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314,944 | olgk-1991-05-16-5-u-12390 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
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} | 5 U 123/90 | 1991-05-16T00:00:00 | 2019-03-13T14:42:10 | 2022-10-18T15:09:27 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1991:0516.5U123.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Klägers wird das am 08.05.1990 verkündete Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 25 0 415/89 - teilweise geändert und wie folgt neu gefaßt:</p>
<p>1.</p>
<p>Es wird festgestellt, daß die vom Kläger unter der Versicherungsscheinnummer 111111111 abgeschlossene Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeitsversorgung gemäß dem Inhalt des Nachtrages vom 16.03.1982 und der später erteilten Nachträge fortbesteht.</p>
<p>2.</p>
<p>Die Beklagte wird unter Klageabweisung im übrigen verurteilt, an den Kläger ab 01.10.1988 bedingungsgemäß, jedoch längstens bis zum 01.06.1992, eine monatliche Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von 920,90 DM zu zahlen, die Rückstände sofort, die in Zukunft fällig werdenden Beträge jeweils am 1. eines jeden Monats im voraus,</p>
<p></p>
<p>nebst 4 % Zinsen a) auf die Rückstände vom 01.10.1988 - 30.11.1989 ab 01.12.1989 und b) für die ab 01.12.1989 fälligen Rückstände jeweils ab dem 1. des Fälligkeitsmonats; darüber hinaus und weiteren</p>
<p>8,25 % Zinsen von 6.000,00 DM für Juli 1990,</p>
<p>weiteren 8,25 % Zinsen von 7.000,00 DM für August 1990, weiteren 8,25 % Zinsen von 10.000,00 DM für September 1990,</p>
<p>weiteren 8,25 % Zinsen von 14.000,00 DM für die Zeit vom 01. bis zum 03.10.1990,</p>
<p>weiteren 8,75 % Zinsen von 14.000,00 DM für die Zeit vom 04. bis zum 31.10.1990,</p>
<p>weiteren 8,75 % Zinsen von 18.000,00 DM für November 1990 und weiteren 8,75 % Zinsen von</p>
<p>20.000,00 DM ab 1. Dezember 1990.</p>
<p>Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 48.000,00 DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p>
<p>Beiden Parteien wird gestattet, die Sicherheitsleistung auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen Sparkasse oder Volksbank zu erbringen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Tatbestand</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der im Jahre 1932 geborene Kläger schloß am 22.05.1974 mit der Beklagten eine Kapital-Lebensversicherung
unter Einschluß einer Berufsunfähigkeits-Versorgung ab. Versicherungsbeginn war der 01.06.1974, Ablauf ist der
01.06.1992. Die Versicherungssumme betrug 47.350,00 DM, bei Unfalltod in doppelter Höhe. Die
Berufsunfähigkeits-Rente betrug 473,50 DM.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Allgemeinen Bedingungen für die Lebensversicherung (ALB) und die Besonderen Bedingungen für die
Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (BUZ) sind vereinbart.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Am 10.02.1981 schrieb der Kläger an die Beklagte wie folgt:</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">"...teile Ihnen mit, daß ich ab 01.03.81 - 31.10.81 kein Einkommen habe, da ich an einem Schulungslehrgang
teilnehme.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Möchte daher meine Lebensversicherung bis zum 31.12.81 beitragsfrei stellen lassen..."</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die. Beklagte wandelte daraufhin den Versicherungsvertrag in eine beitragsfreie Versicherung um und übersandte. dem
Kläger den Nachtrag zum Versicherungsschein vom 17.02.1981. Danach betrug die Versicherungssumme 26:039,00 DM.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Im Februar 1982 übersandte die Beklagte dem Kläger einen Antrag auf Änderung der Versicherung: Der
Kläger verneinte die Gesundheitsfragen bis auf die Frage nach einer Beeinträchtigung der Sehfähigkeit, indem
er "Brillenträger" angab. Er befand sich jedoch seit 1979 in ständiger ärztlicher Behandlung, unter anderem
wegen Lumboischialgien und Myogelosen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Nachdem der Kläger das Formular am 19.02.1982 an die Beklagte zurückgesandt hatte, fertigte diese. den Nachtrag
vom 16.03.1982 aus. Im Begleitschreiben vom 26.03.1982 teilte die Beklagte dem Kläger unter anderem mit:</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">...der Versicherungsschutz war bisher durch eine befristete Aussetzung der Beitragszahlung unterbrochen. Die
rückständigen Beiträge haben wird durch eine Beginnverlegung ausgeglichen..."</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">In einem weiteren Nachtrag vom 05.01.1987 ist die Versicherungssumme mit 92.085,00 DM ausgewiesen, die monatliche
Zusatzrente mit 920,90 DM. Mit Schreiben vom 04.05.1987 teilte die Beklagte dem Kläger mit, daß die Gesamtleistung
im Todesfall 119.711,00 DM betrage.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 16.12.1988 unterrichtete der Kläger die Beklagte davon, daß er seit dem 27.09.1988
arbeitsunfähig sei, auch nicht mehr arbeiten könne, und beantragte Beitragsbefreiung und Zahlung der
Berufsunfähigkeits-Rente aus der abgeschlossenen Versicherung.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 10.05.1989 erklärte die Beklagte die Anfechtung des wieder inkraft gesetzten Vertrages wegen der
nicht angegebenen Erkrankungen und ärztlichen Behandlungen. Die Lebensversicherung wurde mit einer Versicherungssumme
von 26.039,00 DM beitragsfrei weitergeführt. Die Beklagte zahlte dem Kläger eine Rückvergütung in
Höhe von 39.001,15 DM aus.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat vorgetragen:</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Mit seinem Schreiben vom 10.02.1981 habe er nur eine befristete Aussetzung der Beitragszahlung erstrebt. Die Beklagte habe
auch in Kenntnis der Vorerkrankungen die Wiederinkraftsetzung des Vertrages nicht ablehnen dürfen, weil sie gegen
Aufklärungspflichten verstoßen habe.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">festzustellen, daß die mit dem am 16.03.1982 ausgestellten Nachtrag zum Versicherungsschein bestätigte
Wiederinkraftsetzung der bei der Beklagten unter der Versicherungsnummer 1111111 abgeschlossenen Lebensversicherung mit
Berufsunfähigkeitsversorgüng sowie die in dem gleichen Nachtrag und in den Folgejahren bestätigten
Erhöhungen der Versicherungssumme rechtswirksam sind;</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">2. </p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, an ihn ab 27.09.1988 bis zum 01.06.1992 eine monatliche Berufsunfähigkeitsrente in
Höhe von 920,90 DM zu zahlen, und zwar die Rückstände zuzüglich 4 % Zinsen vom 1. des
Fälligkeitsmonats an sofort, die in Zukunft fällig werdenden Zahlungen jeweils am 1. eines jeden Monats im
voraus.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Klageabweisung beantragt.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Sie hat vorgetragen:</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Der Kläger habe die Klagefrist versäumt, weil die Klage nicht ordnungsgemäß zugestellt worden sei.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Das Verlangen des Klägers sei eindeutig gewesen. Zu einer unaufgeforderten Aufklärung sei sie nicht verpflichtet
gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Der Kläger habe seine Vorerkrankungen bewußt ver- schwiegen, um sie zu einer Wiederinkraftsetzung der
Versicherung zu bewegen.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat die Klage durch Urteil vom 08.05.1990, auf das vollinhaltlich Bezug genommen wird, abgewiesen. Das
Landgericht ist von einer wirksamen Klageerhebung ausgegangen, weil die der Geschäftsstelle der Beklagten in L.
zugestellte Klage unmittelbar an den Vorstand der Beklagten in X. weitergeleitet worden sei. Die Klagefrist sei gewahrt.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Das Schreiben des Klägers vom 10.02.1981 könne nur als Umwandlungsbegehren aufgefaßt werden. Die wieder
inkraftgesetzte Versicherung sei durch die wirksame Arglistanfechtung der Beklagten als nichtig anzusehen.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Nachdem das vorbezeichnete Urteil dem Kläger am 18.05.1990 zugestellt worden war, hat er am 15.06.1990 einen Antrag
auf Gewährung von Prozeßkostenhilfe für eine beabsichtigte Berufung eingereicht, dem am 13.09.1990
stattgegeben worden ist. Nachdem der Beschluß des Senats dem Kläger am 19.09.1990 zugestellt worden war, hat er
am 01.10.1990 Berufung eingelegt, um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gebeten und das Rechtsmittel nach
Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 03.12.1990 am 28.11.1990 begründet.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Der Kläger wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend vor:</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Aus seinem Schreiben vom 10.02.1981 ergebe sich, daß er lediglich für einen relativ kurzen Zeitraum von 10
Monaten keine Beiträge habe zahlen wollen, er aber davon ausgegangen sei, daß die Versicherung nach Ablauf dieser
10 Monate ohne weiteres wie bisher fortgeführt werden würde. Eine Umwandlung sei erkennbar nicht gewollt gewesen.
Selbst wenn man dies anders sehe, hätte ihn die Beklagte über seine erkennbar irrigen Vorstellungen aufklären
müssen und ihm die Konsequenzen eines Antrages auf Umwandlung, nämlich den Verlust der
Berufsunfähigkeitsversorgung, aufzeigen müssen.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">ihm wegen der Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu
gewähren,</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach seinen erstinstanzlichen Schlußanträgen zu erkennen,</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, an ihn folgende weiteren Zinsen zu zahlen:</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">weitere 8,25 % Zinsen von 6.000,00 DM für den Monat Juli 1990,</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">weitere 8,25 % Zinsen von 7.000,00 DM für. August 1990,</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">weitere 8,25 % Zinsen von 10.000,00 DM für September 1990,</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">weitere 8,25 % Zinsen von 14.000,00 DM für die Zeit vom 01. bis zum 03.10.1990, weitere 8,75 % Zinsen von 14.000,00
DM vom 04. bis 31.10.1990,</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">weitere 8,75 % Zinsen von 18.000,00 DM für November 1990 und</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">weitere 8,75 % Zinsen von 20.000,00 DM ab Dezember 1990,</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">zu gestatten, Sicherheitsleistung auch durch Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen Sparkasse
oder Genossenschaftsbank zu erbringen.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">die Berufung und die Klageerweiterung zurückzuweisen,</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">ihr zu gestatten, Sicherheit auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank,
Genossenschaftsbank oder öffentlichen Sparkasse zu leisten.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Auch die Beklagte wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend vor:</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Es bestehe keine Pflicht des Versicherers, den Versicherungsnehmer auf die Rechtsfolgen hinzuweisen, die durch die
Umwandlung in eine beitragsfreie Versicherung einträten. Notfalls müsse der Versicherungsnehmer sich beraten
lassen. Aus. dem Antrag des Klägers ergebe sich nicht, daß er davon ausgegangen sei, die Versicherung werde
nach Ablauf von 10 Monaten ohne weiteres fortgeführt.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den gesamten vorgetragenen Akteninhalt Bezug
genommen.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe </u></p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Die Berufung des Klägers ist zulässig und auch in der Sache selbst bis auf einen geringen Teil
begründet.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">I. Dem Kläger ist wegen der Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand zu gewähren, weil er ohne sein Verschulden verhindert war, die Frist zur Einlegung der Berufung einzuhalten,
§ 233 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">II. Die Klage ist zum größten Teil begründet.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Die vom Kläger geschlossene Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung besteht nach
Maßgabe des Nachtrages vom 16.03.1982 und späterer Nachträge fort. Die Beklagte ist verpflichtet, dem
Kläger die vereinbarte Berufsunfähigkeitsrente seit dem 01.10.1988 zu zahlen, längstens bis zum 01.06.1992.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">1. Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen,</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">daß eine Versäumung der Klagefrist gemäß § 12 Abs. 3 VVG nicht vorliegt. Zur Vermeidung von
Wiederholungen nimmt der Senat insoweit auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug
(§ 543 Abs. 1 ZPO). Seitens der Beklagten wird dagegen im Berufungsverfahren auch nichts erinnert.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">2. Die Anfechtung der Beklagten bezüglich der durch Nachtrag vom 16.03.1982 wieder inkraft gesetzten Versicherung
des Klägers greift nicht durch.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Hierbei bedarf keiner Vertiefung und abschließenden Entscheidung, ob der Nachtrag vom 17.02.1981, mit dem die
Beklagte die Umwandlung in eine beitragsfreie Versicherung dokumentiert hat, schon deshalb keine Verbindlichkeit
gegenüber dem Kläger beanspruchen kann, weil sein Inhalt vom Antrag des Klägers abweicht und den Anforderungen
an die Genehmi- gungsfiktion gemäß § 5 Abs. 2 VVG nicht genügt ist.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Durch die Berufung auf die erklärte Anfechtung verstößt die Beklagte jedenfalls gegen die Grundsätze
von Treu und Glauben, weil dem Kläger aus dem Rechtsgrund der positiven Vertragsverletzung ein Schadensersatzanspruch
gegen die Beklagte zusteht. Der Kläger hat Anspruch darauf, so gestellt zu werden, wie wenn sein Antrag vom 10.02.1981
von der Beklagten zutreffend behandelt worden wäre. Die Beklagte hat ihre Pflichten aus dem
Versicherungsvertragsverhältnis schuldhaft verletzt, indem sie die Versicherung des Klägers auf den Antrag. vom
10.02.1981 in eine prämienfreie Versicherung umgewandelt hat (§§ 174 VVG, 5 Abs. 1 ALB) mit der Folge,
daß die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung in diesem Zeitpunkt erloschen ist (§ 9 Abs. 5 a BUZ).</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Das Umwandlungsverlangen nach § 174 VVG kann nur dann als wirksam gestellt angesehen werden, wenn sich aus der
Erklärung des Versicherungsnehmers klar und eindeutig der Wille ergibt, daß die Versicherung in eine
prämienfreie umgewandelt werden soll (BGH VersR 75, 1089, 1090). Dabei ist allerdings nicht ein ausdrückliches
Umwandlungsverlangen zu fordern, es muß nur der Sinn der Willensäußerung des Versicherungsnehmers eindeutig
auf eine Umwandlung gerichtet sein (Bruck/Möller, VVG, 8. Aufl., Bd. V/2 Anm. E 102).</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Dem Schreiben des Klägers vom 10.02.1981 kann der erforderliche klare und eindeutig auf eine Umwandlung im
vorbezeichneten Sinne gerichtete Wille nicht entnommen werden. Im Gegenteil ergibt sich daraus, daß der Kläger
die Lebensversicherung nicht auf Dauer beitragsfrei stellen wollte, sondern nur vorübergehend bis zum Ende des Jahres
1981. Ausdrücklich heißt es in dem Schreiben: "Möchte daher meine Lebensversicherung <u>bis zum 31.12.1981</u>
beitragsfrei stellen lassen." Der Kläger hatte hierfür auch einen Grund angegeben, nämlich den, daß er
ab 01.03.1981 bis 31.10.1981 kein Einkommen habe, da er an einem Schulungslehrgang teilnahm.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Das vorbezeichnete Schreiben des Klägers kann deshalb nur dahin verstanden werden, daß er vorübergehend
(für 10 Monate) von der Beitragszahlungslast befreit sein wollte, weil er wegen Einkommenslosigkeit die Beiträge
für die Versicherung nicht aufbringen konnte, den Versicherungsvertrag nach Ablauf dieser Zeit jedoch fortführen
wollte. Aus dem Schreiben vom 10.02.1981 ergibt sich, hingegen nichts dafür, daß der Kläger entgegen dem
Wortlaut und den mitgeteilten Gründen die Versicherung auf Dauer einfrieren wollte. Im übrigen lag es auch auf
der Hand, daß der damals 49 Jahre alte Kläger wegen einer Beitragsentlastung für ein paar Monate nicht die
gesamte Absicherung gegen Berufsunfähigkeit aus diesem Vertrag aufgeben wollte, so daß auch von daher die
Umwandlung in eine beitragsfreie Versicherung absolut fernlag und von ihm nicht gewollt sein konnte.</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">In Fällen wie dem vorliegenden gibt <em>es </em>in der Versicherungspraxis vielfältige
Regelungsmöglichkeiten, ohne daß - wie im Falle einer Umwandlung - die Absicherung gegen Berufsunfähigkeit
verloren geht. Sind wie hier bereits für eine gewisse Zeit Beiträ- ge geleistet worden und gerät der
Versicherungsnehmer vorübergehend in einen finanziellen Engpaß, der es ihm nicht gestattet, die Prämienzahlung
und den Vertrag während dieser Zeit fortzusetzen, kann vereinbart werden, daß der Vertrag bis zur Dauer eines
Jahres ruht (vgl. 'Bruck/Möller a.a.O. Anm. C 202, C 259, E 120). Der Lebensversicherungsvertrag besteht als solcher
fort, erzeugt aber während der Zeit des Ruhens keine Leistungspflichten. Die Rechte und Pflichten aus dem Vertrag gehen
nicht gänzlich unter, sie sind gleichsam eingefroren und können wiederaufleben. Wird der, Vertrag wieder
inkraftgesetzt, geschieht das in Form einer Beginnverlegung, wobei Beiträge hierbei nicht nachzuentrichten sind (vgl.
Bruck/Möller a a.0.). Da der Vertrag nach der Ruhenszeit nicht erneut geschlossen wird, sondern der ursprüngliche
Vertrag wiederauflebt, hat dies für den Versicherungsnehmer den Vorteil, daß er seiner vorvertraglichen
Anzeigepflicht nicht erneut nachzukommen braucht (vgl. Bruck/Möller a.a.O. Ann., C 263) .</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Nach Auffassung des Senats hat der Kläger mit seinem Schreiben vom 10.02.1981 eine solche Ruhensvereinbarung gewollt.
Bei zutreffender Sachbehandlung hätte die Beklagte das Schreiben des Klägers vom 10.02.1981 als Antrag auf
Abschluß einer Ruhensvereinbarung auffassen müssen und nicht als Antrag auf Umwandlung in eine prämienfreie
Versicherung. Daß der Kläger den Begriff "Ruhensvereinbarung" in seinem Schreiben nicht ausdrücklich
erwähnt hat, ist unschädlich. Entscheidend ist das vom Kläger ersichtlich Gewollte, wofür sich aus dem
Text des Schreibens, nämlich dem Hinweis auf die vorübergehende Einkommenslosigkeit und dem daraus folgenden
Wunsch einer bis zum 31.12.1981 befristeten Beitragsbefreiung, hinreichend deutliche Anhaltspunkte ergaben. Daß ein
Antrag auf Abschluß einer Ruhensvereinbarung auf der Hand lag, wird im Nachhinein auch durch das Schreiben der
Beklagten vom 26.03.1982 dokumentiert, in dem die Beklagte dem Kläger mitteilt, der Versicherungsschutz sei bisher
durch eine befristete Aussetzung der Beitragszahlung unterbrochen gewesen, und die rückständigen Beiträge
seien durch eine Beginnverlegung ausgeglichen worden. Nach dem Wortlaut dieses Schreibens hat sich die Beklagte so
verhalten, als wenn eine Ruhensvereinbarung geschlossen worden wäre, obwohl durch den Nachtrag vom 17.02.1981 die
Umwandlung in eine prämienfreie Versicherung vorgenommen worden war.</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Auch wenn man davon ausgeht, daß der Versicherungsnehmer im Regelfall keinen Anspruch auf den Abschluß einer
Ruhensvereinbarung hat, durfte die Beklagte das Schreiben des Klägers vom 10.02.1981 nicht ohne weiteres zum Anlaß
nehmen, eine Umwandlung in eine prämienfreie Versicherung vorzunehmen. Insbesondere .angesichts des Wortlauts des
Schreibens vom 10.02.1981 war sie aus dem Versicherungsvertragsverhältnis verpflichtet, den Kläger darauf
hinzuweisen, daß eine Ruhensvereinbarung für sie nicht in Betracht kam, sondern lediglich die Umwandlung in eine
prämienfreie Versicherung, und ihm deutlich zu machen, daß damit der Verlust der Absicherung gegen
Berufsunfähigkeit verbunden war. Der Beklagten sind die vielfältigen Möglichkeiten einer Gestaltung des
Versicherungävertrages und der überbrückung eines vorübergehenden finanziellen Engpasses beim
Versicherungsnehmer bekannt. Wenn, abgesehen von einer Ruhensvereinbarung, auch ein Policendarlehen der Beklagten oder
eine Stundung der Beiträge nicht in Betracht kam, wäre daran zu denken gewesen, daß sich der Kläger
die aufzubringenden Beiträge bis zum Jahresende 1981 über ein Darlehen besorgte. Jedenfalls steht für den
Senat außer Zweifel, daß der Kläger bei einem Hinweis der Beklagten auf die Folgen der - von ihm gar
nicht gewollten - Umwandlung. in eine beitragsfreie Versicherung den Verlust der Absicherung gegen Berufsunfähigkeit
nicht hingenommen, sondern eine andere Möglichkeit für die Aufrechterhaltung der Versicherung gesucht und
gefunden hätte.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Nach Sachlage hätte die Beklagte insoweit von sich aus aufklärend tätig werden müssen, ehe sie die
Umwandlung in eine prämienfreie Versicherung vornahm. Diese Aufklärung hat sie schuldhaft unterlassen. Bei
Anwendung auch nur geringer Sorgfalt war aufgrund des Schreibens des Klägers vom 10.02.1981 eindeutig, daß die
Umwandlung in eine prämienfreie Versicherung nicht gewollt war und nicht gewollt sein konnte.</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Den Kläger trifft kein Mitverschulden, die Folgen der Behandlung seines Antrages vom 10.02.1981 durch die Beklagte
nicht rechtzeitig erkannt und nicht von sich aus Rechtsrat eingeholt zu haben. Im Versicherungsvertragsverhältnis hat
der Versicherer in der Regel und so auch hier die überlegenen Rechtskenntnisse. Der Kläger konnte darauf vertrauen,
daß die Beklagte angesichts des Antrages vom 10.02.1981 von sich aus an ihn herantrat und ihn über die Folgen
einer Umwandlung in eine prämienfreie Versicherung und die Möglichkeiten zu deren Vermeidung aufklärte, wenn
sie den Antrag (unsachgemäß) in dieser Richtung auffaßte.</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Solange dies wie hier nicht geschehen ist, konnte der Kläger weiter darauf vertrauen, daß die Beklagte seinen
Antrag sachgerecht behandelte und liegt in dem Schweigen auf den erhaltenen Nachtrag vom 17.02.1981 weder die Annahme des
Angebots der Beklagten auf Umwandlung in eine prämienfreie Versicherung noch eine Genehmigung des Klägers
insoweit.</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat den Kläger vielmehr so zu stellen, wie wenn eine sachgerechte Behandlung des Antrags vom 10.02.1981
und Aufklärung über die Folgen der Umwandlung in eine prämienfreie Versicherung erfolgt wäre. Nach
Überzeugung des Senats wäre dann entweder eine Ruhensvereinbarung getroffen oder aber der Vertrag unverändert
weitergeführt worden, indem sich der Kläger die Beträge für die aufzubringenden Prämien anderweit
besorgt hätte. Jedenfalls wären der Verlust der Absicherung gegen Berufsunfähigkeit und das Wiederaufleben
einer vorvertraglichen Anzeigepflicht des Klägers vermieden worden. Das hat zur Folge, daß die Beklagte den
Kläger zu stellen hat, wie wenn der Versicherungsvertrag entsprechend dem Nachtrag vom 16.03.1982 und den späteren
Nachträgen fortbesteht.</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">3. Die Beklagte ist verpflichtet, an den Kläger</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">die vereinbarte Berufsunfähigkeits-Rente in Höhe von 920,90 DM monatlich seit dem 01.10.1988 zu zahlen. Der
Senat sieht den Eintritt der Berufsunfähigkeit als unstreitig an.</p><
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 16.12.1988 hat der Kläger geltend gemacht, seit dem 27.09.1988 arbeitsunfähig zu sein, womit
er offensichtlich den Eintritt der Berufsunfähigkeit gemeint hat. Nach § 1 Abs. 3 BUZ entsteht der Anspruch auf
Berufsunfähigkeits-Rente mit dem Ablauf des Monats, in dem die Berufsunfähigkeit eingetreten ist, mithin hier ab
01.10.1988.</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">III. Der Zinsanspruch ist aus §§ 284, 286, 291 BGB begründet.</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">Bezüglich des erweiterten Zinsantrages ist unter Berücksichtigung der Bescheinigung der Stadtsparkasse C. vom
15.01.1991 und den überreichten Kontoauszügen belegt, daß der Kläger den Kontokorrentkredit in den
angegebenen Zeiträumen zu den angegebenen Beträgen <u>mindestens</u> in Anspruch genommen hat (§ 287 ZPO).
Der verlangte Zinssatz ist durch die vorbezeichnete Bescheinigung belegt, so daß es der Vernehmung des Zeugen N. von
der Stadtsparkasse C. nicht mehr bedurfte.</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10; 711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">Streitwert für das Berufungsverfahren: <strong>95.313,25 DM </strong>(Klageantrag zu
1: <strong>54.670,85 DM; </strong>Klageantrag zu 2: <strong>40.519,60 DM 122,80 DM </strong>(27. bis 30.09.1988)</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">Wert der Beschwer der Beklagten: <strong>95.190,45 DM </strong>Wert der Beschwer des Klägers:
<strong>bis 400,00 DM</strong></p>
|
314,945 | olgk-1991-05-15-13-u-29690 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 13 U 296/90 | 1991-05-15T00:00:00 | 2019-03-13T14:42:12 | 2022-10-18T15:09:27 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1991:0515.13U296.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline;"><b>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e</b></span></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Beide Berufungen sind zulässig. Die
Berufung des Klägers führt in der Sache zu einer geringfügigen
Abänderungen der angefochtenen Entscheidung. Die Berufung der
Beklagten war zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Der Kläger hat gegenüber der Beklagten
gem. § 1004 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 906 BGB einen An-spruch
auf Unterlassung des Spielbetriebes auf der Tischtennisplatte
während der im Tenor genannten Zeiten.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Beklagte ist die richtige
Anspruchsgegnerin. Als Eigentümerin des Grundstückes stellt sie die
darauf befindliche Tischtennisplatte beliebigen Dritten zur
Verfügung und ist damit sowohl unmit-telbare wie auch mittelbare
Störerin (vgl. BGH NJW 1983, Seite 751; OLG Celle NJW 1988, Seite
424, 425; Senat in DWW 1988, Seite 275, 276).</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Der Kläger ist nicht verpflichtet, die
von dem Spiel an der Tischtennisplatte ausgehenden
Lärmbe-lästigungen gem. § 1004 Abs. 2 BGB zu dulden. Diese sind
rechtswidrig, weil sie die in § 906 BGB ge-nannten Grenzen
überschreiten. Die zu den oben ge-nannten Zeiten von dem
Spielbetrieb auf das Grund-stück des Klägers einwirkenden
Geräuschimmissionen sind weder unwesentlich noch ortsüblich.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Für die Beurteilung von Wesentlichkeit
bzw. Ortüb-lichkeit des Lärms sind die TA-Lärm und die
VDI-Richtlinien 2058 heranzuziehen. Darüber hinaus müs-sen die
spezielle Geräuschart und die konkrete Grundstückssituation
berücksichtigt werden.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Grundstücke der Parteien liegen
planungsrecht-lich in einem Mischgebiet, für das nach der TA-Lärm
ein Immissionsrichtwert von 60 dB (A) gilt. Nach den Feststellungen
des Sachverständigen G. in dem vom Landgericht eingeholten
schalltechnischen Gutachten beträgt der Mittelungspegel des
Tischten-nisspiels 62 dB (A) und liegt damit um 2 dB (A) über dem
hier geltenden Immissionsrichtwert. Für Ruhezeiten liegt er unter
Berücksichtigung eines Zuschlages von 6 dB (A) um 8 dB (A) über dem
ge-nannten Richtwert. Hinzu kommt der dem Tischtennis-spiel
innewohnende Impulscharakter der dabei ent-stehenden Geräusche, der
allgemein als besonders lästig empfunden wird. Schließlich liegen
beide Grundstücke an einer relativ ruhigen Wohnstraße mit einem
Grundgeräuschpegel von 35 dB (A) und einem Mittelungspegel (ohne
Tischtennisspiel) von 46 dB (A). Die "normalen" Geräuschimmissionen
liegen da-mit weit unter dem Immissionsrichtwert für Mischge-biete.
Sie liegen sogar noch unter dem zulässigen Immissionsrichtwert für
reines Wohngebiet von 50 dB (A).</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Einwendungen der Beklagten gegen
die Meßmetho-den des Sachverständigen greifen nicht durch. Die
Messungen sind unstreitig gem. den entsprechenden Vorschriften der
TA-Lärm vorgenommen worden. Sie sind auch unter Berücksichtigung
der konkreten Ört-lichkeit erfolgt. Der Lärm wird nicht nur
seitlich von den Fenstern sondern auch schräg davor erzeugt. Ein
Tischtennisspiel beschränkt sich nicht nur auf die eigentliche
Tischtennisplatte, vielmehr hält sich ein Tischtennisspieler vor
und auch häufig seitlich von der Platte auf. Der Platz (aus
Rich-tung des Hauses des Klägers gesehen) rechts neben der Platte
liegt aber schräg vor den Fenstern des Hauses des Klägers. Auch
hier sind Geräusche durch Aufschlagen des Balls auf den Schläger,
schreiende Spieler sowie durch Beifallskundgebungen von Zu-schauern
denkbar. Schließlich ist bei der Bemessung von Geräuschimmissionen
die Beeinträchtigung des gesamten geschützten Eigentums zu
ermitteln (Senat in DWW 1988, S. 275, 276). Wie sich aus den
einge-reichten und zum Gegenstand der mündlichen Verhand-lung
gemachten Fotos aus Hülle Bl. 57 d.A. ergibt, ist der Bereich des
Grundstücks des Klägers zwi-schen Haus und Straße parkartig
gestaltet, so daß jedenfalls im Sommer auch eine Benutzung dieses
Freigeländes durch den Kläger denkbar und wahr-scheinlich ist. Auf
dieses Freigelände trifft der Lärm aber unmittelbar.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die von dem Tischtennisspiel insgesamt
ausgehenden wesentlichen Lärmeinwirkungen können jedenfalls
au-ßerhalb der Ruhezeiten nicht mehr als ortsüblich im Sinne des §
906 Abs. 2 BGB angesehen werden.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Ortsüblich ist eine Nutzung, die in dem
zu beurtei-lenden Gebiet keine stärkeren Immissionen erzeugt, als
sie dort auch sonst vorzukommen pflegen. Dabei ist abzustellen auf
eine Beurteilung der konkreten Immissionssituation (vgl. BGH NJW
1983, Seite 751).</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Andere Lärmquellen in näherer Umgebung,
die Geräu-sche vergleichbarer Intensität erzeugen, sind nach
Darlegung beider Parteien nicht vorhanden. Zwar wird nach dem
Vortrag des Klägers ein auf der ande-ren Straßenseite befindlicher
Park mit Wiesen und befestigten Flächen auch zu Ballspielen
benutzt. Die durch einfache Ballspiele entstehenden Ge-räusche sind
aber mit den durch Tischtennisspiel entstehenden Geräuschen nicht
vergleichbar. Es feh-len die besonders störenden, hellen,
impulsartigen Geräusche, die dem Tischtennisspiel eigen sind.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Eine Duldungspflicht des Kläges ergibt
sich auch nicht daraus, daß er sich nach dem Vortrag der Be-klagten
im Jahre 1987 mit dem jetzigen Standort der Tischtennisplatte
einverstanden erklärt hat. Denn ein solches Einverständnis kann
sich bei verständi-ger Auslegung der darin liegenden
Willenserklärung nur auf von der Tischtennisplatte in zulässiger
Weise ausgehenden Lärm beziehen, nicht jedoch auf unzulässige
Lärmbeeinträchtigungen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Außerhalb der Ruhezeiten ist der von
der Tischten-nisplatte ausgehende Lärm jedoch als ortsüblich
an-zusehen. Darüber hinaus ist der Kläger auch nach Treu und
Glauben verpflichtet, das Tischtennisspiel zu diesen Zeiten zu
dulden. Eine sportliche Betäti-gung von der Art des
Tischtennisspielens, die ver-hältnismäßig wenig Raum beansprucht,
ist - jeden-falls außerhalb von Ruhezeiten - auch auf privaten
Grundstücken vielfach üblich. Eine hiervon ausge-hende
Lärmbeeinträchtigung muß grundsätzlich gedul-det werden.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Darüber hinaus ist - wie das
Landgericht zutreffend ausgeführt hat - die Frage der
Duldungspflicht des Nachbarn nach Treu und Glauben daran zu messen,
welche sozialen Interessen hinter dem Störer stehen und welche
sozialen Auswirkungen ein Verbot der Störung nach sich ziehen kann.
Hier dient die Tischtennisplatte aber nicht nur der Förderung des
Sports, sondern es wird damit im wesentlichen be-zweckt, junge
Menschen an das Jugendheim zu binden und damit ihnen gegenüber
kirchliche Sozialarbeit zu ermöglichen. Ein Entfernen der
Tischtennisplatte bzw. ein völliges Verbot des Spielens an dieser
Platte könnte zur Folge haben, daß die kirchliche Sozialarbeit
erschwert wird und dadurch die betrof-fenen Jugendlichen in
erhöhtem Maße Gefährdungen ausgesetzt sind.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Zur Frage, welcher Zeitraum als zu den
ruhebedürf-tigen Zeiten gehörig anzusehen ist, folgt der Senat im
wesentlichen der Wertung des Landgerichts. Al-lerdings zählen nach
Ansicht des Senates zu den ru-hebedürftigen Zeiten auch die Zeiten
werktags zwi-schen 13.00 Uhr und 15.00 Uhr. Auch dieser Zeitraum
ist regelmäßig durch einen verminderten allgemeinen Lärmpegel und
ein erhöhtes Ruhebedürfnis der Bevöl-kerung gekennzeichnet.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Schließlich hat die Beklagte auch keine
anderen zu-mutbaren Möglichkeiten der Verhinderung des Lärms.
Lärmschutzmaßnahmen durch Errichtung einer Schall-schutzwand sind
unstreitig aus Gründen des Denkmal-schutzes nicht möglich.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Beklagte kann auch nicht darauf
verwiesen wer-den, die Tischtennisplatte auf einem anderen Teil
ihres Grundstückes aufzustellen. Denn zum einen würde dadurch die
Brauchbarkeit des übrigen Grund-stücksteils für sonstige Ballspiele
wesentlich be-einträchtigt. Auch dies würde wiederum die
Möglich-keit der Jugendarbeit vermindern. Hingegen ist der jetzige
Aufstellplatz insbesondere wegen des hier-gegebenen Windschutzes
besonders geeignet.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Schließlich würden bei einer
Aufstellung an einer anderen Stelle zwar die Beeinträchtigungen des
Klä-gers beseitigt sein, dafür würden aber andere
Grundstücksnachbarn beeinträchtigt. Das Problem würde nur
verlagert, nicht aber gelöst.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die prozessualen Nebenentscheidungen
folgen aus §§ 92, 97, 708 Ziffer 10, 713 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Berufungsstreitwert: a) Berufung des
Klägers: 4.000,-- DM; b) Berufung der Beklagten:4.000,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Wert der Beschwer: a) für den Kläger:
3.400,-- DM; b) für die Beklagte:4.600,-- DM.</p>
|
314,946 | olgham-1991-05-07-4-u-32390 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 4 U 323/90 | 1991-05-07T00:00:00 | 2019-03-13T14:42:14 | 2022-10-18T15:09:27 | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1991:0507.4U323.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Gründe:</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ließ sich von einem Kunden, dessen Kraftfahrzeug bei einem Unfall beschädigt worden war, eine sogenannte Reparaturkosten-Übernahmebestätigung unterzeichnen, deren Inhalt sich aus anliegender Ablichtung ergibt:</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kunde kaufte bei der Beklagten zugleich ein neues Kraftfahrzeug, wobei das alte Kraftfahrzeug in Zahlung gegeben wurde. Die Beklagte schickte eine Kopie der Reparaturkosten-Übernahmebestätigung zusammen mit einem Begleitschreiben an die gegnerische Versicherung. In dem Begleitschreiben machte die Beklagte neben den Reparaturkosten Wertminderung, Nutzungsausfall sowie eine Kostenpauschale geltend. Der Kläger, ein Rechtsanwalt, hat darin eine unzulässige Rechtsberatung und einen Verstoß gegen das UWG gesehen und auf Unterlassung geklagt.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Es entspricht billigem Ermessen im Sinne des § 91a ZPO, die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufzuheben.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, welcher sich der Senat anschließt, bedeutet die Einziehung einer zu Sicherungszwecken abgetretenen Forderung noch nicht die Besorgung einer fremden Rechtsangelegenheit im Sinne des § 1 RBG. Ob von einer nach dem Rechtsberatungsgesetz erlaubnisfreien Tätigkeit auszugehen ist, richtet sich allerdings, wie der BGH weiter ausgesprochen hat, nicht allein nach dem Wortlaut und der formalrechtlichen Ausgestaltung der Vereinbarung. Vielmehr kommt es insoweit bei der im Rahmen der Anwendung des Rechtsberatungsgesetzes gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise darauf an, ob die Abtretung der Kundenforderung (bzw. Einziehungsermächtigung) in erster Linie der Sicherung der Ansprüche dient oder ob dieser Gesichtspunkt zurücktritt und im Vordergrund das Bestreben steht, für den Zedenten die Regulierung seiner Ansprüche aus Anlaß des Unfalls zu besorgen. Maßgebend kommt es daher darauf an, wie und zu welchem Zweck Zedent und Zessionar an der Geltendmachung der in Betracht zu ziehenden Schadensersatzansprüche beteiligt sind (BGHZ 47, 364 ff. = NJW 1967, 1759; BGHZ 58, 364 = NJW 1972, 1715; BGHZ 61, 317 NJW 1967, 1759; BGHZ 58, 364 = NJW 1972, 1715; BGHZ 61, 317 = NJW 1974, 50 - Unfallhelferring I; BGH NJW 1974, 557 = GRUR 1974, 396 - Unfallhelferring II; BGH NJW 1974, 1244 = GRUR 1975, 23 ff. - Ersatzwagenvermietung -; BGH NJW 1985, 1223, 1224).</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Ausgehend von diesen Grundsätzen verstößt die Verwendung des als "Reparaturkosten-Übernahmebestätigung" bezeichneten Formulars noch nicht gegen § 1 RBG. Die unter Ziff. B 3 enthaltene Anweisung des Kunden an das Versicherungsunternehmen, Schadensersatzansprüche direkt an die Beklagte auszuzahlen, bedeutet nicht die Besorgung einer fremden Rechtsangelegenheit im Sinne des § 1, wobei es letztlich nicht darauf ankommt, ob die Anweisung eine Abtretung oder eine bloße Einziehungsermächtigung enthält. Denn die Anweisung bezieht sich nach dem eindeutigen Wortlaut des Formulars auf die reinen Reparaturkosten und ist der Höhe nach auf die Reparaturkosten begrenzt. Insoweit ist ein schutzwürdiges Sicherungsinteresse der Beklagten hinsichtlich ihrer noch ausstehenden Ansprüche auf Erstattung der Reparaturkosten durchaus anzuerkennen, da sie die Zahlungsfähigkeit und - willigkeit des Kunden nicht ohne weiteres übersehen kann. Der Kläger kann die Beklagte demgegenüber auch nicht auf das Werkunternehmerpfandrecht verweisen. Denn dieses bietet der Reparaturwerkstatt nicht immer einen genügenden Schutz. Es schützt beispielsweise nicht vor der eigenmächtigen Entfernung des Kraftfahrzeuges und greift nicht ein, wenn der Halter des Fahrzeugs nicht dessen Eigentümer ist, außerdem kann die Zurückhaltung von Kraftfahrzeugen im Rahmen der Ausübung des Werkunternehmerpfandrechts die Reputation und die Akzeptanz des Unternehmens beeinträchtigen. Ansonsten bleibt es nach dem Inhalt des Formulars Sache des Kunden, die Regulierung des Schadens gegenüber der gegnerischen Versicherung selbst zu besorgen. Dies ergibt sich aus dem in dem Formular enthaltenen Hinweis, daß die Übernahmebestätigung nicht die Schadensanzeige des Versicherungsnehmers an seinen Versicherer ersetzt. Es ist auch nichts dagegen einzuwenden, wenn die Beklagte - im Rahmen von Ziff. B 1 des Formulars - das Ergebnis der Prüfung der Haftpflichtfrage, insbesondere im Hinblick auf die Haftungsquote, durch die gegnerische Versicherung entgegennimmt und weiterleitet. Auch dies steht noch in engem Zusammenhang mit dem dargelegten Sicherungsinteresse der Beklagten und bedeutet im übrigen auch keine ins Gewicht fallende Hilfe für den Kunden bei der Durchsetzung seiner Forderung (ähnlich BGH NJW 1985, 1224 für die Entgegennahme und Weiterleitung des Unfallberichts durch einen Mietwagenunternehmer). Entscheidend ist letztlich, daß bei einer Abwicklung, die sich in dem Rahmen der formularmäßigen Ermächtigungen hält, das Sicherungsinteresse des Werkunternehmers noch im Vordergrund steht. Anders ist die Rechtslage dagegen zu beurteilen im Hinblick auf die Verwendung des Anschreibens vom 24.10.1989, in welchem die Beklagte gegenüber der Versicherung nicht nur die Reparaturkosten, sondern darüber hinaus auch noch Wertminderung, Nutzungsausfall und Kostenpauschale geltend gemacht hat. Die Geltendmachung dieser Positionen war durch die Reparaturkosten-Übernahmebestätigung nicht mehr gedeckt und bedeutet im übrigen eine unzulässige Rechtsberatung im Sinne des § 1 RBG. Denn die Angabe der Höhe der Wertminderung sowie der Nutzungsausfallpauschale setzt eine Rechtsprüfung voraus, die nicht Aufgabe der Reparaturwerkstatt ist. Die Beklagte hat durch dieses Schreiben eine umfassende Interessenwahrnehmung vorgenommen, die auch durch das oben dargelegte Sicherungsinteresse nicht mehr gedeckt war. Auch § 5 RBG greift insoweit nicht ein. Sinn dieser Bestimmung ist es, zu vermeiden, daß einem Unternehmer die Ausübung seines Berufes durch das Rechtsberatungsgesetz deshalb unmöglich gemacht oder erschwert wird, weil mit der Berufsausübung nach deren Eigenart gleichzeitig eine rechtliche Tätigkeit verbunden ist (BGH NJW 1967, 1759, 1760). Die Berufstätigkeit eines Kraftfahrzeughändlers und Kraftfahrzeugmechanikers erfordert jedoch nicht die umfassende Regulierung von Schadensfällen seiner Kunden im Zusammenhang mit der Abwicklung einer Reparatur und eines Neuwagenkaufes (BGH a.a.O.; Rennen/Caliebe, Rechtsberatungsgesetz, Rdn. 20 zu § 5). Die Beklagte hat daher insoweit zu Recht die Unterwerfungserklärung abgegeben.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Unter Berücksichtigung der dargelegten Umstände entsprach die Kostenaufhebung billigem Ermessen im Sinne des § 91a ZPO.</p>
|
314,947 | olgk-1991-05-07-2-ws-14991 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 2 Ws 149/91 | 1991-05-07T00:00:00 | 2019-03-13T14:42:16 | 2022-10-18T15:09:27 | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1991:0507.2WS149.91.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Beschwerde hin wird der angefochtene Beschluß aufgehoben.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers hat die Landeskasse zu tragen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Dem Angeklagten H., gegen den derzeit die Hauptverhandlung vor der 12. großen Strafkammer des Landgerichts Köln stattfindet, wird in der Anklageschrift vom 15. April 1988 u.a. vorgeworfen, im Hinblick auf ein drohendes Konkursverfahren Vermögenswerte durch Übertragung auf seinen Sohn F. H. in Gläubigerbenachteiligungsabsicht beiseitegeschafft zu haben; dies u.a. bezüglich seiner Gesellschaftsanteile an der Fa. L. B. KG. Zu den Vermögensverhältnissen der Fa. L. B. KG im fraglichen Zeitraum hat die Anklage den Zeugen S. benannt, der als Wirtschaftprüfer den Jahresabschluß dieser Firma gefertigt hat.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Im Hauptverhandlungstermin am 8. Februar 1991 ist ungeklärt geblieben, inwieweit der Zeuge S. von der Verschwiegenheitspflicht befreit worden ist. Nachdem daraufhin der Zeuge S. mit Schreiben vom 14. Februar 1991 eine Stellungnahme seines Rechtsanwalts vom 13. Februar 1991 vorgelegt hat, äußerte sich der Vorsitzende der Strafkammer im Hauptverhandlungstermin vom 20. Februar 1991 dahin, daß nach Auffassung des Gerichts dem Zeugen S. ein "Auskunftsverweigerungsrecht gemäß § 53 StPO" zusteht. Zugleich wurde der Beschluß verkündet, wonach die Beschlagnahme der im Besitz des Zeugen W. S. befindlichen Bilanz der L. B. KG zum 31.12.1983 angeordnet wird (Anlage 1 zum Protokoll vom 20. Februar 1991); ergänzend hat die Strafkammer beschlossen, daß sich der Beschlagnahmebeschluß auch auf den dazugehörigen Prüfbericht beziehe (Anlage 2 zum Protokoll vom 20. Februar 1991).</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Zeuge S. legte im Gerichtssaal schriftlich Beschwerde gegen den Beschlagnahmebeschluß ein und händigte sodann die beschlagnahmte Bilanz nebst Prüfbericht aus.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Mit Verfügung vom 21. Februar 1991 hat der Vorsitzende der Strafkammer nach Fertigung von Kopien "den beschlagnahmten Prüfbericht" an den Zeugen S. zurückgesandt.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der mit Anwaltsschriftsatz vom 26. Februar 1991 begründeten Beschwerde hat die Strafkammer durch Beschluß vom 20. März 1991 nicht abgeholfen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde - über die der Senat nunmehr entscheiden kann, nachdem ergänzend die zunächst noch fehlende Stellungnahme vom 13. Februar 1991 vorgelegt worden ist - ist zulässig und begründet. Die Beschlagnahme des Prüfungsberichts nebst Bilanz aus dem Gewahrsam des Zeugen S. verstieß gegen § 97 Abs. 1 Nr. 2 StPO.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks"><b>1.</b></p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde ist gemäß § 304 StPO zulässig.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Zulässigkeit des Rechtsmittels steht nicht seine etwaige Erledigung durch prozessuale Überholung (vgl. hierzu Kleinknecht-Meyer, StPO, 39. Aufl., Rdn. 17 vor § 296) nach Rückgabe der beschlagnahmten Gegenstände entgegen. Dabei kann dahinstehen - was nicht aktenkundig ist -, ob mit der Rücksendung des Prüfberichts unter dem 21. Februar 1991 zugleich auch die Bilanz zurückgegeben worden ist. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, so läßt doch - wie die Generalstaatsanwaltschaft zutreffend ausführt - die Rückgabe der Originale der beschlagnahmten Unterlagen an den Beschwerdeführer nach Anfertigung von Ablichtungen, die zu den Akten genommen worden sind, die Zulässigkeit der Beschwerde nicht entfallen. Das Beschlagnahmeverbot des § 97 StPO soll eine Umgehung des Zeugnisverweigerungsrechts nach §§ 52, 53, 53 a StPO verhindern (Kleinknecht-Meyer, § 97 Rdn. 1; Löwe-Rosenberg/Schäfer, StPO, 24. Aufl., § 97 Rdn. 1). Insoweit ist der Zeuge in seinem eigenen Recht beschwert, wenn und soweit Ablichtungen der beschlagnahmten Unterlagen bei den Akten verbleiben und somit die Möglichkeit ihrer Verwertung besteht.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks"><b>2.</b></p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Der Beschlagnahmeanordnung vom 20. Februar 1991 stand § 97 Abs. 1 Nr. 2 StPO entgegen; Prüfbericht und Bilanz unterlagen nicht der Beschlagnahme, weil es sich um Aufzeichnungen handelt, auf die sich das Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 Abs. 1 Nr. 3 StPO erstreckt.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Vorab ist festzuhalten, daß die Beschlagnahme nicht etwa schon deswegen ungeachtet der Voraussetzungen des § 97 StPO zulässig gewesen ist, weil sie ausschließlich die Bilanz betroffen hätte (wovon noch der Beschluß Anlage 1 zum Protokoll vom 20.2.1991 ausgeht, ehe dann der Beschluß Anlage 2 zum Protokoll die Beschlagnahme auch auf den Prüfbericht erstreckte).</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Jedenfalls der Prüfbericht - mit dem die Bilanz als Anhang eine Einheit bildete - stellt (worauf die Beschwerdebegründung zutreffend hinweist) gerade das typische Produkt der vertraulichen Berufstätigkeit eines Wirtschaftsprüfers dar. In ihn gehen nicht nur die objektiven Fakten der Buchhaltungsunterlagen ein, sondern auch die im Vertrauensverhältnis zwischen dem Auftraggeber und dem Zeugnisverweigerungsberechtigten ausgetauschten Angaben. Gerade diese Vertraulichkeit ist aber vom Schutzzweck des § 53 StPO umfaßt, der seinerseits wieder durch § 97 ZPO ergänzend abgesichert werden soll (vgl. im übrigen zur Problematik speziell bei dem Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer Karlsruher Kommentar/Laufhütte, StPO, 2. Aufl., § 97 Rdn. 11).</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Durch die angefochtene Maßnahme ist eine Umgehung des von der Strafkammer selbst angenommenen Zeugnisverweigerungsrechts zu besorgen. Die Beschlagnahme verstößt gegen § 97 Abs. 1 StPO und kann daher keinen Bestand haben.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Anwendbarkeit des § 97 Abs. 1 (hier: Nr. 2, jedoch würde für Nr. 3 nichts anderes gelten) StPO steht nicht etwa deswegen in Zweifel, weil Auftraggeber des Zeugen S. als Wirtschaftsprüfer nicht der Angeklagte, sondern die Fa. L. B. KG war. Auch das (in § 97 Abs. 1 StPO in Bezug genommene) Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 StPO resultiert nämlich im Falle des Zeugen S. nicht aus einem Mandatsverhältnis zwischen dem Zeugen und dem Angeklagten, sondern aus den Rechtsbeziehungen zwischen dem Zeugen und der Fa. L. B. KG, für die der Zeuge den beschlagnahmten Prüfungsbericht nebst Bilanz erstellte.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Soweit die Wirtschaftsstrafkammer insbesondere in dem Nichtabhilfebeschluß vom 20.3.1991 darauf abstellt, daß die Unterlagen schon wegen des Mandatsverhältnisses zwischen der Fa. L. B. KG und dem Beschwerdeführer nicht der Beschlagnahmefreiheit nach § 97 StPO unterliegen würden, wird der Umstand verkannt, daß gerade durch <u>dieses</u> Mandatsverhältnis erst das Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 StPO begründet worden ist, von welchem auch die Strafkammer ausgeht.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Wie der im Hauptverhandlungstermin vorliegenden und mittlerweile auch dem Senat zugänglich gemachten Stellungnahme des Rechtsanwalts Dr. S. vom 13.2.1991 zu entnehmen ist, hatte der Angeklagte H. in der Fa. L. B. KG die Stellung des persönlich haftenden Gesellschafters inne. Ungeachtet der Frage, inwieweit auch durch den Angeklagten die Entbindung des Zeugen S. von der Schweigepflicht erfolgt ist, hat doch jedenfalls - dies ergibt sich aus dem Vermerk der Generalstaatsanwaltschaft vom 12.4.1991 nach Rückfrage bei der Staatsanwaltschaft - der Sohn des Angeklagten (als Rechtsnachfolger in der Stellung des Komplementärs) eine solche Entbindung von der Schweigepflicht nicht vorgenommen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Wegen der Stellung des Angeklagten als ehemaliger Komplementär und Rechtsvorgänger des jetzigen Komplementärs der KG geht es vorliegend auch gar nicht um die Frage, in welchem Umfang § 97 Abs. 1 Nr. 2 StPO (auch) Drittgeheimnisse schützt; die Fa. L. B. KG ist insoweit nicht als - wie es der Nichtabhilfebeschluß der Strafkammer formuliert - "beliebiger Dritter" anzusehen. Ohnehin aber ist schon vom Wortlaut der Bestimmung her der Ansicht der Beschwerdebegründung zuzustimmen, daß die zweite Alternative des § 97 Abs. 1 Nr. 2 StPO nicht nur "vom Beschuldigten" in Erfahrung gebrachte "andere Umstände" erfaßt, sondern sich auf alle Umstände bezieht, "auf die sich das Zeugnisverweigerungsrecht erstreckt". Hierzu gehören Geschäftsvorgänge, die der Zeuge S. von der KG in Erfahrung gebracht hat und in seinem Bericht als Wirtschaftsprüfer möglicherweise hat einfließen lassen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Schließlich kann es auch auf sich beruhen, ob die von der Strafkammer angeführte Ansicht von Schäfer (in: Löwe-Rosenberg, StPO, 24. Aufl. § 97 Rdn. 80) zu Ausnahmen von Beschlagnahmeverbot bei Straftaten in Zusammenhang mit der Vertretung einer juristischen Person zutreffend ist oder nicht. Zum einen hatte, der Angeklagte H. die ihm zu Fall 10 Buchstabe e der Anklageschrift (S. 10) vorgeworfene Tat nicht als Organ und in Vertretung der KG im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 2 StGB begangen, sondern um sein eigenes Vermögen im Sinne des § 283 StGB beiseite zu schaffen; gerade auf die Fallgestaltung des § 14 StGB bezieht sich aber die von Löwe-Rosenberg-Schäfer a.a.O. geäußerte Ansicht zu Straftaten in Zusammenhang "mit der Vertretung" einer (dort:) juristischen Person. Zum anderen betraf die von Löwe-Rosenberg-Schäfer a.a.O. (Fußnote 143) in Bezug genommene Entscheidung OLG Nürnberg OLGZ 77, 370, 373 die Fallgestaltung, daß die Gesellschaft (bzw. deren Konkursverwalter) die Entbindung von der Schweigepflicht aussprach und lediglich der (ehemalige) Geschäftsführer diese Entbindung verweigerte; vorliegend - soweit vergleichbar - liegen die Dinge umgekehrt, da die Entbindung von der Schweigepflicht schon durch den jetzigen Komplementär der KG nicht erfolgt ist.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks"><b>3.</b></p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung ergeht in entsprechender Anwendung der §§ 464, 467 StPO.</p>
|
314,948 | olgk-1991-05-02-5-u-15790 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 5 U 157/90 | 1991-05-02T00:00:00 | 2019-03-13T14:42:17 | 2022-10-18T15:09:25 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1991:0502.5U157.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline;"><b>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e</b></span></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die zulässige Berufung der Klägerin
bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Landgericht hat jedenfalls im
Ergebnis zu Recht einen Anspruch der Klägerin aus gepfändetem und
überwiesenem Recht wegen des Schadensfalles vom 15./16. Juli 1987
verneint.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Nicht gefolgt werden kann allerdings
der Ansicht des Landgerichts, der Ausnahmetatbestand der Ziffer 1
der "Besonderen Bedingungen und Risikobeschrei-bungen für die
Privathaftpflichtversicherung", die vorliegend Vertragsbestandteil
sind, wonach nicht versichert sind "die Gefahren eines Betriebes,
Berufes... oder einer ungewöhnlichen und gefährli-chen
Beschäftigung, insbesondere...", greife hier deshalb ein, weil die
konkrete Situation des Herrn S. vergleichbar der eines Einbrechers,
der sich in einer psychischen Ausnahmesituation befinde, gewe-sen
sei. Diese Gleichstellung erscheint vorliegend sachlich nicht
gerechtfertigt, da gravierende Un-terschiede zu der tatsächlichen
und psychischen Si-tuation eines Einbrechers bestanden. Ein
Hausfrie-densbruch lag vorliegend nicht vor; S. hatte einen
Schlüssel zu der Gaststätte erhalten, durfte sie also nach Maßgabe
seiner Hausmeistertätigkeit ggfs. betreten. Zwar mochte S. , da die
Gaststätte seit Monaten stillgelegt war, in dieser an sich "nichts
zu suchen haben", dies ändert aber nichts daran, daß er
grundsätzlich faktisch hineingehen konnte und auch grundsätzlich
durfte, dies z.B. insbeson-dere auch dann, wenn etwa am Rohrsystem
oder an der Heizanlage etwas nicht in Ordnung gewesen wäre. Das -
wenn auch hier nicht konkret veranlaßte - Be-treten der Gaststätte
war deshalb weder eine unge-wöhnliche noch auch eine gefährliche
Beschäftigung. Auch die psychische Ausnahmesituation, wie sie bei
einem Einbrecher gegeben ist, war hier nicht akut. S. wußte, daß er
als Hausmeister allen Hausbewoh-nern bekannt war und deshalb nicht
ohne weiteres damit zu rechnen war, daß einer der Hausbewohner
negativ zur Kenntnis nehmen würde, wenn er die Gaststätte betrat.
Es konnte nach Maßgabe seiner vertraglichen Verpflichtungen hierzu
nach außen hin - wie vorliegend dargelegt - durchaus eine konkrete
Veranlassung bestehen. Insoweit ist auch zu berück-sichtigen, daß
auch die beiden Hausbewohnerinnen, die im Strafverfahren vernommen
worden sind, zu-nächst gar keinen Anstoß daran genommen haben, daß
er in die Gaststätte ging, obwohl er zu diesem Zeitpunkt bereits
infolge Alkoholgenusses torkelte. Argwöhnisch wurden diese
Zeuginnen demzufolge erst, als sie Qualm bzw. Rauch sahen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Das vom Landgericht angeführte
psychische Moment scheidet hier auch deshalb aus, weil S. ja
bereits im Vollrausch die Gaststätte betrat und sich demzu-folge
mit einiger Wahrscheinlichkeit überhaupt kei-ne Gedanken
hinsichtlich eines möglichen Entdeckt-werdens pp. mehr gemacht,
sondern lediglich nach Alkoholika gesucht hat. Zutreffend weist in
diesem Zusammenhang die Berufungsbegründung zwar darauf hin, daß
der Ausschlußtatbestand der ungewöhnlichen und gefährlichen
Beschäftigung das Bewußtsein vor-aussetze, einer solchen
nachzugehen, was im Zustand eines Vollrausches nicht mehr der Fall
ist.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Gleichwohl sind im Ergebnis die
Voraussetzungen des vorgenannten Ausschlußtatbestandes - wenn auch
un-ter anderem Gesichtspunkt als vom Landgericht ange-nommen - zu
bejahen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Wie das Landgericht zutreffend
ausgeführt hat, greift die Ausschlußbestimmung nach den in der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu dieser Be-stimmung
entwickelten Grundsätzen, die von der obergerichtlichen
Rechtsprechung weitestgehend übernommen worden sind und die sich
auch der Senat zu eigen macht, nur in den seltenen Ausnahmefällen
ein, in denen das Versagen des Versicherungsschut-zes sowohl vom
Standpunkt der Versicherung wie der Allgemeinheit gerechtfertigt
ist. Sie findet nicht bereits in all den Fällen Anwendung, in denen
die schadensstiftende Handlung selbst unter ungewöhnli-chen oder
gefährlichen Umständen ausgeführt worden ist, sondern ihre Geltung
ist auf die seltenen Aus-nahmefälle beschränkt, in denen die
schadenstiften-de Handlung im Rahmen einer allgemeinen Betätigung
des Versicherten vorgenommen worden ist, die ihrer-seits
ungewöhnlich und gefährlich ist und deshalb in erhöhtem Maße die
Gefahr schadensstiftender Handlungen in sich birgt (vgl. BGH Vers.R
56//283, 81/271, OLG Schleswig VersR 84,/954, 956 m.w.N.). Es ist
also nicht auf die konkrete Betätigung, die schadensstiftende
Handlung selbst, abzustellen, sondern die allgemeine Betätigung muß
ungewöhnlich und gefährlich sein.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Vorliegend lag die ungewöhnliche und
gefährliche Beschäftigung darin, daß S. sich in einen Voll-rausch
versetzte, obwohl er nach eigenem, wieder-holtem Eingeständnis im
Ermittlungsverfahren wußte, daß er in diesem Zustand regelmäßig
Straftaten, insbesondere auch Brandstiftungen zu begehen pfleg-te.
Hierbei verkennt der Senat nicht, daß - auch starker - Konsum von
Alkoholika an sich eine neu-trale und auch nicht ungewöhnliche
Verhaltensweise ist; anders ist es aber in Fällen, wo exzessiver
Alkoholkonsum bekanntermaßen Grundlage für immer neue Delikte -
auch einschlägiger Natur, hier also Brandstiftung - ist. Führt
übermäßiger Alkoholkon-sum immer wieder - und dies dem Trinkenden
auch bewußt zu Deliktsbegehungen, so kann das übermäßige Trinken im
Hinblick auf die konkrete Person nicht mehr als gewöhnliche
Tätigkeit erachtet werden, denn normalerweise wird ein jeder normal
struktu-rierter Durchschnittsmensch Situationen und Zustän-de
meiden, in denen er bekanntermaßen "deliktsan-fällig bzw.
deliktsbelastet" ist. Eine gegenteili-ge, vom Normalzustand
abweichende Verhaltensweise muß im Hinblick auf die latente
Deliktsgefahr aus der Sicht aller redlich Denkenden als
ungewöhnlich und gefährlich erachtet werden, weil sie gegen
sta-tuierte und allgemein akzeptierte Verhaltensnormen verstößt und
insoweit mißbilligt wird. Wenn somit S. sich vorliegend wieder in
einen Vollrauschzu-stand versetzte ungeachtet des Wissens darum,
daß angesichts seiner Vorgeschichte in diesem Zustand wieder
Delikte, z. B. auch Brandstiftungen, zu erwarten waren, so
realisierte sich mit dem Brand die Gefahr einer ungewöhnlichen und
gefährlichen Beschäftigung, so daß eine Haftung der Beklagten im
Hinblick auf die eingangs erwähnte Ausschlußklausel entfällt.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">In Anbetracht dessen erübrigte sich ein
Eingehen auf die ferner angeschnittenen Streitpunkte, ob der
Brandfall Folge der "Gefahren eines Berufes" war (was im Hinblick
auf die in BGH VersR 81/271, OLG Celle r + s 90/224 und 231
genannten Voraussetzun-gen eher zu verneinen sein dürfte) oder aber
ob § 152 VVG einschlägig ist.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Nach allem war die Berufung
zurückzuweisen, ohne daß es der Zulassung der Revision bedurfte,
weil die Sache keine Fragen von grundsätzlicher Bedeu-tung
aufwirft.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Kostenentscheidung beruht auf § 97
ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbar-keit beruht auf den §§ 708 Ziffer 10, 713 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Berufungsstreitwert und Wert der
Beschwer der Klä-gerin: 24.401,59 DM.</p>
|
314,949 | olgk-1991-04-30-22-u-27790 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 22 U 277/90 | 1991-04-30T00:00:00 | 2019-03-13T14:42:19 | 2022-10-18T15:09:26 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1991:0430.22U277.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px"> </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Berufungen beider Parteien, über
die nach Ver-bindung beider Verfahren gemeinsam zu entscheiden ist,
sind form- und fristgerecht eingelegt und auch sonst zulässig.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">I.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Berufung der Klägerin gegen das
zweite Versäum-nisurteil vom 18. Oktober 1990 - 7 0 526/89 - hat
teilweise dahingehend Erfolg, daß diese ihren Ein-spruch gegen das
Versäumnisurteil vom 30. Januar 1990 als unzulässig verwerfende
Entscheidung aufzu-heben ist.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><ol class="absatzLinks">
<li>Das Landgericht hat zu Unrecht den Einspruch vom</li>
</ol>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">25. Juli 1990 gegen das
Versäumnisurteil vom 30. Januar 1990 als verspätet und damit
unzuläs-sig verworfen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Zum Zeitpunkt des Eingangs des
Einspruchs am 26. Juli 1990 war die mit Zustellung des
Ver-säumnisurteils beginnende Zwei-Wochen-Frist (§ 339 Abs. 1 ZPO)
noch nicht abgelaufen. Denn das Versäumnisurteil ist der Klägerin,
vertreten durch ihre damaligen Prozeßbevollmächtigten, erst am 13.
Juli 1990 zugestellt worden.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Eine wirksame Zustellung des
Versäumnisurteils zu einem früheren Zeitpunkt ist nicht
festzu-stellen. Zwar hat das Büro der früheren
Prozeß-bevollmächtigten der Klägerin am 3. Juli 1990 dem Gericht
mitgeteilt, daß das Empfangsbekennt-nis noch am selben Tage
übersandt werde. Tat-sächlich ist ein von der Anwältin
unterschriebe-nes Empfangsbekenntnis aber nicht zu den
Ge-richtsakten gereicht worden. Entgegen der Auf-fassung des
Landgerichts reicht der tatsächliche Zugang des Versäumnisurteils
an den Prozeßbe-vollmächtigten nicht aus, um eine wirksame
Zu-stellung anzunehmen. Vielmehr ist bei der von der
Geschäftsstelle gewählten Zustellungsart nach § 212 a ZPO die
Zustellung erst bewirkt, wenn das zuzustellende Schriftstück dem
Anwalt zugegangen ist und <span style="text-decoration:underline;">dieser das Schriftstück als</span>
zugestellt entgegennehmen will (BGH NJW 89, 1154, 1155 m.w.N.), was
durch Rücksendung des Empfangsbekenntnisses dokumentiert wird. Ein
solcher Entgegennahmewille läßt sich aber nicht feststellen, zumal
da trotz Ankündigung das Emp-fangsbekenntnis nicht unterschrieben
zurückge-sandt worden ist. Auch die Vorschrift des § 187 Satz 1 ZPO
kann die Heilung von Zustellungsmän-geln im Rahmen einer Zustellung
nach § 212 a ZPO nicht herbeiführen, weil für eine Zustellung nach
dieser Vorschrift der bloße Zugang des Schriftstücks nicht genügt,
sondern vielmehr die förmliche Empfangsbereitschaft des Adressaten
hinzutreten muß (BGH a.a.0.).</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Entgegen der Auffassung der Beklagten
kann eine die Einspruchsfrist in Lauf setzende Zustellung auch
nicht darin gesehen werden, daß bis zum 2. Juli 1990 ein
Bevollmächtigter der Klägerin die Akten eingesehen und dabei von
der Tatsache des Erlasses des Versäumnisurteils Kenntnis ge-nommen
hatte. Es kann dahinstehen, ob darin ein Zugang des
Versäumnisurteils im Sinne von § 187 Satz 1 ZPO gesehen werden
kann. Denn jedenfalls ist gemäß § 187 Satz 2 ZPO die
Zustellungsfik-tion des Satzes 1 nicht gültig, soweit durch die
Zustellung der Lauf einer Notfrist in Gang ge-setzt werden soll;
und die Frist zur Einlegung des Einspruchs gegen ein
Versäumnisurteil ist eine solche Notfrist (§ 339 Abs. 1 ZPO).</p>
<span class="absatzRechts">19</span><ol class="absatzLinks">
<li>Die im Wege der Klageänderung rechtshängig ge-</li>
</ol>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">wordene Zahlungsklage über insgesamt
6.160,-- DM nebst Zinsen ist in Höhe von 5.076,55 DM nebst Zinsen
unbegründet, so daß das eine Klageabwei-sung aussprechende
Versäumnisurteil vom 30. Ja-nuar 1990 insoweit aufrecht zu erhalten
ist (§ 341 Satz 1 ZPO). Da insoweit Entscheidungs-reife besteht,
macht der Senat von seiner Befug-nis zur Sachentscheidung Gebrauch
(§ 540 ZP0). Wegen der weitergehenden Klageforderung ist die Sache
zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht
verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Ein Anspruch auf teilweise Rückzahlung
der als Mietzins für den Zeitraum Januar 1989 bis August 1990
gezahlten Beträge gemäß § 812 BGB steht der Klägerin allenfalls zu,
soweit der Beklagte Be-träge vereinnahmt hat, die 95 % des
vertraglich vereinbarten Zinses übersteigen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Trifft der Vortrag der Klägerin zu, so
konnte der geschuldete Mietzins gemäß § 537 Abs. 1 2. Alternative
BGB höchstens bis zu 5 % der Gesamt-miete gemindert werden, weil
das Mietobjekt mit einem seine Gebrauchstauglichkeit nicht
unerheb-lich mindernden Fehler behaftet war, und deshalb die
Zahlung der vollen vereinbarten Miete teil-weise ohne rechtlichen
Grund geschah.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Behauptung der Klägerin,
entnommenes Wasser aus der Zapfstelle in der Küche des Bürogebäudes
habe einen die nach der Trinkwasserverordnung zulässige Grenze von
0,04 mg Blei/Liter über-schreitenden Bleigehalt von 0,075 mg am 8.
De-zember 1988, von 0,18 mg am 7. Januar 1989 und von 0,23 mg am
13. März 1989 gehabt, rechtfer-tigt eine höhere Mietzinsminderung
nicht.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Grundsätzlich gehört auch bei der hier
vorgenom-menen Vermietung von Büro- und Lagerräumen zu
Gewerbezwecken eine den Rechtsvorschriften ent-sprechende Qualität
des Trinkwassers zu den Ei-genschaften der Mietsache, welche ihren
ver-tragsgemäßen Gebrauch mitbestimmen, weil die Mitarbeiter des
Mieters in Pausenzeiten sich im Aufenthaltsraum aufhalten und
Trinkwasser z. B. zum Kaffeekochen benutzen. Die Klägerin muß sich
auch nicht entschädigungslos darauf verweisen lassen, daß eventuell
andere Zapfstellen auf dem Mietgelände qualitativ besseres Wasser
geben, da es zum vertragsgemäßen Zustand der Mietsache ge-hört, daß
im mitvermieteten Bereich Küche/Auf-enthaltsraum und nicht an
anderer Stelle Trink-wasser zur Verfügung steht.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Im Hinblick auf die Tatsache, daß die
Klägerin im maßgebenden Zeitraum nur vier bis sechs Mit-arbeiter
beschäftigte und der größere Teil der Fläche zu Lagerzwecken
vermietet ist, erscheint eine Mietzinsminderung von höchstens 5 %
ange-messen, was monatlich noch einem Betrag im Be-reich von 350,--
bis 400,-- DM entspricht, wäh-rend die gesamten monatlichen
Wasserkosten bei ca. 10,-- DM lagen.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Selbst wenn der gesamte
Trinkwasserbedarf durch Mineralwasser gedeckt würde und man von
einem hohen Tagesbedarf von 2 Litern pro Mitarbeiter ausginge,
würden die Gesamtkosten pro Monat 100,-- DM nicht übersteigen. Bei
dieser Sachlage kommt eine Minderung bis höchstens 5 % je nach dem
Grad der Überschreitung des zulässigen Blei-gehaltes im Trinkwasser
auch nur deswegen in Be-tracht, weil auch die Mühe der
Herbeischaffung des Wassers zu berücksichtigen ist und die
even-tuell daraus resultierende Rufschädigung für das Unternehmen
der Klägerin, welche mit dem Be-kanntwerden der Tatsache verbunden
sein könnte, daß das Leitungswasser in den Arbeitsräumen
ver-unreinigt ist.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Klage ist damit unbegründet, soweit
die Klä-gerin Rückzahlung eines Betrages fordert, wel-cher die
Differenz zwischen dem vollen verein-barten Mietzins einerseits und
95 % desselben andererseits übersteigt.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Diese Differenz errechnet sich wie
folgt:</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">1/89 - 3/89 4/89 - 8/90</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">volle monatliche Miete bis</p>
<span class="absatzRechts">41</span><ol class="absatzLinks">
<li>7.223,04 DM 7.223,04 DM</li>
</ol>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Erhöhungsbetrag ab 4/89: 540,97 DM</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">volle monatlich Miete ab</p>
<span class="absatzRechts">45</span><ol class="absatzLinks">
<li>7.764,01 DM</li>
</ol>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">monatlich gezahlte Miete: 7.223,04 DM 7.223,04 DM</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">dem Beklagten jedenfalls zu-</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">stehende 95 % der Miete: 6.861,89 DM 7.375,81 DM</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Differenz zu Gunsten der</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Klägerin monatlich: 361,15 DM - . -</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">x 3 (Gesamtzahl der Mona-</p>
<span class="absatzRechts">55</span><ol class="absatzLinks">
<li>1.083,45 DM</li>
</ol>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Wegen des Mehrbetrages in Höhe von
(6.160,-- - 1.083,45 DM =) 5.076,45 DM ist die Klage
abzu-weisen.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">II.</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Berufung des Widerklägers gegen das
die Wi-derklage abweisende Urteil vom 15. November 1990 - 7 0
300/90 - hat dahingehend Erfolg, daß das Ur-teil vom 15. November
1990 - im Umfang der Anfech-tung - wegen eines wesentlichen
Verfahrensfehlers ebenfalls aufzuheben ist.</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">In Höhe eines Teilbetrages von 2.597,09
DM ist die Widerklage entscheidungsreif und begründet, so daß der
Senat insoweit von seiner Befugnis zur eigenen Sachentscheidung
Gebrauch macht (§ 540 ZP0). Wegen der weitergehenden
Mietzinsforderung ist die Sache zur erneuten Verhandlung und
Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen, soweit nicht die
Klageabweisung in Höhe eines Teilbetrages von 540,97 DM nebst
Zinsen rechtskräftig geworden ist.</p>
<span class="absatzRechts">64</span><ol class="absatzLinks">
<li>Das erstinstanzliche Verfahren zur Widerklage</li>
</ol>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">leidet an einem wesentlichen Mangel (§
539 ZPO) und kann nicht als ordnungsgemäße Entschei-dungsgrundlage
angesehen werden.</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Das Landgericht hat gegen das Gebot der
Er-schöpfung der angebotenen Beweismittel und den Grundsatz der
Gewährung rechtlichen Gehörs ver-stoßen, in dem es sich bei seiner
Überzeugungs-bildung dahin, daß das Trinkwasser einen unzu-lässig
erhöhten Bleigehalt gehabt habe, auf die von der Widerbeklagten
eingeholten Privatgut-achten des Amts für Umweltschutz der Stadt B.
beschränkt und das Beweisangebot des Widerklä-gers übergangen hat,
die Frage des Bleigehalts durch das Gutachten eines gerichtlich
bestell-ten Sachverständigen zu klären (Schriftsatz vom 25.
September 1990, Bl. 196 -198 d.A.). Es handelt sich um einen
wesentlichen Verfahrens-mangel, auf dem das angefochtene Urteil
auch beruht; denn die Einholung eines Sachverständi-gengutachtens
hätte möglicherweise zu einer an-deren Beurteilung geführt.</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">2. Da die vertraglich vereinbarte Miete
allenfalls</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">bis zur Höhe von 5 % gemindert sein
kann, ist die Widerklage gemäß § 535 BGB begründet, so-weit 95 %
des vertraglich vereinbarten Mietzin-ses noch nicht geleistet
worden sind. Die Wi-derbeklagte war ab 1. April 1989 zur Zahlung
eines monatlichen Mietzinses in Höhe von ((7.223,04 + 540,97) x 95
% =)) 7.375,81 DM verpflichtet. Sie hat aber pro Monat nur 7.223,04
DM gezahlt. Die offenstehende Miete beträgt damit mindestens pro
Monat 152,77 DM und für den der Widerklage zugrundeliegenden
Gesamtzeitraum April 1989 bis August 1990 (x 17 =) 2.597,09 DM.</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Auf diesen Mietzinsrückstand sind gemäß
den §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 1 BGB 4 % Zinsen seit Zustellung der
Widerklage am 7. August 1990 zu entrichten.</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">III.</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Über die restliche Klage in Höhe von
1.083,45 DM und die restliche Widerklage in Höhe von 6.599,40 DM
kann noch nicht abschließend entschie-den werden, da noch ein
Sachverständigengutachten zur Frage einzuholen ist, ob der
Bleigehalt des Trinkwasser die zulässigen Grenzwerte
überschrei-tet.</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Es erscheint sachgerecht, die
erforderliche Be-weisaufnahme sowie die weitere Verhandlung und
Entscheidung dem Landgericht zu übertragen. Ande-renfalls würden
die Parteien im Ergebnis eine In-stanz verlieren. Dies widerspräche
jedoch der grundsätzlichen Aufteilung der Zuständigkeiten in zwei
Tatsacheninstanzen, mit der eine sachliche Prüfung des
Streitstoffes in beiden Instanzen ge-währleistet sein soll.</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Sache war daher, soweit sie nicht
ohne weitere Sachaufklärung entscheidungsreif war, gemäß den §§ 538
Abs. 1 Nr. 1, 539 ZPO an das Landgericht zurück zu verweisen.</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Entscheidung über die Kosten des
Berufungsver-fahrens war ebenfalls dem Landgericht zu übertra-gen,
weil diese Entscheidung von dem weiteren Aus-gang des Rechtsstreits
abhängt.</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Für die erneute Verhandlung und
Entscheidung des Landgerichts weist der Senat auf folgendes
hin:</p>
<span class="absatzRechts">87</span><ol class="absatzLinks">
<li>Der Geltendmachung der Minderung steht nicht</li>
</ol>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">gemäß § 545 Abs. 2, 2. Halbsatz BGB
eine Ver-letzung der Pflicht der Klägerin als Mieterin entgegen,
den Mangel der Mietsache unverzüglich anzuzeigen. Vielmehr hat die
Klägerin unverzüg-lich nach Erhalt der Untersuchungsergebnisse
(Bericht vom 12. Januar 1989) den Mangel mit Schreiben vom 27.
Januar 1989 schriftlich ange-zeigt, nachdem der Beklagte schon
vorher auf den Verdacht der Bleihaltigkeit des Wassers
an-gesprochen worden war. Einer weiteren Mängelan-zeige bedurfte es
nicht mehr, obwohl die Kläge-rin auch später noch Untersuchungen
über den Bleigehalt des Wassers veranlaßt hat.</p>
<span class="absatzRechts">90</span><ol class="absatzLinks">
<li>Das Recht auf Minderung ist auch nicht in ent-</li>
</ol>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">sprechender Anwendung von § 539 BGB
durch vor-behaltslose Weiterzahlung des Mietzinses in Kenntnis der
Mängel verwirkt.</p>
<span class="absatzRechts">93</span><ol class="absatzLinks">
<li>Für den Monat Januar 1989 konnte die Kläge-</li>
</ol>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px"> </p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px">rin die Miete nicht rechtzeitig
mindern, da ihr bei Zahlung zu Beginn des Monats der
Un-tersuchungsbericht vom 12. Januar 1989 noch nicht vorlag und sie
daher nicht sicher wis-sen konnte, ob ein zur Minderung
berechti-gender Mangel bestand.</p>
<span class="absatzRechts">97</span><ol class="absatzLinks">
<li>Bei der Zahlung der Märzmiete konnte die</li>
</ol>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px"> </p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px">Klägerin zunächst davon ausgehen, daß
durch den Rohraustausch, welcher im Februar vorge-nommen worden
war, der Mangel behoben sei.</p>
<span class="absatzRechts">101</span><ol class="absatzLinks">
<li>Die Miete für die Monate Februar und April</li>
</ol>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px"> </p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px">bis August 1989 ist zunächst in Höhe
von 1.083,41 DM gemindert worden und erst unter dem Druck einer
angebotenen fristlosen Kün-digung unter Vorbehalt nachgezahlt
worden.</p>
<span class="absatzRechts">105</span><ol class="absatzLinks">
<li>Für die Folgemonate ist mit Schreiben vom</li>
</ol>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px"> </p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px">4. September 1989 ausdrücklich ein
Vorbe-halt erklärt worden und mit Schreiben vom 6. September 1989
Klage auf Feststellung des Rechts der Mietzinsminderung erhoben
worden.</p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Nach allem hat die Klägerin ihr Recht
auf Miet-zinsminderung nicht wegen vorbehaltsloser Zahlung in
Kenntnis der Mängel der Mietsache verwirkt.</p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Entscheidung zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Urteilsbeschwer beider Parteien:</p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">unter 60.000,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Streitwert</p>
<span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Klage (zugleich Streitwert des</p>
<span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Verfahrens 22 U 277/90</p>
<span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">124</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">bis zur Verhinderung): 6.160,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">126</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Widerklage (zugleich Streitwert des</p>
<span class="absatzRechts">127</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">128</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Verfahrens 22 U 304/90</p>
<span class="absatzRechts">129</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">130</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">bis zur Verhinderung): 9.196,49 DM</p>
<span class="absatzRechts">131</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">132</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Gesamtstreitwert nach Verhinderung</p>
<span class="absatzRechts">133</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">134</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">am 12. April 1991: 15.356,49 DM</p>
|
314,950 | lg-dusseldorf-1991-04-26-16-0-19089 | {
"id": 808,
"name": "Landgericht Düsseldorf",
"slug": "lg-dusseldorf",
"city": 413,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 16 0 190/89 | 1991-04-26T00:00:00 | 2019-03-13T14:42:21 | 2022-10-18T15:09:26 | Urteil | ECLI:DE:LGD:1991:0426.16.0.190.89.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p> </p>
<p>Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.</p>
<p> </p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstrek­</p>
<p>kung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe</p>
<p>von 1.500 DM abzuwenden, wenn diese nicht zuvor Si­</p>
<p>cherheit in gleicher Höhe leistet.</p>
<p> </p>
<p> </p>
<p>Die Sicherheit kann auch durch Bürgschaft einer Bank oder Sparkasse mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland geleistet werden.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Tatbestand: </p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin begehrt von der Beklagten Zahlung eines Schmerzensgeldes für eine während einer Kreuzfahrt erlittenen Verletzung des rechten Daumens. Sie hatte bei der Beklagten, die ein Reiseunternehmen betreibt, in der Zeit vom 1. ,bis zum 18.12.1988 eine Karibik-Kreuzfahrt auf dem unter der Flagge Panamas fahrenden Schiff A. gebucht und die Reise dann angetreten. </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Am 3.12. wurde anläßlich der Vorstellung des Reiseteams </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">seitens der Beklagten darauf hingewiesen, daß bei starkem </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Seegang nicht arretierte Türen bei plötzlichen Bewegungen </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">des Schiffes unvermittelt zuschlagen könnten. An dieser </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Veranstaltung hatte die Klägerin indes angeblich nicht teilgenommen.Am 5.12.1988 wollte die Klägerin in der von ihr belegten Kabine gegen 4.30 Uhr nachts die Toilette aufsuchen. Zu dieser Zeit herrschte starker Seegang und Windstärke 9. Die Klägerin, die gerade aus dem Schlaf aufgewacht war und deshalb noch benommen war, rutschte von dem Griff der WC-Tür ab und versuchte, sich irgendwie festzuhalten. Die von der Klägerin geöffnete Tür schlug zunächst völlig in Richtung des Bettes auf und fiel dann in entgegengesetzter Bewegung wieder zu. Da die Klägerin sich am Türrahmen zu halten versucht hatte, geriet sie mit dem Daumen der rechten Hand zwischen den Metallrahmen und die wieder zuschlagende Tür. Hierbei wurde der Daumen dergestalt gequetscht, daß die nachbehandelnden Ärzte unter anderem eine Fraktur fest­</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">stellten. Gleichwohl konnte die Klägerin unter ärztlicher </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Behandlung die Kreuzfahrt fortsetzen. Die weitere ärztliche </p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Behandlung erfolgte nach der Rückkehr der Klägerin an ihrem Wohnort Bonn. </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung eines Schmerzensgelds in Anspruch und wirft ihr vor, die ihr obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt zu haben. Insoweit sei die Beklagte verpflichtet gewesen, den international vorgeschriebenen Sicherheitsstandard einzuhalten, auch wenn sie ein panamesisches Schiff gechartert habe. Sie hätte ihr eine Kabine anbieten müssen, die eine Sicherung der Toilettentür mit Hilfe eines Magnetschnäppers aufwies, da dadurch das Zuschlagen der Tür hätte verhindert werden können. Unstreitig wies die Kabine der Klägerin eine solche Einrichtung nicht auf, während andere, mit einem Magnetschnäpper versehene Kabinen während der Kreuzfahrt leerstanden. Eine solche Magnetsicherung gehöre zu den Standardsicherheitsmaßnahmen, die üblicherweise vorhanden seien und deren Anbringung die Beklagte habe überwachen müssen. </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Außerdem habe die Beklagte sie auf die bestehende Gefahr </p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">nicht hinreichend hingewiesen. Das unstreitig an der in </p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Rede stehenden Tür montierte Schild, das einen abgeklemmten </p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Finger symbolisiert, sei viel zu klein und an unauffälliger Stelle angebracht gewesen und habe deshalb eine Warnfunktion nicht erfüllt. </p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Weiter trägt sie vor, eine vollständige Ausheilung des Daumens sei nicht erreicht worden, es bestehe die Gefahr, daß das Glied steif bleibe. Sie sei auch heute noch verletzungsbedingt in der Ausübung ihrer häuslichen Arbeit behindert. </p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte sei sich bewußt, daß sie für die Verletzung </p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">der Klägerin einzustehen habe. Das ergebe sich daraus daß </p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">sie nach dem Unfall – unstreitig - in der Bordzeitung auf </p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">die Gefahren von infolge Seegangs zuschlagenden Türen auf­</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">merksam gemacht habe. Insoweit habe der Geschäftsführer der </p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Beklagten B. ein Anerkenntnis abgegeben. Er habe er­</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">klärt, die Angelegenheit der Versicherung melden zu wollen </p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">und er habe auf eine außergerichtliche Einigung der Par­</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">teien gedrängt. </p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin· beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin ein in </p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld, </p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">mindestens aber 7000 DM nebst 4 % Zinsen seit Klagezu­</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">stellung, zu zahlen. </p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen . </p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Sie trägt vor: Sie habe ihrer Verkehrssicherungspflicht Genüge getan, da Magnetstopper an Türen nicht zu den behördlich verlangten Sicherheitsausrüstungen gehörten. Ein solches Gerät diene allenfalls der Anhebung des Komforts. Sie selbst habe auch keinen Einfluß auf die Ausstattung der Kabinen, da dies der Reederei obliege. Außerdem hätte ein Magnetstopper die plötzlich aufschwingende Tür nicht festhalten können. Des weiteren sei das auf der Tür angebrachte Warnschild zur Wahrung der Verkehrssicherungspflicht ausreichend gewesen. Hätte die Klägerin um eine Kabine mit Magnetstopper gebeten, dann wäre ihr eine solche auch zur Verfügung gestellt worden. </p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Zudem hätte die Klägerin sich auf die Gefahren an Bord ei­</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">nes Seeschiffes einstellen müssen und hätte nicht im schlaftrunkenen Zustand sich durch die Kabine bewegen dürfen. </p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Keineswegs habe ihr Geschäftsführer eine Zahlungspflicht </p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">anerkannt, sondern er habe nur eine gütliche Beilegung der </p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Streitigkeit erreichen wollen. </p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Das Gericht hat durch Einholung eines Sachverständigengut­</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">achtens Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen Kapt.K.-H.C. vom 7.11.1990,. B1.77-79 GA, und wegen der weiteren Einzelheiten auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. </p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe: </p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist nicht begründet. Ein Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes nach §§ 823, 847 BGB steht der Klägerin bereits dem Grunde nach nicht zu. </p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Zunächst liegt ein zugunsten der Klägerin wirksames, vom </p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Geschäftsführer der Beklagten abgegebenes Anerkenntnis bereits nach dem Vorbringen der Klägerin nicht vor. Ein schriftliches Anerkenntnis nach §§ 780,781 BGB liegt unstreitig nicht vor; gleichfalls kann in den vorgetragenen Äußerungen des Geschäftsführers kein nach § 782 BGB formfreies, im Wege des Vergleiches erteiltes Schuldanerkenntnis gesehen werden. Angeblich hatte er der Klägerin gegenüber geäußert: </p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Warum wollen Sie gleich mit so großen Geschützen </p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">schießen, wir sind doch alle Menschen und können die </p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Angelegenheit doch unter uns regeln.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Das kann allenfalls als Einleitung eines Vergleichsgesprächs gewertet werden, zu dessen Abschluß es jedoch nicht gekommen ist. Weder darin noch in der Äußerung, er werde die Angelegenheit der Versicherung melden, kommt ein Anerkenntnis zum Ausdruck. Letzteres konnte die Klägerin bei verständiger Würdigung lediglich dahingehend verstehen, daß der Versicherung wie auch der Beklagten die Prüfung der Berechtigung der geltend gemachten Ansprüche noch offenbleiben sollte. Die Klägerin trägt nicht etwa vor, ihr sei unbedingte Regulierung ohne jede Nachprüfung zugesagt worden. </p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Im übrigen hat die Klägerin nicht dargelegt, daß sie von der Beklagten Zahlung eines bestimmten Geldbetrages gefordert hat. Daß aber der Geschäftsführer der Beklagten mit einer Einstandspflicht in unbestimmter Höhe einverstanden gewesen wäre, kann erst recht nicht angenommen werden. </p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Der Beklagten kann vorliegend die Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht nicht vorgeworfen werden. Dabei verkennt das Gericht nicht, daß der Beklagten als Reiseveranstalterin grundsätzlich die Pflicht obliegt, selbst die von ihr angebotene Reise und, somit das Kreuzfahrtschiff A.auf die Einhaltung der notwendigen ,Sicherheitsvorschriften zu überprüfen. Die Beklagte war insoweit durchaus gehalten, entsprechende Uberwachungsmaßnahmen durchzuführen; indes hat sie dies nach der Auffassung des erkennenden Einzelrichters , vorliegend getan. Nach den Ausführungen des Sachverständigen Kapt.C., denen das Gericht folgt, besteht nämlich bei unter panamesischer, Flagge fahrenden Schiffen, keine Sicherheitsvorschrift, derzufolge eine Türarretierung als Sicherheitseinrichtung anzubringen ist. Somit war die Reederei nicht verpflichtet, in jeder Kabine eine solche Arretierung anzubringen und demzufolge war auch die Beklagte nicht verpflichtet/ auf eine mangelnde Arretierung im Rahmen der Uberwachung zu achten bzw. darauf hinzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Gleichfalls läßt sich eine für die eingetretene Verletzung der Klägerin ursächliche Verletzung der Verkehrssicherungspflicht nicht daraus herleiten, daß die Beklagte nicht sofort nach Antritt der Reise die Klägerin in einer mit Magnetarretierung versehenen Kabine untergebracht hat. Nach der Auffassung des erkennenden Einzelrichters läßt sich nämlich nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen, daß in diesem Fall die Daumenfraktur nicht ebenfalls eingetreten wäre. Dies läßt sich den -allerdings knappen - Ausführungen des Sachverständigen entnehmen. Danach bietet eine Magnetarretierung bei schwerem Seegang keinen hundertprozentigen Schutz gegen das Hin- und Herschlagen der Türen. Es leuchtet ohne weiteres ein, daß der nur auf magnetischer Basis funktionierende Türhalter zwar infolge der Anziehung in der Lage ist, eine langsam dagegen gedrückte Tür festzuhalten. Bei einer schwingenden oder auf- und zuschlagenden Tür mag dies durchaus anders sein. Mithin hätte die sofortige Unterbringung der Klägerin in einer mit einer Magneteinrichtung ausgestatteten Kabine nicht mit hinreichender Sicherheit den Eintritt des Unfallgeschehens verhindert. </p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Des weiteren ist unerheblich, daß eine Arretierung nach den Ausführungen des Sachverständigen zum "üblichen Standard" gehört. Insoweit hat er eindeutig ausgeführt, daß bei schwerem Seegang keine der möglichen Sicherheitseinrichtungen geeignet ist, ein Schlagen der Türen zu vermeiden. Des weiteren kommt es nicht darauf an, welche Maßeinheit für Sehstärke oder Windstärke zur Unfallzeit aufgetreten war. Insoweit hat nämlich auch der Sachverständige sich nicht auf eine bestimmte Maßeinheit berufen. Es verhilft der Klage nicht zum Erfolg, daß die Klägerin nach Vorliegen des Gutachtens bestreitet, daß Seestärke 9 gegeben war und daß sie vorträgt, die Klägerin sei über zu erwartendes schlechtes Wetter nicht informiert worden. Die Klägerin hat nämlich vorgetragen, daß Sie infolge des starken Seegangs von der Klinke abgerutscht ist, und daß sich die fehlende Magnethalterung erst bei starkem Seegang bemerkbar mache. Es vermag nicht zu überzeugen, wenn sie nach Vorliegen des Sachverständigengutachtens im Widerspruch dazu vorträgt, am Unfalltag habe kein schwerer Seegang geherrscht, so daß die vorhandene Arretierung ausgereicht hätte. Insoweit war die Klägerin gehalten, diesen Widerspruch nachvollziehbar zu erklären, was indes nicht geschehen ist. Somit geht das Gericht davon aus, daß zur Unfallzeit starker Seegang herrschte; auf die genaue Maßeinheit kommt es nicht an. Des weiteren kommt es nicht darauf an, welcher Seegang zu Beginn der Kreuzfahrt, zwei Tage vor dem Unfall, aufgetreten ist. </p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, daß die von dem Sachverständigen als eher sicher erachtete Klinkenarretierung unstreitig an Bord der MS Azur in keiner Kabine montiert war; jedenfalls ist dies nicht vorgetragen. </p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Im übrigen läßt sich eine Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht seitens der Beklagten auch nicht aus dem auf der Tür angebrachten Warnschild herleiten. Aus den überreichten Fotografien ist nach der Auffassung des erkennenden Einzelrichters die Warnfunktion dieses Schildes für jedermann eindeutig ersichtlich. Es stellt dar, daß ein zwischen Türrahmen und Tür -auf der Seite der Scharniere geratener Zeigefinger abgetrennt werden kann. Das reicht mit Sicherheit aus, um die von einer schwingenden oder schlagenden Tür ausgehenden Gefahren eindeutig zu demonstrieren. Dazu kommt, daß das Schild eindeutig direkt über der Drehklinke angebracht ist und gegenüber der Farbe des Türblatts ebenso eindeutig absticht. Da beim öffnen einer Tür ein Benutzer der Kabine notwendigerweise auf die Klinke blickt, um diese steher zu ergreifen, wird der Blick ebenso zwangsläufig auf das Warnschild gelenkt. Dazu kommt noch, daß die Klägerin bereits zwei Tage vor dem Unfall in der Kabine untergebracht war und somit die Tür sicherlich mindestens einmal täglich geöffnet hat. Das Warnschild kann ihr mithin nicht verborgen geblieben sein. Gleichfalls verhilft es der Klage nicht zum Erfolg, daß die Beklagte nicht zuvor, schriftlich vor den Gefahren der Tür gewarnt hat. Unstreitig hat sie nach Antritt der Fahrt und vor dem Unfall eine Informationsveranstaltung unter Hinweis auf die Gefahren hohen Seegangs abgehalten, an der die Klägerin nach ihrem eigenen Vorbringen nicht teilgenommen hat. Selbst wenn die Beklagte anläßlich dieser Veranstaltung auf die Gefahren der schlagenden Toilettentüren nicht hingewiesen hätte, wäre das somit für die eingetretene Verletzung nicht ursächlich gewesen. </p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Im übrigen steht der Klägerin nach der Auffassung des erkennenden Einzelrichters ein Schmerzensgeldanspruch selbst dann nicht zu, wenn man entgegen den vorstehenden Darlegungen eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht seitens der Beklagten annehmen würde. Vorliegend hat sich eine der für eine Seereise typischen Gefahren realisiert. Es liegt auf der Hand, daß bei einer Kreuzfahrt schlechtes Wetter, verbunden mit hohem Wellengang, auftreten kann, was wiederum zu entsprechenden Schlingerbewegungen des Schiffes führen kann. Dies indes kann dann leicht, wie vorliegend geschehen, zu Verletzungen der Passagiere führen. Auch wenn es sich um die erste Kreuzfahrt der Klägerin gehandelt hat, so kann nicht ohne weiteres angenommen werden, daß der Klägerin nicht bewußt war, daß insoweit einer Seereise Gefahren innewohnen. denen sie im täglichen Leben nicht ausgesetzt ist. Das Gericht ist der Ansicht, daß derjenige, der an einer Veranstaltung teilnimmt, sei es eine Reise oder etwa eine sportliche Veranstaltung, die jeweils typischen Risiken hinnehmen muß, was bei der Abklärgung der Verantwortlichkeit der Parteien berücksichtigt werden muß. (vgl. Mertens in Münchner Kommentar, § 823 BGB Rdn.190, 190 a). Insoweit kann der Beklagten nicht eine so weitgehende Pflicht auferlegt werden. daß sie ein Sicherheitsniveau garantieren mußte, das jegliches Risiko für die Passagiere ausschloß. Darüber hinaus ist auch das Verhalten der Klägerin zu berücksichtigen, die ihrem Vorbringen zufolge nicht die ihr mögliche Sorgfalt hat walten lassen. Sie hätte nämlich den bedauerlichen Unfall unter Umständen dadurch vermeiden können, daß sie sich beim Aufsuchen der Toilette etwas mehr Zeit gelassen hätte, um die Bewegungen des Schiffes besser einschätzen zu können. </p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Nach alledem kommt es auf den im einzelnen streitigen Um­</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">fang der Verletzungen und der möglichen Spätschäden nicht </p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">mehr an. </p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung fOlgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung </p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 </p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Nr.ll, 711 ZPO. </p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Streitwert: 7.000,--DM. </p>
|
314,951 | lagk-1991-04-24-7-sa-123089 | {
"id": 795,
"name": "Landesarbeitsgericht Köln",
"slug": "lagk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": "Arbeitsgerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": null
} | 7 Sa 1230/89 | 1991-04-24T00:00:00 | 2019-03-13T14:42:22 | 2022-10-18T15:09:26 | Urteil | ECLI:DE:LAGK:1991:0424.7SA1230.89.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 5.9.1989 - 4 Ca 518/89 - wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Kosten der Berufung und der Revision trägt der Kläger</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"> <strong><span style="text-decoration:underline">Tatbestand</span></strong></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Tatbestand ergibt sich aus dem Urteil des Gerichts vom 28.2.1990 (Bl. 159 ff. d.GA.) und dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 28.11.1990 - 4 AZR 299/90 - (Bl. 181 ff. d.GA.).</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat weiterhin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Aachen vom 05.09.1989 - Geschäftsnummer ** 4 Ca 518/89 ** - festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, den Kläger ab dem 06.06.1988 gemäß Vertügungsgruppe IV b zu bezahlen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat weiterhin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">Entscheidungsgründe</span></strong></p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Bei Zugrundelegung des Urteils des Bundesarbeitsgerichts vom 28.11.1990 (§ 565 Abs. 2 ZPO)ist die Berufung des Klägers ebenfalls unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">1.    Die vom Bundesarbeitsgericht (Urteil S. 12) geforderte Prüfung, ob die vom Kläger vorgetragenen Tätigkeiten den im Klammersatz zur Vergütungsgruppe V b BAT Fallgruppe l a difinierten Rechtsbegriff der gründlichen, umfassenden Fachkenntnisse erfüllen, hat ergeben, daß dies nicht der Fall ist.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">a)     Die Difinition des Rechtsbegriffs der "gründlichen, umfassenden Fachkenntnisse" im Klammersatz zur Vergütungsgruppe V b BAT Fallgruppe <em>1</em> a beruht auf der Difinition des Rechtsbegriffs der "gründlichen und</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">vielseitigen Fachkenntnisse" in voraufgehenden Klammersätzen der voraufgehenden Vergütungsgruppen. Darauf hat das Landesarbeitsgericht schon in seinem Urteil vom 28.2.1990 (Bl. 12) hingewiesen; die Behauptung des Bundesarbeitsgerichts in seinem Urteil vom 28.11.1990 (Bl. 10), das Landesarbeitsgericht habe schon nicht dargelegt, was unter "gründlichen, umfassenden Fachkenntnissen" zu verstehen ist, ist daher falsch.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Kette der "Difinitionen" lautet vollständig:</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks"><strong>Vergütungsgruppe VII</strong></p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Ib. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-,</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">sonstigen Innendienst und im Außendienst,</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">deren Tätigkeit gründliche Fachkenntnisse</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">erfordert.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">(Erforderlich sind nähere Kenntnisse von</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Gesetzen, Verwaltungsvorschriften und</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Tarifbestimmungen usw. des Aufgabenkreises)*</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">la. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-,</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erfordert.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">(Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung (des Betriebes), bei der der Angestellte beschäftigt ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis des Angestellten muß aber so gestaltet sein, daß er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann.)*</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks"><strong>Vergütungsgruppe VI b</strong></p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">la. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-,</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und mindestens zu einem Fünftel selbständige Leistungen erfordert. (Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung (des Betriebes) , bei der der Angestellte beschäftigt ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis des Angestellten muß aber so gestaltet sein, daß er nur beim Vorhandensein gründlicher und viel-</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">seitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann. Selbständige Leistungen erfordern ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative; eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderung nicht erfüllen).</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks"><strong>Vergütungsgruppe V c</strong></p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">la. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-,</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">(Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung (des Betriebes), bei der der Angestellte beschäftigt ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis des Angestellten muß aber so gestaltet sein, daß er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann. Selbständige Leistungen erfordern ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative; eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderung nicht erfüllen.)</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks"><strong>Vergütungsgruppe V b</strong></p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">la. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-,</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">(Gründliche, umfassende Fachkenntnisse bedeuten gegenüber den in den Fallgruppe la der Vergütungsgruppe VII, VIb und Vc geforderten gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen eine Steigerung der Tiefe und der Breite nach.)*</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">aa)    Demgemäß soll unter "Fachkenntnissen" die Kenntnis von Gesetzen, Verwaltungsvorschriften und Tarifbestimmungen "usw. des Aufgabenkreises" verstanden werden (Klammersatz zur Vergütungsgruppe VII Fallgruppe Ib)</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Was mit "usw. des Aufgabenkreises" gemeint ist, ist nicht erkennbar. Das Gericht geht davon aus, daß bei einem Angestellten in der öffentlichen Verwaltung, dessen Aufgabe der Einkauf von Waren ist, auch Warenkenntnisse und Marktkenntnisse zu den "Fachkenntnissen" gehören. Das hat das Gericht bereits in seinem Urteil vom 28.2.1990 (Bl. 10) angenommen. Das Bundesarbeitsgericht hat dies in seinem Aufhebungsurteil vom 28.11.1990 nicht beanstandet; es hat dazu geschwiegen.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">bb)    Unter "gründlichen" Fachkenntnissen ist danach die "nähere" Kenntnis von Gesetzen usw. zu verstehen (ebenfalls Klammersatz zur Vergütungsgruppe VII Fallgruppe Ib) . Es genügt also nicht die Kenntnis von Gesetz usw. schlechthin, sondern die Kenntnis muß eine "nähere" sein.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">cc)    Der Rechtsbegriff der "gründlichen und vielseitigen" Fachkenntnis ist nicht positiv difiniert, sondern nur negativ. "Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung (des Betriebes), bei der der Angestellte beschäftigt ist, zu beziehen." (Klammersatz zur Vergütungsgruppe VII Fallgruppe la BAT). Der Begriff "vielseitig" muß daher im Sinne des allgemeinen Sprachgebrauchs verstanden werden, als Gegensatz zu  "einseitig". Für erforderlich gehalten werden muß daher die nähere Kenntnis von verschiedenen Gesetzen usw. Die Vielseitigkeit braucht aber nicht soweit zu gehen, daß sie das gesamte Gebiet der Verwaltung (des Betriebes) umfaßt, bei der der Angestellte beschäftigt ist, siehe Klammersatz.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">dd)   Der Rechtsbegriff der "gründlichen, umfassenden Fachkenntnis" erfordert gegenüber den "gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen" eine Steigerung der Tiefe und Breite nach (Klammersatz zur Vergütungsgruppe V b</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Fallgruppe la). In der Kommentierung dazu wird ausgeführt, daß Fachkenntnisse gemeint sind, die erforderlich sind für stärker analysierende, zur Entscheidung von Zweifelsfällen notwendige Denkvorgänge, vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, Komm, zum BAT, Teil II BL Anm. 90 (S. 352 c) .</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">b)     Der Kläger benötigt bei seiner Einkaufstätigkeit insbesondere die Kenntnis der Vorschrift, daß so günstig einzukaufen sei, wie möglich, und die Kenntnis anderer Gesetze und Verwaltungsvorschriften, sowie Waren- und Marktkenntnisse und die Kenntnis von Geschäftsbedingungen. Diese Kenntnisse sind Fachkenntnisse und können als "nähere" und vielseitige bezeichnet werden und damit als gründlich und vielseitig im Sinne der Vergütungsgruppen VII, VI b und V c. Es ist jedoch nicht erkennbar, daß der Kläger für seine Tätigkeit eine Steigerung der Kenntnisse der Tiefe nach benötigt. Die Marktkenntnisse des Klägers und ggfls. auch seine Kenntnisse von Gesetzen, Verwaltungsvorschriften Waren und Geschäftsbedingungen müssen "näher" sein, aber nicht darüber hinausgehend tiefgründig. Ihm wird mitgeteilt, welche Waren er bestellen soll. Die verwaltungsmäßige Abwicklung seiner Einkäufe erfordert keine Entscheidung von Zweifelsfällen.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">2.    Auf den vom Kläger besonders betonten Umstand, daß seine Tätigkeit "besonders verantwortungsvoll" sei, kommt es daher für sein Klageanspruch rechtlich nicht an.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Rechtsmittelbelehrung</span></p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">statt.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil findet kein Rechtsmittel</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">,</p>
|
314,952 | olgk-1991-04-19-19-u-20590 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 19 U 205/90 | 1991-04-19T00:00:00 | 2019-03-13T14:42:23 | 2022-10-18T15:09:26 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1991:0419.19U205.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="h2 absatzLinks">E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist zulässig und begründet.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist im zuletzt aufrechterhaltenen Umfang
begründet.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch gemäß §§ 433
Abs. 1, 459 Abs. 1, 462, 467 Satz 1, 346 ff. BGB i.V.m. Abschnitt
VII. Ziffer 4 der AGB der Beklagten auf Rückzahlung des Kaufpreises
ab-züglich der gezogenen Nutzungen Zug um Zug gegen Rückgabe des
gekauften PKW.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der vom Kläger bei der Beklagten im Mai 1989 gekaufte fabrikneue
X. wies bei Auslieferung am 23. August 1989 einen Fehler im Sinne
von § 459 Abs. 1 Satz 1 BGB auf.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Im Fahrbetrieb entwickelte sich ein Geräusch, das eine negative
Abweichung von der vertraglich ver-einbarten Beschaffenheit
bedeutet.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Es mag offen bleiben, ob, wie der Kläger behauptet, Ursache
hierfür ein Defekt an den Antriebswellen ist; denn die
Geräuschentwicklung selbst ist als Sachmangel einzustufen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Im Bereich des Fahrzeugvorderwagens treten bei
Fahrgeschwindigkeiten zwischen 60 bis 90 km/h und einer
Motordrehzahl von 3400 bis 3800 U/min sowohl im zweiten wie im
dritten Gang während der Be- schleunigung unüberhörbare und
zunehmende Dröhnge- räusche auf, die als Vibrationen auf der
Beifahrer- seite sowohl in der Bodengruppe als auch in der
Stirnwand spürbar sind. Dies ergibt sich aus den überzeugenden
Ausführungen des Sachverständigen H. in seinem Gutachten vom 15.
