p>
<span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks">L ist auch nicht durch die Bekundung der Zeugin</p>
<span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks">I erschüttert worden, daß ein von der Zeugin</p>
<span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks">L auf dem 13.03.1990 datierter Anruf des Beklagten</p>
<span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks">deswegen nicht habe erfolgen können, weil sie sich</p>
<span class="absatzRechts">124</span><p class="absatzLinks">zu der Zeit im Sauerland aufgehalten hätten. Die</p>
<span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks">geführten Anrufe hätte der Beklagte unschwer auch</p>
<span class="absatzRechts">126</span><p class="absatzLinks">von dem Ferienort tätigen können.</p>
<span class="absatzRechts">127</span><p class="absatzLinks">Die weitergehende Klage war dagegen abzuweisen. Der</p>
<span class="absatzRechts">128</span><p class="absatzLinks">Kläger war verpflichtet, die restlichen Verbindlich-</p>
<span class="absatzRechts">129</span><p class="absatzLinks">keiten der Verstorbenen als Erbe zu erfüllen. Der</p>
<span class="absatzRechts">130</span><p class="absatzLinks">Beklagte hat bestritten, daß der Kläger Beerdigungs-</p>
<span class="absatzRechts">131</span><p class="absatzLinks">kosten getragen hat. Beweis hat der Kläger nicht</p>
<span class="absatzRechts">132</span><p class="absatzLinks">angetreten.</p>
<span class="absatzRechts">133</span><p class="absatzLinks">Der ausgeurteilte Betrag ist mit 4 % ab dem 03.04.1990</p>
<span class="absatzRechts">134</span><p class="absatzLinks">zu verzinsen, da der Beklagte mit Anwaltschreiben vom</p>
<span class="absatzRechts">135</span><p class="absatzLinks">06.03.1990 unter Fristsetzung bis zum 4. April 1990</p>
<span class="absatzRechts">136</span><p class="absatzLinks">aufgefordert worden war, den Betrag von 16.000,00 DM</p>
<span class="absatzRechts">137</span><p class="absatzLinks">an den Kläger zu zahlen (§§ 286, 288 BGB).</p>
<span class="absatzRechts">138</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO; die Ent-</p>
<span class="absatzRechts">139</span><p class="absatzLinks">scheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt</p>
<span class="absatzRechts">140</span><p class="absatzLinks">aus § 709 ZPO.</p>
|
315,052 | vg-minden-1990-10-10-3-k-69490 | {
"id": 845,
"name": "Verwaltungsgericht Minden",
"slug": "vg-minden",
"city": 465,
"state": 12,
"jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": null
} | 3 K 694/90 | 1990-10-10T00:00:00 | 2019-03-13T14:44:57 | 2022-10-18T15:09:12 | Urteil | ECLI:DE:VGMI:1990:1010.3K694.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen
Kosten des Beigeladenen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu
vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte oder der Beigeladene
zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.</p>
<p></p>
<p>
</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Tatbestand:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der am . Oktober 1941 geborene Beigeladene - ein
türkischer Staatsangehöriger - ist seit 1969 bei der Klägerin,
einem holzverarbeitenden Unternehmen mit über 1.200
Arbeitsplätzen, als Arbeiter beschäftigt. Er war bis Oktober
1986 mit einem Grad der Behinderung von 50 als
Schwerbehinderter anerkannt. Durch Bescheid des
Versorgungsamtes B. vom 14. Oktober 1986 wurde der Grad der
Behinderung (GdB) des Beigeladenen auf 60 festgesetzt.
Bescheide des Versorgungsamtes B. vom 12. September 1988 und
9. Oktober 1989, in denen der GdB auf 30 festgesetzt worden
war, hob das Landesversorgungsamt Nordrhein-Westfalen mit
Widerspruchsbescheid vom 29. Januar 1990 auf. Der Beigeladene
leidet vor allem unter chronischer Raucher-Bronchitis nach
früherer Lungentuberkulose, wiederkehrenden Magen-Darm-
Schleimhautentzündungen, einer Fehlhaltung der Wirbelsäule und
einer beginnenden Herzleistungsminderung. Er ist zwei Kindern
unterhaltsverpflichtet. Seine Ehefrau ist berufstätig. Bei der
Klägerin ist er als Sortierer und Abnehmer hinter einer
Plattenzerteilanlage tätig.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Unter dem 26. April 1985 beantragte die Klägerin bei dem
Beklagten die Zustimmung zur ordentlichen Kündigung des
Beigeladenen wegen Verstoßes gegen das betriebliche
Rauchverbot. Der Beklagte verweigerte die Zustimmung. Er wurde
daraufhin durch Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom
4.6.1987 (7 K 135/86) - bestätigt durch Beschluß des
Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 14.3.1989 (13
A 1848/87) - zur Neubescheidung verpflichtet. Inzwischen hat
die Klägerin die Kündigung ausgesprochen. Die Zustimmung des
Widerspruchsausschusses bei der Hauptfürsorgestelle des
Landschaftsverbandes W. zu dieser Kündigung ist Gegenstand des
Verfahrens 3 K 795/90 VG Minden. </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Unter dem 28. Juni 1988 beantragte die Klägerin ferner die
Zustimmung des Beklagten zu einer beabsichtigten Kündigung,
die sie mit krankheitsbedingten Ausfallzeiten des Beigeladenen
im Zeitraum 1985 bis Mai 1988 begründete, und zwar soll der
Beigeladene gefehlt haben:</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks"> 1985 81 Tage
1986 259 Tage
1987 202 Tage
1/88 20 Tage
2/88 0 Tage
3/88 5 Tage
4/88 15 Tage
5/88 18 Tage</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Entwicklung zeige, daß mit weiteren Fehlzeiten zu
rechnen sei. Der betriebliche Ablauf werde durch die
Fehlzeiten in nicht mehr hinnehmbarer Weise gestört.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Am 27. September 1988 wurde der Beigeladene amtsärztlich
untersucht. Im Gutachten vom 4. Oktober 1988 kam der
untersuchende Arzt, Dr. S., zu folgender Beurteilung:</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">".. ist ihm im Rahmen dieses Krankheitsbildes eine
schwere körperliche Tätigkeit mit andauerndem Heben und
Tragen von Lasten sicherlich nicht zumutbar. Wie Herr T.
berichtet, muß er augenblicklich Spanplatten zusammen mit
einem anderen Kollegen von der Maschine heben und stapeln.
Dabei müsse er sich auch häufig bücken, um die Platten
abzulegen. Diese hätten ein Gewicht von 10-12 kg, ab und
zu auch bis 20 kg. Das Arbeitstempo könne er nicht selbst
bestimmen, es sei durch die Maschine vorgegeben. Eine
derartige Tätigkeit ist vollschichtig sicherlich schon als
mittel- bis teilweise schwere Arbeit einzustufen. Von
medizinischer Sicht aus wäre diese für Herrn T. somit
nicht geeignet. Arbeitsunfähigkeit liegt bei Herrn T.
keineswegs vor. Er ist ohne weiteres in der Lage, eine
leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeit ganztags
auszuüben. Optimal wäre, falls dabei wechselnde Positionen
... eingenommen werden könnten".</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Bei einer von der Hauptfürsorgestelle durchgeführten
Betriebsbesichtigung vom 18. Oktober 1988 wies ein
Angestellter der Klägerin darauf hin, daß der Beigeladene
bereits fünfmal ohne Erfolg innerbetrieblich umgesetzt worden
sei. Der technische Berater des Beklagten schlug vor, zur
Verringerung der körperlichen Belastung den Arbeitsplatz des
Beigeladenen mit einer Luftkissenanlage und Scherenhebetischen
zu versehen. Dies solle eine Übergangslösung sein, bis eine
von der Klägerin geplante Umstellung auf eine automatisierte
Zuschneide- und Stapelanlage realisiert werde. In dem Bericht
über die Betriebsbesichtigung wird zudem ausgeführt:</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">"Es wurde vereinbart, daß der Arbeitgeber zumindest
überschlägig die Kosten für die Ausstattung des
Arbeitsplatzes ermittelt und diese der Fürsorgestelle ..
mitteilt. Für die Verwirklichung der Maßnahme ist für den
Arbeitgeber die Höhe des zu erwartenden Zuschusses aus
Mitteln der Ausgleichsabgabe ausschlaggebend. Eine
Entscheidung hierzu kann jedoch erst nach Vorlage der
Kostenübersicht erfolgen."</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Am 10 August 1989 untersuchte der Werksarzt der Klägerin,
Dr. K., den Beigeladenen. In seinem Bericht vom 22. August
1989 kam er zu dem Ergebnis , daß der Beigeladene nicht in der
Lage sei, die bisherige Tätigkeit weiterhin regelmäßig
auszuführen. Der Beigeladene wies darauf hin, daß die
Fehlzeiten vornehmlich auf eine Lungentuberkulose aus dem
Jahre 1986 zurückzuführen sei. Diese Krankheit sei nunmehr
abgeklungen. Deshalb sei auch der Grad der Behinderung
vorübergehend niedriger festgesetzt worden. Der Vertrauensmann
der Schwerbehinderten gab unter dem 12. Juli 1988 gegenüber
der örtlichen Fürsorgestelle eine Stellungnahme ab. Das
Arbeitsamt D. äußerte arbeitsmarktpolitische Bedenken.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Mit Bescheid vom 6. September 1989 versagte der Beklagte
die beantragte Zustimmung. Zur Begründung führte er aus: Die
Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sei der Klägerin
zumutbar, da die Prognose, was zukünftige Fehlzeiten des
Beigeladenen angehe, günstig sei. Die Behinderung
"Lungentuberkulose" habe sich gebessert. Seit Mai 1989 seien
keine krankheitsbedingten Fehlzeiten mehr entstanden. Die
werksärztliche Feststellung, daß der Beigeladene nicht in der
Lage sei, seine bisherige Tätigkeit auf Dauer auszuführen, sei
unbeachtlich, da die Klägerin entgegen der Vereinbarung vom
22. Mai 1989 auf den Vorschlag der Hauptfürsorgestelle zur
Umgestaltung des Arbeitsplatzes nicht reagiert habe. Weiter
habe es die Klägerin dem beratenden Ingenieur nicht
ermöglicht, geeignete Alternativen im Betrieb zu ermitteln.
Somit habe es die Klägerin zu vertreten, daß der Beigeladene
an dem bisherigen Arbeitsplatz nicht zurechtkomme. Zu Gunsten
des Beigeladenen seien die geringe Vermittlungschance und die
lange Betriebszugehörigkeit berücksichtigt worden.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Am 25. September 1989 erhob die Klägerin Widerspruch.
Während des Widerspruchsverfahrens trug der Betriebsrat der
Klägerin schriftlich Bedenken gegen die Kündigung vor. Auf
Nachfrage des Beklagten teilte die Klägerin mit, daß es ihr
vorrangig um die erneute Bescheidung des Zustimmungsantrages
aus dem Jahre 1985 gehe. In diesem Zusammenhang spiele die
Weiterbeschäftigung des Beigeladenen auf anderen
Arbeitsplätzen keine Rolle, da der Kläger mehrfach gegen das
betriebliche Rauchverbot verstoßen habe und sich die von
derartigen Verstößen ausgehenden Brandgefahren an jedem
Arbeitsplatz verwirklichen können. Aus diesem Grund sei sie
gegenwärtig nicht bereit, auf eigene Kosten weitere
Ermittlungen anzustellen. Dies sei ihr im übrigen auch deshalb
unzumutbar, weil das Verwaltungsgericht Minden und das
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen sie in dem
Verfahren, das zur Neubescheidung Ihres Antrags geführt habe,
in ihrer Auffassung bestätigt hätten, daß ihrem
Kündigungsinteresse erhebliches Gewicht zukomme. Die Klägerin
ergänzte die Aufstellung der krankheitsbedingten Fehlzeiten
dahingehend, daß der Beigeladene im Jahre 1988 an 84
Arbeitstagen und bis Oktober 1989 an 27 Arbeitstagen gefehlt
habe.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Mit Widerspruchsbescheid vom 26. Januar 1990 - der Klägerin
am 7. März 1990 zugestellt - wies der Widerspruchsausschuß bei
der Hauptfürsorgestelle des Beklagten den Widerspruch zurück,
soweit er den Antrag vom 28. Juni 1988 betraf. Zur Begründung
führte er aus: Die Klägerin sei ihrer Verpflichtung aus § 14
SchwbG und ihren Mitwirkungspflichten bei der Aufklärung des
Sachverhalts nicht nachgekommen. Eine eingehende Prüfung, ob
der Arbeitsplatz des Beigeladenen verändert werden könne oder
eine andere geeignete Verwendung des Beigeladenen möglich sei,
sei durch das Verhalten der Klägerin unmöglich geworden.
Soweit der Sachverhalt nicht aufgeklärt worden sei, gehe dies
zu Lasten der Klägerin. Zudem sei davon auszugehen, daß die
technische Umgestaltung und die damit verbundenen Kosten unter
Berücksichtigung der langen Betriebszugehörigkeit des
Beigeladenen zumutbar seien. Auch seien die Fehlzeiten seit
den erheblichen Ausfällen in den Jahren 1986 und 1987
zurückgegangen. Die Prognose sei günstig, da die
Lungentuberkulose abheile. Es sei unwahrscheinlich, daß in
Zukunft erhebliche Fehlzeiten entstünden.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Am 21. März 1990 hat die Klägerin Klage erhoben, die sie
wie folgt begründet: Sie habe durch ihre Umsetzungsbemühungen
alles Zumutbare getan, um einen anderen innerbetrieblichen
Arbeitsplatz für den Beigeladenen zu finden. Weitere Maßnahmen
seien unzumutbar gewesen, da eine behindertengerechte
Umgestaltung nur durch Installationen einer automatisierten
Anlage erfolgen könne, deren Kosten erheblich seien. Die
Kostenermittlung für die technische Umrüstung sei Sache des
Beklagten.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom
6. September 1989 sowie des Widerspruchsbescheides des
Widerspruchsausschusses beim Beklagten vom 26. Januar
1990, soweit er entgegensteht, zu verpflichten, über den
Antrag der Klägerin vom 28. Juni 1988 auf Zustimmung zur
ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem
Beigeladenen unter Beachtung der Rechtsauffassung des
Gerichts erneut zu entscheiden.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">
Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">In Ergänzung der Begründung in den angefochtenen Bescheiden
trägt er vor, daß die Klägerin einen zweiten Besuch des
beratenden Ingenieurs mit der Begründung abgelehnt habe, sie
wolle nunmehr eine Entscheidung. Er, der Beklagte, habe bis
zum Erlaß des Widerspruchsbescheides keine Kenntnis davon
erhalten, daß die Klägerin nach überschlägiger Berechnung die
Kosten für eine technische Umgestaltung als zu hoch
eingeschätzt und die Gewährung eines Zuschusses als
unrealistisch bewertet habe.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Der Beigeladene beantragt ebenfalls,</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes
wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen
Verwaltungsvorgänge des Beklagten (2 Hefte) Bezug
genommen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist zulässig. Die Klägerin hat trotz der bereits
ausgesprochenen verhaltensbedingten Kündigung des
Arbeitsverhältnisses mit dem Beigeladenen ein
Rechtsschutzinteresse an der Durchführung eines zweiten
Zustimmungsverfahrens. Im jetzigen Zeitpunkt ist nämlich
ungewiß, ob die bereits ausgesprochene Kündigung wegen
Verstoßes gegen das betriebliche Rauchverbot Bestand haben
wird. Die Klage ist jedoch unbegründet, da der ablehnende
Bescheid des Beklagten (in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides) rechtmäßig ist. Die Klägerin hat
keinen Anspruch auf eine Neubescheidung ihres Antrags auf
Zustimmung des Beklagten zur ordentlichen Kündigung des
Beigeladenen (Vgl. § 113 Abs. 4 VwGO).</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Rechtsgrundlage des ablehnenden Bescheides ist § 15 des
Schwerbehindertengesetzes (SchwbG) in der hier maßgeblichen
Fassung vom 26. August 1986 (BGBl I, S. 1421). Danach bedarf
die Kündigung eines Schwerbehinderten der vorherigen
Zustimmung durch die Hauptfürsorgestelle. Der Beigeladene
unterfällt diesem Sonderkündigungsschutz, da er aufgrund
seiner körperlichen Behinderung Schwerbehinderter im Sinne des
§ 1 SchwbG ist. Sein Grad der Behinderung betrug stets
wenigstens 50. Diejenigen Bescheide des Versorgungsamtes B,,
in denen wegen einer Besserung des Krankheitsbildes ein GdB
von nur noch 30 festgestellt wurde, stehen dem nicht entgegen.
Abgesehen davon, daß ihnen ohnehin keine rechtsbegründende
Bedeutung bezüglich der Feststellung der Behinderung
zukommt</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 1988 - 5 C
67/85 -, DÖV 89, 819;</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">sind sie aufgehoben und durch den Widerspruchsbescheid des
Landesversorgungsamtes Nordrhein-Westfalen vom 29. Januar 1990
ersetzt worden. Es besteht daher kein Grund, den Grad der
Behinderung des Klägers niedriger als mit 50 anzunehmen.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Der Bescheid ist in formeller Hinsicht rechtmäßig erlassen
worden. Insbesondere sind die gemäß § 17 Abs. 2 SchwbG
erforderlichen Stellungnahmen jedenfalls bis zum Erlaß des
Widerspruchsbescheides eingeholt worden.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Inhaltlich unterliegt die Entscheidung des Beklagten (und
des Widerspruchsausschusses) nur einer eingeschränkten
gerichtlichen Kontrolle, da es sich um eine
Ermessensentscheidung handelt. Das Gericht prüft nach § 114
VwGO lediglich, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens
überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck
der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht
ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist
das Ermessen in der Weise auszuüben, daß das Interesse des
Arbeitgebers an der wirtschaftlichen Nutzung der vorhandenen
Arbeitsplätze gegen die Interessen des Schwerbehinderten an
dem Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses abgewogen wird.
Dabei ist zu beachten, daß das Schwerbehindertengesetz in
erster Linie ein Fürsorgegesetz ist. Der Schwerbehinderte soll
gegenüber dem Gesunden nicht ins Hintertreffen geraten. Er
soll sich trotz seiner Behinderung als vollwertiges Mitglied
der Gemeinschaft fühlen können. Andererseits muß die
Hauptfürsorgestelle darauf achten, daß sie möglichst viel von
der Gestaltungsfreiheit des Betriebsinhabers erhält.
Keinesfalls darf diese Freiheit ausgehöhlt werden. Der
Schwerbehindertenschutz bezweckt daher nicht, den
Schwerbehinderten praktisch unkündbar zu machen.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 1968 - 5 C 33/66 -,
BVerwGE 29, Nr. 26;</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Um eine sachgerechte, an dem Schutzcharakter des
Schwerbehindertengesetzes ausgerichtete, Ermessensentscheidung
treffen zu können, muß die Behörde all das in ihre Erwägungen
einstellen, was für die Interessenabwägung von Bedeutung ist.
Sie muß also den insoweit entscheidungserheblichen Sachverhalt
aufklären und sich eine eigene Überzeugung von der Richtigkeit
der für ihre Entscheidung maßgeblichen Behauptungen
verschaffen.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 28. April 1989 -
6 S 1297/88 -;</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Hier hat der Beklagte seine Entscheidung getroffen, obwohl
er nicht alle entscheidungserheblichen Umstände des
Sachverhalts ermittelt hat (1). Er durfte dies tun, weil die
Klägerin ihren Mitwirkungspflichten nicht genügte (2). Die
Entscheidung des Beklagten ist auch nicht aus anderen Gründen
ermessensfehlerhaft (3).</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">(1) Für die Interessenabwägung war hier von Bedeutung, ob
weitere erhebliche Fehlzeiten des Beigeladenen durch eine
technische Umgestaltung des bestehenden Arbeitsplatzes
vermeidbar waren. Diesem Umstand kommt nämlich bei der Frage
eine wesentliche Bedeutung zu, ob einer Kündigung aus Gründen,
die in der Behinderung des Schwerbehinderten ihre Ursache
haben, zuzustimmen ist. In der Rechtsprechung ist geklärt, daß
es einem Arbeitgeber zwar nicht zumutbar ist, einen
Schwerbehinderten gegen alle Gesetze wirtschaftlicher Vernunft
weiterzubeschäftigen. In der Regel braucht er sich nicht mit
unzureichenden oder nicht erbrachten Arbeitsleistungen
zufrieden zu geben.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Beschluß vom 16. Juni 1990 - 5 B 127/89 -,
JURIS Dokument Nr. 545453 m.w.N.; OVG NW, Urteil vom
13. Februar 1989 - 13 A 1536/86 -;</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Bevor sich der Arbeitgeber aber mit Erfolg auf die
wirtschaftliche Unzumutbarkeit einer Weiterbeschäftigung
berufen kann, muß er die (wirtschaftlich sinnvollen)
Möglichkeiten ausschöpfen, die zur Wiederherstellung der
Arbeitsleistung führen können. Insbesondere ist es dem
Arbeitgeber in aller Regel zumutbar, dem Schwerbeschädigten,
der wegen einer Behinderung die am bisherigen Arbeitsplatz
anfallenden Arbeiten nicht mehr verrichten kann, einen
geeigneten anderen Arbeitsplatz zuzuweisen, wenn ein solcher
vorhanden ist. Dies ist kein "Durchschleppen", sondern folgt
aus der gesteigerten Fürsorgepflicht des Arbeitgebers
gegenüber dem bei ihm beschäftigten Schwerbehinderten. Das
Bemühen um einen anderen geeigneten Arbeitsplatz muß von
fürsorgerischem Denken und Fühlen getragen sein. Dabei sind
Arbeitsfähigkeit und Arbeitswille des Schwerbehinderten, die
Verhältnisse und Ordnung im Betrieb sowie der Betriebsfrieden
zu berücksichtigen.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">
Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 1968 a.a.O. und
VGH Baden-Württemberg, a.a.O.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Diesen Anforderungen hatte die Klägerin zunächst genügt,
indem sie den Beigeladenen mehrfach innerbetrieblich auf
anderen Arbeitsplätzen einsetzte, ohne daß dadurch allerdings
eine Besserung eintrat. Neben der Umsetzung kam aber auch eine
Veränderung des bestehenden Arbeitsplatzes in Betracht. Von
dieser Alternative geht auch der Gesetzgeber aus, indem er in
§ 14 Abs. 3 SchwbG die Verpflichtung des Arbeitgebers regelt,
den Arbeitsplatz mit den erforderlichen technischen
Arbeitshilfen auszustatten, sofern dies mit verhältnismäßigen
Aufwendungen zumutbar ist. Diese Alternative kam hier
ernsthaft in Betracht. Der beratende Ingenieur des Beklagten
hatte nämlich der Klägerin einen konkreten und plausiblen
Vorschlag zur Umrüstung des Arbeitsplatzes unterbreitet. Daß
eine technische Umrüstung geeignet war, die Fehlzeiten des
Beigeladenen zu vermindern, folgt aus den
Untersuchungsberichten des Amts- und des Werksarztes. Danach
stand nämlich fest, daß der Beigeladene zwar die bisherige
Tätigkeit nicht ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen
fortsetzen konnte, er aber mit leichten und mittleren Arbeiten
belastbar war. Folglich spielte die Frage der Realisierung
technischer Arbeitshilfen mittels Umgestaltung des bestehenden
Arbeitsplatzes eine wichtige Rolle bei der
Interessenabwägung.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">(2) Bei diesem Sachstand oblag es nun der Klägerin, den
substantiiert dargelegten Vorschlag der Hauptfürsorgestelle
hinsichtlich der Kosten und der Realisierung zu überprüfen.
Zwar hat die Behörde den Sachverhalt in der Regel von Amts
wegen aufzuklären. Sie bestimmt Art und Umfang der
Ermittlungen. Allerdings sollen die Beteiligten dabei
mitwirken. Sie sollen insbesondere die ihnen bekannten
Tatsachen und Beweismittel angeben (vgl. §§ 20 Abs. 1, 21 Abs.
2 SGB X). Die Verpflichtung der Behörde zur Aufklärung des
Sachverhalts endet aber dort, wo Beteiligte ihre Pflicht zur
Mitwirkung nicht erfüllen.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks"> Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 11. September 1984 -
17 K 1383/82 -, BehR 84, 38(40); VG Gelsenkirchen,
Urteil vom 5. Mai 1988 - 2 K 326/88 -, BehR
89,46;</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">So liegt der Fall hier. Die Klägerin hat ihre
Mitwirkungspflicht nicht erfüllt, weil sie dem Beklagten
gegenüber keine Stellungnahme zu dem Vorschlag der
Umgestaltung abgegeben hat. Hierzu war sie verpflichtet, weil
sie als ein großes Unternehmen über die besseren Möglichkeiten
verfügte, sich über die Kosten und den möglichen Einsatz der
vorgeschlagenen Arbeitshilfen zu informieren. Insbesondere war
sie aufgrund ihrer Kenntnisse der eigenen Betriebsabläufe
besser als der Beklagte in der Lage, den Vorschlag zu prüfen.
Zu einer solchen Prüfung war sie auch deshalb verpflichtet,
weil sie sich dem Beklagten gegenüber dazu bereiterklärt
hatte. Bis zum Abschluß des Verwaltungsverfahrens hat sie aber
nicht zu erkennen gegeben, daß sie eine technische Umrüstung
als von vornherein sinnlos erachtete und deshalb von ihrem
Einverständnis wieder abrücken wolle. Die erst im
Klageverfahren geltend gemachte Höhe der Kosten und der
Einwand der daraus resultierenden Unzumutbarkeit sind
unbeachtlich, weil der Beklagte von Anfang an einen Zuschuß
aus der Ausgleichsabgabe in Aussicht gestellt hatte, vgl. § 14
Abs. 3 Satz 4 SchwbG. Dieser Umstand erhöht die Anforderungen
an die Mitwirkungspflicht der Klägerin. Wenn eine
Fremdfinanzierung angeboten wird, so gebietet es die
Fürsorgepflicht gegenüber dem schwerbehinderten Arbeitnehmer,
sich um eine Deckungszusage zu bemühen. Zu diesen Bemühungen
gehört auch die Beibringung der notwendigen
Berechnungsunterlagen. Erst dann ist es Sache des Beklagten,
zu entscheiden, ob und in welcher Höhe eine Finanzierung
erfolgen kann.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks"> Vgl. BVerwG, Beschluß vom 16. Juni 1990, a.a.O. zum
Angebot einer drittfinanzierten Umschulung.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Dies gilt auch für den Fall, daß sich die Klägerin von dem
Beigeladenen aus anderen Gründen in jedem Fall trennen wollte,
da nicht sie, sondern der Beklagte das Risiko einer vielleicht
überflüssigen Investition getragen hätte. Wenn die Klägerin
aus anderen Gründen, die in der Person des Beigeladenen bzw.
in den Verstößen des Klägers gegen das betriebliche
Rauchverbot liegen mögen, ihre Mitwirkung für unzumutbar
hielt, so hätte sie dies geltend machen müssen. Dies hat sie
nicht getan. In ihrer Stellungnahme während des
Widerspruchsverfahrens hat sie die Frage der Umsetzung und der
weiteren Ermittlungen allein im Hinblick auf den ersten
Kündigungsantrag aus dem Jahre 1985 gewürdigt. Den
Kündigungsantrag, der in dem hier zu entscheidenden Verfahren
maßgebend ist, hat sie dagegen ausschließlich auf
krankheitsbedingte Fehlzeiten gestützt, so daß der Beklagte
keine Veranlassung hatte, die Verstöße des Beigeladenen gegen
das Rauchverbot und deren eventuelle Folgen für die
Zumutbarkeit einer technischen Arbeitshilfe gemäß § 14 Abs. 3
SchwbG in seine Entscheidung einzubeziehen. Maßgeblich ist
nämlich nur der Sachverhalt, den der Arbeitgeber zur
Begründung des Kündigungsantrags anführt.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NW, Urteil vom 25. Juli 1989 -13 A 340/88-, S.
11 und 13 des Abdrucks.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Der Umstand, daß nicht geklärt worden ist, ob eine
technische Umgestaltung zur Verminderung der
krankheitsbedingten Fehlzeiten geeignet und zumutbar ist,
fällt somit der Klägerin zur Last. Dies gilt auch entsprechend
für die Verweigerung der Betriebsbesichtigung durch einen
technischen Berater des Beklagten. Es war der Klägerin auch
unter Berücksichtigung des Zeitablaufs und der Monatsfrist in
§ 18 Abs. 1 SchwbG zumutbar, den Besuch zu ermöglichen. Dieser
Besuch hätte unverzüglich erfolgen können und daher die
Entscheidungsfindung nicht wesentlich herausgezögert. Es ist
auch nicht ersichtlich, daß die Betriebsbesichtigung eine
übermäßige Belastung der Klägerin bedeutet hätte.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">(3) Der Beklagte ist sodann ermessensfehlerfrei zu dem
Ergebnis gelangt, daß der Klägerin die Fortsetzung des
Arbeitsverhältnisses zumutbar ist. Er ist unter Würdigung der
ihm bekannten Tatsachen, nämlich der ärztlichen
Stellungnahmen, des Berichtes seines technischen Beraters, des
Verlaufs der Fehlzeiten, und nach sachgerechter Abwägung der
Interessen zu einem rechtlich vertretbaren Ergebnis gelangt.
Gemäß Art. 2 § 2 des Entlastungsgesetzes sieht die Kammer
insoweit von einer weiteren Darstellung der
Entscheidungsgründe ab, da sie der Begründung des
Widerspruchsbescheides folgt.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1, 162
Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, der Klägerin auch
die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen,
weil dieser mit der Stellung eines Antrags ein Kostenrisiko
auf sich genommen hat. Das Verfahren ist gemäß § 188 Satz 2
VwGO gerichtskostenfrei. Die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis beruht auf den §§
167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">
</p>
|
315,053 | olgham-1990-10-09-20-w-4890 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 20 W 48/90 | 1990-10-09T00:00:00 | 2019-03-13T14:44:58 | 2022-10-18T15:09:12 | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1990:1009.20W48.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der angefochtene Beschluß wird abgeändert.</p>
<p>Der Antragstellerin wird für einen Zahlungsantrag in Höhe von 6.173,- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 01.02.1990 Prozeßkostenhilfe bewilligt und ihr Rechtsanwalt Seidenzahl in Bochum beigeordnet.</p>
<p>Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin nach einem Gegenstandswert von 2.619,- DM; außergerichtliche Kosten, die nach einem Gegenstandswert von 8.792,- DM entstanden sind, werden nicht erstattet.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin beantragt Prozeßkostenhilfe für eine beabsichtigte Klage, mit der sie die Antragsgegnerin als ihren Hausratversicherer auf Entschädigung für einen Wohnungseinbruch in Anspruch nehmen möchte.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Am 04.11.1989 brachen unbekannte Täter in die Wohnung der Antragstellerin ein. Aufgrund ihrer Schadensmeldung leistete die Antragsgegnerin eine Entschädigungszahlung von 13.234,- DM. Die Antragstellerin ist mit dieser Entschädigungshöhe nicht einverstanden und begehrt mit näherer Begründung eine weitere Zahlung von 8.792,- DM. Das Landgericht hat die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe durch Beschluß vom 27. Juni 1990 zurückgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die gegen diesen Beschluß gerichtete gemäß §127 Abs. 2 S. 2 ZPO zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist zum überwiegenden Teil begründet.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin kann - soweit es um einen Zahlungsantrag in Höhe von 6.173,- DM nebst Zinsen geht - nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht aufbringen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Durch nachgereichte eidesstattliche Versicherung von 27.07.1990 hat sie nunmehr glaubhaft gemacht, daß sie ihren Lebensunterhalt ausschließlich durch Sozialhilfe bestreitet; nacheheliche Unterhaltsansprüche gegen ihren geschiedenen Ehemann, einen Juwelier, seien nicht realisierbar, ca. Eigentümerin des Juweliergeschäftes dessen Mutter sei. Entgegen der vom Landgericht in seinem Nichtabhilfebeschluß geäußerten Auffassung kann der Antragsteller in auch nicht entgegengehalten werden, sie müsse die von der Antragsgegnerin bereits erhaltene Entschädigungsleistung für die beabsichtigte Prozeßführung verwenden. Die Antragstellerin hat dazu mit Schriftsatz vom 25.09.1990 vorgetragen, die Entschädigungsleistung sei für eine erforderliche Wohnungsrenovierung, Neuanschaffungen wie Kinderzimmermöbel, Fernseher, Tiefkühltruhe und Kinderfahrräder, eine Neueinkleidung der gesamten Familie sowie einen nach mehreren Jahren erstmals durchgeführten Familienurlaub in ... vollständig verbraucht worden. Es ist nicht ersichtlich, daß eine derartige Verwendung der von der Antragsgegnerin geleisteten Entschädigungszahlung in Bezug auf die Vorsorge für die Prozeßkostenfinanzierung grob fahrlässig (vgl. dazu Kalthoener/Büttner, Prozeßkostenhilfe und BeratungshLife, Rdnr. 335 m.w.N.) gewesen ist.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Soweit die Antragstellerin allerdings eine Entschädigungsleistung für im Eigentum des Zeugen ... stehende Gegenstände (Videokamera Hitachi VM 52 E und Herrenarmband 585 Gold) in Höhe von insgesamt 2.619,- DM begehrt, kommt eine Bewilligung von Prozeßkostenhilfe nicht in Betracht. Diese Gegenstände unterlagen zwar nach §2 Nr. 1 und 2 VHB 74 dem Versicherungsschutz aufgrund des zwischen den Parteien geschlossenen Hausratsversicherungsvertrages; insoweit handelt es sich um eine Versicherung für fremde Rechnung. Nach §12 Nr. 2 2. Halbsatz VHB 74 kann der Versicherte, obwohl nicht selbst Versicherungsnehmer, die sein Eigentum betreffende Entschädigungsforderung jedoch im eigenen Namen beim Versicherer geltend machen, wenn der Versicherungsnehmer zustimmt. Danach ist der Zeuge ... mit Zustimmung der Antragstellerin zur selbständigen Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs von 2.619,- DM gegen die Antragsgegnerin befugt. Ein eigenes Interesse der Antragstellerin an der prozessualen Geltendmachung der dem Zeugen ... zustehenden Entschädigungsleistung ist nicht ersichtlich. Wie der Senat bereits entschieden hat (VersR 1982, 381) ist in einem Fall, in dem vom Versicherungsnehmer ausschließlich Rechte aus einer Fremdversicherung zugunsten des Versicherten geltend gemacht werden, für die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe in der Regel dann kein Raum, wenn der Versicherte nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen in der Lage ist, die Prozeßkosten ganz oder teilweise zu tragen. Der Zweck der Prozeßkostenhilfe besteht darin, dem minderbemittelten Rechtsinhaber die Verfolgung seiner Rechte zu ermöglichen. Dieser Zweck erfordert aber zumindest ein eigenes schutzwürdiges Interesse des Antragstellers an der beabsichtigten Rechtsverfolgung. Darüber hinaus ist es der klagenden Partei in solchen Fällen regelmäßig möglich und zumutbar, den vermögenden Dritten zu den Prozeßkosten heranzuziehen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Dies muß auch dann gelten, wenn - wie im Streitfall - ein Antragsteller im Rahmen der beabsichtigten Klage nur zum Teil, soweit die Entschädigungsforderung die Fremdversicherung betrifft, fremde Interessen verfolgt. Danach kann eine Prozeßkostenhilfebewilligung für die Prozeßkosten, soweit sie durch eine auf das Eigentum des Versicherten entfallende Entschädigungsforderung veranlaßt werden, nicht erfolgen. Die Antragstellerin hat eine Bedürftigkeit des Zeugen ... nicht geltend gemacht. Eines rechtlichen Hinweises seitens des Senats bedurfte es insoweit nicht, da bereits das Landgericht am Ende des angefochtenen Beschlusses ausgeführt hat, es sei der Antragstellerin zumutbar, entweder ihren Anspruch gegen den Versicherer an den Zeugen ... abzutreten oder aber von diesem einen Prozeftkostenvorschuß zu verlangen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Einem Klageantrag von 6.173,- DM nebst Zinsen kann auch die hinreichende Erfolgsaussicht nicht versagt werden. Die Antragsgegnerin hat den behaupteten Einbruchsdiebstahl nicht dadurch bestritten, daß sie im letzten Satz ihres Schriftsatzes vom 01.06.1990 ausgeführt hat, im übrigen möchte sie darauf hinweisen, daß durch die Feststellung der Schadenshöhe durch den von ihr beauftragten Sachverständigen noch nicht der Besitz, Wert und der unfreiwillige Besitzverlust durch Einbruchdiebstahl nachgewiesen sei. Dies läßt nicht hinreichend deutlich erkennen, daß der Versicherungsfall selbst bestritten werden soll, zumal da die Antragsgegnerin unstreitig bereits eine Entschädigungsleistung von 13.234,- DM erbracht hat.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin hat für den Besitz und den Wiederbeschaffungswert der in der Klageschrift als entwendet aufgeführten Gegenstände Beweis angetreten. Dieser Beweis muß erhoben werden; gegebenenfalls hat eine Schadensschätzung nach §287 ZPO zu erfolgen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen beruhen auf Nr. 1181 der Anlage 1 zu §11 GKG und §118 Abs. 1 S. 4 ZPO.</p>
|
315,054 | olgham-1990-10-08-8-u-3890 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 8 U 38/90 | 1990-10-08T00:00:00 | 2019-03-13T14:45:00 | 2022-10-18T15:09:12 | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1990:1008.8U38.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Beklagten gegen das am 3. November 1989 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Berufungsverfahrens werden den Beklagten auferlegt.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Es beschwert die Beklagten in Höhe von 23.664,95 DM.</p>
<p></p>
<p>Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe:</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung ist unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat den Schiedsspruch des Rechtsanwalts und Notars xxx vom 6. Januar 1989 zu Recht gemäß § 1041 Abs. 1 Nr. 1 ZPO aufgehoben. Dem Schiedsspruch liegt ein gültiger Schiedsvertrag nicht zugrunde.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">1) Es ist unstreitig, daß zwischen dem Erblasser und den Klägern ein den Erfordernissen des § 1027 Abs. 1 ZPO entsprechender Schiedsvertrag nicht geschlossen worden ist. Der Erbvertrag vom 23. August 1974 (Bl. 22 ff. GA) mit seinen späteren Ergänzungen vom 23. März 1983 und 25. April 1984 (Bl. 27 ff GA) genügt diesen Anforderungen schon deshalb nicht, weil er keine Schiedsabrede enthält.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">2) Durch die im notariellen Testament vom 7. September 1985 (Bl. 55 ff. GA) enthaltene Bestimmung, durch die Rechtsanwalt und Notar zum Testamentsvollstrecker und Schiedsrichter eingesetzt worden ist, ist eine wirksame Ernennung zum Schiedsrichter im Verhältnis zu den Klägern als Parteien des Erbvertrages nicht erfolgt.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Zwar kann der Erblasser gemäß § 1048 ZPO in einer letztwilligen Verfügung für die sich aus dieser Verfügung zwischen Erben untereinander und mit Vermächtnisnehmern ergebenden Streitigkeiten ein Schiedsgericht einsetzen (RGZ 100, 76; Stein-Jonäs-Schlosser, ZPO, 20. Aufl., § 1048 Rdnr. 3). Auch mag es gegen eine in der Literatur vertretene Ansicht (Kipp-Coing, Erbrecht, 14. Bearbeitung, § 78 Anm. III 5) zulässig sein, die durch dieselbe Verfügung zum Testamentsvollstrecker ernannte Person zugleich zum Schiedsrichter zu ernennen (RGZ 100, 74; Kohler, Letztwillige Schiedsklauseln, Deutsche Notarzeitung, 62, 129). Bei Erbverträgen gelten jedoch die §§ 1025 ff ZPO mittelbar für die selbst am Erbvertrag Beteiligten soll daher zwischen den am Erbvertrag Beteiligten eine Schiedsabrede vereinbart werden, kann dies nur - entsprechend dem gesetzlichen Regelfall - in einer gesondert von den Beteiligten zu unterzeichnenden Vertragsurkunde geschehen (Haegle-Winkler, Der Testamentsvollstrecker, 10. Aufl. Rdnr. 126 Anm. 5). § 1048 ZPO betrifft daher nur am Erbvertrag unbeteiligte Dritte (Stein-Jonas-Schlosser a.a.O. § 1048 Rdnr. 3; Kohler a.a.O, S. 127).</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Mangel der Form ist auch entgegen der Ansicht der Berufung nicht gemäß § 1027 Abs. 1 S. 2 ZPO durch rügelose Einlassung der Kläger auf die schiedsgerichtliche Verhandlung zur Hauptsache geheilt. Eine Heilung des Formmangels setzt zunächst voraus, daß sich die Parteien des Erbvertrages in einer formunwirksamen Weise über die Einsetzung eines Schiedsrichters geeinigt haben. Schon daran fehlt es. Die fehlende Einigung kann jedoch nicht geheilt werden. Darüber hinaus haben die Kläger xxx der Übernahme einer Schiedsrichterfunktion durch den Testamentsvollstrecker vor und nach dessen Schiedsspruch widersprochen. Die Ernennung von Rechtsanwalt und Notar zum Schiedsrichter im Testament vom 7. September 1985 ist daher im Verhältnis zu den Klägern schon aus formellen Gründen unwirksam.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Darüber hinaus verstößt die Ernennung eines Schiedsrichters im notariellen Testament vom 7. September 1985 gegen § 2289 BGB und ist deshalb gemäß § 2289 Abs. 1 S. 2 BGB auch materiell unwirksam.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">§ 2289 Abs. 1 S. 2 BGB schützt den Bedachten in seinem xxx Vertrauen auf die erbvertragliche Bindung, die der Erblasser durch den Abschluß des Vertrages im Umfang der vertragsmäßigen Verfügungen eingegangen ist. Voraussetzung für die Anwendbarkeit dieser Bestimmung ist daher, daß der Bedachte durch, spätere Verfügungen von Todes wegen beeinträchtigt wird. Bezogen auf den vorliegenden Fall ist daher zu fragen, ob durch die testamentarische Einsetzung eines Schiedsrichters das Recht der Kläger als Vermächtnisnehmer beeinträchtigt worden ist. In Rechtsprechung und Literatur wird die Auffassung vertreten, daß die Anordnung einer Testamentsvollstreckung die Rechtsstellung des Vermächtnisnehmers nicht beeinträchtige, da sich seine Rechtsstellung in einem Anspruch auf den zugewendeten Vermögensgegenstand erschöpfe (KG-Recht 1920 Nr. 929; Münchener Kommentar-Musielak, BGB, 2. Aufl., § 2289 Rdnr. 10). Die Frage, ob die Einsetzung eines Schiedsgerichts eine beeinträchtigende Verfügung im Sinne von § 2289 BGB ist, ist - soweit ersichtlich - obergerichtlich noch nicht entschieden worden. Nach Auffassung des Senats ist diese Frage eindeutig zu bejahen. Durch die nachträgliche Einsetzung eines Schiedsrichters wird der durch den Erbvertrag bedachte Vermächtnisnehmer der uneingeschränkten Interpretationsmacht des Schiedsrichters unterworfen und zugleich der Möglichkeit beraubt, die ordentlichen Gerichte anzurufen. Daß darin eine Beeinträchtigung der Rechtsstellung des Bedachten liegt, kann nach Ansicht des Senats nicht ernsthaft in Abrede gestellt werden.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Eine Beeinträchtigung scheidet auch nicht etwa deshalb aus, weil sich der Erblasser die Bestellung eines Schiedsgerichts vertragsmäßig (§ 2293 BGB) vorbehalten hätte. Das wird zwar von der Berufung behauptet. Sie vermag jedoch nicht aufzuzeigen, woraus konkret sich dieser Vorbehalt ergeben soll. Dem Schreiben vom 3. Februar 1988 (Bl. 89 GA) kann über einen Vorbehalt bzgl. der Bestellung eines Schiedsrichters jedenfalls nichts entnommen werden.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Ansicht der Berufung kann auch die Inanspruchnahme der Dienste des Testamentsvollstreckers durch die Kläger nicht in eine Zustimmung zur beeinträchtigenden Bestellung eines Schiedsrichters umgedeutet werden. Unabhängig davon, daß eine solche Zustimmung ihrerseits gemäß §§ 2290 ff BGB formbedürftig wäre, gibt es für diese Annahme keinen greifbaren Anhaltspunkt. Daß der Testamentsvollstrecker zugleich zum Schiedsrichter bestellt worden ist, reicht dafür jedenfalls nicht aus, denn das Zusammentreffen beider Funktionen in eine Person bedeutet durchaus nicht, daß die Kläger Rechtsanwalt und Notar xxx nicht in der Funktion als Testamentsvollstrecker akzeptieren können, in der Funktion als Schiedsrichter dagegen - wie geschehen - nicht.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Nach alledem ist die Ernennung des Schiedsgerichts aus formellen und materiellen Gründen unwirksam und damit der Schiedsspruch gemäß § 1041 Abs. 1 Nr. 1 ZPO aufzuheben. Ob der Schiedsspruch sachlich richtig ist, ist für die hier zu treffende Entscheidung ohne Belang (vgl. Zöllner-Geimer, ZPO, 15. Aufl., § 1041 Rdnr. 36) und kann deshalb offenbleiben.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 546 Abs. 2 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Voraussetzungen einer Zulassung der Revision gemäß § 546 Abs. 1 ZPO liegen nicht vor. Weder kommt der vorliegenden Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zu, noch weicht der Senat mit seiner Entscheidung von der höchstrichterlichen Rechtsprechung ab.</p>
|
315,055 | lg-wuppertal-1990-10-05-7-o-46289 | {
"id": 818,
"name": "Landgericht Wuppertal",
"slug": "lg-wuppertal",
"city": 509,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 7 O 462/89 | 1990-10-05T00:00:00 | 2019-03-13T14:45:03 | 2022-10-18T15:09:12 | Urteil | ECLI:DE:LGW:1990:1005.7O462.89.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p>Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits, auch die des Streithelfers.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten und des Streithelfers wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 1.300,-- DM abzuwenden, wenn nicht die Beklagte und auch der Streithelfer vor Beginn der Zwangsvollstreckung jeweils Sicherheit in gleicher Höhe leisten. Die Sicherheitsleistungen können erbracht werden durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer Bank oder Sparkasse mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland oder durch Hinterlegung.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Tatbestand</span></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hatte bei der Beklagten ein Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen: XXX versichert. Unstreitig zahlte er trotz Mahnung fällige Versicherungsprämien nicht. Die Beklagte wurde im Verhältnis zum Kläger 1eistungsfrei (§ 38 Abs. 2 VVG i. V. mit § 9 Abs. 2 AKB ) .</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Am 2.4.1989 verursachte der Streithelfer der Beklagten mit dem obengenannten PKW einen Verkehrsunfall. Er schädigte einen Dritten. Dieser Schaden betrug 6.005,91 DM. Die Beklagte zahlte diesen Betrag an den Dritten und berühmt sich eines Regressanspruches in gleicher Höhe gegen den Kläger.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger behauptet: Er habe das Fahrzeug am 1.4.1989 bereits an den Streithelfer der Beklagten verkauft.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Er beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">festzustellen, dass der Kläger nicht verpflichtet ist, die Aufwendungen der Beklagten aus dem Krafthaftpf1ichtschaden vom</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">2.4.1989                      zu KR### in Höhe von 6.005,91 DM zu ersetzen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte bittet,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Streithelfer der Beklagten beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">dem Kläger die durch die Nebenintervention entstandenen und verursachten Kosten aufzuerlegen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte und der Streithelfer bestreiten die Behauptung des K1ägers.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Das Gericht hat Beweis erhoben; wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 18.9. 1990 Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Entscheidunqsqründe</span></p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Klage hat keinen Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte könnte sich nur dann nicht mehr an den Kläger halten, wenn der Kläger vor dem Unfall vom 2.4.1989 den hier umstrittenen PKW an den Streithelfer der Beklagten veräußert hätte (§ 59 VVG, § 6 AKB, OLG Hamm in VersR 1982, 765 f.). Unter einer Veräußerung i.S. des § 69 VVG/6 AKB ist eine Eigentumsübertragung gem. §§ 929 f. BGB zu verstehen (vgl. Proe1Js/Martin VVG, 24.Aufl., 1., Anm. 2 a zu § 69 VVG). Eine solche Eigentumsüber - tragung bereits vor dem Unfall vom 02.04.1989  ist nicht feststellbar. Die Aussage des Zeugen D ist insoweit unergiebig. Er hat allenfalls Vorgespräche für eine möglicherweise beabsichtigte EigentumsÜbertragung mitbekommen. Er konnte z.B. nicht sagen, dass Kraftfahrzeugschein und Kraftfahrzeugbrief übergeben wurden. Dies sollte nach seiner Bekundung erst am Abend des 2. April 1989 sein. Jedoch ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der hier umstrittene PKW bereits um 13.25 Uhr am 2. April 1989 verunfallt war. Auch durch die weiteren Zeugen konnte der Kläger nicht beweisen, dass das Versicherungsverhältnis vor dem Unfall auf den Streithelfer der Beklagten übergegangen war. Diese Rechtsänderung ist aber für das Freiwerden des Klägers von der Regresspflicht ein günstiger Umstand, den er zu beweisen hat. Hier können bezüglich der Beweislast keine anderen Grundsätze gelten als zum Beispiel bei der Erfüllung. Der Kläger war unstreitig mindestens bis zum 1.4.1989  Versicherungsnehmer und er muss daher beweisen, dass er als Versicherungsnehmer nichts mehr schuldet, weil das Versicherungsverhältnis auf den Streithelfer der Beklagten übergegangen ist.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Dass insoweit aber bereits vor dem Unfall vom 2.4.1980 das Eigentum an dem hier umstrittenen PKW auf den Streithelfer der Beklagten übergegangen wäre, ist auch durch die weiteren Zeugenaussagen nicht bewiesen. Nach der Aussage des Streithelfers der Beklagten wollte dieser im Zeitpunkt des Unfalls den Wagen nur zur Probe fahren. Er wollte sozusagen einmal um das Viertel, um den Wagen, den er zuvor nach seiner Bekundung nicht selbst gesteuert hatte, einmal besser kennenzu1ernen. Er wollte ihn in diesem Moment nach seiner Bekundung noch nicht in Eigenbesitz übernehmen. Der Kläger seinerseits hatte ihm nach der Bekundung des Streithelfers in diesem Moment auch noch nicht etwa den Kraftfahrzeugbrief ausgehändigt. Auch der Kaufpreis war nach der Aussage des Streithelfers noch nicht bezahlt. Diese Aussage deckt sich im übrigen mit der Bekundung des Zeugen L, der ersichtlich am Ausgang des Rechtsstreits kein Interesse hat. Nach der Aussage des Zeugen L hat der Streithelfer der Beklagten erst am 3.4. einen Teilbetrag in Höhe von 200,--DM an den Kläger bezahlt.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Insgesamt bleiben bei dieser Sachlage Zweifel, ob der Kläger vor dem Unfall vom 2.4.1989 das Eigentum bereits auf den Zeugen B in übertragen hat. Diese Zweifel gehen zu Lasten des darlegungs- und beweispflichtigen Klägers.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 101 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Streitwert: 6.005,91 DM.</p>
|
315,056 | lg-munster-1990-09-26-1-s-27990 | {
"id": 815,
"name": "Landgericht Münster",
"slug": "lg-munster",
"city": 471,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 1 S 279/90 | 1990-09-26T00:00:00 | 2019-03-13T14:45:04 | 2022-10-18T15:09:12 | Urteil | ECLI:DE:LGMS:1990:0926.1S279.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Beklagten wird das am 17. Mai 1990 verkündete Urteil des Amtsgerichts Steinfurt einschließlich des zugrundeliegenden Verfahrens aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Berufungsverfahrens – zurückverwiesen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">T a t b e s t a n d</span></strong></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien streiten in der Hauptsache um eine Kaufpreisforderung für einen Stromerzeuger.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Durch Mahnbescheid vom 21.02.1990 machte die Klägerin gegen die Beklagte eine Hauptforderung in Höhe von 4.824,-- DM geltend. Nach Zustellung des Mahnbescheids, rechtzeitigem Widerspruch der Beklagten und Anspruchsbegründung der Klägerin bestimmte das Amtsgericht am 22.03.1990 Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 12.04.1990. Unter dem 25.03.1990 richtete die Beklagte ein Prozeßkostenhilfegesuch an das Amtsgericht, das jedoch zunächst nicht beschieden wurde. Im Termin vom 12.04.1990, in dem für die Beklagte niemand erschien, verurteilte das Amtsgericht die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von 4.824,-- DM nebst 10 % Zinsen seit dem 20. Dezember 1989 sowie 10,-- DM vorgerichtlicher Mahnkosten. Dieses Versäumnisurteil wurde der Beklagten am 18.04.1990 zugestellt. Am 19.04.1990 ging der Einspruch der Beklagten ein, mit dem gleichzeitig nochmals um Prozeßkostenhilfe ersucht wurde. Am 19.04.1990 setzte das Amtsgericht daraufhin Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 17.05.1990 an, ohne bis zum Termin über den Prozeßkostenhilfeantrag zu entscheiden. Am 26.04.1990 ging erneut ein Prozeßkostenhilfeantrag der Beklagten beim Amtsgericht ein, in dem ausdrücklich gebeten wurde, über den Antrag auf Prozeßkostenhilfe vor dem Termin zu entscheiden und weiterhin um eine Auflage ersucht wurde für den Fall, daß noch etwas unklar oder beizubringen sei. Auch auf diesen Prozeßkostenhilfeantrag erfolgte bis zum Termin keine Entscheidung.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Im Termin am 17.05.1990 ist die Beklagte wiederum nicht erschienen. Das Amtsgericht hat in diesem Termin am Schluß der Sitzung das Prozeßkostenhilfegesuch der Beklagten zurückgewiesen, da eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht vorgelegt worden sei und die beabsichtigte Rechtsverteidigung keine Aussicht auf Erfolg biete. Weiterhin hat das Amtsgericht durch ein zweites Versäumnisurteil das Versäumnisurteil vom 12.04.1990 aufrechterhalten und den Einspruch der Beklagten gegen dieses Urteil zurückgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Gegen das am 23.05.1990 zugestellte zweite Versäumnisurteil hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 28.05.1990 privatschriftlich Berufung eingelegt, die am 30.05.1990 beim Amtsgericht und nach Weiterleitung am 08.06.1990 beim Landgericht Münster eingegangen ist. In diesem privatschriftlichen Berufungsschriftsatz sind außerdem ein Prozeßkostenhilfegesuch für die Berufung, eine Beschwerde gegen die Prozeßkostenhilfeversagung durch das Amtsgericht sowie ein Prozeßkostenhilfegesuch für diese Beschwerde enthalten gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Durch Beschluß der Kammer vom 05.07.1990 ist der Beklagten Prozeßkostenhilfe für das Berufungsverfahren gewährt worden. Die Beschwerde gegen den ablehnenden Prozeßkostenhilfebeschluß des Amtsgerichts sowie der Antrag auf Prozeßkostenhilfe für diese Beschwerde sind jedoch zurückgewiesen worden. Nach Auffassung der Kammer bestand zwar in der Sache selbst keinerlei Erfolgsaussicht; das zweite Versäumnisurteil habe jedoch nicht ergehen dürfen, da ein Fall der Säumnis nicht vorgelegen habe.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Dieser Beschluß ist der Beklagten am 12.07.1990 zugestellt worden. Am 13.07.1990 ist eine Berufung der Beklagten mit Anwaltsschriftsatz eingegangen. Durch Beschluß der Kammer vom 25.07.1990 ist der Beklagten und Berufungsklägerin wegen der Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt worden.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist der Auffassung, daß das zweite Versäumnisurteil des Amtsgerichts Steinfurt vom 17.05.1990 verfahrensfehlerhaft zustandegekommen sei, da ein Fall der Säumnis nicht vorgelegen habe. Die Beklagte habe davon ausgehen dürfen, daß der Termin hätte vertagt werden müssen, da bis zum Termin über den Prozeßkostenhilfeantrag nicht entschieden worden sei.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und des Verfahrens dieses an das Amtsgericht Steinfurt zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">              die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Sie ist der Auffassung, daß ein Fall der Säumnis vorgelegen habe und deshalb das zweite Versäumnisurteil rechtmäßig ergangen sei.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e</span></strong></p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Berufung der Beklagten hat Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist zulässig. Der privatschriftliche Berufungsschriftsatz vom 30.05.1990 sowie die mit Anwaltsschriftsatz eingelegte Berufung vom 12.07.1990 sind als dasselbe Rechtsmittel zu behandeln (vgl. BGHZ 45, 380, 383). Über die an sich unzulässige erste Berufung ist deshalb keine gesonderte Entscheidung zu treffen; vielmehr liegt nur eine Berufung vor, gegen deren Zulässigkeit nach der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der versäumten Berufungsfrist keine Bedenken bestehen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist auch begründet. Gemäß § 538 Abs. 1 Nr. 5 ZPO war das zweite Versäumnisurteil des Amtsgerichts Steinfurt vom 17.05.1990 aufzuheben und die Sache an das Amtsgericht zurückzuverweisen. Eine Berufung gegen ein zweites Versäumnisurteil ist gemäß § 513 Abs. 2 ZPO nur dann erfolgreich, wenn ein solches Urteil ergangen ist, obwohl ein Fall der Säumnis nicht vorgelegen hat. Dies ist hier der Fall; das zweite Versäumnisurteil des Amtsgerichts Steinfurt vom 17.05.1990 ist verfahrensfehlerhaft zustandegekommen, da von einer Säumnis nicht ausgegangen werden durfte.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Eine schuldhafte Säumnis liegt nicht vor, wenn die nicht erschienene Partei davon ausgehen durfte, daß mit einer endgültigen Sachentscheidung im Termin nicht zu rechnen ist. So liegt der Fall hier, weil gemäß § 337 ZPO eine Vertagung des Termins hätte erfolgen müssen. Es war nicht zulässig, in demselben Termin den – frühzeitig gestellten – Prozeßkostenhilfeantrag der Beklagten zurückzuweisen und eine endgültige Sachentscheidung in Form eines zweiten Versäumnisurteils zu treffen. Der Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs verlangt, daß dem Antragsteller nach Ablehnung eines Prozeßkostenhilfeantrages eine angemessene Überlegungsfrist für sein weiteres prozessuales Vorgehen verbleibt. Eine Verfahrensweise, die dem Antragsteller keine Zeit zum Überlegen läßt, weil gleichzeitig mit der Ablehnung des Prozeßkostenhilfegesuchs eine endgültige Sachentscheidung ergeht, steht damit nicht in Einklang. Wenn deshalb – so wie hier – nicht bereits rechtzeitig vor dem Termin über einen Prozeßkostenhilfeantrag entschieden worden ist, muß eine Vertagung gemäß § 337 Abs. 1 ZPO in Erwägung gezogen werden (vgl. Schneider, MDR 1985, 375, 377), die hier nach Auffassung der Kammer hätte erfolgen müssen. Erscheint eine Partei, deren Prozeßkostenhilfegesuch trotz rechtzeitiger Antragstellung nicht rechtzeitig vor dem Termin entschieden worden ist, zu dem Termin nicht, so wird dies zu Recht als Fall einer unverschuldeten Säumnis angesehen (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 15. Aufl. 1987, § 337, Anm. 1 b; Zöller, ZPO, 15. Aufl. 1987, § 513, Rdn. 7). Eine andere Beurteilung ergibt sich hier auch nicht daraus, daß die Beklagte keine Prozeßkostenhilfeunterlagen eingereicht hat. Denn darauf hätte rechtzeitig hingewiesen werden müssen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Da die Kammer bei der vorliegenden prozessualen Konstellation eine Entscheidung in der Sache nicht für sachdienlich hielt, erschien eine Aufhebung und Zurückverweisung gemäß § 538 Abs. 1 Nr. 5 ZPO für geboten.</p>
|
315,057 | lg-dusseldorf-1990-09-25-25-t-74090 | {
"id": 808,
"name": "Landgericht Düsseldorf",
"slug": "lg-dusseldorf",
"city": 413,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 25 T 740/90 | 1990-09-25T00:00:00 | 2019-03-13T14:45:07 | 2022-10-18T15:09:12 | Beschluss | ECLI:DE:LGD:1990:0925.25T740.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beschwerde wird auf Kosten der Gläubigerin</p>
<p>                            zurückgewiesen.</p>
<p>                            Beschwerdewert: DM 217,88.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"> <strong><span style="text-decoration:underline">G r ü n d e </span></strong></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Durch den angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht – Rechtspfleger – Düsseldorf es abgelehnt, den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss auch wegen der Kosten eines Steuerberaters zu erlassen, die dadurch entstanden sind, dass der Antrag auf Erstattung des Lohnsteuerjahresausgleiches des Schuldners durch die Gläubigerin erstellt worden ist, nachdem die Pfändung und Überweisung des betreffenden Anspruches an die Gläubigerin erfolgt war. Die gegen die Entscheidung des Amtsgerichtes rechtzeitig eingelegte Erinnerung der Gläubigerin gilt als sofortige Beschwerde (§ 11 Abs. 2 Satz 4 und 5 RpflG), die zulässig (§§ 793, 577 Abs. 2 Satz 1 ZPO), jedoch nicht begründet ist</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Steuerberatungskosten, die bei der Pfändung eines Anspruches auf Lohnsteuerjahresausgleich anfallen, können notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung (§ 788 Abs. 1 Satz 1 i.V. mit § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO) sein. Die Erstattungspflicht besteht jedoch nur dann, wenn der Aufwand der Kosten notwendig war. Die Notwendigkeit hat der Gläubiger darzulegen (Hansens JurBüro 1989, 1036).</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Gläubigerin hat nicht dargetan, dass im vorliegenden Fall zur Stellung des Antrages auf Durchführung des Lohnsteuerjahresausgleiches mehr zu tun war, als die auf der Lohnsteuerkarte des Schuldners enthaltenen Angaben in den Antrag auf Durchführung des Lohnsteuerjahresausgleiches zu übertragen. Hierzu bedurfte sie nicht der Hilfe eines Steuerberaters. Daher sind die Kosten seiner Inanspruchnahme nicht als notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung anzuerkennen (vgl. LG München I AnwBl. 1987, 99; Hansens a.a.O.).</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.</p>
|
315,058 | olgk-1990-09-25-ss-44790 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | Ss 447/90 | 1990-09-25T00:00:00 | 2019-03-13T14:45:09 | 2022-10-18T15:09:11 | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1990:0925.SS447.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.</p>
<p></p>
<p>Das angefochtene Urteil wird mit seinen Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Brühl zurückverwiesen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Verwaltungsbehörde hat gegen den Betroffenen wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit
(Rotlichtverstoß) eine Geldbuße von 125,- DM festgesetzt. Auf den Einspruch des Betroffenen
beraumte das Amtsgericht - nach Aussetzung der Hauptverhandlung vom 30.3.1990 - Termin zur
Hauptverhandlung auf dem 4.5.1990 an, zu der es das persönliche Erscheinen des Betroffenen anordnete.
Die Ladung erhielt die Mitteilung dieser Anordnung und die Belehrung gemäß § 74 Abs. 3 OWiG
über die Folgen eines unentschuldigten Ausbleibens. Im Termin vom 4.5.1990 erging, nachdem sich der
Betroffene zur Sache nicht eingelassen hat und Zeugen vernommen worden waren, folgender Beschluß:</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks"><i>"Die Verhandlung wird fortgesetzt am 11.5.1990 ... Mündlich geladen ... werden zu diesem Termin:
Der Verteidiger, der Betroffene, Zeugen: ... Allen wurde gesagt, daß sie erscheinen müssen."</i></p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich des neuen Termins ist eine Belehrung des Betroffenen gemäß § 73 Abs. 3 OWiG
nicht erfolgt. Im Termin vom 11.5.1990 erschien der Betroffene nicht. Das Amtsgericht hat die vom Verteidiger
hierfür mitgeteilten Entschuldigungsgründe als nicht genügend angesehen und den Einspruch gemäß
§ 74 Abs. 2 Satz 1 verworfen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Mit der Rechtsbeschwerde, deren Zulassung er beantragt, rügt der Betroffene die Verletzung formellen
und materiellen Rechts. Er macht u.a. geltend, sein Einspruch habe mangels Belehrung gemäß § 73
Abs. 3 OWiG hinsichtlich des Fortsetzungstermins nicht verworfen werden dürfen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Rechtsbeschwerde ist zur Fortbildung des Rechts zuzulassen (§ 80 Abs. 1 Nr. 1 OWiG). Die Frage, ob
das Amtsgericht den Einspruch des Betroffenen gegen den Bußgeldbescheid im Fortsetzungstermin gemäß
§ 74 Abs. 2 Satz 1 OWiG verwerfen darf, wenn der Betroffene mit der Ladung zu diesem Termin nicht erneut nach
§ 74 Abs. 3 OWiG belehrt worden ist, bedarf der Klärung durch die Rechtsprechung.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie greift bereits mit der Verfahrensrüge der Verletzung des §
74 Abs. 3 OWiG durch.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Grundsätzlich besteht die Möglichkeit einer Einspruchsverwerfung nach § 74 Abs. 2 OWiG auch in
Fortsetzungsterminen (KK-OWiG-Senge § 74 Rn. 33).</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Verwerfung eines Einspruchs nach § 74 Abs. 2 Satz 1 OwiG setzt aber neben der rechtsfehlerfreien Anordnung
des persönlichen Erscheinens des Betroffenen, der ordnungsgemäßen Ladung und des Ausbleibens des
Betroffenen ohne genügende Entschuldigung die Belehrung des Betroffenen über die Folgen des Ausbleibens
voraus (vgl. jeweils mit weiteren Nachweisen: Göhler, OWiG, 9. Aufl., § 74 Rdn. 20 f.; Rebmann/Roth/Herrmann,
Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, 2. Aufl., (Stand Januar 1990), § 74 Anm. 12 f.; Senge in KK-OWiG, §
74 Rdn. 28 f.). Die Notwendigkeit einer erneuten Belehrung gem. § 74 Abs. 3 OWiG ist von der Rechtsprechung für
den Fall der Verlegung eines Hauptverhandlungstermins und der Anberaumung der Hauptverhandlung nach vorangegangener
Aussetzung begründet worden (OLG Karlsruhe MDR 1974, 174; OLG Hamm VRS 57, 299; SchlHOLG SchlHA 1982, 45; OLG
Düsseldorf, VRS 34, 291/OLG Koblenz VRS 53, 205; BayObLG VRS 61, 47; SenE vom 25.1.1985 - Ss 22/85 B). Dazu wird
ausgeführt, die Belehrung gemäß § 74 Abs. 3 OWiG sei für jeden Termin neu zu erteilen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Es entspreche rechtsstaatlichen Grundsätzen, daß der Betroffene jeweils ausdrücklich wieder ins Bild
gesetzt werde, welche nachteiligen Folgen ggfls. eine Säumnis habe. Eine Belehrung in einer früheren Ladung
und die Bezugnahme darauf in einer neuen Ladung reichten nicht aus, zumal der Betroffene die frühere Ladung mit der
Belehrung möglicherweise nicht mehr in Besitz habe. Eine Ausnahmevorschrift, die es gestatte, in Abwesenheit eines
Betroffenen zu verhandeln, sei eng auszulegen, (so insgesamt OLG Hamm, a.a.O.; vgl. SchlHOLG, a.a.O.; OLG Düsseldorf,
a.a.O.). Mit der im vorliegenden Fall zur Zulassung der Rechtsbeschwerde führenden Rechtsfrage - vgl. oben - war -
soweit ersichtlich - die Rechtsprechung noch nicht befaßt. Der Senat beantwortet sie dahin, daß die Verwerfung
des Einspruchs gemäß § 74 Abs. 2 Satz 1 OWiG im Fortsetzungstermin einer unterbrochenen Hauptverhandlung
- ebenfalls - nur nach ausdrücklicher Belehrung des Betroffenen gemäß § 74 Abs. 3 OWiG zulässig
ist. Die vorbeschriebenen - zutreffenden - Erwägungen der Rechtsprechung zur Notwendigkeit einer erneuten Belehrung
gemäß § 74 Abs. 3 OWiG hinsichtlich des nach Verlegung oder Aussetzung der Hauptverhandlung bestimmten
neuen Hauptverhandlungstermin gelten ohne Einschränkung gleichermaßen für den Fortsetzungstermin.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Zwar stellt die gesamte Hauptverhandlung eine Verhandlungseinheit dar (vgl. Treier in KK, StPO, 2. Aufl., § 226
Rdn. 1; Göhler, a.a.O., § 71 Rdn. 28).</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Gleichwohl muß ein Betroffener auch zu einem Fortsetzungstermin geladen werden; eine besondere Ladung ist nur
dann entbehrlich, wenn der Betroffene bei der Festsetzung des Fortsetzungstermins anwesend war oder wenn er jener
Verhandlung in der der Fortsetzungstermin bestimmt wurde, eigenmächtig ferngeblieben ist (SenE vom 11.10.1988 -
Ss 254/88 (Z)). Allerdings muß die Ladungsfrist für den Betroffenen (§ 46 Abs. 1 OWiG in Verbindung mit
§ 217 Abs. 1 StPO) nicht erneut eingehalten werden, wenn die Hauptverhandlung nur unterbrochen (§ 46 Abs. 1
OWiG i.V.m. § 229 Abs. 1 und 2 StPO) worden ist (BGH NJW 1982, 248; Göhler, a.a.O., § 71 Rdn. 26 a).
Maßgeblich für diese geringeren Anforderungen sind indes Gründe, die die Entbehrlichkeit einer Belehrung
gem. § 74 Abs. 3 OWiG hinsichtlich des Fortsetzungstermins nicht begründen können. Die förmliche
Zustellung der Ladung dient als Mittel der Gewährung und Kontrolle des rechtlichen Gehörs (vgl. BGH NJW 1977,
723; Maul in KK, a.a.O., § 35 Rdn. 15); die mündliche Bekanntmachung des Fortsetzungstermins nach der
Unterbrechung der Hauptverhandlung ersetzt dieses Mittel. Der Zweck der Ladungsfrist, dem Angeklagten/Betroffenen
eine ausreichende Zeit zur Vorbereitung auf die Hauptverhandlung zu geben, erfordert die erneute Einhaltung dieser
Frist nicht, wenn die Hauptverhandlung lediglich im Rahmen des § 229 Abs. 1 und 2 StPO unterbrochen worden ist.
Demgegenüber kann der Zweck der Regelung des § 74 Abs. 3 OWiG den Betroffenen von den nachteiligen Folgen
einer Säumnis in Kenntnis zu setzen, auch hinsichtlich des Fortsetzungstermins nicht auf zureichend andere Weise
als durch eine erneute ausdrückliche Belehrung erfüllt werden. Der Betroffene muß ohne eine
ausdrückliche Belehrung nach § 74 Abs. 3 OWiG nicht damit rechnen, daß sein Einspruch gemäß
§ 74 Abs. 2 Satz 1 OWiG nach Beginn der Verhandlung selbst noch in einem Fortsetzungstermin - z.B. nach umfangreicher
Beweisaufnahme - verworfen wird, zumal sich in der Regel in solchen Fällen ein Verfahren nach § 74 Abs. 1 OWiG
aufdrängt. Will sich der Tatrichter die Möglichkeit der Einspruchverwerfung nach § 74 Abs. 2 Satz 1 OWiG
im Fall des Ausbleibens des Betroffener im Fortsetzungstermin offenhalten, muß er den Betroffenen mit der Ladung
zu diesem Termin entsprechend belehren.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Da das Urteil auf der unterlassenen Belehrung beruhen kann, ist es auf die entsprechende Verfahrensrüge
aufzuheben.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Im übrigen weist die zugelassene Rechtsbeschwerde mit der Verfahrensrüge, das Amtsgericht habe den Begriff
der genügenden Entschuldigung verkannt, einen weiteren Aufhebungsgrund auf. Da das Rechtsbeschwerdegericht an die
tatsächlichen Feststellungen des Verwerfungsurteils zur Frage der Entschuldigungsgründe gebunden ist und diese
Feststellungen nicht im Wege des Freibeweises nachprüfen und ergänzen kann, müssen in einem Verwerfungsurteil
eventuelle Gründe, die das Ausbleiben des Betroffenen entschuldigen könnten, mitgeteilt und erörtert werden.
Die Gründe des Urteils müssen dem Rechtsbeschwerdegericht die Nachprüfung ermöglichen, ob das Amtsgericht
alle ihm bekannten und erkennbar als Entschuldigungsgründe in Betracht kommenden Umstände fehlerfrei und
erschöpfend gewürdigt hat (SenatsE VRS 75, 114, 115). Das angefochtene Urteil entspricht nicht diesen
Grundsätzen. In den Gründen heißt es insoweit lediglich: "Die von dem Betroffenen vorgetragenen
Gründe sind keine genügende Entschuldigung, weil nicht dargetan ist, der Betroffene hätte für
die Wahrnehmung eines am Freitag am Mittag anberaumten Termins keine Dienstbefreiung erhalten." Die vorgebrachten
Entschuldigungsgründe werden indes nicht mitgeteilt.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Zurückverweisung der Sache erfolgt an eine <u>andere</u> Abteilung des Amtsgerichts (vgl. Göhler,
a.a.O., § 80 Rdn. 48). Ohne daß es einer Entscheidung über die Rüge der Mitwirkung eines abgelehnten
Richters (§ 338 Nr. 3 StPO) bedarf, erschien dies zweckmäßig, weil der Tatrichter, der hier erkannt hat,
beide von dem Verteidiger des Betroffenen angebrachten Ablehnungsgesuche jeweils zu Unrecht als unzulässig verworfen
hat. Das Ablehnungsgesuch vom 5.5.1990 ist durch Beschluß vom 9.5.1990 gem. § 26 a Abs. 1 Nr. 3 StPO als
unzulässig verworfen worden, obwohl die Umstände, die die Annahme einer Verschleppungsabsicht rechtfertigen
könnten, weder im Beschluß mitgeteilt (vgl. Pfeiffer in KK, a.a.O., § 27 Rdn. 4) noch sonst ersichtlich
sind. Zur Begründung des Ablehnungsgesuchs hat der Verteidiger u.a. ausgeführt: "Hierbei brachte Herr
Richter ... unmißverständlich zum Ausdruck, daß er der Aussage der Frau K. die den Betroffenen bei
ihrer Vernehmung entlastet hatte, nicht glauben wird und daß der Betroffene mit der Einspruchsrücknahme
verhindern könne, daß die Akte gemäß § 183 GVG an die Staatsanwaltschaft zur strafrechtlichen
Überprüfung der Aussage der Frau K. weitergeleitet werde." Dem Beschluß vom 9.5.1990 läßt
sich nicht einmal entnehmen, daß dieser Vortrag unzutreffend ist.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs vom 11.5.1990 durch Beschluß vom selben Tage als unzulässig
ist ebenfalls rechtsfehlerhaft. Zur Begründung hat der Tatrichter ausgeführt: "Der Antrag auf Befangenheit
wird als unzulässig zurückgewiesen. Es kommt auf die Besorgnis der Befangenheit beim Betroffenen an; mit ihm
wurde nicht Rücksprache genommen; der Betroffene ist ja nicht erschienen". Diese Begründung hält
rechtlicher Überprüfung nicht stand. Es lag auf der Hand, daß der Verteidiger die mit der fehlerhaften
Verwerfung des Ablehnungsgesuchs vom 4.5.1990 begründete Ablehnung vom 11.5.1990 für den Betroffenen
ausgesprochen hat, so daß die Zulässigkeit dieses Gesuchs nicht zweifelhaft sein konnte (vgl. Wendisch
in Löwe-Rosenberg, StPO, 24. Aufl., § 24 Rdn. 39).</p>
|
315,059 | ag-essen-1990-09-21-21-c-32790 | {
"id": 657,
"name": "Amtsgericht Essen",
"slug": "ag-essen",
"city": 417,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 21 C 327/90 | 1990-09-21T00:00:00 | 2019-03-13T14:45:10 | 2022-10-18T15:09:11 | Urteil | ECLI:DE:AGE1:1990:0921.21C327.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Tatbestand:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Auf eine Zeitungsannonce der Beklagten, in welcher dieser unter der Rubrik "Preisknüller für Kurzentschlossene" unter anderem angeboten hatte "Apt. ####, 4 Str. 3 X/HP 889,-, 3 W 1.079,- DM", unterschrieb der Kläger am 03.04.1990 eine Reiseanmeldung für "1 Studio ####, Halbpension" für seine Frau und sich für die Zeit vom 6. bis 20.04.1990 zum Preise von insgesamt 1.968,- DM. Nach Durchführung der Reise hat er unter dem 21.04.1990 Zahlung von mindestens 200,- DM pro Person mit der Begründung verlangt, dass das Hotel nur zwei Sterne gehabt hätte und Mängel im Service, Unterkunft und Verpflegung aufgewiesen habe. Diese Forderung liegt seiner vorliegenden Klage zugrunde.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Er behauptet, es habe Mängel im Service, Unterkunft und Verpflegung gegeben, welche bestenfalls denen eines 2-Sterne-Hotels entsprochen hätten. Das alles sei am Ort gegenüber der Reiseleitung gerügt worden, welche bestritten habe, dass es sich um ein 2-Sterne-Hotel gehandelt habe.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Er beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, an ihn 400,- DM nebst 4 % Zinsen seit Zustellung zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Sie trägt vor, dass es sich hier um ein Mittelklassehotel gehandelt habe, welches sie nach ihrer eigenen Einstufung klassifiziert habe. Die Mängelrüge seien vollständig unsubstantiiert.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der Kläger kann keine Minderungsansprüche geltend machen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Wenn das Hotel ####, in welchem der Kläger untergebracht war, tatsächlich - wovon nach dem vom Kläger überreichten Hotelprospekt und dem Stadtplan auszugehen ist - ein 2-Sterne-Hotel war, stellt dies zwar grundsätzlich einen Mangel im sinne von §§ 651 c, 651 d BGB dar. Denn zugesichert hatte die Beklagte ein 3-Sterne-Hotel. Dabei hatte sie nicht deutlich gemacht, dass es sich bei der Bezeichnung "3-Sterne" nicht um die offizielle spanische Klassifizierung handelte, sondern um eine eigenen Einstellung.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Dennoch sieht sich das Gericht nicht in der Lage, festzustellen oder auch nur zu schätzen, ob bzw. inwieweit aufgrund dieses Mangels der Wert dieser Reise gegenüber einer Reise in ein 3-Sterne-Hotel gemindert wäre. Denn dafür fehlt es an jedem konkreten Anhaltspunkt. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang angibt, das Mängel im Service, Unterkunft und Verpflegung vorhanden gewesen wäre, welche jeweils allenfalls einem 2-Sterne-Hotel entsprochen hätten, ist dieser Vortrag, worauf die Beklagte zurecht hinweist, vollkommen unsubstantiiert. Der Kläger trägt auch nicht vor, welche Voraussetzungen ein Hotel in Spanien erfüllen muss, um eine Einstufung als 3-Sterne-Hotel zu rechtfertigen, und welche dieser Voraussetzungen bei einem 2-Sterne-Hotel nicht vorliegen. Das Gericht ist daher nicht in der Lage festzustellen, ob und wenn ja in welcher Höhe aufgrund dieser Klassifizierungsvoraussetzungen eine Minderung gerechtfertigt wäre. So wäre es z. B. denkbar, dass die Tatsache, dass ein Hotel einen Aufzug hätte, zu einer höheren Klassifizierung führen könnte, was bei einer Unterbringung im Erdgeschoß ohne jede Bedeutung wäre. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts Düsseldorf (MDR 85, 232) vertritt es die Auffassung, dass nicht generalisierend gesagt werden kann, dass zwischen einem 2- und einem 3-Sterne-Hotel ein großer Unterschied in der Qualität anzutreffen sei. Denn naturgemäß kann der Unterschied zwischen einem 2- und 3-Sterne-Hotel fließend sein. Es erscheint nicht möglich z. B. zu sagen, dass ein Hotel am untersten Rande der Klassifizierung 3-Sterne besser oder deutlich besser ist als ein solches im obersten Bereich der Klassifizierung 2-Sterne.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Nach alledem vermag das Gericht mangels entsprechenden substantiierten Vortrag des Klägers keinen Minderwert festzustellen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 91 ZPO vorläufig vollstreckbar, 3 708 Ziffer 11 ZPO abzuweisen.</p>
|
315,060 | ag-dusseldorf-1990-09-21-30-c-740690 | {
"id": 653,
"name": "Amtsgericht Düsseldorf",
"slug": "ag-dusseldorf",
"city": 413,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 30 C 7406/90 | 1990-09-21T00:00:00 | 2019-03-13T14:45:12 | 2022-10-18T15:09:11 | Urteil | ECLI:DE:AGD:1990:0921.30C7406.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>hat das Amtsgericht Düsseldorf</p>
<p>auf die mündliche Verhandlung vom 3. August 1990</p>
<p>durch die Richterin am Amtsgericht X</p>
<p></p>
<p>für R e c h t erkannt:</p>
<p></p>
<p>die Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 100,00 DM ab-wenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><span style="text-decoration:underline;">T a t b e s t a n d : </span></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hatte bei der Beklagten im Jahre 1971 eine Familien-Rechtsschutzversicherung abgeschlossen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Zwischen dem Kläger und der Stadt X war es zu Streitigkeiten mit folgendem Hintergrund gekommen: Der Kläger als Eigentümer eines Hauses im Stadtgebiet der Stadt X hatte gegen seine dort wohnenden Mieter einen Räumungstitel erwirkt. Durch zwei Ordnungsverfügungen der Stadt X vom 01.06. und 13.09.1989 erfolgte eine zweimalige Wiedereinweisung der Räumungsschuldner. die Widersprüche des Klägers wurden durch die Stadt X als unbegründet zurückgewiesen. Nachdem im Dezember 1989 den Räumungsschuldnern Ersatzwohnraum durch die Stadt X zur Verfügung gestellt worden war, machte der Kläger gegen die Stadt X Entschädigungsansprüche geltend wegen derjenigen Schäden, die durch die Wiedereinweisung und während der Wiedereinweisungszeit entstanden waren. </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die von dem Kläger angeforderte Deckungszusage lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 27.11.1989 ab.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Mit der Klage hat der Kläger zunächst Kostenfreistellung begehrt und ist im Laufe des Rechtsstreits zu einem bezifferten Klageantrag übergegangen, nachdem er mit der Stadt X einen Vergleich geschlossen hatte.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist der Ansicht, die bei der Beklagten abgeschlossene Familien-Rechtsschutzversicherung enthalte als versichertes Risiko die Kostenübernahme seiner Rechtsstreitigkeiten mit der Stadt X. Zwar sei der Beklagten vorgerichtlich als Rechtsgrundlage dieser Ersatzansprüche das Ordnungsbehördengesetz von Nordrhein-Westfalen (OBGNW) mitgeteilt worden; es sei aber auch denkbar, daß die Ersatzansprüche gegen die Stadt X auf Amtpflichtverletzung gestützt würden. Amtspflichtverletzung falle unter den Schadensersatz-Rechtsschutz nach § 14 der Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutz-Versicherung (ARB).</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Nachdem der Kläger zunächst den Antrag angekündigt hatte,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">den Kläger von dessen Kostentragungspflicht in</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">dessen Verfahren gegen die Stadt X</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">- Az. der Beklagten XXX - freizustellen,</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">beantragt er nunmehr, nachdem mit der Stadt X ein Vergleich abgeschlossen worden war, Zahlung der ihm in dem Verfahren gegen die Stadt X durch seinen Prozeßbevollmächtigten in Rechnung gestellten Anwaltsgebühren gemäß Anwaltsrechnung vom 12.07.1990 in Höhe von 1.391,93 DM.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.391,93 DM</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Sie verweist auf die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutz-Versicherung (ARB) und ist der Ansicht, hiernach bestehe aufgrund der von dem Kläger abgeschlossenen Familien-Rechtsschutzversicherung kein Versicherungsschutz. Soweit gegen die Stadt X Entschädigungsansprüche nach dem OBGNW geltend gemacht worden seien, handele es sich hierbei nicht um eine gesetzliche Haftpflichtbestimmung. Soweit der Kläger seine Ansprüche gegen die Stadt X auf Amtspflichtverletzung und damit auf eine gesetzliche Haftpflichtbestimmung gemäß § 14 Abs. 1 ARB stützen zu können glaube, habe er bisher keinen schlüssigen Sachverhalt vorgetragen, dem die Umstände und Merkmale einer Amtspflichtverletzung der Stadt X zu entnehmen seien.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Wegen des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks"><b><span style="text-decoration:underline;">E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :</span></b></p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Ersatz des Anwaltshonorars, das der Anwalt des Klägers (sein jetziger Prozeßbevollmächtigter) für Tätigkeit in der Auseinandersetzung des Klägers mit der Stadt X beansprucht, nicht zu, denn darauf erstreckt sich nicht der Versicherungsschutz der Beklagten aus der zwischen den Parteien bestehenden Familien-Rechtsschutzversicherung.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Gemäß § 25 Abs. 2 ARB kommt als vom Versicherungsschutz umfaßt nur der Fall des lit. a) in Betracht, nämlich die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen im Rahmen des § 14 Abs. 1 ARB. Gemäß § 14 Abs. 1 ARB gilt ein Versicherungsfall als eingetreten, wenn Schadensersatzansprüche aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen reguliert werden sollen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Im Entscheidungsfall begehrte der Kläger von der Stadt X keine Schadensersatzansprüche aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen, sondern - und dies ist dem vorgerichtlichen Schreiben des Prozeßbevollmächtigten des Klägers vom 19.12.1989 an die Beklagte einwandfrei zu entnehmen - Ansprüche nach dem Ordnungsbehördengesetz Nordrhein-Westfalen. Bei den auf diese Rechtsgrundlage gestützten Ansprüchen handelt es sich nicht um privatrechtliche Haftpflichtbestimmungen, sondern um Entschädigungsansprüche, die ihre Grundlage im öffentlichen Recht haben. Solche Ansprüche sind nicht Gegenstand der von dem Kläger bei der Beklagten abgeschlossenen Familien-Rechtsschutzversicherung.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Daß als Anspruchsgrundlage für die von dem Kläger gegen die Stadt X betriebene Streitigkeit auch ein Tatbestand einer Amtspflichtverletzung in Betracht käme, hat der Kläger nicht dargelegt. Daß eine solche rechtliche Einordnung von ihm auch zutreffend nicht beabsichtigt war, folgt zusätzlich daraus, daß der Kläger gegen die beiden Wiedereinweisungsverfügungen der Stadt X zwar Widerspruch eingelegt, die daraufhin ergangenen Widerspruchsbescheide jedoch nicht im Klagewege angegriffen hat. Auch daraus ist zu entnehmen, daß der Kläger - richtigerweise - nicht von einem seitens der Stadt X begangenen Verstoß gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften und damit von einem schadensstiftenden Ereignis im Sinne der gesetzlichen Haftpflichtbestimmungen ausgegangen ist.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Da gemäß § 25 Abs. 4 lit. c) ARB bei der Familien-Rechtsschutzversicherung der Versicherungsschutz für die Wahrnehmung dringlicher Rechte an Gebäuden - und hierum handelt es sich bei der Streitigkeit des Klägers mit der Stadt X, da er Kläger Beschädigung seines Eigentums geltend macht - ausgeschlossen ist und der Kläger eine Rechtsschutzversicherung gemäß § 29 ARB für Grundstückseigentum nicht abgeschlossen hat, kommt eine Erstattungspflicht der Beklagten im Hinblick auf das geltend gemachte Anwaltshonorar nicht in Betracht.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.</p>
|
315,061 | lg-duisburg-1990-09-21-4-s-4989 | {
"id": 807,
"name": "Landgericht Duisburg",
"slug": "lg-duisburg",
"city": 408,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 4 S 49/89 | 1990-09-21T00:00:00 | 2019-03-13T14:45:14 | 2022-10-18T15:09:11 | Urteil | ECLI:DE:LGDU:1990:0921.4S49.89.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Klägerin gegen das am 19. Januar 1989 verkündete Urteil des Amtsgerichtes Mülheim an der Ruhr - 23 C 510/88 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u> E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e : </u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Berufung der Klägerin musste ohne Erfolg bleiben.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Klägerin steht die geltend gemachte Kostenpauschale aus dem Partnerschaftsvermittlungsvertrag der Parteien nicht zum, da diese Forderung entsprechend § 656 Abs. 2 BGB nicht durchsetzbar ist. Wie der Bundesgerichtshof entschieden hat, ist § 656 BGB auf Partnerschaftsvermittlungsverträge entsprechend anzuwenden (Urteil des 4. Zivilsenates des Bundesgerichtshofs vom 11. Juli 1990, IV ZR 160/89, zur Veröffentlichung in der NJW bestimmt). Der Bundesgerichtshof hat dies im wesentlichen mit der Funktion des § 656 BGB in einen freiheitlich verfassten sozialen Rechtsstaat begründet (Seite 8 der erwähnten ‚Urteilsausfertigung). Dem tritt die Kammer bei. Dies aber bedeutet für den Berufungsrechtsstreit, dass der Klägerin weder Primäransprüche aus dem Partnerschaftsvermittlungsvertrag zustehen noch Sekundäransprüche (Schadensersatz wegen Nichterfüllung), da § 656 Abs. 2 BGB analog sämtliche Ansprüche aus einem solchen Vertrag für gerichtlich nicht durchsetzbar hält (um eine Umgehung zu verhindern). Da es mit Blick auf diese neueste Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes auf weiteres nicht mehr ankommt, war die Berufung der Klägerin mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.</p>
|
315,062 | olgham-1990-09-20-27-u-890 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 27 U 8/90 | 1990-09-20T00:00:00 | 2019-03-13T14:45:15 | 2022-10-18T15:09:11 | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1990:0920.27U8.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Klägers gegen das am 30. Oktober 1989 verkündete Urteil des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger begehrt Schmerzensgeld und Feststellung der Ersatzpflicht für materielle Schäden infolge seiner Augenverletzung, die er am 09. Oktober 1988 gegen 11.00 Uhr in der Postsporthalle ... während eines Tennis-Trainings der Beklagten dadurch erlitten hat, daß er beim Aufsammeln verschlagener Bälle von einem fliegenden Ball getroffen wurde, den der Zweitbeklagte als Tennislehrer aufgeschlagen und der Erstbeklagte von der Grundlinie aus retourniert hatte.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat behauptet, nach Beendigung seines eigenen Trainingsparts mit dem Zweitbeklagten habe er um Unterbrechung des Spiels gebeten, um die in seinem Feld liegenden Bälle beiseite nehmen zu können. Noch innerhalb des Spielfeldes hockend habe er nicht bemerkt, daß gleichwohl das Spiel von den Beklagten aufgenommen worden sei, und sogleich den ersten Ball abbekommen, als er sich zum Erstbeklagten umgedreht habe.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten haben behauptet, der Kläger habe das Feld bereits verlassen gehabt und sich in Höhe des Netzpfosten jenseits davon im Bereich der Sitzbänke aufgehalten, als das Spiel eröffnet worden sei.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat die Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen, weil nicht festgestellt werden könne, daß der Kläger um Unterbrechung des Spiels gebeten oder sich noch innerhalb des Feldes befunden habe. Sollte der Kläger das Spielfeld bereits verlassen gehabt haben, hätte er sowohl mit einer üblichen Fortsetzung als auch mit einem verschlagenen Ball rechnen und deshalb eine sichere Position einnehmen müssen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hält mit seiner Berufung schon den Bewertungsmaßstab des Landgerichts für verfehlt und meint, es müsse auch danach unterschieden werden, ob eine gefährdete Person dem Spiel zugewandt sei oder nicht. Außerdem verstoße eine Unterbrechung des Spiels nur wenige Sekunden - wie das der Zeuge ... geschildert habe - gegen die erforderliche Sorgfalt. Im übrigen habe das Landgericht die Aussage ... der Kläger habe nach dem Unfall nicht mehr innerhalb des Spielfeldes gelegen, falsch aufgefaßt. Damit habe der Zeuge nicht sagen wollen, daß der Kläger ganz "außerhalb des Spielfeldes" gewesen sei, als der den Ball mitbekommen habe. Nach dessen Erinnerung habe sich der Kläger lediglich außerhalb der <u>inneren</u> Spielfeldlinie aber noch diesseits der äußeren Doppellinie befunden.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">abändernd die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen, sowie festzustellen, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihm alle weiteren aus dem Unfallgeschehen vom 09. Oktober 1988 entstehenden materiellen Schäden zu ersetzen, soweit Ersatzansprüche nicht gesetzlich auf Versicherungs- oder Versorgungsträger übergegangen sind.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich ihrer Erwiderung sowie zum weiteren Parteivorbringen im einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat erneut die Parteien gemäß § 141 ZPO angehört. Insoweit wird auf den Vermerk des Berichterstatters zum Sitzungsprotokoll vom 20. September 1990 verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe</b></p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Kläger kann die Beklagten nicht gemäß den §§ 823, 847 BGB auf Schadensersatz in Anspruch nehmen, da aus tatsächlichen Gründen nicht davon ausgegangen werden kann, daß der Zweitbeklagte den Ball unter Mißachtung der erforderlichen Sorgfalt pflichtwidrig aufgeschlagen (1) oder daß der Erstbeklagte durch seinen Return die Verletzung des Klägers fahrlässig herbeigeführt hat (2).</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks"><b>1.</b></p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Der vom Landgericht zugrundegelegte Bewertungsmaßstab hält der Nachprüfung im Ergebnis stand. In der Halle waren keine Gäste, sondern nur Trainingsspieler und der Zweitbeklagte als "Tennislehrer". Die Übungen sowie deren Ablauf waren allgemein bekannt, weshalb insbesondere der Zweitbeklagte grundsätzlich darauf vertrauen durfte, daß alle Anwesenden auf die damit verbundenen Verletzungsgefahren eingestellt waren. Mithin war er berechtigt, seine Aufmerksamkeit auf den eigentlichen Spielfeldbereich - das innere Feld - zu konzentrieren. Nur innerhalb dieses eingeschränkten Blickfeldes mußte er gezielt auf Spielhindernisse achten, um sofort reagieren zu können. Sonstige Unregelmäßigkeiten brauchte er nur beiläufig zu berücksichtigen, wobei an seine Aufnahmebereitschaft angesichts der "Insider"- Situation aller Beteiligten keine hohen Anforderungen gestellt werden konnten.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat nicht bewiesen, daß der Zweitbeklagte den Ballwechsel unter Verstoß gegen diese Sorgfaltsanforderungen eröffnet hat. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob der Zeuge ... den Kläger unmittelbar nach dem Unfall womöglich noch im Feld zwischen der Doppellinie vorgefunden hat. Das mag als wahr unterstellt werden, wenngleich seine Schilderung vor dem Landgericht kaum auslegungsfähig erscheint (Bl. 60; vorletzter Absatz). Hierdurch wird die Darstellung des Zweitbeklagten nicht widerlegt, im Zeitpunkt seines Aufschlages habe sich der Kläger gänzlich jenseits der Linien befunden. So ist keineswegs ausgeschlossen, daß der Kläger in der Zeitspanne zwischen der Spieleröffnung und dem Unfall wieder einen Schritt in Richtung auf das Feld gemacht haben kann, um auch noch einen zurückgelassen Ball einzusammeln; sein Bewegungsverhalten kurz vor dem Treffer ist gänzlich ungeklärt geblieben. Darüber hinaus hätte der Aufenthalt des Klägers zwischen den Linien auch schon bei Eröffnung des Spiels dem Zweitbeklagten nicht ohne weiteres Veranlassung geben müssen, den Ballaufschlag zurückzustellen. Der Kläger wäre an dieser Stelle ebenfalls nicht mehr im Spielfeld gewesen, irgendwelche Anhaltspunkte, die dem Zweitbeklagten besondere Vorsicht hätten signalisieren müssen, sind nicht feststellbar. Das gilt insbesondere für den vom Kläger behaupteten Zuruf, mit dem er um Unterbrechung des Spiels gebeten haben will.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks"><b>2.</b></p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die durch den Fehlschlag begründete Augenverletzung des Klägers wäre dem Erstbeklagten nur unter noch strengeren Voraussetzungen zuzurechnen. Zwar hätte dieser den Ball nicht annehmen dürfen, wenn er die Möglichkeit eines den Kläger überraschenden Treffers gegen dessen Körper vorausgesehen haben würde. Eine solche Gefahr brauchte er aber nur in Erwägung zu ziehen, falls sich ihm bei seiner Reaktion auf das Zuspiel des Zweitbeklagten konkrete Anzeichen dafür geboten haben sollten, daß der Kläger gänzlich unaufmerksam und sorglos auf einen Return überhaupt nicht eingestellt sein könnte. Insoweit reichte es nicht hin, wenn der Kläger lediglich objektiv erkennbar auf die Eröffnung des Spiels unvorbereitet gewesen ist. Der Erstbeklagte durfte sich auf die gestellte Übungsaufgabe voll konzentrieren und brauchte nicht von sich aus in Rechnung zu stellen, daß womöglich einer seiner Trainingsmitspieler schutzbedürftig sei. Diese wußten um seine relative Unsicherheit als (Wieder-) Anfänger und hatten daher umso mehr Veranlassung, ihn stets im Auge zu behalten.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Auch für die Person des Erstbeklagten ist nicht feststellbar, daß er sich auf den Kläger hätte einstellen müssen. Unwiderlegt hat er ihn bei seinem mißglückten Return überhaupt nicht bewußt wahrgenommen. Irgendwelche Gefahrenpunkte, wonach ihm die Nichtbeachtung des Klägers zum Vorwurf gemacht werden könnte, sind nicht erwiesen. Selbst wenn zugunsten des Klägers unterstellt wird, daß er zwischen den Linien mit dem Aufsammeln von Bällen beschäftigt und dadurch sichtlich abgelenkt gewesen ist, mußte der Erstbeklagte nicht ohne weiteres stutzig werden und zu der Einschätzung gelangen, das vom Zweitbeklagten begonnene Spiel sei aus Sicherheitsgründen sofort zu beenden. Im übrigen ist auch ihm gegenüber nicht nachweisbar, daß er das vom Kläger behauptete Verlangen einer Spielunterbrechung gehört hat oder selbst angesichts seiner zulässigen Konzentration auf das Spiel unter keinen Umständen hätte überhören dürfen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 I, 708 Nr. 10.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Das Urteil beschwert den Kläger in Höhe von 6.500,00 DM.</p>
|
315,063 | olgk-1990-09-20-18-u-2389 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 18 U 23/89 | 1990-09-20T00:00:00 | 2019-03-13T14:45:17 | 2022-10-18T15:09:10 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1990:0920.18U23.89.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Klägerin wird das am 6. Dezember 1988 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Aachen - 10 O 336/82 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:</p>
<p>1.</p>
<p>Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin weitere 20.000.- DM nebst 4% Zinsen aus 35.000.- DM vom 29. Oktober 1982 bis zum 10. November 1982, 4% Zinsen aus 20.000.- DM ab 29. Oktober 1982 und 4% Zinsen aus 15.700.- DM vom 11. November 1982 bis zum 4. Juli 1984 zu zahlen.</p>
<p>2.</p>
<p>Es wird festgestellt, daß die Beklagten verpflichtet sind, gesamtschuldnerisch der Klägerin den gesamten zukünftig entstehenden materiellen und immateriellen Schaden aus dem Verkehrsunfall vom 1. Mai 1982 zu ersetzen, soweit nicht die Ansprüche auf Sozialversicherungsträger übergegangen sind oder übergehen.</p>
<p>3.</p>
<p>Wegen des weitergehenden Zinsanspruchs werden die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.</p>
<p>4.</p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen werden, soweit hierüber nicht rechtskräftig entschieden ist, den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt.</p>
<p>5.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>T a t b e s t a n d</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits sind Schadensersatz-, Schmerzensgeld- und Feststellungsansprüche der Klägerin aus einem Verkehrsunfall am 1. Mai 1982 auf der Bundesstraße ... zwischen A. und W. in Höhe der Kilo- metermarkierung 1,452. Wegen der Einzelheiten dieses Verkehrsunfalls wird auf das Teil-Grundurteil des Landgerichts Aachen vom 30. August 1983 - 10 O 336/82 - (Bl. 116 ff GA) sowie auf das Urteil des erkennenden Senats vom 12. April 1984 - 18 U 176/83 – (Bl. 207 ff GA) verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Hiernach steht rechtskräftig fest, daß die Beklagten der Klägerin dem Grunde nach zum Schadensersatz einschließlich Zahlung von Schmerzensgeld verpflichtet sind, ohne daß sich ein etwaiges Mitverschulden der Klägerin anspruchsmindernd auswirkt.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Beide Parteien haben mit wechselseitigen Kostenanträgen den Rechtsstreit bezüglich des Schadensersatzanspruchs voll und bezüglich des Schmerzensgeldanspruchs in Höhe eines Betrags von 35.000,00 DM teilweise für erledigt erklärt.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat durch die angefochtene Entscheidung die Klage bis auf die Zinsen abgewiesen mit der Begründung, ein Schmerzensgeld in Höhe von 35.000,00 DM sei angemessen, zumal eine unfallbedingte Anorgasmie und Algopareunie nicht bewiesen und - soweit es sich um den Feststellungsanspruch handele - mit weiteren Schäden nicht zu rechnen sei.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat Berufung eingelegt mit dem Antrag auf Zahlung eines deutlich höheren Schmerzensgeldes nebst Zinsen und der Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz allen zukünftigen Schadens aus diesem Verkehrsunfall, soweit er nicht ausgeglichen oder auf Sozialversicherungsträger übergegangen ist. Die Klägerin rügt insbesondere, das Landgericht habe bei der Bemessung des Schmerzensgeldes zu Unrecht nicht berücksichtigt, daß sie aufgrund des Unfalls an einer Algopareunie und Anorgasmie leide. Dem Feststellungsantrag sei stattzugeben, weil die Möglichkeit des Eintritts künftiger Schäden bestehe.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten beantragen die Zurückweisung der Berufung und treten den Ausführungen der Klägerin entgegen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat Beweis erhoben durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. med. H.<b> </b>vom 18. Mai 1990 (BI. 584 f. GA), wegen der weiteren Ausführungen der Parteien auf den Akteninhalt verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks"><b><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e </u></b></p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:4px">Die zulässige und statthafte Berufung der Klägerin hatte auch in der Sache selbst Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">1 .</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:4px">Der Klägerin steht ein Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 55.000.- DM zu (§ 847 BGB). Die Zahlungsverpflichtung der Beklagten steht <u>dem Grunde nach </u>rechtskräftig fest.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der vom Senat zuerkannte Betrag ist <u>der Höhe nach </u>angemessen, nachdem die Klägerin im Berufungsverfahren ihre Bereitschaft zu einer weiteren Untersuchung erklärt hat und aufgrund des Untersuchungsergebnisses mit Sicherheit von einer im Zusammenhang mit dem Unfall vom 1. Mai 1982 zustehenden Algopareunie und Anorgasmie auszugehen ist.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Der Senat ist in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen der Auffassung, daß diese Beschwerden mit Rücksicht auf das jugendliche Alter der Klägerin als sehr schwerwiegend einzuschätzen sind und eine erhebliche Beeinträchtigung der bis dahin ungestörten sexuellen Erlebnisfähigkeit und der damit verbundenen Lebensfreude bedeuten. Auch mit Rücksicht auf die fortbestehende seelische Beeinträchtigung ist das Senat insgesamt zuerkannte Schmerzensgeld von 55.000.- DM angemessen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Darüberhinaus war auch dem Feststellungsbegehren der Klägerin stattzugeben.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Aufgrund der schwerwiegenden Verletzungen und der hierauf auch derzeit noch beruhenden weiteren Beeinträchtigungen ist die <u>Möglichkeit</u> eines zukünftigen weiteren Schadens nicht auszuschließen. Allein dies rechtfertigt es, dem Feststellungsbegehren der Klägerin stattzugeben.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Dem Zinsanspruch war lediglich in dem vom Senat erkannten Umfang stattzugeben (§§ 291, 288 Abs. 1 BGB).</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91 Abs. 1, 91 a Abs. 1 und 92 Abs. 2 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Ziffer 10, 713 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Streitwert für das Berufungsverfahren in Abänderung des Senatsbeschlusses vom 10.04.1989: 30.000.- DM (Schmerzensgeldanspruch: 20.000.-- DM, Feststellungsbegehren: 10.000.- DM) und Kosten der Erledigung.</p>
|
315,064 | lg-hagen-1990-09-17-10-s-41889 | {
"id": 810,
"name": "Landgericht Hagen",
"slug": "lg-hagen",
"city": 430,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 10 S 418/89 | 1990-09-17T00:00:00 | 2019-03-13T14:45:18 | 2022-10-18T15:09:10 | Urteil | ECLI:DE:LGHA:1990:0917.10S418.89.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Kläger wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen das am 01. August 1989 verkündete Urteil des Amtsgerichts Hagen abgeändert und wie folgt neu gefaßt:</p>
<p></p>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Das Mietverhältnis zwischen den Parteien betreffend die Einliegerwohnung im Hause xxx wird auf unbestimmte Zeit fortgesetzt.</p>
<p></p>
<p>Die Beklagten sind verpflichtet, ab dem 01. Mai 1990 einen monatlichen Mietzins von 450,74 DM (in Worten: Vierhundertfünfzig 74/100 Deutscher Mark) an die Kläger zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Die Beklagten sind weiter verpflichtet folgende Betriebskosten anteilig zu tragen:</p>
<p>- Grundsteuer</p>
<p>- Kosten der Wasserversorgung</p>
<p>- Kosten der Entwässerung</p>
<p>- Kosten der Heizungsreinigung und Schornsteinfegergebühren</p>
<p>- Kosten der Straßenreinigung und Müllabfuhr</p>
<p>- Kosten der Sach- und Haftpflichtversicherung</p>
<p>- Kosten des Betriebs der Gemeinschafts-Antennenanlage.</p>
<p></p>
<p>Die Kläger bestimmen den Umlegungsschlüssel.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Betriebs der Gemeinschaftsantenne betragen pauschal 3,-- DM/Monat.</p>
<p></p>
<p>Auf die übrigen Betriebskosten sind monatliche Vorauszahlungen in Höhe von 59,-- DM zu entrichten; davon entfallen 20,-- DM auf die Kosten der Wasserversorgung und Entwässerung.</p>
<p></p>
<p>Der Mietzins und die Betriebskostenvorauszahlungen sowie die Pauschale für die Gemeinschafts-Antennenanlage sind monatlich im voraus, spätestens am dritten Werktag eines Monats zu entrichten.</p>
<p></p>
<p>Die Schönheitsreparaturen haben die Beklagten auf ihre Kosten durchzuführen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe:</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">(Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen)</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Berufung führt zu dem Ergebnis, daß die Klage mit der Maßgabe abgewiesen bleibt, daß das Mietverhältnis nur unter veränderten, angemessenen Bedingungen fortgesetzt wird. Zwar ist die Eigenbedarfskündigung der Kläger wirksam, jedoch ist das Mietverhältnis aus sozialen Gründen fortzusetzen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat im Ergebnis zutreffend den Abschluß eines Mietaufhebungsvertrages zwischen den Rechtsvorgängern der Kläger und den Beklagten verneint.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Kläger haben den Abschluß eines Aufhebungsvertrages nicht bewiesen. Die von den Eheleuten xxx bestätigten Gespräche über den Auszug der Beklagten haben die Zeugen ausschließlich mit der Beklagten zu 1.) geführt. Vertragspartner war und ist aber auch der Beklagte zu 2.). Damit fehlt es zur Wirksamkeit eines Mietaufhebungsvertrages bereits an der notwendigen Mitwirkung aller Vertragsparteien. Daß die Beklagte zu 1.) gleichzeitig im Namen und mit Vollmacht des Beklagten zu 2.) gehandelt hätte, haben die Kläger nicht behauptet.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Darüber hinaus ist auch mit der Beklagten zu 1.) eine unbedingte Vereinbarung nicht erkennbar. Die Beklagte zu 1.) hatte ihren Auszug davon abhängig gemacht, daß angemessener Ersatzwohnraum zur Verfügung stünde. Diese Verknüpfung konnten die Zeugen xxx als Erklärungsempfänger mit Rücksicht auf die Interessen der Beklagten zu 1.) (§ 133 BGB) höchstens als aufschiebende Bedingung (§ 158 Abs.1 BGB) verstehen. Daß angemessener Ersatzwohnraum zur Verfügung gestanden hätte und die Bedingung so eingetreten wäre, haben die Kläger nicht dargetan. Die von den Zeugen xxx bekundeten Bemühungen, für die Beklagten angemessenen Ersatzwohnraum zu finden, und ablehnenden Reaktionen der Beklagten zu 1.) reichen nicht aus anzunehmen, die Beklagten hätten den Eintritt der Bedingung (Anmietung einer anderen Wohnung) treuwidrig vereitelt. Unter diesen Umständen kann dahinstehen, ob die Erklärungen der Beklagten zu 1.) überhaupt erkennbar von einem rechtsgeschäftlichen Bindungswillen getragen waren oder ihnen nur die Bedeutung einer unverbindlichen Absichtserklärung beizumessen war. Eine solche Wertung liegt wegen der für die Beklagten mit einem Aufhebungsvertrag verbundenen erheblichen Risiken und des Fehlens jedweden Abschlußinteresses sehr viel näher als die Annahme eines aufschiebend bedingten Mietaufhebungsvertrages.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Das Mietverhältnis wurde jedoch durch die Eigenbedarfskündigung vom 16. März 1989 zum 30. April 1990 beendet.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 564b BGB ist anzunehmen, wenn der Vermieter vernünftige, nachvollziehbare Gründe für die Inanspruchnahme des Raumes für sich oder eine begünstigte Person darlegt. Hier haben die Kläger ein - im Kündigungsschreiben dargelegtes (§ 564b Abs. 3 BGB) - berechtigtes Interesse an der Inanspruchnahme der Wohnung der Beklagten. Der Wunsch, Raum für ein zweites Arbeitszimmer und ein Gästezimmer zu gewinnen, ist auch unter Berücksichtigung des den Klägern bereits zur Verfügung stehenden Wohnraumes mit einer Fläche von ca. 180 qm für eine 5-köpfige Familie noch vernünftig und nachvollziehbar. Die Kläger machen nicht rechtsmißbräuchlich überhöhten Wohnbedarf geltend.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Das Kündigungsrecht war nach Auffassung der Kammer nicht durch den Vertrag zwischen den Rechtsvorgängern der Kläger und den Beklagten vom 17. September 1975 ausgeschlossen. Zwar liegt in den Vereinbarungen eines Wohnrechts auf Lebenszeit, jedenfalls aber für die Abwohndauer der gegebenenen Mitevorauszahlung, ein Ausschluß des Kündigungsrechtes. Jedoch bewirkte diese Vereinbarung eine Mietvertragsdauer von mehr als einem Jahr und bedurfte daher gemäß § 566 BGB der Schriftform (OLG Celle NJW 56, 1281; Emmerich-Sonnenschein, Miete., 5. Aufl., § 566 Rd. 2; a.A.: LG Oldeburg ZMR 56, 59; Sternel, Mietrecht, 3. Aufl.; III 153 u. IV 60). Diese Schriftsform erfordert die Unterzeichnung der Vertragsurkunde durch die Vertragsparteien (§ 126 Abs. 2 BGB). Die Vereinbarung vom September 1975 war dementgegen nicht unterzeichnet worden, so daß der Mietvertrag als für unbestimmte Zeit geschlossen gilt (§ 566 S. 2 BGB).</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Dem Berufen der Kläger auf den Formmangel steht der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) schon deshalb nicht entgegen, weil die Kläger an dem Abschluß des Vertrages nicht beteiligt waren und von ihm bei Erwerb des Grundstücks keine Kenntnis hatten. Der gegen den Rechtsvorgänger begründete Arglisteinwand kann dem Grundstückserwerber grundsätzlich nicht entgegengehalten werden. Andernfalls würde der Zweck des Schriftformerfordernisses gefährdet. Die Schriftform soll dem Erwerber Gelegenheit geben, sich über die auf ihn übergehenden Rechte und Pflichten zuverlässig zu unterrichten, (BGH LM BGB § 566 Nr. 7; Emmerich-Sonnenschein, § 566 Rd. 11).</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten haben jedoch gemäß § 556a BGB einen Anspruch auf Fortsetzung des Mietverhältnisses.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten haben fristgerecht und in der notwendigen Form der Kündigung widersprochen und die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangt. Der Widerspruch ist am 27. November, also mehr als zwei Monate vor der Beendigung des Mietverhältnisses am 30. April 1990, erklärt worden (§ 556a Abs. 6 S. 1 BGB).</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Allerdings bedarf das Fortsetzungsverlangen grundsätzlich der schriftlichen Form (§ 556a Abs. 5 S. 1 BGB), die gemäß §§ 126 Abs. 3, 127a BGB durch die Aufnahme in einen gerichtlichen Vergleich, nicht aber durch die von den Beklagten vorgenommene Erklärung zum Sitzungsprotokoll ersetzt werden kann. Erteilt der Vermieter aber den ihm gemäß § 564a Abs. 2 BGB obliegenden Hinweis auf das Formerfordernis sowie die einzuhaltende Frist nicht rechtzeitig, kann der Mieter die Fortsetzung noch im ersten Termin des Räumungsrechtsstreits verlangen (§ 556a Abs. 6 S. 2 BGB). Darüber hinaus hat das Unterlassen des Hinweises auf die erforderliche Schriftform zur Folge, daß das Verlangen im Räumungsprozeß zum Sitzungsprotokoll erklärt werden kann (Schmidt-Futterer/Blank, Wohnraumschutzgesetze, 6. Aufl., B339; Nasall MDR 85, 898; a.A.: Sternel, IV 192, Emmerich-Sonnenschein, § 556a Rd. 37/. Andernfalls bliebe die Obliegenheitsverletzung für den Vermieter folgenlos, und der Mieter würde durch die Eröffnung der Möglichkeit den Widerspruch im ersten Termin zu erklären, geradezu über das Fortbestehen des Schriftformerfordernisses getäuscht. Zweck der Hinweisobliegenheit ist es, den Mieter davor zu bewahren, einen Fortsetzungsanspruch wegen fehlender Rechtskenntnis nicht oder nicht form- und fristgerecht geltend zu machen. Das Interesse des Vermieters an Rechtssicherheit wird ausreichend durch die Aufnahme der Erklärung ins Protokoll geschützt. Dieselben Grundsätze müssen nach Auffassung der Kammer auch für den Widerspruch in einem späteren Termin bei noch laufender Kündigungsfrist gelten.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Das Fortsetzungsverlangen ist begründet, weil die vertragsgemäße Beendigung des Mietverhältnisses für die Beklagten eine Härte bedeuten würde, die auch unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Kläger nicht zu rechtfertigen ist.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten sind 77 und 76 Jahre alt, und ihr Leistungsvermögen ist krankheitsbedingt erheblich vermindert.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Bei der Beklagten zu 1.) bestehenden Erkrankungen sind Zustand nach Myokardinfarkt Dezember 1987, koronare Herzkrankheit bei Hypertonie, Gicht und Hypercholesterinaemie sowie beidseitig Arthrose der Hüftgelenke und arterielle Verschlußkrankheit der Beine (Gehbehinderung). Diese Krankheiten bedingen unter anderem Kurzatmigkeit, Schwindelzustände, Herzbeschwerden und lösen bei seelischem Druck lebensbedrohliche Zustände aus. Der Beklagte zu 2.) leidet unter Hirn-, Herz- und peripheren Durchblutungsstörungen bei allgemeiner Gefäß-Sklerose, einer koronaren Herzkrankheit, einem Wirbelsäulenleiden und Arthrose beider Hüftgelenke. Der Grad seiner Behinderung beträgt 60%.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Bei beiden Beklagten ist aufgrund der Chronizität der Erkrankungen und des zunehmenden Alters mit keiner Besserung, eher mit einer Verschlechterung des gesundheitlichen Zustandes zu rechnen. Diese Feststellungen stützt die Kammer auf das überzeugende schriftliche Gutachten des Gesundheitsamtes der Stadt Hagen, Stadtärztin Dr. Cxxx.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Mit einer Wohnungssuche, einem Umzug - auch wenn er von Dritten ausgeführt wird - und der Notwendigkeit, sich in einer neuen Wohnung und einem neuen sozialen Umfeld einzuleben, sind erhebliche physische und psychische Beladungen verbunden, die für die Beklagten angesichts ihres hohen Alters und des festgestellten Gesundheitszustandes eine unzumutbare Härte bedeuten und das Interesse der Kläger an der Gewinnung von Raum für ein Gästezimmer und ein zweites Arbeitszimmer zurücktreten lassen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Das Mietverhältnis ist wegen der negativen Prognose zur gesundheitlichen Entwicklung der Beklagten auf unbestimmte Zeit fortzusetzen (§ 556a Abs. 2 S. 2 BGB).</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Es ist den Klägern jedoch nicht zumutbar, das Mietverhältnis zu den geltenden von den persönlichen Beziehungen zwischen ihren Rechtsvorgängern und den Beklagten geprägten Vertragsbedingungen fortzusetzen. Insbesondere der seit 1975 unveränderte Mietzins entspricht nicht den heutigen Verhältnissen auf dem Wohnungsmarkt. Die Kammer hat "angemessen Bedingungen" zu bestimmen (§ 556a Abs. 3 ZPO).</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Entscheidendes Kriterium für die Mietzinshöhe ist neben der Wohnungsausstattung und -größe die Qualität der Wohnlage. Die Kläger haben die behauptete gute Wohnlage nicht substantiiert unter Beweis gestellt, so daß die Kammer die von den Beklagten eingeräumte mittlere Wohnlage zugrundelegt. Für sie weist die Vergleichsmietentabelle für das Gebiet der Stadt Hagen, Stand 1. Juni 1985, einen Nettomietzins von 6,80 bis 7,55 DM pro qm aus. Unter Berücksichtigung der unstreitig guten Wohnungsqualität und der seit Erstellung der Tabelle eingetretenen Mietzinsentwicklung geht die Kammer von dem oberen Eckwert aus. Bei der Wohnungsgröße von 59,7 qm ergibt sich der festgelegte monatliche Nettomietzins von 450,97 DM. Die Leistung monatlicher Vorauszahlungen auf den Nettomietzins und die im Tenor genannten, anteilig von den Beklagten zu tragenden Nebenkosten sowie die Abwälzung der während des Mietverhältnisses auszuführenden Schönheitsreparaturen auf die Mieter erscheinen angemessen. Der Umfang der zu übernehmenden Betriebskosten und die Höhe der Vorauszahlungen entsprechen dem Begehren der Kläger im Schriftsatz vom 11. Dezember 1989. Für die sogenannten Schornsteinfegergebühren ist klarzustellen, daß diese auch insoweit von den Beklagten zu tragen sind, als sie unter Nr. 4 der Anlage 3 II.BV fallen, nicht nur unter Nr. 12.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Beklagten haben unverzüglich über die Gründe ihres Fortsetzungsverlangens Auskunft erteilt. (§ 93b Abs. 2 ZPO).</p>
|
315,065 | olgham-1990-09-13-18-u-22489 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 18 U 224/89 | 1990-09-13T00:00:00 | 2019-03-13T14:45:21 | 2022-10-18T15:09:10 | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1990:0913.18U224.89.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Klägers gegen das am 14. Juli 1989 verkündete Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.</p>
<p>Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Es beschwert den Kläger um weniger als 40.000,00 DM.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Urteil ohne Tatbestand gemäß § 543 I ZPO</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung der Beklagten ist sachlich nicht gerechtfertigt.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist verpflichtet, die Provision von 6.840,00 DM, die sie von den Käufern ... erhalten hat, an den Kläger zurückzuzahlen (§§ 812, 398 BGB). Die Beklagte ist durch die Zahlung der Käufer ohne Rechtsgrund bereichert.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Als Rechtsgrund für den Provisionsanspruch der Beklagten kommt allein § 13 des notariellen Kaufvertrages in Betracht. Dort haben sich die Erwerber verpflichtet, an die Beklagte, die insoweit einen eigenen Anspruch gemäß § 328 BGB erhalten sollte, einen Betrag von 3,42 % des Kaufpreises (6.340,00 DM) zu zahlen. Unstreitig handelt es sich hierbei um eine Maklerprovision, so daß der Kläger als Rechtsnachfolger der Käufer auch gegenüber der drittberechtigten Beklagten alle Einwendungen aus dem Maklerrecht zustehen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat keine Maklerprovision verdient, weil der Kaufvertrag wegen einer Täuschung der Käufer durch den Kläger rückabgewickelt worden ist. Ob der Kläger die Käufer arglistig getäuscht hat, kann dahinstehen. Die Eheleute ... konnten jedenfalls nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsschluß (c. i. c.) vom Kläger verlangen, so gestellt zu werden, als hätten sie den Kaufvertrag nicht abgeschlossen. Dieses Verlangen haben sie mit ihrer Anfechtung des Vertrages auch zum Ausdruck gebracht.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Nach dem unstreitigen Sachverhalt hat der Kläger die Erwerber über den ihm bekannten Planungsstand nicht aufgeklärt. Zu einer solchen Aufklärung war er wegen der entscheidenden Bedeutung der Planung für den Erwerb des Hauses und weil eine solche Aufklärung auch nach der Verkehrsauffassung zu erwarten war, verpflichtet. Die Erwerber haben sich wegen dieser Täuschung in einem Irrtum befunden; die Beklagte hat nicht substantiiert dargelegt, daß die Erwerber bei einer bestimmten Gelegenheit von der Planung Kenntnis erworben haben. Daß die Erwerber bei richtiger Aufklärung den Vertrag nicht abgeschlossen hätten, ergibt sich daraus, daß sie alsbald nach Kenntniserlangung (durch Schreiben des Notars vom 11.09.1986) durch ihren Prozeßbevollmächtigten den Vertrag anfechten ließen (unter dem 29.09.1986). Das Verschulden des Klägers wird im Rahmen der c. i. c. vermutet.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Diese Situation (Anspruch der Erwerber, so gestellt zu werden, als sei der Vertrag nicht abgeschlossen worden und Rückabwicklung) ist so zu behandeln wie ein Rücktritt, der seinen Grund in einer Unvollkommenheit des Vertrages hat. Grundsätzlich wird der Maklerlohnanspruch von Mängeln der Vertragsdurchführung nicht berührt, er entfällt aber, wenn die Wiederaufhebung auf einem Mangel des Vertrages beruht, denn das Zustandekommen des Hauptvertrages fällt in den Risikobereich des Maklers. In Fällen wie dem vorliegenden leidet der Hauptvertrag von vornherein daran, daß er durch Täuschung zustandegekommen ist. Es ist daher richtig, dem Makler die Provision zu versagen, wenn die Geltendmachtung des Schadensersatzanspruches durch die Erwerber praktisch zur Beseitigung des Vertrages führt. Man kann dies auch so begründen, daß der durch Täuschung zustandegekommene Hauptvertrag nicht identisch (wirtschaftlich gleichwertig) ist mit dem in dem Maklervertrag vorausgesetzten (vgl. Reuter, §§ 652, 653 Randnr. 78 f.).</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte kann sich demgegenüber nicht darauf berufen, daß der Kläger durch die Täuschung der Erwerber sich ihr gegenüber pflichtwidrig verhalten habe. Der Kläger war nicht gehalten, überhaupt einen Maklervertrag abzuschließen. Er durfte daher auch einen mit dem Mangel der Täsuchung behafteten Kaufvertrag abschließen (vgl. Reuter, §§ 652, 653 Randnr. 75). Die Beklagte hat keinen Schaden. Allenfalls käme ein Gegenanspruch auf Aufwendungsersatz in Betracht, der aber - jedenfalls in der Berufungsinstanz - nicht geltend gemacht wird.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Aus den obigen Ausführungen folgt, daß die Widerklage unbegründet ist, weil es keine Anspruchsgrundlage gibt.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97, 708 Nr. 10 ZPO.</p>
|
315,066 | lg-krefeld-1990-09-12-2-s-2290 | {
"id": 813,
"name": "Landgericht Krefeld",
"slug": "lg-krefeld",
"city": 448,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 2 S 22/90 | 1990-09-12T00:00:00 | 2019-03-13T14:45:22 | 2022-10-18T15:09:11 | Urteil | ECLI:DE:LGKR:1990:0912.2S22.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Beklagten wird das am 20.02.1990 verkündete Urteil</p>
<p>des Amtsgerichts Nettetal teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:</p>
<p></p>
<p>Unter Abweisung der Klage im Übrigen wird der Beklagte verurteilt, an die</p>
<p>Klägerin 1.326,99 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 20.09.1989 zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des 1. Rechtszuges haben beide Parteien je zur Hälfte zu tragen.</p>
<p>Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Tatbestand und Entscheidungsgründe:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung hat in der Sache nur hinsichtlich eines Teilbetrages in Höhe von 5,- DM Erfolg. Insoweit hält die Kammer an ihrer ständigen Rechtsprechung fest, wonach die allgemeine Unkostenpauschale gemäß § 287 ZPO auf 30,- DM geschätzt wird.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Im Übrigen hat das Amtsgericht den Beklagten zu Recht verurteilt, 50 % des der Klägerin entstandenen Schadens aus dem Verkehrsunfall vom 19.07.1989 zu ersetzen. Es ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass unter Berücksichtigung der jeweiligen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge eine Schadensteilung je zur Hälfte angemessen ist. Die Kammer folgt insoweit den Ausführungen des angefochtenen Urteils und schließt sich ihnen an.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Auch die Berufungsbegründung gibt der Kammer nach erneuter Überprüfung keinen Anlass, eine andere Entscheidung zu treffen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Auffassung des Beklagten hat die Klägerin den Schaden nicht bereits deshalb allein zu tragen, weil nach seinem Vortrag der Zeuge A sein Fahrzeug nur langsam abgebremst hat. Ein Mitverschulden des Beklagten würde nur dann entfallen, wenn das unbeaufsichtigte Herumlaufenlassen des Hundes keinen Einfluss auf das Unfallgeschehen gehabt hätte. Insoweit war der Beklagte darlegungs- und beweispflichtig. Diesen Beweis konnte der Beklagte nicht führen. Die Aussagen des Zeugen A sind insoweit zu vage und beruhen letztlich auf seiner subjektiven Einschätzung der Verkehrssituation. Zweifel in diesem Punkt gehen aber zu Lasten des Beklagten, da aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme feststeht, dass der Unfall auf das unbeaufsichtigte Herumlaufenlassen des Hundes, vermittelt durch den Abbremsvorgang des Zeugen A, zurückzuführen ist.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 u.Abs. 2 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks"><u>Streitwert für den Berufungsrechtszug</u>: 1.331,99 DM.</p>
|
315,067 | lg-krefeld-1990-09-12-2-s-4390 | {
"id": 813,
"name": "Landgericht Krefeld",
"slug": "lg-krefeld",
"city": 448,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 2 S 43/90 | 1990-09-12T00:00:00 | 2019-03-13T14:45:23 | 2022-10-18T15:09:11 | Urteil | ECLI:DE:LGKR:1990:0912.2S43.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Beklagten wird das am 20.02.1990 verkündete Urteil des Amtsgerichts Nettetal teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:</p>
<p></p>
<p>Unter Abweisung der Klage im Übrigen wird der Beklagte verurteilt, an die Kläge-rin 1.326,99 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 20.09.1989 zu zahlen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des 1. Rechtszuges haben beide Parteien je zur Hälfte zu tragen.</p>
<p> Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Tatbestand und Entscheidungsgründe:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung hat in der Sache nur hinsichtlich eines Teilbetrages in Höhe von 5,- DM Erfolg. Insoweit hält die Kammer an ihrer ständigen Rechtsprechung fest, wonach die allgemeine Unkostenpauschale gemäß § 287 ZPO auf 30,- DM geschätzt wird.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Im Übrigen hat das Amtsgericht den Beklagten zu Recht verurteilt, 50 % des der Klägerin entstandenen Schadens aus dem Verkehrsunfall vom 19.07.1989 zu ersetzen. Es ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass unter Berücksichtigung der jeweiligen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge eine Schadensteilung je zur Hälfte angemessen ist. Die Kammer folgt insoweit den Ausführungen des angefochtenen Urteils und schließt sich ihnen an.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Auch die Berufungsbegründung gibt der Kammer nach erneuter Überprüfung keinen Anlass, eine andere Entscheidung zu treffen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Auffassung des Beklagten hat die Klägerin den Schaden nicht bereits deshalb allein zu tragen, weil nach seinem Vortrag der Zeuge A sein Fahrzeug nur langsam abgebremst hat. Ein Mitverschulden des Beklagten würde nur dann entfallen, wenn das unbeaufsichtigte Herumlaufenlassen des Hundes keinen Einfluss auf das Unfallgeschehen gehabt hätte. Insoweit war der Beklagte darlegungs- und beweispflichtig. Diesen Beweis konnte der Beklagte nicht führen. Die Aussagen des Zeugen A sind insoweit zu vage und beruhen letztlich auf seiner subjektiven Einschätzung der Verkehrssituation. Zweifel in diesem Punkt gehen aber zu Lasten des Beklagten, da aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme feststeht, dass der Unfall auf das unbeaufsichtigte Herumlaufenlassen des Hundes, vermittelt durch den Abbremsvorgang des Zeugen A, zurückzuführen ist.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 u.Abs. 2 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks"><u>Streitwert für den Berufungsrechtszug</u>: 1.331,99 DM.</p>
|
315,068 | olgk-1990-09-12-16-wx-10190 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 16 Wx 101/90 | 1990-09-12T00:00:00 | 2019-03-13T14:45:25 | 2022-10-18T15:09:11 | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1990:0912.16WX101.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluß der 8. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 19. Juli 1990</p>
<p>- 8 T 57/00- wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde tragen die Antragsgegner als Gesamtschuldner.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">Gründe:</span></strong></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die zulässige sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht haben Amts- und Landgericht dem Feststellungsbegehren des Antragstellers entsprochen und der Antragsgegnerin zu 3)</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">die Einberufung von Wohnungseigentümerversammlungen außerhalb des Amtsgerichtsbezirks Bonn untersagt.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Zwar erstreckt sich die Rechtskraft des Senatsbeschlusses vom 18.09.1989 - 16 Wx 115/89 - nur auf die Ungültigerklärung des Beschlusses der Wohnungseigentümergemeinschaft</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">vom 03.11.1988 über die Festlegung von C als künftigem Versammlungsort. Der Senat hält aber an seiner in dem früheren Beschluß vertretenen Rechtsauffassung fest, daß Wohnungseigentümerversammlungen nach dem Grundsatz von Treu und Glauben im näheren Umkreis der Wohnanlage stattzufinden haben, wo ein redlicher Wohnungseigentümer sie billigerweise erwarten darf. Jeder Wohnungseigentümer soll in zumutbarer Weise an allen Versammlungen teilnehmen können. Dabei müssen auswärtige Wohnungseigentümer eine entsprechende Anreise von vornherein in Kauf nehmen, nicht aber ein Wohnungseigentümer, der in der Anlage oder zumindest an ihrem Ort wohnt. Da die Antragsgegner zu 2) und 3) die Rechtsauffassung des Senats ignorieren zu können glauben, hat der Antragsteller ein schutzwürdiges Interesse an der begehrten Feststellung.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Diese ist auch sachlich gerechtfertigt. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, daß Amts- und Landgericht den Ort für Wohnungseigentümerversammlungen künftig auf den Amtsgerichtsbezirk Bonn beschränkt haben. Eine solche Regelung entspricht billigem Ermessen im Sinne des</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">§ 43 Abs. 2 WEG. Diese Vorschrift ist auch dann anzuwenden, wenn die Wohnungseigentümer zwar einen Beschluß gefaßt haben, dieser aber ungültig ist.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Auch der Unterlassungsanspruch gegenüber der Antragsgegnerin zu 3) ist gerechtfertigt. Sie hat von ihrem Handlungsermessen bei der Bestimmung des Versammlungsorts in Kenntnis der Entscheidung des Senats vom 18.09.1989 einen fehlerhaften Gebrauch gemacht. Es besteht auch Wiederholungsgefahr, da die Antragsgegnerin zu 3)</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">an ihrer irrigen Auffassung beharrlich festhält.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung entspricht billigem Ermessen gemäß § 47 WEG. Wegen des schon als mutwillig zu bezeichnenden Vorgehens der Antragsgegner waren ihnen auch die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers aufzuerlegen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Geschäftswert: 3.000,-- DM</p>
|
315,069 | lg-bonn-1990-09-11-6-t-20290 | {
"id": 804,
"name": "Landgericht Bonn",
"slug": "lg-bonn",
"city": 394,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 6 T 202/90 | 1990-09-11T00:00:00 | 2019-03-13T14:45:26 | 2022-10-18T15:09:09 | Beschluss | ECLI:DE:LGBN:1990:0911.6T202.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf den als (einfache) Beschwerde zu behandelnden Rechtsbehelf des Klägers wird der Beschluss des Amtsgerichts Siegburg vom 06. August 1990 - 6 C 127/90 <em>-</em> dahingehend abgeändert, dass der Tenor des am 27. April 1990 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Siegburg - 6 C 127/90 - (unter Ziffer 11) antragsgemäß wie folgt berichtigt wird:</p>
<p>Der Beklagte wird verurteilt,</p>
<p>1.</p>
<p>seine im Hause T-Straße, #### T2 im ersten Obergeschoß gelegene Wohnung, bestehend aus vier Zimmern, Küche, Korridor, Bad, Toilette, Balkon und einem Kellerraum, zu räumen und an den Kläger herauszugeben;</p>
<p>2.</p>
<p>Die außergerichtlichen Auslagen im Beschwerdeverfahren hat der Beklagte zu tragen. Das Berichtigungs- und Beschwerdeverfahren ist gebühren- und auslagenfrei.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Gründe:</span></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der als sofortige Beschwerde bezeichnete Rechtsbehelf des Klägers gegen die Ablehnung der Urteilsberichtigung durch den angefochtenen Beschluss ist als einfache Beschwerde zu behandeln.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Eine sofortige Beschwerde ist gem. § 319 Abs. 3 ZPO nicht statthaft.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Rechtsbehelf der einfachen Beschwerde, von dessen Nichtabhilfe gem. § 571 ZPO durch das Amtsgericht auszugehen ist, ist vorliegend ausnahmsweise statthaft (Baumbach/Lauterbach/-Hartmann, 48. Aufl., § 319 Anm. 4 A; Thomas-Putzo; 15. Aufl.,§ 319 ZPO Anm. 5 b; OLG München MDR 1985, 171; OLG Hamm NJW-RR 1987, 187; Bay ObLG WM 1989 105), denn in dem angefochtenen Beschluss wird nach Auffassung der Kammer der Begriff der offenbaren Unrichtigkeit in § 319 Abs. 1 ZPO verkannt. Es entspricht allgemeiner Meinung in Rechtsprechung (KG JW 1936, 1479; BGH MDR 1985, 171; München OLGZ 1981, 90) und Literatur (Zöller/Vollkommer, 15. Aufl., § 319 Rdnr.8; Baubach/- Lauterbach/Hartmann, aaO, Anm. 2 Da; Stein/Jonas/Leopold, 20. Aufl., § 319 ZPO Rdnr 19; Wieczorek § 319 ZPO Anm.B I m.w.N; Thomas/Putzo aaO, Anm. 2 a) dass ein Urteil nicht nur dann offenbar unrichtig i.S.v. § 319 Abs. 1 ZPO ist, wenn – wie das Amtsgericht meint – der „Fehler“ der Sphäre des Gerichts entstammt. Der in § 319 Abs. 1 ZPO enthaltene allgemeine Rechtsgedanke gebietet es vielmehr, auch solche Irrtümer zu berichtigen, die nicht auf einer mangelhaften Willensäußerung des Gerichts im eigentlichen Sinne beruhen, sondern auf unrichtigen oder unvollständigen Angaben der Partei selbst, sofern sie nur offenbar sind. Hierzu gehören auch unrichtige Zahlenangaben, die das Gericht aus dem Vorbringen der Parteien unverändert übernommen hat. Auf die Ursache der Unrichtigkeit kommt es ebenso wenig an wie auf das Verschulden.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die statthafte Beschwerde ist in der Sache selbst auch begründet, denn die Bezifferung des Geschosses, in dem die Wohnung gelegen ist, zu deren Herausgabe der Beklagte durch das zu berichtigende Urteil verurteilt worden ist, ist offenbar falsch. Das Amtsgericht hat in seiner Entscheidung in Wahrheit nicht die entsprechend dem Klageantrag im Tenor genannte Wohnung im "6." Obergeschoß gemeint, weil der Beklagte dort unstreitig gar nicht wohnt, sondern die vom Beklagten tatsächlich gemietete Wohnung im 1. Obergeschoß. Dieser "Fehler" ist insofern offenbar, als über die Identität der Wohnung zwischen den Parteien kein Streit besteht, sondern die unrichtige Tenorierung allein auf einem Schreibfehler beruht, der auf einem Versehen der Klagepartei in der Klageschrift zurückzuführen ist. Der Tenorierungsfehler ergibt sich ohne weiteres auch für Dritte (vgl. BGHZ 78,22), die wissen, dass der Beklagte nicht im 6, sondern im 1. Obergeschoß des Hauses Tstr-# in T2 wohnt. Letztlich wird durch die Berichtigung die Urteilsformel mit dem in Einklang gebracht, was das Gericht hat aussprechen wollen. Würde es bei der Ablehnung des Berichtigungsverlangens verbleiben, wäre der Kläger allein wegen des Schreibfehlers in dem Klageantrag gezwungen, einen neuen Prozess zu führen, dies zu vermeiden, dient die Berichtigungsmöglichkeit nach § 319 Abs. 1 ZPO, von der die Kammer Gebrauch macht.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung ergeht nach § 91 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Berichtigung selbst ist durch die allgemeine Verfahrensgebühr des Gerichts sowie gem. § 37 Nr. 6 BRAGO durch die Regelgebühr des Gerichts sowie gem. § 37 Nr. 6 BRAGO abgegolten. Eine gerichtliche Beschwerdegebühr entsteht nicht, weil die Beschwerde Erfolg hat (vgl. Nr. 1181 der KV als Anl. 1 zu § 11 GKG).</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens: bis 1.800,00 DM (geschätzte Kosten eines neuen Herausgabeverfahrens).</p>
|
315,070 | olgk-1990-08-31-2-wx-3590 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 2 Wx 35/90 | 1990-08-31T00:00:00 | 2019-03-13T14:45:27 | 2022-10-18T15:09:09 | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1990:0831.2WX35.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den Beschluß der 11. Zivil-kammer des Landgerichts Köln vom 7. Juni 1990 (11 T 81/90) wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>G r ü n d e</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Beteiligte zu 1) ist die gesetzliche Erbin der Erblasserin zu einem Bruchteil - nach ihren Angaben - von 1/140.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die am 16.5.1987 verstorbene Erblasserin war mit dem am 11.6.1980 vorverstorbenen Q. E. (geboren 18.10.1907) verheiratet.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">In einem Testament vom 1. Juli 1980, das allein für die Frage der Erbfolge in Betracht kommt, hat die Erblasserin folgendes verfügt:</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">"Mein Testament!</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">Ich, die Ehefrau von Q. E., geborene X., geboren am 10.5.1911 in C. Kr. Y., wohnhaft in L. (I.), H. 00, bestimme für den Fall meines Todes wie folgt:</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">Ich setze den Sohn meines Mannes, Herrn G. F., wohnhaft in N., als meinen Erben ein. Er soll frei und unbeschränkt über den Nachlaß verfügen. </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">L. I., den 1. Juli 1980.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:177px">M. E."</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Erblasserin hat in einem Schreiben vom 10. Dezember 1984 mitgeteilt:</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">"Meine Unterlagen und Wertgegenstände befinden sich im Banksafe bei der J., L., I. K., Banksafe Nr. XXXX, zu Händen von Herrn G. F. , N..</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Mit freundlichem Gruß</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:177px">M. E."</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der am 19.4.1942 als Sohn der Eheleute O. F. und P. F. geborene Beteiligte zu 2), der nach der Geburtsurkunde den Vornamen U. trägt und der seit 1964 seinen Wohnsitz</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">in N. hat und seit 1970<i> </i>den eingetragenen Künster-Vornamen "G." von Radio N. trägt, hat unter dem 17.3.1988 zunächst durch seine Anwälte mitteilen lassen, er beantrage einen Erbschein nach der Erblasserin. Zur Begründung hat er ausgeführt, heute und auch zur Zeit der Testierung habe es keinen weiteren "G. F. " in N. gegeben. Er habe bisher nicht mit der Möglichkeit gerechnet, nicht der Sohn seiner schon vor Jahren verstorbenen Eltern zu sein, müsse aber einräumen, daß es möglich sei, daß er nicht das biologische Kind des Ehemanns seiner Mutter sei. Seine Mutter habe sich in der Zeit zwischen 1940<i> </i>und 1942 wie der Ehemann der Erblasserin in Berlin aufgehalten und mit</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Rücksicht auf die Daten des Kriegseinsatzes des Ehemanns seiner Mutter und auch andere Anhaltspunkte sei eine nichteheliche Herkunft nicht auszuschließen. Mit Schreiben vom 26.5.1988 hat der Beteiligte zu 2) dann mitgeteilt, daß er sich inzwischen entschlossen habe, im Falle einer Wahrung seiner Persönlichkeitsrechte auf den Nachlaß zugunsten der gesetzlichen Erben zu verzichten. Da einige der gesetzlichen Erben nicht bereit waren, eine entsprechende strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, ist es zu dieser Regelung nicht gekommen. Danach hat der Beteiligte zu 2) den Erben vorgeschlagen, die Erbschaft einvernehmlich einem wohltätigen Zweck zuzuführen, wobei für notleidende Erben eine Ausnahmeregelung getroffen werden könne. Auch einer solchen Vereinbarung haben die Erben nicht einvernehmlich zugestimmt.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">In der Zeit danach sind in zahlreichen Presseorganen Artikel mit Überschriften wie "Wer ist mein Vater?" und "Sind Sie unehelich, Herr F. ?" erschienen. In der Zeitschrift "Quick" ist das Originaltestament in Fotokopie veröffentlicht worden.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Beteiligte zu 1) hat einen Erbscheinsantrag gestellt und zur Begründung darauf hingewiesen, das Testament der Erblasserin sei nicht hinreichend bestimmt und daher unwirksam. Darüber hinaus hat sie das Testament wegen Irrtums gemäß § 2078 BGB angefochten. Das Amtsgericht hat nach Durchführung verschiedener Ermittlungen und nach Beweisaufnahme den Antrag der Beteiligten zu 1) auf Erteilung eines Erbscheins aufgrund gesetzlicher Erbfolge zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Erbeinsetzung durch die Erblasserin sei wirksam, da der eingesetzte Erbe anhand des</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Testaments zu ermitteln und hinreichend bestimmt bezeichnet sei. Eine andere Person als die Beteiligte zu 2) mit Namen G. F. und wohnhaft in N. sei nach den vom Gericht durchgeführten Ermittlungen nicht feststellbar. Auch die Aussagen der vernommenen</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Zeugen T., V., R. und F. hätten keinen Anhaltspunkt dafür ergeben, daß die Erblasserin eine andere Person mit dem Namen G. F. gemeint haben könnte. Die von der gesetzlichen Erbin erklärte Testamentsanfechtung sei unbegründet, da nicht feststehe, daß die Erblasserin sich tatsächlich geirrt habe. Die Abstammung des Beteiligten zu 2) sei nicht zweifelsfrei geklärt und lasse sich auch nicht mehr aufklären, nachdem die in Betracht kommenden Erzeuger des Beteiligten zu 2) verstorben seien.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die gegen diese Entscheidung gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 1) hat das Landgericht, auf dessen Entscheidung Bezug genommen wird, zurückgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Mit der weiteren Beschwerde, auf deren Inhalt Bezug genommen wird, wird insbesondere gerügt, daß die Tatsacheninstanzen zu Unrecht angenommen hätten, aus dem Testament lasse sich mit hinreichender Sicherheit ableiten, daß die Erblasserin den Beteiligten zu 2) als Erben habe einsetzen wollen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Rechtsfehlerhaft sei im Rahmen der erklärten Testamentsanfechtung nicht berücksichtigt worden, daß schon die Geburtsurkunde belege, daß es sich bei dem Beteiligten zu 2) nicht um ein nichteheliches Kind handele. Nach dem Amtsermittlungsgrundsatz sei es ferner Aufgabe der Tatsacheninstanzen gewesen, die Abstammungsverhältnisse näher aufzuklären.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">1.)</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die an keine Frist gebundene weitere Beschwerde-der Beteiligten zu 1) ist statthaft (§ 27 FGG) und formgerecht eingelegt (§ 29 Abs. 1 FGG) , nachdem die ursprünglich durch einen Rechtsbeistand erfolgte Beschwerdeeinlegung (die den Anforderungen des § 29 I FGG nicht entspricht - vgl. BayObLG FamRZ 1981, 917) durch einen Rechtsanwalt wiederholt worden ist. Die Beschwerdeberechtigung der Beteiligten zu 1) folgt aus §§ 29 Abs. 4, 20 Abs. 2 FGG. </p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">2. )</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">In der Sache ist die weitere Beschwerde jedoch nicht begründet, da die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§§ 2TFGG, 550 ZPO). Die Tatsacheninstanzen haben den Antrag der Beteiligten zu 1) auf Erteilung eines Erbscheins, beruhend auf gesetzlicher Erbfolge, mit zutreffender Begründung zurückgewiesen. Das Landgericht ist ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, daß das von der Erblasserin errichtete Testament wirksam ist und die Testamentsanfechtung der gesetzlichen Erben erfolglos geblieben ist.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">3. )</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, daß der Beteiligte zu 2) die im Testament mit "G. F., wohnhaft in N." bezeichnete Person ist.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Zunächst hat das Landgericht das Testament in rechtlich nicht zu beanstandender Weise dahin ausgelegt, daß "G. F. " unbedingt im Testament als Erbe eingesetzt worden und die Einsetzung nicht so zu verstehen ist, daß sie vom Ergebnis der Ermittlungen über die Vaterschaft abhängig gemacht werden sollte. Die Bestimmbarkeit des Erben hängt daher nicht von auswählenden und wertenden Entscheidungen eines Dritten ab, was die Einsetzung nach § 2065 Abs. 2 BGB unwirksam machen würde (vgl. KG OLGZ 1968, 329 f; MK-Leipold, 2. AufI., § 2073 Rdn. 5).</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht ist weiter ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, daß die Ermittlungen ergeben haben, daß nur der Beteiligte zu 2) mit der Bezeichnung "G. F., wohnhaft in N." gemeint gewesen sein kann, so daß eine Anwendung des § 2073 BGB (mehrdeutige</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Bezeichnung) ausscheidet. Entgegen der Auffassung der weiteren Beschwerde kommt es nicht darauf an, daß der Beteiligte zu 2) im Testament nicht mit seinem Geburtsnamen "U." bezeichnet worden ist, denn die Identifizierung ergibt sich aus dem mindestens</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">seit 1970 gebräuchlichen Künstler-Vornamen. Rechtsfehlerfrei hat es auch die Möglichkeit außer Betracht gelassen, die Erblasserin könnte einen in Berlin wohnhaften S. G. F. </p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">gemeint haben, denn dieser war zweifelsfrei nicht Sohn ihres verstorbenen Mannes und niemals in N. wohnhaft.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">4. )</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Im Ergebnis ist das Landgericht auch rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, daß das Testament von den gesetzlichen Erben nicht wirksam wegen Irrtums gemäß § 2078 BGB angefochten werden konnte.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">a) Da der Beteiligte zu 2) im Testament als "Sohn meines Mannes" als Erbe eingesetzt ist, kommt grundsätzlich eine Testamentsanfechtung gemäß § 2078 Abs. 2 BGB in Betracht, da davon ausgegangen werden kann, daß die Vorstellung der Erblasserin, der Beteiligte zu 2) sei der leibliche Sohn ihres verstorbenen Ehemannes, der Grund für die Erbeinsetzung war und die Erblasserin, wenn sie Kenntnis von der Tatsache gehabt hätte, daß er nicht der Sohn ihres Mannes war, die Erbeinsetzung nicht vorgenommen hätte. Das Landgericht ist dabei mit Recht davon ausgegangen, daß demjenigen, der sich auf die Anfechtung der letztwilligen Verfügung beruft, der Beweis des Anfechtungsgrundes obliegt (vgl. BayObLGZ 71, 147; KG FamRZ 1977, 271; Palandt/Edenhofer, 49. AufI., § 2078 Anm. 5 m.w.N.) und zugunsten des Anfechtenden nicht der Beweis erbracht ist, daß der Beteiligte zu 2) nicht der nichteheliche (biologische) Sohn des Ehemanns der Erblasserin ist.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Der vom Landgericht angenommenen Beweislastverteilung stehen weder § 60 PStG noch § 1593 BGB entgegen. Das Personenstandsbuch beweist nur, daß der Beteiligte zu 2) während der Ehe seiner Eltern geboren ist und damit als eheliches Kind gemäß</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">§§ 1591, 1593 BGB gilt. Das Personenstandsbuch erbringt dagegen keinen Beweis über die biologische Abstammung. Ebenso besagt § 1593 BGB nichts über die Beweislastverteilung bei der Testamentsanfechtung, denn die Erblasserin selbst ist von der Nichtehelichkeit des Beteiligten zu 2) ausgegangen.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Da das FGG-Verfahren keine eigentliche formelle Beweislast kennt, kann eine Entscheidung des Streits aufgrund der Regeln für die materielle Beweislast aber immer nur dann ergehen, wenn vorher alle von Amts wegen zu erhebenden Beweismittel ausgeschöpft sind (BGH LM § <i>2078 </i>Nr. 8; OLG Hamm OLGZ 1966, 498; BayObLGZ 1971, 147; MK-Promberger, 2. AufI., § 2358 Rdn. 5). Hier ist das Landgericht im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, daß die im Rahmen der Amtsermittlung zu erhebenden</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Beweise erschöpft waren, so daß eine materielle Beweislastentscheidung getroffen werden konnte. </p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">b) Zunächst ist das Landgericht mit Recht davon ausgegangen, daß die durchgeführte Beweisaufnahme nichts dazu ergeben hat, daß eine andere Person als nichteheliches Kind des Ehemannes der Erblasserin in Betracht käme. Insbesondere die Vernehmung der Zeugin F. bietet nicht den geringsten brauchbaren Anhaltspunkt dafür, daß der Ehemann der Erblasserin um 1940 einen anderen nichtehelichen Sohn mit dem Namen F. gezeugt haben könnte.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Ebenso hat die sonstige Zeugenvernehmung für die Abstammung des Beteiligten zu 2) nichts ergeben.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">c) Die Tatsacheninstanzen waren im Rahmen der Amtsermittlung nicht verpflichtet, die Abstammung des Beteiligten zu 2) weiter aufzuklären. Bei Anwendung des Amtsermittlungsgrundsatzes richtet sich der Umfang der anzustellenden Ermittlungen nach dem</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts (vgl. BayObLG FamRZ 1983, 761 (763); Keidel/Kuntze/Winkler, 12. AufI., § 12 FGG Rdn. 85; Jansen, 2. AufI., § 12 FGG, Rdn. 74).</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Ein Ermessensfehler in diesem Sinne ist es aber, wenn ein Sachverhalt aufgrund ungenügender Ermittlungen für nicht feststellbar gehalten wird (Jansen, a.a.O., Rdn. 74). </p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Es ist dabei anerkannt, daß im Antragsverfahren bei der Tatsachenermittlung nicht allen nur denkbaren Möglichkeiten nachzugehen ist, sondern daß die Lebenserfahrung und der Vortrag der Beteiligten bei sorgfältiger Überlegung zu weiteren Ermittlungen Anlaß geben muß (KG WM 1967, 151; BayObLGZ 1980, 95 (99); Keidel/Kuntze/Winkler; a.a.O., Rdn. 88). Wegen der Mitwirkungspflicht der Beteiligten im Antragsverfahren kann</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">das Gericht insbesondere bei Vorgängen aus dem höchstpersönlichen Lebensbereich davon ausgehen, daß die Beteiligten in den Tatsacheninstanzen darlegen, welche weiteren Ermittlungen im konkreten Fall erfolgversprechend scheinen (BayObLG FamRZ</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">1983, 1061 (1064); OLG Köln Rpfleger 1981, 65).</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Wenn nach diesen Maßstäben ein Anlaß zu weiterer Aufklärung nicht besteht, haben die Tatsacheninstanzen ihre Amtsermittlungspflicht nicht verletzt.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">d) Eine Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes liegt hier insbesondere nicht darin, daß die Tatsacheninstanzen es unterlassen haben, anhand von Fotografien der verstorbenen Eltern des Beteiligten zu 2) und des verstorbenen Ehemannes der Erblasserin durch ein medizinisches Sachverständigengutachten aufzuklären, ob sich danach eine Vaterschaft des verstorbenen Ehemanns der Erblasserin ausschließen läßt.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">In Betracht käme hier, da die in Frage stehenden Eltern des Beteiligten zu 2) sämtlich verstorben sind, nur ein anthropologischerbbiologisches Gutachten anhand von Fotografien der Verstorbenen. Das anthropologisch-erbbiologische Gutachten wird heute in aller</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Regel nur noch als Ergänzung der wesentlich zuverlässigeren Blutgruppen- und sonstigen immunologischen Gutachten bei der Vaterschaftsfeststellung angewandt (vgl. Soergel-Gaul, 12. AufI., § 1591 Rdn. 75). Dabei ist anerkannt, daß wegen der Feststellungsschwierigkeiten bei bloßer Merkmalvergleichung sehr strenge Anforderungen an die Erarbeitung des Gutachtens zu stellen sind (Roth/Stielow, Der Abstammungsprozeß, 2. AufI., Rdn. 356 f.) und insbesondere die <u>gleichzeitige</u> Anwesenheit aller Beteiligten</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">erforderlich ist (Schade, Vaterschaftsgutachten in der gerichtlichen Praxis, S. 154; Soergel-Gaul, a.a.O., Rdn. 77) und bei Tod eines Beteiligten dessen Eltern in die Begutachtung einzubeziehen sind (Roth/Stielow, a.a.O., Rdn. 366). Soweit ersichtlich ist in Rechtsprechung und Literatur ein erbbiologisches Gutachten bloß anhand von Fotografien der Beteiligten nicht erörtert worden. Wenn man weiter berücksichtigt, daß selbst bei körperlicher Untersuchung des noch lebenden Beteiligten mit dem erbbiologischen</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Gutachten normalerweise ein eindeutiger Ausschluß der Vaterschaft nicht erreichbar ist (MK-Mutschler, 2. Auf. 1., § 1591 Rdn. 36 m.w.N.), stellt es keinen Ermessensfehler dar, wenn die Tatsacheninstanzen von der Einholung eines solchen Gutachtens abgesehen haben, da vernünftigerweise nicht damit gerechnet werden kann, die Abstammungsverhältnisse dadurch mit der erforderlichen Sicherheit zu klären.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Des weiteren sind die angestellten Ermittlungen auch nicht deshalb nach den Maßstäben des Amtsermittlungsgrundsatzes unzureichend, weil die Tatsacheninstanz nicht die Vorlage der vom Beteiligten zu 2) erwähnten Unterlagen, die für seine Nichtehelichkeit sprechen könnten, verlangt hat. Die Beiziehung solcher für die Nichtehelichkeit des Beteiligten zu 2) sprechenden Unterlagen war schon deshalb nicht erforderlich, weil nichts</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">dafür vorgetragen ist, daß sich aus diesen Unterlagen umgekehrt etwas dafür ergeben könnte, daß der Ehemann der Erblasserin <u>nicht</u> der Vater des Beteiligten zu 2) sein kann. Wenn es im Antragsverfahren an einem solchen Vortrag fehlt, muß das Gericht</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">nicht von sich aus nach etwaigen von keinem erwähnten Unterlagen forschen.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Auch zu sonstigen Nachforschungen waren die Tatsacheninstanzen nicht verpflichtet, insbesondere mußten sie den Beteiligten zu 2) nicht persönlich anhören. Selbst wenn man aus den Erklärungen des Beteiligten zu 2), sich am Verfahren nicht weiter zu beteiligen, entnehmen kann, daß er nunmehr die Möglichkeit, das nichteheliche Kind des Ehemanns der Erblasserin zu sein, ausschließt, ergibt sich daraus nicht, daß die Annahme der Erblasserin als unrichtig anzusehen ist. Anders als im Zivilprozeß herrscht im Erbscheinsverfahren als einem Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit das Prinzip der materiellen Wahrheit auch im Antragsverfahren, so daß auch ein etwaiges tatsächliches Zugeständnis des Beteiligten zu 2) auf seine Richtigkeit zu überprüfen ist (vgl. Keidel/Kuntze/Winkler, 12. AufI., § 12 Rdn. 21). Anders als bei einer Klage auf Feststellung</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">des Erbrechts vermag daher im Erbscheinsverfahren auch eine Einigkeit aller Beteiligten über eine bestimmte Tatsache das Gericht nicht zu binden. Dies gilt erst recht dann,</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">wenn ein Beteiligter zu den Behauptungen der anderen Beteiligten keine Stellung nimmt; denn eine dem § 138 Abs. 3 ZPO entsprechende Regelung gibt es im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht.</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Eine persönliche Anhörung des Beteiligten zu 2) war daher nicht deshalb geboten, weil nach den Erklärungen seines Anwalts die Möglichkeit bestand, daß er bei persönlicher Anhörung nunmehr erklären würde, nicht weiter geltend zu machen, möglicherweise</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">das nichteheliche Kind des Ehemanns der Erblasserin zu sein, denn durch diese Erklärung wären die bestehenden Zweifel nicht beseitigt worden.</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Eine persönliche Anhörung des Beteiligten zu 2) war nach dem Amtsermittlungsgrundsatz auch im übrigen nicht geboten. Die Art der Anhörung Beteiligter steht im pflichtgemäßen Ermessen der Tatsacheninstanzen (vgl. Keidel/Kuntze/Winkler, a.a.O., § 12</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Rdn. 166), da der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme nicht für die Anhörung von Beteiligten gilt, denn § 15 FGG erklärt die Vorschriften der ZPO über die Parteivernehmung nicht für entsprechend anwendbar (vgl. Habscheid, FGG, 7. AufI., § 19 III 2). Da sich der Beteiligte zu 2) schriftlich geäußert hat, wäre eine mündliche Anhörung zusätzlich dann geboten, wenn sich aus ihr weitere Aufschlüsse auf den zu klärenden Sachverhalt ergeben können, weil etwa erst die persönliche Anhörung eine vollständige und wahrheitsgemäße Darstellung erwarten läßt. Im Antragsverfahren ist für die Notwendigkeit einer persönlichen Anhörung insoweit ebenfalls zu berücksichtigen, ob die anderen Beteiligten eine persönliche Anhörung aus diesen Gründen angeregt haben. Das ist hier nicht geschehen, denn die Beteiligte zu 1) hat nicht in Betracht gezogen, daß sich aus den Erklärungen des Beteiligten zu 2) bei einer persönlichen Anhörung der sichere Schluß gewinnen lasse, daß er entgegen seinen schriftlichen Erklärungen nicht der Sohn des Ehemanns der Erblasserin sein könne. Es liegt auf der Hand, daß ein Kind über seine biologische Abstammung allenfalls aus den Erzählungen anderer Personen, insbesondere der Eltern oder anderer Nahestehender, etwas wissen kann. Wenn solche Fragen niemals erörtert worden sind, besagt das nicht, daß eine nichteheliche Vaterschaft ausgeschlossen ist, weil solche Zweifel in vielen Fällen nicht vor dem Kind erörtert werden. Sollten aber Zweifel erörtert worden sein, so ist es eine ganz fernliegende und für das praktische Leben auszuschließende Möglichkeit, daß dem Kind bei dieser Erörterung Tatsachen bekanntgeworden sind, die seine biologische Herkunft trotz dieser Zweifel beweisen. Ebensowenig spricht etwas dafür, daß der Beteiligte zu 2) bei einer persönlichen Anhörung von der Darstellung seiner Verfahrensbevollmächtigten in dem Schreiben vom 29.2.1988, gerichtet an die Nachlaßpflegerin, abrücken werde, etwa weil zwischenzeitliche Nachforschungen weitere Umstände aufgedeckt haben, die eine intime Beziehung seiner Mutter zu dem Erblasser ausschließen</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">oder - entgegen der Darstellung in dem genannten Schreiben - als praktisch undenkbar erscheinen lassen. Es ist deshalb nicht als Fehler der Tatsacheninstanzen bei der Sachverhaltsermittlung anzusehen, wenn sie bei der gegebener Sachlage die persönliche Anhörung nicht von Amts wegen angeordnet haben.</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Die weitere Beschwerde war daher mit der Kostenfolge aus § 13 a Abs. 1 FGG zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">Beschwerdewert: DM 4.300,00</p>
|
315,071 | lg-dortmund-1990-08-30-9-t-36490 | {
"id": 806,
"name": "Landgericht Dortmund",
"slug": "lg-dortmund",
"city": 407,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 9 T 364/90 | 1990-08-30T00:00:00 | 2019-03-13T14:45:29 | 2022-10-18T15:09:09 | Beschluss | ECLI:DE:LGDO:1990:0830.9T364.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beschwerde wird nach einem Gegenstandswert</p>
<p>von 210.000,00 DM zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Gründe:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Beteiligten begehren Umschreibung des Eigentums</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">hinsichtlich des oben bezeichneten Wohnungseigen -</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">tums auf die Beteiligten zu 2.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Gemäß der Teilungserklärung ist für die Über-</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">tragung von Wohnungseigentum die Zustimmung des</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Verwalters notwendig. Verwalterin der Wohnungs-</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">eigentumsanIage ist gemäß Eigentümerbeschluß vom</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">13.06.1988 die Firma T.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Als Zustimmung haben die Beteiligten die</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">notariell beglaubigte Erklärung der Frau</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">I vom 16. Januar 1990 über-</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">reicht sowie die beglaubigte Vollmacht der</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Firma T vom 30. August 1989,</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">mit der die kaufmännische Angestellte</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">I ermächtigt wird, für die</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">vorgenannte Firma Veräußerungszustimmungen</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">für alle Verkaufsfälle abzugeben. Bezüglich</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">des genauen Inhalts wird auf die bei den Akten</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">befindlichen Erklärungen Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Das Grundbuchamt - Rechtspfleger - hat den</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Beteiligten mit Verfügung vom 05.04.1990 unter</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">anderem aufgegeben, die Zustimmung des Wohnungs-</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">verwalters nachzureichen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Den Beteiligten wurde hierfür eine Frist von</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">einem Monat gesetzt.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Mit der gegen diese Verfügung eingelegten Beschwerde</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">machen die Beteiligten geltend, die Übertragung der</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Verwalterrechte auf eine Angestellte der Verwalterin</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">sei zulässig und deren Zustimmung zur Ver-</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">äußerung ausreichend.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde ist gemäß § 71 GBO zulässig. Bei</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">der Verfügung vom 15.04.1990 des Amtsgerichts</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Dortmund handelt es sich um eine Zwischenver-</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">fügung im engen Sinne. In der Verfügung ist das</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">der Eintragung entgegenstehende Hindernis genau</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">bezeichnet. Ferner ist das Mittel zur Be-</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">seitigung des Hindernisses - Einreichung der Zu-</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">stimmung der Verwalterin selbst - benannt und auch</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">eine Frist zur Beseitigung des Hindernisses gesetzt.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde ist unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht besteht zu Recht auf der Ein-</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">reichung der Zustimmung seitens der Verwalterin</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">selbst.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Die Zustimmung der Frau I wäre</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">nur dann ausreichend, wenn sie wirksam von der</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Verwalterin zur Zustimmungserteilung unterbevoll-</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">mächtigt werden konnte.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Dies ist nicht der Fall. Die Zustimmung gemäß</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">§ 12 Abs. 1 WEG stellt eine höchstpersönliche</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Verpflichtunq des Verwalters dar. Für den Fall</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">daß es sich bei dem Verwalter um eine Firma</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">handelt, ist sie durch den Inhaber oder Geschäfts-</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">führer zu erteilen.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Zwar kann der Verwalter sich grundsätzlich Er-</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">füllungsgehilfen bei seiner Verwaltertätigkeit </p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">bedienen. Er kann aber nicht seine Verwalter-</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">stellung bzw. Teile dieser Verwalteraufgaben</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">an dritte Personen übertragen.</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Bei der Übertragung der Zustimmung im Sinne von</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">§ 12 WEG handelt es sich um die Übertragung eines</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">wesentlichen Teils der Verwalteraufgaben. Die</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Zustimmung stellt nicht etwa eine bloß formelle,</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">büromäßige Tätigkeit des Verwalters dar, sondern</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">erfordert die Erforschung und Abwägung der</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Interessen der Wohnungseigentümer, da die Zu-</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">stimmung nur in deren Interesse erteilt bzw.</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">versagt werden darf.</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Solche bedeutungsvollen, treuhänderischen Aufgaben</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">des Verwalters sind grundsätzlich nicht an dritte</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Personen übertragbar, sondern vom Verwalter</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">selbst wahrzunehmen (vgl. zum Ganzen: W e i t n a u e r W EG,</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">7. Auflage, § 26 Randziffer 20, Bay ObLG 75,327).</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">Da die Erteilung von Untervollmachten durch einen</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">Bevollmächtigten nur im Rahmen der ihm erteilten</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">Vollmacht möglich ist und dem Vollmachtszweck nicht</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">widersprechen darf, ist die VoIImachtserteilung</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">im vorliegenden Falle an die Angestellte I</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">durch die Verwalterin unwirksam.</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">Es war deshalb wie geschehen zu entscheiden.</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über den Gegenstandswert beruht</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">auf §§ 131 Abs. 2, 30 KostO.</p>
|
315,072 | olgk-1990-08-30-17-u-3589 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 17 U 35/89 | 1990-08-30T00:00:00 | 2019-03-13T14:45:30 | 2022-10-18T15:09:10 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1990:0830.17U35.89.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Klägerin wird das am 12. Mai 1989 verkündete Urteil <em>der</em> 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 82 0 215/88 - teilweise geändert und wie folgt neu gefaßt:</p><p>Unter Abweisung der weitergehenden Klage wird die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 36.767,08 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 29. September 1988 zu zahlen.</p><p>Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.</p><p>Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden der Klägerin zu 22 % und der Beklagten zu 78 % auferlegt. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 21 % und die Beklagte 79 %.</p><p>Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Entscheidungsgründe</span></p><span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung der Klägerin erweist sich überwiegend als begründet. Anders als das Landgericht angenommen hat, ist der Firma F GmbH & Co. als Absenderin der Ware ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 36.767,08 DM gegen die Beklagte als Fixkostenspediteur erwachsen, der gemäß § 67 VVG, jedenfalls aber als Folge der von der Fa. F erklärten Abtretung auf die Klägerin als deren Transportversicherer übergegangen ist.</p><span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Unstreitig ist die Beklagte für die Firma F als Fixkostenspediteur mit den Rechten und Pflichten eines Frachtführers (5, 413 Abs.1 HGB) im grenzüberschreitenden Straßengüterverkehr tätig geworden. Als solcher haftet sie dem Berechtigten nach Maßgabe der Art. 17 ff. CMR unabdingbar auf Schadensersatz.</p><span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Gemäß Art. 17 Abs. 1 CMR trifft den Frachtführer eine verschuldensunabhängige Haftung für die Beschädigung des Gutes, sofern der Schaden zwischen dem Zeitpunkt der Übernahme des Gutes und dem seiner Ablieferung zur Entstehung gelangt ist. So war_es hier. Die Beklagte räumte ein, daß die Ware im Zeitpunkt ihrer Auslieferung an die in Norwegen geschäftsansässige Firma O durchnäßt gewesen ist; sie führt dies, wie die Klägerin, darauf zurück, daß die Ware vor ihrer Ablieferung von der als Unterfrachtführer eingeschalteten Firma B einige Zeit im Freien gelagert und dem Regen ausgesetzt war.</p><span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Ansicht des Landgerichts, die Beklagte sei nach Art. 17 Abs.4 lit.d) CMR von der Haftung gemäß Art. 17 Abs. 1 CMR befreit, vermag der Senat nicht zu teilen. Die Vorschrift des Art. 17 Abs. 4 lit. d) CMR schließt die Haftung des Frachtführers nur für solche Schäden aus, die ihre Ursache in der natürlichen Beschaffenheit des beförderten Gutes haben. Die danach für eine Haftungsfreistellung des Frachtführers erforderliche Voraussetzung eines aus dem der Ladung nach ihrer Beschaffenheit anhaftenden inneren Mangel entstandenen Schadens ist vorliegend nicht gegeben. Der - von der Klägerin regulierte - Schaden ist nicht als Folge einer natürlichen Schadensanfälligkeit des Transportgutes, sondern als Folge einer vertragswidrig durchgeführten Beförderung eingetreten. Daß die in Kisten zum Versand gegebenen Aluminiumprofile naß geworden und nach Darstellung der Klägerin nicht mehr ihrer Zweckbestimmung entsprechend für die Fertigung von Thermoglasscheiben geeignet waren, ist nach dem insoweit übereinstimmenden Vorbringen der Parteien darauf zurückzuführen, daß sie vor ihrer Auslieferung ungeschützt den Witterungseinflüssen ausgesetzt gewesen sind. Die Ladung im Freien zu lagern, war die Beklagte indessen nicht berechtigt. Dies folgt aus Art. 17 Abs. 4 lit. a) CMR. Danach ist die Beförderung in einem offenen, nicht mit Planen gedeckten Fahrzeug nur zulässig, wenn die Benutzung eines solchen Fahrzeugs ausdrücklich vereinbart und im Frachtbrief vermerkt worden ist. Ist das, wie hier, nicht der Fall, hat der Frachtführer den Transport unter Benutzung eines mit Planen gedeckten Fahrzeugs durchzuführen.</p><span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Wenn aber der Frachtführer die Ladung während des Transports durch Verwendung von Planen vor ungehinderten Witterungseinflüssen zu schützen hat, dann muß dies auch für die Dauer eines vom Frachtführer eigenmächtig, ohne die Zustimmung des Absenders vorgenommene Zwischenlagerung gelten. Dafür, daß Aluminiumprofile der in Rede stehenden Art auch dann von Korrosionsbefall bedroht sind, wenn sie auf einem mit Planen gedeckten Fahrzeug befördert und ohne eine Zwischenlagerung im Freien beim Empfänger ausgeliefert werden, sind Anhaltspunkte nicht ersichtlich. Das geht zu Lasten der Beklagten, die nach Art. 18 CMR die Beweislast dafür trägt, daß die ihr von der Versicherungsnehmerin der Klägerin zur Beförderung übergebenen Waren so beschaffen waren, daß sie - selbst bei einem vorschriftsmäßig verlaufenen Straßengütertransport - zu korrodieren drohten, und daß die am Transportgut in der Zeit zwischen Übernahme und Auslieferung beim Empfänger eingetretenen Schäden aus den sich aus einer Korrosionsanfälligkeit ergebenden besonderen Gefahren entstanden sind.</p><span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Auch der an eine mangelhafte Verpackung anknüpfende Haftungsausschluß des Art. 17 Abs. 4 lit. b) CMR greift vorliegend nicht durch. Das gilt unbeschadet der Tatsache daß die Firma F die Aluminiumprofile nicht regensicher verpackt hat. Da der Beklagten die Verwendung einnes offenen Fahrzeugs nicht gestattet war, brauchte das in ihre Obhut gegebene Transportgut auch nicht in einer den Anforderungen an einen solchen offenen Transport gerecht werdenden Weise verpackt zu werden (vgl. OLG Düsseldorf, VersR 1984, 686).</p><span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Nun hat allerdings die Firma F davon abgesehen, die Ladung - etwa durch an den Kisten angebrachte Aufkleber - als nässeempfindlich zu kennzeichnen. Das führt indessen entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht zu einer gänzlichen Freistellung der Beklagten, sondern in Anwendung des Art. 17 Abs. 5 CMR nur zu einer Kürzung des der Firma F nach Art. 17 Abs. 1 CMR gegen die Beklagte erwachsenen, nunmehr der Klägerin zustehenden Schadensersatzanspruchs.</p><span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Senat sieht es auf Grund der Aussage des Zeugen T als erwiesen an, daß <em>die</em> Firma F die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin bei Anbahnung der Geschäftsbeziehungen über die Nässeempfindlichkeit ihrer ausschließlich für die Herstellung von Thermoscheiben zu verwendenden Aluminiumprofile belehrt hat. Damit hatte die Firma F jedoch nicht das nach den Umständen Erforderliche und ihr Zumutbare getan, um sich vor Schaden zu bewahren. Nach der Bekundung des Zeugen T steht zur Überzeugung des Senats fest, daß Speditions- und Transportunternehmen vielfach Hilfspersonen beschäftigen, von denen - im Gegensatz zu ordnungsgemäß ausgebildeten Fachkräften - nicht erwartet werden kann, daß sie einen Gütertransport vorschriftsmäßig abzuwickeln in der Läge sind. Insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, daß sämtliche Personen, deren sich der Frachtführer bei Ausführung der Beförderung bedient, darüber unterrichtet sind, daß grundsätzlich jede Ladung während des Transports vor Regen zu schützen ist, und daß eine Zwischenlagerung des Transportgutes, zumal im Freien und ohne ausreichenden Nässeschutz, nach der gesetzlichen Regelung nicht statthaft ist. Hinzu kommt, daß der an sich vorgeschriebene Nässeschutz vielfach als entbehrlich angesehen wird, wenn es sich bei dem Transportgut um Aluminiumerzeugnisse handelt, weil derartige Produkte im allgemeinen weder nässe-empfindlich sind noch zur Rostbildung neigen. Angesichts des in der Tat weit verbreiteten Irrtums, dem anfänglich auch der Senat erlegen war, daß jedes Aluminiumprodukt gefahrlos im Freien gelagert und den Unbilden der Witterung ausgesetzt werden könne, aber kann nicht von der Hand gewiesen werden, daß dies, obwohl von Rechts wegen unstatthaft, zuweilen doch geschieht. So hat es offenbar auch die Firma F gesehen, andernfalls sie es nicht für erforderlich gehalten hätte, in ihren Versandanzeigen auf die Nässeempfindlichkeit der Profile hinzuweisen. Der Möglichkeit, daß die für ihren norwegischen Kunden bestimmten Aluminiumprofile während des Transports nicht oder nur unzureichend vor Nässe geschützt oder im Freien zwischengelagert werden würden, konnte die Firma F jedoch nicht dadurch wirksam begegnen, daß sie die Versandanzeige vom 2. Juni 1987, die sie dem Fahrer des von der Reklagten als Unterfrachtführer eingeschalteten Speditionsunternehmens mitgegeben hat; mit dem maschinenschriftlichen Hinweis versehen hat: "VOR NAESSE SCHUETZEN NICHT UMLADEN". Die Firma F hatte keinen begründeten Anlaß, anzunehmen, daß der Fahrer die ihm ausgehändigten Begleitpapiere prüfen und den Hinweis auf der Versandanzeige zur Kenntnis nehmen und dessen Bedeutung erfassen werde. In Art. 11 Abs.2 CMR ist ausdrücklich bestimmt, daß der Frachtführer nicht verpflichtet ist, die dem Frachtbrief beigefügten Urkunden auf ihre Richtigkeit und Vollständigkeit zu überprüfen (vgl. BGH in NJW 1987, 1144 für die Hinweispflicht nach Art.22 CMR). Im übrigen hatte der Unterfrachtführer der Beklagten einen Norweger als Fahrer eingesetzt, der nach der unwidersprochen gebliebenen Behauptung der Beklagten nur über geringe Deutschkenntnisse verfügte. Die Firma F hätte es demnach nicht bei einem Hinweis auf die Nässeempfindlichkeit ihrer Profile in den Begleitpapieren bewenden lassen dürfen, dies um so weniger, als ihr bereits in der Vergangenheit infolge eines von der Rechtsvorgängerin der Beklagten unsachgemäß und vorschriftswidrig abgewickelten Transportauftrags ein durch Nässe hervorgerufener Schaden entstanden war. Sie wäre vielmehr aus den vorstehend erörterten Gründen gehalten gewesen, vorsorglich auch die Lkw-Fahrer und die sonstigen mit der Durchführung des Transports befaßten Personen über die Nässeempfindlichkeit ihrer Produkte ins Bild zu setzen, was sich insbesondere durch eine entsprechende Kennzeichnung der zum Versand kommenden Aluminiumerzeugnisse mittels Aufklebern oder Aufdrucken auf ihrer Verpackung hätte bewerkstelligen lassen. Die Firma F hat denn auch inzwischen selbst die Überzeugung gewonnen, daß es mit einer Belehrung der Geschäftsleitung eines Fuhrunternehmens über die Nässeempfindlichkeit der bei der Herstellung von Isolierglasscheiben Verwendung findenden Aluminiumprofile und einem entsprechenden Hinweis in den dem Frachtbrief beige- fügten Papieren nicht getan ist; sie ist nämlich, wie der Zeuge T ausgesagt hat, schon seit längerem dazu übergegangen, ihre Waren "in Form von Regenschirmaufklebern und Aufdrucken auf den Warenpapieren" als nässeempfindlich zu kennzeichnen.</p><span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Aus alledem folgt, daß die Versicherungsnehmerin der Klägerin ein Mitverschulden an der Entstehung des Schadens trifft. Zu Unrecht meint die Klägerin, daß es der Beklagten nach Art. 29 CMR verwehrt sei, sich hierauf zu berufen. Art. 29 CMR, wonach der Frachtführer sich auf eine seine Haftung ausschließende oder einschränken- de Vorschrift nicht berufen kann, wenn er den Schaden vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit (vgl. BGH MJW 1984, 565) verursacht hat, findet vorliegend keine Anwendung. Daß der Lkw-Fahrer, dessen sich das von der Beklagten als Unterfrachtführer zugezogene Fuhrunternehmen bei der Ausführung des Transports bedient hat, die Ladung ungeschützt im Freien gelagert hat, weil er bei dem norwegischen Kunden der Firma F niemanden angetroffen hatte und deshalb das Beförderungsgut nicht sogleich nach seiner Ankunft am Bestimmungsort hatte ausliefern können, rechtfertigt lediglich den Vorwurf der Gedankenlosigkeit, nicht aber den der groben Fahrlässigkeit. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt und dasjenige unbeachtet geblieben ist, was unter den gegebenen Umständen jedem einleuchten mußte. Das ist im Streitfall zu verneinen. Angesichts der Tatsache, daß die Ladung aus Aluminiumprofilen bestand, die überdies in vernagelten und mit Kunststoffbändern verschlossenen Kisten verpackt waren, kann nicht angenommen werden, daß der Fahrer sich der durch die vorübergehende Lagerung des Transportgutes im Freien geschaffenen besonderen Gefahrenlage bewußt gewesen ist oder daß er die Gefährlichkeit seines Tuns leichtfertig verkannt hat.</p><span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Für den Umfang der Haftung der Beklagten ist sonach auf Art. 17 Abs.5 CMR abzustellen. Der Umfang des von der Beklagten zu leistenden Schadensersatzes ist mithin davon abhängig, inwieweit der Schaden von der Versicherungsnehmerin der Klägerin und der Beklagten verursacht worden ist: Bei der hiernach vorzunehmenden Abwägung der beiderseitigen Verursachungsanteile fällt zu Lasten der Beklagten ins Gewicht, daß sie sich vertragswidrig verhalten hat, und daß die in ihrer Obhut befindlichen Aluminiumprofile aus dem ihr nach Art. 3 CMR zuzurechnenden Verschulden des Fahrers ihres Unterfrachtführers ungeschützt dem Regen ausgesetzt gewesen sind. Demgegenüber ist der Firma F lediglich vorzuwerfen, daß sie nicht in der gebotenen Weise auf die Nässeempfindlichkeit ihrer Produkte hingewiesen und dadurch ihren eigenen Interessen zuwidergehandelt hat. Damit steht zugleich fest, daß der Verursachungsbeitrag der Beklagten denjenigen der Versicherungsnehmerin der Klägerin bei weitem übersteigt. Entsprechend dem festgestellten Maß der beiderseitigen Verursachung bemißt der Senat den berechtigten Schadensersatzanspruch der Klägerin dem Grunde nach mit 4/5.</p><span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Klägerin steht demnach eine Schadensersatzforderung in Höhe von 36.787,08 DM gegen die Beklagte zu. Nach Art. 25 Abs.1 CMR hat der Frachtführer bei Beschädigung des Transportgutes den Betrag der Wertverminderung zu zahlen, die gmeäß Art. 23 Abs. 2 CMR unter Zugrundelegung des Marktpreises am Ort und zur Zeit der übernehme zur Beförderung zu ermitteln ist. Die Klägerin hat den Marktpreis auf der Grundlage der auf die Firma O lautenden Rechnungen ihrer Versicherungsnehmerin mit 51.609,60 DM beziffert. Dem ist die Beklagte substantiiert nicht entgegengetreten; sie hat sich darauf beschränkt, die Höhe des Marktpreises mit Nichtwissen und als nicht schlüssig dargelegt zu bestreiten.</p><span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Hierzu von Amts wegen ein Sachverständigengutachten einzuholen, hat der Senat keinen Anlaß, zumal eine Beweiserhebung über die Schadenshöhe einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde. Der Senat hat deshalb von der ihm durch § 287 ZPO eingeräumten Möglichkeit der Schadensschätzung Gebrauch gemacht. Dafür, daß die Fa. F ihrem norwegischen Kunden einen über ihren sonst geforderten Preisen liegenden Betrag abverlangt und in Rechnung gestellt hat, sind Anhaltspunkte nicht ersichtlich. Es begegnet daher nach Auffassung des Senats keinen durchgreifenden Bedenken, bei der Schadensschätzung auf die Rechnungen der Firma F zurückzugreifen. Von der Rechnungssumme ist der durch die Veräußerung der beschädigten Profile erzielte Erlös in Höhe von 7.127,30 DM in Abzug zu bringen, so daß von einer Wertverminderung im Betrag von 44.482,30 DM auszugehen ist. Die Ansicht der Beklagten, daß die Profile noch hätten verarbeitet werden können, findet in dem unter dem 15. Juni 1987 erstatteten, von der Klägerin vorgelegten Gutachten des Sachverständigen T2 keine Stütze. Der mit der Feststellung des Schadens beauftragte Sachverständige hat sich damals überzeugt gezeigt, daß es sich verbiete, "den Inhalt der 10 Kisten der vorstehend bezeichneten Partie in die Fertigung zu lassen, und zwar weder im derzeitigen Zustand noch in einer eventuell improvisiert gereinigten/getrockneten Form", weil "die Wasserschäden unweigerlich Korrosionen an dem Material auslösen" würden. Der Zeuge T hat sich hierzu ebenfalls geäußert und bei seiner Vernehmung darauf hingewiesen, daß naß gewordene Aluminiumprofile nach seiner Kenntnis "nur noch für die Schrottpresse geeignet" seien. Die Richtigkeit der Angaben des Zeugen und der damit übereinstimmenden Ausführungen des Sachverständigen T2 anzuzweifeln, besteht keine Veranlassung. Gleiches gilt für die Behauptung der Klägerin, die Profile seien mit dem Verkauf zum Schrottwert von umgerechnet 7.127,30 DM bestmöglich verwertet worden.</p><span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Frachtkosten im Betrage von 1.476,55 DM hat die Beklagte gemäß Art. 23 Abs.4 CMR zu erstatten. Dagegen umfaßt die Schadensersatzverpflichtung der Re-klagten nicht die durch die Einschaltung des Sachverständigen T2 angefallenen Kosten. Nach der genannten Bestimmung sind nur die Frachtkosten, die Zölle und die sonstigen aus Anlaß der Beförderung des Gutes entstandenen Kosten zurückzuerstatten. Unter Kosten im Sinne dieser Vorschrift sind jedoch lediglich die mit dem Transport selbst verbundenen, nicht aber die durch den Verlust oder die Beschädigung des Gutes entstandenen zusätzlichen Kosten zu verstehen (vgl. BGH NJW 1980, 2021). Der Schaden der Firma F beläuft sich demnach auf 45.958,85. DM. Hiervon hat die Beklagte der Klägerin 4/5, also 35.767,08 DM zu ersetzen, während die weitergehende Klage abzuweisen ist.</p><span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Zinsanspruch ist gemäß Art. 27 Abs.1 CMR in Höhe von 5 % seit dem 29. September 1988 begründet.</p><span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92, 97, 269 Abs.3 ZPO, die Anordnung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Ziffer 10, 713 ZPO.</p><span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Streitwert:</span>                                              46.363,75 DM</p><span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Beschwer der Klägerin:</span>                             9.595,67 DM</p><span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Beschwer der Beklagten:</span>                         36.767,08 DM</p>
|
315,073 | olgk-1990-08-29-27-u-3090 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 27 U 30/90 | 1990-08-29T00:00:00 | 2019-03-13T14:45:32 | 2022-10-18T15:09:10 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1990:0829.27U30.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Beklagten gegen das am 5. Dezember 1989 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Bonn - 7 0 541/86 - wird zurückgewiesen. </p>
<p></p>
<p>Die Kosten der Berufung trägt der Beklagte. </p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. </p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Ta t b e s t a n d : </u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der 1943 geborene Kläger leidet seit Geburt unter einer ausgeprägten Progenie (Gebißanomalie, bei der einzelne Zahngruppen oder die gesamte untere Zahnreihe vor der oberen stehen). Da deswegen die Kaufunktion gestört war, suchte er im August 1981 den Beklagten auf. Zu diesem Zeitpunkt verfügte sein Gebiß im Oberkiefer über 11, im Unterkiefer über 9 natürliche Zähne. Die Zähne 41 und 31 waren vor 16 Jahren durch Brückenglieder ersetzt worden. Der Beklagte stellte einen horizontalen und vertikalen Knochenabbau fest. Das Zahnfleisch war teilweise entzündet. Nach Genehmigung des Heil- und Kostenplanes durch die AOK B entfernte der Beklagte die vorhandene Brücke, setzte dafür eine neue ein, überkronte sämtliche und überbrückte fehlende Zähne, wobei streitig ist, ob entsprechend der Empfehlung des Gutachters der A Zahn 32 entfernt wurde. Nach der vorliegenden Dokumentation waren die prothetischen Arbeiten etwa im April 1982 abgeschlossen. Die Behandlung insgesamt zog sich einschließlich der Kontrolluntersuchungen bis Mai 1984 hin. </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Da der Kläger weiterhin über Zahnfleischentzündung und Schmerzen im Ober- und Unterkiefer klagte, suchte er im September 1984 die Universitätszahnklinik B auf. Dort ergab sich folgender Befund: </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">"Prothetisch versorgtes Lückengebiß im Ober- und Unterkiefer, höhergradiger Entzündungszustand der gesamten Gingiva, Taschentiefen bis zu 5 mm. Die Brücke im linken Oberkiefer und die verblockten Kronen im linken Unterkiefer erwiesen sich als zweiten Grades gelockert. Die Vitalitätsprüfung mit Kohlensäureschnee konnte uns wegen der umfangreichen Verblockung keine zuverlässige Aussage liefern. Diel Panoramaaufnahme bzw. der Röntgenstatus zeigte eine Aufhellung der periapikalen Strukturen des Zahnes 45 im Sinne einer hochgradigen Paradontitis. Der Parodontalspalt fast aller Zähne war erweitert. </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks"> Wir rieten dem Patienten nach Abnahme der Brücke die dann erforderlichen Extraktionen und eine Parodontalbehandlung durchführen zu lassen. </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Wegen der parondontalen Schwäche halten wir eine erweiterbare lediglich indirekt verblockte prothetische Lösung für indiziert." </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Nachdem die Krankenkasse die Kostenübernahme zugesagt hatte, wurden in der Zahnklinik B die Zähne 12, 11, 21 und 22 im Oberkiefer entfernt und die Lücken mit einem herausnehmbaren Interimsersatz versorgt. Weiter wurden die Zähne 45, 42 und 36 entfernt, die verbliebenen 5 Zähne im Unterkiefer mit Teleskopen und einer totalen Teleskopprothese versorgt. Sämtliche Brückenpfeiler wurden aufgetrennt und die Brücken abgenommen und im Oberkieferseitenzahnbereich zum Teil als Provisorien wieder eingesetzt. Die Behandlung ist noch nicht abgeschlossen. </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat mit seiner im Dezember 1986 eingereichten Klage Schmerzensgeld in einer Größenordnung von 15.000,00 DM mit der Behauptung verlangt, die Behandlung durch den Beklagten sei insgesamt unbrauchbar, sie habe zum Verlust von 14 gesunden Zähnen geführt und ihm jahrelange Schmerzen verursacht. </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks"> Der Beklagte hat jegliche Behandlungsfehler bestritten. Die Notwendigkeit eine erneuten prothetischen Versorgung hat er mit fortschreitendem Knochenabbau begründet. Er könne die von ihm durchgeführten prothetischen Maßnahmen nicht mehr belegen, weil die prothetische Behandlungskarte bei einem Klinikbrand im Jahre 1985 vernichtet worden sei. </p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat, sachverständig beraten, der Klage in Höhe von 7.000,00 DM stattgegeben. </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Dagegen, wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung. Er meint, nach dem Sachverständigengutachten könne allenfalls von dem Verdacht einer fehlerhaften Behandlung durch ihn die Rede sein. Das treffe indessen nicht zu. Das Gericht habe sich mit seinen Einwendungen gegen das Gutachten nicht auseinandergesetzt. Im übrigen seien die Ansprüche verjährt. </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Kläger tritt der Berufung entgegen und verteidigt das angefochtene Urteil. </p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Im übrigen wiederholen, ergänzen und vertiefen die Parteien ihr erstinstanzliches Vorbringen. </p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Wegen aller Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils sowie die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze der Parteien verwiesen. </p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Wegen der Anträge wird auf das Protokoll der Senatssitzung vom 20. August 1990 Bezug genommen. </p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat Beweis erhoben durch Anhörung der Sachverständigen Dr. Dr. V und Vernehmung von Zeugen. </p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks"><b><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e</u></b></p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die nach §§ 511, 511 a ZPO statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 516, 518, 519 ZPO) und damit zulässig. Sie ist sachlich jedoch nicht gerechtfertigt. </p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Der auf §§ 823, 847 BGB gestützte Anspruch ist nicht verjährt. Die Verjährung beginnt erst von dem Zeitpunkt zu laufen, in welchem der Verletzte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen positive Kenntnis erlangt hat (§ 852 Abs. 1 BGB). Dieser Zeitpunkt ist vorliegend frühestens mit September 1984 anzunehmen, denn erst mit Aufnahme der Behandlung durch die Zahnklinik B konnte der Kläger anhand des festgestellten Befundes einigermaßen sicher davon ausgehen, der Beklagte habe Behandlungsfehler begangen, so daß eine klageweise Inanspruchnahme des Beklagten hinreichend aus sichtsreich, wenn auch nicht risikolos und ihm damit zuzumuten war (vgl. zu diesen Voraussetzungen die ständige Rechtsprechung des BGH, BGHZ 48, 181, 183). Ob abgesehen davon die Verjährung ohnehin erst ab dem Zeitpunkt der Beendigung der Behandlung durch den Beklagten Mitte 1984 zu laufen begonnen hat, kann offen bleiben. </p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">II. </p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Beweisaufnahme hat ergeben, daß die Zahnbehandlung des Beklagten fehlerhaft war. </p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Nach Angaben des Zeugen Dr. R, der im Herbst 1984 in der Universitätszahnklinik B mit der Behandlung des Klägers begonnen und den vom Beklagten gefertigten Zahnersatz gesehen hat, war die Arbeit des Beklagten unbrauchbar. Er hat einen Frühkontakt festgestellt, ferner überstehende Kronränder, die von Anfang an vorhanden gewesen sein müssen und nicht auf späterem Knochenabbau beruhen. Das deckt sich mit den Feststellungen der Sachverständigen, die ausgeführt hat, daß horizontale Abweichungen der Kronenränder häufig auf nachträglichen Veränderungen beruhen, nicht aber die hier vorliegenden vertikalen Abweichungen, die im übrigen auch der Zeuge Dr. L festgestellt hat, der darüber hinaus von eindeutigen Paßungenauigkeiten gesprochen hat. Den Frühkontakt hat die Sachverständige ebenfalls auf einen Behandlungsfehler (Einschleiffehler) zurückgeführt, weil nicht die gesamte vom Beklagten gefertigte Brückenkonstruktion abgekippt ist, was aber der Fall gewesen wäre, wenn der Frühkontakt auf nachträglich eingetretenen Veränderungen infolge Knochenabbaus beruhen würde. Die wesentliche Ursache für die notwendige Neuversorgung liegt in der parodontalen Schädigung des Gebisses. Das haben die Zeugen Dr. R, Dr. L und die Sachverständige übereinstimmend ausgeführt. Diese ist wiederum entscheidend dem Beklagten anzulasten. Da die Parodontose schon bei Behandlungsbeginn durch den Beklagten vorhanden war, hätte er zunächst eine gründliche parodontale Sanierung veranlassen müssen, ehe der Zahnersatz eingegliedert wurde. Schon daran hat es ersichtlich gefehlt. Die vom Beklagten und später auch den Zeugen festgestellte schlechte Mundhygiene hat sicherlich das Fortschreiten der parodontalen Schäden mitverursacht. Wegen der insuffizienten Kronenränder war aber die Mundhygiene erheblich erschwert, teilweise auch schlecht durchführbar, weil es immer wieder zu Entzündungen des Zahnfleisches gekommen ist. Die Sachverständige hat denn auch dargelegt, daß "den Kläger zwar ein Teil der Schuld trifft, er im Ergebnis aber machtlos" war. Ähnlich haben sich auch die Zeugen Dr. R und Dr. L geäußert, wobei L hinzugefügt hat, daß auch wegen des kurzen Zeitraums zwischen der Behandlung des Beklagten und der Neuversorgung deren Notwendigkeit nicht auf mangelnde Hygiene zurückgeführt werden kann. Auf diesen Gesichtspunkte hatte ebenfalls die Sachverständige in ihrem schriftlichen Gutachten bereits hingewiesen. </p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die Aussage des Zeugen Dr. I vermag den Beklagten nicht zu entlasten. Der Zeuge hat an dem Zahnersatz zwar keine dem Beklagten anzulastenden Mängel festgestellt; das ist aber deshalb nicht hinreichend aussagekräftig, weil er bei seiner Begutachtung auf diesen Gesichtspunkt kein entscheidendes Gewicht gelegt hat. Sein Auftrag bestand in erster Linie darin zu prüfen, ob der Zahnersatz belassen werden konnte, was ersichtlich zu verneinen war. Es ist verständlich, daß bei einer solchen Ausgangslage Behandlungsfehler, die nicht ohne weiteres erkennbar sind, unentdeckt bleiben können. </p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">III. </p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Das vom Landgericht zuerkannte Schmerzensgeld ist der Höhe nach nicht übersetzt. Die Erwägungen hierzu im angefochtenen Urteil treffen zu. Die Notwendigkeit einer vollständigen Neuversorgung von Ober- und Unterkiefer rechtfertigt für sich genommen schon ein Schmerzensgeld von 3.000,00 DM bis 4.000,00 DM. Hier kommt hinzu, daß der Kläger über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren erhebliche Schmerzen erlitten hat. Im übrigen ist der Kläger infolge der Behandlungsfehler des Beklagten und des daraus erwachsenen Rechtsstreits seit 1984 ohne zufriedenstellende zahnprothetische Versorgung und dadurch in seiner Gesundheit geschädigt worden, denn er war - wie der Sachverständige überzeugend ausgeführt hat - wegen seiner Progenie und der erheblichen Parodontose in besonderem Maße auf einen gut sitzenden Zahnersatz angewiesen. Unter diesen Umständen kann dahinstehen, ob der Beklagte auch für den Verlust von weiteren Zähnen einzustehen hat oder ob dies zumindest auch auf anderen Ursachen beruht. </p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">IV. </p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 10, 713 ZPO. </p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Wert der Berufung und der Beschwer für den Beklagten: 7.000,00 DM </p>
|
315,074 | vg-arnsberg-1990-08-24-3-k-262989 | {
"id": 841,
"name": "Verwaltungsgericht Arnsberg",
"slug": "vg-arnsberg",
"city": 384,
"state": 12,
"jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": null
} | 3 K 2629/89 | 1990-08-24T00:00:00 | 2019-03-13T14:45:33 | 2022-10-18T15:09:10 | Urteil | ECLI:DE:VGAR:1990:0824.3K2629.89.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. </p>
<p></p>
<p>
</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"> Tat b e s t a n d :
Die Klägerin ist Eigentümerin des aufgrund Bewilligungsbescheides vom 28.