August 1990, deren Richtigkeit von der Beklagten nicht in Zweifel
ge-zogen wird.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Solche Dröhngeräusche stehen nicht in Einklang mit den
kaufvertraglichen Vereinbarungen der Parteien. Hiernach - Abschnitt
VII. der AGB der Beklagten - hat der Kaufgegenstand dem jeweiligen
Stand der Technik seines Typs zu entsprechen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Diese Anforderung ist im Streitfall nicht erfüllt. Dabei ist
unerheblich, ob - wie die Beklagte gel-tend macht - bezogen auf die
hier in Rede stehende Serie X. und ihren Ausstattungsstandard keine
Min-derwertigkeit vorliegt, bzw. ob sich die Geräusch-entwicklung
innerhalb des serienbedingten Streube-reichs eines Kleinwagens vom
Typ X. bewegt.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Entscheidend für den vertraglich vereinbarten Maß-stab des
Standes der Technik des Typs ist nicht der Standard der Marke,
sondern der Entwicklungsstand vergleichbarer Fahrzeuge insgesamt.
Diese sind mit dem Begriff "Typ des Kaufgegenstandes" im Sinne der
Bedingungen gemeint (OLG Köln, DAR 86, 320; Rein-king-Eggert, Der
Autokauf, 6. Aufl., Rdz. 272).</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Eine Beschränkung der Gewährleistung auf den Stan-dard des
Herstellers für sein Produkt - hier X. - würde demgegenüber
bedeuten, daß für Konstruktions- oder Fertigungsfehler einer ganzen
Serie keine Gewähr geleistet werden müßte. Dies wird der
durch-schnittliche Neuwagenkäufer, dessen Verständnis maßgebend
ist, aber nicht annehmen, sondern erwar-ten, Anspruch auf ein dem
allgemeinen Stand der Technik in der Automobilindustrie
entsprechendes Fahrzeug und entsprechende Gewährleistungsrechte zu
haben.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Dabei ist unter Stand der Technik nicht die jeweils beste und
fortgeschrittenste Entwicklung in jedem Einzelpunkt zu verstehen.
Der Durchschnittskunde eines Neuwagens rechnet vielmehr mit
Qualitätsun-terschieden zwischen den verschiedenen Marken bei den
technischen Details innerhalb einer Fahrzeug-klasse. Dies gilt
insbesondere auch für die Ge-räuschentwicklung. Maßstab für die
vereinbarte Be-schaffenheit ist im Streitfall nicht etwa der im
Innenraum leiseste Kleinwagen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Dem Stand der Technik im Verständnis des durch-schnittlichen
Käufers eines Kleinwagens in West-deutschland entspricht aber eine
solche Eigenschaft nicht, die bei den hier zeitgleich marktgängigen
Wagen der gleichen Klasse gänzlich ungewöhnlich ist.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Dies trifft für die Geräuschentwicklung bei dem vom Kläger
gekauften X. zu.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Das bei diesem Fahrzeug auftretende Dröhnen war auch bei einem
Kleinwagen im Jahre 1989 nicht zu erwarten. Es handelt sich um ein
durchdringend lau-tes und dumpfes Tönen (vgl. Duden, Das große
Wör-terbuch der deutschen Sprache; Der Große Brockhaus, 18. Aufl.),
das zudem mit Vibrationen verbunden und als Innengeräusch eines PKW
nicht akzeptabel ist. Die unterschiedlichen Möglichkeiten zur
Dämmung bei Fahrzeugen verschiedener Größe und Ausstattung können
zwar zu einer höheren Geräuschbelastung bei kleineren Wagen führen,
jedoch ist das Auftreten von Geräuschen der hier gegebenen Art und
Intensi-tät bei einem Fahrzeug mitteleuropäischer Herkunft und der
Preisklasse von 21.900,-- DM im Jahre 1989 gänzlich unerwartet.
Dies gilt auch dann, wenn die Lärmentwicklung in einem Zusammenhang
mit der Aus-rüstung des Fahrzeugs mit ABS stehen sollte; denn auch
bei einer solchen Ausstattung ist nicht mit einer für einen PKW
grundsätzlich unangemessenen Geräuschbelastung zu rechnen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Durch den Fehler wird die Gebrauchstauglichkeit des PKW zu dem
gewöhnlichen und nach dem Vertrage vor-ausgesetzten Gebrauch nicht
unerheblich gemindert. Die unüberhörbaren mit Vibrationen
verbundenen Dröhngeräusche beeinträchtigen den Fahrkomfort stark.
Sie treten in Situationen auf, die bei nor-malem Fahrbetrieb häufig
vorkommen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Voraussetzungen des Wandlungsrechtes nach Ab-schnitt VII.
Ziffer 4 der AGB der Beklagten sind erfüllt. Unstreitig hat der
Kläger den gekauften Wagen mindestens zweimal wegen der
Geräuschbela-stung bei der Beklagten vorgeführt. Die Beklagte hat
das Fahrzeug untersucht und erklärt, ein Mangel liege nicht vor.
Damit ist die Nachbesserung end-gültig fehlgeschlagen, weitere
Versuche sind für den Kläger unzumutbar. Auf fehlende Schriftform
der Mängelanzeige kann sich die Beklagte in diesem Zu-sammenhang
nicht berufen, nachdem die Anzeige un-streitig erfolgt und von der
Beklagten auch bear-beitet worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Der Kläger kann aufgrund des erfolgreichen Wand-lungsbegehrens
gemäß §§ 346 ff. BGB Rückzahlung des Kaufpreises nebst Zinsen Zug
um Zug gegen Rückge-währ des gekauften PKW verlangen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Auszugehen ist von einem Kaufpreis in Höhe von 21.900,-- DM
einschließlich des für den zwischen-zeitlich offenbar verwerteten
Altwagen fest ange-rechneten Betrages.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat sein Wandlungsrecht durch die Wei-terbenutzung
des Fahrzeugs nicht verloren. Er hat sich jedoch gemäß §§ 467 Satz
1, 347 Satz 2, 987 bzw. 988, 818, 100 BGB, die ihm durch die
Benutzung des Fahrzeugs entstandenen Gebrauchsvorteile an-rechnen
zu lassen. Der Kläger ist mit dem Fahrzeug rund 26.000 Kilometer
gefahren. Der hierfür zu vergütende Nutzungswert ist gemäß § 287
ZPO auf den Betrag von 3.815,-- DM zu schätzen, um den der Kläger
die Klage zuletzt zurückgenommen hat. Der Betrag errechnet sich,
ausgehend von einer anzuneh-menden Gesamtfahrleistung des X. von
150.000 Kilo-meter aus 0,67 % des Kaufpreises pro gefahrene 1000
Kilometer (OLG Hamm, NJW RR 88, 1140; OLG Frank-furt, DAR 88, 243;
OLG Köln, DAR 82, 402; NJW 87, 2520).</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Zinsen auf die demnach in Höhe von 18.084,90 DM be-rechtigte
Klageforderung stehen dem Kläger wie ver-langt in Höhe von 4 % ab
dem 21. November 1989 ge-mäß §§ 347 Satz 3, 246 BGB zu.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die Kosten folgt aus §§ 91, 269 Abs. 3
ZPO, diejenige über die vorläufige Voll-streckbarkeit aus §§ 708
Nr. 10, 713 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Streitwert bis 21. März 1991: 21.900,-- DM ab 22. März 1991:
18.084,90 DM (zugleich Beschwer der Beklagten).</p>
|
314,953 | olgham-1991-04-17-8-u-17390 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 8 U 173/90 | 1991-04-17T00:00:00 | 2019-03-13T14:42:25 | 2022-10-18T15:09:26 | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1991:0417.8U173.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Beklagten gegen das am 7. März 1990 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts ... wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Kosten des Berufungsverfahrens werden je zur Hälfte den Beklagten auferlegt.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Die Beschwer der Beklagten beträgt je 37.500,- DM.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">(Von der Darstellung des <b>Tatbestandes</b> wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen)</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat die beiden Beklagten zu Recht verurteilt, die am 6. Mai 1988 entnommenen jeweils 37.500,- DM an den Kläger als Konkursverwalter zurückzuerstatten. Die Voraussetzungen der §§ 31 Ziff. 1, 37 Konkursordnung liegen vor.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Auch zur Überzeugung des Senats steht fest, daß die beiden Beklagten die genannten Beträge in der Absicht entnommen haben, den Gläubiger der späteren Gemeinschuldnerin zu benachteiligen. Diese Absicht war der späteren Gemeinschuldnerin auch bekannt, weil die Beklagten im Zeitpunkt der Entnahme noch Geschäftsführer und damit Organe der späteren Gemeinschuldnerin waren.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Benachteiligungsabsicht ist hier schon deshalb zu vermuten, weil die Beklagten keinen fälligen Anspruch auf Auszahlung der entnommenen Beträge gegen die spätere Gemeinschuldnerin hatten.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks"><b>1.</b></p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Voraussetzung für einen solchen fälligen Zahlungsanspruch in Höhe von jeweils 37.500,- DM wäre ein entsprechender Gewinnverwendungsbeschluß gem. § 29 Abs. 1 GmbHG. Ein solcher Beschluß setzt die wirksame Feststellung des Jahresabeschlusses voraus. Ist der Jahresabschluß nicht wirksam festgestellt worden (nichtig oder wirksam angefochten), so ist auch der Gewinnverwendungsbeschluß analog § 253 Aktiengesetz nichtig (Rowedder GmbHG, 2. Aufl., 1990, § 29 Rdn. 38; Scholz-Schmidt, GmbHG, 7. Aufl., 1988, § 46 Rdn. 43; Baumbach-Hueck, GmbHG, 15. Aufl. 1988, § 29 Rdn. 43). Bilanzfestellungs- und Gewinnverwendungsbeschluß können allerdings zusammenfallen, und die Bilanzfeststellung kann auch konkludent erfolgen (Scholz-Crezelius a.a.O., § 42a Rdn. 36; Baumbach-Hueck a.a.O. § 46 Rdn. 14).</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks"><b>2.</b></p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Hier liegt nur ein einheitlicher Beschluß mit Datum vom 28.12.1987 vor, der die Verwendung des Jahresgewinns 1986 betrifft und insoweit auf die Handelsbilanz zum 31.12.1986 verweist. Hierin liegt die stillschweigende Feststellung der Jahresbilanz 1986.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Streitig ist allerdings, ob dieser Beschluß tatsächlich an diesem Tag so gefaßt worden oder ob er erst später gefertigt und rückdatiert worden ist. Diese Frage kann aber im Ergebnis dahinstehen. Der Senat unterstellt zugunten der Beklagten deren Darstellung als richtig, daß der Beschluß so am 28.12.1987 in einer Gesellschafterversammlung gefaßt wurde.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks"><b>3.</b></p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Der Bilanzfeststellungsbeschluß und damit auch der Gewinnverwendungsbeschluß sind jedoch auch dann nichtig, wenn der Jahresabschluß gegen zwingende gesetzliche Vorschriften zum Schutz der Gläubiger verstößt. Dies folgt aus einer Analogie zu § 256 Aktiengesetz (Rowedder-Wiedemann a.a.O. § 42a Rdn. 55; Scholz-Schmidt a.a.O. § 46 Rdn. 38; Baumbach-Hueck a.a.O. § 42a Rdn. 22ff). Das ist z.B. dann anzunehmen, wenn Bilanzposten nicht unwesentlich überbewertet oder zwingend vorgeschriebene Passivposten weggelassen werden. Es muß sich aber um schwerwiegende Verstöße handeln, die das Betriebsergebnis maßgeblich beeinflussen (Rowedder a.a.O.; Baumbach-Hueck a.a.O. Rdn. 23).</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die hier zum 31.12.1986 erstellte Bilanz, die Grundlage des Gewinnverwendungsbeschlusses ist, leidet an einem, solchen schwerwiegenden Mangel. Sie verstößt nämlich gegen zwingende Passivierungspflichten, weil wegen noch ungeklärter Gewährleistungsansprüche der ... wegen des Flachdaches am Bauobjekt in ... seitens der späteren Gemeinschuldnerin Rückstellungen hätten gebildet werden müssen, was unstreitig nicht geschehen ist.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die drohende Inanspruchnahme aus Gewährleistung zählt zu den Ungewissen Verbindlichkeiten i.S.d. § 249 Abs. 1 Ziff. 1 HGB, für die Passivierungspflicht besteht (Rowedder a.a.O. § 42 a Anh. Rdn. 174; Baumbach-Duden-Hopt, HGB, 28. Auff. 1989, § 249 Anm. 2 B, C; Scholz-Crezelius a.a.O., Anh. zu § 42a Rdn. 194).</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Spätestens nach dem Ortstermin vom 15.11.1986 stand fest, daß an dem mangelhaften Flachdach noch Sanierungsarbeiten auszuführen waren, weil rd. 300 m² bzw. 15 % der Dachfläche mangelhaft waren. Dies sollte bis Sommer 1987 geschehen. Die ... verlangte als Sicherheit eine Gewährleistungsbürgschaft in Höhe von 50.000,- DM, womit die Beklagten als Geschäftsführer der späteren Gemeinschuldnerin einverstanden waren, denn die Bürgschaft wurde bereits im Januar 1987 von der Bank gestellt. Damit stand bereits Ende 1986 fest, daß die spätere Gemeinschuldnerin der ... zu weiteren Sanierungsmaßnahmen verpflichtet war. Überdies bestand die Gefahr, daß die ... bei nicht fristgerechter oder nicht ordnungsgemäßer Sanierung aus der Bürgschaft vorgehen werde, was zum Rückgriff der bürgenden Bank gegen die spätere Gemeinschuldnerin bis zur Höhe von 50.000,- DM führen konnte. Daraus folgt, daß Ende 1986 eine dem Grunde nach sichere, der Höhe nach noch ungewisse Verpflichtung gegenüber der ... bestand und eine mögliche Inanspruchnahme aus der Bürgschaft jedenfalls wirtschaftlich bereits angelegt war. Diese Risiken waren passivierungspflichtig.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">c)</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Hieran und an der Bewertung dieser Risiken hat sich bis zur Aufstellung der Bilanz Ende 1987/Anfang 1988 auch nichts wesentliches geändert. Zwar wurden Anfang 1987 Sanierungsarbeiten ausgeführt, nach eigenem erstinstanzlichen Vortrag der Beklagten aber nicht fristgerecht, was zur Folge hatte, daß die Bürgschaft mehrfach verlängert wurde, und zwar bis in das Jahr 1988 hinein. Folglich bestand selbst im Zeitpunkt der Erstellung der Bilanz für das Geschäftsjahr 1986 die Möglichkeit einer Inanspruchnahme durch die bürgende Bank weiter.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Das Risiko der Inanspruchnahme aus Gewährleistung oder aus der Bürgschaft war auch nicht geringer, sondern eher größer geworden, weil Mitte 1987 erneut erhebliche Mängel an dem Dach festgestellt worden waren. Deren Ursache war zwar noch nicht endgültig geklärt. Immerhin lag aber spätestens im September 1987 das Gutachten ... vor, in welchem auch von Material- und Verarbeitungsfehlern die Rede war. Das begründete die Gefahr, daß die spätere Gemeinschuldnerin auch wegen dieser neuen Mängel in Anspruch genommen werde. Die hieraus folgenden Risiken einer weiteren Inanspruchnahme durch die ... auf Gewährleistung oder seitens der bürgenden Bank hätten gem. § 252 Abs. 1 Ziffer 4 HGB bei der Bewertung der für 1986 als Rückstellung zu passivierenden noch Ungewissen Verbindlichkeit aus Gewährleistung berücksichtigt werden müssen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Daran ändert auch das Stichtagsprinzip nichts, wonach Veränderungen nach dem Bilanzstichtag - hier 31.12.1986 - grundsätzlich unberücksichtigt zu bleiben haben. Denn dieses gilt nicht für die Bewertung von Einzelposten. Erkenntnisse, die erst nach dem Bilanzstichtag bis zum Tage der Aufstellung der Bilanz - hier Ende 1987/Anfang 1988 - gewonnen werden und Bilanzposten in einem anderen Licht erscheinen lassen als am Bilanzstichtag, sind im Gläubigerinteresse zu berücksichtigen, § 252 Abs. 1 Ziffer 4 HGB (Baumbach-Duden-Hopt a.a.O. § 252 Anm. 4 A).</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">d)</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Angesichts des Umfangs der Mitte 1987 erkennbar gewordenen Schäden und des Umstandes, daß die spätere Gemeinschuldnerin schon 1986 nach eigenem Vortrag rund 200.000,- DM zur Sanierung des Daches aufgewandt hatte, die unstreitig übrigens auch nicht passiviert wurden, hätten jedenfalls die 50.000,- DM angesetzt werden müssen, über die sich die Bankbürgschaft verhielt. Die Gefahr, jedenfalls in dieser Höhe in Anspruch genommen zu werden, war aus der maßgeblichen Sicht bei Aufstellung der Bilanz Ende 1987/Anfang 1988 erheblich.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Bei einer Bilanzsumme von rund 646.000,- DM ist eine unterlassene Rückstellung von 50.000,- DM auch ein erheblicher Fehler. Er macht im vorliegenden Fall mehr als die Hälfte des mit dem Jahresfehlbetrag aus 1986 saldierten Gewinnvortrags aus 1985 und damit weit mehr als die Hälfte des ausgekehrten Gewinnes aus.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks"><b>4.</b></p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die Nichtigkeit des Gewinnverwendungsbeschlusses läßt einen Entnahmeanspruch der Beklagten entfallen, so daß es auch an einer kongruenten Deckung für die entnommenen jeweils 37.500,- DM fehlt. Die hierdurch begründete Vermutung der Gläubigerbenachteiligungsabsicht ist nicht nur nicht widerlegt, sie wird vielmehr durch die weiteren unstreitigen Umstände bestätigt. Die Veräußerung der Geschäftsanteilen zu einem von dem Beklagten bewußt - auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat - nicht mitgeteilten Preis, die Verlegung des Firmensitzes nach ... die Änderung des Firmennamens, die Gründung einer neuen Gesellschaft mit ähnlichem Aufgabenbereich und ähnlicher Firma ... statt Kunststofftechnik ... und wiederum mit Sitz in ..., dies alles läßt den sicheren Schluß zu, daß die Beklagten es darauf angelegt hatten, der späteren Gemeinschuldnerin in der Erwartung ihres drohenden Zusammenbruchs die noch flüssigen Mittel zum Nachteil der Gesellschaftsgläubiger zu entziehen.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO. Die Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus §§ 708 Ziffer 10, 711, 713 ZPO.</p>
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314,954 | olgk-1991-04-17-2-u-17390 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
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} | 2 U 173/90 | 1991-04-17T00:00:00 | 2019-03-13T14:42:27 | 2022-10-18T15:09:24 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1991:0417.2U173.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Beklagten zu 1) wird das am 27. September 1990 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Köln (8 0 363/89) teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt:</p>
<p>Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, an den Kläger DM 15.000,-- zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p>Die Berufung der Beklagten zu 2) gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 27. September 1990 wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Gerichtskosten in beiden Rechtszügen haben der Kläger und die Beklagte zu 2) je zur Hälfte zu tragen.</p>
<p>Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) in beiden Instanzen werden dem Kläger auferlegt. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen hat die Beklagte zu 2) zur Hälfte zu tragen. Im übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Der Wert der Beschwer des Klägers und der Beklagten zu 2) übersteigt jeweils DM 60.000,-nicht.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Tatbestand :</span></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger nimmt die Beklagten auf Zahlung eines Schmerzensgeldes aufgrund eines Unfalls vom 02.02.1988 in Anspruch. Der 1917 geborene Kläger fuhr am Unfalltage als Fahrgast mit einem Linienbus (Gelenkbus) der Beklagten zu 2) – L2, Linie XXX - in Richtung N. Er saß im Heckteil des Busses, d.h. vom Fahrer aus gesehen hinter dem Gelenk, auf der linken Seite auf einem Sitzplatz unmittelbar neben dem Gang in der Nähe zur Tür. Der Beklagte zu 1) war der Fahrer des Busses.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Auf der N2-Straße hielt der Beklagte zu 1) den Bus vor der Einmündung der Straße „Am X2" an, um sodann - dem M-weg folgend - mit dem Bus nach links in diese Straße abzubiegen. Als der Bus anfuhr und abbog, fiel der Kläger von dem Sitz <strong>auf den Boden des Busses. Hierbei wurde der Kläger erheblich</strong> verletzt.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger, dem etwa elf Jahre zuvor linksseitig ein künstliches Hüftgelenk implantiert worden war, erlitt eine schmerzhafte Oberschenkeltrümmerfraktur im Bereich des Schaftes dieser Prothese. Der Kläger wurde nach dem Unfall in das St. B-Krankenhaus gebracht. Hier wurde er wegen der Unfallfolgen in der Zeit vom 02.02. bis zum 05.05.1988 sowie erneut in der Zeit vom 19.05. bis zum 07.06.1988 stationär behandelt. Der Kläger ist auch heute noch aufgrund der Unfallverletzungen erheblich gehbehindert und kann sich nur mit Gehhilfen unter Schmerzen fortbewegen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Kläger lastet den Beklagten als Fahrfehler des Beklagten zu 1) an, daß dieser mit dem Bus zu schnell („mit Vollgas") und <sub>u</sub>ruckartig" nach links abgebogen sei. Er hat vorprozessual ein Schmerzensgeld in Höhe von DM 20.000,-verlangt. Die Beklagte zu 2) hat an den Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von DM 5.000,-- gezahlt. Mit der Klage nimmt er die Beklagten als Gesamtschuldner auf Zahlung eines weiteren Schmerzensgeldes in Anspruch.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat ein Gutachten eines Sachverständigen für Straßenverkehrsunfälle (Gutachten des Sachverständigen I vom 23.05.1990) eingeholt. Durch Urteil vom 27.09.1990 hat es die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger - über den vorprozessual gezahlten Betrag von DM 5.000,-- hinaus - weitere DM 15.000,-zu zahlen. Es hat u.a. ausgeführt, ein Verschulden des Beklagten zu 1) an der Verletzung des Klägers sei nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises festzustellen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil wenden sich die Beklagten mit der Berufung.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Von der Darstellung aller weiteren Einzelheiten des Sach-und Streitstandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline"><strong>Entscheidungsgründe:</strong></span></p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Berufung beider Beklagten ist zulässig. Die Berufung des Beklagten zu 1) ist in der Sache auch begründet. Die Berufung der Beklagten zu 2) bleibt ohne Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">1. Dem Kläger steht entgegen der Auffassung des angefochtenen Urteils gegen den Beklagten zu 1) kein Anspruch auf Schmerzensgeld nach §§ 823, 847 BGB - der einzigen hier in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage - zu, weil nicht festgestellt werden kann, daß der Sturz und damit die Verletzung des Klägers von dem Beklagten zu 1) verschuldet worden ist. Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer acht läßt, § 276 Abs. 1 Satz 2 BGB. Ein derartiger Sorgfaltsverstoß des Beklagten zu 1) ist nicht bewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Es kann nicht festgestellt werden, daß der Beklagte zu 1) beim Abbiegen zu schnell angefahren ist, d.h. das von ihm gelenkte Fahrzeug zu stark beschleunigt hat. In dem aufgrund des Unfalls des Klägers gegen den Beklagten zu 1) eingeleiteten Strafverfahren ist die Tachoscheibe des Busses vom Unfalltag durch einen Sachverständigen für Diagrammscheibenauswertung feinmikroskopisch untersucht worden. Hierbei hat sich nach dem Untersuchungsbericht vom 18.10.1988 dieses Sachverständigen, des Sachverständigen T in X, ergeben, daß der Bus in den ersten 8 Sekunden nach dem Anfahren an der Einmündung, bei dem der Kläger von dem eingenommenen Sitz gestürzt ist, bis auf eine Geschwindigkeit von 20 km/h beschleunigt hatte. Eine solche Geschwindigkeit kann nicht als überhöht angesehen werden. Gleiches gilt für die hieraus errechnete mittlere Anfahrbeschleunigung des Busses von 0,7 m/sec<sup>2</sup>, die der Sachverständige I in seinem Gutachten vom 23.05.1990 zutreffend als <sub>"</sub>normal" bezeichnet hat. Der Vorwurf des Klägers, der Beklagte zu 1) habe das Fahrzeug beim Abbiegen in einem Maße beschleunigt, wie man das vielleicht mit einem Pkw, nicht aber mit einem mit Fahrgästen besetzten Bus machen dürfe, geht daher fehl. Bei Personenkraftwagen wird zudem unter normalen Umständen - auch beim Abbiegen - eine deutlich höhere Anfahrbeschleunigung von bis zu 2,0 m/sec<sup>2</sup> erreicht (vgl. Engels, Der Verkehrsunfall 1975, S. 82).</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Daß der Beklagte zu 1) nicht langsamer als mit normaler Anfahrbeschleunigung angefahren ist, kann ihm nicht vorgeworfen werden. Als Linksabbieger mußte er mit dem Bus den bevorrechtigten (§ 9 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 StVO) Gegenverkehr kreuzen. Der Linksabbieger ist (auch) verpflichtet, die Gegenfahrbahn schnellstmöglich wieder freizugeben (vgl. Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 31. Aufl. 1991, § 9 StVO, Rdn. 29 mit weit. Nachw.). Er ist daher gehalten, das Fahrzeug beim Linksabbiegen jedenfalls mit normaler Anfahrbeschleunigung in Gang zu setzen. Entsprechend kann dem Beklagten zu 1) auch kein Vorwurf daraus gemacht werden, daß er die Kurve an der Einmündung der Straße <sub>„</sub>Am X2" nicht <sub>„</sub>geschnitten" hat, um auf diese Weise den Radius der von dem Bus beim Abbiegen durchfahrenen Kurve zu vergrößern und so die hierbei auf die Fahrgäste einwirkende Querbeschleunigung zu mindern. Denn der Linksbogen muß - unter Beachtung des Rechtsfahrgebots (§ 2 Abs. 1 und 2 StVO) - jedenfalls so weit genommen werden, daß der von links kommende oder dort wartende Verkehr nicht beeinträchtigt wird (vgl. Jagusch/Hentschel, a.a.O., § 9 StVO, Rdn. 30 mit weit. Nachw.).</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Hinreichende Anhaltspunkte dafür, daß der Beklagte zu 1) besonders <sub>„</sub>scharf", d.h. unter besonders starkem Verreissen der Lenkung nach links abgebogen ist, lassen sich nicht feststellen. Zwar steht der Vortrag des Klägers, daß eine <sub>„</sub>eckige" Fahrweise beim Abbiegen zu den typischen Fahreigenschaften des Heckteils eines Gelenkbusses, des sog. <sub>„</sub>Nachläufers" gehört, im Einklang mit den entsprechenden Darlegungen im Gutachten des Sachverständigen I. Ein solches spezifisches Fahrverhalten des Heckteils kann indes dem Beklagten zu 1) nicht als Verschulden angelastet werden. Nicht feststellbar ist auch, daß der Beklagte zu 1) - trotz der im Durchschnitt nur <sub>„</sub>normalen" - Anfahrbeschleunigung zeitweise <sub>„</sub>ruckartig" beschleunigt und hierdurch den Sturz des Klägers verursacht hat. Insbesondere läßt sich dies nach der Auswertung der Tachoscheibe ausweislich der Ausführungen des Sachverständigen I zwar nicht ausschließen, aber auch nicht positiv feststellen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Auffassung des angefochtenen Urteils läßt sich die Feststellung eines Fahrfehlers und damit eines Verschuldens des Beklagten zu 1) im Streitfall schließ-lich auch nicht auf einen Anscheinsbeweis (prima-facie-Beweis) gründen. Der Anscheinsbeweis ist nur bei typischen Geschehensabläufen zum Nachweis des ursächlichen Zusammenhangs und des Verschuldens anwendbar. Er erlaubt es, in solchen Fällen aufgrund einer bestimmten Wirkung eine bestimmte Ursache und umgekehrt sowie das Verschulden einer bestimmten Person als erwiesen anzusehen. Er setzt jedoch voraus, daß ein Tatbestand feststeht, bei dem der behauptete ursächliche Zusammenhang oder das behauptete Verschulden typischerweise gegeben ist, beruht also auf der Auswertung von Wahrscheinlichkeiten, die nach der Lebenserfahrung anzunehmen sind (vgl. BGH NJW 1987, 1694; BGH NJW 1987, 1944; BGH NJW-RR 1988, 789, <span style="text-decoration:underline">790).</span> An dieser Voraussetzung fehlt es hier. Der Fahrgast, der in einem Omnibus zu Fall kommt, kann es auch versäumt haben, sich - wie geboten - festzuhalten. Es kommt vergleichsweise häufig vor, daß ein Fahrgast in einem öffentlichen Verkehrsmittel deshalb stolpert oder stürzt, weil er sich nicht den erforderlichen sicheren Halt verschafft hat. Der Sturz eines Fahrgastes - auch beim Abrutschen vom Sitz - ist daher nicht typischerwei-se die Folge einer fehlerhaften Fahrweise des (Bus-)Fahrers, so daß von dem Sturz des Fahrgastes nicht mittels eines Anscheinsbeweises auf ein Verschulden des Fahrers geschlossen werden kann.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Wie sich aus dem Gutachten des Sachverständigen I ergibt, können bei einem Gelenkbus - konstruktionsbedingt - beim Abbiegen auch bei normaler fahrweise hohe Querbeschleunigungswerte auftreten, die es auch für einen sitzenden Fahrgast erforderlich machen, sich zusätzlich sicheren Halt zu verschaffen, um ein seitliches Abrutschen vom Sitz zu vermeiden. Daß sich der Kläger im Zeitpunkt seines Unfalls festgehalten hatte, wird von den Beklagten - jedenfalls jetzt - bestritten und steht nicht fest. Der Senat hat darauf hingewiesen, daß beispielsweise die Möglichkeit besteht, daß der Kläger gerade im Augenblick des Anfahrens des Busses den auf der - von seinem Sitz aus gesehen - gegenüberliegenden Seite des Ganges angebrachten Halteknpof (Signal für den Fahrer zum Anhalten an der nächsten Haltestelle) betätigen wollte und aus diesem - oder einem anderen - Grunde den festen Halt aufgegeben hat. Die Voraussetzungen des § 448 ZPO für eine Vernehmung des Klägers als Partei von Amts wegen zu dieser Frage sind nicht erfüllt.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Daß somit nicht festgestellt werden kann, daß der Beklagte zu 1) die Verletzung des Klägers durch einen Fahrfehler verschuldet hat, wirkt sich hier zu Lasten des Klägers aus. Die Beweislast für die Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs nach §§ 823, 847 BGB und damit auch für ein Verschulden der als Schädiger in Anspruch genommenen Person trifft den Verletzten als Anspruchsteller <strong>(vgl.</strong> Palandt/Thomas, BGB, 50. Aufl. 1991, § 823, Rdn. 167), hier also den Kläger.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">2. Die Berufung der Beklagten zu 2) ist unbegründet. Die Beklagte zu 2) ist - wie das Landgericht im Ergebnis zutreffend entschieden hat - zur Zahlung eines weiteren Schmerzensgeldes in Höhe von noch DM 15.000,-- an den Kläger verpflichtet, §§ 831 Abs. 1, 823 Abs. 1, 847 Abs. 1 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">a) Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist nach § 831 Abs. 1 Satz 1 BGB zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den dieser in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zugefügt hat. Diese Voraussetzungen der Ersatzpflicht der Beklagten zu 2) sind im Streitfall erfüllt:</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte zu 1) war als bei der Beklagten zu 2) angestellter Fahrer deren Verrichtungsgehilfe im Sinne von § 831 Abs. 1 BGB. Er hat - durch das Anfahren und Abbiegen - eine Ursache für den Sturz des Klägers gesetzt und somit den objektiven Tatbestand des § 823 Abs. 1 BGB verwirklicht. Ein (festgestelltes) Verschulden des Verrichtungsgehilfen ist - anders als für die Haftung des Gehilfen selbst aus § 823 BGB - nicht Voraussetzung der Haftung des Geschäftsherrn nach § 831 Abs. 1 BGB (vgl. Pa-landt/Thomas, a.a.O., § 831, <strong>Rdn.</strong> 1 und 11). Denn diese Haftung des Geschäftsherrn gründet sich nicht auf ein Verschulden des Gehilfen, sondern auf die Vermutung des eigenen Verschuldens des Geschäftsherrn bei der Auswahl und Leitung (vgl. BGH NJW-RR 1988, 38).</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Zwar greift die Haftung des Geschäftsherrn aus § 831 Abs. 1 BGB nicht ein, <strong>wenn</strong> feststeht, daß sich der Gehilfe objektiv richtig und sorgfältig verhalten hat. Kann der Geschäftsherr nachweisen, daß sich der Gehilfe bei der Verrichtung der gegebenen Sachlage entsprechend, sachgemäß besonnen und vernünftig verhalten hat, also so, wie sich auch eine andere zuverlässige Person verhalten hätte, so ist er gemäß § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB auch dann entlastet, wenn ihn ein Überwachungs- ider Auswahlverschulden trifft (vgl. BGH NJW-RR 1988, 38; Staudinger/ Schäfer, BGB, 12. Aufl. 1986, § 831, Rdn. 135 und 256; jeweils mit weit. Nachw.). Diesen Nachweis hat die Beklagte zu 2) hier indes nicht geführt. Auch wenn - nach dem oben unter Ziff. 1 Gesagten - im Streitfall nicht erwiesen ist, daß dem Beklagten zu 1) ein Fahrfehler unterlaufen ist, steht damit nicht umgekehrt fest, daß sich der Beklagte zu 1) verkehrsrichtig verhalten hat. Vielmehr ist - auch nach dem Gutachten des Sachverständigen I - die Möglichkeit eines Fahrfehlers des Beklagten zu 1) durchaus gegeben: So ist durch die Feststellung einer als normal zu bezeichnenden mittleren Anfahrbeschleunigung des Busses von 0,7 m/sec<sup>2</sup> nicht ausgeschlossen, daß kurzfristig hiervon abweichende, deutlich höhere Beschleunigungswerte vorgelegen haben, weil nicht jede kleinste Geschwindigkeitsänderung sofort auf der Diagrammscheibe aufgezeichnet wird. Es ist auch nicht ausgeschlossen, daß der Beklagte zu 1) in einem durch die Verkehrsverhältnisse an der Einmündung nicht veranlaßtem Maße abrupt nach links gelenkt und hierdurch eine besonders hohe Querbeschleunigung - als Ursache für den Sturz des Klägers - hervorgerufen hat.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Auch den Entlastungsbeweis des mangelnden Auswahl- und Überwachungsverschuldens hat die Beklagte zu 2) nicht geführt. Die Ersatzpflicht des Geschäftsherrn nach § 831 Abs. 1 Satz 1 BGB tritt nach § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Personen und, soweit er Vorrichtungen und Gerätschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung dieses Sorgfalt beobachtet hat oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, daß diese Voraussetzungen erfüllt sind, trägt der Geschäftsherr (vgl. Palandt/Thomas, a.a.O. § 831, Rdn. 23), hier also die Beklagte zu 2). Sie hat indes schon nicht substantiiert dargetan, daß sie ihrer Leistungs- und Überwachungspflicht in der gebotenen Weise nachgekommen ist.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Es fehlt schon jede Darlegung dazu, welche Vorkehrungen die Beklagte zu 2) getroffen hat, um Unfälle der hier in Rede stehenden Art zu vermeiden. Wie der Sachverständige I in seinem Gutachten vom 28.05.1990 überzeugend dargelegt hat, folgt das Heckteil eines Gelenkbusses, der <sub>„</sub>Nachläufer", dem Vorderteil beim Abbiegen sozusagen <sub>„</sub>eckig", wobei erhebliche Querbeschleunigungswerte auftreten können. Selbst bei verhaltenem Anfahren können sich durch vergleichsweise abruptes Lenken zur Seite Querbeschleunigungswerte von 3 m/sec<sup>2</sup> bis zu 4 m/ sec<sup>2</sup> ergeben. Eine derartige Querbeschleunigung ist geeignet, Fahrgäste seitlich vom Sitz rutschen zu lassen, wenn sich der Fahrgast nicht mit den Händen an der Stange vor dem Sitzplatz festhält und mit den Armen hiergegen abdrückt. Allein ein Festhalten mit den Händen an der waagerechten Stange vor dem Sitzplatz ohne entsprechendes Gegendrücken reicht dagegen nach den Erkenntnissen, die der Sachverständige aufgrund der von ihm durchgeführten Fahrversuche mit einem Gelenkbus des hier in Rede stehenden Typs gewonnen hat, nicht aus, um einen ausreichend festen Halt im Sitz zu erhalten. Dabei wird die Unfallgefahr noch erhöht, wenn es sich bei den Sitzen - wie hier - um Holz- oder Kunststoffsitze mit glatter (polierter) Oberfläche handelt, die keinen erheblichen Reibungswiderstand gegen ein seitliches Herausgleiten aus dem Sitz <strong>bieten.</strong></p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks"><strong>Die Beklagte zu 2) war und ist gehalten, der hierdurch begründeten</strong> Unfallgefahr durch geeignete Maßnahmen zu begegnen. Daß sie dem in ausreichendem Maße nachgekommen ist, kann auf der Grundlage ihres Vorbringens im vorliegenden Rechtsstreit nicht festgestellt werden. Der Senat hat im Verhandlungstermin darauf hingewiesen, daß bei einzelnen Sitzen im Heckteil des Busses, nämlich bei den Sitzen, die in Vierergruppen einander gegenüber angeordnet sind, so daß eine waagerechte Haltestange in Griffhöhe fehlt, als Schutz gegen seitliches Abrutschen des Fahrgastes zum Gang hin eine waagerechte, in einer <strong>Höhe von einigen Zentimetern über der Sitzfläche angebrachte</strong> Stange neben dem Sitz montiert ist. Eine gleiche Schutzvorrichtung war an dem Sitz, den der Kläger benutzt hat, nicht angebracht. Warum sie nicht auch hier montiert wor-den ist, nachdem bei den gegebenenfalls auftretenden hohen Querbeschleunigungen ein Festhalten an der Griffstange allein nicht in jedem Fall ein Abrutschen vom Sitz zu verhindern vermag, hat die <strong>Beklagte zu</strong> 2) nicht dargelegt.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Bereits deshalb kann nicht festgestellt werden, daß sie bei der Beschaffung der<sub>  "</sub>Gerätschaften", hier des Busses, die im Verkehr erforderliche Sorgfalt hat walten lassen, so daß der Entlastungsbeweis nach § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht geführt ist. Die Beklagte zu 2) hat auch nicht substantiiert dargelegt, welche Anweisungen sie ihren Fahrern, insbesondere vor dem Einsatz als Fahrer eines Gelenkbusses erteilt hat, um angesichts des besonderen Fahrverhaltens des<sub>  "</sub>Nachläufers" Unfällen durch den Sturz von Fahrgästen vorzubeugen.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Der hiernach gegenüber der Beklagten zu 2) begründete Schadensersatzanspruch des Klägers ist nicht nach § 254 Abs. 1 BGB dadurch gemindert, daß bei seiner Verletzung ein eigenes Verschulden des Klägers mitgewirkt hat. Die Darlegungs- und Beweislast für ein solches Mitverschulden des Geschädigten trägt der Ersatzpflichtige (vgl. Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 254, Rdn. 82 mit weit. Nachw.). Es ist zwar - nach dem oben unter Ziff. 1 Gesagten - nicht auszuschließen, daß der Unfall auch darauf zurückzuführen ist, daß sich der Kläger nicht (ausreichend) festgehalten hat. Erwiesen ist das aber nicht. Wie sich aus dem Gutachten des Sachverständigen I ergibt, kann die Querbeschleunigung des Nachläufers beim Abbiegen ein solches Maß erreicht haben, daß allein ein Festhalten an der waagerechten Stange vor dem Sitzplatz nicht ausgereicht hat, um ein Abrutschen vom Sitz zu verhindern. Es ist daher möglich, daß sich der Kläger - wie von ihm behauptet - an der Stange festgehalten hat und gleichwohl gestürzt ist. Dann ist aber ein Mitverschulden des Klägers am Unfall nicht erweislich. Damit, daß er sich - wie von dem Sachverständigen erläutert - beim Abbiegen gegebenenfalls mit den Armen an der Stange abdrücken und gegen den Sitz stemmen muß, um festen Sitz zu behalten, braucht der Fahrgast nicht zu rechnen.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">b) Der Senat stimmt dem Landgericht im Ergebnis auch darin zu, daß die Schwere der Verletzungen des Klägers im Streitfall ein Schmerzensgeld von insgesamt DM 20.000,-rechtfertigt, so daß die Beklagte zu 2) nach Abzug der von ihr vorprozessual gezahlten DM 5.000,-- noch zur Zahlung weiterer DM 15.000,-- an den Kläger verpflichtet ist. Zwar begenet die Annahme des Landgerichts, daß auch der bei dem Kläger festgestellte Harnwegsinfekt eine Unfallfolge sei, Bedenken. Ersichtlich handelt es sich bei dem in dem Attest des St.B-Krankenhauses vom 26.05. 1988 (Dr. L /Dr. F) angesprochen „chronischen" Harnwegsinfekt um ein schon zuvor vorhandenes Leiden, das lediglich bei der Behandlung aus Anlaß der unfallbedingten Verletzungen mit behandelt worden ist. Dies bedarf hier indes keiner Vertiefung. Denn auch wenn man diesen Infekt hier außer Betracht läßt, ist angesichts der in den ärztlichen Bescheinigungen und Berichten vom 26.05.1988, 15.06. 1988, 30.06.1989 und 05.03.1991 wiedergegebenen Schwere der Verletzung ein Schmerzensgeld in Höhe von DM 20.000,-angemessen und erforderlich: Der Kläger hat sich einer mehrmonatigen stationären Behandlung unterziehen müssen. Ausweislich des ärztlichen Attestes von Prof. Dr. C vom 05.03.1991 mußte wegen der Trümmerfraktur des Oberschenkels eine osteosynthetische Rekonstruktion über der bereits liegenden Prothese vorgenommen werden. Nach dieser Operation ist der Kläger auf Dauer auf die Benutzung von Gehhilfen (Stockstützen) angewiesen, die er auch heute noch benötigt.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">3. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92, 97 Abs. 1 ZPO (Kosten), §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO (vorläufige Vollstreckbarkeit) und § 546 Abs. 2 ZPO (Festsetzung des Wertes der Urteilsbeschwer).</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Berufungsstreitwert : DM 15.000,--</p>
|
314,955 | olgham-1991-04-15-15-w-5291 | {
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} | 15 W 52/91 | 1991-04-15T00:00:00 | 2019-03-13T14:42:28 | 2022-10-18T15:09:24 | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1991:0415.15W52.91.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die weitere Beschwerde wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Kostenentscheidung des angefochtenen Beschlusses abgeändert wird.</p>
<p></p>
<p>Der Beteiligte zu 1) hat die dem Beteiligten zu 2) im Verfahren der ersten und der weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.</p>
<p></p>
<p>Der Gegenstandswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 5.000,-- DM festgesetzt.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Gründe:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Beteiligte zu 1) ist das eheliche Kind aus der am xxx.1982 geschlossenen Ehe der Beteiligten zu 2) und 3). Die Eltern trennten sich im März 1983; die Beteiligte zu 3) hielt sich danach bis zum Sommer 1985 in xxx auf. Die Ehe der Beteiligten zu 2) und 3) wurde durch rechtskräftiges Verbundurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Siegen vom 16.03.1984 (20 F 229/84) geschieden; die elterliche Sorge für das Kind wurde der Beteiligten zu 3) übertragen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Beteiligte zu 3) lernte im Sommer 1986 den Beteiligten zu 4) kennen, mit dem sie am xxx.1988 die Ehe schloß. Aus dieser Ehe stammt das am xxx.1988 geborene Kind xxx. Der Beteiligte zu 4) hat im Oktober 1988 den Abschluß zum Diplom-Physikingenieur an der Gesamthochschule xxx erreicht, war danach zunächst als Laboringenieur an einem Institut der Universität xxx beschäftigt und hat seit dem 01.09.1989 eine Tätigkeit bei einem privaten Unternehmen in xxx übernommen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Beteiligte zu 2) lebt nach eigenen Angaben seit längeren Jahren in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft mit Frau xxx zusammen. Aus dieser Verbindung stammt ein im Jahre 1988 geborener Sohn. Frau xxx ist neben ihrem Bruder Gesellschafterin und Geschäftsführerin der Firma xxx Automobile GmbH, die sich u. a. mit der Verwertung unfallbeschädigter Pkw befaßt. Der Beteiligte zu 2) übt für diese Gesellschaft eine Tätigkeit aus, deren Umfang nicht näher festgestellt ist. Die Zahlung des durch Vergleich vom 18.05.1984 titulierten Kindesunterhalts des Beteiligten zu 1) in Höhe von monatlich 235,-- DM erfolgte bis einschließlich 1987 über die Eltern des Beteiligten zu 2). Danach stellte der Beteiligte zu 2) weitere Zahlungen mit der Begründung ein, er sei leistungsunfähig und beziehe selbst Sozialhilfe. Ein durch anwaltliches Schreiben vom 18.05.1988 angeforderter Unterhaltsrückstand von 595,74 DM wurde von den Eltern des Beteiligten zu 2) mit einem mit anwaltlichem Schreiben vom 08.06.1988 überreichten Scheck beglichen. Weitere Zahlungen des Beteiligten zu 2) erfolgten dann bis zum Anhörungstermin vor dem Landgericht vom 07.08.1990 in der vorliegenden Sache nicht mehr. Die Beteiligte zu 3) hat im Jahre 1988 für das Kind xxx vorübergehend während eines Zeitraumes, als der Beteiligte zu 4) noch Student war, Sozialhilfeleistungen in Anspruch genommen. Danach hat der Beteiligte zu 4) den Unterhalt des Kindes sichergestellt.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Jedenfalls seit Oktober 1987 ist es zu persönlichen Kontakten zwischen dem Beteiligten zu 2) und xxx nicht mehr gekommen. Für den davor liegenden Zeitraum ist zwischen den Beteiligten streitig, in welchem Umfang solche Kontakte stattgefunden haben. Die Beteiligte zu 3) hat in einem Schreiben an den Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 2) vom 24.06.1988 zum Ausdruck gebracht, sie lehne Besuche des Beteiligten zu 2) bei dem Kind ab. Falls dieser ein gerichtliches Verfahren über sein Besuchsrecht anhängig machen wolle, möge er damit bis zu ihrer Entbindung im August 1988 warten.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Beteiligte zu 5) hat den Beteiligtem zu 2) mit Schreiben vom 20.06.1989 darüber unterrichtet, daß der Beteiligte zu 4) das Kind xxx adoptieren wolle. Dazu bedürfe es seiner, des Beteiligten zu 2), Einwilligung, die in notariell beurkundeter Form zu erklären sei. Der Beteiligte zu 2) hat darauf mit Schreiben vom 26.06.1989 an den Beteiligten zu 5) geantwortet, er sei nicht bereit, seine Einwilligung in die geplante Adoption zu geben. Dazu hat er mit einem weiteren, bei dem Beteiligten zu 5) am 23.08.1989 eingegangenen Schreiben eine nähere Begründung gegeben, in der er auf vorausgegangene Telefongespräche im Laufe des Monats August Bezug nimmt. Den Inhalt dieser Telefongespräche hat der Mitarbeiter xxx des Beteiligten zu 5) im Anhörungstermin vor dem Landgericht vom 07.08.1990 dahin geschildert, er habe den Beteiligten zu 2) auf die Möglichkeit hingewiesen, daß seine Einwilligung in die Adoption durch eine Entscheidung des Vormundschaftsgerichts ersetzt werden könne.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Beteiligte zu 4) hat in notarieller Urkunde vom 26.09.1989 (UR-Nr. xxx/ 1989 Notar xxx in xxx) beantragt auszusprechen, daß der Beteiligte zu 1) durch ihn, den Beteiligten zu 4), als Kind angenommen werde. In derselben Urkunde hat die Beteiligte zu 3) die Einwilligung zu dieser Kindesannahme erklärt, und zwar sowohl als Mutter des Kindes als auch als dessen gesetzliche Vertreterin. Ferner hat sie namens des Beteiligten zu 1) gemäß § 1748 BGB beantragt, die Einwilligung des Beteiligten zu.2) zu der Annahme vormundschaftsgerichtlich zu ersetzen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Beteiligte zu 5) hat mit Schreiben vom 19.10.1989 den Ersetzungsantrag unterstützt. Aufgrund der ihm gegebenen Darstellung der Beteiligten zu 3) sei davon auszugehen, daß Besuchskontakte des Beteiligten zu 2) zu xxx in der Zeit von Sommer 1983 bis Sommer 1985 nicht bestanden und danach der letzte Kontakt im Sommer 1986 stattgefunden habe. Ferner leiste der Beteiligte zu 2) keinen Unterhalt. Das Kind habe eine gesicherte Lebensstellung in der neuen Ehe der Beteiligten zu 3) gefunden. Der Wunsch der Eheleute, dem Kind durch die Adoption den Familiennamen xxx zu geben, sei verständlich und entspreche seinem Wohl. Der Beteiligte zu 2) habe seine Einwilligung aus Gründen versagt, die mit dem Wohl des Kindes nicht zu vereinbaren seien.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Beteiligte zu 2) ist dem Ersetzungsantrag entgegengetreten. In seiner Anhörung vor dem Amtsgericht vom 07.12.1989 hat er die Gründe für die Verweigerung seiner Einwilligung in die Adoption nochmals dargestellt und ferner in tatsächlicher Hinsicht behauptet, er habe in dem Zeitraum von Sommer 1983 bis Sommer 1985 gelegentliche Besuchskontakte zu dem Kind in xxx gehabt. Nach der Rückkehr der Beteiligten zu 3) hätte weitere Kontakte zu dem Kind bis in das Jahr 1987 stattgefunden, letztmalig am 12.10.1987. Von einem Antrag auf gerichtliche Regelung des Umgangsrechts habe er bislang lediglich deshalb abgesehen, um das Kind durch ein solches Verfahren nicht zu belasten.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat durch Beschluß vom 30.04.1990 den Antrag zurückgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Gegen diesen Beschluß hat der Beteiligte zu 1) mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 16.05.1990 Beschwerde eingelegt, die er im wesentlichen damit begründet hat, der Beteiligte zu 2) habe sich bewußt seiner Unterhaltspflicht entzogen, indem er sich gesetzlich eingerichtet und auch noch zu Unrecht Sozialhilfeleistungen für sich bezogen habe. Im übrigen habe er auch Gleichgültigkeit gezeigt, indem er sich tatsächlich um das Kind über Jahre nicht gekümmert habe. Er verweigere seine Einwilligung in die Adoption lediglich aus einer feindlichen Einstellung gegenüber der Beteiligten zu 3). Der Beteiligte zu 2) ist dem Rechtsmittel entgegengetreten.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat am 07.08.1990 alle Beteiligten vor der vollbesetzten Zivilkammer persönlich angehört und sodann durch Beschluß vom 15.08.1990 die Beschwerde des Beteiligten zu 1) zurückgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1), die durch Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 25.01.1991 bei dem Landgericht eingelegt ist. Der Beteiligte zu 2) beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die nicht fristgebundene weitere Beschwerde ist nach § 27 FGG statthaft sowie gemäß § 29 Abs. 1 S. 2 FGG formgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 1) folgt bereits daraus, daß seine erste Beschwerde ohne Erfolg geblieben ist.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">In der Sache ist das Rechtsmittel indessen unbegründet. Die Entscheidung des Landgerichts hält zwar nicht in jeder Hinsicht rechtlicher Nachprüfung stand, erweist sich jedoch aus anderen Gründen als im Ergebnis richtig (§§ 27 S. 2 FGG, 563 ZPO).</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von einer zulässigen Erstbeschwerde des Beteiligten zu 1) ausgegangen. Die Ersetzungsentscheidung kann nach der sachlich-rechtlichen Vorschrift des § 1748 Abs. 1 BGB ausschließlich auf Antrag des Kindes ergehen, so daß auch das Beschwerderecht gemäß § 20 Abs. 2 FGG nur diesem zusteht. Dem trägt die Einlegung der Erstbeschwerde durch den Beteiligten zu 1) Rechnung. Seiner Verpflichtung zur persönlichen Anhörung der Beteiligten nach den §§ 50 a, 55 c, 50 b FGG hat das Landgericht genügt.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Sachliche Voraussetzung der Ersetzung der Einwilligung in die Kindesannahme durch das Vormundschaftsgericht ist nach § 1748 Abs. 1 S. 1 BGB, daß der Elternteil seine Pflichten gegenüber dem Kind anhaltend gröblich verletzt oder durch sein Verhalten gezeigt hat, daß ihm das Kind gleichgültig ist. Hinzu kommen muß, daß das Unterbleiben der Annahme dem Kind zu unverhältnismäßigem Nachteil gereichen würde.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat sich in seiner Entscheidung zunächst damit befaßt, ob eine anhaltend gröbliche Pflichtverletzung durch den Beteiligten zu 2) festgestellt werden kann und das Vorliegen dieser Voraussetzung verneint. Seine Ausführungen dazu sind rechtsfehlerfrei. Beim Tatbestandsmerkmal der "anhaltend gröblichen Pflichtverletzung" handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen inhaltliche Bedeutung das Landgericht unter Berücksichtigung der schwerwiegenden Bedeutung des mit einer positiven Ersetzungsentscheidung verbundenen Eingriffs in das verfassungsrechtlich geschützte Eltern-Kind-Verhältnis richtig erkannt hat. Insbesondere hat die Kammer zutreffend hervorgehoben, daß bei der Entscheidung über die Ersetzung der Einwilligung eines Elternteils, dem die elterliche Sorge nicht zusteht, nur noch die Verletzung von Pflichten erheblich ist, die dem Elternteil verblieben sind, nämlich die Unterhaltspflicht und das Umgangsrecht. Die insoweit von dem Landgericht herangezogene Rechtsprechung (BayObLG FamRZ 1984, 417; OLG Frankfurt FamRZ 1985, 831) entspricht auch der ständigen Auffassung des Senats (z. B. Beschluß vom 24.04.1989 -15 W 58/89 -).</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Auch die unter diesem Gesichtspunkt angestellten Einzelerwägungen des Landgerichts lassen einen Rechtsfehler nicht erkennen. Im Hinblick auf die Frage einer etwaigen Verletzung der Unterhaltspflicht durch den Beteiligten zu 2) stellt das Landgericht zunächst darauf ab, daß der Beteiligte zu 1) ungeachtet der ausgebliebenen Zahlungen tatsächlich gut versorgt war, mag sein Lebensbedarf auch vorübergehend durch Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen und im übrigen durch den Beteiligten zu 4) sichergestellt worden sein. Es entspricht der überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur (vgl. OLG Frankfurt a.a.O. m. w. N.), der sich auch der Senat in seiner bereits angeführten Entscheidung angeschlossen hat, daß die Verletzung der Unterhaltspflicht als solche eine Ersetzung der Einwilligung in die Kindesannahme nicht zu rechtfertigen vermag, wenn sich der Unterhaltsrückstand nicht zum Nachteil des Kindes ausgewirkt hat, weil sein Unterhaltsbedarf anderweitig sichergestellt worden ist. Deshalb war das Landgericht auch nicht gehalten, weitere Feststellungen zur tatsächlichen Leistungsfähigkeit des Beteiligten zu 2) in dem Zeitraum vom Frühjahr 1988 bis August 1990 zu treffen. Ohne tragende Bedeutung bleiben auch die weiteren Erwägungen des Landgerichts, nach den Erklärungen des Beteiligten zu 2) im Anhörungstermin vor der Kammer vom 07.08.1990 sei zu erwarten, daß er künftig seine Unterhaltspflicht erfüllen werde. Prognosen für die zukünftige Entwicklung müssen allerdings bei der Ersetzungsentscheidung unberücksichtigt bleiben, weil es nach § 1748 Abs. 1 BGB im Gegensatz zu dem bis zum 01.01.1977 geltenden Recht (§ 1747 Abs. 3 BGB a.F.) nicht mehr darauf ankommt, ob künftige Pflichtverletzungen zu erwarten sind (vgl. Senat a.a.O.).</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Rechtsfehlerfrei sind ferner die Ausführungen des Landgerichts, mit denen es seine Auffassung begründet hat, daß die unterbliebene Ausübung des Umgangsrechtes durch den Beteiligten zu 2) seit 1987 nicht als anhaltende gröbliche Pflichtverletzung gewertet werden könne. Unter diesem Gesichtspunkt stellt das Landgericht zutreffend darauf ab, daß die Beteiligte zu 3) die Fortdauer von Kontakten zwischen den Beteiligten zu 2) und dem Kind abgelehnt hat, wie es auch in ihrem Schreiben vom 24.06.1988 zum Ausdruck kommt. Der Beteiligte zu 2) hätte deshalb zur Ausübung von Besuchskontakten zunächst eine gerichtliche Umgangsregelung vor dem Familiengericht herbeiführen müssen. Der Umstand, daß der Beteiligte zu 2) bis zum Zeitpunkt seiner Anhörung vor dem Landgericht einen solchen Antrag nicht gestellt hat, kann nicht als eine offensichtliche, für den Beteiligten zu 2) selbst erkennbare Pflichtverletzung schwerer Art und längerer Dauer gewertet werden. Insbesondere kann, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht ausgeschlossen werden, daß der Beteiligte zu 2) zunächst von einer Antragstellung abgesehen hat, um dem Kind nachteilige Belastungen zu ersparen, die erfahrungsgemäß mit einem solchen Verfahren verbunden sind, wenn es zwischen den Elternteilen streitig ausgefochten wird.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Rechtlicher Nachprüfung nicht stand hält indessen die Begründung des Landgerichts, soweit es die Voraussetzungen einer Ersetzungsentscheidung gemäß § 1748 Abs. 1 BGB wegen Gleichgültigkeit des Beteiligten zu 2) verneint hat. Die Kammer stellt unter diesem Gesichtspunkt maßgeblich darauf ab, daß die nach § 1748 Abs. 2 BGB in diesem Fall zwingend erforderliche Beratung durch das Jugendamt nach Maßgabe des § 51a Abs. 1 JWG unterblieben sei. Diese Beratung tritt nach § 1748 Abs. 2 S. 1 BGB neben die weiter zwingend vorgeschriebene Belehrung über die Möglichkeit einer gerichtlichen Ersetzungsentscheidung. Diese darf frühestens drei Monate seit der Belehrung ergehen; in der Belehrung ist auf die Frist hinzuweisen. Der Umstand, daß die von dem Mitarbeiter xxx des Beteiligten zu 5) erteilte mündliche Belehrung hier keinen Hinweis auf die genannte Frist enthält, steht ihrer Wirksamkeit als Voraussetzung für die gerichtliche Ersetzungsentscheidung nicht entgegen. Die Fristbestimmung soll nämlich lediglich gewährleisten, daß dem Elternteil vor Augen geführt wird, daß eine Adoption des Kindes wegen Gleichgültigkeit in Betracht kommt, und ihm ausreichende Gelegenheit gegeben wird, seine Einstellung und sein Verhalten gegenüber dem Kind zu ändern (Senat FamRZ 1977, 415, 418). Diesem Erfordernis ist genügt, wenn tatsächlich von dem Zeitpunkt der Erteilung der Belehrung an bis zur gerichtlichen Entscheidung über den Ersetzungsantrag eine Frist von mehr als drei Monaten verstrichen ist.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Neben der Belehrung war dem Jugendamt nach § 51 a Abs. 1 JWG die Verpflichtung auferlegt, den Elternteil "über Hilfen zu beraten, die das Verbleiben des Kindes in der eigenen Familie oder seine Unterbringung in einer geeigneten Familie ermöglichen könnten". Im Verfahren über die Ersetzung der Adoptionseinwilligung hatte das Jugendamt dem Vormundschaftsgericht mitzuteilen, welche Hilfen gewährt oder angeboten worden sind. Nach der Rechtsprechung des Senats war die tatsächliche Erfüllung der Beratungspflicht des Jugendamtes über Hilfen zur Vermeidung der Adoption zwingende Voraussetzung einer Ersetzungsentscheidung wegen Gleichgültigkeit des Elternteils (FamRZ 1977, 415, 417 f.); diese Auffassung wurde auch von anderen Oberlandesgerichten geteilt (BayObLG FamRZ 1982, 1129, 1130; OLG Köln FamRZ 1987, 203).</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Indessen hat der Gesetzgeber durch das am 01.01.1991 in Kraft getretene Gesetz zur Neuordnung des Kinder- und Jugendhilferechts (KJHG) vom 26.06.1990 (BGBl I 1163) in § 51 Abs. 2 SGB-VIII die Beratungspflicht des Jugendamtes vor einer Ersetzungsentscheidung des Vormundschaftsgerichts nach § 1748 Abs. 2 S. 1 BGB wegen Gleichgültigkeit lediglich noch als Sollvorschrift ausgestaltet. Die Beratung des Jugendamtes soll sich nach dieser Vorschrift auf Hilfen erstrecken, die die Erziehung des Kindes in der eigenen Familie ermöglichen können. Einer Beratung bedarf es insbesondere nicht, wenn das Kind seit längerer Zeit bei den Annehmenden in Familienpflege lebt und bei seiner Herausgabe an den Elternteil eine schwere und nachhaltige Schädigung des körperlichen und seelischen Wohlbefindens des Kindes zu erwarten ist.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Diese Vorschrift hat der Senat bei seiner Entscheidung zugrundezulegen, obwohl sie erst nach Erlaß der angefochtenen Entscheidung am 01.01.1991 in Kraft getreten ist. Es entspricht einhelliger Auffassung, daß das Gericht der weiteren Beschwerde bei einem Wechsel der Gesetzgebung das nach Erlaß der angefochtenen Entscheidung in Kraft getretene materielle Recht zu berücksichtigen hat, wenn dieses nach seinem zeitlichen Geltungswillen das streitige Rechtsverhältnis erfaßt (Keidel/Kuntze/Winkler - KKW -, FG, 12. Aufl., § 27 Rdnr. 22; Jansen, FGG, 2. Aufl., § 27 Rdnr. 15 jeweils m. w. N.). Denn für die Frage, ob im Sinne des § 27 S. 1 FGG die Entscheidung des Landgerichts auf einer Verletzung des Gesetzes beruht, kann es nur darauf ankommen, ob die Entscheidung objektiv mit dem Gesetz in Einklang steht, so daß die rechtliche Nachprüfung nach Maßgabe des im Zeitpunkt der Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts geltenden Rechts vorzunehmen ist. Der Gesetzgeber hat die Bestimmungen des KJHG zum 01.01.1991 in Kraft gesetzt (Art. 24 KJHG). Die davon in den Überleitungsvorschriften der Art. 10 ff. vorgesehenen Ausnahmen betreffen nicht die Bestimmung des § 51 SGB-VIII. Es muß deshalb davon ausgegangen werden, daß der Gesetzgeber als Voraussetzung für eine nach dem 01.01.1991 ergehende Ersetzungsentscheidung, auch soweit diese im Rechtsmittelverfahren zu treffen ist, ausschließlich die neugefaßte Bestimmung über die Mitwirkung des Jugendamtes hat maßgeblich sein lassen wollen. Dafür spricht insbesondere auch die Begründung des Regierungsentwurfes (BT-Drucksache 11/5948). In ihr ist zu der Vorschrift ausgeführt, daß die zwingende Beratungspflicht nach Maßgabe des § 51a Abs. 1 JWG zu Unzuträglichkeiten in der Praxis geführt habe, weil insbesondere in Fällen, in denen das Kind sich bereits längere Zeit in einer Pflegestelle befinde, eine Beratung über Hilfen zum Verbleib in der eigenen Familie des Elternteils oder zur Unterbringung in einer anderen geeigneten Familie nur mit dem Ziel des Aufbrechens bisheriger gewachsener intensiver Bindungen des Kindes zu seinem Nachteil in Betracht käme. Hilfsangebote zum Verbleib des Kindes in der Familie müßten früher angesetzt werden, kämen jedoch bei einer Adoption im Rahmen eines bereits bestehenden Pflegeverhältnisses zu spät. Für die hier vorliegenden Verhältnisse einer angestrebten Stiefvateradoption (§ 1741 Abs. 2 S. 2 BGB) gilt im Kern nichts anderes. Das Entstehen persönlicher Bindungen des Kindes zu seinem Stiefvater im Rahmen der von einer geschiedenen Kindesmutter neu eingegangen Verbindung ist Folge der Sorgerechtsentscheidung des Familiengerichts. Auf eine grundlegende Umkehr der so entstandenen Verhältnisse hinzuwirken, kann nicht Gegenstand einer Beratung des Jugendamtes im Vorfeld einer gerichtlichen Entscheidung über die Ersetzung der Adoptionseinwilligung des nicht sorgeberechtigten Elternteils sein.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Allerdings hat der Gesetzgeber es versäumt, zugleich mit der Neugestaltung der Beratungspflicht des Jugendamtes in § 51 Abs. 2 SGB-VIII eine entsprechende Anpassung des Wortlautes des § 1748 Abs. 2 BGB vorzunehmen, der die Entscheidung des Vormundschaftsgerichts weiterhin von einer Beratung durch das Jugendamt nach § 51a Abs. 1 JWG abhängig macht. Insoweit handelt es sich jedoch ersichtlich lediglich um ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers, der trotz der ausführlichen Behandlung der Beratungspflicht des Jugendamtes im Vorfeld einer gerichtlichen Ersetzungsentscheidung nach § 1748 Abs. 2 S. 1 BGB wegen Gleichgültigkeit in der Begründung des Regierungsentwurfes die Erforderlichkeit einer entsprechenden Anpassung des § 1748 Abs. 2 BGB übersehen hat, um einen Gleichlauf beider Vorschriften herzustellen. In Anbetracht der vom Gesetzgeber gezielt vorgenommenen Einschränkung der Beratungspflicht des Jugendamtes muß jedoch angenommen werden, daß dieser auch die gerichtliche Ersetzungsentscheidung nicht von weitergehenden Voraussetzungen hat abhängig machen wollen. § 1748 Abs. 2 S. 1 BGB muß deshalb seit dem 01.01.1991 so gelesen werden, daß die gerichtliche Ersetzungsentscheidung wegen Gleichgültigkeit eines Elternteils von einer vorangegangen Beratung durch das Jugendamt nicht mehr zwingend abhängig ist.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Mit der gegebenen Begründung kann die Entscheidung des Landgerichts deshalb nicht aufrechterhalten werden.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung hängt deshalb davon ab, ob festgestellt werden kann, daß die Einstellung des Beteiligten zu 2) gegenüber dem Kind als Gleichgültigkeit im Sinne des § 1748 Abs. 1 BGB gewertet werden kann. Das Landgericht hat diese Beurteilung auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung ausdrücklich dahingestellt sein lassen und lediglich angedeutet, es müsse bereits Gleichgültigkeit bei dem Beteiligten zu 2) angenommen werden. Darauf kommt es indessen nicht an, weil der Senat aufgrund des anderweitigen Rechtsfehlers der angefochtenen Entscheidung ohnehin eine eigenständige Sachentscheidung zu treffen hat, ohne an die Würdigung der landgerichtlichen Entscheidung gebunden zu sein. Der Sachentscheidung des Senats unterliegt dabei der gesamte Akteninhalt einschließlich des im Verfahren der weitern Beschwerde neu vorgetragenen Tatsachenstoffes (KKW § 27 Rdnr. 59). Eine solche Sachentscheidung ist hier möglich, weil weitere tatsächliche Ermittlungen nicht erforderlich erscheinen.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Gleichgültig verhält sich ein Elternteil, wenn er gegenüber dem Kind und seiner Entwicklung gänzlich teilnahmslos ist. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn er zu dem Kind über einen längeren Zeitraum hinweg keinen Kontakt pflegt, wenn ihn das Kind und dessen Schicksal nicht interessieren. Gleichgültigkeit, kann allerdings auch dann bejaht werden, wenn der "Besitzanspruch" des Elternteils auf das Kind keiner echten gefühlsmäßigen Bindung entspricht, sondern anders motiviert ist, z. B. durch Eifersucht, verletzten Stolz, Neid, Rachsucht, Böswilligkeit oder durch die bloße Besorgnis um das eigene Wohl. Da es sich bei der Gleichgültigkeit um eine subjektive Einstellung handelt, die oft nur schwer festzustellen ist, knüpft das Gesetz an das äußere Verhalten an und läßt es genügen, wenn das gesamte Verhalten zu dem Schluß führen muß, daß dem Elternteil das Kind gleichgültig ist (BayObLG DAVorm 1981, 131, 138 sowie ZBlJugR 1983, 234, 238 f.).</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Bei Berücksichtigung dieser Grundsätze läßt sich eine Gleichgültigkeit des Beteiligten zu 2) gegenüber dem Kind nicht feststellen. Dies beruht maßgeblich darauf, daß aus den nachstehenden verfassungsrechtlichen Erwägungen das gesamte Verhalten des Beteiligten zu 2) bis zur Entscheidung des Landgerichts nicht zu seinem Nachteil verwertet werden darf.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Wie bereits oben dargestellt, durfte nach dem bis zum 31.12.1990 geltenden Recht die Einwilligung eines Elternteils in die Annahme wegen Gleichgültigkeit nicht ersetzt werden, wenn dieser nicht zuvor nach § 51a JWG beraten worden war. Dieses zwingende Beratungserfordernis ist, wie der Senat in seiner bereits genannten Entscheidung (FamRZ 1977, 415, 417 f.) ausgeführt hat, durch Gesetz vom 14.08.1973 neu eingeführt worden (§ 1747 Abs. 2 a.F. BGB) und in § 1748 Abs. 2 n.F. BGB unverändert übernommen worden. Aus der vom Senat in seiner damaligen Entscheidung herangezogenen Gesetzesbegründung ergibt sich, daß durch die Einführung einer zwingenden Beratungspflicht dem verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung getragen werden sollte. Auf der Grundlage der bisherigen Rechtslage konnte danach ein Elternteil darauf vertrauen, daß seine Einwilligung in die Adoption durch gerichtliche Entscheidung nicht ersetzt werden konnte, bevor er durch das Jugendamt keine Beratung mit dem Ziel einer "Herstellung oder Wiederherstellung eines verantwortungsbewußten Verhaltens" erhielt. Der Elternteil, dessen Einwilligung in eine beabsichtigte Adoption gegebenenfalls ersetzt werden sollte, hatte also danach bisher einen Anspruch auf Gewährung von Hilfe und Beratung mit dem Ziel, das Entstehen der Voraussetzungen für eine positive Ersetzungsentscheidung unter dem Gesichtspunkt der Gleichgültigkeit zu vermeiden.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">In diesen auf der bisherigen Rechtslage beruhenden Vertrauenstatbestand hat der Gesetzgeber eingegriffen, indem nunmehr für ab dem 01.01.1991 zu treffende Ersetzungsentscheidungen die Beratungspflicht des Jugendamtes lediglich noch als Sollvorschrift ausgestaltet ist. Da insoweit eine Übergangsvorschrift fehlt, könnte daher bei der Bewertung unter dem Gesichtspunkt der Gleichgültigkeit ein in der Vergangenheit liegendes Verhalten des betroffenen Elternteils herangezogen werden, obwohl dieses nach der bisherigen Rechtslage wegen einer fehlenden Beratung sanktionslos bleiben mußte. Der Gesetzesänderung kommt deshalb eine sogenannte unechte Rückwirkung zu, die dadurch gekennzeichnet wird, daß die neue Gesetzeslage auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt (BVerfGE 69, 272, 309; 72, 175, 196; 79, 29, 45). Nicht abgeschlossen ist der Sachverhalt hier, weil die gerichtliche Ersetzungsentscheidung nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zu treffen ist und unter Einbeziehung des bisherigen Verhaltens auch die weitere tatsächliche Entwicklung nach diesem Zeitpunkt zu berücksichtigen hat.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Nach der Rechtsprechung des BVerfG sind Gesetze mit einer unechten Rückwirkung zwar grundsätzlich zulässig. Jedoch kann der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes, der aus dem Rechtsstaatprinzip abzuleiten ist, im Einzelfall der Regelungsbefugnis Schranken setzen. Danach ist es auch in Fällen unechter Rückwirkung durchaus denkbar, daß der Vertrauensschutz verletzt wird, wenn das Gesetz einen entwertenden Eingriff vornimmt, mit dem der Staatsbürger nicht zu rechnen, den er also bei seinen Dispositionen nicht zu berücksichtigen brauchte. Zur Bestimmung der verfassungsrechtlichen Grenze ist das Vertrauen des einzelnen auf den Fortbestand einer bestimmten gesetzlichen Regelung gegenüber der Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für das Wohl der Allgemeinheit abzuwägen (BVerfG E 51, 356, 363; 69, 272, 310; 79, 29, 46).</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Gemessen an diesen Kriterien muß hier der Vertrauensschutz des betroffenen Elternteils den Vorrang genießen. Anlaß für die gesetzgeberische Neuregelung waren nach der zitierten Begründung des Regierungsentwurfes Unzuträglichkeiten, die sich bei der Anwendung der zwingenden Beratungspflicht des bisherigen Rechtes in der Praxis ergeben hatten. Darüber hinaus erschien dem Gesetzgeber die Durchführung einer Beratung in dem durch die Fassung der bisherigen Vorschrift des § 51 a JWG gesteckten Rahmen in einer Vielzahl der Fälle nicht sinnvoll. In diesem Zusammenhang kann dahingestellt bleiben, ob die Begründung des Regierungsentwurfes dem Sinn des zwingenden Beratungserfordernisses des bisherigen Rechtes gerecht wird. Danach sollte die Beratung des Jugendamtes wohl nicht dem Ziel dienen, die Möglichkeiten einer Umkehr einer zuvor getroffenen Sorgerechtsentscheidung aufzuzeigen Vielmehr sollte sie darauf abzielen, die Eltern eines Kindes, das adoptiert werden solte, vor einem Verhalten abzuhalten, das die weitergehenden Voraussetzungen für die Ersetzung der Adoptionseinwilligung wegen Gleichgültigkeit erfüllte, mag dies im Wortlaut des § 51 a Abs. 1 S. 1 JWG auch nicht einen unmißverständlichen Ausdruck gefunden haben. Unabhängig davon dient die gesetzgeberische Neuregelung schwerpunktmäßig einer vereinfachten praktischen Handhabung des Verfahrens auf Ersetzung der Adoptionseinwilligung wegen Gleichgültigkeit, insbesondere soweit dies die notwendige Mitwirkung des Jugendamtes betrifft. Dieses gesetzgeberische Anliegen rechtfertigt jedoch nicht den rückwirkenden Eingriff in einen Vertrauensschutz, der sich aus der bisherigen Gesetzeslage für den Elternteil ergab, dessen Einwilligung in einem bereits anhängigen Verfahren ersetzt werden soll. Dabei ist besonders zu berücksichtigen, daß die positive Ersetzungsentscheidung zu dem denkbar schwersten Eingriff in das verfassungsrechtlich geschützte Eltern-Kind-Verhältnis (Art. 6 GG) führt. In diesem verfassungsrechtlich hochsensiblen Bereich ist der Schutzwirkung des Grundrechts besondere Bedeutung zuzumessen. Der Senat hält deshalb eine verfassungskonforme Auslegung des § 1748 Abs. 2 BGB i.V.m. § 51 Abs. 2 SGB-VIII für erforderlich. Dabei hat in Übergangsfällen, in denen ein Ersetzungsantrag vor dem Inkrafttreten des KJHG bei dem Vormundschaftsgericht anhängig geworden ist, bei der nach neuer Gesetzeslage zu treffenden Entscheidung wegen Gleichgültigkeit ein Verhalten des Elternteils unberücksichtigt zu bleiben, das nach altem Recht nicht hätte berücksichtigt werden dürfen, weil die zwingend vorgeschriebene Beratung durch das Jugendamt nicht erfolgt ist.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Im vorliegenden Fall hat das Landgericht zutreffend festgestellt, daß die nach altem Recht erforderliche Beratung durch das Jugendamt nicht erfolgt ist. Nach den Angaben des Mitarbeiters xxx des Beteiligten zu 5) im Anhörungstermin vor der Kammer vom 07.08.1990 konnte das Landgericht davon ausgehen, daß dem Beteiligten zu 2) lediglich eine Belehrung über die Möglichkeit der Ersetzungsentscheidung, nicht jedoch Beratungshilfen über die Möglichkeiten der Vermeidung einer Adoption gewährt worden sind. Seinen Angaben zufolge ging es dem Mitarbeiter des Beteiligten zu 5) im Kern darum, die Einwilligung des Beteiligten zu 2) zu der Kindesannahme herbeizuführen. Er sah die von dem Beteiligten zu 2) angegebenen Gründe für die Verweigerung seiner Einwilligung als unzureichend an. Für eine weitere Tätigkeit des Jugendamtes in dieser Angelegenheit sah er deshalb keinen Anlaß. In Anbetracht dieser Erklärungen bestand für das Landgericht nach § 12 FGG keine Veranlassung zu weiteren tatsächlichen Ermittlungen. Dazu gibt auch das Vorbringen des Beteiligten zu 1) in der Begründung seiner weiteren Beschwerde keinen Anlaß. Dies gilt insbesondere für den nunmehr vorgelegten Aktenvermerk, der inhaltlich lediglich die Ausführungen des Mitarbeiters des Beteiligten zu 5) im Anhörungstermin vor dem Landgericht bestätigt.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Darüber hinaus bedarf es keiner Entscheidung des Senats dazu, ob die Beratungspflicht des Jugendamts nach altem Recht ausnahmsweise entfallen konnte, wenn eine solche Beratung nach Lage der Dinge völlig ins Leere ginge, wie der Senat in einem Einzelfall angenommen hat (vgl. Beschluß vom 20.12.1983 - 15 W 257/82 -). Denn im vorliegenden Fall war eine Beratung des Jugendamtes mit dem Ziel der Vermeidung einer Adoption wegen Gleichgültigkeit durchaus möglich und sinnvoll. Aufgabe einer solchen Beratung wäre es in erster Linie gewesen, nach Möglichkeiten für eine Wiederaufnahme der Besuchskontakte des Beteiligten zu 2) zu dem Kind im beiderseitigen Einvernehmen der Elternteile zu suchen. Für den Fall des Scheiterns solcher Bemühungen hätte der Beteiligte zu 2) zumindest auch darüber beraten werden müssen, daß auf das Vorliegen von Gleichgültigkeit geschlossen werden konnte, wenn er über einen längeren Zeitraum keinerlei Bemühungen unternahm um von sich aus Besuchskontakte zu dem Kind wiederherzustellen. Insbesondere hätte der Beteiligte zu 2) in einem solchen Fall auch darauf hingewiesen werden müssen, daß er die Antragstellung in einem familiengerichtlichen Verfahren mit dem Ziel einer Umgangsregelung nicht über Jahre hinaus zurückstellen konnte, ohne daß sich ein solches Verhalten auf die Beurteilung unter dem Gesichtspunkt der Gleichgültigkeit auswirken könnte.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Der Senat kann unter dem Gesichtspunkt der Gleichgültigkeit deshalb nur das Verhalten des Beteiligten zu 2) aus der Zeit nach Erlaß der landgerichtlichen Entscheidung zugrunde legen. Insoweit ist jedoch unwidersprochen vorgetragen, daß er nunmehr bei dem Amtsgericht - Familiengericht - Olpe einen Antrag auf eine Regelung des Umganges mit dem Kind gestellt hat. Danach kann eine Gleichgültigkeit gegenüber dem Kind nicht festgestellt werden.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Da die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) ohne Erfolg bleibt, hat er aufgrund der zwingenden Vorschrift des § 13 a Abs. 1 S. 2 FGG die dem Beteiligten zu 2) im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Dies gilt in gleicher Weise für das Erstbeschwerdeverfahren. Mit dieser zwingenden gesetzlichen Vorschrift ist die Entscheidung des Landgerichts, für sein Verfahren sei die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten nicht veranlaßt, nicht zu vereinbaren. Die Kostenentscheidung des Landgerichts ist deshalb insoweit von Amts wegen abzuändern. Das Schlechterstellungsverbot steht dem nicht entgegen, weil dieses nicht für die Kostenentscheidung gilt (KKW, § 19 Rdnr. 118).</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Die Wertfestsetzung beruht auf den §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 3 i.V.m. § 2 KostO.</p>
|
314,956 | olgk-1991-04-11-16-wx-4391 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 16 Wx 43/91 | 1991-04-11T00:00:00 | 2019-03-13T14:42:30 | 2022-10-18T15:09:25 | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1991:0411.16WX43.91.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) wird der Beschluß der 1. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 4. Februar 1991 - 1 T 389/90 - abgeändert und wie folgt neu gefaßt:</p>
<p></p>
<p>Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1) wird der Beschluß des Amtsgerichts Leverkusen vom 5.11.1990 - 14 X 363/90 - abgeändert und wie folgt neu gefaßt:</p>
<p></p>
<p>Es wird festgestellt, daß die den Jugendlichen L. F., geboren am 5. Februar 1975 betreffende elterliche Sorge ruht.</p>
<p></p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>G r ü n d e</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die zulässige weitere Beschwerde des Betroffenen (§§ 19, 20, 27, 29, 59 FGG) hat auch in der Sache Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte, die bei Fällen mit Auslandsberührung in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen und zu beachten ist, folgt im vorliegenden Falle aus den Artikeln 1 und 13 Abs. 1 des Haager Übereinkommens vorn 5. Oktober 1961 über die Zuständigkeit von Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigen (BGBI 71 11 217)</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">- MSA -, das in der Bundesrepublik am 17.9.1971 in Kraft getreten ist (BGWI 1971 11, 1150). Nach Artikel 1 MSA sind die Gerichte des Staates, in dem ein Minderjähriger seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, vorbehaltlich der Artikel 3, 4 und 5 Abs. 3 dafür zuständig, Maßnahmen zum Schutze der Person oder des Vermögens des Minderjährigen zu treffen. Nach Artikel 13 Abs. 1 MSA ist das Übereinkommen auf alle Minderjährigen anzuwenden, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem der Vertragsstaaten haben. Dies gilt auch dann, wenn sie selbst keinem Vertragsstaat</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">angehören (BGHZ 60, 68, 72). Der jugendliche Betroffene hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik, und zwar im Zuständigkeitsbereich des Amtsgerichts Leverkusen. Artikel 3 MSA steht der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte schon deshalb nicht entgegen, weil, wie noch darzulegen sein wird, die Voraussetzungen des Artikels 8 MSA gegeben sind.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Sache nach handelt es sich vorliegend um eine Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit, die in der Bundesrepublik dem Vormundschaftsgericht zugewiesen</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">ist. Dessen örtliche Zuständigkeit bestimmt sich nach den §§ 43 Abs. 1, 36 Abs. 1 Satz 1 FGG. Örtlich zuständig ist danach das Vormundschaftsgericht, in dessen Bezirk der Jugendliche hier mangels eines Wohnsitzes zum Zeitpunkt der Befassung des Gerichts mit der Sache seinen Aufenthalt hat. Dabei ist die Frage des Aufenthalts nach Deutschem Recht als der maßgeblichen lex fori zu beurteilen (BayObLGZ</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">1972, 292 f). Daß der minderjährige Betroffene seinen Aufenthaltsort im Gerichtsbezirk des Amtsgerichts Leverkusen hat, wo er sich seit nunmehr mehr als einem Jahr aufhält, bedarf keiner näheren Darlegung.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Demgemäß ist das Amtsgericht Leverkusen befugt (Art. 1, 13 MSA) Maßnahmen zum Schutz des Betroffenen zu ergreifen. Dabei ist Deutsches Recht anzuwenden</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">(Art. 2 MSA). Dabei wird durch das Minderjährigen-Schutzabkommen, soweit es eingreift, die Kollisionsnorm des Art. 19 EG8G8, wonach sich die zwischen einem ehelichen Kind und seinen Eltern maßgeblichen Rechtsverhältnisse nach dem Heimatrecht des Vaters bestimmen, verdrängt (8GH NJW 1973, 417).</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Allerdings ist grundsätzlich bei den zu ergreifenden Maßnahmen zu beachten, daß der betroffene Jugendliche nach türkischem Recht der elterlichen Gewalt seiner Eltern untersteht (Palandt-Hendrichs, 49. AufI., Anhang zu Art. 24 EG8GB Rdnr. 3). Gleichwohl steht dies der beantragten Feststellung nicht entgegen, weil es sich insoweit um eine Maßnahme im Sinne des § 8 MSA handelt.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Auch die hier verfolgte Maßnahme der Anordnung des Ruhens der elterlichen Gewalt kann, soweit deren Voraussetzungen vorliegen, eine Schutzmaßnahme im Sinne des § 8 MSA darstellen, wenn hiermit einer ernstlichen Gefährdung des Minderjährigen in seiner Person oder in seinem Vermögen vorgebeugt werden kann. Dabei hat die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für eine dahingegebene Anordnung gegeben sind, nach Deutschem Recht zu erfolgen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Nach § 1674 BGB ruht die elterliche Gewalt dann, wenn das Vormundschaftsgericht feststellt, daß die Eltern die ihnen zum Wohle des Kindes gegebenen Befugnisse auf längere Zeit tatsächlich nicht ausüben können.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Vorinstanzen haben das Vorliegen der Voraussetzungen des § 1674 BGB verneint, weil nach ihren Feststellungen weiterhin eine Kommunikationsmöglichkeit</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">zwischen dem Betroffenen und seinen Eltern bestehe.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Diese Anforderungen an das Vorliegen des § 1674 BGB erscheinen überspannt. Die angegriffene Entscheidung bedarf daher der beschlossenen Abänderung (§ 27 FGG).</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Nach den Feststellungen der Vorinstanzen lebt der Betroffene bereits seit mehr als einem Jahr in der Bundesrepublik, ohne seither nochmals persönlichen Kontakt zu seinen Eltern gehabt zu haben. Diese wohnen unter ärmlichen Verhältnissen in der Osttürkei. Mangels dahingehender anderweitiger Feststellungen ist davon auszugehen, daß eine Kontaktaufnahme des Jugendlichen mit seinen Eltern allenfalls durch die Übersendung von Briefen, mithin bekanntermaßen nur mit erheblichen Zeitverzögerungen möglich ist. Bereits dieser Umstand zeigt, daß die Eltern des Betroffenen</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">tatsächlich gehindert sind, die Personensorge für diesen sachgerecht auszuüben. Eine lediglich theoretische briefliche Einflußnahme auf den Minderjährigen reicht nicht aus, den ständig gebotenen erzieherischen Einfluß auszuüben. Dies gilt umsomehr, als die von den Vorinstanzen angenommene briefliche Kommunikationsmöglichkeit, das Reagieren der Eltern auf aktuelle Vorfälle ausschließt, die sofortige Entscheidungen und ein tatsächliches Eingreifen erfordern. Eine derartige Einschränkung der Ausübung der elterlichen Gewalt kommt deren Verhinderung gleich (vgl. hierzu die bei Palandt-Diederichsen a.a.O. zitierten Fallgestaltungen zu § 1674 BGB Anm. 1). Auch der Umstand, daß, wie die Vorinstanzen festgestellt haben, die Eltern des Betroffenen diesen faktisch aus ihrer elterlichen Gewalt entlassen haben, zeigt, daß sich der Minderjährige, jedenfalls in rechtlicher Hinsicht, bereits seit mehr als</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">einem Jahr allein überlassen ist und alle damit im Zusammenhang stehenden Nachteile zu ertragen hat. Dem steht der Umstand, daß er sich tatsächlich in der Obhut seines älteren Bruders befindet, solange nicht entgegen, als dieser nicht zur gesetzlichen Vertretung des Betroffenen befugt ist. Die tatsächliche Obhut des älteren Bruders mag zwar eine unmittelbar feststellbare Gefährdung des körperlichen</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Wohls des Betroffenen verhindert haben. Eine Gefährdung des Kindeswohls ist aber auch dann zu besorgen, wenn zwar dessen unmittelbaren, körperlichen Bedürfnisse</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">gesichert sind, darüberhinaus aber seine geistige und seelische Entwicklung beeinträchtigt ist, weil ihm die Teilnahme an einem geordneten Schulbesuch bereits seit längerer Zeit versagt ist. Es entspricht gefestigter Rechtsprechung, daß es einen zur</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Gefährdung des Kindeswohls im Sinne des § 1666 Abs. 1 BGB führenden Sorgrechtsmißbrauch darstellt, wenn die Eltern ihre Kinder über längere Zeit der</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Schul- und Berufsausbildung entziehen (Münchener Kommentar, § 1666 Rdnr. 25). Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 1666 Abs. 1 BGB begründet aber zugleich die Annahme einer Gefährdung im Sinne des § 8 MSA (Palandt-Heldrich a.a.O. Anm. 1 zu § 8 MSA mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen). Zum Schutze vor einer weitergehenden Gefährdung des Betroffenen erscheint die von der örtlichen Arbeiterwohlfahrt sowie die vom Jugendamt der Stadt Leverkusen erstrebte</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">gesetzliche Vertretung des Kindes sachgerecht, zumal jederzeit, etwa dann, wenn der Betroffene krank wird, ein dahingehender Handlungsbedarf eintreten kann. Im übrigen kann in diesem Zusammenhang nicht übersehen werden, daß die Feststellung nach § 1674 Abs. 1 BGB lediglich eine vorläufige Maßnahme darstellt und die elterliche Sorge wieder auflebt, wenn das Vormundschaftsgericht zu dem Ergebnis</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">gelangt, daß die ursprünglichen Voraussetzungen für die Feststellung nicht mehr vorliegen. Letzteres könnte hier etwa dann der Fall sein, wenn der Betroffene in seine Heimat zurückkehrte, sei es, daß die Eltern ihn zurückrufen, sei daß er aus Rechtsgründen die Bundesrepublik verlassen müßte.</p>
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314,957 | lg-dusseldorf-1991-04-10-2-o-23190 | {
"id": 808,
"name": "Landgericht Düsseldorf",
"slug": "lg-dusseldorf",
"city": 413,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 2 O 231/90 | 1991-04-10T00:00:00 | 2019-03-13T14:42:32 | 2022-10-18T15:09:25 | Urteil | ECLI:DE:LGD:1991:0410.2O231.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Der Kläger kann die vorläufige Vollstreckung</p>
<p>des beklagten Landes gegen Sicherheitsleistung</p>
<p>in Höhe von D M l.ooo,— abwenden,</p>
<p>falls das beklagte Land nicht vor der</p>
<p>Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit</p>
<p>leistet.</p>
<p>Die Sicherheiten können auch durch Bürgschaft</p>
<p>einer Bank oder Sparkasse mit Sitz in- der</p>
<p>Bundesrepublik Deutschland geleistet w e r d e n .</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="h2 absatzLinks">T a t b e s t a n d :</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger, der Aktien in Besitz h a t t e , beobachtete</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">im Oktober 1989 die Börsenentwicklung.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Am M o n t a g , dem 16. Oktober 1989, erkundigte er sich</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">nach der Entwicklung der Kurse im Rahmen der</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Vorbörse. Auf die Mitteilung, es lägen Kursverluste</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">von 5-7 <strong><em>%</em></strong> vor, gab er Verkaufsorder.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Im Verlauf des 16. Oktober 1989 kam es zu zum Teil</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">erheblichen Kursverlusten.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Kläger behauptet:</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Er habe erhebliche Verluste beim Verkauf seiner</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Aktien erlitten.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Benachbarte Börsen im Ausland hätten die Ku r s notierung</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">ausgesetzt. Auch der Börsenvorstand der</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Rheinisch-Westfälischen Börse hätte die Kursnotierungen</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">aussetzen müssen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Der Kläger berechnet seinen Schaden aus dem Mittelwert</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">der Kurse vom 13. Oktober 1989 und vom 17.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Oktober 1989, dem jeweiligen Börsentag vor und nach</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">den Kursstürzen und nach den erzielten Verkaufserlösen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Nach seiner Berechnung ist ihm ein Schaden in</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Höhe von DM 6.388,31 entstanden. Wegen der Einzelheiten</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">wird auf die Berechnung des Klägers (Bl. 6-8</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">GA) Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">das beklagte Land zu verurteilen, an ihn</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">DM 6 .388,31 nebst 9 <strong><em>%</em></strong> Zinsen seit dem 1.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">März 1990 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Das beklagte Land beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Das beklagte Land behauptet :</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Die Verkäufe der Aktien des Klägers könnten auch an</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">der Börse in Frankfurt durchgeführt worden sein. Der</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Kläger wohne in etwa gleicher Entfernung von</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Düsseldorf wie von Frankfurt. Daher werde ein</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Verkauf an der Börse in Düsseldorf bestritten.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Das beklagte Land meint :</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Aus § Abs. 1 Nr. 1 Börsengesetz ergebe sich keine</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Amtspflicht des Börsenvorstandes mit Schutzwirkung</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">zugunsten des Klägers.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Der Börsenvorstand habe bei seiner Entscheidung, die</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Kursnotierungen nicht auszusetzen, Amtspflichten</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">nicht verletzt.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die ge wechselten</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Bezug gen o m m e n .</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Anstelle der ursprünglich verklagten Rheinisch-Westfälischen</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Börse in Düsseldorf nimmt der Kläger</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">nunmehr das beklagte Land in Ans p r u c h .</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="h2 absatzLinks">E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Die Klageänderung (Parteiwechsel) ist zulässig. In</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">der Sache selbst hat die Klage jedoch keinen Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat gegen das beklagte Land keinen</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Anspruch gemäß § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Artikel 34 GG wegen einer AmtspflichtVerletzung. Der</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Börsenvorstand der Rheinisch-Westfälischen Börse in</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Düsseldorf hat bei seiner Entscheidung, von seinen</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Rechten aus §§ 43 Abs. 1 Nr. 1 am 16. Oktober 1989</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">keinen Gebrauch zu machen, rechtmäßig g e h andelt.</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Es kann dahinstehen, ob das beklagte Land passivlegitimiert</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">ist. Insoweit ergeben sich Zweifel, da</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">der Kläger zu dem mit Schriftsatz vom 31. Januar</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">1991 (Bl. 48 ff. GA) vom beklagten Land geäußerten</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Bestreiten, daß seine Verkaufsaufträge an der</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Rheinisch-Westfälischen Börse in Düsseldorf abgewickelt</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">worden seien , nicht Stellung genommen</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">h a t .</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Jedenfalls war die Entscheidung des Vorstandes der</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Rheinisch-Westfälischen B ö r s e , die Kursnotierungen</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">am 16. Oktober 1989 nicht gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 1</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Börsengesetz auszusetzen, rechtmäßig.</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">Der Börsenvorstand hat bei seiner Entscheidung das</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">ihm durch § 43 Abs. 1 Nr. 1 Börsengesetz eingeräumte</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">Ermessen weder mißbraucht, noch lag eine Situation</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">vor, in der das Ermessen sich so reduziert hätte,</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">daß nur noch eine Entscheidung, nämlich die Aussetzung</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">der Kursnotierungen, richtig gewesen w ä r e .</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Zu Recht weist das beklagte Land auf folgendes hin:</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">Der Fall des DAX-Index für 30 marktbreite Standardwerte</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">um 12,8 <strong><em>%</em></strong> allein rechtfertigte die Aussetzung</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">der Kursnotierung nicht. Schon die Interessen der</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">Verkäufer geboten es nicht, die Kursnotierung</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">auszusetzen. Denn eine derartige Aussetzung erschüt-</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">6 -</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">tert zusätzlich das Vertrauen der Aktienbesitzer.</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">Dies kann dazu führen, daß noch mehr Verkaufsaufträge</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">gegeben werden und die Kursverluste sich noch</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">mehr vergrößern. Die Aussetzung der Kurse lag auch</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">nicht im Interesse der Käufer, denn diese waren</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">daran interessiert, möglichst günstig Aktien zu</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">kaufen. Auch das öffentliche Interesse gebot nicht,</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">die Notierung der Kurse auszusetzen. Trotz der</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">beachtlichen Höhe des Kursrutsches mußte nicht davon</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">ausgegangen werden, daß öffentliche Nachteile von</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">diesem Kursverlust ausgingen.</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">Das beklagte Land weist, vom Kläger nicht konkret</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">bestritten, darauf hin, daß auch alle übrigen</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">deutschen Börsen die Kurse nicht ausgesetzt haben.</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">Auch dies spricht dagegen, daß eine Aussetzung der</p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">Kursnotierungen die einzig ermessensfehlerfreie</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">Entscheidung gewesen wäre.</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">Soweit der Kläger vorträgt, die Rheinisch-Westfälische</p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">Börse hätte nicht nur die Kursnotierungen</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks">nicht ausgesetzt, sondern die Börse sogar zwei</p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks">Stunden länger aufgehalten, ist nicht substantiiert</p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks">vorgetragen, wieso diese längere Öffnungszeit für</p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">die vom Kläger angeblich erlittenen Verluste</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks">ursächlich geworden wäre. Der Kläger hätte konkret</p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">vortragen müssen, inwieweit ihm durch das längere</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks">Offenhalten der Börse zusätzliche Verluste entstanden</p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">sind. Im übrigen ist es zweifelhaft, ob in</p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks">der Entscheidung, die Börse zwei Stunden länger</p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks">offenzuhalten, ein amtspflichtwidriges Verhalten des</p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks">Vorstandes der Rheinisch-Westfälischen Börse in</p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks">Düsseldorf zu sehen ist.</p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks">7(1</p>
<span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks">- 7 -</p>
<span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks">Nach alledem war die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit</p>
<span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks">folgen aus §§ 7o8 Nr. 11? 711; 1o8 ZPO.</p>
|
314,958 | olgk-1991-04-10-27-u-3590 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 27 U 35/90 | 1991-04-10T00:00:00 | 2019-03-13T14:42:33 | 2022-10-18T15:09:25 | Schlussurteil | ECLI:DE:OLGK:1991:0410.27U35.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufungen der Beklagten zu 1) und 2) gegen das am 25. Januar 1990 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Aachen - 9 0 639/88 - werden zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die im zweiten Rechtszug entstandenen Gerichtskosten tragen die Klägerin zu 1/3 und die Beklagten zu 1) und 2) zu 2/3 als Gesamtschuldner.</p>
<p></p>
<p>Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Beklagten zu 1) und 2) zu 2/3 als Gesamtschuldner. Im übrigen tragen die Klägerin und die Beklagten zu 1) und 2) ihre außergerichtlichen Kosten selbst.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Den Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 6.000,-- DM abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:66px"><b><span style="text-decoration:underline;">T a t b e s t a n d</span></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:66px">Der am 5. Oktober 1948 geborene Bauingenieur L stellte sich am 14. April 1987 in der interni-stischen Gemeinschaftspraxis der Beklagten wegen "Herzstolperns" vor. Er wurde von dem Beklagten zu 1) körperlich untersucht. Dabei wurden auskultato-risch einzelne Extrasystolen wahrgenommen. Das EKG ließ keine Extrasystolen erkennen, es zeigte einen normalen Kurvenverlauf. Eine Röntgenaufnahme des Thorax ergab hinsichtlich Herz und Lunge einen un-auffälligen Befund. </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:66px">Am 23. April 1987 wurde L erneut vom Beklagten zu 1) untersucht. Es wurden ein Ruhe- und ein Bela-stungs-EKG gefertigt. Außerdem wurde am 23. April 1987 13.05 Uhr bis 24. April 1987 10.00 Uhr ein Langzeit-EKG geschrieben. </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:66px">Zum 4. Mai 1987 wurde L erneut in die Praxis einbe-stellt. Zu diesem Zeitpunkt war der Beklagte zu 1) urlaubsabwesend. Deshalb übernahm der Beklagte zu 2) die Behandlung. Er ordnete eine Blutuntersuchung (Labor) an, zu welcher der Patient am 6. Mai in der Praxis erschien. Die Laborbefunde lagen sämtlich im Normalbereich.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:66px">Am 11. Mai 1987 kehrte der Beklagte zu 1) aus dem Urlaub zurück. </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:66px">Am 17. Mai 1987 fuhr L mit seiner Frau, der Klä-gerin, in Urlaub nach Dänemark. Am 18., 22. und 26. Mai 1987 versuchte der Beklagte zu 1) vergeb-lich, den Patienten telefonisch über seinen Arbeit-geber zu erreichen. Er hinterließ dort die Nach-richt, L möge sich nach seinem Urlaub sofort in der Praxis der Beklagten melden. </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:66px">Während des Urlaubs begab sich L am 25. Mai 1987 mit einem Sportkajak in Dänemark auf das küstennahe Meer. Einige Zeit später, gegen 19.00 Uhr, wurde er mit Kopf und Oberkörper unter Wasser in seinem Ka-jak treibend tot aufgefunden. </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:66px">Die am 27. Mai 1987 in Dänemark durchgeführte gerichtsmedizinische Obduktion (Prof. S) ergab u.a. die Befunde einer Sarcoidosis (Boeck'sche Krank-heit) in der Herzmuskulatur, im Lymphknoten der Lungenpforten sowie in der einen Lunge, ferner eine gutartige, freiliegende Geschwulst an der Hirnun-terseite, wahrscheinlich von der Hirnhaut ausge-hend, sowie leichte Verkalkungsveränderungen in der rechten Herzkranzarterie. Zur Todesursache ist ausgeführt, daß keine Anhaltspunkte dafür gefunden worden seien, daß der Verstorbene zum Todeszeit-punkt unter Alkoholeinfluß gestanden habe. Bei der mikroskopischen Untersuchung seien sehr schwere Veränderungen des Herzens mit Destruktion der Herz-muskulatur festgestellt worden und zwar derart, wie man es bei der Sarcoidosis sehen könne. Ebenfalls Anzeichen einer Sarcoidose hätten sich in Lymphkno-ten und in einem Lungenflügel befunden. In beiden Lungenflügeln seien außerdem Veränderungen gefunden worden, die bei Tod durch Ertrinken festgstellt werden. Es hätten sich keine Blutpfropfen in der rechten Herzkranzarterie befunden. Anzeichen von Gewalt hätten nicht vorgelegen. Aufgrund der sehr schweren Herzveränderungen könne davon ausgegangen werden, daß diese Unwohlsein ausgelöst hätten, doch müsse angenommen werden, daß die eigentliche Todes-ursache Ersticken durch Ertrinken gewesen sei. </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:66px">Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Ersatz des Un-terhaltsschadens wegen des Todes ihres Ehemannes in Anspruch. Sie hat behauptet, der Beklagte zu 2) ha-be ihrem Ehemann am 4. Mai 1987 mitgeteilt, es läge keine organische Herzkrankheit vor. Eine Gefährdung auch bei Anstrengung bestehe nicht. Der Beklagte zu 1) habe am 2. Juni 1987 zugegeben, daß ihm die sich aus den EKGs ergebenden Krankheitszeichen erst nach der Rückkehr aus dem Urlaub aufgefallen seien. Der Verstorbene habe über die bestehenden Risiken auf-gekärt werden müssen. Er hätte ferner an eine Fach-klinik verrwiesen werden müssen. Bei richtiger Auf-klärung und Beratung wäre er weder in Urlaub gefah-ren noch hätte er Anstrengungen unternommen. Der Tod hätte vermieden werden können, Sarcoidose sei heilbar. </p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:66px">Sie hat Unterhaltsschaden bis Ende Dezember 1988 geltend gemacht und beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:88px">die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurtei-len, an sie 45.787,15 DM nebst 4 % Prozeßzinsen zu zahlen. </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:66px">Die Beklagten haben beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:66px">die Klage abzuweisen. </p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:66px">Sie haben behauptet, L sei über seine schwere Herzerkrankung unterrichtet worden. Er sei grundlos nach dem 6. Mai 1987 nicht mehr in der Praxis erschienen, obwohl er bestellt worden sei. Der Tod habe mit der Herzerkrankung nichts zu tun, es habe sich vielmehr um einen Sportunfall gehandelt. Im übrigen wäre der Patient unabhängig davon an der unheilbaren Herzsarcoidose gestorben. </p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:66px">Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. H.. Der Sachverständige hat u.a. ausge-führt, daß sich aus den EKGs klassische Zeichen einer Belastungsmyocardischämie, d.h. einer vermin-derten Sauerstoffversorgung des Herzmuskels unter Belastung, und Zeichen einer organischen Herzer-krankung ergäben. Aufgrund des am 23. April 1987 aufgezeichneten Belastungs-EKGs habe bei L von dem Vorliegen einer weiter abklärungsbedürftigen, organisch und potentiell lebensgefährlichen Herzer-krankung ausgegangen werden müssen. Eine zu diesem Zeitpunkt bestehende akute lebensbedrohliche Situa-tion sei aufgrund der vorliegenden Unterlagen nicht anzunehmen gewesen. Eine exakte Diagnosestellung sei aufgrund der vorliegenden Befunde nicht mög-lich, es sei in erster Linie an eine stenosierende koronare Herzerkrankung oder an eine entzündliche Herzerkrankung zu denken gewesen. </p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:66px">Das Landgericht hat die Beklagten zu 1) und 2) gemß §§ 844 Abs. 2, 840 BGB antragsgemäß verurteilt und die gegen den Beklagten zu 3) gerichtete Klage ab-gewiesen. </p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:66px">Das Urteil ist der Klägerin am 5. Februar 1990 und den Beklagten am 29. Januar 1990 zugestellt worden. Die Klägerin hat bei dem Oberlandesgericht Köln am 5. März 1990 Berufung eingelegt, die sie nach Ver-längerung der Begründungsfrist bis zum 5. Mai 1990 mit einem am 7. Mai 1990 - Montag - eingegangenen Schriftsatz begründet hat. Die Beklagten zu 1) und 2) haben am 28. Februar 1990 Berufung eingelegt, die sie nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 28. April 1990 mit einem am 30. April 1990 - Montag - eingegangenen Schriftsatz begründet ha-ben. </p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:66px">Der Senat hat die Berufung der Klägerin durch Teil-urteil vom 1. August 1990 zurückgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:66px">Die Beklagten zu 1) und 2) erstreben mit ihren Be-rufungen Klageabweisung. Sie bestreiten Behand-lungsfehler und stellen im übrigen die Kausalität zwischen einem Behandlungsfehler und Schadensein-tritt in Abrede. Zur Berechnung der Unterhaltsrente durch das Landgericht haben sie nach Erlaß des Teilurteils und eines Beweisbeschlusses vorgetra-gen, für sie stehe zunächst einmal ihre Verurtei-lung dem Grunde nach im Vordergrund. Falls die Be-weisaufnahme zu ihren Ungunsten ausgehe, behielten sie sich vor, auch zur Höhe des geltend gemachten Unterhaltsschadens weiter vorzutragen. Mit Schrift-satz vom 11. März 1991 haben sie - wie schon in ih-rer Berufungsbegründung - hinsichtlich der Ausfüh-rungen zur Höhe des Unterhaltsschadens auf ihr erstinstanzliches Vorbringen verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:66px">Sie beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:95px">die Klage unter Abänderung des angefochte-nen Urteils abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:66px">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:95px">die Berufung der Beklagten zu 1) und 2) zu-rückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:66px">Sie tritt der Berufung entgegen und verteidigt das angefochtene Urteil.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:66px">Im übrigen wiederholen, ergänzen und vertiefen die Parteien ihr erstinstanzliches Vorbringen.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:66px">Wegen aller Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des an-gefochtenen Urteils, des Teilurteils vom 1. August 1990 sowie auf die im Berufungsrechtszug gewechsel-ten Schriftsätze der Parteien verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:66px">Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung ei-nes schriftlichen Sachverständigengutachtens sowie durch mündliche Anhörung des Sachverständigen. We-gen der Beweisanordnung wird auf den Beschluß vom 1. August 1990, wegen des Ergebnisses der Beweiser-hebung auf das schriftliche Gutachten des Sachver-ständigen Prof. Dr. H. vom 9. November 1990 und das Protokoll der Senatssitzung vom 13. Februar 1991 Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:66px"><b><span style="text-decoration:underline;">E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e</span></b></p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:66px">Die Berufungen der Beklagten zu 1) und 2) sind ge-mäß §§ 511, 511 a ZP0 statthaft und form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 516, 518, 519 ZP0) und damit zulässig. Sie sind sachlich jedoch nicht gerechtfertigt. Das Landge-richt hat die Beklagten mit Recht gemäß §§ 844 Abs. 2 Satz 1, 840 BGB zum Ersatz des gel-tend gemachten Unterhaltsschadens verurteilt.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:66px">Beiden Beklagten sind Versäumnisse der Sicherheits-aufklärung, die rechtlich als Behandlungsfehler zu bewerten sind (vgl. Steffen, Neue Entwicklungsli-nien der BGH-Rechtsprechung zum Arzthaftungsrecht, 3. Aufl., Seite 76, 127), vorzuwerfen.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:66px">Es ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung seit langem anerkannt (vgl. BGH VersR 1986, 1121), daß zur sachgerechten Behandlung die Belehrung des Patienten über ein therapierichtiges Verhalten zur Sicherung des Heilerfolges oder die Unterrichtung des Patienten über erhobene Befunde zur Sicherung einer Nachbehandlung gehört. Dem steht die Pflicht des Arztes gleich, dem Patienten bestimmte Anwei-sungen für die künftige Lebensführung zu erteilen, wenn die erhobenen Befunde derartige Maßnahmen er-fordern. Ebenso wie der Arzt etwa die gebotenen Me-dikamente zur Bekämpfung einer Krankheit zu verord-nen und auf Einzelheiten über deren Einnahme hinzu-weisen hat, muß er die gebotenen Anordnungen über Art und Ausmaß körperlicher, insbesondere auch sportlicher Belastungen treffen, über Sinn und Zweck etwaiger Beschränkungen aufklären, erforder-lichenfalls auf die Dringlichkeit der Befolgung hinweisen und vor den Folgen einer etwaigen Nicht-beachtung warnen. Dies gilt nicht nur, wenn die Diagnose gesichert ist, sondern auch für den Fall, daß insoweit noch keine Klarheit herrscht, denn ge-rade dann ist häufig eine "vorsichtige" Lebensfüh-rung geboten, um eine Heilung nicht von vornherein zu erschweren oder die noch nicht klar erkannte Er-krankung zu verschlimmern. Es liegt auf der Hand, daß dem Patienten beispielsweise körperliche An-strengungen zu untersagen sind, wenn die konkrete Gefahr besteht, daß dadurch ein als möglicherweise erkrankt erkanntes Organ weiter geschädigt werden könnte. So liegt es hier.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:66px">Nach dem Ergebnis der am 23. und 24. April 1987 aufgezeichneten EKG's stand fest, daß bei L eine bedeutsame kardiale Erkrankung vorlag. Das hat der Sachverständige Prof. H. in Übereinstimmung mit dem Gutachter der Kommission für ärztliche Behandlungs-fehler bei der Ärztekammer Nordrhein Prof. B. fest-gestellt. Im Ruhe-EKG wurden am 23. April 1987 vier polytope ventrikuläre Extrasystolen aufgezeichnet. Das am gleichen Tag angefertigte Belastungs-EKG zeigt einen deutlich pathologischen Befund mit si-gnifikanten St-Strecken-Senkungen in V 3 - V 6, ei-ner hypertonen Blutdruckregulation und einer Zunah-me der bereits in Ruhe bestehenden ventrikulären Ektopieneigung im Sinne einer belastungsverstärkten polytopen ventrikulären Extrasystolie mit einem na-hezu durchgehenden Bigeminus auf hoher Belastungs-stufe. Das aufgezeichnete Langzeit-EKG zeigt bei Sinusrhythmus häufige polytope ventrikuläre Extra-systolen, zum Teil in Form eines Bigeminus sowie ventriculäre Couplets, jedoch keine höhergradigen ventrikulären Ektopien (wie z.B. ventrikuläre Sal-ven) und keine bedeutsamen bradykarden Rhythmusstö-rungen.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:66px">Diese Befunde geboten zum einen eine weiterführende kardiologische Diagnostik, denn danach konnte eine koronare Herzerkrankung, eine entzündliche Herzer-krankung einschließlich verschiedener Unterformen wie etwa eine Sarkoidose oder auch eine Kardiomyo-pathie vorliegen (Gutachten Prof. H. vom 9. Novem-ber 1990, Seite 6). Zum anderen mußte dem Patienten mitgeteilt werden, daß eine bedeutsame Herzerkran-kung vorlag, von der für ihn eine Gefahr, poten-tiell auch eine Lebensgefahr ausging. Deshalb mußte ihm ferner mitgeteilt werden, daß er erhebliche körperliche Anstrengungen jeglicher Art, wie auch zum Beispiel sportliche Betätigungen meiden müsse, da für sämtliche der differentialdiagnostisch in Erwägung zu ziehenden Erkrankungen eine erhöhte Ge-fährdung unter Belastungsbedingungen anzunehmen war (o.a. Gutachten Seite 8/9). Der Sachverständige hat auch in seiner mündlichen Anhörung vor dem Senat auf Befragen betont, daß der Patient nach den Ergebnissen des Belastungs- und des Langzeit-EKG's darauf hätte hingewiesen werden müssen, daß er zu-nächst Belastungen sportlicher oder sonstiger kör-perlicher Art vermeiden müßte, die eine hinreichen-de Herzmuskeldurchblutung stören konnten und die ihn der Gefahr von Herzrhythmusstörungen aussetz-ten. Das haben die Beklagten versäumt. Anweisungen, sportliche und sonstige körperliche Belastungen zu vermeiden, sind unstreitig nicht erteilt worden. Ob die angeblich vom Beklagten zu 2) erfolgte Aufklä-rung, aufgrund der EKG's sei von schweren kardio-logischen Krankheitserscheinungen auszugehen, den dargelegten Anforderungen genügt weil sich daran für den Patienten vernünftigerweise ergab, daß er sich körperlicher Anstrengungen zu enthalten hatte, wie die Beklagten zu 1. + 2. meinen, kann offen bleiben. Es ist nicht bewiesen, daß der Patient insoweit aufgeklärt worden ist. Das geht zu Lasten der Beklagten.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:66px">Allerdings sind Versäumnisse der Sicherheitsaufklä-rung als Behandlungsfehler beweisrechtlich wie die-se zu behandeln (vgl. Steffen, a.a.0., Seite 127), mit der Folge, daß grundsätzlich der Geschädigte dafür die Beweislast trägt. Im Streitfall gilt in-dessen etwas anderes, weil sich die Klägerin auf Dokumentationsversäumnisse berufen kann. Die Nicht-dokumentation einer aufzeichnungspflichtigen Maß-nahme indiziert nämlich ihr Unterbleiben (vgl. BGH NJW 1986, 2365; 1988, 762). Dieser Um-stand führt zugunsten der Klägerin zur Beweiser-leichterung dergestalt, daß die Beklagten zu bewei-sen haben, daß die nicht aufgezeichnete Maßnahme doch getroffen worden ist (vgl. Steffen, a.a.0., Seite 124).</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:66px">Nach gesicherter höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. die Nachweise bei Steffen, a.a.0., Sei-te 103/104) sind die wichtigsten diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen zu dokumentieren. Dazu gehören etwa die Medikation und ärztliche Hinweise und Anweisungen an die Behandlungspflege, und zwar als notwendige Grundlage für die Sicherheit des Pa-tienten in der Behandlung und als Rechenschafts-pflicht ihm gegenüber. Steht statt einer bestimmten Medikation oder Behandlungspflege zunächst ein be-stimmtes Verhalten in Bezug auf die Lebensführung im Vordergrund, etwa Be- oder Entlastung von Orga-nen oder Gliedmaßen, so sind im Einzelfall die dar-auf bezogenen Anweisungen zu dokumentieren. Dies berührt den Heilungsverlauf ebenso wie die Verord-nung bestimmter Medikamente. Die Kenntnis davon kann etwa für den nachbehandelnden Arzt von Wich-tigkeit sein. Ob Adressat der Anordnung eine dritte Person (Pflegeperson) ist oder der Patient selbst, spielt dabei keine Rolle. Da es hier gerade um sol-che Anordnungen geht, war die Aufklärung dokumenta-tionspflichtig.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:66px">Den Nachweis, daß die behauptete Aufklärung unge-achtet der fehlenden Dokumentation erfolgt ist, ha-ben die Beklagten nicht erbracht. Die Voraussetzun-gen für eine Parteivernehmung des Beklagten zu 2) nach § 445 Abs. 1 ZP0 liegen ersichtlich nicht vor. Für eine Parteivernehmung nach § 448 ZP0 besteht kein Anlaß. Daß der Beklagte zu 2) am 4. Mai 1987 eine Blutuntersuchung angeordnet hat, ist kein tragfähiges Indiz dafür, daß er den Patienten auch aufgeklärt hat. Gleiches gilt für die Liquidation "einer eingehenden Beratung" gegenüber der Kranken-kasse des Patienten. Dieser Umstand besagt nicht, daß die Beratung auch stattgefunden hat, schon gar nicht, welchen Inhalt sie hatte.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:66px">Die danach feststehenden Versäumnisse treffen die Beklagten zu 1) und 2) gleichermaßen. Der Beklag-te zu 1) hatte die Behandlung begonnen und die Aufzeichnung der EKG's am 23. und 24. April 1987 angeordnet und überwacht. Er war verpflichtet, die Ergebnisse sofort auszuwerten und die danach er-forderlichen - oben näher dargelegten - Sicherungs-maßnahmen zugunsten des Patienten zu treffen. Er durfte es nicht bei der "Verabredung eines weiteren Untersuchungstermins, anläßlich dessen das Ergebnis der Belastungs- und des Langzeits-EKG's besprochen und das weitere Vorgehen abgeklärt werden sollte", wie in der Berufungsbegründung ausgeführt ist, be-wenden lassen. Es ist auch nicht erkennbar, welchen medizinischen Nutzen diese Vorgehensweise gehabt haben sollte.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:66px">Für den Beklagten zu 2) gilt im Ergebnis Gleiches. Er hat am 4. Mai 1987 verantwortlich die Weiterbe-handlung des Patienten übernommen. Ihm waren die schweren kardiologischen Krankheitserscheinungen bekannt. Da sich ferner aus der Behandlungskarte mangels entsprechender Eintragungen nicht entnehmen ließ, ob der Beklagte zu 1) die notwendigen Aufklä-rungen und Anordnungen für die Lebensführung des Patienten erteilt hatte - hier wird übrigens die medizinische Bedeutsamkeit der Dokumentations-pflicht evident - hätte er dies jedenfalls vor-sichtshalber nachholen müssen.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:66px">Zwischen dem Behandlungsfehler und dem späteren Tod des Patienten L durch Ertrinken besteht auch der notwendige Zurechnungszusammenhang.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:66px">Nach der maßgeblichen Adäquanztheorie ist die Ur-sächlichkeit gegeben, wenn zum einen das schadens-begründende Ereignis nicht hinweggedacht werden kann, ohne daß zugleich der Erfolg entfällt, und es darüber hinaus im allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, unwahrscheinlichen und nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen geeignet ist, einen Erfolg der eingetretenen Art herbeizuführen (vgl. BGH NJW - RR, 90, 204). Für den Fall, daß das schadensbegründende Ereignis - wie hier - in einem Unterlassen besteht, kommt es nach der Adäquanz-theorie darauf an, ob der Schaden dann nicht einge-treten wäre, wenn die unterbliebene Handlung hinzu-gedacht wird (BGHZ 64, 51), wobei für die Verlet-zung von Aufklärungs- und Hinweispflichten der Schädiger zu beweisen hat, daß der Geschädigte sich (ohnehin) nicht aufklärungsrichtig verhalten hätte (vgl. Palandt-Heinrichs, 50. Aufl., § 282, RN 15). </p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:66px">Danach ergibt sich für den Streitfall:</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:66px">Falls der Patient L darüber aufgeklärt worden wäre, daß bei ihm eine bedeutsame kardiale Erkrankung vorlag, von der potentiell auch eine Lebensgefahr ausging und er deshalb erhebliche körperliche An-strengungen jeglicher Art, wie auch sportliche Be-tätigungen vermeiden müsse (siehe Gutachten H. Sei-te 9), hätte er sich nicht in sein Kajak gesetzt, um auf dem offenen, wenn auch küstennahen Meer in Dänemark zu paddeln. Hierbei handelt es sich ohne jeden Zweifel um eine sportliche Betätigung, die je nach den Verhältnissen (Wind/Strömung) sogar mit sehr erheblichen körperlichen Anstrengungen verbun-den sein konnte, jedenfalls aber erhebliche körper-liche Kraftentfaltung erforderte, um überhaupt eine Fortbewegung erreichen zu können. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, daß er sich gegen jegliche Vernunft über die Hinweise und Warnungen des Arztes hinweggesetzt und den Anordnungen zuwider gehandelt haben würde. Die anderslautende Behauptung der Be-klagten entbehrt jeder Grundlage und ist im übrigen auch nicht unter Beweis gestellt. Hätte sich der Patient nicht im Kajak auf das Meer begeben, hätte er auch nicht unter den gegebenen Umständen dort ertrinken können. Die konkret eingetretene Entwick-lung wäre ausgeblieben, die den Unterhaltsschaden begründet hat.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:66px">Allerdings kann der Zurechnungszusammenhang trotz festgestellter Kausalität fehlen, wenn der Schaden zu der vom Schädiger geschaffenen Gefahrenlage in keinem inneren Zusammenhang steht, es sich viel-mehr um eine zufällige äußere Verbindung handelt (vgl. BGH NJW 1986, 1332). Davon kann hier aber keine Rede sein. Nach den EKG-Befunden lagen bei dem Patienten klassische Zeichen einer Belastungs-myokardischämie, d.h. eine verminderte Sauerstoff-versorgung des Herzmuskels unter Belastung, vor (Gutachten Prof. H. vom 30. August 1989, Sei-te 6/7). Gerade deshalb war es geboten, körperli-che Anstrengungen (Belastungen) zu vermeiden, eben damit die Gefahrenlage, nämlich eine verminderte Sauerstoffversorgung des Herzens mit der Folge von möglicherweise zum Bewußtseinsverlust führenden Rhythmusstörungen, nicht eintrat. Die Sicherheits-aufklärung diente also gerade dazu, den Patienten vor der Gefahr zu schützen, als Folge körperlicher Anstrengungen zu Schaden zu kommen. Da der Patient aber hier in einer solchen, von der Beklagten zu verantwortenden Gefahrenlage tatsächlich zu Schaden gekommen ist, kann von einer zufälligen äußeren Verbindung zwischen Behandlungsfehler und Schaden nicht gesprochen werden. Zwar ist richtig, daß nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann, daß der Tod durch Ertrinken auch Folge eines ge-wöhnlichen Badeunfalls, wie er sich in vielfältigen Formen immer wieder ereignet, eingetreten ist. Das genügt indessen nicht, um den Zurechnungszusammen-hang zu verneinen. Nach dem Obduktionsbefund von Prof. S hat der Patient im Todeszeitpunkt nicht unter Alkoholeinfluß gestanden, Anzeichen von äuße-rer Gewalteinwirkungen haben sich nicht gefunden. Aufgrund der schweren Herzveränderungen kann davon ausgegangen werden, daß diese ein Unwohlsein aus-gelöst haben, das zum Tod durch Ertrinken führte, weil der Kranke das Boot nicht mehr führen konnte. Auch Prof. H. führt den Tod letztlich auf die Herzerkrankung zurück. Bei dieser Sachlage ist die Klägerin nicht gehalten, andere denkbare Einflüsse, für die konkret keine Anhaltspunkte bestehen, aus-zuschließen.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:66px">Es kann deshalb im Ergebnis offen bleiben, ob die behauptete mangelnde Kausalität hier ohnehin von den Beklagten deshalb zu beweisen wäre, weil der Behandlungsfehler als grob zu qualifizieren wäre, wie die Klägerin meint.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:66px">Schließlich entfällt die Schadenszurechnung auch nicht deshalb, weil der Schaden auch entstanden wä-re, wenn sich die Beklagten pflichtgemäß verhalten hätten, wie sie behaupten. Nach den Ausführungen von Prof. H. läßt sich nicht sicher sagen, ob trotz Schonung irgendwann in der näheren Zukunft bei dem Patienten eine tödliche Rhythmusstörung eingetreten wäre. Zwar ist die Prognose bei einer Sarkoidose des Herzens als eher ungünstig zu bezeichnen; vom Auftreten erster kardialer Symthome bis zum Tod können aber andererseits viele Jahre vergehen. Da bei L eine akute Lebensbedrohung durch eine schwe-re Herzinsuffizienz nicht vorlag, kann jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, daß ohnehin in einem nahen zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfall verstorben wäre. Immerhin haben wissenschaftliche Beobachtungen ergeben, daß an Herzsarkoidose lei-dende betreute Patienten mehr als 20 Jahre überlebt haben (Gutachten Prof. H. vom 9. November 1990, Seite 14).</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:66px">Nach allem haben die Beklagten den ihnen obliegen-den Beweis (vgl. BGHZ 78, 214), daß der Tod ohnehin eingetreten wäre, nicht erbracht.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:66px">Die Höhe der Unterhaltsrente hat das Landgericht auf der Grundlage des substantiierten Vortrags der Klägerin in Übereinstimmung mit den Grundsätzen höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. et-wa BGH NJW - RR, 87, 538) zutreffend errechnet. Der Senat schließt sich insoweit und auch wegen der Be-zugsdauer dem angefochtenen Urteil an und macht sich die Ausführungen zueigen (§ 543 Abs. 1 ZP0). Er sieht sich nicht gehalten, die Berechnungsgrund-lagen in tatsächlicher Hinsicht zu überprüfen, weil die Beklagten diese in unzulässiger Weise nur pau-schal und nur durch Bezugnahme auf erstinstanzli-ches Vorbringen, das übrigens auch nicht hinrei-chend substantiiert ist, bestreiten.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:66px">Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92, 708 Nr. 10, 711 ZP0.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:66px">Streitwert des Berufungsverfahrens und Wert der Be-schwer für die Beklagten zu 1) und 2):</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:66px"><b>45.787,15 DM</b>.</p>
|
314,960 | olgk-1991-04-05-6-u-15090 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 6 U 150/90 | 1991-04-05T00:00:00 | 2019-03-13T14:42:36 | 2022-10-18T15:09:25 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1991:0405.6U150.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px"><b>T a t b e s t a n d</b></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Der Kläger ist ein gerichtsbekannter
Verein, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben es gehört,
Wettbe-werbsverstöße zu bekämpfen. Die Beklagte vertreibt u. a.
Fernsehgeräte. Sie bewirbt die Geräte in der im Tenor
wiedergegebenen Form, indem jeweils in der Textbeschreibung Angaben
in Zentimetern erfol-gen, die sich auf die Diagonale der Bildröhre
be-ziehen. Letztere ist aus technischen Gründen grundsätzlich
größer als die Diagonale des tat-sächlich sichtbaren Bildes. Die
Parteien streiten darüber, ob die vorgenannten Angaben irreführend
sind.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Der Kläger hat sein
Unterlassungsbegehren darauf gestützt, daß der unvoreingenommene,
technisch nicht versierte Endverbraucher die cm-Angabe auf die
Diagonale des sichtbaren Fernsehbildes, d. h. auf die sichtbare
Bildschirmdiagonale beziehe. Dieser Eindruck sei jedoch
unzutreffend, da die Maße sich auf die Bildröhrendiagonale bezögen.
Die mithin durch die cm-Angabe verursachte Irreführung sei
wettbewerblich relevant, weil die Größe des sichtbaren Bildes ein
entscheidender Faktor bei der Auswahl des Gerätes sei. Dies werde
besonders bei der Preisbemessung deutlich:</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Geräte mit einem sichtbaren Bild von 46
cm in der Diagonale seien zum Teil nur halb so teuer wie et-wa
Geräte mit 66 cm. Auf eine entsprechende Bran-chenübung könne sich
die Beklagte schon deswegen nicht berufen, weil die Handhabung der
Angaben in der Praxis sehr unterschiedlich sei. Einige Unter-nehmen
teilten die Diagonale des sichtbaren Bildes mit, andere seien
inzwischen dazu übergegangen, diese Maße zumindest zusätzlich zur
Bildröhrendia-gonale anzugeben.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Der Kläger hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><ol class="absatzLinks">
<li>die Beklagte zu verurteilen, es bei</li>
</ol>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px"> </p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px"> </p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:40px">Meidung eines vom Gericht für jeden
Fall der Zuwiderhandlung festzusetzen-den Ordnungsgeldes bis zu
Höhe von 500.000,-- DM, ersatzweise von Ord-nungshaft, oder von
Ordnungshaft bis zur Dauer von sechs Monaten zu unter-lassen,</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px"> </p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px"> </p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:40px"> </p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:50px">in der an den Endverbrau-cher
gerichteten Werbung für Fernsehgeräte eine Bildröhrendiagonale
unter cm-Angabe anzukündigen, oh-ne gleichzeitig und deut-lich
darauf hinzuweisen, daß die Diagonale des sichtbaren Fernsehbildes
eine geringere cm-Anzahl aufweist, insbesondere wie nachstehend
wiedergegeben:</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px"> </p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px"> </p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:40px"> </p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:50px"> </p>
<span class="absatzRechts">26</span><ol class="absatzLinks">
<li>Die Beklagte zu verurteilen an</li>
</ol>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px"> </p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px">den Kläger 171,-- DM nebst 4 % Zinsen
seit Rechtshängigkeit zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Sie hat sich auf eine seit fast drei
Jahrzehnten bestehende, dem Verbraucher vertraute Branchen-übung
berufen, nach der das Maß der Bildröhrendia-gonale als alleinige
und maßgebliche Kategorie für die Bezeichnung der Größe eines
Fernsehgerätes verwendet werde. Hierzu hat sie vorgetragen, der
Verbraucher habe an diesen Angaben kein Interesse wegen der
absoluten Größe, sondern ausschließlich deshalb, weil er anhand der
Bildröhrengröße die Preise verschiedener Geräte vergleichen könne.
Mithin benötige er die Angaben nur, um Vergleichs-klassen zu
bilden. Von einer Irreführung könne deswegen nicht gesprochen
werden.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Jedenfalls aber sei eine
"Restirreführungsgefahr" wettbewerbsrechtlich irrelevant, denn die
Abwei-chung des Röhrenmaßes vom Bildmaß betreffe keinen
eigentlichen Wertschätzungsfaktor. Da sämtliche Wettbewerber in
gleicher Weise verführen, bleibe die Eindeutigkeit der
Kategorisierung und damit Vergleichbarkeit für die Verbraucher
gewahrt.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Beklagte hat gemeint, das
Irreführungsverbot sei im übrigen auch aufgrund einer Güter- und
In-teressenabwägung unanwendbar, weil ein schützens-wertes
Interesse an der Aufrechterhaltung der bis-herigen
Bezeichnungspraxis bestehe. Schließlich gebiete auch Art. 30
EWG-Vertrag eine zurückhal-tende Anwendung des § 3 UWG. Die
Abmahnkosten kön-ne der Kläger nicht geltend machen; diese seien
auch in der Höhe nicht gerechtfertigt.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Durch Urteil vom 21. Juni 1990, auf
dessen Inhalt verwiesen wird, hat das Landgericht Köln die Klage
abgewiesen. Gegen das ihm am 28. Juni 1990 zuge-stellte Urteil hat
der Kläger mit einem am 20. Ju-li 1990 eingegangenen Schriftsatz
Berufung einge-legt, die er nach entsprechender Fristverlängerung
mit einem am 13. November 1990 eingegangenen Schriftsatz begründet
hat.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Der Kläger wiederholt und vertieft sein
erstin-stanzliches Vorbringen. Er ist der Ansicht, das Landgericht
habe zu Unrecht angenommen, die durch die beanstandete Werbung
hervorgerufenen irrigen Vorstellungen des Verkehrs über die Größe
des sichtbaren Teils des Bildes seien für den Kaufent-schluß nicht
von wesentlicher Bedeutung. Die Bild-größe an sich stelle ein
entscheidendes Qualitäts-merkmal für Fernsehgeräte dar. Wer ein
55er-Gerät erwerbe in der irrtümlichen Annahme, er bekomme damit
auch ein sichtbares Fernsehbild in dieser Größe, müsse naturgemäß
enttäuscht sein, wenn er erfahre, daß die tatsächliche Größe des
sichtbaren Bildes nur 50 cm oder weniger betrage. Ein solcher
Verbraucher hätte von vornherein die nächsthöhere Kategorie
gewählt, wenn ihm die eigentliche Bedeu-tung der cm-Angabe bekannt
gewesen wäre. Im übri-gen zeige nicht zuletzt die Vielfalt von
Geräten innerhalb des Größenbereichs von 25 bis 117 cm, daß
Größenunterschiede von wenigen Zentimetern von Bedeutung sein
könnten. Auch die Werbung der Fern-sehgerätehersteller, in der
marginale Vergrößerun-gen des sichtbaren Fernsehbildes massiv als
Vor-teil herausgestellt würden, lasse erkennen, daß solche
Größenunterschiede für den Kaufentschluß von Bedeutung seien. Es
komme hinzu, daß zwischen-zeitlich einige Hersteller dazu
übergegangen sei-en, zumindest neben der Bildröhrendiagonale auch
die Diagonale des sichtbaren Bildes anzugeben. Im übrigen werde
insbesondere bei kleineren LCD-Gerä-ten in Ermangelung der Röhre
stets das Maß des sichtbaren Bildes mitgeteilt.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Wegen der weiteren Einzelheiten des
Berufungsvor-bringens wird auf die Schriftsätze vom 8. November
1990, 7. Februar 1991, und 15. März 1991 nebst An-lagen
verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Der Kläger hat zunächst den Antrag
angekündigt,</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px"> </p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px"> </p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:40px"> </p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:50px">unter Abänderung des Urteils der 4.
Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln vom 21. Juni 1990 -
84 0 25/90 - nach den erstin-stanzlichen Klageanträgen zu
erken-nen.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Im Termin zur mündlichen Verhandlung
hat er seinen Antrag teilweise neu gefaßt.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Der Kläger beantragt nunmehr,</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px"> </p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px"> </p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:40px"> </p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:50px">unter Abänderung des Urteils der 4.
Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln vom 21. Juni 1990 -
84 0 25/90 -</p>
<span class="absatzRechts">62</span><ol class="absatzLinks">
<li>die Beklagte zu verurteilen, es</li>
</ol>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px"> </p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px"> </p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:40px"> </p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:50px"> </p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:60px">bei Meidung eines vom Gericht für jeden
Fall der Zuwiderhand-lung festzusetzenden Ordnungs-geldes bis zur
Höhe von 500.000,-- DM, ersatzweise von Ordnungshaft, oder von
Ordnungs-haft bis zur Dauer von sechs Mo-naten zu unterlassen,</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px"> </p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px"> </p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:40px"> </p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:50px"> </p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:60px">in der an den Endverbraucher
ge-richteten Werbung für Fernsehge-räte eine Bildröhrendiagonale
unter cm-Angabe anzukündigen, wie im Tenor dieses Urteils in
Ablichtung wiedergegeben.</p>
<span class="absatzRechts">75</span><ol class="absatzLinks">
<li>die Beklagte zu verurteilen, an</li>
</ol>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px"> </p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px"> </p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:40px"> </p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:50px"> </p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:60px">den Kläger 171,-- DM nebst 4 % Zinsen
seit Rechtshängigkeit zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px"> </p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px"> </p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:40px"> </p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:50px"> </p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:60px">hilfsweise dem Kläger nachzulas-sen,
die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung abzu-wenden, die
auch in Form der selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen
Großbank und-oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse erbracht werden
kann.</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px"> </p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px"> </p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:40px">die Berufung zurückzuweisen,</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px"> </p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px"> </p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:40px">ihr Vollstreckungsschutz zu gewähren
und nachzulassen, Sicherheit auch durch Bankbürgschaft zu
leisten.</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Sie verteidigt das angefochtene Urteil
und tritt den Ausführungen des Klägers unter Wiederholung und
Ergänzung ihres Vorbringens aus dem ersten Rechtszug entgegen.</p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Beklagte hält den nunmehr
gestellten Klagean-trag für zu unbestimmt. In der Sache trägt sie
vor, die Abweichung der Diagonale des sichtbaren Bildes bezogen auf
die gleichen Röhrengrößen könne aus technischen Gründen zwischen
den verschiedenen Herstellern praktisch nur weniger als ca. einen
Zentimeter betragen. Das Diagonalmaß des sichtba-ren Bildes wie der
Bildröhre stelle kein techni-sches Leistungs- oder
Qualitätskriterium dar, son-dern diene allein der
Größenklassifizierung. Aus welchem Grunde das exakte Maß der
Bilddiagonale für den Kaufentschluß des Verbrauchers von Bedeu-tung
sein solle, sei nicht ersichtlich. Der Ver-braucher entscheide
grundsätzlich nach seinem per-sönlichen optischen und akustischen
Eindruck über den Kauf eines Fernsehgerätes. Rein abstrakt könne er
sich ein Maß von beispielsweise 70 cm gar nicht vorstellen. Selbst
wenn man eine wettbewerbsrecht-lich relevante
Restirreführungsgefahr unterstellen wolle, spreche eine
nachtatbestandliche Güter- und Interessenabwägung für die
Beibehaltung des gefe-stigten Handelsbrauchs, der die Gerätegröße
nach dem Bildröhrendiagonalmaß bestimme.</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Beklagte weist schließlich darauf
hin, daß die beanstandete Werbung grenzüberschreitend sei. Mit
denselben Prospekten werde im deutschsprachigen EG-Ausland
geworden; die Prospekte seien zudem auch in den Sprachen der
übrigen EG-Staaten ver-faßt und in Aufmachung und Text mit dem
deutsch-sprachigen weitgehend identisch. Die Kennzeichnun-gen der
Verpackungen seien deswegen ebenfalls weitgehend einheitlich
gestaltet. Dies sei auch unter dem Gesichtspunkt des Art. 30
EWG-Vertrag zu berücksichtigen.</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Bezeichnung der Gerätegrößen nach
der Bildröh-rendiagonale habe sich in den Ländern der EG als
allgemein gültige Norm durchgesetzt und werde all-gemein
gehandhabt.</p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Wegen des weiteren Vorbringens der
Beklagten wird auf die Schriftsätze vom 25. Januar und 12. März
1991 nebst Anlagen verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">E n t s c h e i d u n g s g r ü n d
e</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Berufung ist zulässig. Sie hat auch
in der Sa-che Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Der nunmehr vom Kläger gestellte Antrag
ist entge-gen der Ansicht der Beklagten nicht zu unbestimmt. Das
Klagebegehren ist unmißverständlich darauf ge-richtet, Werbung
unter cm-Angabe der Bildröhren-diagonale, wie sie sich konkret aus
dem eingeblen-deten Prospektteil ergibt, zu untersagen. Die
be-anstandete konkrete Verletzungsform, wie sie aus dem Prospekt zu
ersehen ist, ist dadurch charak-terisiert, daß in der Werbung
allein die Länge der Bildröhrendiagonale herausgestellt ist und es
des-wegen für den Verbraucher nicht zu ersehen ist, daß es sich
nicht um die Angabe der tatsächlich sichtbaren Bilddiagonale
handelt. Wie die Größen-angabe in der Werbung der Beklagten in
Zukunft auszusehen hat, war hingegen nicht in den Antrag
aufzunehmen. Es ist nämlich nicht Sache des An-spruchstellers, auf
welche Weise der auf Unterlas-sung in Anspruch Genommene einem
solchen Begehren gegebenenfalls nachkommt. Dies bleibt vielmehr dem
zur Unterlassung Verpflichteten überlassen.</p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Der Kläger verlangt von der Beklagten
zu Recht die Unterlassung von Werbung in der konkret beanstan-deten
Form, denn diese verstößt gegen § 3 UWG. Die Ankündigung der
Bildröhrendiagonale unter cm-Anga-be, wie sie im Urteilstenor
wiedergegeben ist, stellt eine irreführende Angabe über die
Beschaf-fenheit der angebotenen Fernsehgeräte dar.</p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Zwar ist die Größenangabe in der
Werbung der Be-klagten "86 cm FST-Bildröhre" für sich betrachtet
nach ihrem Wortsinn nicht unwahr, denn sie ent-spricht unstreitig
der tatsächlichen Länge der Bildröhrendiagonale. Sie begründet
jedoch bei ei-nem nicht unerheblichen Teil der angesprochenen
Verbraucher die Fehlvorstellung, die cm-Angabe ge-be zugleich die
Länge der Diagonale des sichtbaren Bildes wieder.</p>
<span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Der Senat sieht keine Bedenken, dies
aus eigener Sachkunde und Erfahrung anzunehmen. Seine Mitglie-der
gehören zu den angesprochenen Verkehrskreisen und wären selbst
durch die beanstandete Angabe in dem vorbezeichneten Sinne
getäuscht worden.</p>
<span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Nach der ständigen Rechtsprechung des
Bundesge-richtshofes ist es nicht ausgeschlossen, daß der
Tatrichter die Anschauungen der beteiligten Ver-kehrskreise
aufgrund seiner eigenen Sachkunde und Lebenserfahrung hinreichend
beurteilen kann, so-fern - namentlich bei Gegenständen des
allgemeinen Bedarfs - die Anschauungen des unbefangenen
Durch-schnittskäufers zu ermitteln sind und die Richter des zur
Entscheidung berufenen Kollegiums selbst diesem Personenkreis
angehören. Dieser Grundsatz gilt uneingeschränkt vor allem in den
Fällen, in denen das Gericht eine Irreführung bejahen zu kön-nen
glaubt, da es insoweit entscheidend nur auf die Anschauungen eines
nicht ganz unerheblichen Teils des Verkehrs ankommt (BGH GRUR 1987,
45, 47 "Sommerpreiswerbung" m.w.N.).</p>
<span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Diese Voraussetzungen sind hier
erfüllt, da - wie ausgeführt - die Mitglieder des Senats dem mit
der Werbung angesprochenen Personenkreis zuzuordnen sind und weil
der Senat die Irreführung bejaht.</p>
<span class="absatzRechts">124</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Einer Entscheidung ohne Beweisaufnahme
stehen auch nicht die in der "Meister-Kaffee"-Entscheidung des
Bundesgerichtshofs (GRUR 1990, 907) aufgezeigten Grundsätze
entgegen. In jenem Fall waren die Tat-sachen, aus denen das
Berufungsgericht seinerzeit die Irreführung der von der Werbung der
damaligen Beklagten angesprochenen Verkehrskreise hergelei-tet
hatte, nicht unstreitig. Das Berufungsgericht hatte sie gleichwohl
zugrunde gelegt, obwohl seine Mitglieder - anders als in dem hier
zu entschei-denden Rechtsstreit - nicht zu den angesprochenen
Verkehrskreisen gehörten, und sich zur Begründung allein auf eigene
Erfahrungen mit einschlägigen Fragen und die hierauf beruhende
Kenntnis von den Vorstellungen der beteiligten Verkehrskreise
beru-fen. Lediglich für derartige Fälle, in denen das Tatgericht in
Zusammenhang mit § 3 UWG nicht auf die Zugehörigkeit seiner
Mitglieder zum angespro-chenen Adressatenkreis der beanstandeten
Werbung, sondern anderweitig über § 291 ZPO auf eigene Sachkunde
abgestellt hat, ist das Übergehen eines gegenbeweislich angebotenen
Beweises als Vestoß gegen § 286 ZPO angesehen worden. Die oben
ange-führten Grundsätze zur Entscheidung aufgrund eige-ner
Sachkunde des Tatrichters, der selbst den an-gesprochenen
Verkehrskreisen angehört, sind damit nicht in Frage gestellt.
Nichts anderes gilt auch für die nachfolgend noch zu erörternde
Frage der ebenfalls im Zusammenhang mit der Irreführung zu
untersuchenden wettbewerblichen Relevanz der her-vorgerufenen
Fehlvorstellung, die der Senat eben-falls aus eigener Kenntnis zu
beantworten vermag.</p>
<span class="absatzRechts">126</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">127</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Mit der von den Parteien zitierten
Entscheidung des Kammergerichts vom 15. Mai 1984 (5 U 1075/83) ist
davon auszugehen, daß die über Jahrzehnte vor-zufindende
unterschiedslose Verwendung der Begrif-fe "Bildschirm" oder "Bild"
im Zusammenhang mit der cm-Angabe dazu geführt hat, daß ein
erhebli-cher Teil der angesprochenen Verkehrskreise diese cm-Angabe
auf die Größe des sichtbaren Teils des Bildes bezieht, in welchem
Zusammenhang diese An-gabe auch immer erscheinen mag. Die von der
Be-klagten überreichten Werbeprospekte verschiedens-ten Alters
veranschaulichen dies erneut sehr pla-stisch. So finden sich u. a.
folgende Formulierun-gen:</p>
<span class="absatzRechts">128</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">129</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px"> </p>
<span class="absatzRechts">130</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px"> </p>
<span class="absatzRechts">131</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:40px"> </p>
<span class="absatzRechts">132</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:50px">"XY-cm-Bildröhrendiagonale",</p>
<span class="absatzRechts">133</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">134</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px"> </p>
<span class="absatzRechts">135</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px"> </p>
<span class="absatzRechts">136</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:40px"> </p>
<span class="absatzRechts">137</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:50px">"XY-cm-Bildröhre",</p>
<span class="absatzRechts">138</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">139</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px"> </p>
<span class="absatzRechts">140</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px"> </p>
<span class="absatzRechts">141</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:40px"> </p>
<span class="absatzRechts">142</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:50px">"XY-cm-Bildschirm",</p>
<span class="absatzRechts">143</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">144</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px"> </p>
<span class="absatzRechts">145</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px"> </p>
<span class="absatzRechts">146</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:40px"> </p>
<span class="absatzRechts">147</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:50px">"XY-cm-Bildschirmdiagonale",</p>
<span class="absatzRechts">148</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">149</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px"> </p>
<span class="absatzRechts">150</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px"> </p>
<span class="absatzRechts">151</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:40px"> </p>
<span class="absatzRechts">152</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:50px">"XY-cm-Monitor",</p>
<span class="absatzRechts">153</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">154</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px"> </p>
<span class="absatzRechts">155</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px"> </p>
<span class="absatzRechts">156</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:40px"> </p>
<span class="absatzRechts">157</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:50px">"XY-cm-Bildformat",</p>
<span class="absatzRechts">158</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">159</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px"> </p>
<span class="absatzRechts">160</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px"> </p>
<span class="absatzRechts">161</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:40px"> </p>
<span class="absatzRechts">162</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:50px">"XY-cm-Bild",</p>
<span class="absatzRechts">163</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">164</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px"> </p>
<span class="absatzRechts">165</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px"> </p>
<span class="absatzRechts">166</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:40px"> </p>
<span class="absatzRechts">167</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:50px">"XY-cm-Diagonale".</p>
<span class="absatzRechts">168</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">169</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Dies macht deutlich, daß die Annahme
des Verkehrs, die in der Werbung für Fernsehgeräte genannten
Größenangaben bezögen sich auf die Diagonale bzw. Größe des
tatsächlich sichtbaren Bildes, durch die Werbung der
verschiedensten Produzenten geprägt ist, in der viele Jahre
hindurch "Bildschirm", "Bild", "Bildformat", etc. mit "Bildröhre"
in gleicher Weise gebraucht sowie die Angaben der jeweiligen
Diagonallängen unterschiedslos und un-differenziert verwandt worden
sind. In eindrucks-voller Weise spiegelt sich diese Praxis in der
im Verfahren 6 U 7/91 (dort Blatt 75) vorgelegten Werbung eines
Einzelhändlers, die im vorliegen-den Rechtsstreit zum Gegenstand
der mündlichen Verhandlung gemacht worden ist, wider. Dort sind
Fernsehgeräte der Firmen "L. " und "G. " mit den Hinweisen
"84-cm-PLANAR-Bildröh-re" bzw. "82-cm-Bildröhre" beworben.
Hinsichtlich eines Gerätes der Firma "B. " wird ein
"70-cm-FST-Farbbild" herausgestellt. Ein Fernseh-gerät der
Beklagten ist hinsichtlich der Bildgrö-ße durch ihr
"63-cm-MATRIX-Bild" charakterisiert, während bezüglich eines "S."
-Gerätes der Hinweis "86-cm-BLACK-TRINITRON-Großbildröhre" mit dem
Zu-satz "sichtbare Bildröhrendiagonale 80 cm" verbun-den ist.</p>
<span class="absatzRechts">170</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">171</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Begriffe "Farbbild", "Bild" und
"Bildröhre" sind hier innerhalb eines einzigen Werbehandzet-tels
unterschiedslos verwendet. Wenn ein Fachhänd-ler in dieser Weise
verfährt, liegt es auf der Hand, daß auch zumindest ein nicht
unerheblicher Teil der Verbraucher die Begriffe "Bildröhre" und
"Bild" gleichsetzt und die cm-Angabe ohne weiteres auf das
tatsächlich sichtbare Bild bezieht.</p>
<span class="absatzRechts">172</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">173</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Auf die Voraussetzungen einer
Irreführung durch Verschweigen war entgegen der Auffassung der
Be-klagten im Streitfall nicht abzuheben. Die Irre-führung ergibt
sich hier aus den angeführten Grün-den vielmehr unmittelbar aus der
Kundgabe des Bildröhrendiagonalmaßes, also aus einem positiven Tun.
Daß sie sich möglicherweise u.a. dadurch ver-meiden läßt, daß
Angaben zur Größe des tatsächlich sichtbaren Bildes hinzugefügt
werden, ändert hier-an nichts und gibt keine Veranlassung zur
Annahme einer Irreführung durch Verschweigen. Allgemein anerkannt
ist vielmehr, daß eine objektiv richtige <span style="text-decoration:underline;">Angabe</span> auch dann
irreführend ist, wenn ein nicht völlig unerheblicher Teil der
umworbenen Verkehrs-kreise mit ihr, wie es hier der Fall ist, eine
un-richtige Vorstellung verbindet (vgl. Baumbach-He-fermehl,
Wettbewerbsrecht, 16. Aufl., Rn. 25 zu § 3 UWG m.w.N.).</p>
<span class="absatzRechts">174</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">175</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Entgegen der Ansicht der Beklagten ist
die durch die Werbung bei einem Teil der Verbraucher
hervor-gerufene Fehlvorstellung, die cm-Angabe beschreibe die
sichtbare Bildröhrendiagonale, auch geeignet, die angesprochenen
Verkehrskreise in ihren wirt-schaftlichen Entschlüssen positiv zu
beeinflussen. Die damit angesprochene Voraussetzung der
wettbe-werblichen Relevanz einer durch die Werbung her-vorgerufenen
Fehlvorstellung beruht darauf, daß die bloße Unrichtigkeit der
durch eine Werbung herbeigeführten Vorstellung nicht in jedem Falle
ausreicht, um die Werbeangabe auch als irreführend im Sinne des § 3
UWG anzusehen.</p>
<span class="absatzRechts">176</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">177</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Vorschrift bezweckt die Vermeidung
der Gefahr eines durch Täuschung erreichten, noch vor dem
Kaufentschluß liegenden Anlockens. Irreführend ist eine Werbeangabe
deswegen erst dann, wenn sie in dem Punkt und in dem Umfang, in dem
die durch sie hervorgerufene Vorstellung des Verbrauchers von der
Wahrheit abweicht, bei ungezwungener Auffas-sung geeignet ist, die
Kauflust des Publikums - im Sinne einer allgemeinen Wertschätzung -
zu beein-flussen. Da es in rechtlicher Hinsicht ausreicht, wenn die
in Rede stehende Angabe "irgendwie" von Bedeutung für die
Interessenten ist, genügt es, wenn festgestellt wird, daß die
betreffende Aussa-ge in die Überlegung, ob man sich der beworbenen
Ware zuwenden wolle, einbezogen wird und daß sie dabei positiv
wirkt.</p>
<span class="absatzRechts">178</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">179</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Nicht erforderlich ist hingegen, daß
der Angabe auch ein oder gar das entscheidende Gewicht beige-messen
wird (vgl. Bundesgerichtshof GRUR 1981, 71 "Lübecker Marzipan";
Baumbach-Hefermehl, Wettbe-werbsrecht, 16. Aufl., Rdn. 89 zu § 3
UWG; Von-Gamm, Wettbewerbsrecht, 5. Aufl., Kapitel 36, Rdn. 39
jeweils m.w.N.).</p>
<span class="absatzRechts">180</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">181</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Mitglieder des erkennenden Senats,
die - wie bereits ausgeführt - den angesprochenen Verkehrs-kreisen
angehören, stellen auch hinsichtlich der wettbewerblichen Relevanz
aus eigener Sachkunde fest, daß die Angabe der Bildröhrendiagonale
und die durch sie hervorgerufene Fehlvorstellung von der Größe der
Diagonale des tatsächlich sichtbaren Bildes die vorgenannten
Voraussetzungen erfüllen. Aus eigener Erfahrung - als Käufer
derartiger Pro-dukte - ist ihnen bekannt, daß es für Verbraucher,
die ein Fernsehgerät zu kaufen beabsichtigen, schon bei der
(Vor-)Frage, welche Produkte sie in ihre Überlegungen einbeziehen,
neben dem Design, technischen Fragen wie der Bedienbarkeit u.s.w.
auch auf Umfang und Größe des tatsächlich sichtba-ren Bildes
ankommt und daß dabei unter Umständen bereits einem
Bildgrößenunterschied von wenigen Zentimetern maßgebliche Bedeutung
beigemessen wird.</p>
<span class="absatzRechts">182</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">183</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Dafür, daß ein nicht unerheblicher Teil
der Ver-braucher die tatsächliche Bildgröße zum Gegenstand ihrer
Kaufüberlegungen macht, spricht nicht zu-letzt die oben bereits
angesprochene Hersteller- und Händlerwerbung, die überwiegend die
Größe des "Farbbildes", des "Bildes", des "Bildschirms" u.s.w.
herausstellt. Slogans wie die vom Kläger vorgetragenen und durch
Vorlage von Werbematerial belegten - z. B. "Randvoll mit Bild", "63
cm fürs Auge" - sprechen insoweit eine deutliche Sprache. Auch der
vom Kläger überreichte Testbericht der Stiftung Warentest (Heft
6/90, Seite 582) gibt ei-nen Hinweis auf die Bedeutung der Größe
des sicht-baren Bildes für den mit der Herstellerwerbung
an-gesprochenen Verbraucher, wenn dort nachdrücklich kritisiert
wird, daß die tatsächliche Bilddiagona-le kürzer sei, als es in den
Geräteprospekten zum Ausdruck komme.</p>
<span class="absatzRechts">184</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">185</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Daß die jeweilige Größe des sichtbaren
Bildes für den Kauf eines Fernsehgerätes von Bedeutung ist und
dabei schon wenige Zentimeter eine Rolle spie-len können, zeigt
zudem die Tatsache, daß neben den Produktkategorien in Form von
44-cm-, 55-cm-, 63-cm- oder 70-cm-Geräten eine Vielzahl weiterer
Gerätetypen auf dem Markt istz, und zwar zwischen 25 cm und 117
Zentimeter. Dabei liegen die jewei-ligen Größen teilweise nur ein
oder zwei Zentime-ter auseinander. Der Kläger hat hierzu eine
Zusam-menstellung vorgelegt, deren inhaltliche Richtig-keit die
Beklagte insoweit nicht in Abrede ge-stellt hat. Die hieraus
ersichtliche Vielfalt von Geräten innerhalb des Bereichs von 25 und
117 Zen-timetern verdeutlicht, daß es offenbar ein ent-sprechendes
Bedürfnis bei den Verbrauchern gibt und minimale Größenunterschiede
bei der Auswahl durch die Interessenten von Bedeutung sein können.
Diese Vielfalt der Bildschirmgrößen mit ganz ge-ringen
Maßabweichungen läßt sich mit der Behaup-tung der Beklagten nicht
vereinbaren, der Verbrau-cher lege keinen Wert darauf, daß das
sichtbare Bild auch tatsächlich eine der cm-Angabe entspre-chende
Diagonale aufweise.</p>
<span class="absatzRechts">186</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">187</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Beklagte macht geltend, die
mangelnde Relevanz einer etwaigen Fehlvorstellung der Verbraucher
er-gebe sich unter anderem aus dem Umstand, daß zwi-schen den
einzelnen Herstellern hinsichtlich der gleichen Röhrengröße
allenfalls Abweichungen von ca. einem Zentimeter bei der
Diagonallänge des sichtbaren Bildes möglich seien. Diese
Argumenta-tion vermag nicht zu überzeugen.</p>
<span class="absatzRechts">188</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">189</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Soweit die Beklagte bei ihrem Vergleich
von einer maximalen Abweichung von einem Zentimeter ausgeht, kann
dem schon aufgrund der vorgetragenen und be-legten Tatsachen nicht
gefolgt werden. Die in dem oben bereits zitierten Artikel in der
Zeitschrift "Test" (Heft 6/1990) enthaltene Aufstellung von
"40-cm-Geräten" zeigt vielmehr Unterschiede in der sichtbaren
Bildröhrendiagonale von teilweise mehr als drei Zentimetern auf.
Allerdings weist die Be-klagte in diesem Zusammenhang darauf hin,
die Übersicht selbst sei irreführend, weil auch Geräte einbezogen
seien, die ein anderes Röhrendiagonal-maß aufwiesen, wie sich aus
dem Hinweis auf ein "Panasonic-Gerät" ergebe, dessen
Bildröhrendiago-nale 44 Zentimeter messe. Auch wenn dies zutrifft,
so zeigen doch zwei andere vom Kläger vorgetragene und belegte
Beispiele auf, daß der tatsächliche Unterschied der sichtbaren
Diagonale bei Geräten mit 40 Zentimeter-Bildröhre nicht bei maximal
ei-nem Zentimeter liegen muß. So besitzen die in dem Testbericht
angeführten Geräte "L. P 115" und "S. KV-M 16 D" ausweislich der
Prospekte Bildröhren, deren Diagonale 40 Zentimeter beträgt. Die
Diagonalen des sichtbaren Bildes betragen hin-gegen bei dem
erstgenannten Gerät 34,4 Zentimeter, bei dem zweiten 37,2
Zentimeter. Die Differenz hinsichtlich des dem Verbraucher sichtbar
darge-stellten Bildes beläuft sich mithin auf 2,8 Zenti-meter, was
angesichts der geringen Bildschirmgröße nicht als unerheblich
angesehen werden kann. Dar-getan und nachgewiesen ist auch ein
Unterschied von 2 Zentimetern in der Diagonale des sichtbaren
Bildes bei dem "T. -Gerät T 8500 MV" und dem Gerät der Firma "S. "
"T 9800 VT Multi". Un-ter diesen Umständen kann weder von einer
einheit-lich großen Differenz zwischen Bildschirmdiagonale und
Diagonale des tatsächlich sichtbaren Bildes noch davon ausgegangen
werden, daß diese maximal einen Zentimeter ausmacht.</p>
<span class="absatzRechts">190</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">191</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Unabhängig von den zuvor aufgezeigten
Bedenken hinsichtlich der die Argumentation der Beklagten tragenden
Tatsachen läßt der von ihr angestellte Vergleich aber einen
weiteren Gesichtspunkt außer Betracht, der für die Frage der
wettbewerblichen Relevanz von maßgeblicher Bedeutung ist. Die
jün-gere Entwicklung in der Fernsehgerätewerbung, die in der
Entscheidung des Kammergerichts aus dem Jahre 1984 noch keine
Berücksichtigung finden konnte, zeigt, daß einige Hersteller dazu
überge-gangen sind, neben der Bildröhrendiagonale auch die
Diagonale des tatsächlich sichtbaren Bildes anzugeben. Das ist
zumindest hinsichtlich des Pro-duzenten "S. ", der einen nicht
unerheblichen Marktanteil besitzt, unstreitig und zudem durch
Prospektmaterial belegt. Er beschränkt sich nicht darauf, in den
Datensammlungen am Schluß seiner Kataloge das Diagonalmaß des
sichtbaren Bildes mitzuteilen, sondern weist auch in seiner Werbung
darauf hin. Unter diesen Umständen läßt sich aber die
wettbewerbliche Relevanz der beanstandeten Werbeaussage nicht mehr
mit einem Hinweis auf praktisch gleiche Diagonallängen des
sichtbaren Bildes bei der jeweiligen Röhrenkategorie vernei-nen.
Hinzu kommt, daß es bei kleineren LCD-Geräten in Ermangelung einer
Röhre kein Maß geben kann, das einer technischen Einbaugröße
entspricht. Hier wird deswegen ohnehin stets das Maß des sichtbaren
Bildes mitgeteilt. Unter diesen Umständen kann aber nicht schon
deswegen an der wettbewerblichen Relevanz gezweifelt werden, weil
zwischen der Röh-rendiagonale und der Diagonale des tatsächlich
sichtbaren Bildes ohnehin nur ein Unterschied von maximal einem
Zentimeter bestehe. Sie ergibt sich vielmehr ohne weiteres daraus,
daß die Verbraucher nicht vergleichbare Größenangaben einander
gegen-überstellen, von denen die eine - das Maß der
Bildröhrendiagonale - die andere - die Diagonale des tatsächlich
sichtbaren Bildes - schon aus technischen Gründen stets übertrifft.
Auch inso-weit stellt die bereits erwähnte Händlerwerbung, in der
die verschiedenen Variationen in den Anga-ben zur Bildschirmgröße
unterschiedslos und ohne Erläuterung nebeneinander gebraucht
werden, ein anschauliches Beispiel dar (Bl. 75 in 6 U 7/91).</p>
<span class="absatzRechts">192</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">193</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Beklagte meint weiter, eine
"nachtatbestandli-che Güter- und Interessenabwägung" unter
Berück-sichtigung des Informationsinteresses der großen Mehrheit
der Verbraucherschaft und des Erhaltungs-interesses der Hersteller
und des Handels sowie EG-rechtlicher Grundsätze ergebe angesichts
der minimalen Irreführungsgefahr ein übergewichtiges Interesse an
der Beibehaltung der Größenangabe nach der Röhrendiagonale. Auch
dies rechtfertigt jedoch im Ergebnis keine abweichende Beurteilung.
Zwar trifft die zugrundeliegende Ausgangserwägung zu, daß sich eine
sachgerechte Entscheidung über das Verbot oder das Dulden einer
Werbeangabe nur aufgrund einer Abwägung der im Spiel befindlichen
Interessen treffen läßt, weil § 3 UWG das Interes-se aller von
einer Werbung Betroffenen schützt. Nach der Rechtsprechung kann die
Abwägung der In-teressen aber nur in Ausnahmefällen zu einer
Schutzwürdigkeit irriger Verbrauchervorstellungen führen. In der
Regel ist das Allgemeininteresse, vor irreführenden Angaben
geschützt zu werden, so gewichtig, daß es gegenüber den
Individualinteres-sen der Gewerbetreibenden an der Beibehaltung
ei-ner irreführenden Angabe vorrangig ist. Hinzuneh-men sein kann
eine Irreführungsgefahr dann, wenn die Belange der Allgemeinheit
hierdurch nicht in erheblichem Maße und ernstlich in
Mitleidenschaft gezogen werden, weil nur eine geringe
Irrefüh-rungsgefahr vorliegt, und wenn berechtigte Inter-essen der
Mehrheit der angesprochenen Verkehrs-kreise, des betroffenen
Wirtschaftszweiges oder der Allgemeinheit die Beibehaltung der
beanstande-ten Werbeangabe erfordern (vgl. Bundesgerichtshof GRUR
1982, 118, 120 "Kippdeckeldose"; GRUR 1983, 32, 33 "Stangenglas",
jeweils m.w.N.; siehe auch Baumbach-Hefermehl, Rdn. 89 zu § 3 UWG;
Helm in Handbuch des Wettbewerbsrecht, § 48, Rdn. 85).</p>
<span class="absatzRechts">194</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">195</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Bei Anwendung dieser Grundsätze wird
die im Streitfall festgestellte Irreführung nicht durch eine
Interessenabwägung gerechtfertigt.</p>
<span class="absatzRechts">196</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">197</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Wie im Zusammenhang mit der
wettbewerblichen Rele-vanz bereits ausgeführt, ist die Irreführung
hier inhaltlich durchaus gewichtig und läßt sich nicht auf eine
Differenz von jeweils einem Zentimeter hinsichtlich der Diagonale
des tatsächlich sicht-baren Bildes im Rahmen einer bestimmten
Größenka-tegorie von Bildröhren reduzieren. Daß die Ver-braucher so
zu einem nicht unerheblichen Teil ei-ner Täuschung um mehrere
Zentimeter hinsichtlich der sichtbaren Bilddiagonalen unterliegen
können und daß dies für sie von nicht völlig außer Acht zu
lassender Bedeutung ist, ist oben bereits dar-gelegt worden. Soweit
die Beklagte im Rahmen der Abwägung demgegenüber auf einen
"gefestigten Han-delsbrauch" verweist, der die Gerätegröße nach dem
Bildröhrendiagonalmaß bestimme, verkennt sie, daß auch nach Erlaß
des hier beantragten Verbots das nach ihrer Darstellung bewährte
Klassifizierungs-system nicht aufgegeben werden muß.</p>
<span class="absatzRechts">198</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">199</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Untersagt wird lediglich Werbung, die -
aus-schließlich - auf die Länge der Bildröhrendiagona-le abstellt.
Dies zwingt Hersteller und Handel nicht, zugleich auch die an der
Bildröhrendiagona-le ausgerichtete Kategorisierung aufzugeben, denn
es wird nicht generell verboten, die jeweilige Zentimetergröße der
Bildröhrendiagonale mitzutei-len.</p>
<span class="absatzRechts">200</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">201</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Auch soweit die Beklagte sich in diesem
Zusammen-hang darauf beruft, daß die Bezeichnungspraxis für den
grenzüberschreitenden Handel Bedeutung habe und deswegen auch das
EG-Recht zu berücksichtigen sei, ist darauf hinzuweisen, daß die
Angabe der Bildröhrendiagonale nicht generell verboten ist. Da es
der Beklagten unbenommen ist, - auch - die Größe der
Bildröhrendiagonale anzugeben, sind we-der gesonderte Verpackungen
für den deutschen Markt noch ein Aufgeben der bisherigen
Klassifi-zierung geboten. Dasselbe gilt für europaweite Fernseh-,
Rundfunk- und Zeitschriftenwerbung.</p>
<span class="absatzRechts">202</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">203</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Soweit die Beklagte sich in diesem
Zusammenhang auf Artikel 30 EWG-Vertrag beruft, steht dem be-reits
entgegen, daß das Irreführungsverbot des § 3 UWG in Fällen wie dem
vorliegenden notwendig ist, um zwingenden Erfordernissen des
Verbraucher-schutzes gerecht zu werden (vgl. EuGH GRUR Int. 1979,
468, 471 "Cassis de Dijon"). Die Entschei-dung des EuGH vom 7. März
1990 (GRUR int. 1990, 955 "GB-Inno-BM") steht dem nicht
entgegen.</p>
<span class="absatzRechts">204</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">205</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Ihr lag ein dem Streitfall nicht
vergleichbarer Sachverhalt zugrunde, in dem den Verbrauchern
auf-grund der nationalen Gesetzgebung der Zugang zu bestimmten
Informationen (Dauer eines Angebotes und früherer Preis beworbener
Waren) vorenthalten werden sollte. Im übrigen verhindert das
ausge-sprochene Verbot weder die weitere Verwendung des bisherigen
Werbematerials im EG-Ausland noch den einheitlichen Gebrauch
geänderter Werbeunterlagen sowohl in der Bundesrepublik Deutschland
als auch im deutschsprachigen EG-Ausland.</p>
<span class="absatzRechts">206</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">207</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Der geltendgemachte Zahlungsanspruch
ist ebenfalls gerechtfertigt. Er ist aus §§ 683, 670 BGB
begrün-det. Zur Frage der Aufwendungen folgt der Senat in ständiger
Rechtsprechung (vgl. die Urteile vom 6. November 1987 - 6 U 45/87 -
und vom 13. Januar 1988 - 6 U 201/87 -) der Rechtsprechung des
Bun-desgerichtshofs (GRUR 1984, 129 ff.). Die Höhe der Aufwendungen
des Klägers zur Abmahnung wettbe-werbswidrigen Verhaltens ist
gerichtsbekannt. Der Senat verweist insoweit im einzelnen auf seine
Entscheidung vom 6. November 1987 - 6 U 45/87.</p>
<span class="absatzRechts">208</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">209</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Der Senat sieht keine Bedenken, der
Beklagten eine Aufbrauchsfrist in dem aus dem Tenor ersichtlichen
Umfang zu bewilligen. Eine solche Frist kann nach allgemein
vertretener Auffassung auch von Amts we-gen gewährt werden, sofern
ein entsprechendes In-teresse des Schuldners besteht (vgl.
Teplitzky, wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 5. Aufl., Kapitel 57,
Rn. 19). Die Beklagte hat im einzelnen vorge-tragen, daß sie noch
über erhebliche Vorräte ent-sprechender Werbematerialien verfügt
und kurzfri-stig außerstande wäre, diese durch neue zu erset-zen,
da deren Herstellung mehrmonatige Druckvor-lauffristen mit sich
bringt. Prospektwerbung wäre der Beklagten damit über Monate hinweg
praktisch verwehrt. Dem steht gegenüber, daß der Verbraucher
nachhaltigen Schutzes vor irreführender Werbung im Sinne des § 3
UWG bedarf. Bei Abwägung dieses An-liegens des Gesetzes gegenüber
den Interessen der Beklagten war - auch in Hinblick auf die
Bemessung der Fristdauer - zu berücksichtigen, daß die Klage im
ersten Rechtszug abgewiesen worden ist, die Be-klagte also zunächst
in ihrer Ansicht, sich wett-bewerbskonform zu verhalten, bestätigt
worden ist, so daß sie sich nicht auf eine kurzfristige Um-stellung
einzustellen hatte. Angesichts dieses Um-standes und der bei einer
sofortigen und ein-schränkungslosen Durchsetzung des
Unterlassungsge-bots drohenden Schäden geboten Treu und Glauben,
die mit einer umgehenden Durchsetzung des Verbots verbundenen
Nachteile von der Beklagten abzuwen-den.</p>
<span class="absatzRechts">210</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">211</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Der Zinsanspruch folgt aus § 291
BGB.</p>
<span class="absatzRechts">212</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">213</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Kostenentscheidung beruht auf § 91
Abs. 1 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">214</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">215</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Eine teilweise Belastung des Klägers
mit den Ko-sten des Rechtsstreits gemäß § 269 Abs. 3 ZPO kam nicht
in Betracht. Die Umformulierung des Antrags im Berufungstermin
stellt lediglich eine bessere Anpassung des Antrags an die
beanstandete Wettbe-werbshandlung dar.</p>
<span class="absatzRechts">216</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">217</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Insoweit geht aber aus sämtlichen erst-
und zweit-instanzlichen Schriftsätzen des Klägers mit
hin-reichender Deutlichkeit hervor, daß von Anfang an die -
alleinige - Angabe der Bildröhrendiagonal-länge in der Werbung
Gegenstand des Unterlassungs-begehrens war.</p>
<span class="absatzRechts">218</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">219</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreck-barkeit ergeht nach §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">220</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">221</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die nach § 546 Abs. 2 festzusetzende
Beschwer der Beklagten entspricht dem Wert ihres Unterliegens im
Rechtsstreit.</p>
|
314,961 | ovgnrw-1991-03-27-9-a-248789 | {
"id": 823,
"name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen",
"slug": "ovgnrw",
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"level_of_appeal": null
} | 9 A 2487/89 | 1991-03-27T00:00:00 | 2019-03-13T14:42:37 | 2022-10-18T15:09:25 | Urteil | ECLI:DE:OVGNRW:1991:0327.9A2487.89.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Das angefochtene Urteil wird geändert.</p>
<p></p>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen.</p>
<p></p>
<p>Die Revision wird nicht zugelassen.</p>
<p></p>
<p></p>
<p></p>
<p>
</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"> Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit von Abfallentsorgungsgebühren,
die der Beklagte vom Kläger für 1988 erhoben hat. Im einzelnen geht es um folgenden
Sachverhalt:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der ... Kreis betreibt aufgrund Satzung vom 22. Dezember 1982, hier einschlägig
nach der Änderung durch die am 1. Januar 1988 in Kraft getretene 4.
Änderungssatzung vom 18. Dezember 1987, (AS) die Abfallentsorgung im Gebiet der
Städte ... und ... den Gemeinden ... und ... als öffentliche Einrichtung. Dabei bedient er
sich gemäß § 1 Abs. 2 AS der ... -Abfallbeseitigungsgesellschaft (neuerdings
umbenannt in ... Abfallwirtschaftsgesellschaft) mit beschränkter Haftung (RSAG),
deren alleiniger Gesellschafter er ist. Die vom Kreis wahrgenommene
Abfallentsorgung umfaßt satzungsgemäß (§ 2 Abs. 1) das Einsammeln, die
Bereitstellung von Sammelbehältern für die Getrenntsammlung und das Befördern von
Abfällen mit Ausnahme der fortgeworfenen und verbotswidrig abgelagerten Abfälle,
sowie das Behandeln, Lagern, Ablagern und Verwerten von Abfällen. Grundlage der
dargestellten Tätigkeit des Kreises und Beauftragung der RSAG mit der Durchführung
seiner Aufgaben sind neben den ihn nach dem Landesabfallgesetz NW vom 18.
Dezember 1973, GV NW S. 562, zuletzt geändert durch Gesetz vom 6. November
1984, GV NW S. 679, (LAbfG 73) treffenden Verpflichtungen der Abfallbeseitigung die
zwischen ihm und den genannten Städten und Gemeinden 1982 und 1983
geschlossenen Vereinbarungen, nach denen die Städte und Gemeinden dem Kreis die
ihnen ihrerseits nach dem LAbfG 73 obliegenden Aufgaben des Einsammelns und
Beförderns von Abfällen sowie ihre Kompetenz zur Regelung der Abfallbeseitigung und
Erhebung von Gebühren durch Satzung übertragen haben. Die RSAG ist mit
Genehmigung des Regierungspräsidenten ... aus dem vormaligen
Müllbeseitigungszweckverband ... -Kreis hervorgegangen und erhält gemäß § 3 des
zwischen ihr und dem ... -Kreis geschlossenen Vertrages vom 28. Februar 1983 den
ihr bei der Durchführung der Abfallbeseitigung für den Kreis entstehenden Aufwand
erstattet.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Gemäß § 6 AS sind die Grundstückseigentümer verpflichtet, ihr Grundstück an die
Abfallentsorgung des Kreises anzuschließen und ausreichendes Behältervolumen für
die auf dem Grundstück tatsächlich anfallenden Abfälle bereitzustellen; zugelassen
sind unter anderem 50-, 120- und 240-Liter-Abfallbehälter. Jeder
Grundstückseigentümer hat Anspruch auf leihweise zur Verfügung gestellte Behälter
bis zu einem Gesamtbehältervolumen, welches sich nach der ermittelten
durchschnittlichen Abfallmenge je Haushaltsgröße errechnet (Regelausstattung). Für
die Regelausstattung wurde entsprechend den Satzungsunterlagen und der
Handhabung bei Ausgabe der Abfallbehälter von einem Müllvolumen von 50 l für eine
Person, 80 l für zwei Personen, 105 l für drei Personen, 120 l für vier Personen und
von jeweils 10 l für jede weitere Person ausgegangen. Die Verpflichtung, anfallenden
Abfall der Abfallentsorgung des Kreises zu überlassen, hat jeder, dem ein Recht zum
Anschluß an diese Einrichtung zusteht, und jeder Abfallbesitzer.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Für die Inanspruchnahme der Einrichtungen und Anlagen der Abfallentsorgung
erhebt der ... -Kreis nach Maßgabe seiner Gebührensatzung (GS) und dem
zugehörigen Gebührentarif (GT) Benutzungsgebühren. Für 1988 war insoweit
zunächst die Gebührensatzung vom 29. Oktober 1985, für 1988 zuletzt geändert
durch die 2. Änderungssatzung vom 18. Dezember 1987, einschlägig, nach deren
Vorschriften die Gebühren für an die Abfallentsorgung angeschlossene
Wohngrundstücke nach der Zahl der auf dem Grundstück geführten Haushaltungen
und der Zahl der in einem Haushalt wohnenden Personen bemessen werden; bei
Gewerbegrundstücken wird die Gebühr nach den (tatsächlich) aufgestellten und
entleerten Abfallbehältern, mindestens aber nach der entsprechend der
Abfallbeseitigungssatzung vorzuhaltenden Behältergrundausstattung berechnet.
Gebührenpflichtig ist - neben anderen Gebührenpflichtigen - der
Grundstückseigentümer bzw. bei Wohnungseigentum der Wohnungseigentümer. Mit
Rückwirkung auf den 1. Januar 1988 erließ der Kreis die Gebührensatzung vom 29.
Oktober 1985 in der Fassung der 2. Änderungssatzung als "Gebührensatzung 1988"
ohne inhaltliche Veränderung am 24. Juni 1988 erneut, nachdem das
Verwaltungsgericht Köln in verschiedenen Klageverfahren den Standpunkt
eingenommen hatte, der Kreistag sei vor Beschluß der Satzung vom 29. Oktober 1985
nicht hinreichend über die Gebührenkalkulation aufgeklärt worden.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Zur Bereitstellung des Abfalls auf den Wohngrundstücken in dem Gebiet, in dem
der Kreis im dargestellten Umfang die Abfallentsorgung wahrnimmt, werden vielfach
privat angeschaffte Abfallbehälter mit einem Volumen von 50 l genutzt; die
Anschaffung und Nutzung solcher Behälter geht auf die Zeit vor Inkrafttreten des
Satzungsrechts vom 29. Oktober 1985 am 1. Januar 1986 zurück, in der solche
Behälter im Rahmen der stattfindenden Abfallbeseitigung geleert wurden, wenn sie mit
einer vom Kreis ausgegeben Müllmarke versehen waren.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstückes ...
Straße in ... in dem er mit seiner Familie wohnt und das an die Abfallentsorgung des
... Kreises angeschlossen ist. Für den Abfall wird entsprechend dem Satzungsrecht
ein 120-Liter-Abfallbehälter genutzt.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Mit Bescheid vom 1. März 1988 zog der Beklagte den Kläger für das genannte
Grundstück zu Abfallentsorgungsgebühren von 220,- DM für 1988 heran. Dabei ging
er davon aus, daß im Haus des Klägers ein Vier-Personen-Haushalt mit einer weiteren
Person, für den nach der Satzung eine Gebühr von 220,- DM anfiel, unterhalten
werde.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Nach erfolglosem Vorverfahren hat der Kläger Klage erhoben, mit der er geltend
gemacht hat, die Gebührenerhebung sei rechtswidrig.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Gebührenbemessung nach dem seit 1986 geltenden Satzungsrecht nach für
die jeweilige Haushaltsgröße berechneten, durchschnittlichen Abfallmengen sei nicht
leistungsgerecht. Für die Gebührenbemessung hätte an das Volumen der im einzelnen
Haushalt zu entsorgenden Abfallmenge angeknüpft werden müssen. Er, der Kläger,
benötige für seinen Haushalt keinen 120-Liter-Behälter, sondern würde wegen seines
umweltbewußten Verhaltens mit einem 50-Liter-Behälter auskommen. Das müsse bei
der Gebührenbemessung berücksichtigt werden. Durch die Wahl des
Gebührenmaßstabes müsse ein Anreiz zur Abfallvermeidung gegeben werden. Im
übrigen sei die von 1987 auf 1988 erfolgte Gebührensteigerung nicht gerechtfertigt,
sondern müsse auf einer schlechten Wirtschaftsführung beruhen. Es leuchte nicht ein,
daß der RSAG im Jahre 1988 nicht mehr im hinreichenden Umfang eigener
Abfalldeponieraum zur Verfügung gestanden habe und sie deshalb die Fremddeponie
in Mechernich gegen Zahlung von Gebühren habe in Anspruch nehmen müssen. Vor
Inanspruchnahme dieser kostenaufwendigen Deponie hätten günstigere Möglichkeiten
ausgenutzt werden müssen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat sinngemäß beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">den Bescheid des Beklagten vom 1. März 1988 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 9. August 1988 aufzuheben.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Er hat geltend gemacht, die Gebührenerhebung sei dem Grunde und der Höhe
nach rechtmäßig, sie beruhe auf gültigem Satzungsrecht und fehlerfreien
Feststellungen der für die Gebührenerhebung maßgeblichen
Bemessungsgrundlagen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Mit dem angefochtenen Urteil, auf das Bezug genommen wird, hat das
Verwaltungsgericht der Klage mit der Begründung stattgegeben, daß die der
Gebührenerhebung zugrundeliegenden Satzungsvorschriften des Gebührentarifs für
Wohngrundstücke rechtswidrig und nichtig seien. In die Kalkulation der Gebührensätze
für Wohngrundstücke sei ein Betrag von 954.000,- DM an Verlusten der
Abfallentsorgung im Jahre 1987 angesetzt worden. Das verstoße gegen § 6 Abs. 2
Kommunalabgabengesetz NW (KAG).</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Hiergegen richtet sich die vorliegende Berufung des Beklagten, mit der er - wie
schon im Klageverfahren - geltend macht, der Ansatz des Gebührendefizits des
Jahres 1987 bei der Gebührenkalkulation für das Jahr 1988 stehe mit den
Vorschriften des KAG in Einklang. Verluste der Vorperioden könnten als sog.
kalkulatorische Gewinnzuschläge nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen angesetzt
werden. Auch nach dem Äquivalenzprinzip sei der Ansatz von Verlusten der
Vorperiode als Kosten der folgenden Leistungsperiode zulässig. Nach Auskunft des
statistischen Landesamtes gebe es beim Wechsel der im ... -Kreis wohnenden
Einwohner bezogen auf die Gesamteinwohnerzahl nur eine Fluktuation von etwa 5-6
v.H.. Dementsprechend könne davon ausgegangen werden, daß zumindest 95 v.H.
der Haushalte im ... -Kreis, die für 1988 zu Abfallentsorgungsgebühren herangezogen
würden, auch schon im Jahr 1987 an die Abfallentsorgung des Kreises angeschlossen
gewesen seien und dementsprechend die Verluste dieses Jahres mitverursacht
hätten. Letztlich könnten diese Haushalte zur Deckung der Verluste des Jahres 1987
auch durch gesonderte Gebühren für dieses Jahr nachveranlagt werden. Durch die
Einbeziehung der Verluste in die Gebührenkalkulation für 1988 werde indessen im
Interesse der Gebührenpflichtigen der bei einer Nachveranlagung zu Gebühren für
1987 entstehende zusätzliche Kostenaufwand vermieden. Selbst wenn der Ansatz der
Verluste für 1987 als unzulässiger Kostenansatz angesehen würde, folge daraus noch
nicht die Ungültigkeit des Gebührentarifs für 1988. Bezogen auf das Gesamtvolumen
der für 1988 im Haushaltsbereich angesetzten Kosten von 28,8 Mio DM mache der
Verlustansatz von etwa 950.000,- DM lediglich etwa 3,3 v.H. aus. Eine solche
Überschreitung der ansatzfähigen Kosten halte sich noch im zulässigen Rahmen des
Kostenüberschreitungsverbots nach § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG. Im übrigen werde ein Teil
der Kostenüberschreitung durch zulässige Kostenpositionen, die in der
Gebührenkalkulation nicht angesetzt worden seien, ausgeglichen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Er stützt sich im wesentlichen auf die Begründung des angefochtenen Urteils.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat den Beklagten in verschiedenen Schreiben in diesem sowie in
Verfahren, deren Akten - wie nachstehend aufgeführt - beigezogen sind, gebeten, zu
bestimmten Fragen der Organisation der Abfallbeseitigung im ... -Kreis, der
Durchführung der Abfallbeseitigung durch die RSAG, des insoweit anfallenden
Kostenaufwandes sowie der Kalkulation der Abfallbeseitigungsgebühren Stellung zu
nehmen. Insoweit wird auf die Antragen des Senats und die dazu abgegebenen
Stellungnahmen des Beklagten, die auch der Klägerseite übermittelt worden sind, und
die vom Beklagten eingereichten Unterlagen Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Wegen des Sachverhalts im übrigen und des weiteren Vorbringens der Beteiligten
wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der dazu eingereichten Verwaltungsvorgänge
Satzungsunterlagen sowie die Akte des VG Köln 14 L 1442/88 und ferner auf die
Gerichtsakten der beim Senat anhängig gewesenen Berufungsverfahren 9 A 764/88, 9
A 765/88 und 9 A 380/89, in denen es um Abfallbeseitigungsgebühren des ... -Kreises
für 1986 bzw. 1987 gegangen ist, sowie die zu jenen Verfahren eingereichten
Unterlagen des Kreises Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Hiernach liegen dem Senat insbesondere folgende Unterlagen vor:</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Unterlagen über die Gründung des Müllbeseitigungszweckverbandes im ... -Kreis
sowie dessen Satzung (Anlage 3 in BA V zu 9 A 764/88)</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Unterlagen über die "Umwandlung" des Müllbeseitigungszweckverbandes in die
RSAG und die damit verbundene Auflösung des Verbandes (Anlage 4 in BA V zu 9 A
764/88)</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">3.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Öffentlich-rechtliche Vereinbarungen zwischen Kreis und kreisangehörigen
Gemeinden und Städten von 1982 und 1983 über die Übertragung von Aufgaben der
Abfallbeseitigung auf den Kreis (Anlage 2 in BA V zu 9 A 764/88)</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">4.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Gesellschaftsvertrag der RSAG und deren Vertrag mit dem Kreis über die
Durchführung der Aufgaben der Abfallbeseitigung (BA III zu 9 A 764/88)</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">5.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Satzungsakte der Abfallbeseitigungssatzung i.d.F. der 3. Änderungssatzung vom
29. Oktober 1985 und der Abfallbeseitigungsgebührensatzung vom selben Tage
(Anlage 1 in BA V zu 9 A 764/88)</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">6.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Beschluß- und Kalkulationsunterlagen (Gebührenbedarfsberechnung) zu den
Satzungen vom 29. Oktober 1985 (BA III und IV zu 9 A 764/88)</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">7.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Satzungstext und Beschluß sowie Kalkulationsunterlagen
(Gebührenbedarfsberechnung) zu der mit Rückwirkung auf den 1. Januar 1987
beschlossenen Gebührensatzung 1987 vom 24. Juni 1988 (BA I zu 9 A 380/89)</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">8.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Satzungstexte und Satzungsunterlagen zu der Abfallbeseitigungssatzung i.d.F. der
4. Änderungssatzung vom 18. Dezember 1987 und der Gebührensatzung i.d.F. der 2.
Änderungssatzung vom selben Tage (BA IV zu 9 A 2487/89)</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">9.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Satzungstext und Kalkulationsunterlagen zur "Abfallentsorgungsgebührensatzung
1988" vom 24. Juni 1988 (BA I zu 9 A 2487/89).</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">10.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Wirtschaftspläne der RSAG für</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">1986 (Anlage 5 in BA V zu 9 A 764/88)</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">1987 (BA III zu 9 A 380/89)</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">1988 (BA IV zu 9 A 2487/89, BA V zu 9 A 765/88)</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">11.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Geschäftsbericht der RSAG für</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">1986 (Anlage 8 in BA V zu 9 A 764/88)</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu
Unrecht stattgegeben. Der in der Fassung des Widerspruchsbescheides angefochtene
Gebührenbescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">A.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Die Gebührenerhebung beruht auf gültigem Satzungsrecht. Einschlägig ist hier die
Gebührensatzung vom 24. Juni 1988, die mit Rückwirkung auf den 1. Januar 1988
erlassen ist, in Verbindung mit der Abfallentsorgungssatzung des ... -Kreises vom 22.
Dezember 1982 in der nach Erlaß der 4. Änderungssatzung vom 18. Dezember 1987
ab 1. Januar 1988 gültigen Fassung. Gegen die rückwirkende Anwendung der
Gebührensatzung vom 24. Juni 1988 bestehen keine Bedenken, weil sie sich mit den
Vorschriften der bis zu ihrem Erlaß für 1988 geltenden Gebührensatzung vom 29.
Oktober 1985 in der Fassung der 2. Änderungssatzung vom 18. Dezember 1987
(2.ÄS) inhaltlich deckt. Die Inhalte und Vorschriften der genannten Gebührensatzung
verstoßen nicht gegen höherrangiges Recht.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Rechtmäßig ist in Sonderheit die Vorschrift des § 1 GS i.V.m. § 2 AS, wonach der
Kreis für die Abfallentsorgung der Grundstücke im Kreisgebiet Gebühren erhebt. Die
Entsorgung umfaßt - mit den Einschränkungen nach §§ 3 und 4 AS - die Bereitstellung
von Abfallbehältern sowie von Sammelbehältern für die Getrenntsammlung, das
Einsammeln, Befördern mit Ausnahme der fortgeworfenen und verbotswidrig
abgelagerten Abfälle sowie das Behandeln, Lagern, Ablagern und Verwerten von
Abfällen sowie das Gewinnen von Stoffen oder Energie aus Abfällen. Mit diesen
(gebührenpflichtigen) Leistungen - soweit sie hier interessieren -hält sich der Kreis im
Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen. Das sind die Vorschriften des seit dem 1.
November 1986 geltenden Gesetzes über die Vermeidung und Entsorgung von
Abfällen (Abfallgesetz 1986 - AbfG 1986) vom 27. August 1986 BGBl I S. 1410, und
des dieses Gesetz ergänzenden Landesabfallgesetzes NW (LAbfG 1973) vom 18.
Dezember 1973, GV NW S. 562, das zuletzt durch Gesetz vom 6. November 1984,
GV NW S. 679, geändert worden ist und bis zur Verkündung des
Landesabfallgesetzes vom 21. Juni 1988, GV NW S. 250, gegolten hat, sowie des
letztgenannten Landesabfallgesetzes (LAbfG 1988).</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Die Erbringung der genannten Entsorgungsleistungen ist insbesondere auch
insoweit rechtmäßig, als der Kreis nicht nur die ihm nach § 3 Abs. 2 Satz 1 AbfG 1986
in Verbindung mit § 1 Abs. 1 LAbfG 1973 obliegenden Verpflichtungen der
Abfallbeseitigung bzw. Abfallentsorgung, sondern auch die nach § 3 Abs. 2 Satz 1
AbfG 1986 i.V.m. § 1 Abs. 2 LAbfG 1973 bzw. § 5 Abs. 2 LAbfG 1988 den
kreisangehörigen Gemeinden obliegende Aufgabe, die in ihrem Gebiet angefallenen
Abfälle einzusammeln und zu den Abfallbeseitigungsanlagen oder zu den
Müllumschlagstationen, soweit sie von den Kreisen oder in deren Auftrag betrieben
werden, zu befördern, wahrnimmt. Das hat der Senat schon in seinen Urteilen vom 30.
Januar 1991 in den Verfahren, in denen es um die Gebührenerhebung des Kreises für
1986 und 1987 ging,</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">vgl. z.B. - 9 A 765/88 - und - 9 A 380/89 -,</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">an Hand der einschlägiger Unterlagen, die auch zum vorliegenden Verfahren
beigezogen sind, erläutert. Die genannten Aufgaben sind dem Kreis durch öffentlich-
rechtliche Vereinbarungen im Sinne von § 23 Abs. 1 des Gesetzes über kommunale
Gemeinschaftsarbeit in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Oktober 1979, GV
NW S. 621, zuletzt geändert durch Gesetz vom 26. Juni 1984, GV NW S. 362, (GkG)
von den einzelnen kreisangehörigen Gemeinden in der Weise übertragen worden, daß
der Kreis diese Aufgaben in seine Zuständigkeit übernommen hat (§ 23 Abs. 2 Satz 1
GkG). Solche Vereinbarungen sind nach § 2 Abs. 1 LAbfG 1973 bzw. § 6 Abs. 3
LAbfG 1988, die die Vorschriften des GkG jeweils für anwendbar erklären, zulässig.
Der bis 1982 tätige Müllbeseitigungszweckverband in ... -Kreis, der bis dahin die dem
Kreis und den mit ihm im Verband zusammengeschlossenen Gemeinden obliegenden
öffentlichen Aufgaben der Abfallbeseitigung wahrnahm, ist durch Beschluß der
Verbandsversammlung vom 18. November 1982 über die Umwandlung dieses
Verbandes in die RSAG mit der dafür nach § 20 Abs. 2 GkG erforderlichen
Zustimmung des Regierungspräsidenten ... vom 30. Dezember 1982 aufgelöst worden
und nimmt seitdem keine Aufgaben der Abfallbeseitigung mehr wahr. Für die
Zulässigkeit der genannten Vereinbarungen zwischen Kreis und Gemeinden kommt es
nicht darauf an, ob es durch die Zusammenlegung der Aufgaben im einzelnen
Gemeindegebiet zu einer Erhöhung der Abfallentsorgungsgebühren kommt, sofern
sich die Gebührenerhebung durch den Kreis - wie hier - im Rahmen der insoweit
geltenden Vorschriften hält.</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Unbedenklich ist ferner, daß sich der ... -Kreis gemäß § 1 Abs. 2 AS zur
Durchführung der Abfallentsorgung im Kreisgebiet, wie sie satzungsmäßig erfolgt, in
vollem Umfang der RSAG bedient. Der Kreis betreibt die Abfallentsorgung im
Kreisgebiet als öffentliche Einrichtung (§ 1 Abs. 1 AS). Hiernach ist die RSAG bei der
Aufgabenwahrnehmung nicht mit öffentlichen Befugnissen betraut, sondern wird nur als
privates Unternehmen im Auftrage des Kreises bei der Erfüllung seiner Aufgaben tätig.
Das ist nach § 3 Abs. 2 Satz 2 AbfG 1986 zulässig, wonach sich die nach dem
Landesrecht zuständigen Körperschaften des öffentlichen Rechts zur Erfüllung ihrer
Pflichten bei der Entsorgung der in ihrem Gebiet angefallenen Abfälle Dritter bedienen
dürfen. Soweit sich der Kreis auch beim Inkasso der Gebühren der RSAG bedient, ist
das rechtlich zulässig, da die RSAG nur technisch mit der Zahlungsabwicklung betraut
ist, rechtlich indessen der Beklagte als gebührenerhebende und
Vollstreckungsbehörde tätig wird.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Die Satzung verfügt - soweit das hier von Bedeutung ist -in § 4 GS i.V.m. den
ergänzenden Vorschriften des Gebührentarifs auch über eine gültige
Maßstabsregelung, insbesondere einen gültigen Gebührenmaßstab für
Wohngrundstücke.</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Einschlägig ist insoweit zunächst § 4 Abs. 1 GS i.V.m. Nr. 1 GT. Nach § 4 Abs. 1
Satz 1 GS ist Bemessungsgrundlage der Gebühren für das Einsammeln und
Beseitigen für Hausmüll einschließlich Sperrmüll der Haushalt und die Zahl der in
einem Haushalt wohnenden Personen. Mit der Bemessung nach der Zahl der in einem
Haushalt wohnenden Personen ist unter Berücksichtigung der Staffelung der
Gebührentarife in Nr. 1.1 GT nach Ein-, Zwei-, Drei- und Vier-Personen-Haushalten
sowie Haushalten mit fünf und mehr Personen gemeint, daß auf eine nach der
jeweiligen Haushaltsgröße durchschnittlich anfallende Abfallmenge abgestellt werden
soll bzw. auf ein bestimmtes Verhältnis, in dem die durchschnittlichen Abfallmengen
der Haushaltungen verschiedener Größe zueinander stehen. Dabei wird ausweislich
der Unterlagen zur 2. ÄS zur Gebührensatzung vom 29. Oktober 1985 (BA IV zu 9 A
2487/89, Anlage 3) und der Erläuterung der Gebührenkalkulation zur Satzung vom 24.
Juni 1988 (BA I zu 9 A 2487/89, Bl. 9-33), die der Sache nach auch für die 2. ÄS zur
Gebührensatzung vom 29. Oktober 1985 gilt und die Erläuterungen zur jener Satzung
ergänzt, bis zur Zahl von vier Personen von einer Degression der je nach
Haushaltsgröße anfallenden Abfallmenge/Haushalt und für die fünfte Person und mehr
Personen von einer wachsenden Abfallmenge ausgegangen; das Abfallaufkommen pro
Woche wurde entsprechend bestimmten Erfahrungen beim Abfallanfall, insbesondere
unter Berücksichtigung einer im September 1987 in - durchgeführten Erhebung des
Hausmüllaufkommens nach der Haushaltsgröße, die sich bei den Satzungsunterlagen
befindet, und einer darauf aufbauenden Prognose zur Bewertung des Maßes der
Inanspruchnahme im gesamten Kreisgebiet für einen Ein-Personen-Haushalt mit 45 l,
einen Zwei-Personen-Haushalt mit 75 l, einen Drei-Personen-Haushalt mit 100, einen
Vier-Personen-Haushalt mit 112,5 l und für einen Fünf- und Mehr-Personen-Haushalt
mit 132 l angesetzt (BA I zu 9 A 2487/89 Bl 12, 27). Neben den dargestellten
Bemessungskriterien wird gemäß Nr. 1 GT zusätzlich auf die Zahl der wöchentlichen
Leerungen der Abfallbehälter abgestellt.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Die hiernach vorliegende Maßstabsregelung steht entgegen der Auffassung des
Klägers mit höherrangigem Recht in Einklang.</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Nach § 6 Abs. 3 KAG ist die Benutzungsgebühr nach der Inanspruchnahme der
öffentlichen Einrichtung (Abfallbeseitigung) zu bemessen (Satz 1). Wenn das
besonders schwierig oder wirtschaftlich nicht vertretbar ist, kann ein
Wahrscheinlichkeitsmaßstab gewählt werden, der nicht in einem offensichtlichen
Mißverhältnis zu der Inanspruchnahme stehen darf (Satz 2). Da es besonders
schwierig ist, die tatsächliche Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung
Abfallbeseitigung genau (nach Menge, Beschaffenheit, Gewicht des Abfalls usw.) zu
bestimmen, dürfen Gebühren für die Inanspruchnahme der Abfallbeseitigung nach
einhelliger Auffassung nach einem Wahrscheinlichkeitsmaßstab bemessen
werden.</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NW, Urteile vom 5. Juli 1982, Gemht 1983 S. 214 = StGR 1983 S.
182, und vom 22. Februar 1990 - 2 A 2305/87 -; Bayrischer VGH, Urteil vom 6. Juni
1984, BayVBl 1985 S. 17; OVG Lüneburg, Urteil vom 4. Oktober 1984, NVwZ 1985
S. 441; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6. März 1986, VBlBW 1987 S.
146.</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Danach ist der Satzungsgeber hier bei der Auswahl der in Betracht kommenden
Maßstäbe mit der Einschränkung frei, daß der Maßstab nicht in einem offensichtlichen
Mißverhältnis zur Inanspruchnahme stehen darf. In dieser Hinsicht hat der
Ortsgesetzgeber lediglich zu prüfen, ob der von der Maßstabsregelung
vorausgesetzte Zusammenhang zwischen Gebührenbemessung und Art und Umfang
der Inanspruchnahme denkbar und nicht offensichtlich unmöglich ist.</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Vgl. die zitierten Urteile des OVG NW vom 5. Juli 1982 und 22. Februar
1990.</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">Dagegen kommt es nicht - wie der Kläger offenbar meint - darauf an, daß der
Satzungsgeber den im einzelnen zweckmäßigsten, vernünftigsten, gerechtesten oder
wahrscheinlichsten Maßstab gefunden hat; die ihm eingeräumte (weite)
Gestaltungsfreiheit findet unter Berücksichtigung von Art. 3 Abs. 1 GG und
verfassungskonformer Auslegung von § 6 Abs. 3 KAG erst dort ihre Grenze, wo die
gleiche oder ungleiche Behandlung der von ihm geregelten Sachverhalte nicht mehr mit
einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise zu vereinbaren ist,
weil ein einleuchtender, sachlich vertretbarer Grund für Gleich- oder
Ungleichbehandlung fehlt.</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Vgl. zu diesen Freiheiten und Grenzen des Satzungsgebers z.B.
Bundesverwaltungsgericht, Urteile vom 8. November 1968, BVerwGE 31 S. 33 (34)
und vom 23. Mai 1973, BVerwGE 42 S. 210 (216), und Beschluß vom 19. März
1981, KStZ 1981 S. 110.</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">Hiernach ist die Gebührenbemessung nach der Zahl wöchentlicher Leerungen,
aber auch im übrigen rechtmäßig. Der einzelne Haushalt ist eine typische
wirtschaftliche Einheit, die häuslichen Abfall erzeugt und danach einen geeigneten
Ansatz für die Gebührenbemessung bietet.</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG Lüneburg, Urteile vom 4. Oktober 1984, a.a.O.</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">Durch die Berücksichtigung der Zahl der zum Haushalt gehörenden Personen und
der je nach Haushaltsgröße durchschnittlich (relativ) anfallenden Abfallmenge wird in
zulässiger Weise der Wahrscheinlichkeit Rechnung getragen, daß mit zunehmender
Zahl der zu einem Haushalt gehörenden Personen auch die Abfallmenge steigt, die
Steigerung indessen nicht notwendig gleichmäßig linear nach einer feststehenden
Abfallmenge pro Person verlaufen muß. Zwar gibt es Untersuchungen, nach denen die
Abfallmenge bis zu mehreren (z.B. 5) Personen im Durchschnitt in etwa gleich bleibt
und erst bei einer größeren Zahl von Personen (z.B. 6-30) (linear) zunimmt.</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22. März 1979, KStZ 1979 S. 155;
OVG NW, zitierte Urteile vom 5. Juli 1982 und 22. Februar 1990.</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">Andererseits kommt diesen Untersuchungen entsprechend den Bedingungen bei
den durchgeführten Erhebungen keine Allgemeinverbindlichkeit zu und ist es deshalb
unter Wahrscheinlichkeitsgesichtspunkten auch zulässig, von einer pro
Person/Grundstück gleichmäßigen Zunahme der Abfallmenge,</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">vgl. auch hierzu die zitierten Urteile OVG NW vom 5. Juli 1982 und 22. Februar
1990, ferner Bayrischer VGH, Urteil vom 6. Juni 1984, a.a.O., und Peine, Die
Finanzierung der Entsorgung häuslicher Abfälle in: Das neue Abfallwirtschaftsrecht -
Umweltrechtstage 1989 - S. 75, 90 ff,</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">oder - wie hier - entsprechend anderen Prognosewerten bei Haushalten mit ein bis
vier Personen von einer degressiven Steigerung der Abfallmenge pro Person/Haushalt
und bei Haushalten mit fünf und mehr Personen von einem außerhalb der Degression
liegenden festen Durchschnittswert des Abfallanfalls pro Haushalt auszugehen. Die
vorliegenden Mengenansätze und die Degression, wonach für die erste Person ein
Abfallvolumen von 45 l, die zweite Person 30 l, die dritte Person 25 l die vierte Person
12,5 l zugrundegelegt wird, halten sich als - in etwa der Erhebung vom September
1987 entsprechende - Werte zur Erfassung des wahrscheinlichen Maßes der je nach
Haushaltsgröße unterschiedlichen Inanspruchnahme im Rahmen der dem
Satzungsgeber zustehenden Beurteilungs- und Prognosespielräume. Der Wert für
Haushalte mit fünf und mehr Personen stellt eine zulässige Mittelung aus den bei der
Erhebung von September 1987 festgestellten Werten für 5- und 6-Personen-Haushalte
dar. Die dargestellten Mengenansätze bedürfen nicht etwa einer Rechtfertigung durch
wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse, da es bei der Anwendung von
Wahrscheinlichkeitsmaßstäben gerade nicht um eine wirklichkeitsgerechte
Bemessung, sondern eben nur um einen Maßstab geht, der nicht in einem
"offensichtlichen" Mißverhältnis zu der Inanspruchnahme stehen darf. Danach ist auch
unbeachtlich, daß der Kreis für 1986 und 1987 von anderen Ansätzen des
durchschnittlichen Abfallanfalls ausgegangen ist. Beim (erstmaligen) Erlaß des
insoweit maßgeblichen Satzungsrechts lag die in ... beispielhaft durchgeführte
Untersuchung, an der sich der Kreis nunmehr im wesentlich orientiert hat, noch nicht
vor. Im übrigen kommt es im Hinblick auf die dargelegten
Wahrscheinlichkeitsgrundsätze des § 6 Abs. 3 Satz 2 KAG ohnehin maßgeblich nicht
auf eine genaue Erhebung und Übernahme bestimmter Mengenwerte, sondern die -
hier gegebene - Plausibilität des angenommenen Verhältnisses der Inanspruchnahme
der Abfallentsorgung durch Haushalte unterschiedlicher Größe an.</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">Rechtmäßig ist ferner, einen einheitlichen Gebührentarif für Haushalte mit fünf und
mehr Personen zu bilden und damit bei der Gebührenbemessung auf eine weitere
Differenzierung zu verzichten. Gegen diese Maßstabsvereinfachung bestehen keine
Bedenken, weil die Zahl der Haushaltungen mit mehr als fünf Personen im Verhältnis
zur Gesamtzahl der gebührenpflichtigen Haushalte nach den Feststellungen des
Kreises zur Gebührenkalkulation unter 10 v.H. liegt. Nach den Kalkulationsunterlagen
war entsprechend den Erkenntnissen beim Satzungserlaß von insgesamt 180.356
Haushalten auszugehen. Davon entfielen 14.659 auf Haushalte mit 5 und mehr
Personen. Nach dem Grundsatz der sogenannten Typengerechtigkeit dürfen bei der
Gebührenbemessung vom geregelten Fall abweichende Fälle vernachlässigt werden,
sofern deren Zahl den genannten Vomhundertsatz nicht übersteigt.</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">Vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 16. September 1981 KStZ 1982 S.
69; ferner VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 4. März 1986, VBlBW 1987 S. 146,
wonach entsprechend den für jenen Fall maßgeblichen Verhältnissen ein
einheitlicher Gebührensatz schon für Haushalte mit vier oder mehr Personen
gerechtfertigt war.</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">Der Rechtmäßigkeit der nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GS für Wohngrundstücke
geltenden Maßstabsregelung steht nicht entgegen, daß ein sogenannter
Gefäßmaßstab, d.h. eine Gebührenbemessung nach der Zahl und dem
Fassungsvermögen der geleerten Abfallbehältnisse, möglicherweise besser geeignet
sein könnte, das Maß der Inanspruchnahme der Abfallbeseitigung zu erfassen. Ein
solcher Maßstab ist zulässig,</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">vgl. das zitierte Urteil des OVG NW vom 22. Februar 1990;</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">aus den schon dargelegten Gründen ist der Satzungsgeber indessen nicht
verpflichtet, eher einen solchen als den hier für Wohngrundstücke maßgeblichen
kombinierten Haushalts- und Personenmaßstab zu wählen. Zudem hat der
Gefäßmaßstab seinerseits Schwächen, da die Bemessung der Gebühren nach
aufgestellten Abfallgefäßen bestimmter Größe zu Ungerechtigkeiten führen kann,
wenn im Sinne einer rationellen und damit kostengünstigen Abfallbeseitigung eine
möglichst weitgehende Vereinheitlichung der den Haushaltungen bzw. Grundstücken
zur Verfügung stehenden Abfallbehälter erfolgt und es dann nicht möglich ist,
Veränderungen der Abfallmenge bei sich ändernder Zahl der auf einem Grundstück
oder in einem Haushalt lebenden Personen genauer zu berücksichtigen.</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">Vgl. dazu das vorzitierte Urteil des OVG NW vom 22. Februar 1990, das einen
Fall betraf, in dem 120 l-Abfallgefäße als kleinste Gefäße zur Verfügung gestellt und
Gebühren nach dem Gefäßmaßstab erhoben wurden.</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">Dieser Schwäche des Gefäßmaßstabes wird unter Berücksichtigung des
Volumens der von der RSAG auszugebenden kleinsten Abfallbehälter gerade auch hier
begegnet. Zwar werden im Kreisgebiet für das Einsammeln und Befördern von
Abfällen nach § 8 Abs. 1 a der Abfallentsorgungungssatzung auch 50-Liter-
Abfallbehälter zugelassen, weil solche Abfallgefäße bis zur Neuordnung des
Abfallbeseitigungsrechts mit dem 1. Januar 1986 verwandt wurden. Soweit indessen
die Grundstückseigentümer von dem nach § 8 Abs. 3 AS bestehenden Anspruch einer
leihweisen Überlassung von Abfallbehältern für Hausmüll Gebrauch machen, werden
nach Darstellung des Beklagten von der RSAG als kleinste Gefäße nur 120-Liter-
Abfallbehälter ausgegeben. Zudem entspricht ein Volumen von 120 l für Haushalte mit
vier und mehr Personen gemäß § 8 Abs. 2 AS ohnehin dem vorzuhaltenden
"ausreichenden " Behältervolumen. Gegen eine solche Handhabung und Regelung im
Rahmen des Anschlußzwanges an die Abfallentsorgung des Kreises ist im Rahmen
des Organisationsermessens des Kreises bei der Gestaltung der Abfallbeseitigung
nichts einzuwenden, zumal bei der Ausgabe verhältnismäßig kleiner Abfallbehälter die
Gefahr besteht, daß der Inhalt von den Benutzern aus falscher Sparsamkeit zu hoch
verdichtet wird oder der Betreffende sich seines Abfalls auf nicht erwünschte Weise
entledigt.</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">Hiernach ist auch nicht zu beanstanden, daß Haushaltungen, deren Mitglieder
durch besonders umweltbewußtes Verhalten Abfall vermeiden und deshalb die vom
Kreis bei der Kalkulation zugrundegelegte durchschnittliche Abfallmenge nicht
erreichen und auch bei größerer Personenzahl möglicherweise statt mit 120 l auch mit
einem 50 l-Tonnenvolumen auskommen würden, keine Gebührenabschläge wegen
Unterschreitens der durchschnittlichen Abfallmenge eingeräumt werden. Der
diesbezügliche Einwand, es werde weniger Abfall zur Entsorgung gegeben als in dem
vom Satzungsgeber angenommenen Durchschnittsfall, zielt seinem Gehalt nach
darauf, es müsse berücksichtigt werden, daß im konkreten Fall weniger Kosten für die
Abfallbeseitigung verursacht würden als vom Satzungsgeber kalkuliert. Eine solche
Betrachtung ist indessen schon vom Ansatz her verfehlt, weil es für die
Maßstabsgerechtigkeit nicht auf das Maß der Kostenverursachung, sondern das Maß
der Inanspruchnahme der gebührenpflichtigen Einrichtung ankommt. Danach ist es
grundsätzlich unerheblich, welche Abfallbeseitigungskosten der einzelne Haushalt
tatsächlich verursacht, nachdem der Satzungsgeber entsprechend den Grundsätzen
des § 6 Abs. 3 Satz 2 KAG zulässigerweise davon ausgehen durfte, daß die
Inanspruchnahme der Abfallbeseitigung durch Haushaltungen verschiedener Größe
entsprechend den von ihm angenommenen Bemessungsgrößen wahrscheinlich
ist.</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NW, Urteil vom 29. Januar 1979 - II A 371/77, Gemhlt. 1979 S.