November 1961 mit öffentlichen Mitteln geförderten Mietwohngrundstücks
Im Lahrfeld 28 bis 34 in 5750 Menden. Die Wohnfläche beträgt ca. 1.828 m2
Das Objekt befindet sich laut Auskunft der Gemeinde Menden in
sogenannter mittlerer Wohnlage.
Mit Schreiben vom 17. Januar 1989 beantragte die Klägerin bei dem
Beklagten die Zustimmung zur Modernisierung durch den Einbau von
Sammelheizungen und isolierverglasten Kunststoffenstern. Laut
Zusatzberechnung zur Wirschaftlichkeitsberechnung wurden die
voraussichtlichen Modernisierungskosten mit 358.000,-- DM veranschlagt.
Ausweislich einer Mietberechnung der Klägerin betrug die Kostenmiete vor
Durchführung der genannten Maßnahmen 4,64 DM pro Quadratmeter
Wohnfläche monatlich und würde sich nach Durchführung der ohne
Inanspruchnahme öffentlicher Mittel finanzierten Modernisierung monatlich
auf 6,11 DM je Quadratmeter Wohnfläche erhöhen. Mit Bescheid vom 22.
Juni 1989 stimmte der Beklagte unter Bezugnahme auf ziff. 5.2. der
Verwaltungsvorschriften zur II. Berechnungsverordnung der Modernisierung
unter der auflösenden Bedingung zu, daß sie unwirksam wird, wenn wegen
der Modernisierung innerhalb von sechs Jahren nach deren Fertigstellung
eine Mieterhöhung gefordert werde, die 0,71 DM pro Quadratmeter
Wohnfläche monatlich überschreitet. Dabei ging der Beklagte davon aus,
daß eine Miete von 5,35 DM pro Quadratmeter Wohnfläche monatlich
(Höchstmiete gemäß Vergleichsmietentabelle) noch als tragbar für den
bezugsberechtigten Personenkreis anzusehen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich der Widerspruch der Klägerin vom 26.
Juni 1989. Sie führte im wesentlichen aus, daß die tragbare Miete zu niedrig
angesetzt sei. Sie verweist insoweit auf Verfahren bei anderen
Bewilligungsbehörden, die Härteausgleichsbestimmungen des Landes
Nordrhein-Westfalen und die Mietpreise von öffentlich geförderten
Mietwohnungen, die nach 1970 errichtet worden seien. Ferner sehe der
Mietspiegel für den Märkischen Kreis für die Baujahre von 1975 bis 1979
Nettomieten von 6,85 DM/m2 bei mittlerer Wohnlage vor; die zu
modernisierenden Häuser seien zwar in den Jahren 1964 errichtet worden,
sie würden jedoch durch die Modernisierung wenigstens dem Standard von
1975 angeglichen.
Diesen Widerspruch legte der Beklagte mit Vorlagebericht vom 6. Juli 1989
dem Regierungspräsidenten Arnsberg unter Bezugnahme auf ein Urteil des
Oberverwaltungsgerichts Lüneburg vom 16. August 1988 vor, wonach es
nicht ermessensfehlerhaft sei, wenn zur Beurteilung der Tragbarkeit der
Miete die ortsüblichen Vergleichsmieten herangezogen würden. Weiter
machte der Beklagte noch folgendes geltend: Da die zu modernisierenden
Häuser 1964 bezugsfertigt geworden seien, bestehe kein Anlaß, die Ver-
gleichsmiete solcher Häuser in Ansatz zu bringen, die in den Jahren 1975
bis 1979 neu errichtet worden seien; ein solches Vorgehen sei nur dann
angezeigt, wenn der Modernisierungsaufwand mehr als ein Drittel der
Neubaukosten betragen würde, was vorliegend aber nicht der Fall sei.
Mit Bescheid vom 23. November 1989 wies der Regierungspräsident
Arnsberg den Widerspruch der Klägerin im wesentlichen mit folgenden
Gründen zurück: Die bedingte Zustimmung sei erforderlich, um eine im
öffentlich geförderten Wohnungsbau unter Berücksichtigung des
bezugsberechtigten Personenkreises noch tragbare Miete zu gewährleisten.
Die Tragbarkeit der Miete orientiere sich zum einen an der
Höchstdurchschnittsmiete nach den Wohnbauförderungsbestimmungen,
welche derzeit bei 5,30 DM pro Quadratmeter Wohnfläche monatlich
einschließlich der Erhöhung der Verwaltungs- und
Instandhaltungskostenpauschale nach der II. Berechnungsverordnung im
Jahre 1988 liege. Zum anderen könne die örtliche Vergleichsmiete für
Wohnungen des freifinanzierten Wohnungsbaus aus den Jahren bis 1964
herangezogen werden, die im Bereich des Märkischen Kreises 5,35 DM pro
Quadratmeter Wohnfläche monatlich betrage. Dieser Betrag berücksichtige
die Ausstattung der Wohnung mit Heizung, wie sie von der Klägerin als
Modernisierung eingebaut worden sei; im übrigen gehe der Mietspiegel bei
seiner Einteilung von der jeweiligen Ausstattung und dem jeweiligen Baujahr
aus. Keinesfalls habe eine Verbesserung der Ausstattung zur Folge, daß die
Wohnung im Mietspiegel dadurch gleichzeitig einer späteren
Baujahresgruppe zugeordnet würde. Ferner sei zu berücksichtigen, daß die
in Rede stehenden Wohnungen nach § 5 Abs. 3 des
Wohnungsbindungsgesetzes vom 22. Juli 1982 grundsätzlich dem
Personenkreis vorbehalten seien, dessen Einkommen die
Einkommensgrenze des § 25 des II. Wohnungsbaugesetzes vom 11. Juli
1985 noch um 20 % unterschreite.
Zur Begründung der am 27. Dezember 1989 erhobenen Klage macht die
Klägerin folgendes geltend: Die Anwendung der Vergleichsmietentabelle für
den Hochsauerland- und Märkischen Kreis werde gerügt. Entsprechend den
Ausführungen im Widerspruch sei der Mietzins für die Altersklasse 1975 bis
1979 von 6,85 bis 7,50/m2 bei mittlerer Wohnlage zugrunde zu legen. Das
werde bestätigt durch ein von ihr eingeholtes Gutachten des
Sachverständigen Dipl.-Ing. von Estorff vom 16. Juli 1990. Im übrigen sei die
Vergleichsmietentabelle ungeeignet, weil sie nicht zwischen kleineren und
größeren Gemeinden differenziere. Weiterhin habe der Beklagte bei der
Beurteilung der Tragbarkeit der Miete nicht erwogen, daß die bislang mit
Ofenheizung versehenen Wohnungen durch den Einbau von Zentralheizung
und Isolierfenstern zu einer wesentlichen Heizkostenersparnis beitragen
würden, die mit ca. 1,-- DM pro Quadratmeter und Monat geschätzt werden
könne und daher eine entsprechende Erhöhung des Grundmietzinses
rechtfertige. Auch den erhöhten Wohnkomfort sowie die erhebliche
Umweltentlastung durch den Einbau der Zentralheizungsanlage habe der
Beklagte offenbar nicht berücksichtigt. Es sei für sie, die Klägerin, ein
wirtschaftlich untragbares Ergebnis, daß eine Mieterhöhung auf 5,50 DM
bzw. 7,-- DM pro Quadratmeter einschließlich Betriebskosten monatlich
möglich gewesen wäre, wenn Sle die Modernisierung unter
Inanspruchnahme eines verlorenen Zuschusses des Landes Nordrhein-
Westfalen in Höhe von 40 % durchgeführt hätte; in diesem Fall hätte auch
eine Eigenkapitalverzinsung von zumindest 2,6 % erreicht werden können.
Da sie die Modernisierung mit Kapitalmarktmitteln durchgeführt habe,
errechne sich auf der Grundlage des genehmigten Mietzinses vom 5,35 DM
pro Quadratmeter, daß die Klägerin zwischen 58 und 81 % zinsloses
Eigenkapital aufwende. Letztlich werde auf die
Härteausgleichsbestimmungen des Landes Nordrhein-Westfalen verwiesen,
die erst bei 7,70 DM/m2 inklusive Betriebskosten einsetzten; diese Mieten
seien daher offenbar noch als "tragbar" anzusehen.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des ablehnenden
Bescheides vom 22. Juni 1989 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides des
Regierungspräsidenten Arnsberg vom 23. November
1989
zu verpflichten, über den Antrag der Klägerin auf Erteilung
einer Zustimmung nach § 11 Abs. 4 Satz 1 II.
Berechnungsverordnung (BV) unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung bezieht er sich im wesentlichen auf selnen Bericht an den
Regierungspräsidenten in Arnsberg vom 6. Juli 1989. Weiter führt er aus:
Die herangezogene Vergleichsmietentabelle ermögliche die Unterscheidung
zwischen großen und kleineren Gemeinden durch die Angabe von
Rahmensätzen. Durch die zulässige Bandbreite würde der
unterschiedlichen Ausstattung der Wohnungen Rechnung getragen. Für
Randlagen könnten Abschläge bis zu 10 % gemacht werde. Die für zulässig
erachtete Miete habe sich am höchstmöglichen Betrag der
Vergleichsmietentabelle orientiert und berücksichtige auch die
Einsparungseffekte bei den Heizkosten. Man habe jedoch beachten
müssen, daß laut Bewilligungsbescheid vom 27. November 1961 die
Wohnungen für Wohnungssuchende mit geringem Einkommen vorbehalten
gewesen seien. Die Klägerin hätte auch bei Inanspruchnahme öffentlicher
Modernisierungsmittel die Miete nicht ohne weiteres auf 5,50 DM erhöhen
können; denn auch die Modernisierungsrichtlinien schrieben eine tragbare
Miete vor. Der Betrag von 5,50 DM stelle insoweit nur einen Höchstbetrag
dar. Die Klägerin habe die Modernisierung auch nicht nur mit
Kapitalmarktmitteln durchgeführt, sondern ausweislich des
Finanzierungsplanes mit 51% Eigenkapital.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der
Beteiligten im übrigen wird auf den Inhalt der Verfahrensakte und der
beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die Klage ist zulässig;aber unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch
auf Aufhebung der angefochtenen Bescheide und auf eine Verpflichtung,
daß ihr Antrag erneut unter Beachtung der Rechtsauffasung des Gerichts
beschieden wird. Die vom Beklagten mit der Zustimmung verbundene
Einschränkung ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren
Rechten (§ 113 Abs. 4 VwGO).
Der Beklagte war berechtigt, die von der Klägerin begehrte Zustimmung nur
unter der auflösenden Bedingung zu erteilen, daß sie unwirksam wird, wenn
wegen der Modernislerung innerhalb von sechs Jahren seit deren Fertig-
stellung eine Mieterhöhung von mehr als 0,71 DM pro Quadratmeter
Wohnfläche monatlich gefordert wird.
Die Erteilung der Zustimmung richtet sich nach § 11 Abs. 7 Satz 1 der
Verordnung über wohnungswirtschaftliche Berechnungen (II.
Berechnungsverordnung - II. BV) in der Fassung der Bekanntmachung vom
5. April 1989. Diese Vorschrift bestimmt nicht, wann die Zustimmung zur
Modernisierung zu erteilen ist. Da jedoch als Folge der Zustimmung die
Kosten der Modernisierung, die Finanzierungsmittel und die erhöhten
laufenden Aufwendungen in der Wirtschaftlichkeitsberechnung angesetzt
werden dürfen (§ 11 Abs. 1 bis 5 II. BV) kann und muß die Zustimmung im
Hinblick auf den Schutz der Mieter erfolgen,
vgl. Fischer-Dieskau/Pergande/Schwender,
Wohnungsbaurecht, Kommentar,
Loseblattsammlung Bd. 4, Stand:
1987 zu § 11 II. BV Anm. 10.6., S.
88 ff mit weiteren Nachweisen.
Die Entscheidung steht daher im pflichtgemäßen Ermessen der
Bewilligungsbehörde, </p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 16. August 1988 -14 OVG A 70/86-:
Bundesbaublatt 1989 S. 39.
Der Beklagte hat seiner Ermessensentscheidung in zutreffender
Weise Ziff. 5.2. der Verwaltungsvorschriften zur II.
Berechnungsverordnung (VV-II. BV, Runderlaß des Innenministers
vom 1. Juli 1979 in: Ministerialblatt NW 1979 S. 1358, zuletzt
geändert durch Runderlaß vom 7. Mai 1985 in: Ministerialblatt NW
1985 S. 864) zugrunde gelegt, wonach die Zustimmung nur erteilt
werden darf, wenn die Modernisierung zu einer Erhöhung der Miete
führen würde, die in einem angemessenen Verhältnis zur
Verbesserung des Gebrauchswertes steht und für öffentlich
geförderte Wohnungen unter Berücksichtigung des
bezugsberechtigten Personenkreises tragbar im Sinne von § 46 des
Wohnungsbaugesetzes ist. Diese Ermessensrichtlinie trägt dem
Zweck des § 11 Abs. 7 der II. BV Rechnung, zum einen sogenannte
"Luxusmodernisierungen" zu verhindern, zum anderen
sicherzustellen, daß öffentlich geförderte Wohnungen nicht ihrer
Zweckbestimmung entzogen werden, sondern gerade den
einkommensschwächeren Schichten der Bevölkerung offengehalten
werden,
vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 16. August 1988, aaO.
Der Zweck des sozialen Wohnungsbaus liegt gemäß § 1 Abs. 1 des
II. Wohnungsbaugesetzes (II. WoBauG) in der Fassung der
Bekanntmachung vom 11. Juli 1985 in der Schaffung von
Wohnraum, der nach Größe, Ausstattung, Miete oder Belastung für
die breiten Schichten des Volkes bestimmt und geeignet ist. Dabei
dient gemäß § 46 11. WoBauG der Einsatz öffentlicher Mittel der
Sicherstellung tragbarer Mieten oder Belastungen für den
berechtigten Personenkreis des sozialen Wohnungsbaus. Dieser
Zweck ist auf Dauer nur zu gewährleisten, wenn - wie im
vorliegenden Fall - bei nicht öffentlich geförderten Modernisierungen
von öffentlich gefördertem Wohnraum die bereits mit der öffentlich
geförderten Errichtung der Wohnungen eingegangene
Gemeinwohlbindung auch nach der Modernisierung erhalten bleibt,
vgl. OVG NW, Urteil vom 10. Dezember 1979
in: WM 1980 S. 275.
Der Beklagte ist infolge rechtlich einwandfreier Ermessens-
ausübung im Sinne von § 114 VwGO zu dem Ergebnis gelangt,
daß sich die nach Durchführung der Modernisierung, für die die
Klägerin eine Zustimmung beantragt hat, ergebende
Kostenmiete im sozialen Wohnungsbau nicht mehr tragbar ist,
soweit die Mieterhöhung mehr als 0,71 DM pro Quadratmeter im
Monat beträgt. Dabei wurde die für die Klägerin günstigste
Mietobergrenze vom 5,35 DM pro Quadratmeter zugrunde
gelegt. </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Bezüglich der Tragbarkeit einer Miete für die breiten Schichten des
Volkes hat sich der Beklagte im wesentlichen von den örtlichen
Vergleichsmieten für Wohnungen des freifinanzierten Wohnungsbaus sowie
den Höchstdurchschnittsmieten nach den Wohnbauförderungsbestimmungen
leiten lassen. Diese Anhaltspunkte sind zwar nicht zwingend in dem Sinne,
daß nicht noch andere Anhaltspunkte zugrunde gelegt werden könnten, doch
kann ihre vorrangige Heranziehung im Rahmen des Zustimmungsverfahrens
nicht als ermessensfehlerhaft bezeichnet werden,
vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 16. August 1988, aaO.
Für die örtlichen Vergleichsmieten des freifinanzierten Wohnungsbaus
wurde zu Recht der mittlere Wert des Mietspiegels für die Jahre 1964 von
maximal 5,35 DM/m2 zugrunde gelegt. Wenn auch nach Auffassung der
Kammer starke Zweifel bestehen, ob diese Höchstmiete von
5,35 DM/m2 realistisch ist, so ist doch zu berücksichtigen, daß zum einen
die Wohnungen der Klägerin nicht freifinanziert, sondern öffentlich
gefördert sind und somit hinsichtlich der Miethöhe bestimmten Bindungen
unterliegen, und daß zum anderen der Beklagte sich - wie unten noch
ausgeführt werden wird - zu Recht an der Höchstdurchschnittsmiete nach
den Wohnbauförderungsbestimmungen von 5,30 DM/m2 orientieren durfte
und diese Höchstdurchschnittsmiete noch 0,05 DM unter der örtlichen
Vergleichshöchstmiete liegt. Die Wohnungen sind 1964 bezugsfertig
geworden, befinden sich nach Auskunft der Stadt Menden in mittlerer
Wohnlage und sind mit Heizung, Bad und WC ausgestattet. Entgegen der
Auffassung der Klägerin bestand für den Beklagten keine Veranlassung,
die Vergleichsmieten für die Jahre 1975 bis 1979 heranzuziehen. Zwar
sieht Ziff. 2.3 der allgemeinen Erläuterungen der Vergleichsmietentabelle
für den Hochsauerland- und Märkischen Kreis, Stand: 1. Januar 1989, bei
modernisierten Wohnungen eine Zuordnung in die den Zeitpunkt der
Modernisierung entsprechende Gruppe vor; dies soll jedoch nur
geschehen, wenn die modernisierten Wohnungen Neubauwohnungen
gleichzustellen sind, wobei ein strenger Maßstab anzulegen ist. Das
Erfordernis der Gleichstellung erscheint sachgerecht, da nur bei im
wesentlichen gleicher Ausstattung und Grundrißlegung von modernisierten
und neuerbauten Wohnungen auch eine gleiche Miethöhe gerechtfertigt
ist. Der Beklagte sieht zu Recht diese Gleichstellung erst dann gegeben,
wenn der Mddernisierungsaufwand mehr als ein Drittel der Neubaukosten
beträgt. Dieser angelegte. Ein-Drittel-Maßstab ist sachgerecht, die
angestellten Erwägungen sind insoweit ermessensfehlerfrei. Da die
Gebäude bei AntragsteIlung ca. 25 Jahre alt waren, ist ein zugrunde
gelegter Mindestmodernisierungsaufwand von einem Drittel der
Neubaukosten nicht zu hoch, um die laut Mietspiegel erforderliche
ausstattungsmäßige Gleichstellung mit Neubauwohnungen zu erreichen,
zumal ein strenger Maßstab gelten soll. Die Klägerin hat
Modernisierungskosten in Höhe von 358.000,-- DM geltend gemacht. Der
Beklagte hat die fiktiven Neubaukosten bei einem Preis von geschätzten
290,-- DM je Kubikmeter umbauten Raumes auf insgesamt ca. 2,6 Mio.
DM veranschlagt. Demnach wird die Ein-Drittel-Grenze auch nicht
annähernd erreicht.
Auch gegen die generelle Anwendbarkeit des Mietspiegels bestehen keine
Bedenken, da er mit drei verschiedenen Wohnlagen, sechs verschiedenen
Ausstattungskategorien, der Möglichkeit 10 %-iger Abschläge in Rand- und
ländlichen Gemeinden (vgl. Ziff. III der Allgemeinen Erläuterungen zur
Vergleichsmietentabelle) und den Angaben jeweils eines Rahmensatzes
hinreichende Differenzierungsmöglichkeiten für unterschiedliche örtliche
Gegebenheiten bietet, von denen der Beklagte auch Gebrauch gemacht hat.
</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Ausschöpfung der Rahmensätze ermöglicht es u.a. wesentliche
Energieeinsparungen - wie hier durch den Einbau von Zentralheizung
und Isolierverglasung - angemessen zu berücksichtigen.
Dabei durfte der Beklagte im Rahmen seines Ermessens sich auch an der
Höchstdurchschnittsmiete orientieren. Diese Höchstdurchschnittsmiete nach
den Wohhbauförderungsbestimmungen 1984 - WFB 1984 - (Runderlaß des
Ministers für Landes- und Stadtentwicklung vom 16. März 1984 in:
Ministerialblatt NW 1984 s. 576, zuletzt geändert durch den Runderlaß vom
13. November 1989 in: Ministerialblatt NW 1989 S. 1740) betragen nach
deren Ziff. 2.292 a) 5,30 DM je Quadratmeter Wohnfläche in Gemeinden
unter 100.000 Einwohnern.
Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf die Möglichkeit einer
weiterreichenden Mieterhöhung berufen, wenn sie für die Modernisierung
öffentliche Mittel in Anspruch genommen hätte. Wenn die Richtlinien über
die Gewährung von Zuwendungen zur Modernisierung von Wohnraum
(ModR 86, Runderlaß des Ministers für Stadtentwicklung, Wohnen und
Verkehr vom 30. Mai 1986 in: Ministerialblatt NW 1986 S. 940) in ihrer Ziff.
6.1.1 Höchstmieten von 5,50 DM bzw. 7,00 DM/m2 inklusive
Betriebskostenumlage angeben, so handelt es sich dabei lediglich um
Höchstwerte; denn gemäß Ziff. 4.1.2 der ModR 86 hat auch bei öffentlich
geförderten Modernisierungen die Bewilligungsbehörde die Tragbarkeit der
Miete nach Lage, Alter, Größe und Ausstattung zu ermitteln und zu
bestimmen.
Desgleichen sind auch die Härteausgleichsgrenzen von derzeit 7,75 DM/m2
Wohnfläche monatlich gemäß Ziff. 1.1 des Runderlasses des Ministers für
Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr vom 22. Mai 1989 bezüglich der
Gewährung von Aufwendungszuschüssen zur Mietpreisbegrenzung im
öffentlich geförderten Wohnungsbau (Härteausgleich 1989/91) lediglich als
Obergrenzen zur Sicherung tragbarer Mieten zu betrachten. Sowohl die in
den Modernisierungsrichtlinien als auch in den Härteausgleichsbe-
stimmungen niedergelegten Obergrenzen zielen auf die Sicherstellung
tragbarer Mieten ab; diesen Anforderungen ist der Beklagte entsprechend
den obigen Ausführungen bereits durch Orientierung an der örtlichen
Vergleichsmiete sowie den Mietobergrenzen des öffentlichen
Wohnungsbaus hinreichend und ermessensfehlerfrei nachgekommen,
indem er im Zustimmungsverfahren eine Miete von 5,35 DM für noch
tragbar erachtet.
Da zu erwarten war, daß die sich aufgrund der Modernisierung
ergebende Miete von 6,11 DM pro Quadratmeter Wohnfläche monatlich
die tragbare Miete von 5,35 DM/m2 übersteigen würde, hat der Beklagte
in Anwendung der Ziff. 5.2 Satz 2 der VV-II. BV die Zustimmung unter
der auflösenden Bedingung erteilt, daß sie unwirksam wird, wenn vor
Ablauf nach sechs Jahren nach Abschluß der Modernisierung eine
Mieterhöhung von mehr als 0,71 DM pro Qudratmeter Wohnfläche
monatlich verlangt würde. Dies ist nicht zu beanstanden,
vgl. Fischer-Dieskau/pergande/Schwender, aaO,
§ 11 11. BV Anm. 10.6, S. 90 mit weiteren
Nachweisen, OVG Lüneburg, urteil vom
16. August 1988 aaO.
Die von dem Beklagten gewählte Form der Einschränkung entspricht den
Anforderungen an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil sie - im
Gegensatz zur unelngeschränkten Zustimmmung - geeignet ist, die
Tragbarkeit der Mieten auch nach Durchführung der Modernisierung zu
gewährleisten, andererseits - anders als die Versagung der Zustimmung -
nicht unangemessen in rechtlich geschützte Interessen der Klägerin
eingreift. Die von dem Beklagten verfügte Einschränkung stellt auch keine
Genehmigung der Miete dar, sondern dient lediglich dazu, die Versagung
der Zustimmung zur Modernisierung zugunsten der Klägerin
abzuwenden. Darüber hinaus wird auf die Belange der Klägerin Rücksicht
genommen, als sie immerhin einen Teil ihrer Modernisierungskosten als
Mieterhöhung geltend machen kann.
Auch das Eigentumsgrundrecht nach Art. 14 Abs. 1 des Grundgesetzes - GG
- zwingt nicht zu einer anderen Betrachtungsweise. Die Zustimmung unter der
auflösenden Bedingung hindert den Eigentümer nicht daran, die von ihm zur
Erhaltung seines Eigentums für erforderlich gehaltenen Maßnahmen zu
treffen; ihm ist es lediglich verwehrt, die dadurch entstandenen Kosten (im
vollen Umfang) im Wege der Mieterhöhung auf seiner Mieter abzuwälzen. In
dieser Beschränkung liegt kein Eingriff in das Eigentum; betroffenen ist allein
der Ertrag aus dem vom Eigentümer freiwillig für die Modernisierung
eingesetzten Kapital. Interessen, Chancen oder Verdienstmöglichkeiten
werden aber durch Art. 14 GG nicht geschützt,
vgl. OVG NW, Urteil vom 11. August 1987 - 14 A 2157/85 -,
Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluß vom 18. März 1970 2
BvO 1/65 - in: Entscheidungen des BVerfG (BVerfGE) Bd. 28 s. 119
(142).
Unabhängig davon ist diese Minderung des Kapitalertrages als Nachwirkung
der dem Eigentümer gewährten öffentlichen Förderung hinzunehmen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Der Berufungsschrift soll möglichst Abschriften für die übrigen Beteiligten
beigefügt werden.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="h2 absatzLinks">
B e s c h I u ß
Ferner hat die Kammer am selben Tage ohne Mitwirkung der
ehrenamtlichen Richter beschlossen:
Der Streitwert wird gemäß § 13 Abs. 1 GKG in Höhe
des Jahresdifferenzbetrages zwischen der tragbaren
Miete in Höhe von 5,35 DM/m2/Monat und der
beantragten Miete von 6,11 DM/m2/Monat auf
16.671,36 DM (1.828 m2 Wohnfläche x 0,76 DM =
1.389,28 DM x 12 Monate 16.671,36 DM) festgesetzt.
</p>
|
315,075 | ag-dusseldorf-1990-08-16-34-c-481090 | {
"id": 653,
"name": "Amtsgericht Düsseldorf",
"slug": "ag-dusseldorf",
"city": 413,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 34 C 4810/90 | 1990-08-16T00:00:00 | 2019-03-13T14:45:35 | 2022-10-18T15:09:10 | Urteil | ECLI:DE:AGD:1990:0816.34C4810.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>hat das Amtsgericht Düsseldorf</p>
<p>aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21. Juni 1990</p>
<p>durch die Richterin am Amtsgericht X</p>
<p></p>
<p>für R e c h t erkannt:</p>
<p></p>
<p> Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p> Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.</p>
<p></p>
<p> Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><span style="text-decoration:underline;">T a t b e s t a n d :</span></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien streiten um die Gewährung von Versicherungsschutz.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist bei der Beklagten unter der Versicherungs-Nr. X rechtsschutzversichert. Der Versicherungsschutz erstreckt sich auch auf die Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche aus Vertragsverhältnissen gemäß § 25 Abs. 3 ARB. Gemäß dieser Bestimmung bezieht sich der Versicherungsschutz auch auf die Ehefrau des Klägers, Frau X.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 26.01.1990 suchte der Prozeßbevollmächtigte des Klägers um die Gewährung kostendeckenden Rechtsschutzes für die Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche aus einem Grundstückskaufvertrag, den die Ehefrau des Klägers abgeschlossen hatte, nach.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Ehefrau des Klägers hatte mit notariellem Grundstückskaufvertrages des Notariats X vom 29.06.1987 - Urkundenrolle Nr. X wegen dessen Einzelheiten auf Bl. X d.A. Bezug genommen wird, das unbebaute Grundstück mit der Flurstück-Nr. X, eingetragen im Grundbuch von X, Bl. X, Ortsteil X, erworben. Die Verkäuferin des Grundstücks hatte sich verpflichtet, die in dem notariellen Grundstückskaufvertrag im einzelnen bezeichneten Gebäude auf dem Grundstück zu errichten.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">In § 4 des notariellen Grundstückskaufvertrages findet sich folgende Regelung:</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">"Der Kaufpreis beträgt DM 238.500,- -.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Er ist ein Festpreis. In ihm sind insbesondere die anteiligen Grundstückskosten, die Baukosten sowie die Baunebenkosten, die Kosten für die Erstellung der Außenanlagen, soweit in der Baubeschreibung aufgeführt, die Kosten für den Erstanschluß für Wasser, Abwasserkanal und Strom und der Erschließungsaufwand im Sinne des Bundesbaugesetzes einschließlich Anliegerbeiträge sowie Hausanschlußkostenersatz nach KAG und Gemeindesatzung nach bisherigen Planungsstand enthalten.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Verkäufer versichert, daß die bisher angeforderten Anlieger- und Erschließungskosten von ihm bezahlt wurden. Künftige Erschließungskosten, welche sich aufgrund von Planänderungen oder Ergänzungen ergeben, trägt der Käufer nach Maßgabe der Teilungserklärung zu seinem Miteigentumsbruchteil."</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Ehefrau des Klägers erhielt am 02.10.1989 von dem Bürgermeisteramt X zwei Erschließungs und Beitragsbescheide gemäß §§ 127 ff. Bundesbaugesetz über jeweils DM 2.646,41 und DM 833,11. Zwischen den Parteien des notariellen Grundstückskaufvertrages entstand danach Streit über die Frage, ob die Verkäuferin gemäß der Regelung des § 4 des notariellen Grundstückkaufvertrages verpflichtet sei, die geltend gemachten Erschließungsbeiträge zu bezahlen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Streitigkeit wurde durch Vergleich vom 26.01.1990 beigelegt. Der Ehefrau des Klägers entstanden hierdurch anwaltliche Kosten in Höhe von DM 618,56. Von diesen Kosten zahlte gemäß der vergleichsweisen Regelung die Grundstücksverkäuferin 1/3 = DM 206,15, so daß zu Lasten der Ehefrau des Klägers ein Betrag in Höhe von DM 412,30 verblieb. Wegen dieser Kosten wurde die Beklagte mit Schreiben des Prozeßbevollmächtigten des Klägers vom 28.02.1990 aus dem bestehenden Rechtsschutzversicherungsvertrag in Anspruch genommen. Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 07.02.1990 und 08.03.1990 die Kostendeckungszusage unter Berufung auf den Risikoausschluß des § 4 Abs. 1 k ARB ab.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte habe für den vorliegenden Fall Versicherungsschutz zu gewähren; ein Tatbestand für einen Risikoausschluß sei nicht gegeben.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, an ihn DM 412,30 nebst 4 % Zinsen seit </p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">16.03.1990 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte trägt vor, der Versicherungsschutz sei im vorliegenden Falle zu Recht gemäß § 4 Abs. 1 k ARB versagt worden, wonach ein Risikoausschluß für die Interessenwahrnehmung dann gegeben sei, wenn sie in unmittelbarem Zusammenhang mit der Planung, Errichtung oder genehmigungspflichtigen baulichen Veränderung eines im Eigentum oder Besitz des Versicherungsnehmers befindlichen oder von diesem zu erwerbenden Grundstückes, Gebäudes oder Gebäudeteiles stehe. Dies sei hier der Fall.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie deren Anlagen Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks"><b><span style="text-decoration:underline;">E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :</span></b></p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger steht ein Anspruch gegenüber der Beklagten auf Gewährung für Versicherungsschutz im vorliegenden Fall nicht zu. Die Beklagte hat ihm diesen Versicherungsschutz zu Recht unter Berufung auf § 4 Abs. 1 k ARB versagt.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die Ehefrau des Klägers hat nach dem Grundstückskaufvertrag an die Verkäuferin einen Festpreis entrichtet, in dem die anteiligen Grundstückskosten, die Baukosten, die Baunebenkosten, die Kosten für die Herstellung der Außenanlagen, die Kosten für den Erstanschluß für Wasser, Abwasserkanal und Strom und der Erschließungsaufwand im Sinne des Bundesbaugesetzes einschließlich Anliegerbeiträge sowie Hausanschlußkostenersatz nach KAG und Gemeindesatzung nach bisherigen Planungsstand enthalten waren. Lediglich Mehrkosten aufgrund künftiger Planungsänderungen oder Ergänzungen sollte die Ehefrau des Klägers hinsichtlich der Erschließungskosten zu tragen haben. Bei einer derartigen Vertragsgestaltung ist davon auszugehen, daß die Vereinbarung über die Zahlung der Erschließungskosten in unmittelbarem Zusammenhang mit den Baukosten und Baunebenkosten also der Planung oder Errichtung eines Gebäude oder Gebäudeteiles steht. Die Erschließungskosten gehören zu der Leistung, die die Bauträgerin zu erbringen hat und sind preisgestaltend in den Festpreis eingeflossen. Eine Trennung zwischen Grundstückserwerb und Planung und Errichtung des Bauvorhabens kann in einem solchen Falle nicht vorgenommen werden, vielmehr besteht zwischen beiden ein innerer sachlicher also unmittelbarer Zusammenhang, so daß der allgemeine Risikoausschluß des § 4 Abs. 1 k ARB gegeben ist.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die Klage war daher abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.</p>
|
315,076 | olgk-1990-08-16-10-uf-6490 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 10 UF 64/90 | 1990-08-16T00:00:00 | 2019-03-13T14:45:39 | 2022-10-18T15:09:08 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1990:0816.10UF64.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Antragstellers wird das Urteil des Amtsgerichts - Fami-liengericht - Aachen vom 02. Februar 1990, Az: 24 F 8/90 wird aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens vorbehalten bleibt.</p>
<p></p>
<p></p>
<p>Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Berufung des Antragstellers führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, durch das das Amtsgericht seinen Scheidungsantrag zurückgewiesen hat. Das Scheidungsbegehren des Antragstellers ist begründet; die Voraussetzungen für eine Scheidung gemäß § 1565 Abs. 1, 2 BGB sind gegeben.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Ehe der Parteien ist gescheitert, weil ihre Lebensgemeinschaft nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, daß die Parteien sie wieder herstellen. Zwischen den Parteien ist unstreitig, daß jedenfalls seit dem 30.09.1989, dem Tag, an dem die Antragsgegnerin aus der ehelichen Wohnung ausgezogen ist, die eheliche Lebensgemeinschaft nicht mehr besteht. Mit einer Wiederherstellung der Lebensgemeinschaft ist nicht zu rechnen. Wie die Antragsgegnerin bei ihrer Anhörung durch das Familiengericht am 17.01.1990 erklärt hat, hatte sie jedenfalls ab dem 7.08.1989 die Absicht, den Antragsteller zu verlassen; des weiteren hat sie erklärt,</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">daß die mit dem Antragsteller nicht mehr zusammenleben könne; sie sehe keine Möglichkeit mehr nach dem, was vorgefallen ist. Daß der Antragsteller nicht mehr an der Ehe festhalten will, hat er bei seiner Anhörung ebenfalls bekundet, zudem ergibt</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">sich dies mit hinreichender Deutlichkeit aus seinem prozessualen Verhalten.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Vortrag der Parteien in dem Sorgerechtsverfahren 24 F 70/90 AG Aachen = 10 UF 53/90 OLG Köln (vgl. dort insbesondere BI. 2 und 8) spricht zwar dafür, daß die Trennung der Parteien im Sinne des § 1565 Abs. 2 BGB nicht erst mit dem Auszug der Antragsgegnerin aus dem gemeinsamen Haus vollzogen worden ist, sondern daß bereits zuvor ein Getrenntleben im Haus stattfand. Ob diese Trennung im Zeitpunkt der Berufungsverhandlung bereits ein Jahr andauerte, bedarf jedoch keiner weiteren Aufklärung, da die Fortsetzung der Ehe für den Antragsteller aus Gründen, die in der Person der Antragsgegnerin liegen, eine unzumutbare Härte darstellen würde und somit eine Scheidung auch bereits vor Ablauf des Trennungsjahres möglich ist.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Vorschrift des § 1565 Abs. 2 BGB bezweckt nicht die formale Aufrechterhaltung einer inhaltlos .gewordenen Ehe, sondern die Trennungsfrist ist in erster Linie als Prüfstein für die Ernsthaftigkeit des Scheidungswillens gedacht. Die Ernsthaftigkeit</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">des Scheidungswillens des Antragstellers steht vorliegend jedoch außer Zweifel. Es ist vielmehr sogar hinreichend dokumentiert, daß auch die Antragsgegnerin die Scheidung will und sich dem jetzigen Scheidungsbegehren des Antragstellers letztlich nur aus prozeßtaktischen Erwägungen widersetzt. Daß die Antragsgegnerin an einer Aufrechterhaltung der Ehe mit dem Antragsteller nicht mehr interessiert ist,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">wird sowohl durch die von den Parteien geschlossene privatschriftliche Vereinbarung vom 07. August 1989 (Bl. 34 ff. der erwähnten Beiakte), in der Regelungen über</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">und die den, als die Aufteilung des gemeinsamen Hausrats Vermögensauseinandersetzung getroffen werden, als auch durch das Schreiben der erstinstanzlichen</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Prozeßbevollmächtigten der Antragsgegnerin vom 04.09.1989 (Bl. 73 Gerichtsakte) dokumentiert, in dem diese den Bevollmächtigten des Antragstellers mitteilen, daß sie bereits zur damaligen Zeit beauftragt sind, für ihre Mandantin (nach Ablauf des Trennungsjahres) das Scheidungsverfahren einzuleiten. </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats vermag zwar die Aufnahme einer ehewidrigen oder ehebrecherischen Beziehung im Regelfall nicht ausreichen, um</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">einen Härtegrund im Sinne des § 1565 Abs. 2 BGB darzustellen. Vorliegend gestalten sich die Umstände für den Antragsteller jedoch insoweit besonders belastend, als es sich weder um eine einmalige, noch um eine kurzfristige Verfehlung der Antragsgegnerin handelt. Die Antragsgegnerin ist nämlich bereits am 01. Oktober 1989 eine enge soziale Verbindung mit dem Zeugen Dittmann eingegangen, indem sie aus der ehelichen Wohnung aus- und in die von ihm gemietete Wohnung eingezogen ist, wo sie seitdem mit ihm zusammenlebt. Hinzu kommt, daß ihr neuer Lebensgefährte aus der unmittelbaren Nachbarschaft der Parteien stammt und die Beziehung zu ihm, wie die Antragsgegnerin bei ihrer Anhörung eingeräumt hat, bereits zu einem Zeitpunkt entstanden ist, als die Antragsgegnerin sich noch im gemeinsamen Haushalt aufhielt. Daß dies der Nachbarschaft nicht unbemerkt geblieben ist und zu entsprechenden Äußerungen gegenüber dem Antragsteller geführt hat, wie</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">dieser bei seiner Anhörung angegeben hat, ist durchaus naheliegend und glaubhaft. Schließlich kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, daß es bereits im Jahre 1988 zu einer Trennung der Parteien gekommen war, indem die Antragsgegnerin den Beklagten verlassen hat, und daß der Antragsteller nach seiner glaubhaften Schilderung die Zuwendung der Antragsgegnerin zu ihrem neuen Gefährten aus höchst handgreiflicher Nähe erleben mußte (in-flagranti-Vorfall im eigenen Pkw des Antragstellers). Diese gesamten Umstände lassen das Ausbrechen der Antragsgegnerin aus der Ehe für den Antragsteller so belastend erscheinen, daß es ihm nicht zugemutet werden kann, derzeit noch am Eheband festgehalten zu werden.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Senat ist jedoch nicht dazu in der Lage, die Ehescheidung selbst auszusprechen, weil beim Familiengericht noch Folgesachen (Sorgerecht für die gemeinsame Tochter sowie Versorgungsausgleich) zur Entscheidung anstehen. Aus diesem Grund ist die Sache gemäß § 629 b Abs. 1 Satz 1 ZPO an das Familiengericht</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">zurückzuverweisen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens vorbehalten bleibt.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Streitwert: 6.900,00 DM</p>
|
315,077 | olgk-1990-08-16-10-uf-6690 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 10 UF 66/90 | 1990-08-16T00:00:00 | 2019-03-13T14:45:41 | 2022-10-18T15:09:08 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1990:0816.10UF66.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Aachen vom 2. Februar 1990 Az.: 27 F 151/89 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt: </p>
<p></p>
<p>Unter Abweisung der weitergehenden Klage wird der Beklagte verurteilt, an den Kläger folgende Unterhaltsbeträge zu zahlen:</p>
<p>a.) für die Monate Oktober bis Dezember 1989 je 283,00 DM,</p>
<p>b.) ab Januar 1990 monatlich 318,00 DM.</p>
<p></p>
<p>Die rückständigen Beträge sind sofort zur Zahlung fällig; in der Zwischenzeit</p>
<p>eventuell erbrachte Zahlungen sind anzurechnen. Die künftig fällig werdenden Beträge sind monatlich im voraus zu erbringen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des ersten Rechtszuges tragen der Kläger zu 5/9 und der Beklagte</p>
<p>zu 4/9. Von den im zweiten Rechtszug entstandenen Kosten werden dem Kläger 7/8 und dem Beklagten 1/8 auferlegt.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p></p>
<p>Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgese-hen.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>E n t s c he i d u n g s g r ü n d e</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Nachdem der Kläger sein Rechtsmittel mangels Bewilligung von Prozeßkostenhilfe zurückgenommen hat, ist noch über die Berufung des Beklagten zu befinden. Dieses Rechtsmittel hat in dem Umfang, in dem es durchgeführt worden ist, Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">1 .</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">a.) Wie in dem Senatsbeschluß vom 19.07.1990 dargelegt ist, betrug das durchschnittliche Nettoeinkommen des Beklagten (Bruttoeinkommen abzüglich effektive</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Steuerbelastung abzüglich Krankenversicherungsbeiträge) im Jahre 1989 durchschnittlich 3.613,40 DM. Es ist gerechtfertigt, zur Ermittlung des für Unterhaltszwecke zur Verfügung stehenden Betrages weitere 400,00 DM abzuziehen. Der Beklagte</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">hat belegt, daß seit Juli 1988 Raten in dieser Höhe von einem Arbeitgeber von den Bezügen einbehalten werden, daß dies während des gesamten Jahres 1989 geschehen ist und das gewährte Arbeitgeberdarlehen derzeit noch nicht getilgt ist. Durch Vorlage einer Ablichtung aus einem Schriftsatz der erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten seiner getrenntlebenden Ehefrau hat der Beklagte zudem nachgewiesen, daß von seiner Frau eingeräumt wird, daß während des Bestehens der Ehe in der Zeit von Mai 1979 bis August 1987 mindestens 8 Darlehen in einer Größenordnung von ca. 47.000,00 DM aufgenommen worden sind. Durch die Besoldungsabrechnung für Juni 1988 hat der Beklagte zudem desweiteren bewiesen, daß bis zu diesem Monat mehrere Kreditraten von seinem Einkommen einbehalten worden sind. Es ist deshalb glaubhaft, wenn der Beklagte vorträgt, die jetzt gezahlte</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Rate resultiere aus einer Umschuldung der früher aufgenommenen Darlehen. Ob diese früher aufgenommenen Darlehen ganz oder teilweise in den Hausumbau</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">geflossen oder für andere Zwecke verwendet worden sind, bedarf keiner weiteren Erörterung. Aus dem Vorgenannten ist ersichtlich, daß die Vermögensverhältnisse</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">der Eltern des Klägers stets durch Darlehensaufnahmen geprägt waren, die weit überwiegend während des Zusammenlebens der Eltern erfolgt sind. Durch das Bestehen entsprechender Kreditbelastungen ist deshalb der Bedarf des Klägers geprägt.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Da der Trennungsunterhalt für die Mutter des Klägers derzeit noch in Höhe von 1.300,00 DM tituliert ist, muß dieser Betrag bei der Ermittlung der Leistungsfähigkeit</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">des Beklagten im Verhältnis zum (nachrangigen) Kläger entsprechend beurteilt werden. Falls das Begehren des Beklagten auf Herabsetzung des Trennungsunterhalts Erfolg haben sollte, steht dem Kläger gegebenenfalls aus diesem Grund ein Abänderungsrecht gemäß § 323 ZPO zu.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Es ist somit davon auszugehen, daß der Beklagte für den Unterhalt des Klägers einen Betrag von (gerundet) 528,00 DM monatlich zur Verfügung stellen konnte. Desweiteren ist ein Betrag in Höhe von 130,00 DM bedarfsdeckend anzurechnen, weil sich der Beklagte in dieser Höhe an den laufenden Kosten des Hauses beteiligt und hierdurch zur Deckung des Wohnbedarfs des Klägers beiträgt. Da der Bedarf des</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Klägers auf 700,00 DM zu veranschlagen ist (vgl. Senatsurteil vom 24.08.1989, Az.: 10 UF 86/89), verbliebe somit noch eine Bedarfslücke von 32,00 DM, die der Kläger aus seinen eigenen Einkünften decken müßte. Aus der vorliegenden Lohnsteuerkarte für 1989 ist ersichtlich, daß das Nettoeinkommen des Klägers aus nicht selbständiger Tätigkeit in diesem Jahr im Monatsdurchschnitt 416,00 DM betragen hat. Dem ist eine weitere Einnahme in Höhe von 130,00 DM hinzuzurechnen, die der Kläger durch seine Reinigungstätigkeit hat. Von der monatlichen Vergütung von 300,00 DM verbleibt nach Abzug der Aufwendungen für Reinigungsmittel pp. ein Nettoverdienst von ca. 260,00 DM, das im Anschluß an die in den Parallelprozessen geübte Handhabung dem Kläger und seiner Mutter jeweils zur Hälfte zuzurechnen ist. Nach</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Abzug der vom Kläger aus seinem eigenen Einkommen zu deckenden Bedarfslücke verbleibt somit noch ein Betrag von (gerundet) 510,00 DM. Da der Kläger im Hinblick auf seine Studien zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht verpflichtet war und es sich demzufolge um Einkommen aus einer unzumutbaren Tätigkeit handelt, ist es nicht gerechtfertigt, das restliche Einkommen in Höhe von 510,00 DM auf den Unterhaltsanspruch gegen den Beklagten in vollem Umfang anzurechnen. In Anlehnung an die Vorschrift des § 1577 Abs. 28GB erscheint es vielmehr gerechtfertigt, nur eine teilweise Anrechnung in Höhe von 50 % = 255,00 DM durchzuführen. Wird dieser Betrag von dem vorstehend errechneten 538,00 DM abgezogen, verbleibt ein restlicher Anspruch von 283,00 DM.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks"><b>b.)</b></p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Aus der vorstehenden Berechnung folgt, daß der vom Kläger für den Monat Januar 1989 geltend gemachte Restanspruch in Höhe von 70,00 DM nicht begründet ist, weil der Beklagte für diesen Monat bereits unstreitig (BI. 1 und 54 d. A.) 355,00 DM gezahlt hat.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks"><b>c.) </b>Hinsichtlich der Leistungsfähigkeit des Beklagten für das Jahr 1990 kann auf den bereits erwähnten Beschluß vom 19.07.1990 verwiesen werden. Da der Beklagte danach Barunterhalt in Höhe von (gerundet) 318,00 DM (293,00 DM + 25,00 DM Kindergeldanteil) aufbringen kann, verbleibt unter Berücksichtigung des von ihm aufgewendeten Wohnkostenanteils von 130,00 DM noch eine Bedarfslücke von 252,00 DM.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Ausweislich der vom Kläger vorgelegten Gehaltsabrechnungen hat er in den ersten 5 Monaten dieses Jahres ein Nettoeinkommen von durchschnittlich ca. 363,00 DM erzielt; unter Berücksichtigung seiner Einnahmen aus dem Reinigungsvertrag belaufen sich seine Einkünfte somit auf insgesamt ca. 493,00 DM. Da er hiervon bereits eine Bedarfslücke von 252,00 DM abdecken muß, verbleibt ihm nur noch ein Einkommensrest von 241,00 DM. Es ist nicht gerechtfertigt, diesen Betrag unter Billigkeitsgesichtspsunkten durch teilweise Anrechnung auf den Unterhaltsanspruch</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">gegen den Beklagten noch weiter zu kürzen, weil dem Kläger hierdurch jeglicher Anreiz zur Erzielung eines eigenen Einkommens genommen wird. Es verbleibt deshalb bei dem nach der Leistungsfähigkeit des Beklagten errechneten Anspruch von 318,00 DM.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Der Umstand, daß der Beklagte ab Februar 1990 einen Anspruch des Klägers in Höhe von 485,00 DM anerkannt hatte, steht einer Herabsetzung des Anspruchs</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">nicht entgegen. Zwar handelt es sich insoweit bei dem angefochtenen Urteil um ein Anerkenntnisurteil. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">ist jedoch auch gegen solche Urteile das Rechtsmittel der Berufung zulässig. Es ist allerdings zu beachten, daß das prozessuale Anerkenntnis weder frei widerruf bar ist, noch wegen Irrtums o. ä. angefochten werden kann; auch ist die Vorschrift des § 290 ZPO nicht entsprechend anwendbar (vgl. BGHZ 80, 389 ff = NJW 1981, 2193). In dieser Entscheidung wird aber auch darauf hingewiesen, daß in besonders gelagerten Ausnahmefällen zugunsten des Anerkennenden der Grundsatz von Treu und Glauben eingreifen kann, das heißt es kann dem Prozeßgegner verwehrt sein, sich auf das Anerkenntnis zu berufen. Ein solcher Fall ist vorliegend gegeben. Den Kläger traf als Unterhaltsgläubiger die Verpflichtung, den Beklagten über sein Einkommen wahrheitsgemäß aufzuklären. Dies ist in der Vergangenheit nicht geschehen; der Kläger hat vielmehr stets - wahrheitswidrig - angegeben, nur die wesentlich geringeren Einkünfte aus dem Reinigungsvertrag zu haben. Ein durch unzutreffende Angaben veranlaßtes Anerkenntnis ist nicht schutzwürdig. Es kommt somit allenfalls in Betracht, den Beklagten daran festzuhalten, daß er seine eigene Leistungsfähigkeit dahingehend eingeschätzt hat, daß er zur Aufbringung eines Unterhaltsbetrages in Höhe von 485,00 DM in der Lage ist. Aber auch von diesem Ansatzpunkt aus ergibt sich letztlich kein höherer Unterhaltsanspruch als der vorstehend errechnete von 318,00 DM. Zu dem Betrag von 485,00 DM wäre wiederum der anteilige Beitrag zu den Wohnkosten in Höhe von 130,00 DM zu addieren, so daß bis zum Bedarf von</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">700,00 DM ein ungedeckter Rest von 85,00 DM verbliebe. Werden diese 85,00 DM vom Eigeneinkommen des Klägers in Höhe von 493,00 DM abgezogen, verbleiben</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">ihm noch 408,00 DM. Wenn - wie bei der vorstehenden Rechnung -- angenommen wird, daß ihm von seinem Eigeneinkommen im Hinblick auf dessen Unzumutbarkeit</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">jedenfalls ein Betrag von 241,00 DM verbleiben muß, beträgt der anrechenbare Rest 167,00 DM. Wird dieser Betrag von 485,00 DM abgezogen, verbleibt wiederum ein Restanspruch von 318,00 DM.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks"><b>2.</b></p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Eine weitere Kürzung der vorstehend errechneten Unterhaltsansprüche des Klägers aus Billigkeitsgesichtspunkten (§ 1611 Abs. 1 Satz kommt nicht in Betracht. Davon, daß der Kläger sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegenüber dem Beklagten schuldig gemacht habe, kann nicht ausgegangen werden. Die vom Beklagten zu den Vorfällen vom 23.01. und 09.02.1990 benannten Zeuginnen konnten mangels zutreffender bzw. vollständiger Personalangaben nicht geladen werden. Die Angaben der Parteien zu den Vorfällen standen zueinander in Widerspruch, so daß eine für den Beklagten günstige Tatsachenfeststellung nicht möglich war.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks"><b>3.</b></p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Der nicht nachgelassene Schriftsatz des Klägers vom 15.08.1990 gab keinen Anlaß, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks"><b>4.</b></p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 515 Abs. 3, 92 Abs. 1, 708 Nr. 8 und 10, 711, 713 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Streitwert:</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">1 . Für die Zeit bis zur AntragsteIlung am 26.07.1990:</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">a) Für die Berufung des Klägers: 12 x (725,00 DM - 485,00 DM) = 2.880,00 DM</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">b) für die Berufung des Beklagten 12 x 300,00 DM + 70,00 DM = <u>3.670,00 DM</u></p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">6.550,00 DM</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">2. Für die Zeit danach Berufung des Beklagten:</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">3 x (485,00 DM 283,00 DM) = 606,00 DM</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">9 x (485,00 DM - 318,00 DM) = 1.503,00 DM</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Januar 1989 <u> 70,00 DM</u></p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">2.179,00 DM</p>
|
315,078 | olgk-1990-08-16-2-va-not-890 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 2 VA (Not) 8/90 | 1990-08-16T00:00:00 | 2019-03-13T14:45:43 | 2022-10-18T15:09:08 | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1990:0816.2VA.NOT8.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der Antrag wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Antragstellerin hat die Kosten des gerichtlichen Verfahrens zu tragen und der Antragsgegnerin die notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.</p>
<p>Der Geschäftswert wird auf 10.000,- DM festgesetzt.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Gründe:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin erlitt am 3.2.1982 einen Verkehrsunfall. sie beauftragte den Rechtsanwalt und Notar W aus B mit der Wahrnehmung ihrer Interessen. In der Zeit vom 6.7.1983 bis 28.6.1985 leistete die Versicherung des Unfallgegners, die A-Versicherung, auf die Schadensersatzansprüche der Antragstellerin Zahlungen in Höhe von insgesamt 10.000,-. Diese Zahlungen gingen auf dem Postscheckkonto des Anwalts (dessen Geschäftskonto) ein, und zwar zu folgenden Terminen:</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">7.7.83                   2.000,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">11.8.83                 2.000,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">25.8.83                 2.000,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">8.11.83                 3.000,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">28.6.85                1.000,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Diese Gelder wurden durch den Anwalt nicht an die Antragstellerin weitergeleite. Aus den Handakten des Anwalts geht hervor, daß die Überweisungsgutschriften jeweils mit einem Eingangsvermerk des Anwalts versehen sind. In den Handakten befinden sich ferner Durchschriften von Schreiben des Anwalts vom 1.7.1983 und 8.8.1983 an die Antragstellerin, mit denen er um Unterzeichnung von Vorschußerklärungen, die offenbar Voraussetzung für die Zahlungen der Versicherung waren, gebeten hatte. Mit weiteren Schreiben vom 8.11. 1983 und 1.7.1985 hatte der Anwalt hinsichtlich der späteren Zahlungen der Versicherung von ihm selbst unterzeichnete Vorschußerklärungen übermittelt.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Rechtsanwalt und Notar W war verschuldet. Seine Geschäftskonten wurden seineirzeit fortwährend gepfändet. Der genaue Um‑fang und Zeitpunkt der Pfändungen ist nicht bekannt. Unstreitig ist jedenfalls eine Pfändung seines Kontos bei der Sparkasse B am 3.1.1986 vorgenommen, aber in der Folge durch Zahlung erledigt worden. Eine weitere Pfändung über 115.749,72 DM wegen Steuerforderungen ist am 23.9.1986 ausgebracht worden und konnte nicht mehr bedient werden. Am 18.8.1987 wurde dem Anwalt eine Verfügung des Justizministers betreffend die Rücknahme seiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft (§§ 14 f. BRAO) zuge-stellt. Am 19.8.1987 schied der Anwalt durch Freitod aus dem Leben. Über sein Vermögen wurde das Nachlaßkonkursverfahren eröffnet. Mit einer Befriedigung aus der Konkursmasse kann die Antragstellerin nicht rechnen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Durch ihren jetzigen Verfahrensbevollmächtigten, der seinerzeit Abwickler der Praxis des Rechtsanwalts W war, wandte sich die Antragstellerin im September 1987 an die Antragsgegnerin mit der Bitte, die Vertrauensschadenversicherung der Antragsgegnerin in Anspruch zu nehmen. Zwischen der Antragsgegnerin und der H Kreditversicherungs-AG besteht ein Vertrauensschaden-Versicherungsvertrag, nach dessen Inhalt ein Versicherungsfall vorliegt, wenn eine Vertrauensperson in Ausübung ihrer Berufstätigkeit einem Dritten durch vorsätzliche Handlungen einen Vermögensschaden zufügt, zu dessen Ersatz sie nach den gesetzlichen Bestimmungen verpflichtet ist. Vertrauenspersonen sind alle im Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin bestellten Notare. Als Berufstätigkeit des Notars gilt auch die Tätigkeit als Rechtsanwalt. Leistungen aus dem Versicherungsvertrag können nur vom Versicherungsnehmer, der Antragsgegnerin, beansprucht werden. Dieser ist verpflichtet, die erhaltenen Leistungen an die Geschädigten auszukehren. Nach § 4 Nr. 2 des Vertrages ist eine Versicherungsleistung ausgeschlossen auf Grund von Schäden, die später als vier Jahre nach ihrer Verursachung dem Versicherer gemeldet werden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertrages wird auf die bei den Akten befindliche Ablichtung verwiesen. Die H Versicherung lehnte eine Eintrittspflicht mit der Begründung ab, eine vorsätzliche Schädigung durch Rechtsanwalt W sei nicht nachweisbar. Dem schloß sich die Antragsgegnerin an.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin beantragte daraufhin im Verfahren 4 0 307/88 LG B Prozeßkostenhilfe für eine Klage gegen den Nachlaßkonkursverwalter. Mit dieser Klage wollte sie die Feststellung erreichen, daß der Gemeinschuldner die ihr zustehenden Beträge ihr vorsätzlich vorenthalten habe. Das Prozeßkostenhilfegesuch wurde zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde wies das Oberlandesgericht Hamm durch Beschluß vom 27.4.1989 - 28 <em>W</em> 48/88 - mit der Begründung zurück, es fehle am erforderlichen Feststellungsinteresse der Antragstellerin, da ein zwischen ihr und dem Nachlaßkonkursverwalter ergehendes Feststellungsurteil keine Bindungswirkung für das Rechtsverhältnis zwischen der Antragsgegnerin und der H Versicherung entfalten könne.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin hat daraufhin am 21.7.1989 bei dem Verwaltungsgericht G Klage gegen die Antragsgegnerin erhoben, mit der sie schließlich begehrt hat, die Antragsgegnerin zu verpflichten, den ihr durch das vorsätzliche Verhalten des Rechtsanwalts und Notars W entstandenen Schaden in Höhe von 10.900,- DM gegenüber der H Versicherungs AG - gegebenenfalls im Klageweg - geltend zu machen. Der Rechtsstreit ist in der Folge an das Verwaltungsgericht Arnsberg verwiesen worden. Durch auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 8.3.1.990 ergangenes Urteil hat dieses Gericht sich für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit auf einen entsprechenden Hilfsantrag der Antragstellerin an den Senat für Notarsachen verwiesen. Auf die Begründung dieses Urteils wird Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, der Antrag sei zulässig. Es handele sich um eine öffentlichrechtliche Streitigkeit, da die Antragsgegnerin den öffentlichrechtlichen Auftrag habe, im Interesse der Allgemeinheit tätig zu werden und die Vertrauensschadenversicherungen zu nehmen. Hieraus folge auch die Verpflichtung, Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag durchzusetzen. Das Begehren der Antragstellerin auf Tätigwerden der Antragsgegnerin könne im Wege der allgemeinen Leistungsklage durchgesetzt werden. Der Antrag sei auch begründet, da die Antragsgegnerin ihrer Pflicht zur Wahrung des Ansehens des Notarstandes nur gerecht werde, wenn sie - bei Vorliegen der Voraussetzungen eines Versicherungsfalles - nicht nach Belieben über die Geltendmachung ihrer Ansprüche gegenüber der Versicherung entscheide. Die Voraussetzungen eines Versicherungsfalles seien gegeben, da der verstorbene Rechtsanwalt und Notar ihr, der Antragstellerin, die vereinnahmten Zahlungen zumindest mit bedingtem Vorsatz vorenthalten habe. Die Antragstellerin behauptet hierzu, der Anwalt habe ihre Sachstandsanfragen immerzu ausweichend beantwortet und sie nicht vom Eingang der Zahlungen unterrichtet, obgleich ihm persönlich die Zahlungseingänge bekannt gewesen seien, Sie meint, diese Untätigkeit bedeute die billigende Inkaufnahme einer Schädigung, da der Anwalt sich seiner Vermögenslage bewußt gewesen sei und Kenntnis von den Pfändungen seiner Konten gehabt habe. Er hätte daher gegenüber den Pfändungsgläubigern, die - so behauptet die Antragstellerin - zu einer Freigabe gepfändeter Fremdgelder bereit gewesen wären, auf Freigabe hinwirken oder zumindest sie, die Antragstellerin, informieren müssen, damit sie selbst die Freigabe hätte erwirken können. § 4 Nr. 2 des Versicherungsvertrages steheeiner Geltendmachung der Ansprüche nicht entgegen, da sie selbst erst nach dem Tode des Rechtsanwalts und Notars von den für sie bestimmten Geldern erfahren habe. Welche Pfändungen im einzelnen ausgebracht worden seien, könne nicht gesagt werden. Insgesamt seien bei 17 Mandanten Beträge in Höhe von zusammen knapp 40.000,- .DM nicht weitergeleitet worden.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">die Antragsgegnerin zu verpflichten, den der Antragstellerin durch das vorsätzliche Verhalten des verstorbenen Rechtsanwalts und Notars W aus B entstandenen Schaden in Höhe von 10.000,- DM gegenüber der H Versicherungs-AG - gegebenenfalls im Klageweg - geltend zu machen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Antragsgegnerin hält den Antrag für unzulässig. Sie meint, es handele sich nicht um eine öffentlichrechtliche Streitigkeit, da die letztlich durch die Versicherungen begünstigten Personen außerhalb des Kreises ihrer Mitglieder stünden, da die Rechtsbeziehungen zwischen diesen Personen und ihr, der Antragsgegnerin, nicht über die Einziehungs- und Auskehrungsmöglichkeiten der Antragsgegnerin aus dem Versicherungsvertrag hinausgingen und da schließlich die ihr durch die Antragstellerin abgeforderte Handlung privatrechtlicher Natur sei und sie in diesem Rahmen nicht hoheitlich handeln könne.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Antragsgegnerin hält den Antrag auch für unbegründet. Sie meint, ihre Pflichten als Notarkammer beträfen nur die Notartätigkeit ihrer Mitglieder. Dies folge aus § 67 Abs. 2 Nr. 3 BNotO.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Soweit im Versicherungsvertrag auch die Anwaltstätigkeit mit versichert worden sei, sei dies geschehen, um Abgrenzungsschwierigkeiten auszuschließen. Insoweit gehe der Vertrag jedoch über die ihr auferlegten gesetzlichen Obliegenheiten hinaus. Dieser Umstand sei jedoch nicht geeignet, Ansprüche Dritter ihr gegenüber zu begründen. Unter Hinweis auf zwei Entscheidungen des Landgerichts Berlin und des Kammergerichts vertritt sie die Auffassung, daß ihr selbst dann eine Dispositionsfreiheit zustehe, wenn eine gesetzliche Verpflichtung auch zur Schaffung einer Vertrauensschadenversicherung für die Anwaltstätigkeit angenommen werden müsse. Die genannten Entscheidungen betreffen die Frage, nach welchen Kriterien Leistungen der Vertrauensschadenversicherung - bei Ausschöpfung des Höchstbetrages - auf die geschädigten Dritten zu verteilen sind.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Antragsgegnerin behauptet<sub>,</sub> es sei nicht bekannt, ob der verstorbene Rechtsanwalt und Notar Kenntnis von den zu erwartenden Zahlungen und den Pfändungen gehabt habe. Sie meint, vorsätzliches Handeln könne deshalb nicht angenommen werden, da keine Anhaltspunkte dafür vorlägen, daß die für die Antragstellerin eingegangenen Beträge bewußt nicht weitergeleitet worden seien, sondern auch in Betracht komme, daß der Anwalt die Übersicht verlöten habe. Schließlich meint die Antragsgegnerin, hinsichtlich der im Jahre 1983 auf dem Konto des Anwalts eingegangenen Zahlungen komme eine Inanspruchnahme der Versicherung bereits deshalb nicht in Betracht, weil die Frist des § 4 Nr. 2 des Versicherungsvertrages abgelaufen sei. Maßgeblich für den Fristbeginn sei die Verursachung des Schadens, nicht der Zeitpunkt der Kenntniserlangung des Geschädigten hiervon.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Der Antrag ist zulässig. Nach der Verweisung durch Urteil des Verwaltungsgerichts Arnsberg ist der bisherige Verwaltungsrechtsstreit nunmehr als Verfahren nach § 111 BNotO bei dem Senat anhängig, so daß es sich um einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach dieser Vorschrift handelt und auf das Verfahren die Bestimmungen des § 111 Abs. 4 BNotO §§ 37 ff. BRAO und dem FGG anwendbar sind.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die Zulässigkeitsvoraussetzungen für einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 1I1 BNotO sind gegeben.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">1. Es handelt sich um eine öffentlichrechtliche Streitigkeit. Insoweit wird auf die überzeugenden Erwägungen im Verweisungsurteil des Verwaltungsgerichts A Bezug genommen. Die Streitigkeit ist öffentlichrechtlicher Natur, denn die Antragstellerin macht geltend, ihr stehe ein aus § 67 Abs. 2 Nr. 3 BNotO ableitbares subjektiv öffentliches Recht auf Tätigwerden der Antragsgegnerin zu. Sie berühmt sich damit eines gegen die Antragsgegnerin gerichteten, in deren Stellung als Körperschaft des öffentlichen Rechts begründeten und aus dem Aufgabenbereich der Antragsgegnerin ableitbaren Rechts. Sie nimmt die Antragsgegnerin nicht auf Grund eines privatrechtlichen Rechtsverhältnisses in Anspruch, sondern vertritt die Auffassung, daß die Antragsgegnerin auf Grund der ihr zugewiesenen öffentlichrechtlichen Aufgaben zum Tätigwerden verpflichtet sei.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Diese Einordnung des behaupteten Rechtsverhältnisses als eines öffentlichrechtlichen Rechtsverhältnisses ist auch zutreffend. Die Antragsgegnerin ist nach § 65 Abs. 1 BNotO eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Ihr ist nach § 67 Abs. 2 Nr. 3 BNotO die Aufgabe zugewiesen, Vertrauensschadenversicherungen abzuschließen. Es handelt sich hierbei um eine öffentlichrechtliche Aufgabe, denn sie dient dem Zweck, den Berufsstand der Notare und das ihnen anvertraute öffentliche Amt im Ansehen der Öffentlichkeit zu schützen. Dies hat das Verwaltungsgericht im Verweisungsurteil unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes und die Gesetzesmaterialien im einzelnen ausgeführt. Dem tritt der Senat bei. Eine Zuordnung der sich aus dieser öffentlichrechtlichen Aufgabe der Antragsgegnerin ergebenden Streitigkeit der Beteiligten zum Privatrecht scheidet damit aus.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Dem steht nicht entgegen, daß die Antragstellerin kein Tätigwerden in den Handlungsformen des öffentlichen Rechts, also etwa durch Erlaß eines Verwaltungsaktes oder durch schlicht hoheitliches Handeln, begehrt. Die begehrte Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Versicherungsvertrag muß sich zwar auf der Ebene des Privatrechts vollziehen. Damit ist aber nicht das Rechtsverhältnis, aus welchem die Antragstellerin ihren Anspruch auf Tätigwerden gegenüber der Antragsgegnerin herleiten will, dem Privatrecht zuzuordnen. Vielmehr ist zu unterscheiden zwischen dem Rechtsverhältnis der Antragstellerin zur Antragsgegnerin einerseits und demjenigen zwischen der Antragsgegnerin und der Versicherung andererseits. Ob die Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin zum Tätigwerden verpflichtet ist, ist - gleichsam auf einer ersten Stufe - nach dem erstgenannten Rechtsverhältnis und damit nach öffentlichem Recht zu beurteilen; insoweit ist die Antragsgegnerin im Rahmen ihrer öffentlichrechtlichen Aufgaben zu einer Entscheidung berufen, die schlicht hoheitlichem Tätigkeitsbereibh zuzuordnen ist. Die Ausführung der getroffenen Entscheidung hingegen ist - auf einer zweiten Stufe - dem Privatrecht zuzuordnen. Dabei kann dahinstehen, ob ein Streit über die Verteilung erzielter Versicherungsleistungen an die Geschädigten dem zivilrechtlichen oder dem öffentlichrechtlichen Bereich zuzuordnen wäre. Die von der Antragsgegnerin zitierten Entscheidungen, in denen für diese Streitrigkeiten die Zulässigkeit des Zivilrechtsweges angenommen worden ist, erlauben jedenfalls nicht den Schluß, daß auch die vorrangig zu treffende Entscheidung, ob überhaupt solche Ansprüche gegenüber der Versicherung geltend zu machen sind, nur im Zivilrechtsweg nachprüfbar ist.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die Streitigkeit ist nichtverfassungsrechtlicher Art und von der Sonderzuweisung an den Senat für Notarsachen gemäß § 111 BNot0 erfaßt. Auch insoweit tritt der Senat den überzeugenden Erwägungen im - im übrigen bindenden - Verweisungsurteil des Verwaltungsgerichts Arnsberg bei. § 111 BNotO umfaßt zwar seinem Wortlaut nach nur Anträge auf gerichtliche Entscheidung, die die Anfechtung erlassener Verwaltungsakte oder Anträge auf Vornahme eines Verwaltungsaktes zum Gegenstand haben. Diese Regelung kann jedoch nicht als abschließend angesehen werden. Vielmehr entspricht es einer am Zweck der gesetzlichen Regelung orientierten Auslegung, darüberhinaus auch die Fälle der sog. allgemeinen Leistungsklage der Zuständigkeit des Senats für Notarsachen zuzuweisen, soweit es sich der Sache nach um öffentlichrechtliche Angelegenheiten nach der Bundesnotarordnung handelt. Hierfür spricht der enge Sachzusammenhang mit der in § 111 BNotO geregelten Materie. Es kann hiernach nicht angenommen werden, daß der Gesetzgeber diejenigen Fälle von Anträgen auf gerichtliche Entscheidung, die nicht Verwaltungsakte zum Gegenstand haben, aber dennoch ihrem Gegenstand nach im Bereich des Notarrechts liegen, über die Generalklausel von § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit zuweisen wollte. Näher liegt, daß die - wenigen - Fälle, in denen im Notarrecht Leistungsanträge in Betracht kommen, nicht erwogen worden sind und deshalb in die gesetzliche Regelung nicht ausdrücklich Eingang gefunden haben. Dies liegt zumal deshalb nahe, weil auch die allgemeine Leistungsklage in der VwGO nicht ausdrücklich geregelt ist. Gründe des Sachzusammenhanges sprechen nach alledem dafür, auch solche Verfahrensanträge als von der Sonderzuweisung des § 111 BNotO erfaßt anzusehen.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">2. Die Antragstellerin ist auch antragsbefugt. Ihre Antragsbefugnis ergibt sich daraus, daß sie geltend macht, durch das Unterlassen der begehrten Tätigkeit der Antragsgegnerin in ihren Rechten verletzt zu werden. Da die Antragstellerin von der Antragsgegnerin eine Tätigkeit begehrt, die nicht im Erlaß eines Verwaltungsakts liegt, kommt es auf die besonderen Voraussetzungen der §§ l11 Abs. 1 S. 2 BNotO, 42 Abs. 2 VwGO nicht an, denn schon die Berühmung eines entsprechenden Anspruchs auf Tätigwerden ergibt, daß die Antragstellerin geltend macht, in ihren Rechten verletzt zu sein. Ungeachtet dessen wären auch die Voraussetzungen dieser Bestimmungen gegeben, denn die Antragstellerin berühmt sich gerade eines eigenen subjektiv öffentlichen Rechts, kraft dessen sie meint, das begehrte Tätig-werden der Antragsgegnerin verlangen zu können. Ob dieses Recht gegeben ist, ist keine Frage der Zulässigkeit des Antrages.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">3. Der Zulässigkeit des Antrages steht auch nicht entgegen, daß die Antragstellerin selbst nicht Mitglied der Antragsgegnerin ist. Zwar kommen Verfahren nach § 111 BNotO in aller Regel nur zwischen Notaren, Notarassessoren, Notarbewerbern einerseits und den Notarkammern oder den Behörden der Landesjustizverwaltung andererseits in Betracht. Ausnahmen sind aber denkbar, wenn außenstehende Dritte Rechte aus Bestimmungen der Bundesnotarordnung herleiten. So hat der Senat wiederholt entschieden, daß etwa in Verfahren, in denen die Aufsichtsbehörde die Befreiung des Notars von der Pflicht zur Verschwiegenheit ablehnt (§ 18. Abs. 2 BNotO), auch der an einer Befreiung interessierte Beteiligte befugt ist, einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 111 BNotO zu stellen (Senatsbeschlüsse vom 13.6.1977 - 2 VA(Not) 6/76 - und 23.10.1980 - 2 VA (Ndt) 5/80 -). Das Gesetz enthält auch keinen Anhaltspunkt dafür, daß die Fähigkeit, an Verfahren gemäß § 111 BNotO beteiligt zu sein, auf den oben angeführten Personenkreis beschränkt sein soll.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">III.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Der Antrag ist jedoch nicht begründet. Wenngleich im Grundsatz eine öffentlichrechtliche Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Geltendmachung von Ansprüchen aus Vertrauensschadenversicherungen zu bejahen ist und dieser öffentlichrechtlichen Verpflichtung auch ein subjektiv öffentliches Recht dritter Geschädigter und damit potentieller Begünstigter aus Versicherungsleistungen korrespondieren muß, So ist doch im vorliegenden Fall ein solches subjektiv öffentliches Recht der Antragstellerin zu verneinen, weil Sie nicht auf Grund einer Notartätigkeit sondern im Zusammenhang mit ausschließlich anwaltlicher Tätigkeit geschädigt worden ist. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">1. Soweit die Verpflichtung des § 67 Abs. 2 Nr. 3 BNotO reicht, ist ein subjektiv öffentliches Recht der Geschädigten auf Tätigwerden der Notarkammer zu bejahen.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">a) § 67 Abs. 2 Nr. 3 BNotO verpflichtet die Notarkammern, Versicherungsverträge zur Ergänzung der Haftpflichtversicherung der Notare abzuschließen, um auch Gefahren aus Vorsätzlichen Pflichtverletzungen zu versichern. Daß es sich hierbei um eine gesetzliche Verpflichtung handelt, folgt unmittelbar aus dem Wortlaut der Vorschrift, wenn es dort heißt, die Aufgabe "obliege" der Notarkammer. Der Verpflichtungscharakter ergibt sich im übrigen auch daraus, daß im Gesetz Mindestversicherungssummen vorgeschrieben sind (vgl. BGHZ 85, 173, 177). Diese Verpflichtung gehört zu den der Notarkammer als Körperschaft des öffentlichen Rechts obliegenden Aufgaben, sie stellt damit eine Verpflichtung nach öffentlichem Recht dar.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Aus der öffentlichrechtlichen Pflicht zum Abschluß von Vertrauensschadenversicherungen folgt auch die öffentlichrechtliche Verpflichtung der Notarkammern, bei Eintritt eines Versicherungsfalles Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag geltend zu machen. Diese Folgeverpflichtung zur Geltendmachung des Versicherungsanspruches ist notwendiges Korrelat der Verpflichtung zum Abschluß der Versicherung. Der mit der gesetzlichen Regelung verfolgte Zweck, Beeinträchtigungen des Ansehens des Notarstandes in der Öffentlichkeit zu mildern, läßt sich nur erreichen, wenn Vertrauensschadenversicherungen nicht lediglich abgeschlossen, sondern Leistungen aus diesen Versicherungen auch tatsächlich in Anspruch genommen und an die Geschädigten ausgekehrt werden. Mit diesem Zweck, Schäden zu begrenzen und das Vertrauen in den Notarstand und das Amt des Notars zu erhalten, wäre es daher unvereinbar, wenn die Notatkammern nach Belieben darüber befinden könnten, ob sie Leistungen aus den Versicherungsverhältnissen in Anspruch nehmen. Die den Notarkammern nach öffentlichem Recht obliegende Pflicht geht deshalb auch dahin, bei Eintritt von Versicherungsfällen die Ansprüche auch geltend zu machen. Dabei wird allerdings eine solche Verpflichtung nicht ausnahmslos angenommen werden können, weil die Aussichten der Geltendmachung von Fall zu Fall unterschiedlich sein können und die Notarkammer nicht gehalten sein kann, auf die bloße Behauptung des Vorliegens eines Versicherungsfalles auch aussichtslose Ansprüche geltend zu machen. Vielmehr ist die Notarkammer nach öffentlichem Recht als verpflichtet anzusehen, nach pflichtgemäßem Ermessen zu prüfen, ob ein Anspruch aus dem Versicherungsvertrag besteht und seine Durchsetzung Aussicht auf Erfolg hat. Ist z.B. das Bestehen eines Anspruches zweifelsfrei, so wird sie als verpflichtet anzusehen sein, ihn auch durchzusetzen. Ist die Geltendmachung hingegen aussichtslos, kann sie auch nicht verpflichtet sein, im Interesse der Geschädigten die Geltendmachung zu versuchen.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">b) Besteht hiernach eine öffentlichrechtliche Verpflichtung der Notarkammern, nach pflichtgemäßem Ermessen über die Geltendmachung von Ansprüchen aus Vertrauensschadenversicherungen zu entscheiden, so ist auch ein dem entsprechendes subjektiv öffentliches Recht der Geschädigten auf pflichtgemäße Ermessensausübung zu bejahen.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Für den hier in Frage stehenden Bereich von Leistungs- und Teilhabeansprüchen hängt die Frage, ob ein subjektiv öffentliches Recht zu bejahen ist, von der Auslegung der einschlägigen Rechtssätze ab. Dabei ist darauf abzustellen, ob dem Rechtssatz eine Verhaltenspflicht für den Träger der öffentlichen Verwaltung zu entnehmen ist, ob der Rechtssatz zumindest auch zur Befriedigung von Individualinteressen und nicht ausschließlich im öffentlichen Interesse geschaffen ist und ob dem Betroffenen die Rechtsmacht eingeräumt ist, die normgeschützten Interessen gegenüber dem Verpflichteten durchzusetzen (vgl. Erichsen, Allg. Verwaltungsrecht, 8. Aufl. 1988, § 10 II 5 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind gegeben.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Der Notarkammer als Trägerin der öffentlichen Verwaltung ist - wie ausgeführt - die Verpflichtung auferlegt, nach pflichtgemäßem Ermessen über die Geltendmachung von Versicherungsansprüchen zu befinden. Diese aus § 67 Abs. 2 Nr. 3 BNotO abzuleitende Verpflichtung ist nach Inhalt und Zweck der gesetzlichen Vorschriften auch zum Zwecke der Befriedigung von Individualinteressen geschaffen worden. Der von der Antragsgegnerin vertretenen Auffassung, die Bestimmung diene lediglich der Wahrung des Ansehens des Notarstandes, der Ausgleich von Schäden sei dabei gleichsam nur Mittel zum Zweck, kann nicht beigetreten werden. Zutreffend ist zwar, daß die Wahrung des Ansehens des Notarstandes und des den Notaren übertragenen öffentlichen Amtes primärer Zweck der gesetzlichen Regelung gewesen sind. Die Notwendigkeit der Wahrung des Ansehens hat sich aber ergeben, weil - anders als in anderen Bereichen der öffentlichen Verwaltung, in denen die Staatshaftung eingreift - im Bereich der Amtstätigkeit von Notaren eine ausreichende Haftungsregelung und Absicherung der durch Pflichtverletzungen geschädigten Bürger nicht bestand. Die nicht als ausreichend erachtete Absicherung der Geschädigten hat daher erst weitere Maßnahmen zur Wahrung des Ansehens des Notarstandes erforderlich gemacht. Damit ist die Schaffung eines angemessenen Ausgleichs für Geschädigte unmittelbarer Zweck der gesetzlichen Regelung, ist die Begünstigung der Individualinteressen von durch Pflichtverletzungen geschädigten Bürgern Zweck und Ziel der Einführung der Pflicht zum Abschluß von Vertrauensschadenversicherungen gewesen. Die im Verweisungsurteil des Verwaltungsgerichts Arnsberg zitierten Passagen aus den Gesetzesmaterialien belegen dies in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise, wenn es dort heißt, auch bei Pflichtverletzungen von Notaren müsse der Schutz der geschädigten Bürger verbessert werden.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Ist hiernach der Ausgleich von Schäden betroffener Bürger nicht lediglich Mittel zum Zweck der Regelung über die Vertrauensschadenversicherungen, sondern Zweck der gesetzlichen Regelung selbst, so kann die Begünstigung durch eine solche Versicherung nicht als bloßer Rechtsreflex der gesetzlichen Regelung angesehen werden. Vielmehr steht dem geschädigten Personenkreis ein subjektiv öffentliches Recht auf Erfüllung der den Notarkammern obliegenden gesetzlichen Verpflichtungen und damit auf fehlerfreie Ermessensausübung bei der Entscheidung über die Geltendmachung von Ansprüchen zu. Dem betroffenen Personenkreis ist auch die Rechtsmacht eingeräumt, dieses Recht durchzusetzen. Dies folgt bereits aus Art. 19 Abs. 4 GG. Es spricht nichts dafür, daß dieser Bereich des den Notarkammern obliegenden Verwaltungshandelns einer gerichtlichen Nachprüfung entzogen sein oder die Kontrolle des Verwaltungshandelns lediglich den Aufsichtsbehörden vorbehalten bleiben sollte.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">2. Gleichwohl kann der Antrag aus Rechtsgründen keinen Erfolg haben, da die vorstehenden Erwägungen auf den hier zur Entscheidung stehenden Fall einer Schädigung im Rahmen ausschließlich anwaltlicher Tätigkeit nicht übertragbar sind.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">So fehlt es bereits an einer gesetzlichen Verpflichtung der Antragsgegnerin, auch für Fälle vorsätzlicher anwaltlicher Pflichtverletzungen eine Vertrauensschadenversicherung abzuschließen. § 67 Abs. 2 Nr. 3 BNotO betrifft ausschließlich die Notartätigkeit. Dies geht zum einen aus dem Gesamtzusammenhang der Regelungen der Bundesnotarordnung, zum anderen daraus hervor, daß die Bestimmung der Ergänzung der Berufshaftpflichtversicherung nach § 19 a BNotO dienen soll. Eine vergleichbare gesetzliche Regelung für Rechtsanwälte oder für den Bereich anwaltlicher Tätigkeit bei Rechtsanwälten und Notaren besteht nicht. Es kommt hinzu, daß der Antragsgegnerin gegenüber einem Rechtsanwalt und Notar Befugnisse nur insoweit obliegen und zustehen, als die Berufsausübung als Notar in Frage steht. In seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt ist der Rechtsanwalt und Notar hingegen Mitglied der Rechtsanwaltskammer, deren gesetzliche Aufgaben gesondert geregelt sind.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Fehlt es hiernach an einer gesetzlichen Verpflichtung der Antragsgegerin zum Abschluß einer Vertrauensschadenversicherung auch für anwaltliche Tätigkeit, so kann auch ein subjektiv öffentliches Recht der Antragstellerin, gerichtet auf Geltendmachung von Ansprüchen aus einem solchen Versicherungsverhältnis, nicht bejaht werden. Die oben aufgeführten Voraussetzungen für die Annahme eines solchen subjektiv öffentlichen Rechts sind nicht gegeben. So kann bereits ein Rechtssatz, der eine entsprechende Verhaltenspflicht des Trägers öffentlicher Verwaltung - hier: eine Pflicht der Antragsgegnerin zum Abschluß einer Vertrauensschadenversicherung für die Anwaltstätigkeit von Anwaltsnotaren statuiert, nicht festgestellt werden. Es fehlt aber auch jeder Anhalt dafür, daß der Gesetzgeber durch anwaltliche Tätigkeit verursachte Vertrauensschäden ersetzt wissen wollte. Die Beweggründe, welche zur Schaffung des § 67 Abs. 2 Nr. 3 BNot0 geführt haben, lagen ausweislich der Gesetzesmaterialien in den Besonderheiten des öffentlichen Amts des Notars und der nicht bestehenden Staatshaftung. Nichts spricht dafür, daß auch der Schutz der geschädigten Bürger, die aus anwaltlicher Tätigkeit Schäden erlitten haben, verbessert werden sollte. Dies kann deshalb nicht angenommen werden, weil kein sachlicher Grund dafür erkennbar ist, daß ein solcher Schutz durch Schaffung einer Vertrauensschadenversicherung auf die anwaltliche Tätigkeit von Rechtsanwälten beschränkt werden könnte, die zugleich Notare sind, während bei Nur-Rechtsanwälten ein solcher Schutz unterbleibt. Aus der Sicht des geschädigten Mandanten bleibt es gleich, ob der Schädiger, der im Rahmen anwaltlicher Tätigkeit den Schaden Vorsätzlich verursacht hat, auch Notar ist oder nicht. Wenn der Gesetzgeber auch für diesen Tätigkeitsbereich einen gleichen Schutz hätte schaffen und entsprechend subjektiv öffentliche Rechte der Geschädigten hätte begründen wollen, so hätte es der Aufnahme einer dem § 67 Abs. 2 Nr. 3 BNotO entsprechenden Vorschrift in die Bundesrechtsaftwaltsordnung bedurft. Dies ist jedoch nicht geschehen.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Dem läßt sich nicht entgegenhalten, daß in den Gebieten des Anwaltsnotariats der Notar notwendigerweise auch Anwalt sei und deshalb die Notarkammern ihre gesetzliche Pflicht, über Ehre und Ansehen ihrer Mitglieder zu wachen (§ 67 Abs. 1 S. 2 BNot0), nur hinsichtlich der Person des Anwaltsnotars insgesamt, nicht hingegen lediglich hinsichtlich seiner Notartätig keit wahrnehmen könnten. Einer solchen Betrachtungsweise steht die Systematik der gesetzlichen Regelungen entgegen. Der Anwaltsnotar ist in seiner Eigenschaft als Notar Mitglied der Notarkammer, in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt gehört er der Rechtsanwaltskammer an. Ihm obliegen die sich aus der Bundesnotarordnung ergebenden Pflichten in seiner Eigenschaft als Notar, die sich aus der Bundesrechtsanwaltsordnung ergebenden Pflichten in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt. Dementsprechend ist die Rechtsanwaltskammer zum Tätigwerden berufen, wennein Verstoß gegen die sich aus der Bundesrechtsanwaltsordnung ergebenden Verpflichtungen vorliegt, während bei einem Verstoß gegen die Pflichten als Notar die Notarkammer oder die Aufsichtsbehörde zuständig ist. Die gesetzliche Regelung trennt mithin streng zwischen dem Bereich anwaltlicher und demjenigen notarieller Tätigkeit. Dies erlaubt nicht den Schluß, daß die Verpflichtung zum Abschluß einer Vertrauensschadenversicherung sich auch auf die anwaltliche Tätigkeit des Anwaltsnotars erstreckt und ein entsprechendes subjektiv öffentliches Recht eines Geschädigten gegenüber der Notarkammer - gerichtet auf Tätigwerden gegenüber der Versicherung - anzuerkennen ist.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Dieses Ergebnis erscheint auch sachgerecht. Würde eine Verpflichtung der Notarkammern auch zur Schaffung einer Vertrauensschadenversicherung für anwaltliche Tätigkeit und demgemäß ein subjektiv öffentliches Recht des Geschädigten gegenüber der Notarkammer bejaht, so würden die durch anwaltliche Tätigkeit Geschädigten ohne sachlich gerechtfertigten Grund ungleich behandelt. Der Mandant, der durch einen "Nur-Rechtsanwalt" vorsätzlich geschädigt wurde, hätte keine Möglichkeit, Leistungen aus einer Vertrauensschadenversicherung zu erhalten oder ein entsprechendes Tätigwerden der Notar- oder der Rechtsanwaltskammer zu erzwingen. Der Mandant hingegen, der einen Rechtsanwalt beauftragt hat, der – zufällig - auch Notar ist, hätte eine Aussicht auf solche Leistungen und könnte ein Tätigwerden der Notarkammer gegebenenfalls erzwingen. Da der Gesetzgeber eine Pflicht zum Abschluß von Vertrauensschadenversicherungen für Rechtsanwälte nicht begründet hat, ist es auch sachgerecht, eine solche Pflicht für den Bereich anwaltlicher Tätigkeit bei Anwaltsnotaren zu verneinen.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">3. Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht daraus, daßdie Antragsgegnerin für ihre Mitglieder tatsächlich eine Vertrauensschadenversicherung abgeschlossen hat, welche auch die anwaltliche Tätigkeit umfaßt. Die Antragsgegnerin hat damit in ihrer Eigenschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts mehr getan als die ihr auferlegte öffentlichrechtliche Verpflichtung geboten hat. Hieraus kann aber den Geschädigten kein öffentlichrechtlicher Anspruch, kein subjektiv öffentliches Recht darauf erwachsen, daß Ansprüche aus dieser Versicherung für Anwaltliche Tätigkeit auch in gleicher Weise geltend gemacht werden wie Ansprüche aus der Versicherung für Notartätigkeit. Da eine gesetzliche Verpflichtung zur Schaffung einer die anwaltliche Tätigkeit umfassenden Vertrauensschadenversicherung nicht bejaht werden kann, kann auch ein solches subjektiv öffentliches Recht nicht angenommen werden. Wenn ein Träger öffentlicher Verwaltung über die ihm obliegenden Verpflichtungen hinausgeht und die Voraussetzungen für weitergehende Leistungen schafft, ist dies nicht geeignet, einen Rechtsanspruch des betroffenen Bürgers auf eben diese Leistungen zu begründen. Ob etwas anderes dann gelten muß, wenn der Träger öffentlicher Verwaltung durch ständige Praxis - gleichsam im Wege der Selbstbindung - Vertrauenstatbestände geschaffen hat, so daß sich die gleichmäßige Übung mit Rücksicht auf den auch im Rahmen der Leistungsverwaltung zu berücksichtigenden Gleichheitssatz zu einem Rechtsanspruch des Bürgers verdichten kann, braucht nicht entschieden zu werden. Für eine solche Übung fehlt jeder Anhalt. Hiergegen spricht bereits, daß die Verträge über Vertrauensschadenversicherungen erstmals im Jahre 1981 abgeschlossen wurden, mithin ein längerer Zeitraum gleichmäßiger vertrauensbildender Handhabung bei Eintritt des Schadensfalles noch nicht verstrichen war. Auch fehlt jeder Hinweis dafür, daß die Antragsgegnerin die Abwicklung von Vertrauensschäden bei anwaltlicher Tätigkeit in anderen Schadensfällen abweichend von der im vorliegenden Fall von ihr praktizierten Handhabung vorgenommen haben könnte. Vielmehr hat die Antragsgegnerin nachvollziehbar dargelegt, daß die auch die anwaltliche Tätigkeit von Anwaltsnotaren umfassende Bestimmung im Versicherungsvertrag lediglich zur Vermeidung von Abgrenzungsschwierigkeiten dort aufgenommen worden ist. Daß die Antragsgegnerin freiwillige Leistungen der H Versicherungs AG an die Geschädigten weitergeleitet hat, vermag ebenfalls keinen Rechtsanpruch der Geschädigten auf Tätigwerden zu begründen. Es bleibt der Antragsgegnerin unbenommen, die Rechte aus dem abgeschlossenen Versicherungsvertrag geltend zu machen; diese aber besagen, daß Versicherungsleistungen an die Geschädigten auszukehren sind.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">IV.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 111 Abs. 4 S. 2 BNotO, 200, 201 Abs. 1, 40 Abs. 4 BRAO, § 13 a FGG.</p>
|
315,079 | lg-dusseldorf-1990-08-07-24-s-15690 | {
"id": 808,
"name": "Landgericht Düsseldorf",
"slug": "lg-dusseldorf",
"city": 413,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 24 S 156/90 | 1990-08-07T00:00:00 | 2019-03-13T14:45:45 | 2022-10-18T15:09:09 | Urteil | ECLI:DE:LGD:1990:0807.24S156.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Beklagten gegen das am 19.01.1990 verkündete Urteil des Amtsgerichts Neuss – 36 C 339/89 – wird zurückgewiesen.</p>
<p>              Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">                                          Landgericht Düsseldorf</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">                                          Im Namen des Volkes</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">                                                        Urteil</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">24 S 156/90                                                                       Verkündet am 07.08.1990</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">36 C 339/89 AG Neuss                                           … Justizangestellte</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">              In dem Rechtsstreit der …</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">                                                                                                  Beklagte und Berufungsklägerin,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">-          Prozeßbevollmächtigte : …</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">g e g e n</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">die …                                </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">                                                                                    Klägerin und Berufungsbeklagte,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">-          2 -</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">-          Prozeßbevollmächtigte : …</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">hat die 24. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 17. Juli 1990 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Landgericht …, des Richters am Landgericht … und der Richterin am Landgericht …</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">für Recht erkannt:</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Berufung der Beklagten gegen das am 19.01.1990 verkündete Urteil des Amtsgerichts Neuss – 36 C 339/89 – wird zurückgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">              Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">              Entscheidungsgründe :</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">              Die Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin ist gemäß §§ 1004 BGB, 41 Abs. 1 Nr. 1 a, 50 Nachbarrechtsgesetz NW berechtigt, die Beseitigung der Pyramidenhainbuche zu verlangen, da mit der Anpflanzung in einer Entfernung von zwei Metern zur Grundstücksgrenze der maßgebliche Grenzabstand nicht eingehalten ist. Die Kammer folgt</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">-          3 -</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">den Ausführungen des Amtsgerichts, wonach die in Rede stehende Pyramidenhainbuche zu den stark wachsenden Bäumen zu zählen ist, für die gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 1 a Nachbarrechtsgesetz NW ein Abstand von vier Metern zum Nachbargrundstück einzuhalten ist. Der Vergleich mit den dort genannten Bäumen, deren Aufzählung nicht abschließend ist, läßt dies zu. Unter stark wachsenden Bäumen im Sinne der Bestimmung sind die zu verstehen, die besonders groß werden (Schäfer, Nachbarrechtsgesetz NW, 8. Aufl., § 41 Anm. 3).</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Auch wenn es sich bei den aufgeführten Bäumen um solche handelt, die eine Höhe erreichen, die noch über der bei der Pyramidenhainbuche unstreitig im allgemeinen zu erwartenden Höhe von zwanzig Metern liegt, sind die Merkmale eines hohen Wuchses durchaus zu bejahen, zumal auch Linden, wie die Beklagte dargelegt hat, mit einer Höhe von 25m, also keinem eklatanten Höhenunterschied zur Pyramidenhainbuche, zu den stark wachsenden Bäumen gehören. Schließlich liegt den nachbarrechtlichen Bestimmungen der Maßstab zugrunde, bei welchen grenznahen Bepflanzungen für den Grundstücksnachbarn eine Störung vorliegt.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Ein zwanzig Meter hoher Baum in einer Entfernung, bei der die Krone mit der zu erwartenden Breite von vier Metern an die Grenze heranreicht, muß aber als störend empfunden werden. Auch der Sachverständige … ist in seinem</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">-          4 -</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Gutachten vom 09.09.19854 im Rechtsstreit der Parteien 7 O 269/84 - Landgericht Düsseldorf - , das er mündlich erläutert hat, von dieser Einordnung ausgegangen. Seine Angaben von Amts wegen zu verwerten, ist dem Gericht erlaubt (Baumbach/Hartmann, ZPO, 47. Aufl., Einführung § 284 Anm. 4 B, § 286, Anm. 4 B; BGH NJW 82, 2874).</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Für die Einholung eines weiteren Gutachtens besteht schon nach den tatsächlichen Gegebenheiten bezüglich Standort und erwartungsgemäßem Wuchs des Baumes kein Anlaß (§ 412 Abs. 1 ZPO).</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Streitwert zweiter Instanz : 1.000,00 DM.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">                                          …                                                        …                                                        …</p>
|
315,081 | lg-dusseldorf-1990-07-31-24-s-17490 | {
"id": 808,
"name": "Landgericht Düsseldorf",
"slug": "lg-dusseldorf",
"city": 413,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 24 S 174/90 | 1990-07-31T00:00:00 | 2019-03-13T14:45:49 | 2022-10-18T15:09:09 | Urteil | ECLI:DE:LGD:1990:0731.24S174.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Klägerin wird das am 14. Februar 1990 verkündete Urteil des Amtsgerichts Neuss -30 C 326/88 ­teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt: </p>
<p></p>
<p>Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.047,28 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 01.10.1987 sowie weitere 370,85 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 01.02.1989 sowie weitere 932,76 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 03.12.1989 zu zahlen. </p>
<p></p>
<p>Der Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin weitere 2.746,60 DM zu zahlen. </p>
<p></p>
<p>Im übrigen wird die Klage abgewiesen. </p>
<p></p>
<p>Die weiterehende Berufung der Klägerin </p>
<p>und die Anschlußberufung des Beklagten </p>
<p>werden zurückgewiesen. </p>
<p></p>
<p>Von den Kosten des ersten Rechtszuges </p>
<p>tragen die Klägerin 7/100, der Beklagte 93/100. </p>
<p></p>
<p>Die Kosten des zweiten Rechtszuges werden zu 5/47 der Klägerin, zu 42/47 dem Be-klagten auferlegt. </p>
<p> </p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="h2 absatzLinks">E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Beide Rechtsmittel sind zulässig.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Berufung der Klägerin hat auch in der Sache überwiegend Erfolg; die Anschlußberufung des Beklagten ist unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist in Höhe eines Betrages von insgesamt 6.097,49 DM begründet, darüber hinaus unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin ist gemäß § 535 Satz 2 BGB berechtigt, von dem Beklagten nicht gezahlte Mietzinsen für die Zeit von September 1985 bis einschließlich Dezember 1989 in Höhe des genannten Betrages zu verlangen. Im Streit sind Mieteinbehaltungen des Beklagten in dem angegebenen Zeitraum abzüglich verrechneter Nebenkosten-Guthaben für 1985/86 von 219,24 DM und für 1986/87 von 852,08 DM -, insgesamt ein Betrag von 6.556,29 DM.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Dieser Mietzins war nur teilweise gemäß § 537 BGB gemindert.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Eine Minderung ist nicht gegeben, soweit der vom Beklagten beanstandete Zustand der Mietsache schon bei Abschluß des Mietvertrages vorhanden war. Denn insoweit ergibt sich keine Abweichung der Ist -Beschaffenheit zur Soll-Beschaffenheit, also zum vertraglich vereinbarten Zustand. Der Beklagte hat die Wohnung gemäß § 8 des Mietvertrages im vor­handenen und ihm bekannten Zustand übernommen, also als vertragsmäßig anerkannt.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Mangels Abweichung vom vertragsmäßigen Zustand kommt daher eine Minderung von vornherein nicht Betracht bezüglich folgender Positionen:</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Fußleisten</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">zerbrochenes Türschild</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">3.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Fliesen im Bad</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">4.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">SchlagsteIle an der Badewanne</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">7.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">verzogene Wohnungseingangstür</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">8.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Pakettboden in der Küche.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Nach dem unwidersprochenen Vortrag der Klägerin waren die insoweit vom Beklagten nach Beginn des Mietverhältnisses erhobenen Beanstandungen bereits bei Mietvertragsabschluß vorhanden. Auch hat die Klägerin eine Reparatur nicht zugesagt. Überdies hat der Beklagte durch vorbehaltlose Zahlung des vollen Mietzinses seit Oktober 1984 -Mängelrügen hat er erstmals mit Schreiben vom 12.02.1985 erhoben -die Ordnungsmäßigkeit der Mietsache bestätigt und hätte daher ein Minderungsrecht gemäß § 539 BGB verloren.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Aufgrund des Vorbringens der Klägerin in der Berufungsschrift , dem der Beklagte nicht entgegen getreten ist, ist davon auszugehen, daß auch die beiden Balkontüren (Positionen 5 und 6) von Anfang an die Beschaffenheit aufwiesen, die der Beklagte späterhin (Schreiben vom 12.02.1985) bemängelt hat. Selbst wenn eine schlechte Verschließbarkeit aber erst im Laufe des Mietverhältnisses eingetreten sein sollte, so läßt sich eine mehr als unerhebliche Gebrauchsbeeinträchtigung, wie sie eine Minderung nach § 537 BGB voraussetzt, nicht feststellen. Die im Protokoll über die Ortsbesichtigung sowie im erstinstanzlichen Urteil beschrieben Undichtigkeit der unteren Balkontür durch Fehlen eines Beschlages, der dann im Januar 1989 angebracht wurde, ergibt nicht, daß hierdurch der mit Doppeltüren versehene Ausgang zum Balkon in einer beachtlichen Weise Zugluft oder Nässe durchgelassen hat. Entsprechendes gilt für die obere Balkontür. Daß durch ein Nichtfunktionieren eines von vier Schließmechanismen mit der Folge eines leichten Abstehens der Tür im oberen Bereich die Sicherung der Tür oder aber die Benutzung des Zimmers durch Zugluft oder gar Kälte oder Nässe beeinträchtigt war, ist vom Beklagten weder substantiiert vorgetragen, noch kann dies den Beschreibungen des Amtsgerichts entnommen werden.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Als ein grundsätzlich die Minderung rechtfertigender Umstand kann indessen die unfachgemäße Tapezierung der Wohnzimmerdecke, die die Klägerin nach einem Absenken der Decke veranlaßt hat, angesehen werden. Nach den von der Klägerin nicht mehr bestrittenen Feststellungen des Amtsrichters aufgrund der von ihm durchgeführten Ortsbesichtigung war die Tapezierung nicht fachgerecht ausgeführt, sondern laienhaft und ließ optisch deutIiche Fugen erkennen. Allerdings gibt schon die Bemessung einer Minderung von 1 % Anlaß zu Bedenken, ob es sich um eine mehr als unerhebliche Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit der Wohnung handelt. Immerhin geht es um eine Beeinträchtigung im hauptsächlichen Wohn­bereich. Sie kann im Verein mit den bestehenden Mängeln an den Tapeten in Bad und Diele, die mit der Änderung der Warmwasserversorgung einhergegangen sind und die das Amtsgericht ebenfalls mit einer 1%igen Minderung bewertet hat, als Herabsetzung der Gebrauchstauglichkeit um insgesamt 2% angesehen werden.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Ein Minderungsrecht ist nicht gegeben wegen der Änderung der Wasserversorgung selbst. Die Beurteilung der Gebrauchstauglichkeit ist in der Gesamtschau zu sehen. Dem Nachteil einer gelegentlichen Einschränkung bei der gleichzeitigen Entnahme von warmen Wasser an zwei Stellen der Wohnung steht die nicht unerhebliche Energieeinsparung gegenüber. Es ist gerichtsbekannt und bedarf daher nicht einer Begutachtung durch einen Sachverständigen, daß die bei einer zentralen Warmwasserversorgung gegebene ständige Bereithaltung eines Reservoirs an warmem Wasser sowie den durch die Zuleitung zu den Wohnungen bedingten Wärmeverlust ein Energieverbrauch entsteht. Die Klägerin hat ihn mit ihren konkreten Verbrauchsangaben, denen der Beklagte nicht entgegen getreten ist, belegt. Daß er durch einen Mehrverbrauch an Strom durch die elektrischen Durchlauferhitzer wettgemacht werde, hat der Beklagte nicht anhand konkreter Gegenüberstellungen seines Strom­verbrauchs vor und nach der Umstellung der Warmwasserversorgung dargelegt. Auch hier steht nach den allgemeinen Erfahrungen fest, daß der Energieverbrauch durch das Betreiben einer zentralen Warmwasserbereitungsanlage ganz erheblich höher ist als derjenige, der durch das Betreiben von Durchlauferhitzern entsteht. Es ist anerkannt; daß letzteres in jedem Falle kostengünstiger ist und eine Verbesserung darstellt. Schließlich eröffnet sie den Mietern die bessere Möglichkeit für eine Energieeinsparung. Insgesamt ergibt sich ein Vorteil, der die geringfügigen Nachteile einer nicht stets gleichzeitigen Warmwasserentnahmemöglichkeit mindestens voll aufwiegt.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Eine mehr als unerhebliche Herabsetzung der Ge­brauchstauglichkeit der Wohnung kann insoweit auch nicht durch eine zeitweilige Verminderung des Wasserdrucks angenommen werden. Die Beweisaufnahme hat ergeben, daß sich dieser Zustand nur ganz vorübergehend und auf kurze Dauer in den heißen Sommermonaten gezeigt hat. Die Zeugin X hat glaubhaft bekundet, daß sie in ihrer Wohnung etwa drei-bis viermal in dieser Hinsicht-Probleme gehabt habe, insgesamt in einem Zeitraum von einer Woche, und daß auch Bewohner der Wohnungen in den Obergeschossen sich nicht darüber beschwert hätten. Eine weitergehende Beeinträchtigung in seiner Wohnung hat der Beklagte nicht anhand konkreter Datenangaben dargelegt, jedenfalls aber nicht bewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Es bleibt daher die oben genannte Minderung wegen der Tapezierarbeiten der Klägerin, d. h. % von März 1986 bis Dezember 1989 von einem Mietzins von 620,00 DM (Position 9) und 1 % von September 1981 bis Dezember 1989 von 620,00 DM. Das sind jeweils 6,20 DM für 46 Monate = 285,20 DM und 6,20 DM für 28 Monate = 173,60 DM, insgesamt 458,80 DM. In diesem Umfang ist der mit der Klage geltend gemachte Betrag zu kürzen. Das Zinverlangen ist aus § 288 BGB begründet. Für den mit der Berufung weiterverfolgten Betrag sind Zinsen nicht geltend gemacht worden.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die weitergehende Klage ist abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die Abzüge der Nebenkostenguthaben sind berücksich­tigt.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Streitwert zweiter Instanz:</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Berufung der Klägerin: 3.205,40 DM,</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Anschlußberufung des Beklagten: 1.100,16 DM,</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">insgesamt 4.305,56 DM.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks" style="margin-left: 18px;"></p>
|
315,082 | olgk-1990-07-30-16-wx-6090 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 16 Wx 60/90 | 1990-07-30T00:00:00 | 2019-03-13T14:45:50 | 2022-10-18T15:09:09 | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1990:0730.16WX60.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der Beschluß des Landgerichts vom 23. April 1990 und der Beschluß des Amtsgerichts vom 4. Dezember 1989 werden teilweise dahin abgeändert, daß der Antrag der Antragsteller auf Ungültigerklärung des Beschlusses der Eigentümerversammlung vom</p><p>3. November 1988 zu TOP 1) zurückgewiesen wird.</p><p>Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen, soweit sie sich gegen den landgerichtlichen Beschluß zu TOP 2) des Eigentümerbeschlusses vom 3. November 1988 richtet.</p><p>Die Gerichtskosten aller Instanzen haben die Antragsteller und die Antragsgegner je zur Hälfte zu tragen.</p><p>Außergerichtliche Kosten sind insgesamt nicht zu erstatten.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Gründe</span></p><span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Beteiligten sind die vier Eigentümer ihrer Wohnungseigentumsanlage. Die drei Antragsgegner beheizen ihre Wohnungen mit Strom Gas-Etagenheizungen, für die sie keinen der ursprünglich vorhandenen zahlreichen Schornsteine des Gebäudes nutzen. Die Antragsteller beheizen ihre Erdgeschoßwohnung mit einer ölheizung, die sich in einem ihnen als Sondereigentum gehörenden Keller befindet, und nutzen dafür allein einen der Schornsteine des Hauses. Sie wollen ihren alten Heizkessel durch einen modernen Niedertemperatur-Heizkessel ersetzen. Dafür ist es erforderlich, daß in den von ihnen genutzen Schornstein ein Edelstahlrohr eingebaut wird. Die Beteiligten streiten im wesentlichen darüber, ob die Kosten dieses Rohres und seiner Reinigung von der Eigentümergemeinschaft oder von den Antragstellern allein zu tragen sind.</p><span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Diese Frage war auch Gegenstand der Eigentümerversammlung vom 3. November 1988. Es wurde dabei u. a. "beschlossen", daß die Antragsgegner die Antragsteller "auffordern, die jetzt anfallende Instandsetzung des von den Antragstellern allein genutzten Schornsteins auf ihre Kosten durchzuführen und Kosten der zukünftigen Instandhaltung zu tragen (= TOP1)) sowie die jeweils anfallenden Kosten der Schornsteinreinigung für den vorgenannten Schornstein zu tragen (= TOP 2))."</p><span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Auf Antrag der Antragsteller hat das Amtsgericht u. a. die Eigentümerbeschlüsse zu TOP 1) und 2) für ungültig erklärt und festgestellt, "daß die Eigentümer des Hauses als Gesamtgemeinschaft verpflichtet sind, die Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung des von den Antragstellern benutzten Kamins zu tragen."</p><span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat die dagegen von den Antragsgegnern eingelegte sofortige Beschwerde zurückgewiesen und den Hilfsantrag der Antragsgegner verworfen, mit dem diese die Verpflichtung der Antragsteller begehren, "einer Änderung der Teilungserklärung (= TE ) darin zuzustimmen, daß die Antragsteller künftig für die Instandsetzung und Instandhaltung des von ihrer Wohnung genutzten Kamins allein aufzukommen haben."</p><span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die hiergegen eingelegte sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner ist zulässig (§§ 43 Abs. 1, 45 Abs. 1 WEG; §§ 27, 29 FGG) und zu TOP 1) begründet, weil die Entscheidung des Landgerichts insoweit auf einer Gesetzesverletzung beruht (§ 27 FGG). Zu TOP I) hat das jetztige Rechtsmittel keinen Erfolg. Der Hilfsantrag der Antragsgegner ist gegenstandslos geworden.</p><span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Senat sieht einen Rechtsfehler der Vorinstanzen darin, daß diese in dem von den Antragstellern gewünschten Einbau eines Edelstahlrohres in den streitigen Schornstein eine Maßnahme der Instandhaltung bzw. Instandsetzung gesehen haben, wie sie in §§ 16 Abs. 2, 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG angesprochen sind.</p><span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Tatsächlich handelt es sich dabei um eine bauliche Veränderung im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG. Die Antragsteller streben nämlich eine bauliche Umgestaltung des vorhandenen Schornsteins an. Dies beruht auf folgendem:</p><span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der von den Antragstellern geplante neue Heizkessel ist als Niedertemperaturkessel nur funktionsfähig, wenn er an einen Schornstein mit einem stärkeren Zug angeschlossen wird. Andernfalls würde - da nach dem Vorbringen der Antragsteller "die Abgastemperaturen des neuen Heizkessels bei weitem nicht mehr so hoch sein werden wie die des vorhandenen " - die Abgasgeschwindigkeit so gering werden und damit die Verweildauer der Abgase im Schornstein so zunehmen, daß die Rauchgase während des Aufsteigens im Schornstein abkühlen und dadurch Feuchtigkeit abgeben, die sich mit dem im Rauch enthaltenen Ruß an dem Mauerwerk des Schornsteins abschlägt und teilweise in diesen und die anschließenden Wände eindringt (Versottung). Die deshalb erforderliche Erhöhung der Abgasgeschwindigkeit wird durch eine Verringerung des Querschnitts des Schornsteins erreicht. Zu diesem Zweck wird in den Schornstein ein Rohr eingesetzt, das nur den der erforderlichen Abgabsgeschwindigkeit angepaßten Durchmesser hat. Der vorhandene Schornstein wird davon nicht weiter berührt; nur wird er in seinen ursprünglichen Ausmaßen nicht mehr genutzt. Die Abgase entweichen nur noch durch das engere Stahlrohr.</p><span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Daraus folgt, daß die Antragsteller eine Sanierung des Schornsteins in seiner derzeitigen baulichen Gestalt gar nicht erreichen wollen. Sie behaupten deshalb auch nicht etwa, das Mauerwerk des Schornsteins habe Risse, die Verfugung sei undicht oder dergleichen. Ihr Ziel ist eine technische/bauliche Umgestaltung des Schornsteins (Querschnittsverringerung) die - wenn es die Stahlrohre nicht gäbe - etwa durch ein Ausmauern oder Erneuern des Schornsteins herbeigeführt werden müßte. Somit handelt es sich um eine bauliche Veränderung im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG.</p><span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Vorliegend besteht die Besonderheit, daß die angestrebte Maßnahme allein dem Interesse der Antragsteller dient, weil sie nur für die Heizungsanlage ihres Sondereigentums erforderlich ist, die anderen Wohnungseigentümer davon nicht betroffen werden und sich deshalb auch nicht betroffen fühlen. Für einen solchen Fall ist einerseits in § 22 Abs. 1 Satz 2 WEG geregelt, daß die Antragsteller - im Gegensatz zu der bei baulichen Veränderungen im allgemeinen erforderlichen Zustimmung aller anderen Wohnungseigentümer (§ 22 Abs. 1 Satz 1 WEG)- in diesem Fall nicht der Zustimmung der Antragsgegner für ihre Baumaßnahme bedürfen (vorliegend erheben die Antragsgegner auch keine Einwendungen dagegen). Andererseits ist aber zum Ausgleich dafür in § 16 Abs. 3 WEG bestimmt, daß die anderen Wohnungseigentümer dann auch nicht verpflichtet sind, die durch eine Maßnahme entstehenden Kosten mit zu tragen (sie allerdings auch nicht nutzen dürfen, was die Antragsgegner vorliegend auch nicht wollen).</p><span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Aus diesem Grunde waren die Antragsgegner berechtigt, die Erklärung abzugeben, daß sie eine Beteiligung an den Kosten der Schornstein-Veränderung ablehnen. Das haben sie am 3. November 1988 gemäß TOP 1) des Versammlungsprotokolls getan, damit aber auch den Antragstellern die Befugnis zur Vornahme der gewünschten Baumaßnahme eingeräumt.</p><span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Daraus folgt dann ferner, daß die Antragsgegner zu Recht weiterhin verlangt haben, daß die Antragsteller auch die Kosten der Instandhaltung des Edelstahlrohres zu tragen haben.</p><span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Nach alledem kann TOP 1) nicht für ungültig erklärt werden. Die insoweit ergangenen Beschlüsse der Vorinstanzen sind deshalb entsprechend abzuändern.</p><span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Dann aber ist der Hilfsantrag der Antragsgegner schon gegenstandslos geworden. Denn er ist dahin zu verstehen, daß er für den Fall gestellt worden ist, daß es bei der Ungültigerklärung von TOP 1) verbleibt; nur darin sind nämlich noch Kosten der Instandsetzung und Instandhaltung angesprochen (wenn man berücksichtigt, daß die Antragsgegner die Entscheidung der Vorinstanzen hinsichtlich des Feststellungsantrags der Antragsteller mit der weiteren Beschwerde nicht angegriffen haben, weil sie mit der erstrebten Änderung der Teilungserklärung nur noch eine Veränderung für die Zukunft beabsichtigen).</p><span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">2.</p><span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Dagegen haben die Vorinstanzen TOP 2) des Eigentümerbeschlusses vom 3. November 1988 zu Recht für ungültig erklärt.</p><span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Da die Schornsteine des Hauses nicht durch § 3 TE zum Gegenstand von Sondereigentum gemacht worden sind, gehören sie gemäß § 4 TE zum gemeinschaftlichen Eigentum.</p><span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Betriebskosten des Gemeinschaftseigentums - hier die Kehrgebühren des Schornsteinfegers gehören deshalb zu den Lasten, die nach § 16 Abs. 2 WEG von allen Wohnungseigentümern nach dem Verhältnis ihrer Anteile zu tragen sind (vgl. Bielefeld, Der Wohnungseigentümer, 3. Aufl., Seite 121). Dann aber waren die Antragsgegner nicht berechtigt, einseitig von den Antragstellern zu verlangen, daß diese die Kosten der Schornsteinreinigung "ab sofort" allein tragen. Das gilt nämlich auch dann, wenn ein Teil der Wohnungseigentümer bestimmte Einrichtungen nicht benutzt; denn es besteht kein allgemeiner Grundsatz, wonach ein Wohnungseigentümer Kosten für solche Einrichtungen nicht zu tragen hat, die ihm persönlich keinen Nutzen bringen (vgl. BGH NJW 1984, 2576).</p><span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">3.</p><span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 47 WEG. Unter Berücksichtigungdes Ausgangs des Verfahrens und der unterschiedlichen Entscheidungen in den drei Instanzen entspricht es der Billigkeit, die Kosten des gesamten Verfahrens gegeneinander aufzuheben.</p><span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Wert der weiteren Beschwerde: 5.000,-- DM</p>
|
315,083 | lg-duisburg-1990-07-26-2-s-5890 | {
"id": 807,
"name": "Landgericht Duisburg",
"slug": "lg-duisburg",
"city": 408,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 2 S 58/90 | 1990-07-26T00:00:00 | 2019-03-13T14:45:52 | 2022-10-18T15:09:09 | Urteil | ECLI:DE:LGDU:1990:0726.2S58.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Dinslaken vom 10. Januar 1990 – 9 C 477/89 – abgeändert:</p>
<p></p>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e : </u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger kann von den Beklagten Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall dem Grunde nach im vollem Umfang verlangen. Mit dieser Klage begehrt der Kläger Erstattung von Mietwagenkosten in Höhe von weiteren 3.632,86 DM, während die Beklagten der Ansicht sind, der von dem Kläger berechtigterweise geltend gemachte Schaden sei auch hinsichtlich der Mietwagenkosten mit den bereits bezahlten 12.180,89 DM abgegolten. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Die hiergegen von den Beklagten eingelegte Berufung ist zulässig und begründet.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat gegen die Beklagten keinen weiteren Schadensersatzanspruch aus §§ 7, 18 StVG, 3 PflVG, weil entsprechend der Ansicht der Beklagten der von dem Kläger berechtigterweise geltend gemachte Schadensersatzanspruch mit dem bezahlten Betrag bereits vollständig abgegolten ist, insbesondere hat der Kläger keinen Anspruch auf Ersatz weiterer Mietwagenkosten.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Unfall erfolgte am 28.06.1989, d. h. zu einem Zeitpunkt, als der Urlaub des Klägers vom 2.- bis 16.7.1989, für den er seinen bei dem Unfall beschädigten PKW benötigte, unmittelbar bevorstand. Durch den Unfall wurde sein PKW derart beschädigt, dass eine Reparatur bis zum 14.07.1989 nötig wurde. Der Kläger war deshalb berechtigt, sich zur Durchführung seines geplanten Urlaubs ein Ersatzfahrzeug anzumieten. Da aber von vornherein eine längere Mietdauer in Betracht kam, musste der Kläger Preisvergleiche anstellen (vgl. Palandt/Heinrichs, Kommentar zum BGB, 49. Aufl., § 449, Anm. 3 b mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung). Die Beklagten haben dazu eine Preisliste der Firma vorgelegt, wonach der Kläger dort einen PKW gleichen Typs (Mercedes 230 E) zu einem Monatstarif incl. 2000 Kilometer für 2.970,00 DM hätte anmieten können. Der Kläger hat die Richtigkeit dieser Preisliste nicht bestritten. Aufgrund der Tatsache, dass der Kläger in seinem Urlaub insgesamt 2.904 Kilometer zurückgelegt hat, waren zu dem vorbenannten Betrag noch 768,40 DM (904 Kilometer x 0,85 DM) hinzuzurechnen mit dem Ergebnis, dass der Kläger bei der Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeuges bei der Firma </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">insgesamt 3.738,40 DM zu zahlen gehabt hätte. Bei dem weiterhin vorzunehmenden Abzug von 20 % wegen ersparten Aufwendungen = 774,68 DM errechnet sich daraus ein zu erstattender Betrag von nicht ganz 3.000,00 DM. Hinzu kommt, dass der Kläger das Fahrzeug nur für einen Zeitraum von etwas mehr als zwei Wochen benötigte, das Fahrzeug also deutlich vor Ablauf der Mietdauer von einem Monat hätte zurückgeben können. Unter Umständen hätte ihm der Vermieter deshalb noch einen Nachlass gewährt, worauf es vorliegend aber nicht ankommt. </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Denn mit den gezahlten 12.180,89 DM sind sämtliche sonstigen Schadenspositionen des Klägers vollständig abgegolten und gleichzeitig 3.000,00 DM an Mietwagenkosten erstattet. Dieser Betrag deckt – wie ausgeführt – die Kosten ab, die der Kläger zum Bespiel bei Inanspruchnahme der Firma hätte aufwenden müssen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Pflicht zum Preisvergleich entfiel auch nicht deshalb, weil der Urlaub wenige Tage nach dem Unfall anstand, denn mittels eines Telefons können derartige Preisvergleiche ohne großen zeitlichen Aufwand durchgeführt werden. Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, er habe von Monatstarifen im Gegensatz zu dem gewählten Tagestarif nichts gewusst, denn es ist allgemein bekannt, dass bei Anmietung eines Gegenstandes über einen längeren Zeitraum günstigere Preise gewährt werden als bei Anmietung nach Tagen. </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Auch eine eventuelle Pflicht des Klägers zur Vorauszahlung oder zur Stellung einer Kaution ändert nichts, denn es ist von dem Kläger nicht dargetan, dass er dazu nicht in der Lage gewesen wäre. einen eventuell ihm dadurch entstandenen Schaden, etwa durch Eingehung einer Zinspflicht, hätte er als weiteren Schadensposten geltend machen können. </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.</p>
|
315,084 | ovgnrw-1990-07-25-16-a-73990 | {
"id": 823,
"name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen",
"slug": "ovgnrw",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": null
} | 16 A 739/90 | 1990-07-25T00:00:00 | 2019-03-13T14:45:54 | 2022-10-18T15:09:07 | Urteil | ECLI:DE:OVGNRW:1990:0725.16A739.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.</p>
<p>Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in derselben Höhe Sicherheit leistet.</p>
<p>Die Revision wird nicht zugelassen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Tatbestand:</span></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat laut Feststellungs- und Rückzahlungsbescheid des Bundesverwaltungsamtes vom 18. April 1986 Darlehen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz in Höhe von 27.900,-- DM zurückzuzahlen. Gemäß Bescheid vom 3. Februar 1987 hat sie dies in vierteljährlichen Raten von 360,-- DM zu tun, beginnend ab 30. April 1988. Mit Bescheid vom 10. März 1988 wurde sie für den Zeitraum Februar 1988 bis Januar 1989 und in der Folgezeit bis</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Januar 1991 von ihrer Rückzahlungsverpflichtung gemäß § 18 a BAföG freigestellt. Bereits mit Schreiben vom 12. November 1986 hatte sie unter Hinweis auf eine lebensgefährliche Erkrankung um völlige Befreiung von der Rückzahlungsverpflichtung gebeten. Dies lehnte das Bundesverwaltungsamt durch Bescheid vom 10. Februar 1988 ab. Der Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 10. März 1988 zurückgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Mit ihrer Klage hat die Klägerin geltend gemacht: Inzwischen sei festgestellt worden, daß sie außer ihrer lebensbedrohlichen Erkrankung noch einen Gehirninfarkt erlitten habe. Sie sei zu 70 v. H. schwerbehindert, und ihre gesundheitliche Situation werde sich sicherlich nicht bessern. Es sei daher nicht nur in höchstem Maße unwahrscheinlich, sondern auch mit Sicherheit auszuschließen, daß sie jemals das Darlehen auch nur teilweise zurückzahlen könne.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat sinngemäß beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">den Bescheid des Bundesverwaltungsamtes vom 10. Februar 1988 und dessen Widerspruchsbescheid vom 10. März 1988 aufzuheben und die Beklagte <em>zu</em> verpflichten, ihr das gewährte Darlehen in Höhe von 27.900,-- DM zu erlassen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Gegen den klageabweisenden Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts hat die Klägerin Berufung eingelegt und vorgetragen: Sie lebe von Sozialhilfe, und es bestehe krankheits- und behinderungsbedingt keine Aussicht auf eine Änderung ihrer wirtschaftlichen Situation. Der Erlaß sei daher "als das letzte Mittel" gerechtfertigt, und bei einer sozialen und humanen Gesetzesauslegung sei in ihrem Falle eine besondere Härte zu bejahen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt sinngemäß,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">den angefochtenen Gerichtsbescheid zu ändern und entsprechend ihrem erstinstanzlichen Klageantrag zu erkennen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Streitakte und der vorgelegten Verwaltungsvorgänge des Bundesverwaltungsamtes Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Entscheidungsgründe:</span></p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Berufung der Klägerin, über die der Senat gemäß SS 101 Abs. 2, 125 Abs. 2 VwG() mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, hat keinen Erfolg. Der Senat verweist zunächst auf die zutreffenden Gründe des Verwaltungs‑</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">gerichts in dem angefochtenen Gerichtsbescheid (Art. 2 § 6 Ent1G).</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Das Berufungsvorbringen der Klägerin rechtfertigt keine für sie günstigere Beurteilung der Sach- und Rechtslage. Selbst wenn man davon ausgeht, einem BAföG-Darlehensnehmer könne ein Anspruch auf Erlaß der Darlehensforderung nach § 7 DarlehensV iVm § 59 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BHO grundsätzlich zustehen, ist im vorliegenden Falle der Erlaß nicht "das letzte Mittel", das Anwendung finden muß. Ein Erlaß nach § 59 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BHO soll nur möglich sein, wenn eine Stundung nach § 59 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BHO nicht in Betracht kommt (vgl. Nr. 3.2 Vorl. VV-BHO zu § 59). Die Freistellung nach § 18 a BAföG ist der Sache nach eine Stundung, die sich von dieser dadurch unterscheidet, daß keine Stundungszinsen anfallen. Da und solange eine Freistellung nach § 18 a BAföG für die Klägerin ausgesprochen und möglich ist, besteht für den Erlaß der Forderung nach § 59 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BHO kein Anlaß. Zwar spricht wegen der Behinderung und Erkrankung der Klägerin leider vieles dafür, daß ihre Aussichten sehr gering sein mögen, in eine wirtschaftliche Situation zu gelangen, die ihr die Rückzahlung des Darlehens ermöglicht. Dem Menschen ist es aber nicht gegeben, in die Zukunft zu schauen, und so läßt sich keineswegs ausschließen, daß die wirtschaftliche Situation der Klägerin sich vielleicht aus irgendeinem jetzt noch nicht erkennbaren Grund dennoch einmal erheblich verbessert.</p>
|
315,085 | ag-dusseldorf-1990-07-20-41-c-200490 | {
"id": 653,
"name": "Amtsgericht Düsseldorf",
"slug": "ag-dusseldorf",
"city": 413,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 41 C 2004/90 | 1990-07-20T00:00:00 | 2019-03-13T14:45:56 | 2022-10-18T15:09:07 | Urteil | ECLI:DE:AGD:1990:0720.41C2004.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>hat das Amtsgericht Düsseldorf</p>
<p>auf die mündliche Verhandlung vom 8. Juni 1990</p>
<p>durch die Richterin am Amtsgericht X</p>
<p></p>
<p>für R e c h t erkannt:</p>
<p></p>
<p> Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p> Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.</p>
<p></p>
<p> Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>T a t b e s t a n d :</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger buchte bei der Beklagten am 7.1.1989 eine Reise nach Rio de Janeiro für zwei Personen zu einem Gesamtpreis von DM 5.968,--. Der Hinflug erfolgte am 4.5.1989, der Rückflug am 26.5.1989. Der Hinflug sollte von Frankfurt nach London Heathrow und von dort nach Rio de Janeiro durchgeführt werden.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Am 4.5.1989, dem Tag des Abflugs in Frankfurt, erfuhr der Kläger, dass der gebuchte und bestätigte Flug von Frankfurt nach London storniert war. Das Service-Büro der Beklagten im Flughafen Frankfurt war wegen Feiertages geschlossen. Der einzige zur Verfügung stehende Flug nach London war zum Flughafen Gattwick. Diesen Flug buchte der Kläger. Am Flughafen Gattwick angekommen mussten der Kläger und seine Ehefrau ihr Gepäck auschecken. Mit dem Bus fuhren sie zum Flughafen Heathrow, wo sie ihr Gepäck wieder einchecken und mit der planmäßigen Maschine nach Rio weiterflogen. Am Flughafen Rio wurden der Kläger und seine Ehefrau nicht - wie vertragsgemäß vorgesehen - von der Reiseleitung der Beklagten abgeholt, den Transfer in das gebuchte Hotel musste der Kläger selbst mittels einer Taxe vornehmen. Die ersten neun Tage im Hotel war eine deutschsprechende Reiseleitung nicht vorhanden. Mit Schreiben vom 24.10.1989 verlangte der Kläger eine Minderung des Reisepreises um 600,-- DM pro Person. Mit Schreiben vom 27.11.1989 zahlte die Beklagte einen Betrag von insgesamt DM 520,--.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, an ihn DM 800,-- ab Rechtshängigkeit zu </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks"><b><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :</u></b></p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der Kläger kann von der Beklagten keine weitere Reisepreisminderung (§ 651 d BGB) - über den von der Beklagen unwidersprochen bereits gezahlten Betrag von DM 520,-- hinaus - fordern. </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die vom Kläger gerügten Reisemängel, deren Vorhandensein vom Gericht zu Gunsten des Klägers unterstellt werden, reichen nicht aus, um den Wert der von der Beklagten erbrachten mangelhaften Reiseleitung im Verhältnis zum Wert der mangelfreien Reiseleistung von DM 5.968,-- um mehr als 8,7 % - in diesem Umfang hat die Beklagte den Minderungsanspruch des Klägers durch Zahlung anerkannt - herabzusetzen. Der vom Kläger beanstandete fehlende Hoteltransfer in Rio de Janeiro vom Flughafen zum Hotel und die neun Tage nicht anzutreffende Reiseleitung vor Ort sind verhältnismäßig geringfügige Erschwernisse. Als unangenehmer beurteilt das Gericht die durch die Umbuchung wegen der ausgefallenen Zubringermaschine in Frankfurt und London entstandenen Erschwernisse. Berücksichtigt man aber dabei, dass der Kläger und seine Ehefrau letztlich keinen Zeitverlust erlitten haben, sondern nur einem erhöhten Reisestress ausgesetzt waren, mit dem bei Fernreisen in bestimmten Umfang immer gerechnet werden muss, dann hat die Beklagte mit ihren Zahlungen von insgesamt DM 520,-- die aufgetretenen Mängel bereits angemessen ausgeglichen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung ergeht nach § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit nach §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.</p>
|
315,086 | olgk-1990-07-11-24-u-22989 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 24 U 229/89 | 1990-07-11T00:00:00 | 2019-03-13T14:45:58 | 2022-10-18T15:09:08 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1990:0711.24U229.89.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Streithelferin wird das am 6.10.1989 verkündete Urteil der 10. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 90 0 24/89 -unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung sowie der Anschlußberufung der Klägerin abgeändert und wie folgt neu gefaßt:</p><p>Die Klage wird abgewiesen.</p><p>Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte 15.121,68 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 11.11.1987 zu zahlen.</p><p>Die weitergehende Widerklage wird zurückgewiesen.</p><p>Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits und der Nebenintervention zu je 4/5.</p><p>Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz zu 1/5.</p><p>Die Streithelferin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens sowie der Nebenintervention zu je 1/5.</p><p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p><p>Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 21.000,-- DM und die der Streithelferin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 3.500,-- DM abwenden, sofern nicht die Beklagte bzw. die Streithelferin zuvor jeweils Sicherheit in gleicher Höhe erbringen.</p><p>Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 800,-- DM, die Streithelferin in Höhe von 900,-- DM abwenden, sofern nicht die Klägerin zuvor jeweils Sicherheit in gleicher Höhe erbringt.</p><p>Die Sicherheit kann auch durch eine selbstschuldnerische unbefristete Bürgschaft einer im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse erbracht werden.</p><p>Die Revision der Klägerin wird zugelassen.</p><p>(*)</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Tatbestand</span></p><span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien stehen seit längerem in Geschäftsbeziehungen. Für erbrachte Fracht- und Speditionsleistungen stehen der Klägerin, die ihren Geschäften die Allgemeinen Deutschen Speditionsbedingungen zugrundelegt, gegen die Beklagte Rechnungsforderungen in Höhe von insgesamt 33.878,32 DM zu,</p><span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">die sie mit der Klage geltend macht. Die Klägerin hat beantragt,</p><span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zur Zahlung von 33.878,32 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 1.12.1988 zu verurteilen.</p><span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt,</p><span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p><span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">und die Klägerin auf ihre Widerklage zu verurteilen, an sie 27.406,37 DM nebst 5% Zinsen seit dem 10.11.1987 zu zahlen,</p><span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">hilfsweise</p><span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">die Klägerin im Wege der Widerklage zu verurteilen, an sie 33.878,32 DM zu zahlen.</p><span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat die Aufrechnung erklärt mit einer angeblichen Schadensersatzforderung über 61.284,69 DM und wegen der Differenz zur Klagesumme Widerklage sowie für den Fall der Unzulässigkeit der Aufrechnung in Höhe der Klageforderung Hilfswiderklage erhoben.</p><span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der geltendgemachten Schadensersatzforderung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:</p><span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Im Auftrag der Beklagten ließ die Klägerin Preßwerkzeuge der Streithelferin Zu dem englischen Unternehmen W nach Newcastle transportieren. Bei dem Transport fiel am 16.10.1987 eine Maschine vom LKW und wurde stark beschädigt.</p><span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Maschine, die der Bearbeitung von Motorinnenhauben für die Fahrzeugtypen G dient, war Anfang 1977 von der Streithelferin zum Preis von 345.000,-- DM erworben worden. In den Frachtpapieren war ihr Zollwert mit 6.500,-- DM und ihr Gewicht mit 13.000 kg angegeben. Die Streithelferin</p><span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">ließ die Maschine mit einem Kostenaufwand von 61.284,69 DM reparieren.</p><span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat behauptet, sie habe der Streithelferin bereits den überwiegenden Teil der Reparaturkosten gezahlt. Sie hat die Meinung vertreten, als Wertminderung gemäß Art. 25 CMR sei angesichts eines Zeitwerts der Maschine von 345.000,-- DM zumindest der Betrag der Reparaturkosten anzusetzen.</p><span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat beantragt,</p><span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">die Widerklage und die Hilfswiderklage abzuweisen.</p><span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Sie hat behauptet, der Schadensfall sei auf eine von der Streithelferin vorgenommene unzureichende Befestigung der Maschine zurückzuführen. Darüber hinaus hat sie die Auffassung vertreten, eine Aufrechnung sei gemüß § 32 ADSp unzulässig und ein Verkäuflichkeitswert der Maschine nicht ersichtlich.</p><span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat mit Urteil vom 6.10.1989 eine Aufrechnung der Beklagten mit einer Forderung in Höhe von 13.000,-- DM für gerechtfertigt gehalten und dementsprechend unter Abweisung der weitergehenden Klage der Widerklage und Hilfswiderklage die Beklagte zur Zahlung von 20.878,32 DM verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte sei aus dem Gesichtspunkt der Drittschadensliquidation zur Geltendmachung des durch die Beschädigung der Maschinen entstandenen Schadens berechtigt; der Aufrechnung stehe § 32 ADSp nicht entgegen, da der Gegenanspruch der Beklagten fällig sei und keinem Einwand begegne. Bei der Bemessung der Wertminderungsforderung hat das Landgericht den "gemeinen" Wert im Sinne des Art. 23 Abs.2 CMR mit dem Schrottwert der Maschine gleichgesetzt und im Wege der Schätzung bei Zugrundelegung eines Metallpreises von 1.000,-- DM pro Tonne den Gesamtbetrag auf 13.000,-- DM, veranschlagt.</p><span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses seinem ganzen Inhalt nach in Bezug genommene Urteil hat die Streithelferin unter Erklärung ihres Beitritts zum Rechtsstreit Berufung eingelegt, die Klägerin Anschlußberufung. Mit ihren Rechtsmitteln greifen die Parteien das Urteil in seinen Ausführungen zu der schadensbedingten Wertminderung an. Unter Vertiefung des erstinstanzlichen Beklagtenvortrags vertritt die Streithelferin die Auffassung, daß bei der Maschine von einem Handelswert in Höhe von 345.000,-- DM auszugehen sei.</p><span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Streithelferin beantragt,</p><span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils nach den erstinstanzlichen Schlußanträgen der Beklagten zu erkennen.</p><span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p><span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen</p><span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">und unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage entsprechend dem erstinstanzlichen Schlußantrag in vollem Umfang zuzusprechen.</p><span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Sie meint, im Sinne der Bestimmungen der CMR sei keine Wertminderung festzustellen, da die Maschine nach ihrer Reparatur wieder im Besitz der Streithelferin sei.</p><span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die Streithelferin beantragt,</p><span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">die Anschlußberufung zurückzuweisen</p><span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">und bei Anordnung einer Sicherheitsleistung der Streithelferin und Berufungsklägerin zu gestatten, diese auch durch die selbstschuldnerische Bürgschaft einer westdeutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse zu leisten.</p><span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.</p><span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Entscheidungsgründe</span></p><span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist zulässig und teilweise begründet, während die zulässige Anschlußberufung in der Sache erfolglos bleibt.</p><span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Der Beklagten steht wegen der am 16.10.1987 erfolgten Beschädigung der Maschine gem. Art. 23, 25 CMR ein Anspruch auf den Betrag der Wertminderung zu, der sich nach Teilaufrechnung gegen die Klageforderung noch auf 15.121,68 DM beläuft.</p><span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat zu Recht eine Haftung der Klägerin für die Beschädigung der Maschine bejaht sowie die Berechtigung der Beklagten, im Wege der Drittschadensliquidation gem. § 32 ADSp mit einer aus der Beschädigung resultierenden Gegenforderung aufzurechnen, angenommen.</p><span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Auf die insoweit zutreffende Begründung des angefochtenen Urteils wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.</p><span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Der Betrag, den die Beklagte als Wertverminderung gem. Art. 23, 25 CMR beanspruchen kann, bemißt der Senat gem. § 287 ZPO auf 49.000,-- DM.</p><span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Bei der Beschädigung eines Transportguts ist zur Ermittlung des Betrags der Wertmindrung gemäß Art. 25 Abs.1 CMR auf den nach Art. 23 Abs. 2 CMR festzustellenden Wert abzustellen.</p><span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Das Landgerihct hat in diesem Zusammenhang zutreffend ausgeführt, daß die Maschine der Streihelferin als Spezialanfertigung weder einen Börsen- noch einen Marktwert besitzt.</p><span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Bei dem danach maßgeblichen "gemeinen Wert" ist grundsätzlich auf den Nutzen abzustellen, den das Transportgut jedem Benutzer gewähren kann und der sich in dem Preis ausdrückt, der für die Ware am Ort und zur Zeit ihrer Auslieferung im Durchschnitt gezahlt wird.</p><span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Die Besonderheit, daß für die Maschine der Streithelferin als Spezialanfertigung mangels potentieller Käuferschicht ein Verkäuflichkeitswert nicht festzustellen ist, rechtfertigt es nach Ansicht des Senats aber nicht, einen Wert im Sinne der genannten Bestimmungen - sieht man von dem Schrottwert ab - gänzlich zu verneinen. Vielmehr muß auch im Rahmen der Sonderbestimmungen des CMR - Abkommens bei einer am Sinn und Zweck der Vorschriften orientierten Auslegung der vorhandene Sachwert eines derartigen Spezialguts in angemessener Weise Berücksichtigung finden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn er - wie vorliegend - sich nicht in einem sogenannten Liebhaberwert erschöpft, sondern einen wirtschaftlichen Sachwert besitzt, der sich lediglich deshalb nicht in einem Verkäuflichkeitswert widerspiegelt, weil jeglicher Handel aufgrund der Spezialität der Maschine ausscheidet und die Spezialität allein darauf beruht, daß mit der Maschine zu bearbeitende Massenprodukte ausschließlich von einem Konzern bzw. autorisierten Unternehmen hergestellt und deshalb aus Wettbewerbsgründen mit individuellen Markenmerkmalen ausgestattet werden.</p><span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">In derartigen Fällen ist zur Vermeidung unbilliger Ergebnisse von einem gedachten Markt auszugehen.</p><span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Im Wege der Schätzung nach § 287 ZPO hält der Senat eine Bestimmung des Zeitwerts der Maschine in Höhe von 172.500,-- DM und eine durch die Beschädigung hervorgerufene Wertminderung zu einem Betrag von 49.000,-- DM für angemessen.</p><span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Der Zeitwert der Maschine ist jedenfalls auf nicht wesentlich weniger als die Hälfte des 1977 gezahlten Herstellungspreises über 345.000,-- DM zu bemessen und zwar unter Zugrundelegung einer etwa zwanzigjährigen Nutzungsdauer. Die Beklagte hat insoweit unwidersprochen vorgetragen, daß jedenfalls vor 1995 die Produktion von Ersatzteilen für die Fahrzeuge vom Typ G nicht eingestellt wird, so daß die Annahme einer etwa zwanzigjährigen Nutzung der 1977 angeschafften Maschine gerechtfertigt sein dürfte.</p><span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Die hier angenommene Wertminderung orietiert sich einerseits an dem ermittelten Sachwert der Maschine in unbeschädigtem Zustand, andererseits an den um etwa 20 % reduzierten Reparaturkosten. Dabei verkennt der Senat nicht, daß im Rahmen der Art 23, 25 CMR - anders als nach § 249 S. 2 BGB - keine Reparaturkosten, sondern allein der Wert bzw. die Wertminderung ersetzt werden und deshalb auch die Wertverminderung nach § 25 CMR grundsätzlich nicht identisch sein kann mit den Reparaturkosten.</p><span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Vorliegend erlauben die Nettoreparaturkosten in Höhe von 61.284,69 DM jedoch eine angemessene Schätzung der tatsächlich eingetretenen Wertminderung, wenn man den Betrag um einen in Höhe von etwa 20 % zu veranschlagenden Anteil vermindert, der der Gewinnspanne des mit der Reparatur betrauten Unternehmens Rechnung tragen soll. Angesichts der durch die Beschädigung hervorgerufenen Unbrauchbarkeit der Maschine erscheint die so angesetzte Wertminderung auch in Relation zu dem angenommenen Sachwert bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise als realistisch.</p><span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Von der Hinzuziehung eines Sachverständigen zur Ermittlung der geschätzten Beträge bzw. der Gewinnung weiterer Grundlagen für die Schätzung der ersatzfähigen Wertminderung hat der Senat im Hinblick auf die damit verbundenen hohen Kosten wegen des Standortes der Maschine in England und deren Verhältnismäßigkeit bezogen auf mögliche Abweichungen von der Schätzung des Senats abgesehen.</p><span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Die somit der Beklagten zustehende Gegenforderung ist in Höhe der Klageforderung durch Aufrechnung erloschen. Entsprechend war die Klägerin auf die Widerklage zur Zahlung des Restbetrags über 15.121,68 DM zu verurteilen.</p><span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Der Zinsanspruch ergibt sich aus Art. 27 CMR.</p><span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs.1, 101 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.</p><span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Die Zulassung der Revision für die Beklagte beruht darauf, daß die - soweit ersichtlich - bislang höchstrichterlich noch nicht behandelte Frage, ob und inwieweit einem Transportgut ohne Verkäuflichkeitswert im Rahmen der Art. 23, 25 CMR ein der Entschädigung zugänglicher Sachwert zukommt, von grundsätzlicher Bedeutung ist.</p><span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Wert des Berufungsverfahrens:</span>               61.284,69 DM</p><span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Beschwer für die Klägerin:</span>               49.000,-- DM</p><span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Beschwer für die Beklagte:</span>               12.284,69 DM</p><span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Am 06.08.1990 erging folgender Berichtigungsbeschluss:</p><span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">(*)</p><span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Die Revision der Beklagten wird zugelassen.</p>
|
315,087 | olgham-1990-07-03-15-w-49389 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 15 W 493/89 | 1990-07-03T00:00:00 | 2019-03-13T14:46:00 | 2022-10-18T15:09:08 | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1990:0703.15W493.89.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.</p>
<p>Die Erstbeschwerde des Beteiligten zu 1. gegen den Beschluß des Amtsgerichts Ibbenbüren vom 07. September 1989 wird zurückgewiesen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Beteiligte zu 1. ist Alleinerbe des am 19. September 1986 ... Herrn ...</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Mit Kostenrechnung vom 20. Dezember 1988 hat ihm des Amtsgericht für die Eröffnung einer Verfugung von Todes wegen, für die Beurkundung einer eidesstattlichen Versicherung, für die Erteilung eines Erbscheins und eines Testamentsvollstreckerzeugnisses sowie für die Beurkundung der eidesstattlichen Versicherung des Testamentsvollstreckers Gebühren in einer Gesamthöhe von 26.462,50 DM in Rechnung gestellt. Gegen diesen Kostenansatz hat der Beteiligte zu 1. mit Schreiben seines Verfahrensbevollmächtigen vom 10. Januar 1989 Erinnerung eingelegt; er hat darin die Ansicht vertreten, daß die geschuldete Erbschaftssteuer bei der dem Kostenansatz zugrunde zu legenden Berechnung des reinen Nachlaßwertes berücksichtigt werden müsse. Der Rechtspfleger hat die Erinnerung mit Beschluß vom 07. September 1989 zurückgewiesen. Das Landgericht hat der dagegen mit Schreiben seines Verfahrenbevollmächtigten vom 01. Oktober 1989 eingelegten Beschwerde des Beteiligten zu 1., mit der er die Nichtberücksichtigung der Erbschaftssteuer bei dem Gebührenansatz für die Testamentseröffnung nicht mehr angegriffen hat, durch Beschluß vom 2. November 1989 stattgegeben und den angefochtenen Beschluß sowie den Kostenansatz des Amtsgerichts aufgehoben. Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde der durch den Bezirksrevisor beim Landgericht Münster vertretenen Landeskasse vom 11. Dezember 1989.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die weitere Beschwerde der durch die angefochtene Entscheidung des Landgerichts beschwerten Landeskasse ist zulässig (§ 14 Abs. 2-4 KostO). Der Bezirksrevisor beim Landgericht Münster ist zur Vertretung der Landeskasse auch in der Rechtsbeschwerdeinstanz berufen (Abschnitt A I 2 e aa der AV des JM vom 17. März 1987 - JMBl. NW S. 81).</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die weitere Beschwerde ist begründet, weil die angefochtene Entscheidung des Landgerichts auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§ 14 Abs. 3 S. 3 KostO).</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht ist allerdings zu Recht von einem ordnungsgemäßen Verfahren des Amtsgerichts ausgegangen. Für die Entscheidung über die Erinnerung ist das Gericht des Kostenansatzes zuständig. Soweit es sich um die Kosten eines Geschäftes handelt, das - wie hier - dem Rechtspfleger übertragen ist, ist dieser auch für die Erinnerung gegen den Kostenansatz zuständig (§ 4 RpflG; Hartmann, Kastengesetze, 23. Aufl., § 14 KostO Anm. 2 C b m.w.N.). Zu Recht hat insoweit statt der Rechtspflegerin, die den Kostenansatz gefertigt hatte, deren Vertreter über die Erinnerung entschieden, weil die Rechtspflegerin nach vorangegangener Tätigkeit in derselben Sache von der Entscheidung ausgeschlossen war (BayObLG Rpfleger 1974, 391 ff m.w.N.).</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die gegen den Beschluß vom 07. September 1989 gerichtete Beschwerde des Beteiligten zu 1. hat das Amtsgericht zutreffend als Erinnerung gemäß § 11 Abs. 1 S. 1 RpflG behandelt; der Rechtspfleger und der Richter am Amtsgericht haben ihr nicht abgeholfen, so daß sie als Beschwerde gegen die Entscheidung des Rechtspflegers zu behandeln war (§ 11 Abs. 2 S. 5 RpflG).</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Zur Begründetheit der Beschwerde hat das Landgericht mit näherer Begründung ausgeführt, daß die Erbschaftssteuerschuld des Erben bei der Berechnung des Nachlaßwertes gemäß § 107 KostO abzuziehen sei, weil sie den Erben als solchen, treffe und damit keine Eigenschuld, sondern als sog. Erbfallschuld eine Nachlaßverbindlichkeit im Sinne von §§ 1967 BGB, 107 Abs. 2 S. 1 KostO sei. Diesen Ausführungen vermag der Senat nicht beizutreten.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die gemäß §§ 49 Abs. 2, 109 Abs. 1 KostO über die Gebühr für die Erteilung des Erbscheins hinaus auch für die weiteren Gebührenansätze, die Gegenstand der Beschwerde des Beteiligten zu 1. gewesen sind, anwendbare Wertberechnung des § 107 Abs. 2 S. 1 KostO bezweckt, den Schuldner nur insoweit mit Kosten zu belasten, als ihm Vermögen zufließt (OLG Köln MDR 1987, 1036). Demgemäß ist für die Erhebung der Gebühr maßgebend der Wert des nach Abzug der Nachlaßverbindlichkeiten verbleibenden reinen Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls. Für den Begriff der Nachlaßverbindlichkeiten stellt die Kostenordnung als Folgerecht keine eigene Begriffsbestimmung auf; maßgebend ist vielmehr die Regelung des bürgerlichen Rechts.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Gemäß § 1967 Abs. 1 BGB gehören zu den Nachlaßverbindlichkeiten außer den vom Erblasser herrührenden Schulden, den allgemein sog. Erblasserschulden, die schon vor dem Erbfall in seiner Person entstanden waren, auch die den Erben als solchen treffenden Verbindlichkeiten, für die sich die Bezeichnung Erbfallschulden eingebürgert hat. Sie entstehen im Gegensatz zu den Erblasserschulden frühestens mit dem Erbfall, und zwar notwendigerweise in der Person des Erben als den Träger des Nachlasses (Lange/Kuchinke, Lehrbuch des Erbrechts, 3. Aufl., § 49 III 1). Zu ihnen gehören neben den in § 1967 Abs. 2 BGB beispielhaft genannten Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten (§§ 2303 ff BGB), Vermächtnissen (§§ 2150, 2174 BGB) und Auflagen (§§ 2192 ff BGB) auch solche aus Erbersatzansprüchen (§ 1934 b Abs. 2 BGB), vermächtnisähnlichen Ansprüchen wie Voraus (§ 1932 BGB) und Dreißigster (§ 1969 BGB), die Kosten der standesgemäßen Beerdigung des Erblassers (§ 1968 BGB, OLG München NJW 1974, 704) und die sog. Nachlaßkosten- und Nachlaßverwaltungsschulden (vgl. Palandt-Edenhofer, 49. Aufl., § 1967 Anm. 1 b; Soergel-Stein, BGB, 11. Aufl., § 1967 Rz. 1, 7 m.w.N.; Lange/Kuchinke, a.a.O., § 49 III, IV m.w.N.). Davon zu unterscheiden sind die sog. Nachlaßerbenschulden, die aus nicht in ordnungsgemäßer Nachlaßverwaltung bestehenden Rechtshandlungen des Erben anläßlich des Erbfalls herrühren (Soergel-Stein, a.a.O., § 1967 Rz. 8) und andere Eigenschulden des Erben.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die rechtliche Einordnung der vom Erben geschuldeten Erbschaftssteuer ist umstritten. Während Palandt/-Edenhofer, a.a.O., § 1967 Anm. 1 b; Erman-Schlüter, BGB, 7. Aufl., § 1967 Rn. 6; Soergel-Stein, a.a.O., § 1967 Rz. 7; Lange/Kuchinke, a.a.O., § 49 III b aE; Brox, Erbrecht, 12. Aufl., § 37 V 2 Rn. 626; v. Lübtow, Erbrecht, 10. Kap. § 2 A II; Göttlich-Mümmler, KostO, 9. Aufl. Stichwort "Erbschaftssteuer" Anm. 2; Korintenberg/Lappe/Bengel/Reinmann, KostO, 11. Aufl., § 107 Rn. 28; Meincke/Michel, ErbStG, 8. Aufl., § 10 Anm. 72; Troll, Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuergesetz, 9. Ergänzungslieferung 4/89, § 20 Rn. 2; Kuhn-Uhlenbrock, KO, 10. Aufl., § 226 Rn. 3; Hess/Kropshofer, Kommentar zur Konkursordnung, 3. Aufl, § 226 Rn. 4, von einer Nachlaßverbindlichkeit in der Form der Erbfallschuld ausgehen, verneinen dies BGB-RGRK-Johannsen, 12. Aufl., § 1967 Rn. 16; MK-Leipold, BGB, 2. Aufl., Bd. 6 Einl. Rn. 154; Hartmann, Kostengesetze, 23. Aufl., § 107 KostO Anm. 2 A; Beushausen/Küntzel-Kersten/Bühling, KostO, 5. Aufl., § 49 Anm. 5 a ff; Rohs/Wedewer, KostO, 3. Aufl., § 107 Rn. 19 i.V.m. § 49 Rn. 13, § 103 Rn. 4; Jonàs-Melsheimer, ReichskostO, 4. Aufl., § 99 Anm. IV 5; Mügel-Ehm, Die preußischen Kostengesetze, 7. Aufl., § 81 Anm. 14; differenzierend Staudinger-Marotzke, BGB, 12. Aufl., § 1967 Rn. 33; Jaeger-Weber, KO, §§ 226, 227 Rn. 12.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Nach Ansicht des Senats stellt die vom Erben geschuldete Erbschaftssteuer eine Eigenverbindlichkeit dar, die bei der Wertberechnung nach § 107 Abs. 2 S. 1 KostO keine Berücksichtigung finden kann. Die Bedeutung des Begriffs "Nachlaßverbindlichkeiten" erschließt sich aus § 1967 Abs. 1 BGB, nach dem der Erbe für solche Verbindlichkeiten haftet. Anknüpfungspunkt der Haftung ist der Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge gemäß § 1922 Abs. 1 BGB; die Erbschaft geht kraft Gesetzes "als Ganzes" (Palandt-Edenhofer, a.a.O., § 1922 Anm. 2), dh. mit Aktiva und Passiva, auf den Erben über, er erwirbt sie also auch mit sämtlichen Verbindlichkeiten, die somit nach dem Tode des Erblassers notwendigerweise nur in seiner Person entstehen können (BGHZ 32, 60, 64; Lange/Kuchinke, a.a.O., § 49 III 1). Zu unterscheiden ist damit zwischen zwei Voraussetzungen der Nachlaßverbindlichkeit; die Verpflichtung muß (nur) den Erben in seiner Eigenschaft als Erbe (Motive V S. 603) treffen und sie muß, sei es, daß sie wie die in § 1967 Abs. 2 BGB beispielhaft aufgezählten Verpflichtungen im Zeitpunkt des Erbfalls entsteht, sei es, daß sie erst nach Eintritt des Erbfalls vom Erben begründet wird, zur Abwicklung des Nachlasses gehören (BGH a.a.O., 60, 64 f m.w.N.).</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Beides trifft für die an den Erbfall geknüpfte Erbschaftssteuerschuld nicht zu. Zwar trifft, diese Verbindlichkeit den Erben gerade in seiner Eigenschaft als Erbe, jedoch entsteht sie nicht notwendigerweise (nur) in seiner Person. Der Erbe haftet vielmehr nicht für die Erbschaftssteuer anderer Erwerber, dh. derjenigen Personen, denen außer dem Erben ein Erwerb von Todes wegen anfällt (Troll, a.a.O., § 20 Rn. 2), wie etwa den in § 1967 Abs. 2 BGB beispielhaft genannten Vermächtnisnehmern und Pflichtteilsberechtigten. Es wird also auch nicht etwa - wie beim Verhältnis zwischen Vor- und Nacherben (vgl. §§ 1944 f BGB) - eine Verbindlichkeit zunächst in der Person des Universalrechtsnachfolgers begründet und die Person des Schuldners anschließend ausgewechselt. Die Haftung für die die Steuerschuld auslösende Erfüllung etwa der Pflichtteils- und Vermächtnisansprüche und die Haftung für die Erfüllung der Steuerschuld selbst fallen vielmehr auseinander. Daraus folgt zugleich, daß die Erbschaftssteuerschuld nicht in der Abwicklung der Gesamtrechtsnachfolge gemäß § 1922 Abs. 1 BGB angelegt ist, der Nachlaß also nicht belastet mit der Erbschaftssteuerschuld wie mit den beispielhaft in § 1967 Abs. 2 BGB genannten Verpflichtungen auf den Erben übergeht. Die Entstehung der Steuerschuld knüpft vielmehr an jeden einzelnen Erwerb von Todes wegen und damit an jeden einzelnen durch den Tod des Erblassers bedingten Vermögenszuwachs an (§§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 3 Abs. 1 ErbStG). Sie gehört nicht zur Abwicklung des Nachlasses, sondern kann ihr - wie § 9 Abs. 1 Ziff. 1 a-i ErbStG zeigt - als Wertabschöpfung aufgrund legislativen Aktes ggf. auch folgen. Etwas anderes gilt nur, wenn der Erblasser die Entrichtung der von dem Erwerber geschuldeten Steuer dem Erben durch Verfügung von Todes wegen auferlegt hat. In diesem Fall kann der Erbe die anteilige Steuerschuld wie jede andere Vermächtnislast von seinem Erwerb abziehen (Meincke/Michel, a.a.O., § 10 Rn. 73).</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Für diese empfänger- und nicht nachlaßgebundene Sichtweise spricht auch der Umstand, daß das ErbStG die Höhe der Steuerschuld von nach dem Grad der verwandtschaftlichen Bindung des Empfängers zum Erblasser bemessenen Freibeträgen und Steuersätzen (§§ 15-17, 19 ErbStG) abhängig macht. Wäre die Erbschaftssteuerschuld eine in der Gesamtrechtsnachfolge angelegte Verbindlichkeit, bedürfte es zudem nicht der durch § 20 Abs. 3 EStG angeordneten Haftung des Nachlasses für die Erbschaftssteuerschuld sämtlicher Erwerber bis zur Auseinandersetzung (§ 2042 BGB), weil der Erbe für Nachlaßverbindlichkeiten im Sinne von § 1967 BGB entweder ausschließlich oder jedenfalls auch mit dem Nachlaß haftet (vgl. Palandt-Edenhofer, a.a.O., Anm. 1 vor § 1967). Zu Recht hat das Amtsgericht schließlich darauf hingewiesen, daß es nicht gerechtfertigt erscheint, die Bereicherung des Erben zwar bei der Bemessung der Erbschaftssteuer uneingeschränkt zu mindern, wie sich aus der ausdrücklichen Anordnung der Nichtabzugsfähigkeit der Erbschaftssteuer in § 10 Abs. 8 ErbStG ergibt, bei der Berechnung geschuldeter Gebühren aber von einem um die geschuldete Erbschaftssteuer verringerten reinen Nachlaßwert auszugehen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat daher zu Recht die vom Beteiligten zu 1. geschuldete Erbschaftssteuer bei der Berechnung des Nachlaßwertes nicht berücksichtigt, so daß seine Entscheidung wiederherzustellen war.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">3.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 14 Abs. 5 KostO).</p>