1986.</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">Im übrigen darf der Satzungsgeber auch deshalb vom Durchschnittsfall ausgehen,
weil er das auch bei der Organisation der Abfallbeseitigung tun muß; er muß sich
daran orientieren, welche personellen und sächlichen Kapazitäten er im Regelfall zur
Bewältigung der Abfallbeseitigung vorhalten muß. Dabei muß notwendigerweise in
Kauf genommen werden, daß der Abfallanfall in den einzelnen Haushalten nach unten
oder oben abweichen kann. Inwieweit sich der einzelne Haushalt einer bestimmten
Personenzahl umweltbewußt verhält oder nicht und viel oder wenig Abfall zur
Entsorgung stellt, liegt weitgehend außerhalb der Einflußmöglichkeit des
Entsorgungsträgers und beeinflußt insbesondere auch nicht die Kosten für das
Vorhalten des Abfallentsorgungssystems, die einen ganz wesentlichen Anteil der durch
Gebühren umzulegenden Kosten ausmachen. Die Berücksichtigung des
unterschiedlichen Abfallanfalls innerhalb der Gruppe der Haushaltungen einer
bestimmten Personenzahl wäre hiernach als eine weitere Verfeinerung des
Personenmaßstabes zwar zulässig, ist aber aus Gründen der Maßstabsgerechtigkeit
nicht geboten. Letzteres gilt zusätzlich deshalb, weil mit den Gebühren für die
Entsorgung der Wohngrundstücke, auf die es hier nur ankommt, nach Nr. 1.4 GT nicht
nur die Leistungen für das Bereitstellen und Leeren der Abfallbehälter, sondern auch
die Sperrmüllabfuhr, die Papierabfuhr, die getrennte Annahme von Problemabfällen
der Haushaltungen sowie Annahme und Abfuhr von Altstoffen zur Wiederverwertung
abgegolten sind und es dementsprechend für die Ermittlung der Abfallmenge nicht nur
auf die Menge ankommt, die über die auf den Grundstücken aufgestellten
Abfallgefäße entsorgt wird, sondern auch auf die Abfallmenge, die an die anderen, in
Nr. 1.4 GT aufgezählten Entsorgungseinrichtungen des Kreises abgegeben
werden.</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">Der nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GS für Wohngrundstücke geltende Maßstab verstößt
schließlich nicht deshalb gegen § 6 Abs. 3 Satz 2 KAG und Art. 3 Abs. 1 GG, weil
gemäß § 4 Abs. 2 GS die Abfallbeseitigungsgebühren für gewerbliche und diesen
nach der Satzung gleichgestellte Grundstücke grundsätzlich nach den tatsächlich
aufgestellten und geleerten Abfallbehältern, d.h. einem Gefäßmaßstab, bemessen
werden. Die Anwendung unterschiedlicher Wahrscheinlichkeitsmaßstäbe für
verschiedene Fallgruppen ist zulässig, wenn der vorgesehene Maßstab für eine der
Fallgruppen ungeeignet ist. Letzteres trifft hinsichtlich der Anwendung des
vorliegenden Haushalts- und Personentarifs auf gewerblich genutzte Grundstücke zu,
weil für den Abfallanfall bei Gewerbegrundstücken nicht die für Wohnhaushalte bei der
Abfallerzeugung typischen Wahrscheinlichkeitszusammenhänge gelten.</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">OVG Rheinland Pfalz, Urteil vom 14. Juni 1983, NVwZ 1985 S. 440; Bayrischer
VGH, Urteil vom 6. Juni 1984, a.a.O. ferner Urteile des Senats vom 30. Januar 1991
- 9 A 765/88 - und - 9 A 380/89.</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">Die Maßstabsregelung des § 4 Abs. 1 Satz 1 GS ist auch sonst</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">vgl. dazu im übrigen auch die zitierten Urteile des Senats vom 30. Januar
1991,</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">unbedenklich insbesondere hinsichtlich der Vorschriften, durch die die erörterte
Regelung ergänzt wird. Das sind die Vorschriften des § 4 Abs. 1 Sätze 2-6 GS, in
denen der Haushaltsbegriff definiert wird und geregelt ist, nach welchen Grundsätzen
die Zahl und Größe der Haushalte bestimmt wird, die für die Gebührenbemessung von
Bedeutung sind, sowie die Bestimmungen des § 3 GS, wonach bestimmte
Veränderungen der für die Gebührenbemessung maßgeblichen Umstände im Verlauf
des Kalenderjahres, das entsprechend der Erhebung der Gebühr als Jahresgebühr
(vgl. § 6 Abs. 1 GS) der Leistungszeitraum ist, für den die Gebühr erhoben wird,
berücksichtigt werden. Auch diese Vorschriften stehen, soweit sie für den
vorliegenden Fall von Bedeutung sind, mit den Grundsätzen einer nach
Wahrscheinlichkeitsmaßstäben leistungsgerechten Gebührenbemessung in Einklang,
bedürfen vor allem auch keiner weitergehenden Differenzierung.</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">Das gilt insbesondere für die Ermittlung der Zahl der zum Haushalt gehörenden
Personen nach dem Stand des Melderegisters am 1. Januar des beginnenden
Gebührenjahres (§ 4 Abs. 1 Satz 3, § 3 Abs. 2 Satz 1 GS) sowie die Vorschrift des §
3 Abs. 2 Satz 4 GS, wonach Änderungen der Personenzahl eines Haushaltes im
laufenden Kalenderjahr bei der Gebührenberechnung nicht berücksichtigt werden. Das
Melderegister ist aufgrund der bestehenden gesetzlichen Meldepflichten eine
geeignete Quelle zur zutreffenden Ermittlung der Zahl der auf einem Grundstück
wohnenden und zu einem Haushalt gehörenden Personen und erspart besondere und
kostenaufwendige Ermittlungen der gebührenerhebenden Behörde zur Personenzahl;
letzteres rechtfertigt es, verbleibende Unsicherheiten bei der Feststellung der
maßgeblichen Personenzahl nach dem Melderegister in Kauf zu nehmen. Bei
Jahresbeginn etwa bestehende Fehler des Registers, die zu überhöhten
Gebührenbeträgen führen, können durch Gebührenermäßigungen aus Gründen
sachlicher Unbilligkeit ausgeglichen werden. Die Festschreibung der Haushaltsgröße
auf den Personenbestand bei Jahresbeginn knüpft in Vereinfachung der Feststellungen
zur maßgeblichen Haushaltsgröße an die Erfahrungstatsache an, daß bestehende
Haushalte hinsichtlich der Zahl ihrer Mitglieder in der Regel keiner ständigen und
kurzfristigen Fluktuation unterliegen, und ist im Hinblick darauf aus Gründen der
Verwaltungspraktikabilität zulässig. Die nach dieser Regelung verbleibenden
Belastungen des Gebührenschuldners werden in hinreichendem Maße durch die
übrigen Satzungsvorschriften gemildert. Einerseits bezieht sich die Stichtagregelung
nur auf identische Haushalte und werden Haushaltsauflösungen - sofern es nicht nur
um kurzfristige Leerstände von Mietwohnungen von unter drei Monaten geht - ebenso
wie Veränderungen der übrigen für die Gebührenbemessung maßgeblichen Umstände
gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 GS ab dem ersten Tage des auf die Veränderung folgenden
Monats berücksichtigt. Dadurch werden in Sonderheit unzumutbare Härten für
Vermieter vermieden, die im Verlauf eines Kalenderjahres durch länger andauernde
Leerstände von Wohnungen entstehen könnten. Außerdem besteht zwischen den
Gebührensätzen für eine bestimmte Haushaltsgröße und der nächstkleineren
Haushaltsgröße nach Nr. 1.1 GT jeweils nur eine Differenz von zwischen 20,-und 35,-
DM DM/Jahr und hält sich auch deshalb die durch Schwankungen der Personenzahl
eines Haushalts im Verhältnis zu anderen Gebührenschuldnern für den betroffenen
Schuldner entstehende Mehrbelastung in vertretbarem Rahmen. Verbleibenden
unverhältnismäßigen Ungerechtigkeiten kann auch hier durch einen Billigkeitserlaß
begegnet werden.</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">III.</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">Die anzuwendende Gebührensatzung enthält in Nr. 1.1 GT, die hier nur von
Interesse ist, einen gültigen Gebührentarif für Wohngrundstücke, der den nach § 2
Abs. 1 KAG zu stellenden Anforderungen einer satzungsmäßigen Regelung des
Gebührensatzes (1) sowie den Voraussetzungen einer kostengerechten Kalkulation
des Gebührensatzes nach § 6 KAG (2) - noch - genügt.</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">Der Tarif nach Nr. 1 GT ist, wie im Rahmen der Maßstabserörterung schon
dargestellt worden ist, nach den Haushaltsgrößen gestaffelt. Dabei ist ausweislich der
Unterlagen zu den Satzungen für jeden Haushalt unabhängig von seiner Größe ein
Sockelbetrag von 58,- DM angesetzt und diesem Betrag je nach Haushaltsgröße ein
Mehrbetrag zugeschlagen worden, der vom durchschnittlichen Abfallanfall der
jeweiligen Haushaltsgröße abhängig ist. Der Sockelbetrag von 58,- DM ist nach den
Erläuterungen zur Satzung vom 24. Juni 1988 und dem ergänzenden Vortrag des
Beklagten im Schriftsatz vom 31. Oktober 1990, in dem er zur - auch dem Kläger
mitgeteilten - Antrage des Senats vom 21. September 1990 in der Sache 9 A 765/88
zum Satzungsrecht für 1986 und 1987 Stellung genommen hat, als Ansatz für
sogenannte mengenunabhängige Kosten der Abfallentsorgung gerechtfertigt und - was
an anderer Stelle noch auszuführen ist - insoweit als auch als fixer Grundbetrag für
Vorhalteleistungen anzuerkennen, die jedem der gebührenpflichtigen Haushalte
unabhängig von seiner Größe erbracht werden. Die diesbezüglichen Erläuterungen
sind auch für die hier zu überprüfende Gebührenkalkulation von Interesse, da die
dargestellte Zusammensetzung der Gebührensätze - allerdings mit anderen Beträgen
- auch schon für 1986 und 1987 gehandhabt wurde und auch nachträgliche
Rechtfertigungen des Gebührensatzes nach den Vorschriften des KAG beachtlich
sind.</p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">Vgl. zu letzterem die zitierten Urteile des Senats vom 30. Januar 1991.</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">Die dargestellte Bildung von Gebührensätzen für die Abfallentsorgung auf der
Grundlage einer Pauschale für mengenunabhängige bzw. invariable Vorhaltekosten mit
Zuschlägen für die übrigen (Vorhalte- und variablen) Kosten nach dem Maß der
Inanspruchnahme der Abfallentsorgung ist zulässig, weil die Vorschriften des KAG (§§
2 und 6) eine solche Kalkulation des Gebührensatzes nicht verbieten, sondern den
Satzungsgeber insoweit einen Gestaltungsspielraum einräumen.</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">Vgl. auch dazu im einzelnen die zitierten Urteile vom 30. Januar 1991.</p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks">Hiernach begegnen auch die Gebührenbedarfsberechnung zum
Haushaltsgebührentarif nach Nr. 1.1 GT und die danach im einzelnen festgesetzten
Gebührensätze keinen Bedenken. Sie stehen mit § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG in Einklang,
wonach das veranschlagte Gebührenaufkommen die voraussichtlichen Kosten der
Einrichtung nicht übersteigen soll. Sie enthalten zwar Kosten, die nicht hätten umgelegt
werden dürfen; der betreffende Kostenbetrag hält sich indessen in dem Rahmen, in
dem Kostenüberschreitungen nach § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG (noch) vernachlässigt
werden können.</p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks">Ansatzfähige Kosten im Sinne von § 6 Abs. 1 KAG sind die nach
betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ansatzfähigen Kosten. Dazu gehören auch
Entgelte für in Anspruch genommene Fremdleistungen, Abschreibungen, die nach der
mutmaßlichen Nutzungsdauer oder Leistungsmenge gleichmäßig zu bemessen sind,
sowie eine angemessene Verzinsung des aufgewandten Kapitals, soweit die
Verzinsung nicht aus Beiträgen und Zuschüssen Dritter aufgebrachtes Eigenkapital
betrifft. Dieser Kostenabgrenzung hat der Satzungsgeber in der für 1988 aufgestellten
Bedarfsberechnung (BA I zu 9 A 2487/89, Bl. 9 ff) Rechnung getragen. Dabei kann
offenbleiben, ob der Satzungsgeber bei der Gebührenkalkulation hinsichtlich der
Kostenansätze der RSAG, die er übernommen hat, im einzelnen nicht an die
Grundsätze des § 6 Abs. 2 KAG gebunden war, weil die RSAG im Verhältnis zum
Kreis Dritter im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 2 KAG ist, dessen (Fremd-)Leistungen der
Abfallentsorgung der Kreis in Anspruch nimmt und dem er das vertragsgemäß
vereinbarte Entgelt zu zahlen hat; dieses besteht nach dem zwischen dem Kreis und
dem RSAG geschlossenen Vertrag vom 28. Februar 1983 (BA III zu 9 A 764/88 Bl.
55) in der Erstattung des der RSAG durch die für den Kreis erfolgende
Abfallentsorgung entstehenden Aufwandes. Die Aufwandsansätze der RSAG könnten
nur entsprechend den bei Entgelten für Fremdleistungen geltenden großzügigen
Bemessungsgrundsätzen, die ihre Grenze im wesentlichen erst am Äquivalenzprinzip
finden,</p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">Vgl. Urteil des Senats vom 30. November 1989 - 9 A 2108/87 -,</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks">zu prüfen und zu übernehmen sein; unter Berücksichtigung der Höhe der
Gebühren und der dafür erbrachten Entsorgungsleistungen ist eine Verletzung des
Prinzips nämlich nicht erkennbar. Die vorliegende Fragestellung bedarf keiner Klärung,
weil die Gebührenbedarfsrechnung unter Beachtung der Vorschriften des § 6 Abs. 2
KAG auch dann rechtmäßig ist, wenn die Leistungen der RSAG nicht als
Fremdleistungen, sondern als eigene Leistungen des Kreises gewertet werden. Damit
entfällt auch der Einwand, daß die Betrauung der nicht an die Kostenbestimmmungen
des KAG gebundenen RSAG zu einer Gebührensteigerung geführt habe, die mit den
für öffentliche Leistungsträger geltenden Bestimmungen der Gebührenkalkulation nicht
mehr in Einklang stehe.</p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">Nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ansatzfähige Kosten sind nur solche,
die auch betriebsbedingt sind, d.h. hier durch Erfüllung der nach den gesetzlichen
Vorschriften zur Abfallentsorgung gehörenden Aufgaben des Kreises entstanden
sind.</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks">Hiernach bestehen an den Kostenansätzen keine Bedenken, soweit es nach § 1
Abs. 2 LAbfG 1973/§ 5 Abs. 2 LAbfG 1988, um eine Aufteilung der
Abfallentsorgungsaufgaben zwischen Kreis und kreisangehörigen Gemeinden geht, da
dem ...-Kreis nach dem zwischen ihm und den kreisangehörigen Gemeinden
geschlossenen Verträgen auch deren nach § 1 Abs. 2 LAbfG 1973 bestehende
Aufgaben übertragen worden sind.</p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">Nach dem Inkrafttreten des Abfallgesetzes 1986 am 1. November dieses Jahres
ist auch nicht zweifelhaft, daß die Kosten, die für die im Kreisgebiet erfolgende
getrennte Erfassung und Verwertung von Altstoffen kalkuliert worden sind, Kosten der
Abfallentsorgungseinrichtung des Kreises sind. Durch § 1 Abs. 1 Satz 2 AbfG 1986 ist
klargestellt, daß auch bewegliche Sachen, die der Besitzer der entsorgungspflichtigen
Körperschaft oder dem von dieser beauftragten Dritten überläßt, auch im Falle ihrer
Verwertung Abfälle sind, bis sie oder die aus ihnen gewonnen Stoffe oder erzeugte
Energie dem Wirtschaftskreislauf zugeführt werden. Danach sind auch die Kosten für
die Aufstellung zentraler Altstoffsammelcontainer (299.020,- DM) auf die
Abfallentsorgung des Haushaltsbereichs umzulegen. Diese Kosten mußten als
umlegbare Kosten nicht etwa ausscheiden, weil die Benutzung dieser Behälter nicht
nur den nach der Satzung gebührenpflichtigen Grundstückseigentümern als
Abfallbesitzern zur Verfügung standen, sondern auch Abfallbesitzern, die nicht zu
Gebühren herangezogen werden. Diese Frage hatte der Senat in den zitierten Urteilen
vom 30. Januar 1991 noch offengelassen; sie ist im dargestellten Sinne zu
beantworten.</p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks">Nach § 6 Abs. 1 und 2 KAG dürfen bei den Gebühren nur solche Kosten angesetzt
werden, die dadurch anfallen, daß dem Gebührenpflichtigen durch den
Entsorgungsträger Leistungen geboten werden, die für ihn im Verhältnis zur
Allgemeinheit oder sonstigen Personengruppen von besonderem Vorteil sind. Diese
Voraussetzungen sind bei der Aufstellung von Altstoffsammeicontainern zur
Entsorgung von Wohngrundstücken, um die es hier geht, erfüllt. Zwar werden
Container dieser Art an zentralen Stellen in den Wohngebieten des Kreises aufgestellt
und stehen damit auch Personen zur Verfügung, die nicht im Einzugsgebiet der
Container (Kreisgebiet) wohnen bzw. dort über Grundstücke verfügen. Es ist aber
nicht zweifelhaft, daß die Container im Regelfall und nach hier zulässiger typisierender
Betrachtung in erster Linie von den im Einzugsgebiet wohnenden Personen benutzt
werden und daß die Aufstellung solcher Behälter danach für die
Wohngrundstückseigentümer mit dem Vorteil der Entsorgung ihrer Grundstücke in
vergleichbarer Weise wie bei der Bereitstellung spezieller Abfallbehälter auf dem
einzelnen zu entsorgenden Grundstück verbunden ist. Darin liegt für sie ein
besonderer, die Erhebung von Gebühren rechtfertigender Vorteil. Die
Inanspruchnahme der Container durch dritte, außerhalb des Kreisgebiets wohnender
Personen kann wegen dieser Typik vernachlässigt werden. Trotz der freien
Zugänglichkeit der Sammelbehälter auch für solche Personen ist es unwahrscheinlich,
daß sie in größerer Zahl von außerhalb des Einzugsgebiets der Behälter (Kreisgebiet)
anfahren, um die Behälter zu benutzen. Selbst wenn man aber wegen einer Nutzung
der Behälter durch diese Personen und sonstiger Vorteile der Allgemeinheit einen
bestimmten Kostenabschlag machen wollte, könnte dieser aus den dargestellten
Gründen gering sein, und wäre jedenfalls mit nicht mehr als 1/5 der Kosten
anzusetzen, hier also 60.000,- DM.</p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks">Auch unter Berücksichtigung eines Betrages dieser Höhe als unzulässiger
Kostenansatz wäre hier der beim Kostenüberschreitungsverbot nach § 6 Abs. 1 Satz 3
KAG bestehende Spielraum für hinnehmbare Kostenüberschreitungen nicht - worauf
später genauer einzugehen ist - überschritten.</p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks">Die im übrigen in die Bedarfsberechnung eingestellten Kostenpositionen geben bis
auf den Ansatz einer "Abdeckung" von Verlusten des Jahres 1987 in Höhe von
954.000,- DM ebenfalls keinen Anlaß zur Beanstandung. Sie sind nach
betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ansatzfähig. Das gilt in Sonderheit auch für die
Deponiekosten, die im Vergleich zu den Vorjahren erheblich dadurch angestiegen sind,
daß die dem Kreis bzw. der RSAG gehörende Deponie St. Augustin 1988 nur noch in
eingeschränkten Umfang zur Ablagerung von Abfall zur Verfügung stand und der Abfall
zu der Fremddeponie in Mechernich verbracht wurde; allein für die Inanspruchnahme
dieser Deponie sind ausweislich der Kostenaufstellung Deponiegebühren von
4.655.00,-DM zu veranschlagen gewesen. Abstriche von diesen Kosten sind nicht zu
machen. Dem Kreis steht es im Rahmen des ihm zustehenden
Organisationsermessens frei, den Abfall zu Fremddeponien zu bringen und auf die
Schaffung kreiseigener Deponien zu verzichten. Das gilt selbst dann, wenn die
Ablagerung von Abfall auf eigenen Deponien kostengünstiger sein sollte. Nach § 6
Abs. 2 Satz 2 KAG kann er die für die Nutzung der Fremddeponien anfallenden
Gebühren als Entgelte für in Anspruch genommene Fremdleistungen in die eigene
Gebührenkalkulation einstellen; auch Gebühren, die andere Entsorgungsträger für von
ihnen erbrachte Leistungen erheben, sind Entgelte im Sinne dieser Bestimmung. Ob
die vom Träger der Deponie Mechernich erhobenen Gebühren in jeder Hinsicht
ausgewogen sind, bedarf hier keiner Klärung. Den Kreis bzw. die RSAG trifft keine
Verpflichtung, die Gebührenkalkulation dieses Entsorgungsträgers in Frage zu stellen
oder in besonderer Weise Anstrengungen mit dem Ziel der Aushandelung besonderer
Gebührentarife zu unternehmen, solange Gebühren und erbrachte Leistung zueinander
nicht offensichtlich in einem Mißverhältnis stehen. Für letzteres gibt es keine
Anhaltspunkte. Nicht zu beanstanden sind ferner die für die Müllumladestation im
Kreisgebiet anfallenden, angesetzten Kosten. Auch bei der Organisation des
Sammelns und Beförderns von Abfällen im Kreisgebiet besteht ein weiterer
Gestaltungsspielraum des Kreises, der hier nicht überschritten ist.</p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks">Die Gebührenbedarfsberechnung ist allerdings insoweit fehlerhaft, als zum
Ausgleich von Verlusten bei der Abfallentsorgung des Jahres 1987, die entstanden
sind, weil die für den Haushaltsbereich in jenem Jahr erhobenen Gebühren die
entstandenen Kosten nicht deckten, bei den Kosten des Haushaltsbereichs für 1988
ein Betrag von 954.000,- DM angesetzt worden ist. Dieser Betrag ist nicht
ansatzfähig, weil es sich bei den Verlusten des Jahres 1987 weder um Kosten
handelt, die nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen als Kosten des Jahres 1988
veranschlagt werden könnten, noch um solche, die aufgrund einer nach §§ 4 und 6
KAG beabsichtigten Erweiterung dieser Grundsätze dem Leistungszeitraum 1988
zugerechnet werden könnten.</p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks">Bei der Ermittlung der ansatzfähigen Kosten ist gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG
vom betriebswirtschaftlichen Kostenbegriff auszugehen. Danach sind die Kosten, die
sich auf die Erbringung einer Leistung des Entsorgungsträgers in einem bestimmten
Zeitraum beziehen, der durch die Leistungserbringung in dieser Periode bedingte
Wertverzehr an Gütern und Dienstleistungen (sog. wertmäßiger Kostenbegriff).</p>
<span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NW, Urteil vom 15. März 1988 - 2 A 1988/85 -, DVBl. 1988 S. 908;
Hinsen, KStZ 1989 S. 221 (222); Dahmen in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 6
RN 93 m.w.N.; Traumann-Reinheimer Umfang und Bewertung der Kosten lt. § 6
KAG NW, Frankfurt a.M., 1977, S. 30-34.</p>
<span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks">Danach können Verluste aus der Zeit vor Beginn des maßgeblichen
Leistungszeitraumes nicht als Wertverzehr von Gütern und Dienstleistungen in diesem
Zeitraum angesehen werden, weil die Verluste nichts anderes sind als ungedeckte
Kosten, die durch einen Wertverzehr von Gütern und Dienstleistungen außerhalb der
Leistungsperiode entstanden sind. Der Umstand, daß die betreffenden Kosten nicht
durch das Gebührenaufkommen der Vorperiode gedeckt werden, macht diese Kosten
nicht zu solchen der Folgeperiode.</p>
<span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks">Hiernach sind die Verluste des Jahres 1987 im Jahre 1988 nicht ansatzfähig und
zwar auch nicht als sog. kalkulatorischer Gewinnzuschlag. Der Ansatz eines solchen
Zuschlages hätte bezogen auf den Leistungszeitraum 1988 ausschließlich den Zweck,
in dieser Periode über eine Kostendeckung hinaus Gewinne zu erzielen. Eine
Gebührenkalkulation speziell zur Gewinnerzielung ist indessen nicht nur nach
Grundsätzen betriebswirtschaftlicher Kostenrechnung (im Leistungszeitraum), sondern
auch mit dem Verständnis der §§ 4 und 6 KAG im übrigen nicht vereinbar. Danach
dürfen Gebühren als Gegenleistung zur Benutzung kommunaler Einrichtungen und
Anlagen grundsätzlich nur bis zur Höhe der gesetzlich definierten (voraussichtlichen)
Kosten, nicht aber zur Gewinnerzielung erhoben werden (§ 6 Abs. 1 Satz 3 KAG).</p>
<span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung des OVG Lüneburg vom 25. September 1980, KStZ 1981 S.
193, auf die sich der Beklagte für seinen Rechtsstandpunkt beruft, trägt zur Lösung
des vorliegenden Problems nichts bei. In diesem Urteil wird - soweit hier von Interesse
- maßgeblich darauf abgestellt, der Ansatz von Defiziten der Vorperiode in die
Gebührenbedarfsberechnung der folgenden Leistungsperiode verstoße bei Gebühren
für die Benutzung grundstücksbezogener kommunaler Entsorgungseinrichtungen (dort:
Abwasserbeseitigung) nicht gegen das (bundesrechtliche) Äquivalenzprinzip und Art. 3
GG, weil der Kreis der gebührenpflichtigen Eigentümer der an die kommunale
Entsorgungseinrichtung angeschlossenen Grundstücke in beiden Perioden im
wesentlichen der gleiche sei. Letzteres mag in jenem Fall so gewesen sein und kann
auch hier unterstellt werden. Die Einhaltung der genannten, allgemeinen
(übergeordneten) Gebührenbemessungsgrundsätze ist indessen von der zusätzlich
gebotenen Beachtung der spezifischen landesrechtlichen Kostenvorschriften, um die
es hier geht, zu trennen. Mit der dargestellten Aussage des OVG Lüneburg ist somit
für die Auslegung der Vorschriften der §§ 4, 6 KAG NW nichts gewonnen.
Demgegenüber hat das Verwaltungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, daß die
Gesetzesbegründung zu § 6 KAG (LT-Drucksache 6/810 S. 34) für eine
landesrechtliche Beschränkung des Äquivalenzprinzips in zeitlicher Hinsicht spricht, die
es ausschließt, den Gebühren der laufenden Periode Kosten der Vorperiode
zuzuschlagen. Nach der Gesetzesbegründung soll der Gebührenschuldner nämlich
grundsätzlich nur mit denjenigen Kosten der kommunalen Einrichtung belastet werden,
die den Nutzungen in der betreffenden Periode entsprechen.</p>
<span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks">Danach greift auch die Überlegung des Beklagten nicht durch, wegen des im
wesentlichen identischen Kreises der Gebührenschuldner in der abgelaufenen und der
abzurechnenden Leistungsperiode die Defizite der vergangenen Periode als
Bedarfspositionen bei der Kalkulation der Gebühren für die abzurechnende
Leistungsperiode ansetzen zu dürfen, um Verwaltungsaufwand zu ersparen, der bei
einer periodengerechten Nacherhebung von Gebühren zum Ausgleich von Defiziten in
einer bestimmten Leistungsperiode entstehen würde. Der Beklagte läßt bei seiner
Betrachtung zudem zu Unrecht außer Betracht, daß sich der Satzungsgeber durch die
Festlegung des Gebührensatzes mit Wirkung für den abgelaufenen Leistungszeitraum
zunächst einmal in der Weise gebunden hat, daß der Bürger auf den Bestand des
einmal festgelegten Gebührensatzes vertrauen darf und eine rückwirkende Erhöhung
des (gültigen) Gebührensatzes für den abgelaufenen Leistungszeitraum nur unter den
erschwerten Bedingungen einer rückwirkenden Abgabenerhebung zulässig ist.</p>
<span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks"> Vgl. zu dieser Problematik Urteil des Senats vom 31. August 1990 - 9 A 739/88
-</p>
<span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks">Eine Rechtfertigung des Ansatzes von Defiziten früherer Leistungsperioden ergibt
sich auch nicht aus haushaltsrechtlichen Grundsätzen und Vorschriften, insbesondere
nicht aus den Bestimmungen der §§ 62 und 63 Gemeindeordnung NW (GO).</p>
<span class="absatzRechts">124</span><p class="absatzLinks">Zwischen Haushaltswirtschaft der Gemeinde und Gebührenerhebung besteht zwar
ein enger Zusammenhang. Die Gemeinde hat die Haushaltswirtschaft sparsam und
wirtschaftlich zu führen (§ 62 Abs. 2 GO), Abgaben nach den gesetzlichen
Bestimmungen zu erheben (§ 63 Abs. 1 GO) und die zur Erfüllung ihrer Aufgaben
erforderlichen Einnahmen, soweit vertretbar und geboten, vorrangig aus speziellen
Entgelten für die von ihr erbrachten Leistungen und nur im übrigen aus Steuermitteln
zu beschaffen, soweit die sonstigen Einnahmen nicht ausreichen. Dementsprechend
dient gerade die Gebührenerhebung für die Benutzung kommunaler Einrichtungen und
Anlagen nach §§ 4, 6 KAG haushaltswirtschaftlichen Zwecken und ist die
Gebührenerhebung haushaltsrechtlich - vorbehaltlich der Erhebung privater Entgelte -
bei der Benutzung kommunaler Entsorgungseinrichtungen wie der Abfallbeseitigung
und Abwasserbeseitigung vorrangig vor einer Steuererhebung zur Abdeckung der
entstehenden Kosten geboten.</p>
<span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks">Vgl. dazu OVG NW, Urteil vom 7. September 1989 - 4 A 698/84 -, KStZ 1990 S.
157.</p>
<span class="absatzRechts">126</span><p class="absatzLinks">Das gilt jedenfalls unter Berücksichtigung der Vorschrift des § 6 Abs. 1 Satz 1
KAG, wonach Benutzungsgebühren zu erheben sind, wenn eine kommunale
Einrichtung oder Anlage überwiegend dem Vorteil einzelner Personen oder
Personengruppen dient, sofern nicht ein privatrechtliches Entgelt gefordert wird. Diese
Vorschrift verfolgt das Ziel, daß die Kosten solcher kommunaler Einrichtungen
grundsätzlich von den Nutznießern, nicht aber aus allgemeinen Steuermitteln getragen
werden.</p>
<span class="absatzRechts">127</span><p class="absatzLinks">Vgl. die Begründung des Gesetzesentwurfs zu §§ 4 und 6 KAG, LT.-Drucks.
6/810 S. 26, 30.</p>
<span class="absatzRechts">128</span><p class="absatzLinks">Den genannten Bestimmungen kann aber trotz eines anzuerkennenden
allgemeinen haushaltswirtschaftlichen Bedürfnisses, in vergangenen
Leistungszeiträumen entstandene Kostendefizite speziell nur den Nutznießern der
kommunalen Einrichtungen anzulasten und den Gemeindehaushalt davon zu entlasten,
gleichwohl nicht entnommen werden, daß im Rahmen der Gebürenbedarfsberechnung
nach § 6 KAG solche Defizite als Kosten oder sonstige Bedarfspositionen der
folgenden Leistungsperiode angesetzt werden dürfen. Durch die genannten
Bestimmungen des Gemeindehaushaltsrechts wird nämlich nicht festgelegt, welche
Kosten in die Gebürenbedarfsberechnung nach § 6 KAG eingestellt werden dürfen.
Soweit § 63 Abs. 2 Nr. 1 GO davon ausgeht, daß für die erbrachten Leistungen vor
Erhebung von Steuern spezielle Entgelte zu erheben sind, soweit das "geboten" ist,
wird vielmehr den für die Entgelterhebung einschlägigen Kostengesetzen überlassen
zu regeln, was an Entgelten zu erheben ist und nach welchen Bemessungskriterien
sich die Entgelte richten. § 63 Abs. 2 Nr. 1 GO enthält hiernach keine eigenständige
oder die §§ 4, 6 KAG ergänzende Ermächtigung, Defizite früherer Leistungsperioden
in die Gebührenrechnung für die laufende Leistungsperiode einzukalkulieren.</p>
<span class="absatzRechts">129</span><p class="absatzLinks">Ebenso Binsen in KStZ 1990, S. 1, 2; a.A. Honsdorf in KStZ 1984 S. 6 ff.</p>
<span class="absatzRechts">130</span><p class="absatzLinks">Umgekehrt ist den §§ 4 und 6 KAG ihrerseits nichts für eine Einschränkung bzw.
Erweiterung der Grundsätze betriebswirtschaftlicher Kostenrechnung zu entnehmen,
nach der wegen der Verknüpfung von Haushaltswirtschaft und Gebührenerhebung
Kostendeckungsdefizite früherer Leistungsperioden ungeachtet des
betriebswirtschaftlichen Kostenbegriffs in späteren Perioden anzusetzen wären. Das
aus § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG zu entnehmende Kostendeckungsgebot für kommunale
Einrichtungen und Anlagen, die überwiegend den Vorteil einzelner Personen oder
Personengruppen dienen, gibt für einen Abweichung vom betriebswirtschaftlichen
Kostenbegriff nichts her, da es an das Kostenverständnis des § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG
anknüpft.</p>
<span class="absatzRechts">131</span><p class="absatzLinks">Der hiernach fehlerhafte Kostenansatz führt aber gleichwohl nicht zur Ungültigkeit
der Gebührensätze für den Haushaltsbereich, und zwar auch dann nicht, wenn der
schon genannte Betrag von 60.000,- DM für die Aufstellung der
Altstoffsammeicontainer als zusätzliche fehlerhafte Kostenposition berücksichtigt
würde.</p>
<span class="absatzRechts">132</span><p class="absatzLinks">Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, daß sich der fehlerhafte
Kostenansatz von 954.000,- DM in vollem Umfang in den hier interessierenden
Gebührensätzen des Haushaltstarifs nach Nr. 1 GT niederschlage. Das ist indessen
nicht der Fall. Ausweislich der Gebührenbedarfsberechnung (BA I zu 9 A 2487/89, Bl.
22, 27-30) sind als Gebühren für den Haushaltsbereich nicht der volle berechnete
Kostenbetrag von 28.792.000,- DM, sondern insgesamt nur 28.571.940,- DM
veranschlagt worden (vgl. auch BA IV zu 9 A 2487/89, Anlage 3 Bl. 3, 4). Damit bleibt
das veranschlagte Gebührenaufkommen um 220.060,- DM hinter dem für diesen
Bereich (einschließlich des Verlustübertrages von 954.000,- DM) kalkulierten
Gesamtkostenbetrag zurück. Um diesen Differenzbetrag vermindert sich der dem
Ansatz nach unzulässige Verlustübertrag, da er insoweit nicht auf die
Gebührenpflichtigen umgelegt worden ist. Damit beträgt der Gesamtbetrag
unzulässiger Kostenansätze im kalkulierten Gebührenaufkommen, einschließlich des
Betrags von 60.000,- DM bei den Kosten der zentral aufgestellten
Altstoffsammelbehälter, 793.940,- DM (954.000 - 220.060 + 60.000); das sind 2,7787
v.H. (793.940: 28.571.940) dieses Aufkommens. Eine solche Überschreitung der nach
§ 6 Abs. 2 KAG ansatzfähigen Kosten durch das veranschlagte Gebührenaufkommen
stellt noch keinen beachtlichen Verstoß gegen das Kostenüberschreitungsverbot des §
6 Abs. 1 Satz 3 KAG dar.</p>
<span class="absatzRechts">133</span><p class="absatzLinks">Nach der genannten Bestimmung "soll" das veranschlagte Gebührenaufkommen
die voraussichtlichen Kosten der gebührenpflichtigen Einrichtung oder Anlage nicht
übersteigen. Das bedeutet nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Gerichts
nicht, daß jegliche Kostenüberschreitung oder jedenfalls solche Überschreitungen, die
sich auf die Höhe des Gebührensatzes auswirken, zur Ungültigkeit des
Gebührensatzes führen. Selbst wenn die Kostenüberschreitung sich auf den
Gebührensatz auswirkt, ist sie nach dieser Rechtsprechung nur beachtlich, wenn sie
eine erhebliche oder gröbliche Verletzung des Kostenüberschreitungsverbotes nach §
6 Abs. 1 Satz 3 KAG darstellt.</p>
<span class="absatzRechts">134</span><p class="absatzLinks">Vgl. u.a. OVG NW Urteile vom 26. Februar 1982 - 2 A 1667/79 -, StGR 1982 S.
240, 245, und vom 6. Dezember 1989 - 2 A 390/87 -,</p>
<span class="absatzRechts">135</span><p class="absatzLinks">Daran ist festzuhalten, wobei hier offenbleiben kann, ob weiterhin auch auf die
dargestellte Unterscheidung der Verletzungen des Kostenüberschreitungsverbots
abzustellen ist.</p>
<span class="absatzRechts">136</span><p class="absatzLinks">Das Verbot der Kostenüberschreitung ist als Sollvorschrift ausgestaltet. Das
rechtfertigt es unter Berücksichtigung der auch im übrigen bei der Gebührenkalkulation
bestehenden Spielräume im unteren Grenzbereich der Gebührenbedarfsberechnung
Kostenüberschreitungen hinzunehmen. Dabei kommt es in erster Linie auf eine objektiv
einzuhaltende Grenze an. Denn unter dem Gesichtspunkt bundes- und
landesrechtlicher Äquivalenz zwischen in Anspruch genommener Leistung und Gebühr
ist für die durch die Kostenüberschreitung eintretende Beschwer des
Gebührenschuldners weniger den Grund der Überschreitung als die nach dem
Sollgebot des § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG beachtliche Zumutbarkeitsgrenze für die Höhe
von Kostenüberschreitungen entscheidend. Hiernach führen Kostenüberschreitungen
jedenfalls bis zu 3 v.H. der voraussichtlichen Kosten der gebührenpflichtigen
Einrichtung oder Anlage bzw. der Teileinrichtungen, auf deren Inanspruchnahme der
Gebührensatz sich bezieht (hier: Abfallentsorgung der Wohngrundstücke entsprechend
Nr. 1 GT), nicht zur Ungültigkeit des Gebührensatzes. Etwas anderes gilt allerdings
auch in diesem Rahmen bei willkürlichen bzw. sachfremden Kostenansätzen in nicht
nur unerheblichen Umfang.</p>
<span class="absatzRechts">137</span><p class="absatzLinks">Nach diesen Grundsätzen ist die vorliegende Kostenüberschreitung hinnehmbar,
weil sie unterhalb der Grenze von 3 v.H. der nach § 6 Abs. 2 KAG ansatzfähigen
Kosten liegt und von einer rechtsmißbräuchlichen oder willkürlichen Kostenüberhöhung
nicht die Rede sein kann. Die Frage der Zulässigkeit des Ansatzes von Verlusten der
Vorperiode nach § 6 Abs. 2 KAG in der folgenden Leistungsperiode war für den
Satzungsgeber erkennbar noch nicht geklärt. Es gibt dazu keinen einheitlichen
Meinungsstand und gab insoweit bisher auch noch keine abschließende Klärung durch
das erkennende Gericht. Hiernach kommt es nicht weiter darauf an, ob der
unzulässige Ansatz von Verlusten der Vorperiode entsprechend den Berechnungen
des Beklagten im Schriftsatz vom 6. März 1991 teilweise auch durch Ansätze
kalkulatorischer Zinsen hätte ausgeglichen werden können.</p>
<span class="absatzRechts">138</span><p class="absatzLinks">Die somit insgesamt für die öffentliche Abfallentsorgung der Grundstücke
anzuerkennenden Kosten sind auch im Sinne einer leistungs- und kostengerechten
Trennung des Aufwandes für die Entsorgung der Wohngrundstücke bzw. des
Haushaltsbereichs vom Aufwand für die Entsorgung der gewerblich genutzten
Grundstücke bzw. des Gewerbebereichs zulässigerweise auf diese Bereiche verteilt
worden. Die Erläuterungen zur Gebührenkalkulation weisen aus, daß der
Satzungsgeber für die Erhebung von Gebühren für den Haushaltsbereich (nach Nr. 1
GT), den Gewerbebereich und die Entsorgung durch Beistellsäcke getrennte
Kostenmassen gebildet hat, wobei er die dem jeweiligen Bereich direkt
zuordnungsfähigen Kosten nur diesem Bereich zugeordnet und die auf alle Bereiche
entfallenden Kosten entsprechend den in den einzelnen Entsorgungsbereichen jeweils
anfallenden Abfallmengen verteilt hat. Dabei ist der Satzungsgeber davon
ausgegangen, daß das gesamte geschätzte Abfallvolumen 150.000 t/Jahr beträgt und
hat er es nach Erfahrungen der Vorjahre und sachgerechten Bewertungskriterien zu
einem Anteil von 37.000 t dem Gewerbebereich, 7000 t der Entsorgung durch
Beistellsäcke und zu 106.000 t dem Haushaltsbereich zugeordnet. Die dargestellte
Methode zur Trennung der auf die drei Bereiche entfallenden Kosten ist zulässig und
vermeidet, daß durch die Erhebung von Gebühren für die Abfallentsorgung der
Haushalte die Abfallentsorgung gewerblich genutzter Grundstücke bzw. der
Entsorgung durch Beistellsäcke mitfinanziert wird.</p>
<span class="absatzRechts">139</span><p class="absatzLinks">Die Kalkulation der Gebührensätze des Haushaltstarifs nach Nr. 1.1 GT begegnet
auch insoweit keinen Bedenken, als die Kostenmasse auf die gebührenpflichtigen
Haushalte verteilt worden ist. Das gilt zunächst hinsichtlich der Bemessung des für
jeden Haushalt angesetzten Sockelbetrages von 58,- DM.</p>
<span class="absatzRechts">140</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat im Schriftsatz vom 31. Oktober 1990, was auch für die Kontrolle
der Gebührensätze für 1988 zu berücksichtigen ist, im einzelnen erläutert, daß sich
bei der Haushaltsentsorgung (ohne Deponiekosten) erfahrungsgemäß der Aufwand für
die Abfuhr zu etwa 50 v.H. aus Kosten für den Entleerungs- und Kippaufwand und zu
den restlichen 50 v.H. aus Transportkosten zusammensetze; letztere ließen sich zu
etwa 1/2 auf Transportwege innerhalb des Abfuhrbezirks und 1/2 auf den Transport
des Abfalls vom Abfuhrbezirk zur Deponie bzw. Umladestation verteilen. Danach sei es
gerechtfertigt, 3/4 der von den Deponiekosten zu trennenden Abfuhrkosten als für den
Haushaltsbereich mengenunabhängige Kosten anzusetzen. Die Abfuhrkosten im
genannten Sinne sind in der Gebührenbedarfsberechnung unter Position I. mit
insgesamt 14.384.548,- DM (Beiakte I zu 9 A 2487/89, Bl. 21) erfaßt, wobei nicht
einmal die invariable Postition des Geschäftsaufwandes von 3.395.603,-DM (Position
III. der Bedarfsberechnung) berücksichtigt ist. Danach ergibt sich ein
mengenunabhängiger Gesamtbetrag für die Haushaltsabfuhr von 10.788.411,- DM,
der noch höher ist als die in der Gebührenkalkulation angesetzte Gesamtsumme von
10.460.648,- DM für die als Umlage von mengenunabhängigen Kosten zu
vereinnahmenden Sockelbeträge. Der Senat hat keine Veranlassung, die
Erfahrungsansätze des Beklagten in Frage zu stellen und dementsprechend auch
keine Bedenken, der dargestellten Rechtfertigung des Ansatzes der
mengenunabhängigen Gesamtkosten der Abfallentsorgung der Haushalte, die als fixe
Kosten für Vorhalteleistungen ansatzfähig sind, zu folgen.</p>
<span class="absatzRechts">141</span><p class="absatzLinks">Daß durch die Vorhalteleistungen bei der Abfallabfuhr (Bereitstellung von
Abfallbehältern, Anfahren der Grundstücke, Leeren der Behälter und später der
Müllfahrzeuge) jeweils unabhängig von der Abfallmenge im Behälter bzw. im
Müllfahrzeug die Hauptkosten der Abfuhr entstehen, bedarf keiner weiteren
Darlegung. Dabei darf der Begriff der Mengenunabhängigkeit nicht fehlerhaft so
verstanden werden, daß er vom Umfang der angebotenen Abfallentsorgung vollständig
unabhängig sein würde. Die Abfallentsorgung ist im weiteren Sinne insoweit insgesamt
von der Menge des zu beseitigenden Abfalls abhängig, als sich die für sie
vorgehaltenen Gesamtkapazitäten nach der geschätzten Gesamtmenge des zu
beseitigenden Abfalls richten. Mengenunabhängige d.h. invarable (fixe) Kosten, die als
Grundgebühren bzw. Sockelgrundbetrag einer Gebühr erhoben werden dürfen, sind
im schon dargestellten Sinne all jene Kosten, die bezogen auf den betreffenden
Leistungszeitraum allein zur Aufrechterhaltung der Abfallentsorgung aufgewandt
werden müssen, ohne daß es darauf ankäme, ob und inwieweit im Einzelfall in den
bereitstehenden Abfallbehältern Abfall enthalten ist. Danach ist es zulässig, wenn der
Satzungsgeber die mengenunabhängigen Kosten nach pauschalen Erfahrungswerten
auf 3/4 der sogenannten Abfuhrkosten schätzt. Das gilt nach der vorliegenden
Kostensituation zusätzlich deshalb, weil die Gebührenbedarfsberechnung, worauf
schon hingewiesen worden ist, neben den genannten Kosten auch die Kosten für den
auf den Haushaltsbereich entfallenden feststehenden Geschäftsaufwand als
Vorhaltekosten der Abfallabfuhr anzusehen sind.</p>
<span class="absatzRechts">142</span><p class="absatzLinks">Bei der Ermittlung des Sockelbetrages für den einzelnen Haushalt durfte der
Satzungsgeber ohne Rechtsfehler von einem gleichbleibenden Anteil von 58,- DM je
Haushalt durch Teilung des Gesamtbetrages der mengenunabhängigen Kosten durch
die Gesamtzahl der nach den Erfahrungen der Jahre 1986 und 1987 an die
Abfallentsorgung 180.356 angeschlossenen Haushalte ausgehen. Zwar wäre
theoretisch denkbar, auch bei den Vorhaltekosten eine Kostenstaffelung nach der
Haushaltsgröße durchzuführen, indem Überlegungen angestellt werden, ob und
inwieweit die Vorhaltekosten nach der Haushaltsgröße unterschiedlich sind. Nach den
im Rahmen des § 6 Abs. 1 bis 3 KAG bestehenden Bewertungsspielräumen und
sonstigen Grundsätzen der Bemessung von Grundgebühren bedarf es einer solchen
Betrachtung aber aus Gründen der Praktikabilität nicht. Die Ermittlungen für eine
solche Staffelung der Vorhaltekosten wären nämlich wegen der vom Zufall abhängigen
Streuung der Haushalte verschiedener Größe, der je nach der Zahl der Haushalte und
Regelausstattung unterschiedlichen Zahl der Abfallbehälter auf einem Grundstück
sowie der unterschiedlichen Anfahr- bzw. Transportwege der Abfallfahrzeuge zu bzw.
von den einzelnen Grundstücken mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten
verbunden.</p>
<span class="absatzRechts">143</span><p class="absatzLinks">Die Verteilung der nach dem Ansatz des Sockelbetrages verbleibenden
Restkosten pro Haushalt bestimmter Größe ist nach der Gebührenkalkulation
ebenfalls bedenkenfrei und orientiert sich an den durch den Maßstab vorgegebenen
Maßeinheiten. Entsprechend der Erläuterung der Kalkulation, wie sie aus den
Satzungsunterlagen ersichtlich ist, ist die Zahl der Haushalte verschiedener Größe
unter Ansatz der jeweiligen durchschnittlichen Abfallmenge des Haushalts jeweils auf
ein Litervolumen umgerechnet und ist danach zunächst der Anteil am Abfallaufkommen
pro Woche je Haushaltsgröße in Vom-Hundert-Sätzen berechnet worden.
Entsprechend diesen Anteilen sind die leistungsbezogenen zu verteilenden Kosten auf
die einzelnen Haushaltsgruppen verteilt worden und sind diese Kosten entsprechend
der Zahl der zu jeder Gruppe gehörenden Haushaltungen anteilig dem Sockelbetrag
von 58,- DM zugeschlagen worden. Die sich ergebenden Beträge sind nach sachlichen
Kriterien auf volle 5,- DM Beträge auf- oder abgerundet worden.</p>
<span class="absatzRechts">144</span><p class="absatzLinks">Hiernach beruht die im Vergleich zu 1986 und 1987 erhebliche Erhöhung der
Gebührensätze für 1988 nicht entscheidend auf unzulässigen Kostenansätzen,
sondern einerseits auf allgemeinen Kostenerhöhungen, andererseits auf den erheblich
angestiegenen Deponiekosten, die insgesamt nicht zu beanstanden sind, und ferner
darauf, daß die Zahl der an die Abfallentsorgung im Kreisgebiet ausgeschlossenen
Haushaltungen für die Jahre 1986 und 1987 erheblich zu hoch angesetzt worden war.
Da das Gebührenerhebungssystem erst ab 1986 auf eine Gebührenberechnung nach
der Zahl der Haushaltungen umgestellt wurde, hatte der Beklagte für dieses und das
Folgejahr noch keine verläßlichen Werte und ging er nach einer Schätzung von einer
Gesamthaushaltszahl von 204.536 aus. Dieser Wert mußte nach den ersten
Gebührenberechnungen (1986 und 1987) und den danach gewonnenen Erkenntnissen
sowohl hinsichtlich der Gesamtzahl (von 180.356) als auch der Zahlen der Haushalte
unterschiedlicher Größe, die für die Gewichtung der Leistungs- bzw.
Maßstabseinheiten von Bedeutung sind, erheblich nach unten korrigiert werden.
Dadurch ergab sich beim einzelnen Gebührensatz eine kleinere Gesamtzahl an
Maßstabseinheiten (Liter Abfall/Jahr) und dementsprechend eine Erhöhung des
Gebührensatzes. Der zu hohe Ansatz der Gesamthaushaltszahl für 1986 und 1987 ist
letztlich auch der wesentliche Grund für die in jenen Jahren entstandenen
Verluste.</p>
<span class="absatzRechts">145</span><p class="absatzLinks">B.</p>
<span class="absatzRechts">146</span><p class="absatzLinks">Auf der Grundlage der Gebührensatzung des Kreises ist der Kläger für 1988 zu
Recht zu Abfallgebühren in Höhe von 220,- DM herangezogen worden. Er hat die
Abfallentsorgung in diesem Jahr unstreitig in Anspruch genommen und war deshalb
nach Nr. 1.1 GT zu Gebühren in Höhe von 220,- DM heranzuziehen, da der Haushalt
des Klägers im Sinne des Satzungsrechts vier Personen und eine weitere Person
umfaßte.</p>
<span class="absatzRechts">147</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Revision war nicht
zuzulassen, weil die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs.
2 VwGO nicht vorliegen.</p>
<span class="absatzRechts">148</span><p class="absatzLinks">
</p>
|
314,962 | olgk-1991-03-27-2-u-5390 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 2 U 53/90 | 1991-03-27T00:00:00 | 2019-03-13T14:42:39 | 2022-10-18T15:09:24 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1991:0327.2U53.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Klägers gegen das am 13. Februar 1990 verkündete Urteil der</p>
<p>3. Zivilkammer des Landgerichts Bonn - 3 0 403/89 - wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Auf die Widerklage der Beklagten wird der Kläger verurteilt, die Zustimmung</p>
<p>dazu zu erklären, daß der unverteilte Resterlös aus dem Zwangsversteigerungs-verfahren 38 K 66/88, AG Siegburg in Höhe von DM 30.697,79, der bei dem Amtsgericht Siegburg zu 53 HL 46/89 hinterlegt ist, nebst den aufgelaufenen Hinterlegungszinsen an die Beklagte ausbezahlt wird.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Berufungsrechtszuges hat der Kläger zu tragen.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Der Wert der Beschwer des Klägers übersteigt DM 40.000,-- nicht.</p>
<p></p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>T a t b e s t a n d :</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien waren verheiratet. Sie haben am 15.04.1976 in C. die Ehe geschlossen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Mit notariellem Vertrag vom 17.12.1976 (UR-Nr. 3683/1976 des Notars J. in C.; Kopie BI. 207 ff. d.A.) kauften die Parteien das im Grundbuch von I. des Amtsgerichts Siegburg auf Blatt 0000 verzeichnete, mit einem Einfamilienhaus bebaute Grundstück E. XX in M. zum Preise von DM 280.000,--. Gemäß § 3 dieses Vertrages verpflichteten sich die Verkäufer, die Eheleute K., die Eintragung einer Grundschuld in Höhe von DM 250.000,-- zu Gunsten der Kreissparkasse L. zu bewilligen, und zwar unter der Auflage, daß der Anspruch auf Auszahlung des durch die Eintragung der Grundschuld gesicherten Darlehens an die Verkäufer abgetreten wurde. Die Grundschuld wurde mit einer weiteren notariellen Urkunde vom 17.12.1976 (UR-Nr. 3684/1976 des Notars J.; Kopie BI. 275 ff. d.A.) bestellt und am 20.01.1977 unter Ifd. Nr. 1 in Abt. 111 des Grundbuchs eingetragen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Zuvor hatten die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits mit der Kreissparkasse den undatierten schriftlichen Darlehensvertrag Nr. 173247 (Kopie BI. 258 ff. d.A.) geschlossen. Hiernach gewährte die Sparkasse den Parteien zum Kauf des Hauses in M. ein Darlehen in Höhe von DM 100.000,--. In dem Darlehensvertrag heißt es: "Die Sicherheiten gelten gleichzeitig für folgende Darlehen und Kredite: 173XXX, 327009XXX, 253XXX, 619XXX und 418XXX."</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Aufgrund der in §§ 2, 10 des Kaufvertrags vom 17.12.1976 erklärten Auflassung wurden die Parteien des Rechtsstreits am 11.02.1977 zu je einhalb Anteil als neue Eigentümer</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">des vorstehend bezeichneten Grundstücks im Grundbuch eingetragen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Am 11.10.1977 schlossen die Parteien mit der Kreissparkasse einen weiteren Darlehensvertrag mit der Nr. 211XXX (Kopie BI. 281 ff. d.A.), demzufolge die Sparkasse ihnen ein Darlehen in Höhe von DM 135.000,-- gewährte. Als Sicherheiten sind in diesem Vertrag "die uns bereits gestellten Sicherheiten" bezeichnet. </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Kredit Nr. 211XXX diente zur vollständigen Ablösung von zwei vom Kläger im Jahre 1975 zum Aufbau seiner Zahnarztpraxis aufgenommenen Krediten, nämlich eines Landeskredits (Nr. 619XXX) in Höhe von DM 65.000,-- und eines Freiberuflerkredits (Nr. 253XXX) in Höhe von DM 84.000,--. Er wurde gemäß Vertrag vom 11.04.1983 (Kopie BI. 335 ff. d.A.), in dem der Verwendungszweck der Kreditmittel mit "Neugestaltung der Praxisräume" bezeichnet ist, um DM 20.000,-- erhöht. Als Sicherheit sollten auch insoweit vereinbarungsgemäß "die bereits gestellten Sicherheiten" dienen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Im übrigen wurden die durch die Grundschuld besicherten Kredite teilweise zurückgeführt. Nachdem das Beamtenheimstättenwerk im Jahre 1982 zur vollständigen Ablösung</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">des Kredits Nr. 173XXX an die Kreissparkasse DM 73.910,89 gezahlt hatte, trat die Sparkasse von der in Abt. 111 unter Ifd. Nr. 1 eingetragenen Grundschuld einen letztrangigen Teilbetrag in Höhe von DM 62.000,-- nebst Zinsen seit dem 09.08.1982 an das Beamtenheimstättenwerk ab.Diese Abtretung wurde - unter Ifd. Nr. 1 a - am 13.07.1983 in das Grundbuch eingetragen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die hiernach der Kreissparkasse verbliebene Grundschuld in Höhe von noch DM 188.000,-- nebst Zinsen diente – nach einem an den Kläger gerichteten Schreiben der Sparkasse vom 05.09.1985 (Kopie BI. 302 d.A.) - danach noch als Sicherheit für folgende Kredite und Darlehen:</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">- Kontokorrentkredit-Konto 327 009XXX,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">- Darlehen 6327 211XXX und</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">- N-Darlehen 5 982 784 XXX.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Verpflichtung gegenüber der N. (N.) lag das hiermit wegen seiner Einzelheiten in Bezug genommene, von den Parteien des vorliegenden Rechtsstreits unter dem 12.01.1977 unterzeichnete "Schuldanerkenntnis" (Kopie Bl. 279 d. A.) zur Bausparvertrags-Nr. 5 982 784 XXX zu Grunde. Hiernach hatten die Parteien von der N. einen Kredit in Höhe von DM 50.000,-- erhalten, der zum einen durch die Verpfändung der Ansprüche aus dem mit der N. geschlossenen Bausparvertrag und zum anderen durch einen zweitsteIligen Teilbetrag in Höhe von DM 25.000,-- der vorstehend bezeichneten Grundschuld besichert werden sollte.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Bei dem Konto Nr. 327 009XXX - im Folgenden: Konto Nr. 9XXX - handelt es sich um ein schon vor der Eheschließung der Parteien eingerichtetes laufendes Konto. Alleiniger Inhaber dieses Kontos war und ist - wie zwischen den Parteien außer Streit steht - der Kläger. Das Konto stand am 15.04.1976, dem Tag der Eheschließung der Parteien,</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">mit DM 1.807,41 und am 16.10.1984 mit DM 126.250,99 im Soll.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">An dem zuletzt genannten Tag (16.10.1984) wurde dem Kläger der am 18.07.1984 bei dem Amtsgericht (Familiengericht) Siegburg eingereichte Scheidungsantrag der Beklagten zugestellt. Die Ehe der Parteien wurde durch – seit dem 19.01.1988 rechtskräftiges - Urteil des Familiengerichts vom 19.11.1987 - 33 F 349/84 - geschieden.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Durch dasselbe Urteil wurde die Beklagte verurteilt, zum Ausgleich ihres Zugewinns an den Kläger DM 60.000,-- zu zahlen. Der von ihr im Verfahren geltend gemachte Zugewinnausgleichsanspruch wurde zurückgewiesen. Seiner Entscheidung über den Ausgleich des Zugewinns unter den Parteien legte das Familiengericht ein Endvermögen des Klägers per 16.10.1984 in Höhe von DM 363.981,38 zu Grunde. Es setzt sich nach den Entscheidungsgründen des Urteils vom 19.11.1987 aus dem dort mit DM 169.197,68 veranschlagten Wert des hälftigen Miteigentumsanteils an dem Hausgrundstück in M., dem Wert einer Lebensversicherung von DM 11.879,70, dem Wert eines Anteils an einem Flugzeug von DM 10.000,-- und dem auf DM 172.904,-- veranschlagten Wert der Zahnarztpraxis des Klägers zusammen. Bei der Bewertung dieser Praxis per 16.10.1984 hat sich das Familiengericht dem von ihm eingeholten Praxis-Wertgutachten des Sachverständigen G. vom 28.07. 1987 (Kopie BI. 134 ff. d.A. des vorliegenden Rechtsstreits) angeschlossen. In diesem Gutachten wird – auf S. 38 (Kopie BI. 172 d.A.) - der Praxis-Gesamtwert zum Stichtag (16.10.1984) in der Weise errechnet, daß von dem dort mit DM 418.757,-- veranschlagten Aktivvermögen der Praxis - bestehend aus Sachwert und Goodwill (zusammen DM 303.300,--), Aktiva (Kassenbestand und Postscheckguthaben, zusammen DM 1.102,--) und Forderungen gegenüber</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Krankenkassen und Privatpatienten (zusammen DM 114.355,--) - die Schulden der Praxis mit insgesamt DM 245.853,-abgezogen sind. Diese Schuldsumme setzt sich nach dem Gutachten zusammen aus Restverbindlichkeiten aufgrund von Darlehen in Höhe von noch DM 94.052,--, sonstigen Praxisverbindlichkeiten in Höhe von DM 16.099,-- und</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Kontokorrentverbindlichkeiten gegenüber der Raiffeisenbank in Höhe von DM 9.451,-- sowie gegenüber der Kreissparkasse in Höhe von DM 126.251,--. Das Endvermögen</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">der Beklagten wird im Scheidungsurteil mit DM 147.806,26 angesetzt. Es ist dort in der Weise errechnet, daß von der Summe aus dem Wert des Miteigentumsanteils am Hausgrundstück (DM 169.197,68) und dem Wert eines W. (DM 7.000,--) der Betrag von Kreditverpflichtungen in Höhe von DM 28.391,42 abgezogen ist.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Der Kläger erwirkte gegen die Beklagte zwei Kostenfestsetzungsbeschlüsse des Amtsgerichts Siegburg vom 08.03.1985 und vom 17.03.1987. Im Wege der Zwangsvollstreckung aus diesen Beschlüssen wurde am 27.04.9188 auf dem Hälfteanteil der Beklagten an dem oben bezeichneten Grundstück unter lfd. Nr. 2 in Abt. 111 des Grundbuchs zu Gunsten des Klägers eine Sicherungshypothek in Höhe von DM 11.791,94 nebst 4 % Zinsen aus DM 1.642,63 seit dem 10.01.1985 und 4 % Zinsen aus DM 10.149,31 seit dem 01.02.1987 eingetragen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Durch Beschluß des Amtsgerichts Siegburg vom 04.05.1988 - 38 K 66/89 - wurde auf Antrag des Klägers die Zwangsversteigerung des Grundstücks zum Zwecke der Auseinandersetzung der Gemeinschaft zwischen den Parteien angeordnet. Danach wurden am 06.09.1988 auf dem Miteigentumsanteil der Beklagten am Grundstück unter Ifd. Nr. 3 und 4 in Abt. III des Grundbuchs zu Gunsten des Rechtsanwalts H. (lfd. Nr. 3) bzw. der Rechtsanwälte H. und T. (lfd. Nr. 4) im Wege der Zwangsvollstreckung zwei Sicherungshypotheken in Höhe von DM 5.360,48 (lfd. Nr. 3) bzw. DM 10.904,83 (lfd. Nr. 4) - jeweils nebst Zinsen - eingetragen. Gleichfalls am 06.09.1988 wurde dort unter Ifd. Nr. 5 auf dem hälftigen Miteigentumsanteil der Beklagten aufgrund eines Ersuchens der Gerichtskasse Bonn vom 16.08.1988 im Verwaltungszwangsverfahren eine Sicherungshypothek in Höhe von DM 6.576,60 für das Land Nordrhein-Westfalen eingetragen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Im Versteigerungstermin am 03.03.1989 blieb der Kläger mit einem Bargebot von DM 65.000,-- Meistbietender. Ihm wurde durch Beschluß des Amtsgerichts Siegburg vom selben Tage - 38 K 66/89 - das Grundstück für den durch Zahlung zu berichtigenden Betrag von DM 65.000,-- unter der Bedingung zugeschlagen, daß die im Grundbuch unter Ifd. Nr. 1 und 1 a) eingetragenen Grundschulden in Höhe von DM 188.000,-- und DM 62.000,-- bestehen blieben.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Nach einer vom Kläger in Kopie zu den Akten gereichten Bescheinigung der Kreissparkasse L. vom 21.09.1990 (Kopie BI. 339 d.A.) betrug der Sollsaldo auf dem Konto 9XXX am Tage des Zuschlags (03.03.1989) DM 275.765,40. Der im Verteilungstermin am 29.03.1989 verlesene vorläufige Teilungsplan des Amtsgerichts Siegburg sah vor, den nach Abzug der Verfahrens kosten und der Befriedigung einer Forderung der Gemeinde M. (Grundsteuer) verbleibenden "Resterlös in Höhe von DM 61.395,58 gemäß § 112 ZVG auf die Anteile (der beiden Miteigentümer) zu verteilen", "da die Grundstücksanteile unterschiedlich belastet" waren. Die auf den 1/2-Anteil der Beklagten entfallende Hälfte des Resterlöses von (DM 61.395,58 : 2 =) DM 30.697,79 sollte mit DM 12.127,76 auf den Anspruch des Klägers aus dem Recht Abt. III<b> </b>Nr. 2, mit DM 5.663,29 und DM 11.265,90 auf die Ansprüche aus den Rechten Abt. 111 Nr. 3 und 4 sowie mit restlichen DM 1.550,84 auf den Anspruch der Gerichtskasse aus dem Recht Abt. 111 Nr. 5 verteilt werden. Weiter heißt es in dem vorläufigen Teilungsplan: "Der Resterlös von DM 30.697,79 bleibt unverteilt und steht den Eigentümern gemeinsam zu." Nachdem Widerspruch gegen diesen vorläufigen Plan nicht erhoben wurde, erklärte das Amtsgericht</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Siegburg ihn durch Beschluß vom 29.03.1989 für endgültig. Im Protokoll des Verteilungstermins vom 29.03.1989 heißt es sodann: "Der Resterlös in Höhe von DM 30.697,79 steht den Eigentümern Herrn Dr. Dr. O. und Frau P. O. gemeinschaftlich zu. Eine Auseinandersetzung über diesen Betrag konnte nicht herbeigeführt werden, da Frau O. nicht anwesend war. Der Betrag wird bei dem Hinterlegungsgericht Siegburg</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">unter dem Aktenzeichen 53 HL 46/89 hinterlegt für Herrn Dr. Dr. O. und Frau P. O. in Gemeinschaft gem. § 432 BGB. Damit ist der Teilungsplan zur Ausführung gelangt."</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Parteien streiten darüber, wem der hinterlegte Betrag von DM 30.697,79 nebst den aufgelaufenen Hinterlegungszinsen gebührt.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dieser Betrag stehe ihm zu. Unerheblich sei, ob die Beklagte einen Anspruch darauf habe, daß er, der Kläger, im Innenverhältnis der Parteien die durch die Grundschuld gesicherten Verbindlichkeiten allein trage. Denn dies sei eine Frage des Zugewinnausgleichs, über den bereits entschieden sei.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat die Beklagte im schriftlichen Vorverfahren durch Versäumnisurteil vom 13.10.1989 verurteilt, die Zustimmung zu erlkären, daß der unverteilte Resterlös</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">aus dem Teilungsversteigerungsverfahren 38 K 66/89 des Amtsgerichts Siegburg, der in Höhe von DM 30.697,79 bei dem Amtsgericht Siegburg zu 53 HL 46/89 hinterlegt ist,</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">nebst den aufgelaufenen Hinterlegungszinsen an den Kläger ausgezahlt wird.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses ihr am 20.10.1989 zugestellte Versäumnisurteil hat die Beklagte am 21.10.1989 Einspruch eingelegt, den sie nach Verlängerung der Einspruchsbegründungsfrist bis zum 17.11.1989 durch einen am 16.11.1989 bei dem Landgericht eingegangenen Schriftsatz vom selben Tage begründet hat.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 12.01.1990 hat der erstinstanzliche Prozeßbevollmächtigte des Klägers erklärt, der Kläger stelle "hiermit</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">die Beklagte von den Darlehensverpflichtungen frei, zu deren Absicherung die Grundschuld in Abteilung 111 unter Nr. 1 im Grundbuch eingetragen ist".</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat vor dem Landgericht beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">das Versäumnisurteil der Kammer vom 13.10.1989 aufrecht zu erhalten.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">das Versäumnisurteil vom 13.10.1989 aufzuheben und die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Sie hat vorgetragen, die Grundschuld habe zur Sicherung von Darlehen für die Praxis des Klägers sowie für den Praxis-Kontokorrentkredit gedient. Im Innenverhältnis der Parteien habe der Kläger für diese Verbindlichkeiten und die zu ihrer Absicherung auf dem Grundstück lastende Grundschuld alleine einzustehen. In Höhe der Hälfte des</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Betrages der Grundschuld sei der Kläger daher auf ihre, der Beklagten, Kosten rechtsgrundlos bereichert.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Durch Urteil vom 13.02.1990 hat das Landgericht Bonn die Klage unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 13.10.1989 abgewiesen. Es hat ausgeführt, dem Kläger stehe</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">gegen die Beklagte kein Anspruch auf Einwilligung in die Auszahlung des hinterlegten Erlöses an ihn zu. Dieser Erlös, der an die Stelle des Grundstücks getreten sei, sei hier nicht hälftig unter den Parteien als den Miteigentümern aufzuteilen, weil der Kläger im Innenverhältnis zwischen den Parteien allein für die Verbindlichkeiten einzustehen habe, die durch die in Abt. III unter lfd. Nr. 1 eingetragene Grundschuld gesichert seien. Dies ergebe sich aus dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien ebenso wie aus der vom Kläger im Verhandlungstermin abgegebenen Freistellungserklärung.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses ihm am 23.03.1990 zugestellte Urteil hat der Kläger am 21.03.1990 Berufung eingelegt, die er nach Verlängerung der Frist zur Berufungsbegründung bis zum</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">23.05.1990 durch einen an diesem Tage bei Gericht eingegangenen Schriftsatz vom 22.05.1990 begründet hat.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist der Auffassung, dem Amtsgericht Siegburg sei bei der Aufstellung des - im übrigen zutreffenden - Verteilungsplans vom 29.03.1989 insoweit ein Fehler unterlaufen, als es den auf den Kläger entfallenden Erlösanteil zu Unrecht beiden Parteien zugesprochen und für beide Parteien hinterlegt habe. Um diese Rechtsposition sei die Beklagte rechtsgrundlos bereichert. Ein Gegenanspruch stehe der Beklagten nicht zu. Insbesondere ergebe sich ein solcher Gegenanspruch nicht aus § 756 BGB. Dies folge schon daraus, daß die Beklagte nicht bei der Teilung verlangt habe, so gestellt zu werden, als sei nur sein, des Klägers, Hälfteanteil mit der Grundschuld belastet. Die Teilung sei mit Aufstellung des Verteilungsplans, gegen den die Beklagte - wie unstreitig ist -</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">keinen Widerspruch erhoben habe, abgeschlossen gewesen. </p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Der Kläger behauptet, der Sollsaldo des Kontos 9988 resultiere aus Aufwendungen für Umbaumaßnahmen an dem Haus in M.. Diese Maßnahmen hätten insgesamt rund DM</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">310.000,-- gekostet. Davon seien rund DM 70.000,-- für den im Jahre 1978 vorgenommenen Einbau eines Schwimmbades im Untergeschoß des Hauses verwendet worden. Etwa DM 35.000,-- habe der Ende 1978/Anfang 1979 durchgeführte Anbau eines Wintergartens gekostet. Weitere DM 25.000,-seien für den Einbau einer alternativen Heizungsanlage mit Wärmepumpe im Jahre 1980 aufgewandt worden. Die letzte, größte Umbaumaßnahme im Jahre 1983 schließlich habe - einschließlich der Kosten für die damals neu angeschafften Einrichtungsgegenstände - insgesamt ca. DM 180.000,-- gekostet. Alle diese Kosten seien über das Konto Nr. 9XXX - sowie mit den Kreditmitteln aus der Erhöhung des Praxiskredits Nr. 211XXX gemäß dem unter dem 11.04.1983 mit der Kreissparkasse geschlossenen Darlehensvertrag - beglichen<b> </b>worden.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die angefochtene Entscheidung des Landgerichts abzuändern und nach seinem im ersten Rechtszug gestellten Schlußantrag zu erkennen.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">die Berufung des Klägers zurückzuweisen, hilfsweise ihr, der Beklagten, im Falle</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">des vollständigen oder teilweisen Unterliegens nachzulassen, Sicherheiten auch</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">durch die selbtschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank oder Sparkasse zu leisten.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat im Berufungsrechtszug Widerklage erhoben.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Sie beantragt insoweit,</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">den Kläger zu verurteilen, die Zustimmung zu erklären, daß der unverteilte Resterlös aus dem Zwangsversteigerungsverfahren 38 K 66/88 AG Siegburg, der in Höhe von DM 30.697,79 beim Amtsgericht Siegburg zu 53 HL 46/89 hinterlegt ist, nebst den aufgelaufenen Hinterlegungszinsen an sie, die Beklagte, auszuzahlen (ist).</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Der Kläger widerspricht der Zulassung der Widerklage und beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">die Widerklage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist der Auffassung, der hinterlegte Betrag stehe ihr zu. Die Aufhebung einer Bruchteilsgemeinschaft erfolge bei Grundstücken erst durch die Teilung des - nach der Zwangsversteigerung - an die Stelle des Grundstücks tretenden Erlöses. Der Erlös errechne sich aus dem berichtigten Bargebot und den nach der Versteigerung bestehen bleibenden Rechten, so daß er hier wie folgt zu errechnen sei:</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">berichtigter Barerlös DM 61.395,58</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Grundschuld der Kreissparkasse L. DM 188.000,--</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">(Grundbuch Abt. 111 Nr. 1)</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Grundschuld des Beamtenheimstättenwerks <u>DM 62.000,--</u></p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">(Grundbuch Abt. 111 Nr. 1 a)</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">DM 311.395,58.</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Jeder Partei - so führt die Beklagte weiter aus- hätten somit DM 155.697,79 zugestanden, wenn keine Rechte bestehen geblieben wären. Da die Parteien für die Grundschuld Nr. 111/1 a ohne Rücksicht auf die Frage der Valutierung gleichermaßen hafteten, entfielen auf jeden Miteigentumsanteil (DM 155.697,79 - 0; 31.000,-- =) DM 124.697,79. Da der Kläger den Betrag der Grundschuld Nr. 111/1 von DM 188.000,-- alleine zu tragen h8be, werde sein Anteil von DM 124.697,79 aufgezehrt, so daß ihm keine Rechte an dem hinterlegten Erlös zuständen.</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte bestreitet, daß vom Konto Nr. 9XXX ca. DM 310.000,-- in das Haus geflossen seien. Der Negativsaldo dieses Kontos von DM 126.250,99 per 16.10.1984 beruhe</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">vielmehr darauf, daß der Kläger während der Ehe zahlreiche - in der hiermit in Bezug genommenen Aufstellung auf S. 4 und 5 des Schriftsatzes vom 19.11.1990 (BI. 349,</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">350 d.A.) aufgelistete - Anschaffungen im Zusammenhang mit der Zahnarzt-Praxis durchgeführt habe. Darüber hinaus habe er zahlreiche private Anschaffungen über das Konto 9XXX bezahlt. So habe er zweimal je DM 40.000,-- für den Erwerb eines Anteils an Flugzeugen aufgewandt.</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist der Auffassung, letztlich sei unerheblich, ob tatsächlich Gelder vom Konto Nr. 9XXX für das Hausgrundstück verwandt worden seien. Denn der Kläger</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">habe im Rahmen des mit der Scheidung verbundenen Zugewinnausgleichsverfahrens</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">wiederholt betont, daß es sich bei den Verbindlichkeiten gegenüber der Kreissparkasse</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">um seine Schulden gehandelt habe. Zwischen den Parteien habe, so trägt die Beklagte weiter vor, Einigkeit darüber bestanden, daß die Darlehen wie die Grundbelastung im</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">Innenverhältnis vom Kläger allein getragen werden sollten. </p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und der als Anlagen zu diesen Schriftsätzen zu den Akten gereichten Unterlagen sowie auf den Inhalt der Sitzungsniederschriften vom 22.08.1990 (BI. 182 d.A.) und vom 28.11.1990 (BI. 354 f. d.A.) verwiesen. Die hiermit in Bezug genommenen Akten des Versteigerungsverfahrens (38 K 66/88, AG Siegburg) und des Scheidungs- und Zugewinnausgleichsverfahrens (33 F 349/84, AG Siegburg) waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat.</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat dem Kläger durch Beschluß vom 28.11.1990 zur Erwiderung auf den Schriftsatz der Beklagten vom 19.11.1990 Schriftsatznachlaß bis zum 12.12.1990 gewährt. Diese Schriftsatzfrist hat der Senat auf Antrag des Klägers durch Beschluß vom 13.12.1990 bis zum 17.12.1990 verlängert. Mit einem am 28.02.1991 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz vom 27.02.1991 (BI. 368 ff. d.A.), auf den wegen seiner weiteren Einzelheiten verwiesen wird, führt der Kläger u.a. aus, für Belange der Praxis</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">seien dem Konto Nr. 9XXX nur geringe Beträge entnommen worden. In der Zeit vom 06.05.1976 bis zum 07.11.1979 habe die Beklagte für das Konto Nr. 9988 Kontovollmacht gehabt.</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks"><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :</u></p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Landgericht hat zu Recht auf den zulässigen Einspruch der Beklagten das Versäumnisurteil vom 13.10.1989 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Dem Kläger steht der mit der Klage geltend gemachte Anspruch auf Einwilligung in die Auszahlung des bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgericht Siegburg hinterlegten Geldbetrages und der aufgelaufenen Hinterlegungszinsen nicht zu. Vielmehr gebührt dieser Betrag nebst den Zinsen der Beklagten, so daß der Kläger auf ihre zulässige Widerklage zur Einwilligung</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">in die Auszahlung an sie zu verurteilen ist. Im einzelnen gilt Folgendes:</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">Der Zulässigkeit der von der Beklagten erst im Berufungsrechtszug erhobenen Widerklage steht nicht entgegen, daß der Kläger ihrer Zulassung widersprochen hat. Denn</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">nach § 530 Abs. 1 ZPO ist die Erhebung einer Widerklage in der Berufungsinstanz auch ohne Einwilligung des Prozeßgegners dann zuzulassen, wenn das Berufungsgericht</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">die Geltendmachung des mit ihr verfolgten Anspruchs in dem anhängigen Verfahren für sachdienlich hält. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt: Die Streitgegenstände von Klage und Widerklage stimmen überein. Die Parteien streiten allein darum, wer von ihnen vom jeweils anderen die Einwilligung in die Auszahlung des hinterlegten Betrages verlangen kann. Zur Entscheidung über die Widerklage müssen keine anderen Feststellungen getroffen werden, als bereits zur Entscheidung über die Klage erforderlich sind. Es entspricht daher dem Grundsatz der Prozeßwirtschaftlichkeit, daß in dem bereits anhängigen Verfahren auch über den mit der Widerklage geltend gemachten Anspruch entschieden wird. Hierdurch wird der Notwendigkeit eines weiteren Rechtsstreits zwischen</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">den Parteien über dieselbe Frage vorgebeugt. Schutzwürdige Interessen des Klägers werden durch die Zulassung der Widerklage nicht berührt, zumal da der Entscheidung</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">über die Widerklage derselbe Streitstoff zugrunde liegt wie der Entscheidung über die von ihm erhobenen Klage.</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">Der Beklagten steht gegen den Kläger ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB (Nichtleistungskondiktion ; Bereicherung "in sonstiger Weise") auf Einwilligung in die Auszahlung des bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts Siegburg hinterlegten Betrages zu. Der Resterlös von DM 30.697,79 ist dort vom Vollstreckungsgericht zu Gunsten beider Parteien hinterlegt worden. Nach § 12 Hinterl0 bedarf die Herausgabe des hinterlegten Betrages an eine der Parteien einer Verfügung der Hinterlegungsstelle.</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">Diese Verfügung ergeht nach § 13 Abs. 1 HinterlO nur, wenn die Berechtigung des Empfängers nachgewiesen ist. Dieser Nachweis verlangt nach § 13 Abs. 2 HinterlO,</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">daß die übrigen Beteiligten die Herausgabe an den Empfänger bewilligt haben oder daß die Berechtigung des Empfängers mit Wirkung gegen die übrigen Beteiligten schriftlich</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">festgestellt ist. Diese auf der Regelung des § 13 Abs. 2 HinterlO beruhende Rechtsstellung hat der Kläger mit der Hinterlegung des Geldbetrages durch das Vollstreckungsgericht erlangt. Um sie ist er auf Kosten der Beklagten rechtsgrundlos bereichert, weil der hinterlegte Betrag der Beklagten und nicht dem Kläger gebührt. Die Herausgabe der rechtsgrundlos auf Kosten der anderen Seite erlangten "Blockierstellung" aus § 13 Abs. 2 HinterlO erfolgt durch Freigabe der Hinterlegungssumme (vgl. BGH NJW 1970, 463; BGH NJW 1972, 1045; BGH NJW 1981, 1505; BGH NJW-RR 1989, 173, 174; Palandt/Thomas, BGB, 50. Aufl ~ 1991, § 812, Rdn. 22; Soergel/Mühl, BGB, 11. Aufl. 1985, § 812, Rdn. 247). Der Beklagte ist daher Abgabe dieser Freigabeerklärung verpflichtet. Der auf Einwilligung in die Auszahlung gerichtete Freigabeanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB umfaßt auch die aufgelaufenen Hinterlegungszinsen nach § 8 HinterlO (vgl. BGH NJW-RR 1989, 173, <u>174</u>).</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">Der hinterlegte Betrag von DM 30.697,79 gebührt der Beklagten, weil sie von dem Kläger gemäß § 756 Satz 1 BGB die Befreiung von der Belastung durch die unter lfd. Nr.</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">1 in Abt. III eingetragenen Grundschuld verlangen konnte. Dieses Freistellungsverlangen hat die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit mit dem Antrag auf Klageabweisung -und dem Widerklageantrag- zum Ausdruck gebracht. Sie hat damit beansprucht, so gestellt zu werden, als habe diese Grundschuld allein auf dem Hälfteanteil des Klägers</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">an dem Grundstück gelastet. </p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">Die Parteien waren als hälftige Miteigentümer des Grundstücks Beteiligte einer Gemeinschaft nach Bruchteilen im Sinne von §§ 741 ff. BGB. Wenn ein Teilhaber einer</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">solchen Gemeinschaft gegen einen"anderen Teilhaber eine Forderung hat, die sich auf die Gemeinschaft gründet, so kann er nach § 756 Satz 1 BGB bei der Aufhebung der</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">Gemeinschaft von dem anderen die Berichtigung dieser Forderung aus dem auf den anderen Beteiligten entfallenden Teil des gemeinschaftlichen Gegenstandes verlangen.</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">Dieses hier auf die Berücksichtigung der Grundschuld allein beim Erlösanteil des Klägers gerichtete Verlangen hat die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit und damit entgegen der Auffassung des Klägers noch - wie nach § 756 Satz 1 BGB erforderlich - "bei der Aufhebung der Gemeinschaft" gestellt.</p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">Die Gemeinschaft der Parteien ist weder durch den Zuschlag vom 03.03.1989 noch durch den Beschluß des Vollstreckungsgerichts vom 29.03.1989 aufgehoben worden,</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">mit dem dieses Gericht den von ihm entworfenen vorläufigen Teilungsplan für endgültig erklärt hat. Nach § 753 Abs. 1 BGB erfolgt, wenn eine Teilung in Natur – wie hier - ausscheidet, die Teilung eines gemeinschaftlichen Grundstücks durch Zwangsversteigerung nach §§ 180 ff. ZVG und durch Teilung des Erlöses. Die Gemeinschaft endet mithin nicht mit der Erteilung des Zuschlages, durch den das Eigentum an dem bisherigen gemeinschaftlichen Grundstück gemäß §§ 90 Abs. 1, 180 Abs. 1 ZVG auf den Ersteher übergeht. Vielmehr setzt sich die Gemeinschaft nach der Erteilung des Zuschlags an</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">dem Erlös fort, der im Wege dinglicher Surrogation an die Stelle des bisherigen gemeinschaftlichen Gegenstandes tritt (vgl. BGH NJW 1983, 2449, <u>2451</u>; BGH NJW 1984,</p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">2527, <u>2528</u>; Palandt/Thomas, a.a.O., § 753, Rdn. 5; K. Schmidt in: Münchener Kommentar zum BGB, 2. Aufl. 1986, § 741, Rdn. 36, § 753, Rdn. 30; Zeller/Stöber, ZVG, 13.</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks">Aufl. 1989, § 180, Anm. 17.5).</p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Gemeinschaft der Parteien auch nicht durch den Beschluß des Amtsgerichts Siegburg vom 29.03.1989 aufgehoben worden. Dies ergibt sich bereits daraus, daß das Vollstreckungsgericht den hier streitigen Betrag von DM 30.697,79 nicht verteilt, sondern beschlossen hat, ihn zu Gunsten beider Parteien zu hinterlegen. Die Auseinandersetzung unter den Parteien war auch - darauf hat der Senat bereits im Beschluß vom 22.08.1990 hingewiesen – nicht Aufgabe des Vollstreckungsgerichts. Zwar kann es sich daraum bemühen, eine<b> </b>Einigung zwischen den früheren Miteigentümern über aie Verteilung des Erlöses herbeizuführen (vgl. Dassler/Schiffhauer, ZVG, 12. Aufl. 1991, § 180, Rdn. 100; Soergel/Hadding, 8.8.0, § 753, Rdn. 2; Zeller/Stöber, 8.8.0., § 180, Anm. 17.8, lit. c). Kommt eine solche einvernehmliche Regelung indes nicht zustande, weil sich die Beteiligten nicht einigen können oder - wie im Streitfall - nicht alle früheren Miteigentümer am Verteilungstermin teilnehmen, so ist über die Aufteilung des Erlösüberschusses unter den bisherigen Miteigentümern nicht in dem vom Vollstreckungsgericht aufzustellenden Verteilungsplan zu befinden. Es gilt</p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks">hier nichts anderes als im Fall, daß bei der Zwangsversteigerung des Grundstücks aufgrund des Vollstreckungsauftrages eines Dritten ein Übererlös erzielt wird (vgl. hierzu: Dassler/Schiffhauer, a.a.O., § 109, Rdn. 17; Zeller/Stöber, a.a.O., § 114, Anm. 10.1 und 10.2): Der nach Zuteilung auf die Ansprüche der Schuldenmasse verbleibene, den bisherigen Miteigentümern gebührende Erlösüberschuß wird nicht verteilt. Er ist an die bisherigen Miteigentümer gemeinsam auszuzahlen oder – wenn diese nich nicht auf eine Aufteilung einigen – nach §§ 117 Abs. 2 Satz 3, 180 Abs. 1 ZVG zu hinterlegen (vgl. Dassler/Schiffhauer, a.a.O., § 180, Rdn. 99; Soergel/Hadding, a.a.O.; Zeller/Stöber, a.a.O., § 114, Anm. 10.4, § 180, Anm. 17.5, 17.7, 17.8). Ensprechend ist das Vollstreckungsgericht im Streitfall verfahren. Die Frage, welchem von mehreren Miteigentümern der Erlösüberschuß - ggfls. zu welchem Anteil - gebührt, beurteilt sich nach den zwischen ihnen bestehenden schuldrechtlichen Beziehungen. Der Streit hierüber ist nicht vom Vollstreckungsgericht im Verteilungsverfahren, sondern vom Prozeßgericht zu entscheiden (vgl. BGH WM 1984, 582, 583; OLG Köln, MDR 1974, 240; Dassler/Schiffhauer, a.a.O., § 180, Rdn. 99; K. Schmidt in: Münch.Komm" a.a.O., § 753, Rdn. 28 mit weit. Nachw. in Fußn. 82; Soergel/Hadding, a.a.O.; Zeller/Stöber, a.a.O., § 180, Anm. 17.8, lit. a mit weit. Nachw.). Da die Aufteilung des Erlöses unter den Parteien nicht Gegenstand des Verteilungsplanes vom 29.03.1989 war, ist es für die Beurteilung des Streitfalls somit ohne Belang, daß die Beklagte – ebenso wie der Kläger - diesem Verteilungsplan nicht widersprochen haben.</p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">Das Verlangen der Beklagten nach § 756 Satz 1 BGB ist im Streitfall somit noch "bei der Aufhebung der Gemeinschaft" gestellt. Die Forderung des Miteigentümers, auf die sich dieses Verlangen gründet, braucht nicht unmittelbar auf Geld gerichtet zu sein (vgl. v. Gamm in: RGRK zum 'BGB, 12. Aufl. 1978, § 756, Rdn. 1). Vielmehr genügt hierfür ein Befreiungsanspruch. Hat ein Miteigentümer auch seinen Anteil an dem gemeinschaftlichen Grundstück zur Belastung mit einem dinglichen Recht zur Verfügung gestellt, das der Absicherung einer allein gegen den anderen Teilhaber gerichteten persönlichen Forderung dient, so folgt hieraus ein gegen den anderen Teil gerichteter gemeinschaftsrechtlicher Befreiungsanspruch, bei der Aufhebung der Gemeinschaft so behandelt zu werden, als sei allein der Anteil des anderen mit dem der Besicherung seiner Schuld dienenden Grundpfandrecht belastet gewesen. Dies hat das Reichsgericht in</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks">der von den Parteien diskutierten unveröffentlichten Entscheidung vom 10.10.1906 (I 136/06, zit. nach v. Gamm, a.a.O.) ausgesprochen. Das Schrifttum hat sich dem angeschlossen (vgl. v. Gamm, a.a.O.; K. Schmidt, a.a.O., §§ 755,756, Rdn. 13; Staudinger/Huber, BGB, 12. Aufl. 1986, § 756, Rdn. 4). Der Senat sieht keinen Grund, hiervon</p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">abzweichen: Die Regelung des § 756 Satz 1 BGB beruht auf dem Gedanken, daß es der Billigkeit entspricht, bei der Aufhebung der Gemeinschaft im Gemeinschaftsverhältnis wurzelnde Forderungen aus dem Anteil des schuldenden Teilhabers zu begleichen (vgl. Erman/ Adelhold , BGB, 8. Aufl. 1989, § 756, Rdn. 1)<b>. </b>Dieser Gesichtspunkt greift auch bei der hier gegebenen Fallgestaltung ein: Die Belastung des Grundstücks mit einem Grundpfandrecht mindert den bei der Teilungsversteigerung zu erzielenden Erlös. Es entspricht daher der Billigkeit, dies dann, wenn die Belastung der Absicherung der persönlichen Schuld eines der Beteiligten dient, auch bei der Erlösverteilung zu seinen Lasten zu berücksichtigen. Die zitierte Entscheidung des "Reichsgerichts steht auch – darauf hat v. Gamm (a.a.O.) hingewiesen - im Einklang mit der Wertung, die dem in WM 1966, 577 ff. veröffentlichten Urteil des Bundesgerichtshofs vom 03.02.1966 zugrunde</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks">liegt. Der Bundesgerichtshof hat hier ausgesprochen, daß dann, wenn der ideelle Anteil eines von dem bisherigen Alleineigentümer belasteten Grundstücks veräussert und hierbei eine Vereinbarung getroffen wird, wer die Belastung im Innenverhältnis zu tragen hat, der aufgrund dieser Absprache forderungsberechtigte Teilhaber bei der Aufhebung der Gemeinschaft nach § 756 BGB die Berichtigung seiner Forderung (auf Befreiung von der gemeinschaftlichen Belastung) aus dem auf den Schuldner entfallenden Teil des gemeinsamen Gegenstandes verlangen kann.</p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">Der Hinweis des Klägers auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 19.10.1988 (RPfleger 1989, 120 = NJW-RR 1989, 173 ff.) rechtfertigt keine andere Beurteilung. Der Bundesgerichtshof hat hier ausgesprochen, daß dann, wenn bei der Teilungsversteigerung eines im hälftigen Miteigentum von zwei Personen stehenden Grundstücks der Ersteher eine auf dem Grundstück lastende, nur teilweise valutierte Grundschuld als bestehenbleibendes Recht übernimmt und sodann in voller Höhe - einschließlich des</p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks">nicht valutierten Teils - ablöst,<b> </b>der hieraus resultierende Übererlös (Anspruch gegen den Sicherungsnehmer auf Auskehrung der auf den nicht valutierten Teil entfallenden</p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks">Zahlung des Erwerbers) den früheren Miteigentümern je zur Hälfte zusteht. Dem schließt sich der erkennende Senat an. Der Streitfall ist indes anders gelagert. Hier geht es nicht um die Aufteilung einer nicht valutierten "freien Spitze", durch die der Anspruch der Miteigentümer auf die Hälfte des Erlöses zunächst nur scheinbar und im wirtschaftlichen Ergebnis nicht gemindert worden ist. </p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks">Vielmehr war die hier in Rede stehende - in Abt. 111 unter lfd. Nr. 1 eingetragene - Grundschuld im Zeitpunkt des Zuschlages voll, und zwar durch eine nur gegen einen der beiden Miteigentümer, nämlich den Kläger, gerichtete Forderung, valutiert: Unstreitig waren die zunächst zum Zweck des Erwerbs des Hausgrundstücks aufgenommenen, durch diese Grundschuld gesicherten Kreditverpflichtungen im Zeitpunkt der Durchführung des Teilungsversteigerungsverfahrens bereits getilgt. Die Grundschuld war</p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks">indes in voller Höhe durch den auf dem Konto Nr. 9XXX eingeräumten Kredit valutiert. Unstreitig betrug der Soll-Saldo auf diesem Konto am Tage des Zuschlags, dem</p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks">03.03.1989, DM 275.765,40. Schuldner dieser durch das Grundpfandrecht in Abt. III Nr. 1 in Höhe von DM 188.000,-gesicherten Forderung war allein der Kläger. Dies gilt</p>
<span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks">unabhängig von der zwischen den Parteien streitigen Frage, zu welchen Zwecken die Kreditmittel im einzelnen verwendet worden sind. Denn unstreitig war Inhaber des</p>
<span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks">Kontos Nr. 9XXX bei der Kreissparkasse allein der Kläger, nicht die Beklagte. Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Ausgleich von ihm während der Ehe aus</p>
<span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks">diesen Kreditmitteln geleisteten Zahlungen ist weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich. Insbesondere ergibt sich ein solcher Anspruch nicht aus dem Umstand, daß die Beklagte in den ersten Jahren der Ehe, bis 1979, Kontovollmacht besessen haben mag. Auf die entsprechende Behauptung im Schriftsatz des Klägers vom 27.02.1991,</p>
<span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks">den der Senat trotz der Überschreitung der Schriftsatzfrist gemäß §§ 283 Satz 2, 523 ZPO berücksichtigt, kommt es deshalb hier nicht an. Der Kläger muß sich vielmehr bei</p>
<span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks">der Auseinandersetzung nach dem oben Gesagten so behandeln lassen, als wäre allein sein Hälfteanteil an dem Grundstück mit der Grundschuld in Höhe von DM 188.000,-belastet gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks">Eine ungleiche Belastung der Miteigentumsanteile ist bei der Zwangsversteigerung zur Aufhebung der Gemeinschaft nach § 182 Abs. 2 ZVG an sich in der Weise zu berücksichtigen, daß sich das geringste Gebot um den zur Ausgleichung unter den Miteigentümern erforderlichen Betrag erhöht (vgl. BGH FarmRZ 1983, 797, 799). Das ist hier - soweit die Belastung mit der Grundschuld in Abt. III Nr. 1 in Höhe von DM 188.000,-- in Rede steht - unterblieben, weil diese Belastung im Außenverhältnis beide Parteien getroffen hat und der Kläger sich nur im Innenverhältnis zur Beklagten so behandeln lassen muß, als wäre allein sein Hälfteanteil mit der Grundschuld belastet gewesen. Dies steht der Berücksichtigung der Belastung indes nicht entgegen. Vielmehr ist in einem solchen Fall der - fiktiv – unterschiedlichen Belastung in gleicher Weise bei der Verteilung des Erlöses Rechnung zu tragen wie in dem Fall, daß die Erhöhung nach § 182 Abs. 2 ZVG versehentlich unterblieben ist (vgl. hierzu BGH FamRZ 1983, 797, <u>799</u>).</p>
<span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks">Der Erlös errechnet sich nach §§ 52, 91 ZVG aus dem berichtigten Bargebot und den nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleibenden Rechten (vgl. BGH NJW-RR 1986, 233, 234). Die Übernahme der Belastung stellt einen Teil der Gegenleistung des Erstehers dar. Deshalb ist insoweit - bei gleicher Belastung der Miteigentumsanteile</p>
<span class="absatzRechts">124</span><p class="absatzLinks">- auch dann kein Erlös zu verteilen, wenn einer der Miteigentümer das Grundstück ersteigert hat. Eine unterschiedliche Belastung der Anteile ist dagegen in einem solchen Fall bei der Erlösverteilung zu berücksichtigen (vgl. BGH a.a.O.). Da im Streitfall die - im</p>
<span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks">Innenverhältnis der Parteien - als Belastung allein des Hälfteanteils des Klägers zu berücksichtigende Grundschuld in Abt. 111 Nr. 1 den Wert der allein zu ihren Lasten zu berücksichtigenden Belastungen in Abt. 111 Nr. 2, 3, 4 und 5 zuzüglich des zu Gunsten der Parteien hinterlegten Mehrerlöses um ein Mehrfaches übersteigt, gebührt dieser Erlös im Innenverhältnis allein der Beklagten. Die Widerklage ist deshalb begründet.</p>
<span class="absatzRechts">126</span><p class="absatzLinks">Hieraus folgt zugleich, daß die Beklagte durch die auch zu ihren Gunsten erfolgte Hinterlegung des Betrages von DM 30.697,79 nicht rechtsgrundlos auf Kosten des Klägers</p>
<span class="absatzRechts">127</span><p class="absatzLinks">bereichert ist, so daß sich die Klage als unbegründet erweist.</p>
<span class="absatzRechts">128</span><p class="absatzLinks">Mit dieser Entscheidung setzt sich der Senat nicht in Widerspruch zu dem Urteil des Familiengerichts vom 19.11.1987 zur Frage des Zugewinnausgleichs unter den Parteien. Ein Widerspruch zur - allein in Rechtskraft erwachsenen - Entscheidungsformel des familiengerichtlichen Urteils besteht bereits deshalb nicht, weil der Streitgegenstand</p>
<span class="absatzRechts">129</span><p class="absatzLinks">des vorliegden Verfahrens ein anderer ist. Aber auch zur Begründung des Urteils vom 19.11.1987 besteht kein Widerspruch. Im Gegenteil: Wie die Ausführungen des Familiengerichts zur Berechnung des Endvermögens der Parteien zeigen, ist der Schuldsaldo von - zum Stichtag 16.10.1984 - DM 126.250,99 auf dem Konto Nr. 9988 allein als Verbindlichkeit des Klägers berücksichtigt worden. Darauf, daß es sich bei der Verbindlichkeit aus dieser Kontoverbindung zur Kreissparkasse allein um eine Schuld</p>
<span class="absatzRechts">130</span><p class="absatzLinks">des Klägers handelt, beruht auch die vorliegende Entscheidung des Senats.</p>
<span class="absatzRechts">131</span><p class="absatzLinks">Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO (Kosten), §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO (vorläufige Vollstreckbarkeit) und §§ 546 Abs. 2 ZPO (Festsetzung des Wertes der Beschwer). Der Wert der Beschwer des Klägers entspricht dem bei der Hinterlegungsstelle hinterlegten Betrag ohne Zinsen. Sie ist nichts deshalb zu verdoppeln, weil der Kläger zur Klage und zur Widerklage unterliegt. Zwar gilt das Additionsverbot des § 5,2. Halbs. ZPO nicht für die Berechnung des Beschwerdewerts (vgl. Zöller/Schneider, ZPO, 16. Aufl. 1990, § 5, Rdn. 2). Indes ist der Wert von Klage</p>
<span class="absatzRechts">132</span><p class="absatzLinks">und Widerklage zur Berechnung der Beschwer dann nicht zu addieren, wenn - wie hier - die beiderseits geltend gemachten Ansprüche wirtschaftlich. identisch sind (vgl. Zöller/Schneider, a.a.O., § 5, Rdn. 8): Der Kläger wird dadurch, daß die Hinterlegungssumme nicht ihm, sondern der Beklagten zugesprochen wird, nur in einfacher, nicht</p>
<span class="absatzRechts">133</span><p class="absatzLinks">in doppelter Höhe des hinterlegten Betrages beschwert.</p>
<span class="absatzRechts">134</span><p class="absatzLinks"><u>Berufungsstreitwert </u>DM 30.697,79 (§ 19 Abs. 1 Satz 1 GKG)</p>
|
314,963 | olgk-1991-03-26-2-ws-14191 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 2 Ws 141/91 | 1991-03-26T00:00:00 | 2019-03-13T14:42:40 | 2022-10-18T15:09:24 | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1991:0326.2WS141.91.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>1. Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.</p>
<p></p>
<p>2. Zum Pflichtverteidiger des Beschwerdeführers wird Rechtsanwalt H. aus A. bestellt.</p>
<p></p>
<p>3. Die Kosten der sofortigen Beschwerde und die dem Beschwerdeführer insoweit entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht Aachen hat den Beschwerdeführer am 1. Oktober 1990 wegen Sachbeschädigung in Tateinheit mit versuchter Nötigung zu einer Geldstrafe von neunzig Tagessätzen zu je 15,- DM verurteilt. Dieser hat dagegen durch seinen Verteidiger am 8. Oktober 1990 (Eingang) Berufung eingelegt. Mit Schriftsatz vom 4. Januar 1991 hat der Verteidiger namens und im Auftrag seines Mandanten beantragt, ihn dem Angeklagten als Pflichtverteidiger beizuordnen. Diesen Antrag hat die für die Entscheidung Ober die Berufung zuständige 1. kleine Strafkammer des Landgerichts Aachen am 5. Februar 1991 zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde des Angeklagten vom 11. Februar 1991 (Eingang).</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Bestellung von Rechtsanwalt H. zum Pflichtverteidiger des Beschwerdeführers.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Zulässigkeit der Beschwerde ergibt sich aus § 304 Abs. 1 StPO. Die Vorschrift des § 305 Satz 1 StPO steht der Anfechtung der vom Vorsitzenden des erkennenden Gerichts außerhalb der Hauptverhandlung getroffenen Entscheidung nicht entgegen (SenE vom 21. August 1990 - 2 Ws 401/90 - in StV 1991, 9 ff. m.w.N., OLG Hamm MDR 1990, 461).</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">In der Sache ist die Beschwerde gerechtfertigt, weil wegen der Schwierigkeit der Sachlage die Mitwirkung eines Verteidiger geboten erscheint (§ 140 Abs. 2 StPO).</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Allerdings ist der Senat mit der Strafkammer der Auffassung, daß diese Notwendigkeit nicht allein schon deswegen gegeben ist, weil der Beschwerdeführer, der aus Zaire stammt, einem fremden Kulturkreis angehört.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Denn die gegen ihn erhobenen Vorwürfe an sich sind in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht einfach gelagert (und der Beschwerdeführer hat sich auch nur damit verteidigt, er habe mit der ganzen Sache nichts zu tun).</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Auch mit ihrer Auffassung, allein die Tatsache, daß ein Beschuldigter der deutschen Sprache nicht mächtig sei, mache nicht stets die Mitwirkung eines Verteidigers erforderlich, befindet sich die Strafkammer in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats (zuletzt: SenE vom 5. Februar 1991 - 2 Ws 67/91 - mit eingehender Begründung). Zwar bestimmt Artikel 6 Abs. 3 lit. c MRK, daß jeder Angeklagte das Recht hat, unentgeltlich den Beistand eines Pflichtverteidigers zu erhalten, wenn er nicht über die Mittel zur Bezahlung eines Verteidigers verfügt. Daraus kann aber nicht hergeleitet werden, daß grundsätzlich ein Anspruch auf kostenfreie Verteidigung besteht. Ein solcher Anspruch ist erst dann gegeben, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich erscheint (Art. 6 Abs. 3 lit. c). Das bedeutet, daß die Notwendigkeit der Verteidigung im Sinne von § 140 Abs. 2 StPO aufgrund einer Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalles zu beurteilen ist.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Bestellung eines Pflichtverteidigers ist hier aber deswegen geboten, weil gemäß § 147 Abs. 1 StPO nur der Verteidiger befugt ist, die Akten einzusehen. Zwar erscheint deswegen die Mitwirkung eines Verteidigers nicht in allen Fällen notwendig; sie ist aber dann erforderlich, wenn die Hauptverhandlung ohne genaue Kenntnis des Akteninhalts nicht umfaßend vorbereitet werden kann (Laufhütte in Karlsruher Kommentar, 2. Aufl., StPO, § 140 Rnr. 22; Kleinknecht/Meyer, StPO, 39. Aufl., § 140 Rnr. 27; BGH JR 1955, 189 f; OLG Hamm MDR 1988, 340; OLG Celle StrV 1983, 187; Oellerich StrV 1981, 434, 437).</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">So ist es hier. Der geschädigte Zeuge P. C. hat außer den drei Angeklagten weitere 14 Personen (9 männliche und 5 weibliche) als Beteiligte benannt, von denen sich nach seinen Angaben 9 "besonders hervorgetan und die Stimmung eingeheizt haben". Diese haben, soweit sie zur polizeilichen Vernehmung überhaupt erschienen sind, eine Beteiligung bestritten oder wollen (M. I.) nicht dabei gewesen sein. Nur durch Einsichtnahme in die Akten kann festgestellt werden, ob und ggfls. welche als Beteiligte benannte Personen zur Hauptverhandlung geladen werden müssen, um die Verläßlichkeit des einzigen Belastungszeugen zu überprüfen. Das kann nur durch einen Verteidiger geschehen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 467 StPO.</p>
|
314,964 | ag-dusseldorf-1991-03-25-29-c-1492290 | {
"id": 653,
"name": "Amtsgericht Düsseldorf",
"slug": "ag-dusseldorf",
"city": 413,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 29 C 14922/90 | 1991-03-25T00:00:00 | 2019-03-13T14:42:42 | 2022-10-18T15:09:24 | Urteil | ECLI:DE:AGD:1991:0325.29C14922.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>hat das Amtsgericht Düsseldorf</p>
<p>auf die mündliche Verhandlung vom 4.3.1991</p>
<p>durch den Richter X</p>
<p></p>
<p>für R e c h t erkannt:</p>
<p></p>
<p> Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p> Die Kosten des Rechtsstreits werden der </p>
<p> Klägerin auferlegt.</p>
<p></p>
<p> Das Urteil ist für den Beklagten wegen seiner Kosten </p>
<p> vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>T a t b e s t a n d </b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin nimmt den Beklagten aus abgetretenem Recht auf Zahlung eines Restbetrages von 117,77 DM aus der Liquidation des Zahnarztes Dr. X vom 14.2.1990 über insgesamt 1.039,67 DM in Anspruch. Gegenstand der vorerwähnten Liquidation sind zahnärztliche Behandlungsleistungen in der Zeit vom 4.12.1989 bis 13.2.1990.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">den Beklagten zu verurteilen, an sie 117,77 DM nebst 9,5 % Zinsen</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">sowie 19,20 DM vorgerichtliche Kosten zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Er macht geltend, diverse Rechnungspositionen im Gesamtbetrag von 182,67 DM seien entgegen den Vorschriften der GOZ, daher zu Unrecht, berechnet worden.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks"><b>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e </b></p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks"><b> I.</b></p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung restlicher 117,77 DM aus der Liquidation des Dr. X vom 15.2.1990 nicht zu. Zu Recht wendet der Beklagte ein, dass die vorgenannte Liquidation wegen eines Betrages von - mindestens - 117,77 DM Abrechnungspositionen enthält, die nach den Vorschriften der GOZ nicht ansatzfähig sind. Die Liquidation weist insgesamt 12 x die Position 203 der GOZ zu je 16,44 DM aus. Zutreffend hätte diese Position lediglich 4 x abgerechnet werden dürfen. Das ergibt sich aus dem Leistungsinhalt der Position 203, wonach für besondere Maßnahmen beim Präparieren und Füllen von Kavitäten je Kieferhälfte oder Frontzahnbereich eine Gebühr von 7,15 DM - bei Anwendung des 2,3 - fachen Gebührensatzes: 16,44 DM - abgerechnet werden. Obwohl sich also die besonderen Maßnahmen immer auf den einzelnen Zahn oder die Kavität beziehen, lässt der Leistungsinhalt ihre Berechnung nur je Kieferhälfte oder Frontzahnbereich zu. Nur wenn besondere Maßnahmen in verschiedenen Kieferhälften durchgeführt werden, sind mehrere dieser Leistungen je Sitzung zu berechnen. Das trifft vorliegend nicht zu, weil in den Sitzungen vom 9.1.1990 (11, 12, 13) , 16.1.1990 (21, 22, 23, 24) , 24.1.1990 43, 44) und 13.2.1990 (33, 34) jeweils nur eine Kieferhälfte von besonderen Maßnahmen betroffen gewesen ist. In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob die Auffassung des Beklagten zutrifft, aus der Verwendung des Begriffs "besondere Maßnahmen" in der Mehrzahl ergebe sich, dass die Gebühr gemäß § 203 auch für mehrere Arten von besonderen Maßnahmen insgesamt nur einmal ansatzfähig ist. Hiergegen spricht, dass der Verordnungsgeber die Leistungsbeschreibung des BEMA übernommen, allerdings dem Zusatz "je Sitzung" fallengelassen hat, woraus geschlossen werden kann, dass besondere Maßnahmen nach Ziffer 203 auch mehrmals pro Sitzung im gleichen Gebiet anfallen können. Letztlich kommt es hierauf jedoch nicht an, da die Klägerin nicht dargelegt hat, dass in diesem Sinne mehrere besondere Maßnahmen je Sitzung in ein und derselben Kiefernhälfte angefallen sind. </p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Insgesamt ist damit die Liquidation um einen Betrag von 131,52 DM zu kürzen. Da diese Summe bereits die Klageforderung übersteigt, bedarf es keiner Erörterung mehr, ob die Liquidation auch in weiteren Punkten nicht den Vorschriften der GOZ entspricht.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks"><b> II.</b></p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 713 ZPO.</p>
|
314,965 | olgham-1991-03-22-12-uf-21090 | {
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"name": "Oberlandesgericht Hamm",
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} | 12 UF 210/90 | 1991-03-22T00:00:00 | 2019-03-13T14:42:43 | 2022-10-18T15:09:24 | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1991:0322.12UF210.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Antragstellers und die Berufung der Antragsgegnerin wird - unter Zurückweisung beider Rechtsmittel im übrigen - das am 25. April 1990 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Lünen im Ausspruch zu Ziffer III 2) bis 4) betreffend den nachehelichen Unterhalt für die Antragsgegnerin abgeändert und wie folgt neu gefaßt:</p>
<p></p>
<p>Der Antragsteller wird verurteilt, an die Antragsgegnerin ab 01. Januar 1991 folgenden Unterhalt, den zukünftigen im voraus jeweils bis zum dritten Werktag eines Monats, zu zahlen:</p>
<p></p>
<p>Elementarunterhalt in monatlicher Höhe von 1.612,00 DM,</p>
<p>Altersvorsorgeunterhalt in monatlicher Höhe von 441,00 DM,</p>
<p>Krankenvorsorgeunterhalt in monatlicher Höhe von 70,00 DM.</p>
<p></p>
<p>Die weitergehende Unterhaltsklage der Antragsgegnerin wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des zweiten Rechtszuges werden gegeneinander aufgehoben. Bezüglich der Kosten des ersten Rechtszuges verbleibt es bei der Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Tatbestand:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der am 28.02.1949 geborene Antragsteller und die am 30.03.1950 geborene Antragsgegnerin schlossen am 24.02.1972 in XXX die Ehe miteinander, aus der am 25.09.1972 der Sohn XXX<i> </i>hervorging. Im Jahre 1973 kehrten sie in die Bundesrepublik Deutschland zurück, wo sich der Antragsteller, damals ein technischer Zeichner, in der Zeit vom 01.04.1975 bis zum 19.09.1976 auf das Abitur vorbereitete und anschließend bis zum 02.07.1982 Zahnmedizin studierte. Während dieses Studiums war die Antragsgegnerin, eine Arzthelferin, in der Krankenpflege, vornehmlich durch Nachtwachen, erwerbstätig. Am 01.10.1984 ließ sich der Antragsteller als selbständiger Zahnarzt nieder und betrieb mit einem Kollegen bis zum 30.06.1988 eine Gemeinschaftspraxis. Seit dem 01.07.1988 betreibt der Antragsteller mit Ausnahme des zahntechnischen Labors, das weiterhin gemeinsam mit dem früheren Kollegen fortgeführt wird, allein seine Zahnarztpraxis.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 13.04.1987 ließ die Antragsgegnerin durch die von ihr konsultierten Rechtsanwälte dem Antragsteller mitteilen, daß sie sich wegen der Schwierigkeiten in der Ehe in Kürze von ihm trennen werde, um die Scheidung herbeizuführen. Am 01.12.1987 zog die Antragsgegnerin erstmals aus der Ehewohnung aus; im Frühjahr 1988 wurde die Trennung endgültig vollzogen. Am 10.11.1988 wurde der Scheidungsantrag des Antragstellers der Antragsgegnerin zugestellt.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Mit Anwaltschreiben vom 25.04.1988 forderte die Antragsgegnerin den Antragsteller auf, für sie und für das bei ihr lebende Kind XXX Unterhalt zu zahlen. Durch notarielle Urkunde vom 14.09.1988 verpflichtete sich der Antragsteller, für das gemeinsame Kind einen monatlichen Unterhalt von 660,00 DM zu leisten. Die Antragsgegnerin nahm am 15.12.1989 eine Teilzeitarbeit als nebenberufliche Mitarbeiterin der XXX mit maximal 31 Arbeitsstunden Monat auf. In der Zeit vom 11.09. bis 10.12.1990 absolvierte XXX einen Lehrgang an der XXX in XXX zur Berufsausbildung in medizinischer Fußpflege. Seit dem 01.02.1991 betreibt die Antragsgegnerin als angemeldetes Gewerbe die Tätigkeit einer medizinischen Fußpflegerin.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Im Rahmen des Scheidungsverbundverfahrens hat die Antragsgegnerin - neben einem monatlichen Unterhalt für XXX in Höhe von 860,00 DM - nachehelichen Unterhalt in monatlicher Höhe von insgesamt 7.727,82 DM geltend gemacht. Diesem Unterhaltsbegehren ist der Antragsteller entgegengetreten. Nach Einholung eines Gutachtens beim Sachverständigen XXX über die Höhe der unterhaltsrechtlich relevanten Einkünfte des Antragstellers hat das Amtsgericht durch Verbundurteil vom 25.04.1990 die Ehe der Parteien geschieden, die elterliche Sorge für XXX der Antragsgegnerin übertragen und den Unterhalt für das Kind und die Antragsgegnerin geregelt. Dieser hat das Amtsgericht für die Dauer von 18 Monaten ab dem ersten auf die Rechtskraft des Scheidungsurteils folgenden Monat Elementarunterhalt in monatlicher Höhe von 2.035,38 DM, Altersvorsorgeunterhalt in monatlicher Höhe von 624,46 DM und Krankenvorsorgeunterhalt in monatlicher Höhe von 237,00 DM zuerkannt. Die weitergehende Klage hat das Amtsgericht abgewiesen. In den Entscheidungsgründen ist es von einem durchschnittlichen unterhaltsrechtlich anrechenbaren Monatseinkommen des Antragstellers in Höhe von 6.395,67 DM ausgegangen und hat davon nach Abzug eines Unterhaltsbetrages von 785,00 DM für den Sohn XXX und des Krankenvorsorgeunterhalts für die Antragsgegnerin deren Altersvorsorgeunterhalt sowie ihren laufenden Elementarunterhalt errechnet. Den Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin gemäß § 1573 Abs. 1 BGB hat das Amtsgericht auf die Dauer von 18 Monaten befristet, da ihr nach der Scheidung ausreichende Gelegenheit gegeben werden müsse, sich eine Erwerbstätigkeit zu suchen, mit deren Hilfe sie ihren angemessenen Lebensbedarf selbst sicherstellen könne. Nach Ablauf der Frist werde sie in der Lage sein, sich selbst angemessen zu unterhalten.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Gegen die Unterhaltsregelung im Verbundurteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Soweit der Rechtsstreit den Unterhalt für den inzwischen volljährigen Sohn der Parteien betrifft, hat der Senat durch Beschluß vom 27.02.1991 die Folgesache abgetrennt. Das Amtsgericht hat für den Sohn eine monatliche Unterhaltsrente von 100,00 DM über anderweitig titulierte 660,00 DM hinaus zuerkannt.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Antragsteller begründet seine Berufung wie folgt:</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Antragsgegnerin stehe ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt aus § 1573 BGB in der geltend gemachten Höhe nicht zu. Sie habe es in vorwerfbarer Weise unterlassen, sich rechtzeitig und intensiv um eine angemessene Erwerbstätigkeit zu bemühen bzw. sich zwecks Aufnahme einer solchen Erwerbstätigkeit ausbilden, fortbilden oder umschulen zu lassen. Daran sei sie nicht durch eine Beeinträchtigung ihrer Gesundheit gehindert worden. Auf dem Arbeitsmarkt würden in großer Zahl offene Stellen im Pflegebereich angeboten; auch Arzthelferinnen würden wieder in verstärktem Maße gesucht. Die Antragsgegnerin könnte schon längst durch eine angemessene Erwerbstätigkeit monatlich mehr als 2.000,00 DM netto verdienen. Darüber hinaus beanstandet der Antragsteller, daß das Amtsgericht auf seiner Seite ein anrechenbares Einkommen von 6.395,67 DM der Unterhaltsberechnung zugrundegelegt habe. Dieses vom Sachverständigen XXX ermittelte Einkommen sei zu hoch, da dieser zu Unrecht die hohen Beiträge zu Lebensversicherungen nicht einkommensmindernd berücksichtigt, Einnahmen in Höhe von 14.930,50 DM aus dem Verkauf von Anlagegegenständen als Einkommen behandelt und die Abschreibung bei geringwertigen Wirtschaftsgütern im Jahre 1988 auf 5 Jahre gestreckt habe. Er, der Antragsteller, habe in den Jahren 1986 bis 1988 nur ein Monatsnettoeinkommen von durchschnittlich 4.698,92 DM erzielt.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Antragsteller beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen, soweit er verurteilt worden ist, an die Antragsgegnerin selbst mehr als monatlich insgesamt 1.000,00 DM Unterhalt zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Antragsgegnerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">die Berufung des Antragstellers zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Antragsgegnerin stellt - nach Rücknahme ihrer weitergehenden Berufung - den Antrag,</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">das angefochtene Urteil abzuändern und den Antragsteller zu verurteilen, an sie nachehelichen Unterhalt in monatlicher Höhe von 2.500,00 DM auch für die Zeit nach Ablauf von 18 Monaten ab Rechtskraft der Scheidung zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Sie macht geltend, daß sie während der Ehe in ihrem erlernten Beruf als Arzthelferin nahezu überhaupt nicht tätig gewesen sei und sich nach dem Studium des Antragstellers lediglich der Pflege und Erziehung des gemeinsamen Kindes gewidmet habe. Sie leide an einem Bandscheibenschaden, der mit erheblichen Rückenschmerzen verbunden sei und schweres Heben und Tragen verbiete. Angesichts dieser Umstände und auch ihres Alters habe ihr das zuständige Arbeitsamt eröffnet, daß sie auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr zu vermitteln sei. Daraufhin habe sie sich entschlossen, sich zur medizinischen Fußpflegerin ausbilden zu lassen. Eine Erwerbsobliegenheit habe sie nicht verletzt, da sie sich vor Rechtskraft der Scheidung um eine Erwerbstätigkeit nicht habe zu bemühen brauchen. Die vorgenommene Begrenzung des Unterhalts auf die Dauer von 18 Monaten sei nicht gerechtfertigt. Im übrigen sei das Monatseinkommen des Antragstellers um mindestens 1.100,00 DM höher anzusetzen als in dem angefochtenen Urteil. Insbesondere sei die Aussonderung von insgesamt 40.000,00 DM für Vermögensbildung in den Jahren 1986 bis 1988 rechtlich unhaltbar. Dem Unterhaltsschuldner könne nicht gestattet werden, zu Lasten ihres angemessenen Unterhalts Vermögen zu bilden. Die Behauptung des Antragstellers, daß sie, die Antragsgegnerin, während des Zusammenlebens nur ein monatliches Haushaltsgeld von 1.500,00 DM erhalten habe, sei unsubstantiiert und treffe nicht zu.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der Antragsteller beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">die Berufung der Antragsgegnerin zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat beim Sachverständigen XXX eine ergänzende Stellungnahme zum erstinstanzlich eingeholten Gutachten vom 06.03.1990 eingeholt. Auf den Inhalt dieser Stellungnahme vom 15.02.1991 wird Bezug genommen. Außerdem hat der Senat beide Parteien persönlich zur Sache gehört.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die <u><b>Antragsgegnerin</b></u> hat erklärt:</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Sie habe nach dem Abschluß der Volksschule für drei Jahre die Pflegevorschule besucht, dann aber die Krankenpflegeausbildung abgebrochen. Später habe sie auf einer Privatschule eine Ausbildung zur Arzthelferin absolviert, in diesem Beruf allerdings nur kurze Zeit gearbeitet. Zuletzt sei sie im Jahre 1982 vor dem Studienabschluß des Antragstellers erwerbstätig gewesen, und zwar als Nachtwache im Pflegebereich. In der Zahnarztpraxis des Antragstellers habe sie nicht mehr mitgearbeitet. Sie habe nur noch den Haushalt geführt und sich um das gemeinsame Kind gekümmert. Der Sohn habe es nicht verkraftet, daß sie jahrelang nachts gearbeitet habe und daß er, XXX bei der Großmutter untergebracht worden sei. Zur Zeit besuche der Sohn eine Berufsfachschule mit der Fachrichtung Elektronik. Es sei für sie, die Antragsgegnerin, schwer, wieder als Arzthelferin zu arbeiten; davor habe sie auch Angst gehabt. Das Arbeitsamt hake ihr den Mut genommen. Sie hätte zwar eine Fortbildung beginnen, dann aber "bei Null" anfangen müssen, wozu sie sich zu alt gefühlt habe. Jetzt habe sie die Chance für eine Erwerbstätigkeit in der medizinischen Fußpflege gesehen. Sie habe ein selbständiges Gewerbe angemeldet, weil sie ihren Vorteil darin sehe, daß sie durch ihre Tätigkeit in der XXX Menschen kennenlerne und diese in ihren Wohnungen zur Behandlung aufsuchen könne. Im Monat Februar 1991 habe sie bereits 15 Kunden behandelt; für eine Behandlung nehme sie 19,00 DM, für eine in XXX 20,00 DM. Sie hoffe, daß sie in absehbarer Zeit mit dieser Tätigkeit 2.000,00 DM netto im Monat verdienen könne. Aber reich werden könne man mit dieser Arbeit nicht; dann müsse man schon ein Institut eröffnen. Auch jetzt noch sei sie in der XXX aushilfsweise beschäftigt. Sie werde als Stundenkraft zur Entlastung von Vollzeitkräften eingesetzt, um Kranke zu Hause zu betreuen und zu pflegen. Sie hoffe, daß sie auch diese Tätigkeit ausbauen könne; zur Zeit sei es aber nicht möglich.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Der <u><b>Antragsteller</b></u> hat erklärt:</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Es sei zutreffend, daß die Antragsgegnerin in seiner Praxis nicht mehr mitgearbeitet habe. Eine Arzthelferin im Alter von ca. 25 Jahren erhalte jährlich 13 Monatslöhne von ca. 2.500,00 bis 2.600,00 DM brutto. Der Jahresabschluß für 1989 sei inzwischen vom Steuerberater fertiggestellt; die Steuererklärung für 1989 sei aber noch nicht abgegeben worden. Für das Jahr 1990 liege nur ein vorläufiges Betriebsergebnis vor. Aus der Übersicht für 1989/1990 könne der Schluß gezogen werden, daß sich in diesen beiden Jahren nicht viel an der Höhe seiner Einkünfte geändert habe; sie hätten sich weder exorbitant verbessert noch deutlich verschlechtert. Für die Einrichtung seiner Praxis habe er seinerzeit ein Darlehen aufgenommen, das nach 12 Jahren durch die dann fälligen Lebensversicherungssummen auf einmal getilgt werde. Für den Sohn XXX<b> </b>zahle er unverändert einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 660,00 DM.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Berufungen beider Parteien betreffend den nachehelichen Unterhalt der Antragsgegnerin sind zulässig, aber nur teilweise begründet.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts steht der Antragsgegnerin ein Anspruch auf Unterhalt aus § 1573 Abs. 1 BGB nicht zu; denn sie hat nicht den ihr obliegenden Beweis erbracht, daß sie bisher trotz intensiver Bemühungen eine angemessene Erwerbstätigkeit nicht hat finden können.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Zwar hat die Antragsgegnerin seit 1982 nicht mehr im Erwerbsleben gestanden und auch nicht in der Zahnarztpraxis des Antragstellers mitgearbeitet. Deshalb durfte sich die Antragsgegnerin zumindest während des ersten Trennungsjahres auf die Schutzvorschrift des § 1361 Abs. 2 BGB berufen, nach der ein nicht erwerbstätiger Ehegatte nur unter besonderen Umständen auf eine Erwerbstätigkeit verwiesen werden kann. Angesichts der Ehedauer und auch bei den guten wirtschaftlichen Verhältnissen, in denen die Parteien zuletzt haben leben können, konnte der Antragsgegnerin sogar ein wesentlich längerer Zeitraum zugebilligt werden, um sich in dieser Zeit auf eine Rückkehr ins Erwerbsleben vorzubereiten. Der Senat teilt aber nicht die Auffassung des Amtsgerichts, daß die Bemühungen der Antragsgegnerin um eine Erwerbstätigkeit erst nach der Scheidung einzusetzen brauchten (vgl. auch Kalthoener/Büttner, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 4. Aufl., Rdnr. 375 m.w.N.). Denn mit der Zustellung des Scheidungsantrages am 10.11.1988 und erst recht mit Ablauf des Jahres 19.89 konnte die Antragsgegnerin, die ihrerseits bereits im April 1987 ihre Trennungsabsicht mit dem Ziel der Ehescheidung zum Ausdruck gebracht hatte, nicht mehr daran zweifeln, daß eine Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft mit dem Antragsteller nicht mehr zu erwarten war und daß sie in Zukunft eigenverantwortlich für ihren Unterhalt würde aufkommen müssen. Dies hat letztlich auch die Antragsgegnerin erkannt, da sie eine Aushilfstätigkeit in der XXX am 15.12.1989 aufgenommen hat.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">An der Aufnahme einer zumutbaren vollschichtigen Erwerbstätigkeit war die Antragsgegnerin nicht durch die Betreuung des gemeinsamen Kindes gehindert. Denn XXX hatte bereits am 25.09.1989 sein 17. Lebensjahr vollendet; daß er in diesem Alter zur Lösung seiner Probleme einer besonderen Betreuung durch die Antragsgegnerin bedurft hätte, läßt sich ihrem Sachvortrag konkret nicht entnehmen. Ebensowenig besteht Veranlassung zu der Annahme, daß die Antragsgegnerin wegen bestehender Gesundheitsbeschwerden eine vollschichtige Erwerbstätigkeit nicht hätte aufnehmen können. Denn die Bescheinigungen des behandelnden Arztes XXX vom 19.11.1990 und 07.02.1991 lassen keinen Schluß auf eine nennenswerte Einschränkung der Erwerbsfähigkeit zu.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Bei der gebotenen Intensität in den Bemühungen um eine angemessene Arbeit hätte die Antragsgegnerin durchaus eine reale Beschäftigungschance (gehabt). Immerhin verfügt sie über eine abgeschlossene Ausbildung als Arzthelferin und über eine nicht unbeträchtliche Berufserfahrung in der Krankenpflege. Der Senat übersieht nicht, daß die Kenntnisse der Antragsgegnerin möglicherweise einer Auffrischung bedurft hätten. Er verkennt auch nicht, daß eine Ehefrau im Alter von ca. 40 Jahren, die über Jahre hinweg nicht mehr berufstätig gewesen ist, Angst vor den zu erwartenden Anforderungen, die an sie im Erwerbsleben gestellt würden, empfindet. Dem Senat ist jedoch bekannt, daß gerade in dem Bereich, in dem die Antragsgegnerin berufliche Vorkenntnisse aufweist und in dem eine Erwerbstätigkeit als angemessen im Sinne des § 1574 Abs. 2 BGB anzusehen wäre, seit längerer Zeit Arbeitskräfte in nicht unbeträchtlicher Zahl gesucht werden. Gerade für diesen Bereich hat die Antragsgegnerin keine Bemühungen um eine Erwerbstätigkeit vorzuweisen. Mit ihrer Ausbildung zur medizinischen Fußpflegerin und der Ausübung dieses Berufes wird sie ihrer Erwerbsobliegenheit nicht in ausreichendem Maße gerecht. Denn diese Tätigkeit, ausgeübt als selbständiges Gewerbe, sichert - jedenfalls in der Anlaufphase - nicht annähernd so gut wie eine Erwerbstätigkeit in abhängiger Stellung ein angemessenes Monatseinkommen in gleichbleibender Höhe. Dem Grundsatz, daß der geschiedene Ehegatte vorrangig eigenverantwortlich für seinen Unterhalt aufzukommen hat, wird durch die gegenwärtige Tätigkeit der Antragsgegnerin nicht hinreichend Rechnung getragen, auch wenn man dabei berücksichtigt, daß sie neben der medizinischen Fußpflege unverändert ihre Aushilfstätigkeit in der XXX fortsetzt. Die Antragsgegnerin muß sich vielmehr so behandeln lassen, als ob sie inzwischen wieder als Arzthelferin vollschichtig erwerbstätig wäre.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Als Arzthelferin würde die Antragsgegnerin jährlich 13 Monatslöhne in Höhe von ca. 2.050,00 DM brutto erhalten. Zwar hat der Antragsteller bei seiner Anhörung erklärt, daß seine Arzthelferinnen bei einem Lebensalter von ca. 25 Jahren schon 2.500,00 bis 2.600,00 DM brutto monatlich verdienten. Zugunsten der Antragsgegnerin ist aber zu berücksichtigen, daß sie bei ihrer Arbeitsbiographie zunächst einmal nur für einfache Verrichtungen in diesem Beruf eingesetzt und dementsprechend allenfalls den Monatslohn einer Berufsanfängerin beziehen würde. Nach Abzug von Steuern nach der Steuerklasse 1/0,5 und von Sozialabgaben würden der Antragsgegnerin bei 13 Monatslöhnen durchschnittlich ca. 1.575,00 DM netto im Monat verbleiben.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Der Antragsgegnerin war indessen ein Unterhaltsanspruch aus § 1573 Abs. 2 BGB zuzuerkennen, da die Einkünfte, die ihr fiktiv zuzurechnen sind, nicht ausreichen, ihren vollen Unterhaltsbedarf zu decken. Dies ist bereits bei der Höhe der monatlichen Einkünfte des Antragstellers, die das Amtsgericht seiner Unterhaltsberechnung zugrunde gelegt hat, offenkundig.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Gemäß § 1578 Abs. 1 BGB bestimmt sich das Maß des Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Diese sind geprägt worden durch die Einkünfte des Antragstellers aus seiner zahnärztlichen Praxis, die er seit dem 01.10.1984 betrieben hat. Weder seine ursprüngliche Tätigkeit als technischer Zeichner noch sein Hochschulstudium haben die letzten Jahre der ehelichen Lebensgemeinschaft wirtschaftlich beeinflußt. Ob die Antragsgegnerin auch nach der Niederlassung des Antragstellers ein monatliches Haushaltsgeld von nur 1.500,00 DM erhalten hat, kann dahingestellt bleiben. Denn bei der Bemessung des nachehelichen Unterhalts ist ein objektiver Maßstab anzulegen. Entscheidend ist der Lebensstandard, der nach den Einkommensverhältnissen vom Standpunkt eines vernünftigen Betrachters angemessen ist. Eine nach den Verhältnissen zu dürftige Lebensführung bleibt ebenso außer Betracht wie ein übertriebener Aufwand (vgl. BGH, FamRZ 1982, 151 = NJW 1982, 1645). An einer sparsamen Haushalts- und Lebensführung braucht sich die Antragsgegnerin nicht länger festhalten zu lassen, nachdem die Ehe gescheitert und damit die Grundlage für ihren Konsumverzicht weggefallen ist.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Maßgebend für die Bemessung des Unterhalts sind grundsätzlich die ehelichen Lebensverhältnisse im Zeitpunkt der Scheidung, da sie den Endpunkt für die Entwicklung der ehelichen Lebensverhältnisse setzt. Zwar hatte die Antragsgegnerin bereits zu diesem Zeitpunkt ihre Aushilfstätigkeit in der XXX aufgenommen. Gleichwohl haben ihre geringen Einkünfte aus dieser Erwerbstätigkeit die ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien nicht mehr geprägt. Denn es läßt sich nicht feststellen, daß die Aufnahme der Aushilfstätigkeit (wie auch die Ausübung der medizinischen Fußpflege) auch ohne die Trennung der Parteien erfolgt wäre. Jedenfalls hat die Antragsgegnerin den insoweit ihr obliegenden Beweis nicht erbracht. Mitbestimmend für die ehelichen Lebensverhältnisse war aber die Unterhaltsverpflichtung des Antragstellers gegenüber dem gemeinsamen Kind XXX der Sohn inzwischen volljährig ist und damit unterhaltsrechtlich der Antragsgegnerin im Range nachgeht (§ 1609 Abs. 2 S. 2 BGB), hat auf die Bemessung des Unterhalts für die Antragsgegnerin keinen Einfluß. Denn auch bei einem Fortbestehen der ehelichen Lebensgemeinschaft hätte XXX bis zu seiner wirtschaftlichen Selbständigkeit vom Antragsteller unterhalten werden müssen. Der Vorrang des geschiedenen Ehegatten gegenüber einem volljährigen Kind wirkt sich nämlich nur in sogenannten Mangelfällen aus (vgl. BGH, FamRZ 1985, 912/916). Unerheblich für die Bemessung des Unterhaltsbedarfs der Antragsgegnerin ist auch der Umstand, daß der Antragsteller seit dem 22.08.1990 einem weiteren - nichtehelichen - Kind unterhaltspflichtig ist (vgl. BGH, FamRZ 1987, 456/458).</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Das bedarfsprägende Einkommen des Antragstellers kann ohne Bedenken auf 100.000,00 DM netto im Jahr angesetzt werden. Bereits in den Jahren 1986 bis 1988 hat der Antragsteller nach den vorgelegten Einnahme-Überschußrechnungen, die der Sachverständige geprüft und nachvollziehbar korrigiert hat, Nettoergebnisse in folgender Höhe erzielt (Bl. 43 des Gutachtens).</p>
<br /><span class="absatzRechts">41</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="0">
<tr>
<td valign="top">im Jahre 1986</td>
<td valign="top">147.785,00 DM,</td>
</tr>
<tr>
<td valign="top">im Jahre 1987</td>
<td valign="top">174.765,00 DM,</td>
</tr>
<tr>
<td valign="top">im Jahre 1988</td>
<td valign="top">176.286,00 DM.</td>
</tr>
</table><br />
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Ansicht des Antragstellers ist es nicht zu beanstanden, daß der Sachverständige - abweichend vom Steuerberater des Antragstellers - in der Einnahme-Überschußrechnung für das Jahr 1988 die geringwertigen Wirtschaftsgüter nicht mit dem vollen Betrag von 19.448,00 DM, sondern nur mit 1/5 davon (= 3.890,00 DM) abgesetzt hat. Denn eine derartig hohe Abschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter ist in der Praxisgemeinschaft weder im Jahre 1986 (insgesamt 634,10 DM) noch im Jahre 1987 (102,83 DM) erfolgt und im Jahre 1988 offenkundig eine Folge eines außergewöhnlichen Ereignisses, nämlich der Auflösung der Praxisgemeinschaft, verbunden mit einer Überführung vorhandener Werte in das Alleineigentum der beiden früheren Praxisinhaber. Aus eben demselben Grunde ist freilich der Erlös in Höhe von 14.930,50 DM, den der Antragsteller im Jahre 1988 für den Verkauf seines Anteils an Einrichtungsgegenständen der Praxisgemeinschaft erzielt und in der Überschußrechnung als Betriebseinnahme verbucht hat, unterhaltsrechtlich unberücksichtigt zu lassen; denn insoweit handelt es sich um eine außergewöhnliche Einnahme, die nicht auf Dauer zu erwarten ist und damit für die Bemessung von Unterhalt keine Bedeutung hat. Das Netto-Betriebsergebnis für 1988 ist daher um 14.930,00 DM auf 161.356,00 DM zu verringern. Damit ergibt sich für den Zeitraum von 1986 bis 1988 ein durchschnittliches Betriebsergebnis von jährlich 161.302,00 DM. Es ist nicht erkennbar, daß sich demgegenüber das Betriebsergebnis in den Jahren 1989 und 1990 wesentlich verbessert hat. Bei seiner Anhörung vor dem Senat hat der Antragsteller erklärt, daß der vorläufige Jahresabschluß für 1989 und die Datev-Auswertung für 1990 eine deutliche Veränderung gegenüber den Vorjahren nicht erkennen ließen. Diese Erklärung erscheint dem Senat glaubhaft, weil die vorliegenden Einkommensunterlagen seit 1985 - trotz Kostendämpfung und "Blüm-Bauch" - eine recht große Konstanz sowohl der Einnahmen als auch der Ausgaben des Antragstellers aufweisen.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">c)</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Bei einem Betriebsergebnis von ca. 165.000,00 DM, das der Senat für 1991 auf der Grundlage der Einnahmen in den vorangegangenen Jahren erwartet, kann davon ausgegangen werden, daß dem Antragsteller nach Abzug der Einkommen- und Kirchensteuer sowie seiner Beiträge zur Krankenversicherung und zum ärztlichen Versorgungswerk jährlich ein Nettoeinkommen von 100.000,00 DM verbleibt. Zwar wird der Antragsteller nicht mehr nach der günstigen Steuerklasse III/1, sondern nach Steuerklasse 1/0,5 besteuert. Die Unterhaltsleistungen für die Antragsgegnerin führen jedoch im Rahmen des begrenzten Realsplittings zu einer deutlichen Verringerung des zu versteuernden Einkommens, und die Steuerreform 1990 bewirkt des weiteren eine spürbare Steuerentlastung höherer Einkommen.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Ansicht des Antragstellers ist es nicht zu beanstanden, daß der Sachverständige XXX die hohen Lebensversicherungsbeiträge (1987 und 1988 jährlich 27.314,00 DM) vom Einkommen nicht abgezogen hat. Diese Lebensversicherungen dienen nämlich - wie der Antragsteller bei seiner Anhörung vor dem Senat bestätigt hat - nicht seiner Altersvorsorge, sondern der Tilgung von Darlehen, die der Antragsteller zur Praxisfinanzierung bei der XXX aufgenommen hat. Würde man neben den Abschreibungen, die für die Abnutzung der Praxis- und Laborgeräte sowie der Praxis- und Laboreinrichtung bereits in den Betriebsausgaben der jeweiligen Einnahme-Überschußrechnung enthalten sind, auch noch die Beiträge zur Lebensversicherung vom Einkommen ' des Antragstellers abziehen, so würde der Betriebsaufwand doppelt Berücksichtigung finden (so auch Kalthoener/Büttner a.a.O. Rdz. 860). Denn schon die Abschreibungen sind die wiederkehrenden steuerlichen Absetzungen der <u>Anschaffungs-</u> oder Herstellungskosten von Gütern des betrieblichen Anlagevermögens für die Zeit der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer, bis der Ausgangswert (in der Regel) aufgezehrt ist (Kalthoener/Büttner Rdz. 853). Die steuerliche Abschreibung stellt also nichts anderes dar als die auf längere Zeiträume verteilte Absetzung einer betrieblichen, zur Gewinnerzielung bestimmten Investition. Dem tatsächlichen Mittelabfluß, der für die Anschaffung des Wirtschaftsguts auf mehrere Jahre verteilt wird, steht ein entsprechender Vermögenswert auf Seiten des Antragstellers gegenüber. Daß er die Einrichtung der Praxis durch eine Fremdfinanzierung realisiert hat, stellt im Vergleich zu einer Finanzierung mit Eigenmitteln keinen wesentlichen Unterschied dar. Denn die Finanzierungskosten, d.h. die Darlehnszinsen werden ohnehin als Betriebsausgaben in der Überschußrechnung gewinnmindernd berücksichtigt. Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß die Absetzung für Abnutzung (AfA) nur der Gemeinschaftspraxis</p>
<br /><span class="absatzRechts">46</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="0">
<tr>
<td valign="top">im Jahre 1985</td>
<td valign="top">122.730,75 DM,</td>
</tr>
<tr>
<td valign="top">im Jahre 1986</td>
<td valign="top">124.207,84 DM,</td>
</tr>
<tr>
<td valign="top">im Jahre 1987</td>
<td valign="top">124.207,00 DM</td>
</tr>
</table><br />
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">betragen hat, also der auf den Antragsteller entfallende Anteil von 50%<i> </i>die Beiträge zur Lebensversicherung in den jeweiligen Jahren um mehr als das doppelte übertroffen hat. Berücksichtigt man ferner, daß die Instandhaltungskosten für Praxis- und Laborgeräte in den Betriebsausgaben gesondert ausgewiesen sind, kann kein Zweifel daran bestehen, daß der Antragsteller seine notwendigen Reinvestitionen nicht mit der Substanz seines Vermögens finanziert und keinesfalls befürchten muß, demnächst seine Praxis wegen Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit schließen zu müssen.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Dem Sachverständigen XXX kann jedoch insoweit nicht gefolgt werden, als er vom Einkommen des Antragstellers, bezogen auf die Jahre-1986 bis 1988, insgesamt 40.000,00 DM für Vermögensbildung abgezogen hat. Es ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine entsprechende tatsächliche Übung der Parteien in der Zeit ihres ehelichen Zusammenlebens. Selbst wenn sie während ihrer Ehe den Konsum zugunsten der Bildung von Vermögen eingeschränkt haben sollten, braucht die Antragsgegnerin sich nach der Scheidung an diesem Konsumverzicht nicht festhalten zu lassen; denn die personalen Grundlagen einer derartigen eingeschränkten Lebensführung sind nach dem Scheitern der Ehe entfallen. Außerdem käme ihr nach der Ehe eine weitere Vermögensbildung beim Antragsteller nicht mehr zugute. Die Einkünfte des Antragstellers könnten daher unterhaltsrechtlich nur insoweit der Vermögensbildung zugeordnet werden, als es vom Standpunkte eines vernünftigen Betrachters angemessen ist (vgl. BGH, FamRZ 1984, 358/360; Lohmann, Neue Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Familienrecht, 6. Aufl., Rdz. 87). Ein monatliches Nettoeinkommen von 8.333,00 DM mag zwar die laufenden Bedürfnisse geschiedener Ehegatten in gehobenen Lebensverhältnissen weitgehend oder vollständig befriedigen. Nach den Erfahrungen des Senats aus anderen Unterhaltsprozessen entspricht es aber keineswegs der Regel, daß freiberufliche Akademiker mit Einkünften wie denen des Antragstellers Teile dieses Einkommens sparen und zur Vermögensbildung verwenden. Soweit sich der Bundesgerichtshof mit dieser Streitfrage befaßt hat, hat er Einkommensverhältnisse einer ganz anderen Größenordnung vorgefunden.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">3</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Auf der Grundlage realer Monatseinkünfte des Antragstellers</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">in Höhe von 8.333,00 DM.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">ist der Unterhalt für die Antragsgegnerin wie folgt zu berechnen:</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Vorweg ist der Unterhalt für das volljährige Kind XXX<b> </b>mit dem von ihm geltend gemachten Betrag in monatlicher Höhe von 860,00 DM</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">abzuziehen und dem Antragsteller das den Bedarf deckende Kindergeld</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">in monatlicher Höhe von 50,00 DM</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">gutzuschreiben. Zwar ist über die Höhe des dem Kind zu zahlenden Unterhalts noch nicht abschließend entschieden worden; im Hinblick auf die Höhe der Einkünfte des Antragstellers dürfte aber der Bedarf seines volljährigen Sohnes schon wegen des Volljährigenzuschlages den geltend gemachten Betrag erreichen. Eine Beteiligung der Antragsgegnerin am - Barunterhalt für das Kind wäre erst bei einem höheren Bedarf des Sohnes in Betracht gekommen. Zudem verfügt sie nicht über Erwerbseinkünfte, die sie in die Lage versetzen, dem volljährigen Sohn Barunterhalt zu leisten.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Vom verbleibenden Einkommen des</p>
<br /><span class="absatzRechts">58</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="0">
<tr>
<td valign="top">Antragstellers in Höhe von</td>
<td valign="top">7.423,00 DM</td>
</tr>
<tr>
<td valign="top">ist der Monatsbeitrag von ca.</td>
<td valign="top">70,00 DM</td>
</tr>
</table><br />
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">für eine private Zusatzkrankenversicherung abzusetzen, die der Antragsgegnerin eine stationäre Krankenhausbehandlung wie bisher ermöglicht. Zwar wäre sie im Rahmen der sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit, von der fiktiv auszugehen ist, in der gesetzlichen Krankenversicherung vollständig krankenversichert. Die Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen gewährleisten aber nicht eine Krankenhausbehandlung, die den ehelichen Lebensverhältnissen der Parteien entspricht.</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Der Altersvorsorgeunterhalt für die Antragsgegnerin ist nach der Berechnungsmethode des OLG Bremen, die der Bundesgerichtshof gebilligt hat, wie folgt zu ermitteln:</p>
<br /><span class="absatzRechts">61</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="0">
<tr>
<td valign="top">Ausgehend von dem verbleibenden Einkommen des Antragstellers in Höhe von</td>
<td valign="bottom">7.353,00 DM</td>
</tr>
<tr>
<td valign="top">ist zunächst der Bedarf der Antragsgegnerin zu ermitteln und auf 3/7, also
auf anzusetzen.</td>
<td valign="bottom">3.151,89 DM
</td>
</tr>
<tr>
<td valign="top">Darauf sind 6/7 ihrer eigenen fiktiven Einkünfte (1.575,00 DM netto), also</td>
<td valign="bottom">1.350,00 DM</td>
</tr>
<tr>
<td valign="top">bedarfsmindernd anzurechnen. Nur
in Bezug auf den ungedeckten Bedarf in
Höhe von</td>
<td valign="bottom">1.801,29 DM</td>
</tr>
</table><br />
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">muß auch der Altersvorsorgeunterhalt aufgestockt werden; im übrigen würde er bereits durch die eigenen fiktiven Einkünfte der Antragsgegnerin sichergestellt. Nimmt man den Betrag 1.801,29 DM als Nettobemessungsgrundlage für den zusätzlichen Altersvorsorgeunterhalt und macht</p>
<br /><span class="absatzRechts">63</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="0">
<tr>
<td valign="top">einen Zuschlag von 31%<i> </i>=</td>
<td valign="bottom">558,40 DM,</td>
</tr>
<tr>
<td valign="top">so erhält man die Bruttobemessungsgrundlage in Höhe von
für die Berechnung des Vorsorgebeitrages.</td>
<td valign="top">2.359,69 DM</td>
</tr>
<tr>
<td valign="top">Bei einem Beitragssatz zur Rentenversicherung von gegenwärtig
18,7%<i> </i>beträgt der zusätzliche Altersvorsorgeunterhalt monatlich ca.</td>
<td valign="bottom">441,00 DM.</td>
</tr>
<tr>
<td valign="top">Zieht man von dem bereinigten Einkommen des Antragstellers in Höhe von</td>
<td valign="bottom">7.353,00 DM</td>
</tr>
<tr>
<td valign="top">wiederum (wie beim Antragsteller selbst) den Altersvorsorgeunterhalt für die Antragsgegnerin in Höhe von</td>
<td valign="bottom">441,00 DM</td>
</tr>
<tr>
<td valign="top">ab, verbleiben ihm noch
Beziffert man, wie es geboten ist,
den Elementarunterhaltsbedarf der Antragsgegnerin auf 3/7 dieses Betrages, also auf ca.</td>
<td valign="bottom">6.912,00 DM.</td>
</tr>
<tr>
<td valign="top">und rechnet darauf 6/7 der eigenen fiktiven Einkünfte der Antragsgegnerin,</td>
<td valign="bottom">2.962,00 DM</td>
</tr>
<tr>
<td valign="top">also</td>
<td valign="bottom">1.350,00 DM</td>
</tr>
<tr>
<td valign="top">an, dann hat sie noch einen Anspruch auf Elementarunterhalt in Höhe von</td>
<td valign="bottom">1.612,00 DM.</td>
</tr>
</table><br />
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Die eigenen fiktiven Einkünfte der Antragsgegnerin sind im Wege der Anrechnungsmethode zu berücksichtigen, da die Antragsgegnerin - wie bereits oben ausgeführt - während der letzten Jahre des ehelichen Zusammenlebens nicht mehr erwerbstätig gewesen ist und ihre Einkünfte aus einer Teilzeiterwerbstätigkeit die ehelichen Lebensverhältnisse nicht mehr geprägt haben.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">4.</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts ist eine - zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs der Antragsgegnerin auf die Dauer von 18 Monaten nicht gerechtfertigt. Wie bereits an anderer Stelle ausgeführt, wäre die Antragsgegnerin auch bei Ausübung einer angemessenen Erwerbstätigkeit nicht im Stande, ihren eheangemessenen Unterhaltsbedarf durch eigene Einkünfte vollständig zu decken. Auch die Voraussetzungen einer zeitlichen Begrenzung nach § 1573 Abs. 5 BGB .liegen nicht vor, da es bei der Dauer der Ehe und bei der Verteilung der Aufgaben innerhalb der Ehe während der letzten Jahre des Zusammenlebens unbillig wäre, die Leistungen, die die Antragsgegnerin für Ehe und Familie erbracht hat, zu ignorieren. Diese Gesichtspunkte gelten auch, soweit eine zeitliche Begrenzung des eheangemessenen Unterhaltsanspruchs und danach eine Reduzierung auf wesentlich bescheideneres Maß erwogen werden könnte (§ 1578 Abs. 1 S. 2 BGB). Ebenso wie die Dauer und Gestaltung der Ehe muß in diesem Zusammenhang auch berücksichtigt werden, daß die Antragsgegnerin während der Ausbildung des Antragstellers zum Zahnarzt in den Jahren 1975 bis 1982 nicht unbeträchtliche Opfer in der Lebensführung hingenommen hat.</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Dementsprechend war auf die Rechtsmittel beider Parteien das angefochtene Urteil im Ausspruch zum nachehelichen Unterhalt abzuändern. Die weitergehenden Rechtsmittel mußten hingegen zurückgewiesen werden.</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 93a, 92, 97, 515 Abs. 3, 708 Nr. 10 ZPO.</p>
|
314,966 | olgk-1991-03-21-7-u-8990 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
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"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 7 U 89/90 | 1991-03-21T00:00:00 | 2019-03-13T14:42:44 | 2022-10-18T15:09:24 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1991:0321.7U89.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline;"><b>T a t b e s t a n d</b></span></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Klägerin ist Eigentümerin des
Grundbesitzes S., L. 137, der aus vier Parzellen - Flur 8 Nr. x - x
- besteht. Zumindest teilweise befinden sich auf den Grundstücken
Klärschlammablagerungen aus einer früher von der Beklagten
betriebenen Kläranlage. Die Parzellen Nr. und x sind mit einer
Werkhalle zum Zwecke der Fabrikation von Speiseeis und einem
Eiscafe bebaut. Die Parzellen Nr. x und x sind un-bebaut.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Klägerin macht geltend, der Boden
der Grund-stücke sei infolge der Klärschlammablagerungen nicht
genügend tragfähig; an der Werkhalle seien erhebliche Risse
aufgetreten; außerdem gehe von den Ablagerungen nicht nur ein übler
Geruch, sondern auch eine Gesundheitsgefahr aus, und zwar
insbeson-dere wegen hoher Methangaskonzentrationen. Die
Be-einträchtigungen seien so erheblich, daß der Grund-besitz für
sie praktisch wertlos sei. Sie verlangt von der Beklagten
Schadensersatz, insbesondere weil diese eine Bebauung zugelassen
und den Bereich der ehemaligen Kläranlage in der Bauleitplanung als
ge-werbliche Baufläche bzw. Industriegebiet ausgewie-sen habe.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Klägerin hat den Grundbesitz
aufgrund Vertrages vom 19.12.1985 von den Eheleuten Z. zum Preis
von 520.000,00 DM (zuzüglich 480.000,00 DM für mitver-kaufte
bewegliche Sachen) erworben. Die Eheleute Z. und ein damals noch
beteiligter Herr L. hatten die Grundstücke durch Verträge aus 1978,
geändert 1980, von der Beklagten gekauft. Sie hatten sich zur
gewerblichen Bebauung binnen zwei Jahren ab Erwerb verpflichtet.
Die Beklagte behielt sich für den Fall der Nichterfüllung dieser
Pflicht die Rück-übertragung vor, zu deren Sicherung
Auflassungsvor-merkungen im Grundbuch eingetragen wurden.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Am 27.02.1980 erteilte die Beklagte die
Baugenehmi-gung für den Neubau einer Werkhalle zur Herstellung von
Speiseeis mit Eiscafe. Das Gebäude wurde 1980 auf den Parzellen Nr.
und x errichtet. Ein Bebau-ungsplan existierte damals noch nicht.
Jedoch trat 1980 ein Flächennutzungsplan in Kraft, der das
be-treffende Gebiet als gewerbliche Baufläche auswies.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Ende 1983 faßte der Rat der Beklagten
den Beschluß, den Bebauungsplan aufzustellen. Dieser ist seit
Anfang 1985 rechtsverbindlich. Er sieht die indu-strielle Nutzung
des hier in Rede stehenden Gebiets vor. In der Planbegründung
(Anlage K 14) heißt es u.a.:</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px">"Nicht mehr benötigte Teilflächen der
Klär-anlage sollen durch die Festsetzung "Indu-striegebiet" (GI)
einer baulichen Nutzung zugeführt werden, um auf diese Weise die
An-siedlung entsprechender Betriebe zu ermögli-chen."</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Klägerin hat sich vor ihrem Erwerb
über die Existenz eines Bebauungsplanes nicht vergewissert. Sie hat
diesen nicht eingesehen und wußte nicht, daß ein Bebauungsplan
existierte.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Unter dem 31.07.1984 teilten die
Eheleute Z. der Beklagten mit, daß es ihnen aus wirtschaftlichen
Gründen nicht möglich sei, in den nächsten Jahren die Parzellen Nr.
x und x zu bebauen; sie äußerten deshalb den Wunsch, diese
Grundstücke an die Be-klagte oder einen von dieser zu benennenden
Inter-essenten zu verkaufen (Bl. 57 GA).</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Mit Schreiben vom 17.07.1985 (Bl. 58
GA) teilte Notar Sch dem Liegenschaftsamt der Beklagten mit, nach
Angaben der Eigentümer - Eheleute Z. und Herr L. - seien die
Auflassungsvormerkungen gegen-standslos und könnten im Grundbuch
gelöscht werden; er bat um Erteilung der Löschungsbewilligung. Die
Beklagte lehnte das mit Schreiben vom 12.08.1985 (Bl. 59 GA) ab und
erklärte:</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px">"Eine Löschung der im Grundbuch
eingetra-genen Rückauflassungsvormerkungen kann zum derzeitigen
Zeitpunkt noch nicht erfolgen, da die in dem Kaufvertrag
eingegangene Bau-verpflichtung bisher noch nicht erfüllt ist (die
Grundstücke x und x sind immer noch un-bebaut)."</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Am 27.01.1986, das heißt gut einen
Monat nach Abschluß des Kaufvertrags mit den Eheleuten Z., bat die
Klägerin die Beklagte um Löschung der Auflassungsvormerkungen.
Diese entsprach dem nun-mehr. Spätestens 1986 - die Beklagte
behauptet einen früheren Zeitpunkt - traten Risse in der Werkhalle
auf, die schließlich den Hallenboden bis zu den Fundamenten
durchzogen. Damit einher gingen üble Gerüche. Untersuchungen
ergaben von den Klär-schlammablagerungen ausgehende
Methanausgasungen sowie die Notwendigkeit besonderer
Gründungsmaßnah-men für die Errichtung von Industriebauten. Auf die
von den Parteien vorgelegten Gutachten bzw. Stellungnahmen von
Sachverständigen wird Bezug ge-nommen.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Klägerin hat vorgetragen:</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Weder sie selbst noch die Eheleute Z.
hätten vor Abschluß des Vertrages vom 19.12.1985 von den
Klär-schlammablagerungen gewußt. Von diesen gehe eine Gefahr für
Menschen und Gebäude aus. Zwar sei die Halle zur Zeit noch nicht
einsturzgefährdet, das werde sich in Zukunft aber aller Voraussicht
nach ändern, weil die Fundamente im Bereich der Ablage-rungen
betonaggressiven Stoffen ausgesetzt seien. Da sich unterhalb der
Halle erhebliche Konzentra-tionen von Methangas befänden, bestehe
die Gefahr, daß über die Risse in der Bodenplatte der Halle und
über Bauwerksfugen Methangas in das Gebäudeinnere eintrete. Bei
längerer unzureichender Durchlüftung des Gebäudes könne dies zu
einer explosiven Gaskon-zentration führen. Als Lastboden für
Ingenieurbau-werke seien die Klärschlammablagerungen untauglich;
zur Sanierung sei ein Bodenaustausch erforderlich. Die
Beeinträchtigungen seien so erheblich, daß sie das Grundstück in
der vorliegenden Form nicht mehr weiter nutzen könne und es für sie
wertlos sei.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Beklagte habe wegen der von den
Ablagerungen ausgehenden gravierenden Folgen die Grundstücke nicht
als industriell nutzbar ausweisen dürfen, ohne auf die Ablagerungen
hinzuweisen und/oder son-stige geeignete Hinweise auf eine nur
eingeschränk-te Nutzbarkeit zu geben. Ebensowenig habe sie 1980 die
Baugenehmigung ohne entsprechende Auflagen er-teilen dürfen.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Sie, Klägerin, habe sich, auch wenn sie
den Bebau-ungsplan nicht eingesehen habe, darauf verlassen dürfen,
daß bei der Planung den besonderen Gegeben-heiten des Gebiets
hinreichend Rechnung getragen worden sei. Nach dem äußeren
Erscheinungsbild habe sie keine Bedenken gegen die
Ordnungsmäßigkeit der vorhandenen Bebauung und die bauliche
Nutzbarkeit der noch unbebauten Parzellen zu haben brauchen. Erst
recht habe sie hierauf deshalb vertrauen dür-fen, weil die Beklagte
noch in ihrem Schreiben vom 12.08.1985 auf der von den Eheleuten Z.
eingegange-nen Bebauungspflicht beharrt habe.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Eine anderweitige Ersatzmöglichkeit
bestehe nicht, weil auch die Eheleute Z. zur Zeit des Verkaufs
nichts von der Beeinträchtigung gewußt hätten.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Beklagte sei deshalb zum Ersatz des
von ihr, Klägerin, aufgewendeten Kaufpreises von 520.000,00 DM für
den Grund und Boden nebst (in zweiter Instanz fallengelassen)
360.000,00 DM für eingebautes Inventar Zug um Zug gegen Übereignung
der Grundstücke verpflichtet, zumindest zur Zahlung von 450.000,00
DM für die erforderliche Sanierung der Halle und den für eine
bauliche Nutzung erforderlichen Bodenaustausch auf den Parzellen
Nr. x und x (Berechnung Seite 8 der Klageschrift, Bl. 10 GA).
Außerdem müsse sie einen ihr in der Zeit von November 1987 bis
Januar 1989 entstandenen Mietausfallschaden in Höhe von 51.000,00
DM erset-zen sowie nutzlose Erwerbskosten in Höhe von ins-gesamt
30.324,90 DM (Aufschlüsselung Seite 24 - 26 der Klageschrift, Bl.
26 - 28 GA).</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Klägerin hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px">die Beklagte zu verurteilen,</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px">1. an sie 880.000,00 DM nebst 4 %
Zinsen</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px">seit Klagezustellung, dem 27.1.1989,
Zug um Zug gegen Übereignung und Übergabe des Grundstücks L. 137 in
S., bestehend aus den katasteramtlichen Parzellen Gemarkung S.,
Flur 8, Nrn. , x, x und x zu zahlen,</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px">2. an sie weitere 51.000,00 DM nebst 4
%</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px">Zinsen seit Klageerhebung zu
zahlen,</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px">3. an sie weitere 30.324,49 DM nebst 4
%</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px">Zinsen seit Klageerhebung zu
zahlen;</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px">4. festzustellen, daß die Beklagte
ver-</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px">pflichtet ist, ihr allen weiteren
Schaden zu ersetzen, der ihr daraus entstanden ist, daß sich auf
dem Grundstück L. 137 in S., bestehend aus den katasteramtlichen
Parzel-len Gemarkung S., Flur 8, Nrn. , x, x und x
Klärschlammablagerungen befinden;</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">hilfsweise anstelle des Antrages zu
1.</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px">die Beklagte zu verurteilen, an sie
450.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit Klagezu-stellung zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Sie hat behauptet, bei Beratung und
Verabschiedung des Bebauungsplanes sei bedacht worden, daß das
Plangebiet jedenfalls teilweise im Bereich der früheren Kläranlage
gelegen habe, in dem sich Ablagerungen aus dieser Anlage befunden
hätten. Man sei jedoch zu dem Ergebnis gekommen, daß in diesem
Gebiet Industriebauten durchaus möglich und vertretbar seien. Die
Klärschlammablagerungen sei-en bei der festgesetzten Nutzungsart
ungefährlich. Bautechnisch seien allerdings besondere
Gründungs-maßnahmen erforderlich. Eine Gründung habe auf
gewachsenem Boden erfolgen müssen. Dies hätten die Eheleute Z. bei
Errichtung der Werkhalle nicht beachtet, sondern - insoweit
unstreitig - dem Bau nur eine Standardstatik zugrunde gelegt, die
normale Bodenverhältnisse voraussetzte. Späte-stens bei den
Ausschachtungsarbeiten seien die Ab-lagerungen aus der Klägeranlage
offenbar geworden; die von den Eheleuten Z. beauftragten Ingenieure
und Bauhandwerker seien hierauf sogar ausdrücklich hingewiesen
worden. Dennoch seien nur ganz unzu-reichende Gründungsmaßnahmen
erfolgt. Da die Fun-damente, wahrscheinlich aus Kostengründen,
nicht bis auf tragfesten Boden heruntergeführt worden seien, sei
schon kurz nach Erstellung der Halle ein schräg durch sie laufender
Riß aufgetreten. Schon 1984, das heißt lange vor dem Erwerb seitens
der Klägerin, sei bei einem flüchtigen Blick auf die Halle von
außen deutlich zu sehen gewesen, daß eine Ecke der Halle um 10 bis
15 cm abgesackt war. Der Umfang der Methangasbildung halte sich in
Grenzen, da die Ablagerungen keinen sehr großen Umfang hätten.
Technisch sei es kein Problem, im Bereich von Klärablagerungen das
Eindringen von Gas in ein Gebäude zu verhindern. Eine Gefahr
bestehe schon dann nicht, wenn das Bauwerk so standsicher gegründet
werde, daß sich keine Risse bildeten. Falls man weitere Vorsorge
treffen wolle, könne unterhalb der Bodenplatte eine Folie
eingebracht werden. Eine konkrete gesundheitliche Gefährdung der in
den Industriebetrieben tätigen Personen bestehe jedenfalls
nicht.</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Beklagte hat ferner geltend
gemacht, daß es am Ursachenzusammenhang zwischen Aufstellung des
Be-bauungsplanes und Erwerb der Klägerin fehle, und die Ansicht
vertreten, daß der spätere Erwerber eines Grundstücks, das schon
zur Zeit der Aufstel-lung des Bebauungsplanes bebaut sei, nicht in
den Schutzbereich der Amtspflichten falle, die ihr, Beklagter, im
Rahmen der Bauleitplanung oblägen.</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Schließlich hat sie geltend gemacht,
der Klägerin stehe eine anderweitige Ersatzmöglichkeit zur
Verfügung - Anspruch gegen die Eheleute Z. -, und Einwendungen zur
Anspruchshöhe erhoben.</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Mit dem angefochtenen und hiermit in
Bezug genom-menen Urteil, das der Klägerin am 30.04.1990
zuge-stellt worden ist, hat das Landgericht die Klage abgewiesen.
Hiergegen richtet sich die am 30.05.1990 eingelegte Berufung, die
die Klägerin nach entsprechender Fristverlängerung am 07.11.1990
begründet hat.</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Beide Parteien wiederholen und ergänzen
ihr Vor-bringen nach Maßgabe der in zweiter Instanz ge-wechselten
Schriftsätze.</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px">unter Abänderung des angefochtenen
Urteils</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px">1. die Beklagte zu verurteilen, an
sie</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px">520.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem
27.01.1989 zu zahlen Zug um Zug gegen Über-eignung und Übergabe des
Grundstücks L. 137 in S., bestehend aus den Parzellen Gemar-kung S.
Flur 8 Nr. - x,</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px">2. die Beklagte zu verurteilen, an sie
wei- tere 81.324,49 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 27.01.1989 zu
zahlen,</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px">3. festzustellen, daß die Beklagte
ver-</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px">pflichtet ist, ihr alle weiteren
Schäden daraus zu ersetzen, daß das unter Nr. 1 ge-nannte
Grundstück und die darauf befindli-che Halle nicht genutzt werden
kann,</p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px">4. ihr nachzulassen, die
Zwangsvoll-</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px">streckung gegen eine durch
selbstschuld-nerische Bankbürgschaft einer deutschen Großbank,
Volksbank oder öffentlichen Spar-kasse zu erbringende
Sicherheitsleistung abzuwenden,</p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">hilfsweise anstelle des Antrags zu
1),</p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px">die Beklagte zu verurteilen, an sie
450.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 27.01.1989 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px">die Berufung zurückzuweisen und ihr zu
ge-statten, Sicherheit auch durch die Bürg-schaft einer deutschen
Großbank, öffentli-chen Sparkasse oder Volksbank zu leisten.</p>
<span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">124</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Ergänzend wird auf die gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">126</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">E n t s c h e i d u n g s g r ü n d
e</p>
<span class="absatzRechts">127</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">128</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Berufung ist zulässig, aber nicht
begründet.</p>
<span class="absatzRechts">129</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">130</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">1.</p>
<span class="absatzRechts">131</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">132</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Der Klägerin steht kein Anspruch wegen
fehlerhafter Bauleitplanung der Beklagten zu.</p>
<span class="absatzRechts">133</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">134</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">a) § 39 Abs. 1 b OBG scheidet als
Anspruchsgrundla- ge schon deshalb aus, weil die Aufstellung eines
Bauleitplanes keine ordnungsbehördliche Maßnahme ist (BGH NJW 1983,
215).</p>
<span class="absatzRechts">135</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">136</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">b) Ebensowenig besteht ein
Amtshaftungsanspruch</p>
<span class="absatzRechts">137</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">138</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">(§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG) wegen
angeblicher Fehler bei der Aufstellung des Bebauungsplanes Nr.
58/1. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagte gegen das
Gebot gerechter Abwägung der öf-fentlichen und privaten Belange (§
1 Abs. 7 BBauG, jetzt § 1 Abs. 6 BauGB) verstoßen hat, indem sie im
Bereich der früheren Kläranlage eine gewerbliche Bebauung
zugelassen hat. Jedenfalls fehlt es näm-lich an der Verletzung
einer dem Schutz der Kläge-rin dienenden Amtspflicht.</p>
<span class="absatzRechts">139</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">140</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Ob im Einzelfall der Geschädigte zum
Kreis der "Dritten" im Sinne des § 839 BGB gehört, beurteilt sich
danach, ob die Amtspflicht - wenn auch nicht notwendig allein, so
doch auch - den Zweck hat, das Interesse gerade dieses Geschädigten
wahrzunehmen. Nur wenn sich aus den die Amtspflicht begründenden
und sie umreißenden Bestimmungen sowie aus der Natur des
Amtsgeschäfts ergibt, daß der Geschädigte zu dem Personenkreis
gehört, dessen Belange nach dem Zweck und der rechtlichen
Bestimmung des Amtsgeschäfts geschützt und gefördert sein sollen,
besteht ihm gegenüber bei schuldhafter Pflichtver-letzung eine
Schadensersatzpflicht. Hingegen ist anderen Personen gegenüber,
selbst wenn die Amts-pflichtverletzung sich für sie mehr oder
weniger nachteilig ausgewirkt hat, eine Ersatzpflicht nicht
begründet. Es muß mithin eine besondere Beziehung zwischen der
verletzten Amtspflicht und dem geschä-digten "Dritten" bestehen.
Dabei muß eine Person, der gegenüber eine Amtspflicht zu erfüllen
ist, nicht in allen ihren Belangen immer als "Dritter" anzusehen
sein. Vielmehr ist jeweils zu prüfen, ob gerade das im Einzelfall
berührte Interesse nach dem Zweck der rechtlichen Bestimmung des
Amtsge-schäfts geschützt sein soll. Es kommt demnach auf den
Schutzzweck der Amtspflicht an (ständige Recht-sprechung; siehe
z.B. BGH NJW 1989, 976, 978).</p>
<span class="absatzRechts">141</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">142</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Ein Bebauungsplan ist Rechtsnorm; er
wird als Sat-zung beschlossen (§ 10 BBauG - jetzt: BauGB). Dem
Normgeber obliegen grundsätzlich keine drittgerich-teten
Amtspflichten, sondern nur solche gegenüber der Allgemeinheit.
Ausnahmsweise können bei Maß-nahme- und Einzelfallnormen die
Belange bestimmter Einzelpersonen unmittelbar betroffen werden mit
der Folge, daß ihnen gegenüber drittgerichtete Amts-pflichten des
Normgebers bestehen. Das kommt beim Erlaß von Bebauungsplänen wegen
ihres räumlich-ge-genständlichen Bereichs und der daraus folgenden
Einengung des Kreises der Betroffenen in Betracht, jedoch nur
hinsichtlich solcher Pflichten, die eine Berücksichtigung konkreter
besonderer Inter-essen des einzelnen planbetroffenen Bürgers oder
einer Gruppe solcher Bürger erfordern (Boujong, Staatshaftung für
legislatives und normatives Un-recht in der neueren Rechtsprechung
des Bundes-gerichtshofs, in Festschrift für Geiger,
Verant-wortlichkeit und Freiheit, Seite 430, x). Liegt die genannte
Voraussetzung vor, so kommt es nicht darauf an, ob der Betroffene
zur Zeit des Erlas-ses des Bebauungsplanes schon
Grundstückseigentümer oder dinglich Berechtigter im Plangebiet war.
Das folgt aus der Objektbezogenheit eines Bebauungs-planes (BGH NJW
1989, 976, 978; OLG Saarbrücken VersR 1988, 520, 521; Rehbinder,
JuS 1989, 885, 888). Keiner Entscheidung bedarf hier die streitige
Frage (vgl. einerseits Papier DVBl 1989, 508, 509 und Rehbinder
a.a.O., andererseits Schink NJW 1990, 351, 355 und DÖV 1988, 529,
535/6), ob - so die vom Bundesgerichtshof bisher entschiedenen
Fälle - nur der sogenannte Ersterwerber, der vom Bauträger erwirbt,
geschützt wird oder auch der sogenannte Nacherwerber, der zur Zeit
der Aufstellung des Be-bauungsplanes noch in keinerlei
Rechtsbeziehung zum überplanten Grundstück steht.</p>
<span class="absatzRechts">143</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">144</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Beim Erlaß von Bebauungsplänen ist also
zu diffe-renzieren zwischen Pflichten, die dem Normgeber nur im
Allgemeininteresse obliegen, und solchen, die er zumindest auch im
Interesse einzelner zu beachten hat. Zu letzteren zählen nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Pflicht, bei der
Bau-leitplanung die Anforderungen an gesunde Wohn- und
Arbeitsverhältnisse zu berücksichtigen (NJW 1989, 976 ff.; 1990,
381 ff., 1038 ff. und 1042 ff.), und die Pflicht zu sachgerechter
Abwägung, "soweit in qualifizierter und zugleich individualisierter
Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten
Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist" (BGH NJW 1984, 2516,
2519). Nach einem Teil der Literatur (Papier in Münchener Kommentar
zum BGB 2. Aufl. § 839 Rn. 225; Rehbinder a.a.O.; Bou-jong a.a.O.
Seite 441) soll bei Abwägungsfehlern die Verletzung einer
drittbezogenen Amtspflicht im Sinne des § 839 BGB schon dann in
Betracht kommen, wenn konkrete abwägungserhebliche
Individualbelan-ge bestimmter Planbetroffener, soweit schutzwürdig,
bei der Abwägung nicht oder nicht mit dem ihnen zu-kommenden
Gewicht berücksichtigt worden sind.</p>
<span class="absatzRechts">145</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">146</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Hier kommt die Verletzung einer -
zumindest auch - dem Schutz der Klägerin dienenden Amtspflicht
nicht in Betracht, obwohl die Ausweisung des Industriege-biets im
Bereich der früheren Kläranlage nach Be-hauptung der Klägerin eine
Gesundheitsgefahr für die künftigen Benutzer mit sich bringt. Ob
sich dies schon daraus ergibt, daß sie sogenannte Nach-erwerberin
ist, kann offen bleiben. Der Beklagten oblagen bei Aufstellung und
Verabschiedung des Be-bauungsplanes nämlich keine Amtspflichten zum
Schutz derjenigen, deren Grundstücke schon früher bebaut waren und
die eine weitere Bebauung nicht beabsichtigten. Diese Eigentümer
wurden von der Bauleitplanung nicht betroffen. Ihre legal
errich-teten Bauten genossen und genießen Bestandskraft. Aufgabe
der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der
Grundstücke in der Gemeinde vorzubereiten und zu leiten (§ 1 Abs. 1
BBauG, § 1 Abs. 1 BauGB).</p>
<span class="absatzRechts">147</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">148</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Parzellen Nr. und x waren schon im
Jahre 1980, das heißt lange vor dem Aufstellungsbeschluß, bebaut
worden. Das errichtete Gebäude wurde vom Bebauungsplan nicht
betroffen. Ob dies dann anders wäre, wenn der Bebauungsplan eine
andere Bebauung vorgesehen hätte, als sie schon verwirklicht war,
kann dahinstehen. Das errichtete Gebäude entsprach nämlich der
Bebauungsart, die der Plan vorsah.</p>
<span class="absatzRechts">149</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">150</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Parzellen Nr. x und x waren zwar
weder zur Zeit der Aufstellung des Bebauungsplanes noch des
Verkaufs an die Klägerin bebaut, sie sind es auch heute nicht. Zum
Kreis der geschützten "Dritten" im Sinne des § 839 BGB zählen,
jedenfalls soweit es um die Bebauung von Altlastflächen geht, aber
nicht die Eigentümer, die überhaupt nicht die Absicht haben, die
Grundstücke zu bebauen (BGH NJW 1990, 381, 383). Das traf schon für
die Voreigentümer zu. Die Eheleute Z. haben der Beklagten mit
Schreiben vom 31.07.1984 mitgeteilt, daß es ihnen aus
wirtschaftlichen Gründen nicht möglich sei, in den nächsten Jahren
die Parzellen Nr. x und x zu bebauen. Dasselbe muß für die Klägerin
angenommen werden. Sie hat schon gut einen Monat nach dem Kauf
(19.12.1985), nämlich mit Schreiben vom 27.01.1986, um Löschung der
zugunsten der Beklagten eingetrage-nen, die Bebauungsverpflichtung
sichernden Rückauf-lassungsvormerkung gebeten; die Beklagte hat
dieser Bitte - in Abänderung ihrer negativen Stellungnahme vom
12.08.1985 gegenüber Notar Sch - entsprochen. Die Klägerin trägt
Seite 7 der Berufungsbegründung (Bl. 195 GA) selbst vor, daß sie
eine Erweiterung des Produktionsbetriebs in S. für wirtschaftlich
nicht sinnvoll gehalten habe. Sie behauptet nicht, daß dies in der
Zeit zwischen Verkauf und 27.01.1986 anders gewesen sei oder daß
sich diese ihrer Beurteilung zwischenzeitlich geändert habe.</p>
<span class="absatzRechts">151</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">152</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">c) Offen ist, ob zur Zeit der Erteilung
der Bauge- nehmigung und der Bebauung der Parzellen Nr. und x schon
der Flächennutzungsplan aus 1980 in Kraft war. Einer Aufklärung
dieses Punktes bedarf es jedoch nicht. Auch wenn die Aufstellung
des Flächennutzungsplanes, soweit er die Altlastfläche betraf,
amtspflichtwidrig gewesen sein sollte, so folgt daraus kein
Amtshaftungsanspruch der Vorei-gentümer oder gar der Klägerin.</p>
<span class="absatzRechts">153</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">154</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Der Bundesgerichtshof bejaht unter
gewissen Vor-aussetzungen einen Anspruch des Bauherren auf Ersatz
seiner nutzlosen Aufwendungen, die er im Vertrauen auf Bestand und
Realisierbarkeit eines Bebauungsplanes gemacht hat, weil der
Bebauungsplan die alleinige "Verläßlichkeitsgrundlage" für seine
finanziellen Dispositionen bietet (NJW 1989, 976, 979). Das trifft
für den Flächennutzungsplan nicht zu. Dieser ist nur vorbereitender
Bauleitplan; ver-bindliche Festsetzungen enthält erst der
Bebauungs-plan (§§ 1 Abs. 2, 8 Abs. 1 BBauG, §§ 1 Abs. 2, 8 Abs. 1
BauGB). Die Existenz eines Flächennutzungs-planes schafft deshalb
keinen Vertrauenstatbestand. Weder kann aus diesem
bauplanungsrechtlich ein Anspruch auf Bebauung abgeleitet werden,
noch kann er als öffentlicher Belang einem im Innenbereich (§ 34
BBauG, jetzt: BauGB) an sich zulässigen Vorhaben entgegengesetzt
werden (BVerwG NJW 1981, 2770 f.). Hier ging es bei der 1980
vorgenommenen Bebauung um ein Innenbereichsvorhaben, wie die
Be-klagte Seite 12 ihres Schriftsatzes vom 27.02.1989 (Bl. 49 GA)
in Verbindung mit ihrem Schriftsatz vom 10.03.1989 (Bl. 62 GA)
vorgetragen hat. Die von der Klägerin Seite 8, 11 ihres
Schriftsatzes vom 23.04.1990 (Bl. 128, 131 GA) vertretene Ansicht,
planungsrechtliche Grundlage der Baugenehmigung sei § 33 BBauG
gewesen, ist unzutreffend; denn unstrei-tig ist die Aufstellung des
Bebauungsplanes erst 1983 beschlossen worden. Die Klägerin ist auf
diese Behauptung in zweiter Instanz - zu Recht - auch nicht mehr
zurückgekommen.</p>
<span class="absatzRechts">155</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">156</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Eine "Verläßlichkeitsgrundlage" bot der
Flächen-nutzungsplan auch nicht deshalb, weil er, wie das
Landgericht Seite 8 des angefochtenen Urteils und die Beklagte
Seite 10, 11 der Berufungserwiderung (Bl. 234, 235 GA) in Erwägung
gezogen haben, die nach §§ 1 Abs. 7 BBauG, 1 Abs. 6 BauGB gebotene
Abwägung bei der Beschlußfassung über den Bebau-ungsplan band.
Diese Erwägung ist nämlich unrich-tig. Zwar ist der Bebauungsplan
aus dem Flächennut-zungsplan zu entwickeln (§ 8 Abs. 2 BBauG,
jetzt: BauGB), dies ändert aber nichts an der Notwendig-keit einer
eigenständigen Abwägung im Rahmen der Aufstellung eines
Bebauungsplanes (siehe hierzu z.B. Schlichter-Stich-Tittel, BBauG
3. Aufl. § 5 Rdnr. 3). Das ergibt sich unmittelbar aus §§ 1 Abs. 7
BBauG, 1 Abs. 6 BauGB, versteht sich im übrigen angesichts der
"Großflächigkeit" eines Flä-chennutzungsplanes, dessen
Verabschiedung in aller Regel keine detaillierten Untersuchungen
des gesam-ten Plangebietes vorausgehen können, von selbst. Ob die
planerische Bewältigung eines bekanntgewor-denen Altlastenproblems
vom Flächennutzungsplan ge-nerell nicht geleistet werden kann und
deshalb in diesem nur die - erst seit Inkrafttreten des BauGB
vorgesehene - Kennzeichnung von Verdachtsflächen zu fordern ist (so
Baden ZfBR 1988, 108, 109), kann unentschieden bleiben; denn eine
"Verläßlichkeits-grundlage" für die Unbedenklichkeit einer
Altla-sten-Überbauung bildet der Flächennutzungsplan je-denfalls
nicht, zumal dann nicht, wenn er - wie hier - nicht auf
detaillierten Untersuchungen der Altlastflächen basiert. Solche
Untersuchungen sind - unter gewissen Voraussetzungen - vor
verbindli-cher Festsetzung geboten, also im Zusammenhang mit der
Aufstellung des Bebauungsplanes.</p>
<span class="absatzRechts">157</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">158</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">d) Darüberhinaus fehlt es am
Ursachenzusammenhang</p>
<span class="absatzRechts">159</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">160</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">zwischen der Bauleitplanung und dem
Entschluß der Klägerin, die Grundstücke zu erwerben. Sie hat weder
auf die Geltung eines Bebauungsplanes noch eines
Flächennutzungsplanes vertraut. Unstreitig hat sie vor dem Kauf
Planunterlagen nicht eingese-hen und wußte nicht einmal von der
Existenz des Be-bauungsplanes. Vertraut hat sie allenfalls darauf,
daß das Gebäude legal errichtet worden war. Dies ist völlig
unabhängig von der Frage, ob planungs-rechtliche Grundlage ein
Bebauungsplan oder §§ 34, 35 BauGB waren.</p>
<span class="absatzRechts">161</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">162</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Da die Klägerin Planunterlagen nicht
eingesehen hat, kommt es auch nicht darauf an, ob die Beklag-te in
den Bauleitplänen die Altlastflächen hätte kennzeichnen müssen,
eine Pflicht, die gesetzlich übrigens erst durch das nach
Inkrafttreten der Bau-leitpläne geschaffene BauGB begründet worden
ist. Die im Senatstermin vom 14.02.1991 von der Klägerin vertretene
Ansicht, im Falle der Kennzeichnung hätten jedenfalls die
Voreigentümer von der Altlast erfahren und diese hätten ihre
Kenntnis an sie, Klägerin, im Rahmen der Verkaufsverhandlungen
wei-tergegeben, ist nicht überzeugend. Da die Voreigen-tümer die
Parzellen und x schon bebaut hatten, in-soweit durch den
Bebauungsplan also nicht betroffen wurden, und da sie ferner die
Parzellen x und x nicht bebauen wollten, bestand für sie kein
Anlaß, Bebauungsplan und Planunterlagen einzusehen.</p>
<span class="absatzRechts">163</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">164</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">e) Unter diesen Umständen kommt es
nicht auf die</p>
<span class="absatzRechts">165</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">166</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Frage an, ob der Gewerbetreibende, der
im Vertrauen auf einen Bebauungsplan eine gewerbliche Bebauung
vornimmt, die sich wegen einer Altlast auf dem überbauten Gelände
als unnütz erweist, "Drit-ter" im Sinne des § 839 BGB ist. Der
Senat weist jedoch darauf hin, daß er auch insoweit erhebliche
Bedenken hat:</p>
<span class="absatzRechts">167</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">168</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die bisher veröffentlichte
Rechtsprechung betrifft die Ausweisung von Wohngebieten auf
Altlastflächen (BGH NJW 1989, 976 ff.; 1990, 381 ff., 1038 ff. und
1042 ff.), nicht die Ausweisung von Gewerbe- oder
Industriegebieten. Aus der Pflicht, bei der Auf-stellung von
Bauleitplänen die allgemeinen Anforde-rungen an gesunde Wohn- und
Arbeitsverhältnisse und die Sicherung der Wohn- und
Arbeitsbevölkerung zu berücksichtigen (§ 1 Abs. 6 Satz 2 BBauG
erster Spiegelstrich; § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB), er-gibt sich
zwar die Amtspflicht, die gesundheitli-chen Belange auch der
"Arbeitsbevölkerung" in Rech-nung zu stellen. Das Verbot, durch
planerische Maß-nahmen Gesundheitsgefahren zu erzeugen, ist die</p>
<span class="absatzRechts">169</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">170</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">äußerste Grenze der planerischen
Gestaltungs-freiheit unabhängig davon, ob es um Wohn- oder
gewerbliche Nutzung geht (Schink NJW 1990, 351, 355; Rehbinder JuS
1989, 885, 886; Jochum NVwZ 1989, 635). Als Konsequenz der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Wohnbebauung folgt daraus
aber nur, daß die Arbeitnehmer "Dritte" im Sinne des § 839 BGB
sind, der Gewerbetreibende selbst nur insoweit, als er durch eigene
Tätigkeit auf dem Be-triebsgelände selbst einer Gesundheitsgefahr
ausge-setzt ist - ein Gesichtspunkt, der bei der Klägerin als einer
GmbH von vorneherein keine Rolle spielt. T8pischerweise, und so
auch hier, wird der Gewerbe-treibende nur in seinem
Vermögensinteresse betrof-fen. Dies reicht für sich allein gerade
nicht aus, um einen Drittbezug im Sinne des § 839 BGB zu beja-hen
(BGH NJW 1990, 1038, 1040). Ersatz der unnütz aufgewendeten Kosten
für den Bau eines Hauses hat der Bundesgerichtshof (a.a.O.) dem
Bauherren eines Wohnhauses nur wegen deren unmittelbarer Beziehung
zur Gesundheitsgefährdung zugebilligt. Daran fehlt es bei
Gewerbebetrieben schon deshalb, weil die Gesundheitsgefahr
t8pischerweise die Arbeitnehmer-schaft trifft, den
Gewerbetreibenden nur insoweit, als er auf dem Betriebsgelände
selbst mitarbeitet. Allerdings geht der Bundesgerichtshof für die
Wohnbebauung davon aus, daß "Dritte" im Sinne des § 839 BGB auch
die Wohnbauunternehmen sind, die Verantwortung dafür tragen, daß
die von ihnen errichteten Bauten von Gesundheitsgefahren frei sind
(NJW 1990, 381, 382; 1038, 1040; 1042, 1044). Auf andere
gewerbliche Unternehmen ist dies nach Ansicht des Senats aber nicht
übertragbar. Zwar obliegt dem Arbeitgeber eine Fürsorgepflicht
gegen-über dem Arbeitnehmer. Tatsächlich geht es bei dem Anspruch
auf Ersatz von unnützen Kosten für eine gewerbliche Bebauung aber
nicht, jedenfalls nicht primär, um die Erfüllung dieser
Fürsorgepflicht, sondern um das Vermögensinteresse des
Gewerbetrei-benden.</p>
<span class="absatzRechts">171</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">172</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Selbst wenn man dies anders sehen
würde, so haben doch jedenfalls Kosten außer Betracht zu bleiben,
die deshalb unnütz aufgewendet worden sind, weil der Boden nicht
genügend tragfähig ist. Insoweit geht es, abgesehen von dem Fall,
daß ein Gebäude akut einsturzgefährdet ist - was hier nicht der
Fall ist -, nicht um eine Gesundheitsgefährdung. Die Amtspflicht
zur Prüfung der statischen Berech-nung dient nicht dem Schutz des
Bauherren vor unnützen Aufwendungen für ein Bauvorhaben; das
Bau-genehmigungsverfahren ist nicht dazu bestimmt, dem Bauherren
die Verantwortung für eine einwandfreie Durchführung und
Durchführbarkeit seines Bauvorha-bens abzunehmen (BGH NJW 1963,
1821, 1823). Dement-sprechend gilt für die Bauleitplanung -
unabhängig davon, ob unter Umständen Baugrunduntersuchungen
erforderlich sind -, daß die Gemeinde mit der Aus-weisung von
Baugelände grundsätzlich nicht das Ver-trauen erzeugt, daß der
Baugrund geologisch zur Be-bauung geeignet ist (BGH NJW 1989, 976,
979; 1990, 381, 384; WM 1988, 200, 203).</p>
<span class="absatzRechts">173</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">174</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Schwermetalle im Boden des
Grundbesitzes der Klägerin bilden nach übereinstimmender Ansicht
der Sachverständigen keine Gesundheitsgefahr für die Nutzer der
Grundstücke. Eine etwaige Gefährdung des Grundwassers betrifft
nicht die individuellen Be-lange der Klägerin.</p>
<span class="absatzRechts">175</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">176</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Was die Methanausgasungen angeht, so
mag es sein, daß bei längerer nicht ausreichender Entlüftung und
hoher Konzentration eine Explosionsgefahr auftreten kann. Insoweit
ist aber in Betracht zu ziehen (vgl. Seite 7 des von der Beklagten
eingeholten Gutachtens Sp. und J., Anl. zum Schriftsatz vom
16.01.1990), daß das Eindringen der Gase in das Gebäude Folge der
unzureichenden Gründungsmaßnahmen ist, für die die Klägerin bzw.
die Voreigentümer allein verantwortlich sind. Außerdem ist nicht
von der Hand zu weisen, daß mit zumutbarem Aufwand das Eindringen
von Methangas in das Gebäude verhindert werden kann, jedenfalls in
dem Umfang, daß eine Ex-plosionsgefahr ausscheidet.</p>
<span class="absatzRechts">177</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">178</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">2.</p>
<span class="absatzRechts">179</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">180</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Ob die den Eheleuten Z. im Jahre 1980
erteilte Baugenehmigung fehlerhaft war, kann ebenfalls
da-hinstehen. Die Klägerin ist insoweit nicht "Dritte" im Sinne des
§ 839 BGB. Aus demselben Grund besteht auch kein Anspruch nach § 39
Abs. 1 b OBG, denn auch insoweit ist Anspruchsvoraussetzung, daß
die verletzte Norm zumindest auch dem Individualinter-esse des
Geschädigten dient; der Bauherr hat kei-nen allgemeinen
Gesetzesvollziehungsanspruch (BGH NJW 1983, 1795 ff.; 1990, 1038,
1041).</p>
<span class="absatzRechts">181</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">182</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Unzutreffend ist die Seite 25 der
Berufungsbegrün-dung (Bl. 213 GA) vertretene Ansicht, mit der
Grundstücksübereignung gingen in der Person des Bauherren
entstandene Ersatzansprüche auf den neuen Eigentümer über. Die
angeführten Belegstellen stüt-zen diese Meinung nicht. Erforderlich
ist vielmehr eine Abtretung seitens des Bauherren. Eine solche
behauptet die Klägerin selbst nicht.</p>
<span class="absatzRechts">183</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">184</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Gemeint ist mit der angeführten
Schriftsatzstelle wahrscheinlich, daß der "Nacherwerber" zu dem
durch §§ 839 BGB, 39 OBG geschützten Personenkreis gehö-re. Auch
das ist so nicht richtig.</p>
<span class="absatzRechts">185</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">186</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Dem Bauherren, der im Vertrauen auf die
Rechtswirk-samkeit der Genehmigung nutzlose Aufwendungen ge-macht
hat, steht mit gewissen Einschränkungen, die speziell die statische
Durchführbarkeit betreffen, ein Ersatzanspruch zu. Das Verbot, ohne
Genehmigung zu bauen, ist nur eine präventive Beschränkung der aus
dem Grundeigentum fließenden Baufreiheit, deren Wegfall durch
Erteilung der Genehmigung für den Bauherren einen
Vertrauenstatbestand des Inhalts schafft, daß dem Bauvorhaben
öffentlich-rechtliche Hindernisse nicht entgegenstehen und er
dementspre-chend wirtschaftlich disponieren kann (ständige
Rechtsprechung, siehe z.B. BGHZ 60, 112). Diese Begründung trifft
nicht auf denjenigen zu, der - wie die Klägerin - viele Jahre nach
Errichtung eines Gebäudes den bebauten Grundbesitz erwirbt. Nur in
engen Grenzen wird auch ein anderer als der Antragsteller im
Genehmigungsverfahren durch die Erteilung der Genehmigung in seinem
Vertrauen auf die Realisierbarkeit des Bauvorhabens (die hier zur
Zeit des Kaufs der Klägerin längst erfolgt war; es geht nur um ihr
Vertrauen in die Abbruch-sicherheit des Gebäudes) geschützt. So hat
der Bundesgerichtshof diesen Schutz einem formell nicht am
Genehmigungsverfahren Beteiligten zugebilligt, der aufgrund eines
mit dem Eigentümer geschlossenen Vertrags befugt war, das
Grundstück zu bebauen, und dem ein Anspruch auf
Eigentumsübertragung eingeräumt war (NJW 1985, 2817 ff.). Das OLG
Hamm hat den Schutz bejaht für den, der schon zur Zeit der
Antragstellung des Eigentümers mit diesem einen Vertrag über den
Erwerb des Grundstücks nebst des vom Eigentümer noch zu
errichtenden Hauses ge-schlossen hatte (VersR 1987, 1044, 1046).
Der Senat hat den Grundstückseigentümer in den Schutz einbe-zogen,
mit dessen Einverständnis ein Dritter den Bauantrag gestellt hatte
(NVwZ 1989, 288).</p>
<span class="absatzRechts">187</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">188</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Eine mit diesen Fällen vergleichbare
Gestaltung liegt hier nicht vor. Den Schutz auf den Nacherwer-ber
auszudehnen, der Jahre später das bebaute Grundstück erwirbt, geht
schon deshalb nicht an, weil dadurch die Verjährungsfrist von drei
Jahren praktisch ausgehebelt würde: Bei jedem Neuerwerb entstünde
ein neuer Anspruch mit eigener Verjäh-rung.</p>
<span class="absatzRechts">189</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">190</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Außerdem gelten die oben zu 1) e)
gemachten Ausfüh-rungen zur eigenen Verantwortung des Bauherren für
ausreichende Standsicherheit und Gründungsmaßnahmen des Bauwerks
auch hier. Das Baugenehmigungsverfah-ren ist nicht dazu bestimmt,
dem Bauherren die Verantwortung für eine einwandfreie Durchführung
und Durchführbarkeit seines Bauvorhabens abzunehmen (BGH NJW 1963,
1821, 1823). Die mangelnde Tragfä-higkeit des Bodens, die durch
sachgerechte Grün-dungsmaßnahmen hätte kompensiert werden können,
ist deshalb kein Umstand, der zu Lasten der Beklagten geht.</p>
<span class="absatzRechts">191</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">192</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">3.</p>
<span class="absatzRechts">193</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">194</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Es kann dahinstehen, ob die Deponierung
der Klär-schlammablagerungen auf den Grundstücken den damals
geltenden Abfallbeseitigungsvorschriften widerspro-chen hat. Selbst
wenn dies zu bejahen sein sollte, kann hieraus kein
Amtshaftungsanspruch gegen die Beklagte abgeleitet werden. Die
Pflicht zur ord-nungsgemäßen Deponierung von Schadstoffen oblag ihr
nämlich zum Schutze der Allgemeinheit, nicht zum Schutz der
Klägerin, die Jahre später die Grund-stücke von einem Dritten
erworben hat.</p>
<span class="absatzRechts">195</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">196</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Es kommt auch nicht darauf an, ob die
Beklagte beim Verkauf der Grundstücke an die Eheleute Z. 1978/1980
diese auf die Ablagerungen hätte hin-weisen müssen, soweit diesen -
was streitig ist - das Vorhandensein der Ablagerungen nicht ohnehin
bekannt war. Wenn überhaupt, so konnte das Unter-lassen eines
solchen Hinweises nur vertragliche An-sprüche der Eheleute Z. gegen
die Beklagte begrün-den. Deren Zession an die Klägerin ist nicht
be-hauptet.</p>
<span class="absatzRechts">197</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">198</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">4.</p>
<span class="absatzRechts">199</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">200</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Der Klägerin steht auch nicht deshalb
ein Ersatzan-spruch zu, weil die Beklagte es unterlassen hat, sie
vor dem Grundstückserwerb auf die Bodenbela-stung hinzuweisen. Es
gibt keine Amtspflicht, po-tentielle Erwerber von Altlastflächen
auf die inso-weit eventuell bestehenden Gefahren hinzuweisen. Die
Erfüllung einer derartigen Pflicht wäre auch praktisch unmöglich,
da die Gemeinde die potentiel-len Erwerber üblicherweise nicht
kennt. Einen ge-wissen Schutz bietet die durch das BauGB neu
ge-schaffene Kennzeichnungspflicht in Bauleitplänen (§§ 5 Abs. 3
Nr. 3, 9 Abs. 5 Nr. 3). Abgesehen da-von, daß zur Zeit des
Grundstückserwerbs diese ge-setzliche Kennzeichnungspflicht noch
nicht bestand, fehlt es insoweit an dem erforderlichen
Ursa-chenzusammenhang, wie schon oben unter 1) d) darge-legt. Die
Beklagte wußte zur Zeit ihres Erwerbs nichts von der Existenz eines
Bauleitplans und hat keine Planunterlagen eingesehen.</p>
<span class="absatzRechts">201</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">202</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Unerheblich ist das Schreiben der
Beklagten an No-</p>
<span class="absatzRechts">203</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">204</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">tar Sch vom 12.08.1985 (Bl. 59 GA), in
dem sie eine Löschung der Rückauflassungsvormerkung auf den
Par-zellen Nr. x und x abgelehnt hat, weil diese noch unbebaut
waren, die in ihrem Kaufvertrag mit den Eheleuten Z. begründete
Bauverpflichtung also noch nicht erfüllt war. Aus der
vorausgegangenen Anfrage des Notars vom 17.07.1985 (Bl. 58 GA)
ergab sich nicht einmal, daß der Wunsch der Voreigentümer auf
Löschung der Vormerkungen mit einer Verkaufsabsicht zusammenhing,
erst recht nicht die Person des Er-werbsinteressenten. Es ist auch
nicht richtig, daß die Beklagte mit ihrem Schreiben vom 12.08.1985
auf eine Bebauung gedrängt hat. Sie hat an einer ihr
privatrechtlich eingeräumten Rechtsposition festge-halten,
möglicherweise weil sie damals - sei es zu Recht, sei es zu Unrecht
- eine Bebauung für mög-lich hielt oder diese Frage noch abklären
wollte. Dies begründete keinen schutzwürdigen Vertrauens-tatbestand
für die weder in Anfrage noch in Antwort genannte Klägerin
bezüglich der Bebaubarkeit der Parzellen Nr. x und x. Außerdem
wollte sie diese gar nicht bebauen, wie oben unter 1) b) ausgeführt
ist. Über die bebauten Parzellen Nr. und x sagte die Antwort
überhaupt nichts aus. Schließlich war das von Notar Sch
angesprochene Liegenschaftsamt für definitive Aussagen zur
Bebaubarkeit ersicht-lich nicht zuständig. Anfrage und Antwort
betrafen ausschließlich den privatrechtlichen Bereich, näm-lich die
Frage der Löschung der Auflassungsvormer-kungen, die eine
privatrechtlich begründete Bebau-ungsverpflichtung sichern sollten.
Eine dem öffent-lichen Recht zuzuordnende Auskunft der Baubehörde
über die Bebaubarkeit der Grundstücke wurde weder erbeten noch
erteilt.</p>
<span class="absatzRechts">205</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">206</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">5.</p>
<span class="absatzRechts">207</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">208</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Voraussetzungen eines sogenannten
Amtsmiß-brauchs, bei dem die Drittbezogenheit im Sinne des § 839
BGB keine Rolle spielt, liegen nicht vor. Nicht jede schuldhaft
unrichtige Amtsausübung stellt einen Amtsmißbrauch dar; vielmehr
muß es sich um ein den Forderungen von Treu und Glauben und guter
Sitte widersprechendes Verhalten handeln, wie es immer, aber nicht
nur bei der Verwirklichung der Tatbestandsmerkmale des § 826 BGB zu
bejahen ist (BGH NJW 1990, 836, 838). Greifbare Anhalts-punkte für
einen Amtsmißbrauch sind hier weder vor-getragen noch
ersichtlich.</p>
<span class="absatzRechts">209</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">210</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">6.</p>
<span class="absatzRechts">211</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">212</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Entscheidung über der Kosten beruht
auf § 97 Abs. 1 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbar-keit auf
§§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">213</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">214</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Streitwert zweiter Instanz und Wert der
Beschwer: 631.324,49 DM.</p>
|
314,967 | ag-neuss-1991-03-20-30-c-58090 | {
"id": 713,
"name": "Amtsgericht Neuss",
"slug": "ag-neuss",
"city": 473,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 30 C 580/90 | 1991-03-20T00:00:00 | 2019-03-13T14:42:45 | 2022-10-18T15:09:24 | Urteil | ECLI:DE:AGNE:1991:0320.30C580.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>1.</p>
<p>Die Beklagten werden verurteilt, das in 4047 E 1, N-Weg, gelegene Einfamilienhaus zu räumen und an den Kläger herauszugeben.</p>
<p></p>
<p>2.</p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.</p>
<p></p>
<p>3.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Die Beklagten dürfen die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 18.000,00 DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p>
<p></p>
<p>4.</p>
<p>Streitwert: 15.600,00 DM.</p>
<p></p>
<p>5.</p>
<p>Den Beklagten wird eine Räumungsfrist bis zum 30.06.1991 bewilligt.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Tatbestand:</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten haben durch schriftlichen Vertrag vom 01.03.1990 vom Kläger das Haus N-Weg in 4047 E 1 angemietet. Der monatliche Mietzins beträgt 1.300,00 DM.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat durch Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 23.10.1990 das Mietverhältnis wegen Mietrückstandes in Höhe von zwei Monatsmieten und bislang nicht gezahlter Kaution fristlos gekündigt.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten sind bislang nicht ausgezogen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">die Beklagten wie erkannt zu verurteilen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Sie tragen vor, dass das Sozialamt der Stadt E dem Kläger bzw. dessen Prozessbevollmächtigten vorgeschlagen habe, dass das Sozialamt die Rückstände übernehmen würde, wenn die Beklagten die Wohnung weiter behalten könnten. Dies sei jedoch seitens des Klägers abgelehnt worden.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Bezüglich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die wechselseitigen Schriftsätze und deren Anlagen verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe:</u></p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Klage war gemäß §§ 985, 556, 554 Abs. 1 Ziffer 1 BGB begründet.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der die Kündigung tragende Mietrückstand war zwischen den Parteien unstreitig, so dass der Kläger zum Ausspruch der fristlosen Kündigung berechtigt war.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten können auch nicht damit gehört werden, dass eine Übernahme des Mietrückstandes durch das Sozialamt an einem Verhalten des Klägers gescheitert wäre. Eine Verpflichtung des Klägers, bei Zahlung des Mietrückstandes durch das Sozialamt zu erklären, dass den Beklagten die Wohnung erhalten bleibe, besteht nicht. Was den zukünftigen Mietzins betrifft, so kann der Kläger nicht vorhersehen, ob die Beklagten in Zukunft ihre Mietzinsverpflichtungen erfüllen werden, sodass eine Erklärung des Inhalts, dass den Beklagten die Wohnung erhalten bleibe, faktisch auf einen Verzicht auf das Kündigungsrecht wegen Zahlungsverzug hinausliefe. Dass ein solcher Verzicht von einem Vermieter nicht verlangt werden kann, bedarf keiner näheren Ausführungen. Was dagegen den bis dato angelaufenen Mietrückstand betrifft, so bedurfte es einer entsprechenden Erklärung des Klägers nicht. Gemäß § 554 Abs. 2 Ziffer 2 Satz 1 BGB wird eine Kündigung dann unwirksam, wenn bis zum Ablauf eines Monats nach Eintritt der Rechtshängigkeit der Mietrückstand gezahlt wird oder eine öffentliche T - das Sozialamt - sich zur Befriedigung verpflichtet. Das Sozialamt hatte es somit in der Hand, durch entsprechendes Vorgehen die Kündigung des Klägers unwirksam zu machen, ohne dass es einer entsprechenden ausdrücklichen Erklärung des Klägers bedurft hätte. Soweit in diesem Zusammenhang das Sozialamt E die Sache fehlerhaft bearbeitet haben mag, ist dies nicht dem Kläger als zur Kündigung Berechtigtem anzulasten. Die Unwirksamkeit der Kündigung tritt nur ein, wenn eine tatsächliche Befriedigung oder eine entsprechende Verpflichtungserklärung des Sozialamtes einen Monat nach Rechtshängigkeit erfolgt wäre. Da beides nicht der Fall war, ist die Kündigung des Klägers vom 23.10.1990 weiterhin wirksam.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Klage war somit begründet.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 7, 711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Gemäß § 721 ZPO war den Beklagten eine Räumungfrist zu bewilligen. Bei deren Bemessung war einerseits zu berücksichtigen, dass der Mietrückstand sich bereits im Januar 1991 auf 3.742,00 DM belief, und dass die Beklagten die mietvertraglich geschuldete Kaution nicht gezahlt haben, so dass auch insoweit eine Befriedigungsmöglichkeit des Klägers nicht besteht. Andererseits durfte die gerichtsbekannt desolate Situation auf dem Wohnungsmarkt nicht verkannt werden. Insgesamt hielt es das Gericht daher für angemessen, eine Räumungsfrist von ca. 3 Monaten zu bewilligen.</p>
|
314,968 | lg-dusseldorf-1991-03-19-13-o-58490 | {
"id": 808,
"name": "Landgericht Düsseldorf",
"slug": "lg-dusseldorf",
"city": 413,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 13 O 584/90 | 1991-03-19T00:00:00 | 2019-03-13T14:42:49 | 2022-10-18T15:09:23 | Urteil | ECLI:DE:LGD:1991:0319.13O584.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 1.5oo,— DM abwenden, wenn nicht die Beklagten vorher in gleicher Höhe Sicherheit leisten.</p>
<p>Sicherheitsleistungen können durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Bank oder Sparkasse erbracht werden.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin macht auf sie gemäß § 116 SGB übergegangene Ansprüche des bei ihr früher sozialversicherten und inzwischen verstorbenen Herrn Q geltend. Dieser damals etwa 80 Jahre alte Mann benutzte am 2o. Juli 1989 gegen 14.42 Uhr einen Linienbus der Beklagten zu 1., der vom Beklagten zu 2. gesteuert wurde. Nach dem Einsteigen kam Herr Q beim Anfahren des Busses zu Fall. Er erlitt einen Oberschenkelhalsbruch. Die Klägerin macht die nach dem Teilungsabkommen verbliebenen Kosten der Krankenhausbehandlung geltend.</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin behauptet, der Beklagte zu 2. sei plötzlich und unerwartet angefahren, als der in der Fahrzeugmitte eingestiegene und ersichtlich gehbehinderte Herr Q gerade im Begriff war sich zu drehen, um einen entgegen der Fahrtrichtung angeordneten freien Sitzplatz einzunehmen. Herr Q sei seitlich von dem Sitz gerutscht und in den Gang gefallen. Dem Beklagten zu 2. sei vorzuwerfen nicht gewartet zu haben, bis Herr Pieper sich gesetzt hatte.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:72px">die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 6.975,9o DM nebst 4 <i>% </i>Zinsen seit Zustellung der Klage zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:36px">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Sie behaupten, der Sturz sei allein darauf zurückzuführen, daß Herr Q sich weder einen Halt verschafft, noch den der Eingangstür nächstgelegenen Sitzplatz eingenommen habe. Er sei nämlich, obwohl der Bus mit ca. 1o - 12 Personen nur wenig besetzt gewesen sei, nach vorn zu seiner Ehefrau gegangen, die den vorderen Eingang benutzt hatte.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Akteninhalt Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Das Gericht hat Beweis erhoben.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Sitzung vom 1. März 1991 verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe ;</u></p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist unbegründet. Zwar sind die Voraussetzungen einer gesamtschuldnerischen Haftung der Beklagten gemäß den §§ 7, 8 a und 18 StVG insofern gegeben, als beim Betrieb des Kraftomnibusses der Beklagten zu 1. eine Person verletzt worden ist und es sich bei dem Unfall nicht um ein unabwendbares Ereignis im Sinne von § 7 Abs. 2 StVG gehandelt hat und auch nicht feststeht, daß der Schaden nicht durch ein Verschulden des Beklagten zu 2. entstanden ist. Es ist nämlich nicht auszuschließen, daß ein besonders sorgfältiger und umsichtiger Busfahrer den Unfall hätte vermeiden können, indem er erst seine Fahrt fortsetzte, als sich alle Fahrgäste hingesetzt hatten. Nach den insoweit übereinstimmenden Aussagen der Zeugen Q, U und F war zumindest eine gewisse Gebrechlichkeit des später verletzten Fahrgastes zu bemerken. Da zudem nicht feststeht, daß dem Beklagten zu 2. die Sicht durch den Rückspiegel auf den Gang versperrt war, vielmehr die Beklagten selbst vortragen, der Bus sei nur mit etwa 1o - 12 Personen besetzt gewesen, hätte der Beklagte zu 2. erkennen können, daß ein Fahrgast eingestiegen ist, dessen unbeschadeter Transport erhöhte Rücksichtnahme erfordert.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Andererseits trifft die verletzte Person ein gemäß den §§ 9 StVG und 254 BGB zu berücksichtigendes so erhebliches Mitverschulden, daß dahinter die Haftung der Beklagten zurücktritt.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin muß sich entgegenhalten lassen, daß Herr Q für die Entstehung des Schadens in erster Linie selbst verantwortlich war. Die Beweisaufnahme hat ergeben, daß er in mehrfacher Hinsicht gegen die ihm zur Schadensvermeidung obliegenden Pflichten verstoßen hat. So haben die Zeuginnen Frau Q und Frau F den übereinstimmenden Vortrag der Parteien bestätigt, daß Herr Q zum Einsteigen die Tür in der Fahrzeugmitte benutzt hat. Hierzu bestand nach der Aussage der Zeugin Q keinerlei Anlaß. Der später Verletzte wußte am besten über seine Gebrechlichkeit und/oder Gebehinderung bescheid. Er hätte also nicht nur Anlaß gehabt, in der Nähe des Fahrers einzusteigen, um diesen verbal oder durch Augenschein auf die Behinderung aufmerksam zu machen. Vielmehr wollte Herr Q, wie die Zeuginnen F und Q bestätigt haben, einen Platz im vorderen Bereich des Busses, nämlich in der Nähe seiner Frau, die ihrerseits vorne eingestiegen war, einnehmen. Es wäre daher zur Vermeidung einer Gefahr angezeigt gewesen, sich ebenso wie die Zeugin Q zu verhalten, also in der unmittelbaren Sichtweite des Fahrers einzusteigen und dort den zunächst erreichbaren Sitzplatz einzunehmen. Allein der Umstand, daß zwei gehbehinderte Personen an einer Haltestelle an verschiedenen Türen einsteigen, führt dazu, daß die Aufmerksamkeit des Fahrers sich jedenfalls nicht im gleichen Maße auf beide Personen konzentrieren kann.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Als besonders erheblicher Mitwirkungsanteil ist dem Verletzten vorzuwerfen, daß er nach dem Einsteigen nicht sich entweder auf den nächst erreichbaren Sitzplatz gesetzt oder er sich sonst festen Halt verschafft hat. Mit dem Anfahren des Busses war zu rechnen. Die in einiger Entfernung befindliche Ampelanlage konnte für diesen Vorgang keinen verzögernden Einfluß gewinnen. Im Gegenteil mußte der Beklagte zu 2. nach dem Anhalten an der Haltestelle die Möglichkeit zur Einordnung in den fließenden Verkehr wahrnehmen. Ein den Verkehrsfluß am wenigsten behinderndes Anfahren ist üblicherweise gerade dann möglich, wenn die übrigen Verkehrsteilnehmer ohnehin anhalten müssen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Beweisaufnahme hat ergeben, daß der Geschädigte einen jedenfalls mehrere Meter langen Weg im Bus zurückgelegt hat, bis er sich vorne im Bereich seiner Ehefrau befand. Dies steht zwar im Widerspruch zur Aussage des Zeugen U. Dessen Angaben sind jedoch wenig überzeugend. Sie sind von Ungenauigkeiten gekennzeichnet, die einer beweismäßigen Verwertung entgegenstehen. Dies beginnt bereits mit den Angaben zur Haltestelle, an der die Eheleute Q eingestiegen sein sollen, und setzt sich mit der allen Angaben der übrigen Beteiligten widersprechenden Bekundung fort, beide Eheleute seien vorne eingestiegen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Angaben der Zeuginnen F und Q stimmen dagegen im wesentlichen überein. Danach ist Herr Q von der Tür in der Mitte nach vorn zu seiner Frau gegangen, die sich entweder bereits gesetzt hatte - so die Zeugin Q - oder noch stand - so die Zeugin F. Zwar hat keine der Zeuginnen sich exakt daran erinnern können, daß bestimmte Plätze vor demjenigen auf dem Herr Q Platz nehmen wollte, frei waren. Hierauf kommt es aber auch nicht entscheidend an. Selbst wenn die Plätze in der unmittelbaren Nähe der gewählten Eingangstüre besetzt waren, hätte Herr Q angesichts seiner Gehbehinderung eine dieser Personen bitten müssen, ihm einen Sitzplatz zu überlassen, wenn er nicht bereits von außen erkennen konnte, daß sich gerade in der Nähe der von seiner Frau benutzten Tür freie Plätze befanden. Zumindest hätte er in Erwartung des jederzeitigen Anfahrens sich solange festhalten müssen, bis entweder ein gefahrloses Platznehmen möglich oder eine sonstige Position erreicht war, die eine gefahrlose Beförderung gewährleistete. Der Anfahrvorgang als solcher war nach den Angaben aller Zeugen nicht gefahrträchtig. Der Beklagte zu 2. ist weder ruckartig noch sonst in gefahrbegründender Weise angefahren. Von einem plötzlichen oder unerwarteten Anfahren kann nicht gesprochen werden. Vielmehr muß in einem Linienbus nach dem Einsteigen jederzeit mit der Fortsetzung der Fahrt gerechnet werden. Unter gewöhnlichen Umständen hält gerade im Interesse der Fahrgäste kein Bus länger an einer Haltestelle als unbedingt notwendig.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Wägt man die Verursachungsbeiträge der Parteien gegeneinander ab, steht einem allenfalls als äußerst gering einzustufenden Verschulden des Beklagten zu 2. und der Betriebsgefahr des Busses das erhebliche Eigenverschulden des ehemaligen Mitglieds der Klägerin gegenüber. Die Betriebsgefahr eines Busses ist normalerweise zwar hoch anzusetzen. Vorliegend hat sich diese Betriebsgefahr, die in erster Linie auf die Größe und das Gewicht des Fahrzeugs zurückzuführen ist, jedoch nicht gegenüber einer an dem Betriebsvorgang unbeteiligten Person ausgewirkt. Der Verletzte hat sich nicht nur selbst in das Fahrzeug begeben, um sich befördern zu lassen, vielmehr hat er die in der konkreten Situation aus der Größe des Busses resultierende Gefährlichkeit bewußt ausgenutzt, indem er trotz einer Gehbehinderung vom mittleren Eingang sich zum vorderen Eingang bewegt hat.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die gefahrerhöhend busspezifischen Umstände haben das Unfallgeschehen nicht maßgeblich geprägt, da der Anfahrvorgang keinerlei Besonderheiten aufgewiesen hat. Insgesamt erscheint es daher angemessen, hinter dem Verursachungsbeitrag des Herrn Q die Anteile der Beklagten vollständig zurücktreten zu lassen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 7o8 Nr. 11 und 711 ZPO.</p>
|
314,969 | olgk-1991-03-19-ss-691 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | Ss 6/91 | 1991-03-19T00:00:00 | 2019-03-13T14:42:51 | 2022-10-18T15:09:23 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1991:0319.SS6.91.00 | <h2>Tenor</h2>
<br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline;"><b>G r ü n d e :</b></span></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Das Amtsgericht hat den Angeklagten
"wegen vorsätz-lichen Vergehens gegen § 47 Abs. 1 Nr. 6 AuslG" zu
einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt und die
Vollstreckung der erkannten Strafe zur Be-währung ausgesetzt.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Das Amtsgericht hat folgende
Feststellungen getrof-fen:</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">"Der Angeklagte ist Asylsuchender und
bezeichnet sich als Student. Unter dem Namen B. S. O., geboren
07.08.1966 in I./Nigeria, stellte er am 01.03.1989 einen Asylantrag
in H., den er später nach eigenen Angaben zurückzog.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Im Juni d.J. stellte er in B. einen
Asylfolgeantrag und gab dort den Namen A. O., geboren 02.08.1966 in
I./Nigeria an. Ihm wurde bis einschließlich Septem-ber 1990
Sozialhilfe ausgezahlt.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Am 11.09.1990 stellte er bei der
Ausländerbehörde in L. unter den Personalien "D. B., geboren
10.10.1960 in O./Nigera" einen weiteren Asylantrag. Zu der
Auszahlung von Sozialhilfe kam es nicht, da die Identität des
Angeklagten mit der Person festgestellt werden konnte, die im
vergangenen Jahr und im Juni d.J. Asylanträge in H. und B. gestellt
hat."</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Zur rechtlichen Würdigung hat das
Amtsgericht aus-geführt:</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">"Durch sein Verhalten hat er sich
jedoch eines vorsätzlichen Verstoßes gegen § 47 Abs. 1 Nr. 6 des
Ausländergesetzes schuldig gemacht, weil er als Ausländer gegenüber
dem Ausländeramt L. unrichtige Angaben durch Nennung eines falschen
Namens und ei-nes falschen Geburtsdatums gemacht hat, um sich die
Möglichkeit des weiteren Aufenthalts im Geltungs-bereich des
Ausländergesetzes zu beschaffen. Dies räumt der Angeklagte selbst
ein. Unerheblich ist, daß er zum Zeitpunkt der Antragstellung eine
befri-stete, noch gültige Aufenthaltsgenehmigung besaß. Diese lief
jedoch am 15.10. ab. Die Angaben fal-scher Personalien und
Personaldaten dienten gerade dazu, unter einer neuen Identität sich
eine neue, zeitlich länger gültige Aufenthaltsgenehmigung zu
beschaffen."</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Gegen dieses Urteil richtet sich die
(Sprung-)Revi-sion des Angeklagten mit der Sachrüge.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Das Rechtsmittel hat (vorläufigen)
Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Verurteilung wegen Verstoßes gegen
das Auslän-dergesetz kann keinen Bestand haben.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Nach dem Zusammenhang der Urteilsgründe
ist davon auszugehen, daß sich der Angeklagte durch die unrichtigen
Angaben gegenüber der Ausländerbehör-de in L. eine Bescheinigung im
Sinne des § 20 Abs. 4 AsylVfG beschaffen wollte. Das Amtsgericht
hat dieses Verhalten des Angeklagten als Verstoß gegen § 47 Abs. 1
Nr. 6 AuslG (alte Fassung, AuslG 1965) gewertet. Nach dieser
Vorschrift wird ein Ausländer mit Freiheitsstrafe bis zu einem
Jahre oder mit Geldstrafe bestraft, wer unrichtige oder
unvollständige Angaben macht oder benutzt, um für sich oder einen
anderen Urkunden für die Einreise oder den Aufenthalt im
Geltungsbereich des Ausländergesetzes zu beschaffen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Frage, ob die Bescheinigung nach §
20 Abs. 4 AsylVfG eine Urkunde im Sinne vorgenannter Vorschrift
ist, hat der Senat in einer früheren Entscheidung verneint
(Senatsentscheidung vom 20.11.1990 - Ss 537/90 -). Darin hat sich
der Senat der Auffassung des OLG Karlsruhe (NStZ 1986, 516 = MDR
1986, 959) angeschlossen, durch § 47 Abs. 1 Nr. 6 AuslG seien nur
behördliche, eine Einreise oder Aufenthaltsberechtigung
begründenden Bewilli-gungen erfaßt; das AsylVfG (§§ 19 Abs. 1, 20
Abs. 1) kopple indes mit dem Asylantrag als solchem ein
gesetzliches Aufenthaltsrecht, so daß die entspre-chende
Bescheinigung nach § 20 Abs. 4 AsylVfG nur deklaratorische
Bedeutung habe. Das OLG Karlsruhe hat die Anwendbarkeit des § 47
Abs. 1 Nr. 6 AuslG auf unrichtige Angaben im Asylverfahren darüber
hinaus unter Hinweis auf die Entstehungsgeschichte dieser
Strafvorschrift abgelehnt.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Der Auffassung des OLG Karlsruhe sind
Kloesel-Christ (Deutsches Ausländerrecht, 2. Aufl., Stand Juni
1990, § 47 AuslG Anm. 10) entgegengetreten. Eine Urkunde im Sinne
des § 47 Abs. 1 Nr. 6 AuslG sei - neben anderen - auch die
Aufenthaltsgestat-tung nach § 20 Abs. 4 AsylVfG. Mit dieser
Aufent-haltsgestattungs-Bescheinigung genüge der Asylsu-chende
seiner Ausweispflicht (§ 27 Abs. 1 AsylVfG). Die Bescheinigung
diene dem Asylbewerber als Aus-weis gegenüber den Behörden über
seine Befugnis, sich im Bundesgebiet aufhalten zu dürfen und habe
insofern Beweiseigenschaft. Das OLG Karlsruhe gebe bereits die
Gesetzgebungsgeschichte unvollständig wieder. In diesem
Zusammenhang verweisen Kloesel-Christ (a.a.O.) auf die Begründung
des Bundesrates vom 28.05.1982 zu § 31 des damaligen Entwurfs eines
Ausländergesetzes (BR-Dr 172/82).</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Gegen die Auffassung, der Bescheinigung
nach § 20 Abs. 4 AsylVfG sei lediglich deklaratorische Bedeu-tung
beizumessen, könnte darüberhinaus sprechen, daß - so BVerWG E 79,
291 - die Ausländerbehörde nicht nur eine Rechtspflicht zur
Bescheinigung nach § 20 Abs. 4 AsylVfG hat, sofern der Ausländer
nicht im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis oder einer
Aufenthaltsberechtigung ist (§ 20 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG a.F.),
sondern daß sie diese nur mit den räumlichen, inhaltlichen und
zeitlichen Konkre-tisierungen erteilt, mit denen der Aufenthalt des
Asylbewerbers im Einzelfall in Betracht kommt.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Rechtsfrage, ob der Bescheinigung
nach § 20 Abs. 4 AsylVfG Urkundeneigenschaft im Sinne des § 47 Abs.