|
315,088 | lg-dusseldorf-1990-07-03-24-s-59289 | {
"id": 808,
"name": "Landgericht Düsseldorf",
"slug": "lg-dusseldorf",
"city": 413,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 24 S 592/89 | 1990-07-03T00:00:00 | 2019-03-13T14:46:02 | 2022-10-18T15:09:08 | Urteil | ECLI:DE:LGD:1990:0703.24S592.89.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Kläger wird das am 15. November 1989 verkündete Urteil des Amtsgerichts Ratingen - 8 C 397/89 - teilweise abgeändert und insgesamt, wie folgt, neu gefasst:</p>
<p>Der Beklagte wird verurteilt, einer Erhöhung der Nettomiete für die Wohnung im Erdgeschoss links des Hauses X in X, von bisher 510,-- DM auf 636,35 DM monatlich ab 1. Juni 1989 zuzustimmen.</p>
<p>Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p>Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.</p>
<p>Von den Kosten des, ersten Rechtszuges tragen die Kläger 5/14, der Beklagte 9/14.</p>
<p>Von den Kosten des zweiten Rechtszuges tragen die Kläger 5/21, der Beklagte 16/21</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe:</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung hat in der Sache zum Teil Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist zulässig.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Sie ist vor dem Ablauf der Klagefrist des § 2 Abs. 2 Satz 1 MHRG am 24. Juni 1989 erhoben worden. Die Klagefrist war durch das Mieterhöhungsverlangen der Kläger mit Schreiben vom 30. März 1989 in Gang gesetzt worden. Das Mieterhöhungsverlangen ist wirksam. Es ist von den dazu berechtigten Klägern geltend gemacht worden. Sie nehmen in dem mit dem Beklagten durch schriftlichen Mietvertrag vom 30. April 1977 begründeten Mietverhältnis aus den zutreffenden Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils Vermieterstellung ein. Das Mieterhöhungs-Verlangen der Kläger genügt auch den Erfordernissen des § 2 Abs. 2 MHRG. Es ist schriftlich geltend gemacht und durch den Hinweis auf die Entgelte für drei andere Wohnungen ausreichend begründet worden, die nicht offensichtlich unvergleichbar sind.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist auch insoweit begründet, als die Kläger von dem Beklagten die Zustimmung zu einer Anhebung des Grundmietzinses für die Wohnung auf 606.35 DM monatlich verlangen können. Im übrigen ist die Klage nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Kläger sind nach § 2 Abs. 1 MHRG berechtigt, von dem Beklagten Zustimmung zu einer Erhöhung des Mietzinses auf den angegebenen Betrag zu verlangen. Der Mietzins für die Wohnung war seit mehr als einem Jahr unverändert geblieben (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 MHRG). Er ist seit dem Beginn des Mietverhältnisses am 1. Mai 1977 nicht angehoben oder gesenkt worden.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der verlangte Mietzins übersteigt die ortsübliche Vergleichsmiete nur insoweit nicht (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 MHRG), als er nicht mehr als 606,35 DM beträgt. Die Wohnfläche für die dem Beklagten vermietete Wohnung beträgt nach dem vom Amtsgericht eingeholten schriftlichen Gutachten des Sachverständigen Dr. X 67 qm. Für die Wohnung beläuft sich der ortsübliche Quadratmeterpreis auf 9,05 DM im Monat, so dass sich ein ortsüblicher Nettomietpreis von 606,35 DM ergibt. Bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete für die Wohnung ist in erster Linie von den Feststellungen des Sachverständigen Dr. X auszugehen. Da dieser für seine Ermittlungen zur Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete für die Wohnung mangels eines Mietspiegels für Ratingen die Mietrichtwerttabelle für die Stadt Düsseldorf nach dem Stand vom 1. März 1989 herangezogen hat, ist nicht zu beanstanden. Die Zulässigkeit der Heranziehung dieses Mietspiegels folgt aus § 2 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 2 MHRG. Bei den Städten Düsseldorf und Ratingen handelt es sich um unmittelbar aneinandergrenzende Gemeinden, deren Unterschiedlichkeit nicht derart groß ist, dass eine Vergleichbarkeit ausscheidet. Dem zwischen beiden Städten bestehenden Mietpreisgefälle kann bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete für die Wohnung durch einen Abzug von den Werten der Mietrichtwerttabelle von Düsseldorf Rechnung getragen werden. Dieser Abzug ist aber entgegen der Annahme des Sachverständigen Dr. X nicht nur auf 5 %, sondern auf 7,5 % von dem Ausgangswert in Höhe von 9,78 DM je Quadratmeter im Monat zu bemessen. Bei dem Abzug von 7,5 % handelt es sich um den Mittelwert zwischen dem nach Auffassung des Sachverständigen Dr. X vorzunehmenden Abzug und demjenigen, den der Sachverständige XX in seinem Gutachten vom 29. Dezember 1989 für erforderlich hält, das er in Bezug auf eine andere Wohnung in einem anderen Haus der Kläger an derselben Straße in Ratingen erstattet hat. Nach den Ausführungen des Sachverständigen XX beträgt der vorzunehmende Abzug 10 %. Die Gutachten der Sachverständigen Dr. X und XX unterscheiden sich bei der Beurteilung der ortsüblichen Vergleichsmiete für Wohnungen in Ratingen nur hinsichtlich der Höhe des vorzunehmenden Abzuges von den Werten der Mietrichtwerttabelle für Düsseldorf. Angesichts des<b> </b>in dieser Hinsicht bestehenden Unterschiedes in den Auffassungen der beiden Sachverständigen kann die Notwendigkeit eines Abzuges von weniger als 7,5 % nicht als bewiesen angesehen werden. Es ist nicht erforderlich, hierzu ein Obergutachten einzuholen. Es ist nicht ersichtlich, dass ein anderer Sachverständiger eine überragende Sachkunde habe oder über überlegene Forschungsmittel verfüge.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Soweit der verlangte Mietzins die ortsübliche Vergleichsmiete für die Wohnung in Höhe des Betrages von 606,35 DM nicht übersteigt, wird die Kappungsgrenze des § 2 Abs. 1 Nr. 1 MHRG nicht überschritten. Die gerechtfertigte Mieterhöhung beträgt nicht mehr als 30 %. Sie macht nur 18,89 % aus.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Gemäß § 2 Abs. 4 MHRG wird die Mieterhöhung am 1. Juni 1989 wirksam. Dies ist der Beginn des dritten Kalendermonats, der auf den Zugang des Mieterhöhungsverlangens vom 30. März 1989 gefolgt ist.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks"><u>Streitwert </u>für die Berufungsinstanz: 844,80 DM.</p>
|
315,089 | ag-dorsten-1990-06-29-8-c-44490 | {
"id": 646,
"name": "Amtsgericht Dorsten",
"slug": "ag-dorsten",
"city": 406,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 8 C 444/90 | 1990-06-29T00:00:00 | 2019-03-13T14:46:03 | 2022-10-18T15:09:08 | Urteil | ECLI:DE:AGRE2:1990:0629.8C444.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Tatbestand:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Kläger sind Eigentümer einer Garage Nr. 59, die sich auf dem Grundstück … in E befindet.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Für die Nutzung zahlt der Beklagte monatlich 30,-- DM, wobei ein schriftlicher Mietvertrag nicht existiert. Der Beklagte hatte die derzeit von ihm bewohnte Wohnung gemeinsam mit der Garage von einem … angemietet. Dieser verkaufte das gesamte Grundstück an einen … der an den Wohnungen Wohnungseigentum und an den Garagen Teileigentum begründete. Die Kläger erwarben sodann die vom Beklagten genutzte Garage, nicht jedoch die von diesem bewohnte Wohnung. Mit Schreiben vom 18.01.1990 kündigte sodann der Kläger das Mietverhältnis über die Garage zum 31.03.1990. Da eine Räumung nicht erfolgte, machen die Kläger ihren Anspruch nunmehr gerichtlich geltend.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Sie sind der Auffassung, daß es sich keineswegs um eine unzulässige Teilkündigung handele, weil Wohnung und Garage infolge Änderung der Eigentumsverhältnisse keine Einheit darstellen würden.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Kläger beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">den Beklagten zu verurteilen, die von ihm auf dem Grundstück … genutzte, mit der Nr. 59 bezeichneten Garage zu räumen, geräumt an sie herauszugeben und sämtliche Schlüssel zu übergeben.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Er ist der Auffassung, daß die Kündigung bereits deswegen unwirksam sei, weil sie allein vom Kläger und nicht auch von seiner Ehefrau unterschrieben sei. Im übrigen seien die Kündigungsfristen auch nicht eingehalten worden, zudem auch infolge unzulässiger Teilkündigung das Mietverhältnis nicht wirksam beendet.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Den Klägern steht der geltend gemachte Räumungsanspruch nicht gemäß §§ 556 Abs. 1, 564 Abs. 2, 565 BGB zu.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Insoweit fehlt es nämlich entgegen der Auffassung der Kläger aus mehreren Gründen an einer wirksamen Kündigungserklärung. Zum einen ist für die Wirksamkeit einer Kündigungserklärung grundsätzlich erforderlich, daß sämtliche Vermieter die Kündigung aussprechen.Wegen der Einheitlichkeit eines Mietverhältnisses muß dementsprechend die Kündigung von allen an alle erfolgen, und zwar auch bei Ehegatten. Hier ist jedoch unstreitig, daß die Kündigung allein vom Kläger ausgesprochen worden ist. Im übrigen handelt es sich hier jedoch auch um eine unzulässige Teilkündigung. Es muß nämlich aufgrund des zeitlichen Zusammenhangs davon ausgegangen werden, daß Wohnung und Garage in einem einheitlichen Mietvertag angemietet wurden. Dies gilt selbst dann, wenn die Garage etwas später hinzugemietet worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Grundsätzlich steht jedoch die Rechtsprechung auf dem Standpunkt, daß eine Teilkündigung eines einheitlichen Mietvertrages unzulässig ist, wenn dies im Vertrag nicht anders geregelt wurde. Da hier eine anderweitige vertragliche Reglung nicht vorliegt, muß davon ausgegangen werden, daß es sich um eine unzulässige Teilkündigung handelt (vgl. dazu Palandt Putzo § 564 Anmerkung 3 d mit weiteren Nachweisen). Insoweit mag den Klägern zuzugeben sein, daß ihre Rechtsposition recht mißlich ist, dies hätten sie jedoch vor Erwerb der Garage rechtlich abklären müssen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.</p>
|
315,090 | lg-dusseldorf-1990-06-26-4-0-21889 | {
"id": 808,
"name": "Landgericht Düsseldorf",
"slug": "lg-dusseldorf",
"city": 413,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 4 0 218/89 | 1990-06-26T00:00:00 | 2019-03-13T14:46:04 | 2022-10-18T15:09:08 | Urteil | ECLI:DE:LGD:1990:0626.4.0.218.89.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.</p>
<p>Das Urteil ist gegen Sicherheitslei­stung in Höhe von 22.000,-- DM vorläufig vollstreckbar. Die Sicher­heit kann auch durch selbstschuldne­rische Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse erbracht werden.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">X</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><u>Tatbestand:</u></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin ist eine Handelsgesellschaft, die sich mit der Herstellung und dem Vertrieb von Meßgeräten befaßt. Der Beklagte ist wissenschaftlicher Mitar­beiter des Instituts für Hochfrequenztechnik der X; er ist 1979 zum Dr. Ing. promoviert worden und hat auf dem Gebiet der Meßtechnik für</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">- 3 -</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">medizinische Zwecke seit 1975 zahlreiche Abhandlun­gen veröffentlicht und Patente angemeldet.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Eine Erfindung, die der Beklagte zusammen mit einem Mediziner gemacht hat, betrifft eine Meßeinrichtung zur nichtinvasiven Feststellung venöser bzw. arterieller Abfluß- und Durchflußstörungen. Nach dem auf diese Erfindung erteilten deutschen Patent X (Anlage K 2) sollen periphere venöse Abflußstö­rungen bzw. arterielle Durchblutungsstörungen beim Menschen in ihrem zeitlichen Verlauf erfaßt werden, indem unter gleichzeitiger Messung der Hauttempera­tur von mehreren Strahlungsquellen auf die Haut gerichtete und von dem dermalen Gefäßplexus reflek­tierte Strahlung von einem Strahlungsempfänger gemessen und elektronisch ausgewertet wird. Die Methode wird als Licht-Reflexions-Rheographie (LRR) oder als Photoplethysmographie (PPG) bezeichnet.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Über dieses damals erst angemeldete Patent schlössen die in dem Vertrag als "GEBER" bezeichneten Erfinder am 13. Mai 1981 mit der Beklagten ("NEHMERIN") einen "Lizenz- und Know-how-Vertrag" (Anlage K 1), in welchem sie der Beklagten eine ausschließliche Lizenz zur Verwertung des Vertragsgegenstandes erteilten (§ 3 Abs. 1), worunter alle in das "sachliche Vertragsgebiet" fallenden Gegenstände verstanden werden sollten (§ 1 Abs. 4); das "sach­liche Vertragsgebiet" wiederum wurde dahin defi­niert, daß es alle Verfahren und zugehörige Vorrich­tungen, die nach dem Prinzip der Schutzrechtsanmel­dung arbeiteten, sowie das zugehörige Know-how umfassen sollte (§ 1 Abs. 1). Die Beklagte ver­pflichtete  sich,  zur  teilweisen  Abgeltung  der</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">- 4 -</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Entwicklungskosten an die Patentstelle für die Deutsche Forschung in München bei Abschluß des Vertrages einen Betrag von 50.000,-- DM zuzüglich Mehrwertsteuer zu zahlen (§ 4 Abs. 1) sowie an die Erfinder als Lizenzgebühr 8 <em>% </em>(bei Umsätzen von über 100 Vertragsgegenstände pro Jahr 7 <em>%) </em>des erlösten Nettogroßhandelsabgabepreises zuzüglich Mehrwert­steuer für jeden verwerteten Vertragsgegenstand (§ 4 Abs. 2). Ab dem 3- Vertragsjahr war als jährliche Mindestlizenz die Lizenzgebühr von 20 Vertragsgegen­ständen zu zahlen (§ 4 Abs. 3K Unter anderem enthielt der Vertrag sodann noch folgende Regelun­gen:</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">§ 8 Zusammenarbeit</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">1. Beide Vertragspartner verpflichten sich gegenseitig zu loyaler Zusammenarbeit zur Förderung der Zwecke dieses Vertrages, ohne jedoch hierdurch eine Gesellschaft oder ein gesellschaftsähnliches Verhältnis zu gründen. Hierzu gehören insbesondere die gegenseitige kostenlose beratende Unter­stützung bei der Erwirkung, Aufrechterhal­tung, Verteidigung und Geltendmachung der Vertragsschutzrechte; sowie die Verbesserun­gen und Weiterentwicklungen der Vertragsge­genstände: Auf Seiten von GEBER die Ver­pflichtung, soweit wie möglich, NEHMERIN auf Wunsch bei der Herstellung der Vertragsge­genstände technisch zu beraten und NEHMERIN alle verfügbaren, das sachliche Vertragsge­biet betreffenden technischen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Die ihnen hierdurch entstehenden Reisekosten und Spesen über-</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">- 5 -</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">nimmt NEHMERIN gemäß deren Richtlinien für Reisekosten:</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">2. ...</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">§ 10 künftige Schutzrechte</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">1. GEBER erklärt sich bereit , sofern er dazu berechtigt ist, NEHMERIN für die Dauer dieses Vertrages die Option auf eine ausschließliche Lizenz an künftigen, in das sachliche und örtliche Vertragsgebiet fallende Schutzrechtsanmeldungen bzw. Schutzrechten sowie nicht schutzfähige Verbesserungen und Weiterentwicklungen anzubieten.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Zusammen mit einem Doktoranden entwickelte der Beklagte die Meßeinrichtung weiter. Über die aus dieser Entwicklung hervorgegangenen Patentanmeldung X.0 betreffend eine "Meßeinrichtung zur computergestützten Erfassung und Auswertung dermaler Druckblutschwankungen" schlössen die Erfinder mit der Beklagten am 12. März 1984 einen weiteren, dem Vertrag vom 13- Mai 19 81 nachgebildeten Vertrag (Anlage B 11), der eine Einmalzahlung von 10.000,--DM an die Erfinder sowie eine Lizenzgebühr von 4 <em>% </em>vorsah; eine Regelung über Mindestlizenzgebühren enthielt der Vertrag nicht. Er wurde später gekündigt.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Am 18. März 1986 meldete der Leiter des Instituts für X eine "Einrichtung zur nichtinvasiven Feststellung und akustischen Darstellung des dyna-</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">- 6 -</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">mischen Verhaltens der peripheren venösen Hämodynamik" sowie in einer weiteren Anmeldung eine "mikroprozessorgesteuerte Einrichtung zur nichtin­vasiven Feststellung peripherer Abfluß- und Durch­flußstörungen" zum Patent an. Die erstgenannte Anmeldung ist als deutsche Offenlegungsschrift X (Anlage K 3) veröffentlicht worden; ihre Priorität ist später für die unter Nummer X veröffentlichte europäische Patentanmeldung der X (Anlage K 5) in Anspruch genommen worden. Die zweite Anmeldung ist als DE-OS X (Anlage K 4) veröffentlicht worden; ihre Priorität ist ebenfalls für eine europäische Anmeldung der X (europäische Patentan­meldung X, Anlage K 6) in Anspruch genommen worden. Als Erfinder sind in den Anmeldungen jeweils Professor X und der Beklagte angegeben.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Nach der DE-OS X bezieht sich die angemelde­te Erfindung auf eine Meßeinrichtung, wie sie aus der DE-PS X (Anlage K 2) bekannt ist. Bei ihr werde der zeitliche Verlauf des reklektierten bzw. zurückgestreuten Strahlungsanteils analog ausgewertet und mittels eines Schreibers aufgezeich­net. Bei der aus der DE-PS X bekannten Meßeinrichtung werde das analoge Signal mittels einer Schnitt Stellenschaltung in ein digitales Signal umgesetzt und an einen Rechner angelegt, der physikalische Bewertungsparameter für die analogen Lichtreflexionskurven berechne. Beiden bekannten Meßeinrichtungen sei der Nachteil geraeinsam, daß sie kaum  als  handliches,  tragbares  Gerät  ausführbar</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">- 7 -</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">seien; hierfür sei auch ihr Stromverbrauch zu hoch. Besonders nachteilig sei zudem, daß Beginn und Ende jeder Messung von der Bedienungsperson festzulegen seien, so daß subjektive Meßfehler möglich seien. Durch eine Auswerte- und Ausgabeschaltung, die einen digital gesteuerten Tongenerator und einen elektro-akustischen Wandler aufweist und ein erstes Signal zur Anzeige der Meßbereitschaft der Einrichtung, eine zweite Tonfolge, deren Frequenz der Intensi­tätsänderung der Lichtreflexion bis zum Ende der Blutentleerung bzw. Auffüllung folgt, und ein drittes Signal abgibt, das das Ende der Messung anzeigt, soll es erfindungsgemäß möglich werden, die Meßeinrichtung als kompaktes und leichtes tragbares Handgerät mit geringem Stromverbrauch auszuführen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die DE-OS X lehrt, den für ein PPG-Gerät erforderlichen Stromverbrauch dadurch zu reduzieren, daß die Auswerte- und Ausgabeschaltung vor der Messung eine Selbsteichung durchführt, bei der der durch den oder die Lichtsender fließende Strom solange erhöht wird, bis der Signal-Rauschabstand der Empfänger einen bestimmten Wert erreicht hat. Hierdurch soll der Lichtsender immer mit einer gerade ausreichenden Leistung beaufschlagt werden.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Meßeinrichtungen nach den Anmeldungen vom 18. März 1986 werden von X hergestellt und vertrie­ben. In Vorträgen und Veröffentlichungen werden sie auch vom Beklagten erläutert, der über sie bei­spielsweise als Mitautor einen Aufsatz in der "Zeitschrift für Gefäßkrankheiten" geschrieben hat, mit der digitalen Photoplethysmographie (D-PPG) werde  erstmals  ein  mikroprozessorkontrollierter</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">- 8 -</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Pletysmograph auf digitaler Basis vorgestellt, welcher alle Vorzüge der modernen digitalen Technik ausnutze und Systemeigenschaften aufweise, die mit den bisher bekannten Apparaten erreichbar gewesen seien (Anlage K 7).</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin trägt vor: Die am 18. März 1986 angemeldeten Erfindungen stammten allein vom Beklagten, der sie ihr zugunsten von X entzogen habe. Nach § 10 Abs. 1 des Vertrages vom 13. Mai 1981 habe ihr ein Optionsrecht zugestanden, das sie berechtigt habe, durch einseitige Erklärung einen Lizenzvertrag über diese Erfindungen zu den Bedingungen des Vertrages vom 13. Mai 1981 zu begründen. Sie würde die Option auch ausgeübt haben, wenn der Beklagte ihr die Erfindungen pflichtgemäß angeboten hätte. Indem er die Meßeinrichtung für ihre Konkurrentin X weiter entwickelt habe, habe der Beklagte auch gegen seine Loyalitätspflicht nach § 8 Abs. 1 des Vertrages verstoßen. Besonders illoyal und gleichzeitig wettbewerbswidrig sei es, wenn der Beklagte auch noch aktiv Verkaufsförderung für das X-Gerät betreibe und dabei die ältere Meßeinrichtung nach dem Vertragspatent herabsetze. Hierdurch wie insbesondere durch den Vertrieb des verbesserten Konkurrenzgerätes entstehe ihr erheblicher Schaden.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">den Beklagten zu verurteilen,</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">1 . es - bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel - zu unterlassen, digitale   Photoplethysmographie-Geräte</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">- 9 -</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">(D-PPG) insbesondere in Vorträgen und Veröffentlichungen anzupreisen, insbesondere in Verbindung mit dem Hinweis, daß die D-PPG-Geräte alle Vorzüge der modernen digitalen Technik ausnutzten und Systemeigenschaften aufwiesen, die mit den bisher bekannten Apparaten nicht erreichbar gewesen seien;</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">2.    ihr über den Umfang der zu 1. beschrie­benen Handlungen Auskunft zu erteilen, und zwar unter Angabe aller Vorträge und Veröffentlichungen, jeweils mit Vortrags- bzw. Veröffentlichungsdatum, Bezeichnung des Ortes und der Veran­staltung (nebst Teilnehmerzahl), wo der Vortrag gehalten wurde, sowie Bezeich­nung der Publikation, in welcher eine Veröffentlichung verbreitet wurde;</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">3.    ihr Auskunft über alle Verfügungen -gleich welcher Art - zu erteilen, die er über die Erfindungen getroffen habe, welche Gegenstand der deutschen Patentanmeldungen P X und P X sowie der europäischen Patentanmeldungen mit den Veröffent­lichungsnummern X und X sind, ihr alle sich auf die Verfügungen beziehenden Schriftstücke in Kopie vorzulegen sowie ihr ferner darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Erfindungen verwertet worden seien und welche Vergütungen der Beklagte dafür erhalten habe und ihr schließlich</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">- 10 -</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">in Kopie alle etwaigen Abrechnungen über von Dritten gezahlte Vergütungen vorzulegen;</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">festzustellen, daß der Beklagte verpflich­tet sei, ihr allen Schaden zu ersetzen, der ihr</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">1.    durch die zu I. 1. beschriebenen Handlungen entstanden sei und noch entstehe;</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">2.    dadurch entstanden sei, daß der Beklagte die Erfindungen, welche Gegenstand der zu I. 3. bezeichneten deutschen und europäischen Patentanmel­dungen sind, ihr nicht zur Verfügung gestellt habe.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Er trägt vor, Professor X sei tatsächlich (mindestens) Miterfinder der Meßeinrichtung nach den Offenlegungsschriften X und X. Zu der Erfindung sei es gekommen, nachdem X im November/Dezember 1985 bei Professor X angefragt habe, ob das Institut für Hochfrequenz­technik im Rahmen eines Entwicklungsauftrages ein LRR-Gerät entwickeln könne. Er habe Professor X auf den zwischen ihm und der Klägerin bestehenden Lizenzvertrag hingewiesen, der sich daraufhin mit dem zuständigen Sachbearbeiter der Patentstelle für die deutsche Forschung, Herrn Dr.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">- 11 -</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">X, in Verbindung gesetzt habe. Bei einer Bespre­chung, die im Dezember 1985 im Institut für Hochfre­quenztechnik stattgefunden habe, habe Herr Dr. X dargelegt, daß der Lizenzvertrag durch die Wendung "soweit er dazu berechtigt ist" in § 10 Abs. 1 dem Umstand Rechnung trage, daß Erfinder aus dem Hochschulbereich nicht über jede ihrer Erfindungen frei verfügen könnten. Herr Dr. X und Patentan­walt Dr. X hätten ferner ihre Auffassung zum Ausdruck gebracht, daß bei einem im Rahmen der Drittmittelvergabe abgeschlossenen Vertrag zwischen der X und X etwa entstehende erfinderische Arbeitsergebnisse nicht frei seien, da die an ihnen beteiligten Personen nicht in der in § 42 Abs. 1 des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen (ArbEG) umschriebenen Eigenschaft tätig geworden seien. Im weiteren Teil des Gespräches, an dem er -der Beklagte - nicht mehr teilgenommen habe, habe Professor X gegenüber Patentanwalt Dr. X den Gedanken geäußert, bei dem zu entwickelnden Meßgerät nur einen Lichtsender und einen Lichtemp­fänger zu verwenden und das Rauschproblem dadurch zu lösen, daß vor der Messung der Strom durch den Lichtsender solange aufgedreht werde, bis der Signalrauschabstand ausreichend sei. Professor X habe Patentanwalt Dr. X ferner erläu­tert, daß er durch Verzicht auf einen Ausgabeschrei­ber ein tragbares Gerät schaffen und, um dem Arzt dennoch eine unmittelbare Überprüfung der Messung zu ermöglichen, eine digital angesteuerte akustische Anzeige vorsehen wolle.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">In der Folgezeit habe Professor X dieses Konzept  mit  ihm und  seinen anderen Mitarbeitern weiter ge-</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">- 12 -</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">bildet und in Teillösungen entwickelt. Er -der Beklagte - sei dabei ausschließlich auf Grund seiner Dienstverpflichtung und auf Weisung seines Vorgesetzten Professor X tätig geworden. Unter Bezugnahme auf eine entsprechende Stellungnahme des Patentanwaltes vom 17. Dezember 1985 habe ihn Professor X dabei noch einmal ausdrücklich darüber belehrt, daß etwaige Erfindungen, die er, der Beklagte, mache, als Diensterfindungen behandelt und von der X für den Auftraggeber X in Anspruch genommen würden.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Weil sich die formelle Unterzeichnung eines For-schungs- und Entwicklungsvertrages zwischen X und der X verzögert habe, seien X und das Institut für Hochfrequenztechnik übereingekommen, die Erfindungen zur Wahrung der frühestmöglichen Priorität zunächst treuhänderisch durch Professor X anzumelden.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Abgesehen davon, daß er hiernach der Klägerin die Erfindungen gar nicht habe anbieten können, habe dieser ein Optionsrecht nicht zugestanden. Allen­falls wäre er verpflichtet gewesen, sofern ihm dies möglich gewesen wäre, mit der Klägerin in Verhand­lungen über einen neuen Lizenzvertrag einzutreten.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf deren Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe :</u></p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">- 13 -</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Der Klägerin steht kein Schadensersatzanspruch zu, weil der Beklagte ihr die den Gegenstand der Offenlegungsschriften X und X bildenden Erfindungen nicht zur Verfügung gestellt hat (Klageantrag zu II. 2.). Damit entfällt zugleich ein hierzu geltend gemachter Auskunftsanspruch (Klagean­trag zu 1. 3.).</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">1.)</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Solche Ansprüche wegen Verletzung einer sich aus § 10 Abs. 1 oder auch aus § 8 Abs. 1 des Vertrages vom 13. Mai 1981 ergebenden Verpflichtung des Beklagten würden zunächst voraussetzen, daß der Beklagte rechtlich in der Lage gewesen wäre, der Klägerin ein ausschließliches Nutzungsrecht zu verschaffen. Schon daran fehlt es, weil der Beklagte über die Erfindun­gen nicht verfügen konnte.</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Ohne Belang ist in diesem Zusammenhang allerdings, welche Vereinbarungen zwischen X und der X oder zwischen X und Professor X darüber getroffen worden sind, wem die Ergebnisse des Entwicklungsauftrages zustehen sollten, bei dessen Durchführung nach dem Vortrag des Beklagten die Erfindungen gemacht worden sind. Denn an diesen Vereinbarungen war der Beklagte nicht beteiligt, so daß sie seine Rechtsstellung nicht berühren. Daran ändert auch die vom Beklagten ausweislich der Anlage B 10 "zur Kenntnis genommene" sogenannte Belehrung nichts; eine Willenserklärung des Beklagten - welchen Inhalts auch immer – kann diesem Schriftstück nicht entnommen werden.</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">-         14 -</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hätte jedoch über seine Rechte an              den</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Erfindungen nur dann verfügen können, wenn die Erfindungen nach § 8 ArbEG frei geworden wären, denn es handelte sich bei ihnen,  soweit  sie auf den Beklagten zurückgingen, um Diensterfindungen im Sinne des § 4 Abs. 2 ArbEG.</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Die Erfindungen sind während der Dauer des Arbeits­verhältnisses entstanden, das zuletzt seine Grund­lage in dem am 15. Oktober 1985 zwischen dem Beklagten und dem (durch den Rektor der X vertretenen) Land Nordrhein-Westfalen geschlossenen Arbeitsvertrag (Anlage B 9) hatte, nach welchem der Beklagte als wissenschaftlicher Angestellter im Sinne des § 60 Abs. 1 des Gesetzes über die wissen­schaftlichen Hochschulen des Landes Nordrhein-West­falen (WissHG) beim Institut für Hochfrequenztechnik (weiter) beschäftigt wurde. Sie sind ferner, wie auch die Klägerin nicht in Zweifel zieht, aus der dem Beklagten dort obliegenden Tätigkeit hervorge­gangen. Solche Erfindungen sind von Gesetzes wegen nach § 42 Abs. 1 ArbEG nur insoweit frei, als sie von einem Professor, Dozenten oder wissenschaft­lichen Assistenten in dieser Eigenschaft gemacht worden sind. Der Beklagte war jedoch nicht wissen­schaftlicher Assistent im Sinne dieser Vorschrift.</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Das geltende Hochschulrahmengesetz (HRG) in der Fassung vom 9. April 1987 (BGBl. I, 1170) und ihm folgend das WissHG in der Fassung des Gesetzes vom 20. Oktober 1987 (GVNW 366) unterscheiden zwischen</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">- 15 -</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Professoren, Hochschuldozenten, wissenschaftlichen Assistenten, Oberassistenten und Oberingenieuren und wissenschaftlichen Mitarbeitern (§§ 53 HRG, 60 WissHG). Die hochschulrechtliche Terminologie steht damit wieder im Einklang mit derjenigen des ArbEG, das in § 42 die Erfindungen von "Professoren, Dozenten und wissenschaftlichen Assistenten bei den wissenschaftlichen Hochschulen" privilegiert, wobei nach der amtlichen Begründung (BT-Dr. 1648/2, wiedergegeben auch bei Reimer/Schade/Schippel, Das Recht der Arbeitnehmererfindung, 5. Aufl., Seiten 556, 621) unter wissenschaftlichen Assistenten auch die ihnen nach § 10 Abs. 1 der Reichsassistentenord­nung vom 1. Januar 1940 gleichgestellten Oberas­sistenten, Oberärzte und Oberingenieure verstanden werden sollten. Dem wissenschaftlichen Assistenten des geltenden Rechts (§§ 47 HRG, 57 WissHG) ent­spricht (soweit im vorliegenden Zusammenhang von Interesse) im wesentlichen der Hochschulassistenz im Sinne des § 47 des HRG vom 26. Januar 1976 (BGBl. I, 185) und der §§ 57 bis 59 des WissHG vom 20. Dezember 1979 (GV NW 925); gegenüber einer wie schon nach der Reichsassistentenordnung (siehe Ballhaus, GRUR 1984, 1, 4/5) nicht nur auf Dienstleistungen, sondern auch auf eigene wissenschaftliche Arbeit ausgerichteten Stellung (§ 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 HRG a.F., § 47 Abs. 1 Satz 2 HRG n.F.) obliegen dem wissenschaftlichen Mitarbeiter nach § 53 HRG alter wie neuer Fassung lediglich wissenschaftliche Dienstleistungen in Forschung und Lehre.</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">Wissenschaftliche Mitarbeiter können daher nicht zu dem nach § 42 ArbEG im Interesse der Freiheit von Forschung  und  Lehre  privilegierten  Personenkreis</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">- 16 -</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">gerechnet werden (ebenso Vollmer/Gaul, ArbEG, 2. Aufl., § 42 Rdnr. 29; Bartenbach/Volz, ArbEG, § 42 Rdnr. 12). Zwar hält es Ballhaus (GRUR 1984, 1, 5/6) für möglich, unter die wissenschaftlichen Assisten­ten im Sinne des § 42 ArbEG auch andere Personen­gruppen als die Hochschulassistenten einzuordnen, wobei im Einzelfall darauf abzustellen sein werde, ob dem einzelnen Bediensteten die selbständige Wahrnehmung von Aufgaben in Forschung und Lehre zugewiesen worden sei. Auf die Art der Tätigkeit stellt jedoch § 42 ArbEG nur insoweit ab, als nur diejenigen Erfindungen der Professoren und ihnen Gleichgestellter frei sind, die von ihnen in dieser Eigenschaft gemacht werden. Die vorgelagerte Privilegierungsvoraussetzung ist die Zugehörigkeit zu dem mit wissenschaftlicher Arbeit befaßten Personenkreis; er wird durch statusrechtliche Begriffe umschrieben, und es kann daher nur die Frage sein, ob eine bestimmte bundes- oder landes­rechtliche definierte Stellung als diejenige eines wissenschaftlichen Assistenten im Sinne des § 42 ArbEG angesehen werden kann (siehe auch Reimer/Scha-de/Schippel, a.a.O., § 42 Rdnr. 2). Da dies hinsicht­lich der Stellung der wissenschaftlichen Mitarbeiter nach §§ 53 HRG, 60 WissHG gerade nicht der Fall ist, kommt es nicht darauf an, ob ein wissenschaftlicher Mitarbeiter im Einzelfall, wie dies bei dem Beklag­ten der Fall gewesen sein mag, nach der Art seiner Tätigkeit die Aufgaben eines Hochschulassistenten oder wissenschaftlichen Assistenten wahrgenommen hat.</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">Ebensowenig kommt es darauf an, ob der Beklagte, wie die Klägerin meint, einen Anspruch darauf hatte, in</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">- 17 -</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">ein Assistentenverhältnis übernommen zu werden. Denn er hat einen solchen Anspruch nicht geltend gemacht und es liegt gänzlich fern anzunehmen, daß er etwa nach § 8 Abs. 1 des Lizenzvertrages verpflichtet gewesen wäre, gegenüber dem Land eine Veränderung seiner rechtlichen Stellung zu betreiben, um der Klägerin Rechte an den in Rede stehenden Erfindungen verschaffen zu können.</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Hiernach wären die Erfindungen aber nur dann frei und damit für den Beklagten verfügbar geworden, wenn das Land Nordrhein-Westfalen sie schriftlich freigegeben hätte (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 ArbEG), sie beschränkt in Anspruch genommen hätte (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 ArbEG) oder innerhalb von vier Monaten nach Eingang einer ordnungsgemäßen (das heißt insbesonde­re schriftlichen, § 5 Abs. 1 ArbEG) Erfindungsmel­dung nicht die Inanspruchnahme der Erfindungen erklärt hätte. Für keinen dieser Tatbestände ist etwas vorgetragen; vielmehr macht der Beklagte geltend, die Erfindungen seien von der X ("für X") in Anspruch genommen worden. Zwar wird diese Rechtsbehauptung nicht durch entsprechen­den Tatsachenvortrag ausgefüllt; das ist jedoch unschädlich, da es umgekehrt der Klägerin oblegen hätte darzutun, wodurch die Erfindung frei geworden sein soll.</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">Es ist deshalb davon auszugehen, daß das Land auf die Erfindungen, soweit Rechte des Beklagten hieran in Frage stehen, entweder zugegriffen hat oder aber da eine schriftliche Erfindungsmeldung bislang fehlt - noch zugreifen kann. Dann konnte der Beklagte aber der Klägerin Rechte an diesen Erfindungen schon deshalb nicht verschaffen.</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">- 18 -</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">c)</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">Keine Aufklärung bedarf bei dieser Sachlage, ob der Beklagte tatsächlich, wie die Klägerin behauptet, Alleinerfinder ist. Der Beklagte hat dargetan, daß Professor X durch den Vorschlag, durch den Verzicht auf einen Ausgabeschreiber und eine digital angesteuerte akustische Anzeige ein tragbares Gerät zu schaffen jedenfalls einen schöpferischen Beitrag zu der Erfindung geleistet hat, die in der DE-OS X beschrieben ist, und daß Professor X weiterhin am Zustandekommen der in der DE-OS X beschriebenen Erfindung beteiligt war, indem er die Idee hatte, den durch den Lichtsender fließenden Strom solange zu erhöhen, bis der Signalrauschab­stand ausreichend ist. Wenn sich dies nicht widerle­gen ließe, würde allerdings eine Verfügung über die Erfindungen auch deshalb nicht in Frage kommen, weil der Beklagte dann allenfalls eine Mitberechtigung an den Patentanmeldungen hätte erwerben können und als Teilhaber nach § 747 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) nicht ohne Zustimmung des anderen Teilhabers Professor X über Rechte an den Schutzrechtsanmeldungen hätte verfügen, insbesondere keine ausschließliche Lizenz hätte vergeben können (vgl. dazu Benkard/Bruchhausen, Patentgesetz, 8. Aufl., § 6 Rdnr. 35 m.w.N.). Daß der Beklagte eine solche Zustimmung erhalten hätte, auf die er keinen Anspruch hatte, scheidet nach Sachlage aus.</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">2.)</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">Unabhängig  von  der  mangelnden  Berechtigung  des</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">Beklagten ist das Klagebegehren aber auch deshalb</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">- 19 -</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">nicht gerechtfertigt, weil nicht dargetan ist, daß und mit welchem Inhalt ein Lizenzvertrag zwischen den Parteien zustandegekommen wäre, wenn der Beklagte der Klägerin die Erfindungen angeboten hätte.</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">Der Klägerin stand nach § 10 Abs. 1 des Vertrages vom 13. Mai 1981 kein Optionsrecht zu, durch dessen Ausübung sie einen Lizenzvertrag über die Erfindun­gen hätte erreichen können.</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">Das Optionsrecht ist das Recht, durch einseitige Erklärung einen Vertrag zustandezubringen; in der Regel ergibt es sich aus einem aufschiebend beding­ten Vertrag, der durch die Optionserklärung unbe­dingt wird (vgl. hierzu Palandt/Heinrichs, BGB, 49. Aufl., vor § 145, Anm. 4 c). Da die Möglichkeit ausscheidet, daß der Klägerin das Recht zustehen sollte, einseitig den Vertragsinhalt festzulegen, dies auch mit §§ 20, 34 des Gesetzes gegen Wettbe­werbsbeschränkungen (GWB) unvereinbar sein würde, wäre ein Optionsrecht hier nur denkbar, wenn die Klägerin, wie sie denn auch geltend macht, berech­tigt sein sollte, für einen Lizenzvertrag zu optieren, dessen Bestimmungen mit Ausnahme des Lizenzgegenstandes denen des Vertrages vom 13. Mai 1981 entsprach.</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">Gegen ein solches Recht spricht jedoch schon der Wortlaut des Vertrages. Der Beklagte räumt in § 10 Abs. 1 der Klägerin kein Optionsrecht ein, sondern "erklärt sich bereit, sofern er dazu berechtigt ist", der Klägerin für die Dauer des Vertrages die</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">- 20 -</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">Option auf eine ausschließliche Lizenz an künftigen Schutzrechtsanmeldungen bzw. Schutzrechten sowie nicht schutzfähige Verbesserungen und Weiterentwick­lungen "anzubieten". Das macht deutlich, daß der Beklagte allenfalls verpflichtet sein sollte, der Klägerin künftige Erfindungen zur Nutzung anzubie­ten, und dies auch nur, sofern er dazu - gegenüber etwaigen Drittberechtigten - berechtigt sein sollte. Es handelte sich dann um die Einräumung einer sogenannten Vorhand, bei der sich der Schuldner verpflichtet, einen Gegenstand, bevor er ihn anderweitig veräußert oder zur Nutzung überläßt, dem Vorhandberechtigten anzubieten, und die hier um eine Andienungspflicht verstärkt sein mag, das heißt um die Verpflichtung, künftige Schutzrechte und Schutzrechtsanmeldungen auch dann, wenn andere Interessenten (noch) nicht vorhanden sind, zur ausschließlichen Nutzung zu angemessenen Bedingungen anzudienen.</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">Die Annahme eines Optionsrechtes würde bedeuten, daß auch für einen neuen Lizenzvertrag ohne weiteres etwa folgende Klauseln gelten:</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">-     GEBER versichert, daß die Vertragsgegenstände herstellungsreif sind (§ 2 Abs. 5).</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">-     Für die Inanspruchnahme der Vertragsschutzrechte und zur teilweisen Abgeltung der bisher von GEBER geleisteten Entwicklungsarbeiten und -kosten sowie Gebühren zahlt NEHMERIN an die Patentstelle für die deutsche Forschung in München sogleich nach Abschluß dieses Vertrages 50.000,-- DM zuzüglich Mehrwertsteuer (§ 4 Abs. 1).</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">■</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">- 21 -</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">-     Ferner zahlt NEHMERIN an GEBER als Lizenzgebühr 8 <em>% </em>des erlösten Nettogroßhandelsabgabepreises bei Umsätzen bis 100 Vertragsgegenständen pro Jahr, 7 <em>% </em>bei Umsätzen über 100 Vertragsgegenstände pro Jahr zuzüglich Mehrwertsteuer für jeden verwerte­ten Vertragsgegenstand (§ 4 Abs. 2).</p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">-     NEHMERIN verpflichtet sich zur Zahlung einer jährlichen Mindestlizenz an GEBER wie folgt: ab dem 3- Vertragsjahr die Lizenzgebühr von 20 Vertragsgegenständen (§ 4 Abs. 3).</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">Es erscheint indessen ausgeschlossen, daß die Parteien in dieser Weise insbesondere die Höhe der Lizenzgebühren für künftige Vertragsgegenstände im voraus festlegen wollten, obwohl völlig offen war, um welche Gegenstände es sich hierbei handeln und welche technische und wirtschaftliche Bedeutung sie haben würden. Dies gilt insbesondere weil § 10 Abs. 1 nicht nur künftige Schutzrechte und Schutzrechts-anmeldungen betrifft, sondern gleichrangig auch die Verpflichtung des Beklagten erwähnt, der Klägerin nicht schutzfähige Verbesserungen und Weiterentwick­lungen anzubieten.</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">Die Richtigkeit dieser Auslegung bestätigt schließ­lich auch der Vertrag vom 12. März 1984, der zwar in vielen Punkten dem ersten Vertrag entspricht, hinsichtlich der Lizenzgebühren aber stark von ihm abweicht (10.000,-- statt 50.000,-- DM; 4 <em>% </em>statt gestaffelt 8 bzw. 7 <em>%', </em>keine Mindestlizenzgebühr). Auch diese Regelungen lassen erkennen, daß sich die Parteien vernünftigerweise vorbehalten wollten, die</p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks"><img alt="Die Entscheidung enthält an dieser Stelle ein Bild oder eine Grafik." src="http://lvn-itp-105.lds.nrw.de:8880/nrwe/Dateien/83CF35F750E5CFFF6DDCCB46602794AC.4o218-89neutralisiertes%20Urteil.doc.001.png" width="1" height="61" />- 22 -</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks">Konditionen künftiger Lizenzverträge jeweils noch auszuhandeln und dabei der größeren oder geringeren Bedeutung des neuen Vertragsgegenstandes angemessen Rechnung zu tragen. </p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks">Bei dieser Sachlage hätte es der Klägerin oblegen,</p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">im einzelnen darzutun,</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks">-     zu welchen Konditionen sie bereit und in der Lage gewesen wäre, mit dem Beklagten einen neuen Lizenzvertrag abzuschließen, und</p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">-     daß und warum diese Konditionen insbesondere unter Berücksichtigung der Bedeutung der Erfindungen angemessen gewesen wären, so daß der Beklagte seinerseits zum Abschluß des Vertrages bereit oder jedenfalls hierzu verpflichtet gewesen wäre.</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks">Hierzu fehlt jedoch jeder Vortrag, so daß nicht angenommen werden kann, daß zwischen den Parteien ein Vertrag zustandegekommen wäre, wenn der Beklagte der Klägerin die Erfindungen nur angedient hätte.</p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks">Der Klägerin stehen auch keine Unterlassungs-, Schadensersatz- und Auskunftsansprüche zu, weil der Beklagte D-PPG-Geräte "angepriesen" hat (Klageanträ­ge zu I. 1., I. 2. und II. 1.).</p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks">1.)</p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks">Eine Verletzung der Verpflichtung zur loyaler Zusammenarbeit (§ 8 Abs. 1 des Vertrages) kann in dem hierzu vorgetragenen Sachverhalt nicht gesehen werden. Als Miterfinder der D-PPG ist der Beklagte</p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks">- 23 -</p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks">berechtigt, die Fachöffentlichkeit über die Erfin­dung und ihre Bedeutung sowie über Vorzüge der erfindungsgeraäßen Geräte gegenüber bekannten Lösungen in sachlicher Form, insbesondere in Fachzeitschriften und in Vorträgen zu informieren. Daß er über solche Informationen dieser Art hinaus­gegangen wäre und reine Werbung für X betrieben hätte, läßt der Vortrag der Klägerin nirgends erkennen. Dem Beklagten sachliche Äußerun­gen der angegriffenen Art zu untersagen, hieße seine Meinungsfreiheit (Artikel 5 Abs. 1 des Grundgesetzes - GG) und die Freiheit der Wissenschaft (Artikel 5 Abs. 3 GG) zu beschneiden und von dem Beklagten zu verlangen, seine eigenen Erfindungen zu verleugnen. So ist die Verpflichtung zu loyaler Zusammenarbeit mit der Klägerin aber nicht zu verstehen. Sie verpflichtet den Beklagten zwar, die Zwecke des Lizenzvertrages zu fördern und die Klägerin gegebe­nenfalls zu beraten und zu unterstützen; in seiner wissenschaftlichen Arbeit und in seinen wissen­schaftlichen Äußerungen ist er jedoch frei.</p>
<span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks">2.)</p>
<span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte verstößt auch nicht gegen Vorschriften des Wettbewerbsrechts. Für den Tatbestand des von ihr herangezogenen § 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) trägt die Klägerin nichts substantiiertes vor. Aber auch ein Verstoß gegen die guten Sitten im Wettbewerb (§ 1 UWG) liegt nicht vor.</p>
<span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin behauptet nicht, daß der Beklagte unzutreffender Weise auf überlegene Systemeigen­schaften der D-PPG-Geräte hinweise, die sie in der Klageschrift selbst als verbesserte Konkurrenzgeräte bezeichnet. Ein Vergleich mit anderen Lösungen, für den – wie hier nicht zu bezweifeln – ein hinreichender Anlaß besteht und sich in den Grenzen des Erforderlichen und der wahrheitsgemäßen und </p>
<span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks">-      24 -</p>
<span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks">sachlichen Erörterung hält, ist jedoch nicht wettbewerbswidrig (siehe nur BGH, GRUR 1986, 618, 620 – Vorsatz-Fensterflügel). Daß schließlich die vom Beklagten angesprochenen Verkehrskreise zu Fehlvorstellungen über die Reichweite der relevanten Unterschiede zwischen D-PGG-Geräten und den bis dahin auf dem Markt erhältlichen Geräten gelangten, macht die Klägerin zwar geltend, legt sie jedoch nicht konkret dar.</p>
<span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks">III.</p>
<span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks">Als unterlegene Partei hat die Klägerin nach § 91 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung (ZPO) auch die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.</p>
<span class="absatzRechts">124</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 108 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks">Der Streitwert beträgt 1.000.000,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">126</span><p class="absatzLinks">Richter am LG                                                         </p>
<span class="absatzRechts">127</span><p class="absatzLinks">Steinacker                            Dr. Meier-Beck                            Dr. Becker</p>
<span class="absatzRechts">128</span><p class="absatzLinks">ist in Urlaub und</p>
<span class="absatzRechts">129</span><p class="absatzLinks">kann deshalb nicht</p>
<span class="absatzRechts">130</span><p class="absatzLinks">unterschreiben.</p>
<span class="absatzRechts">131</span><p class="absatzLinks">Steinacker</p>
|
315,091 | lg-dusseldorf-1990-06-26-4-o-21889 | {
"id": 808,
"name": "Landgericht Düsseldorf",
"slug": "lg-dusseldorf",
"city": 413,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 4 O 218/89 | 1990-06-26T00:00:00 | 2019-03-13T14:46:06 | 2022-10-18T15:09:06 | Urteil | ECLI:DE:LGD:1990:0626.4O218.89.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Klage wird abgewiesen.Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 22.000,-- DM vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheit kann auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse erbracht werden.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">[i]</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><u>Tatbestand ;</u></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin ist eine Handelsgesellschaft, die sich mit der Herstellung und dem Vertrieb von Meßgeräten befaßt. Der Beklagte ist wissenschaftlicher Mitar­beiter des Instituts für Hochfrequenztechnik der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen; er ist 1979 zum Dr. Ing. promoviert worden und hat auf dem Gebiet der Meßtechnik</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">medizinische Zwecke seit 1975 zahlreiche Abhandlun­gen veröffentlicht und Patente angemeldet.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Eine Erfindung, die der Beklagte zusammen mit einem Mediziner gemacht hat, betrifft eine Meßeinrichtung zur nichtinvasiven Feststellung venöser bzw. arterieller Abfluß- und Durchflußstörungen. Nach dem auf diese Erfindung erteilten deutschen Patent 31 00 610 (Anlage K 2) sollen periphere venöse Abflußstö­rungen bzw. arterielle Durchblutungsstörungen beim Menschen in ihrem zeitlichen Verlauf erfaßt werden, indem unter gleichzeitiger Messung der Hauttempera­tur von mehreren Strahlungsquellen auf die Haut gerichtete und von dem dermalen Gefäßplexus reflek­tierte Strahlung von einem Strahlungsempfänger gemessen und elektronisch ausgewertet wird. Die Methode wird als Licht-Reflexions-Rheographie (LRR) oder als Photoplethysmographie (PPG) bezeichnet.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Über dieses damals erst angemeldete Patent schlössen die in dem Vertrag als "GEBER" bezeichneten Erfinder am 13. Mai 1981 mit der Beklagten ("NEHMERIN") einen "Lizenz- und Know-how-Vertrag" (Anlage K 1), in welchem sie der Beklagten eine ausschließliche Lizenz zur Verwertung des Vertragsgegenstandes erteilten (§ 3 Abs. 1), worunter alle in das "sachliche Vertragsgebiet" fallenden Gegenstände verstanden werden sollten (§ 1 Abs. 4); das "sach­liche Vertragsgebiet" wiederum wurde dahin defi­niert, daß es alle Verfahren und zugehörige Vorrich­tungen, die nach dem Prinzip der Schutzrechtsanmel­dung arbeiteten, sowie das zugehörige Know-how umfassen sollte (§ 1 Abs. 1). Die Beklagte ver­pflichtete  sich,  zur  teilweisen  Abgeltung  der</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">- 4 -</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Entwicklungskosten an die Patentstelle für die Deutsche Forschung in München bei Abschluß des Vertrages einen Betrag von 50.000,-- DM zuzüglich Mehrwertsteuer zu zahlen (§ 4 Abs. 1) sowie an die Erfinder als Lizenzgebühr 8 <em>% </em>(bei Umsätzen von über 100 Vertragsgegenstände pro Jahr 7 <em>%) </em>des erlösten Nettogroßhandelsabgabepreises zuzüglich Mehrwert­steuer für jeden verwerteten Vertragsgegenstand (§ 4 Abs. 2). Ab dem 3- Vertragsjahr war als jährliche Mindestlizenz die Lizenzgebühr von 20 Vertragsgegen­ständen zu zahlen (§ 4 Abs. 3K Unter anderem enthielt der Vertrag sodann noch folgende Regelun­gen:</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">§ 8 Zusammenarbeit</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">1. Beide Vertragspartner verpflichten sich gegenseitig zu loyaler Zusammenarbeit zur Förderung der Zwecke dieses Vertrages, ohne jedoch hierdurch eine Gesellschaft oder ein gesellschaftsähnliches Verhältnis zu gründen. Hierzu gehören insbesondere die gegenseitige kostenlose beratende Unter­stützung bei der Erwirkung, Aufrechterhal­tung, Verteidigung und Geltendmachung der Vertragsschutzrechte; sowie die Verbesserun­gen und Weiterentwicklungen der Vertragsge­genstände: Auf Seiten von GEBER die Ver­pflichtung, soweit wie möglich, NEHMERIN auf Wunsch bei der Herstellung der Vertragsge­genstände technisch zu beraten und NEHMERIN alle verfügbaren, das sachliche Vertragsge­biet betreffenden technischen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Die ihnen hierdurch entstehenden Reisekosten und Spesen über-</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">- 5 -</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">nimmt NEHMERIN gemäß deren Richtlinien für Reisekosten:</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">2. ...</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">§ 10 künftige Schutzrechte</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">1. GEBER erklärt sich bereit , sofern er dazu berechtigt ist, NEHMERIN für die Dauer dieses Vertrages die Option auf eine ausschließliche Lizenz an künftigen, in das sachliche und örtliche Vertragsgebiet fallende Schutzrechtsanmeldungen bzw. Schutzrechten sowie nicht schutzfähige Verbesserungen und Weiterentwicklungen anzubieten.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Zusammen mit einem Doktoranden entwickelte der Beklagte die Meßeinrichtung weiter. Über die aus dieser Entwicklung hervorgegangenen Patentanmeldung 33 18 746.0 betreffend eine "Meßeinrichtung zur computergestützten Erfassung und Auswertung dermaler Druckblutschwankungen" schlössen die Erfinder mit der Beklagten am 12. März 1984 einen weiteren, dem Vertrag vom 13- Mai 19 81 nachgebildeten Vertrag (Anlage B 11), der eine Einmalzahlung von 10.000,--DM an die Erfinder sowie eine Lizenzgebühr von 4 <em>% </em>vorsah; eine Regelung über Mindestlizenzgebühren enthielt der Vertrag nicht. Er wurde später gekündigt.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Am 18. März 1986 meldete der Leiter des Instituts für Hochfrequenztechnik der RWTH Aachen, ( … ) eine "Einrichtung zur nichtinva­siven Feststellung und akustischen Darstellung des dynamischen Verhaltens der peripheren venösen Hämodynamik" sowie in einer weiteren Anmeldung eine "mikroprozessorgesteuerte Einrichtung zur nichtin­vasiven Feststellung peripherer Abfluß- und Durch­flußstörungen" zum Patent an. Die erstgenannte Anmeldung ist als deutsche Offenlegungsschrift 36 09 073 (Anlage K 3) veröffentlicht worden; ihre Priorität ist später für die unter Nummer 238 064 veröffentlichte europäische Patentanmeldung der ( … ) (Anlage K 5) in Anspruch genommen worden. Die zweite Anmeldung ist als DE-OS 36 09 075 (Anlage K 4) veröffentlicht worden; ihre Priorität ist ebenfalls für eine europäische Anmeldung der ( … ) (europäische Patentan­meldung 238 065, Anlage K 6) in Anspruch genommen worden. Als Erfinder sind in den Anmeldungen jeweils Professor Schmitt und der Beklagte angegeben.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Nach der DE-OS 36 09 073 bezieht sich die angemelde­te Erfindung auf eine Meßeinrichtung, wie sie aus der DE-PS 31 00 610 (Anlage K 2) bekannt ist. Bei ihr werde der zeitliche Verlauf des reklektierten bzw. zurückgestreuten Strahlungsanteils analog ausgewertet und mittels eines Schreibers aufgezeich­net. Bei der aus der DE-PS 33 18 746 bekannten Meßeinrichtung werde das analoge Signal mittels einer Schnitt Stellenschaltung in ein digitales Signal umgesetzt und an einen Rechner angelegt, der physikalische Bewertungsparameter für die analogen Lichtreflexionskurven berechne. Beiden bekannten Meßeinrichtungen sei der Nachteil geraeinsam, daß sie kaum  als  handliches,  tragbares  Gerät  ausführbar</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">- 7 -</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">seien; hierfür sei auch ihr Stromverbrauch zu hoch. Besonders nachteilig sei zudem, daß Beginn und Ende jeder Messung von der Bedienungsperson festzulegen seien, so daß subjektive Meßfehler möglich seien. Durch eine Auswerte- und Ausgabeschaltung, die einen digital gesteuerten Tongenerator und einen elektro-akustischen Wandler aufweist und ein erstes Signal zur Anzeige der Meßbereitschaft der Einrichtung, eine zweite Tonfolge, deren Frequenz der Intensi­tätsänderung der Lichtreflexion bis zum Ende der Blutentleerung bzw. Auffüllung folgt, und ein drittes Signal abgibt, das das Ende der Messung anzeigt, soll es erfindungsgemäß möglich werden, die Meßeinrichtung als kompaktes und leichtes tragbares Handgerät mit geringem Stromverbrauch auszuführen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die DE-OS 36 09 075 lehrt, den für ein PPG-Gerät erforderlichen Stromverbrauch dadurch zu reduzieren, daß die Auswerte- und Ausgabeschaltung vor der Messung eine Selbsteichung durchführt, bei der der durch den oder die Lichtsender fließende Strom solange erhöht wird, bis der Signal-Rauschabstand der Empfänger einen bestimmten Wert erreicht hat. Hierdurch soll der Lichtsender immer mit einer gerade ausreichenden Leistung beaufschlagt werden.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Meßeinrichtungen nach den Anmeldungen vom 18. März 1986 werden von Nattermann hergestellt und vertrie­ben. In Vorträgen und Veröffentlichungen werden sie auch vom Beklagten erläutert, der über sie bei­spielsweise als Mitautor einen Aufsatz in der "Zeitschrift für Gefäßkrankheiten" geschrieben hat, mit der digitalen Photoplethysmographie (D-PPG) werde  erstmals  ein  mikroprozessorkontrollierter Pletysmograph auf digitaler Basis vorgestellt, welcher alle Vorzüge der modernen digitalen Technik ausnutze und Systemeigenschaften aufweise, die mit den bisher bekannten Apparaten erreichbar gewesen seien (Anlage K 7).</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin trägt vor: Die am 18. März 1986 angemeldeten Erfindungen stammten allein vom Beklagten, der sie ihr zugunsten von ( … )  entzogen habe. Nach § 10 Abs. 1 des Vertrages vom 13« Mai 1981 habe ihr ein Optionsrecht zugestanden, das sie berechtigt habe, durch einseitige Erklärung einen Lizenzvertrag über diese Erfindungen zu den Bedingungen des Vertrages vom 13. Mai 1981 zu begründen. Sie würde die Option auch ausgeübt haben, wenn der Beklagte ihr die Erfindungen pflichtgemäß angeboten hätte. Indem er die Meßeinrichtung für ihre Konkurrentin ( … ) weiter entwickelt habe, habe der Beklagte auch gegen seine Loyalitätspflicht nach § 8 Abs. 1 des Vertrages verstoßen. Besonders illoyal und gleichzeitig wettbewerbswidrig sei es, wenn der Beklagte auch noch aktiv Verkaufsförderung für das ( … ) -Gerät betreibe und dabei die ältere Meßeinrichtung nach dem Vertragspatent herabsetze. Hierdurch wie insbesondere durch den Vertrieb des verbesserten Konkurrenzgerätes entstehe ihr erheblicher Schaden.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">den Beklagten zu verurteilen,</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">1 . es - bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel - zu unterlassen, digitale   Photoplethysmographie-Geräte</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">- 9 -</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">(D-PPG) insbesondere in Vorträgen und Veröffentlichungen anzupreisen, insbesondere in Verbindung mit dem Hinweis, daß die D-PPG-Geräte alle Vorzüge der modernen digitalen Technik ausnutzten und Systemeigenschaften aufwiesen, die mit den bisher bekannten Apparaten nicht erreichbar gewesen seien;</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">2.    ihr über den Umfang der zu 1. beschrie­benen Handlungen Auskunft zu erteilen, und zwar unter Angabe aller Vorträge und Veröffentlichungen, jeweils mit Vortrags- bzw. Veröffentlichungsdatum, Bezeichnung des Ortes und der Veran­staltung (nebst Teilnehmerzahl), wo der Vortrag gehalten wurde, sowie Bezeich­nung der Publikation, in welcher eine Veröffentlichung verbreitet wurde;</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">3.    ihr Auskunft über alle Verfügungen -gleich welcher Art - zu erteilen, die er über die Erfindungen getroffen habe, welche Gegenstand der deutschen Patentanmeldungen P 36 09 073-5 und P 36 09 075.1 sowie der europäischen Patentanmeldungen mit den Veröffent­lichungsnummern 238 064 und 238 065 sind, ihr alle sich auf die Verfügungen beziehenden Schriftstücke in Kopie vorzulegen sowie ihr ferner darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Erfindungen verwertet worden seien und welche Vergütungen der Beklagte dafür erhalten habe und ihr schließlich</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">- 10 -</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">in Kopie alle etwaigen Abrechnungen über von Dritten gezahlte Vergütungen vorzulegen;</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">festzustellen, daß der Beklagte verpflich­tet sei, ihr allen Schaden zu ersetzen, der ihr</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">1.    durch die zu I. 1. beschriebenen Handlungen entstanden sei und noch entstehe;</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">2.    dadurch entstanden sei, daß der Beklagte die Erfindungen, welche Gegenstand der zu I. 3^ bezeichneten deutschen und europäischen Patentanmel­dungen sind, ihr nicht zur Verfügung gestellt habe.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Er trägt vor, ( … ) sei tatsächlich (mindestens) Miterfinder der Meßeinrichtung nach den Offenlegungsschriften 36 09 073 und 075. Zu der Erfindung sei es gekommen, nachdem ( … ) im November/Dezember 1985 bei ( … ) angefragt habe, ob das Institut für Hochfrequenz­technik im Rahmen eines Entwicklungsauftrages ein LRR-Gerät entwickeln könne. Er habe Professor Schmitt auf den zwischen ihm und der Klägerin bestehenden Lizenzvertrag hingewiesen, der sich daraufhin mit dem zuständigen Sachbearbeiter der Patentstelle für die deutsche Forschung, Herrn Dr. </p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">- 11 -</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">( … ), in Verbindung gesetzt habe. Bei einer Bespre­chung, die im Dezember 1985 im Institut für Hochfre­quenztechnik stattgefunden habe, habe Herr Dr. ( … ) dargelegt, daß der Lizenzvertrag durch die Wendung "soweit er dazu berechtigt ist" in § 10 Abs. 1 dem Umstand Rechnung trage, daß Erfinder aus dem Hochschulbereich nicht über jede ihrer Erfindungen frei verfügen könnten. Herr ( … ) und Patentan­walt Dr. ( … ) hätten ferner ihre Auffassung zum Ausdruck gebracht, daß bei einem im Rahmen der Drittmittelvergabe abgeschlossenen Vertrag zwischen der ( … ) und ( … ) etwa entstehende erfinderische Arbeitsergebnisse nicht frei seien, da die an ihnen beteiligten Personen nicht in der in § 42 Abs. 1 des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen (ArbEG) umschriebenen Eigenschaft tätig geworden seien. Im weiteren Teil des Gespräches, an dem er -der Beklagte - nicht mehr teilgenommen habe, habe ( … ) gegenüber Patentanwalt Dr. ( … )  den Gedanken geäußert, bei dem zu entwickelnden Meßgerät nur einen Lichtsender und einen Lichtemp­fänger zu verwenden und das Rauschproblem dadurch zu lösen, daß vor der Messung der Strom durch den Lichtsender solange aufgedreht werde, bis der Signalrauschabstand ausreichend sei. ( … ) habe Patentanwalt Dr. ( … )  ferner erläu­tert, daß er durch Verzicht auf einen Ausgabeschrei­ber ein tragbares Gerät schaffen und, um dem Arzt dennoch eine unmittelbare Überprüfung der Messung zu ermöglichen, eine digital angesteuerte akustische Anzeige vorsehen wolle.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">In der Folgezeit habe Professor Schmitt dieses Konzept  mit  ihm und  seinen anderen Mitarbeitern</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">- 12 -</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">weiter gebildet und in Teillösungen entwickelt. Er -der Beklagte - sei dabei ausschließlich auf Grund seiner Dienstverpflichtung und auf Weisung seines Vorgesetzten ( … ) tätig geworden. Unter Bezugnahme auf eine entsprechende Stellungnahme des Patentanwaltes vom 17. Dezember 1985 habe ihn ( … ) dabei noch einmal ausdrücklich darüber belehrt, daß etwaige Erfindungen, die er, der Beklagte, mache, als Diensterfindungen behandelt und von der ( … ) für den Auftraggeber ( … ) in Anspruch genommen würden.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Weil sich die formelle Unterzeichnung eines For-schungs- und Entwicklungsvertrages zwischen ( … )  und der ( … ) verzögert habe, seien ( … ) und das Institut für Hochfrequenztechnik übereingekommen, die Erfindungen zur Wahrung der frühestmöglichen Priorität zunächst treuhänderisch durch ( … ) anzumelden.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Abgesehen davon, daß er hiernach der Klägerin die Erfindungen gar nicht habe anbieten können, habe dieser ein Optionsrecht nicht zugestanden. Allen­falls wäre er verpflichtet gewesen, sofern ihm dies möglich gewesen wäre, mit der Klägerin in Verhand­lungen über einen neuen Lizenzvertrag einzutreten.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf deren Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe :</u></p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist unbegründet. </p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Der Klägerin steht kein Schadensersatzanspruch zu, weil der Beklagte ihr die den Gegenstand der Offenlegungsschriften 36 09 073 und 075 bildenden Erfindungen nicht zur Verfügung gestellt hat (Klageantrag zu II. 2.). Damit entfällt zugleich ein hierzu geltend gemachter Auskunftsanspruch (Klagean­trag zu 1. 3•) •</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">1.)</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Solche Ansprüche wegen Verletzung einer sich aus § 10 Abs. 1 oder auch aus § 8 Abs. 1 des Vertrages vom 13- Mai 1981 ergebenden Verpflichtung des Beklagten würden zunächst voraussetzen, daß der Beklagte rechtlich in der Lage gewesen wäre, der Klägerin ein ausschließliches Nutzungsrecht zu verschaffen. Schon daran fehlt es, weil der Beklagte über die Erfindun­gen nicht verfügen konnte.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Ohne Belang ist in diesem Zusammenhang allerdings, welche Vereinbarungen zwischen ( … )  und der ( … ) oder zwischen ( … ) und ( … ) darüber getroffen worden sind, wem die Ergebnisse des Entwicklungsauftrages zustehen sollten, bei dessen Durchführung nach dem Vortrag des Beklagten die Erfindungen gemacht worden sind. Denn an diesen Vereinbarungen war der Beklagte nicht beteiligt, so daß sie seine Rechtsstellung nicht berühren. Daran ändert auch die vom Beklagten ausweislich der Anlage B 10 "zur Kenntnis genommene" sogenannte Belehrung nichts; eine Willenserklärung des Beklagten - welchen Inhalts auch immer - kann</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks"><strong>-. m -</strong></p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">diesem Schriftstück nicht entnommen werden.</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hätte jedoch über seine Rechte an              den</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Erfindungen nur dann verfügen können, wenn              dieErfindungen nach § 8 ArbEG frei geworden wären, denn</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">es handelte sich bei ihnen,  soweit  sie auf              den</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Beklagten zurückgingen, um Diensterfindungen              imSinne des § 4 Abs. 2 ArbEG.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Die Erfindungen sind während der Dauer des Arbeits­verhältnisses entstanden, das zuletzt seine Grund­lage in dem am 15. Oktober 1985 zwischen dem Beklagten und dem (durch den Rektor der ( … ) vertretenen) Land Nordrhein-Westfalen geschlossenen Arbeitsvertrag (Anlage B 9) hatte, nach welchem der Beklagte als wissenschaftlicher Angestellter im Sinne des § 60 Abs. 1 des Gesetzes über die wissen­schaftlichen Hochschulen des Landes Nordrhein-West­falen (WissHG) beim Institut für Hochfrequenztechnik (weiter) beschäftigt wurde. Sie sind ferner, wie auch die Klägerin nicht in Zweifel zieht, aus der dem Beklagten dort obliegenden Tätigkeit hervorge­gangen. Solche Erfindungen sind von Gesetzes wegen nach § 42 Abs. 1 ArbEG nur insoweit frei, als sie von einem Professor, Dozenten oder wissenschaft­lichen Assistenten in dieser Eigenschaft gemacht worden sind. Der Beklagte war jedoch nicht wissen­schaftlicher Assistent im Sinne dieser Vorschrift.</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Das geltende Hochschulrahmengesetz (HRG) in der Fassung vom 9- April 1987 (BGBl. I, 1170) und ihm folgend das WissHG in der Fassung des Gesetzes vom 20. Oktober 1987 (GVNW 366) unterscheiden zwischen</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">- 15 -</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Professoren, Hochschuldozenten, wissenschaftlichen Assistenten, Oberassistenten und Oberingenieuren und wissenschaftlichen Mitarbeitern (§§ 53 HRG, 60 WissHG). Die hochschulrechtliche Terminologie steht damit wieder im Einklang mit derjenigen des ArbEG, das in § 42 die Erfindungen von "Professoren, Dozenten und wissenschaftlichen Assistenten bei den wissenschaftlichen Hochschulen" privilegiert, wobei nach der amtlichen Begründung (BT-Dr. 1648/2, wiedergegeben auch bei Reimer/Schade/Schippel, Das Recht der Arbeitnehmererfindung, 5. Aufl., Seiten 556, 621) unter wissenschaftlichen Assistenten auch die ihnen nach § 10 Abs. 1 der Reichsassistentenord­nung vom 1. Januar 1940 gleichgestellten Oberas­sistenten, Oberärzte und Oberingenieure verstanden werden sollten. Dem wissenschaftlichen Assistenten des geltenden Rechts (§§ 47 HRG, 57 WissHG) ent­spricht (soweit im vorliegenden Zusammenhang von Interesse) im wesentlichen der Hochschulassistenz im Sinne des § 47 des HRG vom 26. Januar 1976 (BGBl. I, 185) und der §§ 57 bis 59 des WissHG vom 20. Dezember 1979 (GV NW 925); gegenüber einer wie schon nach der Reichsassistentenordnung (siehe Ballhaus, GRUR 1984, 1, 4/5) nicht nur auf Dienstleistungen, sondern auch auf eigene wissenschaftliche Arbeit ausgerichteten Stellung (§ 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 HRG'a.F., § 47 Abs. 1 Satz 2 HRG n.F.) obliegen dem wissenschaftlichen Mitarbeiter nach § 53 HRG alter wie neuer Fassung lediglich wissenschaftliche Dienstleistungen in Forschung und Lehre.</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Wissenschaftliche Mitarbeiter können daher nicht zu dem nach § 42 ArbEG im Interesse der Freiheit von Forschung  und  Lehre  privilegierten  Personenkreis</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">- 16 -</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">gerechnet werden (ebenso Vollmer/Gaul, ArbEG, 2. Aufl., § 42 Rdnr. 29; Bartenbach/Volz, ArbEG, § 42 Rdnr. 12). Zwar hält es Ballhaus (GRUR 1984, 1, 5/6) für möglich, unter die wissenschaftlichen Assisten­ten im Sinne des § 42 ArbEG auch andere Personen­gruppen als die Hochschulassistenten einzuordnen, wobei im Einzelfall darauf abzustellen sein werde, ob dem einzelnen Bediensteten die selbständige Wahrnehmung von Aufgaben in Forschung und Lehre zugewiesen worden sei. Auf die Art der Tätigkeit stellt jedoch § 42 ArbEG nur insoweit ab, als nur diejenigen Erfindungen der Professoren und ihnen Gleichgestellter frei sind, die von ihnen in dieser Eigenschaft gemacht werden. Die vorgelagerte Privilegierungsvoraussetzung ist die Zugehörigkeit zu dem mit wissenschaftlicher Arbeit befaßten Personenkreis; er wird durch statusrechtliche Begriffe umschrieben, und es kann daher nur die Frage sein, ob eine bestimmte bundes- oder landes­rechtliche definierte Stellung als diejenige eines wissenschaftlichen Assistenten im Sinne des § 42 ArbEG angesehen werden kann (siehe auch Reimer/Scha-de/Schippel, a.a.O., § 42 Rdnr. 2). Da dies hinsicht­lich der Stellung der wissenschaftlichen Mitarbeiter nach §§ 53 HRG, 60 WissHG gerade nicht der Fall ist, kommt es nicht darauf an, ob ein wissenschaftlicher Mitarbeiter im Einzelfall, wie dies bei dem Beklag­ten der Fall gewesen sein mag, nach der Art seiner Tätigkeit die Aufgaben eines Hochschulassistenten oder wissenschaftlichen Assistenten wahrgenommen hat.</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">Ebensowenig kommt es darauf an, ob der Beklagte, wie die Klägerin meint, einen Anspruch darauf hatte, in</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">- 17 -</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">ein Assistentenverhältnis übernommen zu werden. Denn er hat einen solchen Anspruch nicht geltend gemacht und es liegt gänzlich fern anzunehmen, daß er etwa nach § 8 Abs. 1 des Lizenzvertrages verpflichtet gewesen wäre, gegenüber dem Land eine Veränderung seiner rechtlichen Stellung zu betreiben, um der Klägerin Rechte an den in Rede stehenden Erfindungen verschaffen zu können.</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">Hiernach wären die Erfindungen aber nur dann frei und damit für den Beklagten verfügbar geworden, wenn das Land Nordrhein-Westfalen sie schriftlich freigegeben hätte (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 ArbEG), sie beschränkt in Anspruch genommen hätte (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 ArbEG) oder innerhalb von vier Monaten nach Eingang einer ordnungsgemäßen (das heißt insbesonde­re schriftlichen, § 5 Abs. 1 ArbEG) Erfindungsmel­dung nicht die Inanspruchnahme der Erfindungen erklärt hätte. Für keinen dieser Tatbestände ist etwas vorgetragen; vielmehr macht der Beklagte geltend, die Erfindungen seien von der ( … ) ("( … ) ") in Anspruch genommen worden. Zwar wird diese Rechtsbehauptung nicht durch entsprechen­den Tatsachenvortrag ausgefüllt; das ist jedoch unschädlich, da es umgekehrt der Klägerin oblegen hätte darzutun, wodurch die Erfindung frei geworden sein soll.</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">Es ist deshalb davon auszugehen, daß das Land auf die Erfindungen, soweit Rechte des Beklagten hieran in Frage stehen, entweder zugegriffen hat oder aber da eine schriftliche Erfindungsmeldung bislang fehlt - noch zugreifen kann. Dann konnte der Beklagte aber der Klägerin Rechte an diesen Erfin-</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">- 18 -</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">düngen schon deshalb nicht verschaffen.</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">c)</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">Keine Aufklärung bedarf bei dieser Sachlage, ob der Beklagte tatsächlich, wie die Klägerin behauptet, Alleinerfinder ist. Der Beklagte hat dargetan, daß ( … ) durch den Vorschlag, durch den Verzicht auf einen Ausgabeschreiber und eine digital angesteuerte akustische Anzeige ein tragbares Gerät zu schaffen jedenfalls einen schöpferischen Beitrag zu der Erfindung geleistet hat, die in der DE-OS 36 09 073 beschrieben ist, und daß ( … ) weiterhin am Zustandekommen der in der DE-OS 36 09 075 beschriebenen Erfindung beteiligt war, indem er die Idee hatte, den durch den Lichtsender fließenden Strom solange zu erhöhen, bis der Signalrauschab­stand ausreichend ist. Wenn sich dies nicht widerle­gen ließe, würde allerdings eine Verfügung über die Erfindungen auch deshalb nicht in Frage kommen, weil der Beklagte dann allenfalls eine Mitberechtigung an den Patentanmeldungen hätte erwerben können und als Teilhaber nach § 7^7 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) nicht ohne Zustimmung des anderen Teilhabers ( … ) über Rechte an den Schutzrechtsanmeldungen hätte verfügen, insbesondere keine ausschließliche Lizenz hätte vergeben können (vgl. dazu Benkard/Bruchhausen, Patentgesetz, 8. Aufl., § 6 Rdnr. 35 m.w.N.). Daß der Beklagte eine solche Zustimmung erhalten hätte, auf die er keinen Anspruch hatte, scheidet nach Sachlage aus.</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">2.)</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">Unabhängig  von  der  mangelnden  Berechtigung  des</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">Beklagten ist das Klagebegehren aber auch deshalb </p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">nicht gerechtfertigt, weil nicht dargetan ist, daß und mit welchem Inhalt ein Lizenzvertrag zwischen den Parteien zustandegekommen wäre, wenn der Beklagte der Klägerin die Erfindungen angeboten hätte.</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">Der Klägerin stand nach § 10 Abs. 1 des Vertrages vom 13- Mai 1981 kein Optionsrecht zu, durch dessen Ausübung sie einen Lizenzvertrag über die Erfindun­gen hätte erreichen können.</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">Das Optionsrecht ist das Recht, durch einseitige Erklärung einen Vertrag zustandezubringen; in der Regel ergibt es sich aus einem aufschiebend beding­ten Vertrag, der durch die Optionserklärung unbe­dingt wird (vgl. hierzu Palandt/Heinrichs, BGB, 49. Aufl., vor § 145, Anm. 4 c). Da die Möglichkeit ausscheidet, daß der Klägerin das Recht zustehen sollte, einseitig den Vertragsinhalt festzulegen, dies auch mit §§ 20, 34 des Gesetzes gegen Wettbe­werbsbeschränkungen (GWB) unvereinbar sein würde, wäre ein Optionsrecht hier nur denkbar, wenn die Klägerin, wie sie denn auch geltend macht, berech­tigt sein sollte, für einen Lizenzvertrag zu optieren, dessen Bestimmungen mit Ausnahme des Lizenzgegenstandes denen des Vertrages vom 13. Mai 1981 entsprach.</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">Gegen ein solches Recht spricht jedoch schon der Wortlaut des Vertrages. Der Beklagte räumt in § 10 Abs. 1 der Klägerin kein Optionsrecht ein, sondern "erklärt sich bereit, sofern er dazu berechtigt ist", der Klägerin für die Dauer des Vertrages die</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">- 20 -</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">Option auf eine ausschließliche Lizenz an künftigen Schutzrechtsanmeldungen bzw. Schutzrechten sowie nicht schutzfähige Verbesserungen und Weiterentwick­lungen "anzubieten". Das macht deutlich, daß der Beklagte allenfalls verpflichtet sein sollte, der Klägerin künftige Erfindungen zur Nutzung anzubie­ten, und dies auch nur, sofern er dazu - gegenüber etwaigen Drittberechtigten - berechtigt sein sollte. Es handelte sich dann um die Einräumung einer sogenannten Vorhand, bei der sich der Schuldner verpflichtet, einen Gegenstand, bevor er ihn anderweitig veräußert oder zur Nutzung überläßt, dem Vorhandberechtigten anzubieten, und die hier um eine Andienungspflicht verstärkt sein mag, das heißt um die Verpflichtung, künftige Schutzrechte und Schutzrechtsanmeldungen auch dann, wenn andere Interessenten (noch) nicht vorhanden sind, zur ausschließlichen Nutzung zu angemessenen Bedingungen anzudienen.</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">Die Annahme eines Optionsrechtes würde bedeuten, daß auch für einen neuen Lizenzvertrag ohne weiteres etwa folgende Klauseln gelten:</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">-     GEBER versichert, daß die Vertragsgegenstände herstellungsreif sind (§ 2 Abs. 5).</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">-     Für die Inanspruchnahme der Vertragsschutzrechte und zur teilweisen Abgeltung der bisher von GEBER geleisteten Entwicklungsarbeiten und -kosten sowie Gebühren zahlt NEHMERIN an die Patentstelle für die deutsche Forschung in München sogleich nach Abschluß dieses Vertrages 50.000,-- DM zuzüglich Mehrwertsteuer (§ 4 Abs. 1).</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">■</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">-     Ferner zahlt NEHMERIN an GEBER als Lizenzgebühr 8 <em>% </em>des erlösten Nettogroßhandelsabgabepreises bei Umsätzen bis 100 Vertragsgegenständen pro Jahr, 7 <em>% </em>bei Umsätzen über 100 Vertragsgegenstände pro Jahr zuzüglich Mehrwertsteuer für jeden verwerte­ten Vertragsgegenstand (§ 4 Abs. 2).</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">-     NEHMERIN verpflichtet sich zur Zahlung einer jährlichen Mindestlizenz an GEBER wie folgt: ab dem 3- Vertragsjahr die Lizenzgebühr von 20 Vertragsgegenständen (§ 4 Abs. 3K</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">Es erscheint indessen ausgeschlossen, daß die Parteien in dieser Weise insbesondere die Höhe der Lizenzgebühren für künftige Vertragsgegenstände im voraus festlegen wollten, obwohl völlig offen war, um welche Gegenstände es sich hierbei handeln und welche technische und wirtschaftliche Bedeutung sie haben würden. Dies gilt insbesondere weil § 10 Abs. 1 nicht nur künftige Schutzrechte und Schutzrechts-anraeldungen betrifft, sondern gleichrangig auch die Verpflichtung des Beklagten erwähnt, der Klägerin nicht schutzfähige Verbesserungen und Weiterentwick­lungen anzubieten.</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">Die Richtigkeit dieser Auslegung bestätigt schließ­lich auch der Vertrag vom 12. März 1984, der zwar in vielen Punkten dem ersten Vertrag entspricht, hinsichtlich der Lizenzgebühren aber stark von ihm abweicht (10.000,-- statt 50.000,-- DM; 4 <em>% </em>statt gestaffelt 8 bzw. 7 <em>%', </em>keine Mindest lizenzgebühr) . Auch diese Regelungen lassen erkennen, daß sich die Parteien vernünftigerweise vorbehalten wollten, die</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks"><img alt="Die Entscheidung enthält an dieser Stelle ein Bild oder eine Grafik." src="http://lvn-itp-105.lds.nrw.de:8880/nrwe/Dateien/025D86CC1B7677B4EA7AF138266DDD3F.4%20O%20218_89.doc.001.png" width="1" height="61" />Konditionen künftiger Lizenzverträge jeweils noch auszuhandeln und dabei der größeren oder geringeren Bedeutung des neuen Vertragsgegenstandes angemessen Rechnung zu tragen.</p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">Bei dieser Sachlage hätte es der Klägerin oblegen,</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">im einzelnen darzutun,</p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">-     zu welchen Konditionen sie bereit und in der Lage gewesen wäre, mit dem Beklagten einen neuen Lizenzvertrag abzuschließen, und</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks">-     daß und warum diese Konditionen insbesondere unter Berücksichtigung der Bedeutung der Erfindungen angemessen gewesen wären, so daß der Beklagte seinerseits zum Abschluß des Vertrages bereit oder jedenfalls hierzu verpflichtet gewesen wäre.</p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks">Hierzu fehlt jedoch jeder Vortrag, so daß nicht angenommen werden kann, daß zwischen den Parteien ein Vertrag zustandegekommen wäre, wenn der Beklagte der Klägerin die Erfindungen nur angedient hätte.</p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">Der Klägerin stehen auch keine Unterlassungs-, Schadensersatz- und Auskunftsansprüche zu, weil der Beklagte D-PPG-Geräte "angepriesen" hat (Klageanträ­ge zu I. 1., I. 2. und II. 1.).</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks">loyaler</p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">kann in</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks">gesehen</p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">Beklagte</p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks">1.)</p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks">Eine  Verletzung  der  Verpflichtung  zur Zusammenarbeit (§ 8 Abs. 1 des Vertrages) dem hierzu vorgetragenen Sachverhalt nicht werden. Als Miterfinder der D-PPG ist der</p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks">- 23 -</p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks">berechtigt, die Fachöffentlichkeit über die Erfin­dung und ihre Bedeutung sowie über Vorzüge der erfindungsgeraäßen Geräte gegenüber bekannten Lösungen in sachlicher Form, insbesondere in Fachzeitschriften und in Vorträgen zu informieren. Daß er über solche Informationen dieser Art hinaus­gegangen wäre und reine Werbung für ( … )  betrieben hätte, läßt der Vortrag der Klägerin nirgends erkennen. Dem Beklagten sachliche Äußerun­gen der angegriffenen Art zu untersagen, hieße seine Meinungsfreiheit (Artikel 5 Abs. 1 des Grundgesetzes - GG) und die Freiheit der Wissenschaft (Artikel 5 Abs. 3 GG) zu beschneiden und von dem Beklagten zu verlangen, seine eigenen Erfindungen zu verleugnen. So ist die Verpflichtung zu loyaler Zusammenarbeit mit der Klägerin aber nicht zu verstehen. Sie verpflichtet den Beklagten zwar, die Zwecke des Lizenzvertrages zu fördern und die Klägerin gegebe­nenfalls zu beraten und zu unterstützen; in seiner wissenschaftlichen Arbeit und in seinen wissen­schaftlichen Äußerungen ist er jedoch frei.</p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks">2.)</p>
<span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte verstößt auch nicht gegen Vorschriften des Wettbewerbsrechts. Für den Tatbestand des von ihr herangezogenen § 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) trägt die Klägerin nichts substantiiertes vor. Aber auch ein Verstoß gegen die guten Sitten im Wettbewerb (§ 1 UWG) liegt nicht vor.</p>
<span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin behauptet nicht, daß der Beklagte unzutreffender Weise auf überlegene Systemeigen­schaften der D-PPG-Geräte hinweise, die sie in der Klageschrift selbst als verbesserte Konkurrenzgeräte bezeichnet. Ein Vergleich mit anderen Lösungen, für den – wie hier nicht zu bezweifeln – ein hinreichender Anlaß besteht und sich in den Grenzen des Erforderlichen und der wahrheitsgemäßen und </p>
<span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks">-      24 -</p>
<span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks">sachlichen Erörterung hält, ist jedoch nicht wettbewerbswidrig (siehe nur BGH, GRUR 1986, 618, 620 – Vorsatz-Fensterflügel). Daß schließlich die vom Beklagten angesprochenen Verkehrskreise zu Fehlvorstellungen über die Reichweite der relevanten Unterschiede zwischen D-PGG-Geräten und den bis dahin auf dem Markt erhältlichen Geräten gelangten, macht die Klägerin zwar geltend, legt sie jedoch nicht konkret dar.</p>
<span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks">III.</p>
<span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks">Als unterlegene Partei hat die Klägerin nach § 91 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung (ZPO) auch die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.</p>
<span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 108 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">124</span><p class="absatzLinks">Der Streitwert beträgt 1.000.000,-- DM.</p>
<hr />
<span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks">[i] </p>
<span class="absatzRechts">126</span><p class="absatzLinks">4. Zivilkammer</p>
<span class="absatzRechts">127</span><p class="absatzLinks">Urteil</p>
<span class="absatzRechts">128</span><p class="absatzLinks">Internet</p>
|
315,092 | lg-dusseldorf-1990-06-22-16-o-4389 | {
"id": 808,
"name": "Landgericht Düsseldorf",
"slug": "lg-dusseldorf",
"city": 413,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 16 O 43/89 | 1990-06-22T00:00:00 | 2019-03-13T14:46:07 | 2022-10-18T15:09:07 | Urteil | ECLI:DE:LGD:1990:0622.16O43.89.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 70,845,91 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 05. Februar 1989 zu zahlen.</p>
<p>2. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.</p>
<p>3. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 74 % und die Beklagte 26%.</p>
<p>4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 80.000,-- DM, für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 7.500,-- DM.</p>
<p>Sicherheit kann von beiden Parteien auch durch eine unbedingte und unbefristete Bürgschaft einer Bank oder Sparkasse mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland geleistet werden.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><table class="absatzLinks" cellspacing="0" cellpadding="0"><tbody><tr><td></td>
<td></td>
<td></td>
</tr>
</tbody>
</table>
<span class="absatzRechts">2</span><table class="absatzLinks" cellspacing="0" cellpadding="0"><tbody><tr><td></td>
<td></td>
<td></td>
</tr>
</tbody>
</table>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Tatbestand:</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin ist ein Spezialunternehmen für Abbrucharbeiten. Die Beklagte errichtete ein Wohn- und Geschäftshaus mit Tiefgarage auf dem Grundstück C-Straße in  F.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Mit der schlüsselfertigen Erstellung des Bauvorhabens beauftragte die Beklagte am 09.04.1987 zunächst die Bauunternehmung N. aus L. als Generalunternehmerin, welche ihrerseits die Klägerin mit dem Aushub der Baugrube als Subunternehmerin beauftragt hatte.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Im ursprünglichen Leistungsverzeichnis zum Bodenaushub nach Einheitspreisen waren unter Position 1 die Bodenklassen 3 bis 4 genannt. Nach der Ausschreibung ergaben sich Bodenverunreinigungen durch Vorbetriebe, die die ursprünglich vorgesehene Entsorgung auf einer Deponie der Klasse 1 nicht mehr zuließen. Das hielt die Generalunternehmerin N. mit Schreiben vom 20.11.1987 (Anlage 2 zum Schreiben der Beklagten vom 31.07.1989) aufgrund einer vorangegangenen Besprechung der Beteiligten, an der auch der Geschäftsführer der Komplementär GmbH teilnahm, fest.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Diesem Gespräch war ein unter dem 19.3.1984 erstelltes Bodengutachten des Dipl.-Ing. H. vorausgegangen, welches durch drei Zwischenberichte vom 16.03.1987, 18.08.1987 und 19.10.1987 ergänzt wurde.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Generalunternehmerin kündigte das Vertragsverhältnis mit der Beklagten vorzeitig Anfang 1988. Zu diesem Zeitpunkt war mit den Aushubarbeiten gerade erst begonnen worden.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Unter dem 17.08.1988 beauftragte die Beklagte die Klägerin mit dem Aushub der Baugrube zu einem Pauschalpreis von 279.300,-- DM brutto (Anlage 3 zum Schreiben der Beklagten vom 31.07.1989).</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Am 03.10.1988 erteilte die Beklagte der Klägerin einen weiteren Einheitspreisauftrag über die Beseitigung von Stützwänden (Anlage 4). Als Vertragsbruttobetrag waren 25.076,30 DM angegeben. Beiden Verträgen lagen die Allgemeinen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen der Beklagten zugrunde (Anlage 17), der von der Klägerin unter dem 24.08.1988 mit der Maßgabe ihres Schreibens vom 25.08.1988 (Anlage 16) anerkannt wurden. Diese Vertragsbedingungen sehen unter § 1 Nr. 1 c unter anderem die Geltung der VOB/B vor.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Dem Pauschalpreisvertrag lag außerdem das ursprüngliche Leistungsverzeichnis der Beklagten zugrunde, darin heißt es unter Position 8 auf Seite 3:</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">„Sämtliches Aushubmaterial geht in das Eigentum des AN über  und ist ordnungsgemäß zu beseitigen (Deponieklasse 1 o. ähnliche gemäß Gutachten)“, wobei die Worte 1 o. ähnlich gestrichen sind.“</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Hierbei erfolgten der Zusatz „gemäß Gutachten“ und die vorherige Streichung handschriftlich.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Auf Seite 4 des Leistungsverzeichnisses heiß es: „ Bodenaushub der Baugrube innerhalb und außerhalb der Schlitzwandachse a bis k Bodenklasse 3 bis 4…“</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Ebenfalls am 17.08.1988 bot die Klägerin der Stadt E. 8.000 cbm Aushubmaterial zum Erstellen eines Lärmschutzwalles kostenlos an. Das Angebot der Klägerin enthielt folgende Leistungspositionen:</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">„Pos. 1 Herrichten und Sichern der Baustellenzufahrt und –straße</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Pos. 2  3.750 qm Oberboden abschieben und seitlich in Mieten lagern</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Pos. 3  8.000 cbm Bodenaushub liefern und profilgerecht nach Vorschrift einbauen</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Pos. 4 Auflegen einer Geotextilmatte</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Pos. 5 Auffangen des über die Geotextilmatte abgeführten Wassers in die dafür am Wallfluß vorzusehenden Gräben, ausgestaltet mit Sickerpackung und Trennvlies gemäß der beigefügten Skizze.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Pos. 6 Oberboden der Pos. 2 auf fertigen LS-Wall andecken (30 cm dick)</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Pos. 7 Unterhaltung und Reinigung der Baustraße im Werksgelände E.-Kieswerk.“</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Dieses Angebot nahm die Stadt mit Schreiben vom 19.08.1988 an, nachdem ihr unter dem 18.08.1988 eine Abschrift des Festpreisauftrages der Beklagten von der Klägerin übersandt worden war. Dabei machte die Stadt E. die Einschränkung, dass nur Aushubmaterial der Deponiestufe 2 eingebaut werden durfte.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Neben den Bodenklassen 3 bis 4 trat später teilweise Bodenklasse 2 auf. Die Entsorgung durch den mit der Stadt E. verabredeten Einbau des Aushubmaterials zu einem Lärmschutzwall wurde dadurch nach den Angaben der Klägerin so wesentlich und unvorhersehbar verteuert, dass sie mit Schreiben vom  26.Oktober 1988 Mehrkosten in Höhe von 167.581,27 DM anmeldete. Diese Mehrforderungen wies die Beklagte mit Schreiben vom 28. Oktober 1988 zurück.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Bereits zuvor hatte die  Klägerin in der Zeit vom 01.10. bis 25.10.1988 die Arbeiten an der Baustelle eingestellt und deren Fortsetzung davon abhängig gemacht, dass die Beklagte die angekündigten Mehrkosten übernimmt.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Ein weiterer Stillstand der Bauarbeiten erfolgte durch die Beklage für die Dauer von 10 Tagen zwecks Bohrung mehrerer Brunnen.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Unter dem 02.12.1988 erstellte die Klägerin dann bezüglich des Baugrubenaushubs die Schlussrechnung, die abzüglich der bereits von der Beklagten geleisteten Zahlungen in Höhe von 164.172,10 DM mit einem noch ausstehenden Betrag von 264.087,62 schließt.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Bezüglich des Auftrages vom 03.10.1988 ergab sich nach der von der Klägerin vorgenommenen Abrechnung vom 02.12.1988 ein Endbetrag von 10.239,09 DM, wobei Zahlungen der Beklagen in Höhe von insgesamt 14.301,61 DM sowie die Gegenrechnung der Beklagen vom 27.09.1988 über 1.105,80 DM berücksichtigt waren.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 08.12.1988 wies die Beklagte die Schlussrechnungen der Klägerin zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass die Leistungen aus beiden Aufträgen noch nicht voll erbracht seien und dass wegen der fehlenden Leistungen eine Abnahme noch nicht erfolgen könne.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Dieses Schreiben ließ die Klägerin unbeantwortet, weshalb die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 02.01.1989 aufforderte, mit ihr einen Abnahmetermin zu vereinbaren.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Als die Klägerin auch hierauf nicht reagierte, bestimmte die Beklagte einen Termin zur Abnahme auf den 11.01.1989, den sie der Klägerin mitteilte.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">An diesem Tag fand dann im Beisein der in dem Abnahmeprotokoll aufgeführten Personen in Abwesenheit der Klägerin eine Abnahme statt.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Bereits zuvor hatte die Beklagte der Klägerin unter dem 27.09.1988 1.105,80 DM für den Einbau eines beim Aushub zerstörten Pegels in Rechnung gestellt. Unter dem 07.10.1988 stellte sie der Klägerin wegen Lösens von Stand- und Sicherungshölzern 1.225,50 DM in Rechnung. Schließlich berechnete sie unter dem 11.10.1988 1.624,50 DM für einen von der Klägerin verursachten Schaden an der Wasserhaltungsanlage.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Am 11.11.1988 beantragte die Klägerin beim Landgericht Wuppertal den Erlass einer einstweiligen Verfügung zur Eintragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek in Höhe von 311.428,35 DM.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Mit Urteil vom 21.12.1988 wurde der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bis auf einen Betrag von 31.982,02 DM zurückgewiesen (Aktenzeichen 3 O 513/88 Landgericht Wuppertal).</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Die hiergegen gerichtete Berufung führte zu dem Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 11.07.1989 (Aktenzeichen 21 U 7/89, welches zu dem Ergebnis kommt, dass zugunsten der Klägerin ein Betrag von 73.901,14 DM sicherungsbedürftig ist.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Im Laufe des Berufungsverfahrens zahlte die Beklagten auf den Pauschalpreisvertrag weitere 27.470,66 DM und auf den Einheitspreisvertrag weitere 8.788,39 DM, jeweils brutto.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Mit der Klage begehrt die Klägerin die Zahlung von 274.326,71 DM und trägt dazu vor, zu ihren Gunsten ergäbe sich folgende Abrechnung:</p>
<span class="absatzRechts">39</span><table class="absatzLinks" cellspacing="0" cellpadding="0"><tbody><tr><td><p><strong>Pauschalpreis für Bodenaushub</strong></p>
</td>
<td><p><strong>245.000,00 DM</strong></p>
</td>
</tr>
<tr><td><p><strong>Mehrkosten für die Bodenklasse 2</strong></p>
</td>
<td><p>120.106,43 DM</p>
</td>
</tr>
<tr><td><p><strong>Forderung aus Stillstand</strong></p>
</td>
<td><p>10.560,00 DM</p>
</td>
</tr>
<tr><td><p><strong>Zwischensumme</strong></p>
</td>
<td><p>375.666,43 DM</p>
</td>
</tr>
<tr><td><p><strong>Zuzüglich 14% Mehrwertsteuer</strong></p>
</td>
<td><p>  52.593,29 DM</p>
</td>
</tr>
<tr><td><p><strong>Summe</strong></p>
</td>
<td><p>428.259,62 DM</p>
</td>
</tr>
<tr><td><p><strong>Abzüglich Zahlungen</strong></p>
</td>
<td><p>164.087,62 DM</p>
</td>
</tr>
<tr><td><p><strong>Zuzüglich Einheitspreisvertrag 309,74 lfm. Schlitzwände</strong></p>
</td>
<td><p>24.540,70 DM</p>
</td>
</tr>
<tr><td><p><strong>abzüglich Zahlungen</strong></p>
</td>
<td><p>14.301,61 DM</p>
<p>10.239,-- DM</p>
</td>
</tr>
<tr><td><p><strong>Gesamtsumme zugunsten der Klägerin</strong></p>
</td>
<td><p>174.326,71 DM.</p>
</td>
</tr>
</tbody>
</table>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Die Tatsache, dass der Boden in großem Umfang auf Grund von Verseuchung mit Altlasten der Bodenklasse 2 zugeordnet werden musste, sei ihr bei Abschluss des Vertrages nicht bekannt gewesen. Die Beklagte habe trotz Kenntnis der Umstände die Konterminierung des Bodens im Leistungsverzeichnis nicht erwähnt. Zum Zeitpunkt der Auftragserteilung hätten lediglich Bodengutachten vorgelegen, aus denen sich keine Rückschlüsse auf eine Bodenklasse entnehmen ließen.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Sie habe ihre Leistungen auch in vollem Umfang erbracht, der Bauleiter der Beklagten habe ausdrücklich angeordnet, dass die Rampe stehen bleiben solle, weil sie noch für andere Arbeiten benötigt werden. Gleiches gelte für die Berme- am West- und Ostgiebel an der Bahnstraße.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Die anteiligen Leistungen für das Belassen der Rampe und der Berme sei auf Grund eines gemeinsamen Aufmaßes in Abzug gebracht worden.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Von einer Kiesschicht sei ihr nichts bekannt gewesen, der Aushub unter den Aufzugsunterfahrachsen sei von ihr durchgeführt worden, während die Verfüllung von Pumpensümpfen und Arbeitsräumen an den Unterfahrten nicht zum Auftragsumfang gehört haben.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,  die Beklagte zu verurteilen, an sie 274.326,71 DM nebst 8 % Zinsen seit dem 02.12.1988 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen und entgegnet, der Klägerin sei der Inhalt des Bodengutachtens H. vom 19.03.1984 ebenso wie die tatsächlichen Bodenverhältnisse zum Zeitpunkt der Auftragserteilung bekannt gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin habe hinsichtlich des Pauschalauftrages Leistungen in Höhe von 11.096,85 DM und hinsichtlich des Einheitspreisauftrages in Höhe von 1.450,70 DM nicht erbracht.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Unter Berücksichtigung der drei Gegenrechnungen vom 29.07., 07.10. und 11.10.1988 sowie einer von der Klägerin verwirkten Vertragsstrafe in Höhe von 61.250,-- DM habe sich noch eine Restforderung der Klägerin in Höhe von insgesamt 36.259,-- DM brutto ergeben, die inzwischen durch die im Laufe des Berufungsverfahrens erbrachte Zahlung erfüllt sei.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Außerdem seien in Abzug zu bringen 1.225,-- DM vereinbarte Bauwesenversicherung sowie 20.463,00 DM Verzugsschaden, der durch die Zahlung von Objektzinsen in dieser Zeit vom 01.10.1988 bis 25.10.1988 durch den von der Klägerin zu vertretenden Baustillstand entstanden sei.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Schließlich sei die Auszahlung der vereinbarten Sicherheitsleistung in Höhe von 5 % der Auftragssumme (12.250,-- DM) noch nicht fällig.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Im Übrigen habe die Klägerin die als Schlusszahlung gekennzeichneten Zahlungen in Höhe von 27.470,60 DM und 8.788,39 DM vorbehaltslos angenommen, so dass sie aus den Schlussrechnungen keinerlei Rechte mehr leiten könne.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Das Gericht hat durch Vernehmung von Zeugen Beweis erhoben.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 04. Mai 1990 (Bl. 161-165 GA) verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Die Akten 3 O 513/88 Landgericht Wuppertal lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat gegen die Beklagte noch Anspruch auf Zahlung von Restwerklohn in Höhe von 70.845,91 DM gem. §§ 631, 632, 640, 641 BGB in Verbindung mit §§ 14 und 16 VOB/B.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Zugunsten der Klägerin ergibt sich folgende Abrechnung:</p>
<span class="absatzRechts">58</span><table class="absatzLinks" cellspacing="0" cellpadding="0"><tbody><tr><td><p>Pauschalpreis</p>
</td>
<td><p><strong>245.000,-- DM</strong></p>
</td>
</tr>
<tr><td><p><strong>Zuzüglich 14% Mehrwertsteuer</strong></p>
</td>
<td><p>34.300,-- DM</p>
</td>
</tr>
<tr><td><p><strong>Zwischensumme</strong></p>
</td>
<td><p>279.300,-- DM</p>
</td>
</tr>
<tr><td><p><strong>Abzüglich Zahlung</strong></p>
</td>
<td><p>164.172,-- DM</p>
</td>
</tr>
<tr><td><p><strong>Abzüglich Zahlung</strong></p>
</td>
<td><p>27.470,66 DM</p>
</td>
</tr>
<tr><td><p><strong>Summe</strong></p>
</td>
<td><p>87,756,34 DM.</p>
</td>
</tr>
<tr><td><p><strong>Einheitspreisvertrag</strong></p>
</td>
<td><p>21.526,93 DM</p>
</td>
</tr>
<tr><td><p><strong>Zuzüglich 14 % Mehrwertsteuer</strong></p>
</td>
<td><p>  3.013,77 DM</p>
</td>
</tr>
<tr><td><p><strong>Zwischensumme</strong></p>
</td>
<td><p>24.540,70 DM</p>
</td>
</tr>
<tr><td><p><strong>Abzüglich Zahlung inkl. Gutschrift über 1.150,80 DM</strong></p>
</td>
<td><p>14.301,61 DM</p>
</td>
</tr>
<tr><td><p><strong>Abzüglich Zahlung</strong></p>
</td>
<td><p>  8.788,39 DM</p>
</td>
</tr>
<tr><td><p><strong>Summe</strong></p>
</td>
<td><p>  1.450,70 DM</p>
</td>
</tr>
<tr><td><p><strong>Gesamtsumme zugunsten der Klägerin</strong></p>
</td>
<td><p>89.108,04 DM</p>
</td>
</tr>
<tr><td></td>
<td></td>
</tr>
<tr><td><p><strong>Hiervon sind abzusetzen:</strong></p>
</td>
<td></td>
</tr>
<tr><td><p><strong>Wegen nicht erbrachter Arbeiten betreffend den Pauschalauftrag</strong></p>
</td>
<td><p>11.096,85 DM</p>
</td>
</tr>
<tr><td><p><strong>Wegen Aufmaßdifferenzen betreffend den Einheitspreisvertrag</strong></p>
</td>
<td><p>1.450,70 DM</p>
</td>
</tr>
<tr><td><p><strong>Aus der Gegenrechnung vom 07.10.1988</strong></p>
</td>
<td><p>1.225,50 DM</p>
</td>
</tr>
<tr><td><p><strong>Aus der Gegenrechnung vom 11.10.1988</strong></p>
</td>
<td><p>  1.624,50 DM</p>
</td>
</tr>
<tr><td><p><strong>Verzugsschaden der Beklagten</strong></p>
</td>
<td><p>2.864,58 DM</p>
</td>
</tr>
<tr><td><p><strong>Gesamtsumme zugunsten der Klägerin</strong></p>
</td>
<td><p>70.845,91 DM</p>
</td>
</tr>
</tbody>
</table>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Dieser Betrag ist von der Beklagten mit 5 % seit dem 05. Februar 1989 zu verzinsen.</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Im Einzelnen gilt folgendes:</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Zunächst waren die von der Beklagten im Laufe des Berufungsverfahrens geleisteten Zahlungen in Höhe von 27.470,66 DM und 8.788,39 DM von der Klageforderung abzusetzen, da diese insoweit durch Erfüllung der Beklagten erloschen ist ( § 361 Abs. 1 BGB).</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">In Höhe dieser Beträge erweist sich die Klägerin im für die Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung als unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">In diesem Zusammenhang führt die vorbehaltslose Annahme der Schlusszahlungen – entgegen der Ansicht der Beklagten – nicht zur Ausschlusswirkung des § 16 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 VOB/B.</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Ein Vorbehalt seitens der Klägerin war entbehrlich, zum Zeitpunkt der Zahlungen der Beklagten war bereits der Rechtsstreit betreffend die einstweilige Verfügung zur Eintragung einer Bauhandwerksicherungshypothek in die zweite Instanz gelangt. Hieraus ist für die Beklagte eindeutig zu entnehmen gewesen, dass die Klägerin auf der Bezahlung der vollen geltend gemachten Werklohnforderung besteht, so dass der Beklagten im Zeitpunkt der „ Schlusszahlung“ klar erkennbar war, dass die Klägerin ihre Forderung voll aufrechterhalten wird (Vgl. BGH NJW 1978, 1485).</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Die von der Klägerin in Rechnung gestellte zusätzliche Forderung betreffend die von ihr behaupteten Mehrkosten wegen der vorgefunden Bestandteile der Bodenklasse 2 ist unbegründet. Der erkennende Einzelrichter hat keine Veranlassung, die zusätzliche Forderung der Klägerin anders zu beurteilen als es das Oberlandesgericht Düsseldorf in seinem Urteil vom 11. Juli 1989 im einstweiligen Verfügungsverfahren getan hat.</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die Entscheidungsgründe des oberlandesgerichtlichen Urteils Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">3.</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Soweit die Klägerin darüber hinaus wegen des zehntägigen Stillstandes der Baustelle durch das Bohren von Brunnen von der Beklagten 10.560,-- DM netto begehrt, hat sie diesen Betrag der Höhe nach nicht spezifiziert dargelegt. Es ist nicht nachvollziehbar, wieviel Arbeiter und welches Gerät der Klägerin durch den Stillstand der Baustelle nicht anderweitig eingesetzt werden konnte und wie sich der von der Klägerin behauptete Schaden im Einzelnen zusammensetzt. Hierzu hat die Klägerin nichts vorgetragen, weshalb ihre Klage insoweit nicht den Anforderungen an die die Substantiierungspflicht genügt.</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">4.</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">Als berechtigt in voller Höhe erweist sich der Abzug der Beklagten von 11.096,85 DM wegen nicht erbrachter Arbeiten der Klägerin betreffend den Pauschalauftrag.</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">Insoweit erhebt die Beklagte zu Recht die Einrede des nicht erfüllten Vertrages ( § 320  BGB), was zur Folge hat, dass die Klägerin als vorleistungspflichtige Werkunternehmerin die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt, dass sie die ihr obliegende Leistung in vollem Umfang erbracht hat (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, § 320 Rdnr. 3c) . Es kommt in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob der Bauleiter der Beklagten angeordnet hat, dass die Rampe und die Berme am West- und Ostgiebel stehen bleiben sollen, oder nicht.</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">Entscheidend ist vielmehr, ob die Klägerin die anteiligen Leistungen hierfür unter Zugrundelegung eines gemeinsamen Aufmaßes in Abzug gebracht hat.</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichtes fest, dass das unter dem 11.01.1989 erstellte Aufmaß nicht im Beisein der Klägerin erstellt wurde.</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">Die zuvor von Seiten der Klägerin genommen Aufmaße stellen dem gegenüber nur Teilaufmaße vor Fertigstellung der Arbeiten dar und können daher nicht der Schlussrechnung der Klägerin zugrunde gelegt werden.</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Es hätte der Klägerin oblegen, den Aufmaßtermin am 11.01.1989 wahrzunehmen. Da sie dies trotz Kenntnis des Termins unterlassen hat, trägt sie die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass sie die nicht erbrachten Leistungen in Abzug gebracht hat.</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">Die insoweit lediglich pauschale Behauptung der Klägerin genügt nicht der ihr obliegenden Substantiierungspflicht und erscheint im Hinblick darauf, dass die Klägerin den vollen ursprünglich vereinbarten Pauschalpreis in Rechnung gestellt hat wenig glaubhaft.</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich der von der Beklagten als nicht erbracht gerügten Kiesschicht war die Klägerin ausweislich des dem Pauschalpreisvertrag zugrundeliegenden Leistungsverzeichnisses zur Erbringung dieser Leistung im Rahmen des Pauschalpreises verpflichtet.</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">Das folgt eindeutig aus Ziffer 9 des Leistungsverzeichnisses. Dort heißt es, dass sämtliche Abweichungen von den theoretisch erforderlichen bzw. festgestellten Aushubprofilen einschließlich aller Folgekosten zu Lasten des Auftragsnehmers gehen, wobei ausdrücklich eine im Leistungsverzeichnis vorgesehene gesonderte Vergütung für vom Auftraggeber angeordnet Kiesfelder gestrichen worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">Gleiches gilt für den Aushub unter den Aufzugsunterfahrachsen.</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">Auch insoweit hätte es der Klägerin oblegen, substantiiert darzulegen, wann, durch wen und mit welchen Massen der Aushub unter den Aufzugsunterfahrachsen erbracht worden ist, da in dem Abnahmeprotokoll vom 11.01.1989 ausdrücklich festgehalten wurde, dass diese Arbeiten nicht erbracht wurden.</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Ansicht gehörten die Verfüllung der Pumpensümpfe und Arbeitsräume an den Unterfahrten zum Auftragsumfang der Klägerin, wie sich aus Ziffer 3 auf Seite 4 des Leistungsverzeichnisses ergibt.</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">5.</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">Als gerechtfertigt erweist sich ein weiterer Abzug der Beklagten in Höhe von 1.450,70 DM für die festgestellten Aufmaßdifferenzen an den Leitwänden, betreffend den Einheitspreisvertrag.</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">Hier gilt das unter Ziffer 4 gesagte entsprechend, auf Grund der unberechtigten Weigerung der Klägerin an dem Aufmaßtermin teilzunehmen, muss sie als beweisfällig gelten, was sich aus den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ergibt (vgl. Ingenstau-Korbion VOB, 10. Aufl., § 14 Rdnr. 14).</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">6.</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat aus positiver Vertragsverletzung sowohl die mit Rechnung vom 07.10.1088 als auch mit Rechnung vom 11.10.1988 ihr berechneten Schäden der Beklagten zu ersetzen.</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">Insoweit hat die Klägerin nicht bestritten, dass sie das Lösen der Stand- und Sicherungshölzer sowie den Schaden an der Wasserhaltungsanlage zu vertreten hat.</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">7.</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">Schließlich hat die Beklagte Anspruch auf Ersatz des ihr entstanden Verzugsschaden in Höhe von 2.864,58 DM durch die unbegründete Arbeitsunterbrechung der Klägerin im Oktober 1988, die die Klägerin vornahm, um ihre nicht berechtigten Forderung Nachdruck zu verleihen ( § 6 Nr. 6 VOB/B; vgl. Ingenstau-Korbin, a.a.O., § 6 Rdnr. 53 m.w.N.).</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">Zu ersetzen ist aber lediglich der der Beklagten wirklich entstandene Verzögerungsschaden.</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">Dieser beläuft sich lediglich auf 2.864,58 DM für von der Beklagten durch die Verzögerung mehr aufzubringenden Zinsen und nicht, wie die Beklagte meint, auf 20.463,90 DM.</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">Das folgt schon daraus, dass der von der Beklagten behauptete Zinsschaden in dieser Höhe bei einem Zinssatz von 8,25 % per anno auf eine Kreditaufnahme der Beklagten in Höhe von rund 3,5 Millionen DM hinweist.</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">Zum Zeitpunkt, als die Klägerin unberechtigterweise ihre Arbeiten einstellte, befand sich das Bauvorhaben im Stadium des Aushubs der Baugrube. Aus diesem Grund kann die Beklagte nicht mit Erfolg geltend machen, dass sie zu diesem Zeitpunkt bereits 3,5 Millionen DM Kredite aufgenommen habe.</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">Es ist daher, wie die Beklagte an anderer Stelle auch selbst vorträgt, davon auszugehen, dass zum Zeitpunkt der Einstellung der Arbeiten durch die Klägerin der Betrag der Kreditaufnahme 500.000,-- DM ausmachte, zumal dem die Klägerin der Höhe nach nicht entgegen getreten ist.</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">8,25 % Zinsen aus 500.000,-- DM für 25 Werktage ergibt einen Zinsbetrag von 2.864,58 DM.</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">8.</p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">Ein darüber hinausgehender Vertragsstrafenanspruch steht der Beklagten nicht zu.</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit Bezug genommen auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Oberlandesgerichts Düsseldorf im einstweiligen verfügungsverfahren. Der erkennende Einzelrichter hat auch hier keinerlei Veranlassung, die Frage der Vertragsstrafe anders zu beurteilen, zumal die Vertragsstrafeabrede bereits dann unwirksam ist, wenn die Strafe 0,5 % je Kalendertag ohne zeitliche Beschränkung beträgt ( vgl. BGHZ 85, 312).</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">9.</p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">Die mit Gegenrechnung vom 27.09.1988 der Klägerin berechneten 1.105,80 DM wegen eines beim Aushub zerstörten Pegels sind ausweislich der Rechnung der Klägerin vom 02.12.1988 betreffend den Einheitspreisvertrag bereits in Abzug gebracht worden. Dem ist die Beklagte nicht mehr entgegen getreten.</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks">10.</p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks">Auch einen Abzug für die von ihr bezahlte Bauwesensversicherung kann die Beklagte nicht geltend machen. Wenn die Beklage es verabsäumt, diesen Anteil im vorliegenden Auftragsschreiben nicht als Prozentsatz auszuweisen, so geht das zu ihren Lasten, da es nach ihren allgemeinen Vertragsbedingungen (§ 18 Nr. 5) in diesem Fall an der Umlagefähigkeit fehlt.</p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">Zuletzt kann die Beklagte auch keinen Sicherheitseinbehalt von 5 % der Bausumme des Pauschalvertrages geltend machen.</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat die allgemeinen Vertragsbedingungen der Beklagten nur mit der Maßgabe anerkannt, dass sich die 5 %-ige Sicherheit lediglich auf die Verfüllarbeiten bezieht (vgl. Schreiben der Klägerin vom 25.08.188).</p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">Da die Beklagte im Einzelnen nicht dargelegt hat, wie hoch der Anteil der Verfüllarbeiten am vereinbarten Pauschalpreis war, ist der insoweit vereinbarte Sicherheitseinbehalt nicht berechenbar, was vorliegend zu Lasten der Beklagten geht.</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks">III.</p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 342, 352, 353 HGB in Verbindung mit § 16 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 VOB/B. Ausweislich der Eingangsstempel der Beklagten sind ihr die Schlussrechnungen am 05.12.1988 zugegangen, weshalb der Werklohnanspruch der Klägerin am 05.02.1988 fällig wurde mit der Folge, dass die Klägerin ab diesem Tag von der Beklagten Fälligkeitsszinsen verlangen kann.</p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks">Ein weitergehender Verzugszins steht der Klägerin nicht zu.</p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks">Zum einen ist die Beklagte nicht durch die Erstellung oder Absendung der Schlussrechnung wirksam in Verzug gesetzt worden, zum anderen hat die Klägerin die Höhe des geltend gemachten Zinsschadens trotz Bestreitens der Beklagten nicht nachgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks">IV.</p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 709 und 108 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks">Streitwert: 274.326,71 DM</p>
|
315,093 | ag-lemgo-1990-06-21-17-c-8090 | {
"id": 690,
"name": "Amtsgericht Lemgo",
"slug": "ag-lemgo",
"city": 450,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 17 C 80/90 | 1990-06-21T00:00:00 | 2019-03-13T14:46:09 | 2022-10-18T15:09:07 | Urteil | ECLI:DE:AGLE:1990:0621.17C80.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits. </p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung des Beklagten hinsichtlich der Kosten durch Sicherheitsleistung von 1.000,-- DM abzuwenden, sofern nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p>
<p></p>
<p>Der Kläger darf die Sicherheit auch durch selbstschuldnerische unbefristete Bürgschaft einer deutschen Großbank, Volksbank oder Sparkasse leisten.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>T a t b e s t a n d</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte ist Pächter der Jagd pp. in pp. Die Parteien und der Zeuge pp. hatten vereinbart, die Jagd gemeinsam auszuüben. Für das Jagdjahr vom 1. April 1989 bis 31. März 1990 hatte der Kläger an den Beklagten 8.000,-- DM bezahlt.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Am 18. September 1989 kam es zwischen den Parteien zu einem Gespräch, dessen Inhalt von beiden Partein unterschiedlich dargestellt wird. Unstreitig ist, dass seit diesem Tag der Kläger sich an der gemeinsamen Jagt nicht mehr beteiligte.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger behauptet, der Beklagte habe ihn kurz zuvor zu Unrecht von einem abendlichen Ansitz auf Schwarzwild am Rande eines Maisackers verdrängt. Dadurch sei das Verhältnis der Parteien derart eingetrübt gewesen, dass sie übereinstimmend am 18. September 1989 beschlossen hätten, die gemeinsame Jagdausübung zu beenden. Der Beklagte habe dem Kläger versprochen, mit ihm nach dem Stand vom 1. Oktober 1989 abzurechnen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Kläger behauptet, ihm hätte jedenfalls noch der Abschuss eines Bockes und einiger Stücke Rehwild zugestanden, außerdem die Teilnahme an der winterlichen gemeinsamen Treibjagd sowie die Jagd auf Schwarzwild und Niederwild. Im übrigen ist er der Ansicht, dass es bei der rechtlichen Betrachtung ohnehin nicht auf die Ausbeute von Wildbret ankomme, sondern auf den Freizeitwert der Jagdausbeutung. Er meint deshalb, dass er gegen den Beklagten mit Rücksicht auf die zeitliche Aufteilung des Jagdjahres (1. April 1989 bis 31. März 1990) aus § 812 BGB einen Anspruch auf Rückzahlung von 4.000,-- DM habe.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragte,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 4.000,-- DM nebst 8 % Zinsen </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">seit dem 1. Dezember 1989 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragte,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Er behauptet, es habe zwischen den Parteien überhaupt keine Absprache über eine gemeinsame Jagdausübung gegeben. Der Beklagte sei Jagdgast des Klägers gewesen seit 1988 und habe freiwillig im Jahre 1988 6.000,-- DM und im Jahre 1988 8.000,-- DM gespendet.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich des Vorfalles vom 18. September 1989 behauptet der Beklagte:</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Parteien und der weitere Jagdausübende, der Zeuge pp. hätten vereinbart, dass im Herzen des Reviers kein Schwarzwild geschossen werden sollte, außerdem im Revier nur Knopfböcke geschossen werden sollten. Abredewidrig habe der Kläger mitten im Revier einen Frischling geschossen und außerdem einen Bock mit Gablergehörn geschossen, der nach den klaren Vertragsvereinbarungen geschont werden sollte. Als er deshalb Vorwürfe bekam, habe er sich uneinsichtig und beleidigt gezeigt und erklärt, dass er sich von der gemeinsamen Jagd zurückziehen wolle. Unstreitig händigte er sodann dem Kläger die Jagderlaubnis und die Schlüssel zur Jagdhütte aus und räumte diese.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte behauptet, der Kläger habe die ihm vertraglich zustehenden drei Böcke geschossen. Rehwild habe ohnehin seit 16. Oktober bzw. 31. Januar Schonfrist. In der restlichen Jagdzeit habe der Kläger allenfalls etwas Niederwild, Tauben oder Füchse schießen können. </p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte behauptet, dass durch das vorzeitige Aufhören des Klägers Unkosten nicht erspart worden seien. Sämtliche Unkosten der Jagdausübung des Jagdjahres 1. April 1989 bis 31. März 1990 seien unabhängig vom Ausscheiden des Klägers weitergelaufen. </p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Im übrigen wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Das Gericht hat gemäß seinem Beweisbeschluss vom 5. April 1990, Bl. 33 d. A., Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen pp. Bezüglich des Beweisergebnisses wird auf die Niederschrift vom 21. Juni 1990, Bl. 54 d. A., verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks"><b><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e </u></b></p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist nicht begründet. Ein Anspruch des Klägers gegen den Beklagten wegen des vorzeitigen Ausscheidens des Klägers aus der gemeinsamen Jagdausübung aus rechtsgrundloser Bereicherung, § 812 BGB, lässt sich nicht feststellen. Im einzelnen gilt:</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Der Kläger kann einen Anspruch aus Überzahlung von Pachtzins bzw. Unterpachtzins nicht aus den Regeln über den Jagdpachtvertrag ableiten, denn ein rechtswirksam abgeschlossener Jagdunterpachtvertrag zwischen den Parteien lässt sich nicht feststellen. Unstreitig waren die entsprechenden Vereinbarungen der Parteien zur gemeinsamen Jagdausübung lediglich mündlich abgesprochen. </p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Sowohl nach § 11 des Bundesjagdgesetzes als auch nach § 11 des Landesjagdgesetzes Nordrhein-Westfalen ist für einen Jagdpachtvertrag, auch Unterpachtvertrag, die Schriftform vorgeschrieben. Es ist deshalb, weil Pachtrecht nicht anzuwenden ist, nicht zulässig, zwischen den Parteien lediglich auf der Basis des Zeitablaufs abzurechnen, also die 12 Monate der ursprünglich in Aussicht genommenen gemeinsamen Jagdausübung ins Verhältnis zu setzen zu den knapp 6 Monaten der tatsächlichen gemeinsamen Jagdausübung.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Das Gericht folgt aber nicht der Rechtsansicht des Landgerichts Verden in seinem Urteil vom 9. Juni 1983 – 8 O 349/82 -, gleich Bl. 43 ff. d. A., dass die Formnichtigkeit des zwischen den Parteien nur mündlich abgeschlossenen Unterpachtvertrages die Rechtsfolge habe, dass nunmehr insgesamt zwischen den Parteien nach den Regeln der rechtsgrundlosen Bereicherung abzurechnen sei. Es ist vielmehr festzustellen, dass zwar ein Pachtvertrag zwischen ihnen nicht gilt, wohl aber ein Gesellschaftsvertrag, welcher nicht an die Schriftform gebunden ist. Danach ist festzustellen, dass die Parteien sich jedenfalls vertraglich zur gemeinsamen Jagdausübung sowohl im Jahre 1988, damals zu viert, als auch im Jahre 1989, nunmehr zusammen mit dem Zeugen pp. zu dritt, zusammengeschlossen haben, und zwar mit der ausdrücklichen Abrede, dass die bei der Jagdausübung entstehenden Unkosten zwischen ihnen geteilt werden sollten. Sie haben auch, wie der Zeuge pp. glaubhaft bekundet hat, hinsichtlich der Form der Jagdausübung, der Aufteilung der möglichen Abschüsse etc., der gemeinsamen Benutzung des angemieteten Jagdhauses klare vertragliche Abreden getroffen. Sie haben auch vereinbart, dass die voraussichtlichen Unkosten von 24.000,-- DM jährlich in gleichen Teilen zwischen ihnen aufgeteilt werden sollten, was im Jahre 1988 für jeden beteiligten Jagdausübenden einen Betrag von 6.000,-- DM ausmachte, im Jahre 1989 für nur noch drei Beteiligte demgemäß einen auf jeden entfallenden Betrag von 8.000,-- DM. Es kann also keine Rede davon sein, dass der Kläger dem Beklagten lediglich eine freiwillige Spende gab und das im Übrigen zwischen ihnen rechtsverbindliche vertragliche Beziehungen nicht eingegangen worden wären.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Das Rechtsverhältnis der Parteien richtet sich deshalb nach Gesellschaftsrecht, § 705 ff. BGB. Es gilt deshalb § 723 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Aufgrund des Aussage des Zeugen pp. ist bewiesen, dass nicht etwa die Parteien mit übereinstimmenden gegenseitigen Willenserklärungen einen auf die vorzeitige Beendigung der gemeinsamen Jagdausübung gerichteten Vertrag am 18. September 1989 geschlossen haben, sondern dass lediglich der Kläger eine einseitige, auf Vertragsbeendigung gerichtete Willenserklärung abgegeben hat, welche der Beklagte lediglich entgegengenommen hat, weil ihm nichts anderes übrig blieb. Dies hat der Zeuge pp. eindeutig so bekundet. Es handelt sich also um die vorzeitige Kündigung des Gesellschaftsvertrages durch den Kläger gemäß § 723 BGB. Da unstreitig die Gesellschaft der Parteien (und des Zeugen pp.) über das laufende Jagdjahr 1. April 1989 bis 31. März 1990 abgeschlossen war, ist eine vorzeitige Kündigung gemäß § 723 Abs. 1 S. 2 BGB vor Ablauf der Pachtzeit nur dann zulässig, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein solcher wichtiger Grund ist insbesondere dann vorhanden, wenn ein anderer Gesellschafter eine ihm nach dem Gesellschaftsvertrag obliegende wesentliche Verpflichtung vorsätzlich oder aus grober Fahrlässigkeit verletzt. Eine solche schwerwiegende Vertragsverletzung des Beklagten hat der Kläger nicht bewiesen. Der Zeuge pp. hat insoweit glaubhaft bekundet, dass zwar die Parteien ihm übereinstimmend und nicht kontrovers geschildert haben, dass wegen des Hochsitzes am Rande des Maisfeldes einige Zeit zuvor zwischen ihnen eine Unstimmigkeit herrschte. Der Beklagte hatte nämlich diesen Hochsitz sorgfältig und zeitaufwendig präpariert, indem er mehrere Tage zuvor schon Ablenkungsfütterungen angelegt hat, um auf diese Weise zu erreichen, dass Sauen, die aus dem Niedersächsischen über die Jagdgrenze hinweg in dieses Maisfeld zogen, in die Nähe des Abends zum Hochsitz gekommen sei, sei dieser schon vom Kläger besetzt gewesen. Der Beklagte habe den Kläger darauf hingewiesen, dass er, der Beklagte, den Hochsitz extra präpariert habe und auch den Wildwechsel der Sauen vorbereitet habe. Er habe den Kläger gebeten, doch an einer anderen Stelle anzusitzen. Das habe der Kläger daraufhin auch getan.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Der Zeuge pp. hat also insoweit erstens bekundet, dass zwischen den Parteien wegen dieser Geschichte überhaupt keine besondere Unstimmigkeit herrschte. Er hat außerdem bekundet, dass diese Geschichte ohnehin vom Kläger nicht zum Anlass genommen worden war, das gemeinsame Jagen zu beenden. Nach der Aussage des Zeugen pp. war die Ursache nämlich etwas wesentlich Anderes. Danach musste der Kläger zugeben, dass er entgegen den klaren Absprachen der Parteien und des Zeugen pp., nur Knopfböcke abzuschießen und im Herzen des Reviers kein Schwarzwild zu jagen, erstens einen gut entwickelten Bock geschossen habe, der hätte geschont werden sollen, und zweitens einen nur ca. 12 kg schweren Frischling mitten im Revier geschossen habe. Er habe deshalb von ihm, dem Zeugen pp erheblich Vorwürfe zu hören bekommen und daraufhin erklärt, er wolle mit dem gemeinsamen Jagen aufhören.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Damit steht fest, dass die Kündigung des Klägers am 18. September 1989 ungerechtfertigt und damit rechtsunwirksam war. Ein wichtiger Grund zur Kündigung, insbesondere eine erhebliche Vertragsverletzung durch den Beklagten, lag nicht vor. Es war im Gegenteil der Kläger selbst, der sich erheblich vertragswidrig verhalten hatten. </p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Aus Gesellschaftsrecht lässt sich also eine rechtsgrundlose Bereicherung des Beklagten ebenfalls nicht ableiten. Es ist vielmehr festzustellen, dass die vorzeitige Kündigung des Klägers am 18. September 1989 grundlos und damit rechtsunwirksam war und deshalb nicht die Rechtsfolge hatte, das Vertragsverhältnis, den Gesellschaftsvertrag der Parteien, vorzeitig zu beenden. Dieser fand demgemäß erst durch Zeitablauf am 31. März 1990 sein Ende. Folglich hat der Kläger seine vertragliche Einlage in Höhe von 8.000,-- DM mit Rechtsgrund aufgrund des geltenden Gesellschaftsvertrages der Parteien geleistet.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Lediglich zur Abrundung wird darauf hingewiesen, dass angesichts des bewiesenen Fehlverhaltens des Klägers und des nicht feststellbaren Fehlverhaltens des Klägers und des nicht feststellbaren Fehlverhaltens des Beklagten irgendwelche Schadensersatzansprüche des Klägers gegen den Beklagten nicht festzustellen sind. </p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist schließlich auch nicht aus § 782 BGB begründet.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Zwar behauptet der Kläger, dass die Parteien sich wenigstens dahingehend verglichen hätten, dass zwischen ihnen über die Gesellschaftseinlage des Klägers per 1. Oktober 1989 abzurechnen sei, und zwar in der Form, dass jedenfalls der Beklagte dem Kläger bestimmte Geldbeträge zurückzuerstatten habe. Zwar wäre grundsätzlich eine solche Abrede als Schuldversprechen oder Schuldanerkenntnis im Wege eines Vergleichs formfrei wirksam. Der Kläger hat aber den Schluss seines solchen Vergleiches nicht bewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Der Zeuge pp. hat nicht bestätigt, dass am 18. September 1989 die Parteien vereinbart hätten, in irgendeiner Weise miteinander abzurechnen.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist auch nicht deshalb aus § 812 BGB begründet, weil etwa durch das vorzeitige Ausscheiden des Klägers aus der Gesellschaft der Beklagte etwas erspart hätte. Durch die Aussage des Zeugen pp. steht fest, dass die Unkosten der Jagdausübung des Jagdjahres 1. April 1989 bis 31. März 1990 durch die gemeinsam aufgebrachten 24.000,-- DM nicht einmal in voller Höhe gedeckt waren, sondern dass der Beklagte und er, der Zeuge pp., am Ende noch je ca. 1.000,-- DM zuschießen mussten. Der Zeuge pp. hat insoweit glaubhaft bekundet, dass die jährliche Jagdpacht allein 20.000,-- DM betrage, das Entgelt des des Jagdaufsehers 1.000,-- DM, der Mietzins für das Jagdhaus monatlich 75,-- DM, dass zusätzlich ein Entschädigungsbetrag für Wildverbiss im Wald an den Landesverband zu zahlen sei, die Kosten der jährlichen Treibjagd und des Treiberfestes und Unkosten für die Pacht und Bestellung eines Wildackers. Die Unkosten der Jagd sind also durch das vorzeitige Ausscheiden des Klägers um keinen Pfennig geringer geworden. Man könnte allenfalls in Auge fassen, dass der Kläger in der verbleibenden Jahreshälfte noch etwas Wildbret hätte schießen können, welches nunmehr in dem Jagdgebiet verblieb und deshalb in irgendeiner Weise dem Beklagten und dem Zeugen pp. zugute kam. In dieser Beziehung hat der Kläger aber nicht konkret genug vorgetragen, insbesondere auch keinerlei Bezifferungen vorgenommen, so dass das Gericht nicht in der Lage ist, hier irgend etwas festzustellen.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Auf diesen Punkt hätte das Gericht bereits im Beweisbeschluss vom 5. April 1990 hingewiesen, ohne dass der anwaltlich vertretene Kläger konkreten und bezifferten Sachvortrag gebracht hätte.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Ziff. 11, 711 ZPO.</p>
|
315,094 | lg-wuppertal-1990-06-13-8-s-7590 | {
"id": 818,
"name": "Landgericht Wuppertal",
"slug": "lg-wuppertal",
"city": 509,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 8 S 75/90 | 1990-06-13T00:00:00 | 2019-03-13T14:46:10 | 2022-10-18T15:09:07 | Urteil | ECLI:DE:LGW:1990:0613.8S75.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die vom Amtsgericht Remscheid durch Urteil vom 27. März 1990 erlassene einstweilige Verfügung wird aufgehoben.</p>
<p>Der Antrag der Antragsteller vom 13. März 1990 auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Kosten des Verfahrens haben die Antragsteller zu tragen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Entscheidungsgründe</span></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das angefochtene Urteil, auf dessen Tatbestand gemäß § 543 Abs. 1 ZPO Bezug genommen wird, ist zulässig und begründet.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Antragsgegnerin ist im Rahmen des zwischen den Parteien abgeschlossenen Stromlieferungsvertrages für die von den Antragstellern bewohnte Wohnung im Hause XXX nicht mehr verpflichtet, diese mit Strom zu beliefern. Sie war und ist vielmehr gemäß § 273 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 33 Abs. 2 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Elektrizitätsversorgung von Tarifkünden (AVBEltV) berechtigt, die Stromversorgung einzustellen. Die Antragsteller befanden sich nämlich im Juli 1988 aus früheren Versorgungsverhältnissen mit der Antragstellerin in Zahlungsrückstand hinsichtlich eines Betrages in Höhe von 3.601,26 DM; bis März 1990 haben sie hierauf nur insgesamt 851,26 DM gezahlt und im April und Mai 1990 je weitere 30,— DM geleistet.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Es kann dahinstehen, ob eine Einstellung der Versorgung schon dann gerechtfertigt wäre, wenn die Rückstände alleine oder im wesentlichen aus einem früheren Versorgungsverhältnis eines Gewerbebetriebes herrühren würden,, Der für die Annahme »desselben rechtlichen Verhältnisses" (Konnexität) im Sinne des <em>§</em> 273 BGB erforderliche innere wirtschaftliche und natürliche Zusammenhang ist nämlich jedenfalls dann gegeben, wenn die Ansprüche aus der Abnahme von Strom desselben Energieversorgungsunternehmens durch einen Kunden für einen Versorgungsbereich entstehen, auch wenn die Abnahmestelle (= Wohnung) zwischenzeitlich gewechselt hat ( so z.B. auch LG Bonn, MDR 1987, 844). Dies ist vorliegend der Fall. Unstreitig rührte der im Juli 1988 bestehende Rückstand nämlich lediglich in Höhe von 1.4o1,17 DM aus dem gewerblichen Versorgungsverhältnis P Straße  her; die restlichen Fehlbestände waren hingegen aus der Versorgung von Wohnungen entstanden, nämlich in Höhe von 2<sub>.</sub>o3o,81 DM hinsichtlich des Objekts Kstraße  und in Höhe von 169,28 DM aus dem Versorgungsverhältnis Lstraße . Dass, in welcher Höhe genau und für welches Objekt Rückstände entstanden waren, war den Antragstellern aufgrund der ihnen jeweils übersandten Rechnungen bekannt. Auch wenn man die zwischenzeitlich geleisteten Zahlungen der Antragsteller - anders als es die Antragsgegnerin getan hat - in vollem Umfange auf die Rückstände aus den Versorgungsverhältnissen für Wohnraum verrechnen würde, so blieben allein hieraus noch Rückstände in Höhe von 1.288,83 DM. Da die Antragstellerin nach ihrem eigenen Vorbringen - nicht mehr als monatlich 30,— DM auch in Zukunft auf die Rückstände zahlen werden, kann die Antragsgegnerin auch nicht mit einer alsbaldigen Erfüllung dieser Forderung rechnen. Allein dieser Rückstand rechtfertigt schon die Einstellung der Versorgung, ohne daß es auf die weiteren Rückstände aus dem früheren gewerblichen Versorgungsvertrag ankommt. Ohne Bedeutung ist schließlich, ob die Antragsteller zu einer höheren monatlichen Zahlung nicht in der Lage sind. Entscheidend ist allein, dass eine alsbaldige Realisierung der Forderung nicht zu erwarten ist. Die gemäß § 33 Abs, 2 erforderliche Androhung der Versorgungseinstellung ist schließlich bereits im Januar 1990 erfolgt. Nach alledem war die Antragsgegnerin somit berechtigt, den Antragstellern die Stromzufuhr für ihre Wohnung XXX zu sperren, so dass ein Verfügungsanspruch nicht bestellte</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Streitwert: 75o,— DM.</p>
|
315,095 | ag-neuss-1990-06-13-30-c-14790 | {
"id": 713,
"name": "Amtsgericht Neuss",
"slug": "ag-neuss",
"city": 473,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 30 C 147/90 | 1990-06-13T00:00:00 | 2019-03-13T14:46:11 | 2022-10-18T15:09:07 | Urteil | ECLI:DE:AGNE:1990:0613.30C147.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>2.</p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.</p>
<p></p>
<p>3.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 1.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.</p>
<p></p>
<p>4.</p>
<p>Streitwert: 6.585,60 DM</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Tatbestand:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten haben von der Klägerin die Wohnung in O angemietet.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Mietvertraglich ist vereinbart, dass die Monatsmiete jeweils im voraus, spätestens bis zum 3. Werktag des laufenden Monats zu zahlen ist.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten zahlen die Mieten seit Mai 1989 mit nicht unerheblichen Verzögerungen; letztere erreichen teilweise die Dauer von bis zu einem Monat.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 01.02.1990 wurden die Beklagten durch die Klägerin aufgefordert, sich künftig vertragsgetreu zu verhalten und für eine rechtzeitige Mietzahlung zu sorgen. Gleichzeitig wurden die Beklagten darauf hingewiesen, dass ständige und wiederholte verspätete Zahlungen die Kündigung rechtfertigen können.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Nachdem die Februar-Miete bis zum 14.02.1990 nicht gezahlt war, hat die Klägerin mit Schreiben dieses Datums das Mietverhältnis fristlos gekündigt.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">die Beklagten zu verurteilen, die im Erdgeschoss des Hauses..... in O rechts gelegene Wohnung, bestehend aus 3 Y, Küche, Diele, Bad, Abstellraum, Loggia und Kellerraum zu räumen und ordnungsgemäß an die Klägerin herauszugeben.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Bezüglich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die wechselseitigen Schriftsätze und deren Anlagen verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Klage war mangels eines Anspruchs der Klägerin gegen die Beklagten abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Kündigung der Klägerin vom 14.02.1990 ist unwirksam. Zwar ist anerkannt, dass ständige verspätete Mietzinszahlungen durch einen Mieter dem Vermieter ein Recht zu fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses aus wichtigem Grund geben. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass der Mieter vor Erklärung der Kündigung ordnungsgemäß abgemahnt und dass ihm Gelegenheit gegeben worden ist, sein zukünftiges Verhalten betreffend die Mietzinszahlungen an den mietvertraglichen Vereinbarungen auszurichten (vgl. Palandt, 48. Aufl., § 545 a, Anm. 3 b; Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., Abschnitt IV, Randnummer 393). Dabei muss zwischen der Abmahnung und der Kündigung ein im Verhältnis zum Mietvertragsverstoß zu sehender ausreichender Zeitraum liegen, um dem Mieter eine tatsächliche Gelegenheit zu geben, sein vertragswidriges Verhalten zu beenden (vgl. Sternel, aaO, Randnummer 394). Eine solche ausreichende Frist ist im vorliegenden Falle mit den 14 Tagen, die zwischen Abmahnung und Kündigungserklärung liegen, nicht gewahrt. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass das Schreiben vom 01.02.1990 keine Fristsetzung oder auch nur eine grobe Angabe der Klägerin enthält, innerhalb welchen Zeitraums die Klägerin eine Veränderung des vertragswidrigen Verhaltens der Beklagten erwartete. Auch die sonstige Formulierung des Schreibens vom 01.02.1990 - die Beklagten werden aufgefordert, sich künftig vertragsgetreu zu verhalten und für eine rechtzeitige Mietzahlung T zu tragen - konnte bei den Beklagten nicht den Eindruck erwecken, dass die Sache aus Sicht der Klägerin von besonderer Brisanz war, zumal die Klägerin vorher ca. 9 Monate die verspäteten Mietzinszahlungen unbeanstandet gelassen hatte. Der Klägerin war zudem aus Vorprozessen bekannt, dass die Einkommens- und Vermögenslage der Beklagten nicht zum besten bestellt ist; angesichts dieses Umstandes konnte die Klägerin selbst nicht davon ausgehen, dass es den Beklagten möglich sein würde, innerhalb weniger Tage zu einer pünktlichen Zahlungsweise überzugehen. Es durfte schließlich nicht verkannt werden, dass es sich auch bei ständigen verspäteten Mietzinszahlungen zunächst nicht um einen Vorgang handelt, der die Interessen der Vermieterseite über die entstehenden Zinsverluste und den etwas erhöhten Verwaltungsaufwand hinaus in einer solch erheblichen Weise beeinträchtigt, dass eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses berechtigt wäre. Vielmehr ist ein erhebliches Interesse erst dann zu bejahen, wenn der Vermieter trotz ordnungsgemäßer Abmahnung und ausreichender Frist schuldhaft sein vertragswidriges Verhalten fortsetzt (Sternel, aaO, Randnummer 526).</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Danach ist die Frist von 14 Tagen zwischen Abmahnung und Kündigungserklärung als nicht ausreichend anzusehen, zumal Umstände wie Postlaufzeiten, Schritte zur Geldbeschaffung und Überweisungsdauer berücksichtigt werden müssen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Da es somit an einer schuldhaften Fortsetzung der Vertragswidrigkeit auf Seiten der Beklagten fehlt, ist die Kündigung der Klägerin vom 14.02.1990 unwirksam.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Soweit die Klägerin mit nachgelassenem Schriftsatz vom 25.05.1990 das Mietverhältnis unter Berufung auf einen Mietrückstand von mehr als zwei Monatsmieten gekündigt hat, konnte dies gem. § 296 a ZPO nicht berücksichtigt werden. Der Schriftsatz war der Klägerin im Hinblick auf den Schriftsatz der Beklagten vom 15.05.1990 vorbehalten worden. Letzterer enthält keinerlei Hinweise auf bestehende Mietrückstände. Die Behauptung der Klägerin, dass nunmehr mehr als zwei Monatsmieten in Rückstand seien, ist somit neues Vorbringen, welches mit den Ausführungen der Beklagten nicht in direktem Zusammenhang steht. Der Klägerin war auch ohne weiteres möglich, zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 16.05.1990 zum vermeintlich bestehenden Mietrückstand vorzutragen, da zwischen dem 16.05.1990 und dem Datum des Schriftsatzes vom 25.05.1990 ein weiterer Mietfälligkeitszeitpunkt nicht liegt und der Mietrückstand, seine Richtigkeit vorausgesetzt, schon am 16.05.1990 bestanden haben muss. Der Klägerin war es daher ohne weiteres möglich, sich über den Mietrückstand und eine vorsorglich erneut ausgesprochene fristlose Kündigung im Termin vom 16.05.1990 zu äußern. Da dies nicht geschehen ist, konnte dieses Vorbringen gem. § 296 a ZPO nicht mehr berücksichtigt werden.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Klage war somit abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.</p>
|
315,096 | olgk-1990-06-12-3-u-14689 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 3 U 146/89 | 1990-06-12T00:00:00 | 2019-03-13T14:46:13 | 2022-10-18T15:09:07 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1990:0612.3U146.89.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 5. Mai 1989 - 89 0 207/88 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 7.000, — DM abwenden, wenn nicht zuvor der Gegner in gleicher Höhe Sicherheit leistet. Die Sicherheiten können auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer E Großbank, Genossenschaftsbank oder öffentlichen Sparkasse erbracht werden.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">  Tatbestand</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger begehrt als Konkursverwalter über das Vermögen der X GmbH vom Beklagten als Konkursverwalter über den Nachlaß des im April 1985 verstorbenen Immobilienkaufmanns L Feststellung von Konkursforderungen zur Konkurstabelle.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">L hatte 1981 98,5% der Kommanditanteile der „X Grundbesitzanlagen GmbH & Co KG" (im folgenden „KG" genannt), erworben. Inhaber der restlichen Anteile war die Q mbH. Komplementärin der KG war die X Grundbesitzanlagen GmbH, deren Anteile L zu 97% erwarb, während als Erwerber der restlichen 3% seine Lebensgefährtin T auftrat. Die KG hielt an der weiteren Gesellschaft „X GmbH" (im folgenden „GmbH" genannt). 97% der Anteile; als Inhaber der restlichen 3% trat Frau T auf.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Frau T, die zur Geschäftsführerin sowohl der KG wie auch der GmbH bestellt worden war, fungierte nach dem Vortrag des Klägers als völlig willfähriges Werkzeug von L. Sie habe bei ihrer Tätigkeit nicht auf die Belange der Gesellschaften, sondern widerspruchslos und ungeachtet aller rechtlichen Bedenken allein auf die Anweisungen Ls abgestellt. Infolgedessen seien die GmbH und die KG zu einem jedweder Selbständigkeit beraubten Teil des „L-Imperiums" geworden, das dieser in autokratischer Manier allein beherrscht habe.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Ab Februar 1981 verschaffte sich L finanzielle Mittel durch Aufnahme von Darlehen bei verschiedenen Hypothekenbanken, und zwar bei der C Hypotheken- und Wechselbank 11 Darlehen über einen Gesamtbetrag von 23.528.000, — DM, bei der E Hypothekenbank G 14 Darlehen über 14.645.000, — DM und bei der X2 Hypothekenbank 4 Darlehen über 1.500.000, — DM. Für sämtliche Darlehen bei der C Hypotheken- und Wechselbank sowie für 11 Darlehen bei der E Hypothekenbank übernahmen die GmbH und für drei Darlehen der E Hypothekenbank und für sämtliche Darlehen bei der X2 Hypothekenbank die KG jeweils mit ihrem Grundbesitz die dingliche und zusätzlich auch die persönliche Haftung. Die Darlehensverträge mit der E Hypothekenbank wurden außer von L auch von der GmbH und der KG mitunterschrieben.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Nach dem Tod Ls wurde am 24.Januar 1986 der Nachlaßkonkurs eröffnet. Über das Vermögen der GmbH wurde das Konkursverfahren am 31. Januar 1986 eröffnet.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">L hatte der GmbH fortlaufend Einnahmen u.a. aus Mieteingängen entzogen. Die daraus resultierende Forderung der GmbH gegen den Nachlaß L auf dem „Verrechnungskonto L" beträgt 9.692.607,84 DM. Diesen Anspruch hat der Beklagte zur Tabelle des Nachlasses anerkannt.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die drei Gläubigerbanken haben die GmbH und die KG aus den an ihren Grundstücken bestellten Grundschulden in Anspruch genommen. Die Erlöse aus diesen Verwertungen und die noch verbliebenen persönlichen Forderungen gibt der Kläger bezüglich der GmbH mit 50.454.118.31 DM an.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">In dem „Jahresabschluß" per 29.1.1986 in der Fassung vom 30.6.1988 hat der Kläger ( „Passiva I Nr. 3") die „Haftungsverbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten<sup>“</sup> mit 50.454.118,31 DM angesetzt und die Forderungen gegen den Nachlaß L ( „Erläuterungen zu den Aktiva II Nr. 2") wegen der vorgenannten Forderung aus dem Verrechnungskonto über 9.692.607,84 DM und der Rückgriffsrechte wegen dinglicher Sicherung über 50.454.118,31 DM gegen den Nachlaß L mit dem „Erinnerungswert" von 1,— DM aktiviert. Die Bilanz endet dann mit einem Verlust in Höhe von 22.123.011,90 DM. Wegen dieses Betrages macht der Kläger einen Anspruch auf Ausgleich des erlittenen Bilanzverlusts geltend. Der Beklagte hat die angemeldeten Regreß- und Erstattungsforderungen und die konzernrechtliche Ausgleichsforderung bestritten.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat vorgetragen:</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Wegen der Vermögensverluste in Höhe von 50.454.118,31 DM, die infolge der dinglichen Sicherung und der persönlichen Mithaft der GmbH eingetreten seien. ergebe sich ein Rückgriffsanspruch gegen den Nachlaß L aus § 426 Abs. 1 BGB, da im Innenverhältnis L allein verpflichtet gewesen sei, die Schuld zu tragen; dieser Anspruch sei auch zur Konkurstabelle festzustellen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Außerdem stehe der GmbH ein Anspruch aus §§ 31 Abs. 1, 30 Abs. 1 GmbHG zu; die Belastung der Grundstücke und die Mitverpflichtung der GmbH zur Sicherung der Darlehen Ls stellten eine Auszahlung des Stammkapitals an den faktischen Alleingesellschafter L dar. Dieser Anspruch unterfalle nicht dem Doppelanmeldungsverbot des § 68 KO, da es sich insoweit nicht um dieselbe Forderung handele, die die Darlehensgläubiger im Nachlaßkonkurs geltend machten. Ein Erstattungsanspruch ergebe sich auch aus dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung und der Verletzung der Treuepflicht von L gegenüber der GmbH.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die GmbH könne daneben vorn L—Nachlaß nach den Grundsätzen über den sogenannten qualifizierten faktischen GmbH-Konzern auch Ausgleich des ausgewiesenen Bilanzverlusts in Höhe von 22.123.011,90 DM verlangen, da dieser ausschließlich konzernbedingt sei.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">die Forderung des Klägers in Höhe von 72.577.130,21 DM zur Konkurstabelle festzustellen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Er hat die dinglichen Belastungen und die Haftungsübernahmen der GmbH und der KG für nichtig gehalten. Er hat hierzu insbesondere ausgeführt, daß die unbegrenzte Haftungsübernahme in den Formularen der Hypothekenbanken eine Überraschungsklausel darstelle, die nach §§ 3, 9 AGBG nichtig sei, und daß die Besicherungen wegen Verstoßes gegen § 30 GmbHG insgesamt gemäß § 134 BGB nichtig seien.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Vor allem aber hat der Beklagte sich auf das aus § 68 KO, § 33 VerglO herzuleitende Verbot der Doppelanmeldung von Forderungen im Konkurs berufen. Er hat hierzu die Auffassung vertreten, daß das Verbot der Forderungsvervielfachung im Konkurs des Hauptschuldners nicht nur der Anmeldung der Regreßforderungen aus § 426 BGB entgegenstehe, sondern daß auch die geltend gemachten Forderungen aus unerlaubter Handlung und Treuepflichtverletzung sowie aus §§ 30, 31 GmbHG und aus §§ 302, 302 AG analog aus dem gleichen Grunde nicht zur Tabelle festgestellt werden könnten. Insoweit könne es nicht darauf ankommen, ob diese Forderungen auf einem selbständigen Rechtsgrund beruhten; entscheidend sei vielmehr allein, ob die Inanspruchnahme aus demselben Vorgang herrühre und ob die Forderungen außerhalb des Konkurses insgesamt nur einmal zu befriedigen wären. Die fraglichen Ansprüche der GmbH und der KG könnten nur dann im Nachlaßkonkurs L angemeldet werden, wenn die Banken ihre Forderungen nicht (mehr) im Nachlaß geltend machten.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Er hat ausgeführt, daß der konzernrechtliche Verlustausgleichsanspruch die Regreßforderung wegen der Besicherungen lediglich in anderer Form darstelle. Da in der Bilanz nämlich die Haftungsverbindlichkeiten gegenüber den Kreditinstituten in der vollen Höhe von 50.454.118,31 DM passiviert seien, müsse auch die entsprechende Ausgleichsforderung gegen den Nachlaß L in dieser Höhe angesetzt werden. Werde diese Forderung aber auf den Betrag von 1, — DM abgeschrieben, dann werde auf diesem Wege der im Konkursverfahren nicht anzuerkennende Regreßanspruch in der bilanzmäßigen Gestalt eines Verlustausgleichsanspruchs im Ergebnis gleichwohl zur konkursmäßigen Befriedigung angemeldet. Auch dürfe die zur Konkurstabelle bereits anerkannte Forderung aus dem Verrechnungskonto über 9.692.607,84 DM nicht im Konkursstatus auf 1, — DM abgeschrieben werden. Für die Frage, in welchem Umfang die Konkursmasse mit Forderungen belastet werden könne, sei nämlich vom Prinzip der vollen Nominalbeträge auszugehen; die Berücksichtigung der Forderung durch Feststellung zur Tabelle sei konkursmäßig der vollen Zahlung gleichzusetzen, so daß eine anerkannte Forderung nicht zur Ermittlung weiterer Konkursforderungen unbewertet gelassen werden dürfe. Da der Bilanzverlust von in Höhe von 22.123.011,90 DM nur aus der konkursmäßig nicht korrekten Bilanzierung resultiere, könne er nicht anerkannt werden.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im ersten Rechtszuge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat die geltend gemachten Rückgriffsansprüche aus § 426 Abs. I. BGB und §§ 31, 30 GmbHG sowie aus unerlaubter Handlung und Treuepflichtverletzung zwar an sich für begründet erachtet; wegen des Verbots der Doppelanmeldung von Forderungen im Konkurs hat es jedoch die Feststellung dieser Ansprüche zur Konkurstabelle abgelehnt. Wegen der weiteren Begründung wird auch insoweit auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Mit der form- und fristgerecht eingelegten und auch rechtzeitig begründeten Berufung macht der Kläger geltend:</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks"> Das Landgericht sei zwar zutreffend davon ausgegangen, daß L und die GmbH gegenüber den Gläubigerbanken wegen der Bestellung der dinglichen Sicherheiten durch die GmbH, der Mitunterzeichnung der Darlehensverträge und der Abgabe abstrakter Schuldversprechen durch diese Mitschuldner im Sinne des § 421 BGB geworden seien und daß L im Innenverhältnis allein verpflichtet gewesen sei; es habe aber zu Unrecht die Feststellung der daraus resultierenden Rückgriffsforderungen als Konkursforderungen abgelehnt. Das Verbot der Doppelanmeldung beeinträchtige nämlich den Charakter der Rückgriffsansprüche als Konkursforderungen nicht. Die Rückgriffsansprüche der GmbH müßten deshalb als bedingte Forderungen im Sinne des § 67 KO festgestellt werden. Das Ziel des Doppelanmeldeverbots, eine mehrfache Inanspruchnahme der Konkursmasse wegen derselben Forderung zu vermeiden, könne dadurch erreicht werden, daß die Berücksichtigung der festgestellten Forderungen unter der zusätzlichen Bedingung der Nichtteilnahme der Banken als Hauptgläubiger gestellt werde.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Zu Unrecht habe das Landgericht auch den Erstattungsanspruch aus § 31 GmbHG und die Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung und Treuepflichtverletzung dem Verbot der Doppelanmeldung unterstellt. Es handele sich hierbei um selbständige Ansprüche aus dem Verhältnis von L zur GmbH, die auch im weitesten Sinne nicht als Regreßansprüche aus der gesamtschuldnerischen Haftung gegenüber den Gläubigerbanken angesehen werden könnten. Dies gelte bereits deshalb, weil der einmal entstandene Anspruch aus § 31 GmbHG selbst durch nachträgliches Auffüllen des Stammkapitals nicht wieder untergehe.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Bezüglich der Ansprüche aus faktischem qualifiziertem Konzernverhältnis habe das Landgericht die Aktivlegitimation des Klägers zu Unrecht verneint. Selbst wenn man nur eine entsprechende Anwendung der §§ 303, 322 Abs. 2 und 3 AktG annehme, ergebe sich die Aktivlegitimation aus § 171 Abs. 2 HGB analog. Diese Ausgleichsforderung unterfalle auch nicht dem Doppelanmeldeverbot. Unabhängig davon existierten auch noch durch Aktiva nicht gedeckte Verbindlichkeiten der Gemeinschuldnerin in Höhe von insgesamt 6.203.272,72 DM, die nicht auf die Besicherung von Krediten zurückzuführen seien; diese Positionen werden im einzelnen im Schriftsatz des Klägers vom 14.5.1990 aufgeführt.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung des angefochtenen Urteils die vom Kläger im Konkursverfahren AG Köln - 71 N 641/85 - angemeldete Forderung über den vom Beklagten anerkannten Betrag von 9.692.607,84 DM hinaus in Höhe von weiteren 72.577.130,21 DM, insgesamt also in Höhe von 82.269.738,05 DM, zur Konkurstabelle festzustellen;</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">hilfsweise, ihm nachzulassen, Sicherheiten auch durch selbstschuldnerische Bürgschaften einer E Großbank, Volksbank oder öffentlichen Sparkasse erbringen zu können.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">die gegnerische Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Er tritt dem angefochtenen Urteil insoweit bei, als die Feststellung der Regreri-- ansprüche wegen des Verbots der Doppelanmeldung abgelehnt worden ist. Im übrigen hält er seine Auffassung, daß die Übernahme der Belastungen durch die GmbH nichtig seien, aufrecht. Bezüglich der konzernrechtlichen Ausgleichsforderung des Klägers sieht er einen ausgleichsfähigen Verlust nicht als nachgewiesen an, was im einzelnen dargelegt wird. Im übrigen wiederholt und vertieft der Beklagte sein früheres Vorbringen.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst den überreichten Unterlagen Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks"><strong>Entscheidungsgründe</strong></p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Landgericht hat die gemäß § 146 KO zulässige Klage auf Feststellung bestrittener Forderungen zur Konkurstabelle im Ergebnis mit Recht abgewiesen. Dabei kann dahinstehen, ob die Einwendungen des Beklagten gegen Grund und Höhe der geltend gemachten Forderungen durchgreifen. Denn es handelt sich insoweit sämtlich um Regreßansprüche oder diesen gleich zu bewertende Ausgleichsforderungen, die im Konkurs nicht gleichzeitig mit den Ansprüchen der Hauptgläubiger, nämlich der Hypothekenbanken, angemeldet werden können; einer solchen Anmeldung steht jeweils das aus § 68 KO in Verbindung mit § 33 Verg10 analog hergeleitete Verbot der Doppelanmeldung im Konkurs entgegen.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">1. Die Rückgriffsansprüche der GmbH gegen den Nachlaß L aus § 426 BGB berechtigen - ihr Bestehen immer unterstellt - den Kläger nicht, am Nachlaßkonkursverfahren teilzunehmen. Denn die Regreßforderungen aus der Mithaft mit L, sei diese aus der dinglichen Besicherung, der Abgabe abstrakter Schuldversprechen oder der Schuldmitübernahme durch die GmbH begründet, können nicht neben den Ansprüchen der Hauptgläubiger angemeldet werden. Andernfalls müßte die Konkursmasse nämlich zwei Gläubiger nebeneinander befriedigen, von denen der Schuldner außerhalb des Konkurses nur den einen oder den anderen zu befriedigen hätte; diese eine Schuld darf durch den Konkurs nicht verdoppelt werden (vgl. RGZ 14, 172, 175; BGHZ 27, 51, 53; BGHZ 39, 319. 327 und BGHZ 55, 117, 120; Jaeger-Henckel § 3 Rdnr. 54).</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Die Regelung des § 68 KO gestattet dem Gläubiger, dem mehrere Personen nebeneinander für dieselbe Leistung auf das Ganze haften, im Konkurs in jedem Verfahren den vollen Betrag seines Anspruchs geltend zu machen, bis er vollständig befriedigt ist. Die Beteiligung der Gläubigerbanken am Konkursverfahren L würde allerdings eine Teilnahme des Klägers insoweit nicht blockieren, als es um selbständige Einzelforderungen der Gläubigerbanken ginge, die jeweils voll befriedigt worden wären oder mit denen die Gläubiger endgültig am Verfahren nicht teilnähmen. Derartiges hat der Kläger zwar erstinstanzlich - pauschal -behauptet. Er hat hierzu jedoch trotz des Bestreitens seitens des Beklagten und ungeachtet der Aufforderung durch das Landgericht (Sitzungsniederschrift vom 20. Januar 1989, S. 2) nichts Substantiiertes vorgetragen.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Eine Korrektur der jeweils zur Konkurstabelle angemeldeten Forderungen der E Hypothekenbank ist von dieser im Schreiben vom 29.11.1989 bisher nur angekündigt worden. Die in dem Schreiben als Voraussetzung genannte Prüfung der Forderungen hat noch nicht stattgefunden; die Parteien streiten insoweit nämlich noch darüber, wer von beiden Konkursverwaltern die Prüfung der Abrechnung vorzunehmen hat. Im übrigen hat der Beklagte für den Fall der Reduzierung durch die Gläubigerbank bereits eine Anerkennung der entsprechenden Regreßforderung zur Konkurstabelle angekündigt.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Nach Sinn und Zweck der Regelung der §§ 68 KO, 33 VerglO kann der Mitschuldner oder Bürge solange am Verfahren nicht teilnehmen, wie der Hauptgläubiger sich beteiligt. Das schließt auch aus, daß der Rückgriffsgläubiger seine Forderungen als <em>bedingte</em> Konkursforderungen nach § 67 KO anmeldet. Die hiergegen vom Kläger erhobenen Bedenken vermögen nicht zu überzeugen.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Für eine solche Zulassung besteht zum einen schon kein praktisches Bedürfnis. Die in diesem Zusammenhang in einem Teil der Literatur angeführte Gefahr, daß der Rückgriffsgläubiger bis zum Ausscheiden des Hauptgläubigers aus dem Konkursverfahren oder bis zu dessen Vollbefriedigung etwa die Ausschlußfrist des § 152 KO versäumen könnte, besteht bei richtiger Auslegung dieser Vorschrift nicht. Das Problem der Frist des § 152 KO löst Henckel (Jaeger-Henckel, § 3 Rdnr. 54) überzeugend mit einer analogen Anwendung der §§ 412, 401 Abs. 1, 426 Abs. 2 BGB, indem nämlich angenommen wird, daß der zahlende Mitschuldner in die Stellung des Hauptgläubigers einrückt. Geht man von der - wohl seltenen - Fallgestaltung aus, daß der Hauptgläubiger später ohne Befriedigung erlangt zu haben aus sonstigen Gründen ausscheidet, läge eine teleologische Reduktion des § 152 KO dahingehend nahe, den Fristbeginn für den Rückgriffsgläubiger erst mit dem Ausscheiden des Hauptgläubigers anzusetzen. Abgesehen davon betrifft die Vorschrift nur bestrittene Forderungen, und es ist zumindest wenig wahrscheinlich, daß der Konkursverwalter die Rückgriffsforderung überhaupt bestreiten sollte, wenn der Hauptgläubiger aus dem Vermögen des ausgleichsberechtigten Gesamtschuldners befriedigt worden ist; so hat der Beklagte vorliegend für den oben erwähnten Fall des (teilweisen) Ausscheidens der E Hypothekenbank bereits angekündigt, daß er die entsprechenden Rückgriffsforderungen insoweit anerkennen werde.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Überdies müßte man, falls § 67 KO auf den Rückgriffsgläubiger überhaupt angewendet werden sollte, das Stimmrecht, das mit der Anmeldung verbunden wäre, bis zur Vollbefriedigung des Hauptgläubigers oder bis zu dessen Ausscheiden suspendieren. Denn ein doppeltes Stimmrecht für dieselbe Forderung wäre mit dem konkursrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung nicht zu vereinbaren.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">2. Auch Ansprüche wegen verbotener Rückzahlung des Haftkapitals aus §§ 30, 31 GmbHG können - ihr Bestehen wieder unterstellt - wegen des Verbots der Doppelanmeldung nicht zur Konkurstabelle angemeldet werden.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Nach den genannten Grundsätzen, aus denen das Verbot der Doppelanmeldung von Forderungen im Konkurs herzuleiten ist, kommt es nicht darauf an, ob die Forderungen auf verschiedene Anspruchsgrundlagen gestützt werden können. Ebensowenig kann darauf abgestellt werden, ob es sich um Freistellungs- oder Rückgriffsansprüche handelt oder in welcher zeitlichen Reihenfolge welche Form der Belastung entstanden ist: Entscheidend ist allein, ob der Schuldner außerhalb des Konkurses nur einmal zu zahlen hätte. Die Konkursdividende kann insgesamt nur einmal verlangt werden, wenn der Schuldner außerhalb des Konkurses nur den einen oder den anderen Gläubiger zu befriedigen gehabt hätte. Eben dieses Verhältnis besteht zwischen den Gläubigerforderungen und den geltend gemachten Ansprüchen aus §§ 30, 31 GmbHG:</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Hätte L die Gesellschaft von den dinglichen und persönlichen Belastungen freigestellt, so wäre ein auf Erstattung verbotener Auszahlungen gegen ihn gerichteter Anspruch der Gesellschaft entfallen. Sieht man nämlich in der Belastung bereits die verbotene Auszahlung des Haftkapitals, so muß - insoweit korrespondierend mit dieser Auslegung der Vorschriften der §§ 30, 31 GmbHG - entsprechend die Befreiung von der Belastung als Rückzahlung des Kapitals gewertet werden. Dies wäre erst recht im Falle der Zahlung anzunehmen. Jedenfalls aber ist durch Fortfall der Belastungen das Stammkapital wieder aufgefüllt, so daß ein Anspruch der Gesellschaft aus §§ 30, 31 GmbHG fortan entfallen müßte.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Die Ansicht des Klägers, der Rückerstattungsanspruch gegen den Gesellschafter bleibe auch nach dem Wiederauffüllen des Stammkapitals bestehen, geht fehl. Nach dem Zweck der Regelung der §§ 30, 31 GmbHG muß die Haftung des entnehmenden Gesellschafters wieder entfallen, wenn das Stammkapital für die Haftung wieder voll zur Verfügung steht (so auch BGH ZIP 1987, 1113).</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Auf insoweit abweichende Literaturmeinungen beruft der Kläger sich im übrigen für den vorliegenden Fall zu Unrecht: Die Frage einer Fortdauer der Haftung des Gesellschafters nach Verbesserung der bilanziellen Verhältnisse kann sich nämlich nur stellen, wenn das Auffüllen des Stammkapitals aufgrund sonstiger Umstände eintritt, z.B. infolge des Jahresgewinns oder infolge anderer mit der Entnahme nicht in Zusammenhang stehender günstiger Entwicklungen. Liegt die Ursache der bilanziellen Verbesserung hingegen gerade darin, daß der zur Auszehrung des Stammkapitals führende Vorgang im Ergebnis rückgängig gemacht wird, indem der Gesellschafter die eingegangenen Belastungen - wieder beseitigt, so ist kein Grund vorhanden, ihn darüber hinaus nochmals in Anspruch zu nehmen.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">3.         Aus den gleichen Gründen muß auch eine Anmeldung der Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung und Treuepflichtverletzung scheitern. Die als Schaden geltend gemachten Belastungen durch Bestellung von Grundpfand-rechten und Begründung persönlicher Mithaft wären außerhalb des Konkurses entfallen, wenn L die Gesellschaft freigestellt oder an die Gläubiger gezahlt hätte. Der Betrag der Hauptschuld hätte vom Schuldner also nur einmal aufgewendet werden müssen, wodurch die geltend gemachten Schadensersatzansprüche wegen Beseitigung der beanstandeten Belastungen und damit des hier behaupteten Schadens gegenstandslos geworden wären.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">4.         Die Anmeldung von Ansprüchen auf Verlustausgleich aus einem faktischen qualifizierten Konzernverhältnis gemäß §§ 302 oder 303 AktG analog scheitert - die Aktivlegitimation des Klägers und die Anspruchsvoraussetzungen im übrigen unterstellt - wiederum am Verbot der Doppelanmeldung im Konkursverfahren. Der Anspruch auf Ersatz des in der Konkursbilanz per 30.6.1988 ausgewiesenen Verlusts von 22.123.011,90 DM stellt nämlich nur eine andere Form der oben bereits behandelten Regreß- und Erstattungsansprüche dar, die ihrerseits dem Verbot der Doppelanmeldung unterfallen.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Denn die Konkursbilanz weist überhaupt nur deshalb einen Verlust aus, weil in ihr im Ergebnis das Scheitern der Regreßansprüche, die als solche gerade nicht angemeldet werden können, voll bilanziert ist: Während der Kläger die Forderungen der Gläubigerbanken mit dem Betrag von 60.454.118,31 DM passiviert hat, hat er die entsprechenden Regreßforderungen gegen den Nachlaß L - nebst anderen Forderungen - wegen der Zweifel an der Realisierbarkeit mit nur 1, — DM aktiviert. Damit sind die von den Banken angemeldeten Darlehensrückzahlungsforderungen voll im Verlust enthalten. Bei Anmeldung</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">eines derart ermittelten Bilanzausgleichsanspruchs sind mithin die nur einmal zu befriedigenden Gläubigerforderungen unzulässigerweise ein zweites mal gegen den Nachlaß L geltend gemacht. Der Fehler beruht letztlich darauf, daß bei der Aktivierung der Regreßforderungen gegen den oben dargestellten Grundsatz verstoßen worden ist, wonach die Feststellung zur Konkurstabelle und die Zuteilung der Konkursdividende konkursmäßig als volle Befriedigung der (Haupt-) Forderung zu bewerten sind. Wäre dieser Grundsatz beachtet worden, wäre ein Bilanzverlust zum Nachteil des Nachlasses L nicht feststellbar gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Bei der Ermittlung des Bilanzverlusts ist darüber hinaus auch hinsichtlich der „Forderung aus dem Verrechnungskonto" über 9.692.607,84 DM gegen das Verbot der Doppelanmeldung verstoßen worden: Der Beklagte hat diese Forderung bereits zur Konkurstabelle anerkannt, so daß diese Forderung als konkursmäßig voll befriedigt gilt. Sie durfte dann nicht in der Konkursbilanz mit nur 1, — DM aktiviert werden mit der Folge, daß der Bilanzverlust auf diesem Wege entsprechend erhöht und damit letztlich über den Verlustausgleichsanspruch diese Forderung noch einmal gegen den Nachlaß L geltend gemacht worden ist. Bei konkursmäßig korrekter Behandlung der bereits anerkannten Forderung über 9.692.607,84 DM hätte der - immer unterstellte - Bilanzverlust zum Nachteil des Nachlasses L also schon um diesen Betrag geringer ausfallen müssen. Das erhellt im Übrigen auch daraus, daß diese Forderung aus einem Vorgang resultierte, der den konzernbedingten Verlust besonders anschaulich manifestierte: L hatte als „Konzernherr" in der vom Kläger geschilderten autokratischen Manier Mieteingänge der Gesellschaft schlicht für sich beansprucht; wenn der Beklagte die entsprechenden Ausgleichsansprüche der Gesellschaft zur Konkurstabelle anerkennt, dann kann dieser Verlust nicht noch einmal über den konzernrechtlichen Ausgleichsanspruch angemeldet werden.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Nach dem Vorgesagten durfte ein Bilanzverlust überhaupt nicht ausgewiesen werden. Im Hinblick darauf geht der Hinweis des Klägers im nachgelassenen Schriftsatz vom 14.5.1990 auf die sonstigen in der Konkursbilanz ausgewiesenen Passiva und auf teilweise geringfügig erhöhte Ansätze fehl, da bei konkursmäßig korrekter Behandlung der Regreßforderungen die Verlustzone bei weitem nicht erreicht worden wäre.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Da die Berufung des Klägers erfolglos geblieben ist, hat er die Kosten zu tragen. Vorläufig vollstreckbar ist das Urteil nach §§ 708 Ziff. 10, 711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Beschwer: <em>über</em> 40.000, — DM.</p>
|
315,097 | olgk-1990-06-12-3-u-14789 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 3 U 147/89 | 1990-06-12T00:00:00 | 2019-03-13T14:46:14 | 2022-10-18T15:09:06 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1990:0612.3U147.89.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 5. Mai 1989 — 89 0 215/88 — wird auf seine Kosten zurückgewiesen.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 7.000, — DM abwenden, wenn nicht zuvor der Gegner in gleicher Höhe Sicherheit leistet. Die Sicherheiten können auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer Deutschen Großbank, Genossenschaftsbank oder öffentlichen Sparkasse erbracht werden.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><strong>Tatbestand</strong></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger begehrt als Konkursverwalter über das Vermögen der X GmbH & Co KG vom Beklagten als Konkursverwalter über den Nachlaß des im April 1985 verstorbenen Immobilienkaufmanns L Feststellung von Konkursforderungen zur Konkurstabelle.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">L hatte 1981 98,5% der Kommanditanteile der „X GmbH & Co KG" (im folgenden „KG" genannt), erworben. Inhaber der restlichen Anteile war die Q mbH. Komplementärin der KG war die X GmbH, deren Anteile L zu 97% erwarb, während als Erwerber der restlichen 3% seine Lebensgefährtin T auftrat. Die KG hielt an der weiteren Gesellschaft „X2 GmbH" (im folgenden „GmbH<sup>-</sup> genannt), 97% der Anteile; als Inhaber der restlichen 3% trat Frau T auf.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Frau T, die zur Geschäftsführerin sowohl der KG wie auch der GmbH bestellt worden war, fungierte nach dem Vortrag des Klägers als völlig willfähriges Werkzeug von L. Sie habe bei ihrer Tätigkeit nicht auf die Belange der Gesellschaften, sondern widerspruchslos und ungeachtet aller rechtlichen Bedenken allein auf die Anweisungen Ls abgestellt. Infolgedessen seien die GmbH und die KG zu einem jedweder Selbständigkeit beraubten Teil des „L-Imperiums<sup>-</sup> geworden. das dieser in autokratischer Manier allein beherrscht habe.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Ab Februar 1981 verschaffte sich L finanzielle Mittel durch Aufnahme von Darlehen bei verschiedenen Hypothekenbanken, und zwar bei der C 11 Darlehen über einen Gesamtbetrag von 23.528.000, — DM, bei der E 14 Darlehen über 14.645.000, — DM und bei der X3 4 Darlehen über 1.500.000, — DM. Für sämtliche Darlehen bei der C sowie für 11 Darlehen bei der E übernahmen die GmbH und für drei Darlehen der E und für sämtliche Darlehen bei der X3 die KG jeweils mit ihrem Grundbesitz die dingliche und zusätzlich auch die persönliche Haftung. Die Darlehensverträge mit der E wurden außer von L auch von der GmbH und der KG mitunterschrieben.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Nach dem Tod Ls wurde am 24.Januar 1986 der Nachlaßkonkurs eröffnet. über das Vermögen der KG wurde das Konkursverfahren am 28. Februar 1986 eröffnet.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">L hatte der GmbH fortlaufend Einnahmen u.a. aus Mieteingängen entzogen. Die daraus resultierende Forderung der GmbH gegen den Nachlaß L auf dem "Verrechnungskonto L" beträgt 9.692.607,84 DM. Diesen Anspruch hat der Beklagte zur Tabelle des Nachlasses anerkannt.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die drei Gläubigerbanken haben die GmbH und die KG aus den an ihren Grundstücken bestellten Grundschulden in Anspruch genommen. Die Erlöse aus diesen Verwertungen und die noch verbliebenen persönlichen Forderungen gibt der Kläger bezüglich der GmbH mit 50.454.118,31 DM und bezüglich der KG mit 11.819.736,11 DM an.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">In dem „Jahresabschluß“ der KG per 29.1.1986 in der Fassung vom 30.6.1988 hat der Kläger („Passiva I Nr. 3 bzw. 4<sup>-</sup>) die „Haftungsverbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten" mit 11.819.736,11 DM und die „Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen" mit 22.124.235,90 DM angesetzt; in letzterem Posten waren laut Nr. T 4 b. der Erläuterungen hierzu 22.123.011.90 DM wegen des Bilanzverlusts der GmbH enthalten. Die Forderungen gegen den Nachlaß L wegen der Rückgriffsrechte wegen dinglicher Sicherung in Höhe von 11.819.736,11 DM waren mit dem „Erinnerungswert" von 1, — DM aktiviert. Die Bilanz endet dann mit einem Verlust in Höhe von 31.419.450.60 DM. Wegen dieses Betrages macht der Kläger einen Anspruch auf Ausgleich des erlittenen Bilanzverlusts geltend.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Bilanzverlust der GmbH wiederum hatte sich aus deren Jahresabschluß per 29.1.1986 in der Fassung des Konkursstatus vom 30.6.1988 ergeben; dort hatte der Kläger u.a. die "Haftungsverbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten" mit 50.454.118,31 DM („Passiva I Nr. 3") angesetzt und die Forderungen gegen den Nachlaß L („Erläuterungen zu den Aktiva 11 Nr. 2") wegen der vorgenannten Forderung aus dem Verrechnungskonto über 9.692.607,84 DM und der Rückgriffsrechte wegen dinglicher Sicherung über 50.454.118,31 DM mit dem „Erinnerungswert" von 1,— DM aktiviert. Die Bilanz endet dann mit einem Verlust in Höhe von 22.123.011,90 DM.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat die angemeldeten Regreß- und Erstattungsforderungen und die konzernrechtliche Ausgleichsforderung bestritten.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat vorgetragen:</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Wegen der Vermögensverluste in Höhe von 11.819.736.11 DM, die infolge der dinglichen Sicherung und der persönlichen Mithaft der KG eingetreten seien, ergebe sich ein Rückgriffsanspruch gegen den Nachlaß L aus § 426 Abs. 1 BGB, da im Innenverhältnis L allein verpflichtet gewesen sei, die Schuld zu tragen; dieser Anspruch sei auch zur Konkurstabelle festzustellen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Außerdem stehe der KG ein Anspruch aus ħ 31 Abs. 1, 30 Abs. 1 GmbHG zu; die Belastung der Grundstücke und die Mitverpflichtung der KG zur Sicherung der Darlehen Ls stellten eine Auszahlung des Stammkapitals an den faktischen Alleingesellschafter L dar. Dieser Anspruch unterfalle nicht dem Doppelanmeldungsverbot des § 68 ICO, da es sich insoweit nicht um dieselbe Forderung handele, die die Darlehensgläubiger im Nachlaßkonkurs geltend machten. Ein Erstattungsanspruch ergebe sich auch aus dein Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung und der Verletzung der Treuepflicht von L gegenüber der KG.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die KG könne daneben vom L-Nachlaß nach den Grundsätzen über den sogenannten qualifizierten faktischen GmbH-Konzern auch Ausgleich des ausgewiesenen Bilanzverlusts in Höhe von 31.419.450,60 DM verlangen, da dieser ausschließlich konzernbedingt sei.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">die Forderung des Klägers in Höhe von 43.239.181.71 DM zur Konkurstabelle festzustellen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Er hat die dinglichen Belastungen und die Haftungsübernahmen der GmbH und der KG für nichtig gehalten. Er hat hierzu insbesondere ausgeführt, daß die unbegrenzte Haftungsübernahme in den Formularen der Hypothekenbanken eine Überraschungsklausel darstelle, die nach ħ 3, 9 AGBG nichtig sei, und daß die Besicherungen wegen Verstoßes gegen § 30 GmbHG insgesamt gemäß § 134 BGB nichtig seien.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Vor allem aber hat der Beklagte sich auf das aus § 68 KO. § 33 VerglO herzuleitende Verbot der Doppelanmeldung von Forderungen im Konkurs berufen. Er hat hierzu die Auffassung vertreten. daß das Verbot der Forderungsvervielfachung im Konkurs des Hauptschuldners nicht nur der Anmeldung der Regreßforderungen aus § 426 BGB entgegenstehe, sondern daß auch die geltend gemachten Forderungen aus unerlaubter Handlung und Treuepflichtverletzung sowie aus §§ 30, 31 GmbHG aus dem gleichen Grunde nicht zur Tabelle festgestellt werden könnten. Insoweit könne es nicht darauf ankommen, ob diese Forderungen auf einem selbständigen Rechtsgrund beruhten; entscheidend sei vielmehr allein, ob die Inanspruchnahme aus demselben Vorgang herrühre und ob die Forderungen außerhalb des Konkurses insgesamt nur einmal zu befriedigen wären. Die fraglichen Ansprüche der GmbH und der KG könnten nur dann im Nachlaßkonkurs L angemeldet werden, wenn die Banken ihre Forderungen nicht (mehr) im Nachlaß geltend machten.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Er hat weiter ausgeführt, daß bezüglich des konzernrechtlichen Verlustausgleichsanspruchs aus §§ 302. 302 AG analog, falls man ihn überhaupt annehmen wolle, ein Verlust nicht substantiiert dargelegt sei. Außerdem stelle dieser Anspruch die Regreßforderungen lediglich in anderer Form dar, so daß diese Forderung ebenfalls dem Doppelanmeldungsverbot unterstellt werden müsse. Dem Kläger könne nicht erlaubt werden. auf dein Umweg über den beanspruchten Verlustausgleich im faktischen qualifizierten Konzern seine Forderungen gegen den Nachlaß L zunächst in Gänze wertzuberichtigen und sie alsdann auf neuer rechtlicher Anspruchsgrundlage wieder zu erheben und so zu verfielfachen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Der Kläger habe den Verlustausgleichsanspruch der GmbH auch bereits als deren Konkursverwalter für diese unmittelbar gegenüber dem Nachlaß L geltend gemacht. Wenn er dann gleichzeitig als Konkursverwalter der KG den Verlust noch einmal gegenüber dem Nachlaß geltend mache, so ergebe sich eine Doppelbelastung im vertikalen Konzern, die der Gläubigerschaft der haftenden Gesellschaft nicht zugemutet werden könne, weil es sich letztlich immer um dieselbe Schuld handle.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im ersten Rechtszuge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat die geltend gemachten Rückgriffsansprüche aus § 426 Abs. 1 BGB und §§ 31, 30 GmbHG sowie aus unerlaubter Handlung und Treuepflichtverletzung zwar an sich für begründet erachtet: wegen des Verbots der Doppelanmeldung von Forderungen im Konkurs hat es jedoch die Feststellung dieser Ansprüche zur Konkurstabelle abgelehnt. Wegen der weiteren Begründung wird auch insoweit auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Mit der form- und fristgerecht eingelegten und auch rechtzeitig begründeten Berufung macht der Kläger geltend:</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht sei zwar zutreffend davon ausgegangen, daß L und die KG gegenüber den Gläubigerbanken wegen der Bestellung der dinglichen Sicherheiten durch die KG, der Mitunterzeichnung der Darlehensverträge und der Abgabe abstrakter Schuldversprechen durch diese Mitschuldner im Sinne des § 421 BGB geworden seien und daß L im Innenverhältnis allein verpflichtet gewesen sei; es habe aber zu Unrecht die Feststellung der daraus resultierenden Rückgriffsforderungen als Konkursforderungen abgelehnt. Das Verbot der Doppelanmeldung beeinträchtige nämlich den Charakter der Rückgriffsansprüche als Konkursforderungen nicht. Die Rückgriffsansprüche der KG müßten deshalb als bedingte Forderungen im Sinne des § 67 KO festgestellt werden. Das Ziel des Doppelanmeideverbots, eine mehrfache Inanspruchnahme der Konkursmasse wegen derselben Forderung zu vermeiden, könne dadurch erreicht werden, daß die Berücksichtigung der festgestellten Forderungen unter der zusätzlichen Bedingung der Nichtteilnahme der Banken als Hauptgläubiger gestellt werde.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Zu Unrecht habe das Landgericht auch den Erstattungsanspruch aus § 31 GmbHG und die Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung und Treuepflichtverletzung dem Verbot der Doppelanmeldung unterstellt. Es handele sich hierbei um selbständige Ansprüche aus dem Verhältnis von L zur KG, die auch im weitesten Sinne nicht als Regreßansprüche aus der gesamtschuldnerischen Haftung gegenüber den Gläubigerbanken angesehen werden könnten. Dies gelte bereits deshalb, weil der einmal entstandene Anspruch aus § 31 GmbHG selbst durch nachträgliches Auffüllen des Stammkapitals nicht wieder untergehe.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Bezüglich der Ansprüche aus faktischem qualifiziertem Konzernverhältnis habe das Landgericht die Aktivlegitimation des Klägers zu Unrecht verneint. Selbst wenn man nur eine entsprechende Anwendung der §§ 303, 322 Abs. 2 und 3 AktG annehme, ergebe sich die Aktivlegitimation aus § 171 Abs. 2 HGB analog. Diese Ausgleichsforderung unterfalle auch nicht dem Doppelanmeldeverbot. Unabhängig von den Regreßforderungen existierten noch durch Aktiva nicht gedeckte Verbindlichkeiten der Gemeinschuldnerin in Höhe von insgesamt 23.746.335,93 DM, deren Ausgleich verlangt werden könne.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung des angefochtenen Urteils die vom Kläger im Konkursverfahren AG Köln - 71 N 641/85 - angemeldete Forderung in Höhe von 43.239.181,71 DM zur Konkurstabelle festzustellen;</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">hilfsweise, ihm nachzulassen, Sicherheiten auch durch selbstschuldnerische Bürgschaften einer Deutschen Großbank, Volksbank oder öffentlichen Sparkasse erbringen zu können.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">die gegnerische Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Er tritt dem angefochtenen Urteil insoweit bei, als die Feststellung der Regreßansprüche wegen des Verbots der Doppelanmeldung abgelehnt worden ist. Im übrigen hält er seine Auffassung, daß die Übernahme der Belastungen durch die KG nichtig seien, aufrecht. Bezüglich der konzernrechtlichen Ausgleichsforderung des Klägers sieht er einen ausgleichsfähigen Verlust nicht als nachgewiesen an, was im einzelnen dargelegt wird. Im übrigen wiederholt und vertieft der Beklagte sein früheres Vorbringen.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst den überreichten Unterlagen Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Landgericht hat die gemäß § 146 KO zulässige Klage auf Feststellung bestrittener Forderungen zur Konkurstabelle im Ergebnis mit Recht abgewiesen. Dabei kann dahinstehen, ob die Einwendungen des Beklagten gegen Grund und Höhe der geltend gemachten Forderungen durchgreifen. Denn es handelt sich insoweit sämtlich um Regreßansprüche oder diesen gleich zu bewertende Ausgleichsforderungen, die im Konkurs nicht gleichzeitig mit den Ansprüchen der Hauptgläubiger, nämlich der Hypothekenbanken, angemeldet werden können; einer solchen Anmeldung steht jeweils das aus § 68 KO in Verbindung mit § 33 Verg10 analog hergeleitete Verbot der Doppelanmeldung im Konkurs entgegen.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">1. Die Rückgriffsansprüche der KG gegen den Nachlaß L aus § 426 BGB berechtigen — ihr Bestehen immer unterstellt — den Kläger nicht, am Nachlaßkonkursverfahren teilzunehmen. Denn die Regreßforderungen aus der Mithaft mit L, sei diese aus der dinglichen Besicherung, der Abgabe abstrakter Schuldversprechen oder der Schuldmitübernahme durch die KG begründet, können nicht neben den Ansprüchen der Hauptgläubiger angemeldet werden. Andernfalls müßte die Konkursmasse nämlich zwei Gläubiger nebeneinander befriedigen, von denen der Schuldner außerhalb des Konkurses nur den einen oder den anderen zu befriedigen hätte; diese eine Schuld darf durch den Konkurs nicht verdoppelt werden (vgl. RGZ 14, 172, 175; BGHZ 27, 51, 53; BGHZ 39, 319, 327 und BGHZ 55, 117, 120; Jaeger-Henckel § 3 Rdnr. 54).</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Die Regelung des § 68 KO gestattet dem Gläubiger, dem mehrere Personen nebeneinander für dieselbe Leistung auf das Ganze haften, im Konkurs in jedem Verfahren den vollen Betrag seines Anspruchs geltend zu machen, bis er vollständig befriedigt ist. Die Beteiligung der Gläubigerbanken am Konkursverfahren L würde allerdings eine Teilnahme des Klägers insoweit nicht blockieren, als es um selbständige Einzelforderungen der Gläubigerbanken ginge, die jeweils voll befriedigt worden wären oder mit denen die Gläubiger endgültig am Verfahren nicht teilnähmen. Derartiges hat der Kläger zwar erstinstanzlich — pauschal —behauptet. Er hat hierzu jedoch trotz des Bestreitens seitens des Beklagten und ungeachtet der Aufforderung durch das Landgericht (Sitzungsniederschrift vom 20. Januar 1989, S. 2) nichts Substantiiertes vorgetragen.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Eine Korrektur der jeweils zur Konkurstabelle angemeldeten Forderungen der E ist von dieser im Schreiben vom 29.11.1989 bisher nur angekündigt worden. Die in dem Schreiben als Voraussetzung genannte Prüfung der Forderungen hat noch nicht stattgefunden; die Parteien streiten insoweit nämlich noch darüber, wer von beiden Konkursverwaltern die Prüfung der Abrechnung vorzunehmen hat. Im übrigen hat der Beklagte für den Fall der Reduzierung durch die Gläubigerbank bereits eine Anerkennung der entsprechenden Regreßforderung zur Konkurstabelle angekündigt.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Nach Sinn und Zweck der Regelung der §§ 68 KO, 33 Verg10 kann der Mitschuldner oder Bürge solange am Verfahren nicht teilnehmen, wie der Hauptgläubiger sich beteiligt. Das schließt auch aus, daß der Rückgriffsgläubiger seine Forderungen als <em>bedingte</em> Konkursforderungen nach § 67 KO anmeldet. Die hiergegen vom Kläger erhobenen Bedenken vermögen nicht zu überzeugen.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Für eine solche Zulassung besteht zum einen schon kein praktisches Bedürfnis. Die in diesem Zusammenhang in einem Teil der Literatur angeführte Gefahr, daß der Rückgriffsgläubiger bis zum Ausscheiden des Hauptgläubigers aus dem Konkursverfahren oder bis zu dessen Vollbefriedigung etwa die Ausschlußfrist des § 152 KO versäumen könnte. besteht bei richtiger Auslegung dieser Vorschrift nicht. Das Problem der Frist des § 152 KO löst Henckel (JaegerHenckel, § 3 Rdnr. 54) überzeugend mit einer analogen Anwendung der §§ 412, 401 Abs. 1, 426 Abs. 2 BGB, indem nämlich angenommen wird, daß der zahlende Mitschuldner in die Stellung des Hauptgläubigers einrückt. Geht man von der — wohl seltenen — Fallgestaltung aus, daß der Hauptgläubiger später ohne Befriedigung erlangt zu haben aus sonstigen Gründen ausscheidet, läge eine teleologische Reduktion des § 152 KO dahingehend nahe, den Fristbeginn für den Rückgriffsgläubiger erst mit dem Ausscheiden des Hauptgläubigers anzusetzen. Abgesehen davon betrifft die Vorschrift nur bestrittene Forderungen, und es ist zumindest wenig wahrscheinlich, daß der Konkursverwalter die Rückgriffsforderung überhaupt bestreiten sollte, wenn der Hauptgläubiger aus dem Vermögen des ausgleichsberechtigten Gesamtschuldners befriedigt worden ist; so hat der Beklagte vorliegend für den oben erwähnten Fall des (teilweisen) Ausscheidens der E bereits angekündigt, daß er die entsprechenden Rückgriffsforderungen insoweit anerkennen werde.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">überdies müßte man, falls § 67 KO auf den Rückgriffsgläubiger überhaupt angewendet werden sollte, das Stimmrecht, das mit der Anmeldung verbunden wäre, bis zur Vollbefriedigung des Hauptgläubigers oder bis zu dessen Ausscheiden suspendieren. Denn ein doppeltes Stimmrecht für dieselbe Forderung wäre mit dem konkursrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung nicht zu vereinbaren.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">2. Auch Ansprüche wegen verbotener Rückzahlung des Haftkapitals aus §§ 30, 31 GmbHG können - ihr Bestehen wieder unterstellt - wegen des Verbots der Doppelanmeldung nicht zur Konkurstabelle angemeldet werden.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Nach den genannten Grundsätzen, aus denen das Verbot der Doppelanmeldung von Forderungen im Konkurs herzuleiten ist, kommt es nicht darauf an, ob die Forderungen auf verschiedene Anspruchsgrundlagen gestützt werden können. Ebensowenig kann darauf abgestellt werden, ob es sich um Freistellungs- oder Rückgriffsansprüche handelt oder in welcher zeitlichen Reihenfolge welche Form der Belastung entstanden ist: Entscheidend ist allein, ob der Schuldner außerhalb des Konkurses nur einmal zu zahlen hätte. Die Konkursdividende kann insgesamt nur einmal verlangt werden, wenn der Schuldner außerhalb des Konkurses nur den einen oder den anderen Gläubiger zu befriedigen gehabt hätte. Eben dieses Verhältnis besteht zwischen den Gläubigerforderungen und den geltend gemachten Ansprüchen aus §§ 30, 31 GmbHG:</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Hätte L die Gesellschaft von den dinglichen und persönlichen Belastungen freigestellt, so wäre ein auf Erstattung verbotener Auszahlungen gegen ihn gerichteter Anspruch der Gesellschaft entfallen. Sieht man nämlich in der Belastung bereits die verbotene Auszahlung des Haftkapitals, so muß - insoweit korrespondierend mit dieser Auslegung der Vorschriften der §§ 30, 31 GmbHG - entsprechend die Befreiung von der Belastung als Rückzahlung des Kapitals gewertet werden. Dies wäre erst recht im Falle der Zahlung anzunehmen. Jedenfalls aber ist durch Fortfall der Belastungen das Stammkapital wieder aufgefüllt, so daß ein Anspruch der Gesellschaft aus §§ 30, 31 GmbHG fortan entfallen müßte.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Die Ansicht des Klägers, der Rückerstattungsanspruch gegen den Gesellschafter bleibe auch nach dem Wiederauffüllen des Stammkapitals bestehen, geht fehl. Nach dem Zweck der Regelung der §§ 30, 31 GmbHG muß die Haftung des entnehmenden Gesellschafters wieder entfallen. wenn das Stammkapital für die Haftung wieder voll zur Verfügung steht (so auch BGH ZIP 1987, 1113).</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Auf insoweit abweichende Literaturmeinungen beruft der Kläger sich im übrigen für den vorliegenden Fall zu Unrecht: Die Frage einer Fortdauer der Haftung des Gesellschafters nach Verbesserung der bilanziellen Verhältnisse kann sich nämlich nur stellen, wenn das Auffüllen des Stammkapitals aufgrund sonstiger Umstände eintritt, z.B. infolge des Jahresgewinns oder infolge anderer mit der Entnahme nicht in Zusammenhang stehender günstiger Entwicklungen. Liegt die Ursache der bilanziellen Verbesserung hingegen gerade darin, daß der zur Auszehrung des Stammkapitals führende Vorgang im Ergebnis rückgängig gemacht wird, indem der Gesellschafter die eingegangenen Belastungen wieder beseitigt, so ist kein Grund vorhanden, ihn darüber hinaus nochmals in Anspruch zu nehmen.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">3.       Aus den gleichen Gründen muß auch eine Anmeldung der Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung und Treuepflichtverletzung scheitern. Die als Schaden geltend gemachten Belastungen durch Bestellung von Grundpfand-rechten und Begründung persönlicher Mithaft wären außerhalb des Konkurses entfallen, wenn L die Gesellschaft freigestellt oder an die Gläubiger gezahlt hätte. Der Betrag der Hauptschuld hätte vom Schuldner also nur einmal aufgewendet werden müssen, wodurch die geltend gemachten Schadensersatzansprüche wegen Beseitigung der beanstandeten Belastungen und damit des hier behaupteten Schadens gegenstandslos geworden wären.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">4.       Die Anmeldung von Ansprüchen auf Verlustausgleich aus einem faktischen qualifizierten Konzernverhältnis gemäß §§ 302 oder 303 AktG analog scheitert - die Aktivlegitimation des Klägers und die Anspruchsvoraussetzungen im übrigen unterstellt - wiederum am Verbot der Doppelanmeldung im Konkursverfahren. Der Anspruch auf Ersatz des in der Konkursbilanz der KG per 30.6.1988 ausgewiesenen Verlusts von 31.-119.450,60 DM stellt nämlich nur eine andere Form von Regreß- und ErstattungsansprüchAar, die ihrerseits dem Verbot der Doppelanmeldung unterfallen.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Denn die Konkursbilanz weist überhaupt nur deshalb einen Verlust aus, weil in ihr im Ergebnis das Scheitern von Regreßansprüchen, die als solche zusätzlieh zu den Forderungen der Hauptgläubiger im Konkurs gerade nicht angemeldet werden können, voll bilanziert ist:</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Während der Kläger die Haftungsverbindlichkeiten gegenüber den Gläubigerbanken mit dem Betrag von 11.819.736,11 DM passiviert hat, hat er die entsprechenden Regreßforderungen gegen den Nachlaß L — nebst anderen Forderungen — wegen der Zweifel an der Realisierbarkeit mit nur 1, — DM aktiviert. Damit sind die von den Banken angemeldeten Darlehensrückzahlungsforderungen voll im Verlust enthalten. Bei Anmeldung eines derart ermittelten Bilanzausgleichsanspruchs sind mithin die nur einmal zu befriedigenden Gläubigerforderungen unzulässigerweise ein zweites mal gegen den Nachlaß L geltend gemacht. Der Fehler beruht letztlich darauf, daß bei der Aktivierung der Regreßforderungen gegen den oben dargestellten Grundsatz verstoßen worden ist, wonach die Feststellung zur Konkurstabelle und die Zuteilung der Konkursdividende konkursmäßig als volle Befriedigung der (Haupt-) Forderung zu bewerten sind.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Entsprechendes gilt auch für den Bilanzverlust der GmbH, den der Kläger mit dem Betrag von 22.123.011,90 DM in dem Konkursstatus der KG passiviert hat. Wie in dem Urteil im Parallelverfahren 3 U 146/89 dargelegt, kann bereits dieser Verlust als solcher wegen Verstoßes gegen das Doppelanmeldeverbot im Konkurs des Nachlasses L nicht geltend gemacht werden. Denn dieser Bilanzverlust war nur deshalb ausgewiesen worden, weil in konkursmäßig nicht korrekter Behandlung eine Passivierung der Forderungen der Gläubigerbanken mit dein Betrag von 50.454.118,31 DM einerseits und der Aktivierung der Ausgleichsforderungen gegenüber L mit nur 1,— DM erfolgt war. Damit waren die Schulden, die L außerhalb des Konkurses nur einmal hätte zahlen müssen, in den Verlustausgleichsanspruch eingeflossen, so daß dieser Anspruch bereits wegen des Verbots der Forderungsverfielfachung im Nachlaßkonkurs L nicht angemeldet werden konnte. Indem der Kläger diesen Bilanzverlust voll in der Bilanz der KG passiviert und den daraus resultierenden Bilanzverlust ebenfalls im Nachlaßkonkurs L anmelden will, wird damit die Schuld, die L außerhalb des Konkurses insgesamt nur einmal zu zahlen gehabt hätte, bereits ein drittes Mal gegen den Nachlaß geltend gemacht.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Wäre der Grundsatz beachtet worden, daß Forderungen. die außerhalb des Konkurses nur einmal zu begleichen gewesen wären, im Konkurs auch nur einmal angemeldet werden können, so hätte der mit 31.419.450,60 DM ausgewiesene Bilanzverlust mithin um die vorgenannten Beträge von 11.819.736,11 DM und 22.123.011,90 DM geringer ausfallen müssen, d.h. ein Verlust zum Nachteil des Nachlasses L wäre nicht feststellbar gewesen, da die übrigen Passiva eine Überschuldung nicht ergeben hätte.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Da die Berufung des Klägers erfolglos geblieben ist, hat er die Kosten zu tragen. Vorläufig vollstreckbar ist das Urteil nach §§ 708 Ziff. 10, 711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Beschwer: <em>über</em> 40.000, — DM.</p>
|
315,098 | lg-bonn-1990-06-07-6-s-490 | {
"id": 804,
"name": "Landgericht Bonn",
"slug": "lg-bonn",
"city": 394,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 6 S 4/90 | 1990-06-07T00:00:00 | 2019-03-13T14:46:16 | 2022-10-18T15:09:06 | Urteil | ECLI:DE:LGBN:1990:0607.6S4.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Kläger gegen das am 28. November 1989 verkündete Urteil des Amtsgerichts Bonn – 6 C 385/89 – wird zurückgewiesen.</p>
<p>Auf die Berufung der Beklagten wird das vorgenannte Urteil teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:</p>
<p>Unter Abweisung der Klage im übrigen werden die Beklagten verurteilt, an die Kläger 367,40 DM nebst 4 % Zinsen von 11,40 DM seit dem 22.06.1989 sowie von 356,00 DM seitdem 21.11.1989 zu zahlen.</p>
<p>Im übrigen wird die Berufung der Beklagten als unzulässig verworfen.</p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen tragen die Kläger als Gesamtschuldner zu 88% und die Beklagte zu 12 %.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"> Entscheidungsgründe</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die formell unbedenkliche Berufung der Kläger hat sachlich keinen Erfolg, denn die Beklagte schuldet die im zweiten Rechtszug von Klägerseite weiterverfolgten Positionen Feuerversicherung und Grundsteuer aus der Nebenkostenabrechnung vom 22.05.1989 nicht.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Zu Recht hat das Amtsgericht die Regelung des Pachtvertrages vom 07.11.1985 in Bezug auf die Frage, welche Nebenkosten von der Beklagten als Pächterin zu tragen sind, für nicht hinreichend bestimmt angesehen. Auf die insoweit zutreffenden Ausführungen des angefochtenen Urteils wird verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Eine ausdrückliche Regelung, welche Kosten von der Beklagten zu tragen sind, enthält der Vertrag nicht. Die Kläger behaupten auch nicht etwa, es gebe einen allgemeinen Sprachgebrauch dahingehend, unter Betriebskosten seien unter anderem die in Rede stehenden Kosten gemeint, ein solcher Sprachgebrauch besteht nicht.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Auffassung der Berufung, die vertraglich gewählte Formulierung "sämtliche Betriebskosten" würden von der Pächterin getragen, sei im Wege der Auslegung dahingehend zu verstehen, daß alle in der Anlage 3 zu § 27 Abs. 2 2. Berechnungsverordnung (II. BV) aufgeführten "Betriebskosten" auf die Beklagte abgewälzt werden könnten, teilt die Kammer nicht: Hätten die Parteien mit ihrer Wortwahl im Pachtvertrag den Begriff der Betriebskosten aus der II. BV gemeint, hätte es zum einen nahegelegen, dies im Vertragstext ausdrücklich klarzustellen, zumal es sich um einen gewerblichen Pachtvertrag handelt, bei dem sich ein gedanklicher Bezug zu den einschlägigen Vorschriften des öffentlich geförderten Wohnungsbaus nur schwer herstellen lässt. Zum anderen fragt es sich dann, weshalb in § 11 des Pachtvertrages einige Kosten als umlagefähig beispielhaft aufgeführte werden, wenn sämtliche Betriebskosten der II. BV von der Pächterin zu tragen gewesen sein sollten. Es kommt hinzu, daß sich die Definition der Betriebskosten nach der II. BV als Auslegungskriterium für den Pachtvertrag der Parteien auch deshalb verbietet, weil eine gesetzliche Vorschrift, die die Verhältnisse im - noch dazu öffentlich geförderten - Wohnungsbau regeln will, nicht ohne weiteres für eine Vertragsbestimmung maßgebend sein kann, die die Vertragsparteien, ohne durch Mietbindungsbestimmungen eingeschränkt zu sein, frei ausgehandelt haben, denn für sie können ganz andere Gesichtspunkte und Kalkulationsüberlegungen maßgebend gewesen sein (vgl. BGH WPM 1970, 95). Auch ist es im Bereich der Gaststättenpacht weder Verkehrssitte noch Brauch, die strittigen Nebenkosten ohne eine ausdrückliche vertragliche Vereinbarung, auf den Pächter umzulegen. Dies bringen die Kläger im übrigen selbst nicht vor. Tatsächlich handelt es sich bei den strittigen Beträgen um Kosten der Gebrauchsgewährung und -unterhaltung des Pachtobjekts, die nach der gesetzlichen Grundentscheidung in § 581 Abs. 2 i.V.m. §§ 536, 546 BGB der Verpächter zu tragen hat.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Mit der Beklagten lässt sich nach allem die in Rede stehende Klausel allenfalls dahingehend verstehen, daß nur die Nebenkosten zu Lasten der Verpächterin gehen sollten, die für sie mit einem unmittelbaren Vorteil verbunden und für den Betrieb des Gaststättenobjekts erforderlich sein sollten, wie beispielsweise die Heizkosten und die Gebühren der Be- und Entwässerung des Objekts, nicht aber solche Aufwendungen, die den Klägern aus ihrer Stellung als Eigentümern entstanden (wie z.B. Grundsteuern) und die dem Erhalt des Eigentums und der eigenen Absicherung dienten (wie Versicherungsprämien). Sollten die Kläger mit der Nebenkostenregelung eine umfassende Abwälzung von Nebenkosten gewollt haben, wäre dies unbeachtlich, weil der für die Auslegung von Willenserklärungen nach § 133 BGB maßgebliche wirkliche Wille des Erklärenden (Kläger) nur insoweit in Betracht zu ziehen ist, als er dem Erklärungsempfänger (Beklagte) durch seinen in der Erklärung ausgedrückten objektiven Erklärungsgehalt erkennbar geworden ist.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Berufung der Kläger ist somit ohne Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Berufung der Beklagten ist teilweise unzulässig. Zwar ist sie fristgerecht eingelegt worden. Soweit sich die Beklagte mit ihrem Berufungsantrag aber nicht nur gegen die Verurteilung zur Zahlung verschiedener Versicherungsprämien einschließlich Mehrwertsteuer in Höhe von 462,98 DM wendet, sondern offenbar auch die Verurteilung zur Zahlung eines Betrages von 356,-- DM betreffend anteilige Mehrwertsteuer auf die unstreitigen Nebenkostenpositionen angreift, fehlt es - worauf in der Berufungsverhandlung hingewiesen worden ist - an der gem. § 519 Abs. 3 Nr. 3 ZPO erforderlichen bestimmten Bezeichnung der im einzelnen aufzuführenden Gründe der Anfechtung. Die Berufung ist deshalb insoweit als unzulässig zu verwerfen, ohne daß dazu Stellung zu nehmen ist, ob die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung des genannten Mehrwertsteuerbetrages von 356, -- DM sachlich zu Recht erfolgt ist.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Soweit die Beklagte ihre Berufung begründet hat, ist sie auch im übrigen formell unbedenklich und in der Sache erfolgreich, denn die Beklagte braucht die in Rechnung gestellten Versicherungsprämien für Sturm-, Wasser~ und Haftpflichtschäden nicht zu bezahlen. Entgegen der vom Amtsgericht in diesem Zusammenhang vorgenommenen Würdigung der bereits unter I. erörterten Nebenkostenregelung der Parteien ist die Kammer der Auffassung, daß der Umstand allein, daß die Kläger sich in § 8 des Pachtvertrages verpflichtet hatten, das Gebäude gegen die dort genannten Schäden ausreichend zu versichern, in Bezug auf die Kostentragung ohne Aussagewert ist, so daß es bei der gesetzlichen Regelung der § 581 Abs. 2 i.V.m. §§ 536, 546· BGB zu verbleiben hat. Wäre eine Abwälzung dieser Kosten auf die Pächterin beabsichtigt gewesen, hätte es nahegelegen, dies bereits in § 8 selbst zu regeln - zumal gleich im Anschluss in § 9 eine von § 581 Abs. 2 i. V. m. § 536 BGB abweichende Kostentragung zu· Lasten der Beklagten vereinbart wurde -, oder aber entsprechendes in § 11 des Pachtvertrages als weiteres Beispiel der von Pächterseite zu tragenden Kosten aufzuführen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">3.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Somit ist das angefochtene Urteil nur in Höhe von 356,00 DM zuzüglich des von der Berufung der Beklagten nicht angegriffenen Betrages von 11,40 DM, d.h. in Höhe von 367,40 DM aufrechtzuerhalten; im übrigen ist die Klage - wie geschehen – abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">III.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 92 Abs. 1, 97 ZPO. Sie entspricht dem Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen der Parteien in beiden Instanzen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Der Gegenstandswert des Berufungsverfahrens beträgt (2.213,96 DM Klägerberufung + 818,98 DM Beklagtenberufung) 3.032.94 DM.</p>
|
315,099 | ovgnrw-1990-06-06-23-a-210487 | {
"id": 823,
"name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen",
"slug": "ovgnrw",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": null
} | 23 A 2104/87 | 1990-06-06T00:00:00 | 2019-03-13T14:46:17 | 2022-10-18T15:09:06 | Urteil | ECLI:DE:OVGNRW:1990:0606.23A2104.87.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung wird zurückgewiesen.</p>
<p>Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.</p>
<p>Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor entsprechend Sicherheit leistet.</p>
<p>Die Revision wird nicht zugelassen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Tatb<span style="text-decoration:underline">estand:</span></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger, der eine Handels- und Werbeagentur mit Sitz in</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">betreibt, beantragte unter dem 28. März 1985 beim Beklagten die Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung zweier Werbetafeln in Größe von 370 x 270 cm. Diese sollten im Bereich des Grundstücks in K              ,              straße, links neben dem HausNr. 4 an einer Ziegelsteinmauer angebracht werden, die unmittelbar</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">an den Bürgersteig der              straße angrenzt.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">3</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Mit Bescheid vom 27. August 1985 lehnte der Beklagte die Erteilung der Baugenehmigung mit unter anderem der Begründung ab, für die Erteilung der Werbetafeln bedürfe es einer Sondernutzungserlaubnis, da diese in den Luftraum über der Straße hineinragten. Eine derartige Erlaubnis sei dem Kläger jedoch nicht erteilt worden und könne auch nicht in Aussicht gestellt werden.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers wies der Regierungspräsident Köln mit Bescheid vom 2. April 1986 zurück, wobei er zur Begründung maßgeblich darauf abstellte, daß wegen der bereits in der Nähe befindlichen Werbetafeln im Falle der Erteilung der Baugenehmigung von einer störenden Häufung von Werbeanlagen gemäß § 13 Abs. 2 der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (Bau() NW) ausgegangen werden müsse. Hiergegen erhob der Kläger am 6. Mai 1986 Klage (Verwaltungsgericht Köln - 2 K</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">2314/86 -).</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Bereits zuvor, unter dem 22. Januar 1986, hatte der Kläger "hilfsweise" die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für die genannte Werbeanlage beantragt.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Mit Bescheid vom 10. Juli 1986 lehnte der Beklagte diesen Antrag mit im wesentlichen der Begründung ab, die Erteilung der Sondernutzungserlaubnis sei aufgrund des zwischen der Stadt K und der Beigeladenen mit Datum vom 5./24. Mai 1982 geschlossenen Werbenutzungsvertrages ausgeschlossen, da in diesem Vertrag der Beigeladenen das ausschließliche Werbenutzungsrecht an allen im</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Stadtgebiet gelegenen öffentlichen ober- oder unterirdischen Verkehrsflächen sowie stadteigenen Grundstücken und Bauwerken eingeräumt sei. Dieser Vertrag sei vor allem deshalb geschlossen worden, uri Werbung insgesamt besser steuern zu können und damit ein Ausufern von Werbeanlagen zu verhindern. Damit sei auch ein Instrument der Stadtgestaltung geschaffen worden. Der Antrag stehe nicht im Einklang mit dem Ziel, die Großflächenwerbung einzudämmen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Hiergegen erhob der Kläger am 18. Juli 1986 mit unter anderem der Begründung Widerspruch, die im angefochtenen Bescheid genannten Gründe beträfen keine verkehrlichen Belange, die allein im</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Rahmen der Entscheidung über die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis berücksichtigungsfähig seien. Der vom Beklagten genannte Exklusivvertrag verbiete nicht die Nutzung des Luftraumes über städtischem Grund. Im übrigen verstoße es gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, daß der Beklagte keine Einwendungen gegen eine Werbung an der Stätte der Leistung mache.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Mit Bescheid vom 8. August 1986 wies der Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 des Straßen- und Wegegesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">(StrWG NW) gehöre zur öffentlichen Straße auch der Luftraum über dem Straßenkörper, so daß dieser Bereich von dem Vertrag mit der Beigeladenen erfaßt werde. Die mit dem genannten Vertrag bezweckte Ordnung des Straßenlandes bzw. die Verhinderung der Oberhäufung des Straßenlandes mit Werbeanlagen sei sehr wohl ein verkehrlicher Aspekt. Auch sei die unterschiedliche Behandlung von Werbeanlagen an der Stätte der Leistung einerseits und Werbeanlagen mit Wechselwerbung andererseits erforderlich, wie sich bereits aus</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">§ 13 BauO NW ergebe.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Hiergegen hat der Kläger am 18. August 1986 Klage erhoben.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Er hat zunächst vorgetragen: Zwischen dem Rand des Gehweges und der als Befestigung für die Werbetafeln vorgesehenen Mauer liege ein anders gepflasterter Grundstücksstreifen, so daß davon ausgegangen werden müsse, daß die Werbetafeln nicht in den öffentlichen Straßenraum hineinragten und eine Sondernutzungserlaubnis deshalb nicht erforderlich sei.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Nachdem der Beklagte u. a. einen Katasterfortführungsriß vom 6. Februar 1953 vorgelegt hatte, aus dem zu entnehmen war, daß sich bereits die als Befestigung für die anzubringenden Werbeta‑</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">feln vorgesehene Mauer in ihrer ganzen Länge auf dem Straßengrundstück befindet, hat der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 10. Juli 1986 und des Widerspruchsbescheides vom 8. August 1986 zu verpflichten, ihm die Sondernutzungserlaubnis zur Aufstellung der Werbetafeln vor dem Grundstück</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">•              ,straße, links neben dem Haus</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Nr. 4, in              K              zu erteilen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Er hat sich auf die Begründung der angefochtenen Bescheide bezogen.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Durch Urteil vom 31. Juli 1987 - dem Kläger zugestellt am10. September 1987 - hat das Verwaltungsgericht die Klage abge‑</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">wiesen. Zur Begründung hat es unter anderem ausgeführt, die Versagung der Sondernutzungserlaubnis durch den Beklagten lasse Ermessensfehler nicht erkennen. Es sei nicht zu beanstanden, daß der Beklagte unter Hinweis auf den Vertrag mit der Beigeladenen Ausuferungen von Werbung auf öffentlichem Straßenland habe verhindern wollen. Unter dem Gesichtspunkt der Ordnung des Straßenlandes und der Erhaltung des Straßen- und Stadtbildes sei die Beschränkung auf bestimmte Werbeträger und Werbeformen zulässig. Ferner sei es gerechtfertigt, Werbung auf öffentlichem Straßenland nur von einem einzigen Unternehmen durchführen zu lassen, da hiermit eine besonders hohe Gewähr für den sachgerechten Betrieb und die Wartung der Werbeanlagen sowie für eine Verhinderung des Ausuferns von Werbung gegeben sei, zumal es sich hei der Beigeladenen <em>um</em> ein städtisches Unternehmen handele. Ein einzelnes Unternehmen lasse sich im übrigen auch effektiver und kostensparend überwachen und diene den Interessen der Kunden an einem übergreifenden städtischen Werbenetz. Da somit sachliche Gründe für die Vergabe der Werbemöglichkeiten an ein einziges Unternehmen vorlägen, liege auch kein Verstoß gegen Art. 3 bzw. Art. 12 des Grundgesetzes (GG) vor.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Mit de- hiergegen am 15. September 1987 eingelegten Berufung macht der Kläger geltend:</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Der von der Stadt K              mit der Beigeladenen geschlossene Aus‑</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">schließlichkeitsvertrag sei verfassungswidrig und verletze ihn als Mitkonkurrenten der Beigeladenen in seinen Rechten. Der Beklagte habe das Konkurrenzunternehmen selbst gegründet und sei an dem Betriebsergebnis finanziell beteiligt. Er habe der Beigeladenen in erheblichem Umfange die Errichtung von Werbetafeln auf öffentlichem Straßenland an verschiedenen Stellen in KL              gestattet.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Dabei sei die Genehmigung teilweise rechtswidrig erteilt worden, da die Werbeanlagen in einigen Fällen den Blick auf begrünte Flächen verdeckten. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Konzentration der Werbung in der Hand eines zuverlässigen Unternehmens sei geeignet, baurechtswidrige Zustände zu verhindern, sei daher nicht gerechtfertigt. Im Gegenteil sei feststellbar, daß seit Gründung der Beigeladenen eine Überflutung des öffentlichen Straßenlandes mit Plakattafeln, Werbung an Wartehallen, auf freistehenden, beleuchteten Werbeträgern im Format 1,3 x 2 m (sogenannter 4-1-Bogen) sowie auf Werbeträgern mit wechselnden Motiven stattfinde. Hierzu legt der Kläger verschiedene Fotografien und einen Artikel in der Werbezeitschrift W & V Nr. 3 vom 22. Januar 1988 vor, wonach sich die Zahl insbesondere der hinterleuchteten 4-1-Bogen Werbeanlagen explosionsartig entwickelt habe. Darüber hinaus macht er geltend: Bei der Vergabe von Standorten für Werbezwecke handele es sich nicht um eine rein fiskalische Tätigkeit, vielmehr würden öffentliche Aufgaben erfüllt, so daß nach den Regeln des Verwaltungsprivatrechts die Grundrechte zu beachten seien.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, daß die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis in seinem freien Ermessen liege, da deren Ablehnung rechtswidrig sei, wenn kein denkbarer Ablehnungsgrund vorliege und nur ein Mitkonkurrent geschützt werden solle. Derartige Ablehnungsgründe lägen nicht vor. Die bei der Entscheidung über die Erteilung der Sondernutzungserlaubnis in erster Linie maßgeblichen Belange der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs (insbesondere des Fußgängerverkehrs) würden durch die beantragte Werbeanlage nicht beeinträchtigt. Im übrigen messe der Beklagte verkehrlichen Gesichtspunkten offensichtlich selber keine Bedeutung bei, wie sich daraus ergebe, daß er ausweislich Nr. 18 des Gebührentarifs zur Satzung der Stadt K              vom 15. Dezember1986 generell Sondernutzungserlaubnisse auch für großflächige Werbetafeln erteile. Wegen der durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Baufreiheit, die auch das Recht zur Anbringung von Werbeanlagen umfasse, müsse daher von einer Ermessensreduzierung zu seinen</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">- des Klägers - Gunsten ausgegangen werden.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">7</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte könne sich bei seiner Ermessensentscheidung auch nicht auf den Werbenutzungsvertrag mit der Beigeladenen berufen. Dieser verstoße nämlich gegen § 19 a Abs. 2 S. 1 StrWG NW, wonach Sondernutzungsgebühren nur aufgrund einer Satzung erhoben werden dürften.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Im übrigen sei es verfassungswidrig, daß die Stadt K              bei der</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Vergabe von Sondernutzungserlaubnissen gleichzeitig "Spieler und Schiedsrichter" sei, d.h. einerseits mit dem Kläger in einem Wettbewerbsverhältnis stehe, andererseits den Wettbewerb durch Schaffung eines Monopols zu ihren eigenen Gunsten unterbinde.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">das angefochtene Urteil zu ändern und den Beklagten zu verpflichten, unter Aufhebung seines Bescheides</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">vom 10. Juli 1986 und des Widerspruchsbescheides vom 8. August 1986 ihm</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">eine Sondernutzungserlaubnis zur Aufstellung zweier Werbetafeln vor dem Grundstück              ___straße, links</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">neben dem Haus Nr. 4, in              K'zu erteilen.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Er bezieht sich auf die Begründung des angefochtenen Urteils und trägt ergänzend vor: Die Bezugnahme auf den Werbenutzungsvertrag mit der Beigeladenen sei im Rahmen der bei der Entscheidung über die beantragte Sondernutzungserlaubnis vorzunehmenden Ermessensausübung nicht zu beanstanden. Bei der Versagung einer Sonder‑</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">nutzungse•laubnis sei die Behörde nicht auf die Heranziehung verkehrlicher bzw. wegerechtlicher Aspekte im engeren Sinne beschränkt; vielmehr seien alle Gesichtspunkte beachtenswert, die in einen sachlichen Zusammenhang mit dem Widmungszweck der Straße gebracht werden könnten. Hierzu zählten auch alle Ablehnungsgründe, die sich auf die Ordnung des Straßenlandes, insbesondere die Verhinderung von Beeinträchtigungen des Straßen- und damit des Stadtbildes bezögen. Auch das vom Kläger vorgelegte Bildmaterial</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">spreche nicht gegen die Rechtmäßigkeit der Übertragung der Werbung auf öffentlichem Straßenland an die Beigeladene. Insbesondere seien keine rechtswidrigen Baugenehmigungen zur Aufstellung von Werbetafeln erteilt worden. Die vom Kläger vorgelegten Fotografien beträfen Werbeträger, die vor Einführung des neuen § 13 Abs. 2 Satz 1 BauO NW vom 26. Juni 1984 genehmigt worden seien. Zudem sei teilweise vorgesehen, die Werbetafeln trotz bestehenden Bestandsschutzes zu entfernen. Die vom Kläger genannte Prismavisionsanlage sei nur probeweise und widerruflich genehmigt worden, so daß hieraus nicht auf eine entsprechende Baugenehmigungspraxis geschlossen werden könne. Die Anlage werde ebenfalls spätestens mit dem Beginn</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">des Stadtbahnbaus wieder entfernt werden. Von der in der Sondernutzungssatzung der Stadt K.              vorgesehenen Regelung betreffend groß‑flächige Werbetafeln sei bislang kein Gebrauch gemacht worden.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Die Beigeladene stellt keinen Antrag.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge sowie der Gerichtsakte im Verfahren</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">VG Köln 2 K 2314/86 (Beiakten Heft 1 bis 6).</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Entscheidungsgründe:</span></p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Der Bescheid des Beklagten vom 10. Juli 1986 und sein Widerspruchsbescheid vom 8. August 1986, mit denen der Beklagte die vom Kläger beantragte Sondernutzungserlaubnis versagt hat, sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 4 Satz 1 VwGO).</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Die Anbringung zweier Werbetafeln an einer Ziegelsteinmauer auf dem Grundstück              straße, links neben dem Haus Nr. 4, in</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">K              stellt eine Sondernutzung im Sinne des § 18 Abs. 1 StrWG NWdar, die der Erlaubnis durch den Beklagten bedarf.</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Hierin liegt insbesondere keine Nutzung im Rahmen des Gemeingebrauchs nach § 14 StrWG NW, da das Anbringen von Werbeträgern vom Widmungszweck der öffentlichen Straße nicht gedeckt ist. Dies gilt selbst bei Zugrundelegung der Auffassung, daß die Funktion innerörtlicher Straßen sich nicht nur auf den Verkehr im Sinne bloßer Fortbewegung beschränkt, sondern zugleich auf Kommunikation und Kontaktaufnahme erstreckt, da die Privilegierung "kommunikativer Benutzungsformen" entfällt, wenn es - wie hier - ausschließlich um kommerzielle Werbung, d. h. um die Nutzung der Straße quasi als Geschäftsraum geht.</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Vgl. hierzu Walprecht/Cosson, StrWG NW, 2. Aufl., S 14 Rndrn. 126, 127 m.w.N.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Die beabsichtigte Anbringung von Werbeträgern ist auch nicht vom sogenannten Straßenanliegergebrauch nach S 14 a StrWG NW gedeckt; denn die beabsichtigte Errichtung der Werbeträger ist ersichtlich nicht im Sinne des § 14 a Abs. 1 StrWG NW zur Nutzung des Grundstücks              straße erforderlich. Die frühere Recht‑sprechung des 10. Senats des erkennenden Gerichts,</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">vgl. OVG NW, Urteil vom 29. August 1968</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">- X A 771/67 - Der Betrieb 1969, S. 1836,</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">die die in der Anbringung von Werbetafeln liegende Inanspruchnahme der Straße der Nutzung des Anliegergrundstücks zurechnete und mit dieser Erwägung einen "Gebrauch" der Straße überhaupt verneinte, ist mit der Einführung des § 14 a StrWG NW als überholt anzusehen.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Vgl. insoweit auch OVG NW, Urteil vom 20. Mai 1985 - 11 A 2364/83 -.</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Die Anbringung der zwei Werbetafeln stellt schließlich keine sonstige Benutzung im Sinne von § 23 StrWG NW dar. Dieser Vorschrift zufolge richtet sich die Einräumung von Rechten zur Benutzung des Eigentums der Straße nach bürgerlichem Recht, wenn diese den Gemeingebrauch nicht beeinträchtigt. Das vom Kläger beabsichtigte Vorhaben beeinträchtigt hingegen im Sinne dieser Vorschrift den Gemeingebrauch.</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Hierbei kommt es auf den Nachweis einer konkreten Gefährdung oder Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer im Einzelfall nicht an.</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Vgl. hierzu OVG NW, Urteil vom 20. Mai 1985</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">-          11 A 2364/83 -.</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">Der Regelungszweck des für Sondernutzungen geltenden präventiven Verbots mit Erlaubnisvorbehalt wäre verfehlt, wenn sich dieses nicht auf diejenigen Straßenbenutzungen erstrecken würde, die ihrer Art nach abstrakt geeignet sind, die Ausübung des Gemeingebrauchs zu beeinflussen.</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Vgl. Schack, Das rechtliche Wesen der wegerechtlichen Sondernutzung nach altem und neuem Recht, Verwaltungsarchiv 1963, S. 43</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">(63). Bartlsperger, "Die Werbenutzungsverträge der Gemeinden", 1975, S. 89.</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">Dabei ist zu berücksichtigen, daß zur öffentlichen Straße nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 StrWG NW auch der Luftraum über dem Straßenkörper gehört. Er ist Teil des Verkehrsraumes, auf den sich der Gemeingebrauch erstreckt. Einwirkungen auf den Luftraum beeinträchtigen daher den Gemeingebrauch nur dann nicht, wenn sie so geringfügig sind oder sich in einer derartigen Höhe befinden, daß sie den Verkehrsablauf nicht behindern können.</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NW, Urteil vom 26. April 1985</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">-          9 A 1285/84 -; Urteil vom 20. Mai 1985</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">-          11 A 2364/83 -.</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">Hiervon kann vorliegend indes nicht ausgegangen werden. Ob dies bereits deshalb gilt, weil sich - wovon das Verwaltungsgericht offensichtlich ausgegangen ist - schon die Mauer, an der die Werbetafeln angebracht werden sollen, auf öffentlichem Straßenland befinden soll, kann dahinstehen. Jedenfalls ragen die vom Kläger geplanten Werbeträger nach den Angaben seines Prozeßbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung am 6. Juni 1990 vor dem Senat (auf einer Länge von 2 x 370 cm) von der Mauer aus gerechnet um</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">ca. 8 bis 9 cm in den Luftraum über der Straße hinein. Sie sind daher durchaus geeignet, den Verkehrsablauf auf der ohnehin äußerst schmalen Gehwegfläche zu beeinträchtigen.</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">Die Erteilung der somit erforderlichen Sondernutzungserlaubnis liegt gemäß § 18 Abs. 1 StrWG <em>NW</em> grundsätzlich im behördlichen Ermessen. Es ist nicht ersichtlich, daß das Ermessen des Beklagten dahingehend reduziert wäre, daß er verpflichtet wäre, dem Kläger die beantragte Sondernutzungserlaubnis zu erteilen. Die Entscheidung des Beklagten, die Sondernutzungserlaubnis zu versagen, weist vielmehr keine nach § 114 VwGO überprüfbaren Ermessensfehler auf.</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">Durch das Institut der Sondernutzungserlaubnis soll sichergestellt werden, daß die für die Ordnung der Benutzung der Straße zuständigen Behörden nicht nur Kenntnis von Ort, Zeitdauer und Umfang der Sondernutzung erhalten, sondern auch von vornherein erkennbare Störungen verhindern oder in zumutbaren Grenzen halten und bei Kollision von Rechtsgütern verschiedener Rechtsträger einen Interessenausgleich schaffen können.</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 7. Juni 1978 - 7 C 5.78 -, BVerwGE 56, 63 (68).</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">Um den gebotenen Interessenausgleich ermessensgerecht vornehmen zu können, ist eine Abwägung der gegenseitigen Belange geboten, deren Ergebnis ausschlaggebend von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls und hierbei insbesondere von dem Maß der Beeinträchtigung der gegenläufigen Rechte und Interessen abhängt.</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Beschluß vom 7. April 1987 - 7 B 182.86 -.</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">In die Abwägung einzustellen ist einerseits das Interesse des Sondernutzers an der Durchführung seines Vorhabens mit dem diesem Interesse objektiv beizumessenden Gewicht. Insoweit kommt hier das Interesse des Klägers an einer ungestörten wirtschaftlichen Betätigung unter Einbeziehung öffentlicher Verkehrsflächen in Betracht. Demgegenüber sind zu Lasten des Sondernutzers die Belange von Bedeutung, deren Schutz der Fürsorge den für die Ordnung der Benutzung der Straßen zuständigen Straßenbaubehörden anvertraut</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">ist. Der Sondernutzung gegenläufig sind in erster Linie verkehrliche Gesichtspunkte; denn bei der Ermessensentscheidung der Straßenbaubehörden geht es vornehmlich darum, Gefahren für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs auszuschließen oder doch in erheblichem Maße zu mindern.</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Urteil vom 7. Juni 1978 - 7 C 6.78 -, BVerwGE 56, 56 (58).</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">Da Schutzgut der Erlaubnispflicht die Straße schlechthin</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">- nicht nur in ihrer verkehrlichen Funktion -ist, können der Sondernutzung auch Ordnungsgesichtspunkte nicht-verkehrlicher Art entgegenstehen, die allerdings in einem sachlichen Zusammenhang zu der Straße stehen, mithin straßenbezogener Art sein müssen. Demgemäß kann in den Interessenausgleich auch der Schutz des Umfeldes der Straße einbezogen werden, in das die Straße eingebunden ist und auf das sie unmittelbar oder mittelbar - z.B. optisch - einwirkt.</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1974 - VII C 42.72 -, BVerwGE 47, 280 (284) zum Schutz des Stadtbildes vor Verschandelung und Verschmutzung.</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">Diesen rechtlichen Vorgaben tragen die angefochtenen Bescheide hinreichend Rechnung. Der vom Beklagten als maßgeblich herausgestellte Gesichtspunkt der Verhinderung einer Überhäufung des Straßenlandes mit allen möglichen Werbeanlagen orientiert sich an den in § 18 Abs. 1 StrWG NW angesprochenen, obengenannten Schutzgütern; denn er läßt erkennen, daß der Beklagte etwaigen aus der Oberfrachtung öffentlicher Verkehrsflächen mit Werbeanlagen möglicherweise entstehenden Beeinträchtigungen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs und einer Verunstaltung des Ortsbildes vorbeugen will. Diesen im Rahmen der Entscheidung nach § 18 Abs. 1 StrWG NW berücksichtigungsfähigen Zwecken dient - zumindest auch -der in den angefochtenen Bescheiden ebenfalls zur Begründung der Versagung der Sondernutzungserlaubnis herangezogene Werbenutzungsvertrag mit der Beigeladenen vom 5./24. Mai 1982. Diesem kommt u. a. eine Ordnungsfunktion zu,</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">vgl. hierzu Bartlsperger, "Die Werbenutzungsverträge der Gemeinden", 1975, S. 25 ff,</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">die im wesentlichen straßenbezogener Art im oben genannten Sinne ist. Durch die im Werbenutzungsvertrag vorgesehene exklusive Übertragung eines Werbenetzes auf ein einziges Anschlagunternehmen und die dementsprechende Ermessenspraxis, nur der Beigeladenen Sondernutzungserlaubnisse für die Aufstellung von Werbeträgern zu erteilen, wird der Beklagte (der sich andernfalls mit einer Vielzahl von Betreibern von Werbeanlagen auseinanderzusetzen hätte) in die Lage versetzt, Betrieb und Unterhaltung der Werbeanlagen wirksam zu überwachen und etwaigen Beeinträchtigungen des Gemeingebrauchs vorzubeugen. Darüber hinaus kann der Beklagte durch Einflußnahme auf die Ausgestaltung der Werbeträger deren störungsfreie Eingliederung in das Straßenumfeld sicherstellen und damit in erheblichem Umfang zum Schutz des Stadtbildes beitragen.</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">Vgl. hierzu Bartlsperger, a.a.O., S. 26 und S. 117.</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, daß die genannten Erwägungen nicht die die Ermessensentscheidung tragenden Gesichtspunkte gewesen sein könnten. Insbesondere kann aufgrund der Angaben des Beklagten bzw. der Beigeladenen zur Höhe des von der Beigeladenen entrichteten Nutzungsentgelts und des im Falle der Erhebung von Sondernutzungsgebühren zu erzielenden Gebührenaufkommens - an deren Richtigkeit zu zweifeln der Senat keine Veranlassung hat - davon ausgegangen werden, daß der Abschluß des Werbenutzungsvertrages jedenfalls auch maßgeblich der Ordnung des Straßenlandes und nicht etwa nur fiskalischen (Gewinnerzielungs-) Interessen diente, die bei der Entscheidung über die Erteilung der Sondernutzungserlaubnis nicht berücksichtigungsfähig sind.</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">Die Ermessensentscheidung des Beklagten ist auch nicht wegen Fortfalls ihrer Grundlage, des Werbenutzungsvertrages der Stadt Köln mit der Beigeladenen zu beanstanden. Dieser ist - jedenfalls</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">in seiner Gesamtheit - nicht wegen eines Verstosses gegen § 19 a Abs. 2 Satz 1 StrWG NW nichtig, wonach Sondernutzungsgebühren nur aufgrund von Satzungen erhoben werden können. Es mag dahinstehen, ob der Vorschrift entnommen werden kann, daß bürgerlich-rechtliche Vereinbarungen über Nutzungsentgelte neben oder anstelle der Erhebung von Sondernutzungsgebühren ausgeschlossen sind,</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">vgl. Fickert, Straßenrecht in Nordrhein-Westfalen, 3.Aufl. § 19 a StrWG NW, Rdnr. lt Walprecht/Cosson, Straßen und Wegegesetz des Landes Nordrhein-Westfalen, 2. Aufl. § 19 a StrWG NW, Rdnr. 183,</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">und die in § 2 Abs. 1 des zwischen der Stadt K              und der Beige‑</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">ladenen geschlossenen Werbenutzungsvertrages geregelte Nutzungsentgeitvereinbarung deshalb unwirksam ist. Denn dies hätte jedenfalls schon wegen der entsprechenden Regelung des § 9 Abs. 1 des Werbenutzungsvertrages nicht die Gesamtnichtigkeit des Vertrages zur Folge.</p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">Eine mögliche Rechtswidrigkeit allein der Nutzungsentgeltvereinbarung würde letztlich nicht zur Fehlerhaftigkeit der angefochtenen Ermessensentscheidung des Beklagten führen, sondern beträfe ausschließlich das (Innen-) Rechtsverhältnis zwischen der Stadt</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">K,              und der Beigeladenen. Denn zum einen wären die vom Beklagtenangeführten, die Ordnung des Straßenlandes betreffenden Erwägungen auch in diesem Falle (bei im übrigen fortbestehendem Werbenutzungsvertrag) weiterhin tragfähig, zum anderen stellt die Wirksamkeit der Nutzungsentgeltvereinbarung keinen die Interessen des Klägers berührenden Gesichtspunkt dar, der im Rahmen der vom Beklagten zu treffenden Ermessensentscheidung zu berücksichtigen wäre.</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">Soweit der Kläger mit seiner Berufungsbegründung auf einzelne, angeblich baurechtswidrig errichtete Werbeanlagen hingewiesen hat, vermag dies die hier in Rede stehende (generelle) Eignung einer exklusiven Übertragung eines Werbenetzes auf ein einzelnes Plakatanschlagunternehmen zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen und verkehrsgerechten Ausgestaltung des Werbeträgernetzes nicht</p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">ohne weiteres zu widerlegen. Im übrigen hat der Beklagte unwidersprochen vorgetragen, daß die vom Kläger vorgelegten Fotografien</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks">teilweise Werbeträger beträfen, die vor Einführung des § 13 Abs. 2 Satz 1 der BauO NW genehmigt worden seien (sog. Altanlagen) und daher Bestandsschutz genössen. Hinsichtlich der sogenannten Prismavisionsanlage an der              - Straße hat der Beklagteklargestellt, daß es sich um eine lediglich probeweise und in Kürze zu entfernende Anlage handele. Die genannten Fälle lassen daher keine Rückschlüsse auf eine Verfehlung der von der Stadt mit dem Werbenutzungsvertrag verfolgten Ziele durch eine diesen zuwiderlaufende Ermessenspraxis des Beklagten bei der Zulassung einzelner Anlagen zu. Auch den vom Kläger mit Schriftsatz vom</p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks">18. Juli 1989 vorgelegten Fotografien ist nicht zu entnehmen, daß der Beklagte baurechtswidrige Genehmigungen für Werbeanlagen erteilt hätte. Dabei kann dahinstehen, ob die abgebildeten Werbeanlagen etwa die Aussicht auf begrünte Flächen (13 Abs. 2 Satz 2BauO NW) verdecken. Denn § 13 Abs. 2 BauO NW gilt gemäß § 13</p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks">Abs. 6 BauO NW nicht für Anschläge und Lichtwerbung an dafür genehmigten Säulen, Tafeln und Flächen. Derartige Genehmigungen liegen für die angesprochenen Werbeanlagen vor. Nach den - vom Kläger nicht bestrittenen - Angaben des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 6. Juni 1990 hat dieser vor der Aufstellung der einzelnen Werbeträger nicht nur ein Verfahren zur Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis, sondern auch ein bauordnungsrechtliches Verfahren durchgeführt.</p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">Es liegt auch keine gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende Benachteiligung des Klägers bei der Vergabe von Sondernutzungserlaubnissen vor. Denn wenn sich die Übertragung sämtlicher Werbemöglichkeiten auf ein einziges Anschlagunternehmen als besonders effektive Möglichkeit zur verkehrlichen und gestalterischen Überwachung der auf öffentlichen Verkehrsflächen befindlichen Werbeanlagen darstellt, so liegt eben hierin ein die unterschiedliche Behandlung rechtfertigender sachlicher Grund.</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NW, Urteil vom 30. September 1969 - IV A 1401/68 -.</p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">Hinzu kommt, daß es sich hei der Beigeladenen nicht um eine private Werbeagentur, sondern um ein von der Stadtwerke              . GmbH</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks">und damit letztlich von der Stadt K              betriebenes kommunales</p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">Unternehmen handelt, wodurch die Einflußmöglichkeiten des Beklagten in besonderem Maße sichergestellt werden. Dabei ist die Gründung der Beigeladenen zum Zwecke der Übernahme eines Werbenetzes auch nicht ihrerseits im Hinblick auf g 88, 89 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NW) bedenklich. Nach</p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks">88 Abs. 1 Nr. 1 und § 89 Abs. 1 Nr. 1 GO ist die Errichtung wirtschaftlicher Unternehmen bzw. die Gründung auf den Betrieb wirtschaftlicher Unternehmen gerichteter Gesellschaften durch einen dringenden öffentlichen Zweck begrenzt, wobei der Gemeinde hinsichtlich der Frage, ob ein dringender öffentlicher Zweck die Errichtung des Unternehmens erfordert, ein Beurteilungsspielraum zukommt,</p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks">vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Februar 1972 - IC 24.69 - BVerwGE 39, 329; v. Loebell, GO NW, § 88 Anm. 2. c),</p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks">der nur einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Es ist nicht ersichtlich, daß der Beklagte die Grenzen dieses Beurteilungsspielraums überschritten hätte, da die Gründung der Beigeladenen zum Zwecke der alleinigen Übernahme eines städtischen Werbeträgernetzes aus den bereits oben genannten Gründen einer besseren Überwachung des Betriebes der Werbeanlagen sowie des Schutzes des Stadtbildes im öffentlichen Interesse liegt.</p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks">Die Übertragung auf ein privatrechtliches Unternehmen stößt auch nicht deshalb auf Bedenken, weil Betrieb und Unterhaltung des Werbeträgernetzes auf öffentlichen Verkehrsflächen durch die Beigeladene zumindest aus den oben genannten Gründen der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dient.</p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks">Vgl. hierzu auch Bartlsperger, a.a.O., S. 65.</p>
<span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks">Hierin liegt insbesondere keine unzulässige "Flucht in das Privatrecht", da sich eine Behörde auf diese Weise nicht ihrer öffentlich-rechtlichen Bindungen entledigen kann. Die Rechtsverhältnisse juristischer Personen des Privatrechts, durch die Träger</p>
<span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks">öffentlicher Verwaltung ihre öffentlichen Aufgaben erfüllen,</p>
<span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks">unterliegen nämlich den Regeln des sog. Verwaltungsprivatrechts. Dies bedeutet in erster Linie, daß die betreffenden juristischen Personen des Privatrechts an die Grundrechte gebunden sind; sofern sie rechtlich oder faktisch Monopolstellungen innehaben, bestehen darüber hinaus Kontrahierungs- und Betriebspflichten,</p>
<span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks">vgl. hierzu Erichsen-Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht, 7. Aufl., § 44 I, S. 419; Wolf-Bachof, Verwaltungsrecht I, 9. Aufl.</p>
<span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks">§ 23 II b), S. 108 - 110,</p>
<span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks">die eine allgemeine und gleiche Benutzung der zur Verfügung gestellten Einrichtung in gleicher Weise sicherstellen wie dies bei einer Erfüllung der öffentlichen Aufgabe durch den Träger öffentlicher Verwaltung selbst der Fall wäre.</p>
<span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks">Die Versagung der Sondernutzungserlaubnis verstößt weiterhin nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Ein Eingriff in die Freiheit der Berufswahl liegt hierin ersichtlich nicht. Der Kläger ist nicht generell gehindert, seinem Gewerbe nachzugehen, da er seine Werbeträger auf privaten Grundstücken sowie auf öffentlichen Verkehrsflächen anderer Gemeinden, die keinen Werbenutzungsvertrag der hier in Rede stehenden Art abgeschlossen haben, errichten kann. Die Entscheidung des Beklagten hat auch keine die Berufsausübung regelnde Wirkung. Art. 12 Abs. 1 GG verbietet es zwar den Behörden, den einzelnen bei der Ausübung des von ihm gewählten Berufes zu beschränken oder zu hindern, sofern nicht höherwertige Gemeinschaftsgüter dies unabweisbar erfordern, verpflichtet jedoch nicht, dem Berufsbewerber die zur Ausübung des Berufs erforderlichen Mittel oder Gegenstände - d. h. vorliegend die zur Errichtung der Werbeträger erforderlichen Verkehrsflächen - zur Verfügung zu stellen.</p>
<span class="absatzRechts">124</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1969</p>
<span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks">- VII C 75.68 - Buchholz, Sammel- und Nachschlagewerk-der Rechtsprechung des BVerwG,</p>
<span class="absatzRechts">126</span><p class="absatzLinks">407.4, § 8 F StrG Nr. 4; OVG NW, Urteil vom 23. November 1966 - IV A 438/66 -, GewA 1967, S. 205.</p>
<span class="absatzRechts">127</span><p class="absatzLinks">Schließlich ist nicht ersichtlich, daß die angefochtenen Bescheide den Kläger in seinem durch Art. 14 GG geschützten Eigentumsrecht beeinträchtigen. Insbesondere liegt kein widerrechtlicher, unmittelbarer Eingriff in den Gewerbebetrieb des Klägers vor. Art. 14 Abs. 1 GG schützt nicht vor dem Auftreten von Konkurrenten. Ob etwas anderes gilt, wenn ein Konkurrent durch eine behördliche Maßnahme eine Monopolstellung erlangt,</p>
<span class="absatzRechts">128</span><p class="absatzLinks">vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Dezember 1963 - I C 77.60 - BVerwGE 17, 306 (314),</p>
<span class="absatzRechts">129</span><p class="absatzLinks">mag dahinstehen. Dies ist vorliegend nämlich nicht der Fall; denn aufgrund des Werbenutzungsvertrages ist der Beigeladenen lediglich das ausschließliche Recht zur Errichtung von Werbeträgern auf städtischem Grund und Boden bzw. den öffentlichen Verkehrsflächen übertragen worden, so daß dem Kläger - wie bereits oben ausgeführt - die Möglichkeit der Errichtung von Werbeanlagen auf privaten Grundstücksflächen sowie eventuell auf öffentlichen Verkehrsflächen anderer Gemeinden verbleibt.</p>
<span class="absatzRechts">130</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf g 154 Abs. 2, Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, da diese keinen Antrag gestellt und sich daher keinem</p>
<span class="absatzRechts">131</span><p class="absatzLinks">eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat.</p>
<span class="absatzRechts">132</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf g 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 Zivilprozeßordnung.</p>
<span class="absatzRechts">133</span><p class="absatzLinks">Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwG3 hierfür nicht vorliegen.</p>
|
315,100 | ag-dusseldorf-1990-06-06-25-c-424889 | {
"id": 653,
"name": "Amtsgericht Düsseldorf",
"slug": "ag-dusseldorf",
"city": 413,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 25 C 4248/89 | 1990-06-06T00:00:00 | 2019-03-13T14:46:19 | 2022-10-18T15:09:06 | Urteil | ECLI:DE:AGD:1990:0606.25C4248.89.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>hat das Amtsgericht Düsseldorf</p>
<p>auf die mündliche Verhandlung vom 23. April 1990</p>
<p>durch die Richterin am Amtsgericht X</p>
<p></p>
<p>für R e c h t erkannt:</p>
<p></p>
<p> Die Beklagte wird verurteilt, einer Erhöhung der Grundmiete</p>
<p> für die im Erdgeschoß des Hauses Xstraße in X gelegene Wohnung auf 790,57 DM monatlich</p>
<p> zuzüglich der bisherigen Betriebskostenvorauszahlung</p>
<p> von insgesamt 211,40 DM ab 01.02.1989 zuzustimmen. </p>
<p></p>
<p> Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p></p>
<p> Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 9/10, die</p>
<p> Beklagte 1/10.</p>
<p></p>
<p> Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px"><u>T a t b e s t a n d :</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Zwischen den Parteien besteht ein Mietverhältnis über eine Wohnung im Erdgeschoß des Hauses X, Xstraße, die 102,01 qm groß ist. Die monatliche Grundmiete betrug zunächst 656,85 DM = 6,44 DM pro qm.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Mit Schreiben vom 30.11.1988 verlangte die Klägerin Zustimmung zu einer Erhöhung der Grundmiete auf 841,60 DM monatlich = 8,25 DM pro qm ab 01.02.1989. Die Beklagte stimmte dem Mieterhöhungsverlangen vorprozessual auf 7,40 DM pro qm zu, mit der Klageerwiderung auf 7,68 DM pro qm. </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Die Klägerin beantragt insoweit den Erlaß eines Teil-Anerkenntnisurteils und insgesamt</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">die Beklagte zu verurteilen, einer Mieterhöhung für die im </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Erdgeschoß des Hauses Xstraße in X </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">gelegene Wohnung auf 841,60 DM monatlich zuzüglich der</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">bisherigen Betriebskostenvorauszahlungen von insgesamt</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">211,40 DM ab 01.02.1989 zuzustimmen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px"></p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Klageabweisung, insoweit sie dem Mieterhöhungsverlangen</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">nicht zugestimmt hat.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Sie ist der Ansicht, dass eine Grundmiete von 7,68 DM pro qm aufgrund der Eigenart der Wohnung, der Art und Beschaffenheit des Gebäudes und der Lage desselben angemessen ist.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Es ist ein schriftliches Sachverständigengutachten eingeholt worden gemäß den Beweisbeschluss vom 04.09.1989. Auf den Inhalt des Gutachtens sowie auf den übrigen Akteninhalt wird Bezug genommen. </p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px"><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :</u></p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Die Klage ist über den von der Beklagten anerkannten Betrag von 7,68 DM pro qm nur in geringem Umfang begründet.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Die Beklagte ist gemäß § 2 des Gesetzes zur Regelung der Miethöhe verpflichtet, einer Erhöhung der Grundmiete auf 7,75 DM pro qm = 790,57 DM monatlich ab 01.02.1989 zuzustimmen. Denn nach dem ausführlichen schriftlichen Gutachten des Sachverständigen X vom 04.09.1989 ist dies die ortsübliche Vergleichsmiete für die Wohnung der Beklagten. Wegen der Einzelheiten des Gutachtens wird auf dessen Inhalt Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Die nach dem Gutachten offengebliebenen Fragen hat der Sachverständige mündlich dahin erläutert, dass in der Ausgangsmiete von 8,40 DM pro qm die Möglichkeit der Gartennutzung auf eigene Kosten mit 0,40 DM pro qm Wohnfläche einbezogen worden sei. Die Werterhöhung durch die Möglichkeit der Gartennutzung werde jedoch durch die Wertminderung in Folge der Immissionen aus der Waschküche, die er mit 5 % oder 0,38 DM pro qm berücksichtigt habe, in etwa aufgehoben. Weiterhin hat der Sachverständige erklärt, wie er in seinen Unterlagen notiert habe, habe er bei der Wohnungsbesichtigung sowohl Waschmaschinengeräusche als auch – Gerüche wahrgenommen. Auf diese Dinge habe er bewusst geachtet, weil sie in der Akte bereits schriftsätzlich vorgetragen gewesen seien. Was schließlich den Lageabzug von 5 % betrifft, so hat der Sachverständige erklärt, dieser beziehe sich auf die Lage der Xstraße, die durch starkes Verkehrsaufkommen etwas schlechter zu bewerten sei als die Nachbarstraßen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Das Gericht schließt sich den Ausführungen des erfahrenen Sachverständigen in vollem Umfang an und ist davon überzeugt, dass dieser die ortsübliche Vergleichsmiete für die Wohnung der Beklagten zutreffend ermittelt hat.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Nach allem war wie geschehen zu erkennen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte gemäß § 92 Abs. 1 BGB nur 1/20 zu tragen, da sie bereits in der Klageerwiderung den Zustimmungsanspruch, soweit er begründet ist, bis auf 0,07 DM pro qm anerkannt hat.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Die übrigen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92 Abs. 1, 708 Ziffer 11, 713 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Streitwert bis zum 10.05.1989: 1.040,50 DM,</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">danach: 697,74 DM.</p>
|
315,101 | ag-dortmund-1990-06-06-126-c-79990 | {
"id": 647,
"name": "Amtsgericht Dortmund",
"slug": "ag-dortmund",
"city": 407,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 126 C 799/90 | 1990-06-06T00:00:00 | 2019-03-13T14:46:20 | 2022-10-18T15:09:06 | Urteil | ECLI:DE:AGDO:1990:0606.126C799.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 13,70 DM nebst 7 % Zinsen seit dem 14.12.1989 zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>T a t b e s t a n d :</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin war Vermieterin der Beklagten. Ab August 1989 betrug der monatliche Mietzins 761,37 DM. Die Klägerin macht jedoch für August 1989 nur einen ermäßigten Mietzins in Höhe von 688,57 DM geltend. Von August bis Dezember 1989 zahlte die Beklagte nur 606,37 DM.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Unstreitig kam es in der Wohnung der Beklagten zu Schwierigkeiten mit dem Trinkwasser. Das Trinkwasser war jedenfalls verfärbt. Über den Umfang der Verfärbung besteht zwischen den Parteien Streit.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin macht den rückständigen Mietzins in Höhe von 702,20 DM geltend.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Sie behauptet, die geringfügige Verfärbung des Trinkwassers in der Wohnung der Beklagten sei nur nach längeren Zapfpausen aufgetreten. Die Verfärbung sei auch gesundheitsunschädlich.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">an sie 702,20 DM nebst 7 % Zinsen</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">seit dem 14.12.1989 sowie 5,- DM</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">vorgerichtliche Kosten zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Sie behauptet, das Wasser sei völlig unregelmäßig braun gefärbt gewesen. Es habe jedoch auch Zeiten gegeben, in denen man den Wasserhahn eine halbe Stunde lang geöffnet lassen konnte, ohne daß sich die Wasserqualität besserte.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Darüber hinaus behauptet die Beklagte, sie sei durch die am Haus befindliche Trinkhalle gestört worden. Es sei zu erheblichen Lärmbelästigungen gekommen. Darüber hinaus sei sie von den Trinkhallenbenutzern angepöbelt und beleidigt worden. Darüber hinaus sei es zu Verschmutzungen durch die Trinkhalle gekommen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin ist der Ansicht, sie könne deswegen den Mietzins in der geschehenen Form mindern.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen U, T, N und L. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Sitzung vom 6.6.1990 verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks"><b><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :</u></b></p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist nur zu einem geringen Teil begründet.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist berechtigt, den Mietzins insgesamt um 20 % zu mindern. Ein Minderungsbetrag von 10 % entfällt dabei auf das Trinkwasser. Zwischen den Parteien ist unstreitig, daß es in der Vergangenheit Schwierigkeiten mit dem Trinkwasser der Beklagten gegeben hat. Die Beweisaufnahme durch die Vernehmung der Zeugin U hat ergeben, daß das Trinkwasser insgesamt in erheblich stärkerem Umfang verschmutzt war, als es die Klägerin einräumen will. Die Zeugin hat zwar die braune Verfärbung des Wassers in der Wohnung der Beklagten nicht selbst wahrgenommen, die gesamten von ihr geschilderten Umstände sind jedoch so eindeutig, daß nur der Schluß auf erhebliche Belästigung der Beklagten gezogen werden kann.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Einwände der Klägerin, die Braunfärbung sei gesundheitsunschädlich, ist unerheblich. Zum einen war diese Gesundheitsunschädlichkeit der Beklagten nicht bekannt. Zum anderen ist gerade verfärbtes Wasser allenfalls zur Toilettenspülung geeignet. Zum Waschen und zur Zubereitung von Nahrung kann es nicht verwandt werden.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Des weiteren steht der Beklagten ein Minderungsanspruch wegen der Belästigung durch die Trinkhalle zu. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, daß es hier zu erheblichen Belästigungen gekommen ist.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Zeugin U hat bekundet, es sei zu Lärm gekommen. wenn demgegenüber der Zeuge L erklärt hat, er habe bei seinen Stichproben keinen Lärm festgestellt, so steht das der Aussage der Zeugin U nicht entgegen. Es ist durchaus denkbar, daß zu anderen Zeiten gelärmt wurde. Es ist insbesondere denkbar, daß die betreffenden Personen nach den Stichproben in erheblichem Maße gelärmt haben.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Neben dem Lärm ist die Beklagte auch durch die von den Trinkhallenbenutzern ausgehenden Belästigungen beeinträchtigt worden. Sowohl die Zeugin U als auch die Zeugin T und der Zeuge L haben übereinstimmend bekundet, daß Passanten von den Trinkhallenbenutzern belästigt worden sind.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Darüber hinaus haben die Trinkhallenbenutzer den Eingangsbereich zum Hause der Klägerin verschmutzt. Dies folgt insbesondere aus der Aussage des Zeugen N. Er hat bekundet, er habe jeden Tag vor der Trinkhalle Zigarettenstummel und Bieflaschen beseitigen müssen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Insgesamt ergibt sich damit eine Belästigung, bei der das Gericht eine Mietminderung von 10 % für angemessen hält. Insgesamt ist damit eine Mietminderung in Höhe von 20 % von der Bruttomiete angemessen (vgl. Sternel Randziffer II 556). Die Beklagte kann daher insgesamt 2 c je 380,65 DM mindern. Davon ist in Abzug zu bringen der von der Klägerin bereits anerkannte Betrag von 72,80 DM für den Monat August 1989. Es verbleibt ein zu zahlender Betrag von 13,70 DM.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Vorgerichtliche Mahnkosten kann die Klägerin nicht verlangen. Die Klägerin hat nicht substantiiert vorgetragen, wann genau die Beklagte gemahnt worden ist und welche Kosten dadurch entstanden sind, die über die allgemeinen Verwaltungskosten hinausgehen. Wenn die Klägerin sich der Vorteile einer EDV-Anlage bedient, dann muß sie auch die Nachteile, die sich aus dem Fehlen von genauen Belegen ergeben, hinnehmen.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die Zinsforderung folgt aus § 284 Abs. 1 Satz 1, § 286 Abs. 1 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.</p>
|
315,102 | olgk-1990-06-06-24-u-2490 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 24 U 24/90 | 1990-06-06T00:00:00 | 2019-03-13T14:46:21 | 2022-10-18T15:09:06 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1990:0606.24U24.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung gegen das am 15. Dezember 1989 verkündete Zweite Versäumnisurteil der 30. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 30 0 361/89 -wird als unzulässig verworfen.</p>
<p>Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.</p>
<p>Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung - auch im Wege der Gestellung der unbedingten und unbefristeten selbstschuldnerischen Bürgschaft einer Großbank, Volksbank oder öffentlichen Sparkasse mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland - in Höhe von 21.000,00 DM abwenden, falls nicht der Kläger vor der Vollstrekkung Sicherheit in gleicher Art und Höhe leistet.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Tatbestand</span></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat ihren Sitz unter der Anschrift A Straße x in L. Sie betreibt in dem Haus I xx in L die Gaststätte "Q". Ihr Geschäftsführer wohnt im Haus M Straße xx - xx in L.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat im Jahre 1989 den Kläger mit der Lieferung und dem Einbau einer Gaststätteneinrichtung beauftragt. Aufgrund dieses Auftrags macht der Kläger gegen sie einen Restwerklohnanspruch in Höhe von 15 615,74 DM nebst Zinsen geltend. Entsprechende Mahn- und Vollstreckungsbescheide des Amtsgerichts Köln sind der Beklagten durch Niederlegung bei der für die Wohnung des Geschäftsführers der Beklagten zuständigen Postanstalt zugestellt worden. Auf den rechtzeitigen Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid hat das Landgericht, an das der Rechtsstreit abgegeben worden ist, Verhandlungstermin auf den 15. Dezember 1989 anberaumt. Die Zustellung der Ladung zu diesem Termin ist in der gleichen Weise, wie beschrieben, erfolgt. Gegen die im Termin nicht vertreten gewesene Beklagte ist sodann das zweite Versäumnisurteil mit dem Inhalt der Verwerfung des Einspruchs gegen den Vollstreckungsbescheid erlassen worden. Gegen dieses, am 21. Dezember 1989 wiederum auf die beschriebene Weise zugestellte Urteil wendet sich die Beklagte mit der Berufung, die am 14. Februar 1990 beim Oberlandesgericht Köln eingegangen ist.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte macht unter Hinweis auf § 184 Abs. 2 ZPO geltend, die Zustellung des Urteils und sämtliche vorangegangenen Zustellungen seien fehlerhaft, weil sie unter der Anschrift der Gaststätte "Q" ein besonders Geschäftslokal unterhalten habe und unterhalte.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Sie beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit an das Landgericht zurückzuverweisen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Er tritt dem Vortrag der Beklagten entgegen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die in beiden Instanzen zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Entscheidungsgründe</span></p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die gemäß § 513 Absatz 2 Satz 1 ZPO statthafte Berufung ist unzulässig, weil sie nicht innerhalb der in § 516 ZPO vorgeschriebenen Frist von 1 Monat nach Zustellung des Zweiten Versäumnisurteils eingelegt worden ist. Die Zustellung dieses Urteils ist entgegen der Auffassung der Beklagten wirksam erfolgt. Gemäß § 184 Absatz 2 ZPO ist die Zustellung durch Niederlegung (§ 182 ZPO) statthaft, wenn der Geschäftsführer einer GmbH in seiner Wohnung nicht angetroffen wird und ein besonderes Geschäftslokal der Gesellschaft nicht vorhanden ist. Diese Voraussetzungen waren bei der Zustellung des angefochtenen Urteils gegeben. Der Firmensitz der Beklagten befindet sich unstreitig im Hause A Straße x in L. Das Lokal I xx ist nicht etwa eine Zweigniederlassung des Unternehmens (vgl. dazu RGZ 109, 265), sondern eine bloße Betriebsstätte, die außerdem, wie sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ergeben hat, frühestens ab Mittag geöffnet ist. Bloße Betriebsstätten wie die Fabrik, das Warenlager oder die Auslieferungsstelle - ihnen ist das hier in Rede stehende Lokal vergleichbar - sind nicht als Geschäftsräume im Sinne von § 184 Absatz 2 ZPO anzusehen (vgl. Stein-Jonas-Schumacher, 20. Auflage, § 184 Rdnr. 8; Wieczorek, 2. Auflage, § 183, Anm.B 1).</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Was den Firmensitz A Straße x anbetrifft, liegt unstreitig eine Mehrzahl erfolgloser Zustellungsversuche vor. Diese Sachlage berechtigte und berechtigt zu der Vermutung, daß ein Geschäftslokal im Sinne von § 184 Absatz 2 ZPO tatsächlich nicht vorhanden ist (vgl. Stein-Janas-Schumacher a. a. 0.Rdnr. 11), so daß das Zweite Versäumnisurteil gemäß § 182 ZPO durch Niederlegung zugestellt werden durfte.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Streitwert für die Berufungsinstanz = Wert der Beschwer der Beklagten: 15 615,74 DM.</p>
|
315,103 | vg-munster-1990-06-06-6-k-84289 | {
"id": 846,
"name": "Verwaltungsgericht Münster",
"slug": "vg-munster",
"city": 471,
"state": 12,
"jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": null
} | 6 K 842/89 | 1990-06-06T00:00:00 | 2019-03-13T14:46:22 | 2022-10-18T15:09:05 | Urteil | ECLI:DE:VGMS:1990:0606.6K842.89.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der Leistungsbescheid des Beklagten vom 5. Dezember 1988 in der
Fassung des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidenten Münster vom 3.
Mai 1989 wird aufgehoben.</p>
<p></p>
<p>Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.</p>
<p></p>
<p>Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Die Berufung wird nicht zugelassen.
</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="h2 absatzLinks"> T a t b e s t a n d:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger die Kosten für die Beseitigung eines
Kraftfahrzeuges als Abfall zu zahlen hat, welches im öffentlichen Verkehrsraum ohne
gültiges Kennzeichen abgestellt worden war.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Bei einer Kontrolle am 25. Juli 1988 stellten Bedienstete des Beklagten fest, dass
auf dem der Öffentlichkeit zugänglichen Parkdeck Brüningheide 69 bis 73 in Münster
ein Kraftfahrzeug - Typ Volkswagen Käfer, Baujahr 1971 - ohne gültiges
Kennzeichen abgestellt worden war. Der Kläger hatte das Kennzeichen zum Zweck
einer vorübergehenden Stillegung des Fahrzeuges entfernt. Diese Stillegung erfolgte
am 2. August 1988. </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Als das Fahrzeug auch am 13. September 1988 noch auf dem Parkdeck
vorgefunden wurde, ließ der Beklagte einen Aufkleber nach § 5 Abs. 2 des
Abfallgesetztes anbringen. Dieser Aufkleber enthielt die Aufforderung, das Fahrzeug
bis zum 12. Oktober 1988 zu entfernen. Andernfalls gelte es als Abfall, der
ordnungsgemäß entsorgt werden müsse. Die Behörde könne auch auf Kosten des
Pflichtigen das Fahrzeug beseitigen oder beseitigen lassen. Bei einer weiteren
Kontrolle am 3. November 1988 wurde festgestellt, dass der Wagen vom Parkdeck
herunter auf einen in der Nähe gelegenen Parkstreifen der öffentlichen Straße
verbracht worden war. Der Aufkleber war von der Frontscheibe entfernt und im
Inneren des Wagens angebracht worden. Daraufhin ließ der Beklagte am 24.
November 1988 das Fahrzeug durch eine von ihm beauftragtes Unternehmen
abschleppen und verschrotten.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Mit Leistungsbescheid vom 5. Dezember 1988 forderte der Beklagte den Kläger,
der sich zwischenzeitlich telefonisch gemeldet hatte, auf, die Kosten der Maßnahme
in Höhe von 76.03 DM zu erstatten. Die vom Beklagten als Widerspruch behandelte
Eingabe des Klägers, mit der er sich gegen die Behandlung des Wagens als Abfall
mit der Begründung wandte, das Fahrzeug sei noch bis März 1999 „TÜV-
abgenommen" gewesen und habe einschließlich eines eingebauten Kassettenradios
im Wert von ca. 200,-- DM einen Verkaufswert von noch 1.000,-- DM besessen, wies
der Regierungspräsident Münster mit Widerspruchsbescheid vom 3. Mai 1989 als
unbegründet zurück.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Daraufhin hat der Kläger am 26. Mai 1989 Klage erhoben, mit der er seine
Auffassung vertieft, die Beseitigung des verkehrstauglichen Fahrzeuges sei zu
Unrecht erfolgt. Eine Kostenerstattung für die Beseitigung des Fahrzeuges komme
damit nicht in Betracht.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">den Leistungsbescheid des Beklagten vom 5. Dezember
1988 in der Fassung des Widerspruchsbescheides des
Regierungspräsidenten Münster vom 3. Mai 1989 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.
Er hält den angefochtenen Leistungsbescheid für rechtmäßig.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug
genommen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="h2 absatzLinks">E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Klage hat Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der angefochtene Leistungsbescheid des Beklagten ist rechtswidrig und verletzt
den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger ist nicht
verpflichtet, die mit diesem Bescheid geltend gemachten Kosten der Beseitigung des
in Rede stehenden Fahrzeuges zu erstatten.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Voraussetzungen der allein in Betracht kommenden und vom Beklagten auch
herangezogenen Rechtsgrundlage des § 11 Abs. 2 Nr. 7 der Kostenordnung zum
Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (KostO NW)
liegen nicht vor. Nach dieser Vorschrift sind der Vollstreckungs- bzw.
Vollzugsbehörde vom Pflichtigen unter anderem solche Beträge zu erstatten, die bei
der Ersatzvornehme an Beauftragte zu zahlen sind. Voraussetzung für das
Entstehen des Erstattungsanspruchs ist eine rechtmäßige Durchführung der
Ersatzvornahme. Daran fehlt es hier.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Ersatzvornahme ist unter Beauftragung des Abschleppdienstes Mahnke
ohne eine vorausgegangene, auf eine Beseitigung des Fahrzeuges als Abfall durch
den Pflichtigen selbst abzielende sogenannte Grundverfügung im Wege des
sofortigen Vollzuges nach § 55 Abs. 2 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für
das Land Nordrhein-Westfalen (VwVG) durchgeführt worden. Damit mussten zur
Rechtmäßigkeit der Ersatzvornahme die besonderen Voraussetzungen des § 55
Abs. 2 VwVG vorliegen. Das ist nicht der Fall.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Nach § 55 Abs. 2 VwVG kann der Verwaltungszwang - auch in der Form einer
Ersatzvornahme - ausnahmsweise ohne vorausgehenden, dem Pflichtigen das
geforderte Verhalten aufgebende, Verwaltungsakt unter anderem dann angewendet
werden, wenn der sofortige Vollzug zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr
notwendig ist und die Behörde hierbei innerhalb ihrer gesetzlichen Befugnisse
handelt. Die Notwendigkeit zu einem Vorgehen im Wege des sofortigen Vollzuges im
Sinne des § 55 Abs. 2 VwVG setzt eine Lage voraus, in der die Abwendung der
Gefahr nicht auf dem für den Regelfall vorgesehenen Weg - im sogenannten
gestreckten Vollzug - möglich ist. In einer solchen Lage befindet sich die
Vollzugsbehörde dann, wenn die mit dem normalen Weg des Einschreitens
verbundenen Verzögerungen Abwehrmaßnahmen unwirksam werden ließen oder
wesentlich beeinträchtigen würden, wenn also allein der sofortige Vollzug geeignet
ist, die gegenwärtige Gefahr abzuwenden.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Vgl. etwa: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-
Westfalen (OVG NW), Urteil vom 16. Dezember 1988 - 20 A
2659/87 - , S. 11; Urteil vom 26. März 1984 - 20 A 1242/83 - , S.
7, jeweils m.n.N.
Innerhalb ihrer gesetzlichen Befugnis handelt die Behörde, wenn sie für das
Einschreiten zuständig ist und die Durchführung der getroffenen Maßnahme von dem
in Anspruch Genommenen hätte verlangen können.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">In Anwendung dieser Grundsätze erweist sich das Vorgehen des Beklagten als
fehlerhaft. Dabei ist bereits fraglich, ob der Beklagte vom Kläger gemäß § 3 Abs. 4
Satz 1 Abfallgesetz (AbfG) die - dann im Wege des sofortigen Vollzuges durch
Ersatzvornahme verwirklichte - Beseitigung des in Rede stehenden Fahrzeuges als
Abfall hätte verlangen können. Die Qualifizierung des Fahrzeuges Als Abfall
unterliegt erheblichen Bedenken. Die Annahme, es handele sich bei dem Fahrzeug
um einen Gegenstand, dessen sich der Besitzer habe entledigen wollen (sog.
subjektiver Abfallbegriff, § 1 Abs. 1 Satz 1, 1. Alternative AbfG), scheidet von
vornherein aus. Davon, dass sich das Fahrzeug im Zeitpunkt des behördlichen
Einschreitens in einem Zustand befunden hätte, der es als geboten hätte erscheinen
lassen, es zur Wahrung des Wohls der Allgemeinheit als Abfall zu entsorgen (sog.
objektiver Abfallbegriff, § 1 Abs. 1 Satz 1, 2. Alternative AbfG), geht der Beklagte, wie
auch seine Vorgehen nach § 5 Abs. 2 AbfG zeigt, selbst nicht aus. Hiergegen ist
angesichts des Eindrucks, den das Fahrzeug auf dem der Kammer vorliegenden
Lichtbild vom 13. September 1988 vermittelt, nichts zu erinnern. Hiernach hat es sich
um ein zwar älteres, aber äußerlich in gut erhaltenem und durchaus gepflegtem
Zustand befindliches Fahrzeug gehandelt. Auch der Umstand, dass der Wagen, wie
sich später herausgestellt hat, erst im März 1990 zur nächsten Hauptuntersuchung
anstand, bestätigt diese Einschätzung. Von einem nicht mehr fahrbereiten und
sinnvollerweise nicht mehr reparaturfähigen Autowrack, dessen Ablagerung im
öffentlichen Verkehrsraum zu einer Beeinträchtigung abfallrechtlich relevanter
Schutzgüter führen könnte, konnte nach alledem keine Rede sein. Soweit ein
längerfristiges Abstellen eines nicht zugelassenen Kraftfahrzeuges möglicherweise
als Verletzung straßenverkehrsrechtlicher Bestimmungen aufzufassen wäre, würde
dies die vom Beklagten vollzogene Entsorgung des Fahrzeuges als Abfall ohnehin
nicht rechtfertigen können. In Betracht kämen insoweit allenfalls
straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen, die der Beklagte hier jedoch nicht ergriffen
hat.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Vgl. etwa: Kunig/Schwermer/Versteyl, AbfG, § 1 Rdner. 27.
Soweit der Beklagte die Abfalleigenschaft des Fahrzeuges auf der Grundlage des § 5
Abs. 2 AbfG angenommen hat, begegnet dies ebenfalls erheblichen Bedenken. Nach
dieser Bestimmung, die als gesetzliche Vermutungsregelung die Abfalleigenschaft
fingiert, gelten Kraftfahrzeuge (oder Anhänger) ohne gültige amtliche Kennzeichen.
die auf öffentlichen Flächen abgestellt sind, als Abfall, wenn 1. keine Anhaltspunkte
dafür sprechen, dass sie noch bestimmungsgemäß genutzt werden oder dass sie
entwendet wurden, und 2. wenn sie nicht innerhalb eines Monats nach einer am
Fahrzeug angebrachten, deutlich sichtbaren Aufforderung entfernt worden sind. Zwar
war das Fahrzeug vom Kläger für längere Zeit ohne gültiges amtliches Kennzeichen
auf einer öffentlichen Fläche im Sinne der Vorschrift abgestellt worden; auch wurde
es trotz der vom Beklagten angebrachten Aufforderung nach § 5 Abs. 2 AbfG nicht
innerhalb der genannten Frist von der öffentlichen Fläche entfernt. Das bloße
Umsetzen von dem Parkdeck auf die nur wenig entfernt gelegene Parkbucht stellt in
diesem Zusammenhang kein „Entfernen" im Sinne des § 5 Abs. 2 AbfG dar.
Zweifelhaft ist aber, ob der Beklagte auch davon ausgehen durfte, das Fahrzeug
werde nicht mehr bestimmungsgemäß genutzt. Nach dem Gesamteindruck. den das
Fahrzeug nach Zustand und Abstellort vermittelte, konnte jedenfalls nicht ohne
weiteres davon ausgegangen werden, dass eine Nutzung als Fahrzeug nicht mehr
möglich bzw. gewollt war. In diesem Zusammenhang könnte auch der Umstand
Bedeutung zukommen, dass der Wagen nach dem 13. September 1988 auf einen
Parkstreifen für Kraftfahrzeuge umgesetzt und die Aufforderung des Beklagten von
der Frontscheibe entfernt wurde. Hierin könnte ein Anhalspunkt dafür gesehen
werden, dass das Fahrzeug seinerzeit jedenfalls noch betriebsfähig war und
weiterhin bestimmungsgemäß genutzt werden sollte.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Alle diese Gesichtspunkte bedürfen jedoch keiner abschließenden Beurteilung.
Auch braucht die Kammer dem Vorbringen des Klägers nicht nachzugehen, im
Wagen sei eine Mitteilung angebracht gewesen, wonach er - der Kläger - nur
vorübergehend ortsabwesend war. Denn wenn auch unterstellt wird, dass Fahrzeug
sein nach Maßgabe des § 5 Abs. 2 AbfG als Abfall zu behandeln, so lagen jedenfalls
die besonderen Voraussetzungen des § 55 Abs. 2 VwVG nicht vor. Von dem
Fahrzeug, welches im Zeitpunkt der Entfernung durch den Beklagten (24. November
1988) auf einem zur öffentlichen Straße gehörenden Parkstreifen (vgl. § 2 Abs. 2 Nr.
1 Straßen- und Wegegesetz des Landes Nordrhein-Westfalen) abgestellt war, ging
eine den Sofortvollzug rechtfertigende gegenwärtige Gefahrenlage nicht aus. Der -
hier unterstellte - bloße Verstoß gegen die einen Abfallbesitzer nach § 3 Abs. 4 AbfG
treffende Entsorgungspflicht begründet die Notwendigkeit eines sofortigen
Eingreifens allein nicht. Dies würde dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
widersprechen. Notwendig ist vielmehr - wie oben bereits dargelegt - eine über einen
bloßen Rechtsverstoß hinausgehende besondere Gefahrenlage, die die sofortige
Beseitigung der Störung gebietet. Dafür fehlen jedoch jegliche konkreten
Anhaltspunkte. Daß das Fahrzeug etwa Öl oder sonstige Betriebsstoffe verloren
hätte, ist vom Beklagten nicht festgestellt worden. Der Wagen war äußerlich
unbeschädigt und stellte auch in sonstiger Hinsicht - etwa in Hinblick auf spielende
Kinder oder andere Verkehrsteilnehmer - keine Gefahrenquelle dar. Dies wird durch
das Vorgehen des Beklagten selbst unterstrichen. So hat er nämlich, ohne dass
zwischenzeitlich besondere Umstände hinzugetreten wären, auch nach Ablauf der
Frist des § 5 Abs. 2 AbfG noch über einen Monat mit der Beseitigung des
Fahrzeuges zugewartet. Die Annahme einer Dringlichkeit wäre hiermit nicht
vereinbar. Daran ändert nicht, dass das Fahrzeug wegen der fehlenden amtlichen
Kennzeichen nicht ohne weiteres einem bestimmten Pflichtigen, dem die Entsorgung
als Abfall hätte aufgegeben werden können, zuzuordnen war. Ein Vorgehen im Wege
des Sofortvollzugs war gleichwohl nicht geboten. Denn der Beklagte konnte ohne
Schwierigkeiten mit Hilfe der vorhandenen Fahrzeug-Identitäts-Nummer beim
Kraftfahrt-Bundesamt den letzten Halter ermitteln und diesen - gegebenenfalls unter
Anordnung der sofortigen Vollziehung und mit kurzer Frist - in Anspruch nehmen.
Eine solche Halteranfrage hat der Beklagte auch nach der Verschrottung des
Fahrzeuges beim Kraftfahrt-Bundesamt erfolgreich angebracht. Soweit zur
Feststellung der Identitäts-Nummer ein Öffnen des Fahrzeuges mit Hilfe eines
Nachschlüssels oder in Anwendung ähnlicher Maßnahmen notwendig gewesen
wäre, hätte dies angesichts der gegebenen Umstände dem
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprochen. Eine relevante Verzögerung bzw.
Beeinträchtigung von gebotenen Abwehrmaßnahmen hätte ein solches Vorgehen
nicht bewirkt.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, deren vorläufige
Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist gemäß Artikel 2 § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des
Entlastungsgesetzes (EntlG) nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des Art. 2 §
4 Abs. 2 EntlG i.V.m. § 131 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">
</p>
|
315,104 | olgham-1990-06-01-5-uf-5090 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 5 UF 50/90 | 1990-06-01T00:00:00 | 2019-03-13T14:46:24 | 2022-10-18T15:09:05 | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1990:0601.5UF50.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der Beschluß des Amtsgerichts ... vom 19. Dezember 1989 wird teilweise abgeändert.</p>
<p>Die Stereoanlage erhält der Antragsgegner, den Spiegelschrank die Antragstellerin, jeweils zu Alleineigentum.</p>
<p>Die Beschwerde im übrigen und die Anschlußbeschwerde werden zurückgewiesen.</p>
<p>Hinsichtlich der erstinstanzlichen Kosten verbleibt es bei der Kostenentscheidung im angefochtenen Beschluß. Die gerichtlichen und beiderseitigen außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.</p>
<p>Der Wert des Beschwerdeverfahrens (Beschwerde und Anschlußbeschwerde) wird auf 9.000,00 DM festgesetzt.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe: </b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Auf die zulässige Beschwerde des Antragsgegners war der angefochtene Beschluß teilweise abzuändern.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat fehlerhaft unter Anwendung der Vorschriften der Hausratsverordnung der Antragstellerin die Einbauküche zu Alleineigentum zugewiesen. Bei der hier streitigen Einbauküche handelt es sich nicht um "Hausrat". Dieser Begriff entspricht dem Begriff "Haushaltsgegenstand" in §1361 a BGB (vgl. Johannsen/Henrich/Voelskow, Anhang §1361 b, §8 HausrVO Anm. 3). Keine Haushaltsgegenstände sind dann unbewegliche Sachen einschließlich wesentlicher Bestandteile und Zubehör (Johannsen/Henrich/Voelskow §1361 a Anm. 6).</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Nach dem Vortrag beider Parteien ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, daß diese konkrete Küche wesentlicher Bestandteil des Gebäudes geworden ist, das im Eigentum des Antragsgegners steht. Nach der von der Antragstellerin erstinstanzlich abgegebenen eidesstattlichen Erklärung vom 9. März 1987 mußten für die Küche eigens Anschlüsse neu verlegt und Maurerarbeiten durchgeführt werden. Diese eidesstattliche Erklärung hat sie zwar im Senatstermin abgeschwächt und angegeben, daß möglicherweise Stemmarbeiten durchgeführt werden mußten, aber keine Wand für den Einbau der Küche versetzt werden mußte. Es ist aber nach dieser Äußerung dennoch davon auszugehen, daß nicht unerhebliche Arbeiten zur Installation dieser konkreten Küche gemacht werden mußten. Nach dem Vortrag des Antragsgegners, dem die Antragstellerin nicht entgegegetreten ist, handelt es sich hier um eine Küche, die auch über Eck konzipiert war. Gerade für die Eckstücke waren wegen der räumlichen Gegebenheiten besondere Maße erforderlich. Auch war eine Anpassung der Oberschränke wegen der in dem älteren Haus unterschiedlichen Deckenhöhe erforderlich. Die Antragstellerin ist auch nicht der Behauptung des Antragsgegners entgegengetreten, allein der Ausbau und ein erneuter Aufbau der Küche würde Kosten in Höhe von 3.000,00 DM verursachen. Dies alles spricht dafür, daß diese Küche nicht nur zu einem vorübergehenden Zweck (§95 BGB) eingebaut worden ist, sondern wesentlicher Bestandteil des Gebäudes geworden ist. Es handelt sich um eine zweckbestimmt für diese Räumlichkeiten angefertigte und in diese Räumlichkeiten eingepaßte Küche, deren Verwendung genau in diesem Aufbau in einem anderen Raum in einer anderen Wohnung mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen ist. Dabei kommt es nicht darauf an, daß es grundsätzlich möglich wäre, diese Küche gegebenenfalls wieder herauszunehmen aus dem Gebäude und gegebenenfalls unter Veränderung oder gar Weglassen von Einzelteilen an anderer Stelle wieder aufzubauen. Die konkrete Einbauküche hätte Ihren eigenen Charakter verloren und wäre in ihrem Grundwesen verändert, ebenso wie das Haus ohne diese Küche unvollständig und in seinem Wesen verändert wäre (vgl. auch OLG Hamburg, MDR 78, 138).</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der hier streitigen Küche kann ihre Eigenschaft als wesentlicher Bestandteil auch nicht deswegen abgesprochen werden, weil sie erst nachträglich in das Gebäude eingefügt worden ist. Auch eine nachträglich, mit Installation und Maurerarbeiten vorgenommene Einpassung einer Küche dient zur "Herstellung" des Gebäudes. Auf den Zeitpunkt der Einfügung kann es nicht ankommen; auch was im Zuge der Renovierung oder eines Umbaus eingefügt wird, wird wesentlicher Bestandteil, wobei es auf eine feste Verbindung noch nicht einmal ankommt (vgl. Palandt/Heinrichs §94 Anm. 3 b m.w.N.).</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Da die Küche als wesentlicher Bestandteil einer Zuweisung nach der Hausratsverordnung nicht unterlag, war schon daher der angefochtene Beschluß abzuändern, wegen der fehlenden Hausratseigenschaft bedurfte es auch keiner Zuweisung an den Antragsgegner.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich der zwischen den Parteien noch streitigen Gegenstände Stereoanlage und Spiegelschrank erschien es dem Senat billig, die im Tenor genannte Verteilung anzuordnen. Hinsichtlich beider Gegenstände ist von der Vermutung des §8 Abs. 2 Hausratsverordnung auszugehen. Ein im Badezimmer hängender Spiegelschrank ist nach der Lebenserfahrung für den gemeinsamen Haushalt angeschafft worden, wobei es unerheblich ist, wer die Mittel zur Anschaffung zur Verfügung gestellt hat und auf wen die Rechnung ausgestellt ist. Das gleiche gilt auch für eine im Wohnzimmer stehende Musikanlage, die in der Regel der Unterhaltung aller Familienmitglieder dienen soll. Ein Alleineigentum des Antragsgegners ist nicht bewiesen. Beide Gegenstände haben zur Zeit einen Restwert, der praktisch nicht mehr ins Gewicht fällt. Die im Jahre 1980 beschaffte Stereoanlage ist von der technischen Entwicklung und der Preisentwicklung so überholt, daß ihr nur ein geringer Verkaufswert anhaftet ebenso wie dem nach dem Vortrag der Antragstellerin besonders teuren Spiegelschrank im Badezimmer. Beide Parteien haben umfangreich Hausrat aus der früheren gemeinsamen Wohnung erhalten. Im Rahmen einer Gesamtabwägung erschien es dem Senat angemessen, der Antragstellerin den begehrten Spiegelschrank zu Alleineigentum zuzuweisen und unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses dem Antragsgegner die Stereoanlage. Eine Ausgleichszahlung kommt angesichts des beiderseitigen geringen Wertes dabei nicht mehr in Betracht.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus §20 Hausratsverordnung.</p>
|
315,105 | olgk-1990-05-30-27-u-16989 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 27 U 169/89 | 1990-05-30T00:00:00 | 2019-03-13T14:46:25 | 2022-10-18T15:09:05 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1990:0530.27U169.89.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Beklagten gegen das am 29. Juni 1989 verkündete Grund- und Teilurteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Aachen - 2 O 605/87 - wird zurückgewiesen. </p>
<p></p>
<p>Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte. </p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 9.500,00 DM abzuwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. </p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><span style="text-decoration:underline;">T a t b e s t a n d:</span></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der am 24. November 1985 geborene Kläger wurde am Samstag, dem
25. April 1987, gegen 15.30 Uhr im Krankenhaus der Beklagten zur
stationären Behandlung aufgenommen. Nach dem Aufnahmebefund war er
in generalisiert tonisch-klonisch krampfendem Zustand, rechts
betont. Seine Augen waren verdreht, es zeigte sich eine
Lippenzyanose mit Schaum vor dem Mund. Die Pupillen waren eng. Die
Temperatur betrug 39° Celsius rektal gemessen. Die Herztöne waren
rein, die Herzaktion tachycard. Der Krampfanfall wurde mit Diazepam
und Luminal therapiert, das Fieber wurde mit Wadenwickeln und
Parazetamol bekämpft. Zu diagnostischen Zwecken wurden Blutbild,
Entzündungsparameter, Elektrolyte, Nieren-Retentionswerte und
Blutgaswerte bestimmt.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Nach einer ruhigen Nacht erlitt der Kläger am 26.04. gegen 7.00
Uhr erneut einen Krampfanfall, die zwischenzeitlich gefallene
Temperatur stieg auf über 39° Celsius an. Es wurde eine
Lumbalpunktion durchgeführt. Die Untersuchung des Liquors erbrachte
den Nachweis von 72/3 weißen Blutkörperchen, so daß eine
bakterielle Meningitis auszuschließen war. Die Medikation wurde
unverändert fortgesetzt.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Am 27. April wurden weiterhin Krampfanfälle und Fieberschübe
beobachtet. Es wurde ein EEG abgeleitet, ferner wurde eine
antibiotische Behandlung mit Fortum begonnen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Am 28. April wurde von ortsansässigen niedergelassenen
Fachärzten für Radiologie ein cranielles Computertomogramm (CT)
erstellt, das nach Ansicht der Radiologen "im Zusammenhang mit den
klinischen Befunden mit hoher Wahrscheinlichkeit auf eine
herdförmige Encephalitis" schließen ließ. Im Anschluß an diesen
Befund wurde dem Kläger zur Bekämpfung der Hirnentzündung Aciclovir
(Zovirax) verabreicht, und zwar dreimal 60 mg/täglich.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Am 29. April 1987 wurde der weiterhin fiebernde Kläger auf
Veranlassung seiner Mutter in die Universitätsklinik E. verlegt. Er
wurde dort u. a. weiter mit Fortum und Aciclovir behandelt. Die
veranlaßte serologische Untersuchung ergab später den sicheren
Befund einer Herpes-Virus-Encephalitis.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Am 11. Juni 1987 wurde der Kläger nach Hause entlassen. Er
leidet seither unter einer Hemiparese rechts. über den genauen
Umfang und die Folgen der Erkrankung streiten die Parteien.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Kläger führt die von ihm behaupteten körperlichen und
geistigen Beeinträchtigungen auf zu späten Einsatz von Aciclovir
zur Bekämpfung der Herpes-Encephalitis zurück. Er verlangt deshalb
Schadensersatz. Er hat behauptet, Aciclovir hätte bereits bei
Verdacht auf Vorliegen von Herpes-Encephalitis ver- abreicht werden
müssen. Dieser Verdacht habe sich bereits am Aufnahmetag,
jedenfalls aber am darauffolgenden Behandlungstag ergeben. Darüber
hinaus seien notwendige diagnostische Maßnahmen (EEG und CT) zu
spät ergriffen worden. Die EEG-Ableitung und das CT hätten sofort
veranlaßt werden müssen. Aus den Befunden hätte sich dann das
Vorliegen der Encephalitis ergeben. Den Ärzten der Beklagten sein
schwere Behandlungsfehler anzulasten, so daß die Beklagte beweisen
müsse, daß die Gesundheitsschäden auch bei rechtzeitigem Einsatz
von Aciclovir nicht zu vermeiden gewesen wären.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Er hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">die Beklagte zu verurteilen, an ihn zu
Händen seiner Mutter ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen,
wobei die Bestimmung der Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt
werde,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">festzustellen, daß die Beklagte
verpflichtet sei, ihm den künftig entstehenden materiellen und
immateriellen Schaden zu ersetzen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Sie hat darauf hingewiesen, daß Aciclovir zum damaligen
Zeitpunkt - unstreitig - vom Bundesgesundheitsamt als Medikament
gegen Herpes-Encephalitis noch nicht zugelassen gewesen sei. Der
Einsatz dieses Mittels sei deshalb überhaupt erst bei gesicherter
Herpes-Encephalitis-Diagnose in Frage gekommen. Eine solche
Diagnose sei erst durch das CT gesichert gewesen. Das
differentialdiagnostische Vorgehen ihrer Ärzte sei richtig gewesen.
Im übrigen sei Aciclovir in jedem Falle noch zum richtigen
Zeitpunkt verabreicht worden. Mögliche Dauerschäden seien durch den
Transport in die Universitätsklinik E. entstanden.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat, sachverständig beraten, der
Feststellungsklage stattgegeben und den Schmerzensgeldanspruch dem
Grunde nach für gerechtfertigt er- klärt. Es hat den behandelnden
Ärzten grobe Behandlungsfehler angelastet. Wegen der Einzelheiten
der Begründung und des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands im
übrigen wird auf das angefochtene Urteil verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat gegen das ihr am 7. Juli 1989 zugestellte
Urteil am 3. August 1989 beim Oberlandesgericht Köln Berufung
eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum
15. November 1989 mit einem an diesem Tage eingegangenen
Schriftsatz begründet.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Sie steht weiterhin auf dem Standpunkt, daß der Kläger durch
ihre Ärzte richtig behandelt worden sei, auf gar keinen Fall könne
von groben Behandlungsfehlern die Rede sein. Bei Aufnahme des
Klägers sei nach dem klinischen Bild zunächst von einem
fieberhaften Infekt mit Fieberkrampf auszugehen gewesen. Beides sei
adäquat behandelt worden. Als am nächsten Morgen erneut eine
Krampfbereitschaft aufgetreten sei, habe folgerichtig eine
Lumbalpunktion erfolgen müssen, die zum Ausschluß einer
bakteriellen Meningitis geführt habe. Zu diesem Zeitpunkt sei dem
Chefarzt Dr. F der Verdacht einer Encephalitis gekommen. Da sich
der Zustand des Klägers abwechselnd verbessert und wieder
verschlechtert habe, habe man sich entschlossen, den Kläger
zunächst weiter zu beobachten. Wegen sich verschlechternder
Blutsenkung sei dann am 27. April daß Antibiotikum Fortum gegeben
worden. Das EEG habe keine klare Diagnose gestattet. Da Aciclovir
nicht zugelassen gewesen sei, habe man erst das Ergebnis der
computertomographischen Untersuchung, die am 28. April angeordnet
worden sei, aber erst am 29. April habe durchgeführt werden können,
abwarten müssen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Sie beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">die Klage unter Abänderung des
angefochtenen Urteils abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Er tritt der Berufung entgegen und verteidigt das angefochtene
Urteil.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Er meint, die damals noch fehlende Zulassung von Aciclovir zur
Bekämpfung von Herpes-Encephalitis habe seinem Einsatz nicht
entgegengestanden. Es sei nach dem Stand der medizinischen
Wissenschaft im Gegenteil zwingend erforderlich gewesen, dieses
Mittel bereits bei Verdacht auf diese Erkrankung einzusetzen, weil
dies die einzig erfolgsversprechende Therapie gewesen sei.
Schädliche Nebenwirkungen seien praktisch nicht zu befürchten
gewesen. Die Ärzte hätten fehlsam an die Möglichkeit einer
Hirnentzündung gar nicht gedacht, obwohl sie hierauf von den Zeugen
C und Dr. B hingewiesen worden seien. EEG und CT seien grundlos
viel zu spät durchgeführt worden. Bei sofortigem Einsatz dieser
diagnostischen Maßnahmen hätte sich der Verdacht auf Hirnentzündung
bestätigt.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Wegen aller Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf
Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils sowie
die im Berufungsrechtzug gewechselten Schriftsätze Bezug
genommen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat weiter Beweis erhoben durch Vernehmung des
Sachverständigen Prof. Dr. L. Wegen des Ergebnisses wird auf die
Sitzungsniederschrift vom 28. März 1990 Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks"><b><span style="text-decoration:underline;">E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :</span></b></p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die nach §§ 511, 511 a ZPO statthafte Berufung ist form- und
fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 516, 518, 519 ZPO)
und damit insgesamt zulässig. Sie ist sachlich jedoch nicht
gerechtfertigt.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger steht ein Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld
gemäß §§ 823 Abs. 1, 847, 831, 30, 31 BGB gegen die Beklagte zu.
Die Einstandspflicht der Beklagten für die materiellen Schäden
beruht auf schuldhafter Vertragsverletzung in Verbindung mit §§
278, 30,31 BGB und auf unerlaubter Handlung.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Den Ärzten der Beklagten sind anläßlich der stationären
Behandlung des Klägers Fehler im diagnostischen und therapeutischem
Bereich vorzuwerfen.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">1. Als der Kläger am Sonntagmorgen erneut einen Krampfanfall mit
Halbseitenbetonung erlitt, war die nach dem Aufnahmebefund
getroffene Verdachtsdiagnose Fieberkrampf als alleinige Ursache
ausgeschlossen. Differentialdiagnostisch war spätestens nunmehr an
eine eitrige Meningitis und eine Encephalitis zu denken. Das hat
der Sachverständige Prof. Dr. L überzeugend dargelegt. Dessen
Meinung wird auch von Dr. F, der an diesem Tage als einer von zwei
leitenden Ärzten der Kinderabteilung den Kläger mitbehandelte,
geteilt. Er hat die Lumbalpunktion veranlaßt, um anhand einer
Liquoruntersuchung festzustellen, ob eine bakterielle Entzündung
(Meningitis) vorläge. Nach seinen Erklärungen vor dem Senat hat er
ferner den Verdacht einer Encephalitis gehegt. Bei dieser Sachlage
durfte man sich nicht darauf beschränken, den Kläger, abgesehen von
einer Untersuchung des Augenhintergrunds, zunächst nur weiter zu
beobachten. Da die Liquoruntersuchung keinen Hinweis auf ein akutes
bakteriellentzündliches Geschehen erbracht hatte, mußte dem
Encephalitiverdacht weiter nachgegangen werden. Zur weiteren
Abklärung waren eine EEG-Ableitung und ein CT zu fertigen, wobei
dem CT insofern der Vorrang zu geben war, als dieses zugleich für
den Ausschluß anderer behandlungsbedürftiger Behandlungen
(intercranielle Blutung, Hirnabzeß) dienlich war, wie der
Sachverständige in seinem Ergänzungsgutachten vom 25. April 1989
ausgeführt hat.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Das Ergebnis der Liquoruntersuchung bot im übrigen auch deshalb
Veranlassung zu den weiteren diagnostischen Maßnahmen, weil die
Zahl der weißen Blutkörperchen im Liquor mit 72/3 unnormal hoch war
und auf eine mögliche Encephalitis hindeutete, es sei denn, sie
beruhte auf einer Beimengung von artifiziellem Blut, was abzuklären
gewesen wäre. Dabei ist es unerheblich, ob eine weitere
Lumbalpunktion am Widerstand der Angehörigen des Klägers
scheiterte, wie die Beklagte behauptet. Auch ohne weitere Abklärung
bot sich bei diesem Befund zumindest ein Hinweis, der geeignet war,
die ohnehin gegebene Verdachtsdiagnose zu stützen. Die aus
medizinischer Sicht unvernünftige Ablehnung einer bestimmten
Maßnahme darf den Arzt nicht dazu veranlassen, andere Maßnahmen
ebenfalls zu unterlassen. Im Gegenteil ergibt sich dann die
Notwendigkeit zur Durchführung der anderen Maßnahmen umso
dringlicher.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Daß der zweite Behandlungstag auf einen Sonntag fiel und der
Klinikbetrieb deshalb möglicherweise etwas eingeschränkt lief,
entlastet die Behandlungsseite nicht. Der EEG-Befund hätte erhoben
werden können. Das hat Dr. F vor dem Senat eingeräumt. Um einen
CT-Befund, der mangels Vorhandensein des nötigen technischen Geräts
in der Klinik der Beklagten nicht erhoben werden konnte, hätte eine
andere Klinik (etwa die städtische Klinik in D) gebeten werden
können. Notfalls hätte der Kläger überhaupt in eine andere, besser
ausgestattete Klinik wie die des RWTH A verlegt werden müssen. Das
klinische Bild (herdförmige Krampfanfälle, rezidivierende
Fieberschübe) und die erhobenen Befunde ließen es jedenfalls nicht
zu, auf wichtige diagnostische Maßnahmen zu verzichten, weil es am
nötigen Gerät fehlte.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Die dargelegten diagnostischen Maßnahmen wären nach Auffassung
des Sachverständigen nur verzichtbar gewesen, wenn sich die
behandelnden Ärzte entschlossen hätten, aufgrund der bloßen
Verdachtsdiagnose bereits am Sonntag mit Aciclovir zu therapieren.