1 Nr. 6 AuslG 1965 beizumessen ist, braucht der Senat indes nicht
weiter nachzugehen, weil sich die Gesetzeslage geändert hat.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Strafvorschrift des § 47 Abs. 1
AuslG 1965 ist durch das Gesetz zur Neuregelung des
Ausländer-rechts vom 09.07.1990 (BGBl. I, 1354 f.) geändert worden.
Die Strafvorschriften des zum 01.01.1991 in Kraft getretenen neuen
Ausländergesetzes sind in § 92 zusammengefaßt. § 92 Abs. 1 Nr. 7
AuslG n.F. lautet wie folgt (BGBl. I, 1376, 1377):</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">"Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr
oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer unrichtige oder
un-vollständige Angaben macht oder benutzt, um für sich oder einen
anderen eine Aufenthaltsgenehmigung oder Duldung zu beschaffen,
oder eine so beschaffte Urkunde wissentlich zur Täuschung im
Rechtsverkehr gebraucht..."</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Begriffe "Aufenthaltsgenehmigung"
und "Duldung" sind durch das neue Ausländergesetz definiert. In § 5
AuslG n.F. sind die Arten der Aufenthaltsgeneh-migung beschrieben.
Danach wird die Aufenthaltsgen-ehmigung erteilt als 1.
Aufenthaltserlaubnis (§§ 15, 17), 2. Aufenthaltsberechtigung (§
27), 3. Aufenthaltsbewilligung (§§ 28, 29), 4. Aufent-haltsbefugnis
(§ 30).</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">§ 55 AuslG n.F. enthält eine Aufzählung
der "Dul-dungsgründe". Abs. 1 dieser Vorschrift lautet: "Die
Abschiebung eines Ausländers kann nur nach Maßgabe der Absätze 2
bis 4 zeitweise ausgesetzt werden (Duldung)."</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">In den vorgenannten Absätzen 2 bis 4
des § 55 er-scheint der Begriff "Aufenthaltsgestattung"</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">nicht.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">§ 20 Abs. 4 AsylVfG ist durch das
Gesetz zur Neure-gelung des Ausländerrechts ebenfalls geändert
wor-den, allerdings lediglich dahin, daß die Worte
"Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsberechtigung" durch das Wort
"Aufenthaltsgenehmigung" ersetzt worden sind (BGBl I, 1382). § 20
Abs. 1 Satz 1 AsylVfG n.F. lautet danach wie folgt:</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">"Einem Ausländer, der nicht im Besitz
einer Aufent-haltsgenehmigung ist, wird über die
Aufenthaltsge-stattung eine Bescheinigung erteilt."</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Aus alldem folgt, daß die Bescheinigung
über die Aufenthaltsgestattung (§ 20 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG n.F.)
keine Urkunde im Sinne des § 92 Abs. 1 Nr. 7 AuslG n.F. ist. Denn
die asylrechtliche "Auf-enthaltsgestattung" ist weder
"Aufenthaltsgenehmi-gung" noch "Duldung" im Sinne des neuen
Ausländer-gesetzes.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die unrichtigen Angaben des Angeklagten
gegenüber der Ausländerbehörde in L. zur Beschaffung einer
Aufenthaltsgestattungs-Bescheinigung sind mithin jedenfalls nach
jetziger Gesetzeslage über die Vor-schriften des Ausländergesetzes
nicht strafrecht-lich erfaßt. Dieser Rechtszustand ist für die
Be-wertung des Verhaltens des Angeklagten auch für den Fall
maßgebend, daß sein Verhalten zur Tatzeit nach § 47 Abs. 1 Nr. 6
AuslG 1965 strafbewehrt gewesen sein sollte. Nach § 2 Abs. 3 StGB
ist das mildeste Gesetz anzuwenden, wenn das Gesetz, das bei
Been-digung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert wird. Am
mildesten ist das Gesetz, das für das Ver-halten des Angeklagten
keine Strafandrohung (mehr) vorsieht (vgl. OLG Düsseldorf NJW 1991,
710 = NStZ 1991, 133 Dreher/Tröndle, StGB, 45. Aufl., § 2 Rn. 10).
Die nach § 2 Abs. 3 StGB bedeutsame Gesetzes-änderung ist in jeder
Lage des Verfahrens, vom Re-visionsgericht jedenfalls auf die -
hier erhobene - Sachrüge zu berücksichtigen (BGH NJW 1975, 1038;
OLG Düsseldorf, a.a.O.).</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Der neu entscheidende Tatrichter wird
den Sachver-halt - über den Anklagevorwurf des versuchten Be-truges
hinaus - auch unter dem Gesichtspunkt einer mittelbaren
Falschbeurkundung (§ 271 StGB) bzw. des Versuchs einer solchen zu
prüfen haben. Die Be-scheinigung nach § 20 Abs. 4 AsylVfG ist eine
öf-fentliche Urkunde (OLG Hamm JMBl. NW 1989, 248 = NStE Nr. 3 zu §
271; Senatsentscheidung vom 20.11.1990 - Ss 537/90 -;
Dreher/Tröndle, a.a.O., § 271 Rn. 14 m.w.N.; vgl. auch
Kloesel/Christ, a.a.O., § 47 AuslG Anm. 10).</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">§ 47 Abs. 1 Nr. 6 AuslG a.F. hätte -
seine Anwend-barkeit auf den vorliegenden Fall unterstellt - § 271
StGB nicht verdrängt. Zwischen beiden Vor-schriften besteht keine
Gesetzeskonkurrenz, weil sie unterschiedliche Rechtsgüter schützen.
§ 47 Abs. 1 Nr. 6 AuslG a.F. soll einer mißbräuchlichen
Erschleichung von Dokumenten im Zusammenhang mit der Einreise und
dem Aufenthalt von Ausländern ent-gegenwirken (vgl. OLG Karlsruhe,
a.a.O.), also die Einhaltung ausländerrechtlicher Bestimmungen
ge-währleisten (vgl. die Begründung zum Gesetzesent-wurf der
Bundesregierung, BT-Dr 11/6321 Seite 84). § 271 StGB dient dem
Schutz der besonderen Beweis-kraft öffentlicher Urkunden
(Dreher/Tröndle, a.a.O., § 271 Rn. 2).</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die in der Antragsschrift der
Generalstaatsanwalt-schaft zu einer etwaigen Ordnungswidrigkeit des
An-geklagten nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG geäußerte
Rechtsauffassung gibt dem Senat Anlaß, folgendes zu bemerken:</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Der Vorgang des Verlassens des Bezirks
der Auslän-derbehörde in B. ist nicht Verfahrensgegenstand. Dieser
Vorgang und der Vorgang der Asylantragsstel-lung bilden keine
einheitliche Tat im prozessualen Sinne (§ 264 Abs. 1 StPO).</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Eine davon abweichende
Betrachtungsweise müßte im übrigen § 21 Abs. 1 OWiG beachten, der
für das Zu-sammentreffen von Straftat und Ordnungswidrigkeit eine
Regelung enthält.</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung der
Landesregierung Nordrhein-Westfalen vom 07.11.1989 (GVNRW 1989,
582), die am 30.11.1989 in Kraft getreten ist, dür-fen sich
Asylbewerber im übrigen ohne Erlaubnis vorübergehend im Gebiet des
Regierungsbezirkes auf-halten, in dem die Ausländerbehörde liegt,
für de-ren Bereich dem Ausländer eine Aufenthaltsgestat-tung
erteilt worden ist (OLG Düsseldorf, a.a.O.). Diese Verordnung ist
aufgrund der Ermächtigungsnorm des § 25 Abs. 6 AsylVfG ergangen
(OLG Düsseldorf, a.a.O.).</p>
|
314,970 | olgk-1991-03-15-20-w-191-20-u-10 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 20 W 1/91 20 U 10/91 | 1991-03-15T00:00:00 | 2019-03-13T14:42:53 | 2022-10-18T15:09:23 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1991:0315.20W1.91.20U10.91.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die als Berufung zu behandelnde Beschwerde der Verfü­gungsklägerin vom 19. Dezember 1990 gegen den Be­schluß des Landgerichts Köln vom 10. Dezember 1990 (32 0 685/90) wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten der Berufung. werden der Verfügungsklägerin auferlegt.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Tatbestand</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Verfügungsklägerin hat die Verfügungsbeklagte mit der Stellung einer Bankgarantie beauftragt. Die Garantie steht im Zusammenhang mit einem Ex­portgeschäft in den Irak. Es handelt sich um eine indirekte Garantie. Garan­tiegeber gegenüber dem Geschäftspartner der Verfügungsklägerin ist die S. Bank in Bagdad. Die Antragsgegnerin übernahm dieser gegenüber eine Rückgarantie. Infolge des Handelsembargos gegen den Irak wurde das Geschäft nicht ausgeführt. Durch einstweilige Verfügung möchte die Verfügungsklägerin der Verfügungsbeklagten nunmehr verbieten lassen, Zahlungen an die begün­stigte S. Bank zu leisten.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Auf Grund einer Ausschreibung der B. T. Company, C., Baghdad, Irak (im folgenden C.) gab die Verfügungsklägerin ein Ange­bot über Waren im Werte von 15 Mio DM ab. Das Angebot wurde auf Wunsch der C. in mehrere Teillieferungen aufgegliedert und in dieser Form. angenommen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Dem Vertragsverhältnis liegen die "U. FOR SUPPLYING W.-PHARMACEUTICALS FOR THE YEAR 1990" zugrunde. Die Bedingungen se­hen in Nr. 25 eine "Erfüllungsgarantie" vor:</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Sobald der erfolgreiche Bieter die Auftragsbestätigung erhält, sollte er über die Hauptstelle der S. Bank eine Bankgarantie über 10 % des Auftragswertes vorlegen."</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Am 16. Mai 1990 erteilte die Verfügungsklägerin der Verfügungsbeklagten den Auftragt unter Einschaltung der S. Bank in Bagdad eine Bankgarantie zu stellen. Die Verfügungsbeklagte sollte berechtigt sein, eine Inanspruchnahme "auf erstes Anfordern zu honorieren" Der Auftrag wurde unter gleichem Datum bestätigt. Noch am gleichen Tage beauftragte die Verfügungsbeklagte ihrerseits die S. Bank in Bagdad, eine entsprechende Garantie gegenüber der C. abzugeben, und verpflichtete sich gleichzeitig dazu, im Falle einer Inanspruchnahme der S. Bank, dieser den gezahlten Betrag zu erstatten.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die S. Bank gab ihrerseits gegenüber der C. eine entsprechende Bankgarantie ab.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Bevor es zur Auslieferung der Erzeugnisse kam, verhängte der UN-Sicher­heitsrat als Sanktion gegen die Besetzung Kuwaits durch Resolution Nr. 661/1990 vom 6. August 1990 ein Handelsembargo gegen den Irak. Im weiteren Verlauf ergingen am 8. August 1990 die "Verordnung Nr. 2340/90 zur Verhin­derung des Irak und Kuwait betreffenden Handelsverkehrs der Gemeinschaft" durch den Rat der Europäischen Gemeinschaften und die 10. Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung vom 9. August 1990 durch die Bun­desregierung. Hiernach war die Auslieferung der georderten Erzeugnisse an den Irak verboten.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Irak seinerseits setzte am 16. September 1990 mit rückwirkender Kraft zum 6. August 1990 das Gesetz Nr. 57/1990 in Kraft. Hierdurch wurden die auslän­dischen Unternehmen für alle Schäden haftbar gemacht, die für irakische Stellen aus dem Verzug oder der Nichterfüllung von Verträgen infolge des Em- bargos entstehen. Umgekehrt wurden die irakischen Unternehmen von jegli­cher Haftung freigestellt. Irakischen Gerichten und Schiedsstellen wurde un­tersagt, irgendeine Klage zu verhandeln, die gegen irakische Unternehmen entgegen dieser Regelung erhoben wird. Ferner wurde die Anerkennung ab- weichender ausländischer Entscheidungen oder Gesetze ausgeschlossen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Auf Grund des strafbewehrten Handelsembargos stoppte die Verfügungskläge­rin am 13. August 1990 die Lieferung. Mit Telex vom 15. August 1990 forderte die S. Bank in Bagdad die Verfügungsbeklagte auf, die Rückgarantie bis zum 30. November 1990 zu verlängern oder den Garantiebetrag auszuzahlen. Hierüber informierte die Verfügungsbeklagte die Verfügungsklägerin am 30. August 1990. Noch am gleichen Tage teilte die Verfügungsklägerin mit, daß sie eine Inanspruchnahme der Garantie für rechtsmißbräuchlich halte, da es sich um eine "Bietungsgarantie" gehandelt habe, deren Sicherungszweck bereits mit der Unterzeichnung des Vertrages entfallen sei; im übrigen sei die Zahlung</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks"><strong>auch auf Grund des Handelsembargos verboten.</strong></p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 6. Dezember 1990 übersandte die Verfügungsklägerin der Verfügungsbeklagten den Entwurf der Antragsschrift des vorliegenden Verfah­rens und forderte sie auf, bis zum 7. Dezember 1990 zu erklären, daß sie aus der Garantie keine Zahlungen an die S. Bank vornehmen werde. Mit Schreiben vom gleichen Tage erklärte die Verfügungsbeklagte, ein Verfü­gungsgrund bestehe nicht, weil derzeit Zahlungen an den Irak aus Garantien nicht genehmigt würden. Außerdem sei kein Verfügungsanspruch erkennbar, da</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">ihr bisher nicht mit liquiden Beweismitteln nachgewiesen sei, daß die Inan­spruchnahme der Garantie offensichtlich rechtsmißbräuchlich wäre.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Verfügungsklägerin hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">der Verfügungsbeklagten im Wege der einstweiligen Verfü­gung aufzugeben, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungs­geldes bis zu 500.000,00 DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder der Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, aus ihrer zu Gunsten der S. Bank, Baghdad, erstellten Ga­rantie Nummer 418/3644 vom 16.05.1990 über 430.153,00 DM irgendwelche Beträge oder Teilbeträge zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat den Antrag durch den angefochtenen Beschluß als unzu­lässig zurückgewiesen mit der Begründung, ein Rechtsschutzinteresse fehle, weil die Verfügungsklägerin durch das Verhalten, dessen Untersagung sie be­gehre, nicht unmittelbar in ihrem Rechtskreis verletzt werde. Außerdem sei auch kein Verfügungsanspruch gegeben. Wegen Einzelheiten wird auf den Be­schluß vom 10. Dezember 1990 (BI. 109 ff. d.A.) Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Verfügungsklägerin. Sie wiederholt und vertieft ihr bisheriges Vorbringen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Verfügungsklägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung des Beschlusses vom 10. Dezember 1990 -32 0 685/90 -, der Verfügungsbeklagten aufzugeben, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder der Ord­nungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, aus ihrer zu Gunsten der S. Bank, Baghdad, erstellten Garantie Nr. 418/3644 vom 16.05.1990 über 430.153,00 DM irgendwelche Beträge oder Teilbeträge zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Verfügungsbeklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">die Beschwerde zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und meint, es bestehe weder ein Verfügungsanspruch noch ein Verfügungsgrund.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Wegen aller weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die nach Anberaumung einer mündlichen Verhandlung als Berufung zu behan­delnde Beschwerde ist nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">I.)</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Der Antrag ist schon nicht zulässig, weil ein rechtliches Interesse am Erlaß des Verbots fehlt.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Durch Antrag auf Erlaß einer Sicherungsverfügung (§§ 935, 938 ZPO) kann die Sicherung eines bestehenden Rechtes begehrt werden. Ein solches Recht kann sich aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis schon nach dem Vortrag der Verfügungsklägerin nicht ergeben, ohne Rücksicht darauf, ob die Inan­spruchnahme der Garantie durch den Begünstigten im Einzelfall rechtsmiß- bräuchlich wäre.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Verfügungsklägerin hat die Verfügungsbeklagte mit der Stellung der Bankgarantie beauftragt. Mangels abweichender Vereinbarungen unterliegt das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien, das "Deckungsverhältnis" (Heidrich in Festschrift für Kegel, 1987, S. 179,180) deutschem Recht (Heidrich aa0. S. 185, 186; 189). Es ist als Geschäftsbesorgungsvertrag im Sinne von § 675 BGB zu qualifizieren (OLG Frankfurt NJW-RR 87,1264 = WM 88,1480). Gegenstand des Vertrags ist im Falle einer indirekten Garantie die Beauftragung einer dritten Bank mit der Abgabe einer Garantieerklärung gegenüber dem Vertragspartner des Auftraggebers und die Eingehung einer Zahlungsverpflichtung gegenüber der beauftragten Zweitbank in Form einer Rückgarantie. Dies ist weisungsge­mäß geschehen.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Ob die Bank die eingegangene - eigene - Verpflichtung gegenüber dem Begün­stigten im Falle einer Inanspruchnahme erfüllt, ist allein ihre Sache. Sie kann Erstattung ihrer Auslagen nur verlangen, wenn sie diese für erforderlich hal­ten durfte (§ 670 BGB). Insoweit, ist anerkannt, daß auch bei einer Garantie auf erste Anforderung keine Zahlungsverpflichtung der Bank gegenüber dem Garantienehmer besteht, wenn "offensichtlich oder liquide beweisbar" ist, "daß trotz Vorliegens der formellen Voraussetzungen (formeller Garantiefall) der Ga­rantiefall im Valutaverhältnis (materieller Garantiefall ) nicht eingetreten ist" (BGHZ 90,287 = NJW 84,2030). In diesem Fall "scheitert der Zah­lungsanspruch aus der Garantie am Einwand des Rechtsmißbrauchs" (BGH aa0). Die Zahlung der Bank in einem solchen Falle würde daher auch keinen Erstat­tungsanspruch gegenüber dem Auftraggeber begründen, da die Bank diese Aufwendung nicht für erforderlich halten durfte.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung der Bank kann durch den Auftraggeber aber nicht beeinflußt werden. Das ergibt sich schon daraus, daß die Bank ein Interesse daran haben kann, auch bei offensichtlichem Rechtsmißbrauch den Garantieanspruch zu er­füllen, um ihre Geschäftsverbindung und eigene wirtschaftliche Interessen nicht zu gefährden (OLG Frankfurt NJW-RR 87,1264 = WM 88,1480). Sie kann in einem solchen Fall von einer Belastung des Auftraggebers absehen. Dessen Interesse ist erst dann berührt, wenn die beauftragte Bank nach Zahlung der Garantiesumme gem. § 670 BGB Ersatz ihrer Aufwendungen verlangt, sein Konto entsprechend belastet oder eine gegebene Sicherheit in Anspruch nimmt (OLG Stuttgart NJW 81,1913 = ZIP 81,497; OLG Frankfurt NJW 81,1914; OLG Frankfurt NJW-RR 87,1264 = WM 88,1480; OLG Frankfurt WM 88,1480).</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Dies verkennt die Gegenauffassung, die einen Unterlassungsanspruch grund­sätzlich für denkbar hält und für den Fall bejaht, daß die Inanspruchnahme der Garantie rechtsmißbräuchlich ist und der Rechtsmißbrauch offensichtlich oder mit "liquiden Beweismitteln" belegbar ist (OLG Saarbrücken RiW 81,338 = WM 81,275; OLG Frankfurt NJW 83,575; LG Frankfurt NJW 81,56; Hein NJW 81,58; Horn NJW 80,2152 ff.).</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Sie hält den Kunden schon durch die bloße Zahlung für benachteiligt, weil die Bank sich auf Grund der geltenden AGB nach erfolgter Zahlung aus Guthaben des Kunden oder aus gegebenen Sicherheiten befriedigen könne und der Kunde gegebenenfalls den Beweis des Rechtsmißbrauchs führen müsse (Hein NJW 81,58).</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Bereits der Ansatz der Gegenauffassung bedarf einer Korrektur. Die Formel, nach der die Inanspruchnahme der Garantie rechtsmißbräuchlich und der Rechtsmißbrauch offensichtlich oder mit "liquiden Beweismitteln" belegbar sein muß (OLG Saarbrücken RiW 81,338 = WM 81,275; OLG Frankfurt NJW 83,575; LG Frankfurt NJW 81,56; Hein NJW 81,58; Horn NJW 80,2152 ff.), geht ersichtlich auf die bereits zitierte Grundsatzentscheidung des BGH (BGHZ 90,287 = NJW 84,2030) zurück, läßt sich hieraus jedoch in dieser Form nicht ableiten.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Der BGH hatte über die Inanspruchnahme einer Garantiebank zu entscheiden, die er nach deutschem Recht beurteilte (kritisch hierzu Heidrich in Festschrift für Kegel 1987, S.179 ff.). Der Einwendungsausschluß, der mit einer Garantie auf erste Anforderung verbunden ist, unterliegt - bei Anwendung deutschen Rechts - den Maßstäben von Treu und Glauben. Wenn daher der materielle Ga­rantiefall offensichtlich nicht eingetreten ist, kann dem Garantieanspruch - bei Anwendung deutschen Rechts - der Einwand des Rechtsmißbrauchs entgegen­gehalten werden (BGHZ 90,287 <em>= </em>NJW 84,2030).</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Die - vom BGH nicht zu entscheidende - Frage, wie sich eine Zahlung der Bank bei dieser Situation auf den Erstattungsanspruch gegenüber dem Auf­traggeber nach § 670 BGB auswirken würde, wird von der nachfolgenden Rechtsprechung dahin beantwortet, daß die Bank die Zahlung in einem solchen Fall nicht für erforderlich halten darf und daher nicht Ersatz ihrer Aufwen­dungen verlangen kann. Das ist im Ergebnis zutreffend, folgt jedoch nicht aus der isolierten Bewertung des Zahlungsverlangens als "rechtsmißbräuchlich" im Sinne deutschen Rechts, sondern daraus, daß sich die Bank nach deutschem Recht gegen die Inanspruchnahme mit diesem Einwand erfolgreich verteidigen kann. Unterliegt das Rechtsverhältnis einer anderen Rechtsordnung, so kommt es nicht auf die "Rechtsmißbräuchlichkeit" nach deutschem Recht, sondern darauf an, ob die Bank mit Erfolg einen entsprechenden Einwand geltend ma­chen kann.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Mit einer drohenden ungerechtfertigten Inanspruchnahme des Kunden und Be­weisschwierigkeiten bei, der Rückforderung läßt sich jedoch ein Unterlassungs­anspruch nicht rechtfertigen. Wie oben bereits ausgeführt, erfolgt eine Rück­belastung des Kunden nach Zahlung der Garantiesumme nicht zwangsläufig. Außerdem wird dem Kunden auch bei Bejahung eines unmittelbaren Unterlas­sungsanspruchs die Beweisführung nicht erspart. Voraussetzung auch für die­sen Anspruch ist die offensichtlich ungerechtfertigte Inanspruchnahme der Ga­rantie. Auch im Rahmen eines Unterlassungsbegehrens müßte der Kunde glaub­haft machen oder nachweisen, daß die Bank sich gegen die Inanspruchnahme aus der Garantie ohne Risiko verteidigen kann.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Da somit schon nach dem Vorbringen der Verfügungsklägerin kein Verfügungs­anspruch besteht, hat das Rechtsmittel keinen Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Streitwert: 430.153,00 DM</p>
|
314,971 | olgham-1991-03-14-4-u-1791 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 4 U 17/91 | 1991-03-14T00:00:00 | 2019-03-13T14:42:54 | 2022-10-18T15:09:23 | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1991:0314.4U17.91.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das am 13. November 1990 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Paderborn abgeändert.</p>
<p>Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.</p>
<p>Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 2 ZPO abgesehen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Berufung der Antragsgegnerin ist zulässig und begründet. Der Verfügungsantrag ist schon deshalb zurückzuweisen:, weil es hier an der wirksamen Vollziehung der Urteilsverfügung gemäß § 929 Abs. 2 ZPO fehlt. Denn die Urteilsverfügung des Landgerichts ist von dem Antragsteller entgegen § 176 ZPO nicht an die Prozeßbevollmächtigten der Antragsgegnerin zugestellt worden, sondern an die Antragsgegnerin persönlich.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Dieser Zustellungsmangel kann hier auch nicht nach § 187 ZPO als geheilt angesehen werden. Da die Antragsgegnerin die ihr zugestellte Ausfertigung nicht innerhalb der Monatsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO ihren Prozeßbevollmächtigten hat zukommen lassen, wie es in der zitierten Entscheidung des OLG Koblenz der Fall gewesen ist (OLG Koblenz GRUR 1980, 944), kommt hier als Heilungstatbestand nur die innerhalb der Monatsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO erfolgte Amtszustellung der Urteilsverfügung in Betracht. Ob einer solchen Amtszustellung überhaupt Heilungskraft zukommen kann, braucht hier nicht abschließend entschieden zu werden (vgl. zu dieser Frage auch Senatsurteil vom 24. November 1988 - 4 U 225/88 - WRP 1989, 262). Jedenfalls für den hier vorliegenden Fall, daß dem falschen Adressaten zugestellt worden ist, kann eine Amtszustellung an den richtigen Adressaten diesen Zustellungsmangel nicht nach § 187 ZPO heilen. Denn der klassische Fall der Heilung im Sinne des § 187 Abs. 1 ZPO ist der, daß gerade das zuzustellende Schriftstück dem richtigen Zustellungsempfänger anderweitig zugeht. Durch die Amtszustellung der einstweiligen Verfügung erreicht den Zustellungsempfänger aber nicht das zuzustellende Schriftstück, sondern ein anderes, das dem zuzustellenden lediglich inhaltsgleich ist. Im Rahmen des § 187 ZPO reicht es für die Heilung eines Zustellungsmangels nicht aus, daß der Zustellungsempfänger anderweitig über den Inhalt des zuzustellenden Schriftstücks informiert wird. Es ist vielmehr erforderlich, daß er das Schriftstück selbst in die Hand bekommt, so daß die Zustellung gewissermaßen, wenn auch auf einem Umweg, doch noch das richtige Ziel erreicht. Durch die Amtszustellung wird dieses Ziel aber noch nicht erreicht. Die Amtszustellung der einstweiligen Verfügung an den richtigen Zustellungsempfänger beseitigt nur dessen Unkenntnis vom Inhalt des zuzustellenden Schriftstücks. Prüfungsmöglichkeiten, ob die Vollziehung im übrigen in Ordnung ist, werden dem Prozeßbevollmächtigten als dem richtigen Zustellungsempfänger so nicht eingeräumt. Er weiß so noch nicht einmal, ob überhaupt vollzogen worden ist. Ließe man auch in diesem Falle eine Heilung durch die Amtszustellung zu, würde letztlich im Ergebnis dann doch die Amtszustellung die Parteizustellung ersetzen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Im übrigen neigt der Senat auch in der Sache dazu, daß dem Verfügungsbegehren hier keine besonderen Erfolgschancen einzuräumen gewesen wären. Schon die wechselnde Geschäftsbezeichnung wirkt irritierend. Darüber hinaus ist auch zweifelhaft, ob der Bezeichnung "Input" eine solche Kennzeichnungskraft zuzubilligen gewesen wäre, daß sich deren Schutzbereich auch auf die Firma der Antragsgegnerin erstreckt hätte. Jedenfalls dürfte eine Verkehrsgeltung seiner Geschäftsbezeichnung vom Antragsteller noch nicht ausreichend glaubhaft gemacht worden sein.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Ziffer 10 ZPO.</p>
|
314,972 | olgham-1991-03-13-20-u-13690 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
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"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 20 U 136/90 | 1991-03-13T00:00:00 | 2019-03-13T14:42:56 | 2022-10-18T15:09:23 | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1991:0313.20U136.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Klägers wird - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen - das am 22. Februar 1990 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund teilweise abgeändert.</p>
<p>Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 29.100,- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 11. Oktober 1989 zu zahlen.</p>
<p>Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p>Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 3/10 und die Beklagte 7/10.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger verlangt Kaskoentschädigung wegen Diebstahls seines Mercedes 190 E in Höhe von in zweiter Instanz 40.000,- DM.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Kläger behauptet, er sei am 16.12.1988 mit seinem Schwager nach ... zum Einkaufen gefahren und habe am nächsten Morgen sein Fahrzeug in der Nähe des Marktes geparkt. Als er gegen 11.00 Uhr zurückgekommen sei, sei das Fahrzeug nicht mehr dort gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte bestreitet den Diebstahl des Fahrzeuges und hält ihn für vorgetäuscht. Sie weist auf die ungünstige finanzielle Situation des Klägers sowie auf den Umstand hin, daß der Kläger und sein Schwager in der Vergangenheit in dubiose Verkehrsunfälle verwickelt gewesen seien.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, da der Kläger nicht den vollen Beweis für den Diebstahl erbracht habe. Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und macht im übrigen Leistungsfreiheit wegen folgender Obliegenheitsverletzungen des Klägers geltend:</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat in der Schadenanzeige vom 19.12.1988 die Gesamtlaufleistung des Fahrzeuges mit ca. 38.000 km angegeben. In dem Gutachten des Sachverständigen ..., das anläßlich eines Verkehrsunfalles am 30.01.1988 erstellt worden ist, ist die Laufleistung mit 52.844 km angegeben. Der Kläger hat dazu ausgeführt: Er habe umfangreiche Umbauarbeiten am Fahrzeug vorgenommen, u.a. Einbau eines 2,6 Liter Motors, Austausch von Getriebe, Kardanwelle, Differenzial- und Bremsscheiben. Praktisch sei alles bis auf die Karosserie erneuert worden. Er habe deshalb den Tacho bei der Firma ... auf 10.000 km zurückdrehen lassen, so daß die in der Schadenanzeige angegebene Laufleistung von ca. 38.000 km seiner Meinung nach richtig sei. Im übrigen habe er den Versicherungsvertreter ..., der die Schadenanzeige aufgenommen habe und dem der Wagen und der Umbau genauestens bekannt sei, dies auch so erklärt.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Von der weiteren Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §543 Abs. 1 ZPO abgesehen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist zum Teil begründet.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der Kläger kann von der Beklagten gemäß §13 Abs. 1 AKB Entschädigung für den Diebstahl des Fahrzeuges in Höhe von 29.100,- DM verlangen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks"><b>1.</b></p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat den ihm obliegenden Beweis des Fahrzeugdiebstahls erbracht.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">An die Beweisführung eines Versicherungsnehmers für einen Fahrzeugdiebstahl sind keine allzu strengen Anforderungen zu stellen, weil der Wert einer Diebstahlversicherung sonst in vielen Fällen fehlender Tataufklärung von vornherein in Frage gestellt und der Versicherungsnehmer sehr oft entgegen dem Zweck des Versicherungsvertrages schutzlos wäre. Deshalb genügt der Versicherungsnehmer seiner Beweislast für den behaupteten Diebstahl jedenfalls vorläufig schon dann, wenn er einen Sachverhalt behauptet und erforderlichenfalls beweist, der nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit darauf schließen läßt, daß die versicherte Sache in einer den Versicherungsbedingungen entsprechenden Weise entwendet worden ist. Dazu genügt die Feststellung solcher Tatumstände, denen hinreichend deutlich das äußere Bild eines versicherten Diebstahls entnommen werden kann (ständige Rechtsprechung, vgl.: BGH VersR 84, 29 = VVGE §12 AKB Nr. 5; VersR 87, 146; VersR 90, 45, 46).</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Da nicht der unredliche, sondern der redliche Versicherungsnehmer der Regelfall ist, können hinreichende Wahrscheinlichkeit oder gar Verdachtsmomente zur Führung des Gegenbeweises nicht ausreichen. Vielmehr muß der Versicherer konkrete Tatsachen darlegen und beweisen, welche die Annahme einer Vortäuschung mit erheblicher Wahrscheinlichkeit nahelegen (BGH VersR 84, 29).</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Zum unverzichtbaren Beweis eines Mindestmaßes an Tatsachen (BGH VersR 78, 732; VersR 80, 229), aus denen sich das äußere Bild des Diebstahls mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erschließen läßt, gehört bei einem Kfz-Diebstahl der Beweis, daß das Fahrzeug zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort abgestellt und später dort nicht mehr vorgefunden worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Diesen erleichterten Beweis hat der Kläger erbracht. Der Senat folgt insoweit der Aussage des Zeugen .... Der Zeuge hat im einzelnen die Fahrt nach ... geschildert und bestätigt, daß der Wagen vormittags in der Nähe des Marktplatzes abgestellt worden ist. Als sie beide vom Einkauf zurückgekommen seien, sei der Wagen nicht mehr dort gewesen. Der Senat hat keine begründeten Zweifel an der Richtigkeit der Aussage. Der Zeuge hat ausführlich Einzelheiten über die Fahrt nach ... geschildert, die in sich stimmig und glaubhaft waren. Der Senat hat vor Vernehmung des Zeugen den Kläger angehört, der den Vorfall ebenfalls ausführlich geschildert hat. Die Aussage des Zeugen paßte zu der Schilderung des Klägers. Sie stimmte auch in solchen unbedeutenden Nebensächlichkeiten überein, daß der Senat die Überzeugung gewann, daß sich der Vorfall tatsächlich so - wie geschildert - abgespielt hat und die Aussage des Zeugen mit dem Kläger vorher nicht abgesprochen und festgelegt war.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks"><b>2.</b></p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Demgegenüber hat die Beklagte keine Tatsachen dargelegt, denen die erhebliche Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung des Versicherungsfalles entnommen werden kann.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Es sind keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, daß der Kläger nicht in der Lage gewesen sein sollte, die teuren Umbauarbeiten am Fahrzeug vorzunehmen. Zum einen liegen Fotos vom Fahrzeug des Klägers vor, die einen Teil der Umbauarbeiten erkennen lassen. Darüber hinaus sind verschiedene Umbauten im Kfz-Schein angegeben (z.B. 2,6 Liter Motor, Seitenleisten, Frontspoiler, Heckschürze). Weiterhin liegen auch Rechnungen bezüglich der Umbauarbeiten vor. Zur finanziellen Situation hat der Kläger dargetan, daß er in der Vergangenheit mehrere Unfallfahrzeuge gekauft, repariert und mit Gewinn weiterverkauft habe, diverse Ersparnisse besitze, eine Abfindung von seinem Arbeitgeber erhalten habe, seine Schwiegermutter ihm einen Zuschuß bei der Anschaffung des Fahrzeuges gegeben habe und seine Großmutter ihn finanziell durch Zahlung der Versicherungsprämien unterstütze. Damit scheidet die finanzielle Situation als Indiz für eine Vortäuschung aus.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die Tatsache, die das Landgericht für wesentlich erachtet hat, daß der Kläger von April 1986 bis Januar 1988 in vier Verkehrsunfälle verwickelt gewesen ist, die keine gründliche polizeiliche Ermittlung ausgelöst hätten, begründet ebenfalls keine erhebliche Wahrscheinlichkeit dafür, daß dieser Diebstahl vorgetäuscht ist. Der Vortrag der Beklagten dazu ist nicht substantiiert und stellt allenfalls einen vagen Verdacht dar. Der Kläger hat im einzelnen in der Berufungsbegründung geschildert, wie es zu den vier Unfällen gekommen ist. Darauf hat die Beklagte nicht substantiiert erwidert. Wegen keiner der Unfälle hat es ein Strafverfahren gegen den Kläger gegeben. Sämtliche Schäden sind von den Versicherern reguliert worden. Auffallend ist zwar, daß desöfteren der Zeuge ... als Unfallzeuge zur Verfügung steht, umgekehrt bei Unfällen des Zeugen ... Kläger als Zeuge dabei war. Diese Auffälligkeiten allein reichen aber nicht aus, eine erhebliche Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung dieses Versicherungsfalles zu begründen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks"><b>3.</b></p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Eine zur Leistungsfreiheit der Beklagten führende Obliegenheitsverletzung des Klägers liegt nicht vor.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Allerdings ist die vom Kläger in der Schadenanzeige abgegebene Erklärung zur Laufleistung mit ca. 38.000 km unrichtig. Auch wenn ein Fahrzeug generalüberholt und so weitgehend umgebaut worden ist, daß praktisch alle beweglichen Teile wie Motor, Fahrwerk und Bremsen erneuert worden sind, kann die bis dahin zurückgelegte Laufleistung der Karosserie nebst den übrigen Einbauten nicht unberücksichtigt bleiben. Mit der Frage nach der Gesamtlaufleistung will der Versicherer erkennbar in Erfahrung bringen, wieviel Kilometer mit diesem Fahrzeug zurückgelegt worden sind. Denn für den Wert eines Fahrzeuges kommt es entscheidend auch auf diese Gesamtlaufleistung an.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat allerdings nicht bewiesen, daß sie über diese Umstände, die zur Kilometerangabe von 38.000 geführt haben, nicht informiert war.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Der Beweis, daß der Versicherungsnehmer unzutreffende Angaben gemacht hat, läßt sich mit der Vorlage des objektiv unrichtig ausgefüllten Formulars dann nicht mehr führen, wenn der Versicherungsnehmer substantiiert behauptet, den Agenten mündlich zutreffend unterrichtet zu haben. Der vom Versicherer zu führende Nachweis der Obliegenheitsverletzung erfordert dann den Beweis, daß der Versicherungsnehmer entgegen seiner substantiierten Behauptung den Agenten nicht zutreffend mündlich unterrichtet hat.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Diese vom BGH für den Bereich der Beantwortung von Gesundheitsfragen im Versicherungs <u>antrag</u> aufgestellten Grundsätze (BGH VersR 69, 833 = VVGE §44 VVG Nr. 4) gelten sinngemäß aber auch für die Feststellung von Obliegenheitsverletzungen im weiteren Verlauf eines Versicherungsvertrages, insbesondere auch in der Kaskoversicherung bei Erklärungen in der Schadenanzeige. Denn auch insoweit ist der Agent "Auge und Ohr" des Versicherers (§43 Nr. 2 VVG) und stellt die Unterschrift des Versicherungsnehmers nur ein erschütterbares Indiz für die Wahrheit der in ihr bestätigten Tatsachen und unterliegt der freien richterlichen Beweiswürdigung gemäß §286 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Die Vernehmung des Zeugen ... der als Versicherungsagent der Beklagten die Schadensanzeige ausgefüllt hat, hat eine Obliegenheitsverletzung des Klägers nicht ergeben, vielmehr ist die Behauptung des Klägers, den Versicherungsagenten mündlich zutreffend unterrichtet zu haben, bestätigt worden. Der Zeuge ... hat ausgesagt, ihm sei das Fahrzeug des Klägers mit all den Umbauten genauestens bekannt gewesen und der Kläger habe ihm erklärt, wie er die 38.000 km verstehe. Für seine Begriffe sei das Fahrzeug des Klägers wegen der Umbauten tatsächlich auch wie neu gewesen und die Karosserie bzw. deren Laufleistung habe ihn nicht interessiert. Damit scheidet eine Obliegenheitsverletzung des Klägers aus.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks"><b>4.</b></p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Bezüglich der Entschädigungshöhe folgt der Senat den Ausführungen des Sachverständigen ... gegen die keine Partei im Termin Einwendungen erhoben hat. Danach bemißt sich der Wert unter Berücksichtigung aller am Fahrzeug befindlichen Änderungen und zusätzlichen Ausstattungen auf 29.400,- DM. Abzüglich der vereinbarten Selbstbeteiligung in der Teilkaskoversicherung von 300,- DM steht dem Kläger daher ein Entschädigungsbetrag von 29.100,- DM zu.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§284, 288 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks"><b>6.</b></p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§92, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Die Beschwer des Klägers beträgt 10.900,- DM, die der Beklagten 29.100,- DM.</p>
|
314,973 | olgham-1991-03-12-7-u-16590 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 7 U 165/90 | 1991-03-12T00:00:00 | 2019-03-13T14:42:57 | 2022-10-18T15:09:23 | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1991:0312.7U165.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Beklagten wird das am 18. Oktober 1990 verkündete Urteil der Zivilkammer III des Landgerichts xxx abgeändert.</p>
<p></p>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Es beschwert den Kläger um 19.000,00 DM.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist begründet.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger steht kein Anspruch gegen den Beklagten aus dem Klagescheck gemäß Art. 12, 40, 45 ScheckG zu. Der Beklagte hat den Klagescheck nicht selbst ausgestellt. Deshalb könnte er aus dem Klagescheck nur dann in Anspruch genommen werden, wenn xxx den Beklagten bei der Ausstellung des Schecks wirksam vertreten hätte. Das ist jedoch nicht der Fall.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Dahinstehen kann die Frage, ob xxx gemäß § 164 Abs. 1 EGE im Namen des Beklagten aufgetreten ist. Denn xxx fehlte jedenfalls die Vollmacht, mit Wirkung für und gegen den Beklagten unbeschränkt über das Konto zu verfügen. Der Kläger hat zwar behauptet, der Beklagte habe xxx ermächtigt, das Konto ins Debet zu führen. Er hat seine Behauptung aber nicht bewiesen. Denn der Zeuge xxx hat bekundet, daß xxx lediglich befugt gewesen sei, das Konto auf Guthabenbasis zu führen. Wenn das Konto zuweilen ins Debet geraten sei, sei das lediglich darauf zurückzuführen, daß sich eine kurzfristige Überziehung nicht habe vermeiden lassen. Auch der Beklagte hat anläßlich seiner Parteivernehmung nicht bestätigt, daß xxx unbeschränkt über das Konto habe verfügen können. Der Kläger ist damit beweisfällig geblieben, obwohl er beweispflichtig war. Denn wer ein Vertretergeschäft behauptet, muß es auch beweisen (Palandt-Heinrichs § 164 Anm. 5).</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Kontovollmacht, die der Beklagte xxx erteilt hat, enthält auch nicht von vornherein die Befugnis, das Konto zu überziehen. Das hat der Senat bereits mehrfach entschieden (zuletzt Urteil vom 05.12.1989 -7 U 115/89). Diese Rechtsprechung steht mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof im Einklang (BGH MDR 1953, 354).</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Kläger kann sich auch nicht auf eine Duldungs- oder Anscheinsvollmacht berufen. Umstände, die darauf schließen lassen, daß der Beklagte die Überziehung des Kontos durch xxx geduldet hat, sind nicht ersichtlich. Die Beweisaufnahme hat jedenfalls keine in diese Richtung gehenden Hinweise ergeben, zumal der Beklagte in seiner Vernehmung als Partei erklärt hat, er habe das Konto sofort aufgelöst, als er von der Ausstellung der beiden Schecks erfahren habe.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Kläger kann sich auch nicht auf eine Anscheinsvollmacht berufen. Nach den Grundsätzen der Anscheinsvollmacht kann sich der Vertretene auf den Mangel der Vollmacht seines angeblichen Vertreters nicht berufen, wenn er dessen Verhalten zwar nicht kannte, es aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte kennen und verhindern können und wenn der Geschäftsgegner das Verhalten des Vertreters nach Treu und Glauben dahin auffassen durfte, der Vertretene dulde und billige das Handeln seines Vertreters. Es ist jedoch nicht erkennbar, aufgrund welcher Umstände der Beklagte hätte erkennen können, xxx werde den Klagescheck ausstellen und damit das Konto ins Debet bringen. Der Umstand, daß xxx Kontovollmacht hatte und unter Überschreitung seiner Befugnisse in der Lage war, Schecks auszustellen, die von dem Kontoguthaben nicht mehr gedeckt waren, genügt nicht, um eine Anscheinsvollmacht zu bejahen. Denn xxx hatte sich bis zur Ausstellung des Klageschecks stets korrekt verhalten. Jedenfalls waren dem Beklagten bis zu diesem Zeitpunkt keine Umstände bekannt geworden, die ihn hätten veranlassen können, dem Beklagten die Vollmacht zu entziehen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">VRiOLG Espey befindet sich in Urlaub und ist deshalb an der Unterschriftsleistung verhindert.</p>
|
314,974 | ag-dusseldorf-1991-03-08-28-c-1677090 | {
"id": 653,
"name": "Amtsgericht Düsseldorf",
"slug": "ag-dusseldorf",
"city": 413,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 28 C 16770/90 | 1991-03-08T00:00:00 | 2019-03-13T14:42:59 | 2022-10-18T15:09:23 | Urteil | ECLI:DE:AGD:1991:0308.28C16770.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>hat das Amtsgericht Düsseldorf</p>
<p>auf die mündliche Verhandlung vom 22.2.1991</p>
<p>durch die Richterin am Amtsgericht X</p>
<p></p>
<p>für R e c h t erkannt :</p>
<p></p>
<p> Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p> </p>
<p> Die Kosten des Rechtsstreits werden den </p>
<p> Klägern als Gesamtschuldnern auferlegt.</p>
<p></p>
<p> Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>T a t b e s t a n d :</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Kläger buchten bei der Beklagten eine Reise nach Marokko für die Zeit vom 28.8.1990 bis 11.9.1990 zum Gesamtpreis von 4.196,-- DM. Es handelte sich um ein Kombinationsprogramm, welches drei Nächte in Marrakesch und 11 Nächte in Agadir vorsah.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Mit der Klage machen die Kläger Minderung des Reisepreises geltend.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Sie haben zunächst Minderung in Höhe von 1.528,40 DM unter Berücksichtigung des von der Beklagten bereits geleisteten Betrages in Höhe von 150,-- DM verlangt. Sie haben aufgrund einer weiteren Zahlung der Beklagten in Höhe von 480,-- DM die Klage in dieser Höhe zurückgenommen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Kläger behaupten, in Marrakesch sei keine Reiseleitung der Beklagten gewesen. Nicht beraten hätten sie sich einem einheimischen Fremdenführer anvertraut, der sie mit einem Messer bedroht und einen völlig überhöhten Preis für seine Führung verlangt hätte. Der Service im gebuchten Hotel in Marrakesch sei schlecht gewesen, da gleichzeitig ein großer Ärztekongress stattgefunden habe und sich das ganze Personal ausschließlich um die Kongressteilnehmer gekümmert hätte. Der Transfer von Marrakesch nach Agadir habe in einem äußerst engen Kastenwagen stattgefunden. Der Wagen sei total verschmutzt gewesen. Den größten Teil der Fahrt hätten sie mit angewinkelten Beinen sitzen müssen. Das im Hotel X zugewiesene Zimmer sei primitiv eingerichtet, schmutzig und viel zu klein gewesen. Es sei mit Wanzen und Kakerlaken übersät gewesen. Auf ihre Beschwerde hin sei ihnen ein anderes Zimmer gezeigt worden, das zwar größer, aber ebenso primitiv eingerichtet und völlig verschmutzt gewesen sei. Sie hätten sich daraufhin entschlossen, das Hotel abzulehnen. Am nächsten Tag hätten sie in das Hotel XX umziehen können. Dort hätten sie bis 1.00 Uhr nachts überdurchschnittlich laute Musik aus der Hotelbar ertragen müssen. Auch tagsüber hätten sie keine Ruhe gefunden wegen unmittelbar an die Hotelanlage angrenzender Baustellen. Insgesamt sei eine Minderung in Höhe von 40 % des Reisepreises angemessen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Kläger beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">1048,40 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 6.11.1990</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Sie ist der Ansicht, über den kulanter Weise gezahlten Betrag in Höhe von 630,--DM hinaus stünden dem Kläger keine weiteren Ansprüche zu. Im Katalog sei auf eine individuelle Erkundung Marrakeschs hingewiesen. Aus dem Katalog ergäbe sich auch, dass dem gebuchten Hotel in Marrakesch ein Kongreßzentrum angeschlossen war. Für den Transfer nach Agadir hätten die Kläger keinen klimatisierten Reisebus erwarten können. Das gebuchte Zimmer im Hotel X sei nicht mit Wanzen und Kakerlaken übersät und verdreckt gewesen. Der Umzug in das Hotel XX habe auf dem eigenen Wunsch der Kläger beruht. Für Lärmbelästigungen dort sei sie nicht verantwortlich, weil die Kläger in der ursprünglich gebuchten Anlage hätten bleiben können.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks"><b><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :</u></b></p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Über die von der Beklagten geleisteten 630,-- DM hinaus stehen den Klägern Minderungsansprüche nicht zu.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Aus der Katalogbeschreibung ist zu ersehen, dass in Marrakesch ein individueller Aufenthalt gebucht war. Jedem Reisenden, auch einem Pauschalreisenden, ist es zuzumuten, sich vor Antritt einer Reise in ein fremdes Land über die dortigen Gegebenheiten, z. B. anhand eines Reiseführers zu informieren. Die Gefahren eines Besuchs der Altstädte in Marokko dürften als allgemein bekannt vorausgesetzt werden. </p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Mängel hinsichtlich eines schlechten Services in dem in Marrakesch gebuchten Hotel sind nicht substantiiert dargelegt worden.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Zutreffend weist die Beklagte darauf hin, dass es sich bei der Fahrt von Marrakesch nach Agadir nicht um eine gebuchte Busreise, sondern lediglich um einen Transfer handelte. Mit dem Komfort eines Reisebusses konnten die Kläger nicht rechnen. Zu berücksichtigen ist auch stets, dass nicht die Maßstäbe angelegt werden können, die in einem zivilisierten europäischen Land gelten. </p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Schon aus der Hotelbeschreibung, wonach die Zimmer zweckmäßig eingerichtet sein sollten, hätten die Kläger entnehmen können, dass es sich um eine einfache und nicht eine Luxusausstattung der Zimmer handelte. Eine bestimmte Größe des Zimmers war den Klägern auch nicht zugesagt worden. Darüber hinaus ist den Klägern ein anderes Zimmer in der Hotelanlage angeboten worden, das - wie die Kläger selbst in ihrem Schreiben an die Beklagte eingeräumt haben - größer war. </p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Substantiierte Ausführungen zum angeblichen Dreck in den Zimmern der gebuchten Hotelanlage liegen nicht vor. </p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Wie gerichtsbekannt ist, muss auch in Luxushotels in südlichen Ländern mit Ungeziefer gerechnet werden. Diese Mängel werden üblicherweise durch Insektensprays beseitigt. Von Wanzen und Kakerlaken in dem ersatzweise angebotenen Zimmer der gebuchten Hotelanlage ist nicht die Rede, so dass lediglich nicht substantiiert vorgetragener Schmutz als Mangel übrig bliebe. </p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Nach all dem hatten die Kläger keinen Anspruch darauf, in ein anderes Hotel umzuziehen. Wenn sie dies aufgrund freien Entschlusses taten, müssen sie die dort vorhandenen Mängel entschädigungslos in Kauf nehmen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Zusammenfassend ist festzustellen, dass den Klägern ein über die Kulanzleistung hinausgehender Betrag nicht zusteht.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Ziffer 11 ZPO.</p>
|
314,975 | olgk-1991-03-06-6-u-290 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 6 U 2/90 | 1991-03-06T00:00:00 | 2019-03-13T14:43:01 | 2022-10-18T15:09:22 | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1991:0306.6U2.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der Tatbestand des Urteils des Senats vom 18.01.1991 wird auf Seite 5 der Ausfertigung in Zeilen 13/17 wie folgt klargestellt: Anstelle des Halbsatzes "Sie hat diese Kosten insgesamt mit 614.154,13 DM beziffert ..." tritt der Halbsatz: "Sie hat die Kosten der ersatzweise geschalteten Beilage insgesamt mit 614.154,13 DM und die darin enthaltenen Mehrkosten gegenüber der bisherigen Werbung</p>
<p>mit 400.000,-- DM beziffert ...".</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Gründe</span></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Tatbestandsberichtigungsantrag der Klägerin ist gem. § 320 ZPO zulässig. Er hat insoweit Erfolg, als die bisherige mißverständliche Formulierung durch eine die Angaben unmißverständlich darlegende ersetzt worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung konnte im Einverständnis beider Parteien ohne mündliche Verhandlung getroffen werden.</p>
|
314,976 | lg-bonn-1991-03-01-3-o-41890 | {
"id": 804,
"name": "Landgericht Bonn",
"slug": "lg-bonn",
"city": 394,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 3 O 418/90 | 1991-03-01T00:00:00 | 2019-03-13T14:43:02 | 2022-10-18T15:09:22 | Urteil | ECLI:DE:LGBN:1991:0301.3O418.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p>Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits.</p>
<p>Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung der Beklagten in Höhe von 2.300,-- DM vorläufig vollstreckbar.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Tatbestand</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Kläger sind zu je 1/20 Miteigentümer des im Grundbuch von J Blatt #### (AG T2) eingetragenen Grundstück Gemarkung J, Flur #, Flurstücke ###, ###, ### und ### (Privatweg) an der C Straße in M 1.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Mit notariellem Vertrag vom 26. Juli 1984 des Notars E in T2, UR.-Nr.: ###/19##, hatte der damalige Eigentümer T3 insgesamt 8/101 seines Eigentums an dem Grundstück auf insgesamt 16 Anlieger des Privatweges, darunter auch die Kläger, übertragen. Im Jahre 1987 übertrug er insgesamt 1/10 seines Resteigentums auf die Anlieger N.  In dem notariellen Vertrag vom 26.07.1984 wird hinsichtlich "der Unterhaltung der Wegeflächen" auf eine privatschriftliche Vereinbarung der Vertragsparteien vom 15.06.1984 verwiesen. Diese Vereinbarung ist später auch auf das Ehepaar N ausgedehnt worden.  Nach Ziffer 3 der "Vorbemerkungen" der "Vereinbarung" vom 15.06.1984 sollte "auf den bisher als Privatweg genutzten Grundstücken eine endgültige Erschließungsanlage nach Maßgabe dieser Vereinbarung errichtet werden“. Und gemäß § 1 der Vereinbarung ist "Gegenstand dieses Vertrages ... die endgültige Planung; Vermessung und Herstellung der für die Erschließung der Grundstücke der Anlieger notwendigen Erschließungsanlagen, nämlich</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">a) der Privatstraße, d. h. .</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">- der zum Anbau bestimmten Straße (Fahrbahn und ggfs. Gehweg) einschließlich</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">- der Straßenbeleuchtung und</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">- der Straßenentwässerung;</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">b) der Kanalisationsanlagen, d.h.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">-  der der Grundstücksentsorgung dienenden Kanalisationsanlagen (ausschließlich der Grundstücksanschlüsse) sowie der Anschluss dieser Kanalisationsanlagen an den in der Straße N-Straße verlegten öffentlichen Kanal"</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Außerdem heißt es in § 7 Abs. 1 der Vereinbarung:</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">"Sämtliche Anlieger bevollmächtigten mit der Unterzeichnung dieser Vereinbarung die Eheleute T unwiderruflich, namens und in Vollmacht sowie auf Rechnung aller Vertragsparteien die zur Wartung, Instandhaltung und Unterhaltung der Erschließungsanlagen erforderlichen Aufträge zu vergeben und Verträge abzuschließen....</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die vorherige Zustimmung der übrigen Vertragsparteien ist für die Auftragsvergabe nicht erforderlich: sie gilt als erteilt mit der Unterzeichnung dieses Vertrages ..."</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den in Kopie vorgelegten Vertrag bzw. die Vereinbarung Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom10.04.1989 bat die Beklagte u. a. auch die Kläger um Zustimmung zu der beabsichtigten Verlegung einer Erdgasleitung in dem oben genannten Grundstück und teilte den Klägern mit, zwei der Anlieger würden einen Anschluss ihrer Häuser an die zu verlegende Leitung wünschen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">In der Folgezeit verweigerten die Kläger ihre Zustimmung.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 26.06.1987 an die Beklagte, welche dieses den Klägern übermittelte, teilten insgesamt 14 Miteigentümer des Grundstücks (7/10 Miteigentumsanteile) der Beklagten mit:</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">“Die nachfolgend Unterzeichnenden beantragen als Interessengemeinschaft und im Sinne eines Mehrheitsbeschlusses gemäß § 745 BGB Abs. 1 und Abs. 2 den Anschluss des o.a. Privatweges an das öffentliche Erdgasnetz, um eine mögliche Energieversorgung mit Erdgas, wie die S angeboten hat, nutzen zu können..."</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Im Jahre 1990 verlegte die Beklagte eine Erdgasleitung in dem oben genannten Grundstück.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Mittlerweile sind zwei der Anliegergrundstücke an die Erdgasleitung angeschlossen und die gesamte Energieversorgung und Beheizung der entsprechenden Häuser ist auf Erdgas eingestellt.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Eine anderweitige Versorgung der Anlieger des Privatweges mit Erdgas ist nicht möglich, da die Versorgung leitungsgebunden ist und die Rohrleitungen nur im Erdboden verlegt werden können. Die Beseitigung der Leitung würde etwa 30.000,-- DM kosten.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Kläger meinen,</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">der Zweck des Privatweges sei in dem notariellen Vertrag vom 26.07.1984 und in der Vereinbarung vom 15.06.1984 abschließend festgelegt worden. Eine Änderung der Vereinbarung vom 15.06.1984 sei nicht durch Mehrheitsbeschluss, sondern nur durch Vertrag mit allen Beteiligten möglich.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Dies gelte vor allem auch deshalb, weil nach der Präambel Nr. 3 und § 1 des Vertrages vom 15.06.1984 die Erschließungsanlagen als "endgültig" bezeichnet würden. Eine Regelung nach § 745 Abs. 1 BGB sei durch § 7 der Vereinbarung ausgeschlossen. Sie seien nicht verpflichtet, den Eingriff der Beklagten in ihr Miteigentum zu dulden. Die Verlegung der Erdgasleitung stelle außerdem eine wesentliche Veränderung des Grundstücks im Sinne von § 745 Abs. 3 BGB dar, insbesondere deshalb, weil durch eine solche Leitung erhebliche Gefahren für sie und ihr Eigentum entstünden.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Sie behaupten hierzu, durch die Verlegung der Leitung sei eine gerade bei Erdgas häufig auftretende Explosion potentiell zu befürchten.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Sie sind außerdem der Ansicht, die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, daß schon andere nicht in dem Vertrag vom 15.06.1984 vorgesehene Leitungen, insbesondere eine Wasserleitung, in dem Privatweg verlegt seien, weil die Kläger nichts gegen diese Leitungen einzuwenden gehabt hätten.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die Kläger beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, die Erdgasleitung zu beseitigen, die in den Privatweg verlegt ist, der im Grundbuch des Amtsgerichts T2 für J, Flur #, Flurstücke ###, ###, ### und ###, eingetragen ist und der vor den Anwesen in C2, C Straße ##-##, verläuft.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte meint,</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">die Verlegung der Gasleitung sei durch einen wirksamen Mehrheitsbeschluss der Miteigentümer gedeckt.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien, die  Sitzungsniederschrift vom 25. Januar 1991 und den Inhalt der beigezogenen Akte ## C ###/## AG T2 Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe :</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Die Kläger haben keinen Anspruch auf Beseitigung der Erdgasleitung gemäß der §§ 1008, 1011 und 1004 Abs. 1 BGB oder aus einem anderen Rechtsgrund gegen die Beklagte.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte war aufgrund eines wirksamen Mehrheitsbeschlusses im Sinne von § 745 Abs. 1 BGB berechtigt, die o.g. Erdgasleitung zu verlegen, die Kläger sind deshalb zu deren Duldung verpflichtet.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Da es sich im vorliegenden Fall um Miteigentum nach Bruchteilen im Sinne des § 1008 BGB handelt, finden die §§ 741 f BGB und damit auch § 745 Abs. 1 BGB grundsätzlich Anwendung.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Der Mehrheitsbeschluss der Miteigentümer gemäß § 745 Abs. 1 BGB war nicht durch die Vereinbarung vom 15.06.1984 und den auf sie Bezug nehmenden notariellen Vertrag vom 26 07.1984 ausgeschlossen;</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Gegenstand des Vertrages sind die dort abschließend aufgeführten Maßnahmen und Anlagen, nämlich die Herstellung der Privatstraße, die Straßenbeleuchtung, die Straßenentwässerung und die Kanalisationsanlage.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Auch § 7 Abs. A ff. »der Vereinbarung bezieht sich nur auf die Herstellung der Straße und die o.g. Erschließungsanlage. Nur hinsichtlich der in dem Vertrag genannten Anlagen enthält der Vertrag eine endgültige Regelung.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Eine  Regelung hinsichtlich anderer Erschließungsanlagen ist damit gerade nicht getroffen worden, so daß deren Verlegung bzw. ein dahingehender Beschluss der Miteigentümer durch die Vereinbarung auch nicht ausgeschlossen ist.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Damit war auch eine Regelung hinsichtlich anderer Erschließungsanlagen, insbesondere einer Erdgasleitung möglich.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">In Bezug auf die verlegte Erdgasleitung war eine solche Regelung auch nicht gemäß § 745 Abs. 3 BGB ausgeschossen, denn eine wesentliche Veränderung des gemeinsamen Gegenstandes ist nicht gegeben.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Eine solche wesentliche Veränderung ist regelmäßig dann gegeben, wenn die Zweckbestimmung oder die Gestalt des gemeinschaftlichen Gegenstandes in einschneidender Weise geändert wird (vgl. BGHZ 101, 24, 28: OLG Hamburg in OLGZ 1990, 141, 144 m w N.).</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Dies ist hier nicht der Fall.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Eine Änderung der Zweckbestimmung des Grundstückes ist deshalb nicht gegeben, weil sich schon aus dem Vertrag vom 15.06.1984 ergibt, daß der Privatweg neben anderen Zwecken auch der Aufnahme der Kanalisationsanlage, d.h. einer Erschließungsanlage, dienen sollte. Eine solche Erschließungsanlage stellt aber auch eine Erdgasleitung dar. Die Verlegung dieser Leitung entspricht damit einem der Zwecke des Grundstücks.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Eine wesentliche Veränderung im Sinne des § 745 Abs. 3 BGB liegt auch nicht deshalb vor, weil den Klägern durch die Verlegung der Erdgasleitung besondere Kosten entstanden sind oder entstehen werden. Dies ist unstreitig nicht der Fall.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Es liegt auch keine einschneidende Veränderung der Gestalt des Grundstücks (mehr) vor. Denn der Privatweg wurde unstreitig in seiner ursprünglichen äußeren Gestalt, auf die es im Rahmen des § 745 Abs. 3 BGB allein ankommt, wieder hergestellt.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Die Mehrheit der Miteigentümer bzw. der Miteigentumsanteile (7/10 der Anteile) konnte im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung und Benutzung den Klägern gegenüber wirksam gemäß § 745 Abs. 1 BGB über die Verlegung der Erdgasleitung entscheiden.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Die beschlossene Maßnahme liegt angesichts der bereits in dem Weg verlegten Leitungen (s.o.), der unstreitig nur in dem Privatweg möglichen Verlegung einer Erdgasleitung und des zwischenzeitlich erfolgten Anschlusses von mindestens zwei Anliegergrundstücken an die verlegte Erdgasleitung im Rahmen dessen, was unter den konkreten Umständen als vernunftgemäße Maßnahme und normale Nutzung zu werten ist (vgl. auch § 745 Abs. 2 BGB). Sie hält sich damit in den Grenzen der ordnungsgemäßen Verwaltung und Benutzung (vgl. zum Begriff der Verwaltung OLG Hamm in JMBI NW 1991, 46).</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">In diesem Zusammenhang können sich die Kläger nicht auf die besondere Gefährlichkeit von Erdgasleitungen berufen. Zu der konkreten Gefährlichkeit der im Erdreich des Privatweges verlegten  Erdgasleitung haben die Kläger nichts vorgetragen. Sie haben vielmehr nur behauptet, durch die Verlegung der Leitung sei eine gerade bei Erdgas häufig auftretende Explosion potentiell zu befürchten.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich der konkreten Situation ergeben sich auch aus den in den Verfahren ## C ###/## AG T2 vorgelegten Zeitungsartikeln keine vergleichbaren Fälle.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Im übrigen können sich die Kläger insoweit nicht auf die Möglichkeit einer Explosion eines Erdgasanschlusses bzw. eines an Erdgas angeschlossenen Hauses berufen, weil sich ihre Miteigentumsrechte nur auf den Privatweg und die dort verlegte Leitung, nicht aber auf die Grundstücke der Anlieger und die dort verlegten Anschlüsse beziehen. Auch insoweit ist der Vortrag der Kläger unschlüssig, weil es sich bei den in den vorgelegten Zeitungsartikeln geschilderten Fällen in der Mehrzahl um Gasexplosionen in Häusern oder an Gasanschlüssen handelt.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Der Nutzungsanteil der Kläger ist durch die Verlegung der Erdgasleitung nicht beeinträchtigt, vielmehr können die Kläger den Weg wie bisher benutzen, insbesondere begehen oder befahren.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Die Mehrheit der Miteigentümer durfte auch ohne Hinzuziehung der Minderheit über die Verlegung der Erdgasleitung entscheiden (Vgl. Staudinger-Huber, 12. Auflage, 1986, § 745 Rdnr. 16).</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Im Innenverhältnis ist der Beschluss der Mehrheit für alle Teilhaber bindend, d.h. jeder Teilhaber ist den übrigen Teilhabern gegenüber verpflichtet, an der Ausführung des Beschlusses mitzuwirken (Palandt-Thomas, 50. Auflage, § 745 Rdnr. 4 m.w.N.). Soweit Mehrheitsbeschlüsse im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung und Benutzung zulässig sind, vertritt die Mehrheit der Miteigentümer grundsätzlich  die Minderheit gegenüber Dritten, d.h. die Mehrheitsbeschlüsse äußern grundsätzlich auch Außenwirkung (vgl. OLG München in NJW 70, 711 m.w.N; BGHZ 56, 46, 49 m.w.N.).</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Dies gilt jedenfalls im Falle eines Verpflichtungsgeschäfts, gilt aber auch im vorliegenden Falle der Verfügung über das Miteigentum, so daß das Handeln der Beklagten von dem wirksamen Mehrheitsbeschluss vom 26.06.1989 gedeckt war.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Zwar können gemäß § 747 S. 2 BGB die Teilhaber über den gemeinschaftlichen Gegenstand im ganzen nur gemeinschaftlich verfügen, zur Mitwirkung kann die überstimmte Minderheit im Falle des § 745 Abs. 1 BGB im Innenverhältnis aber auch bei einer Verfügung verpflichtet werden (vgl. BGHZ 101, 24, 26 ff.). Der Anspruch auf Mitwirkung ist klagbar (vgl. Palandt-Thomas, 50. Auflage, § 745 Rdnr. 4).   Er kann auch an den durch den Mehrheitsbeschluss begünstigten Dritten abgetreten werden, d.h. dieser kann notfalls mit der Mehrheit kontrahieren und sich den Anspruch auf die rechtssichernde Zustimmung der übrigen Teilhaber abtreten lassen (vgl. Staudinger-Huber, a.a.O., § 745 Rdnr. 38; MüKo-Schmidt 2. Auflage, 1986, § 745 Rdnr. 25).</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Dieses Verfahren ist jedoch unnötig umständlich. Es wäre auch wenig sinnvoll, das Mehrheitsprinzip nur im Innenverhältnis gelten zu lassen, für eine Außenwirkung der Beschlüsse dagegen gemeinschaftliches Handeln aller Teilnehmer zu verlangen, § 745 Abs. 1 BGB wäre dadurch zu einem guten Teil seiner praktischen Bedeutung beraubt.</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Der Zweck des Mehrheitsprinzips des § 745 Abs. 1 BGB ist es gerade, die ordnungsgemäße Verwaltung auf unkomplizierte, Verzögerungen ausschließende Weise zu ermöglichen. Dieser Zweck wäre beeinträchtigt, hätte die Minderheit das Recht, die Maßnahme bis zur rechtskräftigen Verurteilung zu verhindern. Einem gesetzmäßig gefassten Beschluss muss sie sich ohnehin beugen.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Dies gilt auch im vorliegenden Fall. Es wäre sinnlos, die Beklagte allein wegen der fehlenden, weil nicht (klageweise)  erzwungenen Zustimmung der Kläger, zur Beseitigung der Erdgasleitung zu verurteilen, eben weil die Mehrheit der Miteigentümer die Kläger jederzeit, notfalls klageweise, zur Zustimmung zwingen und nach einer entsprechenden Entscheidung die Leitung wieder verlegen lassen könnte (vgl. BGH NJW 53, 1427).</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Gegen die Außenwirkung des Mehrheitsbeschlusses bestehen im vorliegenden Fall auch deshalb keine Bedenken, weil die Kläger durch den Beschluss bzw. die beschlossene Maßnahme unstreitig zu keinerlei Leistungen aus ihrem Privatvermögen verpflichtet wurden (vgl. insoweit MüKo Schmidt, a.a.O., § 745 Rdnr. 25 f).</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Die vorliegende Mehrheitsentscheidung genügt schließlich auch dem Bestimmtheitsgrundsatz.</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91, 100 Abs. 1 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.</p>
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314,977 | olgk-1991-03-01-19-u-16190 | {
"id": 822,
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} | 19 U 161/90 | 1991-03-01T00:00:00 | 2019-03-13T14:43:04 | 2022-10-18T15:09:22 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1991:0301.19U161.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="h2 absatzLinks">T a t b e s t a n d</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat als Haftpflichtversicherung der Firma W. in K
Schäden in Höhe von 106.444,79 DM gegenüber der A. Versicherungs-AG
reguliert, die aufgrund eines Wasserschadens am 6. August 1987 im
Geschäftshaus der A. K, aufgetreten waren. Sie nimmt die Beklagte
nunmehr aus übergegangenem Recht auf Erstattung in Anspruch.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Firma W. hatte mit Bauvertrag vom 27. März/1. April 1987
gegenüber der A. L. die Ausführung von Klima- und
Lüftungsbauarbeiten im Sanierungsbe-reich des zweiten
Obergeschosses des genannten Ge-schäftshauses übernommen. Im Rahmen
dieser Arbei-ten hatte die Firma W. u. a. eine
Wasseraufberei-tungsanlage für einen Klimaschrank der EDV-Anlage zu
installieren.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Mit der Lieferung und dem Einbau der Wasseraufbe-reitungsanlage
beauftragte die Firma W. ihrerseits die Beklagte. Weiterhin gehörte
zu dem der Beklag-ten erteilten Auftrag auch die Installation einer
Wasserwarnanlage. Diese Anlage sollte nach Aus-tritt schon von
geringen Mengen Wassers eine Ver-bindung zwischen zwei Fühlern
herstellen, die auf ein Magnetventil einwirken sollten. Bei
ordnungs-gemäßer Funktion sollte sich sodann dieses Magnet-ventil
schließen und den weiteren Wasserauslauf verhindern. Die
Installation dieses Magnetventils gehörte allerdings nicht zu den
vertraglich über-nommenen Aufgaben der Beklagten, sondern sein
Einbau oblag der Firma W.. Die Zuleitung zu diesem Magnetventil
wiederum gehörte im Bereich der un-mittelbar vor diesem
Magnetventil angebrachten In-stallationen gleichfalls noch zum
Leistungsumfang der Firma W.; die weitere Zuleitung vom Medienraum
her hingegen war Teil des Gewerks einer Firma S., die ihrerseits
nicht Subunternehmerin der Firma W., sondern unmittelbar von der
Bauherrin beauftragt war (vgl. im einzelnen Fotografien Bl. 90, 93,
200 d. A.).</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Am 6. August 1987 kam es zu einem Wassereinbruch im
Geschäftshaus der A. V. Das Wasser trat aus einem
Versorgungsschlauch der von der Beklagten gefertigten und
gelieferten Wasseraufbereitungsan-lage aus, der sich vom
Aufbereitungsgerät gelöst hatte, weil eine Schlauchschelle nicht
ausreichend befestigt war. Das Wasser durchdrang das erste
Obergeschoß bis ins Erdgeschoß und verursachte er-hebliche
Gebäudeschäden. Die Lieferung des Schlau-ches mit den
Anschlußvorrichtungen und dessen Mon-tage hatte zum vertraglich
übernommenen Aufgaben-bereich der Beklagten gehört.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Im Verhältnis zwischen der Firma W. und der Beklagten waren die
Arbeiten der Beklagten am 3. August 1987, also vor dem
Schadensfall, abge-nommen worden. Die Arbeiten der Firma W. durch
die Bauherrin hingegen waren zum damaligen Zeitpunkt noch nicht
abgenommen; die Abnahme der Arbeiten der Firma W. und damit auch
der Wasserwarnanlage durch die Bauherrin (vertreten durch die A.,
diese vertreten durch eine I. erfolgte entweder am 26. August 1987
(so der nicht bestrittene Vortrag der Klägerin) oder am 25.
September 1987 (so Abnahme-protokoll Bl. 123 d. A.).</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Wasserwarnanlage verhinderte den Wasseraus-tritt des
Schadensfalls vom 6. August 1987 nicht. Es wurde bei einer
anschließenden Überprüfung festgestellt, daß sich das Magnetventil
aufgrund einer Verschmutzung, herrührend von Verunreinigun-gen in
der Zuleitung - ungeklärt, von welchem Teil der Zuleitung sich
diese gelöst hatten - nicht schloß.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin die Beklagte auf
Erstattung des an die A. gezahlten Betrages in Höhe von 106.444,79
DM einschließlich 14 % Mehrwertsteuer sowie weiter auf Zahlung der
Kosten für zwei von ihr in Auftrag gegebene
Sachverständigengutachten in Höhe von 4.516,85 DM in Anspruch
genommen; insgesamt hat sich somit die Forderung auf 110.961,64 DM
belaufen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat behauptet, die gesamte Wasser-warnanlage habe
bei dem Austritt von Wasser aus dem Versorgungsschlauch der
Wasseraufbereitungs-anlage gar nicht erst angesprochen. Weiter hat
sie vorgetragen, daß sich der Schaden im gleichen Umfang hätte
ereignen können, wenn die Wasserwar-nanlage in Ordnung gewesen wäre
(und angesprochen hätte); es wäre dann nämlich ebenso denkbar
ge-wesen, daß der Wasserstrahl von dem Versorgungs-schlauch in eine
Richtung ausgetreten wäre, wo ihn die Sensoren der Wasserwarnanlage
nicht hätten erfassen können. Schließlich hat sich die Klägerin
darauf berufen, daß die Wasserwarnanlage nicht zur Abwendung von
Hauswasserschäden installiert worden sei; ihre Funktion habe allein
dem Schutz der EDV-Anlage der A. dienen sollen, die in einem Raum
um ca. 30 cm erhöht aufgestellt war. Zudem sei zum Zeitpunkt des
Schadeneintritts die von der Fir-ma W. zu erstellende
Wasserwarnanlage noch nicht endgültig fertiggestellt und noch nicht
an den Auftraggeber und den Eigentümer des Gebäudes über-geben
gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, an die Klä-gerin 110.961,64 DM
nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat behauptet, die Wasserwarnanlage habe nach dem
Wasseraustritt sehr wohl angespro-chen; sie habe lediglich nicht
funktioniert, da aufgrund der Verschmutzung des Magnetventils die
Wasserzufuhr nicht unterbrochen worden sei. Die Beklagte hat die
Ansicht vertreten, somit habe die Firma W. als
Versicherungsnehmerin der Klägerin die Schäden in erster Linie
selbst verursacht; es sei ihr ein Mitverschulden von 100 %
anzulasten. Bei ordnungsgemäßem Funktionieren des Magnetven-tils
wäre nahezu der gesamte Schaden - soweit er über ein leichtes
Befeuchten des Teppichbodens im EDV-Raum hinausgeht - nicht
eingetreten.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Das angefochtene Urteil geht von einem Verschulden der Beklagten
wegen positiver Vertragsverletzung gegenüber dem
Versicherungsnehmer der Klägerin aus, da bei der Montage eines
Anschlußschlau-ches der Wasseraufbereitungsanlage eine
Schlauch-schelle nicht ordnungsgemäß angepreßt wurde. Ein
Mitverschulden der Firma W. im Hinblick auf das Nichtfunktionieren
der Wasserwarnanlage wegen des blockierten Magnetventils hat das
Landgericht aus Rechtsgründen verneint (und somit offengelassen, ob
die Wasserwarnanlage tatsächlich überhaupt angesprochen hat oder
nicht). Ein Mitverschulden der Firma W. scheide deswegen aus, weil
keine Verpflichtung dieser Firma gerade gegenüber der Beklagten
bestanden habe, die Wasserwarnanlage sei zum Zeitpunkt des
Schadeneintritts in Funktion zu halten; der Schutzzweck der
Wasserwarnanlage habe sich auf die EDV-Anlage der A. bezogen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Mit der - form- und fristgerecht eingelegten - Be-rufung
verfolgt die Beklagte das Ziel der Klageab-weisung weiter.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte stellt zunächst schon in Frage, daß wegen der
defekten Schlauchschelle - die unstrei-tig letztlich auf einen
Materialfehler des Her-stellerwerkes zurückzuführen ist - auch ein
Monta-gefehler ihres eigenen Monteurs vorliege. Vornehm-lich stützt
sich die Berufung darauf, daß wegen ganz überwiegenden
Mitverschuldens der Firma W. eine Schadensersatzverpflichtung durch
die Beklag-te ausgeschlossen sei. Die Beklagte ist der An-sicht,
daß die Firma W. ab dem im Verhältnis zwi-schen ihr und der
Beklagten getroffenen Abnahme-termin vom 3. August 1987 gegenüber
dem Auftragge-ber das Risiko hinsichtlich der kompletten Anlage
getragen habe. Die Firma W. habe daher auch dafür Sorge tragen
müssen, daß die komplette Wasserwarn-anlage einschließlich des
Magnetventils bei jedem denkbaren Wasserschaden ordnungsgemäß
funktionier-te; von einem vorrangigen Schutz der EDV-Anlage als
Zweckbestimmung der Wasserwarnanlage könnte nicht ausgegangen
werden.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen;</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">hilfsweise, ihr zu gestatten, im Falle einer möglichen
Sicherheitsleistung diese auch durch Beibringung einer
Bankbürg-schaft einer deutschen Großbank oder
öf-fentlich-rechtlichen Sparkasse zu erbrin-gen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen;</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">ihr zu gestatten, erforderliche Sicher-heit auch durch
Bürgschaft einer bundes-deutschen Großbank oder öffentliche
Spar-kasse zu erbringen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin wiederholt vornehmlich ihr erstin-stanzliches -
auch unter Berufung auf zwei Gutach-ten des von ihr beauftragten
Sachverständigen Sch. erfolgtes - Vorbringen zu einem
eingeschränkten, nur der EDV-Anlage dienenden Schutzzweck der
Was-serwarnanlage. Diesen eingeschränkten Schutzzweck leitet die
Klägerin bereits daraus ab - das ist als solches unstreitig -, daß
eine solche Wasser-warnanlage ausschließlich unter die EDV-Schränke
plaziert sei und sich sonst an keiner Stelle des Gebäudes
befinde.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Weiter wiederholt die Klägerin ihren Vortrag, daß nach dem
Platzen eines der Schläuche der Wasser-aufbereitungsanlage das
Wasser auch in einer Weise hätte austreten können, daß es gar nicht
erst in den Bereich der Elektroden der Wasserwarnanlage kam.
Schließlich behauptet die Klägerin, daß der Defekt an dem
Magnetventil nicht auf ihre eigenen Arbeiten, sondern auf
diejenigen der Firma S. zu-rückzuführen sei, die den größten Teil
der Zulei-tung bis kurz vor das Magnetventil geliefert habe; von
diesem Teil der Zuleitung aus müsse sich der das Magnetventil
blockierende Fremdkörper gelöst haben.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien,
insbesondere der von ihnen vorgeleg-ten Urkunden einschließlich
privater Sachverstän-digengutachten und Fotografien, wird auf den
In-halt der Akte Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="h2 absatzLinks">E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die - zulässige - Berufung ist nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Zutreffend hat das Landgericht zur Anspruchs-grundlage darauf
abgestellt, daß die Beklagte eine Haftung aus positiver
Vertragsverletzung in Ver-bindung mit § 278 BGB, auf die Klägerin
wieder-um übergegangen nach § 67 Abs. 1 Satz 1 VVG, trifft.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die Abgrenzung denkbarer Schadensersatzansprüche zwischen der
Firma W. und der Beklagten unter dem Gesichtspunkt eines
Mangelschadens und eines Man-gelfolgeschadens und somit zwischen
Ansprüchen aus positiver Vertragsverletzung und aus § 635 BGB ist
zwar nicht immer eindeutig (vgl. Palandt/Thomas, BGB, 50. Aufl.,
Rdnrn. 22 ff. vor § 633 ff.). So wie aber etwa der
Bundesgerichtshof (VersR 62, 480) einen Wasserschaden wegen eines
zu dünnwandi-gen Heizkörpers dem Bereich der Mangelfolgeschäden
zugeordnet hat, ist auch vorliegend von einem Fall der positiven
Vertragsverletzung (im Verhältnis zwischen der Beklagten und Firma
W.) auszugehen.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Die Verantwortlichkeit der Beklagten wegen fahr-lässigen
Verhaltens eines ihrer Monteure (§§ 276, 278 BGB) steht außer
Frage.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Erstinstanzlich unstreitig sind insoweit die vor-prozessualen
Ausführungen des Gutachtens des Sach-verständige Sch. vom 10.
November 1987 gewesen (Bl. 86, 87 d. A.), wonach eine
Schlauchschelle nicht angepreßt war, so daß der Schlauch von der
Kunststoffschraubverbindung am Aufbereiter sich gelöst hatte und
herausgesprungen war. Selbst die Beklagte hatte in ihrer
Klageerwiderung vom 5. März 1990 (Bl. 70 d. A.) ausdrücklich
einge-räumt, daß bei der Montage des Kunststoffschlauchs die
fehlerhafte Beschaffenheit der Sicherungs-schelle "offenbar von
einem Mitarbeiter der Beklagten übersehen worden" war. Da es sich
bei der Beklagten um eine Fachfirma handelt, kommt es andererseits
nicht darauf an, daß die Beklagte bestritten hat, daß der Fehler
auch "für jeden Laien ersichtbar" gewesen wäre. Ebenso ist ohne
Bedeutung, daß die Schlauchschelle erst einige Ta-ge nach
Fertigstellung der Arbeiten der Beklagten abgerutscht ist.
Erklärlich wäre dies zudem auch dadurch, daß nach dem Probelauf vom
31. Juli 1987 (über welchen sich die Bescheinigung Bl. 77 d. A.
verhält) die Anlage insgesamt noch nicht in Betrieb war und daher
möglicherweise der Schlauch auch nicht ständig dem Wasserdruck
ausgesetzt war.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Das Berufungsvorbringen, wonach wegen des ur-sprünglichen
vorliegenden Materialfehlers die Haftung der Beklagten
"grundsätzlich in Frage zu stellen" sei, kann gegenüber dem
erstinstanzlichen Eingeständnis nicht als ein bestimmtes Bestreiten
der Verantwortlichkeit eines der Monteure der Be-klagten angesehen
werden. Es bleibt bei der Ver-antwortlichkeit der Beklagten unter
dem Gesichts-punkt der positiven Vertragsverletzung. Die weite-re
Frage, ob die Beklagte mangels Überprüfung des Erzeugnisses der
Herstellerfirma auch einem An-spruch aus Produkthaftung ausgesetzt
werden kann, bedarf nicht der Erörterung.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Gegenüber der Schadensersatzverpflichtung der Be-klagten greift
ein mitwirkendes Verschulden der Versicherungsnehmerin der
Klägerin, der Firma W., gemäß § 254 BGB (entweder nach Abs. 1 oder
nach Abs. 2 Satz 1 2. Alternative dieser Bestimmung) nicht
durch.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Unzutreffend sind allerdings die Ausführungen der Klägerin
insoweit, als sie schon vom Tatsächlichen her das Vorbringen der
Beklagten zu einem Mitver-schulden deswegen als unschlüssig
ansieht, weil bei dem Abrutschen eines der Schläuche der
Wasser-aufbereitungsanlage das Wasser auch in einer Weise "hätte"
austreten können, daß der Wasserstrahl überhaupt nicht in den
Bereich der Elektroden der Wasserwarnanlage kommen konnte. Dieser -
gegenüber dem Vorbringen der Beklagten - anderweitig denkba-re
Geschehensablauf ist unerheblich. Der tatsäch-liche Ablauf war
jedenfalls nach den Behauptungen der Beklagten ein solcher, daß das
austretende Wasser sehr wohl die Wasserwarnanlage in Gang set-zen
konnte (streitig ist jedoch insoweit, ob diese dann tatsächlich -
jedoch untauglich - ansprach oder nicht). Daß ein anderer
Kausalverlauf als der von der Beklagten behauptete hätte eintreten
kön-nen, bleibt - wenn nur überhaupt ein Mitverschul-den der
Klägerin gegeben wäre - außer Betracht.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Eine schadensersatzmindernde oder -ausschließende Anwendbarkeit
des § 254 BGB ist aber im Ergebnis dennoch - wie auch das
Landgericht zutreffend ent-schieden hat - zu verneinen.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">In tatsächlicher Hinsicht ist auch unter Berück-sichtigung des
zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien davon auszugehen, daß
die Wasserwarnan-lage (die einerseits von der Firma W. gegenüber
der A. geschuldet war, die andererseits von der Beklagten zu
montieren und liefern war, an deren Installation aber wiederum die
Firma W. und zudem eine Firma S. mitwirkte) dem Schutz der
EDV-Anlage der A. als Auftraggeberin und Hauseigentümerin dienen
sollte. Wenngleich die Berufung vorträgt, die Wasserwarnanlage sei
"gerade dazu" installiert worden, Schäden durch fehlerhafte
Werkleistungen (für die die Firma W. ihrerseits dem Auftraggeber
gegenüber zu haften hätte) zu verhüten oder zu mindern, so handelt
es sich hierbei um eine Bewer-tung der rechtlichen Verhältnisse,
nicht aber um ein Abweichen von dem Tatsachenvortrag der Kläge-rin.
Es steht dies nämlich nicht mit dem - unbe-strittenen - Vorbringen
der Klägerin in Einklang, daß die Elektroden bzw. Fühler der
Wasserwarnan-lage sich in dem gesamten Gebäude ausschließlich im
EDV-Raum unter dem aufgestellten Fußboden bef-anden, und daß an
anderen Stellen (schon im Neben-raum wie auch im übrigen Gebäude)
Wasserwarnvor-kehrungen überhaupt nicht getroffen worden sind.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Zudem steht in tatsächlicher Hinsicht fest, daß zwar im
Verhältnis zwischen der Firma W. und der Beklagten als ihrer
Subunternehmerin eine Abnahme unter dem 30. August 1987 (gemäß der
Abnahmebe-scheinigung Bl. 78) erfolgt war. Daß die zuvor am 31.
Juli 1987 erfolgte Inbetriebnahme auch eine Überprüfung der
Wasserwarnanlage beinhaltet hätte, läßt sich der hierzu von der
Beklagten vorgelegten Bescheinigung (Bl. 77 d. A.) allerdings nicht
aus-drücklich entnehmen. Unstreitig ist andererseits auch, daß im
Verhältnis zwischen der Firma W. und der Auftraggeberin zum
Zeitpunkt des Schadenereig-nisses eine Abnahme noch nicht erfolgt
war; somit erfolgte auch die Übergabe der Wasserwarnanlage an die
Auftraggeberin erst nach dem Schadensereignis.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Ausgehend von diesen Gegebenenheiten ist dem Vor-bringen der
Parteien, insbesondere der Beklagten, schon nicht hinreichend zu
entnehmen, daß und wegen welchen Fehlverhaltens der Firma W. -
un-terstellt, der sonstige Sachvortrag der Beklagten träfe zu, und
es stünde auch fest, daß sich das Schmutzpartikel zuvor in dem von
der Firma W. und nicht in dem etwa von der Firma S. gefertigten
Teil der Zuleitung gefunden hatte - im Zusammen-hang mit der
Verschmutzung der Zuleitung zu dem Magnetventil ein
Fahrlässigkeitsvorwurf als Ver-schulden gegen sich selbst gemacht
werden kann und sie damit eine Mithaftung nach § 254 BGB träfe.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Die Anwendbarkeit des § 254 BGB setzt nicht nur Ursächlichkeit
zwischen der Obliegenheitsver-letzung des Geschädigten und dem
Schaden voraus, vielmehr bedarf es für die Annahme eines
Mitver-schuldens auch eines Verschuldens des Geschädig-ten. Dieses
Verschulden (das sich allerdings nicht gegen einen anderen richtet,
sondern ein quasi ein Verschulden in eigener Sache ist, Erman-Sirp,
BGB, 8. Aufl., § 254 Rdn. 20, 21) muß nach dem Maßstab des § 276
BGB zumindest in leichter Fahrlässigkeit bestehen (Erman a.a.0.
Rdn. 24; Staudinger-Medi-cus, BGB, 12. Aufl., § 254 Rdn. 70).</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">An diesem Fahrlässigkeitsmaßstab gemessen, ist ein Verschulden
der Fa. W. nicht ersichtlich, selbst wenn ansonsten von dem Vortrag
der Beklagten auszugehen wäre, daß die Wasserwarnanlage bei dem
Schadensereignis tatsächlich ansprach und ledig-lich - insoweit
unstreitig - wegen des verstopften Magnetventils nicht
funktionierte, und daß weiter-hin auch dieser Schaden am
Magnetventil in den Verantwortungsbereich der Firma W. und nicht
etwa der Firma S. fiel. Selbst wenn sich ein Steinchen oder Schmutz
in der Zuleitung befand und damit (bei dem ersten "Einsatz" der
Wasserwarnanlage, als welcher das Schadensereignis anzusehen ist)
das Magnetventil blockiert wurde, so konnte dies doch die Firma W.
(und auch sonst niemand) nicht vorhersehen. Insoweit fehlt es -
naturgemäß - auch auf Seiten der Beklagten an Vorbringen, wie und
aus welchen Gründen gerade durch die Firma W. der Schmutz in die
Zuleitung gekommen war, der ausweislich der Bescheinigung vom 6.
August 1987 (Bl. 79 d. A.) nach dem Schadensereignis bei einer
Überprüfung festgestellt worden ist. Der Notwendigkeit
entsprechender Darlegungen wird die Beklagte auch nicht durch die
Möglichkeit einer analogen Anwendung der Vorschrift des § 282 BGB
enthoben. Selbst wenn die Firma W. die Verschmut-zung zu vertreten
gehabt hätte, weil es sich bei der Wasserwarnanlage um ihr Gewerk
im Verhältnis zur Auftraggeberin gehandelt hat, so ist dies doch
nicht notwendig mit einem Verschulden an der Her-beiführung dieses
Zustandes gleichzusetzen.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Ungeachtet vorstehender Überlegungen ist die Klage aber
jedenfalls auch aus den Gründen gerechtfer-tigt, die schon der
angefochtenen Entscheidung des Landgerichts zugrundeliegen.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Bei der Einrichtung der Wasserwarnanlage handelte es sich nicht
um eine von der Firma W. gegenüber ihrer Subunternehmerin, der
Beklagten, übernommene Pflicht. Das etwaige Versagen der
Wasserwarnan-lage steht somit nicht in einem vom Schutzzweck der
Norm umfaßten Rechtswidrigkeitszusammenhang mit dem
haftungsbegründenden Fehlverhalten der Be-klagten.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Die Feststellungen des Gutachters Sch., daß die Wasserwarnanlage
den EDV-Raum der A. vor Überflu-tung schützen sollte (im Gutachten
Bl. 85 d. A.) beruhen auf einer Ortsbesichtigung des
Sachver-ständigen Sch., an welcher u. a. auch Vertreter der
Beklagten und ihrer Haftpflichtversicherung teilnahmen. Die
Auffassung des Sachverständigen Sch. (erneut dargestellt in seiner
ergänzenden Stellungnahme vom 6. November 1989, Bl. 125/126 d. A.),
daß die von der Firma W. installierte Wasser-warnanlage lediglich
den Bereich des Klimaschran-kes für die EDV-Anlage vor
Wasserschäden schützen sollte, findet ihre Bestätigung dadurch, daß
es anderswo als für die EDV-Anlage in dem mehrstöcki-gen
Bürogebäude eine solche Wasserwarnanlage gar nicht gibt.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Dem steht auch nicht das Vorbringen der Beklagten entgegen, daß
(so erstinstanzlich) die Wasser-warnanlage <span style="text-decoration:underline;">auch</span> vorgesehen
sei zu Vermeidung von Hauswasserschäden bzw. daß (so
zweitinstanzlich) die Wasserwarnanlage dem Schutz vor Schäden durch
fehlerhafter Werkleistungen dienen sollte. Dieser Vortrag der
Beklagten ist einerseits nicht so zu verstehen, als ob der
Schutzzweck der Wasserwarn-anlage auf das Verhältnis zwischen der
Firma W. (als Auftraggeberin der Beklagten) und der Beklag-ten (als
Subunternehmerin der Firma W. ) bezogen gewesen sei. Dies scheidet
schon deswegen aus, weil die Wasserwarnanlage auf Dauer angelegt
war, während die Arbeiten der Beklagten im Zeitpunkt des
Schadensereignisses bereits abgeschlossen wa-ren und die der Firma
W. in Bälde abgeschlossen sein sollten.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Soweit es aber andererseits um das Verhältnis zwischen der Firma
W. und ihrer eigenen Auftrag-geberin, der A. , geht, kommt es
entgegen der Ansicht der Beklagten sehr wohl auf den
Schutzcha-rakter der Wasserwarnanlage an. Keineswegs kann -
entgegen der Ansicht der Berufungsbegründung - neben einem Schutz
der EDV-Anlage als Zweckbestim-mung der Wasserwarnanlage davon
gesprochen werden, daß ein solcher Schutzcharakter "zwangsläufig"
auch einen Schutz vor "normalen Hauswasserschäden" einschließe.