Das ist indessen nicht geschehen.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">2. Den behandelnden Ärzten sind auch am folgenden dritten
Behandlungstag Fehler unterlaufen.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Die EEG-Befundung ist unrichtig. Das EEG zeigt nämlich
Veränderungen, die - wie der Sachverständige ausgeführt hat - zwar
nicht spezifisch für eine Herpes-Encephalitis sind, die aber bei
einer Herpes-Encephalitis im Kleinkindalter typischerweise
vorkommen. "Die rhythmische, über den Schläfenlappen des Gehirns
betont auftretende Verlangsamung muß an Herpes-Encephcilitis denken
lassen" (vgl. Gutachten Prof. L s. 7, BI. 180 d. A.) .</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Berufungsbegründung war dieser Befund nicht erst ex
post bei Kenntnis des späteren Krankheitsverlaufs zu erkennen. Dr.
F hat vor dem Senat auf Vorhalt erklärt, es sei richtig, daß das
EEG den Herpes-Encephalitis-Verdacht stütze und der dokumentierte
in Worten formulierte Befund insoweit falsch sei. Er habe sich
seinerzeit das EEG nicht selbst angesehen.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Zudem ist auch an diesem Tag die unverändert erforderliche
CT-Untersuchung unterblieben. Die weiterhin auftretenden fokalen
Krampfanfälle und die rezidivierenden Fieberschübe duldeten kein
weiteres Zuwarten bis die Untersuchung am nächsten Tag bei dem
niedergelassenen Radiologen durchgeführt werden konnte. Die
Beklagte hat nicht dargetan, daß die Untersuchung anderweitig nicht
durchführbar gewesen wäre.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">3. In therapeutischer Hinsicht ist der Behandlungsseite ein zu
später Einsatz von Aciclovir zur Bekämpfung der Herpes-Encephalitis
vorzuwerfen, was wesentlich auf der ungenügenden und fehlerhaften
Diagnostik beruht.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Im Behandlungszeitpunkt war der Einsatz von Aciclovir gegen
Herpes-Encephalitis eine klinisch gängige Praxis. Die Wirksamkeit
des Mittels war aufgrund von Studien an großen Patientenzahlen
(Sköldenberg, erschienen 1984; Witley, erschienen 1986 und Prange,
erschienen 1985) belegt. Auch in dem Standartwerk Therapie der
Krankheiten des Kindesalters, Springerverlag Heidelberg, 3. Aufl.
1985, ist angegeben, daß die Behandlung der Herpes-Encephalitis mit
Aciclovir über das Versuchsstadium hinaus sei und sich als wirksam
erwiesen habe, dieses Mittel heute zur Verfügung stehe, wobei
allerdings einleitend darauf hingewiesen ist, die Behandlung sei in
Einzelfällen versucht worden.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Nach den Ausführungen des Sachverständigen ist der Einsatz
dieses Mittels bereits bei zureichendem Verdacht auf die Erkrankung
indiziert. Das hat zum einen seinen Grund darin, daß der
Herpesvirus nur serologisch sicher festgestellt werden kann, dies
aber wiederum soviel Zeit in Anspruch nimmt, daß die Therapie zu
spät käme, wenn der serologische Befund abgewartet werden würde.
Zum anderen birgt ein frühzeitiger, im Ergebnis nicht indizierter
Einsatz des Mittels keine wesentlichen Gefahren. Relevante
Nebenwirkungen kommen bei intakter Nierenfunktion, die beim Kläger
vorhanden war, praktisch nicht vor. Es besteht allein die
theoretische Möglichkeit der Entwicklung von Virusstämmen, die
gegen das Medikament Resistenzen entwickeln können.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte bestreitet im Grundsatz auch nicht, daß Aciclovir
schon bei Herpes-Encephalitis-Verdacht einzusetzen ist. Ihre Ärzte
haben nach Vorliegen des CT, das "im Zusammenhang mit den
klinischen Befunden mit hoher Wahrscheinlichkeit eine herdförmige
Encephalitis" ergab (so der radiologische Befund vom 28.04.1987),
ebenfalls Aciclovir verabreicht. Dabei kommt es nicht darauf an,
daß Aciclovir im Sinne der Vorschriften des Arzneimittelgesetzes
noch nicht als Medikament gegen diese Erkrankung zugelassen war.
Der Kläger weist mit Recht darauf hin, daß das Arzneimittelgesetz
nicht die therapeutische Freiheit des Arztes einschränkt, d. h. es
verbietet ihm nicht, ein Medikament, das gegen bestimmte
Erkrankungen "auf dem Markt" ist, auch gegen eine andere Erkrankung
einzusetzen, wenn , dies medizinisch geboten ist. Letzteres ist
jedenfalls dann der Fall, wenn es medizinisch wissenschaftlich
erprobt ist und die Nebenwirkungen bekannt sind, was hier der Fall
war.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Entscheidend ist nach allem, wann konkret der Zeitpunkt zum
Einsatz von Aciclovir gekommen war. Der Sachverständige L hat die
Auffassung vertreten, jedenfalls nach Vorliegen des EEG-Befundes am
27.04. habe sich ein zureichender Verdacht für den Einsatz des
Mittels ergeben. Das überzeugt. Der Be- fund ergibt Veränderungen,
die typischerweise bei einer Herpes-Encephalitis im Kindesalter
vorkommen, die klinischen Befunde standen damit. im Einklang. Unter
diesen Umständen war eine weitere Absicherung der Diagnose im
Hinblick auf die relative Ungefährlichkeit des einzusetzenden
Mittels unnötig.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Selbst wenn man aber der Beklagten folgt und eine weitere
Absicherung der Diagnose mittels CT für erforderlich hält, ergibt
sich nichts anderes. Ein sofort anzufertigendes CT hätte entweder
die Veränderungen im Hirn bestätigt und dann selbstverständlich den
unverzüglichen Einsatz des Mittels zur folge haben müssen, oder es
hätten sich keine Veränderungen gezeigt, was aber auch zur Annahme
von Herpes- Encephalitis geführt hätte, denn es ist für diese
Erkrankung gerade charakteristisch, daß sich die EEG-Veränderungen
bereits in der Frühphase zeigen, während das CT noch bis zum
dritten Tage nach Manifestwerden der neurologischen Herdsymptome
normal sein kann, wie der Sachverständige unter Bezugnahme auf die
Studie von P (Bl. 109 bis 119 d. A.) dargelegt hat.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Ob der Einsatz des Mittels darüber hinaus bereits am zweiten
Behandlungstag angezeigt war, wie der Sachverständige mit Blick auf
die von ihm selbst geübte Praxis meint, kann offen bleiben. Dafür
spricht allerdings, daß die unbehandelte oder zu spät behandelte
Herpes-Encephalitis eine außergewöhnlich hohe Letalitätsrate von
bis zu 70% hat; (so Prange a.a.O.), während ein objektiv nicht
gerechtfertigter Einsatz von Aciclovir keine nennenswerten Risiken
birgt. Hinzu kommt, daß es der Sachverständige wegen des deutlichen
EEG-Befundes für wahrscheinlich gehalten hat, daß sich bei einer
EEG-Ableitung bereits am Vortag diagnostisch hinweisende
Veränderungen gezeigt hätten, möglicherweise auch im CT. Ob
insoweit ein positiver Befund zum Nachteil der Beklagten zu
unterstellen wäre (vgl. dazu BGH NJW 1988, 2949), braucht der Senat
nicht zu entscheiden.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte versucht vergeblich einen Behandlungsfehler deshalb
in Abrede zu stellen, weil Aciclovir noch innerhalb des "günstigen
Therapiezeitraums" von drei bis vier Tagen nach Beginn der
neurologischen Symptome verabreicht worden ist. Der Sachverständige
hatte dazu dargelegt, daß es naturwissenschaftlicher Logik
entspricht, die Heilungschancen umso günstiger zu beurteilen je
früher die Therapie einsetzt. Nach den wissenschaftlichen Studien
liege die kritische Grenze für eine möglicherweise erfolgreiche
Therapie mit Aciclovir bei dem vierten bis sechsten Krankheitstag.
Die Angaben in der Literatur beruhten aber darauf, daß - ähnlich
wie im Streitfall - in der Regel eine Zeit vergehe, bis sich auch
nur der Verdacht einer Herpes-Encephalitis herausstelle und besage
nicht, daß es nicht besser wäre, noch früher mit der Behandlung zu
beginnen. Die Angaben besagen nur, daß nach diesem Zeitpunkt
praktisch keine Aussicht mehr bestehe, den Krankheitsverlauf
günstig zu beeinflussen. Das überzeugt. Es liegt auf der Hand, daß
eine Viruserkrankung, wie die Herpes-Encephalitis, insbesondere im
Hinblick auf die Vermehrung der Erreger in dem erkrankten
Organismus umso wirkungsvoller bekämpft werden kann, je früher das
Medikament gegeben wird, das die Viren angreift.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat der Beklagten mit Recht als Folge des
verspäteten Einsatzes Von Aciclovir die Hirnschädigung des Klägers
angelastet.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">1. Allerdings hat der Kläger nicht bewiesen, daß seine
gesundheitlichen Beeinträchtigungen bei rechtzeitiger Bekämpfung
der Herpes-Encephalitis vermieden worden wären. Der Sachverständige
hat zu der Frage, ob sich der Krankheitsverlauf des Klägers
günstiger gestaltet hätte, wenn er früher mit Aciclovir behandelt
worden wäre, ausgeführt, daß auch bei optimalen Voraussetzungen, d.
h. bei frühzeitiger Diagnose und sofortigem Therapiebeginn noch 19
bis 28% der Patienten sterben und bis zu 25% Dauerschäden erleiden,
also nur etwa 50% die Krankheit folgenlos überstehen. Es sei
keineswegs so, daß Aciclovir in jedem Falle eine
Herpes-Encephalitis heile. Seine Darlegungen beruhen auf den
wissenschaftlichen Untersuchungen von Sköldenberg und Witley. Auch
nach den Feststellungen von P liegt die Letalitätsrate bei
Anwendung von Aciclovir (noch) bei 20 %.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Bei dieser Sachlage ist die Ursächlichkeit des
Behandlungsfehlers für den Gesundheitsschaden nicht bewiesen. Zwar
ist möglich, daß ein um 24 Stunden frühzeitigerer Einsatz von
Aciclovir den Krankheitsverlauf günstig beeinflußt hätte; die
Chancen des Klägers wären besser gewesen. Das genügt jedoch nicht.
Die Ursächlichkeit ist erst bewiesen, wenn dafür eine derart hohe
Wahrscheinlichkeit spricht, daß Zweifel schweigen, ohne sie völlig
auszuschließen (BGH NJW 1970, 946; 1973, 1925). Auf der anderen
Seite steht aber auch nicht fest, daß der frühere Einsatz von
Aciclovir den Kausalverlauf in bezug auf den Heilungsprozeß nicht
für den Kläger günstig beeinflußt hätte.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">2. Die danach verbleibenden Zweifel an der Ursächlichkeit des
Fehlers für die Gesundheitsbeeinträchtigung des Klägers gehen zu
Lasten der Beklagten. Die Behandlungsseite trifft nämlich der
Vorwurf des groben Behandlungsfehlers.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Ob ein Behandlungsfehler als grob zu qualifizieren ist, hängt im
wesentlichen vom Einzelfall ab, insbesondere davon, ob er die
Aufklärung des Krankheitsverlaufs besonders erschwert. Zwar sind
generelle Definitionen nur bedingt tauglich (vgl. Steffen, Neue
Entwicklungslinien der BGH-Rechtsprechung zum Arzthaftungsrecht, 3.
Aufl. , Seite 118), in Frage kommen aber vor allem Verstöße gegen
elementare Behandlungsregeln, gegen elementare Erkenntnisse der
Medizin (vgl. etwa BGH VersR 1986, 366), therapeutisch insbesondere
grundloses Nichtanwenden einer Standardmethode zur Bekämpfung
bekannter Risiken (vgl. die Rechtsprechungsnachweise bei Steffen
a.a.O., Seite 121/122). Von besonderer Bedeutung ist dabei, ob der
Fehler im Rahmen einer Gesamtbetrachtung des Behandlungsgeschehens
unter Berücksichtigung der konkreten Umstände (vgl. BGH NJW 1988,
1511) aus objektiver ärztlicher Sicht bei Anlegung des für einen
Arzt geltenden Ausbildungs- und Wissensmaßstabs nicht mehr
verständlich und verantwortbar erscheint (vgl. BGH NJW 1983, 2080).
Ein Diagnoseirrtum im Sinne einer Fehlinterpretation der erhobenen
Befunde ist dann als grob zu bezeichnen, wenn es sich um einen
fundamentalen Irrtum handelt (BGH NJW 1988, 1513), wobei ferner
gravierend das Nichterheben gebotener Kontrollbefunde ins Gewicht
fällt.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Gemessen an diesen Grundsätzen erscheint das
Behandlungsverhalten der Ärzte der Beklagten als grob
fehlerhaft.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Obwohl der leitende Arzt der Kinderabteilung, der sicherlich
über ein höheres Maß an Erfahrung verfügte als die Assistenzärzte
und der Stationsarzt, bereits am zweiten Behandlungstag den
Verdacht auf Encephalitis hegte, sind ganz wesentliche
diagnostische Maßnahmen zur Verifizierung dieses Verdachts erst mit
jeweils einem Tag Verzögerung ergriffen worden. Das erscheint für
sich genommen schon nicht verständlich. Bei den von einer
Encephalitis bekanntermaßen ausgehenden schweren Gefahren für Leben
und Gesundheit des Erkrankten mußten unverzüglich alle Versuche
unternommen werden, ein Höchstmaß an Klarheit zu gewinnen, um eine
wirksame Therapie einleiten zu können. Nach Lage der Sache kamen
neben einer erneuten Lumbalpunktion ersichtlich nur ein EEG
und/oder ein CT in Betracht. Nur so konnten mit einigermaßen
Aussicht auf Erfolg eine beginnende oder bereits vorhandene
Veränderung im Hirn des Kranken als Folge einer Encephalitis
erkannt werden. Es gab keinen vernünftigen Grund für ein weiteres
Abwarten. Ein (bloßer) fieberhafter Infekt oder ein
bakteriell-entzündliches Geschehen war nach den erhobenen Befunden
unwahrscheinlich.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Die Fehlbeurteilung des EEGs am 27. April stellt sich nach dem
Sachverständigengutachten als fundamentaler Irrtum dar. Es war eben
nicht "weitgehend unauffällig", sondern zeigte schwere herdförmige
Verlangsamungen über der linken Hemisphäre, betont über der
Temporalregion. Das war eindeutig feststellbar, wie Dr. F im
Senatstermin eingeräumt hat. Es erscheint auch schlechterdings
nicht verantwortbar, daß Dr. F, der über den gesamten
Behandlungsverlauf und die Schwere der Erkrankung des Klägers
informiert war, den EEG-Befund nicht selbst kontrolliert hat. Das
klinische Bild war mit einem unauffälligen EEG-Befund nur schwer in
Einklang zu bringen.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Auch der verzögerte Einsatz von Aciclovir ist nicht
verständlich. Die Therapie mit diesem Mittel muß nach den
Ausführungen des Sachverständigen als Standardmethode zur
Bekämpfung von Herpes-Encephalitis angesehen werden, weil es
erprobt ist und sich als einzig nachhaltig erfolgversprechendes
Mittel herausgestellt hat. Diese Kenntnis mußte von den Ärzten der
Kinderabteilung der Beklagten erwartet werden. Die fehlende
Zulassung nach dem Arzneimittelgesetz ändert daran nichts. Dieser
Umstand konnte allenfalls Veranlassung geben, vor Anwendung des
Mittels bei den spezialisierten Fachkliniken der Universitäten
Köln, Aachen, Bonn Düsseldorf oder Essen telefonische Auskünfte
über den Zeitpunkt des Einsatzes und etwa zu befürchtende
Nebenwirkungen einzuholen, um Gewißheit über das therapeutische
Vorgehen zu erlangen. Ein solches Verhalten ist zur Abwendung
unmittelbar drohender schwerer Gefahren nicht nur zumutbar, sondern
im Interesse des Patienten sogar geboten. Im übrigen zeigt die
Tatsache, daß Aciclovir schließlich doch gegeben wurde, daß die
fehlende Zulassung nach dem Arztheilmittelgesetz von den Ärzten der
Beklagten nicht als Hindernis für den Einsatz des Medikaments
bewertet wurde.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. BGH
Vers.R 1986, 366, 367; NJW 1988, 2949) reicht es im Falle eines
groben Behandlungsfehlers für die Haftung aus, daß der Fehler
generell zur Verursachung des eingetretenen Schadens geeignet ist;
wahrscheinlich braucht der Eintritt eines solchen Erfolges nicht zu
sein. Vorliegend steht außer Zweifel, daß der um mindestens 24
Stunden verzögerte Einsatz von Aciclovir generell geeignet war, die
Heilungschancen zu verringern oder umgekehrt durch einen
entsprechend früheren Einsatz des Mittels sich die Chancen des
Klägers verbessert hätten auf eine vollständige Heilung oder
zumindest eine günstigere Beeinflussung des Krankheitsverlaufs mit
der Folge geringerer dauernder Beeinträchtigungen.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr.
10, 711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Wert der Beschwer für die Beklagte und zugleich
Berufungsstreitwert: 140.000,00 DM.</p>
|
315,106 | ag-neuss-1990-05-30-30-c-20290 | {
"id": 713,
"name": "Amtsgericht Neuss",
"slug": "ag-neuss",
"city": 473,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 30 C 202/90 | 1990-05-30T00:00:00 | 2019-03-13T14:46:26 | 2022-10-18T15:09:05 | Urteil | ECLI:DE:AGNE:1990:0530.30C202.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>1.</p>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>2.</p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger als Gesamtschuldner.</p>
<p></p>
<p>3.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Die Kläger dürfen die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.</p>
<p></p>
<p>4.</p>
<p>Streitwert: 6.600,00 DM</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Tatbestand:</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten sind Mieter einer Wohnung im Hause H-Straße in 4044 L2, welche den Klägern gehört.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Kläger haben das Mietverhältnis durch Schreiben vom 23.11.1989 zum 31.05.1990 gekündigt unter Berufung darauf, daß sie beabsichtigten, die Wohnung zu verkaufen, was jedoch bei einem bestehenden Mietverhältnis zu finanziellen Verlusten führen würde.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Mit der Klageschrift vom 27.04.1990 wurde das Mietverhältnis seitens der Kläger nochmals vorsorglich gekündigt.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Kläger beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie die im 4. Obergeschoss des Hauses H-Straße gelegene Wohnung, bestehend aus 3 Y, Küche, Diele, Bad/WC, einem Balkon sowie einem Kellerraum geräumt zum 31.05.1990 herauszugeben,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">hilfsweise,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie die im 4. Obergeschoss des Hauses H-Straße, 4044 L2 1, gelegene Wohnung, bestehend aus 3 Y, Küche, Diele, Bad/WC, einem Balkon sowie einem Kellerraum, geräumt zum 30.11.1990 herauszugeben.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Bezüglich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die wechselseitigen Schriftsätze und deren Anlagen verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe:</u></p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Klage war mangels eines Anspruches der Kläger gegen die Beklagten abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Kündigung der Kläger vom 23.11.1989 ist unwirksam. Die Kündigung ist nicht in ausreichender Weise begründet worden. Im Kündigungsschreiben heißt es, dass der Verkauf der Wohnung bei noch bestehendem Mietverhältnis "nahezu" ausgeschlossen sei. Die Kläger haben desweiteren in der Klageschrift vorgetragen, dass sie erst im Dezember 1989 einen Makler mit der Vermittlung der Wohnung beauftragt hätten. Danach steht fest, dass zum Zeitpunkt der Erklärung der Kündigung am 23.11.1989 die Kläger noch keine ersthaften bzw. konkreten Versuche unternommen hatten, die Wohnung zu verkaufen. Die Kläger konnten daher, wie auch die Formulierung "nahezu" zeigt, selbst nicht sicher davon ausgehen, dass eine wirtschaftlich angemessene Verwertung der Wohnung unmöglich sein würde. Es ist andererseits keinesfalls ausgeschlossen, dass eine Eigentumswohnung auch bei bestehendem Mietverhältnis von einem Kapitalanleger zu einem marktgerechten Preis gekauft wird. Zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung vom 23.11.1989 stand somit nicht fest, ob die Kläger überhaupt Nachteile beim Fortbestand des Mietverhältnisses erleiden würden, geschweige denn, welche Nachteile konkret entstehen würden. Die Angabe, welche Nachteile entstehen, ist jedoch unabdingbare Wirksamkeitsvoraussetzung für eine Kündigung gemäß § 564 b Abs. 2 Ziffer 3 BGB (vgl. Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., Abschnitt IV, Rand-Nr. 155 mit weiteren Nachweisen).</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Auch die mit der Klageschrift nochmals erklärte KÜndigung vom 27.04.1990 trägt den Klageanspruch bzw. den Hilfsantrag nicht. Die Kündigungsfrist dieser Kündigung läuft bis zum 30.11.1990. Ein Mieter ist grundsätzlich nicht verpflichtet, vor Ablauf der Frist des § 556 a Abs. 6 BGB zu erklären, ob er der Kündigung widersprechen wird (vgl. Sternel, a.a.O., Rand-Nr. 195 mit weiteren Nachweisen). Ganz abgesehen davon, dass hier eine Belehrung der Kläger gemäß § 564 a Abs. 2 BGB nicht erfolgt ist, soll dem Mieter grundsätzlich eine ausreichende Frist zur Verfügung stehen, die Wirksamkeit und Begründetheit der Kündigung zu überprüfen, seine eigenen Belange zu bedenken und zu überprüfen, ob Widerspruch gegen die Kündigung eingelegt werden soll. Auch in der Beantragung der Klageabweisung zum jetzigen Zeitpunkt kann eine Erklärung dahingehend, dass einer Kündigung zum 30.11.1990 widersprochen wird, nicht gesehen werden, da sich der Abweisungsantrag auf den jetzigen Zeitpunkt, den der mündlichen Verhandlung vom 30.05.1990, bezieht.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Klage war somit insgesamt abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.</p>
|
315,107 | olgk-1990-05-29-hes-7890 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | HEs 78/90 | 1990-05-29T00:00:00 | 2019-03-13T14:46:28 | 2022-10-18T15:09:05 | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1990:0529.HES78.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Fortdauer der Untersuchungshaft wird angeordnet.</p>
<p></p>
<p>Die weitere Haftprüfung wird für 3 Monate dem nach den allgemeinen Vorschriften zuständigen Gericht übertragen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Angeschuldigte befindet sich seit dem 17. November 1989 aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Aachen vom selben Tage - erweitert und neu gefaßt durch Beschluß der 4. großen Strafkammer des Landgerichts Aachen vom 30. April 1990 - in Untersuchungshaft. Er ist der versuchten Vergewaltigung in Tateinheit mit sexueller Nötigung und Körperverletzung sowie der sexuellen Nötigung in Tateinheit mit Körperverletzung in zwei Fällen angeklagt.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Fortdauer der Untersuchungshaft über den Zeitraum von 6 Monaten hinaus ist gerechtfertigt und geboten.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Voraussetzungen der Untersuchungshaft liegen vor.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Angeschuldigte ist der ihm zur Last gelegten Straftaten nach Maßgabe der in der Anklage vom 11. April 1990 mitgeteilten Einzelheiten aufgrund der dort aufgeführten Beweismittel, insbesondere der Angaben der geschädigten Zeuginnen, dringend verdächtig. Anhaltspunkte dafür, daß der Angeschuldigte ohne Schuld (§ 20 StGB) oder im Zustand verminderter Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) gehandelt hat, liegen nach dem Gutachten des Sachverständigen Dr. B. vom 28. April 1990 nicht vor.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Es besteht der Haftgrund der Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO). Der Angeschuldigte hat bei der Schwere der Tatvorwürfe eine hohe Freiheitsstrafe zu erwarten. Außerdem muß er damit rechnen, daß er den Rest der durch Urteil des Landgerichts Aachen vom 7. Juni 1983 verhängten Freiheitsstrafe - nach Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung - verbüßen muß. Damit ist ein starker Fluchtanreiz gegeben. Der Angeschuldigte lebt von seiner Ehefrau getrennt und verfügt ober keine tragfähigen persönlichen Bindungen. Mit Rücksicht hierauf ist konkret zu befürchten, daß er im Falle seiner Freilassung versuchen wird, sich dem Strafverfahren zu entziehen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Dieser Gefahr kann durch weniger einschneidende Maßnahmen gemäß § 116 StPO nicht hinreichend begegnet werden.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die weitere Untersuchungshaft steht zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe nicht außer Verhältnis.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Auch die Voraussetzungen des § 121 Abs. 1 StPO liegen vor. Das Verfahren ist mit der in Haftsachen gebotenen Beschleunigung gefördert worden. Nach Abschluß der umfangreichen Ermittlungen hat die Staatsanwaltschaft unter dem 11. April 1990 Anklage erhoben, die am 19. April 1990 bei der Strafkammer eingegangen ist.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Hauptverhandlung ist für den 23. Juli 1990 vorgesehen. Vermeidbare Verzögerungen sind bisher nicht feststellbar.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Übertragung der weiteren Haftprüfung beruht auf § 122 Abs. 3 Satz 3 StPO.</p>
|
315,108 | ovgnrw-1990-05-25-9-a-99288 | {
"id": 823,
"name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen",
"slug": "ovgnrw",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": null
} | 9 A 992/88 | 1990-05-25T00:00:00 | 2019-03-13T14:46:29 | 2022-10-18T15:09:05 | Urteil | ECLI:DE:OVGNRW:1990:0525.9A992.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.</p>
<p></p>
<p>Die Revision wird nicht zugelassen.</p>
<p></p>
<p></p>
<p></p>
<p>
</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"> Tatbestand:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstückes
Gemarkung xxx Flur xxx Flurstück xxx (xxx Straße) in xxx. Das aufstehende Haus ist
Teil einer Häuserkette, die von dem Bauunternehmer xxx in der Zeit um 1910
errichtet worden ist. Zur Entwässerung der Wohngrundstücke legte der
Bauunternehmer einen (privaten) Sammelkanal an, der zwischen Straße und
Baufluchtlinie über die Grundstücke verlegt wurde, inzwischen nach Erweiterung der
Straße durch Inanspruchnahme von zwischen den Häusern und der früheren
Straßengrenze liegenden Flächen im Straßenbereich verläuft, in Höhe des Hauses
xxx; xxx Straße Nr. xxx mittels Abzweig die Straße kreuzt und auf der östlichen
Straßenseite bei Revisionsschacht xxx (Bezeichnung entsprechend dem
Entwässerungsplan der Stadt xxx) auf eine weitere von dem Unternehmer xxx
verlegte Kanalisationsleitung trifft. Zur Abführung des Abwassers aus diesen
Sammelleitungen wurde eine Rohrleitung über vormaliges Zechengelände, das 1981
in das Eigentum der Stadt xxx übergegangen ist, im Bereich des heutigen Schachtes
xxx zum auf xxx Stadtgebiet befindlichen xxxgraben angelegt. Diese Leitung ist in
der städtischen Kanalnetzkarte von 1984 ausgewiesen. Dagegen zweigt nach den
Kanalnetzkarten von 1968 und 1977 eine Rohrleitung von dem auf der Ostseite der
xxx Straße in Höhe des Hauses xxx befindlichen Revisionsschacht xxx ab, die über
das vormalige Zechengelände zum xxx führt. Der Schacht xxx ist mit dem Schacht
xxx verbunden. Der xxxgraben ist zur Abwasserableitung mit Sohlschalen ausgelegt
und mündet in den von der xxxgenossenschaft unterhaltenen xxxgraben.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">In den Jahren 1963/64 ließ die xxx Bergbau in Einvernehmen und mit
Genehmigung der Stadt xxx vom Haus xxxStraße xxx im Verlauf der xxxStraße über
die Stadtgrenze hinaus bis zum xxxgraben einen Sammelkanal zur
Abwasserableitung in den Graben anlegen, der in der Folgezeit von der Stadt xxx als
städtische Kanalisationsanlage übernommen wurde und seitdem von der Stadt
unterhalten wird. An diesen Kanal ist der Revisionsschacht xxx angeschlossen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Bei einer vom Verwaltungsgericht Gelsenkirchen aus Anlaß eines ebenfalls vom
Kläger geführten, inzwischen abgeschlossenen Klageverfahrens (3 K 2549/83) am
14. März 1985 durchgeführten Ortsbesichtigung wurde festgestellt, daß die Leitung,
die den Revisionsschacht xxx mit dem Revisionsschacht xxx verbindet etwa 30 cm
unterhalb des Niveaus verlegt ist, auf dem die vom Bauunternehmer xxx angelegten
privaten Sammelkanäle in den Schacht xxx einmünden und auf dem von dem
Schacht die Rohrleitung zum xxxgraben abzweigt. Bei derselben Besichtigung wurde
durch Einleiten von Wasser in den Anschlußstutzen der Rohrleitung festgestellt, daß
von dieser Stelle das Wasser nicht bis zum xxxgraben gelangte, sondern in den
Revisionsschacht zurücklief. Ausweislich von Vermerken, die sich bei den
Verwaltungsvorgängen des Beklagten befinden und einer dazu gefertigten Skizze
vom 10. April 1981 (Beiakte 7 "Entwässerung der xxxHäuser", Bl. 117, und Beiakte
Heft 5 Bl. 60 vormals BA 7 Bl. 116) wurde Anfang 1981 festgestellt, daß die besagte
Rohrleitung etwa 4 m hinter ihrem Anschluß an den Schacht xxx gebrochen war. Der
Schacht xxx wurde auf Veranlassung des Senats im Mai 1990 vom Beklagten
überprüft. Dabei wurde festgestellt, daß es von diesem Schacht einen Abzweig in
östlicher Richtung zum xxxgraben nicht (mehr) gibt und das ankommende Abwasser
ausschließlich in nördlicher Richtung in den städtischen Straßenkanal abfließt. Im
Schacht ist erkennbar, daß vormals eine Öffnung in östlicher Richtung bestanden
hat; diese ist abgemauert. Ausweislich eines vom Beklagten gefertigten Vermerkes
vom 28. Februar 1980 (Beiakte Heft 7 Bl. 83) über eine Ortsbesichtigung vom 5.
Februar 1980, an der - entsprechend dem Vermerk - unter anderen auch der Kläger
teilgenommen hat, und zweier im Anschluß an den Termin gefertigter Lagepläne
vom 11. Februar 1980 zur Entwässerungssituation im Februar 1980 und in früherer
Zeit (Beiakte Heft 7 Aktendeckel hinten) ging der Beklagte schon nach den
damaligen Feststellungen davon aus, daß ein Rohrabzweig, in östlicher Richtung
zum xxxgraben nur bei Schacht xxx und nicht auch bei Schacht xxx vorhanden
sei.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Kläger leitet das auf dem Grundstück xxxStraße xxx anfallende
Niederschlags- und Schmutzwasser in eine auf dem Grundstück befindliche
Sammelgrube ein, von der das Abwasser über ein Überlaufrohr in den vor dem Haus
verlaufenden, von dem Bauunternehmer xxx angelegten Sammelkanal eingeleitet
wird. Die Dickstoffe, die sich im Sammelbecken abgesetzt haben, werden in
bestimmten Abständen gegen Erhebung von Gebühren von der Stadt abgesaugt.
Eine gegen den Kläger gerichtete Ordnungsverfügung, die Sammelgrube zu verfüllen
bzw. als Revisionsschacht umzubauen, ist vom Beklagten nach Klageerhebung durch
den Kläger wieder aufgehoben worden.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Mit Grundbesitzabgabenbescheid vom 14. Dezember 1982 erhob der Beklagte
vom Kläger unter anderem Entwässerungsgebühren (einschließlich
Abwasserabgabe) für das Grundstück xxx Straße xxx für 1983 in Höhe von 92,88
DM; mit Bescheid vom 17. November 1983 wurde die Gebühr auf 141,04 DM erhöht,
mit weiterem Bescheid vom 19. Juni 1984 wurde sie vom letztgenannten Betrag auf
128,32 DM ermäßigt und betrugen die Gebühren für Schmutz- und
Niederschlagswasser nunmehr 120,44 DM. Mit Bescheid vom 13. Januar 1984 zog
der Beklagte den Kläger für 1984 zu Entwässerungsgebühren in Höhe von 129,48
DM und mit Bescheid vom 15. Januar 1985 zu Entwässerungsgebühren für 1985 in
Höhe von 92,-- DM heran.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Nach erfolglosen Vorverfahren gegen die genannten Bescheide, soweit sie
Entwässerungsgebühren betreffen, hat der Kläger Klage erhoben, mit der er - wie
schon in den Vorverfahren - im wesentlichen geltend gemacht hat,
Entwässerungsgebühren könnten von ihm nicht verlangt werden, weil er nicht an
das städtische Entwässerungssystem angeschlossen sei, sondern die Entwässerung
seines Grundstückes ohne Inanspruchnahme städtischer Kanalisation ausschließlich
über die von dem Bauunternehmer angelegte private Sammelleitung (xxx)
erfolge.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Unter Bezug auf die Ortsbesichtigung vom 14. März 1985 im Klageverfahren 3 K
2549/83 hat der Kläger ferner vorgetragen, eine Verbindung des sogenannten xxx
zur städtischen Kanalisation bestehe ausschließlich deswegen, weil die Stadt ohne
Zustimmung des Unternehmers xxx, bzw. seiner Rechtsnachfolger und der übrigen
Eigentümer der Grundstücke, die an den xxx angeschlossen seien, im
Revisionsschacht xxx 30 cm unter dem Abflußniveau der aus dem Schacht zum
xxxgraben über das vormalige Zechengelände führenden Rohrleitung einen Anschluß
an den städtischen Kanal angelegt habe. Infolge der Trockenlegung habe sich die
Rohrleitung inzwischen mit Geröll und Schlamm zugesetzt. Durch ihr Verhalten habe
die Stadt rechtswidrig die private Ableitung der Abwässer in den xxxgraben
unterbunden. Die nach den tatsächlichen Verhältnissen vorliegende Ableitung von
Abwasser in die städtische Kanalisation stelle hiernach im Rechtssinne keine
gebührenpflichtige Inanspruchnahme der städtischen Entwässerungseinrichtungen
dar, da die Ableitung in den städtischen Kanal ohne seinen, des Klägers, Willen
erfolge. Eine Gebührenpflicht scheide im übrigen auch deshalb aus, weil der
xxxgraben nicht zum städtischen Kanalnetz gehöre und die Inanspruchnahme der
städtischen Kanalleitung zwischen xxx und xxxgraben für eine gebührenpflichtige
Inanspruchnahme der städtischen Kanalisation im Sinne einer
Entwässerungssystems und einer Klärung der Abwässer nicht ausreiche.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Nach weiterer Ermäßigung der Entwässerungsgebühren (ohne
Abwasserabgabeumlagen) für 1983 um 4,44 DM auf 116,-- DM und insoweit
übereinstimmender Erledigungserklärung der Parteien hat der Kläger
beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">soweit nicht die Hauptsache erledigt sei, die Heranziehungsbescheide vom 14.
Dezember 1982 und 17. November 1983 in der Fassung des Ermäßigungsbescheides
vom 19. Juni 1984 hinsichtlich der Heranziehung zu Entwässerungsgebühren für das
Jahr 1983, den Heranziehungsbescheid vom 13. Januar 1984 hinsichtlich der
Zahlung von Entwässerungsgebühren für das Jahr 1984 und den
Heranziehungsbescheid vom 15. Januar 1985 hinsichtlich der Zahlung von
Entwässerungsgebühren für das Jahr 1985 sämtlich in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 16. Dezember 1985, aufzuheben.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Er hat sich auf die Feststellungen im Ortstermin vom 14. März 1985 im
Verfahren 3 K 2549/83 berufen und darauf verwiesen, daß nach dem
Entwässerungsgebührenrecht der Stadt auch für eine mittelbare Einleitung von
Abwasser in die städtische Kanalisation Gebühren von den Eigentümern erhoben
würden, die über private Abwasserleitungen, die sich auf anderen Grundstücken
befänden, ihr Schmutz- und Niederschlagswasser in die städtische Kanalisation
einleiteten. Eine solche Sachlage liege hier vor. Ob und inwieweit die Stadt es zu
vertreten habe, daß unterhalb des Niveaus der xxxleitungen und der zum xxxgraben
abzweigenden Rohrleitung eine Verbindung vom Revisionsschacht xxx zum Schacht
xxx bestehe, sei für den hier interessierenden Veranlagungszeitraum von vornherein
ohne Bedeutung, da die Rohrleitung entsprechend den Feststellungen seines, des
Beklagten, Tiefbauamtes im Jahre 1981 jedenfalls seit diesem Zeitpunkt aufgrund
eines Rohrbruchs kein Abwasser mehr zum xxxgraben habe ableiten können.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Mit dem angefochtenen Urteil, auf das Bezug genommen wird, hat das
Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er sich auf sein
Vorbringen in erster Instanz beruft und ergänzend vorträgt, die Stadt habe den
Verschluß der Rohrleitung zum xxxgraben auf dem vormaligen Zechengelände auch
deshalb zu vertreten, weil sie die Vorflut zum xxxgraben auf diesem Gelände
abgemauert habe. Letzteres sei aus Anlaß der Anhebung des Bahndamms der
Zechenbahn, die über das vormalige Zechengelände führe, im Jahre 1963
geschehen. Ohne die Eingriffe der Stadt würde das System der von dem
Unternehmer xxx angelegten Sammelkanäle mit dem Anschluß an den xxxgraben
durch die über das vormalige Zechengelände führende Rohrleitung noch
funktionstüchtig sein; das ergebe sich daraus, daß die Stadt den jenseits des
Zechenbahndammes liegenden Teil dieser Rohrleitung für Zwecke der städtischen
Entwässerung nutze.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Zu berücksichtigen sei ferner, daß entsprechend einer Zusicherung der Stadt
aus dem Jahre 1940 von den Eigentümern der an den xxxkanal angeschlossenen
Grundstücke keine Entwässerungsgebühren mehr erhoben werden sollten, solange
der damals vorliegende Zustand fortbestehe und der xxxkanal nicht von der Stadt
xxx übernommen worden sei; eine Übernahme des letztgenannten Kanals werde
von der Stadt abgelehnt.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die hinsichtlich der Entwässerung durch den xxxkanal ohne Inanspruchnahme
städtischer Kanalisation sich ergebenden Rechtspositionen könne er, der Kläger, als
Rechtsnachfolger seiner Mutter geltend machen. Dieser seien durch notariellen
Kaufvertrag vom 18. Februar 1968 durch die vormaligen Grundstückseigentümer,
das Ehepaar xxx, die ihnen am xxxKanal zustehenden Rechte übertragen worden. -
In dem Vertrag heißt es wörtlich: "Ferner überträgt der Verkäufer der Käuferin das
Recht der Entwässerung des Hauses xxxStraße xxx, welches er an der
Sammelleitung der Bauunternehmung xxx hat." Auf Anfrage des Senats hat der
Kläger mitgeteilt, über den genauen Inhalt dieses Rechts sei nichts mehr in
Erfahrung zu bringen. Im Kaufvertrag, der zwischen den Eheleuten xxx und dem
Unternehmer xxx abgeschlossen worden sei, seien Abreden zur Entwässerung des
Grundstückes nicht enthalten. - Durch den von den Voreigentümern an den
Unternehmer xxx bzw. den durch seine Mutter an die Voreigentümer gezahlten
Kaufpreis für das Grundstück seien letztlich Zahlungen für eine Kanalisation geleistet
worden, die nunmehr die Stadt durch den durch sie geschaffenen Anschluß an die
städtische Kanalisation für ihre Zwecke nutze. Im Falle einer Gebührenpflicht müsse
dementsprechend zumindest eine Ermäßigung der Gebühr entsprechend den
Aufwendungen erfolgen, die die Stadt durch die Anlage der privaten Sammelkanäle
durch den Unternehmer xxx erspart habe.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem Klageantrag I. Instanz zu
erkennen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Er trägt vor, der Kläger könne sich auf Rechte hinsichtlich einer Ableitung von
häuslichen Abwässern über den xxxkanal bzw. private Entwässerungsleitungen in
den xxxgraben schon deshalb nicht berufen, weil dem Kläger jedenfalls keine eigene
Rechtsposition hinsichtlich der über das Zechengelände führende Rohrleitung
zustehe. Nach dem vorgelegten Kaufvertrag habe er nur ein Recht hinsichtlich des
Sammelkanals (xxxkanals) in der xxxStraße; dieses Recht werde durch die Stadt xxx
nicht tangiert. Im übrigen habe der Unternehmer xxx bzw. hätten seine
Rechtsnachfolger zu keinem Zeitpunkt nachweisen können, daß ein Recht zur
Ableitung der in den Straßenkanälen gesammelten Abwässer über eine
weiterführende Leitung in den xxxgraben bestehe. Die Grundstücke, über die die
Rohrleitung zum xxxgraben verlegt sei, hätten dem Unternehmer xxx nicht gehört;
diesem sei auch keine dingliche Rechtsposition hinsichtlich eines Leitungsrechts an
diesen Grundstücken eingeräumt worden. Im übrigen bestünden auch hinsichtlich
der privaten Sammelkanäle in der Straße selbst keine dinglichen Sicherungsrechte
für die Eigentümer der an diese Kanäle angeschlossenen Grundstücke.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Wegen des Sachverhalts im übrigen und des weiteren Vorbringens der
Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der dazu eingereichten
Verwaltungsvorgänge des Beklagten, ferner auf die von diesen eingereichten
einschlägigen Entwässerungs- und Entwässerungsgebührensatzungen, die Hausakte
der Stadt xxx für das Grundstück des Klägers sowie die von der Stadt xxx geführte
Akte "Entwässerung der xxxHäuser, xxxStraße", verschiedene Grundbuchauszüge
und Pläne sowie Nachweise zum Zustand der Revisionsschächte, dem Verlauf der
Kanäle und zur Anlage des städtischen Straßenkanals in der xxxStraße und
schließlich die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen 13 L 59/86, 3 K
2549/83, 3 K 3050/84, 5 K 523/84 Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die
Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Festsetzungen von
Entwässerungsgebühren für die Jahre 1983, 1984 und 1985 sind rechtmäßig und
verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">1. Rechtsgrundlage für die vom Beklagten für die Jahre 1983 und 1984
festgesetzten Entwässerungsgebühren ist die Satzung über die Erhebung von
Entwässerungsabgaben (Entwässerungsabgabensatzung) der Stadt xxx vom 29.
November 1982 (EAS 1982). Allerdings gelten anstelle der Maßstabsregelung (§§ 4,
5 EAS 1982) die Maßstabsregelung der §§ 4, 5 der Entwässerungsabgabensatzung
vom 6. Dezember 1984 (EAS 1984) und anstelle der Gebührensatzregelung (§ 6 EAS
1982) die Gebührensatzregelung des § 6 der Entwässerungsabgabensatzung vom
10. Dezember 1986 (EAS 1986). Diese Vorschriften der EAS 1984 und 1986 gelten
rückwirkend ab 1. Januar 1974, soweit Gebühren noch nicht bestandskräftig
festgesetzt sind (§ 13 Abs. 2 EAS 1984, § 13 Abs. 2 EAS 1986); letzteres ist
hinsichtlich der umstrittenen Gebühren für 1983 bis 1985 der Fall. Rechtsgrundlage
der Gebührenerhebung für das Jahr 1985 ist - mit Ausnahme von § 6 dieser Satzung
- die EAS 1984 in Verbindung mit § 6 EAS 1986.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Das anzuwendende Ortsrecht ist aus den zutreffenden Gründen des
angefochtenen Urteils, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit Bezug
genommen wird, gültig, wie vom erkennenden Gericht auch schon in anderen
Verfahren geprüft und festgestellt worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NW, Urteile vom 1. Februar 1988 - 2 A 1883/80 -, OVGE 39 S. 277,
und vom 22. Februar 1990 - 2 A 115/86 - und - 2 A 118/86 -.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">In Sonderheit bestehen keine Bedenken hinsichtlich einer rückwirkenden
Anwendung der Vorschriften der EAS 1984 und EAS 1986 im dargestellten Umfang,
da sich dadurch eine Verschlechterung der Position des Klägers nach Grund und
Höhe der Entwässerungsgebühren, wie sie nach der EAS 1982 bzw. EAS 1984 zu
erheben gewesen wären, nicht ergeben hat.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">2. Auf der Grundlage der angeführten Satzungen sind die vom Beklagten für
1983, 1984 und 1985 festgesetzten Entwässerungsgebühren entstanden, weil der
Kläger den Gebührentatbestand im Sinne des § 3 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 lit a, § 2
Abs. 1 lit a EAS 1982/1984, wonach für die unmittelbare oder mittelbare Einleitung
von Schmutz- und Niederschlagswasser in die öffentliche Abwasseranlage Gebühren
erhoben werden, in allen drei Jahren verwirklicht hat; gebührenpflichtig ist gemäß §
2 Abs. 1 lit a EAS 1982/1984 der Eigentümer des Grundstückes, von dem die
Abwässer unmittelbar oder mittelbar in die Öffentliche Abwasseranlage eingeleitet
werden.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die Voraussetzungen für eine Einleitung im dargestellten Sinne sind
erfüllt.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Das Einleiten von Abwasser in die städtische Abwasseranlage setzt voraus, daß
auf dem Grundstück anfallendes Schmutz- oder Niederschlagswasser über eine
abwassertechnische Verbindung, d.h. eine Verbindung, die ihrer Funktion und
Bestimmung nach dem Transport von Grundstücksabwässern zur gemeindlichen
Abwasseranlage dient,</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">vgl. dazu OVG NW, Urteil vom 5. September 1986 - 2 A 3140/83 -, StGR 1987 S.
220 f = Gemht 1987 S. 117,</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">in die städtische Abwasseranlage gelangt. Die Verbindung muß nicht
unmittelbar sein; auch ein mittelbarer Anschluß über Leitungen, die über fremde
Grundstücke führen bzw. einem Dritten gehören und von diesem betrieben werden,
kann eine gebührenrechtlich erhebliche Benutzung der städtischen Abwasseranlage
ermöglichen.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NW, Urteile vom 25. Juli 1973 - 2 A 1017/71 -, KStZ 1974 S. 76 (77),
vom 14. Juli 1975 - II A 502/73 -, OVGE 31 S. 162 (163), und die schon zitierten
Urteile vom 22. Februar 1990 und vom 5. September 1986 a.a.O..</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Jedenfalls eine mittelbare Einleitung ist gegeben.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Der Kläger leitet das auf seinem Grundstück anfallende Schmutz- und
Niederschlagswasser in den im Bereich der xxxStraße befindlichen sogenannten
xxxkanal ein, von wo es über den Schacht vor dem Haus xxxStraße xxx zu dem auf
der anderen Straßenseite befindlichen Schacht xxx und von dort in den Schacht xxx
abläuft. Das steht aufgrund der Feststellungen des Verwaltungsgerichts
Gelsenkirchen im Ortstermin vom 14. März 1985 im Verfahren 3 K 2549/83 zur
Überzeugung des Senats fest; dabei ist nach den Feststellungen des
Verwaltungsgerichts in Verbindung mit den sonstigen Umständen auch davon
auszugehen, daß in den Jahren 1983 bis 1985 das Abwasser auch nicht etwa in
rechtlich beachtlichem Umfang von Schacht xxx teilweise über die vormals
bestehende direkte Rohrverbindung des Schachtes mit dem xxxgraben in diesen
Graben abgeleitet worden ist. Die betreffende Rohrverbindung ist schon im Jahr
1981 vom Beklagten überprüft worden, wobei festgestellt wurde, daß eine Ableitung
wegen eines Rohrbruchs und der Verschüttung der Leitung etwa 4 m hinter dem
Schacht xxx nicht mehr stattfand. Dieses Ergebnis ist durch die Feststellungen im
Ortstermin am 14. März 1985 bestätigt worden, in dem sich ergeben hat, daß selbst
mit Druck in den Anschlußstutzen dieser Leitung eingeleitetes (gefärbtes) Wasser in
den xxxgraben gelangte. Da die Rohrleitung nach dem eigenen Vortrag des Klägers
und entsprechend Aktenlage schon seit längerer Zeit vor 1983 zumindest teilweise
abgemauert worden ist und folglich keiner ständigen Kontrolle und Unterhaltung zur
Erhaltung der Funktionstüchtigkeit unterlegen hat, besteht keine Veranlassung, die
Feststellungen des Beklagten im Jahre 1981 über einen Verschluß der Leitung in
Zweifel zu ziehen.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Hiernach gelangt das Abwasser vom Grundstück des Klägers über
bestimmungsgemäß für die Ableitung von Abwasser vorgesehene Verbindungen
jedenfalls ab Schacht xxx in die städtische Kanalisation der Stadt xxx. Dieser
Schacht ist unstreitig an den zur Ableitung von an dieser Stelle anfallendem
Abwasser in den Jahren 1963/64 mit Gefälle zum xxxgraben in der xxxStraße
verlegten Abwassersammelkanal, der von der Stadt als Teil des städtischen
Kanalnetzes übernommen worden ist, angeschlossen. Die auf Veranlassung des
Senats durchgeführte Überprüfung dieses Schachts durch den Beklagten hat
ergeben, daß auch von diesem Schacht keine abwassertechnische Verbindung zum
xxxgraben außer über den in der xxxStraße zum xxxgraben führenden Kanal
besteht. Die in den Kanalnetzplänen der Stadt von 1968 und 1977 eingezeichnete
Rohrleitung von Schacht xxx über das vormalige Zechengelände zum xxxgraben ist
entweder nicht entsprechend den Planungen, wie sie - nach den vom Kläger
vorgelegten Unterlagen - 1955 seitens der Zeche xxx zur Entwässerung der Häuser
xxxStraße xxx bestanden haben, angelegt worden oder es ist eine vormals zum
xxxgraben über das Zechengelände verlaufende Verbindung - sei es durch einen
offenen Graben, sei es durch eine Rohrleitung - im Zuge der Anlegung des
Straßenkanals in den Jahren 1963/64 bzw. in der Folgezeit jedenfalls schon vor
Februar 1980 durch Abmauerung beseitigt worden. Aufgrund des Vermerks des
Beklagten in der Akte "Entwässerung der xxxHäuser" vom 28. Februar 1980 und der
Lagepläne zur Darstellung des Ergebnisses der Ortsbesichtigung vom 5. Februar
1980 steht zur Überzeugung des Senats fest, daß schon zur Zeit dieser
Ortsbesichtigung im Schacht kein Rohrabzweig in östlicher Richtung zum xxxgraben
mehr vorhanden war. Es gibt keine Veranlassung, die Richtigkeit des Lageplanes
vom 11. Februar 1980 über die am 5. Februar 1980 vorgefundenen Verhältnisse zu
bezweifeln, insbesondere keine Anhaltspunkte, daß sich die
Entwässerungsverhältnisse bei Schacht xxx - soweit sie hier interessieren - zwischen
1980 und 1990 verändert haben.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Ob nach der vorliegenden Sachlage eine unmittelbare oder mittelbare
Abwasserableitung vom Grundstück des Klägers in die städtische Kanalisation
vorliegt, ist nicht völlig eindeutig, bedarf indessen keiner abschließenden Klärung,
weil jedenfalls eine mittelbare Einleitung von Schmutz- und Regenwasser in die
städtische Kanalisation vorliegt und - wie dargelegt - auch eine solche
gebührenpflichtig ist. Unstreitig ist der sogenannte xxxKanal auf Straßengelände
verlegt, das (inzwischen) im Eigentum der Stadt steht, wobei sich aus den Akten
und dem Vortrag des Klägers ergibt, daß die Flächen, in denen der Kanal liegt,
zunächst im Eigentum des Unternehmers xxx gestanden haben und erst nach Anlage
des Sammelkanals von der Stadt erworben worden sind. Danach könnte die Stadt
mit dem Erwerb des Straßenlandes von dem Unternehmer xxx auch Eigentümerin
der in der Straße u.a. vor dem Grundstück des Klägers verlaufenden Sammelleitung
geworden sein, es sei denn, die Leitung wäre bei Eigentumserwerb nicht
wesentlicher Bestandteil der für die Erweiterung der Straße veräußerten
Grundstücke gewesen (vgl. §§ 94, 95 BGB) und wäre auch nicht als Zubehör der
Grundstücke (vgl. § 97 BGB) auf die Stadt übertragen worden.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Vgl. zur Problematik der Eigentumsverhältnisse betreffend
Versorgungsleitungen und Kanalleitungen: BGH, Urteile vom 11. Juli 1962, BGHZ 37
S. 353 ff, und vom 20. September 1968 - V ZR 55/66 -, NJW 1968 S. 2331 f.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Andererseits hat die Stadt ausweislich der Akten verschiedentlich zum Ausdruck
gebracht, die Unterhaltung und den Betrieb der von dem Unternehmer xxx
angelegten Kanalleitungen nicht übernehmen zu wollen, und hat im Hinblick auf
eine bestehende private Entwässerung der Häuser an der xxxStraße (im hier
interessierenden Bereich) in den xxxgraben früher Gebührenfreiheit gewährt. Das
spricht ungeachtet der Frage, wer Eigentümer dieser Kanalleitungen ist, jedenfalls
gegen eine Einbeziehung der Kanäle in die städtische Kanalisation. Wäre hiernach
der xxxkanal, der das Abwasser vom Grundstück des Klägers zum Schacht xxx
ableitet, nicht Teil der städtischen Kanalisation, läge jedenfalls bei Schacht xxx eine
Einleitung des Abwassers in die städtische Kanalisation als mittelbare Einleitung
vor.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Dieser Feststellung steht nach den zutreffenden Ausführungen des
Verwaltungsgerichts nicht entgegen, daß der städtische Kanal in der xxxStraße von
Schacht xxx bis zur Stadtgrenze bzw. zum xxxgraben auf xxx Gebiet keine
technische Verbindung zu sonstigen Kanalleitungen auf xxx Gebiet, in Sonderheit
keine Verbindung zu einer Kläranlage auf Stadtgebiet hat. Für die gebührenpflichtige
Inanspruchnahme städtischer Kanalisation kommt es auf solche Umstände nicht an.
Jeder - jedenfalls nicht nur unwesentliche - Teil der städtischen
Kanalisationsanlagen, über die Abwasser abgeleitet wird, ist rechtlich gleichwertiger
Teil des städtischen Entwässerungssystems, durch dessen Nutzung eine
gebührenrechtlich relevante Leistung vermittelt wird.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NW, Urteile vom 6. Juli 1987 - 2 A 2082/84 -, Gemht 1988 S. 182, und
vom 15. Februar 1989 - 2 A 2452/85 -.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Die dem Gebührenpflichtigen gegenüber erbrachte Leistung besteht in der
Übernahme des Abwassers in eine städtische Kanalleitung, nach der das Abwasser
bis zu einem Punkt abgeleitet wird, der von dem Grundstück so weit entfernt ist, daß
für seine Bewohner keine Geruchsbelästigungen und gesundheitlichen Gefahren
durch das Abwasser entstehen können; im Falle einer mittelbaren Ableitung besteht
die Leistung darin, daß solche Gefahren und eine Störung der Anleitung bis zur
öffentlichen Kanalisation durch Rückstau von Abwässern vermieden werden. Teil der
gebührenpflichtigen Leistung ist außerdem, daß die Gemeinde mit der Übernahme
des Abwassers in die öffentliche Kanalisation die weitere Verantwortung für die
Beseitigung des Abwassers übernimmt und der Grundstückseigentümer von dieser
Stelle an für das eingeleitete Abwasser grundsätzlich nicht mehr verantwortlich
ist.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Hiernach läge eine gebührenpflichtige Einleitung selbst dann noch vor, wenn
der von Schacht xxx zum xxxgraben führende Kanal in der xxxStraße ausschließlich
bis zur Stadtgrenze (ausweislich der vorliegenden Karten mit einer Länge von etwa
160 m) Teil der städtischen Kanalisation wäre und letzteres nicht auch auf den auf
xxx Stadtgebiet bis zum xxxgraben verlaufenden Straßenkanal und den xxxgraben
selber zuträfe. Allein durch die Übernahme des Abwassers in den auf Stadtgebiet
befindlichen Teil des vom Schacht xxx zum xxxgraben führenden Kanals wird dem
Kläger die gebührenpflichtige Leistung im vorbeschriebenen Sinne erbracht. Im
Hinblick auf die damit von der Stadt xxx übernommene Verantwortung für die
weitere Beseitigung des Abwassers kommt es auch nicht weiter darauf an, ob und
inwieweit sie im Einvernehmen mit der Stadt xxx und in Übereinstimmung mit
wasserrechtlichen Vorschriften den xxxgraben für die Abwassereinleitung nutzt.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Vgl. auch hierzu OVG NW, Urteile vom 6. Juli 1987 - 2 A 2082/84 - und vom 15.
Februar 1989 - 2 A 2452/85 -.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Die Verwirklichung des Gebührentatbestandes steht nicht deshalb in Frage, weil
der Kläger die von seinem Haus ablaufenden Abwässer im fraglichen Zeitraum nicht
willentlich der städtischen Kanalisation bei Schacht xxx zugeleitet und damit
möglicherweise nicht im Sinne des Satzungsrechts in die Entwässerungsanlage der
Stadt eingeleitet hätte. Zwar dürfte die Erhebung von Entwässerungsgebühren
grundsätzlich eine willentliche Annahme der technischen Leistung des
Entwässerungssystems der Gemeinde durch den Grundstückseigentümer
voraussetzen. Den diesbezüglichen Anforderungen wird die Abwassereinleitung
durch den Kläger indessen gerecht. Ihm ist nach seinem eigenen Vortrag durch die
Erhebung von Entwässerungsgebühren mit Bescheid vom 19. Juli 1978 für die Zeit
von 1973-1978 bekannt geworden, daß die Stadt von einer Ableitung des Abwassers
von seinem Grundstück in die städtische Kanalisation in der xxxStraße ausging.
Ferner war er ausweislich der vom Beklagten eingereichten Akte "Entwässerung der
xxxHäuser, xxxStraße" (Beiakte Heft 7) im Jahre 1980 an Verhandlungen mit der
Stadt über die Gebührenpflichtigkeit, in denen erläutert und erörtert wurde, daß die
Grundstücke xxx, xxxStraße mittelbar bei Schacht xxx in die städtische Kanalisation
entwässerten (vgl. den Vermerk in Beiakte Heft 7 Bl. 85 ff, in dem die Teilnehmer
und der Inhalt von Besprechungen am 31. Januar/5. Februar 1980 festgehalten sind)
und der Ortsbesichtigung vom 5. Februar 1980 beteiligt. Spätestens seit dieser Zeit
war der Kläger über den maßgeblichen Sachverhalt des Ablaufs seines Abwassers in
die städtische Kanalisation so weitgehend informiert, daß ihm die weitere Ableitung
des Abwassers von seinem Grundstück in den xxxkanal als willentliche (mittelbare)
Einleitung in die städtische Kanalisation zuzurechnen ist. Hierfür kommt es nicht
entscheidend darauf an, ob er in den Jahren 1983-1985 bis zu der durch das
Verwaltungsgericht durchgeführten Ortsbesichtigung vom 14. März 1985 sicher
davon ausging, daß eine Verbindung des xxxkanals zur städtischen Kanalisation
bestand. Für eine willentliche Inanspruchnahme der städtischen Kanalisation im
Sinne des Entwässerungsgebührenrechts war ausreichend, daß er nach den
gesamten Umständen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit mit einer Verbindung
des xxxKanals bei Schacht xxx mit der städtischen Kanalisation bei Schacht xxx
rechnen mußte und in Ansehung dieser Umstände nach wie vor sein Abwasser in
den xxxkanal einleitete.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Gegenüber der danach gegebenen willentlichen Inanspruchnahme der
städtischen Entwässerungsanlage kann sich der Kläger nicht mit Erfolg darauf
berufen, er sei ohne Kenntnis, Willen und Zutun an diese Anlage angeschlossen
worden. Für die Verwirklichung des Gebührentatbestandes durch Einleitung von
Schmutz- und Niederschlagswasser in die städtische Kanalisation und die daran
geknüpfte Entstehung der Gebührenpflicht kommt es grundsätzlich nicht darauf an,
wie es zum Anschluß des Grundstückes an die städtische Kanalisation gekommen
ist, sondern darauf, daß der betreffende Grundstückseigentümer mit hinreichender
Wahrscheinlichkeit im dargestellten Sinne mit dem Anschluß seines Grundstückes an
die städtische Kanalisation rechnen mußte und in Ansehung des möglicherweise
bestehenden Anschlusses sein Abwasser so vom Grundstück ableitet, daß eine
Beanspruchung dieses Anschlusses nicht ausgeschlossen wird.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Ob dieser Grundsatz im Falle einer rechtswidrigen technischen Verbindung einer
privaten Entwässerungsleitung mit der öffentlichen Kanalisation für eine gewisse
Zeit zwischen Kenntnis des Grundstückseigentümers von den Umständen, die für
einen solchen Anschluß sprechen und einer Wiederherstellung der privaten
Entwässerung in zumutbarer Zeit einer Ausnahme erfahren und ob letzteres unter
dem Gesichtspunkt eines treuwidrigen Verhaltens der Gemeinde auch dann geltend
könnte, wenn offenkundig und eindeutig ist, daß die Gemeinde selbst durch grob
unrechtmäßige Eingriffe in das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte an privaten
Entwässerungsleitungen den Anschluß hergestellt hätte, bedarf hier keiner Klärung.
Ausnahmefälle dieser Art liegen hier nämlich nicht vor. Weder die Rechtsnachfolger
des Bauunternehmers xxx, noch der Kläger selbst haben seit Kenntnisnahme von
der Möglichkeit einer Verbindung des xxxkanals mit dem städtischen Kanal ab
Schacht xxx etwas unternommen, die Verbindung zwischen den privaten
Entwässerungsleitungen und der städtischen Kanalisation zu unterbrechen und die
Verbindungen der Privatleitungen über das vormalige Zechengelände zum
xxxgraben wieder instandsetzen zu lassen. Ein treuwidriges Verhalten der Stadt im
dargestellten Sinne scheidet schon deshalb aus, weil nach Lage der Dinge völlig
unklar, und, wenn überhaupt, jedenfalls ohne weiteres nicht mehr zu klären ist,
wann, wie und durch wen es zu der Verbindung des xxxkanals mit der städtischen
Kanalisation gekommen ist, insbesondere ob dies auf Veranlassung der xxx Bergbau
1963/64 oder jedenfalls mit Billigung der Eigentümerin des vormaligen
Zechengeländes, über das das Abwasser aus dem xxxKanal zum xxxgraben
abgeleitet wurde, geschehen ist und ob möglicherweise unrechtmäßige Eingriffe der
Stadt in Rechte an den privaten Entwässerungsleitungen nicht schon verjährt sind.
Letztlich weist der vom Kläger selbst vorgelegte Entwässerungsplan der Zeche xxx
für die Häuser xxxStraße xxx vom 5. August 1955 aus, daß schon damals eine
Kanalisationsverbindung zwischen den heutigen Schächten xxx und xxx geplant war
und die Kanalsohle bei Schacht xxx tiefer liegen sollte als bei Schacht xxx. Danach
könnte eine Verantwortlichkeit der Stadt für eine Verbindung mit Gefälle von
Schacht xxx zu xxx schon nach den tatsächlichen Umständen vor dem Bau des
Kanals durch die xxx Bergbau 1963/64 und der Übernahme dieses Kanals durch die
Stadt ausscheiden Über die dargestellten Ausnahmefälle hinaus käme unter
Berücksichtigung aller Umstände dieses Falles eine Ausnahme von dem Grundsatz,
daß es für die Verwirklichung des Gebührentatbestandes nicht darauf ankommt, wie
der Anschluß an die Kanalisation zustandegekommen ist, von vornherein nicht in
Betracht. Das gilt auch unter der Berücksichtigung der nicht auszuschließenden,
andererseits aber auch nicht offenkundigen Möglichkeit, daß es ohne Zustimmung
der Berechtigten an den von dem Bauunternehmer xxx angelegten privaten Kanälen
zu einem objektiv unrechtmäßigen Anschluß dieser Kanäle an die städtische
Kanalisation durch die Stadt gekommen sein könnte. Angesichts einer solchen
Möglichkeit entfällt nicht die Gebührenpflicht, sondern ist den Berechtigten
zuzumuten, ihre Rechtspositionen auf Wiederherstellung der privaten
Entwässerungsanlage gegenüber der Stadt und Geltendmachung von Schadenersatz
zu verfolgen. Insoweit gilt der Rechtsgedanke, wie er in vergleichbarer Weise in § 12
Abs. 1 Nr. 5 lit a Kommunalabgabengesetz NW (KAG) in Verbindung mit § 226 Abs.
3 AO hinsichtlich der Aufrechnung mit bestrittenen Forderungen gegenüber
Gebührenansprüchen zum Ausdruck kommt.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Ungeachtet der dargestellten Gründe würde die sich aus der Verwirklichung des
Gebührentatbestandes ergebende Gebührenpflicht des Klägers durch einen
möglicherweise unrechtmäßigen Anschluß des xxxkanals an die städtische
Kanalisation auch deshalb nicht berührt, weil es keine verläßlichen Anhaltspunkte
dafür gibt, daß durch einen solchen Anschluß gerade in Rechte des Klägers bzw. auf
ihn übergegangene Rechte der Voreigentümer seines Grundstückes eingegriffen
worden ist. Nach dem vom Kläger vorgelegten Kaufvertrag, den seine Mutter mit
den Voreigentümern xxx abgeschlossen hat, ist der Mutter des Klägers ein "Recht
(der Verkäufer) am xxxkanal zur Entwässerung des Hauses" übertragen worden.
Welchen genauen Inhalt dieses Recht hatte, ist nach dem eigenen Vorbringen des
Klägers nicht bekannt und nicht mehr zu klären; insbesondere ist nicht erkennbar,
daß seiner Mutter dingliche Rechtspositionen am xxxkanal hätten übertragen sein
können. Sie hat ferner keine dingliche Sicherung bestehender Leitungen durch
Kanalleitungsrechte an den Grundstücken, über die der xxxkanal verlegt ist, und
dem vormaligen Zechengelände, über das das Abwasser zum xxxgraben abgeleitet
wurde, erhalten, die sie ihrerseits auf den Kläger hätte übertragen können. Danach
ist davon auszugehen, daß dem Kläger nach einer Veränderung der Ableitung der in
den xxxkanal eingeleiteten Abwässer von vornherein allenfalls Rechte gegen die
Rechtsnachfolger des Unternehmers xxx auf Wiederherstellung der Entwässerung,
wie sie vertraglich mit dem Unternehmer xxx bzw. mit seinen Rechtsnachfolgern
beim Verkauf der Grundstücke an der xxxStraße zugesagt worden sein könnten,
zustehen könnten, nicht aber Rechtsansprüche gegen die Stadt xxx.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Der Kläger kann sich gegenüber seiner Gebührenpflicht schließlich nicht auf eine
etwaige Zusage der Stadt xxx im Jahre 1940 berufen, nach der
Entwässerungsgebühren nicht mehr erhoben werden sollten, solange der damals
vorhandene Zustand der Entwässerung der Grundstücke bestehe bzw. der von dem
Unternehmer xxx angelegte Kanal nicht von der Stadt übernommen werde. Eine
Zusage dieses Inhalts, hätte ungeachtet der Frage der Zulässigkeit und Wirksamkeit
eines Gebührenverzichts nach der 1983 und danach vorliegenden Sachlage schon
deshalb keine Verbindlichkeit mehr, weil sich die Entwässerungssituation der an den
xxxkanal angeschlossenen Häuser seit 1940 entscheidend verändert hat. Die nach
der Verlegung des Entwässerungskanals in der xxxStraße bis zum xxxgraben und der
Übernahme dieses Kanals durch die Stadt und durch den Anschluß des xxxkanals an
diesen Kanal entstandene Entwässerungssituation ist mit derjenigen im Jahre 1940,
in dem die Abwässer aus dem xxxkanal ausschließlich über eine auf den vormaligen
Zechengelände befindliche Verbindung zum xxxgraben abgeleitet wurden, nicht
vergleichbar.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">3. Die hiernach dem Kläger für die Jahre 1983-1985 dem Grunde nach zu Recht
berechneten Entwässerungsgebühren begegnen auch der Höhe nach keinen
Bedenken. Anhaltspunkte dafür, daß sie nach der Maßstabsregelung, den danach
maßgeblichen Bemessungsfaktoren und Gebührensätzen fehlerhaft berechnet
worden sein könnten, bestehen nicht. Entgegen der Auffassung des Klägers sind die
nach dem Satzungsrecht zu berechnenden Gebühren auch nicht zu mindern. Die
Tatsache, daß das auf dem Grundstück anfallende Schmutz- und
Niederschlagswasser über eine Sammelgrube in den xxxKanal eingeleitet wird und
sich dadurch Dickstoffe in der Sammelgrube absetzen, die in bestimmten Abständen
abgefahren werden müssen, rechtfertigt keine Gebührenminderung. Es steht dem
Kläger frei, diese Sammelgrube zu beseitigen und das Abwasser ohne vorherige
Ausfällung der Dickstoffe in die Kanalisation einzuleiten. Auch nach Ausfällung der
Dickstoffe bleiben die vom Kläger abgeleiteten Abwässer Schmutz- und
Niederschlagswasser im Sinne der Satzung, da die Vorbehandlung des abgeleiteten
Wasser nicht den Anforderungen entspricht, die an die Reinigung von Abwasser zu
stellen sind.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Vgl. zur Frage der Veränderung der Schmutzwasserqualität durch eine
Vorklärung auf dem Hausgrundstück das schon zitierte Urteil des erkennenden
Gerichts vom 6. Juli 1987.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Im übrigen ist dem Kläger vorzuhalten, daß er die Sammelgrube nicht etwa auf
Veranlassung des Beklagten, sondern sogar gegen dessen - inzwischen aufgehobene
- Ordnungsverfügung, die Grube zu beseitigen, beibehalten hat und dies - wie sich
aus der Hausakte ergibt - im eigenen Interesse deshalb tut, weil ohne die vorherige
Ausfällung der Dickstoffe aus dem Abwasser die Gefahr besteht, daß die
Hausanschlußleitungen bzw. der xxxkanal durch das abgeleitete Abwasser verstopft
werden.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Eine Gebührenminderung im Hinblick auf die Kosten, die dem Bauunternehmer
xxx durch die Anlage des xxxkanals entstanden sind, kann der Kläger schon deshalb
nicht verlangen, weil nicht davon ausgegangen werden kann, daß diesbezügliche
Aufwendungen bestimmter Höhe auf ihn bzw. die Voreigentümer des Grundstückes
abgewälzt worden sind. Daß und gegebenenfalls inwieweit durch den Kaufpreis, den
seine Mutter für das Grundstück xxxStraße xxx gezahlt hat, mittelbar Kosten für die
Anlage des Teils des xxxKanals, der vor dem Grundstück des Klägers verlegt ist,
abgegolten worden sind, läßt sich nämlich nicht feststellen. Im übrigen bestünde im
Hinblick auf das Alter des xxxkanals, der im Bereich des Grundstücks des Klägers
spätestens in den Jahren zwischen 1910 und 1920 angelegt worden ist, in den
Jahren 1983 bis 1985 auch keine Veranlassung mehr, in Ansehung ersparter
Aufwendungen der Stadt für eine städtische Kanalisationsanlage eine
Gebührenminderung vorzusehen.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Revision war nicht
zuzulassen, weil die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht
vorliegen.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">
</p>
|
315,109 | ag-solingen-1990-05-23-15-c-6189 | {
"id": 733,
"name": "Amtsgericht Solingen",
"slug": "ag-solingen",
"city": 493,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 15 C 61/89 | 1990-05-23T00:00:00 | 2019-03-13T14:46:32 | 2022-10-18T15:09:05 | Urteil | ECLI:DE:AGSG:1990:0523.15C61.89.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Es wird festgestellt:</p>
<p>Der Beklagte ist der Erzeuger des Klägers.</p>
<p>Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Tatbestand</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger wurde am geboren. Der Kläger wurde am als eheliches Kind der Zeugin und des Zeugen geboren, deren Ehe im August 1955 geschieden worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Im erhob der Zeuge wegen Anfechtung der Ehelichkeit vor dem Amtsgericht Wuppertal – 63 C 17/88 – Klage gegen den jetzigen Kläger und beantragte festzustellen, daß der Kläger nicht von ihm abstamme. Das Amtsgericht stellte am nach Einholung eines Blutgruppengutachtens des Sachverständigen sodann die Nichtehelichkeit des Klägers fest. Dieses Urteil ist seit dem 20.06.1989 rechtskräftig.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger behauptet: Er und der Zeuge hätten im erstmals von der Zeugin an deren Krankenbett erfahren, daß der Zeuge nicht der leibliche Vater des Klägers sei; daraufhin habe der Zeuge die Ehelichkeit wirksam angefochten; er sei von dem Zeugen , seinem Scheinvater, mit dem Anfechtungsprozeß überraschend überzogen worden; sein leiblicher Vater sei, wie er nun wisse, der Beklagte; offensichtlich wisse der Beklagte auch um seine Vaterschaft; der Beklagte sehe ihm auch ähnlich aus; der Beklagte habe seiner Mutter in der Empfängniszeit als einziger Mann beigewohnt.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">festzustellen, daß der Beklagte sein Erzeuger ist.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte behauptet: Der Zeuge habe das Urteil des Amtsgerichts Wuppertal erschlichen, indem er wahrheitswidrig ausgesagt habe, von der Nichtehelichkeit des Klägers erst im erfahren zu haben; der Zeuge habe die Nichtehelichkeit in Wahrheit bereits bei der Geburt des Klägers gekannt; er sei immer wieder darauf angesprochen, ja deshalb gehänselt worden; er sei jedoch nicht der Erzeuger des Klägers; er habe der Zeugin während der Empfängniszeit auch nicht beigewohnt; hingegen habe die Zeugin damals in regem Maße Beziehungen zu anderen Männern unterhalten, unter anderem zu einem und einem , die indes beide schon verstorben seien.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte ist der Auffassung: Die Klage sei unzulässig, da bereits die Klage des Zeugen wegen Versäumung der Anfechtungsfrist unzulässig gewesen sei und das Amtsgericht die Nichtehelichkeit des Klägers nicht mehr hätte feststellen dürfen; gegen die Klage stehe ihm die Einrede der arglistigen Herbeiführung des vorangegangenen Gestaltungsurteils nach § 826 zu; folglich dürfte die Vaterschaft des Beklagten nicht festgestellt werden. </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Das Gericht hat Beweis erhoben. Es hat die Zeugen und vernommen. Es hat bei dem Sachverständigen ein Blutgruppengutachten eingeholt. Schließlich hat das Gericht die Akten 63 C 17/88 AG Wuppertal beigezogen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist zulässig und begründet.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Insbesondere das Feststellungsinteresse des Klägers ist zu bejahen; sein Recht auf Feststellung seiner blutsmäßigen Abstammung ist ein auch verfassungsrechtlich geschütztes Recht. Eine Klagefrist ist nicht verstrichen. Für eine Klage nach § 1600 n BGB bestehen keine Fristen. Der Kläger hat die Klage auch kurz nach Rechtskraft des Gestaltungsurteils und somit beizeiten eingereicht.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Klage kann auch nicht die Einrede entgegengesetzt werden, das die Klage erst ermöglichende Gestaltungsurteil des Amtsgerichts Wuppertal vom 10.05.1988 sei arglistig erschlichen worden. Eine solche Einrede ist richtigerweise nicht zulässig. Mit einer solchen Darlegung kann bei entsprechender Substantiierung des Vorbringens lediglich ein Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB begründet werden. Auch aus dem vom Beklagten zitierten Urteil des BGH vom 19.06.1964, abgedruckt in NJW 1964, 1672/1673, folgt nicht, daß die arglistige Herbeiführung eines Urteils im Wege der Einrede geltend gemacht werden kann. Zudem scheidet eine solche Einrede auch deshalb aus, weil der insoweit darlegungspflichtige Beklagte eine arglistige Urteilserschleichung, wie sie Voraussetzung ist für einen Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB, nicht substantiiert vorgetragen. Der Beklagte hat lediglich die Kenntnis des Zeugen von der Nichtehelichkeit vorgetragen. Darüber hinaus hat der Beklagte jedoch keinerlei Arglist oder schädigende Absicht des Betroffenen dargelegt. Anhaltspunkte für eine Erschleichung des Urteils, um den Beklagten in sittenwidrigerweise zu schädigen oder auszunutzen, sind nicht dargelegt worden. </p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die auf §§ 1600 n, a und o BGB gestützte Klage ist auch begründet. </p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist das Gericht von der Vaterschaft des Beklagten voll überzeugt. Nach dem eingeholten Gutachten des Sachverständigen ist die Vaterschaft zu 99,9 % wahrscheinlich. Das Gutachten des Sachverständigen ist überzeugend. Bei diesem hohen Wahrscheinlichkeitsgrad ist die Vaterschaft als erwiesen anzusehen. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte für eine Nichtvaterschaft des Beklagten, denen nachzugehen wäre. Soweit der beweispflichtige Kläger Mehrverkehr der Zeugin während der Empfängniszeit vorgetragen hat, ist er beweisfällig geblieben.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">§ 93 ZPO, der den Grundsatz des § 91 ZPO einschränkt, kommt hier nicht zur Anwendung.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Streitwert: 4.000,-- DM.</p>
|
315,110 | olgk-1990-05-22-4-uf-1990 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 4 UF 19/90 | 1990-05-22T00:00:00 | 2019-03-13T14:46:33 | 2022-10-18T15:09:04 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1990:0522.4UF19.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Antragstellerin und die Anschlußberufung des Antragsgegners wird das am 8. Januar 1990 verkündete Urteil des Amtsgerichts Waldbröl (Az.: 3 F 240/88) aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung - auch über die Entscheidung außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens - an das Amtsgericht Waldbröl - Familiengericht - zurückverwiesen.</p>
<p>Von der Erhebung von Gerichtskosten für die Berufungsinstanz wird gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG abgesehen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>T a t b e s t a n d :</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks"><b><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :</u></b></p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Auf die zulässigen Rechtsmittel der Parteien war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache gemäß § 539 ZPO an das Familiengericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Wenn einem Scheidungsantrag zu Unrecht vor der Entscheidung über eine Folgesache stattgegeben wird, schafft dies eine selbständige Beschwer, der mit Rechtsmitteln gegen das Scheidungsurteil begegnet werden kann (vgl. BGH FamRZ 1984, 254, 25 m. w. N.).</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Das angefochtene Urteil, durch das die Ehe der Parteien geschieden, der Versorgungsausgleich und das Sorgerecht geregelt worden ist, ohne gleichzeitig über die anhängigen Folgesachen auf nachehelichen Unterhalt und Zugewinnausgeleich zu entscheiden, beruht auf einem wesentlichen Verfahrensmangel. Das Verfahren des Amtsgerichts ist durch § 628 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht gedeckt. Das Amtsgericht hat sich überprüfbar mit den Voraussetzungen für eine Abtrennung nach dieser Vorschrift nicht auseinandergesetzt. Hiernach darf dem Scheidungsantrag vor Regelung</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">der Folgesachen nur in bestimmten Fällen, die als Ausnahme zu betrachten sind, entsprochen werden. Dies erfordert der Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung, weil sonst der mit der Einführung des Verfahrensverbundes erstrebte Erfolg nicht</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">zu erreichen wäre, nämlich den Eheleuten bereits während des Scheidungsverfahrens vor Augen zu führen, welche tatsächlichen Auswirkungen ihre Trennung</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">mit sich bringt. Der Verfahrensverbund soll den sozial schwächeren Ehepartner oder demjenigen, der sich der Ehescheidung selbst nach der Neuregelung der Scheidungsvoraussetzungen nicht mehr mit Erfolg widersetzen kann, schützen und davor bewahren, daß ein Scheidungsausspruch ohne die Regelung der Rechte und deren Sicherstellung ergeht. Die Parteien sollen sich nach der Ehescheidung nicht</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">noch jahrelang mit Rechtsstreitigkeiten über die wirtschaftlichen Folgen der Eheschließung befassen müssen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">§ 628 Abs. 1 Nr. 3 ZPO verlangt zunächst, daß eine gleichzeitige Entscheidung über die Folgesache den Scheidungsausspruch außergewöhnlich verzögern würde.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Für eine solch außergewöhnliche Verzögerung fehlt es hier bereits am erforderlichen Zeitmoment, wie der Senat bereits in seiner prozeßleitenden Verfügung vom 11.04.1990 dargelegt hat. Dabei ist nicht auf den Eingang des Scheidungsantrages der Antragstellerin am 17.11.1988 abzustellen, vielmehr frühestens auf den Zeitraum Mai 1989 nach Ablauf des Trennungsjahres (vgl. OLG Frankfurt, FamRZ 1981, 579; Thomas-Putzo, ZPO, 14. AufI., § 628 Anm. 3). Ein erster Termin hätte dann nicht vor Ende 1989 stattfinden können unter Berücksichtigung der Auskunftsdauer der Versicherungsträger zum Versorgungsausgleich von regelmäßig ca. 3 Monaten, weil die Einreichung des Scheidungsantrags vor Ablauf des Trennungsjahres (Trennung Mai 1988) gesetzwidrig und mithin unzulässig war. Gerechnet ab dem Zeitpunkt des Ablaufs des Trennungsjahres bis zur Entscheidung im angefochtenen Urteil vom 08.01.1990 war erst gut ein halbes Jahr vergangen, also eine wesentlich kürzere Zeit als der Durchschnitt der meisten Scheidungsverfahren, der nach einer von Walter (JZ 1982, 835) mitgeteilten statistischen Erhebung bei über 90 % aller mit Urteil endenden Verbundverfahren etwa 2 Jahre beträgt. Daß die Antragstellerin selbst den Scheidungsantrag vor Ablauf des Trennungsjahres erhoben hat, ist in diesem Zusammenhang unerheblich, da die Zulässigkeit einer Vorabentscheidung nach § 628 ZPO in gleicher Weise wie die Einhaltung des Trennungsjahres nicht zur Disposition der Parteien steht (vgl. OLG Hamm, Rechtspfleger 1984, 15; Zöller-Philippi, ZPO, 15. AufI., § 628 Rdn. 9).</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Eine andere Beurteilung rechtfertigt sich auch nicht aus der Stellung des Antrages auf Zugewinnausgleich, der bereits am 31.07.1989 beim Familiengericht eingegangen und gut 2 Monate nach Ablauf des Trennungsjahres offensichtlich nicht verzögerlich gestellt worden ist. Es fehlen hinreichende Anhaltspunkte dafür, daß zum Zeitpunkt des angefochtenen Urteils eine Entscheidung über die Folgesache Zugewinnausgleich eine über das dargestellte normale Maß hinaus außergewöhnliche Verfahrensdauer zu erwarten stünde. Ebenso ist nicht erkennbar, welche Hindernisse bestanden und bestehen, über die Unterhaltsanträge zusammen mit dem Scheidungsausspruch zu befinden.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Für die weitere Voraussetzung des § 628 Abs. 1 Nr. 3 ZPO dahingehend, daß die durch die Entscheidung über die Folgesachen bedingte Verzögerung auch unter</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Berücksichtigung der Bedeutung dieser Folgesachen eine unzumutbare Härte darstellen würden, fehlt es gänzlich an hinreichenden Anhaltspunkten. Auch die Parteien haben erkennbar, wie sich aus ihrem zweitinstanzlichen Sachvortrag ergibt, keine</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">beachtlichen Interessen an einer Ehescheidung vor der Regelung ihrer güterrechtlichen und unterhaltsrechtlichen Ansprüche. Das Amtsgericht hat infolgedessen</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">derartige Interessen einer der Parteien auch weder angeführt noch anführen können.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Da das angefochtene Urteil auf diesem Verfahrensmangel beruht, war es aufzuheben und die Sache gemäß § 539 ZPO zur erneuten Verhandlung und Entscheidung</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">an das Familiengericht zurückzuverweisen. Eine Entscheidung des Senats über die Folgesachen auf Unterhalt und Zugewinnausgleich war nicht möglich, weil eine rechtsmittelfähige Entscheidung insoweit fehlt. Sie wäre auch nicht sachdienlich, da</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">sie den Parteien eine Tatsacheninstanz nehmen würde (§ 540 ZPO).</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Berufungsverfahren hat der Senat gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG abgesehen, da solche Kosten bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens war dem erstinstanzlichen Schlußurteil vorzubehalten.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Streitwert der Berufung: 17.226,60 DM</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">(Ehesache: 9.600,00 DM; Sorgerecht: 1.500,00 DM, Versorgungsausgleich: 6.126,60 DM)</p>
|
315,111 | lg-dusseldorf-1990-05-18-21-s-35489 | {
"id": 808,
"name": "Landgericht Düsseldorf",
"slug": "lg-dusseldorf",
"city": 413,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 21 S 354/89 | 1990-05-18T00:00:00 | 2019-03-13T14:46:35 | 2022-10-18T15:09:04 | Urteil | ECLI:DE:LGD:1990:0518.21S354.89.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Beklagten gegen das am</p>
<p>16. Juni 1989 erkündete Urteil des Amtsgerichts -44 C 443/89 - wird zurückgewiesen. </p>
<p></p>
<p>Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. </p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="h2 absatzLinks">E n t s c h e i du n g s g r ü n d e : </p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet. </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist zur Rückzahlung der restlichen Kaution in </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Höhe von 717,49 DM verpflichtet. </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Kautionsrückzahlungsanspruch ist nicht durch Aufrechnung </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">der Beklagten mit einer Schadenersatzforderung wegen der </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">"durch Einbruch oder Einbruchsversuch" beschädigten Wohnungs­</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">eingangstür der ehemaligen Wohnung der Klägerin erloschen.• </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat zutreffend ausgeführt, daß § 9 Ziffer 9, </p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Abs. 3 des Mietvertrages, nach dem die Klägerin verpflichtet </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">sein sollte, sich u.a. gegen Schäden durch Einbruch oder Ein­</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">bruchsversuch zu versichern, nach §§ 3,9 AGBG unwirksam ist. </p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte kann daher eine Schadenersatzforderung nicht </p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">daraus herleiten, daß die Klägerin eine entsprechende Versicherung </p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">nicht abgeschlossen hat. </p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Zutreffend ist das Amtsgericht davon ausgegangen, daß es sich </p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">bei der streitigen Klausel um eine überraschende Klausel i.S.d., </p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">§ 3 AGBG handelt. </p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Zwar ist allgemein üblich, dem Mieter in Formularverträgen weit­</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">gehende Instandhaltungs-und Instandsetzungspflichten unab­hängig vom Verschulden aufzuerlegen. Eine solche Regelung ent­</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">hält der Mietvertrag unter § 8. Daß dem Mieter darüberhinaus </p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">auferlegt wird, sich gegen Schäden, für die er nach dem Gesetz </p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">nicht einzustehen hat, zu versichern, ist nicht allgemein ge­</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">bräuchlich. Hinzukommt, daß sich die Klausel unter der Überschrift </p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">"Ausbesserungen und bauliche Veränderungen" befindet. Unter dieser Oberschrift erwartet man keine Regelung über Ver­sicherungspflichten des Mieters gegen Schäden an Wohnungs­einrichtungsgegenständen. Eine derartige Versicherungspflicht wäre allenfalls unter § 8 Instandhaltung und Instandsetzung der Mieträume" des Mietvertrages zu erwarten. Dort sind SChadenersatzpf11chten des Mieters bzgl. Einrichtungen des Mietobjektes geregelt. </p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die Voraussetzungen des § 3 AGBG sind auch nach Auffassung der Kammer gegeben. </p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Darüberhinaus sind Regelungen, die dem Mieter eine umfassende Schadenersatzpflicht für beschädigte Einrichtungsgegenstände, unabhängig von seinem Verschulden, auferlegen - um eine solche handelt es sich hier bei dem Einstehen der Klägerin für Schäden im Zusammenhang mit einem Einbruch oder Einbruchsversuch ­nach § 9 AGBG unwirksam (vgl. dazu BGH WM 1989, 324). Daran würde auch die Tatsache, daß der Vermieter sich gegen solche Schäden nicht versichern kann, wie die Beklagte meint. nichts ändern. Wird dem Vermieter zwar keine unmittelbare Schadenersatzpflicht für derartige Schäden auferlegt, sondern die Verpflichtung, sich gegen derartige Schäden zu versichern, so führt dies im Ergebnis doch zu einer umfassenden Einstandspflicht des Mieter für nicht verschuldete Schäden an Wohnungseinrichtungsgegenständen. Dies kann aber nach Auffassung der Kammer nicht anders bewertet werden, als die dem Mieter durch Formularklausel auferlegte Schadenersatzpflicht für Schäden durch Einbruch oder Einbruchversuch, die ohne Zweifel nach § 9 AGBG unwirksam wäre. </p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 97 ZPQ zurückzuweisen. </p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Streitwert für das Berufungsverfahren: 717,49 DM </p>
<span class="absatzRechts">30</span><ol class="absatzLinks" type="A"><li>B. C.</li></ol>
|
315,112 | ovgnrw-1990-05-17-2-a-50088 | {
"id": 823,
"name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen",
"slug": "ovgnrw",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": null
} | 2 A 500/88 | 1990-05-17T00:00:00 | 2019-03-13T14:46:36 | 2022-10-18T15:09:04 | Urteil | ECLI:DE:OVGNRW:1990:0517.2A500.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Das angefochtene Urteil wird teilweise geändert.</p>
<p>Der Heranziehungsbescheid des Beklagten vom 22. November 1984 in der Fassung des</p>
<p>Widerspruchsbescheides vom 3. Dezember 1986 wird nur insoweit aufgehoben, als er den Betrag von 1.261,42 DM übersteigt.</p>
<p>Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p>Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen der Kläger zu vier Siebteln und der Beklagte zu drei Siebteln.</p>
<p>Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Schuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Gläubiger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.</p>
<p>Die Revision wird nicht zugelassen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><table class="absatzLinks" cellpadding="0" cellspacing="0"><tbody><tr><td></td><td></td><td></td></tr>
</tbody>
</table>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Tatbestand:</span></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zu einem Straßenbaubeitrag für den Ausbau des nördlichen Gehweges, der Beleuchtung und der Entwässerung in einem Teil der Straße H</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Gemarkung F     Flur              , Flurstück              , H.              , das mit einem Wohnhaus bebaut ist und an die Südseite der Straße H              grenzt.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Straße H              wurde Ende der 30er Jahre ausgebaut. Zu diesem Zeitpunkt erhielt sie beidseitige Gehwege mit Hochbordsteinen. Außerdem wurden sie mit einer wassergebundenen Decke versehen, die jedoch im Laufe der Zeit durch starken Graswuchs völlig zerstört wurde. Im Jahre 1972 wurden im Zuge des Ausbaus der Kreuzung der Straße H              mit der K              beide Gehwege der Straße H              bis vor die Gebäude Nr. 92 und Nr. 95 (alsojeweils auf einer Länge von 35 bis 40 m) mit einer Asphaltdecke auf einem Unterbau versehen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Ende der 70er Jahre baute der Beklagte den nördlichen Gehweg der H              zwischen der Straße I              und der Kreuzung mit der K aus. Gleichzeitig wurde die Beleuchtung erneuert und die Entwässerung verbessert. Für den Ausbau wurden Straßenbaubeiträge erhoben.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Im Jahre 1979 beschloß der Rat der Stadt F              , die Straßen In der W              und H              zwischen K              und dem HauseNr. 121 mit einer Kanalisation zu versehen. Gleichzeitig sollte eine Wasserleitung gelegt werden. Dies wurde zum Anlaß genommen, gleichzeitig den nördlichen Gehweg der Straße H              zwischen der Kreuzung mit der K              und dem Haus Nr. 121 in der vorhandenen Breite auszubauen. Außerdem sollten neue Sinkkästen angeschlossen und die Beleuchtung erneuert und die Zahl der Leuchten vermehrt werden. Die Arbeiten wurden in den Jahren 1981 und 1982 durchge- führt. Der Gehweg erhielt eine 10 cm starke Sauberkeitsschicht, auf. die eine 15 cm starke Frostschutzschicht aufgebracht wurde. Auf dieser wurde in einem 3 cm starken Sandbett Betonverbund- pflaster in einer Stärke von 6 cm verlegt. Es wurden neue Betonhochbordsteine gesetzt und die Entwässerungsrinne erneuert. Die drei vorhandenen Straßeneinläufe wurden verlegt und 11 neue Straßeneinläufe geschaffen. Die drei vorhandenen Überspannleuchten mit einer Leuchtkraft von je 80 W wurden durch 13 neue Leuchten mit je 2 x 125 W ersetzt. Die Abnahme der Arbeiten erfolgte im Mai 1982.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Straße H              zweigt von der nordsüdlich verlaufenden 0              Straße nach Osten ab. Sie verläuft zunächst durch land‑wirtschaftlich genutztes Gebiet. Nach etwa 200 m zweigt nach Norden die Straße I              ab. An dieser Einmündung beginnt auf der nördlichen Straßenseite der Straße H              eine im wesentlichen durchgehende Bebauung, die sich bis zur etwa 900 m entfernt liegenden Kreuzung mit der K              (Q  weg/A   )erstreckt.. Auf der südlichen Straßenseite stehen nur wenige Gebäude. Eine im wesentlichen durchgehende Bebauung mit Wohngebäuden beginnt erst etwa 130 m vor der Kreuzung mit der K</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die die Straße H              kreuzende K              weist südlich der Kreuzung (A              im wesentlichen durchgehendeBebauung auf. Diese erstreckt sich nicht nur entlang der östlichen und der westlichen Seite der Straße A              , sondernweitet sich durch mehrere nach Osten und Westen abzweigende Querstraßen zu einem größeren Siedlungsgebiet aus. Dieses Siedlungsgebiet, in dem eine Kirche und ein Sportplatz liegen, endet etwa 400 m südlich der Kreuzung mit der Straße H              , Der nach Norden abzweigende Teil der K              (Q              weg) ist außer im Kreuzungsbereich mit der Straße H              nur mit wenigen jeweils100 - .150 m auseinanderliegenden Gebäuden bebaut.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der nach Osten anschließende Teil der Straße H              zwischen der Kreuzung mit der K              und der nächsten Kreuzung mit den Straßen In der W              /St              weg weist eine Länge von etwa 200 mauf. Auf der südlichen Straßenseite befand sich im Jahre 1982 etwa 25 m von der Kreuzung mit der K              das Haus Nr. 95. An diesesschloß sich nach etwa 40 m das Haus Nr. 99, ein Kindergarten, an. Auf diesen folgte ein Spielplatz mit einer Straßenfront von etwa 20 m. Entlang der Straße folgte dann eine etwa 60 m lange Freifläche bis zum Hause Nr. 107, dessen Rohbauabnahme am 18. März 1982 und dessen Schlußabnahme am 17. November 1983 erfolgte. In diesem Bereich befanden sich lediglich etwa 25 m südlich von der Straße H              und etwa 20 m östlich des Kindergartens dasFeuerwehrgerätehaus und ein kleines Nebengebäude. Östlich des Gebäudes Nr. 107 bestand wiederum eine etwa 20 m lange Freifläche bis zur Einmündung des St              weges. Für den südlich der Straße H              , östlich der Straße auf dem K              und westlich des St              weges liegenden Bereich gilt der Bebauungsplan Nr. 15 der Stadt F              "H              -Ost, Abschnitt Nord". Dieser istam 15. Dezember 1982 ortsüblich bekannt gemacht worden.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><table class="absatzLinks" cellpadding="0" cellspacing="0"><tbody><tr><td></td>
<td></td>
</tr>
</tbody>
</table>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Nordseite der Straße H              zwischen der K              (Q              weg) und der Straße In der W              wies im Jahre 1982 drei Gebäude‑komplexe auf. Das Haus Nr. 92 lag in einem Abstand von etwa 25 m von der Kreuzung H              / K              . Zwischen diesem und dem östlichfolgenden Komplex Nr. 96 und Nr. 98 bestand eine Freifläche von etwa 50 m. An das Haus Nr. 98 schloß sich eine Freifläche von etwa 30 m Länge an bis zum Hause Nr. 100. Zwischen diesem und der Kreuzung H              mit dem Straßenzug In der W              /St              weglag wiederum eine Freifläche von etwa 40 m. Der sich nördlich an diese Gebäude anschließende Bereich war im Jahre 1982 nicht bebaut. Die nächste Bebauung konzentrierte sich entlang der Straße In der W              und lag etwa 100 m weiter nördlich. Die zwischen den an der Nordseite der Straße H              liegenden Freiflächen wurden ebenso wie die anschließenden nördlichen Freiflächen landwirtschaftlich genutzt.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Von der Kreuzung In der W              /St              weg erstreckt sich die Straße H              auf weitere 300 m nach Osten. Hier standen aufder südlichen Straßenseite im Jahre 1982 drei Gebäude, nämlich die Häuser Nr. 111, Nr. 119 und Nr. 121, Zwischen der Kreuzung In der W              /weg und dem Gebäude Nr. 111 lag eine Freifläche vonetwa 25 m. Die an dieses Gebäude anschließende Freifläche bis zu dem Gebäude Nr. 119 betrug 195 m und die Freifläche zwischen den Gebäuden Nr. 119 und Nr. 121 weitere 20 m. Der südlich dieser Gebäude liegende Bereich wies lediglich Streubebauung auf. An der Nordseite der Straße H              befand sich östlich der Kreuzung In der W              /St              weg eine etwa 130 m lange Freifläche bis zumHause Nr. 112. An dieses schlossen sich in geringen Abständen die Häuser Nr. 112 a, Nr. 114 und 116 an. Ab dem Gebäude Nr. 116 folgte wiederum eine etwa 85 m lange nicht bebaute Strecke bis zu einem Wirtschaftsgebäude gegenüber dem Hause Nr. 121. Östlich dieser beiden Gebäude zweigt die Straße H              im rechtenWinkel nach Süden ab, wo sie im weiteren Verlauf an einigen verstreut liegenden Gebäuden vorbeiführt. Im Bereich des nach Norden abzweigenden Feldweges fehlt dagegen jede Bebauung.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">In seiner Sitzung vom 7. Dezember 1983 beschloß der Rat derStadt F              für den Abschnitt der Straße H              von der Einmündung des Q              weges bis zur Kreuzung beim Hause H        (H              121) den Aufwand für die im Jahre 1982 durchgeführtenstraßenbaulichen Maßnahmen gesondert zu ermitteln und auf die durch diesen Abschnitt erschlossenen Grundstücke zu verteilen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Durch Bescheid vom 22. November 1984 zog der Beklagte den Kläger für den Ausbau der Gehwege, der Entwässerung und der Straßenbeleuchtung in dem Abschnitt zwischen C              weg und Hausnummer 121zu einem Straßenbaubeitrag in Höhe von 2.283,49 DM heran. Dabei ging er davon aus, daß das Grundstück zweigeschossig bebaubar sei. Der hiergegen eingelegte Widerspruch des Klägers blieb ohne Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Zur Begründung seiner beim Verwaltungsgericht erhobenen Klage hat der Kläger im wesentlichen ausgeführt, daß sein Grundstück durch die Arbeiten keinen Wertzuwachs erhalten habe. Mit Ausnahme der Beleuchtung sei lediglich der frühere Zustand wiederhergestellt worden, der vor den Kanalbaumaßnahmen bestanden habe.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">den Heranziehungsbescheid vom 22. November 1984 und den Widerspruchsbescheid vom 3. Dezember 1986 aufzuheben.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Er hat sich im wesentlichen darauf berufen, daß die Heranziehung rechtmäßig sei: Das Grundstück des Klägers liege im Bebauungsplangebiet Nr. 15 des Bebauungsplanes "H              - Ost, Ab‑schnitt Nord". Der Gehwegausbau an der gegenüberliegenden Straßenseite biete diesem bebaubaren Grundstück die gleichen wirtschaftlichen Vorteile wie den gegenüberliegenden Grundstücken, da der Gehweg in gleicher Weise in Anspruch genommen werden könne.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Durch das angefochtene Urteil, auf dessen Begründung Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben. Es hat im wesentlichen ausgeführt, daß das Grundstück des Klägers zwar grundsätzlich beitragspflichtig sei, weil es im Bereich eines Bebauungsplanes liege und deshalb baulich nutzbar sei. Der Anteil der Beitragspflichtigen am Aufwand sei jedoch nicht wirksam geregelt. Denn die generelle Regelung in der Beitragssatzung sei im vorliegenden Fall nicht anwendbar, weil die Straße H</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">lediglich die Grundstücke an der südlichen Straßenseite im Bereich zwischen A              und St              weg erschließe, währenddie anderen Grundstücke im Außenbereich lägen und nicht erschlossen seien. Für den Fall der nur einseitigen Erschließung von Grundstücken enthalte die Beitragssatzung jedoch keine ausreichende Regelung des Gemeindeanteils. Deshalb sei zur Zeit eine ausreichende Rechtsgrundlage für die Heranziehung nicht vorhanden.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Mit der dagegen eingelegten Berufung begehrt der Beklagte die Abweisung der Klage. Er führt im wesentlichen aus; Zu Recht habe sich das Verwaltungsgericht auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Erschließungsbeitragsrecht gestützt, wonach Außenbereichsgrundstücke nicht erschlossen seien, da für sie eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht festgesetzt sei und diese auch nach der Verkehrsauffassung nicht Bauland seien. Diese Grundsätze seien jedoch nicht auf das Straßenbaubeitragsrecht gemäß § 8 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen - KAG - übertragbar. Denn nach § 8 Abs. 1 Satz 2 KAG sollten Straßenbaubeiträge erhoben werden, soweit nicht das Bundesbaugesetz eingreife. Dies bedeute, daß für Außenbereichsgrundstücke, die nicht erschließungsbeitragspflichtig seien, demnach Straßenbau-. beiträge gemäß § 8 KAG erhoben werden könnten. Denn im Gegensatz zum Erschließungsbeitragsrecht sei Anknüpfungspunkt für § 8 KAG die Ausbaulast der Gemeinde, die weiter gehe als deren Erschließungslast.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Darüber hinaus befänden sich alle Grundstücke, die an die Straße H              im Bereich zwischen der Kreuzung der K              unddem Grundstück Nr. 121 lägen, im Innenbereich. Der Bereich der Straße H              zwischen der Kreuzung der K              und dem Straßenzug In der W              /St              weg sei auf beiden Straßenseiten alsInnenbereich anzusehen, da die Grundstücke trotz einiger Baulücken überwiegend bebaut seien. Auch die Fortsetzung der Straße H in Richtung Osten sei Teil des Innenbereichs. Im Norden seien von acht Baugrundstücken vier bebaut, im Süden von fünf Grundstücken drei. Außerdem sei auf einem dieser Grundstücke im Jahre 1985/86 ein weiteres Gebäude errichtet worden.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die Ansicht, daß dieser Bereich insgesamt zum Innenbereich gehöre, werde auch durch die vom Kreis U              aufgestellte und vomRegierungspräsidenten im Jahre 1981 bestätigte Abgrenzungskarte bestärkt, aus der sich die Geltungsbereiche der rechtsverbindlichen Bebauungspläne, der mit Billigung und Offenlegung vom Rat beschlossenen Bebauungspläne und der im Zusammenhang bebauten Ortsteile gemäß § 34 des Bundesbaugesetzes ergäben. Diese Karte weise zwar den Bereich der Straße H              zwischen der Kreuzung In der t              /St              weg und dem Hause Nr. 121 nicht als im Zu‑sammenhang bebauten Ortsteil aus. Aus ihr ergebe sich aber, daß östlich des Grundstücks Nr. 119 zwei weitere bebaute Grundstücke lägen, so daß auch dieses Grundstück dem Innenbereich zuzurechnen sei. Außerdem weise der Flächennutzungsplan vom 2. Juni 1961, der im Jahre 1968 genehmigt worden sei, daß Grundstück Nr. 119 als Wohnbaufläche aus. Dieser Plan habe bis zum Dezember 1982, also auch im Zeitpunkt der Abnahme der Baumaßnahmen, gegolten. Erst am 15. Dezember 1982 habe der neue Flächennutzungsplan Gültigkeit erlangt, der für diesen Bereich zunächst keine Wohnbaufläche ausgewiesen habe.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Der Kläger weist vor allem darauf hin, daß der Bebauungsplan Nr. 15 "H              - Ost, Abschnitt Nord" erst am 15. Dezember1982, also nach Abnahme der Bauarbeiten, in Kraft getreten sei. Bis dahin habe sein Grundstück im Außenbereich gelegen und sei deshalb im Zeitpunkt der Entstehung der Beitragspflicht nicht von der Straße H              erschlossen worden.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten im übrigen wird auf den Inhalt der Verfahrensakten und der vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Entscheidungsgründe:</span></p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung hat teilweise Erfolg. Das angefochtene Urteil ist teilweise zu ändern und die Klage insoweit abzuweisen, als der Beklagte vom Kläger einen Betrag in Höhe von 1.261,42 DM fordert. Denn in Höhe dieses Betrages ist der Heranziehungsbescheid des Beklagten vom 22. November 1984 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 3. Dezember 1986 rechtmäßig. Nur hinsichtlich des darüber hinaus gehenden Betrages von 1.022,07 DM ist der Bescheid rechtswidrig und verletzt insoweit den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO -).</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Rechtsgrundlage für die Heranziehung des Klägers zu einem Straßenbaubeitrag ist die Satzung über die Erhebung von Beiträgen nach § 8 KAG für straßenbauliche Maßnahmen der Stadt F              vom7. März 1984 - BS 84 -. Diese Satzung ist gemäß ihrem § 10 rückwirkend zum 1. Januar 1976 in Kraft getreten. Sie erreicht damit den Zeitpunkt der Entstehung der Beitragspflicht für den Ausbau der Straße H              , und zwar unabhängig davon, ob die Bei‑tragspflicht bereits mit der Beendigung der Baumaßnahme im Mai 1982 oder erst mit der Fassung des Abschnittsbildungsbeschlusses durch den Rat der Stadt F              vom 7. Dezember 1983 entstan‑den ist (worauf aber in anderem Zusammenhang noch einzugehen sein wird).</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Allerdings kommt diese Satzung nicht alleine als Rechtsgrundlage für die Heranziehung in Betracht. Vielmehr ist hinsichtlich des Beitragstatbestandes zum Teil auf die Satzung über die Erhebung von Beiträgen nach § 8 KAG für straßenbauliche Maßnahmen der Stadt F              vom 17. Dezember 1975 in der Fassung der 1. Än‑derungssatzung vom 21. Dezember 1978 - BS 1975 - zurückzugreifen. Denn § 1 der BS 1984 ist nur hinsichtlich der Regelung der beitragsfähigen Maßnahmen (Herstellung, Erneuerung, Anschaffung und Verbesserung) zu Recht rückwirkend in Kraft getreten. Dagegen durfte der in der Beitragssatzung 1975 verwandte Erschließungsanlagenbegriff nicht rückwirkend durch den Anlagenbegriff des § 8 Abs. 2 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen - KAG - ersetzt werden.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Nach ständiger Rechtsprechung ist der rückwirkende Erlaß von Rechtsnormen, also auch von Satzungen, zulässig, wenn eine nichtige oder entgegen höherrangigem Recht lückenhafte Regelung durch eine rechtmäßige Bestimmung ersetzt wird.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Vgl. Bundesverfassungsgericht - BVerfG-, Beschluß vom 24. Juli 1957 - 1 BvL 23, 52 -, BVerfGE 7, 89 (93 f) und Beschluß vom 14. Mai 1986- 2 BvL 2/83 -,BVerfGE 72, 201 (260); BVerwG, Urteil vom 15. April 1983 - 8 C 170.81 -, BVerwGE 67, 129  = KStZ 1983, 205.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Die Hervorhebung der unter rechtlichen Gesichtspunkten lückenhaften Regelung als weiterer Rechtfertigung für eine rückwirkende Satzungsänderung ist nicht etwa deshalb überflüssig, weil Satzungsregelungen, die mit höherrangigem Recht nicht vereinbar sind, ohnehin immer nichtig wären. Der Senat hat die Verteilungsregelung einer Straßenbaubeitragssatzung, die nicht allen Beitragsfällen in der Gemeinde gerecht wird, nicht schlechthin für nichtig erachtet. Er ist vielmehr von einer regionalen Teilbarkeit der Gültigkeit der Verteilungsregelung ausgegangen.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Vgl. die Urteile des Senats vom 21. April 1975 - II A 769/72 -, OVGE 31, 58 (61 f) = KStZ 1975, 217 (218) und vom 7. September 1976 - II A 41/75 -, KStZ 1977, 95 (96 f) = DWW 1977, 210 (212).</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat ferner eine zu niedrige Festsetzung von Beitragsoder Gebührensätzen (Nichtbeachtung des Aufwand- oder Kostendeckungsgebots) nicht als unwirksam angesehen.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Vgl. das Senatsurteil vom 6. Februar 1986 - 2 A 3373/83 - (insoweit n.v.) und Beschluß vom 8. Januar 1990 - 2 B 2950/89 -.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Eine zu niedrige Festsetzung des Abgabensatzes kann nicht zur Folge haben, daß überhaupt keine Abgabe erhoben werden kann (was aber die Folge der Nichtigkeit wäre). Ebenso kann auch eine gesetzwidrig lückenhafte Satzungsregelung, also eine Regelung, die nicht alle Fälle erfaßt, die sie nach dem Gesetz erfassen müßte, nicht nichtig sein mit der Folge, daß eine Abgabe überhaupt nicht erhoben werden könnte. Wohl aber ist eine derart lückenhafte Regelung einer nichtigen Regelung hinsichtlich des Vertrauensschutzes gleichzustellen. Es kann nach dem Rechtsstaatsprinzip kein schutzwürdiges Vertrauen darauf bestehen, daß der Ortsgesetzgeber nicht rückwirkend die gesetzwidrige Lücke ausfüllt.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Diese Einschränkung des Vertrauensschutzes ist aber nur gerechtfertigt, soweit der Satzungsmangel behoben werden muß. Dagegen darf der Ortsgesetzgeber die Ausfüllung einer gesetzwidrigen Lücke ebensowenig wie die Ersetzung einer nichtigen Bestimmung durch eine gültige zum Anlaß nehmen, auch solche Regelungen zu Ungunsten der Abgabenpflichtigen zu ändern, die als solche rechtmäßig, also weder nichtig noch gesetzwidrig lückenhaft sind. Denn mit der rückwirkenden nachteiligen Änderung rechtmäßiger Bestimmungen brauchen die Abgabenpflichtigen auch dann nicht zu rechnen, wenn andere Regelungen derselben Satzung nichtig oder gesetzwidrig lückenhaft sind. Höherbelastungen infolge rückwirkender Änderung rechtmäßiger Bestimmungen sind für sie nicht vorhersehbar.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Urteil vom 7. April 1989 - 8 C 83.87 -,  NVwZ 1990, 168 f = DVBl 1989, 678 ff = BayVBl 1989, 697 ff = HSGZ 1989, 267 ff; Urteil des Senats vom 7. September 1987 - 2 A 993/85 -, Gemht 1988, 162.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Daraus ergeben sich für das rückwirkende Inkrafttreten des § 1 der Beitragssatzung 1984 folgende Konsequenzen:</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Die Neuformulierung der beitragsfähigen Maßnahmen in Anpassung an den Wortlaut des § 8 Abs. 2 KAG ist nicht zu beanstanden, da die Regelung in § 1 BS 1975, die nur die Herstellung, Erweiterung und die Erneuerung bei nachhaltiger Verbesserung enthielt, gesetzwidrig lückenhaft war. Nach § 8 Abs. 1 Satz 2 iVm Abs. 2 Satz 1 KAG sollen bei den dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen, Wegen und Plätzen Beiträge auch für deren Verbesserung erhoben werden. Die Soll-Vorschrift nötigt die Gemeinden dazu, in der Regel Beiträge (auch) für die Verbesserung von öffentlichen Straßen zu erheben (falls die sonstigen Voraussetzungen vorliegen); sie gewährt den Gemeinden insoweit nur einen sehr engen Ermessensspielraum.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Vgl. zur Soll-Vorschrift des § 8 Abs. 1 Satz 2 KAG OVG NW, Urteil vom 23. August1985 - 15 A 1904/84 -, OVGE 38, 146, (150) = NVwZ 1985, 853 ff. = StGR 1986, 24.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Die generelle Beschränkung der Beitragserhebung für die Verbesserung auf die Fälle, in denen zugleich eine Erneuerung vorliegt, überschreitet diesen engen Spielraum. Die Unterlagen über das Zustandekommen der Satzung enthalten auch keine Anhaltspunkte dafür, daß das Tatbestandsmerkmal der Verbesserung aus Gründen nicht aufgenommen worden ist, die ein Abweichen von der Verpflichtung der Gemeinde zur Erhebung von Straßenbaubeiträgen ausnahmsweise gerechtfertigt hätten. Die durch die Beschränkung entstandene gesetzwidrige Lücke konnte rückwirkend in der Weise ausgefüllt werden, wie dies in § 1 BS 1984 geschehen ist.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Etwas anderes gilt dagegen hinsichtlich der in § 1 BS 1984 ebenfalls erfolgten Einführung des Anlagenbegriffs gemäß § 8</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Abs. 2 Satz 1 KAG anstelle des in § 1 BS 1975 verwandten Erschließungsanlagenbegriffs. Die rückwirkende Ersetzung des Erschließungsanlagenbegriffs durch den weiteren Anlagenbegriff widerspricht dem Rechtsstaatsprinzip, weil die Regelung des § 1 BS 1975 in dieser Hinsicht weder nichtig noch gesetzwidrig lückenhaft war und weil die Änderung des Gegenstandes der beitragsfähigen Ausbaumaßnahme zu bisher nicht vorhandenen Belastungen der Beitragspflichtigen führen kann, die für diese nicht vorhersehbar waren.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Nach ständiger Rechtsprechung des Senats handelt es sich bei dem Begriff "Anlage" im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 1 KAG um einen eigenständigen Begriff; die "Anlage" ist nicht ohne weiteres mit einer "Erschließungsanlage" im Sinne des § 127 Abs. 2 des Bundesbaugesetzes - BBauG - identisch. Vielmehr ist eine Anlage in diesem Sinne alles, was im Bereich der öffentlichen Straßen, Wege und Plätze Gegenstand einer Maßnahme nach § 8 Abs. 2 Satz 1 KAG sein kann, und was nach Maßgabe des Bauprogramms im Einzelfall hergestellt oder verbessert werden soll.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Vgl. Urteile des Senats vom 24. Oktober 1986 - 2 A 840/84 -, Gemht 1987, 265 f und vom 29. April 1987 - 2 A 2/85 -.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Kraft ausdrücklicher Satzungsbestimmung kann der Begriff der "Anlage" auch mit einer Erschließungsanlage identisch sein. Dies hat der Senat in ständiger Rechtsprechung für zulässig erachtet. Daran ist festzuhalten.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Allerdings bedeutet dies, daß nur die zum Anbau bestimmten Straßen, Wege und Plätze (§ 127 Abs. 2 Nr. 1 BBauG) Gegenstand einer beitragsfähigen Maßnahme sein können. Dazu gehören - was gerade im vorliegenden Fall Bedeutung gewinnt - nicht die öffentlichen Straßen, die über längere Strecken durch den Außenbereich führen.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Vgl. Bundesverwaltungsgericht - BVerwG -, Beschluß vom 23. November 1982 - 8 B 126.82 -, KStZ 1983, 31, Urteil vom 29. April 1977 - IV C 1.75 -, BVerwGE 52, 364 (366 f) und Urteil vom 20. September 1974 - IV C 70/72 -, NJW 1975, 323 und Urteil vom 20. September 1974 - IV C 70.72 -, NJW 1975, 323.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Dies kann dazu führen, daß eine Beitragspflicht für Grundstücke im Außenbereich, deren zulässige Nutzung durch den Ausbau der öffentlichen Straße gefördert wird, nicht entsteht. Bei Zugrundelegung des weiteren Anlagebegriffs wäre dagegen eine Beitragserhebung für solche Grundstücke grundsätzlich - bei entsprechender Gestaltung der Satzung im übrigen - möglich.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Vgl. Urteil des Senats vom 15. März 1989 - 2 A 962/86 -, Gemht 1989, 285 f = NWVBL 1989, 407 f.</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Daraus folgt aber nicht, daß die Zugrundelegung des Erschließungsanlagenbegriffs wegen der sich daraus für die Gemeinde ergebenden Beschränkung der Beitragserhebung gegen das Beitragserhebungsgebot des § 8 Abs. 1 Satz 2 KAG verstößt. Entgegen der Auffassung des Beklagten nötigt diese Soll-Vorschrift nicht zu einer Erhebung von Straßenbaubeiträgen für öffentliche Straßen im Außenbereich.</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Auch wenn man davon ausgeht, daß sich das Beitragserhebungsgebot grundsätzlich auch auf die nicht zum Anbau bestimmten - öffentlichen - Straßen bezieht, liegt es jedenfalls im Rahmen des von der Soll-Vorschrift gewährten engen Ermessensspielraumes, für die nicht zum Anbau bestimmten öffentlichen Straßen auf eine Beitragserhebung generell zu verzichten. Hierfür spricht vor allem der Umstand, daß eine zunächst nicht zum Anbau bestimmte Straße durch Änderung der bauplanungsrechtlichen Gegebenheiten (Bebauungsplan, Ausdehnung der Bebauung) zu einer Erschließungsanlage i.S. des § 127 Abs. 2 Nr. 1 BBauG werden kann und in einem solchen Falle nach den Vorschriften des Erschließungsbeitragsrechts zu behandeln ist.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 21. Oktober 1968 - IV C 94.67 -, ZMR 1969, 187, vom 31. Januar 1969 - IV C 47.67 -, ZMR 1969, 248 und vom 27. September 1982 - 8 C 145.81 -, KStZ 1983, 95 (98).</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Dies allein rechtfertigt es schon, auf eine Erhebung von landesrechtlichen Straßenbaubeiträgen zu verzichten, die ja gerade nach der Vorschrift des § 8 Abs. 1 Satz 2 KAG bei gleichem Gegenstand gegenüber der Erhebung von Erschließungsbeiträgen nachrangig ist. Hinzu kommt, daß es im Außenbereich im allgemeinen schwieriger als im Innenbereich sein wird, wirtschaftliche Vorteile der Grundstückseigentümer festzustellen und zu bemessen, denen gegenüber dem wirtschaftlichen Vorteil der Allgemeinheit eine nennenswerte Bedeutung zukommt. Daher ist die Beschränkung der Beitragserhebung auf Erschließungsanlagen mit § 8 Abs. 1 Satz 2 KAG vereinbar. Demgemäß liegt auch keine gesetzwidrige Lücke vor, wenn eine Satzung den Erschließungsanlagenbegriff zugrunde legt.</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Unter diesen Umständen ist die rückwirkende Ersetzung des Erschließungsanlagenbegriffs durch den weiteren Anlagenbegriff unzulässig, da sie eine von den Grundstückseigentümern nicht voraussehbare (höhere) Belastung ermöglicht. Straßenbaubeiträge können demnach für den Ausbau der Straße H              nur insoweit erhobenwerden, als es sich hierbei um eine Erschließungsanlage handelt. Maßgebend für die Frage, welchen Umfang die Erschließungsanlage H              aufwies, ist der Monat Mai 1982. Denn damals entstandmit der Abnahme der Bauarbeiten die Beitragspflicht gemäß § 8 Abs. 7 Satz 1 KAG. Dagegen war ein Abschnittsbildungsbeschluß, wie ihn der Rat im Dezember 1983 gefaßt hat, zur Entstehung der Beitragspflicht nicht erforderlich. Denn die Straße H              westlich der Kreuzung mit der K               (Q              weg/A    ) warbereits einige Jahre vorher in gleicher Weise ausgebaut und auch abgerechnet worden. Als restlicher überhaupt abrechenbarer Teil blieb daher nur der 1982 ausgebaute Bereich östlich der K               biszum Haus Nr. 121, wo die Straße endet, da durch die im rechten Winkel abknickende Straßenführung eine andere Verkehrsanlage entsteht. Somit handelte es sich in jedem Falle um den Ausbau des letzten (östlichen) Abschnitts der Erschließungsanlage, der mit der endgültigen Herstellung im Mai 1982 die Beitragspflicht für diesen Abschnitt ohne weiteres entstehen ließ.</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Vgl. zur ähnlichen Situation, wenn aus Rechtsgründen nur ein Abschnitt abrechenbar ist, Urteil des Senats vom 29. November 1989 - 2 A 1419/87 -.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Im Mai 1982 stellte sich nicht der gesamte vom Beklagten ausgebaute Teil der Straße H              zwischen Q              weg/A          und Haus Nr. 121 als eine Erschließungsanlage dar, sondern nur der Abschnitt zwischen Q              weg/A              und der östlichen Grenze des Grundstücks Flur 3, Flurstück 311 (Nr. 98). Nur dieser gut 130 m lange Teil der Straße war zu diesem Zeitpunkt zum Anbau bestimmt. Denn nur dieser Teil erschloß Grundstücke, die nach der Verkehrsauffassung Bauland waren und nach der geordneten baulichen Entwicklung zur Bebauung anstanden (vgl. § 133 Abs. 1 BBauG), weil sie innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils i.S. des § 34 BBauG lagen.</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Die Zuordnung der nördlich und südlich der Straße H     gelegenen Grundstücke in diesem Abschnitt zum im Zusammenhang bebauten Ortsteil folgt aus deren enger Beziehung zum Ortsteil H              . Der Ortsteil H              erstreckt sich vor allem westlich und östlich der Straße A              . Nicht nur dieZahl der in diesem Bereich bebauten Grundstücke sondern auch die Infrastruktur dieses Bereichs, die insbesondere durch Kirche und Sportplatz gekennzeichnet wurde, begründet den Charakter dieses Bereichs als Ortsteil. Die recht dichte Bebauung dieses Ortsteils setzt sich zum einen westlich der Kreuzung Q              weg/A                         mit der Straße H              fort. Insbesondere auf der nördlichen Seite der Straße H              ist die Bebauung geschlos‑sen und stellt sich als Teil des insgesamt bebauten Bereiches dar. Aber auch östlich der Kreuzung Q              weg/A              war<em>die</em> im Jahre 1982 bis zur östlichen Grenze des Flurstücks 311 vorhandene Bebauung noch diesem Ortsteil zurechenbar. Zwar waren die Abstände zwischen den einzelnen Gebäuden etwas größer als im westlichen Bereich der Straße H              . Sie waren aber bis zuröstlichen Grenze des Flurstücks 311 nicht so groß, daß nicht mehr der Eindruck der Zusammengehörigkeit mit dem südlich und westlich liegenden Ortsteil vermittelt worden wäre. Dies gilt sowohl für die südlich der Straße liegende Bebauung als auch für die nördlich liegenden Grundstücke.</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Östlich des Hauses Nr. 98 und des Feuerwehrgerätehauses begann jedoch der Außenbereich. Dies liegt daran, daß der gesamte Bereich auf der Südseite der H , der sich an das Feuerwehrgerätehaus anschloß, noch unbebaut war und als zusammenhängende Außenbereichsfläche wirkte. Bei dieser Beurteilung ist das Haus auf dem Flurstück 475, das sich im maßgeblichen Zeitpunkt im Rohbau befand, außer Betracht zu lassen, da sein Fortbestand (die Schlußabnahme erfolgte im November 1983) noch nicht gesichert war.</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Die damalige Freifläche zwischen dem Feuerwehrgerätehaus und dem St              weg kann auch nicht deshalb als den Bebauungszusammenhang nicht unterbrechende Baulücke angesehen werden, weil sich östlich des St              weges an der Südseite der Straße H            weitere Bebauung anschloß. Abgesehen davon, daß die absolute Breite der Fläche zwischen dem Feuerwehrgerätehaus und dem St               weg mit 90 m eine derartige Betrachtung ausschließt, verbietet sie sich deshalb, weil, wie der Senat in seinem Urteil vom heutigen Tage in dem Verfahren 2 A 507/88 dargelegt hat, es sich bei der östlich des St              weges folgenden Bebauung um Streubebauung handelt, die von dem Bebauungszusammenhang des Ortsteiles H          deutlich abgesetzt war.</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Der Umstand, daß an der Südseite der H              der Bebauungszusammenhang nach Osten hin mit dem Feuerwehrgerätehaus endete, bewirkt zugleich, daß das Haus Nr. 100 auf der Nordseite der H        nicht mehr dem Innenbereich zuzurechnen war. Zwar wurde es von dem davor liegenden Haus Nr. 98 nur durch eine etwa 30 m breite unbebaute Fläche getrennt; dennoch bewirkte diese Freifläche, daß das Haus Nr. 100 den Bebauungszusammenhang an der Nordseite der H              nicht über die Bebauung an der Südseiteder Straße hinaus nach Osten einseitig vorschob. Vielmehr trennte diese Freifläche dieses Haus von dem Bebauungszusammenhang ab. Dieser Eindruck ist dadurch bedingt, daß der die Ortslage H          umgebende Außenbereich eine umfangreiche untereinander mehr oder weniger große Abstände wahrende Streubebauung aufweist, die sich auch um den Kreuzungsbereich H              /I              /St       weg befand. Diese Streubebauung und die durch sie bewirkte Zersiedelung kennzeichneten den Außenbereich im Nordosten der Ortslage H . In einer solchen Umgebung läßt das Vortreten des Außenbereichs an die Südseite der Straße H              östlichdes Feuerwehrgerätehauses das auf der Nordseite der Straße liegende einzelne Haus Nr. 100 bereits als erstes Haus der Streubebauung erscheinen. Bis zum Haus Nr. 98 hingegen vermittelte die Straße H              den Eindruck durchgehender Bebauung. Die hier zwischen der Bebauung liegenden Freiflächen wirkten wegen der beidseitigen Bebauung der Straße lediglich als Baulücken im Innenbereich.</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">Gegenstand von beitragsfähigen Maßnahmen konnte somit nur die Erschließungsanlage H              von der Kreuzung Q              weg/A    bis zur östlichen Grenze des Flurstücks Flur 3, Flurstück 311 sein. In Betracht kommen die Verbesserung von Gehweg, Entwässerung und Beleuchtung. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats liegt eine Verbesserung vor, wenn sich der Zustand der Straße nach dem Ausbau gegenüber dem ursprünglichen Zustand hinsichtlich der räumlichen Ausdehnung, der funktionalen Aufteilung der Flächen oder der Art der Befestigung vorteilhaft unterscheidet.</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Vgl. insbesondere Urteil vom 15. März 1989 - 2 A 1268/85 -, Gemht 1989, 284 f.</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">Das setzt voraus, daß die Anlage unter verkehrstechnischen Gesichtspunkten besser wird als sie vorher war, d.h. daß der Verkehrsablauf auf der neugestalteten Anlage zügiger, geordneter unbehindeter oder reibungsloser abgewickelt werden kann als vorher.</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">In dem gut 130 m langen ausgebauten Abschnitt der H    hat der nördliche Gehweg im überwiegenden Bereich erstmals eine Frostschutzschicht und eine glatte Oberfläche aus Betonpflaster erhalten. Denn der Ende der 30er Jahre angelegte Gehweg hatte keine Frostschutzschicht und lediglich eine wassergebundene Decke. Nur ein knapp 40 m langes Teilstück von der Kreuzung mit der K    (Q              weg/A                   ) bis zum Hause Nr. 92 hatte 1972eine Decke aus Asphaltfeinbeton auf einem Unterbau erhalten. Durch den im Jahre 1982 erfolgten Ausbau ist somit der gesamte Abschnitt erstmals mit einem frostsicheren Unterbau und einer ebenflächigen, festen Decke versehen worden. Sowohl der Einbau der Frostschutzschicht als auch die feste Decke stellen eine Verbesserung dar, da sie eine leichtere Begehbarkeit ermöglichen.</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">Die Entwässerung ist ebenfalls verbessert worden. Die Zahl der Straßeneinläufe ist von einem auf vier erhöht worden. Dadurch wird ein schnelleres Abfließen des Wassers gewährleistet.</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">Auch die Beleuchtung ist verbessert worden, da mehr und stärkere Leuchten aufgestellt worden sind. Statt der vorhandenen zwei Leuchten mit einer Leuchtkraft von je 80 W sind drei Leuchten mit einer Leuchtkraft von je 2 x 125 W aufgestellt worden. Durch die geringeren Abstände zwischen den einzelnen Leuchten und durch deren größere Leuchtkraft wird eine bessere Ausleuchtung der Straße erreicht.</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">Die durch die Baumaßnahmen vorgenommenen Verbesserungen bieten den Grundstückseigentümern der durch die Straße H              im Bereich zwischen Q              weg/A              und der östlichenGrenze des Grundstücks Flur 3, Flurstück 311 erschlossenen Grundstücke wirtschaftliche Vorteile. Denn der durch die Frostschutzschicht weniger reparaturanfällige Gehweg mit seiner ebeneren Oberfläche läßt eine bessere Erreichbarkeit der Grundstücke zu. Das gilt auch für das Grundstück des Klägers, obwohl dieses auf der Südseite der Straße H              liegt, auf der ebenfalls Endeder dreißiger Jahre ein Gehweg angelegt worden ist. Dieser ist aber bis auf das 1972 ausgebaute knapp 40 m lange Teilstück nicht benutzbar, da er völlig mit Gras bewachsen ist. Dies bedeutet, daß auf der Straße H              praktisch nur ein Gehweg, nämlich dernördliche, zur Verfügung steht, der den Anliegern beider Straßenseiten die bessere Erreichbarkeit ihrer Grundstücke ermöglicht. Auch das bessere Abfließen des Niederschlagswassers und die verbesserte Beleuchtung gewährleisten eine sichere und gefahrlosere Erreichbarkeit der angrenzenden Grundstücke. Durch diese Gebrauchsvorteile an der Anlage wird der Gebrauchswert aller erschlossenen Grundstücke - einschließlich das des Klägers - erhöht.</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">Allerdings ist der vom Beklagten geforderte Betrag der Höhe nach zu beanstanden. Denn der Beklagte hat seiner Kostenermittlung den Aufwand für die gesamte Ausbaumaßnahme, also von der Kreuzung Q              weg/A              bis Haus Nr. 121, zu Grunde gelegt. Da Erschließungsanlage und damit beitragspflichtig aber nur der Teil bis zur östlichen Grenze des Grundstücks Flur 3, Flur‑stück 311 ist, kann auch nur der Aufwand für diesen Teil zu Grunde gelegt werden. Nach der vom Beklagten vorgelegten Hilfsberechnung belaufen sich die Kosten für den Gehweg in diesem Bereich auf 18.074,34 DM. Für die Oberflächenentwässerung sind 3.382,75 DM und für die Beleuchtung 2.753,46 DM angefallen. Bedenken gegen die Richtigkeit dieser Ermittlung sind vom Kläger nicht vorgetragen worden und auch sonst nicht ersichtlich.</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Da der Beklagte die Straße H       als Hauptverkehrsstraße eingestuft hat, beläuft sich der Anteil der Anlieger auf 50 % beim Gehweg = 9.037,17 DM und auf jeweils 10 % für Entwässerung = 338,27 DM und Beleuchtung = 275,35 DM.  Insgesamt betragen die umlagefähigen Kosten 9.650,79 DM. Diese sind auf die durch die Ausbaumaßnahme erschlossenen Flächeneinheiten zu verteilen. Diese hat der Beklagte in der von ihm vorgelegten Hilfsberechnung mit 15.950 ermittelt. Diese Berechnung ist, da der Beklagte alle durch die Erschließungsanlage erschlossenen Grundstücke in dem von der <strong>Satzung</strong> vorgegebenen Umfang berücksichtigt hat, nicht zu beanstanden. Daraus errechnet sich ein Beitragssatz je Flächeneinheit von 0,6050 DM/m<sup>2</sup>. Für das Grundstück des Klägers fallen 2.085 Einheiten an. Dies ergibt einen Beitrag von 1.261,42 DM statt des bisher geforderten Betrages von 2.283,49 DM.</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 2, § 173 VwGO iVm § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozeßordnung.</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 nicht gegeben sind.</p>
|
315,113 | lg-dusseldorf-1990-05-15-45-stl-1590 | {
"id": 808,
"name": "Landgericht Düsseldorf",
"slug": "lg-dusseldorf",
"city": 413,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 45 StL 15/90 | 1990-05-15T00:00:00 | 2019-03-13T14:46:38 | 2022-10-18T15:09:04 | Beschluss | ECLI:DE:LGD:1990:0515.45STL15.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der Antrag der Berufsangehörigen auf Aufhebung des Rügebescheides der Steuerberaterkammer Düsseldorf vom 16. Oktober 1989 wird kostenpflichtig als unbegründet zurückgewiesen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"> Gründe:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Durch Bescheid vom 16. Oktober 1989 hat der Vorstand der Steuerberaterkammer Düsseldorf der Antragstellerin eine Rüge gemäß §§ 81, 57 Absatz 2 in Verbindung mit Absatz 4 Nr. 1 StBerG erteilt. Den dagegen gerichteten Einspruch der Antragstellerin hat der Vorstand der Steuerberaterkammer zurückgewiesen. Gegen diesen Bescheid hat die Antragstellerin die Entscheidung des Landgerichts gemäß § 82 Absatz 1 StBerG beantragt. Anlaß der Rüge der Steuerberaterkammer ist die Tatsache, daß die Antragstellerin einen ihrer Mandanten, von dem sie wußte, daß er ein Haus suchte und sich hiervon steuerliche Vorteile versprach, an einen ebenfalls von Ihr steuerlich betreuten Bauunternehmer vermittelte und sich für die Kontaktanbahnung eine Provision von 3.000,-- DM versprechen ließ, die sie auch mit Rechnung einforderte.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Steuerberaterkammer wertet dies als mit dem Beruf eines Steuerberaters schlechthin unvereinbare gewerbliche Maklertätigkeit i.S. von § 57 Absatz 4 Ziffer 1 StBerG. Der Antrag ist zulässig aber nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Dem steht nicht entgegen, daß entgegen der Auffassung der Steuerberaterkammer in dem einmaligen Vermittlungsgeschäft der Berufsangehörigen noch keine gewerbliche Tätigkeit zu sehen ist, weil es an einem selbständigen gleichmäßig fortgesetzten, maßgeblich vom erwerbswirtschaftlichen Streben nach Gewinn bestimmten Handeln ( so Gehre, Steuerberatungsgesetz 1981, § 32 Rn. 8, § 57 Rn. 138) fehlt und außerdem die einmalige Annahme von Provisionen ebenfalls) nicht als gewerbliche Tätigkeit i.S. von §§ 32, 57 Absatz 4 Ziffer 1 StBerG anzusehen ist (Gehre aaO Rn. 139). Die Rüge ist jedoch berechtigt, weil die Antragstellerin i.S. von § 57 Absatz 2 StBerG berufswidrig gehandelt hat. Nach dem Sinn dieser Vorschrift haben sich Steuerberater jeder Tätigkeit zu enthalten, die mit ihrem Beruf oder dem Ansehen des Berufes nicht vereinbar ist. Dazu gehören auch Tätigkeiten, die nicht unter den allgemeinen Gewerbebegriff fallen, also auch ein Handeln, das auf einen Erwerb gerichtet ist und der Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr dient. Die einmalige Annahme von Provisionen ist zwar keine gewerbliche Tätigkeit,- dennoch ist die Annahme von Vorteilen jeder Art z.B. die Provision für ein Vermittlungsgeschäft, wie es die Berufsangehörige gefordert hat, berufswidrig: i.S. von § 57 Absatz 2 StBerG. Denn es widerspricht dem Wesen des steuerberatenden Berufes, das eigene Gewinnstreben in Widerstreit mit den Interessen des Mandanten geraten zu lassen und dadurch die berufliche Entscheidungsfreiheit zu gefährden. Genau diesen Anschein hat das Verhalten der Berufsangehörigen gesetzt und deshalb ist es (schon) gemäß § 57 Absatz 2 StBerG berufswidrig und zu ahndenDen Besonderheiten des vorliegenden Falles hat die Steuerberaterkammer ausreichend Rechnung getragen, in dem eine Rüge erteilt und die Angelegenheit nicht au die General Staatsanwaltschaft abgegeben wurde.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Nach alledem war der Antrag der Berufsangehörigen als unbegründet kostenpflichtig .zurückzuweisen.</p>
|
315,114 | ovgnrw-1990-05-08-8-a-6088 | {
"id": 823,
"name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen",
"slug": "ovgnrw",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": null
} | 8 A 60/88 | 1990-05-08T00:00:00 | 2019-03-13T14:46:39 | 2022-10-18T15:09:04 | Urteil | ECLI:DE:OVGNRW:1990:0508.8A60.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Beklagten wird das angefochtene Urteil geändert.Die Klage wird insgesamt abgewiesen.Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge trägt der Kläger. Gerichtskosten werden nicht erhoben.Die Revision wird nicht zugelassen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Der am                          geborene Kläger begehrt die Bewilligung von Jugendhilfeleistungen für eine Betreuung durch das EREW-Institut in            Ende           nahmen die Eltern des Klägers Kontakt zum schulpsychologischen Dienst der Stadt      auf, da der Kläger in der Schule durch große Unruhe, äußerst aggressives Verhalten, durch Diebstahl und Unterschriftenfälschungen auffällig geworden war. Im September                                     wurde er vom Schulpsychologen untersucht. Dieser führte die Verhaltensweisen des Klägers auf die Erziehung in einem überbehüteten Elternhaus mit hohen Leistungserwartungen zurück. Als Fördermaßnahme wurde eine psycho-therapeutische Betreuung angeraten. Da eine Abschlußbesprechung mit den Eltern nicht zustande kam, wurde ihnen das Ergebnis der Untersuchung im Mai          schriftlich mitgeteilt. Von Mai bis August      ließen sich die Eltern des Klägers von der katholischen Erziehungsberatungsstelle               der Caritas in              beraten. Es fanden sieben Sitzungen statt. Eine dort vorgeschlagene Gruppentherapie konnte wegen personeller Engpässe nicht sofort durchgeführt werden. Auf das an die Eltern gerichtete Angebot, sich bei Schwierigkeiten wieder zu melden, kamen diese nicht zurück.</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom -                                                      wandte sich der Vater des Klägers an das EREW-Institut (Institut für Erziehungstherapie, Rehabilitationsberatung, Eingliederungshilfe, Weiterbildung und Supervision) in                                                               mit der Bitte um erzieherische Hilfe; nachdem der Kläger in der Zeit von August bis September                       acht Mofas und am          aus einer Gärtnerei einen Geldbetrag in Höhe von 2.800,-- DM gestohlen hatte. Kurze Zeit später entwendete der Kläger einen Kleinlaster, den er selbst nach Köln steuerte.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom                                                        beantragte das EREW-Institut bei dem Jugendamt der Stadt                                                                              die Übernahme der Kosten für ein sogenanntes Basis-Gutachten und 24 Sitzungen bestehend aus jeweils 1,5 Therapiestunden. Der Vater des Klägers bat die Stadt                                               mit Schreiben vom um Übernahme eines Teiles der Kosten nach Eu: 6 JWG. Mach Angaben des EREW-Instituts fand in der Zeit vom         eine Betreuung statt, für die das Institut Kosten in Höhe von 1.648,-- DM geltend macht.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Stadtdirektor der Stadt   lehnte die Kostenübernahme durch Bescheid vom 2. Januar und Widerspruchsbescheid vom 18. März 1980 ab. Er blieb bei dieser Ablehnung auch in seinem Bescheid vom 1. Juni 1981 nach Durchführung eines Rechtsstreits vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (- 19 K 1471/80 -), in dem er sich vergleichsweise verpflichtete, das Begehren des Klägers erneut zu bescheiden. Den in dieser Sache gegen den Stadtdirektor der Stadt      anhängigen weiteren Rechtsstreit (- 19 K 4377/81 -) hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf mit Urteil vom 6. November 1987 abgewiesen. Der erkennende Senat hat die dagegen gerichtete Berufung des Klägers mit Urteil vom heutigen Tage (- 8 A 79/88 -) zurückgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Nachdem weitere Straftaten des Klägers bekanntgeworden waren, bemühte sich das örtliche Jugendamt um einen Heimplatz für den Kläger. Diesen sollte nach Rücksprache mit den Eltern das Heim in zur Verfügung stellen. Dieses war nach Mitteilung der Eltern auch von dem wissenschaftlichen Beirat des EREW-Instituts,       <em>, </em>besonders empfohlen worden.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Unter dem 3. November 1979 - eingegangen am 6. November 1979 - beantragten die Eltern des Klägers über das Jugendamt der Stadt beim Beklagten die Gewährung von Freiwilliger Erziehungshilfe. Zur Begründung führten sie aus: Der Kläger habe zwischenzeitlich zwei Pkw entwendet. Sie fühlten sich mit der Erziehung überfordert und beantragten deshalb seine Heimunterbringung. Mit Bescheid vom 13. November 197<sup>.</sup>9 bewilligte das Landesjugendamt des Beklagten Freiwillige Erziehungshilfe. Dem Heim in              erteilte es unter dem 18. Dezember 1979 eine Kostenzusage für die Betreuung des Klägers. Dieser wurde am 1. März 1980 in das Heim aufgenommen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 28. März 1980 legte das örtliche Jugendamt die Antragsunterlagen hinsichtlich der EREW-Betreuung dem Beklagten vor. Hierzu legte es dar, es gehe davon aus, daß das Landesjugendamt ab dem 13. November 1979 im Rahmen der Freiwilligen Erziehungshilfe für diesen Antrag zuständig sei. Der Beklagte teilte daraufhin lediglich dem örtlichen Jugendamt am 28. April 1980 mit, eine Übernahme der Kosten für die Betreuung durch das EREU-Institut komme nicht in Betracht. Er bezog sich zur Begründung auf die ablehnenden Bescheide des örtlichen Jugendamtes und führte weiter aus, es handele sich nicht um Kosten der Freiwilligen Erziehungshilfe, da er die Maßnahme weder veranlaßt noch genehmigt habe.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Aufenthalt des Klägers im                                                                       nahm einen problematischen Verlauf. Der Kläger entwich von dort mehrfach und beging mit anderen jugendlichen Heimbewohnern zahlreiche Straftaten. Dabei erwies er sich als Haupttäter und Initiator vieler Delikte. Sein weiterer Verbleib im Heim wurde wegen seines dissozialen Verhaltens in Frage gestellt. Am 26. August 1980 wurde der Kläger in Untersuchungshaft genommen, die bis zum 10. Dezember 1980 andauerte. Durch Urteil des Amtsgerichts Bergisch-Gladbach vom 10. Dezember 1980 (- 50 Ls 68/80 - 160 Js 1498/80 -) wurde er zu einer Jugendstrafe von einem Jahr verurteilt. Die Vollstreckung der Reststrafe wurde nach Anrechnung der Untersuchungshaft zur Bewährung ausgesetzt. Der Kläger wurde in diesem Verfahren unter anderem wegen Diebstahls in 23 Fällen und wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in vier Fällen verurteilt. In den Gründen führt das Gericht aus:</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">"Ausmaß und Intensität der Straftaten lassen bei             keinen Zweifel daran, daß bei ihm schädliche Neigungen im Sinne von § 17 JGG vorliegen. Zu seinen. Gunsten ist zu berücksichtigen, daß er unter Neurosen leidet und weitgehend geständig war. Außerdem dürfte er im  wegen der dort gegebenen Freizügigkeit fehl am Platze gewesen sein. Auf der anderen Seite hat er eine ganz ungewöhnliche und geradezu erschreckende kriminelle Energie an den Tag gelegt. Nach Überwindung starker Bedenken hat sich das Gericht entschlossen, diese Strafe nach § 21 JGG zur Bewährung auszusetzen. Dies ist nur deshalb vertretbar, weil der Angeklagte durch die Untersuchungshaft stark beeindruckt worden ist und bis auf weiteres im Jugendheim           untergebracht wird, wie ihm auch im Bewährungsbeschluß zur Auflage gemacht wurde."</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Das Gericht folgte damit im Ergebnis dem Gutachten der Diplom‑Psychologin            vom 4. Dezember 1980, die die Unterbringung des Klägers in einer therapeutischen Kleingruppe in einem Heim vorgeschlagen hatte.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Noch am 10. Dezember 1980 wurde der Kläger dann zu Lasten des Landesjugendamtes im Heim  in       aufgenommen. Während dieses Heimaufenthaltes beging der Kläger erneut Straftaten, auch verstieß er immer wieder gegen das ihm vom Heim auferlegte Ausgangsverbot. Die Straftaten beging er überwiegend zusammen mit anderen Heimbewohnern. Am 8. April 1981 wurde der Kläger vom Heim vorzeitig in die Osterferien geschickt, da er nach Auffassung der Heimleitung die anderen Jugendlichen stark gefährdete. Zu einer Rückkehr in das Heim         die ursprünglich für den 26. April 1981 vorgesehen war, kam es nicht mehr. Bereits am 9. April 1981 sprach die Mutter des Klägers beim Jugendamt in              vor und bat um Hilfe und Unterstützung für die Zeit, während der sich der Kläger zu Hause aufhalte. Erwähnt wurde in diesem Zusammenhang auch wiederum eine Betreuung durch. Das Jugendamt nahm daraufhin zum Heim Kontakt auf und vereinbarte, daß die Eltern sich notfalls bei Schwierigkeiten an Mitarbeiter des Heimes wenden könnten. Am 2. Mai 1981 wurde der Kläger auf Veranlassung des Heims zur Abklärung weiterer Einwirkungsmöglichkeiten dem Psychiater vorgestellt. Als Ergebnis der Vorstellung teilte die Psychologin des Jugendwerkes , Frau<br /> dem Beklagten mit, für den Kläger komme nur eine geschlossene Gruppe bzw. ein therapeutisch begleiteter Strafvollzug in Frage. Bei dem Wunsch der Eltern, den Kläger wieder nach Hause zu holen und durch das EREW-Institut betreuen zu lassen, handele es sich um deren private Initiative. Den Erfolg einer Betreuung durch das EREW-Institut halte sie für fraglich. Man habe einen derartigen Versuch den Eltern jedoch nicht ausgeredet, da eine erfolgreiche erzieherische Hilfe für den Kläger die einzige Chance einer Verlängerung der Strafaussetzung sei. Der Direktor des Heimes sah sich daraufhin außerstande, den Kläger in seiner Einrichtung weiterhin zu betreuen. Infolgedessen bemühte sich der Beklagte um einen neuen Heimplatz für den Kläger. Nachdem im Mai 1981 die Aufnahme in ein Heim in Bayern fehlgeschlagen war, erklärte sich das rheinische Landesjugendheim                 am 1. Juli 1981 bereit, den Kläger zum 14. Juli 1981 aufzunehmen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Eltern des Klägers beantragten mit an das Jugendamt der Stadt         gerichtetem Schreiben vom 3. Mai 1981 erneut eine Betreuung des Klägers durch das EREW-Institut im Rahmen der Jugendhilfe. Sie gaben an, daß eine derartige Hilfe als einzigen Weg bezeichnet habe, auf ihren Sohn noch erzieherisch einzuwirken.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Das Jugendamt der Stadt beschied diesen Antrag nicht, leitete ihn vielmehr an das nach seiner Auffassung sachlich zuständige Jugendamt des Beklagten weiter und machte den Eltern des Klägers am 6. Mai 1981 eine entsprechende Mitteilung. Mit Bescheid vom 6. Juli 1981 lehnte der Beklagte die Kostenübernahme für die Betreuung durch das EREW-Institut, die nach Mitteilung des Instituts am 13. Mai 1981 aufgenommen wurde und bis zum 22. September 1981 dauerte, ab. Er führte zur Begründung aus, die vom Institut vorgesehene Gesprächstherapie reiche im Falle des Klägers nicht aus, wie sich aus dem Beratungsgespräch bei ergebe. Beim Kläger lägen erhebliche Verwahrlosungserscheinungen vor, die erkennen ließen, daß er bestimmte Wert- und Normsysteme für sich nicht akzeptiere. Der Kläger sei in einer offenen Einrichtung nicht tragbar. Es sei nicht möglich, lediglich durch Gesprächstherapie eine Verhaltenskorrektur zu erreichen. Einer derartigen Therapie werde nicht zugestimmt. Vielmehr würden die Elterngebeten, ihren Sohn am 14. Juli 1981 zum                                                           zu bringen und die Arbeit des Heimes zu unterstützen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Ein vom Kläger gegen das Jugendamt der Stadt und hilfsweise gegen den Beklagten gerichteter Antrag vom 25. Juni 1981 auf Gewährung einstweiligen verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes hinsichtlich der EREW-Betreuung war erfolglos. Das Verwaltungsgericht lehnte die Anträge durch Beschluß vom 14. September 1981 (- 19 L 817/81 -) ab. Die Beschwerde des Klägers wurde durch Beschluß des erkennenden Senats vom 8. Juni 1982 (- 8 B 1815/81 -) zurückgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Mit der weiteren Heimpflege im                                          waren die Eltern des Klägers nicht einverstanden. Gegenüber dem örtlichen Jugendamt sowie gegenüber dem Beklagten erklärten sie, sie seien zwar für die Fortführung der Freiwilligen Erziehungshilfe, wollten ihren Sohn jedoch nicht wieder ins Heim geben. Sein bisheriger Aufenthalt zu Hause bei gleichzeitiger Betreuung durch das EREW-Institut sei positiv verlaufen. Sie wünschten eine Fortführung dieser Behandlung.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Mit Bescheid vom 17. Juli 1981 stimmte der Beklagte widerruflich der Weitererziehung des Klägers im Haushalt der Eltern gemäß § 69 Abs. 3 Satz 2 JWG bei gleichzeitiger Intensivbetreuung des Klägers durch die offene Erziehungshilfe der öffentlichen Erziehung zu. Mit der Wahrnehmung der Betreuung wurde der Sozialarbeiter                       beim Sozialdienst katholischer Frauen e. V. in beauftragt. Der Beklagte wies in dem Bescheid auf seine Bedenken gegen die getroffene Regelung hin und verband diesen mit den Auflagen, daß der für die Durchführung der offenen Erziehungshilfe zuständige. Sozialarbeiter über eine weitere Therapie durch das EREW-Institut entscheide und Kosten hierfür sowie für eine Elterntherapie nicht übernommen würden.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Gegen diesen Bescheid legten die Eltern des Klägers mit Schreiben vom 15. September 1981 Widerspruch ein, der nicht näher begründet wurde, nachdem bereits der Prozeßbevollmächtigte des Klägers im Erörterungstermin vor dem Verwaltungsgericht am 14. September 1981 im Verfahren - 19 L 817/81 - erklärt hatte, er lege gegen die Auflagen des Bescheides vom 17. Juli 1981 Widerspruch ein. In dem Erörterungstermin erläuterte - sein Therapiekonzept.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Der vom Beklagten mit der Betreuung des Klägers beauftragte Sozialarbeiter - berichtete dem Beklagten am 28. September 1981, nach seiner Auffassung sei eine ambulante Betreuung im Elternhaus nicht durchzuführen. Die Eltern seien hieran vermutlich nur im Hinblick auf eine günstige Beurteilung ihres Sohnes im Strafverfahren interessiert. Nach seinem Eindruck sei vorrangig eine Betreuung durch das EREW-Institut gewünscht, die von der öffentlichen Erziehung nicht beeinflußt werden solle. Dies könne jedoch nicht Aufgabe der öffentlichen Erziehung sein. Seines Erachtens biete nur eine geschlossene Unterbringung die Möglichkeit, den Kläger in geeigneter Weise zu beeinflussen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Im August/September 1981 beging der Kläger weitere Straftaten, unter anderem in Frankreich, wohin er zweimal mit gestohlenen Pkw's entwichen war. Der Kläger wurde aufgrund Haftbefehls vom 30. September 1981 nach seiner Rückführung in das Bundesgebiet am 6. Oktober 1981 erneut in Haft genommen. Der Sozialarbeiter gab daraufhin seinen Betreuungsauftrag zurück. Der Beklagte teilte den Eltern am 22. Oktober 1981 mit, über weitere Maßnahmen im Rahmen der Freiwilligen Erziehungshilfe werde erst nach Abschluß des anhängigen Strafverfahrens entschieden.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks"> </p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Den gegen den Bescheid vom 17. Juli 1981 eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28. Oktober 1981 zurück, da die offene Erziehungshilfe, mit der die Auflagen im Bescheid vom 17. Juli 1981 in Zusammenhang gestanden hätten, beendet sei. Für die Vergangenheit seien die Auflagen gerechtfertigt gewesen, da dem Landesjugendamt die Erziehungslenkung obliege. Dies folge aus § 69 JWG und § 36 AGJWG Nordrhein-Westfalen. Wenn die Auffassung der Eltern von der des Landesjugendamtes abweiche, sei die Freiwillige Erziehungshilfe aufzuheben.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat am 16. November 1981 Klage erhoben. Er ist der Auffassung, die Kosten für die Betreuung durch das EREW-Institut seien bereits deshalb zu übernehmen, weil diese Betreuung dem Elternwillen entsprochen habe. Im Übrigen sei die. Therapie durch das EREW-Institut einer solchen durch öffentliche Einrichtungen zumindest gleichwertig.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">1. den Bescheid vom 17. Juli 1981 abzuändern und den Widerspruchsbescheid vom 28. Oktober 1981 aufzuheben,</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">2. den Direktor des Landschaftsverbandes Rheinland - Landesjugendamt - für verpflichtet zu erklären, den Antrag des Klägers betreffend die Übernahme der durch das EREW-Institut geleisteten Betreuung in der Zeit vom 29. Oktober 1979 bis 2un20. Dezember 1979 und vom 13. Mai 1981 bis zum 22. September 1981 sowie der dadurch entstandenen Kosten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Zur Begründung hat er auf die in seinen angefochtenen Bescheiden zum Ausdruck gekommene Auffassung verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist durch Urteil des Amtsgerichts Mönchengladbach vom 21. Januar 1982 - 7 Ls 14 Js 1733/81 Jug - wegen Diebstahls, Fahren ohne Fahrerlaubnis und Fahrerflucht zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren verurteilt worden. Die freiwillige Erziehungshilfe ist vom Beklagten mit Bescheid vom 19. März 1982 aufgehoben worden. Das gegen den Kläger gerichtete Verfahren - 7 Ls 14 Js 625/83 Jug - wegen Diebstahls wurde durch Beschluß des Amtsgerichts Mönchengladbach vom 16. Februar 1984 nach §.4.7 JGG eingestellt. Durch Urteil desselben Gerichts vom 24. Januar 1985 wurde der Kläger im Verfahren - 7 Ls 14 Js 1488/84 JuG wegen Diebstahls und Fahren ohne Fahrerlaubnis zu einer Jugendstrafe von einem Jahr verurteilt. Durch Urteil desselben Gerichts vom 11. März 1986 wurde der Kläger im Verfahren - 7 Ls 14 Js 176/85 - wegen Vergewaltigung, sexueller Nötigung und Freiheitsberaubung in zwei Fällen, wegen räuberischer Erpressung, schweren Raubes und Bedrohung zu einer Jugendstrafe von sechs Jahren verurteilt. Im Rahmen der 'vorstehenden Jugendstrafverfahren wurde der Kläger wie folgt begutachtet: Unter dem 26. September 1983 erstellte                      ein psychodiagnostisches Gutachten, erstattete unter dem 17. Januar 1984 ein nervenärztliches Gutachten und unter dem 1. August 1985 ein psychiatrisches Gutachten.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Das Verwaltungsgericht hat mit dem angefochtenen Urteil auf die Klage des Klägers den Bescheid des Beklagten vom 17. Juli 1981 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. Oktober 1981 geändert und hat den Beklagten unter Abweisung der weitergehenden Klage verpflichtet, den Antrag des Klägers betreffend die Übernahme der durch das EREW-Institut geleisteten Betreuung in der Zeit vom 17. Juli 1981 bis zum 22. September 1981 sowie der dadurch entstandenen Kosten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt: Für die Zeiträume vom 29. Oktober bis 20. Dezember 1979 und vom 13. Mai bis zum 16. Juli 1981 bestehe ein Anspruch des Klägers auf Betreuung durch das EREW-Institut im Rahmen der vom Beklagten gewährten Freiwilligen Erziehungshilfe und auf Übernahme der Kosten für diese Betreuung durch den Beklagten nicht. Die allein denkbare Anspruchsgrundlage des § 3 Abs. 2 JWG iVm den Vorschriften der §§ 62 ff. JWG über die Gewährung Freiwilliger Erziehungshilfe trage den geltend gemachten Anspruch nicht. Für die Zeit im Oktober und November 1979 vor Beantragung der Freiwilligen Erziehungshilfe ergebe sich das ohne weiteres aus § 63 JWG, wonach das Landesjugendamt Freiwillige Erziehungshilfe nur auf schriftlichen Antrag der Personensorge-berechtigten gewähre. Der Antrag sei wegen der mit der Freiwilligen Erziehungshilfe entstehenden Eingriffsbefugnisse des Landesjugendamtes ausdrücklich auf diese Hilfeart zu richten. Für die Zeiten nach der. Antragstellung sei zunächst ein Anspruch des Klägers nicht gegeben, weil der Beklagte die Betreuung durch das EREW-Institut weder gebilligt noch veranlaßt habe und bis zum 16. Juli 1981 auch nicht verpflichtet gewesen sei, dem Elternwillen insoweit nachzukommen. Offenbleiben könne, welche formellen Anforderungen für die Antragstellung erheblich gewesen seien. Selbst wenn der Elternwille auch hinsichtlich des ersten Betreuungszeitraumes wirksam geäußert worden sei, so komme ihm doch bis zum 16. Juli 1981 keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Seiner Erziehungspflicht innerhalb der Freiwilligen. Erziehungshilfe habe der Beklagte dadurch genügt, daß er innerhalb des von ihm verfolgten Konzeptes der Heimerziehung entweder bemüht gewesen sei, für den Kläger einen Heimplatz zu finden November/Dezember 1979 und Mai/Juni 1981) oder er einen solchen für die nahe Zukunft bereitgestellt habe, für den Kläger aber noch eine kapazitätsbedingte Wartezeit zu überbrücken gewesen sei (Juli 1981). Mit der Gewährung der Freiwilligen Erziehungshilfe erwachse dem Landesjugendamt ein originäres Erziehungsrecht. Dies folge aus den §§ 69 JWG iVm § 36 AGJWG NW. In Ausführung dieses originären Erziehungsrechtes stehe es auch dem Landesjugendamt zu, ein Erziehungskonzept für den jeweiligen Minderjährigen zu entwickeln und zu entscheiden, ob er etwa in einem Heim, in einer besonders geeigneten Pflegefamilie (vgl. § 69 Abs. 3 Satz 1 JWG), oder auch - regelmäßig in einem fortgeschrittenen Stadium - in der eigenen Familie erzogen werden solle. Die Verantwortung und Entscheidungskompetenz, in den grundlegenden Fragen der Erziehung liege bei der Freiwilligen Erziehungshilfe, also in den Händen des Landesjugendamtes. Die Stellung der Personensorgeberechtigten in der Freiwilligen Erziehungshilfe sei demgegenüber schwächer. In Anwendung auf den vorliegenden Fall bedeute das, daß die Entscheidung des Beklagten, den Kläger im Heim erziehen zu lassen, durch. den Wunsch der Eltern, ihren Sohn unter Betreuung durch das EREW-Institut zu Hause zu behalten, weder verdrängt noch ergänzt werden könne. Gewisse Wartezeiten auf einen Heimplatz seien hinzunehmen. Der Beklagte habe sich jedenfalls um eine schnelle Versorgung<sup>-</sup>bemüht. Begründet dagegen sei die Klage für die Zeit vom 17. Juli 1981 an, da der Beklagten mit Bescheid von diesem Tage von seinem Konzept der Heimerziehung abgerückt sei und das Verbleiben des Klägers im Elternhaus gebilligt habe. Insoweit sei der Bescheid bestandskräftig. Von diesem Zeitpunkt an habe die Betreuung durch das EREW-Institut einem nach § 3 Abs. 2 JWG berechtigten Elternwunsch entsprochen. Eine Ausnahme, die ein Abweichen von der Soll-Vorschrift des § 3 Abs. 2 JWG rechtfertige, sei nicht ersichtlich, so daß ein Anspruch des Klägers insoweit zu bejahen sei. Angesichts des Grades der Schädigung des Klägers sei der Beklagte bei Anordnung der häuslichen Erziehung wegen seiner sich aus der Gewährung von Freiwilliger Erziehungshilfe ergebenden Erziehungspflicht gehalten gewesen, dem Kläger eine besonders intensive erzieherische Betreuung zukommen zu lassen. Der vom Beklagten mit der Betreuung beauftragte Sozialarbeiter habe diese nicht geleistet. Demgegenüber habe nach der glaubhaften Aussage der Eltern des Klägers der Mitarbeiter des EREW-Instituts, Herr    , zwei- bis dreimal wöchentlich für die nach ihrer Auffassung nützlichen therapeutischen Gespräche mit dem Kläger zur Verfügung gestanden. Außerdem hätten die Eltern des Klägers auch Kontakt mit dem wissenschaftlichen Beirat des Instituts, gehabt. Es entziehe sich der Sachkunde der Kammer, ob diese Therapie im Rahmen der häuslichen Erziehung die einzig richtige und mögliche gewesen sei oder ob der Beklagte in der Lage gewesen wäre, eine bessere anzubieten. Mangels eines eigenen wirkungsvollen Angebots müßten deshalb die Kosten der auf Wunsch der Eltern durchgeführten Maßnahme - unter Anrechnung der von den Eltern zu erbringenden Kostenbeteiligung - übernommen werden. Ein auf Bewilligung von Eingliederungshilfe, 55 39 ff. BSHG, gerichtetes Begehren könne wegen der Subsidiarität der Sozialhilfe, § 2 Abs. 1 BSHG, nicht zum Erfolg führen. Gegenüber tatsächlich umfassend gewährter Jugendhilfe sei die Eingliederungshilfe subsidiär.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Der Kläger und der Beklagte haben gegen das Urteil rechtzeitig<sub>.</sub> Berufung eingelegt.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Der Kläger bezieht sich auf sein erstinstanzliches Vorbringen und macht geltend: Er habe auch Anspruch auf die Kostenübernahme in der Zeit vom 29. Oktober bis 20. Dezember 1979 und vom 13. Mai bis zum 16. Juli 1981. Dies folge aus § 3 Abs. 2 JWG. Auch insoweit habe der Elternwille Vorrang vor dem Willen des Landesjugendamtes. Jede andere Auslegung sei verfassungswidrig. Gerade in der Zeit vor und zwischen den Heimaufenthalten sei die EREW-Therapie notwendig gewesen. Insoweit seien keine unvertretbaren Mehrkosten angefallen. Aus § 69 Abs. .3 Satz 2 JWG folge, daß sogar eine Fürsorgeerziehung zu Hause erfolgen dürfe. Dies gelte um so mehr für die Freiwillige Erziehungshilfe, die durch das EREW-Institut wirksam unterstützt worden sei. Auch sei mit der Therapie nicht vor Antragstellung begonnen worden. Das Jugendamt habe den Antrag weiterleiten oder ihn - den Kläger - über die Erforderlichkeit der Antragstellung beim Beklagten unterrichten müssen. Der Antrag sei gegen den Beklagten als juristische Person und nicht als Landesjugendamt oder überörtlicher Träger der Sozialhilfe gerichtet. Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht Ansprüche aus den §§ 39 ff., 3 Abs. 2 BSHG nicht geprüft. Diese seien einschlägig, soweit die Klage abgewiesen worden sei.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt sinngemäß,</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">das angefochtene Urteil zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 17. Juli 1981 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Oktober 1981 zu verpflichten, den Antrag des Klägers betreffend die Übernahme der durch das EREW-Institut geleisteten Betreuung in der Zeit vom 28. Oktober 1979 bis 20. Dezember 1979 und vom 13. Mai 1981 bis zum 16. Juli 1981 sowie der dadurch entstandenen Kosten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">die Berufung des Klägers zurückzuweisen,</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage in vollem Umfange abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Er bezieht sich auf sein erstinstanzliches Vorbringen und auf die die teilweise Klageabweisung betreffenden Gründe des angefochtenen Urteils. Des weiteren trägt er vor: Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht angenommen, daß ab dem 17. Juli 1981 dem Elternwillen der Vorzug gebühre. Seit dem 13. November 1979 sei dem Kläger Freiwillige Erziehungshilfe gewährt worden. Dadurch sei' ihm - dem Beklagten - ein öffentliches Erziehungsrecht eingeräumt worden. Hierdurch sei das Erziehungsrecht der Eltern verdrängt, soweit es um die weitere Gestaltung der Erziehung des Klägers gegangen sei. Die Freiwillige Erziehungshilfe sei durch den Bescheid vom 17. Juli 1981 nicht aufgehoben worden. Nach § 69 JWG sei eine Mitwirkung der Eltern bei den zu treffenden Erziehungsmaßnahmen nicht vorgesehen. Ihm sei der Wunsch der Eltern nach der EREW-Therapie bekannt gewesen. Diesem sei er nicht gefolgt, sondern habe die Betreuung durch den Sozialarbeiter - angeordnet. Wenn die Eltern hiermit nicht einverstanden gewesen seien, hätten sie die Aufhebung der Freiwilligen Erziehungshilfe beantragen müssen.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.-</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Verfahrensakte, der weiteren Verfahrensakten 8 A 79/88, 8 B 1815/81 sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge und Strafakten Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Die Berufung des Klägers und die Berufung des Beklagten sind zulässig.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Begründet ist aber nur die Berufung des Beklagten. Dementsprechend ist das angefochtene Urteil unter Zurückweisung der Berufung des Klägers zu ändern.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Klage ist insgesamt unbegründet. Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 17. Juli in der Form des Widerspruchsbescheides vom 28. Oktober 1981 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Kostenübernahme für die durchgeführte EREW-Therapie im Rahmen der Freiwilligen Erziehungshilfe gemäß § 85 Abs. 1 Jugendwohlfahrtsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. April 1977 (Bundesgesetzblatt I Seite 633, berichtigt Seite 795) - JWG - iVm den §§ 62 ff. JWG.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Übernahme der geltend gemachten Kosten durch den Beklagten für die Zeit vom 29. Oktober 1979 bis 20. Dezember 1979 und vom 13. Mai 1981 bis zum 22. September 1981 liegen nämlich nicht vor.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Dies folgt für die Zeit vor der Antragstellung auf Gewährung Freiwilliger Erziehungshilfe vom 29. Oktober bis 5. November 1979 bereits aus der mangelnden Zuständigkeit des Beklagten. Aufgabe des Beklagten als Landesjugendamt ist gem. den §§ 20 Abs. 1 Nr. 6 und 69 Abs. 1 JWG die Ausführung der Freiwilligen Erziehungshilfe. Da es sich bei der Freiwilligen Erziehungshilfe nach den §§ 62 ff. JWG um eine umfassende personale Erziehungshilfe handelt, übernimmt das Landesjugendamt mit der Ausführung eine umfassende Fürsorgepflicht mit der entsprechenden Kostenfolge aus § 85 JWG. Die Kostenträgerschaft des Landesjugendamtes beginnt, sobald dieses gemäß den §§ 62 ff. JWG Freiwillige Erziehungshilfe gewährt.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Diese Voraussetzung war erst am 6. November 1979 erfüllt. Der Beklagt hat dem Kläger mit Bescheid vom 13. November 1979 Freiwillige Erziehungshilfe gewährt. Der Bescheid enthält zwar keine Angaben über den Beginn der Leistung. Bei verständiger Würdigung ist der Bescheid jedoch dahingehend auszulegen, daß die grundsätzliche Leistungspflicht des Landesjugendamtes an dem Tag beginnt, an dem der schriftliche Antrag der Erziehungsberechtigten gestellt worden ist. Da dieser gemäß § 63 Satz 2 JWG an das Jugendamt als gesetzlich beauftragte Stelle zu richten ist, ist der Eingang des Antrags beim Jugendamt maßgeblich für den Beginn der grundsätzlichen Leistungspflicht des Landesjugendamtes im Rahmen der Freiwilligen Erziehungshilfe. Der Antrag der Eltern des Klägers nach § 63 Satz 1 JWG ist am 6. November 1979 beim Jugendamt der Stadt Viersen eingegangen. Somit ist ab diesem Tage die Zuständigkeit des Landesjugendamtes des Beklagten begründet worden.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Demgegenüber war für die übrigen strittigen Zeiträume die Zuständigkeit des Beklagten ab dem 6. November 1979 gegeben. Mit der Gewährung von Freiwilliger Erziehungshilfe erwächst dem Landesjugendamt eine Allzuständigkeit. Daneben ist eine Zuständigkeit des Jugendamtes nach den §§ 4 ff JWG ausgeschlossen. Ab dem 6. November 1979 war somit ausschließlich das Landesjugendamt des Beklagten verpflichtet, für den Kläger alle Leistungen und alle Aufwendungen zu erbringen, die für dessen angemessene Erziehung und Versorgung erforderlich waren. Es hatte zur Sicherstellung der einheitlichen personalen Hilfe auch die Aufgaben zu übernehmen, wie sie bei der örtlichen Erziehungshilfe nach § 6 in Verbindung mit den 55 4 ff. JWG dem Jugendamt obliegen. Entsprechend dem Grundsatz der einheitlichen personalen Hilfe ist das Landesjugendamt auch dann zur Leistung verpflichtet, wenn die Freiwillige Erziehungshilfe in der eigenen Familie des Minderjährigen fortgesetzt wird.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Vgl. Jans/Happe, Jugendwohlfahrtsgesetz, Kommentar, Stand August 1988, § 69 Erläuterung 3 E a, b.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Meinung des Klägers scheidet daher eine Unterbrechung der Allzuständigkeit des Landesjugendamtes des Beklagten für die Zeiten vor, zwischen und nach den Heimaufenthalten des Klägers aus. Die in § 69 Abs. 1 JWG vorgesehene Beteiligung des Jugendamtes an der Freiwilligen Erziehungshilfe durch das Landesjugendamt deckt die Annahme eines zeitweisen Wiederauflebens der Zuständigkeit nach den 55 4 ff. JWG während der Freiwilligen Erziehungshilfe nicht ab. Dies würde - wie ausgeführt - der Einheitlichkeit der personalen Hilfe widersprechen.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks"> </p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Die Zuständigkeit des Beklagten endete erst, als die Freiwillige Erziehungshilfe durch Bescheid vom 19. März 1982 - und damit lange nach dem Abschluß der EREW-Therapie am 22. September 1981 - aufgehoben worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Unbeschadet der Frage der Zuständigkeit hat der Kläger für den gesamten streitbefangenen Zeitraum vom 29. Oktober bis 20. Dezember 1979 und vom 13. Mai bis 22. September 1981 keinen Anspruch auf Übernahme der EREW-Therapiekosten, da hierfür die materiell-rechtlichen Voraussetzungen nicht gegeben sind.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Eine Verpflichtung zur Übernahme der Kosten ergibt sich nicht aus den Vorschriften über die Freiwillige Erziehungshilfe.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Nach § 62 JWG ist einem Minderjährigen, der das 17. Lebensjahr noch nicht vollendet hat und dessen leibliche, geistige oder seelische Entwicklung gefährdet oder geschädigt ist, Freiwillige Erziehungshilfe zu gewähren, wenn diese Maßnahme zur Abwendung der Gefahr oder zur Beseitigung des Schadens geboten ist. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, daß Ende Oktober 1979 - als die EREW-Therapie begann - der Kläger bereits derartig in seiner Entwicklung geschädigt war, daß für ihn die Gewährung Freiwilliger Erziehungshilfe gemäß § 62 JWG geboten war. Mit dem Bundesverwaltungsgericht ist davon auszugehen, daß die Gewährung von Freiwilliger Erziehungshilfe immer dann geboten ist, wenn die Gefährdung oder Schädigung der Entwicklung des Minderjährigen nicht durch Hilfen zur Erziehung nach § 6 Abs. 1 JWG behoben werden kann oder, anders gewendet, wenn wegen eines erheblichen Erziehungsnotstandes die Betreuung des Minderjährigen in einem geordneten Erziehungsmilieu mit normaler erzieherischer Intensität nicht ausreicht und die Erziehung deshalb unterhalb der Stufe der Fürsorgeerziehung unter verstärkter Aufsicht und Betreuung vorgenommen werden muß. Demzufolge ist der erzieherische Bedarf bei der Freiwilligen Erziehungshilfe größer als im Fall des § 6 Abs. 1 JWG, was die Notwendigkeit von Spezialkenntnissen bei den Landesjugendämtern als Ausführungsbehörden erforderlich erscheinen läßt. Ausschlaggebend für die im Einzelfall notwendige Abhilfe sind somit Schwere und Ausmaß der bei Minderjährigen gegebenen Entwicklungsstörung. Der konkrete Erziehungs- und Entwicklungsmangel bestimmt den erzieherischen Bedarf, und von diesem hängt die Erziehungsmaßnahme ab, die nach Art und Inhalt geeignet und erforderlich ist, um dem festgestellten Mangel entgegenzuwirken.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 12. Februar 1987 - 5 C 127.83 -, Fürsorgerechtliche Entscheidungen der Verwaltungs- und Sozialgerichte (FEVS) 36, 441 (444 f.).</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Hieraus folgt nicht, daß im Rahmen der Freiwilligen Erziehungshilfe jedwede Erziehungsmaßnahme geboten und daher zu gewähren ist. Ein Rechtsanspruch besteht nur auf solche Hilfen, die geeignet sind, dem festgestellten Mangel entgegenzuwirken. "Geboten" ist ein unbestimmter Gesetzbegriff, so daß er der vollen verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt.</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Vgl. Jans/Happe, am angegebenen Orte (aa0) § 62 Erläuterung 4 A a.</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, daß die EREW-Therapie mangels Eignung nicht zur Abwendung des beim Kläger vorhandenen Erziehungs- und Entwicklungsmangels geboten war.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Bereits bei der Antragstellung am 24. Oktober 1979 hatte das Erziehungsdefizit ein solches Ausmaß erreicht, daß dem mit der EREW-Therapie nicht mehr wirksam begegnet werden konnte, vielmehr war bereits eine Heimunterbringung erforderlich.</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Schwere und Ausmaß der beim Kläger bis Oktober 1979 eingetretenen Entwicklungsstörung werden durch seine Verhaltensauffälligkeiten bis hin zum Beginn seiner kriminellen Entwicklung dokumentiert: Die Verhaltensauffälligkeiten des Klägers, die die Eltern veranlaßt hatten, 1975 Kontakt zum schulpsychologischen Dienst des Beklagten aufzunehmen und im Jahre 1977 die Erziehungsberatungsstelle der Caritas in aufzusuchen, hatten sich ständig gesteigert. Sie hatten dazu geführt, daß der Kläger nicht zuletzt auf Veranlassung der Erziehungsberechtigten anderer Kinder das Gymnasium verlassen mußte und zum Gymnasium überwechselte. Nachdem sich zunächst die Verhaltensauffälligkeiten wie große Unruhe, aggressives Verhalten gegenüber Mitschülern, kleinere Diebstähle und Unterschriftsfälschungen auf den schulischen Bereich beschränkt hatten, stahl der Kläger nach den Sommerferien 1979 acht Mofas. Einige Zeit später entwendete er einen kleinen Laster, mit dem er von       über     nach               fuhr und dort von der Polizei aufgegriffen wurde. Am 13. Oktober 1979 stahl er aus einer Gärtnerei 2.800,-- DM und versuchte mit diesem Geld unter Vorlage einer gefälschten Einverständniserklärung seines Vaters ein Mofa zu erwerben. Bis Ende Oktober 1979 entwendete er dann noch zwei Personenkraftwagen. Obwohl der Kläger noch keine 14 Jahre alt und damit noch nicht strafmündig war, wurde bei ihm ein sehr starker Hang zu Straftaten deutlich. Hierbei schreckte er auch nicht vor der Gefährdung von Mitmenschen zurück. Sein Verhalten gab begründeten Anlaß zu der Befürchtung, daß er am Beginn einer kriminellen Entwicklung mit der akuten Gefahr ständiger Verschlimmerung stand:</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Die EREW-Therapie war angesichts der Entwicklungsstörung des Klägers auch bereits Ende Oktober 1979 ungeeignet, den erzieherischen Bedarf des Klägers zu decken. Im vorliegenden Falle bedarf es allerdings keiner Entscheidung darüber, ob die EREW-Therapie unter maßgeblicher Federführung von        grundsätzlich geeignet war, eine Erziehungshilfe für einen Minderjährigen darzustellen. Zweifel hieran ergeben sich zum einen aus der Konzeption der Therapie, die nicht zu einem unerheblichen Teil eine Elterntherapie darstellt. Dies hat                    im Erörterungstermin vor dem Verwaltungsgericht am 14. September 1981 unter Bezugnahme auf seine wissenschaftliche Arbeit im Einzelnen dargelegt. Zum anderen ist darauf hinzuweisen, daß     über den Kläger unter dem 26. September 1j83 in dem Strafverfahren 7 Ls/14 Js 625/82 Jug ein sogenanntes psycho-diagnostisches Gutachten erstellt hat. Der Berufsverband Deutscher Psychologen e. V. hat in einem Schreiben vom 28. September 1983 an das Amtsgericht Mönchengladbach darauf hingewiesen, daß          nicht Diplom-Psychologe ist. In dem daraufhin vom Gericht in Auftrag gegebenen nervenärztlichen Gutachten führt der Gutachter Chefarzt der Abteilung Allgemeine Psychiatrie und Neurologie der Rheinischen Landesklinik      unter dem 7. Januar 1984 aus: "Gleichzeitig ist aus gutachtlicher Sicht auf die teilweise grotesk anmutenden Psychologisierungsversuche hinzuweisen, welche von unzulänglich geschulten Personen unternommen worden sind, um die Genese der Straftaten des. Sonnenschein aufzuhellen!".</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Entscheidend ist vielmehr, daß das Erziehungsdefizit des Klägers, wie es sich im Oktober 1979 darstellte, bereits ein solches Ausmaß erreicht hatte, daß ihm - wenn überhaupt - wirksam, nicht mehr mit einer unter Verbleib im Elternhaus durchgeführten ambulanten Therapie, sondern nur noch durch die Erziehung in einem Heim begegnet werden konnte. Dies wird nicht zuletzt dadurch bestätigt, daß die Eltern des Klägers unter dem 3. November 1979 - also unmittelbar nach Beginn der EREW-Therapie - selbst die Heimerziehung beantragten mit der Begründung, sie fühlten sich jetzt mit der Erziehung überfordert und sähen keine Möglichkeit mehr, den Kläger in ihrem Rahmen zu beeinflussen. Ein weiterer Beleg hierfür ist die Aussage der Mutter des Klägers, die diese gegenüber dem Gutachter    gemacht hat. Dieser gibt die Ausführungen der Mutter auf Seite 54 seines Gutachtens vom 17. Januar 1984 wie folgt wieder:</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">"Dann haben wird auf Umwegen von der Existenz von       erfahren. EREW-Institut. Der hatte uns dann eine Mitarbeiterin ins Haus geschickt, weil er auf anderer Basis arbeitet. Die Leute gehen also ins Haus und nehmen dort mit den Beteiligten Kontakt auf. Aber nach kurzen Gesprächen sagte mir die Dame: 'Das sind so schwerwiegende Störungen, muß in eine Behandlung.' Ich sollte zum Jugendamt gehen. Sie wollte uns wohl eine Hilfestellung geben, damit wir mit dem Jungen die Zeit besser überstehen. Wenn sie zu uns nach Hause kam, haben wir anderweitig untergebracht, damit er nicht merkte, daß sie bei uns zu Hause war."</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Hieraus wird deutlich, daß sich nicht nur die Eltern, sondern auch das EREW-Institut darüber im Klaren waren, daß beim Kläger zu diesem Zeitpunkt bereits schwerwiegende Störungen vorlagen, bei denen nur das Jugendamt mit einer Heimunterbringung weiterhelfen konnte. Die Aussage ist auch Beleg für die Elternorientiertheit der EREW-Therapie. Der Senat hat keine Veranlassung, an der Richtigkeit der Wiedergabe der Aussage der Mutter durch den Gutachter zu zweifeln. Hierfür gibt es keine Anhaltspunkte. Vielmehr steht das weitere Verhalten der Eltern des Klägers im Einklang mit dieser Aussage, da diese bereits unter dem 3. November 1979 den schon erwähnten Antrag auf Gewährung der Freiwilligen Erziehungshilfe unterschrieben haben.</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Die weitere Entwicklung des Klägers belegt die Richtigkeit dieser Einschätzung nicht nur für den ersten, sondern insbesondere auch für den zweiten EREW-Therapiezeitraum vom 13. Mai bis 22. September 1981. Von Ende 1979 bis zum Beginn des. zweiten EREW-Therapieabschnittes verfestigte sich die Entwicklungsschädigung des Klägers fortlaufend. Der Heimaufenthalt des Klägers im scheiterte. Der Kläger entwich von dort mehrfach und beging mit anderen jugendlichen Heimbewohnern zahlreiche Straftaten. Daraufhin wurde der Kläger am 26. August 1980 in Untersuchungshaft genommen und am 10. Dezember 1980 zu einer Jugendstrafe von einem Jahr verurteilt. Das Gericht bescheinigte dem Kläger in den Gründen des Urteils schädliche Neigungen im Sinne von § 17 JGG und "eine ganz ungewöhnliche und geradezu erschreckende kriminelle Energie". Die Strafe setzte das Gericht nur deshalb zur Bewährung aus, weil dem Kläger die Auflage gemacht wurde, im Jugendheim                  untergebracht zu werden. Die Diplom-Psychologin      hatte mit Gutachten vom 4. Dezember 1980 die Unterbringung des Klägers in einer therapeutischen Kleingruppe in einem Heim vorgeschlagen. Aber auch der weitere Heimaufenthalt in          scheiterte. Der Kläger beging erneut Straftaten mit anderen Heimbewohnern und wurde am 8. April 1981 frühzeitig in die Osterferien geschickt. Am 2. Mai 1981 wurde der Kläger auf Veranlassung des Heims zur Abklärung weiterer Einwirkungsmöglichkeiten dem Psychiater    vorgestellt. Diese Vorstellung nahmen die Eltern des Klägers zum Anlaß, erneut die Betreuung des Klägers durch das EREW-Institut im Rahmen der Jugendhilfe zu beantragen. Sie gaben an, daß           eine derartige Hilfe als einzigen Weg bezeichnet habe, auf ihren Sohn noch erzieherisch einzuwirken. Der Nachweis hierfür ist jedoch nicht erbracht worden. In einem Schreiben vom 3. Juni 1981 führt    aus: "Es trifft zu, daß ich das Ehepaar         im Auftrage der Einrichtung, in der der Jugendliche in       zuletzt untergebracht war, beraten habe, jedoch habe ich kein Gutachten über den Jungen erstattet und kann Ihnen deshalb auch keine Unterlagen zugänglich machen. Soweit ich die Eltern verstanden habe, deckten sich unsere Vorstellungen über die Auffälligkeiten ihres Sohnes und die notwendigen Maßnahmen jedoch." Als Ergebnis der Vorstellung des Klägers bei teilte die Psychologin des Jugendwerkes, Frau       , dem Beklagten in ihrem Schreiben vom 6. Mai 1981 mit, bei dem Kläger dürften erhebliche Verwahrlosungserscheinungen vorliegen, die erkennen ließen, daß der Jugendliche bestimmte Wert- und Normsysteme für sich nicht akzeptiere. Für den Kläger komme nur eine geschlossene Gruppe bzw. ein therapeutisch begleiteter Strafvollzug in Frage. Bei dem Wunsch der Eltern, den Kläger wieder 41ach Hause zu holen und durch das EREW-Institut betreuen zu lassen, handele es sich um deren private Initiative. Eine erfolgreiche erzieherische Hilfe für den Kläger sei die einzige Chance einer Verlängerung der Strafaussetzung. In Aer Anlage zum Halbjahresbericht für den Kläger führt der Direktor des katholischen Jugendwerkes           unter dem 16. Juni 1981 aus, eine weitere Betreuung des Jugendlichen in einer offenen Einrichtung wie der des sei nicht verantwortbar, zumal eine Verhaltensveränderung mit den dort möglichen pädagogischen Mitteln nicht erreichbar sei. Es komme die Unterbringung in einer geschlossenen Anstalt bzw. ein therapeutisch begleiteter Strafvollzug in Frage. Folgerichtig, bemühte sich das Landesjugendamt in der Folgezeit um einen derartigen Heimpflegeplatz. Das Rheinische Landesjugendheim       erklärte sich dann bereit, den Kläger zum 14. Juli 1981 aufzunehmen. Der Beklagte ist somit zu Recht davon ausgegangen, daß bei dem Kläger zu diesem Zeitpunkt erhebliche Verwahrlosungserscheinungen vorlagen. Eine Gesprächstherapie war zu diesem Zeitpunkt ungeeignet, in irgendeiner Form noch auf den Kläger einzuwirken. Bei seiner Einschätzung ist der Beklagte demzufolge zutreffend davon ausgegangen, daß die EREW-Therapie auch in ihrem zweiten Abschnitt unangemessen war. Dies wird außerdem durch die weitere kriminelle Entwicklung des Klägers belegt. Die EREW-Therapie wurde dadurch beendet, daß der Kläger zweimal nach Frankreich entwich und erhebliche Straftaten beging, die zu seiner  Verhaftung und weiteren Verurteilung führten. Die Unangemessenheit der EREW-Therapie folgt letztlich auch aus dem Gutachten von                      vom 26. September 1983. Dort führt er auf Seite 8 des Gutachtens aus:</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">"Seine auf uns wie "zwanghaft" wirkenden Autodiebstähle erlebt  selbst nicht als Zwang, so daß er selbst unter dem von uns angenommenen Zwang nicht "leidet" - und deshalb auch für uns zur Zeit pädagogisch- bzw. therapieresistent erscheint. Inzwischen ließ er sich auf die therapeutischen Angebote sogenannter lernpsychologischer Therapieverfahren (Verhaltensmodifikationen) nicht ein, die ihm von verschiedenen Institutionen her - auch in der Jugendvollzugsanstalt- angeboten wurden. Das Therapieangebot erfolgte zu einer Zeit, in der noch 14 bis 15 Jahre alt war und noch die therapeutische Hoffnung bestand, die seelisch-geistige Entwicklung dieses Jungen zu fördern und seine Identifikation mit seinem wahren Selbst in Übereinstimmung zu bringen."</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Somit bleibt festzuhalten, daß auch der zweite Therapieabschnitt des EREW-Institutes nicht zu einem angemessenen Ergebnis führte und auch nicht führen konnte, weil zu diesem Zeitpunkt bereits die Voraussetzungen für eine Fürsorgeerziehung des Klägers handgreiflich waren. Daß diese Therapie trotzdem auf Wunsch der Eltern durchgeführt wurde, hat seine Ursache darin, eine weitere Aussetzung der Jugendstrafe erreichen zu wollen.</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">Der Kläger vermag seine Ansprüche auch nicht aus § 6 Abs. 1 JWG abzuleiten. Hiernach sind dem Minderjährigen zwar die notwendigen  Hilfen zur Erziehung zu gewähren. Da die EREW-Therapie angesichts des Erziehungsbedarfs des Klägers ungeeignet war, den festgestellten Mängeln entgegenzuwirken, handelte es sich nicht um eine notwendige Hilfe im Sinne der Vorschrift.</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Vgl. hierzu Urteil des Senats vom 8. Mai 1990 - 8 A 79/88 -.</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte war auch nicht gehalten, gemäß § 3 Abs. 2 JWG dem Elternwunsch nach dieser Therapie zu folgen, weil diese auch unangemessen im Sinne dieser Vorschrift war. Bei dem Begriff der Angemessenheit in der genannten Vorschrift handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Der Begriff der Angemessenheit läßt keine Ermessensentscheidung zu, sondern ist als "Einschätzungsbegriff" unbestimmter Gesetzesbegriff und unterliegt damit der vollen verwaltungsgerichtlichen Überprüfung.</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">Vgl. Jans/Happe, aa0 § 3 Erläuterung 6 C und § 6 Erläuterung 3 B c.</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte mußte somit die Wünsche der Eltern nicht respektieren, da sie zu einem nicht angemessenen Ergebnis führten, weil die EREW-Therapie für den Kläger ungeeignet war.</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Juni 1970 - V C 11.70 -, BVerwGE 35, 287 (289f.).</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">Der Senat folgt insoweit nicht der Argumentation des Verwaltungsgerichts. Dieses stellt fest, daß die EREW-Therapie in der Zeit vom 17. Juli bis 22. September 1981 die einzige war, die nach Einleitung der häuslichen Erziehung durch den Beklagten in nennenswertem zeitlichen Umfang tatsächlich stattfand. Hieraus folgert es, daß der Wunsch der Eltern des Klägers, diese Therapie als Teil der öffentlichen Erziehung durchzuführen, deshalb als angemessen im Sinne von § 3 Abs. 2 JWG angesehen werden müsse. Weder die Feststellung noch die Schlußfolgerung entsprechen jedoch den tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten nach dem Erlaß des Bescheides vom 17. Juli 1981. Richtig ist zwar, daß der Beklagte mit Bescheid vom 17. Juli 1981 widerruflich der Weitererziehung des Klägers im Haushalt der Eltern gemäß § 69 Abs. 3 Satz 2 JWG zugestimmt hat. Hiermit hat der Beklagte lediglich auf die Weigerung der Eltern des Klägers reagiert, diesen im           unterzubringen. Durch diesen Bescheid ist die Freiwillige Erziehungshilfe nicht beendet worden. Dies geschah erst durch Bescheid vom 19. März 1982. Der 3eklagte hat vielmehr in dem Bescheid eine Intensivbetreuung des Klägers durch die offene Erziehungshilfe der öffentlichen Erziehung angeordnet. Diese wurde mit der Kompetenz ausgestattet, über weitere Erziehungsmaßnahmen zu entscheiden. Das Verwaltungsgericht ist auch zu Unrecht davon ausgegangen, daß der Sozialarbeiter           bezüglich des Klägers nicht tätig geworden ist. Der Sozialarbeiter           stellt in seinem Bericht vom 28. September 1981 fest, daß der Kläger - bevor es zu einem ersten Gespräch mit diesem kommen konnte - bereits am 23. August 1981 nach Frankreich entwichen war. Unter Berücksichtigung der Urlaubszeit kann die beabsichtigte Kontaktaufnahme nach Aktenstudium durch den Sozialarbeiter innerhalb eines Monats nicht als unzumutbar bezeichnet werden. Infolgedessen trifft es nicht zu, daß die EREW-Therapie die einzige Hilfe war, die dem Kläger in dem fraglichen Zeitraum zur Verfügung stand. Selbst wenn man dies zugunsten des Klägers als richtig unterstellt, rechtfertigte es - entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts - nicht die Annahme der Angemessenheit der Hilfe. Wollte man dem folgen, so könnte, man damit die Angemessenheit jedweder Hilfe und somit auch die Angemessenheit - wie im vorliegenden Falle - derartiger Hilfen begründen, die angesichts des vorliegenden Schädigungsgrades ungeeignet sind. Dies würde im Ergebnis darauf hinauslaufen, Ungeeignetes als angemessen anzusehen, damit nur irgendeine (Therapie-) Maßnahme ergriffen wird.</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hatte auch keinen Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten Kosten im Rahmen der Eingliederungshilfe nach den §§ 39 und 40 BSHG. Abgesehen davon, daß der Kläger ausdrücklich die Verpflichtung des Beklagten - Landesjugendamt - begehrt hat, kann die Frage, ob der Kläger überhaupt zum Personenkreis des § 39 Abs. 1 BSHG gehört, offenbleiben. Dem Kläger ist wegen des erkannten Erziehungsdefizits Jugendhilfe gewährt worden, und zwar in der Form der Freiwilligen Erziehungshilfe. Die Freiwillige Erziehungshilfe stellt eine typische Maßnahme der Jugendhilfe zur Beseitigung aufgetretener Erziehungsschwierigkeiten dar. Erhält ein Minderjähriger in einer Notlage, die Hilfe zur Erziehung erfordert, diese Hilfe umfassend vom Träger der Jugendhilfe, dann besteht aus demselben Anlaß kein Anspruch auf Sozialhilfe. Diese ist vielmehr nachrangig.</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Februar 1986 - 5 C 23.85 -, FEVS 35, 309 ff. und zum Meinungsstand OVG Saarlouis, Urteil vom 23. Dezember 1987 - 1 R 296/85 -, FEVS 37, 248, 250 f.</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1 und 2, 188 Satz 2 VwGO.</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO hierfür nicht gegeben sind.</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks"> </p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks"> </p>
|
315,115 | olgk-1990-05-03-27-w-1890 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 27 W 18/90 | 1990-05-03T00:00:00 | 2019-03-13T14:46:40 | 2022-10-18T15:09:04 | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1990:0503.27W18.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird deren Ablehnungsgesuch gegen den Sachverständigen Dr. C für begründet erklärt.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">G r ü n d e</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die an sich statthafte (§ 406 Abs. 5 ZPO) und in rechter Form und Frist eingelegte Beschwerde ist zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Ein Sachverständiger kann aus denselben Gründen wie ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, § 406 Abs. 1 ZPO, nämlich wenn aus auch nur subjektiver Sicht einer ruhig und vernünftig denkenden Partei Anlaß zu der Befürchtung besteht, der Sachverständige erstatte sein Gutachten nicht unparteiisch (vgl. Zöller-Stephan, ZP0, 15. Aufl., Rz. 8 zu § 406 ZPO) .</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Anhaltspunkte für ein solches jedenfalls von der Klägerin entwickeltes Mißtrauen gegen den Sachverständigen bieten einige Formulierungen in dem Gutachten, die den Eindruck erwecken, der Sachverständige begegne dem Beklagten mit unverhältnismäßigem Wohlwollen:</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Es beginnt damit, daß der Gutachter dem Beklagten aus der "Häufigkeit, Frequenz und Intensität der bisherigen Betreuung" eine "sorgfältige Handhabung der Behandlung" bescheinigt, obwohl diese Frage mit den Beweisfragen nicht unmittelbar etwas zu tun hat.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Weiter sieht der Sachverständige in der Anfertigung der Gesprächsnotizen über die Telefonate der Parteien vom 16. und 17.02.1989 ein Anzeichen für die Sorgfalt des Beklagten, obwohl sich für den unbefangenen Beobachter aufdrängt, daß diese Gesprächsnotizen durchaus erst angefertigt worden sein können, als dem Beklagten die Behandlung der Klägerin in der Universitätsklinik durch den Anruf ihres Ehemannes beim Beklagten bekannt geworden war, so daß der Beweiswert dieser Notizen durchaus offen ist. Eine Untersuchung der Ausführlichkeit dieser Notizen im Vergleich zu den wesentlich kürzer gehaltenen Behandlungsunterlagen aus früherer Zeit hat der Sachverständige dagegen nicht vorgenommen. Zumindest dies wäre aber Voraussetzung einer vollständigen Würdigung gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Entscheidend für den Befangenheitsvorwurf gegen den Sachverständigen sprechen aber seine Ausführungen zu Punkt 1 b) in der Zusammenfassung auf S. 12 seines Gutachtens (B1. 92 GA). Hier wird die Kernfrage des Gutachtens abgehandelt, wie sich nämlich die arterielle Verletzung im Bereich des Muttermundes der Klägerin erklärt. Wie diese Verletzung eingetreten sein kann, außer daß sie durch den Einsatz der Kugelzange verursacht worden ist, wird mit keinem Wort für den medizinischen Laien einsichtig gemacht. Daß eine Verletzung dieser Art in der medizinischen Literatur nicht beschrieben wird, bietet weder eine Entschuldigung noch eine Erklärung, sondern könnte auch ein Anzeichen dafür sein, daß eine Verletzung bei ordnungsgemäßem Vorgehen nicht auftritt. Vor allem aber ist der Satz des Sachverständigen, "Der Beklagte hat beim Einsetzen des IUP nicht fehlerhaft behandelt, dies läßt sich bereits aus der Art der Verletzung eindeutig schließen" (Bl. 92 d. A.), schlicht unverständlich, denn die Verletzung kann keinesfalls ein Beleg für die Güte und Sorgfalt der Behandlung sein. Auch wenn der Sachverständige gemeint haben sollte, aus der Art der Verletzung lasse sich nicht zwingend auf einen Behandlungsfehler beim Einsetzen der Spirale schließen, so zeigt die fehlerhafte Formulierung, daß der Gutachter wiederum zugunsten des Beklagten seine Ausführungen falsch akzentuiert hat.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die mehrfachen Unklarheiten des Gutachtens in dieser Richtung lassen ein subjektives Mißtrauen der Klägerin in die Unparteilichkeit des Sachverständigen einfühlbar erscheinen. Ihre begründete Ablehnung macht den Weg frei für ein weiteres Gutachten eines anderen Sachverständigen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei (vgl. § 1 GKG), außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten (vgl. Zöller-Schneider, ZPO, 15. Aufl., § 91 Abs. 13: Sachverständigenablehnung).</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Beschwerdewert: 2.000,00 DM.</p>
|
315,116 | ovgnrw-1990-04-26-15-a-46088 | {
"id": 823,
"name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen",
"slug": "ovgnrw",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": null
} | 15 A 460/88 | 1990-04-26T00:00:00 | 2019-03-13T14:46:42 | 2022-10-18T15:09:05 | Urteil | ECLI:DE:OVGNRW:1990:0426.15A460.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Das angefochtene Urteil wird geändert.</p>
<p></p>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.</p>
<p></p>
<p>Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Die Revision wird nicht zugelassen.</p>
<p></p>
<p></p>
<p></p>
<p>
</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"> Tatbestand</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die ehemalige Fraktion der xxx im Rat der Stadt xxx brachte im Fenster ihres im
6. Stockwerk des Rathauses gelegenen Geschäftszimmers die bildliche Darstellung
einer Friedenstaube, weiß auf blauem Grund, mit einem Durchmesser von etwa 20 cm
an. Der Kläger ließ diese Darstellung von einem Bediensteten der Stadtverwaltung
entfernen. Ein deswegen von der Fraktion eingeleitetes Verfahren auf Erlaß einer
einstweiligen Anordnung mit dem Inhalt, dem Kläger ein Betreten des
Fraktionszimmers zu untersagen, wurde einvernehmlich beendet; zuvor hatte der
Kläger versprochen, künftig das Fraktionszimmer nur noch nach schriftlicher
Abmahnung betreten zu lassen (VG Köln 20 L 311/85).</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Nachdem die ehemalige Fraktion der xxx im Fenster ihres inzwischen im 2.