Letztlich kann dies aber sogar offen-bleiben. Jedenfalls wäre
nämlich auch der Schutz vor gewöhnlichen Hauswasserschäden
allenfalls im Verhältnis zwischen der Hauseigentümerin und der
Firma W., nicht aber im Verhältnis zwischen der Firma W. und der
Beklagten begründet worden. Es kommt nämlich sehr wohl darauf an,
ob gerade eine gegenüber dem Schädiger (hier: der Beklagten)
gegebene Rechtspflicht der Firma W. bestand, die Wasserwarnanlage
(gerade auch schon zum fraglichen Zeitpunkt noch vor Abnahme der
Arbeiten der Fir-ma W.) in Betrieb und in Ordnung zu halten.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Rechtlich ist es durchaus von Bedeutung, daß die
Wasserwarnanlage nicht speziell für die Zeit der Bauarbeiten und
damit nicht für etwaige Schäden gerade anläßlich oder aufgrund
dieser Bauarbeiten geschaffen war. Es handelte sich bei der
Einrich-tung der Wasserwarnanlage, die von der Firma W. gegenüber
ihrer Auftraggeberin zu erbringen war und die für die Zukunft
Bestand haben sollte, nicht um eine von der Firma W. gegen ihre
Subun-ternehmerin, der Beklagten, übernommene Pflicht.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Rechtlich ist dies deswegen von Belang, weil es für die
Anwendbarkeit des § 254 BGB maßgeblich ist, ob die von dem
Geschädigten zu beachtende Sorgfaltsanforderung darauf abzielt,
einen Schaden wie den eingetretenen zu verhindern; im Zusammen-hang
damit, wem gegenüber die Obliegenheit (hier: zum ordnungsgemäßen
Betrieb der Wasserwarnanlage) besteht, geht es um die Frage des
Schutzzweckes der Norm. Darüber, daß der Schutzzweck der Norm auch
im Rahmen von § 254 BGB die Zurechnung eines etwaigen
Fehlverhaltens beschränkt, besteht nach heutiger Ansicht Einigkeit
(vgl. MK-Grunsky, BGB, 2. Aufl., § 254 Rdn. 20 m.w.N. zu Fußnote
64; Staudinger-Medicus, BGB, 12. Aufl., § 254 Rdn. 66, 67).</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">An dem so gebotenen Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen des
von der Beklagten gesetzten schä-digenden Verhalten und den etwa
durch Versagen der Wasserwarnanlage mitwirkenden Umständen fehlt es
vorliegend. Zusätzlich bestätigt wird dies dadurch, daß die Anlage
im Verhältnis zwischen der A. und der Firma W. zum fraglichen
Zeitpunkt noch nicht abgenommen war. Die Firma W. hat somit nicht
in zurechenbarer Weise gegen ihr eigenes unverstandenes Interesse
verstoßen, falls sie tatsächlich dafür verantwortlich sein sollte,
daß zum fraglichen Zeitpunkt Verschmutzungen in der zu dem
Magnetventil führenden Leitung noch vorhanden waren.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Eine Parallele zu den Fällen der Haftung bei feh-lerhafter
Bauaufsicht besteht entgegen der Ansicht der Berufung mangels
Vergleichbarkeit der Sachver-halte nicht. Die Obliegenheiten der
Bauaufsicht bestehen nur während der Bauarbeiten und gerade wegen
dieser Bauarbeiten; die Wasserwarnanlage hingegen war erst das zu
schaffende Ergebnis des Werkvertrags.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreck-barkeit ergeht
gemäß §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Berufungsstreitwert und Beschwer der Beklagten: 110.961,64
DM.</p>
|
314,978 | olgk-1991-03-01-2-ws-10091 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 2 Ws 100/91 | 1991-03-01T00:00:00 | 2019-03-13T14:43:06 | 2022-10-18T15:09:22 | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1991:0301.2WS100.91.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>I. Die Beschwerde wird verworfen.</p>
<p></p>
<p>II. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten der Beschwerde.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">In der Hauptverhandlung vom 12. Februar 1991 ist der selbständige Unternehmensberater H. J. S., als Zeuge geladen, im Beistand von Rechtsanwalt K. erschienen. Wiederholt über seine Rechte und Pflichten als Zeuge belehrt und über die Folgen einer unberechtigten Zeugnisverweigerung unterrichtet hat er erklärt, er sage gleichwohl nicht aus. Er hat sich auf ein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO und auf ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 a StPO berufen. Mit dem angefochtenen Beschluß hat die Strafkammer gegen den Zeugen S. ein Ordnungsgeld in Höhe von DM 600,00, ersatzweise drei Tage Ordnungshaft, festgesetzt und ihm die durch seine Zeugnisverweigerung im Termin am 12. Februar 1991 entstandenen Kosten auferlegt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Verteidigers.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Mit der Beschwerde des Verteidigers wird der angefochtene Beschluß nur insoweit angegriffen, als er auf einer Verweigerung des Zeugnisses, gestutzt auf die Vorschrift des § 53 a StPO, beruht. Dies ergibt sich aus der Beschwerdeschrift, in der ein Auskunftsverweigerungsrecht des Zeugen unter dem Gesichtspunkt des § 55 StPO weder bei der Schilderung des Sachverhalts noch in der rechtlichen Würdigung erwähnt wird. Im übrigen wäre eine weitergehende Beschwerde des Verteidigers unzulässig, weil der Verteidiger insoweit im eigenen Namen nicht beschwert ist.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die in dieser Weise eingeschränkte Beschwerde des Verteidigers ist gemäß § 304 Abs. 1 StPO statthaft und auch wegen der Zulässigkeitsvoraussetzungen im übrigen nicht zu beanstanden. Zwar wird in der Literatur übereinstimmend die Auffassung vertreten, daß nur dem Zeugen und der Staatsanwaltschaft ein Beschwerderecht gegen eine Maßregel nach § 70 StPO zusteht (Löwe/Rosenberg, StPO, 24. Aufl., Rdnr. 40 zu § 70; Pelchen in KK, StPO, 2. Aufl., Rdnr. 2 zu § 70; Kleinknecht/Meyer, StPO, 39. Aufl., Rdnr. 20 zu § 70). Diese Auffassung beruht ersichtlich auf der Erwägung, daß der Angeklagte kein prozessuales Recht hat, in die Ahndungsbefugnis des Richters einzugreifen (RGSt 57, 29, 30 - BGH, GA 1968, 305, 307) und daß im übrigen außer dem Zeugen niemand durch eine Maßregel nach § 70 StPO beschwert wird. Diese Überlegung kann jedoch bei einer Zeugnisverweigerung nach § 53 a StPO nicht angestellt werden. Das Zeugnisverweigerungsrecht der Berufshelfer ist ein derivatives, aus § 53 abgeleitetes Recht und geht nicht weiter als das des Hauptberufsträgers selbst. Über die Ausübung dieses Rechts der Hilfspersonen entscheidet allein der Hauptberufsträger (§ 53 a Abs. 1 Satz 2 StPO). Diese Entscheidung ist für die Hilfsperson bindend (KK, a.a.O., Rdnr. 6 zu § 53 a; Kleinknecht/Meyer, a.a.O., Rdnr. 7 zu § 53 a). Dies zwingt zu der Schlußfolgerung, daß das Zeugnisverweigerungsrecht des § 53 a StPO dem Hauptberufsträger dem Grunde nach zusteht und von ihm durch eine Anweisung an seine Hilfsperson ausgeübt wird. Daher greift in solchen Fällen eine Maßregel nach § 70 StPO unmittelbar in die Rechte des Hauptberufsträgers ein und beschwert ihn.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die danach mit der dargelegten Einschränkung zulässige Beschwerde des Verteidigers ist in der Sache nicht begründet. Dem Zeugen S. steht ein Zeugnisverweigerungsrecht nach den §§ 53 a, 53 Abs. 1 Nr. 3 StPO nicht zu. Zwar mag er als Gehilfe im Sinne von § 53 a StPO anzusehen sein, weil der ihm erteilte umfassende Beratungsauftrag über den Umfang eines Einzelauftrages, wie z.B. die von einem Rechtsanwalt einem Detektiv übertragene Aufgabe, hinausging (vgl. dazu KK, a.a.O., Rdnr. 3; Kleinknecht/Meyer, a.a.O., Rdnr. 2). Dies kann jedoch dahingestellt bleiben, denn der Zeuge soll jedenfalls nicht über das befragt werden, was ihm in seiner Eigenschaft als Gehilfe des Beschwerdeführers anvertraut worden oder bekanntgeworden ist (§§ 53 Abs. 1 Nr. 3, 53 a Abs. 1 Satz 1 StPO). Wie die Strafkammer zutreffend ausgeführt hat, sollen nur die geschäftlichen und privaten Aktivitäten des Angeklagten in der Zeit bis 1985 Gegenstand seiner Befragung sein. Dieser Umstand wird auch von der Beschwerde nicht bestritten. Der Einwand des Beschwerdeführers, der Zeuge könne das bei der Vorbereitung der Verteidigung erworbene Wissen von dem, was ihm vor 1985 bekanntgeworden sei, nicht unterscheiden, ist nicht begründet. Dem Zeugen ist zuzumuten, sich unter Anstrengung seines Erinnerungsvermögens bei der Beantwortung jeder einzelnen Frage darüber klarzuwerden, ob er zur Antwort schon aufgrund der früher erworbenen Kenntnisse imstande ist.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.</p>
|
314,979 | olgk-1991-02-28-5-u-9990 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 5 U 99/90 | 1991-02-28T00:00:00 | 2019-03-13T14:43:09 | 2022-10-18T15:09:22 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1991:0228.5U99.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline;"><b>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e</b></span></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die zulässige Berufung des Klägers
bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zu
Recht abgewiesen und zutreffend dem Widerklageantrag im
wesentlichen stattgegeben.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Der Senat schließt sich den
zutreffenden Ausführungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil
an und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen hierauf Bezug.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen
ist ergänzend Folgendes auszuführen:</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die in erster Instanz seitens des
Klägers geäußerte Vermutung, sein Bekannter sei möglicherweise gar
nicht der Unfallfahrer gewesen, hat er im Rahmen seiner Berufung
nicht aufrechterhalten; im übrigen hat das Landgericht diesen
Vortrag des Klägers auch zutreffend für widerlegt erachtet.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Ebenfalls zutreffend hat das
Landgericht Leistungs-freiheit der Beklagten nach §§ 2 Ziffer 2 c
AKB, 6 Abs. 1 und 2 VVG angenommen. Hiernach ist der Versicherer
von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn der Fahrer bei
Eintritt des Versicherungsfalles nicht die vorgeschriebene
Fahrerlaubnis hat. Unstreitig war als Unfallfahrer zum
Unfallzeitpunkt nach einem Trunkenheitsdelikt nicht im Besitz einer
gültigen Fahrerlaubnis.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Zwar bleibt gemäß § 2 Ziffer 2 c Satz 2
AKB die Verpflichtung zur Leistung gegenüber dem
Versicherungsnehmer bestehen, wenn dieser das Vorliegen der
Fahrerlaubnis bei dem berechtigten Fahrer ohne Verschulden annehmen
durfte. Es handelt sich hierbei um einen Ausnahmetatbestand, dessen
Voraussetzungen der Versicherungsnehmer darzulegen und zu beweisen
hat (siehe BGH VersR 1988/50, Stiefel/Hofmann, AKB, 14. Aufl., Rdn.
259 zu § 2 AKB m.w.N.).</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Ein dahingehender Nachweis bzw. auch
schon ein schlüssiger Vortrag hierzu ist dem Kläger nicht
ge-lungen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Entschuldbar im vorgenannten Sinn ist
die Annahme des Halters, der Fahrer habe den Führerschein, nur
dann, wenn er aus einer sicheren Erkenntnisquelle heraus zu dieser
Annahme gelangt ist. Ansonsten muß er sich den Führerschein
grundsätzlich vorzeigen lassen und ihn auf seine Gültigkeit hin
prüfen (siehe Stiefel/Hofmann, a.a.O. Rdn. 267 zu § 2 AKB), denn
grundsätzlich ist von ihm insoweit das Maß an Sorgfalt zu
verlangen, daß nach der Lebenserfahrung unter den gegebenen
Umständen von vernünftigen, praktischen Menschen aufgewendet zu
werden pflegt und das deshalb generell erwartet und verlangt werden
kann (so schon BGH VersR 1971/808).</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Verpflichtung, sich den
Führerschein vorlegen zu lassen, gilt regelmäßig dann, wenn der
Versicherungsnehmer als Halter weiß, daß dem Fahrer die
Fahrerlaubnis schon einmal entzogen war (siehe OLG Hamm VersR
1977/757), insbesondere dann, wenn dies wegen eines
Trunkenheitsdelikts geschehen ist und der Fahrer auch nachfolgend
zur Trunkenheit neigt.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Vorliegend war dem Kläger, wie er in
der Berufung selbst eingeräumt hat, bekannt, daß zumindest schon
1984 bereits einmal der Führerschein nach ei-nem Verkehrsdelikt
entzogen worden war. Angesichts der vom Kläger wiederholt erklärten
nahen Bekanntschaft mit spricht viel dafür, daß ihm auch der
nachfolgende erneute Führerscheinentzug nicht verborgen geblieben
ist; jedenfalls hat der Kläger nicht substantiiert und
nachvollziehbar dargetan, inwiefern er trotz häufigen Zusammenseins
nichts vom Führerscheinentzug gemerkt haben will. Dies kann aber
letztlich auch dahinstehen, denn nach dem zuvor Gesagten war er
jedenfalls angesichts des ihm unstreitig bekannten
Führerscheinentzugs aus 1984 gehalten, sich durch konkrete
Einsichtnahme Gewißheit darüber zu verschaffen, ob im Besitz eines
Führerscheins war, ehe er ihm das Fahrzeug überließ. Es liegt
demzufolge vorliegend gerade keiner der von den Parteien in den
Grundsätzen zutreffend angeführten Ausnahmefälle vor, in denen
ausnahmsweise der Versicherungsnehmer einer mündlichen Zusicherung
des Fahrers, dieser habe den Führerschein, vertrauen darf, ohne
sich den Führerschein zeigen zu lassen (siehe BGH VersR 1988/1017).
Offenbar hat der Kläger insoweit ja auch selbst durchaus Zweifel
gehabt, denn sonst hätte er, wenn er wirklich so felsenfest
überzeugt gewesen wäre und keinen Anlaß zu diesbezüglichen Zweifeln
gehabt hätte, Herrn vermutlich gar nicht nach dem Führerschein
gefragt. Wenn jemand erst vier Jahre vorher einen
Führerscheinentzug gehabt hat und zudem, was dem Kläger als nahen
Bekannten und Zechkumpanen mit Sicherheit nicht entgangen sein
kann, ein notorischer Trinker ist, so besteht aller Anlaß zu dem
Verdacht, daß es bei diesem einen Führerscheinentzug nicht
geblieben ist und berechtigte Zweifel angebracht sind, oder zum
gegenwärtigen Zeitpunkt über einen gültigen Führerschein verfügt.
In einer solchen Situation besteht mithin aller Anlaß, sich
hinsichtlich des Vorhandenseins eines gültigen Führerscheins zu
vergewissern, und zwar nicht lediglich durch Nachfrage, sondern
durch gründliche Einsichtnahme in den vorzulegenden Führerschein,
was der Kläger unstreitig nicht getan hat.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Daß der Kläger bei Überlassung des
Pkw's an - wie er mehrfach hervorgehoben hat - u.U. selbst schon
volltrunken war, ist im Rahmen seiner Entlastung nach § 2 Ziffer 2
c Satz 2 1. Halbsatz AKB unerheblich, denn maßgeblich ist hier
nicht - wie im Strafrecht - die Betonung der subjektiven Seite,
sondern die stärkere Betonung des Verkehrsüblichen, wie bereits
ausgeführt. Wer sich mithin als Versicherungsnehmer im Zustand der
Volltrunkenheit den Führerschein des Fahrers nicht zeigen läßt,
kann sich zu seiner Entlastung nicht auf seine vorübergehende
Geschäftsunfähigkeit berufen, vielmehr findet insoweit der
Rechtsgedanke des § 827 Satz 2 BGB analoge Anwendung (siehe
Stiefel/Hofmann, a.a.O., Rdn. 266).</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Auch im übrigen ist, wie bereits
erwähnt, die Annahme des Versicherungsnehmers, der Fahrer habe den
Führerschein, nur dann entschuldbar, wenn der Halter aus einer
sicheren Erkenntnisquelle zu dieser Annahme gelangt ist und
gelangen durfte. In diesem Sinne hat der Kläger nichts vorgetragen.
Die behauptete Zusicherung des, er habe natürlich einen
Führerschein, stellt naturgemäß angesichts der vorgenannten
besonderen Umstände gerade keine sichere Erkenntnisquelle im
vorgenannten Sinne dar.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Da somit die Voraussetzungen des § 2
Ziffer 2 c AKB zu bejahen sind, ist auch die Widerklage
entsprechend den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts (die
zur Höhe vom Kläger auch mit der Berufung nicht mehr angegriffen
worden sind) begründet, so daß die Berufung insgesamt
zurückzuweisen war.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Kostenentscheidung beruht auf § 97
ZP0.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Ziffer 10, 713 ZP0.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Berufungsstreitwert und Wert der
Beschwer des Klägers: 21.126,30 DM</p>
|
314,980 | olgk-1991-02-28-7-u-10890 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 7 U 108/90 | 1991-02-28T00:00:00 | 2019-03-13T14:43:10 | 2022-10-18T15:09:22 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1991:0228.7U108.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline;"><b>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e</b></span></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Berufung ist zulässig und hat auch
in der Sache Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Der Beklagte ist dem Kläger nicht zum
Schadenser-satz verpflichtet (§ 19 BNotO). Entgegen der Auf-fassung
des Landgerichts war die Änderung des Kauf-vertragsentwurfs durch
den Beklagten schon deshalb nicht amtspflichtwidrig, weil der
beurkundete Ver-tragsinhalt gegenüber der ursprünglich vorgesehenen
Fassung keine steuerlichen Nachteile für den Käufer mit sich
brachte. Auf die weiteren Rügen der Beru-fung kommt es darum nicht
mehr an.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Der Kläger stützt seinen
Schadensersatzanspruch darauf, daß das Finanzamt auf der Grundlage
des ab-geschlossenen Kaufvertrags bei der Festsetzung der
Einkommensteuer für das Jahr 1987 keine Einkünfte aus Vermietung
und Verpachtung (§ 21 EStG) berück-sichtigt habe und ihm deshalb
steuerliche Vorteile wegen sodann zulässiger Absetzungen für
Abnutzung (AfA) und die Anrechnung hoher Werbungskosten ent-gangen
seien. Diese Steuervorteile, meint er, wären für die
Veranlagungszeiträume 1987 und 1988 bei ei-ner Verpflichtung der
Verkäufer zur Leistung einer Nutzungsentschädigung von monatlich
2.000,-- DM entsprechend der ursprünglichen Konzeption des
Kaufvertrages eingetreten. Das trifft indessen nicht zu. Auch die
Zahlung einer solchen Nutzungs-entschädigung hätte nicht als
Einkommen aus Vermie-tung und Verpachtung anerkannt werden können;
Ver-luste in dieser Einkunftsart infolge Abziehbarkeit von
Werbungskosten und AfA wären deswegen bei einer Beurkundung des
ursprünglichen Vertragstextes eben-sowenig eingetreten.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Einkünfte aus Vermietung und
Verpachtung liegen nur dann vor, wenn der Steuerpflichtige eine
Gegenlei-stung für die Überlassung des Gebrauchs oder der Nutzung
eines Gegenstands erhält (vgl. Schmidt/ Drenseck, EStG, 9. Aufl., §
21 Anm. 1). Daran fehlt es im Streitfall. Bei der Veräußerung eines
Grund-stücks unter Vorbehalt eines fortdauernden Nut-zungsrechts
für den Verkäufer verbleibt wirtschaft-lich gesehen die
Nutzungsmöglichkeit beim Veräuße-rer. Der Erwerber erlangt von
vornherein nur "be-lastetes" Eigentum; er erbringt folglich mit der
Einräumung des Nutzungsrechts keine eigene Leistung und kann daher
hierfür auch keine Gegenleistung be-anspruchen, selbst dann nicht,
wenn im Kaufvertrag eine bestimmte Summe für den Wert des
vorbehaltenen Nutzungsrechts angesetzt wird. Einkünfte aus der
Nutzung des Grundstücks sind infolgedessen allein dem Veräußerer
zuzurechnen. Das ist jedenfalls für den Vorbehalt dinglicher
Rechte, insbesondere eines Nießbrauchs, in der Rechtsprechung heute
anerkannt (vgl. BFH BStBl II 1982, 378, 379; 1983, 627, 628; 1988,
938, 939; ebenso etwa Blümich/Stuhrmann, EStG, KStG, GewStG, § 21
EStG Rdn. 32 ff.) und ent-spricht zugleich der Praxis der
Finanzverwaltung (vgl. Nießbrauchserlaß des Bundesministers der
Fi-nanzen vom 15. November 1984, BStBl I Seite 561, Tz. 36
ff.).</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Für die Einräumung eines
obligatorischen Nutzungs-rechts für den Verkäufer, wie hier, kann
nichts an-deres gelten. Dem Vorbehalt eines Nießbrauchs steht bei
der im Steuerrecht gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise der
Vorbehalt eines nur schuld-rechtlich wirksamen Nutzungsrechts
gleich; wirt-schaftlich - und damit grundsätzlich auch
steuer-rechtlich - macht es keinen Unterschied, ob der Veräußerer
sein weiterbestehendes Nutzungsrecht auf ein dingliches oder
obligatorisches Recht gründet (vgl. BFH BStBl II 1986, 327, 328 mit
zahlreichen Nachweisen; 1989, 872, 873; Blümich/Stuhrmann, § 21
EStG Rdn. 33 a; Schmidt/Drenseck, § 7 Anm. 3 e (5 a)).</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Nicht entscheidend ist, ob die
Finanzbehörde dies im Hinblick auf die abweichende Regelung in Tz.
53 b des Nießbrauchserlasses möglicherweise an-ders beurteilt
hätte. Für die Frage, ob aus der Amtstätigkeit des Notars ein
Schaden erwachsen ist, kommt es nicht darauf an, wie eine Behörde
tatsäch-lich entschieden hätte, sondern wie sie richtiger-weise
hätte entscheiden müssen (vgl. nur BGH NJW 1986, 1924, 1925;
Palandt/Thomas, BGB, 50. Aufl., § 839 Rdn. 78). Dann wäre, wie
dargelegt, die Nut-zungsentschädigung nicht als Einkommen aus
Vermie-tung und Verpachtung anzuerkennen gewesen. Die Ab-änderung
des Vertragsentwurfs durch den Beklagten hat demzufolge nicht zu
einem steuerlichen Nachteil des Klägers geführt, sondern war für
ihn nur vor-teilhaft.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Kostenentscheidung beruht auf § 91
ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt
aus § 708 Nr. 10 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Streitwert des Berufungsverfahrens und
Beschwer des Klägers: 4.385,-- DM.</p>
|
314,981 | vg-gelsenkirchen-1991-02-27-4-k-86790 | {
"id": 843,
"name": "Verwaltungsgericht Gelsenkirchen",
"slug": "vg-gelsenkirchen",
"city": 423,
"state": 12,
"jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": null
} | 4 K 867/90 | 1991-02-27T00:00:00 | 2019-03-13T14:43:11 | 2022-10-18T15:09:23 | Urteil | ECLI:DE:VGGE:1991:0227.4K867.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Name und Anschrift desjenigen
Mitschülers mitzuteilen, mit dem die Klägerin am 19. Oktober 1989 auf dem Gelände der
Hauptschule zusammenstieß und sich dabei verletzte. </p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte. </p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils
beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher
Höhe leistet. </p>
<p></p>
<p></p>
<p></p>
<p>
</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="h2 absatzLinks"> T a t b e s t a n d :</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die am 00.00.0000 geborene Klägerin war im Schuljahr 1989/90
Schülerin der beklagten Hauptschule </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Am 00.00.0000 gegen 11.45 Uhr stieß die Klägerin, nachdem sie
nach Beendigung der Pause vom Schulhof in das Schulgebäude hineingelaufen
war, mit einem Mitschüler zusammen und zog sich bei dem Sturz einen Bruch
des linken Unterarms zu. </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Nach der Darstellung der Klägerin hat ihr der Mitschüler "ein Bein
gesetzt". </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Nach der Darstellung des der Beklagten namentlich bekannten
Mitschülers hat sich die Klägerin beim Laufen immer wieder zu einer
Freundin umgedreht und ist dabei gegen ihn gerannt und hingefallen. </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 00.00.0000 haben die Eltern der Klägerin
gegenüber der Beklag~en zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen
um die Mitteilung des Namens des Mitschülers gebeten. </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Diesem Begehren kam die Beklagte mit Schreiben vom 9. Januar 1990
unter Hinweis auf den Schutz oersonenbezogener Daten von Schülern nicht
nach. </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Mit der am 10. März 1990 erhobenen Klage beantragt die Klägerin, </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, Auskunft darüber zu geben, welcher
Mitschüler (Name und Anschrift) die Klägerin am 00.00.0000 auf dem
Schulgelände verletzte. </p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen. </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Wegen des Sach- und Streitstandes im einzelnen wird auf die
Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten ergänzend
verwies~n. </p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Parteien haben gemäß § 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung
(VwGO) auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. </p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage zulässig. </p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Das Rechtsschutzinteresse ist nicht deshalb zu verneinen, weil die
Klägerin gegen Unfälle im Rahmen des Schulbesuchs nach der
Reichsversicherungsordnung versichert ist (§ 46 Abs. 5 der Allgemeinen
Schulordnung -ASchO-. Denn die Reichsversicherungsordnung deckt insoweit
nicht alle Schadensersatzansprüche ab, insbesondere nicht den Anspruch
auf Schmerzensgeld. </p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Anspruchsgrundlage für das Auskunftsverlangen der Klägerin ist § 3
Abs. 2 ASchO in der konkreten Ausgestaltung durch § 3 Abs. 3 Nr. 2, Abs.
4 Nr. 3 ASchO. Danach ergeben sich für alle am Schulverhältnis
Beteiligten Rechte und Pflichten, die eine vertrauensvolle
Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten erfordern. Der Schüler hat
insbesondere das Recht, über ihn betreffende wesentliche Angelegenheiten
informiert zu werden. Daß der hier streitgegenständliche Vorfall eine
für die Klägerin wesentliche Angelegenheit darstellt, ergibt sich
insbesondere aus § 3 Abs. 4 Nr. 3 ASchO, wonach der Schüler alles zu
unterlassen hat, was die Rechte beteiligter Personen beeinträchtigt. Da
nicht ausgeschlossen ist, daß die Klägerin durch vorsätzliche oder
fahrlässige Einwirkung eines Mitschülers, um dessen Namen es hier geht,
körperlich verletzt worden ist, hat sie zur zivilrechtlichen Klärung
etwaiger Schadensersatzansprüche grundsätzlich einen Anspruch gegen die
beklagte Schule, über die Personalien des etwaigen Schädigers informiert
zu werden. </p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Vorschriften des Datenschutzes stehen diesem grundsätzlichen
Auskunftsanspruch der Klägerin nicht entgegen. </p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Vorschriften des Datenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen (DSG)
finden hier Anwendung. Die Schulen sind gemäß § 2 </p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Abs. 2 Satz 3 DSG, soweit sie in inneren Schul angelegenheiten
personenbezogene Daten verarbeiten, öffentliche Stellen 1m Sinne des
Absatzes 1 Satz 1 der Vorschrift. Danach gilt das Datenschutzgesetz für
öffentliche Stellen, soweit diese personenbezogene Daten in oder aus
Dateien oder Akten verarbeiten. Datenverarbeitung ist gemäß § 3 Abs. 2
DSG auch das Übermitteln personenbezogener Daten. Übermitteln ist nach
Abs. 2 Nr. 4 der Vorschrift das Bekanntgeben gespeicherter oder durch
Datenverarbeitung gewonnener Daten an einen Dritten in der Weise, daß
die Daten durch die datenverarbeitende Stelle weitergegeben oder zur
Einsichtnahme bereitgehalten werden. Die Klägerin ist Dritte in diesem
Sinne (§ 3 Abs. 3 DSG). </p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Verarbeitung, also auch die Übermittlung, personenbezogener Daten
ist nur zulässig, wenn entweder das Datenschutzgesetz oder eine andere
Rechtsvorschrift sie erlaubt oder der Betroffene eingewilligt hat (§ 4
DSG). Eine Einwilligung des betroffenen Mitschülers liegt nicht vor. Die
oben genannten Anspruchsnormen der Allgemeinen Schulordnung stellen
keine "andere Rechtsvorschrift" im Sinne des § 4 DSG dar, weil sie keine
ausdrückliche Erlaubnis zur Datenübermittlung im Sinne einer im
Datenschutz zu fordernden Normklarheit enthalten, </p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">vgl. Weyer, Datenschutzgesetz NW, 1988, § 4 Rdnr. 3. </p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Jedoch erlaubt § 16 Abs. 1 Buchstabe:c)"DSG hier die Bekanntgabe von
Namen und Anschrift des betreffenden Mitschülers an die Klägerin. Nach
dieser Vorschrift ist die Übermittlung personenbezogener Daten an
Personen oder Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs zulässig, wenn
der Auskunftsbegehrende ein rechtliches Interesse an der Kenntnis der zu
übermittelnden Daten glaubhaft macht und kein Grund zu der Annahme
besteht, daß das Geheimhaltungsinteresse des Betroffenen überwiegt. </p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Ein rechtliches Interesse der Klägerin ist nicht zweifelhaft. Aus dem
von ihr geschilderten Sachverhalt können sich Schadensersatzansprüche
gegen den, Schädiger ergeben, die sie auch zu verfolgen beabsichtigt.
Gegenüber diesem rechtlichen Interesse der Klägerin überwiegt ein
Interesse des betroffenen Mitschülers an der Geheimhaltung seines Namens
und seiner Anschrift nicht. Nach der Rechtsordnung sieht sich der
betroffene Mitschüler zu Recht Schadensersatzansprüchen der Klägerin
ausgesetzt, wenn er die Klägerin schuldhaft verletzt hat. Diesem von der
Rechtsordnung geschützten starken Interesse der Klägerin steht lediglich
ein minimaler Eingriff in den Schutzbereich der personenbezogenen Daten
des betroffenen Mitschülers, nämlich Preisgabe von Name und Anschrift,
gegenüber. Dies is~ dem Mitschüler ohne weiteres zumutbar. Er hat
gegenüber dem Interesse der Klägerin kein schützenswertes Interesse
daran, vor einem etwaigen Schadensersatzanspruch verschont zu bleiben.
</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Nach allem ist der Klage mit der sich aus § 154 Abs. 1 VwGO
ergebenden Kostenfolge stattzugeben. </p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der
Kosten folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. </p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">
</p>
|
314,982 | olgk-1991-02-27-16-u-10590 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 16 U 105/90 | 1991-02-27T00:00:00 | 2019-03-13T14:43:13 | 2022-10-18T15:09:21 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1991:0227.16U105.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Beklagten zu 1) bis 3) gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom l0. Juli 1990 - 3 0 511/89 ‑ wird zurückgewiesen.</p>
<p>Auf die Anschlußberufung des Klägers wird das vorbezeichnete Urteil teilweise abgeändert :</p>
<p>Die Beklagten zu 1) bis 3) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger über den zuerkannten Betrag hinaus weitere 2.526,25 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 26.11.1988 zu zahlen.</p>
<p>Die Beklagten zu 2) und 3) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger noch weitere 2.000,- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 13.11.1989 zu zahlen.</p>
<p>Die weitergehende Anschlußberufung wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 2/5 und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 3/5.</p>
<p>Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger zu 1/3 und den Beklagten als Gesamtschuldnern zu 2/3 auferlegt.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe :</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Berufung und Anschlußberufung sind in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Sachlich hat die Berufung keinen Erfolg, während die Anschlußberufung zum Teil begründet ist.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger steht dem Grunde nach ein voller Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten zu 1) bis 3) nach §§ 7, 1B StVG und ferner ein Schmerzensgeldanspruch gegen die Beklagten zu 2) und 3) nach § 847 BGB zu.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Nach dem Ergebnis der in erster und zweiter Instanz durchgeführten Beweisaufnahme steht fest, daß der Beklagte zu 3) den Unfall des Klägers schuldhaft herbeigeführt hat, während sich ein Mitverschulden des Klägers nicht feststellen läßt. Das Verschulden des Beklagten zu 3) besteht darin, daß er mit seinem Lkw zum Überholen eines vor ihm befindlichen Fahrzeugs angesetzt hat, indem er auf die linke Fahrbahnhälfte ausgeschert ist, ohne den rückwärtigen Verkehr im Rückspiegel ausreichend zu beobachten, denn dann hätte er erkannt, daß sich der Kläger schon zuvor zum Überholen angeschickt hatte, und dann hätte er seinen eigenen Überholwunsch zurückstellen müssen. Die Zeugin C, die Ehefrau des Klägers, hat glaubhaft bekundet, daß sich der Kläger schon voll auf der linken Fahrbahnhälfte befand und daß er mit der Vorderkante seines Pkws schon die Mitte des Lkws erreicht hatte, als dieser plötzlich nach links zog. Mit ihrer Darstellung stehen die Bekundungen der beiden Zeugen S und L der Beifahrer des Beklagten zu 3), nicht im Widerspruch. Diese beiden Zeugen haben nur übereinstimmend ausgesagt, der Beklagte zu 3) habe den Blinker betätigt und sei nach links ausgeschert. Dies schließt nicht aus, daß der hinter dem Beklagten zu 3) befindliche Kläger schon so nahe herangekommen und im Überholen begriffen war, daß der Beklagte zu 3) einen Überholvorgang nicht mehr einleiten durfte, wie er es gleichwohl tat. Die Zeugin hat weiter glaubhaft bekundet, daß der Beklagte zu 3) sich nach dem Unfall bei ihnen damit entschuldigt habe, er habe sie nicht gesehen. Der Beklagte zu 3) hat bei seiner Anhörung durch den Senat selbst eingeräumt, es könne sein, daß der Kläger schon eine Zeitlang hinter ihm hergefahren sei, er habe ihn vor dem Unfall nicht gesehen. Diese mangelnde Sorgfalt des Beklagten zu 3) vor Einleitung seines Überholversuchs gereicht ihm zum Verschulden.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Demgegenüber ist ein Mitverschulden des Klägers nicht erwiesen. Dieser hat zum Überholen angesetzt, als eine Überholabsicht des Beklagten zu 3) noch nicht erkennbar war. Insbesondere ist nicht feststellbar, daß er etwa den Blinker schon so früh betätigt hatte, daß der Kläger seinerseits den Überholvorgang noch nicht eingeleitet hatte und demzufolge dem Beklagten zu 3) hätte den Vortritt lassen müssen. Im Gegenteil spricht die Bekundung der Zeugin C die ein Blinken überhaupt nicht gesehen haben will, dafür, daß der Beklagte zu 3)erst unmittelbar vor dem Ausscheren den Blinker betätigte, so daß dieser von der auf gleicher Höhe befindlichen Zeugin nicht mehr wahrgenommen werden konnte.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger kann auch keine falsche Reaktion auf den Überholversuch des Beklagten zu 3) als schuldhafte Mitverursachung des Unfalls vorgeworfen werden. In dem Augenblick, als der Beklagte zu 3) schon mit der Hälfte seines Lkws auf die linke Fahrbahnhälfte ausgeschert war, hatte der Kläger nur die Möglichkeit, nach links auszuweichen, zumal er nicht wissen konnte, daß der Beklagte zu 3) ihn im letzten Augenblick doch noch sah und den Lkw wieder nach rechts zurücklenkte. Hierdurch geriet der Kläger zwangsläufig auf den links neben der Fahrbahn befindlichen Grünstreifen. Wenn sein Fahrzeug dort ins Schleudern geriet, was bei der notwendig hohen Geschwindigkeit - der Kläger hatte nach der glaubhaften Angabe seiner Ehefrau vor dem Überholen zwecks Beschleunigung seines Fahrzeugs vom 4. in den 3. Gang zurückgeschaltet - und dem ungleichmäßigen Boden eine natürliche Folge war, und wenn der Kläger hierdurch die Kontrolle über seinen Wagen verlor und in den Straßengraben fuhr, so beruht dieser Unfallverlauf nicht auf einem schuldhaften Fehlverhalten des Klägers.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Es kann dahinstehen, ob der Unfall darüber hinaus für den Kläger unabwendbar war. Bei der nach § 17 StVG vorzunehmenden Abwägung der beiderseitigen Schadensverursachungsbeiträge tritt die etwaige Betriebsgefahr des Pkws, die der Kläger sich zurechnen lassen muß, hinter derjenigen des Lkws und dem nicht nur geringfügigen Verschulden des Beklagten zu 3) vollkommen zurück, so daß es bei der alleinigen Haftung der Beklagten bleibt.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Höhe des zu ersetzenden Schadens beträgt 10.104,98 DM. Dabei ist der Fahrzeugschaden mit 8.600,- DM zu veranschlagen. Der Sachverständige Dipl.Ing. T den der Kläger beauftragt hat, hat einen technischen und wirtschaftlichen Totalschaden bejaht und den Wiederbeschaffungswert für ein gleichwertiges Fahrzeug auf 9.800,- DM geschätzt. Dem sind die Beklagten nicht substantiiert entgegengetreten. Der Kläger durfte auf Totalschadenbasis abrechnen, da er keine Reparatur durchführen ließ, sondern einen Neuwagen anschaffte. Nach seinem glaubhaften Vortrag hat er für die Restwerke nur 1.200,- DM erzielt. Dieser Betrag entspricht dem von dem Sachverständigen geschätzten Erlös, so daß der Senat dem Vortrag des Klägers folgt. Eine weitere Beweiserhebung erscheint gemäß § 287 ZPO entbehrlich.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Im Hinblick auf die Anschaffung eines Neuwagens sind auch die Ab- und Anmeldekosten gerechtfertigt. Ferner ist ein Nutzungsausfall für 14 Tage á 58,- DM zu ersetzen, da die Wiederbeschaffung eines gleichwertigen Ersatzfahrzeugs diese Zeitspanne in Anspruch genommen hätte. Die Ersatzpflicht ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger sich längere Zeit - bis 6.10.1988 - in stationärer Behandlung befand und noch bis zum 12.11.1988 zu 100 % in seiner Erwerbstätigkeit behindert gewesen wäre, wenn er noch gearbeitet hätte. Das Fahrzeug wurde nach der glaubhaften Bekundung der Ehefrau des Klägers, die selbst einen Führerschein besitzt, von ihr ebenfalls gefahren. Hiernach ist ein Vermögensschaden entstanden, den der Kläger geltend machen darf.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Kläger kann von den Beklagten zu 2) und 3) die Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 6.000,- DM fordern, worauf die vorprozessual gezahlten 4.000,- DM anzurechnen sind, so daß noch eine Forderung von 2.000,- DM verbleibt. Der Senat hält in Anbetracht der Schwere der Verletzung des Klägers, der Dauer der stationären Behandlung und des Ausmaßes der laufenden Beeinträchtigung, die auch heute noch darin besteht, daß er beim Tragen schwerer Gegenstände Rückenschmerzen verspürt, was glaubhaft erscheint, ein Schmerzensgeld in der angegebenen Höhe für angemessen. Die Vorstellung des Klägers ist demgegenüber weit überhöht.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die vorprozessual geleistete Zahlung ist mangels einer von der Beklagten zu 2) hierbei getroffenen Bestimmung gemäß § 366 Abs. 2 BGB, dessen entsprechende Anwendung geboten ist, auf das Schmerzensgeld anzurechnen, weil dies die nach § 847 Abs. 1 Satz 2 BGB alter Fassung weniger sichere Forderung war. Eine Bestimmung durch den Kläger war hingegen niemals zulässig.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Betrag von l0.104,98 DM ist wegen Verzugs nach § 288 BGB seit dem 26.11.1988 mit 4 % zu verzinsen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Für das noch zu zahlende Schmerzensgeld von 2.000,- DM kommen nur Rechtshängigkeitzinsen von 4 % gemäß § 291 BGB seit dem 13.11.1989 in Betracht. § 849 BGB findet auf das Schmerzensgeld keine Anwendung.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 269 Abs. 3, 97, 92 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. l0, 713 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Wert der Beschwer für den Kläger : 6.000,- DM;</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">für die Beklagte zu 1)                  10.104,98 DM;</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">für die Beklagten zu 2) und 3) :   12.104,98 DM.</p>
|
314,983 | olgk-1991-02-26-22-u-18090 | {
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"name": "Oberlandesgericht Köln",
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} | 22 U 180/90 | 1991-02-26T00:00:00 | 2019-03-13T14:43:15 | 2022-10-18T15:09:21 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1991:0226.22U180.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>T a t b e s t a n d</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Klägerin beansprucht von den
Beklagten Erstat-tung von Personalkosten.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Klägerin betreibt in W. ein
Restaurant. Zu diesem Zwecke hatte sie im Hause Sch. entspre-chende
Räumlichkeiten angemietet, und zwar von der Firma H., die
Hauptmieterin der Gebäude in W. war (vgl. den schriftlichen
Mietvertrag vom 23. Dezember 1986, Bl. 46-66 d. A.). Letztere
hat-te im Hause Sch. insgesamt 900 qm zuzüglich 120 qm
Außenreservierung vom Eigentümer, der V. L. s AG aus H., angemietet
zum Betrieb von Restaurants, Bäckerei, Metzgerei und
Naturkostladen. Die Firma H., deren Geschäftsführer mit dem der
Klägerin identisch ist, hatte einen Teil der Räumlichkeiten an die
Klägerin untervermietet.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Zum Zeitpunkt der Anmietung sowohl
durch die Hauptmieterin als auch durch die Klägerin befanden sich
die Gebäude noch im Bau. Generalunternehmer für die Erstellung des
Anwesens war die Beklag-te zu 1), deren persönlich haftende
Gesellschafte-rin die Beklagte zu 2) ist. Der vorgesehene
Fer-tigstellungstermin - erste Jahreshälfte 1987 - konnte nicht
eingehalten werden. Im Mai 1987 fand erst das Richtfest statt.
Anläßlich dieses Richt-festes haben sich die Beklagten bereit
erklärt, bei weiterer Verzögerung der Fertigstellung des
Restaurantbaus ab 1. August 1987 Personalkosten der Klägerin zu
übernehmen, wobei zwischen den Parteien streitig ist, was unter dem
Begriff "Per-sonalkosten" zu verstehen ist. Eine schriftliche
Bestätigung dieser zwischen den Geschäftsführern der Parteien
mündlich getroffenen Vereinbarung sandte die Klägerin der Beklagten
zu 1) mit Schreiben vom 26. Mai 1987 (Bl. 10 d. A.). Ab Au-gust bis
einschließlich November 1987 stellte sie der Beklagten zu 1)
monatliche Rechnungen über die ihr entstandenen Personalkosten
(Lohn- und Lohnne-benkosten) aus, wobei den Rechnungen jeweils eine
nach den einzelnen Mitarbeitern aufgeschlüsselte Aufstellung über
die Lohnkosten, Beitragsnachweise für die Krankenkassen und
Lohnsteueranmeldungen für das Finanzamt beigefügt waren (Bl. 302-
326 d. A.). Für die Monate August bis einschließ-lich November 1987
zahlte die Beklagte zu 1) ins-gesamt 100.509,88 DM.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Am 13. Januar 1988 wurde das Restaurant
eröffnet. Die von der Klägerin den Beklagten für die Monate
Dezember 1987 und anteilig für Januar 1988 (1. - 12. Januar 1988)
in Rechnung gestellten Beträge von zunächst 52.708,34 DM bezahlten
die Beklagten nicht.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Mit der Behauptung, bei den von ihr in
Rechnung gestellten Lohn- und Lohnnebenkosten handele es sich um
solche für Arbeitnehmer, die sie, die Klä-gerin, in Erwartung des
zugesagten früheren Fer-tigstellungstermines eingestellt habe und
nicht anderweitig habe kostenmindernd beschäftigen kön-nen, hat die
Klägerin mit der Klage 52.708,34 DM verlangt. Sie hat die Zahlung
der Klageforderung ergebnislos durch Schreiben vom 15. Juli 1988
mit Fristsetzung zum 30. Juli 1988 angemahnt. Sie hat behauptet,
mit 9 % zu verzinsenden Kredit in An-spruch zu nehmen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Klägerin hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px"> </p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px"> </p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:40px"> </p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:50px">die Beklagten zu verurteilen, als
Ge-samtschuldner an sie 52.708,34 DM nebst 5 % Zinsen für die Zeit
vom 30. Januar 1988 bis 30. Juli 1988 so-wie 9 % Zinsen seit dem
30. Juli 1988 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Beklagten haben beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Sie halten den Zahlungsanspruch nicht
für begrün-det. Die Beklagten haben bestritten, der Klägerin die
Erstattung der Personalkosten zugesagt zu ha-ben und haben
behauptet, sie hätten sich nur zur Erstattung der Kosten eines
Kochs bereiterklärt. Darüber hinaus habe die Klägerin sich die
Verzöge-rung der Fertigstellung selbst zuzuschreiben, weil sie
durch Sonderwünsche ins Baugeschehen einge-griffen und dessen
Fortschritt beeinträchtigt ha-be. Schließlich haben die Beklagten
bestritten, daß der Klägerin überhaupt Lohnkosten in der
ange-gebenen Höhe entstanden seien. Arbeitnehmer, für die sie eine
Kostenerstattung geltend gemacht ha-be, seien in anderen Betrieben,
an denen der Ge-schäftsführer der Klägerin beteiligt sei, während
der hier in Frage stehenden Zeit eingesetzt gewe-sen. Daraus ergebe
sich auch eine Überzahlung der Klägerin für die Monate August bis
November 1987. Mit diesen Überzahlungen, hinsichtlich deren
Spe-zifizierung auf die Ausführungen der Beklagten in ihrem
Schriftsatz vom 20. November 1989 verwiesen wird, haben die
Beklagten aufgerechnet. Bezüglich der von den Beklagten erklärten
Aufrechnung hat die Klägerin auf die Klageforderung übersteigende
Erstattungsansprüche verwiesen, so daß der Klage-betrag jedenfalls
gerechtfertigt sei.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Das Landgericht hat nach Beweiserhebung
die Be-klagten verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin
26.907,46 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 30. Januar 1986 zu zahlen
und die weitergehende Klage abgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Es hat festgestellt, daß die Beklagte
zu 1) sich zum Ersatz der der Klägerin ab dem 1. August 1987
entstandenen Personalkosten - auch über die Kosten eines Kochs
hinaus - verpflichtet habe und daß da-her die Personalkosten bis
zum 12. Januar 1988 zu ersetzen seien. Ferner ist es davon
ausgegangen, daß es nicht nachgewiesen sei, daß die Klägerin durch
Sonderwünsche die Fertigstellung des Baues über den 30. November
1987 hinaus verzögert habe.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Zur Höhe hat das Landgericht die
Lohnforderungen für die Arbeitnehmerinnen Wi., St., Ga. und Sk. mit
insgesamt 20.725,23 DM für die Monate Dezember und Januar 1988
(anteilig) nicht berücksichtigt, weil insoweit die Klägerin für
ihre Behauptung, ihr sei anderweitig nicht erstattbarer
Personal-aufwand entstanden, darlegungs- und beweisfällig geblieben
sei.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Von dem verbleibenden Ersatzbetrag von
40.400,03 DM einschließlich Mehrwertsteuer seien 13.552,57 DM durch
Aufrechnung mit Gegenforderun-gen der Beklagten erloschen. Die
Erstattung von Stillhalteprämien könne nicht verlangt werden, da
insoweit das Vorbringen unsubstantiiert sei.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Gegen das der Klägerin am 25. Juni 1990
und den Beklagten am 21. Juni 1990 zugestellte Urteil ha-ben beide
Parteien Berufung eingelegt. Die Beru-fung der Beklagten ist am 16.
Juli 1990 eingegan-gen und diejenige der Klägerin am 25. Juli 1990.
Die Berufungsbegründung der Beklagten ist einge-gangen am 12.
Oktober 1990 und diejenige der Klä-gerin - nach entsprechender
Fristverlängerung - am 15. November 1990.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Beide Parteien wiederholen und
vertiefen ihr erst-instanzliches Vorbringen.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Insbesondere machen die Beklagten
geltend, eine vertragliche Vereinbarung über den Ersatz von
Kochkosten sei nur mit der Firma H. als Hauptmie-terin getroffen
worden. Dieser seien aber Perso-nalkosten nicht entstanden.
Jedenfalls seien der Klägerin Zusatzzahlungen an das Personal über
die in den Arbeitsverträgen vereinbarten Beträge hinaus nicht zu
erstatten. Ferner seien alle Ar-beitnehmerinnen in der Zeit bis zur
Eröffnung des Restaurants entweder in eigenen Betrieben der
Klä-gerin oder solchen befreundeter Unternehmen einge-setzt
gewesen, so daß ihre Kosten von den Beklag-ten ab August 1987 zu
Unrecht übernommen worden seien. Die Beklagten hätten daher
entsprechende Rückforderungsansprüche wegen zu hoher Zahlungen ab
August 1987, mit denen ebenso aufgerechnet wer-de wie mit zu
Unrecht gezahlter Mehrwertsteuer auf die Personalkosten.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Beklagten beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px"> </p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px"> </p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:40px"> </p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:50px">unter teilweiser Abänderung des
erst-instanzlichen Urteils die Klage ins-gesamt abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px"> </p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px"> </p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:40px"> </p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:50px">unter teilweiser Abänderung des
erst-instanzlichen Urteils, die Beklagten als Gesamtschuldner zu
verurteilen, an die Klägerin über den ausgeurteil-ten Betrag in
Höhe von 26.907,46 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 30. Janu-ar 1988
hinaus weitere 25.800,88 DM nebst 5 % Zinsen für die Zeit vom 30.
Januar 1988 bis 30. Juli 1988 so-wie 9 % Zinsen seit dem 31. Juli
1988 zu zahlen und weitere 4 % Zinsen von 26.907,46 DM seit dem 31.
Juli 1988,</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px"> </p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px"> </p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:40px"> </p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:50px">hilfsweise,</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px"> </p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px"> </p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:40px"> </p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:50px">die Beklagten als Gesamtschuldner zu
verurteilen, über den ausgeurteilten Betrag von 26.907,46 DM nebst
5 % Zinsen seit dem 30. Januar 1988 hin-aus weitere 25.289,39 DM
nebst 5 % Zinsen für die Zeit vom 30. Janu-ar 1988 bis 30. Juli
1988 sowie 9 % Zinsen seit dem 31. Juli 1988 zu zah-len und weitere
4 % Zinsen von 26.907,46 DM seit dem 31. Juli 1988.</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Ferner beantragen beide Parteien,</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px"> </p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px"> </p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:40px"> </p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:50px">die Berufung der anderen Seite
zu-rückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Klägerin macht insbesondere noch
geltend, der für anderweitigen Ersatz ihrer Arbeitnehmer erstattete
Lohn sei der Beklagten nicht gutzubrin-gen, da die Klägerin
Erfüllungsansprüche geltend mache und die Grundsätze des
Vorteilsausgleichs hierauf nicht anzuwenden seien. Ferner habe das
Landgericht bei der Arbeitnehmerin Wi. einen höhe-ren
Erstattungsbetrag angerechnet, als dieser von der Firma He. bezahlt
worden sei.</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Alle anderen Arbeitnehmerinnen seien
nicht für ei-ne anderweitig zu entgeltende Tätigkeit eingesetzt
gewesen. Auf der H.-Messe in W. seien sie nur zu Schulungszwecken
anwesend gewesen. Ebenso seien sie bei der Eröffnung des
Vollwert-Imbiß in G. nur als Besucher gewesen, ohne dort
entgeltlich einge-setzt gewesen zu sein.</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Insgesamt stünden der Klägerin noch
folgende Be-träge zu:</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Lohnaufwendungen Dezember 1987: DM
44.875,74 Lohnaufwendungen Januar 1988: DM 19.211,05
Stillhalteprämien: DM 5.153,94 ./. abzüglich Überzahlung August bis
November 1987 - <span style="text-decoration:underline;">DM 2.793,88</span> insgesamt DM 66.446,85.</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Selbst wenn man davon noch an
rückzuerstattenden Kosten für die Arbeitnehmerin Wi. mit DM
14.250,-- abziehe, verbliebe noch immer der mit dem Hilfsantrag
insge- samt geltend gemachte Betrag von DM 52.196,85.</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Wegen der weiteren Einzelheiten des
Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den vorgetragenen Inhalt
der gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug
genommen.</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">E n t s c h e i d u n g s g r ü n d
e</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Berufungen beider Parteien sind
form- und fristgerecht eingelegt und auch sonst zulässig.</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">In der Sache hat nur die Berufung der
Beklagten Erfolg, während die Berufung der Klägerin als
un-begründet zurückzuweisen ist.</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Klage ist - auch soweit sie in der
Berufungs-instanz durch den Hilfsantrag erweitert worden ist -
unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Aus dem Vertrag vom 21. Mai 1987 hat
die Klägerin zwar eine Forderung in Höhe von 31.869,65 DM über die
geleisteten Zahlungen hinaus gegen die Beklag-te zu 1) als Anspruch
auf Ersatz von Personalko-sten wegen Verzögerung (der
Baufertigstellung und) der Eröffnung des Restaurants zugestanden,
für welchen die Beklagte zu 2) als Komplementärin der Beklagten zu
1) gemäß den §§ 161 Abs. 2, 128 Satz 1 HGB haftet. Diese Forderung
ist jedoch durch Aufrechnung mit Gegenforderungen der Beklag-ten zu
1) in zumindest gleicher Höhe erloschen (§§ 387, 389 BGB).</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">I.</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Dem Grund nach sind der Klägerin
Ansprüche auf Ersatz von Personalkosten aus dem Vertrag vom 21. Mai
1987 entstanden.</p>
<span class="absatzRechts">96</span><ol class="absatzLinks">
<li>Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der</li>
</ol>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Vertrag vom 21. Mai 1987 mit der
Klägerin abgeschlossen worden und nicht mit der H. GmbH, deren
Geschäftsführer mit demjenigen der Klägerin identisch ist. Denn den
Umständen war zu entnehmen, daß der Geschäftsführer der Klä-gerin
bei der Verhandlung am 21. Mai 1987 für diese und nicht für die
Firma H. auftrat und der Vertrag über Kostenerstattungen deshalb
mit der Klägerin zustandegekommen ist (§ 164 Abs. 1 Satz 1, 2 Abs.
3 BGB).</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Behauptung der Beklagten, der
Geschäftsfüh-rer habe am 21. Mai 1987 nicht einmal Kenntnis von der
Existenz der Klägerin gehabt, ist durch Vorlage des Schreibens der
Klägerin vom 2. Mai 1987 an den Zeugen P. H., den baulei-tenden
Architekten, widerlegt, von welchem der Geschäftsführer der
Beklagten eine Durchschrift erhalten hat. In diesem Schreiben weist
die Klägerin, welche als ihre Adresse bereits diejenige des
Bauvorhabens Sch., W. angibt, auf die laufenden Personalkosten hin,
weshalb sie eine weitere Verzögerung nicht akzeptieren könne.
Daraus folgt ohne weiteres, daß der Ge-schäftsführer der Beklagten
sowohl von der Exi-stenz der Klägerin als auch von dem Plan, daß
diese in dem zu errichtenden Bau ein Restaurant betreiben wollte,
gewußt hat, und daß nicht der H. GmbH als Hauptmieterin, sondern
der Klägerin als vorgesehene Untermieterin Personalkosten entstehen
würden.</p>
<span class="absatzRechts">101</span><ol class="absatzLinks">
<li>Der Vertrag hatte den Inhalt, daß die Beklag-</li>
</ol>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">te zu 1) Personalkosten der Klägerin
und nicht nur die Kosten eines Kochs ersetzen sollte. Dies ergibt
sich eindeutig aus dem Verhalten der Beklagten zu 1) selbst, welche
von August bis November 1987 Personalkosten der Klägerin in Höhe
von über 100.000,-- DM ersetzt hat, ob-wohl sie nicht nur aus der
Höhe der Summe son-dern auch aus den übersandten Einzelnachweisen
klar erkennen konnte, daß es sich um den Ersatz der Kosten für
etliche Personen handelte. Die Erklärung der Beklagten, diese
Kosten seien trotz fehlender Verpflichtung freiwillig über-nommen
worden, um zu verhindern, daß die Kläge-rin von ihrer
Anmietungsabsicht Abstand nehme, überzeugt nicht. Denn in diesem
Fall hätte es nahegelegen, die Klägerin darauf hinzuweisen, wie
kulant sich die Beklagte verhalte, obwohl sie dazu nicht
verpflichtet sei.</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Beklagten haben auch durch Zeugen
nicht den Gegenbeweis zu führen vermocht, daß die Beklag-te zu 1)
sich nur zur Erstattung von Kochkosten verpflichtet habe.</p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Der Senat folgt der Auffassung des
Landge-richts, daß der Aussage des Zeugen P. H. nicht gefolgt
werden kann, wonach der Beklagte habe sich nur bereit erklärt, die
Kosten für einen Koch zu übernehmen. Auf wenn der Zeuge für die
Kosten nicht aufzukommen hatte, ist es erstaunlich, daß er sich
einerseits sehr dafür interessiert haben will, warum die Beklagte
überhaupt die Kochkosten übernehme, es ihm aber dann nicht
aufgefallen sein will, daß die übersandten Rechnungen betreffend
die Personal-kosten um ein vielfaches höher waren als nur die
Kosten für einen Koch. Zudem war dem Zeu-gen bereits zuvor mit dem
erwähnten Schreiben vom 2. Mai 1987 mitgeteilt worden, daß bereits
Personalkosten liefen und für den 1. Juli 1987 weiteres Personal
eingestellt sei.</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Zeugen Eb. und Ne. haben die
Vereinba-rung nicht unmittelbar mitbekommen, sondern nur
nachträgliche Erklärungen des Geschäfts-führers der Beklagten über
die übernommenen Verpflichtungen gehört. Ihre Aussagen vermögen
eine Überzeugung von den tatsächlichen Vorgän-gen nicht zu
vermitteln. Nach diesen Aussagen hat der Geschäftsführer der
Beklagten zu 2) dem Zeugen Eb. gegenüber von Kochkosten gesprochen,
während dem Zeugen Ne. gegenüber abwechselnd von Koch- und
Personalkosten die Rede war. Danach erscheint es nicht
ausgeschlossen, daß der Geschäftsführer der Beklagten zu 2)
bild-haft und minimalisierend von Kochkosten gespro-chen hat, wenn
in Wirklichkeit Personalkosten gemeint waren. Jedenfalls ist der
aus der un-streitigen Tatsache von Zahlungen für etliche Personen
sich ergebende Anscheinsbeweis für die Vereinbarung der Erstattung
von Personal-kosten nicht widerlegt, zumal da der Zeuge Ma.
bekundet hat, daß der Geschäftsführer der Klägerin ihm gegenüber
immer nur von zu erset-zenden Personalkosten gesprochen hat und der
Geschäftsführer der Beklagten zu 2) von der Firma Gr. wegen von
dieser zu vertretenden Bau-verzögerungen im Hinblick auf die
Verpflichtung der Beklagten gegenüber der Klägerin erhebliche
Beträge verlangt und 50.000,-- DM erhalten hat. Schon dieser Betrag
übersteigt in seiner Grö-ßenordnung die Kosten für einen Koch
erheblich.</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Darüberhinaus ist von einer
Vereinbarung und Erstattung von Personalkosten auch deswegen
auszugehen, weil die Beklagte zu 1) auf das kaufmännische
Bestätigungsschreiben vom 26. Mai 1987 geschwiegen hat, in welchem
der Geschäftsführer der Klägerin auf die Zusage der Beklagten zu 1)
hinweist, ab dem 1. August die Personalkosten der Klägerin zu
übernehmen.</p>
<span class="absatzRechts">112</span><ol class="absatzLinks">
<li>Ansprüche der Klägerin sind auch nicht deshalb</li>
</ol>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">ausgeschlossen, weil diese eine über
den 1. De-zember 1987 hinausgehende Verzögerung der
Re-staurantseröffnung durch Sonderwünsche zum Aus-bau verursacht
habe. Es kann dahinstehen, ob nach Sinn und Zweck des geschlossenen
Vertrages die Beklagte für eine solche Verzögerung nicht einstehen
sollte und ob der Klägerin von der Firma H. als Hauptmieterin
vorgetragene Ände-rungswünsche zuzurechnen wären.</p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Denn die Beklagte hat nicht
substantiiert dar-getan, daß solche Verzögerungen ursächlich für
eine Restauranteröffnung nach dem 1. Dezem-ber 1987 geworden
seien.</p>
<span class="absatzRechts">117</span><ol class="absatzLinks">
<li>Soweit eine Umplanung des Küchenblocks ge-</li>
</ol>
<span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px"> </p>
<span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px">wünscht worden ist, hat dies keine
Verzöge-rung über den 1. Dezember 1987 hinaus verur-sacht, da die
Arbeiten in der Küche bereits im Sommer 1987 unstreitig erledigt
waren. Die Behauptung, daß der Pavillion wesentlich früher hätte
gebaut werden können, wenn es diese Verzögerung nicht gegeben
hätte, ist nicht näher dargelegt. Gegen sie spricht insbesondere,
daß der Pavillion wegen der Probleme mit der Stützmauer unstreitig
erst in der Endphase im Dezember 1987 montiert werden konnte.</p>
<span class="absatzRechts">121</span><ol class="absatzLinks">
<li>Soweit die Klägerin Ende November/ Anfang</li>
</ol>
<span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Dezember 1987 den Wunsch vorgetragen
hat, daß die Personalräume in das Obergeschoß verlegt werden
sollten, ist dies ebenfalls nicht ursächlich für die verspätete
Eröff-nung des Restaurants. Denn diese geschah, ohne daß die
Klägerin auf vorherige Fertig-stellung der Personalräume bestanden
hatte, welche unstreitig erst im März 1988 vollen-det worden
sind.</p>
<span class="absatzRechts">124</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Da es schon an der Kausalität der
Änderungswünsche für die Verzögerung mit der Eröffnung des
Restau-rants fehlt, kommt es nicht auf die Frage an, ob die
Beklagte sich auf einen solchen Kausalverlauf berufen könnte,
obwohl die spätere Errichtung des Pavillions (ebenfalls) für die
Verzögerung ursäch-lich geworden ist (Einwand, daß der Schaden auch
bei rechtmäßigem Alternativverhalten eingetreten wäre).</p>
<span class="absatzRechts">126</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">127</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">II.</p>
<span class="absatzRechts">128</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">129</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Der Vertrag vom 21. Mai 1987 erfaßte
der Höhe nach auch die Ansprüche der Klägerin auf Erstattung des
Dezembergehaltes für das nach Vertragsschluß erst eingestellte
Personal und des Januargehalts bis zur Eröffnung des Restaurants
für das bereits vor Vertragsschluß von der Klägerin
arbeitsvertraglich verpflichtete Personal.</p>
<span class="absatzRechts">130</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">131</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Hingegen müssen die Beklagten für die
Zahlung von Weihnachtsgeld, von Gehaltserhöhungen ab Januar, für
das Januargehalt des nach dem 1. August 1987 eingestellten
Personals, die Zahlung von Stillhal-teprämien für angeworbenes aber
nicht endgültig verpflichtetes Personal und für die verlangte
Um-satzsteuer auf erstattete Lohnzahlungen nicht auf-kommen.</p>
<span class="absatzRechts">132</span><ol class="absatzLinks">
<li>Die Personalkostenerstattungsverpflichtung der</li>
</ol>
<span class="absatzRechts">133</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">134</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Beklagten beschränkt sich nicht auf bis
zum 21. Juli 1987 eingestellt gewesenes Personal.</p>
<span class="absatzRechts">135</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">136</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Zwar ergibt sich aus dem
Bestätigungsschreiben vom 26. Mai 1987 nichts für oder gegen eine
Zu-sage des Ersatzes von Personalkosten für noch einzustellendes
Personal. Es ist aber wiederum aus dem eigenen Verhalten des
Geschäftsführers der Beklagten zu schließen, daß er seine Zusage
nicht auf bereits eingestelltes Personal be-grenzen wollte. Denn er
hat Kosten für später eingestelltes Personal in Kenntnis dieser
Tat-sache bezahlt, welche aus den ihm mit der Rech-nung für
November 1987 übersandten Unterlagen klar ersichtlich war. Auch die
Tatsache, daß der Beklagte seine diesbezüglichen Einwände nicht
schon früher erhoben hat, spricht dafür, daß er seine Verpflichtung
nicht auf bis zum 21. Mai 1987 eingestelltes Personal begrenzt
hat.</p>
<span class="absatzRechts">137</span><ol class="absatzLinks">
<li>Hingegen kann die Erstattung von gezahltem</li>
</ol>
<span class="absatzRechts">138</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">139</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Weihnachtsgeld nicht verlangt
werden.</p>
<span class="absatzRechts">140</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">141</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Der Kläger begründet seine Zahlungen
von Weih-nachtsgeld an sein Personal nicht mit tarif- oder
einzelvertraglichen Verpflichtungen, son-dern damit, daß das
Personal "abgesprungen" wä-re, wenn er nicht nachträglich die
Zahlung sol-cher Zulagen mündlich vereinbart hätte. Dies
rechtfertigt jedoch ein Erstattungsverlangen gegenüber dem
Beklagten nicht.</p>
<span class="absatzRechts">142</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">143</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Beklagte zu 1) hatte sich
verpflichtet, da-für einzustehen, daß die Klägerin infolge
Bau-verzögerungen keine unnützen Personalkosten selbst aufwenden
mußte, nicht aber dafür, daß Personal des Klägers - das nach seinen
Angaben bisher Gehalt erhalten hatte, ohne dafür arbei-ten zu
müssen - ohne Lohnerhöhung zur Vertrags-erfüllung nicht mehr bereit
war.</p>
<span class="absatzRechts">144</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">145</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Der nicht erstattungsfähige
Weihnachtsgeldan-teil des Dezembergehalts ergibt sich durch ei-nen
Vergleich der November- und Dezembergehäl-ter.</p>
<span class="absatzRechts">146</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">147</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Arbeitnehmer Dezember November
Differenz DM DM DM</p>
<span class="absatzRechts">148</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">149</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Ga. 5.223,73 - 3.307,88 = 1.915,85 Kr.
5.850,74 - 3.538,50 = 2.312,24 Me. 4.057,48 - 2.948,75 = 1.108,73
Sk. 4.654,02 - 2.948,75 = 1.705,27 St. 6.129,48 - 3.538,50 =
2.590,98 Wi. 3.538,50 - 2.359,-- = 1.179,50</p>
<span class="absatzRechts">150</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">151</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Sch.: aus der Gehalts-</p>
<span class="absatzRechts">152</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">153</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">bescheinigung ergibt sich als</p>
<span class="absatzRechts">154</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">155</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Weihnachtsgeld 390,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">156</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">157</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">zuzüglich Arbeitgeberanteil</p>
<span class="absatzRechts">158</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">159</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">zur Sozialversicherung (17,95 %) =
70,-- DM; die Summe des Weihnachtsgeldes beträgt 11.272,57 DM.</p>
<span class="absatzRechts">160</span><ol class="absatzLinks">
<li>Das Januargehalt ist für diejenigen Kräfte,</li>
</ol>
<span class="absatzRechts">161</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">162</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">welche nach Vertragsschluß eingestellt
worden sind, nicht zu ersetzen, weil der Kläger sein Personal
ohnehin etwa zwei Wochen vor Restau-ranteröffnung hätte einstellen
und einarbeiten müssen.</p>
<span class="absatzRechts">163</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">164</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die entsprechende Behauptung der
Beklagten in der Berufungsbegründung wird bestätigt durch das
Schreiben der Klägerin vom 2. Mai 1987 an P. H., wonach die
Klägerin angibt, daß wegen der vorgesehenen Eröffnung zum 16. Juli
1987 das restliche Personal zum 1. Juli 1987 einge-stellt worden
sei. Nur für dieses früher einge-stellte Personal haben die
Beklagten anteilige Kosten für Januar zu erstatten. Denn die
Kläge-rin hat insoweit Personalkosten und Vorlaufzei-ten bereits
vor dem 1. August 1987 gehabt, so daß es nicht gerechtfertigt wäre,
sie nochmals insoweit zu belasten. Im Ergebnis sind daher nur die
Gehälter der bis spätestens zum 1. Juli 1987 eingestellten
Mitarbeiter anteilig (12/30) zu berücksichtigen. Im einzelnen sind
dies die Kosten für folgende Arbeitnehmerinnen:</p>
<span class="absatzRechts">165</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">166</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Ga. 1.417,90 DM Kr. 1.415,50 DM St.
1.509,76 DM Sk. 1.415,50 DM Wi. 1.179,50 DM insgesamt 6.938,16
DM.</p>
<span class="absatzRechts">167</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">168</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Von diesen Beträgen sind aus den
Gründen zu II. 2. (eine Gehaltserhöhung vor dem eigentlichen
Arbeitsbeginn war nicht sachgerecht) die Ge-haltserhöhungsbeträge
der Mitarbeiterinnen Ga. in Höhe von 200,-- DM, St. in Höhe von
200,-- DM, Wi. in Höhe von 500,-- DM und Sk. in Höhe von 500,-- DM,
mithin ingesamt 1.400,-- DM zu-züglich 17,95 % Arbeitgeberanteil an
Sozialab-gaben mit 251,30 DM, insgesamt also 1.651,30 DM abzuziehen
und mit 12/30 = 660,42 DM in Anrech-nung zu bringen.</p>
<span class="absatzRechts">169</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">170</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Schadensersatzforderung für den 1.
bis 12. Januar 1988 stellt sich damit auf 6.277,64 DM.</p>
<span class="absatzRechts">171</span><ol class="absatzLinks">
<li>Gezahlte Stillhalteprämien für angeworbenes,</li>
</ol>
<span class="absatzRechts">172</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">173</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">aber nicht endgültig verpflichtetes
Personal in Höhe von 4.521,-- DM können nach der Vereinba-rung vom
21. Mai 1987 nicht ersetzt verlangt werden. Gegen die Behauptung
der Klägerin, sie habe zum 1. November Personal eingestellt, weil
sie damals mit der Eröffnung habe rechnen müs-sen, spricht zunächst
ihr eigener Schriftsatz vom 19. Februar 1988 an die Vermieterin,
wonach ihr im September 1987 die unverbindliche Pro-gnose gegeben
worden sei, daß vor Ende 1987 mit einer Übergabe nicht zu rechnen
ist. Danach be-stand kein Anlaß, schon vorzeitig weiteres Per-sonal
anzuwerben, um dieses dann mit Stillhal-teprämien bis Januar 1988
auf Kosten der Be-klagten zufriedenzustellen.</p>
<span class="absatzRechts">174</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">175</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Selbst wenn man aber die Behauptung der
Kläge-rin als richtig unterstellt, daß der Geschäfts-führer der
Beklagten Ende September 1987 - als die bauausführende Firma Ma.
ihn mit einem Fertigstellungstermin Ende November 1987
kon-frontiert habe - erklärt habe, "Das kriege ich schon bis zum 1.
Oktober hin, vertrauen Sie darauf.", rechtfertigt dies die
Anwerbung von Aushilfskräften zum 1. November 1987 nicht.</p>
<span class="absatzRechts">176</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">177</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Denn zum einen hatte die Klägerin allen
Anlaß, zum Zeitpunkt der Abgabe dieser Erklärung mit Rücksicht auf
die bis dahin eingetretenen zahl-reichen Bauverzögerungen an der
Richtigkeit der Erklärung zu zweifeln, zumal da mit der Erstel-lung
des Pavillionteils des Restaurants noch nicht einmal begonnen
worden war.</p>
<span class="absatzRechts">178</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">179</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Darüberhinaus bestand aber jedenfalls
kein An-laß, das auf dem Arbeitsmarkt jederzeit kurz-fristig zur
Verfügung stehende Hilfspersonal schon zu einem Zeitpunkt
anzuwerben und dann mit Prämien "stillzuhalten", als nach dem
Bau-tenstand jedenfalls eine in wenigen Tagen be-vorstehende
Restauranteröffnung nicht zu erwar-ten war.</p>
<span class="absatzRechts">180</span><ol class="absatzLinks">
<li>Auf die Schadensersatzbeträge haben die Beklag-</li>
</ol>
<span class="absatzRechts">181</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">182</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">ten keine Umsatzsteuer zu entrichten.
Insoweit kann Schadloshaltung nicht verlangt werden, da die
Klägerin aufgrund von Steuervorschriften zur Entrichtung von
Umsatzsteuer auf die emp-fangenen Beträge nicht verpflichtet ist.
Nach dem hier - mangels spezieller Tatbestände - maßgebenden
Grundtatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG unterliegen der
Umsatzsteuer Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein
Unternehmer gegen Entgelt im Rahmen seines Un-ternehmens ausführt.
Die an die Klägerin er-brachten Zahlungen stellten sich aber nicht
als Entgelt für eine Lieferung oder sonstige Lei-stungen der
Klägerin dar. Denn es handelte sich um Zahlungen, denen auf Seiten
der Empfängerin keine Leistung gegenüberstand. Die für das
Vor-liegen eines Leistungsaustauschs erforderliche Wechselbeziehung
fehlt, wenn der Entschädi-gungsbetrag gezahlt worden ist, weil dem
Empfänger gegen seinen Willen ein Schaden, also ein zur
Wiederherstellung des früheren Zustan-des verpflichtender Nachteil
zugefügt worden ist (Husmann in Rau-Dürrwächter-Flick-Koch,
Um-satzsteuergesetz, § 1 RN 275 m.w.N.).</p>
<span class="absatzRechts">183</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">184</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Dabei ändert sich am umsatzsteuerfreien
Charak-ter der Zahlung als Schadensersatz nichts, wenn dieser
aufgrund vertraglicher Vereinbarungen von einem Dritten geleistet
wird (Husmann a.a.0.) RN 274.</p>
<span class="absatzRechts">185</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">186</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Vorliegend hat die Beklagte
versprochen, der Klägerin Ersatz zu leisten, wenn dieser infolge
Verzögerung des Bauvorhabens Schaden in Form nutzloser Aufwendungen
für nicht einsetzbares Personal entstehen sollte. Das gesetzlich
für einen solchen Schaden der Vermieter einzustehen hätte, hindert
die Annahme einer umsatzsteuer-freien Schadensersatzleistung nicht,
da ein um-satzsteuerpflichtiger Vorgang nicht schon da-durch
entsteht, daß nicht der unmittelbar Ver-antwortliche (hier
Vermieter als Vertragspart-ner), sondern ein Dritter aufgrund
gesonderter vertraglicher Verpflichtungen den Schaden er-setzt.
Eine umsatzsteuerpflichtige Leistung hatte die Klägerin nicht zu
erbringen.</p>
<span class="absatzRechts">187</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">188</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Selbst wenn man das tatsächliche
Nichtkündigen des Vertrages bei entstandenem Kündigungsrecht wegen
Verzugs als Leistung ansehen wollte, ob-wohl sich die Klägerin
hierzu nicht einmal ver-pflichtet hatte, würde die Ersatzzahlung
kein Entgelt dafür darstellen, denn die Beklagte hatte sich nicht
zur Zahlung etwa einer Pau-schale verpflichtet für den Fall, daß
die Klä-gerin nicht kündigen sollte, sondern nur dazu, tatsächlich
bei der Klägerin infolge der Bau-verzögerung entstehenden Schaden
auszugleichen. Die Leistung eines solchen echten Schadenser-satzes
unterliegt aber nicht der Umsatzsteuer.</p>
<span class="absatzRechts">189</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">190</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">III.</p>
<span class="absatzRechts">191</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">192</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Soweit die Klägerin den Beklagten in
Rechnung ge-stelltes Personal nutzbringend eingesetzt hat oder
dritten Unternehmen gegen Entgelt zur Verfügung gestellt hat, war
nach Sinn und Zweck des Vertra-ges vom 21. Mai 1987 Ersatz durch
die Beklagten nicht zu leisten, weil diesbezüglich der Klägerin
Schaden in Form nutzloser Aufwendungen nicht ent-standen war. Der
Vertrag war geschlossen worden, um der Klägerin einen Ausgleich
dafür zu geben, daß sie wegen der Bauverzögerungen
Personalaufwen-dungen hatte, ohne das eingestellte Personal
nutz-bringend einsetzen zu können. Einen anderen Ver-tragszweck hat
die Klägerin jedenfalls nicht dar-zutun vermocht. Ihrer Auffassung,
daß Zahlungen auch zu leisten seien, soweit die
Personalaufwen-dungen der Klägerin nicht nutzlos waren, kann
des-halb nicht gefolgt werden.</p>
<span class="absatzRechts">193</span><ol class="absatzLinks">
<li>Deshalb ist zunächst der Betrag von 2.500,--DM,</li>
</ol>
<span class="absatzRechts">194</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">195</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">den die Klägerin für die Arbeitnehmerin
Wi. (auch) im Dezember 1987 durch die Firma He.s erstattet erhalten
hat, von der Klageforderung betreffend Dezember 1987, mit der das
volle Gehalt der Arbeitnehmerin Wi. ersetzt verlangt worden ist, in
Abzug zu bringen. Dies gilt aber nicht für den zusätzlich gezahlten
Umsatzsteu-erbetrag, weil dieser an das Finanzamt abzufüh-ren ist
oder der Firma He.s zurückzuerstatten ist, sofern kein
umsatzsteuerpflichtiger Vor-gang vorliegen sollte.</p>
<span class="absatzRechts">196</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">197</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Für einen Abzug betreffend den Monat
Januar besteht jedoch entgegen dem Landgericht kein Anlaß, da nicht
behauptet worden ist, daß Frau Wi. noch im Januar 1988 bei der
Firma He. s tä-tig war.</p>
<span class="absatzRechts">198</span><ol class="absatzLinks">
<li>Soweit das Landgericht für die Arbeitnehmerin-</li>
</ol>
<span class="absatzRechts">199</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">200</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">nen St., Sk. und Ga. aufgewendete Lohn-
und Lohnnebenkostenbeträge für Dezember 1987 mit insgesamt
16.007,23 DM ebenfalls nicht berück-sichtigt hat, ist dem nicht zu
folgen.</p>
<span class="absatzRechts">201</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">202</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Begründung, daß diese
Arbeitnehmerinnen bei einer Messe (welche vom 30. Oktober bis 8.
No-vember 1987 stattfand) und bei der Eröffnung eines Imbisses "G.
L." (im August) teilgenommen hätten und daraus ersichtlich sei, daß
die Möglichkeit bestanden habe, den Personalaufwand durch solchen
Personaleinsatz zu verringern, wobei unerheblich sei, ob davon
Gebrauch ge-macht wurde, überzeugt nicht. Sie wäre aller-dings zu
rechtfertigen, wenn der Klägerin die Verletzung einer
Schadensminderungspflicht (§ 254 Abs. 2 Satz 1 BGB) zu Last fiele.
Davon kann aber nicht ausgegangen werden, denn ein anderweitiger
Einsatz war allenfalls bei lang-fristigen Einsatzmöglichkeiten zu
organisieren. Dem stand entgegen, daß wegen des immer nur um wenige
Monate verschobenen Eröffnungstermins nur jeweils kurzfristig
Personal zu entbehren war. Außerdem wären die Arbeitnehmerinnen
auch nicht verpflichtet, sich - wie die Arbeitnehme-rin Wi. - in
weiter Entfernung vom vorgesehenen Arbeitsplatz einsetzen zu
lassen.</p>
<span class="absatzRechts">203</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">204</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">IV.</p>
<span class="absatzRechts">205</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">206</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Klageforderung wäre damit - ohne
Berücksichti-gung der Aufrechnung - in folgender Höhe
begrün-det:</p>
<span class="absatzRechts">207</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">208</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Personalkosten Dezember 1987 ohne
Mehrwertsteuer 39.364,68 DM Personalkosten Januar 1988 an- teilig
ohne Mehrwertsteuer 6.277,54 DM ./. Weihnachtsgeld - 11.272,57 DM
./. erstattete Personalkosten Wi. - 2.500,-- DM zusammen 31.869,65
DM.</p>
<span class="absatzRechts">209</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">210</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Jedoch führt die Aufrechnung mit
folgenden begrün-deten Gegenforderungen zu ihrem Erlöschen:</p>
<span class="absatzRechts">211</span><ol class="absatzLinks">
<li>Rückerstattung zu Unrecht ge-</li>
</ol>
<span class="absatzRechts">212</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">213</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">zahlter Personalkosten für die
Arbeitnehmerin Wi. 10.000,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">214</span><ol class="absatzLinks">
<li>Rückerstattung von Personal-</li>
</ol>
<span class="absatzRechts">215</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">216</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">kosten für Zeiten, in denen die
Klägerin ihr Personal tatsächlich nutzbringend eingesetzt hat
7.669,84 DM</p>
<span class="absatzRechts">217</span><ol class="absatzLinks">
<li>Rückerstattung zu Unrecht ge-</li>
</ol>
<span class="absatzRechts">218</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">219</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">zahlter Umsatzsteuer auf Ge- hälter
August bis November 1987 12.000,21 DM</p>
<span class="absatzRechts">220</span><ol class="absatzLinks">
<li>Unstreitige und von der Klägerin</li>
</ol>
<span class="absatzRechts">221</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">222</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">als Verrechnungsposten anerkannte
Überzahlung 2.793,88 DM</p>
<span class="absatzRechts">223</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">224</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Summe 32.463,93 DM.</p>
<span class="absatzRechts">225</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">226</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die vorstehend mit Ziffer 1. bis 3.
bezeichneten Gegenforderungen der Beklagten zu 1) sind aus § 812
Abs. 1 Satz 1 BGB begründet.</p>
<span class="absatzRechts">227</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">228</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Klägerin hat durch Zahlung der
Beklagten in der genannten Höhe eine Leistung der Beklagten oh-ne
rechtlichen Grund erlangt. Denn der Vertrag vom 21. Mai 1987
verpflichtete die Beklagte zu 1) - wie zu Ziffer III. dargelegt -
nur zu einem Er-satz des durch Bauverzögerungen in Form nutzloser
Personalaufwendungen entstandenen Schadens, wel-cher nicht
eingetreten ist, soweit die Klägerin den Beklagten in Rechnung
gestelltes Personal tat-sächlich eingesetzt oder dritten
Unternehmen gegen Entgelt zur Verfügung gestellt hat.</p>
<span class="absatzRechts">229</span><ol class="absatzLinks">
<li>Danach besteht zunächst ein Bereicherungsan-</li>
</ol>
<span class="absatzRechts">230</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">231</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">spruch, soweit für die Arbeitnehmerin
Wi. von August bis November 1987 unstreitig monatlich 2.500,-- DM
ohne Mehrwertsteuer erstattet worden sind. Dies ergibt einen Betrag
von 10.000,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">232</span><ol class="absatzLinks">
<li>Ferner muß die Klägerin sich anrechnen lassen,</li>
</ol>
<span class="absatzRechts">233</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">234</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">daß sie ihr Personal auf der H.-Messe
in W. vom 30. Oktober bis 8. November 1987 durch Ferti-gung und
Verkauf von Warenproben gegen Entgelt eingesetzt hat. Soweit die
Klägerin behauptet, es sei kein Gewinn erzielt worden, ist dies
an-gesichts der von den Beklagten ausdrücklich ge-forderten
Abrechnung unsubstantiiert und wider-spricht auch der
Lebenserfahrung.</p>
<span class="absatzRechts">235</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">236</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die erstatteten Personalkosten für den
Monat November 1987 sind daher zu 1/3 zurückzuerstat-ten (§ 287
ZPO).</p>
<span class="absatzRechts">237</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">238</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Löhne des im November
arbeitsvertraglich der Klägerin verpflichteten und nach ihren
An-gaben "zu Schulungszwecken" eingesetzten Perso-nals betrugen in
diesem Monat</p>
<span class="absatzRechts">239</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">240</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Bö. 2.363,-- DM Hu. 2.594,90 DM Ma.
2.359,-- DM Sch. 2.359,-- DM Ga. 3.307,88 DM Kr. 3.538,50 DM Sk.