Stockwerk gelegenen Geschäftszimmers erneut eine gleichartige Darstellung
angebracht hatte, verlangte der Kläger vergeblich deren Entfernung. Er hat
daraufhin die vorliegende Leistungsklage erhoben.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Zur Begründung hat er ausgeführt: Der geltend gemachte Anspruch folge aus
seinem Hausrecht sowie seiner Befugnis, für die Einhaltung der parteipolitischen und
weltanschaulichen Neutralität innerhalb der Rathausräume Vorkehrungen zu treffen.
Nr. 4.8 seiner Allgemeinen Dienst- und Geschäftsanweisung enthalte
dementsprechend ein Verbot, die Außenfenster mit Plakaten und ähnlichen
Gegenständen zu versehen. Die Beklagte verschaffe sich ungerechtfertigte
Wettbewerbsvorteile gegenüber anderen im Rat vertretenen Parteien, indem sie mit
der streitigen, von außen sichtbaren Darstellung für die xxx Werbung betreibe.
Dadurch werde der Aufgabenkreis einer Ratsfraktion rechtswidrig
überschritten.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, die in ihrem Fraktionsraum, 2. Etage des Rathauses
in xxx, an dem Außenfenster angebrachte runde bildnerische Darstellung einer
Friedenstaube, weiß auf blauem Grund, Durchmesser ca. 20 cm, zu entfernen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die ehemalige Fraktion der xxx hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Sie hat u.a. geltend gemacht: Nicht dem Kläger, sondern ihr selbst stünden das
alleinige Nutzungsrecht und infolgedessen auch die Sachherrschaft und das
Hausrecht an dem Fraktionszimmer zu. Die Friedenstaube stelle als nicht
parteigebundenes, sondern als allgemeines Symbol für die Hoffnung auf Frieden die
politische und weltanschauliche Neutralität der Verwaltung nicht in Frage. Das
Verlangen des Klägers sei mit ihrer kommunalverfassungsrechtlichen Stellung als
Fraktion ebensowenig zu vereinbaren wie mit Art. 5 Abs. 1 und Art. 21 Abs. 1
GG.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Durch das angefochtene Urteil, auf das Bezug genommen wird, hat das
Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Dagegen hat die ehemalige Fraktion der xxx Berufung eingelegt. Nach der
Kommunalwahl am 1. Oktober 1989 hat sich die jetzige Fraktion der xxx konstituiert
und das Fraktionszimmer ihrer Vorgängerin erhalten. Der Kläger hat darauf erklärt,
daß er die Klage nunmehr gegen die neu konstituierte Fraktion richte.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die jetzige Beklagte bezweifelt die Zulässigkeit der Klage. Im übrigen
wiederholt und vertieft sie ihre erstinstanzlich dargelegten Rechtsstandpunkte.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Sie beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß die jetzige Beklagte zur
Entfernung der streitigen Darstellung verurteilt wird.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der vom
Kläger vorgelegten Unterlagen und der Akte VG Köln 20 L 311/85 Bezug
genommen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Berufung hat Erfolg. Die Klage ist abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Zu Recht ist das Verwaltungsgericht von der Zulässigkeit der Klage
ausgegangen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Das notwendige Rechtsschutzbedürfnis für die hier erhobene Leistungsklage ist
gegeben. Eine einfachere Möglichkeit, seinen Rechtsstandpunkt gegenüber der
Beklagten durchzusetzen, steht dem Kläger nicht zur Verfügung. Insbesondere kann
er keinen Verwaltungsakt erlassen, durch den der Beklagten die Entfernung der
streitigen Darstellung aufgegeben würde.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Vgl. zu dieser Problematik einerseits: Bachof, JZ 1966, 58 (60), und BSG, Urteil
vom 3. September 1986 - 9 a RV 10/85 -, DVBl 1987, 247 (248); andererseits:
BVerwG, Urteil vom 24. November 1966 - II C 27.64 -, BVerwGE 25, 280 (285 f),
sowie OVG NW, Urteile vom 14. Februar 1974 - VI A 755/72 -, DVBl. 1974, 596, und
vom 28. Oktober 1982 - 17 A 470/80 -, DÖV 1983, 428.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Der Kläger tritt der Beklagten als körperschaftsinterner Funktionsträger der
Gemeinde, nicht als für diese handelnder gesetzlicher Vertreter entgegen. Er
beansprucht die innerorganisatorische Kompetenz zur Regelung der Ordnung im
Rathaus und sieht in dem Verhalten der Beklagten eine Verletzung dieser
Kompetenz. Es geht also um ein organisationsinternes Rechtsverhältnis, das mit
dem auf das Außenrecht zugeschnittenen Instrumentarium des Verwaltungsakts
nicht geregelt werden kann. Einer Weisung des Klägers an die Beklagte würde es an
der für den Verwaltungsakt begriffsnotwendigen unmittelbaren Rechtswirkung nach
außen (§ 35 Satz 1 VwVfG) fehlen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Vgl. auch BayVGH, Urteil vom 29. Juli 1987 - Nr. 4 B 86.01352 -, BayVBl. 1988,
16; ferner Urteil des Senats vom 1. September 1989 - 15 A 2584/86 -, GewArch
1990, 26.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Eine solche Weisung könnte der Kläger auch nicht aufgrund seiner beamten-
und arbeitsrechtlichen Direktionsbefugnis (§ 54 Abs. 2 Satz 2 GO, § 58 Abs. 2 LBG, §
8 Abs. 2 Satz 1 BAT) durchsetzen.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Vgl. zu deren Vorrang gegenüber der Inanspruchnahme der
Verwaltungsgerichte Urteil des Senats vom 8. Dezember 1989 - 15 A 2532/86 -
.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Denn es liegt keine dienstrechtliche Subordination, sondern ein Verhältnis
prinzipieller Gleichordnung zwischen den Beteiligten vor, die organisationsrechtlich
mit selbständig auszuübenden Kompetenzen ausgestattet sind.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Der in der Berufungsinstanz vom Kläger erklärte Parteiwechsel auf der
Beklagtenseite stellt die Zulässigkeit der Klage nicht in Frage. Nach der
Rechtsprechung des Senats</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">- vgl. Beschluß vom 27. März 1990 - 15 A 2666/86 - und Urteil vom 29. April
1988 - 15 A 2207/85 -, DVBl. 1989, 164 (insoweit nicht veröffentlicht); ebenso
Hessischer VGH, Beschluß vom 6. April 1987 - 2 TG 912/87 -, NVwZ 1988, 88 (89) -
</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">liegt darin eine Klageänderung, die als sachdienlich im Sinne von § 91 Abs. 1
VwGO anzusehen, jedenfalls aber aufgrund der ausdrücklichen Einwilligung der
übrigen Beteiligten zulässig ist. Zum selben Ergebnis führt die hauptsächlich in der
Zivilrechtsprechung</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">- vgl. z.B. BGH, Urteil vom 10. November 1980 - II ZR 96/80 -, Lindenmaier-
Möhring § 303 ZPO Nr. 10, und vom 26. Februar 1987 - VII ZR 56/86 -, Lindenmaier-
Möhring § 263 ZPO Nr. 11 -</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">vertretene Auffassung, die im Berufungsverfahren einen Wechsel der Beklagten
grundsätzlich nur mit deren Zustimmung zuläßt. Der Parteiwechsel hat zur Folge,
daß die ehemalige Beklagte aus dem Verfahren ausgeschieden und an deren Stelle
die jetzige Beklagte als Berufungsführerin getreten ist.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24. Januar 1957 - 1 A 17/55 -, AS 5, 382
ff; OLG Frankfurt, Urteil vom 19. Oktober 1976 - 5 U 60/74 -, NJW 1977, 908 (909);
vgl. auch BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1982 - 5 C 119.79 -, BVerwGE 65, 45 (50
ff).</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Die Klage hat aber in der Sache keinen Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Rechtsgrundlage des vom Kläger erhobenen Anspruches können nur das
Hausrecht an dem im Verwaltungsgebrauch stehenden Rathausgebäude oder die
Ordnungsgewalt zur Regelung der verwaltungsinternen Verhältnisse sein. Nach einer
verbreiteten Ansicht soll das Hausrecht Maßnahmen nur gegen außerhalb der
Verwaltung stehende Personen rechtfertigen können, also dann nicht eingesetzt
werden dürfen, wenn es - wie im vorliegenden Fall - um Ordnungsmaßnahmen
gegenüber Funktionsträgern oder Bediensteten der Körperschaft selbst geht. Solche
Maßnahmen sollen sich stattdessen auf die innere Ordnungsgewalt des
Hoheitsträgers gründen.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">So z.B. Knemeyer, DÖV 1970, 596 ff; Ehlers, DÖV 1977, 737 (739); ähnlich
Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl. 1987, S. 320; ferner StGH Baden-
Württemberg, Urteil vom 28. Januar 1988 - Gesch. Reg. 1/87 -, DVBl. 1988,
632.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Ein beachtlicher Teil der Rechtsprechung und des Schrifttums versteht
demgegenüber das Hausrecht in einem umfassenden Sinne mit der Folge, daß die
Anerkennung einer besonderen Ordnungsgewalt nach innen entbehrlich ist.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Vgl. z.B. VGH Baden-Württemberg, Beschluß vom 9. März 1973 - IV 70/73 -, ES
VGH 24, 41; ähnlich BayVGH, Urteil vom 23. Februar 1981 - Nr. 7 B 80 A. 1522 und
1948 -, BayVBl 1981, 657; Beschluß vom 4. Juli 1988 - 7 CE 88.1824 -, WissR 1989,
83; Foerstemann, Vorsitz und Verfahren in der kommunalen
Vertretungskörperschaft, in Handbuch der kommunalen Wissenschaft und Praxis,
Band 2, 2. Aufl. 1982, S. 90 (107); Kottenberg/Rehn/Cronauge, GO NW, 10. Aufl., §
36 Anm. V; Knoke, AöR 94, 388 (398 ff).</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Eine vertiefende Auseinandersetzung mit dieser Kontroverse kann unterbleiben,
weil sie im vorliegenden Fall nur terminologische Bedeutung hätte. Der
Klageanspruch läßt sich im Ergebnis weder aus dem Hausrecht noch aus einer dem
Kläger zugewiesenen betrieblichen Ordnungsgewalt herleiten. Zwar ist die Beklagte
entgegen ihrer Auffassung nicht selbst für die Ausübung der Ordnungsbefugnisse in
ihrem Geschäftszimmer zuständig; vielmehr ist der Kläger der nach dem
kommunalen Organisationsrecht zuständige Kompetenzträger (1). Dessen
Befugnisse haben aber nicht die zur Rechtfertigung des Klageanspruches
notwendige Reichweite (2).</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">(1) Zu der den rechtlichen Ausgangspunkt bildenden Frage enthält die
Gemeindeordnung keine ausdrückliche Regelung. Gleichwohl kann nicht zweifelhaft
sein, daß die Entscheidungsbefugnis über die Aufrechterhaltung der Ordnung in den
im Verwaltungsgebrauch der Gemeinde stehenden Gebäuden organisationsrechtlich
grundsätzlich bei dem Gemeindedirektor als dem Behördenleiter liegt:</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">(a) Das Hausrecht, gleichviel ob es in einem engen oder in einem weiten, auch
die innerbetrieblichen Verhältnisse umfassenden Sinne zu verstehen ist, und ebenso
eine ihm entsprechende körperschaftsinterne Ordnungsgewalt haben dienende
Funktion. Sie sind Voraussetzung dafür, daß die Gemeinde die ihr von der
Rechtsordnung zugewiesenen materiellen Verwaltungsaufgaben sachgemäß erfüllen
kann, und zugleich Mittel zur Gewährleistung und Aufrechterhaltung eines dafür
notwendigen geordneten Dienstbetriebs. Der Senat hat dementsprechend das
Hausrecht als "Annex" der dem Hoheitsträger zugewiesenen Sachaufgaben
bezeichnet.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Vgl. Urteil vom 14, Oktober 1988 - 15 A 188/86 -, NWVBl. 1989, 91.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Mit diesem Ausgangspunkt befindet er sich - unbeschadet der streitigen, vom
Senat bejahten Frage, ob schon darin eine ausreichende Rechtsgrundlage für
Eingriffsakte gesehen werden kann - in Übereinstimmung mit der ganz
überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Vgl. etwa Knoke, a.a.O., S. 394, 397, 401; Ehlers, a.a.O., S. 738; Knemeyer,
a.a.O., S. 598 f; Zeiler, DVBl. 1981, 1000 f; Ronellenfitsch, VerwArch 1982, 465 (470
ff); Wolff/Bachof/Stober, a.a.O., S. 232 f, 320; OVG NW, Urteil vom 12. Februar 1963
- II A 840/62 -, OVGE 18, 251; BayVGH, Urteil vom 23. Februar 1981, a.a.O., und
vom 16. Dezember 1981, BayVBl. 1982, 277 (278); Beschluß des Senats vom 24.
September 1981 - 15 B 1416/81 -.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Inhaber der so verstandenen Ordnungsbefugnisse kann nur der Hoheitsträger,
hier also die Gemeinde selbst, sein. Er allein ist Zurechnungssubjekt der die
Aufgabenzuweisung beinhaltenden Rechtssätze. Die Behördenleitung 'übt die aus
dem Hausrecht und der Ordnungsgewalt fließenden Befugnisse lediglich für den
Hoheitsträger aus,</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">ebenso entgegen einer verbreiteten Terminologie die Unterscheidung bei
Thieme, Deutsches Hochschulrecht, 2. Aufl. 1986, Rdnrn. 419, 420,</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">ist also die nach dem einschlägigen Innenrecht zuständige
Kompetenzträgerin.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">(b) In den Gemeinden ist dies im Grundsatz allein der Gemeindedirektor. Das
folgt aus der Zuständigkeitsverteilung für die materiellen Verwaltungsaufgaben,
deren Erfüllung Hausrecht und Ordnungsgewalt dienen:</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Der Gemeindedirektor ist nach § 55 Abs. 1 GO der gesetzliche Vertreter der
Gemeinde in Rechts- und Verwaltungsgeschäften. Dieser nach außen gerichteten
Zuständigkeit entspricht seine Geschäftsführungsbefugnis nach innen: Nach § 53
Abs. 1 Satz 1 GO leitet und verteilt er die Geschäfte; zugleich ist er
Dienstvorgesetzter der Beamten, Angestellten und Arbeiter (§ 53 Abs. 2 Halbsatz 2
GO). Nach § 47 Abs. 1 GO ist er demzufolge das Exekutivorgan der
Vertretungskörperschaften; er führt deren Beschlüsse unter der Kontrolle des Rates
und in Verantwortung ihm gegenüber durch. § 28 Abs. 3 GO weist ihm darüber
hinaus in einem weiten Bereich auch die den Ausführungshandlungen
vorausgehende interne Entscheidungsbefugnis zu; denn einfache Geschäfte der
laufenden Verwaltung gelten im Namen des Rates als auf ihn übertragen.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Maßnahmen haus- oder ordnungsrechtlicher Art zielen nicht unmittelbar auf
Funktionserfüllung, sondern nur auf Funktionsermöglichung. Von ihrem
Bedeutungsgehalt und ihrer Häufigkeit her gehören sie daher zu den
Selbstverständlichkeiten jeder Verwaltungsausübung und zählen zu den einfachen
Geschäften der laufenden Verwaltung. Der Gemeindedirektor besitzt mithin die
Kompetenz nicht nur zur Ausführung ordnungsrechtlicher Maßnahmen, sondern -
vorbehaltlich abweichender Entscheidung der Vertretungsorgane - auch zur internen
Entschließung, ob und in welcher Weise Hausrecht und Ordnungsgewalt im Einzelfall
Anwendung finden sollen.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Dieses Ergebnis wird erhärtet durch eine Rechtsanalogie zu spezialgesetzlichen
Vorschriften mit ähnlichem Regelungsgehalt:</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">So hat der Gesetzgeber das Hausrecht und die Ordnungsgewalt in den
Hochschulen in ähnlicher Weise geregelt: § 19 Abs. 2 Satz 3 WissHG und § 15 Abs. 2
Satz 3 FHG bestimmen, daß der Rektor das Hausrecht ausübt. Er ist ebenso wie der
Gemeindedirektor gesetzlicher Vertreter der Körperschaft (§ 19 Abs. 1 WissHG; § 15
Abs. 1 FHG) und zugleich Vorsitzender (§ 20 Abs. 5 Satz 1 WissHG, § 16 Abs. 5 Satz
1 FHG) des grundsätzlich für alle Angelegenheiten einschließlich der
Hochschulverwaltung zuständigen Leitungsorgans (§ 20 Abs. 1 Sätze 1 und 2, § 47
Abs. 1 WissHG, § 16 Abs. 1 Sätze 1 und 2, § 30 Abs. 1 FHG). § 62 Abs. 1 Satz 3 HRG
weist ferner der Hochschulleitung die Aufgabe zu, die Ordnung in der Hochschule zu
wahren.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Vgl. zum ganzen Tettinger, WissR 1983, 221 ff; Leuze/Bender, WissHG, § 19
Rdnrn. 7 f.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Vergleichbare Bestimmungen gelten auch für die - organisationsrechtlich
teilverselbständigten - Schulen: § 20 Abs. 2 Satz 7 SchVG überantwortet die
Wahrnehmung des Hausrechts dem Schulleiter (vgl. ferner § 47 Abs. 2 Satz 2 der
Allgemeinen Schulordnung). Dies entspricht den ihm obliegenden Aufgaben, die
Schule zu leiten (Abs. 2 Satz 1), sie nach außen zu vertreten (Abs. 2 Satz 4) und die
laufenden schulischen Angelegenheiten zu erledigen (Abs. 2 Satz 6).</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">(c) Mit dem danach in die alleinige Kompetenz des Gemeindedirektors fallenden
Ordnungsrecht für die im Verwaltungsgebrauch stehenden Gebäude ist freilich nur
der Grundsatz beschrieben.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Ausnahmen zugunsten anderer Funktionsträger im Sinne einer ausschließlich
diesen zustehenden, gegenständlich oder sonst eingeschränkten Ordnungsbefugnis
werden 'dadurch nicht ausgeschlossen. Solche Ausnahmen bedürfen aber wegen der
aus dem Gesetz herzuleitenden Grundsatzkompetenz des Gemeindedirektors auch
ihrerseits einer gesetzlichen Grundlage. Eine Sonderregelung in diesem Sinne ist §
36 GO, der die Ordnungsgewalt und die Ausübung des Hausrechts in den
Ratssitzungen dem Bürgermeister überantwortet.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Befugnisse des Parlamentspräsidenten
nach Art. 40 Abs. 2 GG und Art. 39 Abs. 2 Satz 3 Verf NW sowie des
Spruchkörpervorsitzenden nach §§ 176 ff GVG.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Gleiches gilt für die Vorsitzenden der Ratsausschüsse und deren Sitzungen (§ 42
Abs. 2 Satz 1 GO).</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Vgl. dazu Urteil des Senats vom 10. September 1982 - 15 A 1223/80 -, DVBl.
1983, 53 (54).</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Zugunsten der Fraktionen des Rates oder einer Bezirksvertretung gibt es keine
vergleichbaren Regelungen. Ein selbständig auszuübendes Hausrecht oder eine
Maßnahmen des Gemeindedirektors ausschließende Ordnungsgewalt in bezug auf
die ihnen zugeteilten Geschäftsräume steht den Fraktionen deshalb nicht zu.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Die Überlassung von Fraktionszimmern erfolgt auf der Grundlage von § 30 Abs.
7 Satz 6 GO. Danach kann die Gemeinde den Fraktionen Zuwendungen zu den
Aufwendungen für die Geschäftsführung gewähren. Das schließt nach der
zutreffenden Auffassung des Verwaltungsgerichts - angesichts des über den Wortlaut
hinausgreifenden Zwecks der Vorschrift - auch die Überlassung von Sachmitteln
ein.</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">A. A. wohl VG Aachen, Urteil vom 19. Februar 1988 - 4 K 1066/87 -, zitiert bei
Kottenberg/Rehn/Cronauge, a.a.O., § 30 Anm. VI 5.</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Sie haben ebenso wie finanzielle Zuwendungen den Sinn, die in der
Rechtswirklichkeit für die Gemeinden in hohem Maße bedeutsame Arbeit der
Fraktionen zu fördern und zu unter stützen.</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Zu möglichen Grenzen vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 13. Februar 1987 - 15
K 1536/85 -, NWVBl. 1987, 53; Fehn, StGR 1988, 129; Runderlaß des Innenministers
vom 2. Januar 1989, EildStNW 1989, 36.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Die Fraktionen sind insoweit in keiner anderen Rolle als sonstige
Funktionsträger, die ihre für die Gemeinde zu verrichtenden Aufgaben ohne einen
Mindestbestand an finanziellen und sächlichen Mitteln nicht erfüllen können. Dies
gilt gleichermaßen für den weisungsabhängigen Bediensteten der Gemeinde wie für
den Amtswalter, der organisationsrechtlich mit selbständig wahrzunehmenden
Kompetenzen ausgestattet ist. Beide sind in gleicher Weise etwa auf ein
Bürozimmer angewiesen; bei beiden genügt es aber auch, daß nicht sie selbst,
sondern der Gemeindedirektor die Befugnisse zur Aufrechterhaltung der Ordnung
ausübt.</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Das schließt nicht aus, daß der Gemeindedirektor solche Befugnisse auf den
jeweiligen Funktionsträger für die ihm zugeteilten Geschäftszimmer delegieren
kann.</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Vgl. zu der ähnlich gelagerten Problematik im Hochschulrecht § 19 Abs. 2 Satz 4
WissHG und Leuze/Bender, a.a.O., § 19 Rdnr. 7.</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Der einzelne Funktionsträger wird dadurch ermächtigt, von außen einwirkende
Störungen in eigener Zuständigkeit abzuwehren. Das mag auch für die Fraktionen
gelten und mit der Überlassung eines Fraktionszimmers stillschweigend verbunden
sein. Ordnungsbefugnisse, die gegen den Willen des Gemeindedirektors ausgeübt
werden dürfen, können dadurch aber nicht begründet werden. Vielmehr verbleibt
dem Gemeindedirektor die Möglichkeit zum Widerruf der Delegation ebenso wie die
Befugnis zum Einschreiten im Einzelfall. Dies gilt ohne Einschränkung auch dann,
wenn die Fraktion mit einem solchen Einschreiten nicht einverstanden ist.</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">(d) Die abweichenden Vorstellungen der Beklagten sind unzutreffend :</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">Richtig ist zwar, daß sich Hausrecht und Ordnungsgewalt der Gemeinde nur auf
Gebäude beziehen können, die sich im Verwaltungsgebrauch befinden. Dazu
gehören aber auch die Fraktionsräume. Auch die Fraktionen üben bei ihrer Tätigkeit
Verwaltungsfunktionen aus, sie sind Teil der Gemeindeverwaltung. Eine Antinomie,
wie sie zwischen Legislativ- und Exekutivorganen auf Bundes- und Landesebene
besteht, gibt es in den Gemeinden nicht.</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Eine alleinige Verfügungs- und Nutzungsbefugnis der kommunalen Fraktionen
an ihren Geschäftsräumen ist demzufolge auch nicht aus verfassungsrechtlichen
Gründen gefordert. Vielmehr steht es - verfassungsrechtlich wie nach Maßgabe des
einfachen Rechts (vgl. § 30 Abs. 7 Satz 6 GO) - der Gemeinde frei, ob sie den
Fraktionen die von ihnen benötigten Geschäftsräume zur Verfügung stellt. Um so
weniger kann eine Fraktion die ausschließliche Disposition über ihren Geschäftsraum
beanspruchen. Die Berufung auf grundrechtliche Verbürgungen geht dabei fehl.
Denn als Trägerin körperschaftsinterner Rechte ist eine kommunale Fraktion nicht
grundrechtsfähig.</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">Vgl. Urteil des Senats vom 9. Dezember 1988 - 15 A 271/86 -, KMK-HSchR
1989, 348, mit weiteren Nachweisen.</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">Auch die bürgerlichrechtlichen Besitzschutzvorschriften führen zu keinem
anderen Ergebnis. Die Sachherrschaft und dementsprechend der Besitz an den
einzelnen Räumen eines kommunalen Gebäudes steht nach dem eingangs
Dargelegten allein der Gemeinde selbst zu. Die Vorstellung von einer räumlich-
gegenständlichen Aufspaltung der Besitzverhältnisse auf einzelne Funktionsträger
der Gemeinde ist deshalb schon im Ausgangspunkt unzutreffend.</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">So aber in jüngster Zeit Schmidt, DÖV 1990, 102 (106).</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">Auch der Gemeindedirektor, der nicht im eigenen, sondern im gemeindlichen
Funktionsinteresse handelt, kann deshalb allenfalls als Besitzdiener (§ 855 BGB)
angesehen werden. Den Fraktionen kann jedenfalls keine stärkere besitzrechtliche
Stellung zukommen.</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">(2) Die dem Kläger hiernach zustehende Befugnis, die notwendigen
Anordnungen zur Aufrechterhaltung der Ordnung auch in bezug auf das
Geschäftszimmer der Beklagten zu treffen, hat indes Grenzen: Der Kläger kann nicht
alles verbieten, was aus seiner Perspektive unerwünscht ist, sondern darf, gleichviel
ob er sich auf das Hausrecht oder die innerbetriebliche Ordnungsgewalt stützt, nur
solche Störungen verhindern, die eine sachgemäße Erfüllung der gemeindlichen
Verwaltungsaufgaben ernsthaft stören oder wenigstens gefährden. Die
Friedenstaube im Fenster des Fraktionszimmers der Beklagten stellt eine solche
Beeinträchtigung nicht dar. Ihre Anbringung hält sich innerhalb der Grenzen, die sich
aus dem Widmungszweck des Fraktionszimmers ergeben (a), und ist auch nicht aus
anderen Gründen rechtswidrig (b).</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">(a) Die Überlassung eines Geschäftsraumes hat den oben bereits erwähnten
Zweck, der Fraktion die Ausübung ihrer Befugnisse zu erleichtern, indem die dazu
notwendige Vorbereitungsarbeit gefördert wird. Dies liegt im Funktionsinteresse der
Gemeinde: Die Fraktionen sind aus der politischen Wirklichkeit der Gemeinde nicht
hinwegzudenkende, von der Gemeindeordnung vorausgesetzte und insoweit
notwendige Teile der gemeindlichen Vertretungskörperschaften.</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerfG, Urteil vom 10. Dezember 1974 - 2 BvK 1/73, 2 BvR 902/73 -
BVerfGE 38, 258 (273 f); OVG NW, Urteil vom 14. Januar 1975 - III A 551/73 -,
Rechtsprechung zum kommunalen Verfassungsrecht, § 30 GO Nr. 4; Urteil des
Senats vom 29, April 1988 - 15 A 2207/85 -, a.a.O., mit weiteren Nachweisen.</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">Organisationsrechtlich sind sie mit selbständig wahrzunehmenden Kompetenzen
ausgestattet. Politisch haben sie die Aufgabe, die Meinungsbildung in den
Vertretungskörperschaften zu erleichtern, indem schon im Vorfeld insbesondere der
Ratssitzungen die dort zu behandelnden Sachfragen im Kreis grundsätzlich
gleichgesinnter Mandatsträger erörtert und dadurch unterschiedliche Auffassung in
gewissem Umfang kanalisiert werden.</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">Das führt tatsächlich wie rechtlich zu einer Institutionalisierung politischer
Interessengegensätze innerhalb der Gemeindeverwaltung. Der Rat als oberstes
Verwaltungsorgan, das für die internen Entschließungen der Gemeinde grundsätzlich
allzuständig ist (§ 28 Abs. 1 GO), stellt sich aus diesem Grund nicht als ein politisch
oder weltanschaulich neutrales Gremium dar. Vielmehr werden dort
unterschiedliche, nicht selten in diametralem Gegensatz stehende politische
Auffassungen nach Maßgabe des gemeindlichen Geschäftsordnungsrechts zu einem
Organwillen zusammengeführt. Die jeweilige Mehrheit gibt dabei nicht immer den
Ausschlag. Die Vorschriften über den Minderheitenschutz, darunter die teilweise
weitreichenden Verhältniswahlgrundsätze für körperschaftsinterne Wahlen,
gewährleisten, daß im Ergebnis auch politische Minderheiten in nicht unerheblichem
Umfang Einfluß auf die Gemeindeverwaltung nehmen können. Dem liegt die
gesetzgeberische Wertung zugrunde, daß eine Mitsprache auch der politischen
Minderheiten dem Wohl der Gemeinden dienlich ist.</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">Vgl. dazu Beschluß des Senats vom 12. Februar 1990 - 15 B 35/90 -.</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">Für die hier zu beurteilende Frage ist das in zweifacher Hinsicht
bedeutsam:</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">Zunächst hat der Kläger entgegen seinem rechtlichen Ausgangspunkt weder die
Pflicht noch das Recht, für eine strikte "Einhaltung der parteipolitischen und
weltanschaulichen Neutralität innerhalb der Rathausräume Vorkehrungen zu
treffen". Der Kläger und ebensowenig das Verwaltungsgericht, das diesen
Ausgangspunkt als wesentliche Grundlage seines zusprechenden Urteils
übernommen hat, haben dafür eine überzeugende Begründung gegeben. Sie läßt
sich tatsächlich auch nicht aufzeigen. Da die Ordnungsbefugnisse des
Gemeindedirektors der Funktionsermöglichung dienen, wäre jener Ausgangspunkt
nur dann richtig, wenn die gemeindliche Aufgabenerfüllung selbst parteipolitisch
neutral zu sein hätte. Das aber ist gerade nicht der Fall. Die Gemeindeverwaltung
mit dem an ihrer Spitze stehenden Rat wird im Gegenteil in vielfältiger Weise
aufgrund politischer Erwägungen ausgeübt. Das ist - wie dargelegt -
kommunalverfassungsrechtlich vorgegeben und nicht zu beanstanden.</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">Nicht berührt wird dadurch freilich die Pflicht der Gemeinde und ihrer Organe,
die von der Rechtsordnung gezogenen Grenzen bei der Aufgabenerfüllung zu
respektieren. Die Einhaltung dieser Grenzen, die mit einem vermeintlichen Gebot zur
Wahrung parteipolitischer Neutralität nicht verwechselt werden dürfen, hat der
Gemeindedirektor nicht nur gegenüber dem Rat (vgl. § 39 Abs. 2 Satz 1 GO),
sondern auch sonst zu überwachen; zu diesem Zweck darf er - im Rahmen
pflichtgemäßen Ermessens und unter Beachtung des Obermaßverbots - mithin auch
seine Ordnungsbefugnisse einsetzen.</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">Vgl. z.B. StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 28. Januar 1988, a.a.O.,
(Unterbringung der rechtswidrigen Verwendung der dienstlichen Telefonanlage
durch einen Landtagsabgeordneten).</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">(Partei)politisch geprägte Handlungen innerhalb dieser Grenzen muß er aber
tolerieren.</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">Aus dem oben Dargelegten ergibt sich in zweiter Hinsicht für die Arbeit der
Fraktionen und ihr Verhalten in den dieser Arbeit gewidmeten Geschäftsräumen ein
verhältnismäßig weitgespannter Handlungsspielraum. Das ist für die Inhalte dieser
Arbeit selbstverständlich, muß aber auch für den äußeren Rahmen gelten. So liegt
es beispielsweise auf der Hand, daß es in erster Linie Sache der Fraktion ist, ob sie
ihre Sitzungen innerhalb oder außerhalb der verwaltungsüblichen Arbeitszeiten
abhält. Ebenso steht es ihr jedenfalls im Grundsatz frei, ob sie zu solchen Sitzungen
weitere Personen einlädt oder aus anderem, im Zusammenhang mit ihren Aufgaben
stehenden Anlaß in ihrem Fraktionsraum empfängt. Auch die Ausstattung eines
solchen Raumes mit zusätzlichen, für die Aufgabenerfüllung sinnvollen Mobiliar,
sonstigen Sachmitteln, Wandschmuck und ähnlichen Gegenständen muß im
Grundsatz ihr überlassen bleiben, solange dies nicht mit einer ernstlichen
Substanzbeschädigung oder einer Zweckentfremdung verbunden ist. Soll der in der
Raumüberlassung liegende Sinn einer Förderung der Fraktionsarbeit nicht verfehlt
werden, ist insoweit ein kleinlicher Maßstab unangebracht. Eine allzu strikte
Reglementierung würde leicht zur politischen Bevormundung geraten, die mit den
kommunal verfassungsrechtlichen Zwecken der Fraktionsarbeit unvereinbar
wäre.</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">Auch die Anbringung eines maßvollen Fensterschmucks kann einer Fraktion
danach im Grundsatz nicht untersagt werden. Daß er von außen sichtbar ist, stellt -
jedenfalls für sich betrachtet - keinen Grund dar, ihr dies zu verwehren. Das gilt
auch dann, wenn er als sinnbildlicher Ausdruck einer politischen Haltung verstanden
werden muß. Der kundige Betrachter einer solchen Darstellung kann entgegen der
Auffassung des Klägers nicht davon ausgehen, daß sich darin eine politisch
einseitige Ausrichtung der Gemeindeverwaltung als solcher manifestiert. Vielmehr
kann er verständigerweise nur den Schluß ziehen, daß die sich darin
widerspiegelnde Haltung auch unter den Funktionsträgern der Gemeinde den einen
oder anderen Anhänger hat. Das aber entspricht der von der Rechtsordnung
gebilligten Realität und gibt für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch mithin
nichts her.</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">Die mit der Anbringung einer Friedenstaube ausgedrückte Kundgabe einer
politischen Meinung kann von daher weder als Störung noch als Gefährdung der
gemeindlichen Aufgabenerfüllung gewertet werden. Sie ist weder einem geordneten
Verwaltungsbetrieb hinderlich </p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">- vgl. aber BVerwG, Beschluß vom 12. Februar 1988 - 7 B 123.87 -, NVwZ 1988,
837, zur möglichen Störung der Sitzungsordnung durch einen auffälligen Aufkleber
auf der Kleidung eines Ratsmitglieds -</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">noch vermittelt sie von dessen Art und Weise ein einseitiges und nicht
hinnehmbares Bild.</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">(b) Die Friedenstaube im Rathausfenster der Beklagten ist mit der
Rechtsordnung auch nicht aus sonstigen Gründen unvereinbar.</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">Das angefochtene Urteil stützt sich für seine gegenteilige Auffassung zu Unrecht
auf die bereits erwähnte Entscheidung des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom
13. Februar 1987 - 15 K 1536/85 -, a.a.O. Dort ist ausgeführt, daß die kommunalen
Fraktionen kein Recht auf selbständige Öffentlichkeitsarbeit haben (a.a.O., S. 57).
Zu einer Auseinandersetzung mit dieser nicht unbestrittenen</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">- dagegen z.B. Fehn, a.a.O., S. 129 f; Runderlaß des Innenministers vom 2.
Januar 1989, a.a.O., Nr. 4.191; zustimmend hingegen Foerster,
Verwaltungsrundschau 1988, 129 (132) -</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">Auffassung besteht kein Anlaß. Denn in der Friedenstaube kann nicht ernstlich
eine der Partei der xxx zugute kommende Öffentlichkeitsarbeit der Beklagten
gesehen werden. Das folgt bereits aus der relativen Bedeutungslosigkeit der hier
streitigen Darstellung, die angesichts ihrer geringen Größe oft nur zufällig oder
beiläufig wahrgenommen werden dürfte, und ergibt sich ferner daraus, daß die
Friedenstaube kein ausschließlich den xxx zuzurechnendes Symbol ist. Die
Friedenstaube wird vielmehr von anderen politischen Parteien, Gewerkschaften und
sonstigen Organisationen und Bewegungen ebenfalls als Mittel zur Kundgabe ihrer
politischen Auffassung verwendet. Der Kläger räumt das selbst ein. Ein von der
streitigen Darstellung zugunsten gerade der xxx ausgehender Werbeeffekt ist unter
diesen Umständen, wenn überhaupt vorhanden, zu vernachlässigen.</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">Der vom Kläger schließlich behauptete Verstoß gegen Nr. 4.8 der Allgemeinen
Dienst- und Geschäftsanweisung für die Stadtverwaltung xxx stellt - sollte er
vorliegen - keine Rechtsverletzung dar. Jene Geschäftsanweisung hat der Kläger als
generelle Richtlinie selbst erlassen. Seine dafür in Anspruch genommene Kompetenz
kann indes nicht weiterreichen als die Befugnis zur Erteilung von Weisungen im
Einzelfall. Sollten mit der Geschäftsanweisung darüber hinausgehende
Weisungsrechte zugunsten des Klägers begründet werden, so wären die
diesbezüglichen Bestimmungen unbeachtlich.</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO und aus § 155 Abs. 2
VwGO in entsprechender Anwendung. Nach der letztgenannten Vorschrift hat der
Kläger die außergerichtlichen Kosten auch der ehemaligen Fraktion der xxx zu
tragen, die aufgrund des Parteiwechsels als Beklagte aus dem Verfahren
ausgeschieden ist.</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO
i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711, § 713 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (§ 132 Abs. 2, § 137
Abs. 1 VwGO).</p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">
</p>
|
315,117 | lg-essen-1990-04-20-4-19-o-57688 | {
"id": 809,
"name": "Landgericht Essen",
"slug": "lg-essen",
"city": 417,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 4 (19) O 576/88 | 1990-04-20T00:00:00 | 2019-03-13T14:46:43 | 2022-10-18T15:09:03 | Urteil | ECLI:DE:LGE:1990:0420.4.19O576.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>hat die 19. Zivilkammer des Landgerichts Essen </p>
<p>auf die mündliche Verhandlung vom 20. April 1990 </p>
<p>durch den Richter am Landgericht G., </p>
<p>den Richter am Landgericht V. und</p>
<p>den Richter Dr. X. </p>
<p>für R e c h t erkannt:</p>
<p></p>
<p>Die Beklagten werden verurteilt, an den Kläger als Gesamtschuldner 6.080,78 DM (i.W.: sechstausendachtzig und 78/100 Deutsche Mark) nebst 4 % Zinsen von 5.775,49 DM seit dem 02. Dezember 1988 zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger gegen Sicherheitsleistung von 10.000,--DM.</p>
<p></p>
<p>Die Sicherheitsleistung kann durch eine unbedingte, unwiderrufliche selbst-schuldnerische Bürgschaft eines als Zoll- und Steuerbürge zugelassenen Kre-ditinstitutes in der Bundesrepublik Deutschland erbracht werden.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Tatbestand:</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger nimmt die Beklagte zu 1.) als Fahrerin und Halterin des Pkw VW-Derby, amtliches Kennzeichen und die Beklagte zu 2.) als Haftpflichtversicherung der Beklagten zu 1.) auf Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall in Anspruch, der sich am 19.07.1988 gegen 19.21 Uhr in Essen, Kreuzung Berliner Platz/Segerothstraße wie folgt ereignet hat:</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Kläger befuhr mit seinem Pkw Ford Eskort, amtliches Kennzeichen den Berliner Platz in westlicher Richtung, die Beklagte bewegte sich auf der Segerothstraf3e in süd-ostwärtiger Richtung, als es im Kreuzungsbereich zu einer Kollision kam, indem der Kläger mit dem Frontbereich seines Fahrzeugs gegen die linke hintere Seite des Beklagtenfahrzeuges prallte. Zum Unfallzeitpunkt war die dort installierte Lichtzeichenanlage aufgrund von Bauarbeiten außer Betrieb, so daß der Kreuzungsbereich durch Verkehrszeichen gesichert war, welche dem Kläger die Vorfahrt einräumten.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beziffert seinen Gesamtschaden unter Berufung auf ein vorprozessual eingeholtes Gutachten des Sachverständigen G.l wie folgt:</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">1. Fahrzeugschaden 4.591,33 DM</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">2. Gutachterkosten 548,11 DM</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">3. Mietwagenkosten für die Zeit vom</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">20. bis 25.07.1988 909,07 DM</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">4. Nebenkostenpauschale <u>40,-- DM</u></p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">6.088,51 DM.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Das Fahrzeug wurde in der Zeit vom 06.08. bis zum 11.08.1988 repariert; für diesen Zeitraum ist weder ein Anspruch auf Mietwagenkosten noch auf Nutzungsausfall geltend gemacht worden.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Kläger behauptet, in der Zeit, als er den Mietwagen in Anspruch genommen habe, sei sein Fahrzeug nicht nutzbar gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Mit Schriftsatz vom 21.02.1990 (Bl. 157 d.A.) begehrte der Kläger desweiteren eine 7,5/10 Besprechungsgebühr zuzüglich Mehrwertsteuer in Höhe von insgesamt 305,29 DM für eine Besprechung von Schadensbildern mit dem Vertreter des von dem Kläger beauftragten Sachverständigen sowie dem Sachbearbeiter der Beklagten aufgrund des von der Beklagtenseite erhobenen Einwandes, die Schadensbilder würden nicht zueinander passen. Im einzelnen wird auf den genannten Schriftsatz (Bl. 157 f. d.A.) Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">die beklagte Partei, mehrere als Gesamtschuldner, zu verurteilen, an die Klagepartei 6.088,51 DM nebst 8,5 % Zinsen seit Rechtshängigkeit sowie weitere 305,29 DM zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:8px">Die Beklagten beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten bestreiten, daß die von dem Sachverständigen G. festgestellten Schäden auf das geschilderte Unfallereignis zurückzuführen sind und behaupten, daß diese entweder bereits vor dem Unfall vorhanden gewesen oder nach dem Unfall entstanden seien. Eine Überprüfung der Beschädigungen der beteiligten Fahrzeuge durch die DEKRA habe ergeben, daß es an einer Kongruenz der jeweiligen Schäden fehle. Nach Struktur, Umfang und der jeweiligen Höhenlage der Beschädigungen zeige sich in hinreichender Deutlichkeit, daß diese nichts miteinander zu tun hätten. Selbst wenn ein allenfalls geringer Teil der Schäden auf dem von der Beklagten zu 1.) verursachten Auffahrunfall beruhen sollte, fehle es doch, wie die Beklagten meinen, an einer substanti-ierten Differenzierung der unfallbedingten und unfallunabhängigen Schäden, so daß die Klage wegen etwa verbleibender Restbeträge unschlüssig wäre.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Das Gutachten des Sachverständigen G. sei, wie sie meinen, ebenfalls nicht erstattungsfähig, da es mit dem gegenwärtig zu beurteilenden Schadensfall nicht in Zusammenhang stehe.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Eine Erstattung der Mietwagenkosten komme mangels Ursächlichkeit ebensowenig in Betracht. Bei fachgerechter Reparatur wäre der Reparaturaufwand zudem erheblich geringer gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Als Kostenpauschale sei lediglich ein Betrag von 30,-- DM angemessen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die im Wege der Klageerweiterung geltend gemachte Besprechungsgebühr halten die Beklagten nicht für erstattungsfähig; insoweit wird auf ihren Schriftsatz vom 29.03.1990 (Bl. 213 f. d.A.) Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Wegen der Einzelheiten des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen G. und Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Wegen der Beweisthemen und des Inhalts der Zeugenaussage bzw. des Sachverständigengutachtens wird auf die Bewejsbeschlüsse vom 08. Dezember 1989 (Bl. 146 und 147 d.A.), das Protokoll vom 08. Dezember 1989 (Bl. 146 f. d.A.) und das Gutachten der Sachverständigen Dipl.-Ing. X. und Dipl.-Ing. T. vom 26. Februar 1990 (81. 159 - 200 d.A.) Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Akte der Stadt Essen - Straßenverkehrsamt - Az.: 393-9.845 749.6 war beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe:</u></p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist zum überwiegenden Teil begründet.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat in der ausgeurteilten Höhe einen Anspruch gegen die Beklagte zu 1.) aus §§ 7, 18 StVG, § 823 Abs. 1, § 823 Abs. 2 8GB i.V.m. § 8 StVO und gegen die Beklagte zu 2.) jeweils in Verbindung mit § 3 PflichtVG auf Ersatz der unfallbedingten Schäden, da die Beklagte zu 1.) aufgrund der unstreitigen Vorfahrtsverletzung das alleinige Verschulden an dem Zustandekommen des Unfalls trägt.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme geht die Kammer davon aus, daß alle Schadenspositionen auf den von der Beklagten zu 1.) verursachten Unfall zurückzuführen sind; die Positionen Mietwagenkosten und Nebenkostenpauschale sind jedoch nicht in der geltend gemachten Höhe erstattungsfähig.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Der geltend gemachte Fahrzeugschaden von 4.591,33 DM ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme in vollem Umfang erstattungsfähig: Wie die Sachverständigen X. und T. überzeugend und nachvollziehbar dargelegt haben, sind die Verformungen an den beiden Fahrzeugen einander in vollem Umfang zuordnungsfähig. Die Sachverständigen bestätigen damit im Ergebnis auch die Aussage des Zeugen G., der in seiner Aussage zu dem gleichen Ergebnis gekommen ist. Eine anderweitige Schadenskausalität erscheint der Kammer danach ausgeschlossen.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Da damit zugleich die Brauchbarkeit des vom Kläger in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachtens G.erwiesen ist, sind auch die dafür geltend gemachten Sachverständigenkosten in Höhe von 548,11 DM entsprechend der Rechnung vom 25.07.1988 (Bl. 9 d.A.) erstattungsfähig.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Die geltend gemachten Mietwagenkosten sind dagegen nur für die Dauer der tatsächlichen Reparaturzeit (vier Tage) in Höhe von 606,05 DM erstattungsfähig.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Als Nebenkostenpauschale ist nach ständiger Rechtsprechung der Kammer ein Betrag von 30,-- DM angemessen und ausreichend; ein höherer Betrag muß konkret nachgewiesen werden.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat ferner Anspruch auf Erstattung einer Besprechungsgebühr gemäß § 118 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO. Bei der Besprechung der Schadensbilder mit dem Sachverständigen bzw. dessen Vertreter, die den zentralen Punkt des vorliegenden Rechtsstreits zum Gegenstand hatte und letztlich zur Einholung eines weiteren Gutachtens führte, entsteht eine Gebühr im Sinne der Nr. 2 des § 118 Abs. 1 BRAGO (vgl. dazu Gerold/Schmidt, BRAGO, § 118, Anm. 8 f m.w.N.). Es handelte sich bei der Besprechung nicht um eine bloße, nicht erstattungsfähige Nachfrage im Sinne der Vorschrift. Ferner ist die danach angefallene Gebühr auch nicht direkt oder entsprechend nach § 118 Abs. 2 BRAGO auf nachfolgende Gebühren anzurechnen (vgl. insoweit Gerold/Schmidt, a.a.0., Anm. 25). Der Höhe nach ist regelmäßig von dem - auch hier geltend gemachten - Mittelwert von 7,5/10 auszugehen (vgl. Gerold/Schmidt, a.a.O., Anm. 18 m.w.N.).</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">3.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Der Zinsanspruch ist nur in der ausgeurteilten Höhe aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB begründet.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.</p>
|
315,118 | lg-dusseldorf-1990-04-12-3-o-26089 | {
"id": 808,
"name": "Landgericht Düsseldorf",
"slug": "lg-dusseldorf",
"city": 413,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 3 O 260/89 | 1990-04-12T00:00:00 | 2019-03-13T14:46:45 | 2022-10-18T15:09:03 | Urteil | ECLI:DE:LGD:1990:0412.3O260.89.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 9.000,--.DM nebst 4 % Zinsen seit dem 25. Juli 1989 zu zahlen. </p>
<p>Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. </p>
<p>Von den Kosten des Rechtsstreites tragen die Klägerin 3/4 und die Beklagte 1/4. </p>
<p>Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,--DM und für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 3.000,--DM vorläufig vollstreck-bar. </p>
<p>Die Sicherheitsleistungen können auch durch die Bürgschaft einer deutschen großen Bank oder öffentlichen Sparkasse mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland oder West-Berlin erbracht werden. </p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="h2 absatzLinks">T a t b e s t a n d : </p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin begehrt von der Beklagten als Haftpflichtversicherer des in der Klageschrift bezeichneten Versicherungsnehmers Schadensersatz wegen eines Verkehrsunfalls, der </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">sich am 26. Juli 1986 zutrug. </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Dabei fuhr der Versicherungsnehmer der Beklagten mit seinem Fahrzeug der Klägerin, die in ihrem Pkw saß und in einem Stau stand, aus Unachtsamkeit im Heckbereich schwer auf. Die Klägerin erlitt dabei u.a. ein Schleudertrauma der Halswirbelsäule. </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Sie behauptet, dass diese Verletzung zu einer Halsmarkschließung geführt habe, die wiederum das Auftreten eines Carpaltunnelsyndroms in beiden Händen zur Folge gehabt habe. Hierdurch habe sich eine hochgradige Schwäche mit Paränthesien und Sensibilitätsstörungen beider Hände eingestellt, die sie neben den sonstigen. durch das erlittene Halswirbelschleudertrauma gegebenen Beeinträchtigungen daran hindere, u.a. ihren Beruf als Sekretärin weiter auszuüben. </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Bezgl. der im Einzelnen von der KIägerin behaupteten unfallbedingten Beeinträchtigungen wird auf ihre handschriftliche Aufstellung ausweislich der Anlage zu ihrem Schriftsatz vom 27. Oktober 19d9 (BI. 72 ff. GA) verwiesen. </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Unter Berücksichtigung eines von der Beklagten außergerichtlich gezahlten Schmerzensgeldes von 800,--DM beantragt die Klägerin, da die Beklagte die Erbringung weiterer Zahlungen ablehnt, diese zu verurteilen. an sie (die Klägerin) ein in das Ermessen des Gerichts gesetztes Schmerzensgeld. mindestens jedoch 25.000.--DM. nebst 4 ~ Zinsen seit dem 1. Dezember 1986 zu zahlen; festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist. ihr (der Klägerin) allen materiellen Schaden zu ersetzen. der ihr aufgrund des Unfallereignisses vom 26. Juli 1986 in Meerbusch entstanden ist und noch entstehen wird soweit die Schadensersatzansprüche nicht auf einen Sozialversicherungsträger übergegangen sind. </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Sie trägt im Wesentlichen vor. dass die Folgen der von dem erlittenen Halswirbelschleudertrauma ausgehenden Beeinträchtigungen aufgrund des unstreitig außergerichtlich geleisteten Schmerzensgeldes als abgegolten anzusehen seien. </p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Soweit die Klägerin weiterhin über das Vorliegen von Gesundheitsbeeinträchtigungen klagt seien diese jedenfalls nicht unfallbedingt verursacht. </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Hierüber verhalte sich auch das eingeholte Privatgutachten des Direktors der Nervenklinik zu Köln Prof. Dr. med. ( … ) vom 19. Mai 1988 (BI. 31 ff. GA). </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Weitergehende Zahlungen als diese bisher geleistet worden seien daher nicht gerechtfertigt. </p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der seitens der Parteien gewechselten Schriftsätze nebst der zu den Akten gereichten Unterlagen, die dem Gericht vorlagen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren Bezug genommen. Das Gericht hat über die wechselseitigen Behauptungen der Parteien entsprechend seinem Beweisbeschluss vom 12. September 1989 (BI. 53 GA) Beweis erhoben durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der durchgeführten Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des schriftlich erstatteten Gutachtens des Direktors der Neurologischen Klinik der Universität zu Düsseldorf Prof. Dr. med.( … ) vom 14. November 1989 (BI. 77 ff. GA) in der Fassung der. ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen vom 5. Februar 1990 (BI. 112 ff. GA) verwiesen. </p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="h2 absatzLinks">E n t s c he i d u n g s g r ü n d e :</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist nur teilweise begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, an die Klägerin über die bereits gezahlten 800 -DM hinaus, ein weiteres Schmerzensgeld in Höhe von 9.000,--DM zu leisten. Im Übrigen war die Klage als unbegründet abzuweisen. </p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">1. </p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin ist berechtigt, von der Beklagten die Leistung eines weiteren Schmerzensgeldes in Höhe von 9.000,--DM zu fordern (§ 847 BGB). Die grundsätzliche Haftungsverpflichtung der Beklagten steht außer Streit. </p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Bezüglich der unfallbedingten Gesundheitsbeeinträchtigungen hat die durchgeführte Beweisaufnahme ergeben. dass die Klägerin ein schweres Schleudertrauma der Halswirbelsäule mit Nervenwurzelkompression im Bereich C 5. C 6 einhergehend mit einer Spinalstenose davongetragen hat. Die Feststellungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen Prof. Dr. med. ( … ) in seinem Gutachten vom 14. November 1989 {dort Seite 5 ff. des Gutachtens. BI. 82 ff. GA~ sind insoweit eindeutig und überzeugend ( § 286 ZPO). Die Behauptung der Beklagten, diese Beeinträchtigungen seien altersbedingte degenerative Verschleißerscheinungen (BI. 39 GA) ist daher unzutreffend. </p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Das Fehlen von knöchernen Veränderungen rechtfertigt nach den folgerichtigen Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. med. ( … ) in dem bezeichneten Gutachten nicht </p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">die Annahme (a.a.O), die Beeinträchtigungen seien nicht unfallbedingt. Dominierend für das Auftreten dieser Gesundheitsbeeinträchtigungen ist vielmehr nach dem auch insoweit überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. med. ( … ) ein zerviko-brachialer Symptomenkomplex. Aus den von der Klägerin vorgelegten Attesten. die von den Sachverständigen nicht beanstandet worden sind (BI. 6 ff. GA) ,sowie aus seinen eigenen gutachterlichen Feststellungen geht hervor, dass das bei der Klägerin aufgetretene Schleudertrauma schwerwiegend war und die Klägerin über einen Zeitraum von jedenfalls einem Jahr nach dem Unfallereignis unabhängig von dem klägerseits weiterhin behaupteten Vorliegen eines Carpaltunnelsyndroms in ihrem körperlichen Wohlbefinden ~sichtlich beeinträchtigt hat. Diese Beeinträchtigung war sogar derartig schwerwiegend, dass es ihr bereits deshalb nicht möglich war, ihren bisher, ausgeübten Beruf als Sekretärin auszuüben (Seite 8,'" letzter Absatz und 9 des bezeichneten Gutachtens, BI. 85, 86 GA). </p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Unter Berücksichtigung dessen, dass die Klägerin an diesen Unfallfolgen völlig schuldlos ist und sich das Unfallereignis bezüglich der von dem Versicherungsnehmer der Beklagten gesetzten Verursachungs-und Verschuldensbeitrag als grob fahrlässig darstellt, sowie der ansonsten bei der Bemessung von Schmerzensgeldern heranzuziehenden Kriterien, ist das von der Beklagten bisher geleistete Schmerzensgeld eindeutig unzureichend. Wegen der besonderen Schwere des davongetragenen Halswirbelschleudertrauma und der dadurch jedenfalls Über die Dauer von einem Jahr hinweg zu erleidenden Gesundheitsbeeinträchtigungen erachtet die Kammer die Zuerkennung eines Schmerzensgeldbetrages in der Größenordnung von 10.000,--DM für gerechtfertigt, so dass unter Berücksichtigung des unstreitig von der Beklagten bereits geleisteten Schmerzensgeldes noch ein zu .zahlender Betrag von (abgerundet) 9.000,--DM verbleibt. </p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Dieser Betrag ist jedoch der Höhe nach ausreichend, um der Klägerin einen angemessenen Ausgleich für die von ihr unfallbedingt davongetragenen Folgen auch im Sinne der dem Schmerzensgeld zukommenden Genugtuungsfunktion zu gewähren. </p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin vermochte nämlich im Übrigen nicht den ihr obliegenden Nachweis zu erbringen, dass die weiterhin von ihr beschriebenen Beeinträchtigungen nach dem Zustand eines Carpaltunnelsyndroms ebenfalls als unfallbedingt anzusehen sind. </p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Sowohl das von der Beklagten eingeholte Privatgutachten des Sachverständigen Prof. Dr. med. ( … ) vom 25. Mai 1989 als auch das von dem Gericht in Auftrag gegebene Gutachten des Prof. Dr. med. ( … ) , deren Sachkunde in Fachkreisen unbestritten ist, kommt in seinen Feststellungen zu dem unwiderlegten Ergebnis, dass dieses Krankheitsbild unfallunabhängig ist. </p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Nach den Feststellungen beider Sachverständigen, denen sich das Gericht anschließt, sind die mit dem CarpalTunnelsyndrom einhergehenden Funktionsstörungen, wie </p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">diese von der Klägerin beschrieben werden (vgl. dazu: BI. 72, 73 GA) berufs- und altersbedingte Verschleißerscheinungen. </p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Diese Gesundheitsbeeinträchtigungen sind der Beklagten daher nicht zurechenbar. </p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Da nach den weiteren Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. med. ( … ) in seinem Gutachten vom 14. November 1989, deren Richtigkeit auch nicht durch die Ausführungen des Sachverständigen in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 5. Februar 1990 (BI. 112 ff. BA) erschüttert wird. bei festzustellender Progredienz der von dem Carpaltunnelsyndroms ausgehenden Gesundheitsbeeinträchtigungen die Folgen des Halswirbelschleudertraumas jedenfalls nach Ablauf eines Jahres seit dem Zeitpunkt des Unfallereignisses als vollständig abgeklungen anzusehen sind, ist es daher nicht gerechtfertigt, die der Klägerin nach Ablauf dieses Jahres verbliebenen Gesundheitsbeeinträchtigungen im Sinne der Anerkennung eines weitergehenden Schmerzensgeldes zu berücksichtigen. Denn diese. der Klägerin verbliebenen Beeinträchtigungen sind. wie festgestellt worden ist. ausschließlich auf die der Beklagten nicht zurechenbaren Folgen des Carpal-Tunnelsyndroms zurückzuführen. </p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Das weitergehende Schmerzensgeldbegehren der Klägerin ist daher unbegründet. </p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Ebenfalls unbegründet ist der von der Klägerin weiterhin gestellte Feststellungsantrag (§ 256 ZPO). Es fehlt an dem zu fordernden Feststellungsinteresse der Klägerin. Ein derartiges Interesse weise bei dem festgestellten Ergebnis lediglich für die materiellen Folgen als Unfallereignisses bis Juli 1987 einschließlich anzuerkennen, da danach aus den oben dargetanen Gründen auch die materiellen Schäden der Klägerin der Beklagten nicht zurechenbar sind. Die bis zum Ablauf des Monats Juli 1987 der Klägerin entstandenen materiellen Unfallfolgen wären jedoch von dieser nach anerkannten Rechtsgrundsätzen in Form einer positiven Leistungsklage geltend zu machen gewesen {vgl. dazu: BGH NJW 73. 150o}. </p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Aufgrund dessen wäre ein Feststellungsinteresse allenfalls für die zukünftigen, zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Gerichts noch nicht feststehenden bzw. vorhersehbaren materiellen Unfallfolgen anzuerkennen. Für diese zukünftigen Folgen hat die Beklagte jedoch. wie festgestellt worden ist. nicht aufzukommen. da sich die Klägerin die Gesundheitsbeeinträchtigungen. die ihr nach Ablauf von einem Jahr </p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">nach dem Unfallereignis verblieben sind, selbst zurechnen lassen muss. </p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Das Zinsbegehren der Klägerin rechtfertigt sich nach der gesetzlichen Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von Prozesszinsen {§ 291 BGB}. </p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Ein Verzugsbeginn mit Wirkung ab dem 1. Dezember 1986. wie dieser von der Klägerin in Ansatz gebracht worden ist, ist dabei nicht schlüssig vorgetragen worden (§138 BGB). </p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Ihre weitergehende Zinsforderung war daher abzuweisen. </p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Die übrigen Nebenentscheidungen folgen aus Ё 32. 709. 108 ZPO. </p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Streitwert: 35.000,- DM </p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">a) Schmerzensgeldantrag 25.000,- DM </p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">b) Feststellungsantrag 10.000,- DM. </p>
|
315,119 | olgham-1990-04-10-2-uf-40986 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 2 UF 409/86 | 1990-04-10T00:00:00 | 2019-03-13T14:46:46 | 2022-10-18T15:09:03 | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1990:0410.2UF409.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der am 16. Juli 1986 verkündete Beschluß des Amtsgerichts Coesfeld abgeändert.</p>
<p></p>
<p>Der Versorgungsausgleich wird wie folgt durchgeführt:</p>
<p>Vom Versicherungskonto des Antragstellers bei der xxx werden auf das Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der xxx Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 113,05 DM, bezogen auf das Ende der Ehezeit am 31. Januar 1986, übertragen.</p>
<p></p>
<p>Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben.</p>
<p></p>
<p>Im übrigen werden die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufgehoben.</p>
<p></p>
<p>Die weitere Beschwerde wird zugelassen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Gründe</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Parteien sind britische Staatsangehörige. Die Antragsgegnerin ist in Griechenland geboren, besitzt jedoch die griechische Staatsangehörigkeit nicht mehr.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Parteien haben am 3. März 1956 im Distrikt xxx (County of Gloucester, Großbritannien) die Ehe geschlossen. Der Antragsteller war damals Soldat bei den britischen Streitkräften. Bis 1959 war er in Großbritannien stationiert, von 1959 bis 1963 in Ostasien (Malaysia), von 1963 bis 1965 in Berlin und von 1965 bis 1967 in Aden. Die Antragsgegnerin hat ihn jeweils begleitet. Seit 1970 leben beide Parteien in der Bundesrepublik Deutschland.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Ehe der Parteien wurde durch Urteil des Amtsgerichts Coesfeld vom 26. Februar 1986, das noch am Tage der Verkündung rechtskräftig wurde, geschieden, nachdem ein früherer Scheidungsantrag des Antragstellers durch Urteil, desselben Gerichts vom 18. Februar 1983 (5 F 377/81 AG Coesfeld) abgewiesen worden war. Das Verfahren über den Versorgungsausgleich hat das Amtsgericht abgetrennt und mit Beschluß vom 16. Juli 1986 den Antrag der Antragsgegnerin auf Durchführung des Versorgungsausgleichs zurückgewiesen. Dieses hat das Amtsgericht damit begründet, daß für Scheidung und Scheidungsfolgen grundsätzlich englisches Recht gelte, welches eine versteckte Rückverweisung auf deutsches Recht enthalte. Die versteckte Rückverweisung gelte jedoch nicht für den Versorgungsausgleich, weil dieser dem englischen Recht fremd sei.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die dagegen gerichtete, gemäß §§ 621e Abs. 1, 3 zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin ist in der Sache begründet.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat die deutsche internationale Zuständigkeit für das Scheidungsverfahren und die Folgesachen zu Recht bejaht. Nach bei Antragstellung gültiger Fassung des § 606b Ziff. 1 ZPO konnte von einem deutschen Gericht entschieden werden, da beide Parteien -und zwar seit langen Jahren - ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatten und die Ehescheidung nach englischem Recht anerkannt wird. Nach der "Recognition of divorces and legal separations act 1971" (Sec. 3 Abs. 1, abgedruckt bei Bergmann/Ferid, Intern. Ehe- und Kindschaftsrecht, Bd. 3 S. 151) wird eine ausländische Ehescheidung in Großbritannien schon dann anerkannt, wenn bei der Einleitung des Verfahrens wenigstens ein Ehegatte im Gerichtsstaat seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Stellt man mit dem Bundesgerichtshof (FamRZ 1987, 580) auf die bei Antragstellung noch nicht in Kraft befindliche Vorschrift des § 606a Abs. 1 Ziff. 2 ZPO n.F. ab, kommt man zu keinem anderen Ergebnis.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Durchführung des Versorgungsausgleichs richtet sich nach deutschem Recht (§§ 1587 ff. BGB) und ist nicht deswegen ausgeschlossen, weil beide Parteien britische Staatsangehörige sind und der englischen Rechtsordnung das Rechtsinstitut des Versorgungsausgleichs nicht bekannt ist. Die generelle Möglichkeit der Durchführung des Versorgungsausgleichs kann hier zwar nicht auf Art. 17 Abs. 3 S. 2 EGBG neuer Fassung gestützt werden. Bei Inkrafttreten der Neufassung des Art. 17 EGBGB am 1. September 1986 war das vorliegende Verfahren bereits rechtshängig, das Scheidungsurteil war sogar schon seit dem 26.02.1986 rechtskräftig. Auf Verfahren, die bei Inkrafttreten der Gesetzesneufassung bereits rechtshängig waren, ist Art: 17 EGBGB neuer Fassung nicht anwendbar (Art. 220 EGBGB, vgl. Palandt/Heldrich, EGBGB, Art. 17 Anm. 1 f. m.w.N.; BGH, FamRZ 1990 S. 142).</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Ob und nach welchem Recht der Versorgungsausgleich durchzuführen ist, beurteilt sich somit im vorliegenden Fall nach Art. 17 alter Fassung EGBGB. Die früher zum Teil auch vertretene Auffassung, der Versorgungsausgleich falle als güterrechtliche Folge der Ehescheidung unter Art. 15 EGBGB (vgl. die Nachweise bei OLG München NJW 1978 S. 2450), kann als nicht mehr aktuell betrachtet werden, nachdem der Gesetzgeber durch die Neufassung des Art. 17 EGBGB ausdrücklich klargestellt hat, daß es sich beim Versorgungsausgleich um eine Scheidungsfolge handelt. Die Neufassung des Art. 17 begründet insoweit keine neue Rechtslage, sondern stellt die bisherige lediglich klar (vgl. die Nachweise für die schon früher n.M. bei Jayme, NJW 1978 S. 2417). Sowohl die Scheidung als auch die Folgesachen unterliegen somit gemäß Art. 17 Abs. 1 alter Fassung EGBGB dem Recht, das bei Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags für die allgemeinen Wirkungen der Ehe maßgebend war (sogenanntes Wirkungsstatut). Dies ist gemäß Art. 14. Abs. 1 EGBGB das Recht des Staates, dem beide Ehegatten angehören, d.h. hier das englische Recht. Dieses wiederum enthält eine sogenannte versteckte Rückverweisung. Dies wird nach allgemeiner Auffassung aus der bereits erwähnten Anerkennung der deutschen internationalen Zuständigkeit nachdem Wohnsitzprinzip des § 606a Abs. 1 Nr. 2 ZPO (früher § 606b Nr. 1 ZPO) gefolgert (vgl. z.B. OLG Oldenburg, FamRZ 1984 S. 715; OLG Stuttgart, FamRZ 1986 S. 687; Adam IPrax 1987 S. 98 ff.; MK-Winkler von Mohrenfels, Art. 17 EGBGB Rz. 194; Erman/Kegel, EGBGB, Art.- 27 Rz. 29). Auch eine solche versteckte Rückverweisung ist grundsätzlich zu beachten, (vgl. Staudinger/Graue, 12. Aufl., Art. 27 EGBGB Rz. 84 m.w.N.; OLG Oldenburg, a.a.O.; OLG Stuttgart, a.a.O.), jedoch sind die Folgen der versteckten Rückverweisung im einzelnen in Rechtsprechung und Literatur streitig. Fraglich ist schon, ob die versteckte Rückverweisung zur Folge hat, daß deutsches Sachrecht anwendbar ist, oder ob englisches Sachrecht anwendbar bleibt (vgl. dazu Adam, IPrax a.a.O. S. 101; Erman/Kegel, EGBGB, Art. 27 Rz. 29). Streitig ist sodann weiterhin, ob die versteckte Rückverweisung, sofern auf die Scheidung deutsches Sachrecht anzuwenden ist, auch die Scheidungsfolgen, insbesondere den Versorgungsausgleich erfaßt, der dem endlichen Recht unbekannt ist, so daß insoweit eine Rückverweisung nicht gewollt sein könnte (so z.B. OLG Oldenburg, a.a.O. m.w.N. MK-Winkler v. Mohrenfels a.a.O.; OLG Bamberg - FamRZ 1979, 930 f.; Staudinger/Graue, Rdz. 98 zu Art. 27 EGBGB; für peruanisches Recht AG Hamburg NJW-RR 1986, 374; Jayme, NJW 1978, S. 2419 spricht von einer versteckten Teilrückverweisung; kritisch Henrich in einer Anmerkung zu einem Urteil des AG Pforzheim vom 11.02.1982, IPrax 1982, S. 81, 82).</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Höchstrichterlich sind diese Zweifelsfragen noch nicht geklärt.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Senat geht für seine Entscheidung von folgender Erwägung aus: Da im vorliegenden Fall beide Parteien ihren auf Dauer angelegten Wohnsitz in Deutschland hatten - insofern unterscheidet sich der vorliegende Fall von dem vom OLG Stuttgart a.a.O. entschiedenen Fall - und beide Parteien auf Dauer hier bleiben wollen, hatte keiner von ihnen sein "Domizil" im Sinne des englischen Rechts in Großbritannien (vgl. zum Domizilbegriff Kropholler, Intern. Privatrecht, § 37 I 2 a). Die englische Jurisdiktion war somit für die Scheidungsklage nicht zuständig (See. 5 (2) des Domicile and Matrimonial Proceedings Act 1973). Dies gilt auch für Scheidungsfolgesachen. Gleiches würde i.ü. auch gelten, wenn der Versorgungsausgleich nach englischer Rechtsauffassung güterrechtlich zu qualifizieren wäre (vgl. Adam/Prax. 1987 S. 100). Die englische Rechtsordnung lehnt somit für Fälle der vorliegenden Art eine eigene Entscheidung sowohl über die Scheidung als auch die Folgesache Versorgungsausgleich ab. Damit ist zwar nichts zwingend darüber ausgesagt, welches Recht anzuwenden ist. Der Anwendung englischen Rechts steht indessen entgegen, daß für die deutschen Gerichte die Anwendung englischen Rechts mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden ist, weshalb jede Rechtsordnung bestrebt ist, bei eigener Entscheidungskompetenz auch eigenes Sachrecht anzuwenden, zumal materielles Recht und Prozeßrecht vielfach miteinander verzahnt sind (sogenanntes "Heimwärtsstreben", vgl. Adam a.a.O. S. 101 m.w.N.). Lehnt das ausländische Recht eine eigene Entscheidungskompetenz gänzlich ab und überläßt es die Entscheidung dem deutschen Gericht, .so nimmt es nach Auffassung des Senats auch in Kauf, daß deutsches Sachrecht sowohl für die Scheidung als auch für die Scheidungsfolgen angewandt wird (vgl. Adam a.a.O.). Der Senat folgt aus diesen Erwägungen heraus nicht der Auffassung, daß im Falle einer versteckten Rückverweisung generell Rechtsinstitute, die dem ausländischen Recht nicht bekannt sind, nicht gelten (vgl. im Ergebnis auch Palandt/Heldrich, Art. 17 EGBGB, Anm. 1 a m.w.N.; Lüderitz, IPrax 1987, 80; MK-Lorenz, Art. 17 EGBGB Rdz. 338; Soergel/Schurig, Art. 17 EGBGB, Rdz. 140; Staudinger/v. Bar, Art. 17 EGBGB Rdz. 129; OLG Stuttgart, FamRZ 1986, 687; vgl. auch Jayme, Anm. zu einem Urteil des AG Hamburg in IPrax: 1984 , 103).</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der genannten Auffassung kann zumindest dann nicht, gefolgt werden, wenn - wie es der wohl überwiegenden Meinung entspricht - aus der versteckten Rückverweisung der Schluß gezogen wird, daß jedenfalls für die Scheidung deutsches Recht gilt. Eine Diskrepanz zwischen Scheidungs- und Scheidungsfolgenrecht ist nach Möglichkeit zu vermeiden, was auch für den Versorgungsausgleich gilt (vgl. BGH FamRZ, 1980, .29 ff.; FamRZ .1990, 386 ff.). Der Senat wendet deshalb hier auf den Versorgungsausgleich deutsches Recht an.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">4.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Durchführung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs ist allerdings - wie von der Antragsgegnerin auch nicht anders beantragt - beschränkt auf die in Deutschland erworbenen Versorgungsanwartschaften der Parteien. Ausländische Versorgungsanwartschaften können von deutschen Gerichten weder durch Splitting noch durch Quasi-Splitting ausgeglichen werden (BGHZ 75, 246 ff.; Palandt/Heldrich, Art. 17 EGBGB Anm. 6 d). Auch eine Ausgleichung durch erweitertes Splitting ist nicht möglich (§§ 36 Abs. 2, 3 a Abs. 5 VAHRG). Insoweit bleibt nur der schuldrechtliche Versorgungsausgleich, den die Antragsgegnerin gegebenenfalls beantragen muß.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">5. Der Durchführung des Versorgungsausgleichs steht auch nicht entgegen, daß nicht festgestellt werden könnte, welcher Ehegatte in der Ehezeit die höheren Anwartschaften auf Altersversorgung erworben hat. Es kann mit hinreichender Sicherheit davon ausgegangen werden, daß hier der Antragsteller in der Ehezeit, die; gemäß § 1587 Abs. 2 BGB vom 01.03.1956 bis 31.01.1986 zu rechnen ist, die höheren Anwartschaften erlangt hat. Es kann mit hinreichender Sicherheit davon ausgegangen werde, daß hier der Antragsteller in der Ehezeit die gemäß § 1587 Abs. 2 BGB vom 01.03.1956 bis 31.01.1986 zu rechnen ist, die höheren Anwartschaften erlangt hat. Nach der Eheschließung im Jahre 1956 haben die Parteien rund 3 Jahre lang (bis 1959) in Großbritannien gelebt. In dieser Zeit hat die Antragsgegnerin dort gearbeitet und auch Anwartschaften auf Altersversorgung erworben. Die Höhe dieser und der von ihr sonst gebildeten Versorgungsanwartschaften liegt jedoch so niedrig, daß ausgeschlossen werden kann, daß die Antragsgegnerin in der Ehezeit gleich hohe oder gar höhere Anwartschaften erworben hat wie bzw. als der Antragsteller. Gemäß Bescheid des Department of Social Security vom 07.11.1989 (BT. 200. d.A.) bezieht die Antragsgegnerin bis März 1990 eine wöchentliche Pension von 33,59 englischen Pfund und ab April 1990 eine Pension von 36,14 Pfund. Wie sich aus dem weiteren Bescheid aus November 1989 (BT. 201 d.A.) ergibt, handelt es sich dabei um eine zusammengefaßte Pension aus der eigenen Altersversorgung der Antragsgegnerin und aus der Altersversorgung des Antragstellers ("on your and your former husband's insurance"), das heißt die von der Antragsgegnerin selbst erworbenen Anwartschaften liegen jedenfalls unter dem Zahlbetrag. In der griechischen Altersversorgung hat die Antragsgegnerin in der Ehezeit keine Anwartschaften erlangt. Sie hat nach der Heirat der Parteien nicht in Griechenland gearbeitet, sondern unstreitig nur in Großbritannien und der Bundesrepublik Deutschland. Es ist davon auszugehen, daß sie auch durch freiwillige Weiterversicherung in Griechenland keine Rentenanwartschaften gebildet hat. Sie selbst hat bei ihrer Anhörung vor dem Senat erklärt, sie habe sich in Griechenland nicht freiwillig weiterversichert. Der Antragsteller hat Gegenteiliges nicht behauptet. Er hat vielmehr erklärt, er müßte eigentlich wissen, wenn die Antragsgegnerin freiwillig Zahlungen zur griechischen Rentenversicherung geleistet hätte. Aus dem Schreiben der griechischen Rentenversicherungsanstalt vom 22.11.1935 (Bl. 204 d.A.) ergibt sich, daß man dort, ohne weitere Unterlagen keine Feststellungen zu eventuellen Rentenanwartschaften der Antragsgegnerin treffen konnte. Die Antragsgegnerin hat dazu erklärt, sie besitze keinerlei Unterlagen, da sie keine Anwartschaften in Griechenland erworben habe. Insgesamt kann nach allem davon ausgegangen werden, daß die Antragsgegnerin jedenfalls in der Ehezeit keinerlei Anrechte in der griechischen Altersversorgung gebildet hat.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Neben den bereits erwähnten Anwartschaften in der britischen Altersversorgung hat die Antragsgegnerin lediglich in der deutschen Rentenversicherung Anwartschaften erworben. Von 1959 (bis dahin war sie gemeinsam mit dem Antragsteller in Großbritannien) bis 1963 hat die Antragsgegnerin sich gemeinsam mit dem Antragsteller in Ostasien (Malaysia) aufgehalten, von 1965 bis 1967 in Aden (Südjemen). Die Antragsgegnerin hat in dieser Zeit unstreitig nicht gearbeitet und keinerlei Rentenanwartschaften erlangt. In der Zwischenzeit von 1963 bis 1965 war der Antragsteller in Berlin stationiert. Die in dieser Zeit erworbenen Anwartschaften in der deutschen Rentenversicherung sind in der die Antragsgegnerin betreffenden Auskunft der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 09.10.1989, auf die noch einzugehen sein wird, enthalten. Nach der Rückkehr aus Aden hat die Antragsgegnerin - auch dies ist unstreitig - erst 1971 wieder in Deutschland zu arbeiten begonnen, so daß sie in der Zwischenzeit, d.h. von der Versetzung des Antragstellers nach Aden (Südjemen) an bis zum Jahre 1971, keine Anrechte in der Altersversorgung erlangt hat. Damit steht fest, daß die Antragsgegnerin in der Ehezeit neben den Anwartschaften in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung lediglich in der britischen Sozialversicherung Anrechte auf Altersversorgung erworben hat.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die ehezeitlich erworbenen Anrechte der Antragsgegnerin in der deutschen Rentenversicherung machen ausweislich der Auskunft der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 09.10.1989 (Bl. 182 ff. d.A.) 416,- DM im Monat aus. Die ehezeitlich erworbenen Anrechte in der britischen Altersversorgung sind nicht genau bekannt. Die Antragsgegnerin bezieht - wie erwähnt - wöchentlich 33,59 englische Pfund, ab 09.04.1990 36,14 Pfund, und zwar aus der eigenen und der Altersversicherung des Antragstellers zusammengenommen ("on your and your former husband's Insurance", vgl. Schreiben aus November 1989, Bl. 201 d.A.). Umgerechnet auf den Monat waren dies vor dem 09.04.1990 rund 145 Pfund, danach rund 156 Pfund. Umgerechnet in DM macht dies - der Wechselkurs schwankt fortlaufend - derzeit etwa 406, DM bzw. 437,- DM aus. Selbst wenn man diese Rente - was gewiß nicht zulässig ist - voll auf von der Antragsgegnerin in der Ehezeit erworbene Anrechte zurückführen wollte, so ergäben sich zusammen mit den Anwartschaften aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung Anwartschaften von etwa 850,- DM - 860,-DM insgesamt im Monat. Der Antragsteller hat dagegen allein in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung in der Zeit vom 01.11.1972 bis 31.01.1986 Anwartschaften von monatlich 642,60 DM erworben (vgl. Auskünfte der BfA vom 26.02.1987, Bl. 99 d.A., und vom 08.08.1989, Bl. 144 d.A.), d.h. er hat in kürzerer Zeit, in der er in Deutschland berufstätig war höhere Anwartschaften erlangt, als die Antragsgegnerin hier in einem längeren Zeitraum bilden konnte. Er bezieht aus seiner 25jährigen Dienstzeit in der britischen Armee darüber hinaus eine monatliche Versorgung von derzeit schwankend um 700,- DM monatlich. Diese Versorgung ist überwiegend in der Ehezeit erworben worden. Der Antragsteller war von 1974 bis 1972 Armeeangehöriger, geheiratet haben die Parteien am3. März 1956. Von den 25 Dienstjahren in der britischen Armee fallen somit rd. 16 Jahre in die Ehezeit, so daß die in dieser Zeit erworbenen Anwartschaften überwiegend in der Ehezeit erlangt sind. Auch wenn man diese Versorgungsbezüge außer Betracht läßt, weil es sich nicht um eine Altersrente im üblichen Sinn handeln mag, so wird der Antragsteller nach Vollendung des 65. Lebensjahres, wie er selbst bei seiner Anhörung eingeräumt hat, eine zusätzliche Rente erhalten. Es ist unvorstellbar, daß der Antragsteller während seiner 16jährigen in die Ehezeit fallenden Tätigkeit in der britischen Armee eine wesentlich niedrigere Altersversorgung erworben hat als die Antragsgegnerin binnen dreier Jahre in Großbritannien. Eine solche Annahme wäre lebensfremd. Auch der Antragsteller hat in der mündlichen Verhandlung vordem Senat derartiges nicht behauptet. Es kann damit als gesichert angesehen werden, daß der Antragsteller in der Ehe die deutlich höheren Anwartschaften auf Altersversorgung erworben hat.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">6.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Ein Ausschluß des Versorgungsausgleichs (§ 1587h BGB) kommt nicht in Betracht; auch die Voraussetzungen von Ziffer 1 dieser Vorschrift sind nicht gegeben.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Es ist schon fraglich, ob die Antragsgegnerin den nach ihren Lebensverhältnissen angemessenen Unterhalt aus ihren eigener Einkünften und ihrem eigenen Vermögen bestreiten kann. Ihre eigenen Einkünfte aus der deutschen und britischen Altersversorgung machen zusammengenommen noch nicht einmal 900,- DM im Monat aus und sichern der Antragsgegnerin nicht das Existenzminimum. Ob die Antragsgegnerin - wie der Antragsteller behauptet - Kleinmöbel und Elfenbeinartikel im Wert von 8.000,- DM bis 10.000,- DM nach der Trennung der Parteien behalten hat, kann dahinstehen. Gleiches gilt für Orientteppiche, Brücken und Schmuckstücke, zu deren Wert der Antragsteller nichts mitgeteilt hat. Es ist nicht ersichtlich, daß die Antragsgegnerin aus dem Veräußerungserlös derartiger Gegenstände langfristig in nennenswertem Umfang ihren Lebensunterhalt wesentlich aufbessern könnte. Bei einer Anlage zu 7% Zinsen würden 10.000,- DM lediglich Einnahmen von knapp 60,- DM im Monat erbringen. Selbst ein Dreifaches dieses Betrages würde der Antragsgegnerin zusammen mit den Renteneinkünften, den vom Antragsteller behaupteten Mieteinnahmen von 250,- DM monatlich und etwaigen Einkünften aus Lebensversicherungen, zu deren Höhe nichts vorgetragen ist, allenfalls ein bescheidenes Auskommen ermöglichen. Es ist nicht ersichtlich, daß schon ein solches Einkommen den nach den Lebensverhältnissen der Antragsgegnerin, zu denen der Antragsteller im übrigen nichts vorgetragen hat, angemessenen Unterhalt abdeckt.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Selbst wenn man davon ausgehen wollte, so kann nicht angenommen werden, daß die Durchführung des Versorgungsausgleichs für den Antragsteller unter Berücksichtigung der beiderseitigen Verhältnisse eine unbillige Härte bedeutet.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die Altersversorgung des Antragstellers erscheint auch bei Durchführung des Versorgungsausgleichs schon jetzt hinreichend gesichert. Er bekommt schon heute ohne die Altersrente aus der britischen Sozialversicherung monatlich 700,- DM Pension von der britischen Armee und verfügt darüber hinaus nach Durchführung des Versorgungsausgleichs schon jetzt über eine weitere deutsche Rentenanwartschaft von rund 530,- DM im Monat, bezogen auf das Ende der Ehezeit, die bis zum Erreichen der Altersgrenze noch steigen wird. Zusammen mit den Bezügen aus seiner Armeezugehörigkeit hat der Antragsteller schon nach heutigem Stand feststellbare Bezüge von über 1.200,- DM, die sich noch beträchtlich erhöhen, weil er nach Erreichen der Altersgrenze die Altersrente aus der britischen Altersversorgung bekommt und die Anwartschaften aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung weiter anwachsen. Die Einkünfte der Antragsgegnerin werden dahinter selbst bei Durchführung des Versorgungsausgleichs und unter Einbeziehung der vom Antragsteller behaupteten monatlichen Mieteinnahmen von 250,- DM und gewisser Einkünfte aus Vermögen einschließlich der zugunsten der Antragsgegnerin bestehenden Lebensversicherungen voraussichtlich zurückbleiben.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Auch andere Umstände rechtfertigen nicht die Annahme einer unbilligen Härte. Daß dem Antragsteller aus der Ehezeit Schulden von 16.700,- DM verblieben sind, macht die Durchführung des Versorgungsausgleichs keineswegs unbillig, zumal die Schulden unbestritten aus der Anschaffung eines vom Antragsteller im wesentlichen allein benutzten Pkw herrühren. Auch kann der Antragsteller sich zur Darlegung einer unbilligen Härte nicht darauf stützen, daß die Antragsgegnerin, bei der Verteilung des Hausrates und des Zugewinnes mehr erhalten habe als er und er Geld in die Eigentumswohnung der Antragsgegnerin in Griechenland investiert habe. Über Hausrat und Zugewinn haben die Parteien, sich schriftlich geeinigt, wie sich aus den gewechselten Schreiben vom 20.06.1986 (Bl. 175 d.A.) und 29.07.1986 (Bl. 178 d.A.) in Verbindung mit der unstreitigen Tatsache der Zahlung des vom Antragsteller angebotenen Abfindungsbetrages von 3.500,- DM ergibt. In dem Schriftwechsel sind alle streitigen Punkte wie die Bewertung des vom Antragsteller zurückgelassenen Mobiliars, seine Aufwendungen für die Eigentumswohnung der Antragsgegnerin, die bestehenden Schulden und die Lebensversicherungen erörtert worden. Der Antragsgegner kann sich nicht darauf berufen, die seinerzeit von ihm selbst angeregte Einigung habe der Antragsgegnerin ungerechtfertigte Vorteile verschafft. Abgesehen davon, daß für etwas derartiges substantiiert nichts dargelegt ist, hat er diese Regelung selbst als interessengerechten Ausgleich akzeptiert und ist er daran gebunden, wobei darauf hinzuweisen ist, daß die Antragsgegnerin ausdrücklich den Versorgungsausgleich und die Frage des Unterhalts ausgeklammert hat.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">7.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Im Ergebnis waren somit die von beiden Parteien in der Ehezeit im Inland erworbenen Versorgungsanrechte auszugleichen. Der Antragsteller hat auch ausweislich der Auskünfte der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 26.02.1987 (Bl. 89 d.A.) und vom 08.08.1989 (Bl. 144 d.A.) in der Ehezeit Anwartschaften in Höhe von 642,60 DM monatlich erworben. Die Antragsgegnerin hat ausweislich der vom Senat eingeholten Auskunft der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Anwartschaften von monatlich 416,50 DM erlangt. Die Differenz beider Anwartschaften beträgt 226,10,- DM. In Höhe der Hälfte des Wertunterschiedes, d.h. in Höhe von 113,05 DM, waren somit gemäß § 1587b Abs. 1 BGB Anwartschaften vom Versicherungskonto des Antragstellers auf das Konto der Antragsgegnerin zu übertragen.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 8 GKG, 93a ZPO.</p>
|
315,120 | lg-duisburg-1990-04-10-20-o-10490 | {
"id": 807,
"name": "Landgericht Duisburg",
"slug": "lg-duisburg",
"city": 408,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 20 O 104/90 | 1990-04-10T00:00:00 | 2019-03-13T14:46:56 | 2022-10-18T15:09:03 | Urteil | ECLI:DE:LGDU:1990:0410.20O104.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 7.500,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 02. August 1989 zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits tragen zu 65 % der Beklagte, zu 35 % der Kläger.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 9.000,00 DM. Der Kläger darf die gegen ihn gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 300,00 DM abwenden, wenn nicht der</p>
<p>Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet. </p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>T a t b e s t a n d :</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Am 02. Juni 1989 gegen 20.00 Uhr befanden sich die Parteien in der Gaststätte, in X. Zwischen den Parteien, die schon seit längerem zerstritten waren, kam es im Laufe des Abends, nachdem sie Alkohol getrunken hatten, zu einer verbalen Auseinandersetzung. Als der Kläger das Lokal verließ, folgte ihm der Beklagte. Außerhalb der Gaststätte schlug der Beklagte dem Kläger mit der Faust ins Gesicht, so daß dieser zu Boden stürzte. Als sich der Kläger wieder aufrichten wollte, umschloß der Beklagte dessen Hals mit beiden Händen und würgte ihn. Dabei biß er dem Kläger ein Stück seines linken Ohres ab.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Zusammen mit dem ebenfalls anwesenden Zeugen begab sich der Kläger zum nahegelegenen Hospital. Dort wurde zunächst die Reimplantation des abgebissenen Ohrmuschelteils, den der Kläger mit ins Krankenhaus genommen hatte, versucht. Es kam jedoch zu einer Nekrose, so daß der reimplantierte Teil wieder abgetragen werden mußte. Insgesamt befand sich der Kläger 17 Tage in stationärer Behandlung.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Wegen des Vorfalls ist der Beklagte vom Amtsgericht Wesel am 29. September 1989 wegen schwerer Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist, verurteilt worden.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Mit der Klage nimmt der Kläger den Beklagten auf Schmerzensgeld in Anspruch, dessen Höhe er in das Ermessen des Gerichts setzt, hält jedoch wegen der erheblichen Schmerzen einen Mindestbetrag von 10.000,00 DM für angemessen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">den Beklagten zu verurteilen, an ihn ein in das Ermessen des Gerichts zu stellendes Schmerzensgeld - mindestens jedoch 10.000,00 DM - nebst 4 % Zinsen seit dem 02. August 1989 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat die Klageforderung in Höhe von 3.000,00 DM anerkannt und im übrigen beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hält lediglich ein Schmerzensgeld in Höhe des anerkannten Betrages für angemessen und macht im übrigen geltend, der Kläger habe beim hinausgehen aus der Wirtschaft seine Ehefrau und Tochter beleidigt. Diese Beleidigung sei auslösendes Moment für die anschließende tätliche Auseinandersetzung vor der Gaststätte gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Das Gericht hat die Strafakte der Staatsanwaltschaft Duisburg Aktenzeichen 7 Ds 18 aJs 410/89 (701/89) zu Beweiszwecken beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht. Unter Verzicht auf die nochmalige Vernehmung der Zeugen haben die Parteien und ihre Anwälte im Termin vom 20.03.1990 übereinstimmend erklärt, daß sie insbesondere mit der Verwertung der in der beigezogenen Strafakte protokollierten Aussagen einverstanden seien.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. </p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks"><b><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :</u></b></p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist im wesentlichen begründet.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat gegen den Beklagten Anspruch auf ein Schmerzensgeld gemäß §§ 823 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 223, 224 StGB, 847 BGB. Durch sein Verhalten hat sich der Beklagte einer vorsätzlichen schweren Körperverletzung schuldig gemacht. Wegen der erlittenen immateriellen Schäden hat der Kläger Anspruch auf ein Schmerzensgeld. Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes sind zum einen die erheblichen Verletzungsfolgen zu berücksichtigen, zum einen die erheblichen Schmerzen, der Schock sowie zum anderen die dauernde nicht unerhebliche Einstellung, die das Fehlen des Teils der Ohrmuschel bewirkt. Darüber hinaus befand sich der Kläger 17 in stationärer ärztlicher Behandlung und mußte eine erfolglose Reimplantation des abgebissenen Ohrmuschelteils über sich ergehen lassen. Vor allem ist aber bei der Bemessung des Schmerzensgeldes das völlig unangemessene und brutale Vorgehen des Beklagten zu berücksichtigen. Auch wenn sich die Verletzung des Klägers als Folge einer zunächst verbal geführten und dann tätlichen Auseinandersetzung darstellt, kann ein anspruchsminderndes Mitverschulden des Klägers hier nicht festgestellt werden. Aus den Aussagen der Zeugen und im Strafverfahren (Bl. 7/8, 42, 43 der beigezogenen Strafakte) ergibt sich, daß der Kläger selbst noch versucht hat, den Beklagten zu beschwichtigen, indem er ihn zu einem Bier einladen wollte. Auch hat keiner der Zeugen die Behauptung des Beklagten bestätigt, der Kläger habe sich beim Hinausgehen aus der Wirtschaft abfällig über Frau und Tochter des Beklagten geäußert. Nach alledem muß davon ausgegangen werden, daß der Kläger für den tätlichen Angriff des Beklagten außerhalb der Gaststätte keine nachvollziehbare Veranlassung gegeben hat. Insoweit soll das zuerkannte Schmerzensgeld dem Kläger nicht nur als Ausgleich für erlittene immaterielle Schäden dienen, sondern sogleich eine gewissen Genugtuung im Hinblick auf die Art und Weise des Vorgehens des Beklagten. Insgesamt erscheint ein Schmerzensgeld in der Größenordnung von 7.500,00 DM erforderlich, aber auch ausreichend, um den Zweck zu erfüllen. </p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der Zinsanspruch ist aus dem rechtlichen Gesichtspunkt des Verzuges begründet, §§ 284, 286, 291 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO. Bei der Kostenentscheidung war zu berücksichtigen, daß der Beklagte einen Teilbetrag von 3.000,00 DM anerkannt hat, so daß für die streitige Verhandlung und Beweisaufnahme von einem Gegenstandswert von 7.000,00 DM auszugehen ist. Somit ergibt sich folgende Streitwertfestsetzung:</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">für die Prozeßgebühr: 10.000,00 DM, </p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">für Verhandlungs-</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">u. Beweisgebühr nach</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Anerkennung eines</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Betrages von </p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">3.000,00 DM : 7.000,00 DM.</p>
|
315,121 | olgk-1990-04-02-27-u-14088 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 27 U 140/88 | 1990-04-02T00:00:00 | 2019-03-13T14:46:57 | 2022-10-18T15:09:03 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1990:0402.27U140.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Klägers wird - unter Zurückweisung des weiterge­henden Rechtsmittels - das am 30. Mai 1982 verkündete Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 25 0 194/86 - teilweise geän­dert und wie folgt neu gefaßt:</p>
<p></p>
<p>Das beklagte Land und die Beklagtezu 4) werden als Gesamtschuldnerverurteilt, an - den Kläger ein</p>
<p>Schmerzensgeld von (vorerst) 10.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 1. Juli 1906 zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Die Klage bleibt abgewiesen, soweit der Kläger (mit dem Antrag zu 2 b) Zahlung von 1.075,02 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 21. Oktober 1985 be­gehrt.</p>
<p></p>
<p>Hinsichtlich des Zahlungsantrags (Antrag zu 2 a) ist die Klage dem Grunde nach gerechtfertigt.</p>
<p></p>
<p>Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlußurteil vorbehalten.</p>
<p></p>
<p>Hinsichtlich der Verurteilung zu Schmerzensgeld ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Das beklagte Land und die Beklagte zu 4) dürfen die Vollstreckung gegen Sicherheit­leistung von 11.500,00 DM abwenden, soweit nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Den Beklagten und dem Kläger wird gestattet, Sicherheit auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer westdeutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse zu erbringen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>T a t b e s t a n d </u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger macht Schadensersatzansprüche mit der. Begründung geltend, daß er infolge eines Behand­lungsfehlers im Zusammenhang mit einer beidseitigen Bruchoperation am 1. September 1983 in der Universitätsklinik des beklagten Landes eine Schädigung des "nervus ulnaris" links und in deren Gefolge ei­ne Bewegungseinschränkung der linken Hand davonge­tragen habe. Als er unmittelbar nach der Operation ein Schmerz- und Taubheitsgefühl in der linken Handkante und im Bereich des vierten und fünften Fingers verspürt habe, hätten die behandelnden Ärz­te - so hat der Kläger behauptet - ihn damit ver­tröstet, daß es sich um Durchblutungsstörungen han­dele, die von selbst wieder verschwänden. Tatsäch­lich habe sich der Zustand der linken Hand aber nicht gebessert, sondern dazu geführt, daß er seinen Beruf als Maurer nicht mehr ausüben könne.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten sind den Behauptungen des Klägers entgegengetreten und. haben eine lagerungsbedingte Ulnarisschädigung bestritten. Sie haben behauptet, die Beschwerden des Klägers hätten andere Ursachen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz und der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils (BI. 234 ff. d. A.) Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat nach Beweiserhebungen die Klage mit Urteil vom 30. Mai 1988 abgewiesen. Es hat zwar als bewiesen angesehen, daß die Gefühls- und Bewegungseinschränkungen der linken Hand des Klägers auf einer Schädigung des Ulnaris-Nerven beruhten, die demgemäß auch im örtlichen und zeitlichen Zu­sammenhang mit der Operation vom 1. September 1983 aufgetreten seien. Jedoch hat es eine Haftung der Beklagten verneint, weil es sich nicht davon habe überzeugen können, daß (der Kläger während der Her­nienoperation falsch gelagert worden sei. DieNichtfeststellbarkeit des Behandlungsfehlers – so hat das Landgericht ausgeführt - gehe zu Lasten des Klägers.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Wegen der näheren Einzelheiten der Begründung des angefochtenen Urteils wird auf dessen Entschei­dungsgründe (Bl. 237 - 242 d. A.) verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Gegen das ihm am 20. Juli 1928 zugestellte Urteil des Landgerichts (BI. 249 d. A.) hat der Kläger Schriftsatz vom 1.August 1938, bei Gericht eingegangen am 2. August 1988 (B1. 272 d. A.), Berufung eingelegt. Diese hat er mit Schriftsatz vom 4. Oktober 1988, bei Gericht eingegangen am 14. Oktober 1988 (Bl. 286 d; A.), begründet.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Unter Wiederholung  und Vertiefung seines erstin­stanzlichen Vorbringens meint der Kläger, es sei Sache der Beklagten zu beweisen, daß die während der Operation eingetretene Schädigung nicht auf ei­nem Behandlungsfehler beruhe. Dies folge daraus, daß die Beklagten ihrer Dokumentationspflicht nicht genügt hätten. In diesem Zusammenhang unterstellt der Kläger, daß der Ellenbogen während der Opera­tion auf der Kante des Operationstisches gelegen habe. Wahrnehmen können habe er das nicht, weil er sich bereits in Narkose befunden habe. Der Beklagte zu 3) habe die Verpflichtung gehabt, vor der Opera­tion die richtige Lage des Armes zu überprüfen. Die Beklagte zu 4) hätte die Lage des Armes während der Operation fortlaufend überwachen müssen. Weil jede Dokumentation über die Lagerung des Arms fehle, sei der Beweis erbracht, daß der Arm nicht richtig ge­lagert worden sei. Demzufolge sei bewiesen, daß der Ellenbogen auf der Kante des Operationstisches ge­legen habe. Eine andere Ursache für die Ulnaris­Lähmung komme nicht in Betracht. Der Kläger behaup­tet in diesem Zusammenhang insbesondere, eine Ano­malie hinsichtlich der Führung oder Einbettung des Nervs habe bei ihm nicht vorgelegen. Er ist weiter der Auffassung, daß die Beklagten auch für den ihm entstandenen Schaden einstehen müßten, wenn die Ul­naris-Läsion in der postoperativen Phase eingetre­ten sein sollte. Auch in diesem Falle hätten sie nämlich die Nervschädigung abwenden müssen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Schließlich rügt der Kläger,  daß die Reklagten ih­rer Aufklärungspflicht nicht genügt hätten. Keiner der behandelnden Ärzte habe darauf aufmerksam gemacht, daß es während der Operation zu einer Schä­digung des Ulnaris-Nervs kommen und daß diese eine Lähmung  der linken Hand zur Folge haben könne. Im Falle einer ordnungsgemäßen Aufklärung hätte er, der Kläger, der Operation nicht zugestimmt. Statt das Risiko einer Handlähmung zu laufen, die ihn be­rufsunfähig gemacht habe, hätte er sich mit einem Bruchband beholfen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Kläger, der seine Berufung gegen die Beklagten zu 2) und zu 3) im Termin vom 1. Februar 1989 (Bl. 393 d. A.) zurückgenommen hat,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">das am 30. Mai 1988 verkündete Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 25 0 194/86 - teilweise abzuändern und das beklagte Land sowie die Beklagte zu 4) als Gesamtschuldner zu verurteilen,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">1. an ihn, den Kläger, einangemessenes, vom Zeitpunkt der Klagezustellung (1. Juli 1986) mit 4 % zu verzinsen des Schmerzensge1d in Höhe  von mindestens 15.000,00 DM zu zahlen;</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">2. a) an ihn, den Kläger, einen Betrag in Höhe von brutto DM 148.930,00 abzüglich in der Zeit vom 16. Septem­ber 1983 bis 30. Juni 1984 an den Kläger gezahlten Krankengeldes von DM 17.194,20 sowie in der Zeit vom 1. Juli 1984 bis 30. Juni 1988 ge­zahlter Erwerbsunfähigkeitsrente in Höhe von DM 39.128,64 sowie in der Zeit vom 1. Juli 1988 bis 30. Septem­ber 1988 gezahlter Erwerbsunfähigkeitsrente in Höhe von DM 2.559,00 nebst 4 % Zinsen aus dem sich daraus ergebenden Nettobetrag seit dem 21. Oktober 1985 zu zahlen;</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">b) an ihn, den Kläger;DM 1.075,02 nebst 4 % Zinsen seit dem 21. Oktober 1985 zu zahlen,</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">sowie</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">3  festzustellen, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihm, dem Kläger, sämtliche Schäden zu ersetzen, die auf die fehlerhafte Be­handlung im Zusammenhang mit der Lei­stenbruchoperation vom 1. September 1983 zurückzuführen sind, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversiche­rungsträger oder sonstige Dritte übergehen bzw. übergegangen sind.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Das beklagte Land, die Beklagte zu 4) und der frühere Beklagte zu 3), der dem beklagten Land und der Beklagten zu 4) in der Berufungsinstanz als Streit-helferbeigetreten ist,</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen, </p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">das beklagte Land und die Beklagte zu 4) darüber hinaus, ihnen nachzulassen, er­forderliche-Sicherheit auch durch selbst­schuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse erbringen zu dürfen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Das beklagte Land hält die Annahme des Landge­richts, die Nervschädigung sei jedenfalls während der Operation eingetreten, für nicht haltbar. Es kämen nämlich auch Bandscheibenvorfälle und eine bei dem Kläger diagnostizierte Polyneuropathie in Betracht, ferner anatomische Besonderheiten, die bereits bei Bettlägerigkeit eine Ulnaris-Schädigung hervorrufen könnten. Selbst wenn man aber eine Schädigung während der Operation annähme, so indi­ziere dies keinen Fehler bei der Lagerung des Arms. Eine Dokumentationspflicht bestehe nicht. Bei  der Unstreitig in Rückenlage durchgeführten Operation sei die Lagerung des Arms auf einer gepolsterten Schiene eine reine Selbstverständlichkeit gewesen, die nicht eigens im Operationsbericht habe vermerkt werden müssen. Weil diese Form der Lagerung so selbstverständlich sei, hätten die Zeugen Dr. T., Q. und Dr. W. keine konkrete Erinnerung an den Fall des Klägers mehr gehabt. Was die angebliche Aufklärungspflicht angehe, so habe es sich hier um kein spezielles Ri­siko der konkret am Kläger vorgenommenen Operation gehandelt. Diese habe in einer entspannten Rücken­lage stattgefunden, wobei die Arme des Klägers zusätzlich in einer gepolsterten Schiene gelagert ge­wesen seien. Im übrigen sei die Frage einer etwai­gen Nerv-Schädigung in dem Aufklärungs- und Anamn­sebogen ausdrücklich angesprochen worden mit dem Passus:</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Ebenso überwachen wir in Zusammenarbeit mit dem Operateur laufend die Lagerung auf dem Operationstisch, um Nervenschaden durch Druck oder Zerrung zu vermeiden.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><table class="absatzLinks" cellpadding="0" cellspacing="0">
<tbody><tr>
<td> </td>
<td> </td></tr></tbody></table><span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Das beklagte Land behauptet darüber hinaus, daß  auch bei einem weitergehenden Hinweis der Kläger in die Operation eingewilligt hätte.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte zu 4) trägt ebenfalls vor, die Ulnaris-Schädigung sei nicht durch die Operation vom 1. September 1983 verursacht worden. Beweiserleich­terungen oder eine Beweislastumkehr kämen nicht in Betracht. Eine Dokumentationspflicht hinsichtlich der Lagerung der Arme des Klägers habe nicht be­standen. Entscheidend gegen eine Schädigung des Klägers während des Aufenthaltes in der Universi­tätsklinik  spreche, daß der Kläger nach seinen ei­genen Angaben erst allmählich sich verschlimmernde Beeinträchtigungen am Arm verspürt haben wolle. Der typische Verlauf sei anders: Immer stehe nämlich die schwerste Beeintrdchtigung am Anfang und bilde sich dann - zumindest in bestimmtem Umfang - zurück.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Falls der Kläger die Nerv-Schädigung aber während der Operation erlitten habe, so sei sie, die Beklagte zu 4), für die Lagerung des Arms nicht ZUständig gewesen. Sie habe als Anaesthesistin nur darauf achten müssen, daß sich die Körperlage des Klägers während der Operation nicht veränderte. Das sei aber nicht geschehen und habe folglich auch keiner besonderen Dokumentation bedurft. Hinsichtlich der Aufklärungspflicht verweist die Beklagte zu 4) auf ihr mit dem Kläger geführtes Gespräch. Ein Hinweis auf die Möglichkeit einer Ulnaris-Schä­digung sei hierbei jedoch nicht erforderlich gewe­sen.  Bei ordnungsgemäßer Lagerung, wie sie hier vorgelegen habe, träten nämlich solche Schäden extrem selten auf.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien und dem Streithelfer gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung ein schriftlichen Sachverständigengutachtens des Privatdozenten Dr. N. (B1. 399 ff. d. A.) nebst elektromyographischem und elektroneurographi­schem Zusatzgutachten sowie durch die Vernehmung von Zeugen (B1. 519 ff., 530 ff. d.A.).</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Gutachten (B1. 424 ff, 475 ff. d. A.), auf die Sitzungsnie­derschriften vom 18. Oktober 1989 (B1. 519 ff. d. A.) und vom 15. Januar 1990 (B1. 563 ff. d. A.) so­wie auf die schriftlichen Aussagen der Zeuginnen S. O. und P. U. (Bl. 581, 582 d. A.) Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidunqsgründe</u></p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Die in rechter Form und Frist eingelegte und be­gründete Berufung ist zulässig.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Sie hat in der Sache Erfolg, soweit der Kläger we­gen der beeinträchtigten Gebrauchsfähigkeit seiner linken Hand ein Schmerzensgeld verlangt und sooweit er - der Höhe nach allerdings noch nicht spruchreif - zunächst dem Grunde nach Ersatz für die dadurch bedingten Erwerbsnachteile (Antrag zu a) erstrebt. Noch nicht entschieden werden kann dage­gen über den Feststellungsantrag (Antrag zu 3), weil noch offen ist, ob dieser sich als begründet erweist.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsreif und abzuweisen war die Klage da‑gegen hinsichtlich des Antrags zu 2 b), mit dem der Kläger Kostenersatz in Höhe von 1.075,02 DM be­gehrt, die er an das "Institut für Medizinschaden-Begutachtung" abgeführt hat.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">I. 1. Nach Auffassung des Senats haben das beklagte Land und die Beklagte zu 4) als Ge­samtschuldner dem Kläger gegenüber für die Bewe­gungseinschränkung bzw. mangelnde Gebrauchstüchtig­keit von dessen linker Hand einzustehen. Dabei haf­tet das beklagte Land dem Kläger für dessen materi­elle Schäden aus dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung des Behandlungsvertrages sowie - deliktisch - gemäß § 831 Abs. 1, § 847 BGB zu­gleich für die diesem entstandenen immateriellen Schäden. Die Beklagte zu 4) ist dem Kläger aus un­erlaubter Handlung (§§ 823, 842, 843, 847 BGB) ver­antwortlich.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">a)  Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs,der der Senat folgt, tragen der Krankenhausträger und die behandelnden Ärzte die Beweislast dafür, daß der Patient zur Vermeidung von Lagerungsschäden sorgfältig und richtig auf dem Operationstisch gelagert wurde und daß die Operateure dies kontrolliert haben (BGH NJW 1984, 1403). Nach Auffassung des Senats gilt Entsprechendes für die Beibehaltung einer für den Patienten schadlosen Lagerung während der Operation, wobei gemäß der Aufgabenteilung zwischen Chirurgen und Anaesthisten die letzteren zuständig sind (vgl. die Vereinbarung zwischen dem Berufsverband-Deutscher Anaesthesisten und dem Berufsband der Deutschen Chirurgen über die Zusammenarbeit bei der operativen Patientenversorgung, MedR 1983, 21 f. und Weißauer MendR 1982, 92, 95 sowie Opderbecke, Anaesthesie und ärztliche Sorgfaltspflicht, Seite 63). Die technisch richtige Lagerung des Patienten auf dem Operatiohs­tisch und die Beachtung der dabei zum Schutze des Patienten vor etwaigen Lagerungsschäden einzuhal­tenden ärztlichen Regeln sind nämlich Maßnahmen, die dem Gefahrenbereich des Krankenhauses und der Behandlungsseite zuzuordnen sind. Sie sind vom Pflegepersonal und von den behandelnden Ärzten im Regelfall voll beherrschbar. Diese sind, anders als der Patient, in der Lage, den Sachverhalt in dieser. Hinsicht aufzuklären. Dabei macht es. nach Auflassung des Senats keinen Unterschied, ob es sich um eine Operation in einer außergewöhnlichen Opera­tionshaltung wie der sogenannten "Häschenstellung" (vgl. BGH NJW 1984, 1403 und BGH NJW 1985, 2192) handelt oder in der u.a. für abdominelle Eingriffe üblichen Rückenlage unter Auslagerung der Arme. Auch der letztere Fall ist nämlich von dem die Um­kehrung der Darlegungs- und Beweislast rechtferti­genden Gesichtspunkt geprägt, daß der narkotisierte Patient zur Aufklärung des maßgeblichen Sachver­halts nichts beizutragen vermag, -es vielmehr ge­mäß der Verpflichtung des Arztes zu der ihm möglichen umfassenden Gefahrausschaltung dessen Sache ist aufzuklären, warum sich Gefahren aus dieser "arzteigenen" Risikosphäre verwirklichen konnten (Steffen, Neue Entwicklungslinien in der BGH-Recht­sprechung zum Arzthaftungsrecht, 3. Aufl., Seite 116/117; BGH NJW 1984, 1403, 1404). Daß in tatsächlicher Hinsicht in aller Regel von der Voraussetzung der Beherrschbarkeit lagerungsbedingter Gefahren ausgegangen werden kann, hat der Sachver­ständige Dr. N. in seinem in der Beru­fungsinstanz erstatteten, ausführlichen und den Senat überzeugenden Gutachten vom 3. August 1989 (B1. 421, 464, 469 f. d. A.) eindrucksvoll darge­legt, worauf der Senat Bezug nimmt.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">b) Die Beklagte zu 4) hat in erster Instanz vorgetragen, daß der Kläger bei der Operation am 1. September 1983 in der sogenannten Rückenlage gelagert wurde, wobei seine Arme gepolstert und gegen ein "Heraushängen" gesichert gewesen seien (Bl. 107 d.A.). Erst auf eine Auflage des Landgerichts hin, welcher die Mitteilung des erstinstanzlichen Gutachters vorangegangen war, daß diese Schilderung zur Beurteilung der ordnungsgemäßen Auslagerung des Arms nicht ausreiche (B1. 154 d. A.), hat der frü­here Beklagte zu 3), jetziger Streithelfer, näher dargelegt, daß der geschädigte Arm, nach dorsal ge­dreht, auf einem —Schiene mit einer Standard-Gummi­polsterung aufgelegen habe, die in einem Winkel von <em>90 </em>° vom Operationstisch bzw. vom-Körper des Patienten abgespreizt gewesen sei (Bl. 157 d. A.). Diesen Sachverhalt hat der vom Landgericht angehörte Beklagte zu 3) in Anwesenheit und unter Billigung des erstinstanzlich zugezogenen Sachverständigen sodann näher beschrieben (B1. 203 f., Bl. 207 d. A.), dabei aber betont, daß er nur für den Zeit­punkt unmittelbar vor Beginn der Operation Beobach­tungen habe machen können. Über etwaige Lageverän­derungen im Verlauf der Operation vermöge er nichts zu sagen, weil dem Operateur die Sicht auf Arme des Patienten genommen sei. Das stimmt mit den Wahrnehmungen der Mitglieder des Senats überein, die zu Fortbildungszwecken bei Bauchoperationen zu­gegen waren und gesehen haben, daß bis auf das Ope­rationsfeld der Körper des Patienten ganz mit Tüchern abgedeckt und dem Operateur der Blick auf den Kopf und den Oberkörper einschließlich der Arme des Patienten entzogen ist.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Welchen Beweiswert das Landgericht der Schildrung des irrtümlich von ihm einmal als "Zeugen" bezeichneten Beklagten zu 3; beigemessen hat, mag auf sich beruhen. Die bei dem Kläger eingetretene Schädigung des "nervus-ulnaris" kann nach dem ausführlichen, den Senat überzeugenden Gutachten des Sachverstän­digen, Privat-Dozent Dr. N., nämlich nicht unmittelbar durch die Lagerung bei Beginn der Operation eingetreten sein, sondern ist nur als Aus­wirkung einer Kompression denkbar, die während ei­ner gewissen Zeit angedauert haben muß (Gutachten BI. 421, 463 bis 466 d. A.). In dieser Hinsicht -vermag sich der Senat jedoch nicht davon zu über­zeugen, daß die Beklagte zu 4) als zuständige Anae­sthesistin die ordnungsgemäße Lagerung des _Arms des Klägers auf einer hinreichend gepolsterten Abduk­tionsschiene während der Operation von mehr als drei Stunden Dauer in der gebotenen Weise daraufhin überwacht hat, daß keine Lagerungsschäden eintreten konnten. Das gilt auch in Ansehung des Umstandes, daß nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Beweisanforderungen in dieser Hinsicht nicht sehr hoch anzusetzen sind (BGH NJW 1984, 1403, 1404). Vom Ausgangspunkt her als bedenklich anzusehen ist die zumindest schriftsätzlich geäußerte Meinung der Beklagten zu 4), nicht sie, sondern der Beklagte zu 3), sei für die Lagerung des Arms des Klägers vor Beginn des Eingriffs zuständig gewesen (Bl. 351 d. A.). Das steht mit der Arbeitsteilung, wie sie in der erwähnten berufsständischen Vereinbarung vorgesehen ist, nicht im Einklang, denn danach ist die Lagerung zu Beginn der Operation ein­deutig eine gemeinsame Aufgabe. Im übrigen hat sich die Beklagte zu 4) bei ihrer Anhörung vor dem Senat an die Einzelheiten der Operation des Klägers nicht mehr erinnern können, was angesichts der verflosse­nen langen Zeitspanne zwar durchaus verständlich ist. Alles, was sie über das Geschehen zu berichten wußte, war deshalb aber nur allgemeiner Natur. Ob der linke Ellenbogen des Klägers in einem offenen öder geschlossenen Segment der Schiene zu liegen gekommen ist, ob dieser gegebenenfalls im Ellenbogenbereich mit weichen Tüchern unterpolstert war und ob die Lage des Arms des Klägers während der langandauernden Operation mit den durch den Ein­griff ausgelösten Erschütterungen des Körpers tat­sächlich lückenlos auf schadlose Lagerung überwacht wurde, steht nicht fest. In dieser Beziehung sind Zweifel verblieben, die durch die Aussagen der Zeu­gen R. und V. nicht ausgeräumt werden konn­ten, sondern im Gegenteil eher noch verstärkt wor­den sind. Die Zeugin R. - als Funktionsober­ärztin u. a. zur Überwachung der damals erst seit drei Monaten in anaesthesiologischer Fachausbildung stehenden Beklagten zu 4), mithin einer Anfängerin, eingesetzt - hatte eine etwas abweichende Vorstel­lung von der Auslagerung der Arme bei einer derar­tigen Operation, nämlich: Auslagerung nur eines, meistens des linken Arms, und zwar so, daß der Handrücken nach oben zeige. Das entspricht nicht der vom Sachverständigen  Dr. N. beschrie­benen und als richtig beurteilten Supinationsstel­lung (Bl. 467/468 d.A.). Auf Befragen hat die Zeu­gin bezüglich der Intensität der Aufsichtsführung eingeräumt, daß man in den letzten Jahren darauf aufmerksam geworden sei, daß junge Kollegen einer stärkeren Überwachung bedürften, als damals erbracht worden sei. Wenn es richtig ist, daß die Zeugin das Geschehen in sechs Operationssälen gleichzeitig zu überwachen hatte und - abgesehen von der Hilfe bei Einleitung der Anaesthesie - min­destens einmal stündlich bei der Beklagten zu 4) zur Überprüfung zu erscheinen bemüht war (Bl. 552/553 d. A.), kann von einer zureichenden, Qualitätslücken vermeidenden Überwachung der Hand­lungsweise der Beklagten zu 4) schwerlich die Rede sein.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">2. . Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, daß die bei dem Kläger vorhandene Ulnaris-Lä­sion auf die Operation vom 1. September l983 zurückgeht. Der Senat tritt den diesbezüglichen Aus­führungen in dem angefochtenen Urteil (Seite 6 - 2, = Bl. 238 - 240 d. A.) bei und macht sie sich zur Vermeidung von Wiederholungen zu eigen (§ 546 Abs. 1 ZPO). Ergänzend ist im Hinblick auf die Be­rufungserwiderung des beklagten Landes nur zu be­merken, daß es für seine Behauptung einer anderweitigen Ursache für das Leiden des Klägers keinerlei begründete Anhaltspunkte gibt.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">a) Die Beurteilung des erstinstanzlichen zugezogenen Sachverständigen Prof. Dr. X., wonach Bandscheibenvorfälle bei dem Kläger mit Si­cherheit nicht für die Handbeschwerden ursächlich sind und auch eine Polyneuropathie nicht mit dem Befundbild in Übereinstimmung zu bringen ist, hat der vom Senat zugezogene Sachverständige, Privatdozent Dr. N., in seinem Gutachten bestä­tigt (Bl. 460, 461 d. A.).</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">b) Der Sachverständige hat auch <em>die </em>vom Standpunkt des Landgerichts aus folgerichtig nicht weiter vertiefte Frage verneint, ob etwa eine besondere physische Disposition des Klägers vorgelegen hat, die - ohne daß eine Verletzung der ärztlichen Sorg­faltspflicht vorgekommen sein muß - zu den jetzt bestehenden neurologischen Ausfällen geführt hat. Ein Zusammenhang mit dem an der Ellenseite des linken Unterarms gelegenen Weichteiltumor scheidet aus, weil als Schadensort der  oberflächliche Verlauf des Nerven in der Nähe der sogenannten Sulcus­strecke im Bereich des Ellenbogens anzusehen ist. Das ergibt sich eindeutig aus den elektroneurogra­phischen Untersuchungen, die bei der Gutachtener­stattung in der Medizinischen Hochschule I. bei dem Kläger vorgenommen worden sind (B1. 475, 477, 478 d. A.). Auszuschließen sind nach der Be­gutachtung von Röntgenaufnahmen auch konstitutio­nelle Anomalien bei dem Kläger wie das Vorliegen einer abnorm flachen Ellenbogenrinne (B1. 160 d. A.). Auch eine andere disponierende Erkrankung, die hereditäre Neuropathie mit Neigung zu Drucklähmun­gen peripherer Nerven, hat der Sachverständig Dr. N. ausgeschlossen (B1. 469 d.A.).</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">c) Die Beweisaufnahme in dieser Instanz - soweit der Senat sie wiederholt bzw. erstmals neue Be-weise erhoben hat - bestätigt den Vortrag des Klä­gers, daß die Beeinträchtigung der Gebrauchstüch­tigkeit seiner linken Hand auf die Operation vom 1. September 1983 zurückzuführen ist. Neben den Zeuginnen C., A. und Y. (31. 566 ff. d. A.) hat der Zeuge Z., Mitpatient des Klägers und damals zusammen mit diesem im selben Kranken­zimmer untergebracht, ausgesagt, daß der Kläger noch am Operationstage und mehrfach an den Tagen danach gegenüber den diensthabenden Ärzten über Schmerzen und Taubheitsgefühle in der linken Hand geklagt und daraufhin die Antwort erhalten  habe, das lege sich wieder. Der Senat hat keinen Anlaß, die Aussage des Zeugen, dessen Anschrift vom Kläger erst ermittelt werden mußte und der nach seinen Be­kundungen seit den damaligen Vorgängen keinen Kon­takt zum Kläger mehr hatte, zu mißtrauen. Die von ihm wiedergegebenen Einzelheiten fügen sich in die Schilderungen der Zeuginnen C., A. und Y. ein. Daß demgegenüber niemand von den vernom­menen Ärzten oder Schwestern eine Erinnerung an den Kläger hatte, verwundert nicht. Was für diesen Personenkreis berufliche, im Zweifel schnell ver­gessene Routionewahrnehmungen sind, prägt sich ei­nem Mitpatienten sowie den Angehörigen eines Kranken, für die das Erleben im Krankenhaus Züge des Außergewöhnlichen trägt, in ganz anderer Weise ein. Auch erscheint es durchaus nachvollziehbar, daß die Behandlungsseite den Beschwerden des Klägers, der sich nach den Worten des Zeugen Z. "sehr schwer tat", nicht die objektiv gebotene Aufmerksamkeit hat zuteil werden lassen. Schmerzen in der linken Hand konnten Nachwirkungen des venösen Zugangs sein, den man dort für die Infusion geschaffen hat­te, Taubheitsgefühle auf Zirkulationsstörungen be­ruhen.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Berufungserwiderung wird der zeitliche Zusammenhang zwischen der Operation vom 1.September 1983 und den Beschwerden des Klägers auch nicht da­durch in Frage gestellt, daß der Kläger den Neuro­logen Dr. B. erst am 10. Oktober 1983 aufgesucht hat. Aus den vorgelegten Attesten aus der Zeit zwischen dem 20. September 1983 und dem 18. Oktober 1983 ergibt sich, daß der Kläger alsbald nach sei­ner Entlassung aus der Universitätsklinik des beklagten Landes seine damalige Hausärztin, Frau Dr. D., aufgesucht und ihr seine Beschwerden ge­schildert hat (BI. 170 - 172 d. A.). So findet sich auf dem Attest vom 29. September 1983 neben der Er­wähnung der Herniotomie der Hinweis auf "periphere Durchblutungsstörungen der linken Hand." Unter dem -18. Oktober 1983 ist. ein "Hygrom am linken Handge­lenk" vermerkt, was offensichtlich Bezug zu. dem "weichen Tumor" an der Ellenseite hat. Gleichzeitig wird die Überweisung an einen Neurologen - eben Dr._ B. - ausgesprochen, was den Vortrag des Klägers bestätigt, daß die Hausärztin angesichts der sich nicht zurückbildenden Beschwerden erst zu diesem Zeitpunkt die fachärztliche Konsultation angeordet hat.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">3. Nach dem Vorstehenden kommt es nicht mehr entscheidend darauf an, daß die Haftung des be‑klagten Landes gemäß § 831 Abs. 1 BGB auch wegender Untätigkeit des medizinischen Personals in derpostoperativen Phase gegenüber der Ulnaris-Schädi‑gung des Klägers begründet wäre. Der Senat hält esfür bewiesen, daß der Kläger seine Beschwerden überdie Folgen der Ulnaris-Kompression vorgebracht hat.Hierauf hätte von seiten der Universitätsklinik mit diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen reagiert werden müssen. Die Unterlassung stellt einenBehandlungsfehler dar. Nach dem mehrfach erwähnten,den Senat überzeugenden Gutachten des Sachverständigen Dr. N. besteht für die Rückbildung lagerungsbedingter Ulnaris-Lähmungen eine günstige Prognose, wenn weitere schädigende Kompressionen z. B. durch Polsterung vermieden und rechtzeitig krankengymnastische Übungen durchgeführt werden (Seite 43 f. des Gutachtens = Bl. 466/467. d.A.). Der Beweis, daß auch bei rechtzeitigem korrigieren­den Eingreifen das jetzt bestehende Schadensbild eingetreten wäre, ist nicht geführt und wirkt sich zu Lasten des beklagten Landes aus.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">II. Der Rechtsstreit ist - mit Ausnahte eines Teils des Schmerzensgeldanspruchs und. der Kosten des "Instituts für Medizinschaden-Begutachtung", worüber der. Senat vorab befindet (§ 301 ZPO) - nicht zur Entscheidung reif. Soweit der Kläger den Ersatz von Verdiensteinbußen begehrt (Antrag zu 2 a) kann nur ein Zwischenurteil über den Grund (§ 304 ZPO) ergehen.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">1 a) Eine Entscheidungsreife bezüglich der Höhe des Anspruchs auf Ersatz des Erwerbsschadens (Antrag  zu 2 a) fehlt zunächst deshalb, weil die Schadensbe­rechnung des Klägers der sogenannte "Brutto-Metho­de" folgt (vgl. Klageschrift, Bl. 8 d.A.). DieseBerechnungsweise ist jedoch vorliegend nicht anwendbar, weil der Klägerin Anspruchszeitraum Kran­kengeld und Erwerbsunfähigkeitsrente, mithin steuerfreie oder zumindest weitgehend steuerfreie Be­züge, erhalten hat, die er sich wegen des gesetzlichen Anspruchsübergangs bzw. aus Gründen der Vorteilsausgleichung anrechnen lassen muß. Auf den zu ersetzenden Differenzbetrag erfallen in solch einem Fall keineswegs die Steuern und Abgaben, die auf das entgangene Erwerbseinkommen zu zahlen gewesen wären. Vielmehr findet hier die sogenannte "modifi­zierte Nettolohn-Methode" Anwendung. Das Einkommen ist vorab um die Sozialbeiträge zu bereinigen; Steuern sind abzuziehen. Der Anfall von Einkommens­steuer auf die zu zahlende Schadensersatzleistung ist gesondert darzulegen und gegebenenfalls durch die Vorlage des Einkommenssteuerbescheides nachzu­weisen (vgl. Wussow-Küppersbusch, Ersatzansprüche bei Personenschäden, 4. Aufl., Rn. 48 ff., 50, 55; Schloen-Steinfeltz, Regulierung von Personenschäden, 1987, Kap. 6 Rn. 109 ff., Geigel, Der Haft­pflichtprozeß, 19. Aufl., Kap. 4, Rn. 175 ff.; BGH VersR 1980, 529; BGH VersR 1983, 149; BGH NJW 1986, 245; BGH NJW-RR 1986, 1216; BGH NJW-RR 1988, 470). Der Kläger wird seinen Vortrag auf diese Gegeben­heiten einzurichten haben.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">b) Darüber hinaus umfaßt der Ausspruch des Senats, daß die Kluge dem Grunde nach gerechtfertigt ist, noch nicht die Feststellung, daß der Kläger infolge der Ulnaris-Läsion erwerbsunfähig geworden ist und daß ihm deshalb die Einkommensdifferenz zwischen seinem Maurerlohn und dem Krankengeld bzw. den Rentenleistungen vom 16. September 1983 bis zum 30. September 1988 gebührt. Vielmehr bedarf es ungeachtet der dem Kläger gem. § 251 BGB zugutekommenden Beweiserleichterungen näherer Darlegungen und Beweise dazu, welcher Erwerbsschaden konkret eingetreten ist.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Der Kläger war zum Schadenszeitpunkt 53 Jahre alt. Seine Behandlung in der Universitätsklinik des beklagten Landes erfolgte wegen eines schwerwiegenden beidseitigen Hernienrezidivs, das - wie der Streit­helfer zu 3) vor dem Landgericht geschildert hat - in einem zeitlich ausgedehnten Eingriff unter An­wendung einer schwierigen Operationstechnik besei­tigt werden mußte.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">In Anbetracht der Tatsache, daß es sich bei Lei­stenbrüchen geradezu um eine Berufskrankheit von solchen Berufsangehörigen handelt, deren Tätigkeit - wie das bei Maurern. der Fall ist - das Anheben und Tragen schwerer Lasten mit sich bringt, kann nicht - wie der Kläger nach Antrag und Klageschrift meint - ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß er ohne Ulnaris-Läsion nach seiner am 15. Sep- tember 1983 erfolgten Entlassung aus der Universitätsklinik  vom Folgetag an wieder arbeitsfähig ge­wesen wäre. Der Kläger hat im Schriftsatz vom 2. Dezember 1987 selbst vorgetragen, daß die Ärzte der Universitätsklinik ihn bis zum 20. September 1983 krank geschrieben hätten (Bl. 168 d. A.) und er sich sodann wegen eines Anschlußattests an seine Hausärztin gewandt habe. Zu beachten ist auch der Schlußbericht der Universitätsklinik vom 21. Sep­tember  1983 über die Behandlung des Klägers an Frau Dr. D., in dem es heißt, man habe dem Kläger geraten, "für die nächsten drei Monate schwere kör­perliche Arbeit zu meiden". Aus dem in der Krankenakte des Neurologen Dr. B. befindlichen vertrau­ensärztlichen Gutachten ergibt sich die Beurtei­lung, daß der Kläger "vorgealtert" erscheine, was auch der Sachverständige Dr. N., hiervon unabhängig, vermerkt hat (S. 25.= Bl. 448 d A.); ferner, daß ihm seine Stellung als Maurer seit dem 7. November 1983 gekündigt sei. Daß der Kläger kei­neswegs nur an den hier in Rede stehenden Beschwer­den der linken Hand litt, sondern auch infolge ei­nes früheren Bicepsabrisses Kraft- und Gefühlsein­schränkungen im rechten Arm und in der rechten Hand aufwies, ergibt sich aus den übereinstimmenden Feststellungen der Gutachter Prof. Dr. X. (Seite 15 = Bl. 153 d. A.) und Dr. N. (Seite 27 f. = Bl. 450, 451 d. A.). Hinzu kommen u. a. noch Beschwerden im Halswirbelsäulenbereich, die bei der stationären Behandlung des Klägers der Neurochirurgischen Universitätsklinik vom 30. November 1983 bis 22. Dezember 1983, ebenfalls Gegen­stand der Diagnose und Therapie waren. Vor diesem Hintergrund und angesichts der Einschätzung des Sachverständigen Dr. N., daß die linkssei­tige Ulnaris-Lähmung mit von Anfang an nur relativ leichten motbrischen und sensiblen Ausfällen ver­bunden war, wird zu prüfen sein, ob und welche  Verkürzung der Lebensarbeitszeit des Klägers infolge der Nervschädigung tatsächlich eingetreten ist. Da­bei wird die Frage eine Rolle spielen, wie lange die Arbeitgeberin des Klägers, die Firma E., Bauunternehmung GmbH in F., den Kläger ohne den streitgegenständlichen Schadensfall weiter beschäftigt haben würde. In dieser Hinsicht könnte auch das statistische Durchschnittsalter der Ange­hörigen des Maurerberufs bei ihrer Zurruhsetzung eine Rolle spielen. Nach den allerdings nur auf tatsächlichen Beobachtungen beruhenden Mutmaßungen des Senats dürfte in dieser Hinsicht nur in den seltensten Fällen das 60. oder gar das 65.  Lebens­jahr erreicht werden. Die Parteien werden auf diese Gesichtspunkte im Höheverfahren Bedacht zu nehmen haben.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">c) Dieselben Gesichtspunkte gelten hinsichtlich des Feststellungsantrags, dessen Begründetheit sich derzeit noch nicht abschließend einschätzen läßt. Es ist denkbar, daß für den Zeitraum über um 20. September 1988 hinaus, der mit dem Antrag abgedeckt werden soll, sich ein Schaden nicht mehr mitder erforderlichen Wahrscheinlichkeit ergeben  wird.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">d) Von einer Zurückverweisung an das Landgericht hinsichtlich der im Höheverfahren und bezüglich der nicht erledigten Teile des Rechtsstreits zu tref­fenden Feststellungen gemäß § 538 Abs. 1 Nr. 3 ZPO sieht der Senat zur Vermeidung der Zerreißimg des Rechtsstreits ab (vgl. BGH VersR 1962, 252; BGH NJW 1988, 1984). Es erscheint vielmehr als sachdien­lich, daß der Senat selbst den Rechtsstreit demnächst abschließend entscheidet (§ 540 ZPO).</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">2. Entscheidungsreif und gerechtfertigt ist die Klage (Antrag zu 1), als dem Kläger nach dem jetzigen Sach- und Streitstand gemäß § 847 Abs. 1 BGB ein Schmerzensgeld von 10.000,00 DM nebst den zuerkannten Zinsen (§ 291 BGB) zusteht. Dieser Betrag ist nach Auffassung des Senats ausreichend, aber auch erforderlich, um dem Kläger für das ihm entstandene Unrecht eine Genugtuung zu verschaffen sowie einen Ausgleich für die Schmerzen, Beschwer­den und Nachteile, die er durch die Auswirkung der Ulnaris-Läsion - abgesehen von der noch fraglichen vorzeitigen Zurruhesetzung - jedenfalls erlitten hat. Dabei würdigt der Senat, daß der Kläger sich einer - leider erfolglos gebliebenen - Nachoperation zur Verlegung des Nervenverlaufs unterziehen mußte, daß er glaubhaft bis heute Taubheitsgefühle und Schmerzsensationen verspürt und daß die Ein­schränkung der Gebrauchstüchtigkeit der linken Hand mit Ansatz zur Krallenbildung am Kleinfinger und am Ringfinger einen Dauerschaden darstellt, der sich wahrscheinlich kaum mehr merkbar zurückbilden wird. Dadurch ist der Kläger erfahrungsgemäß auch in sei­ner allgemeinen Lebensführung nicht unerheblich be­einträchtigt.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Sollte sich erweisen, daß der Kläger infolge der Schädigung erheblich vorzeitig erwerbsunfähig ge­worden ist, könnte der Schmerzensgeldbetrag im er­forderlichen Umfang aufgestockt werden. Jedenfalls hält es der Senat in Anbetracht vor allem der Ausgleichsfunktion des Schmerzensgeldes für angezeigt, daß der Kläger, nunmehr 6 1/2 Jahre nach dem Scha­densfall, eine Abgeltung für diejenigen Beeinträchtigungen erhält, die zum jetzigen Zeitpunkt unzweifelhaft vorliegen.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">3. Demgegenüber steht dem Kläger der mit dem Antrag. zu 2 b  geltend gemachte Ersatz von 1.075,02 DM, die er für die Stellungnahmen des "Instituts für Medizinschaden-Begutachtung" aufgewandt hat, nicht zu.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Es genügt nicht, daß diese Schadensposition "ad­äquat-kausal" durch den dem Kläger entstandenen Körperschaden verursacht worden ist. Werden im Zu­sammenhang mit einem Schadensfall Aufwendungen ge­tätigt, so kommt ein Ersatzanspruch nur in Be­tracht, wenn diese im Sinne von § 249 <em>S. </em>2 BGB not­wendig gewesen sind. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Ging es dem Kläger um die Gewinnung von Erkenntnissen, ob ein ärztlicher Kunstfehler vorlag, so hätte er sich an die "Gutachterkommis­sion für ärztliche Behandlungsfehler" bei der Ärztekammer G. wenden können. Diese hätte - nach Beiziehung der ärztlichen Unterlagen - un­entgeltlich ein fachlich kompetentes Gutachten ge­fertigt und den Kläger in den Stand gesetzt, seine Erfolgsaussichten zutreffend einzuschätzen. Die Kenntnis dieser Möglichkeit ist seit langem im Kreise solcher Anwälte, die sich des Öfteren  mit Arzthaftpflichtfällen belassen, allgemein verbreitet. Eine Erstattung der - gemessen an den Vergü­tungssatzen des ZSEG - schon ausweislich des Stun­densatzes von 120,00 DM zuzüglich Mwst. überhöhten Kosten für die beiden fast identischen Gutachten des "Instituts für Medizinschaden-Begutachtung" vom 1. April 1985 und vom 15. August 1985 steht auch die Tatsache entgegen, daß beide Ausarbeitungen zur Klärung des Sachverhalts so gut wie nichts beitra­gen. Die "Gutachten" bestehen ganz überwiegend aus Ablichtungen von den Kläger betreffenden Unterla­gen, die er selbst oder sein Prozeßbevollmächtigter eingereicht haben muß, ferner von Ablichtungen aus Lehrbüchern und einer im Verhältnis zum Gesamtauf­wand schon räumlich außerordentlich bescheidenen "Beurteilung", die sich kaum auf einen wirklich festgestellten Sachverhalt, sondern auf Mutmaßungen stützt und die im übrigen (vgl. jeweils Seite 20) eher Elemente einer Rechtsberatung als einer medi­zinischen Begutachtung enthält. Hierfür kann eine Kostenerstattung nicht gefordert werden.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Die Kobtenentscheidung hinsichtlich der mit diesem Teil- und Grundurteils noch nicht abschließend ent­schiedenen  Sache muß dem Schlußurteil vorbehalten bleiben. Gemäß § 708 Ziff. 10 i. V. m. § 711 und § 108 ZPO war lediglich - soweit erkannt - die Ent­scheidung über den Schmerzensgeldanspruch für vor­läufig vollstreckbar zu erklären.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks"><u>Beschwer der Beklagten:</u> über 40.000,00 DM</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks"><u>Beschwer des Klägers:</u> unter 40.000,00 DM.</p>
|
315,122 | ag-aachen-1990-03-30-81-c-43689 | {
"id": 620,
"name": "Amtsgericht Aachen",
"slug": "ag-aachen",
"city": 380,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 81 C 436/89 | 1990-03-30T00:00:00 | 2019-03-13T14:46:59 | 2022-10-18T15:09:04 | Urteil | ECLI:DE:AGAC1:1990:0330.81C436.89.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreites trägt die Klägerin.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Tatbestand</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Mit der Klage macht die Klägerin Schadensersatzansprüche gemäß den §§ 325, 326 BGB geltend, nachdem der Beklagte mit Schreiben vom 27.02.1989 den sofortigen Rücktritt von dem Vertrag mit der Klägerin erklärt hat.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hatte am 06.04.1988 einen Anschließungsantrag der Klägerin für einen Breitbandkabelanschluß ausgefüllt und unterzeichnet. Auf der Rückseite dieses Antrages sind die "Bestimmungen für den Breitbandkabelanschluß" abgedruckt.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin vertritt die Auffassung, daß der Anschlußvertrag für einen Breitbandkabelanschluß zwischen den Parteien durch Scharfschaltung des Übergabepunktes des für den Beklagten bestimmten Kabelanschlusses durch die Deutsche Bundespost zustande gekommen sei. Insoweit beruft sie sich auf die Regelung unter Nr. 3 ihrer Bestimmungen. Außerdem behauptet die Klägerin, sie habe am 29.11.1988 eine Handwerksfirma mit der technischen Durchführung des Anschlusses des Beklagten beauftragt. Dieser habe in der nachfolgenden Zeit vergeblich versucht, mit dem Beklagten einen Termin zu vereinbaren.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich der Höhe und der Zusammensetzung des geltend gemachten Schadensersatzanspruches wird auf den Inhalt der Klageschrift vom 05.09.1989 Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks"> den Beklagten zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 273,60 DM</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks"> nebst 4 % Zinsen seit dem 11. Mai 1989 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks"> die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beruft sich unter anderem darauf, daß die Regelung in Ziffer 3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin gegen die Vorschrift des § 10 Ziffer 1 AGBG verstoße und er deshalb zum Rücktritt von dem Vertragsangebot berechtigt gewesen sei. </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Schriftsätze vom 05.09.1989, 05.10.1989, 12.10.1989, 11.10.1989, 08.11.1989, 06.11.1989, 10.11.1989, 20.11.1989, 05.12.1989, 04.01.1990, 23.01.1990, 29.01.1990 und 09.02.1990 Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe</u></b></p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gemäß den §§ 325, 326 BGB besteht nicht. Denn entgegen der Auffassung der Klägerin ist zwischen den Parteien hinsichtlich des Breitbandkabelanschlusses im Hause des Beklagten kein Anschließungsvertrag zustande gekommen. Denn die Ziffer 3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin enthält insoweit die Bestimmung, daß der Vertrag mit der Bereitstellung und Schaltung des Breitbandkabelanschlusses für den Anschlußteilnehmer beginnt. Diese Bestimmung ist dahingehend zu verstehen, daß der Vertrag dann zustande kommt, wenn in der Wohnung des jeweiligen Anschlußteilnehmers die Anschlußdose installiert wurde, so daß der Anschlußteilnehmer in der Lage ist, den Breitbandkabelanschluß auch zu nutzen. Denn erst ab diesem Zeitpunkt steht der Anschluß für den jeweiligen Anschlußteilnehmer auch tatsächlich bereit. Daß der Vertrag erst zu diesem Zeitpunkt beginnen soll und nicht erst, wie von der Klägerin behauptet, bei Bereitstellung und Scharfschaltung des Breitbandkabelanschlusses in Form der Errichtung der Hausverteilanlage, ergibt sich aus dem nachfolgenden Text der Ziffer 3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin. Denn in diesem Text wird unterschieden zwischen den Begriffen Breitbandkabelanschluß und Breitbandkabelanlage. Dieser Text ist nur dahingehend zu verstehen, daß es sich bei dem Begriff Breitbandkabelanlage um die im Haus befindliche Hausverteilanlage handelt, an die sodann der Breitbandkabelanschluß herzustellen ist. Eine Herstellung des Breitbandkabelanschlusses des Beklagten an die Breitbandkabelanlage ist aber unstreitig nicht geschehen, so daß insoweit auch kein Anschließungsvertrag zwischen den Parteien zustande gekommen ist.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte ist insoweit auch nicht mehr an sein schriftliches Angebot vom 06.04.1988 zum Abschluß eines Vertrages auf Anschließung gebunden. Die Klägerin kann sich insoweit nicht auf Ziffer 3 ihrer Bestimmungen für den Breitbandkabelanschluß berufen. Denn diese Bestimmung ist wegen Verstoßes gegen § 10 Ziffer 1 AGBG unwirksam. Nach dieser Vorschrift ist eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen insbesondere dann unwirksam, wenn sich der Verwender der Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch diese Bestimmung eine unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Frist für die Annahme oder Ablehnung eines Angebots oder die Erbringung einer Leistung vorbehält. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin enthalten insoweit eine nicht hinreichend bestimmte Frist für die Annahme eines Angebots im Sinne dieser Vorschrift. Denn eine Frist ist nur dann hinreichend bestimmt, wenn der Kunde ohne Schwierigkeit und rechtliche Beratung feststellen kann, wann die Bindung an sein Angebot endet (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 48. Auflage, § 10 AGBG Anmerkung 1 c mit Rechtsprechungsnachweis). Dies ist aber im vorliegenden Fall gerade nicht der Fall. Für den Beklagten war bei Abgabe seines Angebots vom 06.04.1988 in Anbetracht des Inhaltes der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin nicht feststellbar, wie lange er an sein Angebot gebunden sein sollte. Denn gemäß Ziffer 3 der Bestimmungen der Klägerin wird der Anschluß an die Breitbandkabelanlage hergestellt, sobald das Einverständnis des Grundeigentümers für die Errichtung einer Breitbandkabelanlage vorliegt, sich eine hinreichende Zahl von Anschlußteilnehmern in dem Gebäude anschließen und die technischen Voraussetzungen von der Deutschen Bundespost geschaffen sind. In Anbetracht dieser Voraussetzungen für die Annahme des Angebots des Beklagten durch die Klägerin war der Beklagte als Kunde nicht in der Lage, ein Fristende selbst zu errechnen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Auffassung der Klägerin kann die fehlende Berechenbarkeit auch nicht durch einen sachlichen Grund für die Unbestimmtheit gerechtfertigt werden. Zum einen würde dies unmittelbar dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck des § 10 Ziffer 1 AGBG widersprechen. Zum anderen hat die Klägerin auch nicht substantiiert vorgetragen, daß es nicht möglich ist, mit der xxxxxxxxxxxxx einen zeitlich fixierten Zeitraum für die von dieser auszuführenden Arbeiten zu vereinbaren. Würde man der Auffassung der Klägerin folgen, würde dies auch die Schutzvorschrift zugunsten des Kunden gemäß § 11 Ziffer 8 AGBGB unterlaufen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Aus den genannten Gründen ist der Anschließungsvertrag mit der Klägerin nicht bereits durch die Scharfschaltung des Übergabepunktes durch die Deutsche Bundespost am 31.10.1988 zustande gekommen. Die Klägerin hat auch nicht substantiiert vorgetragen, daß das Angebot des Beklagten auf Abschluß eines Anschließungsvertrages von ihr bis zum Eingang der Rücktrittserklärung des Beklagten vom 27.02.1989 angenommen worden ist. Nach Zugang des Schreiben vom 27.02.1989 war keine Annahmeerklärung seitens der Klägerin mehr möglich, da das Schreiben auch einen Widerruf im Sinne des § 2 Absatz 1 Nr. 1 des Gesetzes über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften darstellt. Da der Beklagte zwecks Unterzeichnung des Anschlußantrages unstreitig durch den Mitarbeiter der Klägerin im Bereich seiner Privatwohnung aufgesucht wurde, findet gemäß § 1 des genannten Gesetzes dieses Anwendung. Zwar wurde der Beklagte unstreitig gemäß § 2 dieses Gesetzes ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt mit der Folge, daß der Widerruf binnen einer Frist von 1 Woche schriftlich zu erfolgen hatte (§ 1 Absatz 1 des Gesetzes über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften). Dieses Widerrufsrecht entsteht aber erst vom Zeitpunkt des Vertragsschlusses an (vgl. Palandt-Putzo, § 1 des Gesetzes über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften, Anmerkung 5 b). Da der Vertrag aber noch nicht zustande gekommen war, hatte der Lauf dieser Frist noch nicht begonnen mit der Folge, daß der Beklagte zum Widerruf seines Angebotes zum Abschluß des Vertrages berechtigt war. </p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">In diesem Falle ist aber eine Anspruchsgrundlage für die von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzansprüche nicht ersichtlich. Insbesondere greift nicht die Vorschrift des § 3 des Gesetzes über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften ein.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks"><u>Streitwert:</u> 273,60 DM.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">X</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Richterin </p>
|
315,123 | olgk-1990-03-29-5-u-15189 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 5 U 151/89 | 1990-03-29T00:00:00 | 2019-03-13T14:47:00 | 2022-10-18T15:09:02 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1990:0329.5U151.89.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Klägerin gegen das am 16.03.1989 verkündete Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 25 0 310/88 - wird zurückgewiesen.</p><p>Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.</p><p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p><p>Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 6.700,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p><p>Der Klägerin wird gestattet, die Sicherheitsleistung auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer bundesdeutschen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse zu erbringen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Tatbestand:</p><span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin ist das einzige Kind ihres am 08.09.1987 tödlich verunglückten Vaters.</p><span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Dieser hatte bei der Beklagten unter der Versicherungsschein-Nr. xxx eine Lebensversicherung abgeschlossen. Die Versicherungssumme              betrug 500.000,00 DM. Versicherungsbeginn war der 01.12.1984.</p><span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Als bezugsberechtigt im Erlebensfall ist der Vater der Klägerin als versicherte Person bezeichnet. Bezugsberechtigt im Todesfall "sind die Kinder der versicherten Person."</p><span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Durch Sicherungsvertrag vom 24.04.1985 trat der Vater der Klägerin die Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag in voller Höhe sicherungshalber an die xxx ab. In Ziffer 4 und 5 dieses Vertrages ist bestimmt:</p><span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">4 "Der Sicherungsgeber widerruft für die Dauer der Abtretung eine etwa bestehende Bezugsberechtigung. Diesem Widerruf stimmt der unwiderruflich Bezugsberechtigte durch Mitunterzeichnung hiermit zu. Wenn die Bank die abgetretenen Versicherungsansprüche freigibt, lebt die Bezugsberechtigung wieder auf; ein überschuß aus der Verwertung der Versicherungsansprüche ist von der Bank an den bisherigen Bezugsberechtigten auszuzahlen.</p><span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">5. Der Sicherungsgeber übergibt der Bank den Versicherungsschein einschließlich sämtlicher Nachträge bzw. tritt der Bank seinen Anspruch auf Herausgabe des Versicherungsscheins samt Nachträgen gegen Dritte ab."</p><span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Ebenfalls unter dem 24.04.1985 unterzeichnete der Vater der Klägerin folgende, sich an den Vertragstext anschließende vorgedruckte Erklärung, die an die Beklagte gerichtet ist:</p><span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">"Hiermit wird angezeigt, daß die in dem vorstehenden Abtretungsvertrag bezeichneten Rechte zum Zwecke der Kreditsicherung abgetreten worden sind. Für die Dauer dieser Abtretung wird ein Bezugsrecht insoweit widerrufen, als es den Rechten der Bank entgegensteht."</p><span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Mit Datum vom 11.07.1985 übersandte die xxx den Sicherungsvertrag nebst vorbezeichneter Erklärung an die Beklagte.</p><span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Nach dem Tode des Vaters der Klägerin gab <strong>die xxx</strong> die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag frei, nachdem die gesicherten Verbindlichkeiten anderweitig abgelöst worden waren. Nach Vorlage des Versicherungsscheins zahlte die Beklagte die Versicherungssumme aus, und zwar an die in einer vom 09.07.1985 datierenden "Begünstigungserklärung" als Bezugsberechtigte benannte Frau xxx und einen Teilbetrag an die xxx.</p><span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat die Erbschaft nach ihrem Vater ausgeschlagen und nimmt die Beklagte auf Auszahlung eines Teilbetrages der Versicherungssumme in Höhe von 50.000,00 DM in Anspruch.</p><span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Sie hat beantragt,</p><span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, an sie 50.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen.</p><span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat</p><span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Klageabweisung</p><span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">beantragt.</p><span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat die Klage durch Urteil vom 16.03.1989, auf das vollinhaltlich Bezug genommen wird, abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht unter anderem ausgeführt: Das wirksam widerrufene Bezugsrecht zugunsten der Klägerin sei nicht wieder an sie zurückgefallen, sondern untergegangen. Ein Wiederaufleben des Bezugsrechts scheide bei einer Freigabe nach Eintritt des Versicherungsfalles aus.</p><span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses am 11.05.1989 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 12.06.1989 (Montag) Berufung eingelegt und das Rechtsmittel nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 16.10.1989 am 13.10.1989 begründet.</p><span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Sie trägt vor:</p><span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei davon auszugehen, daß ihr Bezugsrecht mit der Abtretung nicht völlig untergegangen, sondern mit Freigabe der Versicherungsansprüche wieder aufgelebt sei. Die Klausel im Sicherungsvertrag enthalte keinen Hinweis darauf, daß das Wiederaufleben der Bezugsberechtigung nur für den Fall eintrete, daß die Freigabe vor dem Tode des Versicherungsnehmers erfolge.</p><span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Im übrigen trete der Bezugsberechtigte bei einer Sicherungsabtretung im Rang nur hinter dem Sicherungsnehmer zurück.</p><span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Zugunsten von Frau xxx sei ein Bezugsrecht nicht eingräumt worden, da ihr Vater die Erklärung vom 09.07.1985 nicht unterzeichnet habe (Beweis: Sachverständigengutachten).</p><span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Eine Leistungsbefreiung der Beklagten sei nicht eingetreten, weil sie gewußt habe, zumindest aber grob fahrlässig nicht gewußt habe, daß Frau xxx nicht der wahre Bezugsberechtigte gewesen sei. Es werde bestritten, daß die Begünstigungserklärung der Beklagten vor dem Tode ihres Vaters zugegangen sei. Aus Vorgängen nach dem Tode ihres Vaters müsse der Eindruck gewonnen werden, daß nach dessen Tod die ihm persönlich oder finanziell verbundenen Personen, Frau xxx, Herrn xxx Herr xxx und auch der Vater von Herrn xxx gegebenenfalls unter Mitwirkung weiterer Personen, die ursprüngliche Bezugsberechtigung zu ihren Gunsten ohne Einwilligung des Versicherungsnehmers nachträglich in der Weise geändert hätten, daß zum einen Teil Frau xxx und zum anderen Teil "die Eltern" ihres Vaters bezugsberechtigt sein sollten. Dadurch sollte sie übervorteilt werden.</p><span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p><span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung nach ihrem erstinstanzlichen Schlußantrag zu erkennen;</p><span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">ihr zu gestatten, Sicherheitsleistung auch durch Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse zu erbringen.</p><span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p><span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen. Sie trägt vor:</p><span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Die Bezugsberechtigung der Klägerin sei durch die Bezugsrechsänderung vom 09.07.1985 zugunsten von Frau xxx <strong>entfallen.</strong> Es könne keine Rede davon sein, daß die Unterschrift des Versicherungsnehmers unter der Begünstigungserklärung gefäscht sei. Die Begünstigungserklärung sei in den Räumen der xxx unterzeichnet worden (Beweis: <strong>Zeuge xxx).</strong> Sie sei durch die Zahlungen an Frau xxx bzw. die xxx frei geworden.</p><span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den gesamten vorgetragenen Akteninhalt Bezug genommen.</p><span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Entscheidungsgründe</span></p><span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung der Klägerin ist in der Sache selbst nicht begründet.</p><span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.</p><span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Der Klägerin stehen aus der Lebensversicherung Nr. xxx Ansprüche gegen die Beklagte nicht zu.</p><span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">1.) Zwar ist durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofes (r + s 90, 30 = VersR 1989, 1289) klargestellt, daß jedenfalls bei einer Sicherungsabtretung die Abtretung der Rechte des Versicherungsnehmers aus einer Lebensversicherung nicht den konkludenten Widerruf einer etwaigen Bezugsberechtigung bedeutet. Bei einem Widerruf des Bezugsrechts "für die Dauer der Abtretung" und "als es den Rechten der Bank entgegensteht" handelt es sich auch nicht um einen sachlich unbeschränkten Widerruf, der durch die Erfüllung des Sicherungszwecks auflösend bedingt ist. Auflösend bedingt ist der Widerruf vielmehr durch die Rückabtretung.</p><span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Bei einer Sicherungsabtretung wie hier ist die vor-formulierte Widerrufsklausel vielmehr dahin zu verstehen, daß der Versicherungsnehmer mit ihr die von ihm ausgesprochenen Bezugsrechtsbenennungen nicht vollständig widerruft, sondern nur dahin einschränkt, daß sie hinter den vereinbarten vorrangigen Sicherungszweck zugunsten der Bank zurücktreten. Nicht von der Bank benötigte Teile der Versicherungssumme werden von ihr daher nicht erfaßt. Insoweit bleiben die nur zurückgesetzten Bezugsrechte vielmehr voll wirksam (vgl. BGH r + s 90, 30, 31 = VersR 1989, 1289, 1290).</p><span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">2.) Die vorbezeichneten Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sind im Streitfall jedoch nicht geeignet, der Klage zum Erfolg zu verhelfen.</p><span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Jedenfalls ist die Beklagte durch die unter anderemauch an Frau xxx erbrachten Zahlungen gemäß11 Abs. 1 S. 1 der dem Versicherungsvertrag unstreitig zugrunde liegenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die kapitalbildende Lebensversicherung (AVB) i. V. m. §§ 4 Abs. 1 VVG, 808 BGB gegenüber der Klägerin frei geworden.</p><span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">a) Nach § <strong>11</strong> Abs. 1 S. 1 AVB (= § 13 ALB = § 11 ALB u. F.) kann der Versicherer den Inhaber des Versicherungsscheins als berechtigt ansehen, über die Rechte aus dem Versicherungsvertrag zu verfügen, insbesondere Leistungen in Empfang zu nehmen. Vorliegend war die xxx als Zessionarin Inhaber des Versicherungsscheins. Mit Schreiben vom 30.09.1987 (B1. 170 f) hat sie den Versicherungsschein unter Bezugnahme auf die Abtretung vom 24.04.1985 an die Beklagte übersandt. Am Schluß des Schreibens heißt es: "Bei der LV xxx haben wir noch Forderungen gegen die Bezugsberechtigte Frau xxx. Wir wären Ihnen dankbar, wenn Sie bei Auszahlung der Versicherungsleistung DM 14.000-, an uns überweisen würden (Abtretung liegt bei)."</p><span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Daraus wird deutlich, daß die Übersendung des Versicherungsscheins seitens der xxx allein zum Zweck der Auszahlung der Versicherungssumme an Frau xxx erfolgt ist mit Ausnahme des Betrages von 14.000,00 DM, der - ebenfalls zugunsten von Frau xxx und <strong>zu deren</strong> Entlastung von der bestehenden Verbindlichkeit - an die xxx gezahlt werden sollte. Die Übersendung unmittelbar von der xxx <strong>an</strong> die Beklagte ist ersichtlich in Absprache und mit Einverständnis von Frau xxx erfolgt, worauf nicht zuletzt die mit Schreiben vom 30.09.1987 übersandte Abtretungserklärung von Frau xxx bezüglich der 14.000,00 DM hinweist. Unter diesen Umständen ist die Übersendung des Versicherungsscheins so anzusehen, als ob dessen Vorlage durch die als Bezugsberechtigte ausgewiesene Frau xxx selbst erfolgt ist. Jedenfalls hat die Beklagte durch die Art und Weise der Zahlung die Auszahlungsverfügung des vorlegenden Inhabers des Versicherungsscheins, nämlich der xxx ausgeführt.</p><span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">b) Die Voraussetzungen, unter denen die Beklagte nicht befreiend geleistet hätte, liegen im Streitfall nicht vor.</p><span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Lediglich bei positiver Kenntnis des Versicherers von der Nichtberechtigung tritt keine Befreiungswirkung ein. Anders als bei § 808 BGB (vgl. Palandt/Thomas BGB 48. Aufl., Anm. 2 zu § 808 m. w. N.) reicht selbst grobe Fahrlässigkeit insoweit nicht aus, womit die Vorschrift des § 11 Abs. 1 S. 1 AVB über die Regelung in § 808 BGB hinausgeht (vgl. Prölss/Martin, VVG, 24. Aufl., Anm. 2 zu § 13 ALB; Bruck-Möller, VVG, 8. Aufl., Bd.V/2, Anm. C 320).</p><span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Ob die Unterschrift des Vaters der Klägerin unter der Begünstigungserklärung vom 09.07.1985 gefälscht ist, wie dies die Klägerin vorträgt, bedarf vorliegend keiner Beweiserhebung und abschließenden Entscheidung. Selbst wenn dies so wäre, was auch nach dem von der Klägerin vorgelegten Privatgutachten des Sachverständigen xxx offen geblieben ist, kann nicht davon ausgegangen werden, daß die Beklagte dies positiv gekannt hat. Die Klägerin hat nicht substantiiert dargelegt, daß die Beklagte, insbesondere der Zeuge xxx positive Kenntnis von der mangelnden materiellen Berechtigung von Frau xxx gehabt hat. Das gesamte Vorbringen der Klägerin zu diesem Komplex geht über bloße Vermutungen und Verdächtigungen nicht hinaus, so daß der Senat keine Veranlassung gesehen hat, die hierzu angebotenen Beweise zu erheben.</p><span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">c) Keine Bedenken bestehen schließlich dagegen, daß der Vater der Klägerin auch noch nach der Sicherungsabtretung und der Erklärung vom 24.04.1985 einen anderen Bezugsberechtigten als die ursprünglich im Vertrag vorgesehene Klägerin benennen konnte.</p><span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Das Bezugsrecht ist nach § 13 Abs. 1 S. 2 AVB jederzeit widerruflich. Ähnlich wie bei einer Verpfändung hinderte die vorgenommene Sicherungsabtretung den Vater der Klägerin nicht daran, nachträglich eine Auswechselung des Bezugsberechtigten vorzunehmen (vgl. auch Bruck-Möller a.a.O., Anm. H 41). Da bei der Sicherungsabtretung der Widerruf des Bezugsrechts "für die Dauer der Abtretung, als es den Rechten der Bank entgegensteht" nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (a.a.O.) lediglich eine Zurückversetzung des Bezugsberechtigten im Rang hinter den Sicherungsnehmer bedeutet, wird durch eine Bezugsrechtsänderung weder der Sicherungszweck gefährdet noch in die Rechtsposition des Sicherungsnehmers eingegriffen, da sich die Auswechselung des Bezugsberechtigten gleichsam "hinter" ihm abspielt.</p><span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Ganz abgesehen davon ist die Bezugsrechtsänderung zugunsten von Frau xxx nach den vorliegenden Unterlagen mit Zustimmung der xxx als Sicherungsnehmerin erfolgt und von dieser der Beklagten mit Schreiben vom 10.07.1985 angezeigt worden. Zwar hat die Klägerin erstmals in der Berufungsbegründung vorsorglich bestritten, daß die Begünstigungserklärung vom 09.07.1985 der Beklagten vor dem Tode des Herrn xxx zugegangen ist. Dies steht jedoch in krassem Widerspruch zu ihrem erstinstanzlichen Vorbringen. Im Schriftsatz vom 09.01.1989 wird lediglich vorgetragen, die Begünstigungserklärung sei auf einem Formblatt zugeleitet worden. Dabei stellt die Klägerin nicht infrage, daß dies im Jahre 1985, also vor dem Tode des Herrn xxx, geschehen ist, hat sie doch mit der Klage selbst die Begünstigungserklärung vorgelegt (B1. 23). Daraus ergibt sich, daß die Erklärung der Beklagten spätestens am 16.07.1985 zugegangen ist, wie der Stempel „z. d. A." (der Beklagten) ausweist.</p><span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Dies wiederum deckt sich mit den von der Beklagten mit der Berufungserwiderung vorgelegten Unterlagen. Aus dem Stempel auf dem Schreiben der xxx vom 10.07.1985 ergibt sich jedenfalls als Eingang die Jahreszahl 1985, dazu der Monat Juli und ein Tag der 10-er Gruppe. Es handelt sich dabei um einen Eingangsstempel der Direktion Leben, nach Überzeugung des Senats der Beklagten.</p><span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Eine plausible Erklärung dafür, warum die Klägerin nunmehr von ihrem erstinstanzlichen Vorbringen abrückt und gegenteilig vorträgt, fehlt. Die Klägerin trägt nicht etwa vor, die vorbezeichneten Datumsangaben seien gefälscht und die Beklagte habe die Daten auf den entsprechenden Stempeln zurückgedreht. Es handelt sich nach Oberzeugung des Senats vielmehr um ein nicht substantiiertes Bestreiten ins Blaue hinein, das als unbeachtlich angesehen werden muß.</p><span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Ein Anlaß, aufgrund der Schriftsätze des Prozeßbevollmächtigten der Klägerin vom 23.03.1990 und 28.03.1990 die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen, besteht nicht. Die Tatsache, daß sich nunmehr ein anderer Prozeßbevollmächtigter für die Klägerin bestellt hat, gebietet eine Wiedereröffnung allein nicht. Auch der erstmals im Schriftsatz vom 23.03.1990 gestellte Antrag, das Verfahren bis zur Erledigung des Strafverfahrens xxx auszusetzen, reicht hierfür nicht aus. Schon im Schriftsatz der Klägerin vom 29.01.1990 war das genannte Strafverfahren erwähnt worden und hätte demgemäß der Aussetzungsantrag nach § 149 ZPO gestellt werden können; spätestens aber in der mündlichen Verhandlung am 15.02.1990.</p><span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">3.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.</p><span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Streitwert für das Berufungsverfahren und Wert der Beschwer der Klägerin: 50.000,00 DM.</p>
|
315,124 | olgham-1990-03-28-20-u-14689 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 20 U 146/89 | 1990-03-28T00:00:00 | 2019-03-13T14:47:01 | 2022-10-18T15:09:02 | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1990:0328.20U146.89.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Beklagten gegen das am 8. März 1989 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bochum wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Die Beklagten dürfen die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 59.000,- DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin nimmt die Beklagten, die unter gemeinsamem Briefkopf ein Rechtsanwaltsbüro betreiben, wegen schuldhafter Verletzung eines Anwaltsvertrages auf Schadensersatz in Anspruch.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin ist Pächterin einer Pizzeria in .... Für diese Gaststätte hatte sie bei der Interunfall-Versicherung eine gebündelte Geschäftsversicherung unter Einschluß einer Feuerversicherung zum Neuwert bis zu einer Gesamtsumme von 200.000,- DM genommen. Vereinbart waren u.a. die Allgemeinen Feuerversicherungsbedingungen (AFB 86). Wegen der Einzelheiten wird auf den Versicherungsschein vom 14.10.1986 nebst Anlagen (Bl. 10 bis 16 d.A.) verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Am 14.05.1987 gegen 2.30 Uhr brach in der Pizzeria, die zuvor gegen 1.00 Uhr geschlossen worden war, ein Brand aus, der zur Zerstörung von Einrichtungsgegenständen und Vorräten führte. Die Klägerin meldete den Schaden ihrem Versicherer, der den Sachverständigen ... mit der Ermittlung der Brandursache beauftragte. Nach Durchführung seiner Untersuchung nahm jener an, daß ein im Gastraum hinter dem Tresen neben einem Metallabfalleimer befindlicher Kunststoffbehälter durch in diesen entleerte brennbare Abfälle in Brand geraten sei.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 08.07.1987 lehnte der Versicherer unter Bezugnahme auf dieses Gutachten Versicherungsschutz ab und kündigte den Versicherungsvertrag. Gleichzeitig wies er darauf hin, daß die Klägerin gemäß §17 AFB innerhalb von sechs Monaten nach Zugang des Ablehnungsschreibens Klage vor dem ordentlichen Gericht erheben könne, anderenfalls ihr vermeintlicher Anspruch auf Versicherungsschutz endgültig durch reinen Zeitablauf entfalle.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Unter Vorlage dieses Schreibens beauftragte die Klägerin den Beklagten zu 2) mit ihrer Vertretung gegenüber der Interunfall-Versicherung. Nachdem jene mit Schreiben vom 08.07.1987 auf ihrer Entschädigungsablehnung beharrte, erteilte die Klägerin dem Beklagten zu 2) Klageauftrag.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Aufgrund eines Büroversehens - die Klagefrist war irrtümlich auf den 08.02.1988 vorgemerkt - versäumte der Beklagte zu 2) die seiner Auffassung nach am 08.01.1988 ablaufende Klagefrist. Eine von ihm erbetene Klagefristverlängerung lehnte der Versicherer ab.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 05.02.1988 machte der nunmehr von der Klägerin mit ihrer Vertretung beauftragte Rechtsanwalt Zwanziger gegen die Beklagten einen Schadensersatzanspruch wegen Versäumung der Klagefrist geltend.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Mit der Klage verlangt die Klägerin Schadensersatz in Höhe von 45.000,- DM. Diesen Betrag hatte der von der Interunfall-Versicherung mit der Schadensschätzung beauftragte Sachverständige ... in einem Gutachten, auf dessen Inhalt verwiesen, wird (Bl. 183 bis 192 d.A.), als. Neuwertschaden für Einrichtung, Waren und Aufräumkosten ermittelt.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Sie hat behauptet, hinter der Theke habe sich außer einem Metallascheneimer kein Abfallbehälter aus Plastik befunden. Ca. 50 cm von dem Metallbehälter entfernt hätten allerdings Cola-Kisten aus Kunststoff gestanden. Sie könne sich den Brandausbruch nur so erklären, daß beim Einfüllen von ...schenresten in den Metalleimer eine Zigarettenkippe in die Nähe der Cola-Kisten gefallen sei und diese entzündet habe. Dies könne den Vorwurf einer ihr zurechenbaren grob fahrlässigen Herbeiführung des Brandes aber nicht begründen. Auf die Hinweise im "Merkblatt für die Brandverhütung" (Bl. 14 f) hätte der Versicherer sich schon deshalb nicht berufen können, weil dieses als Bestandteil des Versicherungsvertrages nicht ausdrücklich vereinbart worden sei; jedenfalls sei ein vertraglicher Haftungsausschluß, der 90 % aller möglichen Brandursachen umfasse, für einen Versicherungsnehmer überraschend und deshalb nach §3 AGBG unwirksam.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Sie hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">die Beklagten zu verurteilen, an sie 45.000,- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 20.06.1987 als Gesamtschuldner zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten haben beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Sie haben geltend gemacht, der Klägerin sei durch die Versäumung der Klagefrist nach §12 Abs. 3 VVG kein Schaden entstanden, da die von ihr beabsichtigte Deckungsklage erfolglos geblieben wäre. Sie haben sich die Feststellungen und Ausführungen des Sachverständigen ... in seinem schriftlichen Gutachten, auf dessen Inhalt (Bl. 57 bis 89 d.A.) verwiesen wird, zu eigen gemacht und behauptet, der Ehemann der Klägerin habe gegenüber dem Sachverständigen ausdrücklich bestätigt, zwischen dem Metallascheneimer und den Cola-Kisten habe sich ein weiterer Kunststoffeimer befunden, in den Reste aus Aschenbechern eingefüllt worden seien. Entgegen dem ihr bei Vertragsschluß als Gegenstand des Versicherungsvertrages übergebenen "Merkblatt für die Brandverhütung" habe die Klägerin in der Brandmacht nach Betriebsschluß nicht sämtliche Aschenbehälter außerhalb der Gaststättenräume in Sammelbehälter entleert.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Nicht nur aufgrund dieses Sachverhalts, sondern bereits nach dem Vorbringen der Klägerin sei sie nach §§16 AFB, 61 VVG leistungsfrei geworden: Grob fahrlässig sei sowohl das Aufstellen einer leicht entflammbaren Cola-Kiste aus Kunststoff in unmittelbarer Nähe neben dem Metallaschenbehälter wie auch ein unachtsames Entleeren eines Aschenbechers. Das Verhalten eines Angestellten müsse die Klägerin sich zurechnen lassen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen ... und ... sowie des sachverständigen Zeugen .... Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 08.03.1989 (Bl. 128 R bis 130 d.A.) Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Durch Urteil vom 08.03.1989, auf dessen Inhalt (Bl. 137 bis 145 d.A.) verwiesen wird, sind die Beklagten antragsgemäß verurteilt worden.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie wiederholen, vertiefen und ergänzen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Es könne keinem Zweifel unterliegen, daß der Brand durch glimmende Zigarettenreste in einem hinter der Theke zwischen Metallascheneimer und Cola-Kisten befindlichen Kunststoffbehälter verursacht worden sei. Da noch Zigarettenreste vorhanden gewesen seien, könne nur in Betracht kommen, daß brennende Zigarettenkippen achtlos in diesen Kasten geworfen worden seien, bevor die Klägerin die Gaststätte verlassen habe. Dies sei - selbst wenn es niemals zuvor geschehen sei, was allerdings recht unwahrscheinlich sei - grob fahrlässig. Nach dem "Merkblatt für die Brandverhütung" und §26 Abs. 2 GaststättenbauVO habe ein derartiger Kunststoffabfallbehälter nicht neben dem Metalleimer aufgestellt werden dürfen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Auch in subjektiver Hinsicht treffe die Klägerin und ihren Ehemann ein schweres Verschulden. Jedermann wisse, daß ein Kunststoffbehältnis brennen könne und deswegen keine glühenden Zigarettenreste dort hineingeworfen werden dürften. Sie hätten sich auch sagen müssen, daß durch das Aufstellen eines Kunststoffabfallkastens neben dem Blecheimer ein Brand ermöglicht werden könne.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Selbst wenn, was bestritten werde, die Klägerin am Abend vor dem Brand sich nicht selbst in der Pizzeria aufgehalten habe, müsse sie sich das Fehlverhaltens ihres Ehemannes, der während ihrer Abwesenheit das Geschäftslokal geführt habe und deshalb als ihr Repräsentant anzusehen sei, zurechnen lassen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Darüber hinaus bestreiten die Beklagten auch die Höhe des Schadens. Der Sachverständige ... habe sich allein auf die Angaben der Klägerin und ihres Ehemannes gestützt, deren Richtigkeit bestritten werde.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Nach Schluß der mündlichen Verhandlung haben die Beklagten unter Bezugnahme auf die rechtlichen Erläuterungen des Senats den Einwand mitwirkenden Verschuldens nach §254 BGB erhoben. Der von der Klägerin spätestens seit dem 05.02.1988 mit der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen beauftragte Rechtsanwalt ... dessen Fehlverhalten sie sich nach §278 BGB zurechnen lassen müsse, habe schuldhaft nicht erkannt, daß eine Verwirkung des Deckungsanspruches gegenüber der Interunfall-Versicherung mit Ablauf des 08.01.1988 nicht eingetreten sei. Die im Ablehnungsschreiben des Versicherers vom 08.07.1978 enthaltene Belehrung, die Klägerin könne Klage vor dem ordentlichen Gericht erheben, sei nämlich gemäß §12 Abs. 3 VVG unwirksam, weil zur gerichtlichen Geltendmachung des Leistungsanspruchs im Sinne dieser Vorschrift auch die Beantragung eines Mahnbescheides ausreichend sei. Die Deckungsklage, habe deshalb bis zum Ablauf der Verjährungsfrist zum 31.12.1989 erhoben werden können.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten haben beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Auch sie wiederholt, vertieft und ergänzt ihr erstinstanzliches Vorbringen. Am Abend des 14.05.1987 sei sie selbst nicht in der Gaststätte gewesen, sondern nur ihr Ehemann. Dieser sei als einfacher Angestellter - Konzessionsinhaberin und Pächterin der Gaststätte sei sie - nicht ihr Repräsentant. Unabhängig davon könne von einer grob fahrlässigen Brandverursachung keine Rede sein, da - wie immer - auch an dem in Rede stehenden Abend ausschließlich der hinter der Theke aufgestellte Metallascheneimer zur Entleerung der Aschenbecher benutzt worden sei. Zwischen dem Metalleimer und den Cola-Kisten habe zwar noch ein weiterer Flaschenbehälter aus Kunststoff mit einer Grundfläche von 50 × 50 cm gestanden, der jedoch entgegen der grundlosen Behauptung des Sachverständigen ..., mit dessen Schlußfolgerungen die Klägerin sich kritisch auseinandersetzt, weder zum Aufnehmen von Abfall bestimmt gewesen noch entsprechend genutzt worden sei. Es lasse sich allenfalls vermuten, daß ihrem Ehemann beim Entleeren der Aschenbecher in den Metallascheneimer versehentlich Zigarettenreste daneben auf den Kunststoffbehälter gefallen seien. Dies könne den Vorwurf grober Fahrlässigkeit nicht begründen. Im übrigen habe ihr Ehemann davon ausgehen können, daß die von den Gästen zurückgelassenen Zigarettenreste soweit erkaltet waren, daß sie keine zündfähigen Temperaturen mehr aufwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Interunfall-Versicherung habe ihr das Ergebnis der Schadensschätzung des Sachverständigen ... übermittelt, so daß dem Versicherer ein Bestreiten der Schadenshöhe in einer gerichtlichen Auseinandersetzung versagt gewesen wäre. Die Schadensermittlung sei überdies zutreffend. Der Sachverständige habe den Großteil der Schadenspositionen aufgrund eigener Wahrnehmung kalkuliert. Hinsichtlich in der Pizzeria zerstörten Lebensmittel und einiger geringwertiger Gegenstände habe er ihre Angaben zu Recht als glaubwürdig übernommen.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Ein ihr zuzurechnendes mitwirkendes Verschuldens des Rechtsanwalts Zwanziger hinsichtlich der nicht rechtzeitigen Erhebung der Deckungsklage sei nicht gegeben. Die Belehrung des Versicherers im Ablehnungsschreiben vom 08.07.1987 sei ausreichend gewesen, da wegen der ihr unbekannten Schadenshöhe für sie nur eine Feststellungsklage möglich gewesen sei, so daß die Beantragung eines Mahnbescheides ohnehin nicht in Betracht gekommen wäre. Im übrigen sei die Berufung der Beklagten darauf, daß ein Ablauf der Klagefrist mangels ordnungsgemäßer Belehrung nicht eingetreten sei, nach Schluß der mündlichen Verhandlung verspätet und überdies treuwidrig: Im Rahmen der Regreßstreitigkeit der Parteien sei es ausschließlich um die Erfolgsbeurteilung einer rechtzeitig erhobenen Deckungsklage gegangen.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen. Die Beiakten 30 Js 335/87 StA Bochum haben dem Senat informationshalber vorgelegen.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Der Klägerin steht ein Schadensersatzanspruch in der geltend gemachten Höhe aus positiver Vertragsverletzung des von ihr mit den Beklagten geschlossenen Anwaltsvertrages zu.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat wegen des in ihrer Pizzeria entstandenen Brandschadens dem Beklagten zu 2) unstreitig einen Auftrag zur Klageerhebung gegen die Interunfall-Versicherung innerhalb der in deren Ablehnungsschreiben vom 08.07.1987 genannten Sechs-Monats-Klagefrist erteilt. Diesen Klageauftrag hat der Beklagte zu 2) aufgrund eines ihm zuzurechnenden Büroversehens - unrichtige Fristvormerkung - schuldhaft nicht ausgeführt. Dieses von beiden Beklagten zu vertretene Anwaltsverschulden - auf seiten der Beklagten besteht eine gesamtschuldnerische Haftung, da der Vertrag eines Mandanten mit zusammenarbeitenden Rechtsanwälten in der Regel mit allen Rechtsanwälten zustandekommt (BGH NJW-RR 1988, 1299; NJW 1978, 946) - ist auch für den bei der Klägerin eingetretenen Verlust ihres Leistungsanspruchs gegen den Versicherer ursächlich geworden, da eine vom Beklagten zu 2) auftragsgemäß erhobene Deckungsklage erfolgreich gewesen wäre.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks"><b>1)</b></p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">In einem Deckungsrechtsstreit mit der Interunfall-Versicherung hätte die Klägerin in Höhe der Klageforderung obsiegt.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks"><b>a)</b></p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Der Versicherer ist nicht nach §§16 AFB (Fassung Dezember 1986), 61 VVG leistungsfrei geworden.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">aa)</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Der Brand ist nicht durch ein eigenes grob fahrlässiges Verhalten der Klägerin verursacht worden. Diese hat unwiderlegt vorgetragen, sie sei am fraglichen Abend nicht selbst in der Pizzeria gewesen; ihr Ehemann habe vielmehr dort Dienst getan, nach dem Weggang der letzten Gäste aufgeräumt und sodann die Räumlichkeiten abgeschlossen. Dies stimmt mit den Angaben der Eheleute ... gegenüber der Polizei (Bl. 26 der Beiakten) überein. Da der Versicherer für eine gegenteilige Behauptung beweispflichtig gewesen wäre, reicht das bloße Bestreiten des Klagevortrags durch die Beklagten nicht aus; Beweis für ihre Sachdarstellung haben sie nicht angetreten.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">bb)</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin muß sich auch ein etwaiges Fehlverhalten ihres Ehemannes nicht zurechnen lassen, da jener nicht ihr Repräsentant ist. Wach der ständigen Rechtsprechung des BGH (vgl. zuletzt NJW 1989, 1861 m.w.N. und 2474) ist in der Feuerversicherung Repräsentant, wer in dem Geschäftsbereich, zu dem das versicherte Risiko gehört, aufgrund eines Vertretungs- oder ähnlichen Verhältnisses an die Stelle des Versicherungsnehmers getreten ist. Repräsentant kann nur sein, wer befugt ist, selbständig in einem gewissen, nicht ganz unbedeutenden Umfang für den Versicherungsnehmer zu handeln und dabei auch dessen Rechte und Pflichten als Versicherungsnehmer wahrzunehmen. Die bloße Überlassung der Obhut über die versicherte Sache reicht dabei nicht aus, um ein Repräsentationsverhältnis anzunehmen.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Nach diesen Grundsätzen kann eine Repräsentantenstellung des Ehemanns der Klägerin nicht angenommen werden. Pächterin der Gaststättenräume ist unstreitig die Klägerin. Sie ist auch Inhaberin der Konzession für das Betreiben der Pizzeria. Unwidersprochen hat sie vorgetragen, ihr Ehemann sei im Betrieb nur "einfacher Angestellter". Bei dieser Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden, daß die Klägerin sich "der Verfügungsbefugnis und der Verantwortlichkeit" für die Pizzeria "vollständig begeben" hat (BGH NJW 1989, 1861, 1862; VersR 1969, 695, 696). Allein die Tatsache, daß ihr Ehemann am Abend des Brandes die Gaststätte allein bewirtschaftet hat, reicht dazu nicht aus. Entgegen der Auffassung der Beklagten läßt sich daraus nicht schließen, daß jener die laufenden Geschäfte im Betrieb der Klägerin selbständig führt.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">cc)</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Selbst wenn aber der Ehemann der Klägerin als ihr Repräsentant anzusehen wäre, käme eine Leistungsfreiheit des Versicherers wegen grob fahrlässiger Verursachung des Brandes nicht in Betracht. Die Beklagten können nämlich die Richtigkeit ihrer Behauptung, Ursache des Brandes sei es gewesen, daß brennende Zigarettenkippen achtlos in einen neben dem Metallaschenbehälter stehenden Plastikbehälter geworfen worden seien, nicht beweisen. Es läßt sich nicht widerlegen, daß die von der Klägerin geäußerte Mutmaßung, ihrem Ehemann seien beim Entleeren eines Aschenbechers in den Metallbehälter versehentlich Zigarettenreste neben den Metalleimer auf den dort stehenden Kunststofflaschenbehälter gefallen, zutrifft. Unstreitig ist, daß - wie sein Inhalt nach dem Brand zeigt - der Metallbehälter in der Pizzeria auch am Abend vor dem Brand als Aschensammler genutzt wurde. Zwingende Anhaltspunkte dafür, daß der nach dem Gutachten ... als Brandausgangspunkt anzusehende Plastikbehälter entgegen der Behauptung der Klägerin ebenfalls als Abfallbehälter genutzt worden ist, hat der Sachverständige nicht aufzuzeigen vermocht; in dem von ihm untersuchten Plastikteig haben sich lediglich Glas- und Zigarettenreste nachweisen lassen. Dies schließt die Sachdarstellung der Klägerin nicht aus. Die Behauptung der Beklagten, der Ehemann der Klägerin habe dem Sachverständigen ausdrücklich bestätigt, er habe Reste aus Aschenbechern in einen Kunststoffeimer eingefüllt, haben die Zeugen ... und ... nicht bestätigt.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Hat aber der Ehemann der Klägerin versehentlich Zigarettenreste neben den Metallbehälter fallen lassen, läßt sich der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit nicht rechtfertigen. Im Rahmen von Routinetätigkeiten läßt sich bei einmaligem Fehlverhalten eine subjektive Unentschuldbarkeit regelmäßig nicht annehmen (vgl. BGH NJW 1989, 1354, 1355). Insoweit handelt es sich um den typischen Fall eines Augenblicksversagens, das das Verdikt "grobe Fahrlässigkeit" nicht verdient.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks"><b>b)</b></p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Eine Leistungsfreiheit des Versicherers läßt sich auch nicht nach §§7 AFB, 6 Abs. 1 VVG wegen Verletzung einer vereinbarten, vor dem Versicherungsfall zu erfüllenden Obliegenheit begründen.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">aa)</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Die Parteien des Versicherungsvertrages haben zwar vereinbart, daß in den Gasträumen für Asche, Tabakreste, Streichhölzer und ähnliches ausschließlich Metallbehälter mit doppelter Wand und selbsttätig schließendem Deckel vorhanden sein dürfen und Behälter, die diesen Anforderungen nicht entsprechen, unverzüglich aus den Gasträumen entfernt werden müssen (Besondere Bedingungen zu a) auf dem Formular betr. "Ergänzende Angaben zur Versicherung von Gastronomie- und Beherbergungsbetrieben aller Art" vom 28.07.1986 (Bl. 16 d.A.), das gemäß Nr. 8 der "Besonderen Vereinbarungen und Bestimmungen" (Bl. 13 d.A.) Vertragsbestandteil geworden ist). Die Beklagten können der Klägerin jedoch nicht widerlegen, daß in der Pizzeria ausschließlich ein vereinbarungsgemäßer Aschensammelbehälter aus Metall aufgestellt war. Nach dem Klagevortrag diente der hinter der Theke neben dem Metallbehälter stehende Plastikbehälter ausschließlich der Aufbewahrung von Flaschen und nicht als Aschesammelbehälter. Die Beklagten halten dies zwar für unwahrscheinlich, können indes das Gegenteil nicht beweisen. Unstreitig befand sich unmittelbar neben dem in Rede stehenden Plastikbehälter ein der Sicherheitsvorschrift entsprechender Metallbehälter, der auch als Aschesammelbehälter benutzt wurde. Letzteres folgt daraus, daß nach dem Brand in jenem Metallabfalleimer u.a. auch Reste von Zigaretten vorgefunden worden sind. Daß daneben auch der vom Sachverständigen ... als Brandausgangspunkt angesehene Plastikbehälter mit Wissen der Klägerin als Aschesammelbehälter benutzt worden ist, läßt sich nicht feststellen. Allein die Tatsache, daß der Sachverständige in dem Plastikteig Zigarettenreste vorgefunden hat, rechtfertigt einen derartigen Schluß nicht. Es läßt sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausschließen, daß der Plastikkasten am Abend des Brandes aufgrund eines Fehlverhaltens des Ehemannes der Klägerin erstmals mit Zigarettenresten in Berührung kam.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Kann der Klägerin somit die ausschließliche Nutzung des Plastikkastens zur Flaschenaufbewahrung nicht widerlegt werden, kann eine Verletzung der vereinbarten Sicherheitsbestimmung im Hinblick auf die Aufstellung und Nutzung dieses Plastikkastens nicht angenommen werden. Die vereinbarte Sicherheitsklausel kann nicht weiter ausgelegt werden, als ihr Wortlaut reicht. Sie bezieht sich ausschließlich auf Behälter "für Asche, Tabakreste, Streichhölzer" u.ä. zündfähige Materialien, nicht aber auf Behälter für andere feuerungefährliche Abfälle und Gegenstände.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">bb)</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Die in dem "Merkblatt für die Brandverhütung" (Bl. 14 f d.A.) enthaltenen Hinweise und Aufforderungen sind lediglich als Aufklärung des Versicherungsnehmers über Schwerpunkte von Brandursachen zu verstehen. Sie sind deshalb für die Beurteilung der Frage, ob ein in Kenntnis des Merkblattes vorgenommenes Verhalten eines Versicherungsnehmers als grob fahrlässig im Sinne der §§16 AFB, 61 VVG zu werten ist, von Bedeutung. Sicherheitsvorschriften nach §7 AFB sind sie hingegen nicht, da ihre Empfehlungen ("beachte:") nicht hinreichend eindeutig als dem Versicherungsnehmer auferlegte Verhaltensvorschriften mit den in §7 AFB genannten Rechtsfolgen erkennbar sind.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Selbst wenn man dies anders sähe, würde das den Beklagten nichts helfen.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Das Unterlassen des Entleerens des Metallabfallbehälters nach Betriebsschluß des Brandtages in einen außerhalb des Gebäudes befindlichen Sammelbehälter wäre dann zwar vorschriftswidrig. Abgesehen davon, daß der Ehemann der Klägerin auch insoweit nicht ihr Repräsentant ist, so daß sie sich sein Fehlverhalten nicht zurechnen lassen muß, und von den Beklagten auch nicht behauptet worden ist, daß die Klägerin um die Nichtleerung wußte, ist dieses Unterlassen auch nicht ursächlich für den Brandausbruch geworden. Im Anschluß an das Gutachten ... gehen die Beklagten davon aus, daß sich der Brandherd in dem neben dem Blechbehälter aufgestellten Plastikbehälter befand. Die im Metallbehälter befindlichen, nicht in einen Sammelbehälter ausgeleerten Zigarettenreste können deshalb für den Brandausbruch nicht kausal geworden sein. Aus dem gleichen Grund kommt es auch nicht darauf an, ob - wie die Klägerin behauptet - der Metallabfalleimer mit seinem Deckel zugedeckt war.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Im "Merkblatt" wird zwar ein seitlicher Mindestabstand von 50 cm von "brennbaren Bauteilen und Einrichtungsgegenständen" gefordert. Selbst wenn man einen Plastikflaschenbehälter zu "Einrichtungsgegenständen" zählen wollte, haben die Beklagten aber nicht unter Beweis gestellt, daß der fragliche Kunststoffbehälter ständig, d.h. für die Klägerin wahrnehmbar, in einem 50 cm unterschreitenden Abstand zum Metallbehälter stand. Der Sachverständige ... hat zwar bei seiner mündlichen Anhörung vor dem Landgericht einen Abstand zwischen Cola-Kisten und Blecheimer von 32 cm angegeben. Aufgrund der hinter der Theke gegebenen räumlichen Verhältnisse - lt. der vom Sachverständigen gefertigten Skizze (Bl. 73 d.A.) ist rechts neben den dort eingezeichneten Kästen noch reichlich Raum - kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß der vom Sachverständigen vorgefundene Standort der Cola-Kisten nicht von der Feuerwehr oder der Polizei vorab verändert worden ist. Mangels Repräsentanteneigenschaft des Ehemanns der Klägerin ist überdies nicht entscheidend, wo der fragliche Plastikkasten am Abend des Brandes gestanden hat. Entscheidend ist vielmehr, ob die Klägerin selbst veranlaßt oder zumindest geduldet hat, daß dieser Kasten entgegen dem Hinweis im Merkblatt mit unzureichendem Sicherheitsabstand neben dem Metallbehälter stand. Dazu fehlt jeglicher Vortrag der Beklagten. Selbst wenn am Brandabend Metallbehälter und Plastikkasten näher als 50 cm nebeneinandergestanden haben sollten, besagt dies bei ihrer leichten Verschiebbarkeit nichts darüber, daß dies auch an anderen Tagen - für die Klägerin wahrnehmbar - so gewesen ist.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks"><b>c)</b></p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Schließlich hätte der Versicherer sich auch auf Leistungsfreiheit wegen einer Gefahrerhöhung nach §6 AFB i.V.m. §§23 ff VVG nicht mit Erfolg berufen können. Zwar mag in dem Aufstellen eines Plastikeimers zur Aufnahme von Abfällen hinter der Theke einer Gaststätte eine Gefahrerhöhung liegen können, weil wegen der Möglichkeit, daß dieser Abfallbehälter bestimmungswidrig auch zur Leerung von Aschenbechern benutzt wird, die Brandgefahr generell erhöht wird (Senat, Versicherungsrecht 1981, 947). Dies gilt aber nicht für Flaschenkästen, die ersichtlich nicht zur Aufnahme von Aschenbecherinhalten bestimmt sind und dazu auch nicht benutzt zu werden pflegen. Nicht jede bestimmungswidrige Benutzung eines Behältnisses vermag eine Gefahrerhöhung zu begründen. Das Aufstellen von Flaschenkisten zur Aufnahme von Leergut hinter der Theke stellt allenfalls eine belanglose Gefahrerhöhung im Sinne des §29 Abs. 1 S. 2 VVG dar. Sie ist als unerheblich, allgemein üblich und damit nach der berechtigten Erwartung eines Versicherungsnehmers dieser Branche den Versicherungsschutz nicht gefährdende Gefahrerhöhung zu werten.</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks"><b>d)</b></p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Der Höhe nach entspricht die von der Klägerin beanspruchte Forderung der Schadensfeststellung des von der Interunfall-Versicherung beauftragten Sachverständigen ... Danach beträgt der Gesamtschaden zum Neuwert 45.000,- DM. Diesen Schaden hätte der Versicherer zu ersetzen gehabt, da der Neuwert versichert war; insoweit haben die Beklagten auch keine Einwendungen erhoben. Ihr erstmals in der Berufungsinstanz erfolgtes Bestreiten der Forderungshöhe ist unbeachtlich. Zwar ist nicht ersichtlich, daß es sich um eine nach §15 AFB zwischen der Klägerin und dem Versicherer vereinbarte Schadensfeststellung handelt. Auch steht nicht fest, daß der Versicherer die Schadenshöhe anerkannt hat. Angesichts des mit der Berufungserwiderung von der Klägerin vorgelegten Gutachtens ... wäre es jedoch Sache der Beklagten gewesen, substantiiert darzulegen, welche Positionen sie aus welchem Grund beanstanden. Die Behauptung der Beklagten, der Sachverständige habe sich bei der Schadensbewertung ausschließlich auf die Angaben der Klägerin und ihres Ehemanns gestützt, entbehrt jeder Grundlage. Ein derartiges. Vorgehen würde den ihm vom Versicherer erteilten Sachverständigenauftrag zuwider laufen. Anhaltspunkte dafür, daß der Sachverständige gleichwohl so verfahren ist, sind weder von der Beklagten vorgetragen noch sonstwie ersichtlich. Soweit der Sachverständige den Wert der in der Pizzeria vorhanden gewesenen Lebensmittel und einiger geringwertiger Gegenstände auf der Basis der Angaben der Eheleute Igbal ermittelt hat, ist eine Unrichtigkeit der Schadensermittlung ebenfalls nicht dargetan. Bei eigener Schadensschätzung nach §287 ZPO ist der Senat überdies zu keinem anderen, von dem des Sachverständigen abweichenden Ergebnis gelangt.</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Der Zinsanspruch in Höhe von 4 % seit dem 20.06.1987 wäre gegenüber dem Versicherer nach §§94 Abs. 1 VVG, 17 Abs. 1 S. 2 AFB begründet gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks"><b>2)</b></p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin ist derzeit aus Rechtsgründen nicht mehr in der Lage, die Interunfall-Versicherung gerichtlich auf Ersatz des ihr entstandenen Brandschadens in Anspruch zu nehmen. Ob mit Ablauf des 08.01.1988 eine Anspruchsverwirkung nach §12 Abs. 3 VVG eingetreten ist, erscheint allerdings zweifelhaft. Die im Ablehnungsschreiben des Versicherers vom 08.07.1987 enthaltene Belehrung ist hinsichtlich der Verweisung der Klägerin auf den Klageweg insoweit unrichtig, als für die gerichtliche Geltendmachung des Leistungsanspruchs im Sinne des §12 Abs. 3 VVG auch die Beantragung eines Mahnbescheides ausreicht. Der Hinweis der Klägerin auf die in Versicherungsrecht 1983, 1124 veröffentlichte Senatsentscheidung vom 07.02.1983 geht fehl, weil - anders als im dort entschiedenen Fall - im Streitfall die Beantragung eines Mahnbescheides aus Rechtsgründen möglich war; ob in Anbetracht unzureichender Feststellungen zur Schadenshöhe eine Festellungsklage zweckmäßiger oder aus anwaltlicher Sicht gar geboten gewesen sein mag, ist insoweit ohne Belang.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Allerdings wird die Auffassung vertreten (Prölss/Martin, VVG, 24. Aufl., Anm. 6 A zu §12 VVG), von der Wirksamkeit der Belehrung sei dann auszugehen, wenn feststehe, daß die unzureichende Belehrung für die Fristversäumnis nicht kausal geworden sei. Diese Feststellung ließe sich im vorliegenden Fall treffen, da die rechtzeitige Geltendmachung des Leistungsanspruchs der Klägerin ausschließlich daran gescheitert ist, daß aufgrund des Büroversehens der Beklagten eine unzutreffende Frist notiert worden ist; dies wäre bei einer am Wortlaut des §12 Abs. 3 VVG orientierten Belehrung ebenso geschehen.</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Wie bereits in der mündlichen Verhandlung erwähnt, neigt der Senat jedoch dazu, die Richtigkeit der Belehrung nach §12 Abs. 3 VVG - entsprechend der Rechtslage bei §39 Abs. 1 VVG - als Tatbestandsmerkmal anzusehen, so daß bei unrichtiger Belehrung unabhängig von Kausalitätsfragen in jedem Fall die Rechtswirkungen des §12 Abs. 3 VVG ausgeschlossen sind. Im vorliegenden Fall bedarf dies jedoch keiner abschließenden Entscheidung, da zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der Leistungsanspruch der Klägerin gegen ihren Versicherer wegen der mit Ablauf des 31.12.1989 eingetretenen Anspruchsverjährung nach §12 Abs. 1 VVG ohnehin nicht mehr durchsetzbar war.</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks"><b>3)</b></p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Ein mitwirkendes Verschulden braucht die Klägerin sich selbst dann nicht zurechnen zu lassen, wenn unterstellt wird, daß wegen unzureichender Belehrung hinsichtlich der Frist zur gerichtlichen Geltendmachung des Leistungsanspruchs eine Leistungsfreiheit der Interunfall-Versicherung gemäß §12 Abs. 3 VVG nicht zum 08.01.1988 eingetreten ist, so daß eine Klageerhebung bis zum Verjährungseintritt erfolgversprechend gewesen wäre.</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Die erste und hauptsächliche Ursache für die Versäumung der Klage hat der Beklagte zu 2) gesetzt, indem er auftragswidrig die Klage nicht zum vorgesehenen Zeitpunkt eingereicht hat. Zwar hätte Rechtsanwalt ... anhand der gängigen Kommentierung zum VVG (vgl. Prölss/Martin a.a.O.) erkennen können, daß in der veröffentlichten Rechtsprechung (vgl. OLG Köln VersR 1986, 1186) und im Schrifttum (vgl. Prölss/Martin a.a.O.) die Auffassung vertreten wird, eine Belehrung, die allein auf eine Klage und nicht allgemein auf die gerichtliche Geltendmachung des Leistungsanspruchs hinweist, sei zumindest bedenklich. Dies hätte jedoch auch der Beklagte zu 2) erkennen können und müssen. Seine Prüfungs- und Sorgfaltspflicht war dadurch, daß die Klägerin durch Rechtsanwalt ... von ihm Schadensersatz verlangte, nicht entfallen. Vielmehr war er es, der in erster Linie gehalten war, im Interesse der Klägerin in rechtlicher Hinsicht erschöpfend zu prüfen, ob noch Erfolgsaussichten für eine gerichtliche Geltendmachung des Leistungsanspruchs gegen den Versicherer bestanden. Schließlich ist auch noch zu bedenken, daß der zwischen den Parteien entstandene Regreßstreit seitens der Beklagten von vornherein ausschließlich auf die Frage, der Beurteilung der Erfolgsaussichten der unterlassenen Deckungsklage beschränkt worden ist, so daß für den von der Klägerin eingeschalteten Rechtsanwalt ... - von den Beklagten vorgegeben - nur dieser Streitpunkt als bedeutsam erscheinen mußte. Nach alledem bewertet der Senat den Anteil eines etwaigen Mitverschuldens der Klägerin am Unterlassen der rechtzeitigen Erhebung der Deckungsklage gegenüber dem weit überwiegenden Verschulden des Beklagten zu 2) als derart gering, daß es die volle Haftung der Beklagten nicht einzuschränken vermag.</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Die Beschwer der Beklagten beträgt 45.000,- DM.</p>
|
315,125 | olgk-1990-03-28-2-u-16589 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 2 U 165/89 | 1990-03-28T00:00:00 | 2019-03-13T14:47:02 | 2022-10-18T15:09:02 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1990:0328.2U165.89.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Beklagten gegen das</p>
<p></p>
<p>Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 04. Juli 1989 (18 0 142/89) wird auf seine Kosten zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Der Wert der Urteilsbeschwer übersteigt 40.000,00 DM nicht.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><strong>Tatbestand:</strong></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien streiten um die Wirksamkeit eines Beschlusses des Landeskongresses der beklagten Gewerkschaft, vom 3.12.1988 durch den der Beschluß des Landesvorstan­des der Beklagten vom 22.01.1988, den Klä­ger aus der Gewerkschaft auszuschließen, bestätigt wurde.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">In der Sitzung des Landesvorstandes vom22.01.1988 war der Kläger, der Vorsitzendedes Bezirksverbandes B. und stellvertretender Vorsitzender der Beklagten war, durch mehrheitlichen Beschluß aus der Ge­werkschaft sowie allen Ämtern ausgeschlos­sen worden. Der Kläger legte gegen diese Entscheidung mit Schreiben vom 30.01.1988 beim Bundesausschuß der Gewerkschaft Be­schwerde ein, nahm diese aber mit Schrei­ben vom 02.09.1988 wieder zurück. Während des noch laufenden Beschwerdeverfahrens wurde der Kläger vom Beklagten wie ein be­reits ausgeschlossenes Mietglied behan­delt. Er erhielt daher keine formelle Ein­ladung zum Landeskongress des Beklagten am 09.04.1988 und konnte an dieser Versamm­lung nicht teilnehmen, da er den kurzfri­stig verlegten Tagungsort nicht in Erfah­rung brachte. Auf seine Klage hin stellte das Landgericht die Unwirksamkeit der Be­schlüsse bezüglich Entlastung und Neuwahl des Landesvorstandes sowie der Wahl der Kassenprüfer wegen fehlender Einladung des Klägers zum Landeskongress vom 09.04.1988 fest. Der Kläger sei zu dieser Zeit noch Gewerkschaftsmitglied und ladungsberech­tigter Amtsinhaber gewesen, da der Aus­schlußbeschluss vom 22.01.1988 infolge Un­zuständigkeit des Landesvorstands keine Wirkung entfaltet habe. Gegen dieses Ur­teil legte die beklagte Gewerkschaft Beru­fung ein. Während des noch schwebenden Be­rufungsverfahrens rief die Beklagte für den 03.12.1988 unter Hinzufügung einer aus neun Punkten bestehenden Tagesordnung ei­nen außerordentlichen Landeskongress ein, der laut Einladung dem Ziel dienen sollte, "Unklarheiten, die sich aus angeblichen formellen Fehlern des letzten Landeskon­gresses ergeben haben sollen, auszuräu­men". Bezüglich der- angekündigten Bera­tungsgegenstände wird auf die Tagesordnung Bezug genommen. Ein Tagesordnungspunkt betreffend den Ausschluß des Klägers war nicht vorgesehen. Im Verlauf der Versamm- lung vom 03.12.1988, bei der bis auf einen Delegierten sämtliche teilnahmeberechtig­ten Mitglieder des Beklagten anwesend wa­ren, kam es zu einer Debatte über die Stimmberechtigung des Klägers. Daraufhin stellte ein Delegierter den Antrag, den Ausschlußbeschluss des Landesvorstands vom 22.01.1988 zu bestätigen. Dieser Antrag wurde in geheimer Abstimmung mit 23 Ja -, 4 Neinstimmen und 5 Enthaltungen angenommen. Der auf dem Landeskongress fehlende Dele­gierte hat inzwischen mit Schreiben vom 06.10.1989 seine Zustimmung zur Beschluß­fassung über einen Ausschluß des Klägers und seiner Stimmabgabe entsprechend der Mehrheit für den hypothetischen Fall sei­ner Anwesenheit erklärt.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">festzustellen, daß der Beschluß des Landeskongresses des Beklagten vom 03.12.1988, den Beschluß des Landes­vorstandes des Beklagten vom 22.01.1988 zu bestätigen, insofern unwirksam ist, als er hierdurch aus dem Beklagten ausgeschlossen wurde.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat der Klage stattgege­ben. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Beklagten. Von einer wei­teren Sachdarstellung wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks"><strong><u>Entscheidungsgründe </u></strong></p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung ist unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Zulässigkeit der Feststellungsklage steht nicht entgegen; daß sie erst am 06.04_1989 eingereicht worden ist. § 246 AktG ist auf Vereinsbeschlüsse nicht entsprechend anzuwenden (vgl. BGH NJW 1973, 235; Palandt-Heinrichs, 49. Aufl., § 32 Anm. 4). Das gilt auch für Gewerkschaften, die, unbeschadet ihrer aktiven Parteifähigkeit im Zivilprozess, als nichtrechtsfähige Vereine anzusehen sind.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">2)</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Zulässigkeit der Klage steht auch nicht entgegen, daß der Kläger einen vereinsinternen Rechtsweg noch nicht ausgeschöpft hat (vgl. BGHZ 47, 172 (174)). Der in § 5 Ziff. 1 der ab 09.04.1988 geltenden Satzung in Bezug genommene § 8 Ziff. 3 der Bundessatzung sieht die Anrufung des Bundesausschusses nur gegen Ausschlußbeschlüsse des Landesvorstandes, nicht aber gegen Entscheidun­gen des Landeskongresses vor. Es kann daher dahin­stehen, ob. der Versuch des Klägers, eine Entschei­dung des Bundesausschusses herbeizuführen geschei­tert, da der Bundesausschuß mit Schreiben vom 18.02.1989 mitgeteilt hat, daß er für derartige Entscheidungen nicht zuständig sei. Da der Kläger die Klage im Frühjahr 1989 (6.4.1989) bei Gericht eingereicht hat, ist die Klageerhebung auch dann rechtzeitig, wenn man für die Zulässigkeit der An­fechtungsklage unabhängig von der Anwendung des § 246 AktG verlangt, daß sie in einem gewissen zeitlichen Zusammenhang mit dem Geschehenen einge­reicht werden muß.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">3)</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Dem Feststellungsinteresse des Klägers steht auch nicht entgegen, daß er bereits durch Beschluß vom 22.01.1988 wirksam aus der beklagten Gewerkschaft ausgeschlossen worden wäre. Der Senat hat schon in seinem Beschluß vom 15.03.1989 im Vorprozeß (2 U 125/88) im einzelnen dargelegt, daß die Sat­zungsbestimmung, die den Ausschluß dem Vorstand überläßt, sich im Zweifel nur auf einfache Mitglie­der, nicht aber auf Vorstandsmitglieder selbst be­zieht (BGH 90, 92 ff.; OLG Celle, OLGZ 1980, 359; KG Rechtspfleger 1978, 133). Da die Wahl der Landesvorstandsmitglieder satzungsmäßig dem Landeskon­gress obliegt und diese Stelle mangels anderweiti­ger Bestimmung gemäß § 27 Abs. 1, Abs. 2 BGB auch für den Widerruf der Bestellung zu­ständig ist, konnte der Vorstand allein, über den Ausschluß des Klägers nicht entscheiden.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Verstoß gegen zwingende Gesetzesvorschriften macht den Vereinsbeschluss nichtig (BGHZ 59, 369 ff.; BGH NJW 1975, 2101; OLG Köln; OLGZ 1983, 269). Es kann dahinstehen, ob in analoger Anwendung der §§ 241 ff. AktG zwischen nichtigen und nur an­fechtbaren Beschlüssen auch im Vereinsrecht unter­schieden werden muß (vgl. Schmidt, Festschrift für Stimpel, Seite 217, .241 ff.; Reichert-Dannecker­Kühr, Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, 4. Auflage, Rdnr. 815 ff; MK-Reuter, 2. Auflage, § 32 Rdnr. 33 f). Eine analoge Anwendung der Vorschrif­ten über die Anfechtbarkeit, scheidet jedenfalls dann aus, wenn anstelle der zuständigen Mitglieder­versammlung ein anderes Organ entschieden hat.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Angesichts der Nichtigkeit des Ausschlußbeschlusses kann auch keine Heilung durch Nichteinlegung eines vereinsinternen Rechtsbehelfs, bzw. durch dessen Rücknahme eintreten. Die Rechtsfolge einer Heilung tritt nicht ein bei Entscheidungen durch ein unzuständiges Vereinsorgan, wobei außerdem darauf hin­zuweisen ist, daß in der Satzung diese Folge der Nichteinlegung eines vereinsinternen Rechtsbehelfs nicht vorgesehen ist (vgl. BGHZ 47, 172 f; RG 1935, 2632).</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat die Klage auch mit Recht als begründet angesehen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">1)</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Der Landeskongressbeschluß vom 03.12.1988 entfaltet wegen Verstoßes gegen 32 Abs. 1 Satz 2 BGB keine rechtliche Wirkung, denn der Ausschluß des Klägers ist als Beratungsge­genstand weder auf der Tagesordnung noch in sonsti­ger Weise im Vorfeld der Versammlung rechtzeitig angekündigt worden.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Gemäß § 32 Abs. 1 Satz 2 BGB sind die Gegenstände der Beschlußfassung bei der Versammlungseinberufung derart konkret zu bezeichnen, daß den Mitgliedern ausreichende Vorbereitungszeit verbleibt und ihre Überrumpelung durch überraschende Anträge während der Sitzung verhindert wird (vgl. BGH WM 1987, 373; OLG Frankfurt WM 1985, 1466. ff.; OLG Köln OLGZ 1984, 401, 404). Eine diesen Anforderungen genügen­de Ankündigung des Mitgliederausschlusses ist im Vorfeld des ordentlichen Landeskongresses vom 03.12.1988 nicht erfolgt. Zwar mögen verschiedene Delegierte angesichts der Bemerkungen in der Einla­dung damit gerechnet haben, daß es vielleicht zu einer Aussprache über die Probleme mit dem Kläger kommen werde, aber weder die Einladung noch die konkret abgefaßte Tagesordnung gaben Anlaß zu der Annahme, es sei eine - erneute oder erstmalige- Ab­stimmung über die Mitgliedschaft des Klägers in der Gewerkschaft geplant. Die Beschlußfassung erfolgte vielmehr aufgrund eines in der Versammlung situa­tionsbedingt gestellten Spontanantrags. Vor einem derartigen Vorgehen soll § 32 Abs. 1 Satz 2 BGB je­doch gerade schützen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Eine - gemäß § 40 BGB grundsätzlich mögliche - wirksame Abbedingung des § 32 Abs. 1 Satz 2 BGB durch die Bestimmungen der Vereinsverfassung liegt nicht vor. Die Satzung des Beklagten vom 09.04.1988 wiederholt in ihrem § 8 Ziff. 5 lediglich die ge­setzlichen Anforderungen, in dem sie vorschreibt, daß Landeskongresse spätestens einen Monat vor dem Termin unter Angabe der Tagesordnung einzuberufen sind. Eine Beschlußfassung außerhalb der Tagesord­nung ist nicht ausdrücklich vorgesehen. Zwar kann als Rechtsquelle für die Verfassung eines Vereins neben der geschriebenen Satzung auch eine Vereins­observanz herangezogen werden (vgl. OLG Frankfurt WM 1985, 1466, 1468; Reichert-Dannecker-Kühr, a. a. 0., Rdnr. 311 f). Die Behauptung des Beklagten, im Gewerkschaftsbereich sei die Stellung von Initia­tivanträgen elementares Wesensmerkmal der Mitglie­derversammlung reicht hierfür jedoch nicht aus. Ei­ne Vereinsobservanz setzt nämlich - auch bei Ge­werkschaften - eine anhand der Gepflogenheiten des jeweiligen Verbandes zu prüfende, lang andauernde und gleichmäßige Behandlung eines bestimmten Tatbe­standes bei entsprechendem Rechtsgeltungswillen des handelnden Organs voraus (vgl. OLG Frankfurt a. a. 0.). Schon dafür fehlt es an hinreichend substanti iertem Sachvortrag. Ein weiterer Hinweis war inso­weit jedoch nicht geboten, da die Zulassung von In­itiativanträgen in dem vom Beklagten behaupteten Umfang nicht Gegenstand einer wirksamen Vereinsob­servanz sein könnte. Die Vereinsverfassung, die von rechtzeitigen Mitteilungen der Tagesordnung Ausnahmen macht, muß trotzdem dem Schutz der Versamm­lungsteilnehmer und dem Grundgedanken ausreichender Vorbereitung im Interesse der Gesamtwillensbildung angemessen Rechnung tragen (BGH WM 1987, 373; Soergel-Hadding, 12. Auflage, § 32 Rdnr. 13; MK-Reuter, 2. Aufl., § 32 Rdnr. 12). Die Satzung kann daher ohne vorherige Ankündigung nur eine Beratung von <u>Dringlichkeitsanträgen </u> und Anerkennung der Dring­lichkeit durch eine bestimmte Delegiertenmehrheit für zulässig erklären. Hier waren die Schwierigkei­ten zwischen den Parteien seit längerer Zeit be­kannt und von einer besonderen Dringlichkeit, die sich erst aufgrund der Ereignisse in der Versamm­lung ergeben hätte und spontan aufgetreten wäre, kann keine Rede sein. Es wäre ohne weiteres möglich gewesen, den - erstmaligen oder erneuten - Aus­schluß des Klägers auf die Tagesordnung zu setzen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Der Verstoß gegen § 32 Abs. 1 Satz 2 BGB macht den gefaßten Beschluß nichtig (BGH WM 1987, 373; OLG Köln OLGZ 1984, 401, 404).</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">2)</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Der Einberufungsmangel ist auch nicht infolge eines konkludenten Verzichts sämtlicher Vereinsmitglieder im Rahmen der Vollversammlung geheilt worden (OLG Frankfurt WM 1985, 1466 (1472)). Dagegen können schon dann Bedenken bestehen, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, daß bei rechtzeitiger Infor­mation der Mitglieder Diskussion und Abstimmung ei­nen anderen Verlauf genommen hätten. Ob das der Fall war, kann hier dahinstehen, da außerdem ein Delegierter auf dem Landeskongress vom 03.12.1988 fehlte. Seine nachträgliche Zustimmung zur Be­schlußfassung kann keine Berücksichtigung finden. Sie erfolgt unter ganz anderen Bedingungen als de­nen der Versammlung selbst, so daß der Schutz des durch die Beschlüsse Betroffenen nicht mehr gewähr­leistet ist. Es bleibt denkbar, daß der Delegierte unter den konkreten Bedingungen der Verhandlung vom 03.12.1988 anders abgestimmt hätte und seine dama­lige Haltung die Kongressteilnehmer beeinflußt ha­ben könnte.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Aus diesem Grunde scheidet auch eine Unbeachtlich­keit des Verfahrensfehlers infolge mangelnder Kau­salität für das Beschlußergebnis aus. Es läßt sich nicht feststellen, daß das Abstimmungsresultat auch bei formell ordnungsgemäßem Verfahren ebenso ausge­fallen wäre. Der Nachweis fehlender Kausalität scheitert schon dann, wenn sich ein Einfluß des Verfahrensmangels auf das Abstimmungsergebnis nicht gänzlich ausschließen läßt (BGHZ 59, 369, 375; Rei­chert-Dannecker-Kühr, Rdnr. 803, 812). Insoweit muß beachtet werden, daß der Beschlußfassung eine Dis­kussion vorausgeht, deren Inhalt durch die Vorbe­reitung bei rechtzeitiger Kenntnis der Tagesordnungspunkte beeinflußt werden kann. Vom Inhalt dieser Diskussion kann wiederum das Abstimmungsverhal­ten beeinflußt werden.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">3)</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Im übrigen ist der Ausschlußbeschluß vom 03.12.1988 auch deshalb nichtig, weil die Umstände, aus denen sich die Unzumutbarkeit der Fortführung des Mit­gliedschaftsverhältnisses ergeben würden, nicht eindeutig und konkret und in gerichtlich nachprüf­barer Weise festgestellt worden sind. Der bloße allgemeine Hinweis auf "gewerkschaftsschädigendes Verhalten" reicht dazu nicht aus. Zwar ist in § 5 Abs. 3 der Satzung vom 09.04.1988 geregelt, daß der Ausschluß eines Mitgliedes wegen "gewerkschafts­schädigenden Verhaltens" oder grober Mißachtung der satzungsmäßigen Pflichten durch den Landesvorstand erfolgen kann und in § 5 Abs. 1 ist für das Erlö­schen der Mitgliedschaft im übrigen auf § 8 der Bundessatzung Bezug genommen. Dennoch liegt im Aus­schließungsgrund "gewerkschaftsschädigendes Verhal­ten" kein im einzelnen bezeichneter Grund, der eine nähere Substantiierung im Sinne einer gerichtlichen Nachprüfbarkeit überflüssig machen würde (vgl. BGH NJW 1990, 40 f). Der Ausschließungsgrund "gewerk­schaftsschädigendes Verhalten" ersetzt eine nähere Substantiieung schon deshalb nicht, weil <em>es </em>kein abstraktes gewerkschäftsschädigendes Verhalten gibt,  sondern dies nur das Ergebnis einer Wertung konkreter Einzelhandlungen sein kann. Diese müssen dann jedenfalls in ihrem wesentlichen Kern im Aus­schließungsbeschluß beschrieben werden, damit eine Grundlage für die gerichtliche Nachprüfbarkeit ge­schaffen ist.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Streitwert für die Berufungsinstanz: 10 000,00 DM</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks"> <strong></strong></p>
|
315,126 | ag-dusseldorf-1990-03-27-40-c-32787 | {
"id": 653,
"name": "Amtsgericht Düsseldorf",
"slug": "ag-dusseldorf",
"city": 413,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 40 C 327/87 | 1990-03-27T00:00:00 | 2019-03-13T14:47:04 | 2022-10-18T15:09:02 | Urteil | ECLI:DE:AGD:1990:0327.40C327.87.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>hat das Amtsgericht Düsseldorf</p>
<p>auf die mündliche Verhandlung vom 6.März 1990</p>
<p>durch den Richter X</p>
<p></p>
<p>für R e c h t erkannt:</p>
<p></p>
<p> Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p> Die Kosten des Rechtsstreits tragen </p>
<p> die Kläger.</p>
<p></p>
<p> Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p> Den Klägern wird nachgelassen, die Zwangs-</p>
<p> vollstreckung durch Sicherheitsleistung</p>
<p> in Höhe von 600,-- DM abzuwenden, wenn</p>
<p> nicht die Beklagte vor der Vollstreckung </p>
<p> Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p>
<p></p>
<p> Die Sicherheit kann auch durch selbst</p>
<p> schuldnerische Bürgschaft einer west-</p>
<p> deutschen Großbank oder öffentlich-recht-</p>
<p> lichen Sparkasse erbracht werden.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>T a t b e s t a n d </u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Kläger buchten bei der Beklagten eine Busrundreise "Höhepunkte des Westens" vom 2.4. bis 16.4.1987 durch den Westen der Vereinigten Staaten von Amerika. Für diese Reise zahlten die Kläger 1.177,-- DM pro Person an die Beklagte.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Bei Beginn der Busrundreise wurde den Klägern, die starke Raucher sind, und auch den übrigen Reiseteilnehmern seitens der Reiseleiterin ein Rauchverbot für den Bus erteilt.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Am 14.4.1987 brachen die Kläger in XXX wegen dieses sowie weiterer behaupteter Mängel die Busreise ab und flogen von dort aus nach XX, um am 16.4.1987 den Rückflug anzutreten. </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Kläger behaupten, die Reiseleitung sei unzureichend gewesen, die Reiseleiterin habe keine Informationen über Geschichte und Geographie der durchquerten Gegenden gegeben, sie habe nur ein schwer verständliches Deutsch gesprochen, auch seien die Rauchpausen während der Fahrt zu kurz gewesen. Bei der Planung und den Arrangements eigener Vorhaben während der Reise seien sie nicht von der Reiseleitung unterstützt worden. Die Reiseleiterin habe ihnen weder Karten für eine bestimmte Show bestellt noch die ihr bekannte Telefonnummer einer Agentur genannt, so dass sie diese über die Auskunft hätten erfragen müssen. </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Infolge des ablehnenden Verhaltens der Reiseleiterin seien sie von einem großen Teil der Mitreisenden ignoriert und abgelehnt worden; es habe sich ein gruppendynamischer Prozess entwickelt, der für sie nur schwer zu ertragen gewesen sei. </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Kläger machen daher ein Recht auf Minderung des Reisepreises, einen Schadensersatzanspruch wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit sowie infolge des Abbruchs der Reise zusätzlich entstandener Hotel-, Flug- und Telefonkosten geltend. Wegen der Forderungsaufstellung im einzelnen wird auf die Klageschrift vom 3.7.1987 verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Kläger beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, an sie </p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">je 767,-- DM nebst 4 % Zinsen seit </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">dem 17.6.1987 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte behauptet, dem durch die Reiseleiterin ausgesprochenen Rauchverbot sei eine entsprechende Abstimmung unter den Fahrgästen vorhergegangen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Das Gericht hat Beweis erhoben auf der Grundlage des Beschlusses vom 7.3.1988. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die entsprechenden Sitzungsniederschriften verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks"><b><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e </u></b></p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist unbegründet, der geltend gemachte Anspruch steht den Klägern aus keinem Rechtsgrund zu. Minderungs- oder Schadensersatzansprüche nach §§ 651 d, 651 f BGB sind ausgeschlossen, weil die von den Klägern unternommene Busrundreise nach der Überzeugung des Gerichts nicht mangelhaft war.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Es stellt keinen Mangel der Reiseleistung dar, dass durch die Reiseleiterin das Verbot ausgesprochen wurde, innerhalb des Busses zu rauchen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Einstandspflicht des Reiseveranstalters besteht für Reisemängel; im Sinne des § 651 c Abs. 1 BGB ist eine Reise mangelhaft, wenn sie nicht die zugesicherten Eigenschaften hat oder wenn sie mit einem Fehler behaftet ist, der ihren Wert oder ihre Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder dem nach dem Vertrag vorausgesetzten Nutzen aufhebt oder mindert.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft kommt hier nicht in Betracht, denn die Kläger tragen selbst nicht vor, ihnen sei zugesichert worden, dass im Bus geraucht werden dürfe. Aber auch ein Fehler der Reiseleistung liegt nicht vor. Die Tauglichkeit der Reiseleistung selbst steht hier nicht in Rede, sondern das Rauchverbot betrifft letztlich das Wohlbefinden des Reisenden, der die Reise weniger intensiv genießt, wenn er seiner Rauchgewohnheit nicht ungestört nachgehen kann. Andererseits wird - dies ist allgemein bekannt - das Rauchen innerhalb geschlossener Räume und in Kraftfahrzeugen von nichtrauchenden Begleitern vielfach als nicht unerhebliche Störung ihres eigenen Wohlbefindens, wenn nicht gar als Angriff auf ihre Gesundheit angesehen. Demgemäss muss sich der Raucher wie der Nichtraucher, der eine Reise mit anderen Menschen gemeinsam unternimmt, darüber im klaren sein, dass er entweder das Wohlbefinden eines anderen beeinträchtigt oder selbst darin beeinträchtigt wird. Solange nicht der Reiseveranstalter entweder zusichert, es dürfe während der Reise im Bus oder auch im Flugzeug geraucht werden oder es werde nicht geraucht, sind Ansprüche von Rauchern oder Nichtrauchern, denen die getroffene Regelung missfällt, ausgeschlossen, wenn nicht <u>alle</u> Reisende einhellig eine bestimmte Regelung befürworten. Dies war hier jedoch nicht der Fall, denn jedenfalls die Zeugin A wollte in einem Bus reisen, in dem nicht geraucht wird.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Reisende, die besonderen Wert darauf legen, während der Reise zu rauchen oder auch solche, die von Rauchern nicht behelligt werden wollen, sind gehalten, entweder eine entsprechende Zusicherung des Reiseveranstalters zu erhalten oder einen individuellen Urlaub selbst zu gestalten.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Ob der Reiseveranstalter im Fall eines erteilten Rauchverbotes gehalten ist, zumindest in regelmäßigen Abständen Pausen einzulegen, in denen Rauchern der Genuß einer Zigarette vergönnt ist, kann offen bleiben. Die Kläger haben nicht substantiiert bestritten, dass ca. alle 2 bis 2 1/2 Stunden eine Pause von ca. 3 Minuten eingelegt wurde. Diese Regelung ist nach Ansicht des Gerichts hinreichend, sollte dies besonders starken Rauchern nicht ausreichen, so kann dies nicht zu Lasten des Reiseveranstalters gehen, sondern muss vom Raucher, der sich für eine besondere Form des Urlaubs entschieden hat, hingenommen werden. Auch die Zeugen haben bekundet, dass bei den jeweiligen Pausen Gelegenheit zum Rauchen bestand.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">3.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass die Reiseleitung unzureichend war. Die Zeugen B und D haben zwar bekundet, die Reiseleiterin sei verschlossen und unzulänglich gewesen und habe keine landeskundigen Hinweise und Anregungen erteilt, demgegenüber haben aber die Zeuginnen E und A bekundet, die Reiseleiterin sei gut informiert gewesen und habe immer Informationen über die Besichtigungsobjekte gegeben. Hinsichtlich der Glaubwürdigkeit der Zeugen vermag das Gericht keine unterschiedliche Bewertung der Aussagen vorzunehmen, so dass jedenfalls keine Überzeugung dafür besteht, dass die Reiseleiterin keine Informationen über Land und Leute erteilt oder derartig unzulängliche Auskünfte erteilte, die selbst durchschnittlichen Anforderungen nicht genügten.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Auch die Sprachkenntnisse der Reiseleiterin wurden von den Zeugen unterschiedlich beurteilt; während die Zeugen B und D von schwerverständlichem Deutsch sprachen, bezeichneten die Zeuginnen E und A dies als perfekt bzw. ausgezeichnet.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Diese Unsicherheit über das Vorliegen eines Reisemangels geht zu Lasten der Kläger, die insofern die Beweislast tragen.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">4.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Der Vortrag der Kläger, die Reiseleiterin habe sie bei der Planung und den Arrangements eigener Vorhaben nicht unterstützt, ist pauschal und unsubstantiiert und damit unbeachtlich. Es ist dem Gericht und auch der Beklagten nicht klar ersichtlich, was die Kläger mit diesem Vorwurf konkret rügen wollen, welche eigenen Vorhaben damit gemeint sind. Die von den Klägern behauptete Verweigerung der Nennung der Telefonnummer einer Agentur ist jedenfalls unerheblich und stellt noch keinen zur Minderung berechtigenden Mangel der Reiseleistung dar.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">5.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Das Gericht ist schließlich nicht davon überzeugt, dass die Reiseleiterin die Kläger als ständige Unruhestifter bezeichnete und durch ihre Ablehnung einen gruppendynamischen Prozess in Gang setzte, der den Klägern die Fortsetzung der Reise unmöglich machte. Dies wird sogar durch die Aussagen der Zeugen D und B nicht bestätigt, die bekundet haben, sie selbst und die Kläger seien von der Reisegruppe nicht abgelehnt worden, sondern hätten zu den anderen Teilnehmern durchaus freundliche Kontakte gehabt. </p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Falls tatsächlich die Kläger von der übrigen Reisegruppe abgelehnt wurden, so ist jedenfalls nicht erwiesen, dass dies aufgrund eines zielgerichteten Verhaltens der Reiseleiterin erfolgte. Dagegen spricht vor allem die Aussage der Zeugin A, die bekundete, sie habe diese Gruppe - gemeint sind wohl die Kläger und die Zeugen D und B - tatsächlich als sehr störend empfunden. Es ist auch nur natürlich, dass sich innerhalb einer größeren Gruppe, die eine gemeinsame Reise auf relativ engem Raum unternimmt, Kleingruppen bilden und Sympathien und Antipathien sich entwickeln.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Diese Unsicherheit über das Vorliegen eines Reisemangels geht wiederum zu Lasten der beweispflichtigen Kläger.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">6.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Da ein Mangel der Reiseleistung der Beklagten nach der Überzeugung des Gerichts nicht vorliegt, sind Schadensersatzansprüche wegen vertaner Urlaubszeit oder wegen zusätzlich infolge des Reiseabbruchs entstandener Kosten nicht gegeben.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">7.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 91Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Streitwert: 1534,-- DM</p>
|
315,127 | ag-neuss-1990-03-21-30-c-59989 | {
"id": 713,
"name": "Amtsgericht Neuss",
"slug": "ag-neuss",
"city": 473,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 30 C 599/89 | 1990-03-21T00:00:00 | 2019-03-13T14:47:05 | 2022-10-18T15:09:02 | Urteil | ECLI:DE:AGNE:1990:0321.30C599.89.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>1.</p>
<p>Die Beklagte wird verurteilt, die Rasenfläche im Garten des an die Kläger vermieteten Hauses , in einen Zustand zu versetzen, in dem Wasser ablaufen kann und nicht auf der Rasenfläche stehenbleibt.</p>
<p></p>
<p>Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>2.</p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.</p>
<p></p>
<p>3.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 1.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.</p>
<p></p>
<p>4.</p>
<p>Streitwert: 2.000,00 DM</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Tatbestand:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Kläger haben durch schriftlichen Mietvertrag vom 10.02.1988 das Einfamilienhaus von der Beklagten angemietet.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist gewerbliche Zwischenvermieterin.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Zum Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses ist der zum Hause gehörige Garten nicht angelegt gewesen. In der Folgezeit ist der Garten durch den Hauseigentümer angelegt worden.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Kläger tragen vor, dass infolge zu starker Verdichtung des Baugrundes bei S Wasser auf den Rasen und den Pflanzflächen stehenbleibe, und dass eingebrachte Pflanzen abgestorben seien.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Kläger beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">die Beklagte zu verurteilen, den von ihr an die Kläger vermieteten Garten im Hause ..... dadurch in einen vertragsgerechten Zustand zu versetzen, dass die gesamte Gartenfläche zwei Spatenstiche tief zu lockern ist entsprechend der DIN-Vorschrift ####.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Sie ist der Auffassung, dass der Garten nicht Gegenstand des Mietvertrages sei. Der Garten sei den Klägern lediglich unentgeltlich zur Nutzung überlassen. Ein bestimmter Zustand des Gartens werde nicht geschuldet.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Im übrigen sei der Hauseigentümer bereit, eingehende Pflanzen auszuwechseln.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Bezüglich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die wechselseitigen Schriftsätze und deren Anlagen verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Klage war gem. § 536 BGB (vgl. dazu Palandt, 48. Aufl., § 536, Anm. 1a) in dem genannten Umfang begründet, im übrigen war sie mangels weiterer Ansprüche der Kläger gegen die Beklagte abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der zum gemieteten Hause gehörende Garten ist ohne weiteres Gegenstand des Mietvertrages geworden. Dies folgt aus § 1 Abs. 1 des Mietvertrages, wonach der dort mitaufgeführte Garten nicht gestrichen wurde. Ist jedoch ein Garten tatsächlich vorhanden und im vorgedruckten Mietvertrag mitaufgeführt, so ist dieser auch Mietsache, zumal es in dem offensichtlich von der Beklagten verwendeten Mietvertragsformular infolge des dort angebrachten "Sternchenvermerks" ausdrücklich heißt, dass Nichtzutreffendes zu streichen ist. Desweiteren hat die Beklagte im vorgerichtlichen Schreiben vom 30.08.1989 erklärt, dass der Garten mitvermietet sei; an dieser eindeutigen Erklärung muss sich die Beklagte festhalten lassen. Es widerspräche im übrigen jeder Lebenserfahrung, wenn ein zu einem Einfamilienhaus gehörender Garten nicht mitvermietet wäre.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Vereinbarungen über den Zustand des Gartens sind zwischen den Parteien offensichtlich nicht getroffen worden. Da der Garten bei Mietvertragsabschluss unstreitig noch nicht angelegt war, ist auch eine konkludente Regelung des Inhalts, dass der Garten im bei Vertragsabschluss bestehenden Zustand vermietet wird, nicht erfolgt. Der Garten ist daher von der Beklagten gemäß § 536 BGB den Klägern in einem zur normalen Nutzung eines Hausgartens üblichen Zustande zu überlassen. Dazu gehört ohne weiteres, dass der Garten mit einer Rasenfläche versehen ist. Zum üblichen Zustand einer Rasenfläche gehört jedoch, dass nach Regenfällen das auf die Fläche aufgeschlagene Regenwasser versickern kann. Dies folgt zum einen daraus, dass auch bei oder kurz nach Regenfällen die Rasenfläche im Wege der üblichen Nutzung der Mietsache begehbar sein muss, ohne dass der Mieter dabei auf möglicherweise länger anhaltende Wasserrückstände Rücksicht zu nehmen hätte. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass erfahrungsgemäß die Qualität einer Rasenfläche leidet, wenn Regenwasser nicht ordnungsgemäß abfließen kann und die Graspflanzen zu lange dem nicht ablaufenden Wasser ausgesetzt sind. Die Rasenfläche ist daher in einen Zustand zu versetzen, in dem anfallendes Wasser in ausreichender Weise abfließen kann.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Soweit die Kläger insoweit beantragt haben, die Beklagte zu verurteilen, dass die gesamte Gartenfläche, somit auch die Rasenfläche, zwei Spatenstich tief zu lockern ist entsprechend der DIN-Vorschrift ####, konnte dem nicht gefolgt werden. Der Beklagten steht es grundsätzlich frei, die geeignete Maßnahme auszuwählen, die zum Erreichen des von ihr geschuldeten Zustandes geeignet ist. Das Gericht vermag nicht zu erkennen, dass dies allein die von den Klägern beantragte Maßnahme ist. Vielmehr ergibt sich aus dem von ihnen selbst vorgelegten Privatgutachten des Sachverständigen Schumann vom 09.06.1989, dass es betreffend der Rasenfläche ausreichend sein kann, an zwei ca. 1 m x 1 m großen Flächen Sickermöglichkeiten zu schaffen. Eine Verurteilung betreffend die Rasenfläche in der von den Klägern beantragten Form war daher nicht auszusprechen, sondern lediglich die allgemeine Verpflichtung der Beklagten, die Rasenfläche in einen vertragsgerechten Zustand zu versetzen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Betreffend die übrigen Pflanzflächen ist ein Anspruch der Kläger nicht gegeben.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Wie bereits ausgeführt, wurden ein bestimmter Zustand des Gartens oder entsprechender Qualitätsmerkmale nicht vereinbart.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Andererseits vermag das Gericht nicht zu erkennen, dass es zum üblichen Zustand eines Gartens gehört, dass auch Pflanzen mit tiefgehenden Wurzeln ohne Schwierigkeiten anwachsen können. Das Gericht vermag nach dem Vorbringen der Kläger und dem Inhalt des Privatgutachtens vom 09.06.1989 auch nicht zu erkennen, dass andere als die bisher eingebrachten Pflanzen auf den Pflanzflächen nicht gedeihen könnten. Die Kläger haben jedoch, wie bereits ausgeführt, keinen Anspruch auf eine bestimmte Art der Bepflanzung. Daher ist auch ein Anspruch, durch eine entsprechende Aufbereitung des Untergrundes die Wachstumsmöglichkeit für eine bestimmte Art der Bepflanzung zu schaffen, nicht gegeben. Dies gilt um so mehr, als sich der Hauseigentümer unstreitig bereiterklärt hat, eingehende Pflanzen auszuwechseln. Das Risiko, dass im Hinblick auf eine zu hohe Verdichtung des Unterbodens auch für neue oder andere Pflanzen die Chancen eines Anwachsens vermindert sind, tragen ohne weiteres die Beklagte bzw. der Hauseigentümer, ohne dass den Klägern --zumindest im jetzigen Stadium - der geltend gemachte Anspruch auf Lockerung des Unterbodens zustünde. Ein solcher Anspruch mag allenfalls dann begründet sein, wenn sich auch nach Anpflanzung neuer oder anderer Pflanzen immer wieder herausstellt, dass diese infolge der zu hohen Verdichtung des Unterbodens nicht anwachsen können.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Es war daher wie erkannt zu entscheiden.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.</p>
|
315,128 | olgk-1990-03-21-27-u-17298 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 27 U 172/98 | 1990-03-21T00:00:00 | 2019-03-13T14:47:06 | 2022-10-18T15:09:03 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1990:0321.27U172.98.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Klägers gegen das am 19. Juli 1989 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Aachen - 4 O 96/89 - wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. </p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>T a t b e s t a n d </u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der im Jahre 1940 geborene Kläger nimmt die Beklagten auf Schadensersatz in Anspruch, weil bei ihm nach einer am 22. September 1987 von dem Beklagten zu 1) in der herzchirurgischen Abteilung der Beklagten zu 2) durchgeführten Gefäßoperation im herznahen Bereich eine linksseitige Rekurrensparese eingetreten ist.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Operation bezweckte die Beseitigung eines ausgedehnten Aneurysmas an einer Schlagader, das zu platzen drohte und von dem für den Kläger die Gefahr einer inneren Verblutung ausging. Tatsächlich wurde das Aneurysma beseitigt, das sich im Bereich eines bereits im Jahre 1964 in der Universitätsklinik ... vorgenommenen Eingriffs wegen einer Aortenisthmus-Stenose gebildet hatte.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat behauptet:, er sei über die ursächlich mit der Gefäßoperation in Aachen verbunden gewesene Gefahr einer Rekurrensparese (Stimmbandläh- mung) nicht aufgeklärt worden.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">1.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn, den Kläger, ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 4% Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">2.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn, den Kläger, 302,40 DM nebst 4% Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen und</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">3.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">festzustellen, daß die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner verpflichtet seien, ihm, dem Kläger, allen weiteren zukünftigen materiellen Schaden ab dem 15. März 1989 aus der fehlerhaften ärztlichen Behandlung vom 22. September 1987 in den medizinischen Einrichtungen der Beklagten zu 2) zu ersetzen, soweit diese Ansprüche des Klägers nicht auf Öffentliche Versicherungsträger übergegangen seien.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten zu 1) und 2) haben beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte zu 1) hat behauptet, er habe mit dem Kläger über die Operation und die damit verbundenen Gefahren gesprochen. Er sei sich allerdings nicht sicher, ob er eigens auf die Gefahr der Verletzung des "nervus recurrens" hingewiesen habe. Vor die Wahl gestellt zwischen den Folgen einer Ruptur des Aneurysmas und der relativ geringfügigen sich häufig auch zurückbildenden -Beeinträchtigungen aufgrund einer Rekurrensparese würde der Kläger jedoch in jedem Falle seine Zustimmung zu dem Eingriff erteilt haben. Der Beklagte zu 2) hat ebenfalls darauf hingewiesen, daß der Kläger durch die Operation unstreitig aus akuter Lebensgefahr gerettet worden sei. Vor diesem Hintergrund habe dieser nicht nachvollziehbar dargelegt: , daß und warum er seine Einwilligung zu dem Eingriff vom 22. September 1987 versagt haben würde, wenn er über die Gefahr der Schädigung des "nervus recurrens" und dessen Folgen aufgeklärt worden wäre. Daneben hat die Beklagte zu 2) Ausführungen über die nach ihrer Behauptung hervorragende fachliche Qualifikation des Beklagten zu 1) gemacht.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (BI. 266-268 d.A.) Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat die Klage im wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, daß die Beklagten zwar den ihnen obliegliegenden Beweis für eine Aufklärung des Klägers über die möglicherweise eintretende Stimmbandschädigung nicht erbracht hätten, daß der Kläger andererseits aber einen wirklichen Entscheidungskonflikt, der ihn bei der gebotenen Aufklärung von dem Eingriff hätte Abstand nehmen lassen, nicht plausibel dargelegt habe. Wegen aller weiterer Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils vom 19. Juli 1989 (BI. 269 -272 d.A. ) Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Gegen das ihm am 24. Juli 1989 zugestellte Urteil des Landgerichts hat der Kläger mit Schriftsatz vom 11. August 1989, bei Gericht eingegangen am 22. August 1989, Berufung eingelegt. Diese hat er - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 15. November 1989 - mit einem an diesem Tage bei Gericht eingegangenen weiteren Schriftsatz vom 14. November 1989 begründet.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Er macht geltend, er habe mangels Aufklärung über die Operationsrisiken bei seiner Einwilligung in den Eingriff vom 22. September 1987 keine Entschei- dungsfreiheit gehabt. Hätte er die Gefahr der Rekurrensparese gekannt - so behauptet er - dann hätte er sich zunächst Bedenkzeit ausgebeten. Sodann hätte er sich an die Universitätsklinik in ... gewandt, wo er 23 Jahre zuvor wegen einer Herzsymptomatik so erfolgreich operiert worden sei. Hätte er dann erfahren, daß dort inzwischen personelle Änderungen eingetreten seien, so hätte er versucht, sich von dem Chefarzt der herzchirurgischen Abteilung der Beklagten zu 2), ... persönlich operieren zu lassen. Erst in zweiter Linie hätte er einem Eingriff durch den Beklagten zu 1) zugestimmt. Wegen des so erforder- lich gewordenen Zeitbedarfs hätte die Operation zur Beseitigung des Aneurysmas am 22. September 1987 nicht stattfinden können, so daß die konkrete Schädigung auch nicht eingetreten wäre.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagten nach den von ihm in erster Instanz gestellten Anträgen zu verurteilen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Berufung zurückzuweisen,</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Beklagte zu 2) zusätzlich, ihr zu gestatten, erforderlich Sicherheit auch durch die Bürgschaft einer deutschen Großbank, Öffentlichen Sparkasse oder Volksbank leisten zu dürfen. </p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte zu 1) behauptet, der Kläger sei sehr wohl über die Operationsrisiken aufgeklärt worden und versuche nur, aus der für die Behandlungsseite ungünstigen Beweislage Vorteile zu ziehen. Weshalb er, falls es zuträfe, daß er über die Gefahr einer Rekurrensparese nicht aufgeklärt worden sei, eine Operation in ... vorgezogen hätte, sei nicht nachvollziehbar dargelegt. Weder in dieser Hinsicht noch bezüglich der Abwägung von Operationsnutzen und -notwendigkeit mit den möglichen Nebenfolgen habe es einen echten Entscheidungskonflikt geben können.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte zu 2) weist zusätzlich auf erstinstanzliche Ausführungen zu ihrer Entlastung im Sinne von § 831 BGB hin.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Wegen aller sonstigen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks"><b><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e </u></b></p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die in rechter Form und Frist eingelegte und begründete Berufung des Klägers bleibt in der Sache ohne Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat die auf Schmerzensgeld und Schadensersatz gerichtete Klage mit Recht abgewiesen. Dem Kläger stehen die geltend gemachten An- sprüche weder gegen den Beklagten zu 1), dessen Haftung sich nach den Vorschriften der §§ 823, 847 BGB bestimmen würde, noch gegen die Beklagte zu 2) zu, die nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung für die materiellen Schäden des Klägers und daneben nach § § 831 , 847 BGB auch für das Schmerzensgeld einzustehen hätte.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">1 .</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, auf dessen Urteil zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 546 Abs. 1 ZPO Bezug genommen wird, daß eine Ersatzpflicht der Beklagten nicht in Betracht kommt, weil die möglicherweise unterbliebene Aufklärung über die Gefahr einer Verletzung des nervus recurrens und deren Folgen sich nicht ausgewirkt hat.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Die Rechtsprechung hatte bisher vornehmlich über Fallgestaltungen zu entscheiden, bei denen ein Patient geltend machte, bei gebotener Aufklärung über die mit dem Eingriff verbundenen, nicht voll beherrschbaren Nebenfolgen, hätte er von der ihm empfohlenen Behandlung ganz abgesehen. Hier trägt der Arzt die Beweislast dafür, daß der Patient auch bei ordnungsmäßiger Aufklärung in die Behandlung eingewilligt hätte. Indes muß der Patient, wenn die Ablehnung der Behandlung medizinisch unvernünftig gewesen wäre oder bei Nichtbehandlung gar gleichartige Risiken mit höherer Komplikationsdichte bestanden haben würden, plausible Gründe dafür darlegen, daß er sich bei erfolgter Aufklärung in einem wirklichen Entscheidungskonflikt befunden haben würde (vgl. Steffen, Neue Entwicklungslinien der BGH- Rechtsprechung zum Arzthaftungsrecht, 3. Aufl., S. 99 m. w. N .aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der Obergerichte).</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Vorliegend ist die Ausgangslage anders. Der Kläger bestreitet nicht, daß er auch im Falle der gebotenen Aufklärung über die Nebenfolgen der Aneurysma- Operation dem Eingriff zugestimmt hätte.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Die vom Kläger vorgenommene Verlagerung besagten Entscheidungskonflikts auf eine andere Ebene, nämlich die der Behandlung in ... oder in der Universitätsklinik ... trägt die begehrte Rechtsfolge der Schadensersatzverpflichtung nicht. Zwar unterliegt die Wahl des Krankenhauses und der Ärzte, denen sich ein Patient anvertraut, seinem Selbstbestimmungsrecht und ist Teil seiner den Eingriff rechtfertigenden Einwilligung. Behauptet der Patient, daß er für den Fall der Aufklärung über ein bestimmtes Behandlungsrisiko seine Zustimmung zu einer Operation jedenfalls nicht dem tatsächlich tätig gewordenen Arzt gegeben, sondern sich andernorts hätte operieren lassen, so kommt es zur Vermeidung von Mißbräuchen der Aufklärungsrüge ebenso wie in dem unter a) genannten Fall darauf an, ob echte schutzwürdige Interessen des Patienten vor- liegen. Maßstab kann wiederum nur die Plausibilität der vom Anspruchsteller vorgebrachten Gesichtspunkte sein. Daran fehlt es vorliegend.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Der Kläger wurde im Jahre 1964, also 23 Jahre vor dem hier in Rede stehenden Eingriff, in der chirurgischen Abteilung der Universitätsklinik in ... operiert. Den Namen des damaligen Operateurs kennt er nicht; jedenfalls hat er diesen in seinem Prozeßvortrag nicht genannt. Der Kläger hat auch dem durch einen Auszug aus dem Chirurgie-Almanach 1988 (Bl. 212 f. d.A.) erhärteten Vorbringen der Beklagten nicht widersprochen, daß im Jahre 1987 in ... im Vergleich zu 1964 völlig andere organisatorische und personelle Verhältnisse bestanden haben, - daß nämlich inzwischen die Herzchirurgie von der Allgemeinchirurgie getrennt wurde und daß der Chefarztposten der herzchirurgischen Abteilung im Zeitpunkt der beim Kläger vorgenommenen Operation nur kommissarisch verwaltet wurde. Vor diesem Hintergrund fehlt jede verstandesmäßig nachvollziehbare Begründung dafür, warum der Kläger - wäre er über die mit der Aneurysma-Operation verbundene Gefahr der Rekurrens-Lähmung im rechten Umfang aufgeklärt worden - Anlaß gehabt haben sollte, sich der Operation in ... zu<b> </b>unterziehen. Eine Vertrauensperson auf der Behandlungsseite, der er infolge ihres überragenden wissenschaftlichen oder operationspraktischen Rufs hätte zutrauen können, daß sie das Risiko besser als der Beklagte zu 1) würde steuern können, gab es nicht. Auch konnte nicht ein Unterschied in der rangmäßigen Einstufung der Krankenanstalten Anlaß sein, ... gegenüber ... den Vorzug zu geben, da es sich in beiden Fällen um Universitätskrankenhäuser mit auf dem Gebiet der Herzchirurgie gleichem Spezialisierungsgrad handelt (vgl. dazu auch OLG Celle, Urteil vom 17.07.1987 -1 U 39/86 - S. 31, - zum Abdruck im "Versicherungsrecht" bestimmt).</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Die angeblich - im Falle der gebotenen Aufklärung über das Risiko einer Kehlkopflähmung - zugunsten der Universität ausgeübte Wahl muß ferner vor dem Hintergrund als unverständlich erscheinen, daß der Kläger sich vom 29. Mai 1987 bis zum 10. Juni 1987 zur diagnostischen Abklärung seiner Beschwerden bereits in der Klinik der Beklagten zu 2) befunden hatte. Wenn er nach zwischenzeitlicher Entlassung und der sodann von ihm befolgten langfristigen Ope- rationsladung vom 27. Juli 1987 (Bl. 115 d.A.) nach einer Belehrung über das Risiko der Nervverletzung die RWTH hätte verlassen wollen, um sich in die ... Klinik zu begeben, so hätte er auch aus seiner Sicht nicht nur auf die Ergebnisse der Diagnostik, sondern ebenso auf die gewonnene Vertrautheit in der Klinik der Beklagten zu 2) verzichtet: In seiner Lage wäre die Wahl ... einer Option für die Anonymität gleichgekommen.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">c)</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger kann auch nicht darin gefolgt werden, daß er im Falle der gebotenen Risikoaufklärung über die mögliche Nervenläsion eine Operation durch den Klinikchef, ... gewünscht; hätte. Abgesehen davon, daß der Kläger mit der Ladungsbestätigung vom 28. Juli 1987 die Frage, ob er eine Privatbehandlung wünsche, verneint hatte (Bl. 117 d.A. ) <i> </i>ist unbestritten geblieben, dass ... den Kläger nicht operiert, sondern an den Beklagten zu 1) weiterverwiesen hätte.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Auch die "Denkpause", die der Kläger nach seiner Behauptung im Falle der gebotenen Aufklärung über die mögliche Rekurrensparese in Anspruch genommen hätte, führt nicht zu einer anderweitigen Beantwortung der Haftungsfrage. Es ist nämlich schon nicht plausibel, daß der Kläger von einem - wie er wusste - schon an sich nicht ungefährlichen Eingriff zumindest zeitweise zurückgetreten wäre, wenn er über die Möglichkeit der in ihren Auswirkungen vergleichsweise geringfügigeren und in aller Regel Rückbildungstendenz aufweisenden Rekurrens-Schädigung unterrichtet gewesen wäre. Jedenfalls lag ein für das Selbstbestimmungsrecht relevanter "echter Entscheidungskonflikt" nicht vor.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Ob - wie der Kläger annimmt - die Beklagten sich davon entlasten müßten, daß der Schaden sich in ganz derselben Weise ereignet hätte, wenn der Beklagte zu 1) den Eingriff zwar unter identischen äußeren Umständen, aber - nach Gewährung der Denkpause - zu einem anderen Zeitpunkt vorgenommen hätte, kann danach dahingestellt bleiben. Die Übertragung der Grundsätze, die die Rechtsprechung hinsichtlich des Eingreifens einer Reserveursache entwickelt hat, die den Schaden unabhängig von der Primärursache - herbeigeführt hätte, erscheint vorliegend fraglich, weil es in dem hier vorgestellten Fall eine Reserveursache im Wortsinne nicht gegeben hätte. Es spricht alles dafür, daß das Zeitmoment im Sinne der bloßen Verschiebung des schadenstiftenden Ereignisses erfolgsneutral bleibt, wenn die Schadensursache - worauf der Operationsbericht vom 22.09.1987 (Bl. 101 d.A.) ebenso wie das Gutachten des Sachverständigen ... hindeutet ( vgl. Bl. 29 f. d .A. ) - in den besonderen Bedingungen der Rezidiv-0peration, insbesondere den Verschwielungen und Vernarbungen des alten Operationsfeldes und der fehlenden Erkennbarkeit des Nervenverlaufs, ihre Wurzel hat. Dann nämlich müßte der Kläger die Erklärung dafür schulden, weshalb bei nur vorgestelltem verschobenen Zeitpunkt das Operationsergebnis anders ausgefallen wäre.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Wie dargelegt, kann jedoch diese Frage auf sich beruhen, weshalb auch kein Anlaß besteht, die Revision zuzulassen.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung für die Berufung, die nach alledem keinen Erfolg haben konnte, wird auf § 97 Abs. 1 ZPO gestützt.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 in Verbindung mit § 713 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Beschwer des Klägers: unter 40.000,00 DM.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Streitwert für die Berufungsinstanz: 25.302,40 DM (wie in erster Instanz)</p>
|
315,129 | lg-dusseldorf-1990-03-09-21-s-2-1-7-8-9 | {
"id": 808,
"name": "Landgericht Düsseldorf",
"slug": "lg-dusseldorf",
"city": 413,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 21 S 2 1 7 / 8 9 | 1990-03-09T00:00:00 | 2019-03-13T14:47:07 | 2022-10-18T15:09:03 | Urteil | ECLI:DE:LGD:1990:0309.21S2.1.7.8.9.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Kläger gegen das</p>
<p>am 6. April 1989 verkündete Urteil</p>
<p>des Amtsgerichts Düsseldorf</p>
<p>- 55 C 5 1 6 / 8 9 – wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Kosten des Berufungsverfahrens</p>
<p>werden den Klägern auferlegt.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Entscheidungsgründe:</span></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung der Kläger ist nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Das auf § 2 MHG gestützte Mieterhöhungsverlangen der</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Kläger vom 26. 9.1988 (Bl. 5, 6 GA) ist nicht gerechtfertigt, wie das Amtsgericht</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">im angefochtenen Urteil mit zutreffender Begründung, auf die Bezug genommen wird, fest-</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">gestellt hat. Dem haben die Kläger mit ihrer Berufung nichts Erhebliches entgegengesetzt:</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Kläger haben ihre Mieterhöhung mit der Bezugnahme auf die Mieten von drei Vergleichswohnungen begründet. Sie verkennen jedoch, daß es sich hierbei</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">lediglich um eine im Rahmen der Wirksamkeit der</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Mieterhöhung bedeutsame Möglichkeit der Erhöhungsbegründung handelt. Es kann zugunsten der Kläger unterstellt werden, daß die in Bezug genommenen Wohnungen mit der Wohnung der Beklagten vergleichbar sind. Darum war und ist dem Beweiserbieten der Kläger bezüglich der Vergleichbarkeit der Wohnungen nicht zu entsprechen. Mögen die Wohnungen auch vergleichbar sein, so ist damit jedoch noch nicht die letztlich entscheidende Frage nach der Ortsüblichkeit der Miete beantwortet.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Dem Mieter ist nicht verwehrt, die Repräsentanz der</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">für die Vergleichsobjekte gezahlten Mieten für die ortsübliche Miete zu bestreiten (Sternel, Mietrecht, 3. Auflage, Anm. I I I, 738). Bestreiten, wie hier geschehen, die Mieter, daß die genannten Vergleichs objekterepräsentativ für die Ortsüblichkeit der verlangten Miethöhe sind, so hat der Vermieter die ortsübliche Vergleichsmiete zu beweisen. Die Kläger</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">sind insoweit beweisfällig geblieben.  Sie haben für</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">die Ortsüblichkeit keinen Beweisangetreten, lediglich- was unerheblich ist - für die Vergleich-barkeit der Wohnungen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Abgesehen davon ist aber auch unter Anwendung der Düsseldorfer Mietrichtwerttabelle, wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, die Behauptung der Kläger, die verlangte Mieterhöhung entspreche der ortsüblichen Miete, widerlegt. Die Angriffe der Kläger gegen die Verwertung der Düsseldorfer MietrichtwerttabeIle liegen neben der</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Sache. Die Abqualifizierung als "Kuhhandel " zwischen den Interessenverbänden und einer  "Absegnung" seitens der Stadt Düsseldorf ist als bloße Redensart ohne konkrete Sachsubstanz zu werten. Mangelnde Substanz wird nicht durch starke Worte ersetzt. -</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Prozessual ist ein sog. Mietspiegel im Wege des Freibeweises zu verwenden, da es sich  bei dem Begriff der ortsüblichen Miete ebenso wie bei der Feststellung einer Ortsübung oder einer Verkehrssitte um eine allgemein kundige Tatsache handelt, deren Ermittlung nicht an die von der ZPO aufgeführten Beweismittel gebunden ist (Sternel, Anm. III,743; Schmidt- Futterer/ Blank, Wohnraumschutzgesetze,5. Auflage, Anm. C 151 a). Für die Ermittlung der</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">ortsüblichen Miete ist einem Mietspiegel ein besonderer Beweiswert bei zu messen. Er ist zwar nur auf das allgemeine Mietenniveau bezogen und kann daher</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">nicht die wertende Entscheidung des Gerichts im Rahmen des § 287 Abs. 2 ZPO für den konkreten Einzelfall ersetzen. Die konkrete Anwendung unter Auswertung der Mietrichtwerttabelle hat das Amtsgericht hier mit überzeugen der Begründung, auf die</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Bezug genommen wird, durchgeführt. Hiernach beträgt die ortsübliche Vergleichsmiete 650,25 DM, so daß die Beklagten mit ihrer bisher gezahlten Miete von 665,50 DM bereits mehr als die ortsübliche Miete zahlen. Auch der Vorwurf der Kläger, daß Amtsgericht habe völlig außer acht gelassen, daß die Zoo - Gegend eine</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">der begehrtesten Wohnlagen in Düsseldorf  sei, liegt neben der Sache. Das Amtsgericht hat, was auch der Auffassung der Kammer entspricht, mit Recht festgestellt, daß die S-straße nur als mittlere Wohnlage einzustufen ist. Das entspricht im übrigen auch</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">der Auffassung der Kläger selbst in ihrer Mieterhöhung vom 26.9.1988 - " es liegt in mittlerer Wohnlage " - ( Bl. 5 GA) .</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 100 Abs . 1 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Streitwert  für das Berufungsverfahren: 960, - - DM ( 8 0 , — DM X 12) .</p>
|
315,130 | olgham-1990-03-07-5-uf-43889 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 5 UF 438/89 | 1990-03-07T00:00:00 | 2019-03-13T14:47:09 | 2022-10-18T15:09:01 | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1990:0307.5UF438.89.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Beklagten wird unter Zurückweisung der Berufung im übrigen das Urteil des Amtsgerichts - Familiengerichts - Iserlohn vom 30. August 1989 (Aktenzeichen 14 F 246/88) abgeändert.</p>
<p></p>
<p>Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin folgenden nachehelichen Unterhalt zu zahlen:</p>
<p></p>
<p>a) monatlich 390,-- DM für die Monate Oktober bis Dezember 1988;</p>
<p>b) 332,-- DM für den Monat Januar 1989;</p>
<p>c) monatlich 215,-- DM für die Monate Februar bis Mai 1989;</p>
<p>d) 172,-- DM für Juni 1989;</p>
<p>e) monatlich 280,-- DM für die Zeit ab Juli 1989.</p>
<p></p>
<p>Die bis einschließlich März 1990 zu leistenden Unterhaltsbeträge sind sofort, die ab April 1990 zu leistenden Unterhaltsbeträge, sind jeweils monatlich im voraus zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Die weitergehende Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin zu 20% und der Beklagte zu 80%. Die Kosten der Berufungsinstanz werden gegeneinander aufgehoben.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Tatbestand:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin nimmt den Beklagten auf nachehelichen Unterhalt ab Oktober 1988 in Anspruch.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Parteien haben am 9.2.1982 die Ehe geschlossen. Aus ihrer Ehe ist das Kind xxx hervorgegangen, das am 7.9.1982 geboren, also jetzt 7 Jahre alt ist. Die Parteien leben seit September 1986 voneinander getrennt. Ihre Ehe wurde durch Urteil des Amtsgerichts Gelsenkirchen-Buer (15 F 1-14/87) vom 18.8.1988, rechtskräftig seit dem 1.10.1988, geschieden. Das Sorgerecht für xxx wurde auf die Klägerin übertragen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin war in der Ehezeit zunächst vollschichtig erwerbstätig. Ab 1984 war sie in einer Gaststätte als Serviererin tätig, wo sie nach ihren Angaben ca. monatlich 800,-- DM verdient hat. Im September 1986 beendete sie diese Tätigkeit, als die Gaststätte nach dem Tod, des früheren Eigentümers verkauft wurde. Danach war die Klägerin in der Zeit bis Ende 1988 als Serviererin in einem Billardclub in xxx tätig, wo sie nach ihren Angaben monatlich 420,-- DM verdient hat. Auf die Gehaltsbescheinigung Bl. 51 d.A. wird Bezug genommen. Seit Februar 1989 ist die Klägerin als Verkäuferin ganztägig erwerbstätig mit einem monatlichen Nettogehalt in Höhe von 1.156,93 DM. Auf die Gehaltsbescheinigungen Bl. 52, 144 d.A. wird Bezug genommen. Die Klägerin hat darüber hinaus einen firmeneigenen Pkw zur Verfügung. Das Kind wird in der Woche nach dem Schulbesuch von den Eltern der Klägerin beaufsichtigt. Diese holt das Kind abends nach Geschäftsschluß bei ihren Eltern ab.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte war in der Ehezeit am ehelichen Wohnort der Parteien in xxx als Stapellagerfahrer erwerbstätig. Seit August 1987 hat er eine Tätigkeit als Metallarbeiter in xxx. Seine dort bezogenen Einkünfte ergeben sich aus den Gehaltsbescheinigungen Bl. 29, der Lohnsteuerbescheinigung für 1988 (Bl. 30) sowie dem Steuerbescheid für 1988 (Bl. 141). Der Beklagte lebt zum größten Teil bei seiner Schwester in xxx, an die er nach seinen Angaben Miete und Kostgeld in Höhe von monatlich 250,-- DM zahlt. Er legt die tägliche Fahrtstrecke von zu seinem Arbeitsplatz in xxx mit dem eigenen Pkw</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">zurück. Die tägliche Fahrtstrecke vom Wohnort zum Arbeitsplatz beträgt ca. 80 km. Seit Juli 1989 erhält der Beklagte vom Arbeitgeber eine monatliche steuerfreie Fahrtkostenerstattung in Höhe von 361,-- DM (vorher 112,— DM). Für das Kind zahlt der Beklagte Unterhalt in Höhe von monatlich 228,-- DM. Auf einen ehebedingten Kredit bei der xxx zahlt der Beklagte eine Kreditrate von monatlich 250, - DM bis einschließlich Mai 1989 sowie monatlich 350,-- DM ab Juni 1989. Auf die Zahlungsbelege wird Bezug genommen (Bl. 143-146).</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat durch das angefochtene Urteil den Beklagten antragsgemäß verurteilt, an die Klägerin für die Zeit von Oktober 1988 bis einschließlich Januar 1989 Unterhalt in Höhe von 595,-- DM sowie ab Februar 1989 in Höhe von monatlich 350,-- DM zu zahlen. Die Kreditrate hat das Amtsgericht nur in Höhe eines von der Klägerin erstinstanzlich anerkannten Betrages von monatlich 125,-- DM berücksichtigt, da der Beklagte eine weitergehende Zahlung nicht nachgewiesen habe. Die Fahrtkosten hat das Amtsgericht unberücksichtigt gelassen, da der Beklagte deren Notwendigkeit nicht dargelegt habe. Im übrigen wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen (Bl. 61 - 65 d.A.).</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Beklagten. Der Beklagte macht geltend, der Bedarf der Klägerin betrage nur monatlich 600,--.DM. Bei der Bedarfsberechnung müßten nämlich sowohl die Kreditraten als auch die hohen Fahrtkosten berücksichtigt werden. Die Klägerin sei nicht bedürftig, da sie ihren Bedarf durch eigene Erwerbstätigkeit decke. Diese sei auch nicht als überobligationsmäßig zu</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">bewerten, da xxx ständig bei der Großmutter lebe und von dieser versorgt werde. Die Klägerin habe auch mehr verdient, als in den vorgelegten Gehaltsbescheinigungen ausgewiesen ist. Bei ihrer Tätigkeit im Billardclub habe sie tatsächlich incl. Trinkgeld monatlich 700,-- DM verdient. Sie habe auch eine zusätzlich Teilzeitbeschäftigung auf der Rennbahn in xxx ausgeübt. Seit Februar 1989 habe sie neben dem ausgewiesenen Gehalt als Verkäuferin auch den Vorteil der unentgeltlichen Nutzung des Pkw ihrer Arbeitgeberin. Auch beziehe sie Wohngeld. Er, der Beklagte, sei auch nicht leistungsfähig. Neben den Kreditraten müßten auch Fahrtkosten von monatlich 704,— DM berücksichtigt werden. Die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel sei ihm bei seinen Arbeitszeiten nicht zuzumuten. Ein Umzug sei ihm aus finanziellen Gründen nicht möglich.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage, abzuweisen, soweit er zur Zahlung von nachehelichem Unterhalt über folgende Beträge hinaus verurteilt worden sei:</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">a) monatlich 390,-- DM für die Monate Oktober bis Dezember 1988;</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">b) 280,— DM für den Monat Januar 1989;</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">c) monatlich 190,-- DM für die Monate Februar bis Mai 1989;</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">d) 150,-- DM für Juni 1989;</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">e) monatlich 235,-- DM ab Juli 1989.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil. Sie macht geltend, bei der Bedarfsbestimmung müsse ihr früheres Einkommen von monatlich 800,-- DM berücksichtigt werden, welches sie zuletzt vor der Trennung der Parteien als Serviererin in einer Gaststätte verdient hat. Im übrigen dürften ihre Einkünfte allenfalls teilweise berücksichtigt werden, da sie aus überobligationsmäßiger Erwerbstätigkeit stammten. Die Leistungsfähigkeit des Beklagten sei durchaus gegeben. Die Fahrtkosten könnten unterhaltsrechtlich nicht berücksichtigt werden.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist zulässig, jedoch nur teilweise begründet.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Der Klägerin steht dem Grunde nach nachehelicher Unterhalt gemäß §§ 1570, 1573 Abs. 2 BGB zu, da sie aufgrund ihrer eigenen Erwerbseinkünfte nicht in der Lage ist, ihren Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen in vollem Umfange zu decken, wobei auch die Betreuungsbedürftigkeit des minderjährigen Kindes xxx zu berücksichtigen ist.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Der Bedarf der Klägerin nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 BGB) wird bestimmt durch die aktuellen Erwerbseinkünfte des Beklagten sowie den Zuverdienst der Klägerin aus ihrer früheren Tätigkeit als Serviererin in dem Billardclub in xxx. Dabei hat der Senat für die Bedarfsbestimmung auf Seiten des Beklagten die aktuellen Einkünfte aus der im Oktober 1987 aufgenommenen Tätigkeit als Metallarbeiter zugrunde gelegt. Grundsätzlich kommt es für die Bedarfsbestimmung auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung an (u.a. BGH FamRZ 1982, 684; 1986, 733/785: BGH NJW 1982, 1871). Veränderungen, die zwischen Trennung und Scheidung eintreten, sind allerdings dann zu berücksichtigen, wenn sie auf einer ungewöhnlichen, vom Normalverlauf erheblich abweichenden Entwicklung, beruhen, die ohne die Trennung nicht eingetreten wäre (BGH FamRZ 1982, 576). Im vorliegenden Fall hat der Beklagte seine Tätigkeit als Metallarbeiter in zwar erst nach der Trennung der Parteien aufgenommen, wobei die Aufnahme der neuen Tätigkeit mit einer trennungsbedingten Verlagerung seines Lebenskreises von nach verbunden war. Mangels konkreter anderer Darlegungen des Beklagten ist der Senat jedoch davon ausgegangen, daß die jetzigen Einkünfte aus der Tätigkeit als Metallarbeiter nicht wesentlich abweichen von denen aus seiner früheren Tätigkeit als Stapellagerfahrer in xxx zumal der Beklagte die Zugrundelegung der aktuellen Einkünfte durch das Amtsgericht nicht beanstandet hat.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Im übrigen sind weder die Kreditrate bei der xxx-Bank noch die hohen Fahrtkosten für die Fahrten vom jetzigen Wohnung in xxx zum Betrieb der Arbeitgeberin in xxx als bedarfsmindernd zu berücksichtigen:</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Bei dem xxx -Kredit handelt es sich unstreitig um einen Kredit, der zu Konsumzwecken aufgenommen worden ist. Derartige Kredite, die zu Konsumzwecken - z.B. Anschaffung von Hausrat, Finanzierung der Lebenshaltungskosten pp. - aufgenommen werden, vermindern den Unterhaltsbedarf grundsätzlich nicht, da es keinen Unterschied macht, ob die Eheleute diese Aufwendungen aus ihrem laufenden Einkommen - z.B. durch Einsparungen - oder durch Aufnahme von Krediten finanzieren und im übrigen auch der entsprechende Gegenwert für die laufende Lebensführung zur Verfügung steht (OLG Düsseldorf FamRZ 1987, 595, 596; Heiß/Heiß, Handbuch zum Unterhaltsrecht , 2.14/14 a).</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Auch die derzeitigen hohen Fahrtkosten des Beklagten haben die ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien nicht geprägt. Bei diesen Fahrtkosten, die der Beklagte auf sich nimmt, um bei seiner Schwester in xxx wohnen zu kennen, handelt es sich letztlich um eine Folge der gescheiterten Ehe. Es ist nicht vorgetragen und nicht ersichtlich, daß in der intakter Ehe der Parteien Fahrtkosten in vergleichbarer Höhe angefallen sind. - Soweit danach die Fahrtkosten nicht zu berücksichtigen sind, können umgekehrt allerdings auch weder die vom Arbeitgeber derzeit gezahlten Fahrtkostenerstattungen noch die Steuervorteile, die auf den Fahrtkosten berufen, berücksichtigt werden.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Zu den Erwerbseinkünften des Beklagten ist im einzelnen festzustellen:</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Für das Jahr 1988 ergibt sich aufgrund der Lohnsteuerbescheinigung des Steuerberaters xxx (Bl. 30) folgendes Nettoeinkommen:</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Bruttoarbeitslohn (ohne Berücksichtigung des steuerfreien Fahrgeldes) 45.554,84 DM </p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">abzüglich Lohnsteuer 9.030,-- DM </p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">abzüglich Kirchensteuer 785,70 DM </p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">abzüglich Arbeitnehmerbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung 8.033,63 DM </p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">verbleiben netto 27.705,51 DM </p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">: 12 = 2.308,80 DM.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Für das Jahr 1989 ergibt sich aus den Jahressummen der Gehaltsabrechnung für den Monat Dezember (Bl. 142) folgendes Nettoeinkommen:</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Steuerpflichtig brutto: 42.413,75 DM </p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">abzüglich gesetzliche Abzüge,</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">insgesamt: 15.963,03 DM</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">verbleiben: 26.450,72 DM</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">: 12 = 2.204,23 DM.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Das steuerfreie Fahrgeld ist aus den dargelegten Gründen dabei nicht berücksichtigt.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Hinzu kommt für das Jahr 1989 die Steuererstattung, die ausweislich des Steuerbescheides für 1988 (Bl. 141) 3.577,-- DM beträgt, was einen monatsanteiligen Betrag von 298,-- DM entspricht. Die Steuererstattung beruht jedoch unter anderem auf den Fahrtkosten, die im Rahmen des Bedarfs nicht berücksichtigt werden. Läßt man die Fahrtkosten und die sonstigen Werbungskosten unberücksichtigt, so würde sich das zu versteuernde Einkommen des Beklagten auf ca. 32.519,— DM erhöhen. In diesem Fall beläuft sich die Einkommensteuer nach dem Grundtarif für 1989 auf 6.866,-- DM; die Kirchensteuer beträgt dann ca. 620,-- DM, so daß sich im Ergebnis folgender Rückzahlungsbetrag ergeben würde:</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">9.030,-- DM </p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">+ 785,70 DM </p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">- 6.886,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">- 620,-- DM </p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">verbleiben 2.309,70 DM </p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">: 12 = 192,48 DM </p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Die Steuervorteile, die sich aufgrund der erbrachten Unterhaltsleistungen nach § 10 Abs. 1 Ziffer 1 EStG ergeben, sind dagegen auch beim Unterhaltsbedarf zu berücksichtigen, da sie dazu bestimmt sind, den trennungsbedingten Machteil aufgrund des Wegfalls des Splittingvorteils auszugleichen. Geht man entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (FamRZ 1988, 817, 818) davon aus, daß die Einkommensverminderung aufgrund der Veranlagung in der ungünstigeren Steuerklasse I schon beim Bedarf zu berücksichtigen sind, so müssen auch umgekehrt die Steuervorteile aufgrund der Durchführung des begrenzten Realsplittings als einkommenserhöhend, beim Bedarf berücksichtigt werden, da diese - wie gesagt - auch dazu dienen, die trennungsbedingten Steuernachteile auszugleichen.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Insgesamt ergibt sich damit ein die ehelichen Lebensverhältnisse prägendes Nettoeinkommen des Beklagten in der Größenordnung von ca. 2.400,-- DM (2.204,23 DM + 192,48 DM).</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Auf seiten der Klägerin sind die zur Zeit der Trennung erzielten Einkünfte als Serviererin in dem Billardclub mit monatlich 420,-- DM als bedarfsbestimmend zu berücksichtigen. Die früheren Einkünfte der Klägerin aus der Tätigkeit in einer Gaststätte von monatlich 800,-- DM sind dagegen für den Bedarf nicht mehr maßgeblich, da der Verlust dieser Arbeitsstelle nicht trennungsbedingt war, sondern - auch ohne die Trennung der Parteien eingetreten wäre. Auch die Ausweitung der Erwerbstätigkeit der Klägerin seit Februar 1969 - also nach Rechtskraft der Scheidung - kann für den Bedarf nicht berücksichtigt werden, da nicht festzustellen ist, daß diese weitere Entwicklung, bezogen auf den Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung, mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten war und die ehelichen Lebensverhältnisse bereits geprägt hat (BGH FamRZ 1987, 459, 461); zumindest fehlt es insoweit an hinreichenden Darlegungen den für einen höheren Bedarf darlegungs- und beweispflichtigen Klägerin.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Insgesamt ergibt sich damit unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (FamRZ 1988, 265, 267; FamRZ 1989, 842), wonach schon bei der Bedarfsbestimmung der sog. "Erwerbstätigenbonus" zu berücksichtigen ist, folgende Berechnung des Unterhaltsbedarfs der Klägerin:</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">a) für das Jahr 1988:</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Einkommen des Beklagten 2.308,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Abzüglich Kindesunterhalt</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">für 228,— DM</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">verbleiben 2.080,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">davon 3/7 = 891,43 DM</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Einkommen der Klägerin zur</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Zeit der Rechtskraft der</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Scheidung 420,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">davon 4/7 = 240,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Bedarf insgesamt 1.131,43 DM.</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">b) für das Jahr 1989:</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Einkommen des Beklagten ca. 2.400,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">abzüglich Kindesunterhalt</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">für 228,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">verbleiben 2.172.— DM</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">davon 3/7 = ca. 930,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">+ 240,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">Bedarf insgesamt ca. 1.170,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks"><b>III.</b></p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">Auf diesen Unterhaltsbedarf sind die Erwerbseinkünfte der Klägerin gemäß § 1577 Abs. 2 BGB nur zum Teil anzurechnen, da die Klägerin angesichts des Alters des Kindes von jetzt erst 7 Jahren an sich nicht verpflichtet ist, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Die Anwendung des § 1577 Abs. 2 BGB bezieht sich jedoch nur auf denjenigen Teil der Einkünfte der Klägerin, der sich aus der Ausweitung ihrer Erwerbstätigkeit nach Rechtskraft der Scheidung ergibt, dagegen nicht auf den Teil der Einkünfte, der die ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien mitgeprägt hat. Denn Einkünfte, die die ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien mitprägen, können nicht gleichzeitig als überobligationsmäßig im Sinne des § 1577 Abs. 2 BGB angesehen werden (BGH FamRZ 1983, 146; Heiß/Heiß a.a.O. 2.11/12). Die Mehreinkünfte, die sich aus der Ausweitung der Erwerbstätigkeit, ergeben, sind nach Billigkeitsgesichtspunkten auf den Unterhalt teilweise anzurechnen, soweit sie den Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen übersteigen (Ziffer 32 der Hammer Leitlinien sowie Hampel; FamRZ 1984, 621, 629). Im vorliegenden Fall beläuft sich der Unterhalt, der sich ohne Berücksichtigung der überobligationsmäßig erzielten Mehreinkünfte ergeben würde, für die Zeit ab Februar 1989 nach der Differenzrechnung wie folgt:</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Einkommen des Beklagten nach Abzug des Kindesunterhalts 2.172,-- DM </p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">Einkommen der Klägerin 420,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">Differenz 1.752,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">davon 3/7 = ca. 750,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">Insgesamt stünden der Klägerin damit folgende Einkünfte zur Verfügung:</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">eigenes Einkommen ca. 1.157,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">Unterhalt 750,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">insgesamt 1.907,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">Die Gesamteinkünfte übersteigen damit den Bedarf der Klägerin nach den ehelichen Lebensverhältnissen wie folgt:</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">1.907,-- DM </p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">abzüglich 1.170,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">verbleiben 737,— DM.</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">Die Hälfte dieses Betrages, also 368,50 DM, sind gemäß Ziffer 32 der Leitlinien auf den oben errechneten Unterhaltsanspruch von 750,-- DM anzurechnen, so daß ein Betrag von <u>381,50 DM</u> verbleibt. - Die Vorteile, die der Klägerin aus der Nutzung des Pkw ihrer Arbeitgeberin erwachsen, können angesichts der Überobligationsmäßigkeit ihrer Tätigkeit außer Betracht bleiben, zumal die Klägerin den Pkw nach ihren glaubhaften Angaben im Senatstermin im wesentlichen für die Fahrten vom Wohnort zur Arbeitsstelle nutzt und die darüber hinausgehenden privaten Nutzungsvorteile nur geringfügig sind. - Daß die Klägerin einer weiteren Erwerbstätigkeit nachgeht, hat sie glaubhaft in Abrede gestellt. Der Beklagte hat insoweit auch nur unsubstantiierte Vermutungen geäußert.</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks"><b>IV.</b></p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte ist jedoch aufgrund eingeschränkter Leistungsfähigkeit nicht in der Lage, den oben errechneten Betrag zu zahlen. Für die Leistungsfähigkeit, nach § 1581 BGB sind nämlich auch diejenigen Belastungen zu berücksichtigen, die für den Unterhaltsbedarf keine Rolle spielen, das heißt im vorliegenden Fall die Kreditbelastungen sowie die notwendigen Fahrtkosten für die Fahrten von der und zur Arbeitssteile. Andererseits sind im Rahmen der Leistungsfähigkeit auch die Fahrtkostenerstattungen sowie die vollen Steuererstattungen als Einkommen zu berücksichtigen. Auch für das Jahr 1988, in dem Steuererstattungen noch nicht angefallen sind, weil der Beklagte keine Steuererklärung abgegeben hatte, ist eine entsprechende steuerliche Entlastung fiktiv zu berücksichtigen. Denn der Unterhaltspflichtige hat sein gesamtes erzielbares Einkommen für den Unterhalt einzusetzen. Steuervorteile, die er zumutbarerweise erzielen könnte, begründen eine höhere Leistungsfähigkeit (OLG Düsseldorf FamRZ 1987, 1259 ff; Heiß/Heiß a.a.O. 3.94). Der Senat geht im Rahmen einer Schätzung nach § 287 ZPO davon aus, daß bei den hohen Fahrtkosten auch im Jahre 1988 Steuervorteile in Höhe von ca. 150,-- DM angefallen wären. Durch diese Steuervorteile hatte sich die Nettobelastung mit dem Fahrtkosten auf ca. 450,-- DM für das Jahr 1988 vermindert. Dieser Betrag ergibt sich in etwa, wenn man von den tatsächlich angefallenen Fahrtkosten von monatlich 704,-- DM die Fahrtkostenerstattung in Höhe von monatlich 112,-- DM im Jahre 1988 sowie die fiktiven Steuervorteile von ca. 150,--DM in Abzug bringt. - Für das Jahr 1989 sind dagegen die tatsächlich angefallenen Steuererstattungen sowie die Fahrtkostenerstatturigen in voller Höhe zu berücksichtigen. Insgesamt ergeben sich damit für die Leistungsfähigkeit des Beklagten folgende Berechnungen:</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">a) Für den Zeitraum von Oktober 1988 bis einschließlich Dezember 1988:</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">Nettoeinkommen des Beklagten ca. 2.308,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">abzüglich Kindesunterhalt</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">für 228,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">abzüglich Kreditbelastungen 250,-- DM </p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">abzüglich Nettofahrtkosten 450,-- DM </p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">verbleiben 1.380,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">Der Selbstbehalt des Beklagten betrug gemäß Ziffer 33 der Leitlinien 990,-- DM für das Jahr 1988, so daß sich für den Zeitraum von Oktober bis einschließlich Dezember 1933 ein Betrag von <u>390,-- DM</u> ergibt.</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">b) Für den Zeitraum von Januar 1989 bis einschließlich Mai 1989 ergibt sich folgende Berechnung:</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">Einkommen des Beklagten ca. 2.204,-- DM </p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">zuzüglich Fahrtkostenerstattung 112,— DM </p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks">zuzüglich Steuererstattungen 298,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks">abzüglich Kindesunterhalt 223, -- DM </p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks">abzüglich Fahrtkosten 704,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">abzüglich Kreditbelastungen 250,-- DM </p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks">verbleiben 1.432,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">Der Selbstbehalt beträgt ab dem 1.1.1989 1.100,-- DM, so daß ein Betrag von <u>332, -- DM</u> verbleibt.</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks">c)</p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">Für den Monat Juni 1989 erhöht sich die Kreditbelastung von 250,-- DM auf 350,-- DM monatlich, so daß nach Abzug der Gesamtbelastungen ein Betrag von 1.332,-- DM, also von 232,-- DM über dem Selbstbehalt verbleibt.</p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks">d)</p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks">Für die Zeit ab Juli 1989 erhöht sich das anrechenbare Einkommen des Beklagten aufgrund der Erhöhung der Fahrtkostenerstattungen von 112,-- DM auf jetzt 361,-- DM. Die Berechnung ergibt nunmehr folgende Beträge:</p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks">Einkommen des Beklagten 2.204,-- DM </p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks">zuzüglich Steuererstattungen 298,-- DM </p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks">zuzüglich Fahrtkostenerstattungen jetzt 361,-- DM </p>
<span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks">abzüglich Kindesunterhalt 228,-- DM </p>
<span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks">abzüglich Fahrtkosten 704,-- DM </p>
<span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks">abzüglich Kreditbelastungen 350,-- DM </p>
<span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks">verbleiben 1.581,-- DM </p>
<span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks">abzüglich Selbstbehalt 1.100,-- DM </p>
<span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks">verbleiben <u>481,-- DM</u></p>
<span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks"><b>V.</b></p>
<span class="absatzRechts">124</span><p class="absatzLinks">Jedoch bestimmt sich die Leistungsfähigkeit nicht alleine nach den Selbstbehaltssätzen. Vielmehr ist im Rahmen der gemäß § 1581 BGB vorzunehmenden Billigkeitsprüfung eine Kontrollrechnung nach der Differenzmethode vorzunehmen, um eine billige Verteilung der beiderseitigen Einkünfte zu gewährleisten (OLG Düsseldorf FamRZ 1987, 1254, 1256). Diese Kontrollrechnung ist insbesondere dann erforderlich, wenn bestimmte Belastungen des Unterhaltspflichtigen, wie im vorliegenden Fall die Kreditbelastungen sowie die Fahrtkosten, beim Unterhaltsbedarf nicht berücksichtigt werden. Denn eine bloße Bestimmung des Unterhalts nach dem nicht gedeckten Bedarf kann in solchen Fällen dazu führen, daß der Unterhaltsberechtigte im Ergebnis über erheblich höhere Einkünfte verfügt als der Unterhaltsverpflichtete, insbesondere dann, wenn - wie im vorliegenden Fall (vgl. oben III.) - die eigenen Einkünfte des Berechtigten gemäß § 1577 Abs. 2 BGB nur teilweise angerechnet werden. Da ein solches Ergebnis in aller Regel nicht der Billigkeit entspricht, ist in einem dritten Berechnungsschritt eine Kontrollrechnung nach der Differenzmethode vorzunehmen, wobei im Rahmen dieser Kontrollrechnung - anders als bei der Bedarfsbestimmung - die beiderseitigen Einkünfte und Belastungen in vollem Umfange berücksichtigt werden.</p>
<span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks">Die Kontrollrechnung führt im vorliegenden Fall für die Zeit ab Februar 1989 zu folgenden Beträgen:</p>
<span class="absatzRechts">126</span><p class="absatzLinks">a) Zeitraum Februar bis Mai 1989:</p>
<span class="absatzRechts">127</span><p class="absatzLinks">Einkommen des Beklagten vermindert </p>
<span class="absatzRechts">128</span><p class="absatzLinks">um die Belastungen 1.432,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">129</span><p class="absatzLinks">Einkommen der Klägerin </p>
<span class="absatzRechts">130</span><p class="absatzLinks">(vermindert um den Naturalunterhalt für xxx): </p>
<span class="absatzRechts">131</span><p class="absatzLinks">1.157,-- DM - 228,-- DM = 929,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">132</span><p class="absatzLinks">Differenz 503,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">133</span><p class="absatzLinks">3/7 der Differenz = ca. <u>215,-- DM;</u></p>
<span class="absatzRechts">134</span><p class="absatzLinks">b) für Juni 1989:</p>
<span class="absatzRechts">135</span><p class="absatzLinks">Einkommen des Beklagten 1.332,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">136</span><p class="absatzLinks">Einkommen der Klägerin 929,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">137</span><p class="absatzLinks">Differenz 40 3,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">138</span><p class="absatzLinks">3/7 - ca. <u>172,-- DM</u></p>
<span class="absatzRechts">139</span><p class="absatzLinks">c) Zeitraum ab Juli 1989:</p>
<span class="absatzRechts">140</span><p class="absatzLinks">1.581 ,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">141</span><p class="absatzLinks">-929,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">142</span><p class="absatzLinks">Differenz 652,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">143</span><p class="absatzLinks">3/7 = ca. 230,— DM</p>
<span class="absatzRechts">144</span><p class="absatzLinks">Der Überobligationsmäßigkeit der Erwerbstätigkeit der Klägerin hat der Senat dabei im Rahmen der Kontrollrechnung dadurch Rechnung getragen, daß ein dem Barunterhalt entsprechender Betrag von dem Naturalunterhalt des Kindes anrechnungsfrei geblieben ist, obgleich die Klägerin tatsächlich keine finanziellen Aufwendungen für die Betreuung des Kindes dargelegt hat. Die Berücksichtigung des Naturalunterhalts für xxx im Rahmen der Differenzrechnung führt immerhin dazu, daß die Klägerin im Ergebnis über höhere Einkünfte verfügt als der Beklagte. Die Klägerin hat nämlich für die Zeit ab Juni 1989 im Ergebnis Einkünfte vom 1.157,-- DM + 280,-- DM = 1.437,-- DM, während dem Beklagten nach Abzug des Unterhalts sowie sämtlicher Belastungen nur noch 1.581,-- DM - 280,-- DM = 1.301,- DM verbleiben. Dieses Ergebnis kann im Rahmen der Billigkeitsabwägung noch hingenommen werden, da die unentgeltliche Übernahme der Kindesbetreuung durch die Eltern der Klägerin dem Beklagten unterhaltsrechtlich nicht zugute kommt. Ein noch weitergehendes Auseinanderklaffen der beiderseitigen Einkünfte würde dagegen nach Auffassung des Senats nicht mehr der Billigkeit entsprechen, zumal die angerechneten Erwerbseinkünfte des Beklagten zum Teil auch auf Überstunden beruhen.</p>
<span class="absatzRechts">145</span><p class="absatzLinks">(Dabei kann letztlich dahingestellt bleiben, ob man - wie hier - eine Korrekturrechnung aufgrund der Differenzmethode vornimmt oder ob man abweichend von Ziffer 32 der Leitlinien die eigenen überobligationsmäßigen Einkünfte der Klägerin mit einer höheren als der allgemein üblichen hälftigen Quote anrechnet.)</p>
<span class="absatzRechts">146</span><p class="absatzLinks">Für die Zeit von Oktober 1988 bis einschließlich Januar 1989 spielt die Kontrollrechnung dagegen keine Rolle, da die Klägerin in diesem Zeitraum über wesentlich geringere Einkünfte verfügt hat. Für diesen Zeitraum verbleibt es bei den unter Zugrundelegung der Selbstbehaltssätze errechneten Unterhaltsbeträgen, die unter den Beträgen liegen, die sich aufgrund der Differenzrechnung für diesen Zeitraum ergeben würden.</p>
<span class="absatzRechts">147</span><p class="absatzLinks"><b>VI.</b></p>
<span class="absatzRechts">148</span><p class="absatzLinks">Insgesamt schuldet der Beklagte der Klägerin mithin folgenden nachehelichen Unterhalt:</p>
<span class="absatzRechts">149</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">150</span><p class="absatzLinks">Für die Monate Oktober bis Dezember 1988 monatlich 390,-- DM (entsprechend der Berechnung unter IVa);</p>
<span class="absatzRechts">151</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">152</span><p class="absatzLinks">für den Monat Januar 1989 332,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">153</span><p class="absatzLinks">(entsprechend IVb); </p>
<span class="absatzRechts">154</span><p class="absatzLinks">c)</p>
<span class="absatzRechts">155</span><p class="absatzLinks">für die Monate Februar bis Mai 1989 monatlich 215,-- DM (entsprechend Va)</p>
<span class="absatzRechts">156</span><p class="absatzLinks">d)</p>
<span class="absatzRechts">157</span><p class="absatzLinks">Für Juni 1989 172,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">158</span><p class="absatzLinks">(entsprechend Vb);</p>
<span class="absatzRechts">159</span><p class="absatzLinks">e)</p>
<span class="absatzRechts">160</span><p class="absatzLinks">ab Juli 1989 monatlich 280,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">161</span><p class="absatzLinks">(entsprechend Vc).</p>
<span class="absatzRechts">162</span><p class="absatzLinks"><b>VII.</b></p>
<span class="absatzRechts">163</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">164</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit erfolgt aus § 708 Ziffer 10 ZPO.</p>
|
315,131 | olgk-1990-03-05-21-uf-15189 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 21 UF 151/89 | 1990-03-05T00:00:00 | 2019-03-13T14:47:11 | 2022-10-18T15:09:01 | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1990:0305.21UF151.89.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der Senat erklärt sich, soweit Verhandlung und Entscheidung über diejenigen</p>
<p>Klageansprüche betroffen sind, die die Klägerin mit ihrem Schriftsatz vom 27. Dezember 1989 - BI. 2811282 d.A. - in den Rechtsstreit eingeführt hat, für un-zuständig und verweist den Rechtsstreit insoweit auf Antrag der Klägerin an das Landgericht Köln.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>G r ü n d e</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat den Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit zunächst vor dem Landgericht Köln und später vor dem Amtsgericht - Familiengericht Köln - mit ihrer</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Klage auf Abgabe seiner Zustimmungserklärung zur Wiedereintragung ihres Ehemannes als Eigentümer der ehelichen, im Klageantrag genau bezeichneten Wohnung im Grundbuch in Anspruch genommen. Dabei hat sie sich mit entsprechendem Sachvortrag bezüglich der Veräußerung dieser Liegenschaft durch ihren Ehemann an den Beklagten auf die §§ 1365 Abs. 1, 1368 BGB berufen und weiter ausgeführt,</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">der Klageantrag finde zusätzlich in den §§ 826, 249 BGB seine taugliche Stütze.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Das Familiengericht Köln hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, daß die Voraussetzungen der §§ 1365, 1368 BGB nicht erfüllt seien und die Klage bereits unzulässig sei, soweit sie auf § 826 gestützt werde. Unbeschadet des insoweit von der Klägerin gestellten Antrages habe keine Teilverweisung erfolgen können, weil wegen einzelner materiellrechtlicher Anspruchsgrundlagen keine Verweisung möglich sei.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat mit ihrer gegen dieses Urteil eingelegten Berufung ursprünglich ihr erstinstanzliches Klageziel weiterverfolgt und sich vornehmlich mit rechtlichen Ausführungen gegen die Entscheidung des Erstrichters gewandt. Hilfsweise hat sie um Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Familiengericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung sowie weiter hilfsweise um Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht Köln gebeten.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Im weiteren Verlaufe des Berufungsrechtszuges hat die Klägerin gemäß ihrem bereits eingangs genannten Schriftsatz vom 27.12.1989 die Stellung weiterer Sachanträge als Hilfsanträge zum Hauptantrag der Berufung angekündigt: Gemessen daran soll festgestellt werden, daß der von ihrem Ehemann und dem Beklagten über die eheliche Wohnung geschlossene Kaufvertrag nichtig ist und - weiter hilfsweise - der Beklagte zur Duldung der Zwangsvollstreckung der Klägerin in den vorbezeichneten Grundbesitz nach Maßgabe des Anfechtungsgesetzes verurteilt werden.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 15.01.1990 hat der Senat der Klägerin die von dieser nachgesuchte Prozeßkostenhilfe verweigert, weil die Berufung insgesamt keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete. Zuvor hatte der Beklagte in diesem Termin gerügt, daß in den letztgenannten, gemäß Schriftsatz vom 27.12.1989 angekündigten Anträgen eine unzulässige Klageänderung liege.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Versagung der Prozeßkostenhilfe beruht, wie der Senat den Parteien im Termin mündlich erläutert hat, darauf, daß das Familiengericht die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen habe, weil jedenfalls die sachlich-rechtlichen Voraussetzungen der von der Klägerin insoweit ins Feld geführten Anspruchsgrundlagen nicht erfüllt seien. Bei den erstmals in der zweiten Instanz gemäß Schriftsatz vom 27.12.1989 als Hilfsanträge angekündigten Sachanträgen handele es sich abgesehen von allen anderen Bedenken - unter anderem nicht sachdienliche Klageänderung - jedenfalls nicht um eine Familiensache, so daß sie nicht zur Entscheidung durch den Senat als</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Familiensenat gestellt werden könnten.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Daraufhin hat die Klägerin Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht Köln beantragt und im übrigen ihre Berufung zurückgenommen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat der Verweisung widersprochen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Dem Verweisungsantrag der Klägerin war stattzugeben. Hierzu gilt im einzelnen folgendes:</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Dieser Antrag betrifft, wie die seiner Stellung vorausgegangene Erörterung im Prozeßkostenhilfeprüfungsverfahren im Termin vom 15.01.1990 ergeben hat, nur</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">das erstmals mit Schriftsatz vom 27.12.1989 zweitinstanzlich in den Rechtsstreit eingeführte Klagebegehren, während umgekehrt die Rücknahme der Berufung im übrigen nur denjenigen Teil der Klage betrifft, den das Familiengericht abgewiesen hat.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat, soweit gemäß dem dafür allein maßgeblichen tatsächlichen Vorbringen der Klägerin (vgl. BGH FamRZ 1980, 988; 1984, 466) die §§ 1365, 1368 BGB unmittelbar betroffen sind, über eine in seine Zuständigkeit als Familiengericht fallende Familiensache im Sinne des § 621 Abs. 1 Nr. 8 ZPO - Streitigkeit aus dem ehelichen Güterrecht mit Drittbeteiligung - entschieden (vgl. BGH FamRZ 1981,</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">1045; OLG Frankfurt RR 1986, 1332; Zöller-Philippi, ZPO, 15. AufI., § 621 Rz. 59; Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann, ZPO, 47. AufI., § 621 Anm. 1 H).</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Soweit die Klägerin den auf die §§ 1365, 1368 8GB gestützten Klageantrag zusätzlich auf die §§ 826, 249 BGB als weitere materiell-rechtliehe Anspruchsgrundlage desseIben Klagebegehrens gestützt hat, handelt es sich zwar nicht um eine familiengerichtliche Angelegenheit. Aber auch insoweit ist aufgrund des Gesichtspunktes des sogenannten Sachzusammenhanges dafür erstinstanzlich das Familiengericht zuständig (vgl. BGH FamAZ 1983, 155/156; 1986, 48 ff., 51; AK-ZPO-Derleder/Lemke, § 621 Rz. 1; Walther, Der Prozeß in Familiensachen, IV 3 e bb,</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">S. 117; Waldner MDA 1984, 190/191). Auch insoweit kann es folglich keine Verweisung geben. Deshalb hat die Klägerin - nach Versagung der von ihr nachgesuchten</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Prozeßkostenhilfe - diesen gesamten Teil der Berufung zurückgenommen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">3.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Bei den weiteren, mit Schriftsatz vom 27.12.1989 erstmals in der Berufungsinstanz angekündigten Klageanträgen handelt es sich um eine nachträgliche kumulative Klagehäufung, was schon daraus erhellt, daß damit gegenüber der ursprünglichen Leistungsklage u.a. ein ganz anderes Klageziel – Feststellungsantrag - verfolgt wird. Diese Hilfsanträge sind jetzt gewissermaßen Hauptanträge, nachdem die Berufung im übrigen zurückgenommen worden ist. Bei diesem Klagebegehren handelt es sich nicht um eine Familiensache, weder der Natur nach noch aufgrund Sachzusammenhangs. Keiner der in § 621 ZPO enumerativ und abschließend aufgeführten Fälle liegt vor und auch das durch Sachzusammenhang mit den §§ 1365, 1368 BGB geprägte Anknüpfungsmerkmal spielt für diesen Teil der Klage keine Rolle. Deshalb konnte der Senat darüber aufgrund seiner ausschließlichen Zuständigkeit als Familiensenat nicht entscheiden, zumal auch keine erstinstanzliche Sachentscheidung über diesen Komplex durch das Familiengericht vorliegt, die gemäß dem nunmehr maßgeblichen Merkmal der sogenannten formellen Anknüpfung - § 119 Abs. 1 Nr. 1 GVG - die Entscheidungszuständigkeit des Senats als Berufungsgericht eröffnet</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">haben würde.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">4.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Auf Antrag der Klägerin war dieser Teil des Klagebegehrens an das Landgericht Köln zu verweisen (vgl. zur Verweisung in solchen Fällen: BGH FamRZ 1979, 215, 217; AK-ZPO-Deppe-Hilgenberg, § 281 Rz. 14).</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Soweit die sachliche und örtliche Zuständigkeit des Landgerichts, die aus der Höhe des Streitwertes und dem allgemeinen Gerichtsstand' des Beklagten infolge seines Wohnsitzes in Köln folgen, betroffen sind, beruht die Verweisung unmittelbar auf § 281 ZPO, da diese Vorschrift in jeder Instanz und somit auch im Berufungsrechtszugeanwendbar ist (vgl. BGHZ 16, 345; BayOblG NJW 1958, 1825 ff., 1827), während die durch die Verweisung ebenfalls betroffene Abgrenzung zwischen Familiengericht einerseits und allgemeiner Zivilgerichtsbarkeit andererseits als Akt einer gesetzlichen</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Geschäftsverteilung und gerichtsinternen Zuständigkeit (vgl. BGHZ 71, 264 ff.; Bergerfurth, Der Ehescheidungsprozeß, 7. AufI., Rz. 135; Schwab, Handbuch des Scheidungsrechts, 2. AufI., Teil I Rz. 9) § 281 ZPO, nicht unterfällt, sich hier aber,</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">wie ausgeführt.aus der Natur der Sache als einer Nichtfamiliensache ergibt.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">5.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">In Rechtsprechung und Schrifttum ist allgemein anerkannt, daß eine Verweisung durch das Rechtsmittelgericht durch Urteil erfolgen und die erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben werden muß (vgl. BGHZ 10, 155 ff., 163; NJW 1986, 1985; BAG BB 1975, 1209; Zöller-Stephan, a.a.O., § 281 Rz. 9; Baumbach-Lauterbach-</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Albers-Hartmann, a.a.O., § 281 Anm. 2 G b; AK-ZPO-Deppe-Hilgenberg, § 281 Rz. 16). Vorliegend besteht aber die Besonderheit, daß von der Verweisung nur derjenige Teil des Klagebegehrens berührt wird, der erstmals im Berufungsrechtszuge im Wege nachträglicher Klagenhäufung von der Klägerin in den Prozeß eingeführt</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">worden ist, so daß das Urteil des Familiengerichts davon nicht betroffen wird. Deshalb konnte der Senat die Verweisung unter Aufrechterhaltung des angefochtenen</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Urteils - dies als Folge der Berufungsrücknahme im übrigen - sowie durch Beschluß aussprechen.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">6.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Die mit diesem Beschluß erfolgte Verweisung des davon betroffenen Prozeßteils verkörpert gleichzeitig der Sache nach eine Abtrennung gemäß § 145 ZPO, worauf hiermit klarstellend hingewiesen wird.</p>
|
315,132 | ag-duren-1990-03-01-3-c-45089 | {
"id": 652,
"name": "Amtsgericht Düren",
"slug": "ag-duren",
"city": 412,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 3 C 450/89 | 1990-03-01T00:00:00 | 2019-03-13T14:47:12 | 2022-10-18T15:09:01 | Urteil | ECLI:DE:AGDN:1990:0301.3C450.89.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 450,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Tatbestand:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten waren Mieter im Hause des Klägers aufgrund Mietvertrages vom 21.06.87. Sie haben seit 01.01.88 die Miete um monatlich 110,20 DM gekürzt, nachdem sie in mehreren Schreiben im Dezember 1987 auf erhebliche Feuchtigkeitsschäden mit Schimmelpilzbildung im Schlafzimmer, in der Küche und im Bad in der gemieteten Wohnung hingewiesen haben und den Kläger hierauf aufmerksam gemacht haben. Der Kläger hat daraufhin das Flachdach des Hauses nachsehen lassen. Er hat im Mai 1989 den Architekt S aus B mit der Untersuchung der Feuchtigkeitsschäden in der Wohnung der Beklagten beauftragt, der hierüber eine aus seiner Sachverständigensicht gefertigte Niederschrift vom Mai 1989 vorgelegt hat, in der er im wesentlichen die festgestellte Oberflächenfeuchtigkeit in den betroffenen Räumen in der Wohnung der Beklagten auf zwei Ursachen zurückführt. Einmal darauf, dass die Beklagten die Räume nicht ordnungsgemäß beheizt und gelüftet hätten, zum anderen aber auch, weil in diesen Räumen Thermotapeten mit Styroporhintergrund angebracht seien.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass diese Tapeten nicht von den Beklagten angebracht worden sind, sondern bei ihrem Einzug vorhanden waren. Der Kläger ist der Auffassung, dass im wesentlichen die Feuchtigkeitsbildung auf falsches Heizen und Belüften durch die Beklagten zurückzuführen sei, diese hätten deshalb die Bildung der Feuchtigkeit in ihrer Wohnung selbst zu vertreten, von außen jedenfalls dringe keinerlei Feuchtigkeit in die Wohnung ein, sodass die Beklagten nicht berechtigt seien, die Miete zu mindern.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger begehrt deshalb für die Zeit vom 01.01.88 bis August 1989 die Nachzahlung der zurückbehaltenen Mietbeträge mit insgesamt 2.204,00 DM. Im übrigen begehrt er auch im Wege des Schadensersatzes die Zahlung der entstandenen Gutachterkosten in Höhe von 941,87 DM und beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 3.145,87 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 18.10.89 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Sie sind der Auffassung, dass auf ihr Verhalten diese Feuchtigkeitserscheinungen keinesfalls zurückzuführen seien, es sei schon unzumutbar, was seitens des Sachverständigen S an Heizungs- und Belüftungsverhalten verlangt werde. Sie hätten sich vollkommen normal verhalten, indem sie ordnungsgemäß in allen Räumen die Heizkörper während der Heizperiode immer aufgedreht gehalten hätten, eine Raumtemperatur von 21 Grad in der Wohnung gehalten hätten und durch Kippstellung, vor allen Dingen im Schlafzimmer für eine ausreichende Belüftung gesorgt hätten.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des sachverständigen Zeugen S, insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift vom 07.12.89 verwiesen, im übrigen wird auch auf den Inhalt der von den Parteien zu den Akten gereichten Unterlagen und auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Kläger kann weder die eingehaltenen Mietbeträge ab 1. Januar 1988 von den Beklagten zur Zahlung verlangen, noch sind die Beklagten ihm zum Schadensersatz verpflichtet.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten mindern nämlich zu Recht ab 1. Januar 1988 die monatlich zu zahlende Miete, weil die von ihnen gemieteten Wohnräume, nämlich das Schlafzimmer, die Küche und das Bad, der Wohnung so feucht sind und sich dort Schimmel gebildet hat, sodass das Schlafzimmer nicht mehr benutzt werden kann, und auch nur Bad und Küche eingeschränkt genutzt werden können und konnten. Die von ihnen vorgenommene Mietminderung in Höhe von 25 % der Kaltmiete ist nicht zu beanstanden. Sie sind berechtigt, wegen dieses Zustandes, der ausweislich der Ausführungen des sachverständigen Zeugen S und des Besichtigungsprotokolls auch noch Mitte des Jahres 1989 vorgelegen hat, die monatlich zu zahlende Miete um 110,20 DM zu mindern.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme und aufgrund des im Laufe des Rechtsstreits unstreitig gewordenen Sachverhaltes, steht fest, dass die verwendeten Styroportapeten nicht von den Beklagten angebracht worden sind, sondern vorhanden waren bei ihrem Einzug in die Wohnung und das die aufgetretene Oberflächenfeuchtigkeit, die zu erheblicher Schimmelpilzbildung geführt hat, nicht von den Beklagten zu verantworten ist, sondern durch die Beschaffenheit der überlassenen Wohnung verursacht wurde und durch den baulichen Zustand. Der Sachverständige S hat in seinem Besichtungsprotokoll von Mai 1989 im einzelnen die Feuchtigkeitsschäden festgehalten, zur Vermeidung von Wiederholung wird auf diese Feststellungen hingewiesen. Er hat in seiner Vernehmung vom Dezember 1989 bestätigt, dass er diese Feuchtigkeitsschäden und diese Schimmelpilzbildung gesehen hat und hat hierfür auch eindeutig aus seiner Kenntnis aufgrund seines Studiums und seiner Berufsausübung als Architekt dies auf eine gravierende Ursache zurückgeführt, nämlich auf der Verwendung von Thermotapeten, die gerade im Schlafzimmer, im Bad und in der Küche Verwendung gefunden haben und dort auch vorhanden sind im Bereich der äußeren Giebelmauer, die schon den kältesten Wandbereich der Wohnung ausmacht.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Durch die Verwendung dieser Thermotapeten ist die Entlüftung und der Wärmeaustausch zwischen Mauerwerk und Tapete selbst abgeschnitten, sodass die Außenmauer von innen her während der Heizperiode nicht durchwärmt wird und dann die Giebelwandseite erheblich kälter bleibt als in den Fällen, in denen ganz normale Tapete angebracht wird. Dies ist ein baulicher Zustand, den die Beklagten in keinerlei Weise zu vertreten haben, den sie vielmehr vorgefunden haben, als sie die Wohnung mieteten, in dieser Form ist ihnen auch die Wohnung übergeben worden, sodass diese Tatsache nicht in den Verantwortungsbereich der Beklagten als Mieter fällt, sondern in den Bereich des Klägers als Vermieter. Wie schon in dem schriftlichen Besichtigungsprotokoll niedergelegt, hat der sachverständige Zeuge S auf diese Tatsache und auf die damit verbundenen Möglichkeiten der Schimmelpilzbildung und die schweren Schäden, die in der Wohnung festgestellt wurden, hauptsächlich zurückgeführt. Er hat daneben aber auch festgestellt was die Beklagten auch selber vortragen, dass die Beklagten während der Heizperiode auch im Schlafzimmer und in allen betroffenen Räumen die Heizung voll aufgedreht hatten, jedoch im Schlafzimmer das Fenster auf Kippstellung belassen haben, um den Raum ausreichend zu belüften. Dies hält der Sachverständige S für einen Fehler und besteht auf einem anderen Heizungs- und Belüftungsverhalten. In der Weise, in der er dies jedoch dem Gericht vorgetragen hat, ist ein derartiges Verhalten den Beklagten, auch unter Berücksichtigung dessen, dass diese wegen ihrer Berufstätigkeit den Tag über gar nicht in der Wohnung anwesend waren, in keiner Weise zumutbar. Aus allen Veröffentlichungen, gerade auch aus den Erfahrungen des Mieterschutzbundes und des Haus- und Grundstücksbesitzervereins hat sich herauskristallisiert, dass gerade das Lüftungs- und Heizungsverhalten, wie es die Beklagten durchgeführt haben, empfohlen wird, um Feuchtigkeitserscheinungen in Wohnräumen zu vermeiden. Dass dies im vorliegenden Fall zur weiteren Bildung von Oberflächenfeuchtigkeit geführt hat, muss alleine auf den baulichen Zustand des Hauses zurückgeführt werden, jedenfalls ist das von den Beklagten gezeigte Verhalten allgemein üblich und führt auch in der Regel dazu, dass die Bildung von Oberflächenfeuchtigkeit in Wohnräumen verhindert wird. Nach den Ausführungen des Sachverständigen S reicht dies aber im vorliegenden Fall, das Haus des Klägers betreffend, nicht aus, was jedoch die Beklagten nicht wissen konnten. Vor allen Dingen ist ihnen auch nicht zumutbar, in der Weise vorzugehen, wie es der sachverständige Zeuge S im einzelnen dargelegt, und auch bei seiner Vernehmung vorgeschlagen hat.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Damit ist festzustellen, dass die in der Wohnung der Beklagten festgestellten Feuchtigkeitsschäden nicht von diesen zu verantworten sind, sondern in den Verantwortungsbereich des Klägers hineinfallen. Die Beklagten sind deshalb berechtigt, die monatlich zu zahlende Miete zu mindern. Dies ist auch seit 1. Januar 1988 geschehen. Zugleich entfällt auch jegliche Schadensersatzverpflichtung der Beklagten, sodass die Klage insgesamt unbegründet ist.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Ziff. 11, 711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">X</p>
|
315,133 | ag-neuss-1990-02-28-30-c-1190 | {
"id": 713,
"name": "Amtsgericht Neuss",
"slug": "ag-neuss",
"city": 473,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 30 C 11/90 | 1990-02-28T00:00:00 | 2019-03-13T14:47:13 | 2022-10-18T15:09:01 | Urteil | ECLI:DE:AGNE:1990:0228.30C11.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.200,00 DM nebst 4 % Zinsen </p>
<p> seit dem 17.01.1989 zu zahlen.</p>
<p></p>
<p> 2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.</p>
<p></p>
<p> 3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p> Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder </p>
<p> Hinterlegung in Höhe von 1.800,00 DM abwenden, wenn nicht der Kläger </p>
<p> vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Tatbestand:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger war vom 01.06.1985 bis 30.06.1988 Mieter einer Wohnung im Hause N-Strasse in 4044 L, welche der Beklagten gehört.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">§ 8 Abs. 2 des Mietvertrages lautet:</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">"Der Mieter hat insbesondere die Verpflichtung, auf seine Kosten alle Schönheitsreparaturen (Innenanstrich - auch Heizkörper und Rohre - sowie Tapezierung) in den Mieträumen fachmännisch auszuführen, bei Küchen mindestens in einem Abstand von 2 Jahren, bei Dielen und Bädern mindestens von 3 Jahren, bei Wohnräumen mindestens von 4 Jahren und bei Schlafräumen mindestens von 6 Jahren ... "</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">In einer Anlage zum Mietvertrag heißt es:</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">"In Ergänzung zu § 12 (§ 8 wird hiervon nicht berührt) des abgeschlossenen Mietvertrages vom heutigen Tage sind sich die Vertragsparteien darüber einig, dass der Mieter bei Beendigung des Mietverhältnisses die Mieträume in fachmännisch renoviertem Zustand zurückzugeben hat...</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Evtl. Mehrkosten, die über die Normalausstattung (Kostengrundlage Rauhfaser mit weißem Anstrich) hinausgehen, sind vom Nachmieter zu tragen."</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">In § 26 des Mietvertrages - sonstige Vereinbarungen - heißt es u. a.:</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">"Rauhfasertapeten sind nur begrenzt oft überstreichbar (incl. Erstanstrich maximal 4 x). Danach muss die Rauhfasertapete erneuert werden. Sofern bei Auszug des Mieters ein Überstreichen möglich ist, wird ein anteiliger Betrag für später durchzuführende Neutapezierung von der Kaution eingehalten.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Am 30.06.1988 fand eine förmliche Wohnungsübergabe statt. Es wurde ein schriftliches Protokoll erstellt, welches auf Mieterseite von einem Mitmieter des Klägers unterzeichnet wurde. Handschriftlich wurde u. a. festgehalten: </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">"Anteilige Kosten für Rauhfaser laut Mietvertrag </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">§ 8 Abs. 1 - 3 = 60 % = 1.200,00 DM."</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Dieser Passus ist mit einem Zusatz "mit Vorbehalt" versehen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Mit der Klage macht der Kläger einen Kautionsrückzahlungsanspruch in Höhe von 1.200,00 DM geltend.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist der Auffassung, dass der Beklagten aufrechenbare Gegenansprüche nicht zustünden.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.200,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 11.01.1989 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks"> die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Sie trägt vor, dass sie berechtigt gewesen sei, ihren Anspruch auf einen anteiligen Betrag für später durchzuführende Neutapezierung mit dem Kautionsrückzahlungsanspruch des Klägers zu verrechnen. Der Mitmieter des Klägers habe durch seine Unterschrift unter das Übergabeprotokoll vom 30.06.1988 in auch dem Kläger zurechenbarer Weise ein Anerkenntnis erklärt. Die Beklagte habe zudem mit Schreiben vom 17.10.1988 die Verrechnung vorgenommen, und der Kläger habe dem erst mit Schreiben vom 02.01.1989 widersprochen. In der dann anschließenden Korrespondenz sei der hier streitige Punkt dann ebenfalls nicht behandelt worden, sondern erstmals wieder im Schreiben vom 07.08.1989. Durch das jeweilige Schweigen habe der Kläger die Verfahrensweise der Beklagten konkludent anerkannt. Der geltend gemachte anteilige Betrag von 1.200,00 DM sei im übrigen angemessen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Bezüglich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die wechselseitigen Schriftsätze und deren Anlagen verwiesen. </p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die Klage war gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1,1. Alternative BGB im wesentlichen begründet.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte kann einen Anspruch aus § 26 des Mietvertrages nicht herleiten. Eine Vertragsbestimmung, die dem zur Renovierung bei Auszug verpflichteten Mieter auferlegt, bei möglichem Überstreichen von Rauhfasertapeten einen anteiligen Betrag für eine später durchzuführende Neutapezierung zu zahlen, ist gemäß § 9 Abs. 1 AGB-Gesetz zumindest dann unwirksam, wenn im Mietvertrag gleichzeitig vereinbart wurde, dass sich die Verpflichtung des Mieters zur Renovierung auch auf ein Tapezieren erstreckt. Dies ergibt sich daraus, dass bei einer solchen Vertragsgestaltung für den Vermieter die Möglichkeit besteht, von den jeweiligen Mietern praktisch doppelt die jeweils erforderlichen Renovierungsleistungen verlangen zu können. Ist bei Beendigung des Mietverhältnisses die Rauhfaser noch überstreichbar, so wäre der dann ausziehende Mieter nach der hier vorliegenden Vertragsgestaltung verpflichtet, einen anteiligen Betrag für eine Neutapezierung zu zahlen; wäre zum Zeitpunkt der Renovierung ein Überstreichen der vorhandenen Rauhfaser nicht mehr möglich, so wäre der dann betroffene Mieter gemäß § 8 Abs. 2 des Mietvertrages verpflichtet, im Rahmen der zu erbringenden Schönheitsreparaturen eine Tapezierung vorzunehmen. Eine solche Regelung wäre allenfalls dann mit § 9 Abs. 1 AGB-Gesetz zu vereinbaren, wenn für den letzteren Fall sichergestellt wäre, dass der die Neutapezierung tatsächlich vornehmende Mieter die von den vorherigen Mietern geleisteten anteiligen Kostenbeteiligungen zur Verfügung gestellt bekäme. </p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Eine solche Regelung enthält der hier vorliegende Mietvertrag jedoch gerade nicht, und es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Beklagte ohne entsprechende vertragliche Verpflichtung die von den Vormietern vereinnahmten Beteiligungsbeträge an den tatsächlich neutapezierenden Mieter auskehren würde. Die Beklagte hat somit im vorliegenden Falle die an sich ihr obliegende Renovierungsverpflichtung doppelt abgewälzt, einmal indem sie den Mieter zur Tapezierung verpflichtet, einmal, indem sie im Falle der Nichttapezierung dem Mieter eine Kostenbeteiligung abverlangt. Dass dies dem Grundsatz von Treu und Glauben widerspricht, bedarf keiner näheren Ausführungen.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die hier vorliegende Vertragskonstellation ist auch unter Berücksichtigung des Rechtsentscheides des BGH vom 06.07.1988 (in WM 88, 294 ff; DWW 88, 314 ff) nicht haltbar. Zum einen hat die genannte Entscheidung nicht eine Klausel der hier vorliegenden Art zum Gegenstand; zum anderen ist tragender Gedanke des Rechtsentscheids, dass der Mieter mit dem dort zu zahlenden Ausgleichsbetrag bei Vertragsende letztlich nur das zahlt, was er bei Tragung der Schönheitsreparaturen durch den Vermieter für den gleichen Zeitraum über einen entsprechend höheren Bruttomietzins hätte zahlen müssen. Die letztgenannte Erwägung folgt daraus, dass der Vermieter entweder seine Renovierungsverpflichtung auf den Mieter übertragen kann, oder er aber, wenn er die Schönheitsreparaturen selbst ausführt, einen entsprechend höheren Bruttomietzins berechnet. Dass ein Vermieter jedoch einerseits seine Renovierungsverpflichtung abwälzen, andererseits jedoch auch entsprechende Beteiligungsbeträge vereinnahmen kann, ist dem dargestellten Gedankengang nicht zu entnehmen, und, wie bereits ausgeführt, mit dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht vereinbar.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Indem der Mitmieter des Klägers das Übergabeprotokoll vom 30.06.1988 unterschrieben hat, liegt auch kein zu Lasten des Klägers wirkendes Anerkenntnis vor. Der entsprechende Passus des Protokolls ist ausdrücklich mit dem Zusatz "mit Vorbehalt" versehen worden. Eine Anerkennung ist somit gerade nicht erfolgt. Dass der Mitmieter des Klägers im übrigen das Übergabeprotokoll unterschrieben hat, ist im Hinblick darauf, dass sich dieses auch über eine Vielzahl anderer Punkte verhält, durchaus sinnvoll, da diese anderen, offensichtlich unstreitigen Punkte, durch die Unterschrift eben auch als unstreitig festgeschrieben werden sollten. Der ausdrücklich erklärte Vorbehalt nimmt den Passus über die anteiligen Kosten für Rauhfaser jedoch gerade aus der Anerkenntniswirkung der Unterschrift heraus.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Auch ein konkludentes Anerkenntnis des Klägers betreffend die von der Beklagten geltend gemachte Kostenbeteiligung für Neutapezierung ist nicht gegeben. Es ist nicht ersichtlich, dass das ursprüngliche Schweigen des Klägers auf die Kautionsabrechnung vom 17.10.1988 bis zum 02.01.1989 in irgendeiner Weise als Anerkenntnis angesehen werden könnte, da ein solcher Zeitraum von ca. 2 1/2 Monaten, zumal unter Berücksichtigung der dazwischenliegenden Feiertage und im Hinblick darauf, dass nicht feststeht, wann das Schreiben vom 17.10.1988 beim Kläger oder seinen Bevollmächtigten eingegangen ist, auch aus Sicht der Beklagten keine entsprechenden Anhaltspunkte geben konnte. Auch dass der Kläger, nachdem er die Beklagte mit Schreiben vom 01.0.1989 zur Rückzahlung seines Kautionsguthabens unter Fristsetzung aufgefordert hatte, dann bis zum 07.08.1989 nicht weiter tätig wurde, kann auch im Hinblick auf die zwischenzeitlich geführte spärliche Korrespondenz der Parteien nicht als konkludentes Anerkenntnis angesehen werden. Auf für eine Verwirkung des Kautionsrückzahlungsanspruchs fehlt es in diesem Zusammenhang an jeder Grundlage.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Abschließend ist darauf hinzuweisen, daß der geltend gemachte Beteiligungsanspruch von 1.200,00 DM völlig überhöht ist. Nach § 8 Abs. 2 des Mietvertrages waren zum Zeitpunkt des Auszuges des Beklagten nach 37 Monaten allenfalls Küche, Diele und Bad zu renovieren, wobei der Kläger im vorgerichtlichen Schreiben vom 07.08.1989, welches von der Beklagten vorgelegt wurde, unwidersprochen vorgetragen hat, daß sich in der Küche keine Rauhfaser befand. Daraus folgt, daß der Kläger insgesamt in Ansehung seiner Mietdauer für allenfalls <u>einen</u> Neuanstrich der Rauhfaser verantwortlich war. Die Beklagte muß sich in diesem Zusammenhang an dem von ihr formulierten § 26 des Mietvertrages festhalten lassen, wonach eine Rauhfaser incl. Erstanstrich 4 x überstreichbar ist. Daraus folgt, daß der Kläger allenfalls mit einem Viertel der Kosten der Neutapezierung belastet werden könnte. Die von der Beklagten angesetzte 60 %ige Kostenbeteiligung ist dagegen mit nichts zu rechtfertigen, so daß der Beklagten der geltend gemachte Anspruch auch der Höhe nach nicht zusteht.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte war daher entsprechend dem Antrag des Klägers zu verurteilen.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die Zinsentscheidung folgt aus §§ 284, 288 BGB; soweit der Kläger bereits ab 11.01.1989 Verzugszinsen verlangt hat, stand ihm ein Anspruch dagegen nicht zu.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Die prozeßualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 2, 708 Nr. 11, 711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">K</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Richter am Amtsgericht</p>
|
315,134 | lg-dusseldorf-1990-02-23-20-s-14699 | {
"id": 808,
"name": "Landgericht Düsseldorf",
"slug": "lg-dusseldorf",
"city": 413,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 20 S 146/99 | 1990-02-23T00:00:00 | 2019-03-13T14:47:15 | 2022-10-18T15:09:02 | Urteil | ECLI:DE:LGD:1990:0223.20S146.99.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>für</p>
<p> </p>
<p>Recht</p>
<p> </p>
<p>erkannt</p>
<p> </p>
<p>Auf die Berufung des Klägers wird das am 29. Juni 1989 verkündete Ur¬teil des Amtsgerichts Neuss - 32 C 231/89 - teilweise abgeändert und die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger weitere 2.000,-- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 6. März 1989 zu zahlen.</p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Bek1agten .</p>
<p>Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs 1 ZPO abgesehen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:6px">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:3px">Die zulässige Berufung ist begründet. Dem Kläger steht, gegenüber den Reklagten der geltend gemachte Schmerzensgeldanspruch gemäß den §§ 823, 847 BGB. § 3 PflVG ZU. Der Beklagte ZU 1) hat den Verkehrsunfall, bei dem <i>der </i>Kläger verletzt worden ist. schuldhaft verursacht. Ihm ist ein Verstoß gegen § 3 Abs. <i>2 </i>a StVO <i>zur </i>Last zu legen. Nach dieser Vorschrift wird dem Kraftfahrer äußerste Sorgfalt gegenüber Kindern im Straßenverkehr auferlegt. Dabei wird eine nach den Umständen höchstmögliche Sorgfalt verlangt; äußerste Sorgfalt bedeutet dabei nicht schlechthin einen unbedingten Gefährdungsausschluß oder eine Gefährdungshaftung, vielmehr muß <i>der </i>Kraftfahrer die in § 3 Abs. <i>2 </i>a StVO besonders geschützte Person bei Anwendung äußerster Sorgfalt bemerken können oder zumindest mit ihrer Anwesenheit im Fahrbereich rechnen müssen. Ein solcher Fall ist vorliegend gegeben. Die Unfallstelle befindet sich nach der Aussage der Zeugin X nur ein kurzes Stück hinter einem neben der Straße liegenden Kinderspielplatz. Hinzu kommt, daß - insoweit unstreitig - an diesem Fahrbahnabschnitt ein Verkehrszeichen Nr. 136 (Kinder) gemäß § 40 StVO aufgestellt ist.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist die Kammer ferner davon überzeugt, daß der Beklagte zu 1) mit seiner Fahrweise, insbesondere der gefahrenen Geschwindigkeit, den aufgrund der geschilderten Umstände zu stellenden Sorgfaltsanforderungen nicht genügt hat. Der Beklagte zu 1) hätte, da er mit Kindern im Fahrbereich hätte rechnen müssen, seine Geschwindigkeit deutlich herabsetzen müssen.</p>
|
315,135 | ag-nettetal-1990-02-20-4-c-65689 | {
"id": 712,
"name": "Amtsgericht Nettetal",
"slug": "ag-nettetal",
"city": 472,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 4 C 656/89 | 1990-02-20T00:00:00 | 2019-03-13T14:47:16 | 2022-10-18T15:09:02 | Urteil | ECLI:DE:AGKK2:1990:0220.4C656.89.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.331,99 DM nebst 4% Zinsen seit dem 20.9.1989 zu zahlen.</p>
<p>Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits haben beide Parteien je zur Hälfte zu tragen.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Dem Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1.750,00 DM abzuwenden, der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 350,00 DM abzuwenden, sofern nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>T a t b e s t a n d :</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger nimmt den Beklagten als Halter eines Hundes auf Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 19.7.1989 in Anspruch , der sich in Nettetal-Schaag , B Straße, kurz hinter dem Ortseingangsschild ereignete, als der vor dem der Klägerin gehörenden, von dem Zeugen A gesteuerten Krad fahrende Zeuge H mit seinem PKW wegen eines über die Straße laufenden Hundes abbremsen mußte. Dem Zeugen A gelang es trotz Bremsmanövers nicht mehr, vor dem Fahrzeug des Zeugen H rechtzeitig abzubremsen, das Krad prallte auf und stürzte auf die rechte Seite. Mit der dem Beklagten am 20.9.1989 zugestellten Klage begehrt die Klägerin Ersatz der Reparaturkosten des Krades, die sie mit 2.209,02 DM beziffert, Kosten des eingeholten Sachverständigengutachtens von 424,96 DM und eine Auslagenpauschale von 40,00 DM. </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin behauptet, bei dem Hund habe es sich um ein Tier des Beklagten gehandelt, wie nach dem Unfall durch Anwohner des Unfallortes bestätigt worden sei. Durch Einschaltung seiner Haftpflichtversicherung habe der Beklagte, wie sie meint, seine Haltereigenschaft auch eingestanden. Der Hund sei unvermittelt und unvorhersehbar auf die Straße gelaufen, so daß der Zeuge H eine unerwartete Vollbremsung habe einleiten müssen. Hierdurch habe sich für den Zeugen A unter Zubilligung der Schrecksekunde von 1,5 Sekunden der zuvor eingehaltene Sicherheitsabstand von 25 m und wegen der unterschiedlichen Bremsverzögerungen , einerseits des PKW mit 7 bis 8 m/sec² und des Krades von 3,5 bis 4,5 m/sec² verkürzt, so daß er den Aufprall nicht mehr habe vermeiden können. Für die Zwischenfinanzierung der Schadensbeseitigungskosten müsse sie 12% Zinsen aufwenden.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">den Beklagten zu verurteilen, an sie 2.663,98 DM</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">nebst 12% Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Er behauptet, der Zeuge H habe nur leicht abbremsen müssen. Der Unfall sei nur dadurch zustande gekommen, daß der Zeuge A den erforderlichen Sicherheitsabstand zu dem vorausfahrenden Fahrzeug nicht eingehalten habe. Der Beklagte ist deshalb der Ansicht, der Zeuge Ackermann habe den Unfall allein verschuldet.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Das Gericht hat mit dem aus der Sitzungsniederschrift vom 30.1.1990 ( Bl. 35 ff. d.A.) ersichtlichen Ergebnis Beweis erhoben.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks"><b><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :</u></b></p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist nur zum Teil begründet.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte ist aus §§ 833 Satz 1 BGB 17 Abs. 1 und Abs. 2 StVG verpflichtet, der Klägerin die Hälfte des ihr entstandenen Schadens zu ersetzen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Er ist Halter des in Rede stehenden Hundes, wie nach der Beweisaufnahme feststeht. Wie die Zeugen H und A glaubhaft bekundet haben, haben ihnen Nachbarn des Unfallortes dies bestätigt, nachdem der Zeuge H ihnen zunächst den Hund beschrieben hatte, ihn ihnen sodann, nachdem er erneut die Straße überquerte, auch zeigen konnte. Angesichts dieser eindeutigen Mitteilung, die die Zeugen glaubhaft wiedergeben konnten, besteht an der Richtigkeit ihrer Aussage kein Zweifel.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Unfall wurde auch durch den Hund verursacht. In seinem Verhalten, dem unkonrollierten Laufen auf die Straße, realisierte sich eine typische Tiergefahr. Sie führte durch die Bremsung des vorausfahrenden Zeugen H zu einer Notsituation für den Motorradfahrer, die ihn zu einer Bremsung und einem Ausweichmanöver zwang, wie er bekundet hat. Obwohl er beides versuchte, kam es zu einer Berührung der Fahrzeuge, die die Stabilität des Motorrades beeinträchtigte und zum Sturz führte.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Das Dazutreten des Zeugen H und sein Fahrverhalten läßt die Adäquanz der Verursachung nicht entfallen, zumal ihm kein Fehlverhalten anzulasten ist.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte muß jedoch nur einen Teil des der Klägerin entstandenen Schadens tragen, da die Klägerin sich die Betriebsgefahr ihres Fahrzeuges sowie ein Fehlverhalten ihres Fahrers , des Zeugen A , aus § 7 Abs. 1 StVG anrechnen lassen muß.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Bereits nach dem eigenen Vortrag der Klägerin war der Verkehrsunfall für den Zeugen A kein unabwendbares Ereignis im Sinne des § 7 Abs. 2 StVG. Zwar wurde der Unfall durch ein Tier verursacht, jedoch hat der Zeuge A seinerseits nicht die besonderes überlegene Aufmerksamkeit, Geistesgegenwart und Umsicht gezeigt, die im Rahmen der Prüfung der Unabwendbarkeit gefordert ist, und auch eine Rücksichtnahme auf ein mögliches Fehlverhalten Dritter erfordert. So hätte der Zeuge A nach § 4 Abs. 1 StVO einen solchen Abstand einhalten müssen, daß er selbst bei einer Notbremsung des Zeugen H noch rechtzeitig hinter ihm hätte anhalten können. Daß er eine Notbremsung vorgenommen hätte, hat aber selbst der Zeuge A nicht bekundet, vielmehr ebenso wie der Zeuge H geschildert, daß dieser nur normal abbremsen mußte. Daß er nicht mehr rechtzeitig hinter ihm abbremsen konnte, ist ihm anzulasten. Auch die unterschiedliche Bremsverzögerung seines Krades gegenüber dem PKW des Zeugen H kann ihn insoweit nicht entlasten, da er dies durch einen größeren Sicherheitsabstand hätte ausgleichen müssen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die danach gemäß § 17 Abs. 2 , Abs. 1 StVG vorzunehmende Abwägung der beiderseitigen Unfallverursachungsanteile ergibt, daß der Beklagte der Klägerin die Hälfte des ihr entstandenen Schadens zu ersetzen hat.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Verursachungs- und Verschuldensbeiträge , wie sie nach der Beweisaufnahme erwiesen sind, liegen bei dem Beklagten in einem Verstoß nach § 28 Abs. 1 Satz 1 StVO. Wie der Zeuge H bekundet hat, ist der Hund des Beklagten unbeaufsichtigt auf die Straße gelaufen. Hierin ist ein erheblicher Verschuldens- und Verursachungsbeitrag des Beklagten zu sehen. Schon auf Straßen mit mäßigem Verkehr muß sich ein Tier nämlich zumindest im Blickfeld des Aufsichtspflichtigen befinden, so daß eine Einwirkungsmöglichkeit gegeben ist ( so Bay. ObLG, VRS 72, 366). Dies gilt erst recht für eine stärker befahrene Ortseinfahrtstraße, wie hier der nach Schaag führenden B Straße. Wer einen Hund führerlos auf eine Straße läßt, auf der jeder Zeit Verkehr kommen kann, nimmt die dadurch entstehende Gefahr bewußt in Kauf ( Schmidt DAR 1962, 232) und handelt damit schuldhaft. Dies ist dem Beklagten anzulasten.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Andererseits muß auch der Klägerin ein unfallursächliches Verhalten des Zeugen A angerechnet werden. Über die reine Betriebsgefahr des Motorrades hinaus ergibt sich ein Verschulden aus einem fahrlässigen Verstoßs gegen § 4 Abs. 1 Satz 1 StVO, da er schon nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin den erforderlichen Sicherheitsabstand nicht eingehalten hat. Dies ergibt sich daraus, daß er den von der Klägerin angegebenen, von ihm in der Beweisaufnahme bestätigten Abstand von ca. 25 m bei einer Geschwindigkeit von 50 km/h = 14 m/ Sekunde in 1,78 Sekunden zurücklegt. Während der Reaktionszeit ( "Schrecksekunde" von 1,5 Sekunden) , die die Klägerin beansprucht, werden danach bereits 21 m zurückgelegt. Da aber laut DEKRA-Tabelle der Bremsweg bei 50 km/h und einer Bremsverzögerung von 7 m/ se² 14 m beträgt, bei 4 m /sec² , die bei einem Krad anzusetzen sind, aber schon 24 m , überschneiden sich die Bremswege in vorliegendem Fall. Danach war als Sicherheitsabstand auch bei einer Geschwindigkeit von 50 km/h der Abstand von 25 m auf keinen Fall ausreichend.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Wie der Zeuge A bekundet hat, kann sich dieser Abstand durch das Verlangsamen des Zeugen H in Annäherung auf das Ortseingangsschild, das dem Zeugen A nicht erkennbar geworden war, da der Zeuge H nicht abgebremst , sondern durch Herunterschalten die Geschwindigkeit vermindert hat, noch verringert haben. Wenn nun alsdann, wie nach der Aussage des Zeugen H feststeht, er wegen des Hundes nur leicht abbremste und dadurch seinen Bremsweg gegenüber den oben zugrunde gelegten Daten erheblich verlängerte, spricht die dennoch eingetragene Kollision erst recht für ein Unterschreiten des Sicherheitsabstandes durch den Zeugen A. Da er die geringere Verzögerungsfähigkeit seines Fahrzeuges kennen mußte, aber dennoch zu dicht aufgefahren ist, handelte er insoweit fahrlässig. </p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Bei einer Bewertung der beidseits gesetzten Schadensverursachungs- und Verschuldensbeiträge sind diese gegeneinander abzuwägen. Beide sind gleich hoch anzusetzen. Erst auf das Verhalten des Hundes hin konnte sich die Gefahr, die von dem Motorrad ausging, schädigend auswirken.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Der frei herumlaufende Hund stellte auf der Straße am Ortseingangsschild eine erhebliche Gefahr für Verkehrsteilnehmer dar, die erfahrungsgemäß ihre Geschwindigkeit an dieser Stelle erst dem Ortsverkehr anpassen. Da der Hund, wie der Zeuge H bekundet hat, nach den Angaben der Nachbarn bereits mehrfach frei über die Straße gelaufen war, ist dem Beklagten , der dies vorliegend nicht verhindert hat, auch ein erheblicher Verschuldensanteil anzulasten. Ein solcher ist auch dem Zeugen A wegen der Unterschreitung des Sicherheitsabstandes zur Last zu legen. Er setzte hiermit eine bedeutende Ursache des Unfalles. Bei verkehrsgerechtem Abstand und einer Einbeziehung seines Wissens über die Verzögerungsfähigkeit seines Fahrzeuges wäre die Unfallwahrscheinlichkeit weitaus geringer gewesen. In Anbetracht dieser Umstände ist eine Schadensteilung je zur Hälfte angemessen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat danach der Klägerin den bis auf die Auslagenpauschale unstreitigen Schaden zu ersetzen. Diese ist für Aufwendungen, die erfahrungsgemäß bei der Abwicklung eines Verkehrsunfallschadens zu erbringen sind, infolge gestiegener Kosten gemäß § 287 ZPO nunmehr mit 40,00 DM als angemessen zu schätzen.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Der Klägerin stehen nur 4% Zinsen seit Rechtshängigkeit gemäß § 291 BGB zu. Für eine 12%-ige Zinszahlung auf ein Darlehn für die Zwischenfinanzierung ist die Klägerin darlegungs- und beweisfällig geblieben.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO , die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Streitwert: 2.663,98 DM</p>
|
315,136 | olgham-1990-02-19-23-w-53489 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 23 W 534/89 | 1990-02-19T00:00:00 | 2019-03-13T14:47:17 | 2022-10-18T15:09:00 | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1990:0219.23W534.89.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beschwerde wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Der Beklagte trägt die Kosten des Erinnerungs- und Beschwerdeverfahrens nach einem Gegenstandswert von 600,-- DM - 900,-- DM.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Gründe:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Mit ihrer Klage hat die Klägerin im Ausgangsrechtsstreit zunächst Zahlung einer Werklohnforderung in Höhe von 40.540,94 DM geltend gemacht. Nach Zahlung eines Teilbetrages in Höhe von 37.268,04 DM und Aufnahme des durch die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Beklagten unterbrochenen Rechtsstreits durch den Konkursverwalter haben die Parteien den Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt, nachdem der Beklagte in seiner Eigenschaft als Konkursverwalter den Antrag der Klägerin, ihre restliche Werklohnforderung in Höhe von 4.681,24 DM zur Konkurstabelle festzustellen, im Schreiben vom 28.11.1988 erkannt hatte.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 91 a ZPO dem Beklagten auferlegt. Ferner hat das Landgericht den Streitwert für den Zeitraum bis zur Unterbrechung des Rechtsstreits auf 40.540,94 DM und ab Aufnahme des Verfahrens durch den Beklagten auf bis zu 300,-- DM gemäß § 148 Abs. 3 KonkursO festgesetzt.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Mit seiner fristgerecht eingelegten Erinnerung wendet sich der Beklagte gegen den Ansatz der von der Klägerin nach einem Streitwert von 4.681,24 DM angemeldeten 10/10-Prozeßgebühr zuzüglich Nebenkosten sowie der von ihr verauslagten Gerichtskosten in Höhe einer Verfahrensgebühr nach Nr. 1010 der Anlage § 11 GKG nach einem Gegenstandswert von 40.540,94 DM, nämlich 527,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die nach Vorlage an das Oberlandesgericht nach den §§ 21 Abs. 2, 11 Abs. 2 RpflG als sofortige Beschwerde zu behandelnde Erinnerung des Beklagten ist zulässig, aber unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Rechtspflegerin hat zu Recht die gesamten der Klägerin erwachsenen Prozeßkosten in Höhe der mit 527,-- DM verauslagten Gerichtskosten und weiteren 372,78 DM Anwaltskosten entsprechend der Streitwertfestsetzung des Landgerichts und dem Kostenfestsetzungsantrag der Klägerin als erstattungsfähig angesehen und diese entsprechend der Kostengrundentscheidung gegen den nach § 148 Abs. 3 KonkursO anstelle der Gemeinschuldnerin auf der Beklagtenseite in den Rechtsstreit eingetretenen Konkursverwalter festgesetzt.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Auffassung des Beklagten waren hierbei weder die Kosten auszunehmen, die bereits vor der das Verfahren nach § 240 ZPO unterbrechenden Konkurseröffnung angefallen waren, noch war ein niedrigerer Streitwert als der im angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluß zugrundegelegte anzusetzen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Eine Unterscheidung zwischen den vor Eröffnung des Konkursverfahrens entstandenen Prozeßkosten und denen nach Aufnahme des Rechtsstreits durch den Beklagten angefallenen Kosten kommt nicht in Betracht. Zwar trifft es zu, daß der Konkursverwalter bei Aufnahme eines nach § 240 ZPO unterbrochenen Verfahrens nicht in jeder Hinsicht in die prozeßrechtliche Situation des Gemeinschuldners eintritt, sondern nur insoweit, als ein Prozeß gegen ihn nach Maßgabe der §§ 240 ZPO, 146 Abs. 3 ZPO aufgenommen worden ist, d.h. hier nach Umstellung des ursprünglichen Klageantrages auf den Antrag auf Feststellung der Restforderung der Klägerin in Höhe von 4.681,24 DM zur Konkurstabelle (vgl. OLG Frankfurt Anwaltsblatt 1963, 569). Dennoch kommt eine differenzierende Kostenfestsetzung hier nicht in Betracht, da durch die für die angefochtene Kostenfestsetzung maßgebliche Kostengrundentscheidung die gesamten Prozeßkosten den Beklagten auferlegt worden sind. Diese ist aber für das Kostenfestsetzungsverfahren verbindlich und unterliegt nicht der Überprüfung durch die Kostenfestsetzungsorgane (vgl. OLG Frankfurt a. a. O.; OLG Köln JurBüro 1986, 1243; OLG Schleswig ZIP 1981, 1359). Sind danach die Prozeßkosten ohne Einschränkung vom Konkursverwalter zu tragen, ist damit eine Haftung der Masse für diese Kosten als Masseschulden begründet (vgl. OLG Köln a. a. O.; Gaedeke JW 1939, 733 ff.).</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Im übrigen wäre eine Trennung der Prozeßkosten nach Zeitabschnitten vor und nach der Prozeßaufnahme durch den Konkursverwalter nicht durchführbar. Die Gerichts- und Anwaltsgebühren, soweit es sich um Verfahrensgebühren handelt, gelten nämlich nicht einzelne, sondern jeweils eine Gesamtheit gleichartiger Tätigkeiten bzw. Prozeßhandlungen ab (vgl. OLG Frankfurt a. a. O.; Riedel-Sußbauer, BRAGO, 5. Aufl., § 1 Rdn. 35). Masseschuld im Sinne des § 59 Abs. 1 Nr. 1 KonkursO sind demnach nicht nur die nach Konkurseröffnung angefallenen Prozeßkosten, sondern auch die zuvor entstandenen (vgl. RGZ 52, 330, 332; BAG Betrieb 1960, 32; OLG Frankfurt a. a. O.; Kuhn-Uhlenbruck, Konkursordnung, 10. Aufl. § 59 Rdn. 5 a).</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Dem trägt die angefochtene Entscheidung Rechnung, in der die mit Anreichung der Klageschrift nach Nr. 1010 der Anlage 1 zu § 11 GKG angefallene gerichtliche Verfahrensgebühr nach dem Streitwert der ursprünglichen Klageforderung in Höhe von 40.540,94 DM auf 527,-- DM gegen den Beklagten in Ansatz gebracht wurde. Dasselbe gilt für die gemäß dem Antrag der Klägerin mit 372,28 DM nach einem Streitwert von 4.861,92 DM berücksichtigte 10/10-Prozeßgebühr einschließlich Nebenkosten. Denn die Prozeßgebühr der Prozeßbevollmächtigten der Klägerin war bereits vor der Ermäßigung des Streitwerts auf einen Betrag bis zu 300,-- DM angefallen (vgl. Göttlich/Mümmler, BRAGO, 17. Aufl., Stichwort: Prozeßgebühr, Anm. 1.4 und 2.5).</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Demnach ist die Beschwerde des Beklagten in vollem Umfang zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus Nr. 1181 der Anlage 1 zu § 11 GKG und § 97 Abs. 1 ZPO; die Wertfestsetzung folgt aus den §§ 12 GKG und 3 ZPO.</p>
|
315,137 | ag-duisburg-1990-02-19-5-c-70789 | {
"id": 648,
"name": "Amtsgericht Duisburg",
"slug": "ag-duisburg",
"city": 408,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 5 C 707/89 | 1990-02-19T00:00:00 | 2019-03-13T14:47:18 | 2022-10-18T15:09:00 | Urteil | ECLI:DE:AGDU1:1990:0219.5C707.89.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der Beklagte wird verurteilt, die im Erdgeschoss rechts, im Hause Kaiserswerther Straße 91 b in 4100 Duisburg 28, gelegene, 3 Zimmern, Küche, Diele, Bad, WC und Keller bestehende Wohnung zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Dem Beklagten wird eine Räumungsfrist bis zum 31. August 2990 bewilligt.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Tatbestand:</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Mit Wirkung zum 1. April 1984 hat der Beklagte eine 60,89 m² große Wohnung der Klägerin angemietet. Zwischenzeitlich besteht die Familie des Beklagten aus zwei erwachsenen Personen und sieben Kindern, die zwischen 1975 und 1988 geboren sind. Mit Schreiben vom 24. August 1988 hat die Klägerin das Mietverhältnis zum 30. November 1988 gekündigt. Unter dem 9. Dezember 1988 und 22. Juni 1989 hat die Klägerin den Beklagten zur Beseitigung der Überbelegung aufgefordert. Nachdem der Beklagte nichts unternommen hatte, hat die Klägerin erneut mit Schreiben vom 17. Oktober 1989 eine fristlose Kündigung ausgesprochen. Die in diesem Schreiben gesetzte Räumungsfrist bis zum 31. Oktober 1989 hat der Beklagte nicht eingehalten. Die Klägerin verlangt nunmehr Räumung der angemieteten Wohnung. Sie ist der Auffassung, es liege eine für sie unzumutbare Überbelegung der Wohnung vor, da sich in der Wohnung mindestens 10 Personen, nämlich 2 Erwachsene und 8 Kinder, aufhielten. Über die tatsächliche Personenzahl habe sie erst nachträglich Kenntnis erhalten. Der Beklagte habe die zu seinem Haushalt gehörenden Personen ihr gegenüber bei Abschluss des Mietvertrages nicht bekannt gegeben, auch sei sie über den seinerzeit eingeschalteten Makler hierüber nicht informiert worden.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">den Beklagten zu verurteilen, die im Erdgeschoss rechts im Hause</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Kaiserswerther Straße 91 b in 4100 Duisburg 28 gelegene und aus</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">3 Zimmern, Küche, Diele, Bad, WC und Keller bestehende Wohnung</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">zu räumen und an sie herauszugeben.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Er behauptet, dem Makler sei mitgeteilt worden, dass der Beklagte beabsichtige, die alsdann auch angemietete Wohnung mit sieben Personen – zwei Erwachsenen und fünf Kindern – zu beziehen. Der Klägerin sei also schon zu jenem Zeitpunkt bekannt gewesen, dass die Wohnung überbelegt werde. Sie könne hierauf jetzt nicht eine Kündigung stützen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Wegen des weitergehenden Sachvortrags der Parteien im Übrigen wird auf den Inhalt der wechselseitig zu den Akten gereichten Schriftsätze verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe:</u></p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist begründet.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Der Klägerin steht gegenüber dem Beklagten gemäß § 556 BGB ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der hier streitigen Mietwohnung zu. Die hiergegen vom Beklagten erhobenen Einwendungen rechtfertigen eine andere Entscheidung nicht.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Unstreitig ist, dass der Beklagte die Mietwohnung der Klägerin inzwischen zumindest mit 2 erwachsenen Personen und 7 Kindern bewohnt. Die nur 60,89 m² große 3-Zimmerwohnung ist durch die Benutzung von 9 Personen zweifelsfrei bei weitem überbelegt. Ist jedoch eine Wohnung in erheblichem Maße überbelegt, so begründet allein die Fortsetzung des vertragswidrigen Gebrauchs ein Recht zur fristlosen Kündigung, ohne dass es weiterer Voraussetzungen bedarf (OLG Karlsruhe in NJW 1987, 1952). Da die Klägerin den Beklagten mehrfach außergerichtlich zur Beseitigung des vertragswidrigen Zustandes aufgefordert hat, der Beklagte diesen Aufforderungen jedoch nicht nachgekommen ist, war die Klägerin berechtigt, das Kündigungsverhältnis gemäß § 553 BGB fristlos zu kündigen. Die Tatsache, dass die Klägerin in ihren Kündigungsschreiben als Norm den § 554 a BGB angeführt hat, ändert an der Wirksamkeit der Kündigung nichts. Das Kündigungsschreiben vom 17. Oktober 1989 lässt eindeutig erkennen, worauf die fristlose Kündigung gestützt wird. Dass hierbei auf die im Verhältnis zu § 553 BGB generelle Norm des § 554 a BGB Bezug genommen wird, schadet nicht.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte kann sich durchgreifend nicht darauf berufen, der Klägerin sei bereits bei Abschluss des Mietvertrages bekannt gewesen, dass schon zu jenem Zeitpunkt die angemietete Wohnung überbelegt werde. Wenn der Beklagte insoweit vorträgt, der Klägerin sei bekannt gewesen, dass die Wohnung mit sieben Personen bezogen werden sollte, so ist zunächst festzuhalten, dass diese Angabe nicht vollständig richtig war. Aus den Angaben des Beklagten über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ergibt sich nämlich, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages schon 6 Kinder geboren waren, die Mietwohnung mithin nicht mit 7 sondern mit 8 Personen bezogen werden sollte. Des weiteren muss mangels gegenteiligen Sachvortrags aufgrund der Größe der Wohnung davon ausgegangen werden, dass für die Klägerin eine Belegung der Mietwohnung mit 7 Personen das absolute Maximum dessen darstellte, was ihr zumutbar war. Da zwischenzeitlich mindestens zwei weitere Personen hinzugekommen sind, ist es der Klägerin, selbst wenn sie von der damaligen Belegungszahl Kenntnis hatte, jetzt nicht mehr zumutbar, dass der Beklagte mit seiner gesamten Familie weiterhin in ihrer Wohnung verbleibt.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Von der Klägerin kann der Beklagte im Übrigen auch nicht verlangen, dass ihm zum Zwecke der Beseitigung der Überbelegung eine weitere oder eine größere Mietwohnung zur Verfügung gestellt wird. Ein derartiges Begehren findet im Gesetz keine Stütze und würde letztlich auch darauf hinauslaufen, dass die Klägerin zum Abschluss eines weiteren oder eines anderen Mietvertrages gezwungen würde.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat somit aufgrund der wirksamen Kündigung vom 17. Oktober 1989 die von ihm angemietete Wohnung zu räumen und an die Klägerin herauszugeben. Mit Rücksicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beklagten und insbesondere die Größe seiner Familie erscheint es dem Gericht jedoch auch unter Berücksichtigung der Interessen der Klägerin angemessen, dem Beklagten eine Räumungsfrist bis zum 31. August 1990 zu bewilligen. Der Beklagte, dem schon seit geraumer Zeit bekannt war, dass die Klägerin auf einer Räumung der Wohnung bestand, wird nunmehr gehalten sein, sich intensiv um eine Ersatzwohnung zu bemühen, auch wenn dies bei der derzeitigen knappen Wohnungssituation nicht leicht sein wird.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 7 ZPO.</p>
|
315,138 | ag-lemgo-1990-02-15-18-c-40689 | {
"id": 690,
"name": "Amtsgericht Lemgo",
"slug": "ag-lemgo",
"city": 450,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 18 C 406/89 | 1990-02-15T00:00:00 | 2019-03-13T14:47:20 | 2022-10-18T15:09:00 | Urteil | ECLI:DE:AGLE:1990:0215.18C406.89.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.321,05 DM nebst 10 % Zinsen seit dem 6. Dezember 1988 zu zahlen. </p>
<p></p>
<p>Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 4.800 DM vorläufig voll-streckbar</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>T a t b e s t a n d</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin macht Schadenersatzansprüche aus abgetretenem Recht nach der gegen den Beklagten geltend. Die L wurde durch notariellen Grundstückskaufvertrag des Notars K aus L vom 1. Juni 1981, Urkundenrolle-Nr. 1/81, Eigentümer des Betriebsgrundstücks D, . Die Klägerin erwarb das Grundstück von der Firma H, vertreten durch den Liquidator, den Beklagten. Der verstorbene Vater des Beklagten war persönlich haftender Gesellschafter der H. Dieser wurde von dem Beklagten beerbt.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die H nutzte bis 1972 auf dem Grundstück D, B-straße 9, einen Heizöltank. Dieser wurde von der L erst im Herbst 1987 bei Baumaßnahmen erkannt. Der Domschacht war nicht verschlossen, ein Öl-Wasser-Gemisch war im Domschacht sichtbar. In Absprache mit der Unteren Wasserbehörde des Kreises L – Umweltamt – wurde der Sachverständige hinzugezogen. Es wurden Bodenuntersuchungen durch das Laboratorium für Wasseruntersuchungen durchgeführt. Im Anschluß daran wurde der Tank verfüllt und der Domschacht verschlossen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Sachverständige erteilte am 6. Dezember 1987 eine Rechnung in Höhe von 1.776,35 DM, das Laboratorium für Wasseruntersuchungen erteilte am 11. November 1987 eine Rechnung in Höhe von 638,40 DM und die Firma Umweltschutz W erteilte am 30. Oktober 1987 eine Rechnung in Höhe von 906,30 DM.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin zahlte als Haftpflichtversicherung der L die Rechnungsbeträge. Sie ist der Ansicht, der Beklagte hafte für den Schaden. Sie behauptet, der Heizöltank sei 1972 nicht ordnungsgemäß stillgelegt worden. Es sei Öl ausgetreten und habe das Erdreich verseucht. Durch den nicht fachgerecht stillgelegten Öltank sei eine Gefährdung gegeben gewesen, die hätte beseitigt werden müssen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:72px">den Beklagten zu verurteilen, an sie 3.321,05 DM nebst 10 % Zinsen seit dem 6. Dezember 1988 zu zahlen. </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:72px">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Er trägt vor, er sei nicht Nachfolger der H geworden, so daß er schon aus diesem Grund nicht hafte. Im übrigen seien nach dem notariellen Grundstückskaufvertrag jegliche Gewährleistungsansprüche ausgeschlossen worden. Er ist der Ansicht, der Tank als solcher stelle keinen Fehler des Grundstücks dar. Andernfalls müsse sich die L Kenntnis entgegenhalten lassen, da die Ölzuleitungsrohre sichtbar gewesen seien und sie von unterirdischen Öltanks auf einem Betriebsgrundstück hätte ausgehen müssen. Darüber hinaus beruft sich der Beklagte auf Verjährung.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Darüber hinaus bestreitet der Beklagte, daß überhaupt ein Ölschaden eingetreten ist und behauptet, der Tank wäre dicht gewesen. Es habe sich allenfalls etwas Kondenswasser mit Öl vermischt, was vom Volumen her keine Gefahr für das Grundwasser und die Umwelt dargestellt habe. Wenn überhaupt sei auch nur bis 1972 Öl aus den eisernen Zuleitungsrohren ausgetreten, das zwischenzeitlich, soweit es überhaupt ins Erdreich gelangt sei, abgebaut worden sei. Er hält sich nicht für verantwortlich, da die Einschaltung des Sachverständigen sowie des Laboratoriums für Wasseruntersuchung Vorsichtsmaßnahmen der L darstellten, die ihm nicht angelastet werden könnten. Im übrigen sei er auch vor Einschaltung des Sachverständigen benachrichtigt worden. Er hätte das Öl selbst abpumpen können. Die Einschaltung des Sachverständigen und des Laboratoriums sei überflüssig gewesen, so dass er zumindest mit diesen Kosten nicht belastet werden könne. Im übrigen hätten die Untersuchungen, die der Sachverständige vorgenommen habe, die Untere Wasserbehörde des Kreises L selbst kostenlos durchführen können.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten der Sachdarstellung wird gemäß § 313 Absatz 2 Satz 2 ZPO auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und auf die von den Parteien überreichten Unterlagen Bezug genommen. </p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Das Gericht hat gemäß Beweisbeschluß vom 12. Oktober 1989 Zeugenbeweis durch Vernehmung des sachverständigen Zeugen erhoben. Wegen des Beweisergebnisses wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 9. Januar 1990 verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks"><b><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e</u></b></p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist begründet.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte ist der Klägerin aus abgetretenem Recht nach der L, gemäß §§ 398, 823 Abs. 2, 670, 683, 1922, 1967 Abs. 1 BGB, 22 Abs. 2 Wasserhaushaltsgesetz, 128, 161 Abs. 1 HGB zum Schadenersatz in Höhe von 3.321,05 DM verpflichtet.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Der Schadenersatz- bzw. Aufwendungsersatzanspruch der L gegen den Beklagten wegen des nicht ordnungsgemäß versorgten Öltanks ist der Klägerin wirksam gemäß § 398 BGB abgetreten worden.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die L hatte einen Aufwendungsersatzanspruch gegen den Beklagten gemäß §§ 677, 683, 670 BGB aus dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag. Im übrigen haftet der Beklagte gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 22 Abs. 2 BGB, da er bei der Stillegung des Öltanks Prokurist der H gewesen ist und bei dem Verkauf des Grundstücks als Liquidator der vorgenannten Gesellschaft nicht auf den Öltank hingewiesen hat.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die H wäre verpflichtet gewesen, den Öltank ordnungsgemäß zu entsorgen. Dies hat sie verabsäumt. Die erforderlichen Maßnahmen wurden nun von der L durchgeführt, die damit auch ein Geschäft der H geführt hat. Denn die L handelte nicht nur als Eigentümerin des Grundstücks, sondern auch für die H, da die Entsorgung die Aufgabe der Gesellschaft war. Denn die Kommanditgesellschaft hatte die Gefahrenquelle geschaffen. Sie hatte den Heizöltank bis 1972 betrieben. Sie ist daher nach § 22 Abs. 2 Wasserhaushaltsgesetz materiell für den eingetretenen Ölschaden bzw. für die von dem Öltank ausgehende Gefährdung verantwortlich. Von dem Heizöltank ist ein Ölschaden ausgegangen. Das hat die Beweisaufnahme ergeben. Wenn der Umfang der Verseuchung des Erdreichs im einzelnen auch nicht mehr festgestellt worden ist, so hat der sachverständige Zeuge doch bekundet dass anhand der Bohrungen des Laboratoriums für Wasseruntersuchungen Hannover zumindest an zwei Stellen Belastungen des Erdreichs festgestellt wurden, die als wesentlich zu bezeichnen sind. Im übrigen ist der sachverständige Zeuge hinzugezogen worden, weil Öl im Vorfluter vom Grundstück D aufgetreten ist, das nur von dem nicht ordnungsgemäß entsorgten Heizöltank stammen konnte. Der Domschacht war offen, so daß entgegen der Ansicht des Beklagten jederzeit Oberflächenwasser dort eindringen konnte und den Domschacht zum Überlaufen bringen konnte. Im übrigen bestimmt § 22 Abs. 2 Wasserhaushaltsgesetz, dass derjenige zum Schadenersatz verpflichtet ist, der für eine Anlage verantwortlich ist, die bestimmt ist, Stoffe zu lagern, die geeignet sind, ein Gewässer pp. zu verändern. Diese Gefährdungshaftung besteht auch ohne daß die Stoffe in das Gewässer eingebracht oder eingeleitet werden. § 22 Abs. 2 Wasserhaushaltsgesetz verlangt nicht den Schadenseintritt sondern ist auch bei der Möglichkeit eines Schadenseintritts anzuwenden. Von dem nicht ordnungsgemäß entsorgten Öltank ging aber eine Gefährdung aus, die fachgerecht beseitigt werden mußte. Der sachverständige Zeuge hat bekundet, daß der Tank nicht ordnungsgemäß stillgelegt war. Der Zeuge hat des weiteren ausgesagt, daß, auch wenn keine abschließenden Feststellungen getroffen wurden, neben den Ölbelastungen im Boden ein Öl-Wasser-Gemisch noch im Tank vorhanden war, was entsorgt werden mußte. Dieses wäre die Aufgabe der H gewesen. Da die L dies nunmehr vorgenommen hat, war dies auch ein Geschäft der H.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte kann sich weder auf den Gewährleistungsauschluß noch auf die Verjährung berufen, da entsprechend § 22 Abs. 3 S. 2 Wasserhaushaltsgesetz eine 30jährige Verjährungsfrist nicht angezeigt ist. </p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Der verstorbene Vater des Beklagten hätte als Komplementär gemäß §§ 161, 128 HGB für den Schaden gehaftet. Es kommt nicht darauf an, ob der Beklagte Nachfolger nach der Kommanditgesellschaft geworden ist, da er als Erbe nach seinem Vater gemäß §§ 1922, 1967 BGB für dessen Verbindlichkeiten einzustehen hat. </p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Der Anspruch ist auch der Höhe nach gegeben. </p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Soweit die Rechnung der Firma Umweltschutz W. W geltend gemacht wird, erhebt der Beklagte keine Einwendungen, so daß davon auszugehen ist, dass ihm bei einer selbst durchgeführten Entsorgung entsprechende Kosten entstanden wären. </p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte kann sich aber auch nicht mit Erfolg gegen die Kosten wenden, die durch die Einschaltung des Sachverständigen und des Laboratoriums für Wasseruntersuchungen entstanden sind. Denn die Untere Wasserbehörde des Kreises L– Umweltamt – führt selbst aus, daß die Einschaltung des Sachverständigen erforderlich war, um den Umgang und die Sanierungsmaßnahmen festzustellen. Da also von vorneherein nicht feststand, ob und gegenbenenfalls in welchem Umfang Schäden eingetreten waren, war es im Sinn des Umweltschutzes erforderlich, umfassende Untersuchungen durchzuführen. Wenn im nachhinein festgestellt worden ist, dass keine größeren Belastungen tatsächlich vorliegen, bedeutet dies nicht, daß die Untersuchungen überflüssig waren. Wer aber den Grund setzt, daß solche Untersuchungen erforderlich werden, muß sie unabhängig von dem Ausgang der Untersuchungen bezahlen. Denn der Sachverständige hat ausgesagt, daß der Heizöltank nicht ordnungsgemäß stillgelegt worden war, so dass der Grad der Gefährdung festzustellen war und eine ordnungsgemäße Stillegung herbeigeführt werden mußte. Da der Kreis Lippe den Sachverständigen eingeschaltet hat, konnte er entgegen der Ansicht des Beklagten die möglicherweise durchzuführenden Untersuchungen selbst nicht durchführen. Das Entnehmen von Bodenproben ist unerlässlich, um den Grad der Belastungen des Bodens um den Tank herum festzustellen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Es kommt nicht darauf an, ob der Tank dicht war oder nicht, da sich Ölbelastungen um den Tank herum im Erdreich befanden, der Domschacht nicht verschlossen war und durch weiter eindringendes Oberflächenwasser ein Überlaufen des Öl-Wasser-Gemisches nicht auszuschließen war. </p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die Verzugszinsen ergibt sich aus §§ 284 Abs. 1, 288 Abs. 2 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 ZPO.</p>
|
315,139 | ag-neuss-1990-02-14-30-c-32688 | {
"id": 713,
"name": "Amtsgericht Neuss",
"slug": "ag-neuss",
"city": 473,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 30 C 326/88 | 1990-02-14T00:00:00 | 2019-03-13T14:47:21 | 2022-10-18T15:09:00 | Urteil | ECLI:DE:AGNE:1990:0214.30C326.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.047,28 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 01.10.1987 sowie weitere 370,85 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 01.02.1989 sowie weitere 932,76 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 03.12.1989 zu zahlen. </p>
<p>Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>2. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.</p>
<p></p>
<p>3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 3.800,-- DM vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Tatbestand:</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte ist aufgrund schriftlichen Mietvertrages vom 08.08.1984 Mieter einer Wohnung im Hause …in …, welches der Klägerin gehört.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Mit der Klage macht die Klägerin Mietrückstände für die Zeit von Mai 1985 bis Dezember 1989 in Höhe von insgesamt 6.556,29 DM geltend.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin trägt vor, dass dem Beklagten Mietminderungsrechte nicht zustünden.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">den Beklagten zu verurteilen, an sie 4.043,68 DM nebst 4 % Zinsen seit</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">dem 01.10.1987, weitere 1.412,45 DM nebst 4 % Zinsen seit dem </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">01.02.1989 sowie weitere 1.100,16 DM nebst 4 % Zinsen seit dem </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">03.02.1989 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Er ist der Auffassung, dass er in der streitigen Höhe berechtigterweise die Miete gemindert habe. Mit Schreiben vom 01.02.1985 habe er folgende Mängel gerügt:</p>
<span class="absatzRechts">13</span><ol class="absatzLinks"><li>Schadhafte Fußleisten;</li>
<li>zerbrochenes Türschild;</li>
<li>drei Fliesen im Bad zerstört – nach Austausch seien Fliesen einer anderen Farbtönung verwandt worden;</li>
<li>Schlagstelle in der Badewanne;</li>
<li>untere Balkontür defekt;</li>
<li>obere Balkontür defekt,</li>
<li>Wohnungseingangstür verzogen;</li>
<li>unbenutzbarer Parkettboden in der Küche.</li></ol>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Mängel seien nicht behoben worden. Mit Schreiben vom 07.02.1986 habe er sodann</p>
<span class="absatzRechts">15</span><ol class="absatzLinks" start="9"><li>Tapetenfugen im Wohnzimmer bemängelt, die von einem Mitarbeiter der Klägerin verursacht worden seien.</li></ol>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Im September 1987 sei</p>
<span class="absatzRechts">17</span><ol class="absatzLinks" start="10"><li>die Wasserversorgung der Wohnung von einer zentralen Anlage auf dezentrale Durchlauferhitzer umgestellt worden. Dies erlaube lediglich noch, eine Entnahmestelle in der Wohnung gleichzeitig zu betreiben.</li></ol>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Im übrigen springe der Durchlauferhitzer bei nicht ausreichendem Wasserdruck nicht an. Schließlich seien bei der Änderung der Warmwasserversorgung</p>
<span class="absatzRechts">19</span><ol class="absatzLinks" start="11"><li>Tapetenschäden in Bad und Diele verursacht, jedoch nicht ordnungsgemäß behoben worden.</li></ol>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Es wurde Beweis erhoben durch Vornahme zweier Ortsbesichtigungen sowie durch Vernehmung der Zeugin …; zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsprotokolle vom 26.10.1988 und 24.01.1990 genommen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Bezüglich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die wechselseitigen Schriftsätze und deren Anlagen verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe:</u></p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die Klage war gem. § 535 Satz 2 BGB in dem genannten Umfang begründet, im übrigen war sie mangels weiterer Ansprüche der Klägerin gegen den Beklagten abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Der Mietzinsanspruch der Klägerin ist teilweise durch berechtigte Mietminderung des Beklagten gem. § 537 BGB erloschen. Zu den einzelnen vom Beklagten vorgebrachten Mängeln gilt folgendes:</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Ein Anspruch wegen schadhafter Fußleisten steht dem Beklagten nicht zu. Der Beklagte hat im Mietvertrag bestätigt, die Wohnung in vertragsgemäßem Zustand übernommen zu haben. Bei Fußleisten handelt es sich auch um Gegenstände, die anlässlich einer Besichtigung vor bzw. bei Abschluss des Mietvertrages ohne weiteres erkennbar sind, so dass auch vermeintliche Schäden an den Fußleisten vom besichtigenden Mieter ohne weiteres erkannt werden können. Der Beklagte hatte somit vor bzw. bei Abschluss des Mietvertrages die Möglichkeit, vermeintliche Mängel an den Fußleisten ausdrücklich zu rügen. Indem er dies offensichtlich nicht getan hat, hat er die vorhandenen Fußleisten als vertragsgemäß anerkannt. Ein Minderungsanspruch steht dem Beklagten daher in diesem Punkt nicht zu. Ein Gleiches gilt im Hinblick darauf, dass der Beklagte nach eigener Aussage während des Mietverhältnisses die vorhandenen Fußleisten in eigener Verantwortung entfernt hat; auch insoweit ist ein Minderungsrecht nicht gegeben.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Betreffend das Türschild konnte das Gericht bei dem Ortstermin am 26.10.1988 feststellen, dass dieses zerbrochen war, und dass sich am Türschild befindlichen drehbaren Knauf sichtbare Spuren einer Zangenbenutzung befanden. Es handelt sich insoweit um einen Mangel, der von der Klägerin als Vermieterin zu vertreten ist. Die Außenseite der Wohnungstgür ist nicht lediglich dem Beklagten und seinen Besuchern, sondern, da zum Treppenhaus gelegen, einer unbestimmbaren Anzahl anderer Hausbewohner bzw. Hausbesucher zugänglich, so dass nach der Risikoverteilung die Klägerin für Mängel in diesem Bereich "zuständig" ist. Der Mangel ist un-</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">streitig am 30.01.1989 behoben worden, so dass insoweit ein Minderungszeitraum von Mai 1985 bis Januar 1989 einschließlich gegeben ist. Das Gericht hält insoweit eine Mietminderung von 1 % für angemessen, einmal wegen der nicht unerheblichen optischen Beeinträchtigung der Wohnungstür, zum anderen, da ein zerbrochenes Türschild den Schutz der Wohnung vor unbefugtem Betreten noch verringert. Soweit der Beklagte nunmehr noch rügt, dass der Zylinder ca. 1 cm aus dem Schließblech herausragt, ist dies kein Mangel, der im Vergleich zum Zustand der Mietsache bei Anmietung bestünde. Wenn der Beklagte ein einbruchssicheres Türschloss wünscht, so mag er dies im Einvernehmen mit der Klägerin bzw. der Hausverwaltung auf eigene Kosten einbauen. Soweit bei der Ortsbesichtigung am 24.01.1990 festgestellt wurde, dass das Schließblech im oberen Bereich leicht absteht, ist dies vom Beklagten nicht als Mangel geltend gemacht worden, und dieser Umstand dürfte im übrigen durch bloßes Aziehen der vorhandenen Verschraubung zu beheben sein, so dass auch insoweit ein weiterer Mangel nicht vorliegt. Für den Zeitraum von Mai 1985 bis Januar 1989 bestand somit ein Minderungsrecht von 1 %.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">3.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Betreffend die Fliesen im Bad ist ein Minderungsrecht nicht gegeben. Die Fliesen sind unstreitig nach entsprechender Anzeige durch den Beklagten seitens der Klägerin ausgewechselt worden, und der Beklagte hat nicht vorgetragen, dass dies außerhalb einer zumutbaren Beseitigungsfrist erfolgt wäre. Soweit die nunmehr vorhandenen Fliesen eine leichte Farbabweichung aufweisen, stellt dies keinen messbaren Mangel der Mietsache dar.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Es liegt - gerade bei älteren Fliesen – auf der Hand, dass absolut im Farbton passende Ersatzfliesen nicht mehr zu beschaffen sind, so dass es der Klägerin objektiv unmöglich ist, mit zumutbarem Aufwand eine Farbgleichheit der zu ersetzenden Fliesen zu erzielen. Wegen der geringfügen Farbdifferenz kann seitens des Beklagten auch keine komplette Neuverfliesung des Bades verlangt werden, da dies im Vergleich zur geringfügigen optischen Beeinträchtigung völlig unverhältnismäßig wäre. Ein zur Minderung berechtigender Mangel liegt somit in diesem Punkt nicht vor.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">4.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Was die Schlagstelle der Badewanne angeht, so ist diese nach dem eigenen Bekunden des Beklagten bereits bei Einzug vorhanden gewesen. Soweit der Beklagte vorgebracht hat, dass er diesen Mangel bei Einzug reklamiert habe, ist dies von der Klägerin insoweit bestritten worden, als sie vorgetragen hat, dass der Beklagte die Mietsache in einwandfreiem Zustand übernommen habe. Der Beklagte hätte daraufhin beweisen müssen, dass er eine entsprechende Reklamation bei Einzug vorgebracht hat. Dies ist nicht geschehen. Das Gericht musste daher von ausgehen, dass der Beklagte diesen Mangel bei Einzug rügelos akzeptiert hat, so dass auch von daher ein Minderungsrecht nicht gegeben ist; auf die ensprechenden Ausführungen bei den Fußleisten wird verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">5.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Bei der Ortsbesichtigung am 26.10.1988 wurde festgestellt, dass die untere Balkontür undicht war. Es wurde festgestellt, dass an dieser Tür ein mit zwei Schrauben zu befestigender Beschlag fehlte. Es liegt auf der Hand, dass durch das Fehlen eines solchen Beschlages die Dichtigkeit der Tür beeinträchtigt ist. Gerade im Hinblick darauf, dass der Balkon des Beklagten zur Wetterseite hin liegt – die Winde im hiesigen Bereich kommen zumeist aus westlichen Richtungen, und der Balkon des Beklagten zeigt in diese Richtung – ist es erforderlich, dass Fenster und Türen eine größtmögliche Dichtheit aufweisen. Der fragliche Mangel wurde unstreitig im Januar 1989 beseitigt. Der Beklagte ist daher von Mai 1985 bis Januar 1989 zur Minderung berechtigt. Im Hinblick auf die verstärkten Durchzugserscheinungen und Wassereintrittsmöglichkeiten, die durch seine solche fehlende Verschlussmöglichkeit entstehen, erscheint dem Gericht hier eine Minderung von 2 % als angemssen.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Ein über Januar 1989 hinausgehender Minderungsanspruch steht dem Beklagten betreffend die untere Balkontür jedoch nicht zu. Mit der ordnungsgemäßen Anbringung der Verschlussmöglichkeit befindet sich die äußere Balkontür in einem unter Berücksichtigung ihrer Bauart als ordnungsgemäß anzusehenden Zustand. Das Gericht vermag nicht zu erkennen, dass, wenn Wind und Regen mit einiger Intensität auf die Außentür treffen, ein dann erfolgender Wassereintritt durch einen Mangel der Tür hervorgerufen wird. Die Balkontür ist Bestandteil einer erkennbar nicht sonderlich hochwertigen Fenster- und Türanlage aus Kunststoffrahmen, und es entspricht der gerichtlichen Erfahrung, dass solche Anlagen bei entsprechendem gegenschlagenden Wetter nicht 100%ig dicht sind. Der Beklagte hätte bei Anmietung auch erkennen können, dass die Tür- und Fensteranlage nicht gehobenem Standard entsprach, so dass er sich nicht auf eine Mangelhaftigkeit berufen kann. Bei der inneren unteren Balkontür handelt es sich desweiteren erkennbar um eine Holztür im Holzrahmen ohne Abdichtungsvorrichtungen, so dass auch insoweit nicht davon ausgegeben werden konnte, dass eindringende Zugluft durch diese Tür verhindert werden konnte. Ein über Januar 1989 hinausreichendes Minderungsrecht steht dem Beklagten daher nicht zu.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">6.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Betreffend die obere Balkontür wurde bei der Ortsbesichtigung vom 26.10.1988 festgestellt, dass diese im oberen Bereich nicht vollständig dicht schließt. Bei der weiteren Ortsbesichtigung am 24.01.1990 war zu erkennen, dass der obere der vier in der Tür befindlichen Verschließmechanismen nicht funktionierte. Demgemäß war nach wie vor ein leichtes Abstehen der Tür im oberen Bereich festzugstellen. Der Mangel an dieser Tür ist somit entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht beseitigt worden. Auch insoweit setzt das Gericht eine Mietminderung von 2 % an, die von Mai 1985 bis Dezember 1989 anzusetzen ist.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">7. </p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Bei beiden Ortsbesichtigungen wurde festgestellt, dass die Wohnungstür insbesondere im oberen Bereich verzogen ist. Durch dunkle Verfärbungen im dortigen Wandbereich lässt sich auch ohne weiteres erkennen, dass in diesem Bereich Zugluft gegeben ist. Die seitens der Klägerin in Aufgtrag gegebene Mängelbeseitigungsarbeit kann, da sie erkennbar lediglich ein Provisorium darstellt, durch das Gericht nicht als ornundsgemäß anerkannt werden. Gerade weil zumindest die obere Balkontür nicht dicht abschließt, ist es bei der offenen Bauweise der Wohnung des Beklagten erforderlich, dass, um ständigen Durchzug zu verhindern, die Wohnungseingangstür dicht abschließt. Dies ist nach der lediglich provisorisch ersichtlich unfachmännisch durchgeführten Arbeit an der Wohnungseingangstür zweifelsfrei nicht der Fall. Die Klägerin möge sich in diesem Punkt schon der Mühe unterziehen, ein Fachunternehmen mit der Behebung dieses Mangels zu beauftragen. Auch insoweit hält das Gericht eine Minderung von 2 % von Mai 1985 bis Dezember 1989 für angemessen.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">8.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Wegen des Bodenbelages in der Küche steht dem Beklagten ein Minderungsrecht nicht zu. Es war für den Beklagten vor bzw. bei Vertragsabschluss ohne weiteres erkennbar, dass die Küche mit einem Parkettboden ausgestattet war. Dies mag ungewöhnlich und unsachgemäß sein; der Beklagte hat den Boden jedoch rügelos in diesem Zustand übernommen, so dass er nachträglich insoweit ein Minderungsrecht nicht geltend machen kann.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">9.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">An der Wohnzimmerdecke des Beklagten sind, wie bei den Ortsbesichtigungen festgestellt werden konnte, zwei opitsch deutlich erkennbare Fugen in der Tapezierung zu erkennen. Diese sind unstreitig durch eine Bearbeitung eines Beauftragten der Klägerin entstanden. Die Arbeit ist erkennbar laienhaft ausgeführt. Die Klägerin als Vermieterin war ohne weiteres verpflichtet, dass, wenn in ihrem Risikobereich Deckenarbeiten durchgeführt wurden, danach die Tapezierung in den vorherigen Zustand versetzt wurde. Dies mag, wie es das Gericht auch geäußert hat, im Hinblick auf die an der Decke verklebte Glasfaser nicht leicht sein, wird jedoch sicherlich einem Fachmann möglich sein. Auch insoweit muss die Klägerin sich vorhalten lassen, dass sie Fachleute mit der Durchführung von Arbeiten beauftragen möge, wenn der von ihr offenbar für alle möglichen Gewerke eingeschaltete Zeuge … handwerklich überfordert ist. Das Gericht hält insoweit eine Mietminderung von 1 % für angemessen, da die Tapetenfugen, wie bereits ausgeführt, optisch ohne weiteres erkennbar sind. Da der Beklagte diesen Mangel mit Schreiben vom 07.02.1986 gerügt hat, ist diese Minderung ab März 1986 bis Dezember 1989 gegeben.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">10.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Wegen der Änderung der Wasserversorgung ist der Beklagte ebenfalls zur Mietminderung berechtigt. Dem steht § 9 des Mietvertrages nicht entgegen. Als der Beklagte die Wohnung angemietet hat, wurde das Warmwasser über eine zentrale Versorgung hergestellt. Unstreitig hat es diese Anlage erlaubt, dass der Beklagte gleichzeitig an allen Warmwasserentnehmestellen der Wohnung warmes Wasser beziehen konnte. Da eine zentrale Warmwasseranlage ständig warmes Wasser vorhält, ist sie zudem vom Wasserleitungsdruck unabhängig. Der nach der Umstellung auf den Durchlauferhitzer bestehende Zustand stellt jedoch für den Beklagten eine nicht unwesentliche Verschlechterung im Vergleich zum vorherigen, geschilderten Zustand dar. Zum einen hat die Beweisaufnahme das Vorbringen des Beklagten bestätigt, dass es zumindest bei Spitzen im Wasserbrauch zu einem Wasserdruckabfall kommen kann, der ein Anspringen des Durchlauferhitzers verhindert. Zum anderen kann der Beklagte unstreitig lediglich noch an einer Entnahmestelle in der Wohnung warmes Wasser beziehen, da in seine Wohnung lediglich ein Durchlauferhitzer eingebaut wurde. Es mag auch zumindest bei einzelnen Gelegenheiten eine Einschränkung sein, wenn nicht gleichzeitig im Bad und in der Küche warmes Wasser entnommen werden kann, etwa wenn gleichzeitig die Badewanne gefüllt und gespült werden soll. Die Klägerin kann auch nicht damit gehört werden, dass es sich beim Beklagten um einen Einzelmieter handelt, da es der Lebenserfahrung entspricht, dass, wie es vom Beklagten auch vorgebracht wurde, dieser Besuch anderer Personen in seiner Wohnung empfängt. Im übrigen mag es sich in manchen Situationen anbieten, die Zeit bis zum Einlaufen des Badewassers mit Küchenarbeiten zuzubringen, bei denen warmes Wasser benötigt wird. Der jetzige Zustand der Wasserversorgung ist für den Beklagten somit im Vergleich zum früheren Zustand nachteilig. Soweit die Klägerin vorgebracht hat, dass in der Wohnung des Beklagten aus technischen Gründen lediglich ein Durchlauferhitzer von 18 kw angebracht werden konnte, so handelt es sich dabei fraglos um einen Umstand, den der Beklagte nicht zu vertreten hat. Die Klägerin kann desweiteren nicht damit gehört werden, dass durch die Umstellung von der zentralen Warmwasserversorgung auf Durchlauferhitzer eine Einsparung eingetreten ist. Insbesondere die Bezugnahme auf den Heizölverbrauch, wie sie von der Klägerin vorgenommen wurde, scheidet aus, da es auf der Hand liegt, dass die Energiekosten, die früher für die Warmwasseraufbereitung in der zentralen Heizungsanlage aufgewandt wurden, nicht ersatzlos wegfallen; vielmehr müssen jetzt die einzelnen Bewohner des Hauses höhere Stromkosten aufwenden, da die Durchlauferhitzer jeweils über ihre Stromzähler laufen. Es wäre an der Klägerin, eine entsprechende Untersuchung anzustellen, ob durch die Umstellung auf Durchlauferhitzer "unter dem Strich" tatsächlich eine Energie- oder Kostenersparnis eingetreten ist; der lapidare Hinweis auf den verringerten Heizölverbrauch liegt dagegen erkennbar neben der Sache. Da nicht feststeht, dass durch die Änderung der Warmwasseraufbereitung tatsächlich eine Energieeinsparung eintritt, kann der Beklagte auch nicht auf § 9 des Mietvertrages verwiesen werden, da sich diese Vorschrift ausdrücklich auf "zweckmäßige" Modernisierungen, insbesondere solche zur Energieeinsparung bezieht. Das Gericht hält insoweit eine Mietminderung von 3 % ab September 1987 für angemessen.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">11.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Die Ortsbesichtigung hat ergeben, dass anlässlich der Änderungsarbeiten an der Warmwaserversorgung die Tapeten in Bad und Diele beschädigt worden sind. Auch insoweit hat offensichtlich der Zeuge … nichtfachmännische Instandsetzungsarbeiten vorgenommen, die als solche ohne weiteres erkennbar sind. Das Gericht hält insoweit ebenfalls eine Mietminderung in Höhe von 1 % seit September 1987 für angemessen.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Nach den obigen Ausführungen errechnet sich die Klageforderung wie folgt:</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Auszugehen war durchgängig von einem Nettomietzins von 620,-- DM . Die zehn Monate von Mai 1985 bis Februar 1986 waren um jeweils 7 % zu mindern, was einem Betrag von 434,-- DM entspricht. Für die 18 Monate von März 1986 bis August 1987 belief sich die Mietminderung auf 8 % entsprechend einem Gesamtbetrag von 892,80 DM. Für die 9 Monate von September 1987 bis Mai 1988 bestand eine 12 %ige Mietminderung entsprechend 669,60 DM. Dem Mietrückstand gemäß Klageantrag vom 25.05.1988 von 4.043,68 DM standen daher Minderungsansprüche des Beklagten in Höhe von 1.996,40 DM gegenüber, was eine Forderung der Klägerin von 2.047,28 DM ergibt.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Für die 8 Monate von Juni 1988 bis Januar 1989 war ebenfalls eine Minderung von 12 % anzusetzen, was einem Betrag von 595,20 DM entspricht. Für die 8 Monate von Februar 1989 bis September 1989 belief sich die Minderung auf 9 % entsprechend 446,40 DM. Im Hinblick auf den Klageantrag vom 26.09.1989 über 1.412,45 DM ergab sich angesichts der Gegenansprüche des Beklagten von 1.041,60 DM eine Restforderung von 370,85 DM.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Dem weiteren Klageantrag vom 03.01.1990 über 1.100,16 DM stand eine Mietminderung von 167,40 DM entsprechend einer 9 %igen Minderung für die 3 Monate von Oktober bis Dezember 1989 entgegen, so dass sich die Forderung der Klägerin insoweit auf 932,76 DM belief.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Es war daher wie erkannt zu entscheiden.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Die Zinsentscheidung folgt aus §§ 284, 288 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 92, 709 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Richter am Amtsgericht</p>
|
315,140 | olgk-1990-02-13-2-ws-64889 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 2 Ws 648/89 | 1990-02-13T00:00:00 | 2019-03-13T14:47:22 | 2022-10-18T15:09:01 | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1990:0213.2WS648.89.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>1.         Der angefochtene Aussetzungs-Beschluß des Landgerichts Köln vom 14.November 1989 -103 -30/39 - wird aufgehoben.</p>
<p>2.         Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Angeklagten auferlegt.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Gründe</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Mitte 1977 verlegte der Angeklagte einen bis dahin in L unterhaltenen Auto-Verschrottungsbetrieb auf ein neues, von der L2-AG in L angemietetes Betriebsgrundstück in G und zeigte diese Betriebsverlegung mit Schreiben vorn 18.Mai 1978 dem Regierungspräsidenten in L an. Ein entsprechendes Gewerbe mit der Bezeichnung "Auto Im- und Export, An- und Verkauf, Autoverschrottung" hatte er am 30.November 1977 bei der Stadtverwaltung G angemeldet und als Tag des Betriebsbeginns den 1.Juli 1977 angegeben. Der Regierungspräsident _in L unterrichtete mit Schreiben vom 5.Juni 1976 den Oberkreisdirektor des F über den Sachverhalt und bat zugleich, die Anlage auf Zustand und Eignung zur weiteren Lagerung und Behandlung von Autowracks zu überprüfen. Mit Bescheid vom 21.November 1978 wies der Regierungspräsident in L den Angeklagten daraufhin, daß die Errichtung der Anlage zur Lagerung und Behandlung von Autowracks nach § 7 des hier anwendbaren Abfallbeseitigungsgesetzes eines Antrages auf Planfeststellung bzw. Plangenehmigung bedürfe, der bisher nicht vorgelegt worden sei. Mit der Aufforderung zur entsprechenden Antragstellung wies der Regierungspräsident zugleich darauf hin, daß der Betrieb einer ortsfesten Abfallbeseitigungsanlage ohne die erforderliche Planfeststellung bzw. Plangenehmigung eine Straftat sei. Mit einem an den Regierungspräsidenten gerichteten Schreiben vom 29.Dezember 1978 stellte der Angeklagte einen Antrag auf Genehmigung seiner neueingerichteten Autoverwertungsanlage in G. Dieser Antrag wurde zunächst nicht beschieden. Der Angeklagte betrieb die Autoverwertungsanlage in der Folgezeit bis heute ohne Genehmigung.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die verschiedenen am Genehmigungsverfahren beteiligten Behörden beurteilten die Genehmigungsfähigkeit der Anlage zunächst unterschiedlich. Während das Bauverwaltungsamt der Stadt G sich insbesondere aus bauplanungsrechtlichen Gründen gegen eine Genehmigung aussprach, teiltedas Tiefbauamt des Oberkreisdirektors des F diesen mit Schreiben vom 18.0ktober 1985 mit, es sei eine abfallrechtliche Genehmigung beabsichtigt, da durchgreifende baurechtliche Versagungsgründe nicht erkennbar seien. Zuvor hatte das am Genehmigungsverfahren in wasser- und abfallwirtschaftlicher Sicht beteiligte Amt für Wasser- und Abfallwirtschaft C den Oberkreisdirektor des F mit Schreiben vom 25.August 1980 darüber unterrichtet, daß die Anlage zwar grundsätzlich für einen Weiterbetrieb geeignet erscheine, der Betieb aber durch umfangreiche Sanierungsmaßnahmen dem heutigen Stand der Technik angepaßt werden müsse; als vordringliche Sofortmaßnahmen seien erforderlich:</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">1.         die Erstellung befestigter, mit Schlammfang, Ölabscheider und Kanalanschluß versehener Arbeitsflächen sowie befestigte überdachte Lagerflächen für ausgebaute Motoren, Getriebe und ähnliche mit wassergefährdenden Stoffen behaftete Teile.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">2.         Die Errichtung eines mit Überdachung und Auffangwanne versehenen Lagers für Altöl, Benzin, Batteriesäure und ähnliche flüssige Abfallstoffe.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">3.         Der Bau eines mit allen erforderlichen sanitären Einrichtungen versehenen Betiebsgebäudes.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">4.         Der Anschluß an die Strom- und Wasserversorgung sowie an das bestehende örtliche Kanalnetz.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">5.         Das Freihalten von ausreichend bemessenen Brandgassen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">6.         Feuerlöscheinrichtungen in genügender Zahl und in betriebsbereitem Zustand. Eine Absprache mit der örtlichen Feuerwehr sei durchzuführen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">7.          Vorhalten einer ausreichend großen Menge Ölbindemittel in gebrauchsfähigem Zustand.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Mit einem an den Angeklagten gerichteten Einschreiben vom 6.August 1985 beanstandete die untere Wasserbehörde des F die starke Verunreinigung des gesamten, unbefestigten Betriebsgeländes durch unsachgemäße Lagerung und Behandlung von Autowracks im Freien mit wassergefährdenden Stoffen (z.B. Getriebe-, Motorenöl, Vergaserkraftstoff , Diesel, Kühlerflüssigkeit, Batteriesäure etc. ); zugleich forderte sie den Angeklagten zur umgehenden Sanierung auf, da eine Verunreinigung des Grundwassers oder eine sonstige nachteilige Veränderung seiner Eigenschaften zu besorgen sei.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Auf Betreiben der Stadtwerke L für die Grundstücksvermieterin wurden am 4.September 1985 Bodenproben entnommen, deren Untersuchung eine Verunreinigung der Grundstücksoberfläche mit Öl ergab. Mit Bescheid vom 25.September 1985 forderte die untere Wasserbehörde den Angeklagten auf, die verunreinigten Bodenmassen abzutragen und schadlos zu beseitigen; dies sei zum Schutz des Grundwassers erforderlich. Nachdem auch ein vom Angeklagten veranlaßtes Bodengutachten vom 26.September 1985 eine sanierungsbedürftige Ölverunreinigung des Betriebsgrundstücks ergeben hatte, ließ der Angeklagte im Jahre 1985 in Absprache mit dem Tiefbauamt und der unteren Wasserbehörde des F schließlich Sanierungsmaßnahmen durchführen, die jedoch nach den Feststellungen der Behörden schleppend und im Ergebnis nicht zufriedenstellend verliefen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Mit Ablehnungsbescheid vom 3.Februar 1988 versagte der Oberkreisdirektor des F als untere Wasserbehörde die vom Angeklagten bereits mit Schreiben vom 29.Dezember 1978 beantragte Genehmigung der Autoverwertungsanlage nach §§ 5 und 8 des Abfallbeseitigungsgesetzes. Dabei schloß sich der Oberkreisdirektor nunmehr der früher von ihm nicht geteilten Auffassung der Stadt G an, daß die Anlage aus bauplanungsrechtlichen Gründen nicht genehmigungsfähig sei. Gegen diesen Ablehnungsbescheid hat der Angeklagte Widerspruch eingelegt, über den der Regierungspräsident in L noch nicht entschieden hat.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Wegen Verdachts des unerlaubten Betriebes einer Abfallentsorgungsanlage (§ 327 Abs. 2 Nr. 2 StGB) und umweltgefährdender Abfallbeseitigung (§ 326 Abs. 1 Nr. 3 StGB) erwirkte die Staatsanwaltschaft einen Beschluß des Amtsgerichts Köln vom 23.Februar 1988 zur Durchsuchung der Geschäftsräume und des Betriebsgeländes. Der beim Vollzug der Durchsuchungsmaßnahme hinzugezogene Sachverständige Dr. U kam nach Auswertung erneut gezogener Bodenproben in einen Gutachten vom 24.April 1988 zu dem Ergebnis, die erneut festgestellte  Kohlenwasserstoffbelastung des Bodens stelle mit Rücksicht auf die geringe Eindringungstiefe keine Gefährdung für Boden und Wasser dar, wenn die oberste Bodenschicht in einer Dicke von 0,4 m abgetragen und ordnungsgemäß entsorgt werde.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Mit Anklageschrift vom 22.September 1988 hat die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten eine seit 1978 fortgesetzt und tateinheitlich begangene Straftat nach § 326 Abs. 1 Nr. 3, 327 Abs. 2 Nr. 2 StGB zur Last gelegt.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Durch Urteil des Amtsgerichts Köln vom 14.Februar 1989 - 585 Ns 228/88 - wurde der Angeklagte wegen unerlaubten Betreibens einer Anlage in Tateinheit mit umweltgefährdender Abfallbeseitigung zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 40,00 DM verurteilt. Gegen dieses Urteil haben sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt. Die Staatsanwaltschaft erstrebt eine höhere Bestrafung des Angeklagten sowie die - im angefochtenen Urteil nicht ausgesprochene - Anordnung des Verfalls der aus der Straftat erlangten Vermögensvorteile gemäß § 73 StGB. Mit dem Ziel der Ermittlung dieser Vermögensvorteile hat die Berufungsstrafkammer des Landgerichts Köln auf Antrag der Staatsanwaltschaft mit Beschluß vom 23.Mai 1939 die Durchsuchung der Wohn- und Geschäftsräume des Angeklagten angeordnet. Nach Auswertung der hierbei sichergestellten DatevUnterlagen hat die Staatsanwaltschaft einen dem Verfall unterliegenden Gesamtbetrag von 240.218,81 DM ermittelt.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Auf Antrag des Angeklagten hat die Berufungsstrafkammer im Hauptverhandlungstermin vom 14.November 1989 durch den angefochtenen Beschluß das Verfahren bis zur Bestandsoder rechtskräftigen Bescheidung des Genehmigungsantrages vom 29.12.1978 mit der Begründung ausgesetzt, für die von der Staatsanwaltschaft verlangte Gewinnabschöpfung und die Frage der Bestrafung sei die endgültige Klärung der verwaltungsrechtlichen Beurteilung vorgreiflich. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Staatsanwaltschaft, der die Strafkammer mit Beschluß vom 4.Dezember 1989, auf dessen Inhalt wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, nicht abgeholfen hat.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde ist gemäß § 304 Abs. 1 StPO zulässig. Sie ist nicht durch § 305 Satz 1 StPO ausgeschlossen, weil geltend gemacht wird, daß die Voraussetzungen für eine Aussetzung nach § 262 Abs. 2 StPO nicht vorliegen und die Aussetzung daher nur verfahrensverzögernd wirke (vgl. Kleinknecht/Meyer, StPO, 39. Aufl., § 262 Rdnr. 16; Löwe/Rosenberg/Gollwitzer, StPO, 24. Aufl., § 262 Rdnr. 70 - m.w.N.).</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde ist auch begründet.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht war zur Aussetzung des Strafverfahrens nicht befugt. Zwar kann nach § 262 StPO das Gericht - auch in der Berufungsinstanz (§ 332 StPO) - das Verfahren aussetzen, wenn die Strafbarkeit einer Handlung von der Beurteilung eines bürgerlichen Rechtsverhältnisses abhängt; die Vorschrift gilt entsprechend für öffentlich-rechtliche Vorfragen (vgl. Kleinknecht/ Meyer a.a.O. Rdnr. 4; LR Gollwitzer, a.a.O. Rdnr. 26). Hier hat das Landgericht jedoch zu Unrecht eine Vorgreiflichkeit der Bestands - oder rechtskräftigen Bescheidung des Genehmigungsantrags vom 29. Dezember 1978 für die strafgerichtliche Entscheidung angenommen. Dem Angeklagten wird zur Last gelegt, eine Abfallentsorgungsanlage ohne die nach dem Abfallbeseitigungsgesetz erforderliche Genehmigung oder Planfeststellung betrieben (§ 327 Abs. 2 Nr. 2 StGB) und unbefugt Abfälle außerhalb einer dafür zugelassenen Anlage gelagert zu haben (§ 326 Abs. 1 Nr. 3 StGB). Über die Berechtigung dieses Vorwurfs kann die Strafkammer ohne Rücksicht auf den Ausgang des derzeit beim Regierungspräsidenten in L anhängigen Genehmigungsverfahrens und eines etwaigen anschließenden Verwaltungsrechtsstreits bereits heute entscheiden, weil die Strafbarkeit hiervon entgegen der Auffassung der Strafkammer nicht abhängig ist. Bei dem vom Angeklagten seit 1977 auf dem neu angemieteten Grundstück in G unterhaltenen Autoverschrottungsbetrieb handelt es sich um eine Abfallbeseitigungsanlage im Sinne des § 327 Abs. 2 Nr. 2 StGB (vgl. BayObLG, NStZ 1986, 319). Diese Anlage hat der Angeklagte bis heute ohne die nach §§ 5 und 7 AhfG erforderliche Genehmigung bzw. Planfeststellung betrieben und damit tatbestandsmäßig und rechtswidrig gehandelt. Die etwaige (materielle) Genehmigungsfähigkeit der Anlage vermag die Tat nicht zu rechtfertigen, weil der Strafrichter an das (formale) Nichtvorliegen einer Genehmigung zum Tatzeitpunkt gebunden ist (vgl. Dreher/Tröndle, StGB, 44. Aufl., § 327 Rdnr. 3; Steindorf in Leipziger Kommentar, StGB, 10. Aufl., § 327 Rdnr. 22 - m.w.N.). Die in Anlehnung an die grundlegende Entscheidung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGHSt 23, 86 f.) zur Tatbestandswirkung eines angefochtenen amtlichen Verkehrszeichens (Verwaltungsakt in Form einer Allgemeinverfügung)entwickelte herrschende Meinung trifft auch und gerade bei den vielfach an eine Verwaltungsrechtsanordnung anknüpfenden Straftatbeständen des Umweltstrafrechts zu. Die von der Strafkammer zitierte Auffassung Ds (in Schönke/Schräder, StGB, 23. Aufl.,Vorbem. §§ 324 f. Rdnr. 19 f. und Vorbem. §§ 32 f., Rdnr. 130 a), daß bei nachträglich durch Gerichtsentscheidung festgestellter Genehmigungspflicht eine Strafaufhebung in Betracht komme, vermag nicht zu überzeugen. Während D die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Wirkung eines fehlerhaften Verkehrszeichens mit Rücksicht auf dessen faktische Ordnungsfunktion im Interesse aller Verkehrsteilnehmer für richtig hält, verneint er bei den "verwaltungs-akzessorischen" Strafvorschriften (z.B. § 327 StGB) im Falle der sich nachträglich herausstellenden Rechtswidrigkeit einer Verwaltungsanordnung ein Strafbedürfnis, "weil in einem solchen Fall, in dem das geschützte materielle Sachinteresse nicht beeinträchtigt ist und letztlich nur der rein verwaltungsrechtliche Ungehorsam übrig bleibt, jede kriminalpolitische Notwendigkeit einer strafrechtlichen Sanktion entfällt". Diese Erwägungen werden dem besonderen Charakter des § 327 StGB als abstraktes Gefährdungsdelikt nicht gerecht. Mit Rücksicht auf die besondere Gefährlichkeit bestimmter Anlagen kann ein effektiver Umweltschutz durch eine Strafbewehrung nur dann gewährleistet werden, wenn bereits der Verwaltungsungehorsam an sich – d.h. der erlaubniswidrige Betrieb einer umweltgefährdenden Anlage - die Strafbarkeit auslöst. Eine an die materielle Rechtmäßigkeit des ungenehmigten bzw. untersagten Handelns geknüpfte Regelung würde die Wirksamkeit der abstrakten Gefährdungsdelikte weitgehend aufheben. Da die Verbindlichkeit des Verwaltungsverbots letztlich bis zum rechtskräftigen Abschluß des Verwaltungsgerichtsverfahrens im Ungewissen ist, könnte das Strafverfahren vorher nur durchgeführt werden, wenn der Strafrichter selbst die volle Prüfungskompetenz über die materielle Berechtigung der Verwaltungsentscheidung hätte oder wenn er verpflichtet wäre, das Strafverfahren bis zum Zeitpunkt ihrer Bestandskraft auszusetzen. Beides würde die präventive und repressive Funktion des abstrakten Gefährdungsdelikts in Frage stellen (vgl. Laufhütte/ Möhrenschlager in: ZStW 92, 912 f. , 921).</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die Richtigkeit der herrschenden Auffassung erweist sich auch im vorliegenden Falle. Der Angeklagte ist durch den Regierungspräsidenten in L bereits mit Bescheid vom 21. November 1978 auf die Genehmigungsbedürftigkeit der Anlage sowie auf die Strafbarkeit eines ungenehmigten Betriebs hingewiesen worden. Auf den umweltgefährdenden Zustand der Autoverwertungs- anlage und des durch Ölrückstände verunreinigten Betriebsgrundstücks ist er durch bescheid der Unteren Wasserbehörde des F vom 5. August 1985 ebenfalls hingewiesen und zur umgehenden Sanierung aufgefordert worden. Mehrere - auch von ihm selbst veranlaßte - Bodenuntersuchungen haben die erhebliche, umweltgefährdende Verunreinigung des Grundstücks bestätigt. Zuletzt gelangte noch der im Rahmen einer Durchsuchungsmaßnahme hinzugezogene Sachverständige Dr. U nach Auswertung erneut gezogener Bodenproben in seinem Gutachten vom 24. April 1988 zu dem Ergebnis, die erneut festgestellte Kohlenwasserstoffbelastung des Bodens stelle mit Rücksicht auf die geringe Eindringungstiefe keine Gefährdung für Boden und Wasser dar, <span style="text-decoration:underline">wenn</span> die oberste Bodenschicht in einer Dicke von 0,4 m abgetragen und ordnungsgemäß entsorgt werde.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Danach lag auch eine unbefugte und insbesondere durch das Fehlen von Ölabscheidern und einer Betonabdichtung verursachte bereits konkret umweltgefährdende Abfalllagerung im Sinne des § 326 Abs. 1 Nr. 3 StGB vor.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Von einem derzeit noch nicht ordnungsgemäßen Zustand der Anlage und des Betriebsgrundstücks geht der Angeklagte in seinem gegen den Ablehnungsbescheid gerichteten Widerspruch selbst aus, Aus diesem Widerspruchsverfahren und einem etwaigen anschließenden Verwaltungsrechtsstreit ist eine für das vorliegende Strafverfahren vorgreifliche öffentlich-rechtliche Entscheidung schon deshalb nicht zu erwarten, weil die dort möglicherweise ausgesprochene bauplanungsrechtliche, ggf. mit Auflagen verbundene Genehmigungsfähigkeit nichts über den umweltgefährdenden Betrieb und Zustand der Verschrottungsanlage in ihrer bisherigen Form aussagen wird. Soweit die Strafkammer im angefochtenen Beschluß auf die verzögerliche Bescheidung des Antrags und die (zunächst) unterschiedliche Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit durch die verschiedenen am Genehmigungsverfahren beteiligten Behörden hinweist, mögen diese Umstände im Rahmen der Strafzumessung - so das Amtsgericht in seinem ange- fochtenen Urteil - Berücksichtigung finden, die Strafbarkeit ist hiervon jedoch nicht abhängig. Im Hinblick auf die von der Staatsanwaltschaft angestrebte Verfalls-Anordnung kommt eine Aussetzung nach § 262 StPO nicht in Betracht, weil das Gericht nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift hierzu nur bei Zweifeln hinsichtlich der <span style="text-decoration:underline">Strafbarkeit</span> der Tat selbst befugt ist. Schließlich verbietet sich hier eine Aussetzung auch nach dem Sinn und Zweck der Aussetzungsbefugnis nach § 262 Abs. 2 StPO. Diese Regelung wurde nicht etwa zur Vermeidung divergierender Entscheidungen oder zur besseren Sachaufklärung, sondern im Interesse der Prozeßwirtschaftlichkeit erlassen (vgl. hierzu: Löwe/Rosenberg/Gollwitzer, a.a.O. Rdnr. 25 m.w.N.).</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 465 StPO.</p>
|
315,141 | olgham-1990-02-09-5-uf-35289 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 5 UF 352/89 | 1990-02-09T00:00:00 | 2019-03-13T14:47:23 | 2022-10-18T15:09:01 | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1990:0209.5UF352.89.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Beklagten wird das am 5. Juli 1989 verkündete Teilurteil des Amtsgerichts Iserlohn teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:</p>
<p></p>
<p>Die Klage der Klägerin wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Hinsichtlich der Widerklage des Beklagten bleibt es bei der Feststellung, daß die Hauptsache erledigt ist.</p>
<p></p>
<p>Die Kostenentscheidung - auch hinsichtlich der Kosten der Berufung - bleibt dem Schlußurteil vorbehalten.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Ihre Ehe wurde durch Urteil des Amtsgerichts Iserlohn (Aktenzeichen 14 F 20/86) vom 20.05.1987, rechtskräftig seit dem 30.06.1987, geschieden. Aus der Ehe der Parteien sind die beiden Söhne ... geboren am 20.03.1969 und ..., geboren am 11.01.1973, hervorgegangen. Die Parteien hatten zunächst in der Zeit von Oktober 1984 bis August 1985 in der ehelichen Wohnung getrennt gelebt. Streitig ist, wer von den Eheleuten in diesem Zeitraum überwiegend für die Kinder gesorgt hat. Ende August 1985 zog die Klägerin aus der ehelichen Wohnung aus, während der Beklagte mit den Kindern in der Wohnung verblieb. Das elterliche Sorgerecht für die beiden Söhne wurde später auf den Beklagten übertragen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">In diesem Verfahren hatten zunächst die Klägerin und die beiden Söhne, letztere vertreten durch die Klägerin, Klage auf Trennungsunterhalt und Kindesunterhalt erhoben. Nachdem die Klägerin im August 1985 aus der ehelichen Wohnung ausgezogen war, machte sie mit Schriftsatz vom 06.05.1986 (Bl. 109/110) im Wege der Prozeßstandschaft nach § 1629 Abs. 3 BGB rückständigen Kindesunterhalt für die Monate Oktober 1984 bis einschließlich August 1985 geltend. Nachdem dem Beklagten das Sorgerecht für die Kinder übertragen worden war, hatte dieser seinerseits Widerklage auf Zahlung von Kindesunterhalt erhoben (Bl. 154). Die Klägerin hat bezüglich der von ihr geltend gemachten Kindesunterhaltsansprüche die Hauptsache für erledigt erklärt. Der Beklagte hat der Erledigungserklärung widersprochen und hat Klageabweisung beantragt. Der Beklagte hat seinerseits bezüglich der Widerklage die Hauptsache für erledigt erklärt, während die Klägerin Abweisung der Widerklage beantragt hat (Bl. 433). Durch das angefochtene Teilurteil hat das Amtsgericht festgestellt, daß sowohl bezüglich der von der Klägerin geltend gemachten rückständigen Kindesunterhaltsansprüche für die Zeit von Oktober 1984 bis einschließlich August 1985 als auch bezüglich der im Wege der Widerklage vom Beklagten geltend gemachten Kindesunterhaltsansprüche die Hauptsache erledigt ist.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Beklagten mit dem Antrag, die Klage bezüglich des von der Klägerin geltend gemachten rückständigen Kindesunterhalts für die Zeit bis einschließlich August 1985 insgesamt abzuweisen. Der Beklagte macht geltend, die von der Klägerin erhobene Kindesunterhaltsklage sei von Anfang an unzulässig gewesen, da der Klägerin die erforderliche Vertretungsmacht gefehlt habe. Denn die Kinder hätten sich auch in der Zeit von Oktober 1984 bis einschließlich August 1985 nicht, in der Obhut der Klägerin befunden, sondern seien vielmehr vom Beklagten versorgt und betreut worden. Im übrigen sei er, der Beklagte, auch zur Zahlung von Kindesunterhalt nicht leistungsfähig gewesen. - Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil mit Rechtsausführungen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils sowie auf die Schriftsätze der Parteien und die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Berufung des Beklagten ist begründet.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat der gegnerischen Erledigungserklärung zu Recht widersprochen. Denn die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 06.05.1986 im eigenen Namen für die Kinder erhobene Unterhaltsklage war von Anfang an unzulässig, da die Voraussetzungen für die gesetzliche Prozeßstandschaft nach § 1629 Abs. 3 BGB bereits bei Klageerhebung nicht mehr vorgelegen haben. Die Befugnis nach § 1629 Abs. 3 BGB, Unterhaltsansprüche der Kinder im eigenen Namen gerichtlich geltend zu machen, knüpft an die allgemeine Vertretungsbefugnis gemäß § 1629 Abs. 2 BGB an (Palandt, 49. Aufl.; Anm. 7 zu § 1629 BGB). Diese bestand jedoch bei Klageerhebung nicht mehr, da die Klägerin bereits im August 1985 aus der ehelichen Wohnung ausgezogen ist, so daß spätestens von diesem Zeitpunkt an ein Obhutsverhältnis der Klägerin im Sinne des § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht mehr bestanden hat. Geht das Obhutsverhältnis nach § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB auf den anderen Elternteil über, so endet auch die gesetzliche Vertretungsmacht des bisherigen Inhabers der elterlichen Obhut und die darauf beruhende Prozeßstandschaft gemäß § 1629 Abs. 3 BGB. Die von dem bisherigen Obhutsinhaber in eigenem Namen erhobene Klage auf Kindesunterhalt wird unzulässig, und zwar nicht nur für den Unterhaltszeitraum ab dem Übergang des Obhutsverhältnisses, sondern insgesamt, auch für die bis dahin aufgelaufenen Unterhaltsrückstände. Schon aus dem Wortlaut des § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB ("befindet"), aber auch aus dem Sinn dieser Bestimmung als einer Regelung der gesetzlichen Vertretung ergibt sich, daß es für die Vertretungsbefugnis auf den Zeitpunkt der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs ankommt und nicht auf den Zeitraum, für den die Unterhaltsansprüche geltend gemacht werden (ebenso Johannsen/Henrich/Jaeger, Eherecht, Anm. 4 zu § 1672 BGB für den gleichzubehandelnden Fall einer nachträglichen Übertragung der Personensorge auf den anderen Elternteil). Der Elternteil, in dessen Obhut sich die Kinder früher befunden haben, kann seine Aufwendungen für den Kindesunterhalt in dem zurückliegenden Zeitraum allenfalls im Wege des sog. "familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs" geltend machen, der jedoch im Hinblick auf die Darlegung der getätigten Aufwendungen von anderen Voraussetzungen abhängig ist als der gesetzliche Kindesunterhaltsanspruch. Im übrigen hätte bezüglich des Kindesunterhalts die Hauptsache schon im August 1985 für erledigt erklärt werden müssen, und zwar durch die Kinder selbst, die zu diesem Zeitpunkt noch Verfahrensbeteiligte waren. Die von der Klägerin später im eigenen Namen erhobene Klage war dagegen aus den genannten Gründen von Anfang an unzulässig, so daß der Beklagte insoweit zu Recht Klageabweisung beantragt hat. Auf die Frage, welche der Parteien in der Zeit vor August 1985 das elterliche Obhutsverhältnis innehatte, kommt es daher letztlich nicht an.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung war dem Schlußurteil vorzubehalten, da die endgültige Kostenverteilung von dem Ausgang des Rechtsstreits im übrigen abhängt.</p>
|
315,142 | olgham-1990-02-06-2-wf-490 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 2 WF 4/90 | 1990-02-06T00:00:00 | 2019-03-13T14:47:27 | 2022-10-18T15:09:01 | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1990:0206.2WF4.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>wird der Beschluß des Amtsgerichts Essen vom 18. Dezember 1989 auf die Beschwerde der Parteien abgeändert.</p>
<p></p>
<p>Der Antragstellerin wird im Rahmen der bewilligten Prozeßkostenhilfe Rechtsanwalt ... in ... beigeordnet.</p>
<p></p>
<p>Dem Antragsgegner wird Rechtsanwalt ... in ... beigeordnet.</p>
<p></p>
<p>Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Durch den angefochtenen Beschluß hat das Amtsgericht für das Verfahren auf Zuweisung der Ehewohnung im Wege der einstweiligen Anordnung den Parteien Prozeßkostenhilfe bewilligt, die Beiordnung eines Rechtsanwalts jedoch abgelehnt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde ist gemäß § 127 Abs. 2 ZPO zulässig und hat in der Sache Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Nach § 14 FGG, § 121 Abs. 2 ZPO ist in Verfahren, die nicht dem Anwaltszwang unterliegen, ein Rechtsanwalt nur dann beizuordnen, wenn die anwaltliche Vertretung erforderlich erscheint. Die Erforderlichkeit bestimmt sich nach Umfang, Schwierigkeit und Bedeutung der Sache sowie der Fähigkeit des Hilfsbedürftigen, sich mündlich und schriftlich auszudrücken (Thomas/Putzo, ZPO, 14. Aufl., § 121 Anm. 3 a; Zöller/Schneider, ZPO, 15. Aufl., § 121 Rdnr. 9). In einem Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist bei der Beurteilung der Erforderlichkeit zu beachten, daß das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen aufklärt (§ 12 FGG). Dementsprechend lehnt der Senat insbesondere für Verfahren betreffend das Sorge- oder Umgangsrecht die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der Prozeßkostenhilfe in der Regel ab, und zwar auch dann, wenn die Gegenseite bereits anwaltlich vertreten ist, ihrerseits jedoch ebenfalls die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe erfüllt.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Diese Grundsätze können nicht in jedem Fall auf ein Verfahren betr. die Zuweisung der Ehewohnung im Wege der einstweiligen Anordnung (§ 1361 b BGB in Verbindung mit § 18 a HausrVO) übertragen werden. Zwar handelt es sich auch hier um ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit (§ 13 Abs. 1 HausrVO). Es bestehen jedoch insoweit trotz des Amtsaufklärungsgrundsatzes Besonderheiten, als Gegenstand des Verfahrens anders als im Sorge- bzw. Umgangsrechtsverfahren der Disposition der Beteiligten unterliegt. Vor allem fehlt es an der Beteiligung eines Dritten, der ähnlich wie das Jugendamt im Sorgerechtsverfahren die Interessen eines Beteiligten wahrnimmt, so daß das Verfahren insgesamt dem zivilprozessualen Streitverfahren angenähert ist. Aufgrund der Bedeutung und Auswirkungen für die Eheleute, insbesondere aber auch im Hinblick auf das im vorliegenden Fall dargelegte sofortige Handlungsbedürfnis im Rahmen eines auf vorläufigen Rechtschutz gerichteten Verfahrens ist die Rechts- und Sachlage hier nicht als einfach anzusehen. Aufgrund der genannten Besonderheiten kann die Beiordnung eines Rechtsanwalts auch nicht deswegen versagt werden, weil die Parteien nicht in besonderem Maße geschäftlich unerfahren sind.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Insgesamt führen diese Erwägungen vorliegend zur Bejahung der Erforderlichkeit einer anwaltlichen Vertretung der Parteien und somit zur entsprechenden Abänderung des angefochtenen Beschlusses.</p>
|
315,143 | olgk-1990-02-05-16-wx-16989 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 16 Wx 169/89 | 1990-02-05T00:00:00 | 2019-03-13T14:47:28 | 2022-10-18T15:08:59 | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1990:0205.16WX169.89.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.</p>
<p></p>
<p>Die Sache wird zur weiteren Behandlung und zur erneuten Entscheidung an das Landgericht Köln zurückverwiesen.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">G r ü n d e</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Beteiligten, deutsche Staatsangehörige, haben bei dem Amtsgericht – Vormundschaftsgericht – Köln beantragt, die Annahme des Herrn O. G. als gemeinschaftliches Kind durch die Beschwerdeführer auszusprechen. Die Beschwerdeführer sind seit 1969 verheiratet; aus ihrer Ehe sind keine Kinder hervorgegangen. Sie sind mit den Eltern des Anzunehmenden seit vielen Jahren befreundet und kennen den Anzunehmenden seit seiner Kindheit. Dieser ist neben drei älteren 8rüdern und einer jüngeren Schwester in seinem Elternhaus aufgewachsen und seit September 1988 verheiratet. Die Ehefrau hat in die Adoption eingewilligt.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Eltern des Anzunehmenden, die mit der Adoption einverstanden sind, bewirtschafteten früher ein landwirtschaftliches Anwesen, betreiben heute einen Schnell-Imbiß und haben ihren Hof verpachtet.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht – Vormundschaftsgericht – Köln hat den Adoptionsantrag der Beteiligten zurückgewiesen. Die hiergegen eingelegte Beschwerde der Beschwerdeführer blieb ohne Erfolg. Mit der durch ihre Verfahrensbevollmächtigten eingelegten weiteren Beschwerde erstreben die Beschwerdeführer die Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen und den Erlaß des Annahmedekrets.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die nach § 27 FGG zulässige weitere Beschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht. Dieses hat seine die Ablehnung der Annahme bestätigende Entscheidung wie folgt begründet: Voraussetzung für eine Erwachsenenadoption sei ihre sittliche Rechtfertigung. Dies schließe die Notwendigkeit ein, daß die Annahme dem Wohl des Anzunehmenden diene und zu einem Eltern-Kind-Verhältnis führe. Sittlich gerechtfertigt sei die Annahme eines Volljährigen nach dem Wortlaut des § 1767 Abs. 1 BGB insbesondere dann, wenn ein Eltern-Kind-Verhältnis bereits entstanden sei. Wie sich aus der Anhörung der Beteiligten sowie der leiblichen Eltern wie auch der Ehefrau des Betroffenen ergeben habe, bestehe zwar zwischen den Beschwerdeführern</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">und dem Anzunehmenden ein enges freundschaftliches Vertrauensverhältnis, was nicht zuletzt darin zum Ausdruck gekommen sei, daß der Anzunehmende in der Vergangenheit häufig wegen beruflicher und persönlicher Schwierigkeiten in den Beschwerdeführern Ansprechpartner gefunden habe. Die Beziehungen zwischen ihnen hätten sich jedoch nicht so intensiv verdientet, daß von einem Eltern-Kind-Verhältnis gesprochen werden könnte. Ein solches Verhältnis sei bisher nicht entstanden, und es könne aufgrund der Äußerungen der angehörten Personen nicht davon ausgegangen werden, daß ein derartiges Eltern-Kind-Verhältnis entstehen könnte. Der Anzunehmende unterhaIte nämlich nach wie vor gute Beziehungen zu</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">seinen leiblichen Eltern wie auch zu seinen Geschwistern, er habe zwar die Beziehungen zu seinen leiblichen Eltern als in letzter Zeit "etwas gespannt" bezeichnet, habe jedoch nicht deutlich gemacht, welche konkreten Tatsachen dieses "Spannungsverhältnis" hervorgerufen haben könnten. Seine Kontakte zu den leiblichen Eltern, in deren Haushalt er bis zur Eheschließung gelebt habe, seien so ausgestaltet, daß daneben ein Bedürfnis für eine Adoptivelternschaft nicht bestehe.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die angeführten Gründe tragen die Entscheidung des Landgerichts nicht.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">1.)</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Adoption eines Erwachsenen setzt voraus, daß sie dem Wohl des Anzunehmenden dient (§ 1767 Abs. 2 i.V.m. § 1741 Abs. 1 BGB). Hierüber entscheidet der volljährige Anzunehmende regelmäßig selbst, indem er die Annahme beantragt (MünchKom-Lüderitz 2. Aufl. § 1767 Rdnr. 5; Palandt-Diederichsen, 49. Auflage, § 1767, Anm. 3; RGRK-Dickescheid, 12. Aufl. Rdnr. 6). Daß hier der Anzunehmende,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">der jetzt 22 Jahre alt ist, aus besonderen Gründen nicht im Stande wäre, sich ein Urteil darüber zu bilden, ob ihm die Adoption zum Vorteil gereicht, ist nicht erkennbar. Ist hiernach davon auszugehen, daß die Adoption dem Wohl des Anzunehmenden dient, so ist damit zugleich das Bedürfnis für eine Adoptivelternschaft zu bejahen. Einer weiteren Prüfung und Begründung dieses Bedürfnisses bedarf es nicht.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">2. )</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Zulässigkeit der Adoption hängt weiter davon ab, daß ein Eltern-Kind-Verhältnis besteht oder zu erwarten ist. Die Gründe, mit denen das Landgericht eine solche</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Erwartung verneint, halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Welche Äußerungen der angehörten Personen gegen die Entstehung des Eltern-Kind-Verhältnisses sprechen, ist nicht ersichtlich. Gute Beziehungen zu den leiblichen</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Eltern könnten ein Hindernis nur dann sein, wenn sie von solcher Intensität wären, daß es daneben dem Anzunehmenden unmöglich wäre, ein Kind auch der Adoptiveltern zu sein. Eine derart ausschließliche Bindung des Anzunehmenden an seine leiblichen Eltern liegt nach dem festgestellten Sachverhalt nicht vor.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Durch erneute Anhörung des Anzunehmenden und der Bescnwerdeführer wird zu ermitteln sein, wie die Beteiligten nach einer Adoption ihr Verhältnis zueinander zu gestalten gedenken und ob hiernach Beziehungen zu erwarten sind, die denjenigen zwischen Eltern und erwachsenen Kindern entsprechen. Dabei ist zu beachten, daß bei Personen in höherem Alter im allgemeinen eine weniger enge Gemeinschaft</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">besteht (RGZ 147, 220, 223) und daß bei den heute herrschenden gesellschaftlichten Verhältnissen die Bindungen zwischen Eltern und erwachsenen Kindern generell</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">gelockert sind. Es genügt im allgemeinen das Bewußtsein innerer Verbundenheit, das sich zum Beispiel in regelmäßigen Besuchskontakten und in der erkennbaren gegenseitigen Sorge um gesundheitliches Wohlergehen und wirtschaftliche Sicherheit äußern kann (RGRK-Dickescheid 12. Aufl. § 1767 Rdnr. 5).</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">3. )</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die sittliche Rechtfertigung der Kindsannahme (§ 1767 Abs. 1 BGB) kann nach dem festgestellten Sachverhalt nicht verneint werden. Daß die Beteiligten sich allein oder vorwiegend von dem Bestreben leiten ließen, eine Ermäßigung von Erbschaftssteuer</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">zu erreichen, ist nicht festgestellt. Eine nach der Adoption etwa zu erwartende Abkühlung des Verhältnisses des Anzunehmenden zu seinen leiblichen Eltern stände der sittlichen Rechtfertigung hier nicht entgegen. Das Gesetz macht die Adoption des Volljährigen nicht von der Einwilligung seiner leiblichen Eltern abhängig und läßt andererseits - abgesehen von der hier nicht in Betracht kommenden Annahme nach § 1772 BGB - die Rechte und PfIichten des Angenommenen zu seinen Eltern und sonstigen Verwandten unberührt (§ 1770 Abs. 2 BGB). Daß die leiblichen Eltern der besonderen Zuwendung des Anzunehmenden bedürften, ist nicht erkennbar. Sie haben vier weitere Kinder und sind mit der Adoption einverstanden.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Durch erneute Anhörung der Beschwerdeführer und des Anzunehmenden ist zu ermitteln, ob die sittliche Rechtfertigung bejaht werden kann. Es kommt darauf an, ob</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">die Gründe, welche die Beteiligten zur Herstellung einer dem Eltern-Kind-Verhältnis entsprechenden Familienbindung veranlaßt haben, mit der herrschenden Sittenordnung in Einklang stehen (RGRK-Dickescheid § 1767 Rdnr. 9). Der Altersunterschied gibt zu keinen Bedenken Anlaß; der Beschwerdeführende Ehemann ist 28 Jahre äIter, die Ehefrau 24 Jahre älter als der Anzunehmende. Von entscheidender</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Bedeutung ist das Motiv, von dem die Beteiligten sich bei der angestrebten Adoption leiten lassen. Es wird darauf ankommen, ob die Beteiligten ein familienbezogenes</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Motiv glaubhaft dartun können; vgl. MünchKom-Lüderitz 2. Aufl. § 1767 Rdnr. 13. Als anerkennenswertes Motiv dieser Art käme nach den bisherigen Feststellungen in Betracnt, daß es den Beschwerdeführern, denen leibliche Kinder versagt geblieben sind, darum geht, einen Angehörigen der nachfolgenden Generation zu haben, der ihnen Hilfe und Stütze in ihrem Alter ist, der sie im Bedarfsfall pflegt und betreut (vgl. Erman- Holzhauer, 7. Aufl. § 1767 Rdnr. 4) und der die Vermögenswerte, die sie erarbeitet haben, übernimmt, verwaltet und auf eine weitere Generation überträgt. Sichert der Anzunehmende glaubhaft zu, als angenommenes Kind diesen Erwartungen gerecht zu werden, so wird die sittliche Rechtfertigung der Erwachsenenadoption als gegeben anzusehen sein. Das Ersparen von Erbschaftssteuer steht der Zulässigkeit der Adoption nicht entgegen, selbst wenn diese Folge ein - erwünschter - Nebenzweck der Kindesannahme ist; MünchKom-Lüderitz 2. Aufl. § 1767 Rdnr. 13; Palandt-Diederichsen, a.a.O., Bem. 2; RGRK-Dickescheid, 12. Aufl.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">§ 1767 Rdnr. 10. </p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Da eine weitere Anhörung, wie dargelegt, angezeigt ist, war die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses an die Vorinstanz zurückzuverweisen.</p>
|
315,144 | lg-arnsberg-1990-02-01-7-o-30689 | {
"id": 801,
"name": "Landgericht Arnsberg",
"slug": "lg-arnsberg",
"city": 384,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 7 O 306/89 | 1990-02-01T00:00:00 | 2019-03-13T14:47:30 | 2022-10-18T15:08:59 | Teil-Versäumnis- und Schlussurteil | ECLI:DE:LGAR:1990:0201.7O306.89.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger </p>
<p>7.500,00 DM (i.W. siebentausendfünfhundert Deutsche Mark) nebst 4 % Zinsen ab dem 30. Oktober 1989 zu zahlen.</p>
<p>Hinsichtlich des Feststellungsantrages zu Ziffer II wird die Klage abgewiesen.</p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 3/5, die Beklagten zu 2/5.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 9.000,00 DM.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der am 18.08.1969 geborene Kläger wurde am 19.10.1986 als Mopedfahrer bei einem Verkehrsunfall verletzt, den der Beklagte zu 1) allein verschuldet hatte. Der Beklagte zu 2) ist die eintrittspflichtige Haftpflichtversicherung des Beklagten zu 1). Der Kläger erlitt im einzelnen bei dem Unfall folgende Verletzungen:</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Offene distale Unterarmtrümmerfraktur links,</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Mittelhandknochenfraktur links,</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Tibiakopffraktur am linken Bein.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Zur unmittelbaren Behandlung der erlittenen Knochenbrüche mußte sich der Kläger zunächst zwei Operationen unterziehen, einer am 23.10.1986 (Osteosynthese der Unterarmtrümmerfraktur, Reposition des Mittelhandknochens, Fixierung mit Drähten) und einer weiteren am 03.11.1986 (offene Reposition und Plattenosteosynthese der Tibiakopffraktur). Die stationäre Behandlung dauerte zunächst vom 19.10.1986 bis zum 26.01.1987. Danach bestand im Zeitraum bis zum 09.02.1987 eine Minderung der Erwerbsfähigkeit zu 80 %, vom 09.02.1987 bis 09.11.1987 zu 30 % und vom 09.11.1987 bis zum 30.11.1987 zu 20 %. Im Zeitraum vom 01.12. bis 16.12.1987 wurde der Kläger erneut zwecks Entfernung der Implantate stationär behandelt.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Nach dem von dem Beklagten zu 2) vorgerichtlich eingeholten Arztbericht des Prof. Dr. T. vom 11.07.1988 besteht beim Kläger eine dauerhafte Einschränkung der Beweglichkeit und Belastbarkeit der betroffenen Gelenke. Ferner ist danach mit posttraumatisch bedingten früharthrotischen Veränderungen in den betroffenen Gelenken zu rechnen. Eine dauernde Minderung der Erwerbsfähigkeit wird mit 20 % angegeben.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die bisherigen Sachschäden des Klägers sind vom Beklagten zu 2) ausgeglichen worden. Auf die Schmerzensgeldansprüche zahlte er bereits vorgerichtlich 17.500,-- DM. Im Schreiben vom 28.03.1989 an die Prozeßbevollmächtigten des Klägers erklärte der Beklagte zu 2) seine Bereitschaft, auch die künftigen Schäden des Klägers zu ersetzen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Mit seinen ursprünglichen Klageantrag zu Ziffer 1) hat der Kläger Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes für den Zeitraum vom 19.10.1986 bis 31.10.1989 abzüglich bereits gezahlter 17.500,-- DM nebst 4 % Zinsen aus dem Differenzbetrag seit dem 07.01.1988 verlangt. Mit dem ursprünlgichen Klageantrag zu Ziffer 2) hat er beantragt festzustellen, daß die Beklagten verpflichtet sind, dem Kläger sämtliche materielle und immaterielle Schäden – letztere, soweit sie nach dem 31.10.1989 entstehen – aus dem Unfall vom 19.10.1986 zu zahlen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Er ist der Ansicht, die erlittenen erheblichen Verletzungen, die sich daran anschließenden zum Teil schmerzhaften Behandlungen und die lange Behandlungsdauer rechtfertigen ein weitaus höheres Schmerzensgeld, als vom Beklagten zu 2) bereits gezahlt. Zu berücksichtigen sei, daß er erheblich in seiner Lebensführung eingeschränkt sei, da er nicht mehr Sport treiben könne und insoweit von den Freizeitaktivitäten seiner Bekannten weitgehend ausgeschlossen sei. Er behauptet des weiteren, der Umstand, daß er eine Jahrgangsstufe in der Schule habe wiederholen müssen, sei ursächlich auf die lange Krankenhausbehandlung infolge des Unfalls zurückzuführen. Hierdurch werde künftig ein Verdienstausfall entstehen, da er erst ein Jahr später mit der Berufsausübung beginnen könne.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt nunmehr,</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:57px">die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn ein weiteres Schmerzensgeld nebst 4 % Zinsen seit dem 30.10.1989 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Den ursprünglichen Feststellungsantrag zu Ziffer 2) hat er in der mündlichen Verhandlung vom 01.02.1990 nicht gestellt.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten beantragten,</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:57px">Die Klage abzuweisen, und zwar hinsichtlich des Feststellungsantrages zu Ziffer 2) durch Versäumnisurteil.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Sie sind der Ansicht, daß die geschilderten Verletzungen kein über den bereits gezahlten Betrag hinausgehendes Schmerzensgeld rechtfertigen. Ernsthafte Dauerschäden seien nicht zu befürchten. Die Behandlung des Klägers sei abgeschlossen. Sie bestreiten, daß das Wiederholen eines Schuljahres ursächlich auf den Unfall zurückzuführen ist.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen, insbesondere auf den Arztbericht Prof. Dr. T. vom 11.07.1988 (Bl. 10-18 d.A.) verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe</b></p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich des Schmerzensgeldantrages zu Ziffer 1) ist die Klage in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Hinsichtlich des Feststellungsantrages zu Ziffer 2) war die Klage durch Versäumnisurteil auf Antrag der Beklagten abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Der Kläger kann gemäß §§ 823, 847 BGB, 3 Nr. 1 und 2 PflVG von den Beklagten als Gesamtschuldnern über die bereits gezahlten 17.000,-- DM hinaus Zahlung eines weiteren Schmerzensgeldes in Höhe von 7.500,-- DM verlangen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Grundlage für die Bemessung des Schmerzensgeldes sind die Verletzungen des Klägers und deren Folgen, wie sie sich aus dem vom Beklagten zu 2) vorgerichtlich eingeholten Arztbericht des Herrn Prof. Dr. T. vom 11.07.1988 ergeben. Über die Verletzungsfolgen selbst besteht zwischen den Parteien kein Streit, lediglich über die sich daraus ergebenden rechtlichen Folgen für die Bemessung des Schmerzensgeldes oder die Frage, ob gegebenenfalls ein Teilschmerzensgeld für einen bestimmten abgrenzbaren Zeitraum in Betracht kommt.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Zu berücksichtigen waren demnach zunächst die Schwere der vom Kläger erlittenen Verletzungen an Bein und Arm, die sich daran anknüpfende Dauer der stationären Behandlungen vom 19.10.1986 bis 26.01.1987 und vom 01.12. bis 16.12.1987, die damit verbundenen Operationen am 23.10., 03.11.1986 sowie das operative Entfernen der Implantate. Der Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit betrug nach den Feststellungen des Prof. Dr. T. in der Zeit außerhalb der stationären Behandlungen vom 26.01.1987 bis 09.02.1987 80 %, vom 0 9.02. bis 09.11.1987 30 % und vom 09.11.1987 bis 30.11.1987 20 %. Ferner stellt der Sachverständige eine dauernde Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 % fest. Es kann ferner davon ausgegangen werden, dass der Kläger während der Behandlungszeit und auch darüberhinaus trotz erfolgreichen Behandlungsverlaufes erheblich in seiner Bewegungsfähigkeit eingeschränkt ist und aufgrund der geringeren Belastbarkeit der betroffenen Gelenke auch nicht mehr in der Lage ist, Sport zu treiben, wie Surfen, Skifahren, Radfahren und dergleichen. Die Kammer geht auch davon aus, daß die lange Dauer der stationären Behandlung zumindest in erheblicher Weise mit dazu beigetragen hat, daß der Kläger das betreffende Schuljahr bzw. die Jahrgangsstufe wiederholen mußte. Es ist nur allzu naheliegend, daß das Versäumen von etwa 3 ½ Unterrichtsmonaten während des entscheidenden ersten Schulhalbjahres letztlich dazu geführt hat, daß die Jahrgangsstufe wiederholt werden mußte. Einer vollständigen Klärung der Frage, inwieweit der Unfall letztlich alleinige oder doch weit überwiegende Ursache für den Schuljahresverlust war, bedarf es hingegen zur Bemessung des Schmerzensgeldanspruchs nicht. Entscheidende Bedeutung kommt dieser Frage erst bei der Geltendmachung eines eventuellen künftigen Verdienstausfallschadens zu.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Schon jetzt können bei der Bemessung des Schmerzensgeldes darüberhinaus auch die sich abzeichnenden Dauerfolgen berücksichtigt werden, wie sie im Arztbericht vom 11.07.1988 niedergelegt sind, nämlich eine dauernde Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 %, eine dauerhafte eingeschränkte Belastbarkeit der betroffenen Gelenke und eine Neigung zu früharthrotischen Veränderungen. Zu berücksichtigen ist dabei auch eine davon ausgehende Unsicherheit und psychische Belastung des Klägers hinsichtlich noch künftig eintretender gravierender Veränderungen und Verschlechterungen, die heute zumindest nicht ausgeschlossen werden können. Der tatsächliche Eintritt derartiger gravierender Schadensfolgen –etwa eine erhebliche weitere Minderung der Erwerbsfähigkeit aufgrund des Unfalls, eine Versteifung der betroffenen Gelenke etc.- ist hingegen bei der Bemessung des Schmerzensgeldes naturgemäß nicht berücksichtigt. Unter Berücksichtigung all dieser Umstände, auch des Verschuldens des Beklagten zu 1) und des im wesentlichen abgeschlossenen guten Heilungsverlaufs erschien der Kammer ein Schmerzensgeld von insgesamt 25.000,-- DM angemessen, aber auch ausreichend. Die Beklagten sind demgemäß noch zur Zahlung eines weiteren Schmerzensgeldes von 7.500,-- DM verpflichtet.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Der Zinsanspruch beruht auf § 291 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 2, 709 ZPO.</p>
|
315,145 | ovgnrw-1990-01-31-2-a-112486 | {
"id": 823,
"name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen",
"slug": "ovgnrw",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": null
} | 2 A 1124/86 | 1990-01-31T00:00:00 | 2019-03-13T14:47:31 | 2022-10-18T15:08:59 | Beschluss | ECLI:DE:OVGNRW:1990:0131.2A1124.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des bei
zutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in derselben
Höhe leistet.</p>
<p></p>
<p>Die Revision wird nicht zugelassen.</p>
<p></p>
<p>Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 2.075,- DM festgesetzt.</p>
<p></p>
<p></p>
<p></p>
<p>
</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"> Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks D.straße ... in .... Mit
Abgabenbescheid vom 30. August 1984 zog der Beklagte den Kläger zu weiteren
Kanalbenutzungsgebühren für das Grundstück für die Jahre, 1981 und 1982 in Höhe
von insgesamt 2.075,64 DM heran. Es handelte sich dabei um eine Nachveranlagung
auf der Grundlage der tatsächlichen Wasserverbrauchsmengen dieser Jahre unter
Berücksichtigung der bisherigen Vorausleistungen. Der dagegen eingelegte
Widerspruch des Klägers blieb ohne Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Zur Begründung seiner beim Verwaltungsgericht erhobenen Klage hat der Kläger
im wesentlichen ausgeführt, daß er nicht nachträglich mit Gebühren belastet werden
dürfe. Denn diese könne er wegen der mietrechtlichen Vorschriften nicht mehr auf
seine Mieter umlegen. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die von
der Rechtmäßigkeit der Nachveranlagung bei der Grundsteuer ausgehe, sei auf
Kommunalabgaben nicht übertragbar.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">den Gebührenbescheid des Beklagten vom 30. August 1984 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 2. Januar 1985 aufzuheben.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Er hat ausgeführt, daß eine Heranziehung zu Benutzungsgebühren innerhalb der
Verjährungsfrist jederzeit möglich sei. Dabei komme es nicht darauf an, ob der Kläger
aus mietrechtlichen Gründen die Gebühren noch auf seine Mieter umlegen könne.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Durch das angefochtene Urteil hat das Verwaltungsgericht der Klage
stattgegeben. Es hat ausgeführt, daß der Heranziehungsbescheid rechtswidrig sei,
weil die ihm zugrundeliegende Satzung unwirksam sei. Sie enthalte keinen
ausreichenden Verteilungsmaßstab. Der verwandte Frischwassermaßstab verstoße
gegen § 6 Abs. 3 Satz 2 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-
Westfalen und gegen das bundesrechtliche Äquivalenzprinzip, weil für Grundstücke,
von denen erhebliche Mengen Schmutzwasser und nur verhältnismäßig wenig
Niederschlagswasser eingeleitet werde, keine Gebührendegression vorgesehen
sei.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Dagegen richtet sich die vom Beklagten eingelegte Berufung. Der Beklagte ist der
Ansicht, daß die Satzung eine wirksame Rechtsgrundlage darstelle. Denn der
Frischwassermaßstab des § 2 Abs. 2 der Satzung verstoße nicht gegen das
Äquivalenzprinzip und damit nicht gegen § 6 Abs. 3 Satz 2 KAG. Denn der Anteil der
Kosten der Oberflächenentwässerung an den Gesamtkosten der
Abwasserbeseitigung liege tatsächlich unterhalb der kritischen Grenze, ab der nach
der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine degressive
Gebührensatzstaffelung oder sogar die Festsetzung einer separaten Gebühr für die
Oberflächenentwässerung erforderlich werde. Dies ergebe sich aus der vom Rat
gebilligten Kostenbedarfsberechnung. Aus dieser ergebe sich, daß der Kostenanteil
für die Oberflächenentwässerung unter Berücksichtigung des von der Gemeinde
übernommenen Anteils der Allgemeinheit sich auf etwa 2,2 bis 9,5 % der
Gesamtkosten belaufe. Die kosten der Oberflächenentwässerung seien entsprechend
der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in der Weise ermittelt worden,
daß nur die Kosten der Oberflächenentwässerung zugerechnet worden seien, die
eindeutig und ausschließlich durch die Oberflächenentwässerung verursacht worden
seien. Danach sei der Anteil der Kosten der Oberflächenentwässerung an den
Gesamtkosten geringfügig und verstoße nicht gegen das bundesrechtliche
Äquivalenzprinzip und gegen § 6 Abs. 3 Satz 2 KAG. Demgegenüber habe das
Verwaltungsgericht, zu Unrecht darauf abgestellt, daß die Satzung bei Benutzung nur
der Schmutzwasserentwässerung oder nur der Oberflächenentwässerung für die
Schmutzwasserentwässerung die Gebühr auf 70 % und bei einem Anschluß nur an die
Oberflächenentwässerung die Gebühr auf 30 % der Vollgebühr festsetze. Diese
Teilgebührensätze seien zu Recht nicht nach den jeweiligen Kosten, sondern nach der
jeweiligen Inanspruchnahme festgesetzt worden.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">das angefochtene Urteil zu ändern und</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt sinngemäß,</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der
Beteiligten im übrigen wird auf die Verfahrensakten, die Akten des Parallelverfahrens
2 A 969/86 und die zu beiden Verfahren vom Beklagten vorgelegten
Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Der Senat kann über die zulässige Berufung gemäß Art. 2 § 5 des Gesetzes zur
Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit durch Beschluß
entscheiden, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche
Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind hierzu gehört worden.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben, da der
Heranziehungsbescheid des Beklagten vom 30. August 1984 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 2. Januar 1985 rechtswidrig ist und den Kläger in
seinen Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung -
VwGO -).</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Dem Heranziehungsbescheid fehlt es an einer wirksamen Rechtsgrundlage. Denn
die Benutzungsgebührensatzung zur Entwässerungssatzung der Stadt ... vom 27.
November 1981 in der Fassung der ersten Änderungssatzung vom 17. Dezember
1982 ist unwirksam. Entgegen § 2 Abs. 1 des Kommunalabgabengesetzes für das
Land Nordrhein-Westfalen - KAG - enthält die Satzung keinen gültigen Maßstab für die
Ermittlung der Gebührenhöhe. Der in § 2 der Satzung vorgesehene.
Frischwassermaßstab ohne eine Degression für Großverbraucher genügt nicht den
Anforderungen des § 6 Abs. 3 Satz 2 KAG.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Der Senat läßt offen, ob diese Maßstabsregelung deswegen rechtswidrig ist, weil
sie gegen das bundesrechtliche Äquivalenzprinzip verstößt. Dieses ist nur verletzt,
wenn eine gröbliche Störung des Ausgleichsverhältnisses zwischen der Gebühr und
dem Wert der Leistung für den Empfänger vorliegt.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Vgl. Bundesverwaltungsgericht - BVerwG -, Beschluß vom 25. März 1985 - 8 B
11.84 -, KStZ 1985, 129 ff und Urteil vom 16. September 1981 - 8 C 48.81 -,
Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 45 S. 11 (16) mit weiteren
Nachweisen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Eine solche gröbliche Verletzung besteht nach der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts bei Verwendung des Frischwassermaßstabes auch für die
Ableitung des Niederschlagswassers nicht, wenn die durch Gebühren zu deckenden
Kosten der Regenwasserbeseitigung von den angeschlossenen Grundstücken
geringfügig sind.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Beschluß vom 25. März 1985, a.a.O. und Urteil vom 26. Oktober
1977 - VII C 4.76 -, Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 37 S. 34 (37).</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte geht davon aus, daß die durch die Regenwasserableitung
entstehenden Gebühren geringfügig seien und beruft sich dafür auf eine vom Rat
gebilligte Gebührenkalkulation, die für die Jahre 1981 und 1985 einen Gebührenanteil
zwischen 1 und 9 % ausweist. Die dieser Kalkulation zugrundeliegende
Kostenermittlung ist in der Weise erfolgt, daß der durch die Einbeziehung der
Niederschlagswasserentwässerung für die Gemeinschaftsanlage
Mischwasserkanalisation entstandene Aufwand dem Aufwand gegenübergestellt wird,
der allein für eine Schmutzwasserkanalisation entstanden wäre, lediglich der
Mehraufwand wird der Oberflächenentwässerung zugeordnet und zur Grundlage der
Ermittlung des auf sie entfallenden Kostenanteils gemacht. Der Beklagte beruft sich
darauf, daß das Bundesverwaltungsgericht festgestellt habe, daß eine solche
Ermittlung des Kostenanteils nicht gegen Bundesrecht verstoße. Dies trifft zwar zu.
Doch hat das Bundesverwaltungsgericht</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">in dem Beschluß vom 25. März 1985, a.a.O.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">offengelassen, inwieweit eine solche Ermittlung mit dem jeweiligen Landesrecht
vereinbar ist. Darauf kommt es aber an; denn die Erhebung kommunaler
Benutzungsgebühren unterliegt der Regelung des Landesrechts. Gegen eine solche
Kostenermittlung könnten aus landesrechtlicher Sicht Bedenken bestehen. Eine solche
Ermittlung beruht auf der Erwägung, daß die Kanalisation einschließlich der Klärwerke
in erster Linie der Ableitung und Klärung des Schmutzwassers dient und deshalb die
Kosten für die Kanalisation auch in erster Linie durch die Schmutzwasserableitung und
Klärung verursacht werden. Die Ableitung des Niederschlagswassers wird
demgegenüber nur als nebensächlich angesehen, weil seiner Ableitung und Klärung
keine besondere Bedeutung zukomme. Zur Erhebung von Abwasserabgaben für
Niederschlagswasser hat der</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Senat in dem Urteil vom 14. Februar 1989 - 2 A 761/88 -</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">jedoch entschieden, im Jahre 1983 habe es den allgemein anerkannten Regeln der
Technik (§ 57 Abs. 1 des Landeswassergesetzes) entsprochen, daß auch
Miederschlagswasser biologisch geklärt werden müsse. Daraus folgt, daß es den
allgemein anerkannten Regeln der Technik auch im Jahre 1983 entsprach,
Niederschlagswasser im wesentlichen in gleicher Weise wie Schmutzwasser
abzuleiten und einer biologischen Klärung zuzuführen. Daraus könnte der Schluß zu
ziehen sein, daß der Ableitung und Klärung von Niederschlagswasser in etwa die
gleiche Bedeutung zukommt wie der Ableitung und Klärung von Schmutzwasser. Dies
wiederum könnte dagegen sprechen, die Kosten einer Mischwasserkanalisation als im
wesentlichen durch die Schmutzwasserbeseitigung verursacht anzusehen.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Der Senat braucht diese Frage jedoch nicht abschließend zu entscheiden. Denn
der in § 2 der Satzung vorgesehene Frischwassermaßstab verstößt zumindest gegen
die Regelung des § 6 Abs. 3 Satz 2 KAG. Danach kann, wenn ein
Wirklichkeitsmaßstab besonders schwierig oder wirtschaftlich nicht vertretbar ist, ein
Wahrscheinlichkeitsmaßstab gewählt werden, der nicht in einem offensichtlichen
Mißverhältnis zu der Inanspruchnahme stehen darf. Dieser Anforderung genügt der in
der Satzung vorgesehene Frischwassermaßstab nicht, da er hinsichtlich der
Bemessung der Gebühr für die Niederschlagswasserableitung zu der
Inanspruchnahme der Abwasseranlage in einem offensichtlichen Mißverhältnis steht.
Da § 6 Abs. 3 Satz 2 KAG nur auf die Inanspruchnahme und nicht auf die Kosten
abstellt, ist entgegen der Ansicht des Beklagten § 6 Abs. 3 Satz 2 KAG nicht bereits
dann beachtet, wenn das bundesrechtliche Äquivalenzprinzip nicht verletzt wird. Das
bundesrechtliche Äquivalenzprinzip bestimmt lediglich die äußersten Grenzen, bei
deren Überschreitung die Gebührenbemessungsregelung in der Satzung auf jeden Fall
und unabhängig von der jeweiligen landesrechtlichen Regelung unwirksam ist. Es dient
dem Schutz des Gebührenpflichtigen, erweitert aber nicht die Grenzen, die den
Gemeinden durch das insoweit allein maßgebliche Landesrecht gezogen sind. Nach
dem hier anzuwendenden Landesrecht ist eine Störung des Ausgleichsverhältnisses
zwischen der Gebühr und dem Wert der Leistung (schon) dann gröblich, wenn das
Mißverhältnis des Maßstabes zu der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung
offensichtlich ist. Ob dies der Fall ist, hängt von dem Verhältnis der
Gebührenbemessung zu der Erfassung von Art und Umfang der Inanspruchnahme
ab.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Zwar ist der Frischwassermaßstab auch für die Bemessung der
Niederschlagswassergebühr ein grundsätzlich zulässiger Wahrscheinlichkeitsmaßstab.
Dies hat der Senat in ständiger Rechtsprechung anerkannt.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Vgl. Urteile des Senats vom 22. März 1982 - 2 A 1584/79 -, Gemht 1983, 69,
Urteil vom 8. August 1984 - 2 A 2501/78 -, Gemht 1985, 44 = StGR 1985, 388 und
Beschluß des Senats vom 11. Januar 1989 2 B 696/88 -.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Der Anwendung dieses Maßstabes liegt die Wahrscheinlichkeitsannahme
zugrunde, daß zwischen den Mengen des abgeleiteten Schmutzwassers und des
Niederschlagswassers eine gewisse Relation besteht. Die Menge des abgeleiteten
Regenwassers hängt von der Menge des auf dem befestigten Teil der
Grundstücksfläche niedergehenden Regens ab. Die Größe des befestigten Teils der
Grundstücksfläche steht (noch) in einem gewissen Zusammenhang mit der Zahl der
Bewohner des Grundstücks bzw. der Nutzung des Grundstücks, von der die Menge
des dem Grundstück zugeführten Frischwassers abhängt, die für die Bemessung des
abgeleiteten Schmutzwassers maßgebend ist. Ein solcher Zusammenhang zwischen
der Menge des abgeleiteten Schmutzwassers und des Niederschlagswassers ist
denkbar und nicht offensichtlich unmöglich. Dies reicht zur Annahme eines zulässigen
Wahrscheinlichkeitsmaßstabes aus.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Allerdings ist offensichtlich, daß es Fälle geben kann, in denen diese Relationen
nicht mehr gewahrt ist. Dies ist der Fall, wenn einem verhältnismäßig kleinen
Grundstück sehr viel Frischwasser zugeführt wird, das dann als Schmutzwässer der
Kanalisation zugeleitet wird. Diese Situation trifft entweder bei intensiverer
Grundstücksnutzung in Kerngebieten (hohe Büro-, Geschäfts-, und
Verwaltungsgebäude mit kleinen Grundflächen), in Gewerbe- und Industriegebieten
(bei Gewerbenutzungen mit intensivem Wasserverbrauch) und auch bei hohen
Wohngebäuden mit intensiver Wohnnutzung auf. Daß in derartigen Fällen ein
Mißverhältnis zwischen Schmutzwasserableitung und Niederschlagswasserableitung
entsteht, ist ohne Schwierigkeiten feststellbar. So geht z.B. die vom Rat der Stadt ...
gebilligte Kalkulation davon aus, daß das Verhältnis der Inanspruchnahme der
Schmutzwasserableitung zur Niederschlagswasserableitung 70 zu 30 beträgt. Dieses
Verhältnis ist aufgrund einer Durchschnittsannahme für mit Wohnhäusern bebaute
Grundstücke, nämlich 3,5 Einwohner pro Grundstück, einem täglichen
Wasserverbrauch von 150 l pro Einwohner und einer befestigten Fläche pro
Grundstück von 175 qm bei einer zu berücksichtigenden jährlichen
Niederschlagsmenge von 510 mm je cm² ermittelt worden. Aufgrund dieser
Berechnung laßt sich ohne weiteres feststellen, wann bei größeren Mengen
zugeführten Frischwassers dieses Verhältnis offensichtlich nicht mehr besteht. Der
Senat hat in ständiger Rechtsprechung anerkannt, daß bei einer offensichtlichen
Störung des angenommenen Verhältnisses in Einzelfällen dieses Mißverhältnis durch
Billigkeitsmaßnahmen gemäß der §§ 163 bzw. 227 der Abgabenordnung 1977
beseitigt werden kann.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Vgl. Urteile des Senats vom 22. März 1982, a.a.O. und vom 8. August 1984,
a.a.O.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Er hat aber auch ausgeführt, daß Billigkeitsmaßnahmen nicht ausreichen, wenn es
sich nicht nur um wenige Einzelfälle handelt, sondern die angenommene Relation
offensichtlich in größerem Umfange gestört ist, wie dies bei Gemeinden mit häufigerer
intensiver Grundstücksnutzung der Fall ist. In diesen Fällen muß das Eintreten eines
offensichtlichen Mißverhältnisses der Bemessung der Gebühr, soweit sie die
Gegenleistung für die Niederschlagswasserableitung darstellt, durch eine generelle
Regelung in der Satzung verhindert werden. Falls die Gemeinde sich nicht dazu
entschließen kann, eine besondere Niederschlagswassergebühr einzuführen, deren
Höhe sich an der angeschlossenen überbauten und befestigten Grundstücksfläche
orientiert, muß sie den Frischwassermaßstab zumindest durch eine ausreichende
Gebührendegression modifizieren, über deren Einzelheiten der Ortsgesetzgeber unter
Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse zu befinden hat.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Vgl. die Urteile des Senats vom 22. März 1982, a.a.O. und 8. August 1984,
a.a.O. und Beschluß des Senats vom 11. Januar 1989, a.a.O.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Die Satzung der Stadt ... sieht weder eine nach einem besonderen Maßstab zu
bemessende Niederschlagswassergebühr noch eine Gebührendegression im Rahmen
des Frischwassermaßstabes vor. Eine von beiden Regelungen ist aber erforderlich
weil, offensichtlich ist, daß das angenommene Verhältnis der Inanspruchnahme von 70
zu 30 in einer größeren Zahl von Fällen gestört ist. Im fraglichen Zeitraum gab es nach
Angaben des Beklagten in dem Verfahren 2 A 969/86 23 Gewerbebetriebe und 12
sonstige Einrichtungen, die einen Wasserverbrauch zwischen 44.000 m³ und 2.500 m³
aufwiesen. Außerdem gab es 40 Wohnhäuser mit mehr als sieben Geschossen, in
denen jeweils, soweit die Verbrauchsmengen vom Beklagten angegeben worden sind,
zwischen 2.500 und etwa 20.000 m³ Frischwasser verbraucht worden sind. Der
Beklagte hat keinerlei Unterlagen dafür vorgelegt, daß in diesen Fällen das von der
Satzung zugrundegelegte Verhältnis der Inanspruchnahme auch nur annähernd
eingehalten ist. Aus den dem Senat in dem Verfahren 2 A 969/86 gemachten Angaben
ergibt sich, daß auch bei den hohen Wohngebäuden das von der Satzung
zugrundegelegte Verhältnis offensichtlich nicht mehr besteht. Das Grundstück, zu dem
der Beklagte genaue Angaben gemacht hat, weist eine Gesamtgröße von 18.744 qm
auf. Es ist mit acht Wohngebäuden (zwei dreigeschossige, zwei viergeschossige, ein
sechsgeschossiges, zwei achtgeschossige und ein neungeschossiges) bebaut. Die
befestigte Fläche des gesamten Grundstücks beträgt nach Angaben des Beklagten
etwa 50 % = 9.372 qm. Soweit der Beklagte in einer Berechnung vom 17. Februar
1986 von 85 % befestigter Fläche ausgeht, kann der Senat dem nicht folgen. Denn in
dieser Berechnung hat der Beklagte als befestigte Flächen auch Böschungs- und
Parkflächen angesehen, von denen seiner Ansicht nach auch Niederschlagswasser auf
andere befestigte Flächen und von dort in die Kanalisation gelange. Dem kann nicht
gefolgt werden, da der Begriff der befestigten Fläche voraussetzt, daß es sich nicht
um die natürliche Erdoberfläche handelt, sondern daß diese mit bestimmten
Materialien derart versehen worden ist, daß Regenwasser in ganz überwiegendem
Umfang nicht eindringen kann.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Geht man mit dem Beklagten davon aus, daß im Bereich der Stadt ... jährlich, eine
Menge von 510 mm je cm² von befestigten Flächen abfließt, so ergibt sich daraus für
das angegebene Grundstück bei 9.372 m² ein jährlicher Niederschlagswasserabfluß
von 4.779 m³. Stellt man diesem den vom Beklagten angegebenen
Frischwasserverbrauch des Grundstücks von jährlich 30.468 m³ gegenüber, so ergibt
sich ein Verhältnis zwischen Schmutzwasserabfluß und Regenwasserabfluß von 86,44
zu 13,56. Berücksichtigt man dann noch dabei, daß nur drei der auf diesem
Grundstück stehenden Gebäude mehr als sieben Geschosse aufweisen, so ergibt sich
aus den vom Beklagten gemachten Angaben, daß zumindest für sieben- und
mehrgeschossige Gebäude von einem offensichtlichen Mißverhältnis zwischen
Schmutzwasserabfluß und Niederschlagswasserabfluß auszugehen ist.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Soweit der Beklagte ausführt, Wohngebäude könnten nicht als Großverbraucher
angesehen werden, weil es sich dabei um zahlreiche einzelne Parteien handele, die
wohl nur aus Kostengründen auf separate Wasseranschlüsse verzichtet hätten, so
kann, dem nicht gefolgt werden. Das nach § 2 Abs. 2 der Gebührensatzung dem
Gebührenmaßstab zugrundeliegende Verhältnis zwischen Schmutzwassereinleitung
und Niederschlagswassereinleitung legt die von einem Grundstück jeweils
eingeleiteten Mengen dieser beiden Abwasserarten zu Grunde. Anknüpfungspunkt für
die Bemessung ist das jeweilige Grundstück, zumal auch nur für das Grundstück die
Niederschlagswassermenge ermittelt werden kann. Wieviele einzelne Parteien auf
einem Grundstück wohnen, ist dagegen unerheblich.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Irgendwelche weiteren Umstände, aus denen sich ergeben könnte, daß ein
solches offensichtliches Mißverhältnis nicht besteht, sind vom Beklagten nicht
vorgetragen worden und auch den von der Verwaltung dem Rat vorgelegten
Kalkulationsunterlagen nicht zu entnehmen. Diese stellen nur auf den Kostenanteil der
Regenwasserentwässerung ab, während sie sich zum Verhältnis der Inanspruchnahme
bei besonders intensiv genutzten Grundstücken nicht verhalten.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 2, § 173 VwGO i.V.m. § 708
Nr. 13, § 711 der Zivilprozeßordnung.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 nicht
gegeben sind. Denn bei dem Begriff der Inanspruchnahme handelt es sich um eine
ausschließlich landesrechtliche Regelung.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">
</p>
|