2.948,75 DM St. 3.538,50 DM 23.009,53 DM.</p>
<span class="absatzRechts">241</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">242</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Davon sind wegen des Einsatzes von
Personal auf der H.-Messe 1/3 zurückzuerstatten, mithin 7.669,84
DM.</p>
<span class="absatzRechts">243</span><ol class="absatzLinks">
<li>Der Rückforderung der nach den Darlegungen zu</li>
</ol>
<span class="absatzRechts">244</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">245</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">II. 5. ohne Rechtsgrund gezahlten
Umsatzsteuer für die Monate August bis November 1987 in Höhe von
12.000,21 DM steht die Vorschrift des § 814 BGB (keine
Rückforderung bei Kenntnis der fehlenden Verpflichtung zur
Leistung) nicht entgegen. Denn die Beklagten behaupten
unwider-sprochen, daß sie erst nach Zahlung aufgrund anwaltlicher
Beratung erfahren hätten, daß eine Verpflichtung zur Errichtung von
Umsatzsteuer nicht bestand.</p>
<span class="absatzRechts">246</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">247</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die prozessualen Nebenentscheidungen
beruhen auf den §§ 91, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 11, 711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">248</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">249</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Streitwert und Urteilsbeschwer der
Klägerin: 66.446,85 DM.</p>
|
226,378 | lg-koblenz-1991-02-21-1-o-47088 | {
"id": 904,
"name": "Landgericht Koblenz",
"slug": "lg-koblenz",
"city": 531,
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"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 1 O 470/88 | 1991-02-21T00:00:00 | 2019-02-25T08:20:17 | 2020-12-10T10:43:44 | Urteil | ECLI:DE:LGKOBLE:1991:0221.1O470.88.0A | <div class="docLayoutText">
<div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc">
<!--hlIgnoreOn-->Tenor<!--hlIgnoreOff-->
</h4></div>
<div class="docLayoutText"><div>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p>1) Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger 30.000,00 DM Schmerzensgeld zu zahlen.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p>Hinsichtlich des weitergehenden Schmerzensgeldantrages wird die Klage abgewiesen.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p>2) Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><table class="RspIndent" style="margin-left:36pt">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">a)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">36.000,00 DM zu zahlen,</td>
</tr>
</table></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><table class="RspIndent" style="margin-left:36pt">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">b)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">sowie ab dem 01. Januar 1991 bis. zum 31. Dezember 1997 eine monatliche Verdienstausfallrente von 1.000,00 DM zu zahlen.</td>
</tr>
</table></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p>3) Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p>4) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung von 74.000,00 DM.</p></dd>
</dl>
</div></div>
<div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc">
<!--hlIgnoreOn-->Tatbestand<!--hlIgnoreOff-->
</h4></div>
<div class="docLayoutText"><div>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_1">1</a></dt>
<dd><p>Der Kläger nimmt die Beklagten auf Schmerzensgeld und Verdienstausfa1lentschädigung wegen fehlerhafter ärztlicher Behandlung in Anspruch.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_2">2</a></dt>
<dd><p>Am 11. April 1987 erlitt der am …1952 geborene Kläger als Vertragsspieler des Fußballvereins … bei einem Spiel seines Vereins in … eine Luxationsfraktur des linken oberen Sprunggelenks, eine Mehrfachfraktur des Wadenbeines sowie eine Ruptur des medialen Seitenbandes. Zur Behandlung der Verletzungen begab er sich am gleichen Tage in das Krankenhaus der Beklagten zu 1), wo er von den Beklagten zu 2) und 3), die dort als leitende Arzte der chirurgischen Unfallabteilung tätig sind, versorgt wurde.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_3">3</a></dt>
<dd><p>Am 14. April 1987 wurde der Kläger operiert. Nach der Operation kam es zu einer Wundinfektion, die letztlich dazu führte, daß in einer weiteren Operation in der BG-Unfallklinik … das obere Sprunggelenk versteift werden mußte.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_4">4</a></dt>
<dd><p>Der Kläger trägt vor, die Versteifung des Gelenks sei Folge davon, daß die Beklagten zu 2) und 3) ihn fehlerhaft behandelt hätten.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_5">5</a></dt>
<dd><p>Bereits während der Behandlungszeit bis zum 06. Juni 1987 im Krankenhaus der Beklagten zu 1} habe sich eine massive postoperative Wundheilungsstörung gezeigt, welche sich in den nächsten Wochen zu einer schweren Osteomyelitis entwickelt habe. Am 09. Juni 1987 habe er nach nur wenigen Tagen Aufenthalt zu Hause erneut zu einer längeren stationären Behandlung aufgenommen werden müssen, da - auch schon im Zeitpunkt der Entlassung am 06. Juni 1987 - die Heilung erkennbar nicht abgeschlossen gewesen sei. Auch bei der Entlassung am 26. Juni 1987 sei die Wunde nicht geheilt gewesen, vielmehr habe sich zu diesem Zeitpunkt der Verdacht auf Osteomyelitis aufdrängen müssen. Schließlich sei er fehlerhaft behandelt, worden, weil er drei Monate lang ausschließlich konservativ durch Verabreichung von Antibiotika behandelt worden sei und nur einmal wöchentlich zu einer Kontrolluntersuchung habe erscheinen müssen. Diese Behandlung habe nicht den Regeln der ärztlichen Kunst entsprochen.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_6">6</a></dt>
<dd><p>Infolge der Versteifung des Gelenks könne er nicht mehr Fußball spielen. Auch sei es ihm unmöglich" geworden, wie geplant, als Spielertrainer oder Nur-Trainer im Fußballsport tätig zu sein. Dadurch erleide er monatliche Einnahmeverluste von 1.000,00 DM. Die Beschäftigung als Trainer hätte er ab 01. Januar 1988 mindestens 10 Jahre lang ausüben können.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_7">7</a></dt>
<dd><p>Er halte ein Schmerzensgeld, von 35.000,00 DM für angemessen.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_8">8</a></dt>
<dd><p>Der Kläger <strong>beantragt,</strong></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_9">9</a></dt>
<dd><p style="margin-left:36pt">die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_10">10</a></dt>
<dd><table class="RspIndent" style="margin-left:36pt">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">a)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt werde, mindestens aber 35.000,00 DM betragen solle, zu zahlen;</td>
</tr>
</table></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_11">11</a></dt>
<dd><table class="RspIndent" style="margin-left:36pt">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">b)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">an ihn für die Zeit vom 01. Januar 1988 bis zum 31. Dezember 1997 eine monatliche Verdienstausfallrente von 1.000,00 DM zu zahlen.</td>
</tr>
</table></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_12">12</a></dt>
<dd><p>Die Beklagten <strong>beantragen,</strong></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_13">13</a></dt>
<dd><p style="margin-left:36pt">die Klage abzuweisen.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_14">14</a></dt>
<dd><p>Die Beklagten meinen, die Behandlung des Klägers sei nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt. Erwerbsschäden seien dem Kläger nicht entstanden, da jede Wahrscheinlichkeit dafür fehle, daß der Kläger als Trainer tätig geworden wäre.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_15">15</a></dt>
<dd><p>Weitere Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sind dem vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze und zu den Akten gereichten Unterlagen zu entnehmen.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_16">16</a></dt>
<dd><p>Gemäß Beweisbeschlüssen vom 02. März 1989 (Bl. 40/41 d.A.) und vom 23. August 1990 (Bl. 108 d.A.) hat die Kammer die Erhebung von Beweisen angeordnet. Das Ergebnis der Beweisaufnahme ist dem Gutachten der Professoren Dr.med. … und Dr.med. … vom 04. Januar 1990 (81. 65 ff.d.A.) sowie der schriftlichen Auskunft- des Fußballverbandes R… vom 06. September 1990 (Bl. 112 d.A.) zu entnehmen.</p></dd>
</dl>
</div></div>
<div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc">
<!--hlIgnoreOn-->Entscheidungsgründe<!--hlIgnoreOff-->
</h4></div>
<div class="docLayoutText"><div>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_17">17</a></dt>
<dd><p>Die Beklagten schulden dem Kläger ein Schmerzensgeld und den geltend gemachten Ersatz für Verdienstausfall gemäß §§ 823, 831 oder 31, 847, 843, 840 8GB.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_18">18</a></dt>
<dd><p>Die Beklagten zu 2) und 3) haben einen groben Behandlungsfehler begangen, weil sie die Infektion nur mit einer antibiotischen Therapie angegangen sind, obwohl die entzündlichen Veränderungen auch einige Tage nach Aufnahme dieser Therapie nicht abgeklungen waren.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_19">19</a></dt>
<dd><p>Der Infekt, dessen Auftreten als solcher nicht Folge eines ärztlichen Kunstfehlers ist, zeigte sich erstmals am zweiten postoperativen Tag, als der Kläger Fieber bekam. Zum Ablauf der Erkrankung kann auf das umfassende Gutachten der Professoren Dr.med. … und Dr.med. … vom 04. Januar 1990 Bezug genommen werden. Dort ist ausgeführt:</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_20">20</a></dt>
<dd><p>Es wurde zu diesem Zeitpunkt eine antibiotische Therapie eingeleitet. Ein Abstrich wurde angelegt. Laborchemisch fiel eine deutliche Erhöhung der Zahl der weißen Blutkörperchen (Leukozyten) sowie eine starke Erhöhung der Blutkörperchensenkungsreaktion auf 118/126 nach Westergreen auf. In der Folge wurde die Wunde wegen des weiterbestehenden Infektes lokal behandelt. Unter der Antibiotikatherapie kam es zu einem Nachlassen der Temperaturen. Im Abstrich waren Staphylococcus aureus nachzuweisen. Die Antibiotikatherapie wurde konsequent über einen längeren Zeitraum fortgesetzt. In einem weiteren Abstrich vom 29. April 1987 waren weiterhin Keime nachzuweisen. Die Blutkörperchensenkungsreaktion blieb hoch und war am 29. April 1987 noch mit 90/100 nach Westergreen deutlich erhöht. Die Entlassung erfolgte am 05. Juni 1987.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_21">21</a></dt>
<dd><p>Eine erneute Aufnahme war am 09. Juni 1987 erforderlich, da der Infekt so ausgeprägt war, daß eine vorzeitige Metallentfernung durchgeführt werden mußte. Der Operationsbericht ergab den Nachweis von Eiter im Bereich des Wadenbeines. Es wurde das Metall entfernt und eine Septopalkette eingelegt. Während der zweiten stationären Behandlung wurde erneut eine Antibiotikatherapie eingeleitet, die am 14. Juni 1987 abgesetzt wurde (die weitere Bemerkung im Gutachten, daß der Kläger eine weitere antibiotische Therapie abgelehnt habe, wird von diesem bestritten - Bl. 91 d.A. - und von den Beklagten im Rechtsstreit nicht behauptet). Die Blutkörperchensenkungsreaktion wurde während des zweiten stationären Aufenthalts kontrolliert. Sie war mit einem Wert von 27/25 nach Westergreen noch deutlich erhöht. Die Leukozyten waren mit 7.100 mäßig erhöht. Aus dem Arztbrief aus dem …-Krankenhaus … vom 07. August 1987 ist zu entnehmen, daß auch nach der Entfernung der Metallplatte bzw. dem Einlegen der Septopalkette die Wunde nicht heilte. Es verblieb eine Fistel, die sich offenbar nie vollständig schloß, so daß der Patient auf Veranlassung der behandelnden Ärzte in der BG-Unfallklinik … vorgestellt wurde.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_22">22</a></dt>
<dd><p>Dort wurde der Patient sofort stationär aufgenommen und eine Versteifung des Sprunggelenks vorgenommen. Intraoperativ zeigte sich eine völlige Zerstörung des Knorpels, so daß eine Erhaltung des Sprunggelenkes nicht mehr möglich war.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a class="Overl" name="rd_23" title="zum Orientierungssatz">23</a></dt>
<dd><p>Nach diesem Ablauf manifestierte sich der Infekt am vierten postoperativen Tag. Die Beklagten zu 2) und 3) hatten bis zu diesem Tage - worauf die Sachverständigen zu Recht hinweisen - lokal bereits Maßnahmen wie Spülungen vorgenommen, eine antibiotische Therapie eingeleitet und einen Abstrich entnommen, um eine Testung durchzuführen. Die Laborparameter zeigten einen Anstieg der Leukozyten sowie eine erhebliche Erhöhung der Blutkörperchensenkungsreaktion auf einen Wert von 118/126 mm nach Westergreen. Die alleinige antibiotische Therapie war nach den allgemein gültigen Richtlinien für die ersten fünf bis sechs Tage durchaus angezeigt. Eine solche Therapie ist jedoch nur sinnvoll, wenn es unter dieser Therapie zu einem raschen Abklingen der entzündlichen Veränderungen kommt. Bestehen die entzündlichen Veränderungen weiter, wie es im vorliegenden Fall gegeben ist, so ist eine chirurgische Intervention erforderlich. Diese Intervention besteht im breiten Eröffnen der Wunde, in der Entfernung des infizierten Hämatoms, dem Wunddebridement und der Überprüfung der Stabilität der Osteosynthese. Die alleinige Entfernung der Stellschraube führte eher zu einer Zunahme der Instabilität der oberen Sprunggelenksgabel und bedeutete damit eher eine Verschlechterung der Ausgangssituation. Die Röntgenkontrolle vom 14. Mai 1987, also vier Wochen nach der operativen Versorgung, ließ bereits eine auffallende Destruktion der knöchernden Grenzlamelle an der distalen Tibia erkennen. Darüber hinaus bestand auffallenderweise am Sprungbein (Talus) eine ausgeprägte, unmittelbar subchondrale Demineralisation. Die Destruktionsveränderungen nahmen bis zum 05. Juni 1987 zu. Ein Hinweis darauf, daß der Infekt weiterbestand und die alleinige antibiotische Therapie nicht erfolgreich gewesen ist. Das Übergreifen der Entzündung auf den Knochen ist darüber hinaus durch die periostalen Knochenanbauten medial und dorsal an der distalen Fibula erkennbar. Die Entfernung der Stellschraube bzw. das Einbringen der Refobacin-Palacoskette an der Außenseite der Fibula konnte die Entzündung am Knochen nicht mehr beeinflussen. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits ausgedehnte Weichteil- und Knochennekrosen vorhanden. Der Infekt hatte auf den Knochen übergegriffen und dort zu einer Destruktion geführt. Die lokale Wirkung der Refobacin-Palacoskette durch die Abgabe eines Antibiotikums konnte die Veränderung am Knochen bzw. im Gelenk nicht mehr beeinflussen.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a class="Overl" name="rd_24" title="zum Orientierungssatz">24</a></dt>
<dd><p>Hätten die Beklagten rechtzeitig, das heißt einige Tage nach dem Auftreten der entzündlichen Vorgänge, sich zu einem operativen Eingriff entschlossen - wie dies die Sachverständigen überzeugend als notwendig dargelegt haben-, hätte im Zusammenhang mit einer gezielten antibiotischen Therapie durchaus die Möglichkeit bestanden, den Infekt lokal zu beherrschen. Durch das nicht aktive chirurgische Vorgehen kam es zum Übergreifen des Infektes auf den Knochen bzw. das Gelenk, in dessen Folge es dann zu einer völligen Zerstörung des Sprunggelenkes kam. Die Arthrodese am oberen Sprunggelenk war nicht mehr zu vermeiden.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_25">25</a></dt>
<dd><p>Der Behandlungsfehler der Beklagten zu 2) und 3) ist als grob zu. kennzeichnen, weil die Beklagten zu 2) und 3) auf die eindeutigen Befunde nicht nach den gefestigten Regeln der ärztlichen Kunst reagiert haben (vgl. dazu RGRK/Nüßgens, § 823, Anhang II, Rn. 178). Die Kammer geht davon aus, daß der schwere Dauerschaden des Klägers nicht eingetreten wäre, wenn die Beklagten zu 2) und 3) rechtzeitig operiert hätten. Zwar ist ein Nachweis im naturwissenschaftlichen Sinne in dieser Richtung nur schwer zu führen. Da aber der Behandlungsfehler als grob zu bezeichnen ist, er zudem generell geeignet war, einen Schaden der Art herbeizuführen, wie er tatsächlich eingetreten ist, und die Beklagten damit rechnen mußten, daß ihre fehlerhafte Behandlung solche schweren Folgen haben könnte, tragen sie die Beweislast dafür, daß der Schaden nicht Folge ihres Fehlverhaltens ist (Nüßgens, a.a.O., Rn. 297 ff. mit weiteren Nachweisen).</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a class="Overl" name="rd_26" title="zum Orientierungssatz">26</a></dt>
<dd><p>Gemäß § 847 BGB steht dem Kläger ein Schmerzensgeld zu. Der Verletzte soll durch das Schmerzensgeld in die Lage versetzt werden, sich Erleichterungen und andere Annehmlichkeiten anstelle derer zu verschaffen, deren Genuß ihm durch die Verletzung unmöglich gemacht wurde. Darüber hinaus soll das Schmerzensgeld auch zu einer wirklichen Genugtuung führen. Bemessungsgrundlagen sind Ausmaß und Schwere der physischen Störungen, die persönlichen und Vermögensverhältnisse des Verletzten und des Schädigers, das Maß der Lebensbeeinträchtigung, Größe, Dauer, Heftigkeit der Schmerzen, Dauer der stationären Behandlung, Trennung von der Familie (vgl. Palandt-Thomas, § 847, Anm. 4 a mit weiteren Nachweisen). Im vorliegenden Fall fällt besonders ins Gewicht die langanhaltende Dauer der Behandlung, die Ungewißheit des Klägers, ob es zu einer Heilung kommen würde. Entscheidend ist jedoch zu berücksichtigen, daß der Kläger durch den letztlich verbliebenen Dauerschaden gehindert ist, seinen sportlichen Neigungen nachgehen zu können. Wegen der Versteifung des Gelenks ist er nicht in der Lage, Fußball zu spielen, zu tanzen und sich ungehindert zu bewegen. Diese Beschränkungen seiner Bewegungsfähigkeit werden ihn voraussichtlich viele Jahrzehnte belasten. Es fällt zum Nachteil der Beklagten auch ins Gewicht, daß es sich um einen leicht vermeidbaren ärztlichen Fehler gehandelt hat. In Würdigung der Gesamtumstände erscheint der Kammer ein Schmerzensgeld von 30.000,00 DM für angemessen.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a class="Overl" name="rd_27" title="zum Orientierungssatz">27</a></dt>
<dd><p>Dem Kläger steht auch die eingeklagte Verdienstausfallrente zu. Es ist nämlich bewiesen, daß er - trotz der am 11. April 1987 bei dem Fußballspiel erlittenen Verletzung - in der Lage gewesen wäre, zumindest als Fußballtrainer zu arbeiten und dadurch monatliche Einnahmen von 1.000,00 DM zu erzielen. Die persönlichen Voraussetzungen für die Erzielung eines solchen Einkommens hätte der Kläger nach Überzeugung der Kammer geschaffen. Die Trainerlizenz war - wie die Auskunft des Fußballverbandes ergeben hat - für die Ausübung der Trainertätigkeit zwar erforderlich. Der Kläger hätte diese Lizenz jedoch in einem dreiwöchigen Lehrgang, den der Fußballverband R… dreimal im Jahr anbietet, unschwer erwerben können. Es gibt keinen Grund zu der Annahme, der Kläger als langjähriger Vertragsspieler wäre den Anforderungen an einen solchen Lehrgang nicht gewachsen gewesen. Es besteht auch kein Zweifel daran, daß der Kläger neben seiner beruflichen Tätigkeit als Metzgergeselle ein Traineramt hätte ausüben können. Letztlich hat die Kammer keine Bedenken gegen die Richtigkeit der Behauptung des Klägers, es hätten sich bereits Vereine gefunden gehabt, die bereit gewesen wären, ihn als Trainer anzustellen. Die vom Kläger vorgelegten Schreiben der … Fußballvereinigung … vom 02. Oktober 1990, des TSV ... und der Spielvereinigung … belegen seine entsprechende Behauptung ebenso wie die Höhe der von diesen Vereinen gezahlten Trainerbezüge. Unter diesen Umständen ist der verlangte Mindestbetrag von 1.000,00 DM nicht zu beanstanden. Dieser Betrag berücksichtigt auch hinreichend die mit der Erzielung des Einkommens notwendigerweise verbundenen Aufwendungen, wie zum Beispiel Fahrtkosten.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_28">28</a></dt>
<dd><p>Vom 01. Januar 1988 bis zur mündlichen Verhandlung am 24. Januar 1991 ist das Honorar bereits fällig geworden. Dem trägt die gewählte Tenorierung Rechnung.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_29">29</a></dt>
<dd><p>Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92, 709 ZPO.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_30">30</a></dt>
<dd><p>Der Streitwert beträgt <span style="text-decoration:underline">155.000,00 DM.</span></p></dd>
</dl>
</div></div>
</div>
|
314,984 | olgk-1991-02-15-2-ws-8091 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 2 Ws 80/91 | 1991-02-15T00:00:00 | 2019-03-13T14:43:16 | 2022-10-18T15:09:21 | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1991:0215.2WS80.91.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beschwerde wird verworfen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Angeklagten zu tragen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Dem Angeklagten, der seit dem 30.7.1985 im Besitz einer Fahrerlaubnis der Klasse III (Nr. 92/1369/85 StVA Köln) ist, wird zur Last gelegt, am 17.7.1988, 9.9.1988 und 5.3.1989 Auffahrunfälle vorsätzlich herbeigeführt zu haben, in dem er mit seinem PKW vor Lichtzeichenanlagen ohne Grund abrupt abbremste, und anschließend in den ersten beiden Fällen bei dem Haftpflichtversicherer des jeweiligen Unfallgegners unter falscher Darstellung des Unfallhergangs Schadenersatzansprüche - einmal mit Erfolg - geltend gemacht hat. Nach Erhebung der Anklage vom 21.3.1990 hat das Amtsgericht Köln mit Beschluß vom 28.6.1990 (611 Ls 101/90) die Fahrerlaubnis gemäß § 111 a StPO vorläufig entzogen und die Beschlagnahme des Führerscheins zum Zwecke der Eintragung eines Vermerks angeordnet. Bei Bekanntgabe der Entscheidung am 1.8.1990 hat der Angeklagte erklärt, er habe seinen italienischen Führerschein in Italien bei seinen Eltern gelassen, weil er einen internationalen Führerschein beantragt habe. Seine Beschwerde vom 16.8.1990 hat die 5. große Ferienstrafkammer des Landgerichts Köln (105 Qs 709/90) am 12.9.1990 mit der Maßgabe verworfen, daß die Beschlagnahme des <u>ausländischen Führerscheins</u> angeordnet wird.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Durch Beschluß vom 20.9.1990 hat das Amtsgericht Köln die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren vor dem erweiterten Schöffengericht eröffnet, das in der Hauptverhandlung vom 17.12.1990 die Sache auf Antrag der Staatsanwaltschaft an die große Strafkammer des Landgerichts Köln verwiesen hat, weil seine Rechtsfolgenkompetenz nicht mehr als ausreichend erachtet wurde. Termin zur Durchführung der Hauptverhandlung vor der 5. großen Strafkammer des Landgerichts Köln ist inzwischen auf den 15., 17., 23., 25. und 29.4.1991 bestimmt worden.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 19.12.1990, gerichtet an das Schöffengericht, hat der Angeklagte erneut Beschwerde gegen den Beschluß vom 28.6.1990 erhoben und beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und den Führerschein unverzüglich freizugeben. Er macht geltend, die weitere Aufrechterhaltung der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis sei unverhältnismäßig. Durch die Verweisung der Sache an das Landgericht sei eine erhebliche Verzögerung des Verfahrens eingetreten, die nicht zu seinen Lasten gehen könne. Die am 17.12.1990 getroffene Einschätzung der Rechtslage und der Rechtsfolgenkompetenz des Schöffengerichts habe schon bei Erlaß des Eröffnungsbeschlusses vorgenommen werden müssen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die - inzwischen mit der Hauptsache befaßte - 5. große Strafkammer des Landgerichts Köln hat den Aufhebungsantrag mit Beschluß vom 2.1.1991 zurückgewiesen und ausgeführt, als Beschwerde sei der Schriftsatz vom 19.12.1990 nach Verweisung der Sache nicht mehr zu bewerten. Gegen diesen Beschluß wendet sich der Angeklagte nunmehr mit der Beschwerde vom 9.1.1991. Er macht weiter geltend, die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis sei aufzuheben, da ihre Aufrechterhaltung wegen der eingetretenen Verzögerung unverhältnismäßig sei.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde des Angeklagten begegnet in formeller Hinsicht keinen Bedenken. Insbesondere steht ihr die Bestimmung des § 310 Abs. 2 StPO nicht entgegen, da die angefochtene Entscheidung des Landgerichts, wie in dem Beschluß ausdrücklich hervorgehoben wird, nicht auf eine Beschwerde hin ergangen ist, sondern die Strafkammer allein und erstmals in Ausübung ihrer erstinstanzlichen Zuständigkeit als Gericht der Hauptsache (vgl. Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 30. Aufl., § 111 a Rdz. 7; Kleinknecht-Meyer, StPO, § 111 a Rdz. 7) über den Aufhebungsantrag befunden hat.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">In der Sache bleibt das Rechtsmittel allerdings ohne Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Strafkammer hat eine Aufhebung des Beschlusses vom 28.6.1990 zu Recht abgelehnt, da die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis und die damit verbundene Beschlagnahme des Führerscheins weiterhin gerechtfertigt und geboten ist.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks"><b>1.</b></p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Es sind entsprechend den Ausführungen im Beschluß der Strafkammer vom 12.9.1990 unverändert Gründe für die Annahme vorhanden, daß dem Angeklagten die Fahrerlaubnis endgültig entzogen werden wird (§ 111 a Abs. 1 S. 1 StPO). Dagegen wird auch mit der Beschwerde nichts erinnert.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks"><b>2.</b></p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Der Auffassung des Angeklagten, die Aufhebung des Beschlusses sei veranlaßt, weil die Aufrechterhaltung der einstweiligen Entziehung der Fahrerlaubnis wegen vermeidbarer, auf Versäumnisse der Justiz beruhender Verzögerungen im Verfahrensgang unverhältnismäßig sei, kann im Ergebnis nicht gefolgt werden.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Richtig ist freilich, daß die einstweilige Entziehung der Fahrerlaubnis wie alle strafprozessualen Zwangsmaßnahmen verfassungsrechtlichen Schranken unterworfen ist, die sich namentlich im Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und dem Beschleunigungsgebot konkretisieren. Jeder Eingriff in den grundrechtlich geschützten Bereich des Beschuldigten steht unter dem Gebot der Verhältnismäßigkeit, das sich aus dem Wesen der Grundrechte selbst ergibt, die als Ausdruck des allgemeinen Freiheitsanspruchs des Bürgers gegenüber dem Staat jeweils nur insoweit beschränkt werden dürfen, als es zum Schutz öffentlicher Interessen unerläßlich ist (BVerfGE 44, 353, 373 = NJW 1977, 1489, 1490; Pfeiffer in Karlruher Kommentar, StPO, 2. Aufl., Einl. Rdz. 30, m.w.N.). Der Betroffene darf nicht übermäßig belastet werden. Die Belastung muß vielmehr in einem vernünftigen Verhältnis zu den der Allgemeinheit erwachsenden Vorteilen stehen (vgl. Pfeiffer a.a.O. m.w.N.). Das Verbot des Übermaßes setzt der Zulässigkeit eines Eingriffs bei dessen Anordnung, Vollziehung und Fortdauer Grenzen (BVerfGE 32, 373, 379 = NJW 1972, 1123 ff.; BVerfGE 34, 238, 246 = NJW 1973, 891, 892 f.; Kleinknecht-Meyer a.a.O., Rdz. 21). Darüberhinaus erfordert das Rechtstaatsgebot des Grundgesetzes, ebenso wie Art. 6 Abs. 1 MRK, die angemessene Beschleunigung des Strafverfahrens. Eine von den Justizbehörden zu vertretende erhebliche Verzögerung des Verfahrens verletzt den Beschuldigten in seinem Recht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG auf ein rechtstaatliches, faires Verfahren. Ermittlungsverfahren, in denen die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis angeordnet wurden, sind daher mit besonderer Beschleunigung zu führen (vgl. LG Hannover DAR 1969, 247 f; Schäfer in Löwe-Rosenberg, StPO, 24. Aufl., § 111 a Rdz. 7 m.w.N.; Kleinknecht-Meyer a.a.O.).</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Obwohl die Verletzung des diesem Gebot zugrundeliegenden Rechtsstaatsprinzip nicht zu einem Verfahrenshindernis führt (vgl. Kleinknecht-Meyer a.a.O. Einl. Rdz. 19, 148 m.w.N.), wird daraus abgeleitet, daß prozessuale Zwangsmaßnahmen, die unter dem Gebot der Verhältnismäßigkeit stehen, im Einzelfall unzulässig sein können, wenn das Recht des Beschuldigten auf Verhandlung innerhalb angemessener Frist verletzt wird (Pfeiffer a.a.O. Rdz. 13 m.w.N.). Eine vollständige Übertragung der in dieser Hinsicht für den Vollzug der Untersuchungshaft geltenden gesetzlichen Bestimmungen ihrer in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze, wie sie der Angeklagte fordert, kommt dabei allerdings nicht in Betracht. Vielmehr ist den Unterschieden Rechnung zu tragen, die aus dem Gewicht des jeweiligen Eingriffs in die persönliche Freiheit und der Zweckbestimmung der Maßnahmen (Schutz der Allgemeinheit vor Gefahren durch ungeeignete Kraftfahrer in § 111 a StPO; Durchsetzung des staatlichen Strafverfolgungsinteresses in §§ 112 ff. StPO) erwachsen. Daß das Beschleunigungsgebot im Hinblick auf die einstweilige Entziehung der Fahrerlaubnis nicht denselben Stellenwert einnimmt wie für den Freiheitsentzug durch Untersuchungshaft, findet beispielsweise darin seinen Ausdruck, daß eine dem § 121 Abs. 1 vergleichbare Bestimmung für die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis fehlt. Nach inzwischen gefestigter Meinung (vgl. OLG München, NJW 1980, 1860 m.w.N.; Kleinknecht-Meyer, § 111 a Rdz. 12 m.w.N.) gebietet es der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht, während des Rechtsmittelverfahrens die vorläufige Entziehung deshalb aufzuheben, weil die Verfahrensdauer bereits die Dauer der angeordneten Sperre übersteigt. Dazu wird darauf verwiesen, das Gesetz könne als Aufhebungsgrund in § 111 a Abs. 2 StPO nur den Fall, daß der Grund für die vorläufige Entziehung weggefallen sei; der Zweck der angeordneten Sicherungsmaßnahme verbiete es zudem, den Angeklagten in solchen Fällen (vorübergehend) zum Straßenverkehr zuzulassen (OLG Koblenz VRS 71, 40 f. = MDR 1986, 871 m.w.N.). Die Unzulässigkeit der Aufrechterhaltung einer einstweiligen Entziehung der Fahrerlaubnis kann daher - mehr noch als in Haftsachen (vgl. insoweit OLG Frankfurt, StV 1985, 198 und NStZ 1988, 287 = StV 1988, 439; Boujong in Karlsruher Kommentar a.a.O. § 121 Rdz. 21; Wendisch in Löwe-Rosenberg a.a.O., § 121 Rdz. 38; Kleinknecht-Meyer a.a.O. Rdz. 26) - nur bei groben Pflichtverletzungen und erheblichen Verzögerungen eintreten.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks"><b>3.</b></p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Davon ausgehend ist der bisherige Ablauf des Verfahrens nicht geeignet, durchgreifende Bedenken gegen die Fortdauer der einstweiligen Entziehung der Fahrerlaubnis zu begründen. Zwar erscheint es in der Tat verfehlt, daß die Sache zunächst bei dem Schöffengericht angeklagt und das Hauptverfahren dort eröffnet wurde, zumal die Strafkammer bereits mit ihrem Beschluß vom 12.9.1990 auf Bedenken hinsichtlich der Zuständigkeit des Schöffengerichts hingewiesen hatte. Darauf ist zurückzuführen, daß das Verfahren erster Instanz nicht in der Hauptverhandlung am 17.12.1990 zum Abschluß gebracht werden konnte und die Verhandlung vor der Strafkammer erst im April 1991 stattfinden wird. Die damit eingetretene Verzögerung um etwa 4 Monate ist im Verhältnis zu der Gesamtdauer des Entzugs der Fahrerlaubnis, wie er nach den vorliegenden Erkenntnissen erwartet werden muß, jedoch nicht von besonderem Gewicht und schafft keine solchen Belastungen für den Angeklagten, die durch den Zweck der Maßnahme nicht mehr zu rechtfertigen wären.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks"><b>III.</b></p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.</p>
|
314,985 | olgham-1991-02-14-15-w-3091 | {
"id": 821,
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} | 15 W 30/91 | 1991-02-14T00:00:00 | 2019-03-13T14:43:18 | 2022-10-18T15:09:21 | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1991:0214.15W30.91.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>I. 1)</p>
<p>Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben, soweit das Landgericht die Beschwerden der Antragsteller vom 30. Oktober 1990 hinsichtlich ihres Adoptionsantrages und ihres Antrages auf Ersetzung der Adoptionseinwilligung des beteiligten Jugendamtes (gemäß § 1746 Abs. 3 BGB) zurückgewiesen hat.</p>
<p></p>
<p>2)</p>
<p>Auf die vorbezeichneten Beschwerden der Antragsteller wird der Beschluß des Amtsgerichts Herford vom 15. Oktober 1990 insoweit aufgehoben, wie das Amtsgericht die vorstehend unter 1) bezeichneten beiden Anträge zurückgewiesen hat. In diesem Umfange wird die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.</p>
<p></p>
<p>II.</p>
<p>Die weitere Beschwerde betreffend den Antrag der Antragsteller auf Ersetzung der Einwilligung der Kindesmutter in die Adoption ihres Kindes xxx durch die Antragsteller wird zurückgewiesen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u><b>Gründe</b>:</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">A</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Xxx wurde am 11. März 1987 nichtehelich von Frau xxx, der Tochter der Beteiligten zu 1), geboren. Da die Kindesmutter (geb. am 12. Juni 1970) zu diesem Zeitpunkt erst 16 Jahre und 9 Monate alt war, ruhte ihre elterliche Sorge für xxx (§ 1673 Abs. 2 Satz 1 BGB) und trat Amtsvormundschaft des Jugendamtes ein (§ 1773 Abs. 1 in Verbindung mit § 1791c BGB).</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Mit der Volljährigkeit der Kindesmutter - am 12.06.1988 - endete die Amtsvormundschaft des Jugendamtes und trat stattdessen die Amtspflegschaft mit dem Wirkungskreis nach § 1706 BGB ein.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Nach einer vorausgegangenen einstweiligen Anordnung vom 27. Mai 1987 entzog das Amtsgericht Herford durch Beschluß vom 17. Juli 1987 der Kindesmutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht für xxx und übertrug es dem beteiligten Jugendamt als Pfleger.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Nach mehreren vorausgegangenen Gesprächen mit einem Vertreter des Jugendamtes erklärte die Kindesmutter am 12. März 1990 zur Urkunde des Notars xxx in xxx (UR-Nr. xxx) ihre unwiderrufliche Einwilligung in die (Inkognito-) Adoption ihres Kindes xxx durch die in der Adoptionsliste des Kreises Herford unter Nr. xxx eingetragenen Eheleute. Diese Erklärung ging im Mai 1990 bei dem für den Wohnsitz dieser Adoptionsbewerber zuständigen Amtsgericht Bünde ein. Seit diesem Zeitpunkt bemühen sich auch die Eltern der Kindesmutter, die Beteiligten zu 1), darum, xxx zu sich zu nehmen und ihn selbst zu adoptieren.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Aufgrund der Adoptionseinwilligung der Kindesmutter vom 12.03.1990 ruht ihre elterliche Sorge für xxx und ist das beteiligte Jugendamt Amtsvormund geworden (§ 1751 Abs. 1 BGB).</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die vom Jugendamt ausgewählten Adoptiveltern haben das Kind xxx, zu dem sie seit März 1990 Kontakt hatten, am 30. Mai 1990 in Adoptionspflege ganz zu sich genommen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Seit April 1990 hat das beteiligte Jugendamt als Vormund des Kindes jeden Kontakt zwischen xxx und den Beteiligten zu 1) sowie auch zu den Großeltern väterlicherseits - die sich in einer notariellen Urkunde vom 18. Juli 1990 ebenfalls zur Adoption xxx bereit erklärt haben - unterbunden, weil solche Besuchskontakte das Inkognito der in Aussicht genommenen Adoption gefährden, das Kind verunsichern und sein wachsendes Gefühl der Zugehörigkeit zu den neugewonnenen Eltern stören würden.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Ein Antrag der Beteiligten zu 1) vom 18. Mai 1990, dem beteiligten Jugendamt aufzugeben, ihnen einen Umgang mit ihrem Enkelkind zu gestatten, ist durch Beschluß des Amtsgerichts Herford vom 8. Juni 1990 zurückgewiesen worden. Die dagegen von den Beteiligten zu 1) eingelegte erste und die weitere Beschwerde sind erfolglos geblieben (Senatsbeschluß vom 15. Januar 1991 - 15 W 465/90 -).</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Im vorliegenden Verfahren erstreben die Beteiligten zu 1) nunmehr ihrerseits die Adoption ihres Enkelkindes xxx. Sie haben in notarieller Verhandlung vom 19. Juli 1990 (UR-Nr. xxx des Notars xxx in xxx) beantragt, die Annahme xxx als gemeinschaftliches Kind durch sie auszusprechen. In derselben Urkunde haben sie außerdem beantragt, die Zustimmung des beteiligten Jugendamtes zu dieser Kindesannahme vormundschaftsgerichtlich zu ersetzen (§ 1746 Abs. 3 BGB).</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Außerdem haben sie mit Schriftsatz vom 25. Juli 1990 vorsorglich beantragt, auch die Zustimmung der Kindesmutter zu der von ihnen beabsichtigten Adoption vormundschaftsgerichtlich zu ersetzen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Das beteiligte Jugendamt ist den Anträgen der Beteiligten zu 1) entgegengetreten. Es ist der Auffassung, dem Adoptionsantrag der Beteiligten zu 1) könne schon aus Rechtsgründen nicht stattgegeben werden, weil ihm die unwiderrufliche Adoptionseinwilligung der Kindesmutter zur Adoption xxx durch ein bestimmtes Ehepaar entgegenstehe und auch das Erfordernis einer vorangegangenen angemessenen Pflegezeit (Adoptionspflege) hinsichtlich der Beteiligten zu 1) nicht erfüllt sei.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Durch Beschluß vom 15. Oktober 1990 hat das Amtsgericht die Anträge der Beteiligten zu 1) auf Ersetzung der Einwilligung des beteiligten Jugendamtes sowie der Kindesmutter in die beantragte Adoption und auf Ausspruch der Annahme des betroffenen Kindes durch die Beteiligten zu 1) zurückgewiesen, weil sie aus den vom Jugendamt geltend gemachten rechtlichen Gründen keinen Erfolg haben könnten.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Gegen diese Entscheidung haben die Beteiligten zu 1) mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 30. Oktober 1990 Beschwerde eingelegt und ihr Begehren weiterverfolgt. Sie haben ergänzend vorgetragen, die Kindesmutter, die sich früher energisch gegen eine Adoption xxx durch ihre Eltern - die Beteiligten zu 1) - ausgesprochen hatte, sei nunmehr mit dieser Adoption einverstanden. Ihre - der Kindesmutter - notarielle Einwilligungserklärung in die oben erwähnte Inkognitoadoption sei nur durch erhebliche Einflußnahme seitens des beteiligten Jugendamtes zustandegekommen und daher anfechtbar.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Wegen dieser Frage ist inzwischen beim Amtsgericht Bünde ein Verfahren zur Klärung der Rechtswirksamkeit der Einwilligungserklärung vom 12.03.1990 anhängig geworden.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Ein Adoptionsantrag der vom Jugendamt ausgewählten Adoptionsbewerber ist beim Amtsgericht Bünde bisher nicht eingegangen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Das beteiligte Jugendamt hat sich zu der weiteren Beschwerde nicht geäußert.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">B</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Das Rechtsmittel der Beteiligten zu 1) führt in Bezug auf zwei Anträge zur Aufhebung der Entscheidungen des Landgerichts und des Amtsgerichts und zur Zurückverweisung der Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht; hinsichtlich des weiteren Antrages ist es unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Der Senat ist - ebenso wie die Vorinstanzen - mit drei verschiedenen Verfahrensgegenständen befaßt. Dabei handelt es sich einmal um den Adoptionsantrag vom 19. Juli 1990 (§ 1752 Abs. 1 BGB), weiterhin um den Antrag auf Ersetzung der Einwilligung des beteiligten Jugendamtes gemäß § 1746 Abs. 3 BGB und schließlich um den nachträglich "vorsorglich" gestellten Antrag vom 25. Juli 1990, die Einwilligung der Kindesmutter in die Adoption durch die Antragsteller zu ersetzen (§ 1748 Abs. 1 BGB). Gegen die Zurückweisung derartiger Anträge ist gleichermaßen die unbefristete erste und weitere Beschwerde gegeben.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die weitere Beschwerde vom 09.01.1991 genügt ferner der gesetzlichen vorgeschriebenen Form und ist auch im übrigen zulässig nach §§ 27, 29 FGG. Die Befugnis der Beteiligten zu 1) zur Einlegung dieses Rechtsmittels ergibt sich schon aus der Erfolglosigkeit ihrer Erstbeschwerde hinsichtlich aller drei Verfahrensgegenstände (Keidel/Kuntze/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 12. Aufl., - künftig: KKW -, § 27 FGG Rdn. 10, m. w. N.).</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks"><u>Der Ersetzungsantrag nach § 1748 Abs. 1 BGB vom 25.07.1990.</u></p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung des Landgerichts über diesen Verfahrensgegenstand ist rechtlich nicht zu beanstanden.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Verfahrensrechtlich zutreffend hat das Landgericht zunächst die Erstbeschwerde der Antragsteller gegen die Zurückweisung ihres Antrages durch das Amtsgericht als zulässig gemäß §§ 19, 20 FGG angesehen. Mit Recht hat es auch die Zurückweisung des Antrages durch das Amtsgericht deswegen bestätigt, weil die Beteiligten zu 1) zur Antragstellung nach § 1748 Abs. 1 BGB nicht berechtigt sind. Das Antragsrecht auf gerichtliche Ersetzung der Einwilligung eines Elternteils in die Adoption steht nach dem eindeutigen Wortlaut und Sinn des § 1748 Abs. 1 BGB ausschließlich dem Kinde selbst - gegebenenfalls durch seinen gesetzlichen Vertreter - zu. Das entspricht auch der einhelligen Ansicht in Rechtsprechung und Schrifttum.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Da die angefochtene Beschwerdeentscheidung zu diesem Verfahrensgegenstand auch sonst, insbesondere hinsichtlich des vom Landgericht eingehaltenen Verfahrens, nicht auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§ 27 FGG), mußte der Senat die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) hinsichtlich dieses Gegenstandes als unbegründet zurückweisen.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Eine Kostenerstattungsanordnung nach § 13a Abs. 1 S. 2 FGG war aus tatsächlichen Gründen nicht veranlaßt.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks"><u>Der Ersetzungsantrag nach § 1746 Ahs. 3 BGB vom 19.07.1990.</u></p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die zu diesem Verfahrensgegenstand ergangene Beschwerdeentscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von einer nach §§ 19, 20 FGG zulässigen Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1) gegen die Zurückweisung ihres Ersetzungsantrages ausgegangen.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Seiner Sachentscheidung hat das Landgericht richtig die Vorschrift des § 1746 BGB zugrundegelegt.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Mach Abs. 1 dieser Vorschrift ist zur Adoption die Einwilligung des Kindes erforderlich. Für ein Kind, das - wie hier -geschäftsunfähig oder noch nicht 14 Jahre alt ist, kann nur sein gesetzlicher Vertreter die Einwilligung erteilen. Die gesetzliche Vertretung bei der Mitwirkung zu einer Adoption fällt in den Aufgabenbereich des Amtspflegers nach § 1706 Nr. 1 BGB, wonach der Pfleger diejenigen Angelegenheiten wahrzunehmen hat, welche die Feststellung der Vaterschaft und "alle sonstigen Angelegenheiten, die die Feststellung oder Änderung des Eltern-Kindes-Verhältnisses" oder des Familiennamens des Kindes betreffen. Berufen zur Vertretung des Kindes xxx in der Frage der Einwilligung in die Adoption durch die Beteiligten zu 1) ist demnach das beteiligte Jugendamt als Amtspfleger; es hat die fragliche Einwilligung bisher verweigert.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Diese Einwilligung kann nach § 1746 Abs. 3 BGB durch das Vormundschaftsgericht ersetzt werden, wenn sie "ohne triftigen Grund" verweigert wird.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Die von den Vorinstanzen nicht ausdrücklich erörterte Frage, ob den Beteiligten zu 1) die Antragsbefugnis nach § 1746 Abs. 3 BGB zusteht, ist zu bejahen. Die Möglichkeit der Ersetzung ist nämlich nicht an ein Antragsrecht gebunden; über die Ersetzung kann vielmehr auf Anregung, Antrag oder auch von Amts wegen entschieden werden (Soergel/Roth-Stielow, BGB, 11. Aufl., § 1746 Rdn. 6; Palandt/Diederichsen, BGB, 50. Aufl., § 1746 Rdn. 7).</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Die Vorinstanzen haben hier einen triftigen Grund im Sinne des Gesetzes für die Weigerung des Jugendamtes bejaht und dies mit folgender Erwägung begründet: Die notarielle Einwilligungserklärung der Kindesmutter vom 12.03.1990 sei mit ihrem Zugang beim zuständigen Amtsgericht Bünde wirksam und damit zugleich unwiderruflich geworden (§ 1750 Abs. 2 S. 2 BGB). Die Unwiderruflichkeit dieser Erklärung habe zur Folge, daß die Kindesmutter aus rechtlichen Gründen nicht mehr in eine andere Adoption (also auch nicht in eine Adoption durch die Beteiligten zu 1)) einwilligen könne. Infolgedessen sei auch eine Ersetzung dieser Einwilligung rechtlich ausgeschlossen. Ohne die Einwilligung der Kindesmutter oder ihre gerichtliche Ersetzung könne jedoch die von den Beteiligten zu 1) begehrte Adoption niemals zustandekommen. Schon allein wegen dieses rechtlichen Hindernisses verweigere das beteiligten Jugendamt als Amtspfleger die Einwilligung in die Adoption durch die Beteiligten zu 1) mit triftigem Grunde jedenfalls solange, wie die notarielle Einwilligungserklärung der Kindesmutter nicht wirksam angefochten sei.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Mit diesen Erwägungen haben die Vorinstanzen der unwiderruflichen Einwilligung der Kindesmutter eine zu weitgehende rechtliche Bedeutung beigemessen. Die Annahme, daß diese Einwilligungserklärung die Kindesmutter rechtlich daran hindere, in die Adoption xxx durch einen anderen Annehmenden oder durch andere Annehmende einzuwilligen, findet im Gesetz keine Stütze, im Gegenteil: die Befugnis der Mutter eines nichtehelichen Kindes, nach erfolgter unwiderruflicher Einwilligung in eine bestimmte Adoption gleichwohl noch in eine Annahme des Kindes durch einen anderen Annehmenden einzuwilligen, ist im Gesetz ausdrücklich geregelt, und zwar in § 1747 Abs. 2 BGB. Danach ist die Annahme eines nichtehelichen Kindes durch Dritte nicht auszusprechen, wenn der (nichteheliche) Vater (die Ehelicherklärung oder) die Annahme des Kindes beantragt hat. Dem Adoptionsantrag des nichtehelichen Vaters ist damit, solange darüber nicht entschieden ist, eine Sperrwirkung in Bezug auf einen etwa schon anhängigen Adoptionsantrag eines Dritten beigelegt. Diese Sperrwirkung besteht nur dann nicht, wenn die Mutter selbst ihr nichteheliches Kind annimmt. Beantragt sie diese Adoption nicht, dann bedarf es ihrer Einwilligung in die Adoption durch den nichtehelichen Vater ebenso wie bei einer Adoption durch beliebige Dritte.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Daraus folgt, daß sie durch die bereits erklärte Einwilligung in eine Adoption durch Dritte rechtlich nicht gehindert ist, auch in eine Adoption durch einen anderen Annehmenden einzuwilligen.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Die rechtliche Möglichkeit der Abgabe mehrerer Einwilligungserklärungen ist auch für andere Fälle anerkannt. Da die Einwilligung nach § 1750 Abs. 2 S. 1 BGB nicht unter einer Bedingung erteilt werden kann, ist es zwar ausgeschlossen, in die Adoption durch einen bestimmten Annehmenden für den Fall einzuwilligen, daß die Adoption durch einen zunächst vorgesehenen anderen Annehmenden nicht zustandekommen sollte. Möglich ist es aber, von vornherein alternativ in die Annahme durch mehrere bestimmt bezeichnete Annehmende einzuwilligen (MünchKomm-Lüderitz, BGB, § 1747 Rdn. 15 bis 17; Palandt/Diederichsen, § 1747 BGB Rdn. 9).</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Kann hiernach eine Einwilligungserklärung gleichzeitig für mehrere bestimmte Adoptionswillige erklärt werden, dann ist nicht einzusehen, weshalb die Einwilligungen nicht auch nacheinander sollten erklärt werden können.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Einer späteren weiteren Adoptionseinwilligung steht ferner nicht entgegen, daß die elterliche Sorge eines Elternteils mit seiner unwiderruflichen Einwilligung in eine bestimmte Adoption ruht (§ 1751 Abs. 1 S. 1 BGB). Denn das Einwilligungsrecht ist anerkanntermaßen kein Ausfluß des Rechts der elterlichen Sorge, sondern des durch Art. 6 GG verfassungsrechtlich geschützten natürlichen Elternrechts (vgl. z.B. MünchKomm-Lüderitz, § 1747 BGB, Rdn. 3; Soergel/Roth-Stielow, § 1747 BGB Rdn. 1; Palandt/Diederichsen, § 1747 BGB Rdn. 1).</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Angesichts dieser Rechtslage kann nach Auffassung des Senats in § 1747 Abs. 2 BGB nicht etwa eine Ausnahmeregelung in dem Sinne gesehen werden, daß nur für den speziellen Fall der Adoption eines Kindes durch seinen nichtehelichen Vater eine weitere Einwilligungserklärung der Kindesmutter zugelassen werden soll. Vielmehr ist der besondere Regelungsgehalt dieser Vorschrift nur darin zu sehen, daß sie dem nichtehelichen Vater einen Vorrang gegenüber Dritten bei der Adoption seines Kindes gewährt.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Die Vorinstanzen haben demnach dem Ersetzungsantrag der Beteiligten zu 1) gemäß § 1746 Abs. 3 BGB rechtsfehlerhaft mit der Begründung den Erfolg versagt, ein triftiger Grund zur Verweigerung der Zustimmung des Kindes xxx durch seine Großeltern mütterlicherseits, die Beteiligten zu 1), ergebe sich schon aus der Unwiderruflichkeit der notariellen Einwilligung der Kindesmutter, die bisher nicht wirksam angefochten worden sei.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Die Zurückweisung dieses Antrages erweist sich auch nicht etwa aus anderen Gründen als zumindest im Ergebnis zutreffend.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Ein derartiger Grund kann nicht darin gesehen werden, daß in dem maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Beschwerdeentscheidung die erforderliche Einwilligungserklärung der Kindesmutter weder formgerecht erklärt noch gerichtlich ersetzt war und auch ein zulässiger Ersetzungsantrag des Kindes xxx nach § 1748 BGB nicht vorlag. Denn angesichts der im Beschwerdeverfahren vorgelegten formlosen Erklärung der Kindesmutter vom 29. Oktober 1990, nunmehr in eine Adoption xxx durch ihre Eltern, die Beteiligten zu 1), einzuwilligen, war durchaus mit der Abgabe einer formgerechten Einwilligungserklärung nach § 1747 Abs. 2 S. 1 BGB zu rechnen, und mit dieser Einwilligungserklärung wäre die Frage nach ihrer etwaigen gerichtlichen Ersetzung gegenstandslos geworden.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Aus den dargelegten Gründen mußten die Entscheidungen des Landgerichts und des Amtsgerichts über den Ersetzungsantrag nach § 1746 Abs. 3 BGB aufgehoben und die Sache insoweit an</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">das Amtsgericht zur erneuten Behandlung und Entscheidung zurückverwiesen werden.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">III.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks"><u>Der Annahmeantrag gemäß § 1752 Abs. 1 BGB.</u></p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht, das auch hinsichtlich dieses Verfahrensgegenstandes zutreffend von einer zulässigen unbefristeten Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1) gegen die Ablehnung ihres Adoptionsantrages ausgegangen ist, hat die Zurückweisung des Adoptionsantrages durch das Amtsgericht mit der Begründung bestätigt, die nach § 1747 Abs. 2 S. 1 BGB erforderliche Einwilligung der Kindesmutter könne wegen der Unwiderruflichkeit ihrer schon abgegebenen anderweitigen Adoptionseinwilligung nicht mehr wirksam erklärt und folglich auch nicht gerichtlich ersetzt werden, und deshalb verweigere auch das beteiligte Jugendamt seine nach § 1746 Abs. 3 BGB erforderliche Einwilligung mit triftigem Grund, so daß die beantragte Adoption nicht möglich sei.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Diese Erwägungen sind rechtsfehlerhaft, wie vorstehend unter II. näher ausgeführt ist; sie tragen daher die Zurückweisung des Adoptionsantrages der Beteiligten zu 1) nicht. Die Zurückweisung erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als im Ergebnis zutreffend.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Auch verfahrensrechtlich ist die Entscheidung der Vorinstanzen über den Adoptionsantrag zu beanstanden. Die Verfahren betreffend die vormundschaftsgerichtliche Ersetzung vorgeschriebener Einwilligungserklärungen (hier: der Kindesmutter und des Jugendamtes als Amtspfleger des Kindes) sind rechtlich selbständige Angelegenheiten, die unter die Zuständigkeitsregelung des § 43b FGG fallen (KKW, § 43b FGG Rdn. 2, m. w. N.). Es ist allgemein anerkannt, daß ein Ersetzungsverfahren rechtskräftig abgeschlossen sein muß, ehe das Vormundschaftsgericht die Annahme als Kind nach § 1752 BGB aussprechen kann (OLG Celle, DAVorm. 78, 383; MünchKomm-Lüderitz, § 1746 Rdn. 9 sowie § 1748 Rdn. 24; Soergel/Roth-Stielow, § 1746 Rdn. 6 und § 1748 Rdn. 24; Palandt/Diederichsen, § 1748 Rdn. 15). In gleicher Weise muß nach Ansicht des Senats auch die <u>Zurückweisung</u> eines Adoptionsantrages mit der Begründung, daß der Antrag auf Ersetzung einer erforderlichen Einwilligung abgelehnt worden sei, solange als unstatthaft angesehen werden, wie die ablehnende Entscheidung nicht rechtskräftig geworden ist. So verhält es sich im vorliegenden Falle bezüglich des Antrages auf Ersetzung der Einwilligung des Amtspflegers nach § 1746 Abs. 3 BGB. Etwas anderes mag hinsichtlich des Antrages auf Ersetzung der Einwilligung der Kindesmutter gelten, weil der dahingehende Antrag der Beteiligten zu 1) zutreffend wegen fehlender Antragsbefugnis zurückgewiesen worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Wegen der Vielzahl der Erfordernisse, die bis zum Ausspruch der Annahme als Kind gemäß § 1752 Abs. 1 BGB erfüllt sein müssen, ist es nach Auffassung des Senats nicht angängig, einen Adoptionsantrag - wie hier - schon deswegen zurückzuweisen, weil einige der Erfordernisse (noch) nicht erfüllt sind, zumal der rechtskräftige Ausgang von Ersetzungsverfahren ohnehin abzuwarten ist. Vielmehr ist den Antragstellern ausreichend Gelegenheit zu geben, den gesetzlichen Erfordernissen nachzukommen.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Ein Verstoß gegen die Verfahrensvorschriften ist den Vorinstanzen schließlich dadurch unterlaufen, daß sie den Vater des Kindes xxx nicht am Verfahren gemäß § 1752 BGB beteiligt haben.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Wie bereits oben unter II. ausgeführt, hat der Vater eines nichtehelichen Kindes nach § 1747 Abs. 2 S.2 BGB ein Vorrecht gegenüber Dritten bei der Adoption seines Kindes. Er kann allerdings auf seine bevorrechtigte Antragstellung verzichten. Solange er diesen Verzicht nicht erklärt hat, ist er als Verfahrensbeteiligter hinzuzuziehen (KKW, § 56d FGG Rdn. 7, m. w. N.). Im vorliegenden Falle geht aus den Akten nicht hervor, ob der Vater auf sein Antragsrecht verzichtet hat und ob das Jugendamt überhaupt der ihm insoweit obliegenden Beratungspflicht nach § 51b JWG nachgekommen ist.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Eine Kostenerstattungsanordnung ist im Umfang der Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und der Zurückverweisung der Sache weder nach § 13a Abs. 1 S. 1 FGG noch nach Satz 2 dieser Vorschrift veranlaßt. Das Amtsgericht wird bei seiner Entscheidung nach § 13a Abs. 1 S. 1 FGG über die Kosten aller drei Rechtszüge zu befinden haben.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Richter am OLG Arps ist beurlaubt und kann deshalb nicht unterschreiben. Dr. Schmidt</p>
|
314,986 | olgham-1991-02-08-20-u-28488 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 20 U 284/88 | 1991-02-08T00:00:00 | 2019-03-13T14:43:20 | 2022-10-18T15:09:21 | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1991:0208.20U284.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Klägerin wird das am 9. September 1988 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn abgeändert:</p>
<p>Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 161.455,00 DM nebst 4 % Zinsen vom 31.1.1988 bis zum 4.2.1988 und 7 % Zinsen seither zu zahlen.</p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Dem Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleitung in Höhe von 235.000,00 DM abzuwenden, sofern nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Der Beklagte kann die Sicherheit auch durch unbefristete Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse erbringen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin ist Alleineigentümerin u.a. eines ererbten landwirtschaftlichen Anwesens in .... Sie war seit 1977 bis auf einen Bagatellschaden schadenfrei bei der ... gegen Feuer versichert. Mitte 1983 heiratete sie den Zeugen ... Kurz darauf und noch einmal im Jahre 1984 kam es dann zu größeren Schadenfeuern, jeweils auf Grund Brandstiftung. Daraufhin kündigte die ... wegen dieser Schäden und weil die Gebäude einer außergewöhnlichen Feuersgefahr ausgesetzt seien - nur letzteres könnte nach den für die ... geltenden Bestimmungen eine Kündigung rechtfertigen -, wobei sie die außergewöhnliche Feuersgefahr in der Person des Zeugen ... sah, auf dessen eigenem Anwesen es seit 1984 bereits zu vier Schadenfeuern, davon zwei größeren Schäden, gekommen war. Der Rechtsstreit über die Wirksamkeit der Kündigung schwebt noch vor dem Senat, ist aber zur Zeit bis zur Entscheidung im Verwaltungsrechtszug ausgesetzt (20 U 74/85 OLG Hamm).</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Am 05.01.1987 beantragte die Klägerin, bei den Verhandlungen zumindest überwiegend vertreten durch ihren Ehemann, bei dem Beklagten den Abschluß einer Feuerversicherung für die Gebäulichkeiten auf dem Grundstück der Klägerin. Der Vertrag wurde policiert, obwohl der Zeuge ... die Frage nach Vorversicherungen mit "Feuer, gesamt 1,2 Millionen, Versicherungsschein nicht vorhanden, siehe die Schaden-Nummer, gekündigt von ... wegen Schäden" angegeben hatte. Kurze Zeit vor Inhaftierung des Zeugen, der u.a. wegen Betruges und Meineides zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt ist, brannte am 18.11.1987 auf dem Anwesen der Klägerin eine versicherte Scheune ab, nach dem Ergebnis der polizeilichen Ermittlungen erneut durch Brandstiftung. Den unstreitigen Zeitwertschaden von 161.455,- DM nebst Zinsen verlangt die Klägerin mit der Klage.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat sich auf eine mit Schreiben vom 03.02.1988 erfolgte Anfechtung wegen arglistiger Täuschung, die Klägerin habe nicht angegeben, daß die ... nicht wegen der Schadenfeuer sondern wegen der besonderen Feuersgefahr gekündigt habe, sowie darauf berufen, daß er bezüglich einer gesondert abgeschlossenen Inventarversicherung zu demselben Objekt der Höhe nach arglistig getäuscht worden sei. Ferner hat er behauptet, der Zeuge ... habe auch den streitgegenständlichen Brand vorsätzlich herbeigeführt.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat ohne Beweisaufnahme die Klage abgewiesen, weil sich die Klägerin einer arglistigen Täuschung durch Verschweigen der wahren Gründe der Kündigung durch die ... schuldig gemacht habe.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Auf die Berufung der Klägerin hat der Senat nach Beweisaufnahme durch am 10. Mai 1989 verkündetes Urteil im wesentlichen - bis auf einen kleineren Teil der Zinsanspruches - nach Antrag der Klägerin erkannt. Der Senat hat die arglistige Täuschung nicht für durchgreifend erachtet, hat der arglistigen Täuschung in der Inventarversicherung Bedeutung für den Feuerversicherungsvertrag über die Gebäude abgesprochen und hat ferner auch Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsschluß und unerlaubter Handlung verneint. Der Senat hat weiter festgestellt, daß der Zeuge ..., wie von den Beklagten behauptet, die Scheune in Brand gesetzt hat, hat dem aber Bedeutung für die Frage der Entschädigungsleistung abgesprochen, weil die Klägerin für ihren Ehemann versicherungsrechtlich nicht einzustehen brauche, weil er nicht ihr Repräsentant sei.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Auf die Revision des Beklagten hin hat der Bundesgerichtshof durch Urteil vom 04.07.1990 (IV ZR 158/89) dieses Urteil aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an den Senat zurückverwiesen. Der BGH ist allen Ausführungen des Senates beigetreten, hat aber gleichwohl das Urteil aufgehoben, weil, wie er im einzelnen ausgeführt hat, näher bezeichnete Punkte, aus denen sich die Repräsentanteneigenschaft des Zeugen ... ergeben könne, nicht erschöpfend gewürdigt worden seien.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hält das Urteil des BGH für verfehlt. Insbesondere sei unverständlich, warum der BGH die Aufhebung auch auf erstmals von der Revision erfundene, zudem nachweislich unrichtige Umstände gestützt habe. Im übrigen bestreitet sie mit neuem Sachvortrag erneut, daß ihr Ehemann das Gebäude angezündet habe. Ferner bestreitet sie erstmals, daß überhaupt Brandstiftung vorgelegen hat. Darüber hinaus bezeichnet sie unter Vorlage entsprechender Belege als unrichtig, daß ihr Ehemann in der Vergangenheit für sie Vollmacht besessen und regelmäßig Verträge für sie abgeschlossen habe.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">abändernd den Beklagten zu verurteilen, an sie 161.455,- DM nebst 4 % Zinsen für die Zeit vom 31.01.1988 bis zum 04.02.1988 sowie 7 % Zinsen seit dem 05.02.1988 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Er meint, der Senat habe ausschließlich über die Frage, der Repräsentanteneigenschaft zu befinden, Brandstiftung durch den Zeugen ... stehe mithin fest, und die Repräsentanteneigenschaft müsse nach den Ausführungen des BGH unzweifelhaft bejaht werden. In einem nach Ablauf einer gesetzten Äußerungsfrist eingegangenen Schriftsatz vom 23.01.1991 hat er sich nunmehr auch auf Leistungsfreiheit wegen betrügerischer Überversicherung sowie darauf berufen, daß sich die Klägerin alles Verhalten ihres Ehemannes allein deshalb zurechnen lassen müsse, weil dieser unstreitig Verhandlungsvollmacht hatte.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des Senates vom 10.05.1989 mit seinen Weiterverweisungen, wegen der Begründung des Urteils des Bundesgerichtshofes wird auf dieses verwiesen. Im übrigen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Senat hatte die Klägerin gemäß §141 ZPO erneut angehört und hat weiteren Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugin ... und erneute Vernehmung des Zeugen ....</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks"><u>Klägerin:</u></p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Verträge habe ich unterschrieben. Auch die Unterschrift etwa Bl. 284 GA ist von mir. Die Verträge sind teils von mir ausgefüllt, teils auch von den Mietern und ich habe dann nur unterschrieben. Mein elterliches Haus habe ich vermietet. Ich habe in ... im Krankenhaus gearbeitet. Dann sind wir nach ... gezogen, später dann auf den Hof. Die Scheune war nicht allzu weit von dem Haus entfernt, in dem wir wohnten. Herr ... hatte die Scheune, ... hatten das Haus gemietet. Ich habe auch ein Doppelhaus und ein 4-Familien-Haus, das ebenfalls mir gehört. Mein Mann und ich machen alles zusammen. Ich entscheide das. Mein Mann plant aber mit. Er guckt auch beim Hausbau. Die Bauten sind teils über Hypotheken finanziert. Das lief alles bei der ... in .... Ein Herr ... war da wohl zuständig. Wir sind auch mal bei der ... gewesen, um zu fragen. Die ... hatte gekündigt. Wir haben dann Werbung gesehen. Da hat mein Mann angerufen und es kam dann ein Vertreter vom ... Früher, vor meiner Heirat, habe ich so etwas mit meinem Vater besprochen. Mieter sind teils durch Bekannte, teils durch Inserat im " ..." gefunden worden. Wer die Wohnung bekam, habe ich entschieden. Ich habe genommen, wer mir sympatisch war. Was Frau ... gegenüber der Polizei gesagt hat, weiß ich nicht. Sie ist eine gute Bekannte von mir. Die Akten über die Häuser stehen in unserem Büro. Das ist ein Zimmer, da wurde alles aufgehoben. Einsortiert hat die Belege meist mein Mann. Ich habe schließlich ein Kind und einen Haushalt. Mein Mann hat damals nicht gearbeitet. Seit seiner Entlassung arbeitet er als Fahrer in einer Fleischerei. Es war nicht die erste Versicherung, die wir angesprochen haben. Wie viele es vorher waren, weiß ich nicht mehr.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks"><u>Zeugin</u></p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Ich bin Sozialarbeiterin und kenne die Klägerin gut. Ich weiß auch von dem Brand vom 18.11.1987. Danach habe ich einmal mit der Polizei gesprochen. Es war etwa eine Woche vor Weihnachten, als Herr ... inhaftiert wurde. Ich bin von Nachbarn informiert worden, daß ich mich mit Herrn ... von der Kripo in Verbindung setzen sollte. Es ging dabei um die Frage, ob Frau ... mit Kind alles alleine regeln könne, obwohl ihr Ehemann inhaftiert war. Das konnte sie aber. Ich kann mich nicht entsinnen, daß sie mir gegenüber erwähnt hätte, sie hätte keine Ahnung von den Dingen, die mit dem Hof zusammenhängen. Sie hatte keinen Führerschein und kaufte sonst meist nicht am Ort ein. Ich bot ihr deshalb an, sie dazu mitzunehmen. Es ging also ausschließlich um persönliche Hilfe.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Auf Vorhalt von Bl. 43 der beigezogenen Ermittlungsakten 21 Js 226/88 StA Paderborn:</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Das ist einige Zeit her. Es ist mir nichts davon bewußt, daß Frau ... so etwas gesagt hat. Richtig ist, daß <u>ich</u> über laufende Geschäfte nicht informiert gewesen bin. Über das Verhältnis zwischen den Eheleuten in geschäftlicher Hinsicht kann ich keine Angaben machen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks"><u>Zeuge</u></p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Wir sind sieben Jahre verheiratet. Meine Frau arbeitete damals in .... Der Vater ist dann gestorben. Später sind wir von ... nach ... gezogen in die .... Das war während der Bauzeit für das Doppelhaus. Meine Frau hat Bauland verkauft und davon gebaut. Auf diese Idee waren wir beide gekommen. Die Interessenten wohnten da meist in der Nähe und kannten meine Frau. Die hatten natürlich die besseren Karten. Meine Frau sagte dann, den kenne ich, der kriegt es. Die Kaufpreise waren ortsüblich. Für die Sachen am Bau hatten wir einen Architekten, der sich um die Auswahl kümmerte. Ausgesucht haben wir die Dinge, die als Hausherr so ausgesucht werden, am Bau gemeinsam. In die Mieter guckt man ja nicht hinein. Da gab es keine große Auswahl. Wer als erster kam, der bekam es. Als wir das Grundstück verkauft hatten und Geld da war, fragte meine Frau, ob wir nicht bauen sollten. Da haben wir ja gesagt. Bekannte hatten uns das vorgemacht, bei denen das prima lief. Da haben wir das auch so gemacht. Die Finanzierung erfolgte über die .... Wir haben auch mal anderswo gefragt, etwa bei der .... Wir haben da aber nicht abgeschlossen, sondern sind bei der geblieben. Die ... hatte gekündigt. Wir haben nach einer neuen Versicherung gesucht. Es hat in ... damals mehrmals gebrannt. Wir haben eine Versicherung gefragt, die wollte uns aber nicht haben. Meine Frau hatte sich erkundigt, wie hoch der Wert der Scheune wohl sein könnte. Die Scheune war nicht sehr weit von dem Wohnhaus weg, keine 100 m. In der Scheune waren Hühner und Pfauen und im übrigen war sie vermietet. Die Tiere habe ich gefüttert. Wenn mal Dachziegel herunterfielen, mußte ich aufs Dach.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Auf Frage:</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Wir hatten auch früher schon mal Schäden am Gebäude. Das Schadengutachten habe ich nicht gemacht. Wir haben nur vorgeschlagen, zu dieser Versicherungsumme abzuschließen. Der Architekt hatte einen Wert von 400.000,- DM genannt. Auf Vorhalt des Wertes im Gutachten von etwa 240.000,- DM: Warum, weiß ich auch nicht. Ich weiß aber, daß bei einem Brand anschließend Gutachten gemacht werden. Da kann deswegen bei einer zu hohen Versicherung ohnehin nichts bei rumkommen. Warum der Vertrag erst 1987 und nicht schon 1984 gemacht worden ist, kann ich im einzelnen nicht sagen.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Neben den bereits erwähnten Strafakten haben als Beiakten auch die Akten 2 O 276/84 LG Paderborn erneut vorgelegen.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe</b></p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist auch nach dem Ergebnis der erneuten Hauptverhandlung - mit Rücksicht auf den jetzt eingeschränkten Zinsanspruch - in vollem Umfang begründet. Der Senat nimmt insoweit in vollem Umfang auf die Ausführungen in seinem Urteil vom 10.05.1989 Bezug. Ergänzend ist folgendes auszuführen:</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks"><b>1.</b></p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Soweit der Beklagte im Anschluß an die Ausführungen des BGH (UA 6 f) sich erstmals darauf beruft, daß der Klägerin eine betrügerisch veranlaßte Überversicherung zur Last gelegt werden müsse (§51 Abs. 3 VVG), kann er damit keinen Erfolg haben. Der Senat hat schon früher ausgeführt, daß nicht feststellbar sei, daß der Zeuge ... bei Antragstellung Brandstiftungsabsicht gehabt habe. Damit scheidet, wie der BGH ausgeführt hat, Betrugsabsicht in Sinne von §51 Abs. 3 VVG aus. Dem Beklagten Günstigeres hat auch die weitere Hauptverhandlung nicht ergeben. Im Gegenteil hat der Zeuge ... unter Hinweis auf seine beträchtliche Erfahrung in der Abwicklung von Bränden darauf hingewiesen, daß er wisse, daß stets Gutachten eingeholt würden vom Wert des Objektes und daß es deshalb nichts bringe, ein Objekt überzuversichern. Dies ist ungeachtet der Tatsache, daß der Zeuge wegen Meineides vorbestraft ist, glaubhaft. Die Voraussetzungen einer betrügerischen Überversicherung sind deshalb nicht feststellbar. Ob die Äußerungen des Zeugen der Klägerin nach §166 BGB zurechenbar sind, wie der Senat auch in seinem früheren Urteil bereits angedeutet hat, kann deshalb unerörtert bleiben.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks"><b>2.</b></p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Annahme des Beklagten steht trotz des Umstandes, daß der BGH die Feststellungen des Senates in seinem Urteil vom 10.05.1989 als rechtsfehlerfrei gebilligt hat, nicht rechtskräftig fest, daß der Zeuge ... die Scheune in Brand gesetzt hat. Der Klägerin ist es deshalb vorbehaltlich der Verspätungsvorschriften unbenommen, auch mit neuem Sachvortrag und Beweismitteln diese Darstellung des Beklagten zu bestreiten. Der Senat läßt deshalb diese Frage, anders als in seinem Urteil vom 10.05.1989, nunmehr offen.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks"><b>3.</b></p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Auch nach dem Ergebnis der erneut durchgeführten Hauptverhandlung rechtfertigen nämlich die vorliegenden Indizien weder einzeln noch bei einer zusammenfassenden Würdigung aller Umstände die Wertung, der Zeuge ... sei Repräsentant der Klägerin. Es ist weder feststellbar, daß der Zeuge auf Grund eines Vertretungs- oder eines ähnlichen Verhältnisses an die Stelle der Klägerin getreten ist, noch war er befugt, selbständig in einem nicht ganz unbedeutenden Umfang für die Klägerin zu handeln und ihre Rechte und Pflichten als Versicherungsnehmerin wahrzunehmen; insbesondere hat diese - Grundgedanke der Repräsentantenhaftung - sich nicht der Verantwortlichkeit für die versicherten Gebäulichkeiten vollständig begeben.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Es geht dabei um die Frage, ob sich die Klägerin eine - hier unterstellte - Brandstiftung durch ihren Ehemann vom 18.11.1987 versicherungsrechtlich zurechnen lassen muß. Es kommt deshalb letztlich ausschließlich darauf an, ob der Zeuge damals Repräsentant der Klägerin war. Dies ist, wie erwähnt, zu verneinen.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat in seinem Urteil vom 10.05.1989 eine abweichende Auffassung zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht vertreten. Soweit er in Verfolgung seiner Aufgabe, alle Indizien umfassend zu würdigen, auch darauf eingegangen ist, daß in der Begründung der Anträge auf Freigang nach Inhaftierung des Zeugen im Jahre 1988 nichts gesehen werden könne, was die Darstellung der Eheleute, alles gemeinsam besprochen zu haben, widerlegen könnte, hält der Senat daran fest. Ohnehin ist schwer nachvollziehbar, warum die Äußerung des Zeugen <u>nach</u> dem Brand als von vornherein unerheblich keiner Prüfung bedarf, die Verhaltensweise des Zeugen <u>vor</u> dem Brand, etwa bei Antragstellung, aber entscheidendes Gewicht haben soll.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Ein wesentliches Indiz für eine Repräsentantenstellung ergibt sich nicht daraus, daß, wie der BGH ausgeführt hat, die Klägerin selbst in den beigezogenen Ermittlungsakten (S. 4 und 43) erklärt hat, sie könne zur finanziellen Situation nicht viel sagen, dies mache alles ihr Mann; sie wisse nur, daß der Hof versichert sei, weitere Einzelheiten seien ihr nicht bekannt, über die laufenden Geschäfte sei sie nicht informiert.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Eine solche Äußerung der Klägerin ergibt sich schon nicht aus den Ermittlungsakten. Bl. 43 (21 Js 226/88 ... StA Paderborn) verhält sich nur über einen Vermerk des KHK ... über ein Gespräch mit der Zeugin .... Aus dem Vermerk ergibt sich nicht, ob die Klägerin der Zeugin, oder, was näher liegt, die Zeugin dem Kriminalhauptkommissar erklärt hat, sie, die Zeugin, sei über die laufenden Geschäfte nicht informiert. Nach dem Ergebnis der vorsorglich durchgeführten Beweisaufnahme spricht alles für die schon nach dem Textzusammenhang naheliegende Annahme, daß die Zeugin ... über eigene Kenntnis und nicht über Äußerungen der Klägerin berichtigt hat.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Auch aus dem Vermerk über die Anhörung der Klägerin in der Brandnacht (Bl. 4 BA) läßt sich kein wesentliches Indiz dafür herleiten, daß die Klägerin sich der Verantwortung für das Objekt begeben hat. Nach Auffassung des Senates ist es verständlich, wenn die Klägerin nach Hinweis darauf, daß sie mehrere Mietshäuser habe, in den Aufregungen der Brandnacht erklärt hat, dazu nichts sagen zu können. Es widerspricht auch nicht der von der Klägerin glaubhaft dargestellten und von ihrem Ehemann als Zeugen bestätigten Aufgabenverteilung dahin, daß die Angelegenheiten stets gemeinsam besprochen wurden, wenn sie weiter gesagt hat, das mache alles ihr Mann. Daß er die Belege sortiert, praktisch also die Buchhaltung macht und deshalb über die Einzelheiten informiert ist, hat sie auch in ihrer Anhörung vor dem Senat angegeben. Aus den Vermerk von KHK ... geht weiter hervor, daß sie wußte, daß der Hof gegen Feuer versichert war. Wenn sie weitere Einzelheiten als ihr nicht bekannt angegeben hat, kann das allein in den Aufregungen der Brandnacht ihre Ursache haben. Ob und welche Einzelheiten der Beamte gefragt hat, ob diese insbesondere erst nach Einsichtnahme in die Unterlagen zu beantworten waren, ist aus dem Vermerk ohnehin nicht ersichtlich.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">c)</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Zutreffend ist, daß die Klägerin schon in erster Instanz in den Prozeß eingeführt hatte, daß sie geistig wegen einer immer wieder aufflackernden psychischen Erkrankung überfordert sei und deshalb mehrfach stationär behandelt werden mußte, und daß deshalb ihr Ehemann für sie verhandelt hat. Ungeachtet der Frage, wie hierin ein "vorweggenommenes Geständnis aller Voraussetzungen der Repräsentanteneigenschaft" gesehen werden könnte, vermag dieser Umstand ebenfalls eine wesentliche Indizwirkung zu Gunsten des Beklagten jedenfalls nach dem weiteren Ergebnis der Hauptverhandlung nicht zu begründen. Die Klägerin wollte mit diesem Sachvortrag ersichtlich verdeutlichen, warum ihr Ehemann für sie verhandelt hat. In demselben Zusammenhang (Bl. 53 GA, nicht nur aus dem Urteil des Landgerichts ersichtlich) hatte die Klägerin ausgeführt, daß sie bei sämtlichen Verhandlungen zugegen war und letztlich auch den Versicherungsantrag unterschrieben hat. Die von der Klägerin erwähnten psychischen Probleme, die im Zusammenhang mit der Geburt des Kindes aufgetreten waren, schließen nicht aus, daß ihr Ehemann und sie sich die Probleme der versicherten Objekte betreffend vor den Entscheidungen ausgesprochen haben. Der Umstand, daß der Zeuge für die Klägerin verhandelt hat, rechtfertigt nicht die Annahme, daß er für sie auch allein zu entscheiden befugt war.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">d)</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Der BGH gibt zu bedenken, daß nach dem durch Zeugenaussagen belegten Vortrag des Beklagten die Klägerin an den Antragsverhandlungen überhaupt nicht beteiligt war. Vielmehr sei sie nur zum Unterschreiben hereingerufen worden und habe dann unterschrieben, ohne den Antrag durchzulesen. Dafür könne auch das die Unterschriftsstelle bezeichnende Kreuzchen sprechen.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Nach den Erfahrungen des nahezu ausschließlich mit Versicherungssachen befaßten erkennenden Senates und auch nach der persönlichen Erfahrung des Senatsmitglieder spricht das die Unterschriftsstelle bezeichnende Kreuzchen nicht dafür, daß der Unterschreibende an den Verhandlungen nicht oder nur in geringfügigem Umfang teilgenommen hat. Eine Vielzahl von Versicherungsagenten macht ein Kreuzchen auch dann, wenn ausschließlich mit dem künftigen Versicherungsnehmer verhandelt worden ist, dies schon allein deswegen, um die Unterschrift in die richtige Zeile zu bekommen. Im übrigen haben die vom Senat vernommenen Zeugen ... und nur ausgesagt, die Klägerin habe nicht am Tisch gesessen. Der Zeuge ... hat ferner gemeint, die Klägerin sei herbeizitiert worden und habe den Antrag, seines Erachtens sogar ungelesen, unterschrieben. Er war sich aber dessen weder sicher, noch würde eine solche Handhabung ein Indiz dafür sein, daß die Eheleute sich nicht entsprechend ihren Angaben vorher abgesprochen hatten. Jedenfalls folgt daraus nichts Entscheidendes dafür, daß die Klägerin die Sorge um das Objekt aus der Hand gegeben hatte.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">e)</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Der BGH gibt weiter zu bedenken, daß der Zeuge ... bei den von ihm geführten Regulierungsverhandlungen die von ihm abgegebenen Erklärungen zur Schadensaufstellung als Versicherungsnehmer unterschrieben habe. Dies ist insoweit unrichtig, als der Zeuge nicht als Versicherungsnehmer sondern ausdrücklich als Ehegatte des Versicherungsnehmers unterschrieben hat. Es bleibt allerdings, daß er insoweit, wenn auch in offener Stellvertretung, für seine Ehefrau gehandelt hat. Dies kann, wenn dies nicht abgesprochen wäre, ein bedeutsames Indiz dafür sein, daß die Klägerin ihm bezüglich der Abwicklung des Versicherungsfalles freie Hand gelassen hat. Dies könnte auch die Erklärung des Zeugen gegenüber dem Assessor ... erklären, er, der Zeuge, sei in allen geschäftlichen und Versicherungsangelegenheiten beauftragt, die Interessen seiner Ehefrau wahrzunehmen. Es ist aber schon nicht feststellbar, daß dies Verhalten des Zeugen nicht mit der Klägerin abgesprochen war. Der Senat bleibt auch bei seiner schon nach der Lebenserfahrung naheliegenden Auffassung, daß der Zeuge ... sich gegenüber Assessor ... möglicherweise mit nicht bestehenden Vollmachten gebrüstet haben könnte. Hinzu kommt, daß, was der BGH bezüglich der Ausführungen des Senates zur Begründung des Zeugen für Freigänge gerügt hat, es gar nicht auf den Zeitpunkt der Entschädigungsberechnung, sondern auf den Zeitpunkt des Schadenseintrittes ankommt. Dazwischen lagen zwar nur einige Tage. Es liegt aber nicht fern und ist deshalb nicht auszuschließen, daß die Klägerin erst durch die Aufregungen der Brandnacht sich entschlossen hat, ihrem Mann freie Hand zu lassen. Insbesondere ist nicht, auszuschließen, daß dies nur bezüglich der Schadensabwicklung, und nicht bezüglich der Verantwortlichkeit für das Objekt der Fall sein sollte. Dies würde zwar, wie der Senat ebenfalls bereits ausgeführt hat, rechtfertigen, unrichtige Angaben bei der Schadensabwicklung der Klägerin entsprechend §166 BGB zuzurechnen. Einen wesentlichen Umstand, der die Annahme rechtfertigen könnte, daß die Klägerin auch die Sorge um das Objekt aus der Hand gegeben hat, insbesondere auch schon Tage vorher, vermag der Senat darin nicht zu erblicken.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">f)</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Letztlich gibt der BGH zu bedenken, daß alle Verhandlungen und Vereinbarungen zu Vermietung, Verpachtung des Stalles und des Wohnhauses und zu deren Umwandlungen, alle umfangreichen Käufe und Verkäufe für den Wiederaufbau und die Ausstattung des versicherten Stalles bis Ende 1987 unbestritten nur der Zeuge ... für die Klägerin geführt und auch für diese unterschrieben haben soll. Nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung kann hiervon indes nicht ausgegangen werden. Die Klägerin hat glaubhaft dargelegt und teilweise auch durch Vorlage von Ablichtungen der entsprechenden Urkunden belegt, daß sie es war, die die Mietverträge unterschrieben und, wenn auch in Absprache mit ihrem Ehemann, die Entscheidungen getroffen hat. Daß andere Verträge, die nicht einmal die streitgegenständliche Scheune betreffen, auch vom Zeugen unterschrieben sein mögen, geht über die unter Eheleuten nicht selten übliche Arbeitsteilung nach Auffassung des Senates nicht entscheidend hinaus.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">g)</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Letztlich ist auch nicht von wesentlicher Bedeutung, daß der Zeuge ... ausgesagt hat, daß er die Tiere in der Scheune gefüttert hat, solange er nicht gearbeitet hat, und daß er Dachziegel ersetzt, wenn sie einmal vom Dach fallen. Auch dies entspricht einer Arbeitsteilung in einer normeln Ehe. Immerhin hatte die Klägerin ein Kind zu versorgen und den Haushalt zu führen. Wenn der Mann dann die Außenarbeiten macht, läßt dies nicht den Schluß zu, daß die Klägerin die Sorge für ihr alleiniges Eigentum ausschließlich ihrem Ehemann überlassen hat.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">h)</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Die Indizien rechtfertigen danach weder einzeln noch in ihrem Zusammenhang bei zusammenfassender Würdigung die Feststellung, daß sich die Klägerin der Sorge um das Objekt entschlagen und diese ihrem Ehemann überlassen hat. Der Zeuge kann deshalb nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, an die der Senat gebunden ist, §565 Abs. 2 ZPO und der er auch in ständiger Rechtsprechung folgt, nicht als Repräsentant der Klägerin angesehen werden. Die Bedenken von Bach (VersR 90, 235 ff) und die eher einschränkenden Ausführungen von Wenzel (VersR 90, 1310) können deshalb unerörtert bleiben.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks"><b>4.</b></p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Der Höhe nach ist die Klageforderung unstreitig. Die dem Erkenntnis des Senates vom 05.10.1989 angepaßte Zinsforderung ist belegt.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks"><b>5.</b></p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§91, 708 Nr. 10, 711 ZPO, wobei der Beklagte auch die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen hat.</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Die Beschwer des Beklagten beträgt 161.455,- DM.</p>
|
314,987 | lg-dusseldorf-1991-02-07-11-o-75088 | {
"id": 808,
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} | 11 O 750/88 | 1991-02-07T00:00:00 | 2019-03-13T14:43:21 | 2022-10-18T15:09:22 | Urteil | ECLI:DE:LGD:1991:0207.11O750.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von sämtlichen haftpflichtbedingten Ansprüchen seitens des Herrn x, aus einem seitens des Herrn x am 10. 12.1987 erlittenen Unfall freizustellen.</p>
<p>Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.</p>
<p>Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 4.500,-- DM vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Die Sicherheitsleistung darf durch die Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Sparkasse oder Großbank erbracht werden.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="h2 absatzLinks">T a t b e s t a n d :</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Für den Kläger besteht bei der Beklagten eine Haftpflichtversicherung.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Am 10.12.1987 gegen 17.15Uhr kam der bei dem Kläger im Nachbarhaus zur Miete wohnende selbständige Versicherungsvertreter x auf dem Gehweg zum Haus des Klägers infolge Glatteises zu Fall. Er erlitt eine komplizierte linksseitige Unterschenkelquetschung m i t Unterschenkeltorsionsfraktur.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Zum Zeitpunkt des Unfalls war der Gehweg nicht gestreut.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Klägermeldete der Beklagten den Schadensfall. Die anwaltlichen Vertreter des Herrn x korrespondierten mit der Beklagten wegen der Schadensregulierung. Schließlich beantragten sie unter Beifügung eines Klageentwurf es für Herrn x am 18.10.1988 für eine Klage gegen den Kläger auf Schadensersatz und Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes Prozeßkostenhilfe. Das Landgericht Kleve übersandte dem Kläger unter dem 20.10.1988 den Entwurf der beabsichtigte Klage nebst Antrag auf Prozeßkostenhilfe zur etwaigen Erklärung innerhalb von 2 Wochen. Der Kläger antwortete unter dem 27.10.1988; wörtlich heißt es in seiner Stellungnahme von der er der Beklagten eine Kopie übersandte, u. a.:</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">"Zum Zeitpunkt des Unfalls war noch nicht gestreut.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Meiner Streupflicht bin ich sofort nach dem Unfall nachgekommen, um weiteren Schaden abzuwenden.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Obwohl die vorausgegangenen Niederschläge von Eisregen etc. schon vor über, und auch zur Unfallzeit keine, waren, hatte ich es leider versäumt, die Flächen mit den bereitstehenden Mitteln zu streuen."</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Daraufhin teilte die Beklagte dem Kläger am 11.11.1988 mit, sie sei zu der Auffassung gekommen, dass eine Haftungsverpflichtung: seinerseits nicht bestehe, da zum Unfallzeitpunkt um ca. 17.15 Uhr Niederschlag in Form von gefrierendem Regen gefallen sei und daher eine Verpflichtung für ihn, mit abstumpfenden</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Mitteln zu streuen, noch nicht bestanden habe. Im übrigen, so teilte die Beklagte dem Klägerweiter mit, sei sie von ihrer Verpflichtung zur Leistung frei, weil der Kläger die ihm nach § 5 - 4 und 5* der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (x) auferlegten Obliegenheiten grobfahrlässig verletzt habe, indem seine Stellungnahme gegenüber dem Landgericht x, die wie ein Anerkenntnis</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">zu werten sei, einen positiven Prozeßausgang erheblich in Frage gestellt habe.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Durch zwischenzeitlich rechtskräftiges Teilgrundurteil vom 8.12.1989 und Schlußurteil vom 5.8.1990 (1 0 412/88 LG Kleve) ist der Kläger verurteilt worden, an den verletzten x 46.206,-- DM nebst Zinsen und ein Schmerzensgeld von 10.000,-- DM zu zahlen, ferner ist er verpflichtet worden, x auch den weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der diesem aufgrund des Unfallereignisses vom 1o.12.1987 entstanden ist oder noch entstehen wird. Wegen der Einzelheiten wird</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">auf die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachte Akte 1 0 412/88 LG Kleve verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Der Kläger trägt im Wesentlichen vor: Er sei seitens der Beklagten vorher nicht darauf hingewiesen worden, dass er sich zu der Sache selbst nicht habe einlassen dürfen. Als wahrheitsliebender  Bürger habe er sich verpflichtet gefühlt, dem Gericht gegenüber Angaben zu machen, wie er sie als richtig angesehen habe. Ein rechtsgültiges Anerkenntnis beinhalte  eine Stellungnahme vom 27.10.1988 nicht, sie befasse sich mit dem Unfallhergang.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, ihn von sämtlichen haftpflichtbedingten Ansprüchen seitens des Herrn x , aus einem seitens des Herrn x am 10.12.1987 erlittenen Unfall freizustellen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte verneint ihre Eintrittspflicht, weil der Kläger durch sein Schreiben vom 27 .10.1988 dem Wortlaut und Sinn nach ein Anerkenntnis abgegeben habe, obgleich er positiv gewußt habe, dass sie, die Beklagte, vorprozessual die Auffassung vertreten habe, der Kläger habe nicht gegen seine Verkehrssicherungspflicht verstoßen. Sie ist der Auffassung das Teilgrundurteil beleg ein deutlicher Weise, dass der Vorwurf der Obliegenheitsverletzung berechtigt sei, zumal der Kläger widersprüchlich vorgetragen habe. Hätte er von Anfang an  richtig vorgetragen und mitgeteilt, dass der Eisregen erst aufgehört habe, kurz bevor der Unfall geschah, hätte ihm nämlich der Vorwurf der Verletzung der Streupflicht nicht gemacht werden können. Diese falschen, für ihn ungünstigen Angabe n des Klägers müsse sie sich nicht anrechnen lassen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach-und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="h2 absatzLinks">E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist zulässig. Der Kläger hat ein Interesse an der</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">alsbaldigen Feststellung, dass er gegen die Beklagte aus dem Schadensereignis vom 10.12.1987 aufgrund der bestehenden Haftpflichtversicherung Anspruch auf Versicherungsschutz hat. Da der Kläger in dem Rechtsstreit des verletzten x gegen ihn (1 0 412/88 LG Kleve) nicht nur hinsichtlich des bezifferten Schadens verurteilt worden ist, sondern darüber hinaus eine weitere Ersatzpflicht für alle zukünftigen Schäden aus dem Unfallereignis festgestellt wurde, besteht das Feststellungsinteresse (§ 256 ZPO); eine endgültige Bezifferung des Schadens ist ihm derzeit nicht möglich.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Der Feststellungsantrag ist auch begründet.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger steht für das den Gegenstand dieses Rechtsstreits bildende Schadensereignis vom 10.12.1987 Haftpflichtversicherungsschutz zu. Die Beklagte ist entgegen ihrer Auffassung nicht wegen einer von dem Kläger begangenen Obliegenheitsverletzung nach § 5 Nr. 4 und Nr. 5 der dem Vertrag unstreitig zugrundeliegenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung ( AHB ) leistungsfrei.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">1 . Der Kläger hat mit seinem Schreiben vom 27.10.1988 kein Schuldanerkenntnis, das als Verstoss gegen § 5 Nr. 5 AHB zu werten ist, abgegeben. Denn unter das Anerkenntnisverbot fallen wahrheitsgemäße Erklärungen des Versicherungsnehmers auch dann nicht, wenn sie einen Sachverhalt zusammen fassen und würdigen (Prölss/Martin VVG § 154  3) a ) m. w. Nachw.).</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Das Schreiben des Klägers vom 27.10.1988 beschränkt sich auf die Äußerungen, dass es nach vorausgegangenem zum Unfallzeitpunkt beendetem Niederschlag von Eisregen, als er seiner Streupflicht noch nicht nachgekommen war, zu dem Schadensfall gekommen ist. Der Kläger hat damit die Vorgänge um den Unfall geschildert und dahin gewürdigt, dass das unterlassene Streuen für den Unfall des Herrn x auf seinem Grundstück mit ursächlich gewesen sein kann. Die Erklärung beinhaltet also eine Stellungnahme zum Unfall, zu den Witterungsverhältnissen zum Unfallzeitpunkt und zur örtlichen Situation, der für ein Schuldanerkenntnis erforderliche rechtsgeschäftliche Verpflichtungswille ist dieser Erklärung nicht zu entnehmen. Der Kläger geht überhaupt mit keinem Wort auf irgendwelche Ersatzansprüche ein. Ein solches Verschuldenseingeständnis ist etwas anderes als ein Schuldanerkenntnis</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">und läuft nicht dem § 5 Nr. 5 AHB zuwider. Zwar mag die Einräumung der unterlassenen Abstumpfung des Glatteises mit Streumitteln als ein Indiz für ein Schuldanerkenntnis in Betracht kommen, sie allein erlaub t aber keine sichere rechtliche Qualifizierung der Erklärung in dieser Richtung, ausreichende, weitere Umstände, die für die Bejahung eines Schuldanerkenntnisses sprechen könnten, sind nicht gegeben. Vielmehr legt der Anlass der Erklärungen des Klägers in dem Schreiben vom 27.10.1988, eine Stellungnahme zum Prozesskostenhilfeantrag des geschädigten X nach entsprechender gerichtlicher Aufforderung, es nahe, lediglich von der Abgabe einer SachverhaftsschiIderung auszugehen, zumal ja die gerichtliche Klärung einer Anspruchsberechtigung des Geschädigten durch das Prozesskostenhilfeverfahren gerade erst eingeleitet wurde.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Es ist dem Kläger abzunehmen, dass er durch seine Antwort vom 27.10.1988 seiner Pflicht zur Stellungnahme nachkommen, nicht aber die Beklagte als Versicherer in ihren Interessen beschneiden wollte. Dafür spricht letztlich auch die Tatsache, dass er der Beklagten von eben diesem Schreiben unmittelbar eine Kopie zur Kenntnis übersandte.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">2. Dem Kläger fällt auch keine Obliegenheitsverletzung nach § 5 Nr. 4 AHB zur Last. Nach dieser Bestimmung hat der Versicherungsnehmer die Prozessführung dem Versicherer zu überlassen. Der Beklagten ist auch zuzugeben, dass sich</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">der Versicherungsnehmer  in der Regel nicht mit Erfolg darauf berufen kann, keine Kenntnis von diesem Prozessführungsrecht des Versicherers gehabt zu haben oder von dieser nicht ausreichend darüber aufgeklärt worden zu sein.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">In anbetracht des auf der Hand liegenden Interesses des Haftpflichtversicherers an der Prozessführung handelt es sich um eine so naheliegende Regelung, dass jeder</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Versicherungsnehmer sie im Versicherungsfall gegen sich gelten lassen muß.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Selbst wenn die in § 5 Nr. 4 AHB enthaltene Obliegenheit bereits auf das Prozeßkostenhilfeverfahren im Haftpflichtprozess Anwendung findet (so Prölss/Martin VVG § 5 AHB Anm. 3) und insoweit eine objektive Verletzung der Prozessführungsmacht des Versicherers durch den Kläger darin zu erblicken wäre, dass er direkt und  unmittelbar ohne Einschaltung der Beklagten seine Stellungnahme zum Prozeßkostenhilfegesuch des Geschädigten dem Gericht gegenüber abgegeben hat, wäre sie so leicht er Art und insoweit entschuldbar. Nach Auffassung der Kammer bestand für den Kläger aus dessen Sicht jedenfalls zum Zeitpunkt der Abgabe der Stellungnahme am 27.10.1988 kein Anlass, vor Abgab irgendwelcher Erklärungen zum Prozesskostenhilfegesuch die Einwilligung der Beklagten einzuholen. Denn der Kläger stellt ein dieser Stellungnahme den Geschehensablauf nicht anders dar, als er ihn der Beklagten ohnehin unterbreitet hatte, zur materiellrechtlichen Haftungslage äußerte er sich nicht. Eine besonders unbekümmerte und leichtfertige Verhaltensweise des Klägers kann in seinem Schreiben vom 2 7.1o.1988 jedenfalls danac h nicht gesehen werden. Die Beklagte ist daher im Rahmen des Versicherungsvertrages zum Versicherungsschutz verpflichtet , so dass die Klage mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO zuzusprechen ist.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung übe r die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 7o9, 1o8 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="h2 absatzLinks">S t r e i t w e r t : 80.000,-- DM.</p>
|
314,988 | lagk-1991-02-06-7-6-sa-44190 | {
"id": 795,
"name": "Landesarbeitsgericht Köln",
"slug": "lagk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": "Arbeitsgerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": null
} | 7 (6) Sa 441/90 | 1991-02-06T00:00:00 | 2019-03-13T14:43:23 | 2022-10-18T15:09:20 | Teilurteil | ECLI:DE:LAGK:1991:0206.7.6SA441.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 13.2.1990</p>
<p>wird geändert und zum Teil wie folgt, neu gefaßt:</p>
<p>Die Klage wird abgewiesen, soweit sie über den Betragvon 5.105,06 DM hinausgeht. Die Klägerin wird verurteilt, an die Beklagte 1.140 DM .brutto und 675,08 DM netto zu zahlen nebst 4. Zinsen von den Nettobeträgen seit dem 2.10.1988. Die weiter-gehende Widerklage wird abgewiesen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Das Urteil des Arbeitsgerichts ist von der Klägerin in der gesetzlichen Form und Frist mit der Berufung angefochten worden mit dem Antrag gemäß Schriftsatz vom 18.6.1990. Die Berufung ist zum Teil begründet:</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">I.1.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der eingeklagte Anspruch der Klägerin an die Beklagte auf Erstattung gezahlter Lohn- und Kirchen-steuern kann (aufgrund von § 670 BGB, vgl. BAG, Urteilvom 31.3.1984 - 3 AZR 124/82 -) allenfalls in Höhe von5.105,06 DM bestehen. Denn aus dem letzten Stand desVorbringens der Klägerin ergibt sich, daß sie lediglichdiesen Betrag an Lohn- und Kirchensteuer für die Beklag-te nachgezahlt hat. Insoweit ist die Verhandlung durchBeschluß vom heutigen Tage gemäß § 148 ZPO ausgesetzt.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks"> 2.               Der Anspruch der Klägerin an die Beklagte auf Erstattung nachgezahlter Sozialabgaben kann nur durch Abzug vom Arbeitsentgelt geltend gemacht werdn, § 28 gS. 2 SGB IV. Eine Klage auf Zahlung ist daher ausgeschlossen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Berufung der Beklagten auf diesen qesetzlichen Ausschluß einer Zahlungsklage verstößt weder gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) noch gegen § 826 BGB(sittenwidrige, vorsätzliche Schädigung). Aus derTatsache, daß die Beklagte nach dem "ersten Lohnabzug“im August 1989 das Arbeitsverhältnis gekündigt hat,kann nicht ohne weiteres geschlossen werden, die Beklag-te habe mit der Kündigung nur weiteren Lohnabzügen ausdem Wege gehen wollen. Es kann schon nicht ohne weiteres angenommen werden, daß der Beklagten der Inhalt derVorschrift des § 28 g SGB IV überhaupt bekannt war. Sieist sogar vielen Rechtsanwälten nicht bekannt.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks"> 3.               Demgemäß ist die über den Betrag von 5.105,06 DM hinausgehende Klage abzuweisen (d.h. in Höh von 5.747,46 DM abzüglich 5.106,06 DM gleich 641,40 DM).</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">              II.               Die Widerklage der Beklagten ist entgegen der Entscheidung des Arbeitsgerichts nicht im vollen Unfang begründet.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">              1.               Der Anspruch der Beklagten an die Klägerin auf</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Auszahlung der 1.700 DM, die die Klägerin am 21.9.1989 vom Arbeitsamt als Zuschuß erhalten hat (für die Beschäf-tigung der Beklagten in den Monaten Juli, August undSeptember 1989) besteht in dieser Form nicht DieParteien hatten zwar in ihrem schriftlichen Arbeitsver-trag vom 26.3.1987 vereinbart, daß die Zuschußzahlungendes Arbeitsamtes an die Beklagte weitergeleitet werden(unter Nr. 2.). Dabei sind sie jedoch davon ausgegangen, daß das vereinbarte Gehalt von monatlich 1900 DM brutto</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">in der Form abgewickelt werden kann, daß die Beklagtedie Zuschüsse des Arbeitsamtes netto erhält und dieKlägerin nur den Rest brutto aus eigenen Mitteln zahlt.Nachdem sich herausgestellt hat, daß der Vertrag indieser Form aus steuerrechtlichen und sozialversiche-rungsrechtlichen Gründen nicht durchführbar ist, istdie Vereinbarung der Parteien gemäß § 133 BGB über dieZuschußzahlungen als gegenstandslos anzusehen und derVertrag dahin auszulegen ist, daß die Beklagte von derKlägerin 1.900 DM brutto monatlich verlangen, konnteohne irgendwelche zusätzliche Modalitäten.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Demgemäß ist auf die Forderung der Beklagten andie Klägerin auf Auszahlung der 1.710 DM gemäß § 133</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">BGB auszulegen als eine Forderung auf restliches Brutto-gehalt für die Monate Juli, August und September 1987</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">in Höhe von monatlich 570 DM brutto. Die Widerklage derBeklagten bedeutet demgemäß, daß die Beklagte von der</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Klägerin für Juli 1989 ein Restgehalt von 570 DM brutto</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">verlangt, für August 1989 ein Restgehalt von 570 DMbrutto und 800 DM netto und für September 1989 einRestgehalt von 375,61 DM netto und 570 DM brutto.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">2.               Der Restgehaltsanspruch der Beklagten für Juli</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">1989 (570 DM brutto) ist nur in Höhe von 570 DM bruttoabzüglich 133,51 DM netto begründet.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">a)               Auf den Vollanspruch der Beklagten in Höhe von</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">1.900 DM brutto hat die Klägerin lediglich 1 140 DMbrutto gezahlt, wie sich aus der Addition der Zahlenauf dem Überweisungsformular der Klägerin für den MonatJuli 1989 ergibt. Somit verbleibt ein Rest von 570 DM brutto.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Bei der Zahlung dieses Betrages darf die</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">frühestens den unterbliebenen Abzug der Sozialversiche-rungsbeiträge der Beklagten für den Monat April 1989nachholen. Die Klägerin hätte der Beklagten vom April-Gehalt 1989 336,43 DM an Sozialversicherungsbeiträgenabziehen können, tatsächlich aber nur 202,92 M abgezo-gen, sodaß ein Abzug von 133,51 DM unterblieben ist.Dieser kann bei der Abrechnung des Gehaltes für Juli</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">1989 nachgeholt werden aufgrund von § 28 g SGB IV.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Nach dieser Vorschrift hat der Arbeitgeber gegen denBeschäftigten einen Anspruch auf den vom Beschäftigten zu tragenden Teil des Gesamtsozialversicherungsbeitrags,kann dieser Anspruch nur durch Abzug vom Arbeitsentgelt</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">geltend gemacht werden und darf ein unterbliebenerAbzug nur bei den drei nächsten Lohn- oder Gehaltszah-lungen nachgeholt werden, danach nur dann, wenn der Abzug ohne Verschulden des Arbeitgebers unterbliebenist. Nach dem unterbliebenen Abzug für April 1989 waren</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">die drei nächsten Gehaltszahlungen die Gezahltszahlungfür Mai, Juni und Juli 1989.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die Behauptung der Klägerin, daß unter denWorten "ein unterbliebener Abzug" in § 28 SGB IV dieSumme aller unterbliebenen Abzüge zu verstehn sei,trifft nicht zu. Die Klägerin hat die Abzüge bei denmonatlichen Gehaltszahlungen vorgenommen, und § 28 gSGB IV spricht von den unterbliebenen Abzüge nur inder Einzahl, nicht in der Mehrzahl, sodaß da unter nur die einzelnen, monatlichen Abzüge zu verstehen sind.Das entspricht auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift,vgl. auch die Regelung in § 119 Abs. 1 S. 3 AVG.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Eine Nachholung von Abzügen, die bei früheren</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Gehaltszahlungen als für April 1989 unterblieben sind,</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">ist demgemäß ausgeschlossen. Daß diese noch weiterzurückliegende unterbliebenen Abzüge ohne Verschuldender Klägerin unterblieben sind, hat die Klägerin selbst nicht geltend gemacht und liegt auch nicht auf der</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Hand. Im Gegenteil. Die Klägerin hätte zumindest wissenmüssen, daß das vereinbarte Monatsgehalt von 1.900 DMbrutto auch für die Höhe der Sozialabgaben maßgeblichwar und die Zuschüsse des Arbeitsamtes insoweit ohne</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Bedeutung waren.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Die Behauptung der Beklagten, bei der Berechnung der "drei nächsten Gehaltszahlungen " im Sinne von § 28</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">g S. 3 SGB IV sei nicht darauf abzustellen, für welchen Monat die Zahlung erfolgt, sondern bei Gehaltsnachzah-</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">lung auf den letzten betroffenen Monat (hier September 1989), trifft ebenfalls nicht zu. § 28 g S. 3 SGB IV</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">ist nur durchführbar, wenn man unter "drei nächstenGehaltszahlungen" die drei nächsten Gehaltszeitenversteht, für die das Gehalt gezahlt wird, nicht aber das Datum der tatsächlichen Auszahlung. Für eine Anknüpfung an das Datum der tatsächlichen Auszahlung gibt es</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">keinen vernünftigen Grund, zumal dieser auch von Zufälligkeiten abhängen kann.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">              3.               Der Restgehaltsanspruch der Beklagte für August</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">1989 (570 DM brutto, 800 DM netto) besteht nur in Höhevon 666,49 DM netto. Auf den Gesamtanspruch von 1.900DM brutto hat die Beklagte 1.900 DM brutto abzüglicheinbehaltener,800 DM netto erhalten. Das ergibt sich ausdem Überweisungsformular der Klägerin für den MonatAugust 1989. Zur Einbehaltung war die Klägerin gemäß § 28 g SGB IV jedoch nur bezüglich des unterbliebenen</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Abzugs der Sozialversicherungsbeiträge der Beklagten für Mai 1989 berechtigt, d.h. in Höhe von 133,51 DM.800 DM netto abzüglich 133,51 DM sind 666,49 DM netto.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">              4.               Der Restgehaltsanspruch der Beklagten für</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">September 1989 (375,61 DM netto und 570 DM butto)besteht nur in Höhe von 242,10 DM netto und 570 DM brutto.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">a)               Für die Zeit vom 1. bis 8.9.1989 steht der</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Beklagten 506,64 DM brutto zu gemäß Abrechnung der Klägerin für diesen Monat. Den Nettobetrag von 375,61DM hat die Klägerin einbehalten. Zur Einbehaltung war die Klägerin jedoch gemäß § 28 g SGB IV insoweit nur inHöhe des unterbliebenen Abzugs der Sozialversicherungs-beiträge der Beklagten für den Monat Juni 1989 in Höhevon ebenfalls 133,51 DM berechtigt. Den Rest von(375,61 DM ./. 133,51 DM =) 242,10 DM netto muß dieKlägerin demgemäß auszahlen.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">b) Die von der Beklagten für September 1989 weitergeforderten 570 DM brutto sind demgemäß als Gehalt fürdie Zeit vom 9. bis 30.9.1989 zu verstehen. Die Beklagte hat zwar nicht ausgeführt, daß sie in dieser Zeit</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">gearbeitet hätte oder die Klägerin in Annahmeverzug gewesen wäre. Die Klägerin hat diesem Anspruch jedochnicht widersprochen. Sie hat im Gegenteil bei ihren Rechenwerken einen Anspruch der Klägerin auf "ZahlungArbeitsamt am 21.9.1989 mit 1.710 DM" angenommen.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">5. Die gemäß Nrn. II.2. bis 4. der Beklagten zustehenden Beträge ergeben zusammen 1.140 DM brutto und 675,08 DM netto. Im Übrigen war daher die Widerklage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Rechtsmittelbelehrung</span></p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil findet kein Rechtsmittel</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">statt.</p>
|
314,989 | lg-kleve-1991-02-05-6-s-28590 | {
"id": 811,
"name": "Landgericht Kleve",
"slug": "lg-kleve",
"city": 445,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 6 S 285/90 | 1991-02-05T00:00:00 | 2019-03-13T14:43:24 | 2022-10-18T15:09:20 | Urteil | ECLI:DE:LGKLE:1991:0205.6S285.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Kläger wird das am 7. Juni 1990 verkündete Urteil des Amtsgerichts Moers teilweise abgeändert und unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels wie folgt neu gefaßt:</p>
<p></p>
<p>1.</p>
<p>Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger 154,80 DM (i.W.: einhundertvierundfünfzig 80/100 Deutsche Mark) nebst 4 % Zinsen von 61,92 DM ab 4. November 1989, von weiteren 61,92 DM ab 5. Dezember 1989 und von weiteren 30,96 DM ab dem 5. Januar 1990 zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>2.</p>
<p>Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger beginnend mit dem Monat Februar 1990 monatlich im Voraus bis zum 3. Werktag eines jeden Monates 30,96 DM (i.W.: dreißig 96/100 Deutsche Mark) zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Die weitergehende Klage wird abgewiesen.</p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreites werden gegeneinander aufgehoben.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Von der Darstellung des</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><u>Tatbestandes</u></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe:</u></p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Berufung der Kläger ist zulässig und hat teilweise Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Den Klägern steht für die Monate November 1989 bis Januar 1990 ein restlicher Mietzinsanspruch von 154,80 DM nebst Zinsen zu und für die darauffolgenden Monate ein nicht beglichener Teilbetrag von 30,96 DM je Monat.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Dagegen ist die darüber hinausgehende Mietforderung der Kläger unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten sind nämlich zur Minderung des Mietzinses gemäß § 537 BGB berechtigt. Die von den Beklagten angemietete Wohnung ist mit einem Fehler behaftet, der ihre Tauglichkeit zu dem vertragsgemäßen Gebrauch mindert. Die von den Klägern vorgenommene teilweise Neuverfliesung des Badezimmers nach Behebung eines Abwasser- und Dichtungsschadens hat zu einem Mangel geführt. Die bei der Behebung des Wasserschadens zerstörten Badezimmerfliesen sind durch andersfarbige ersetzt worden. Während früher das Badezimmer insgesamt mit türkisfarbenen Fliesen gekachelt war, sind die bei der Sanierung zerstörten Fliesen durch weiße ersetzt worden, weil die vorhandenen Fliesen seit ca. 20 Jahren nicht mehr im Handel sind. Der überwiegende Teil der alten Fliesen ist verblieben, und nur im Bereich der unter Putz liegenden Wasserleitungen in der Nähe des WCs, der Wanne und der Duschtasse sind neue weiße Fliesen angebracht worden. Diese unterschiedliche Verfliesung in <u>einem</u> Raum stellt einen optischen Mangel dar. Das früher einheitliche Bild der Verfliesung ist jetzt zerstückelt, so daß insgesamt ein unruhiger Eindruck entstanden ist. Dadurch, daß nur die notwendigsten Kacheln ersetzt worden sind, bietet sich jetzt ein zerstückeltes und den Raumeindruck störendes Bild dar.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Allerdings rechtfertigt dieser optische Mangel eine Minderung des Mietzinses nur in Höhe von 5 %. Dabei muß zunächst hervorgehoben werden, daß die Funktion des Badezimmers durch die Neuverfliesung nicht gelitten hat. Die Kläger haben die Fliesenarbeiten durch einen Fachmann ausführen lassen. Aus handwerklicher Sicht ist die Verfliesung nicht zu beanstanden, wie sich auch aus den von den Beklagten vorgelegten Photographien ergibt. Die Behauptung der Beklagten, im Duschbereich befänden sich scharfe Ecken, ist unsubstantiiert. Aus den von den Beklagten vorgelegten Photographien geht hierfür nichts hervor. Trotz des Bestreitens durch die Kläger haben die Beklagten auch keine näheren überprüfbaren Einzelheiten vorgetragen. Insbesondere der Fliesenlegermeister Lämmerzahl hat in seiner Stellungnahme von 11. Oktober 1989 ausgeführt, daß weder bei kräftigem noch bei leichtem Reiben mit der nackten Handfläche oder der Fingerfläche scharfe Kanten vorhanden waren, die eine Verletzung hätten hervorrufen können. Dem haben die Beklagten nicht widersprochen. Es kann also gerade nicht festgestellt werden, daß durch die teilweise Neuverfliesung eine Funktionseinbuße für den Mietgebrauch eingetreten sei.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Bei der Bemessung der Minderung muß weiter berücksichtigt werden, daß der optische Mangel in dem Badezimmer mit Toilette nur zu einer geringfügigen Beeinträchtigung führt. Denn ein Bad mit WC wird im Verhältnis zu den übrigen Räumen einer Mietwohnung nur ganz geringfügig genutzt; die Gebrauchsdauer ist erheblich geringer als bei anderen Räumen. In Bezug auf die übrigen Räume hat ein Bad nebst Toilette nur einen untergeordneten Funktionswert. Auch darf nicht außer acht bleiben, daß die Größe des Bades mit 4,9 m2 nur einen geringfügigen Teil der Mietwohnung, die insgesamt eine Wohnfläche von 86 m2 hat, ausmacht. Bei Berücksichtigung all dieser Einzelheiten erscheint eine Mietminderung von 5 % angemessen. Dann aber haben die Beklagten für die Monate November 1989 bis Januar 1990 noch einen restlichen Mietzins in Höhe von insgesamt 154,80 DM nachzuzahlen und die für die folgenden Monate vorgenommene Mietminderung in Höhe von 61,92 DM (= 10 % des Mietzinses) ist um die Hälfte überhöht, so daß die Beklagten noch monatlich 30,96 DM nachzuentrichten haben.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Streitwert: 990,72 DM (185,76 DM + 61,92 DM + 12 x 61,92 DM)</p>
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314,990 | lg-duisburg-1991-02-01-4-s-49790 | {
"id": 807,
"name": "Landgericht Duisburg",
"slug": "lg-duisburg",
"city": 408,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 4 S 497/90 | 1991-02-01T00:00:00 | 2019-03-13T14:43:26 | 2022-10-18T15:09:20 | Urteil | ECLI:DE:LGDU:1991:0201.4S497.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Beklagten gegen das am 14. November 1990 verkündete zweite Versäumnisurteil des Amtsgerichts Duisburg - 45 C 640/89 - wird kostenfällig zurückgewiesen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><u>A.</u></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die im Rahmen des § 513 Abs. 2 ZP zulässige Berufung des Beklagten mußte ohne Erfolg bleiben, da der Erstrichter nunmehr zur Recht das angegriffene zweite Versäumnisurteil erlassen hat.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks"><u>B.</u></p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks"><u>I.</u></p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung des Erstrichters ist richtig: Er mußte das beantragte zweite Versäumnisurteil erlassen, da der Beklagtenvertreter - erneut - trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen war und auch nicht für einen Vertreter Sorge getragen hatte. Gemäß § 700 ZPO steht der Vollstreckungsbescheid vom </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">14. September 1989 einem Versäumnisurteil gleich. Der Erstrichter hatte sonach nach Aufhebung des in dieser Sache am 14. März 1990 bereits schon einmal verkündeten zweiten Versäumnisurteils - durch Urteil der Kammer vom 7. September 1990 - zu prüfen, ob die Voraussetzungen zum Erlaß des zweiten Versäumnisurteils nunmehr vorlagen. Insoweit rügt die Berufung des Beklagten nicht, daß die dem Vollstreckungsbescheid zugrunde liegende Klage im Zeitpunkt der Entscheidung über den Einspruch bzw. den Erlaß des zweiten Versäumnisurteils unzulässig oder unschlüssig gewesen sei, so daß hierauf nicht weiter einzugehen war (vgl. Bundesgerichtshof, in: NJW 1991, Seiten 43, 44 und 45). Denn nur aufgrund einer insoweit entsprechend § 513 Abs. 2 ZPO zulässigen Rüge wäre diese Frage hin zu überprüfen gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks"><u>II.</u></p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Beklagtenvertreter handelte auch schuldhaft: Das bloße Hinlegen einer anwaltlichen Akte in den Verhandlungssaal des Erstrichters mit einem Terminszettel, ein Kollege möge auftreten und verhandeln, ließ das Verschulden an dem Nichterscheinen nicht entfallen. Bei dem Amtsgericht Duisburg gilt nicht der Grundsatz, daß jeder zugelassene Anwalt stets und immer bereit und verpflichtet ist, für nicht vorhandene Anwälte aufzutreten, wenn diese nur die Akte mit einer Terminsnachricht im diesbezüglichen Sitzungssaal hinterlassen haben. Ob dieses zum Teil gehandhabte Verfahren überhaupt zulässig ist (die vom Gesetzgeber vorgeschriebene mündliche Verhandlung wird zu einer bloßen Farce herabgewürdigt), brauchte im Streitfall nicht entschieden werden, da es jedenfalls nicht ausschließliche Praxis bei dem Amtsgericht Duisburg ist. Vielmehr traten auch schon in der Vergangenheit manche Anwälte für gewisse Kollegen nicht auf, wie der Kammer bekannt ist (§ 291 ZPO). Dies ergibt sich insbesondere auch aus der im Wege des Freibeweises eingeholten dienstlichen Äußerung des Erstrichters in dieser Angelegenheit. Dann aber muß sich jeder Anwalt im konkreten Fall vergewissern (durch Telefonate z. B.), ob ein anderer Anwalt zur Terminsvertretung im Falle seiner Verhinderung bereit ist. Geschieht dies nicht und tritt alsdann kein Kollege für ihn auf, so handelt er schuldhaft, da er die Gefahr des Nichtauftretens billigend in Kauf nimmt. Dies ist aber schuldhaft im Sinne der §§ 337 S. 1 , 345 ZPO, so daß unter diesem Gesichtspunkt das angegriffene Urteil sich als richtig erweist.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks"><u>III.</u></p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der Zulässigkeit des in Rede stehenden Versäumnisurteils stand auch nicht § 23 der anwaltlichen Standesrichtlinien entgegen. Denn diese Vorschrift entfaltet infolge der Bindungswirkung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes (in: NJW 1988, Seite 191 ff.) gemäß § 31 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes keine Rechtwirkungen mehr. Unwirksame Standesrichtlinien können aber nicht bestehende Gesetzte ändern (hier: den Antrag nach der ZPO auf Erlaß eines Versäumnisurteils verhindern). Dies hat neuerdings der Bundesgerichtshof ausdrücklich bestätigt (Bundesgerichtshof, in: NJW 1991, S. 42/43).</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks"><u>C.</u></p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Als Unterlegener hat der Beklagte zudem gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen.</p>
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314,991 | olgk-1991-02-01-2-ws-3091 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 2 Ws 30/91 | 1991-02-01T00:00:00 | 2019-03-13T14:43:27 | 2022-10-18T15:09:20 | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1991:0201.2WS30.91.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Angeklagte zu tragen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Durch Urteil des Schöffengerichts in Köln vom 4. April 1990, das sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft mit der Berufung angefochten haben, ist der Angeklagte wegen Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt worden. Die Berufungshauptverhandlung vor der 2. großen Strafkammer des Landgerichts Köln hat am 25. Oktober 1990 begonnen. Durch Beschluß vom 5. November 1990 hat die Strafkammer "das Verfahren" am zweiten Verhandlungstag auf unbestimmte Zeit vertagt. Dagegen richtet sich die mit Schriftsatz des Verteidigers vom 12. November 1990 eingelegte Beschwerde, der die Strafkammer mit Beschluß vom 7. Dezember 1990 nicht abgeholfen hat. Darin wird ausgeführt, die Aussetzung der Hauptverhandlung diene der Beschaffung von Beweisen, die nicht in der laufenden Hauptverhandlung habe erfolgen können, zumal der Oberstadtdirektor der Stadt K. den Sachbearbeitern des Jugendamtes keine Aussagegenehmigung erteilt habe.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Durch weiteren Beschluß vom 7. Dezember 1990 hat die Strafkammer angeordnet, daß die Stadt K. schriftliche Auskünfte darüber zu erteilen habe, welche Sachbearbeiter Gespräche mit den Angeklagten über die Delinquenz ihrer Kinder geführt und welchen Inhalt diese Gespräche gehabt hätten.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Das Rechtsmittel des Angeklagten ist als unzulässig zu verwerfen, da die mit dem Beschluß vom 5. November 1990 (dem Sinne nach) angeordnete Aussetzung der Hauptverhandlung einer gesonderten Anfechtung im Beschwerdeverfahren nicht unterworfen ist.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Nach § 305 Satz 1 StPO unterliegen Entscheidungen des erkennenden Gerichts, die der Urteilsfällung vorausgehen, nicht der Beschwerde. Davon werden freilich nicht ausnahmslos alle Entscheidungen des erkennenden Gerichts erfaßt, die zeitlich vor dem Urteil ergehen. Der Wortlaut des § 305 StPO geht über den gesetzgeberischen Grundgedanken der Vorschrift hinaus und bedarf der einschränkenden Auslegung dahin, daß der Ausschluß der Beschwerde sich auf solche Anordnungen beschränkt, die in einem inneren, sachlichen Zusammenhang mit der Urteilsfällung stehen, ausschließlich der Vorbereitung des Urteils dienen und keine weiteren Verfahrenswirkungen äußern (vgl. nur OLG Braunschweig SV 1987, 332; OLG Köln JMin.Bl NW 1956, 116 f. = NJW 1956, 802 Ls; Gollwitzer in Löwe-Rosenberg, StPO, 24. Aufl., § 305 Rz. 12 m.w.N.; Kleinknecht-Meyer, StPO, 39. Aufl., § 305 Rz. 1 m.w.N.). Das allerdings ist nicht nur bei solchen Maßnahmen der Fall, die unmittelbar Grundlagen für die Entscheidung in der Sache selbst schaffen sollen; auch Anordnungen, die darauf abzielen, die Abwicklung des Verfahrens in sonstiger Weise zu fördern und es der abschließenden Sachentscheidung näherzubringen, weisen einen inneren Zusammenhang mit der Urteilsfällung auf, der zum Ausschluß der Anfechtbarkeit führt (Gollwitzer a.a.O.).</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Davon ausgehend ist für die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Aussetzung der Hauptverhandlung mit der Beschwerde anfechtbar ist, eine differenzierende Betrachtung geboten. Entgegen einer in der älteren Rechtsprechung vertretenen Auffassung ist die Beschwerde nicht etwa uneingeschränkt statthaft, weil jede Aussetzung das Verfahren in nicht mehr behebbarer Weise hemme und damit erhebliche Nachteile auch für den Angeklagten verbunden sein könnten (OLG Köln a.a.O.; OLG Frankfurt GA 1973, 51 f.; Engelhardt in Karlsruher Kommentar, StPO, 2. Aufl., § 305 Rz. 7; vgl. weitere Nachweise bei Gollwitzer a.a.O., Rz. 17, Fn. 58 und OLG Karlsruhe NStZ 1985, 227). Unter diesem Gesichtspunkt mußte auch jede Beweiserhebung, die sich zeitaufwendig gestaltet, trotz ihres unverkennbaren Bezugs zur Entscheidungsfindung der Anfechtung unterworfen werden. Maßgebend ist demgegenüber, aus welchen Gründen und zu welchem Zweck die Aussetzung beschlossen worden ist. Denn davon hängt es ab, ob ein innerer Zusammenhang mit der Urteilsfällung gegeben ist (OLG Braunschweig StV 1987, 332 und NJW 1955, 565; OLG Karlsruhe NStZ 1985, 227 und Justiz 1977, 277; OLG Stuttgart NJW 1973, 2309, 2310 = Justiz 1973, 375).</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">An einer solchen Beziehung fehlt es, wenn mit der Aussetzung auch, andere Zwecke als die Förderung der Sachentscheidung verfolgt werden, nicht zumindest mittelbar auf jene zu beziehende Erwägungen - beispielsweise organisatorischer Art - zur Geltung gebracht werden, das Verfahren unnötig gehemmt und das Urteil verzögert wird (vgl. KG JR 1966, 230 f.; OLG Karlsruhe GA 1974, 285; OLG Frankfurt MDR 1983, 253 und StV 1988, 195; Gollwitzer a.a.O. § 228 Rz. 30; Treier in Karlsruher Kommentar a.a.O. § 228 Rz. 14; KMR-Paulus, StPO, 7. Aufl., § 228 Rz. 21; Kleinknecht-Meyer a.a.O. § 228 Rz. 16). In diesem Fall begründet die Maßnahme eine selbständige prozessuale Beschwer, die den Weg zu einer gesonderten Anfechtung eröffnet.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Ist hingegen die Aussetzung nach ihrer grundsätzlichen Zielrichtung ausschließlich dazu bestimmt, der weiteren Sachaufklärung oder der besseren Vorbereitung der Verfahrensbeteiligten zu dienen, so ist ein sachlicher Zusammenhang, mit der verfahrensabschließenden Entscheidung gegeben. Das ist namentlich dann anzunehmen, wenn die Aussetzung der Beschaffung weiterer Beweise dient, die nicht oder nicht ohne besondere Schwierigkeiten in der laufenden Hauptverhandlung gewonnen werden können (KG a.a.O.; OLG Braunschweig NJW 1955, 565; OLG Stuttgart a.a.O.; OLG Karlsruhe a.a.O.; OLG Bremen MDR 1976, 777; vgl. auch OLG Düsseldorf NJW 1967, 692; OLG Frankfurt MDR 1983, 253; Gollwitzer a.a.O. § 228 Rz. 30 und § 305 Rz. 17; KMR-Paulus a.a.O. § 305 Rz. 12; Kleinknecht-Meyer a.a.O., jeweils m.w.N.). Denn damit dient sie der Verfahrensförderung im Bereich der Sachaufklärung, in die das Beschwerdegericht ohnehin nicht eingreifen kann. Den Umfang der Beweisaufnahme bestimmt das Gericht in eigener Verantwortung; die Aufhebung der Aussetzung durch das Beschwerdegericht hätte aber die Verhinderung einer beabsichtigten Beweiserhebung zur Folge und kommt daher generell nicht in Betracht (KG a.a.O.; Gollwitzer a.a.O. § 228 Rz. 30 m.w.N.).</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Daraus folgt für den vorliegenden Fall ohne weiteres die Unzulässigkeit der Beschwerde. Denn die Aussetzung ist allein zu dem Zweck erfolgt, die inzwischen mit dem Beschluß vom 7. Dezember 1990 angeordnete weitere Sachaufklärung zu ermöglichen, die wegen der bislang von dem Oberstadtdirektor der Stadt Köln gezeigten ablehnenden Haltung nicht im Rahmen der begonnenen Hauptverhandlung möglich war.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.</p>
|
314,992 | ovgnrw-1991-01-30-9-a-76588 | {
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} | 9 A 765/88 | 1991-01-30T00:00:00 | 2019-03-13T14:43:29 | 2022-10-18T15:09:21 | Urteil | ECLI:DE:OVGNRW:1991:0130.9A765.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Das angefochtene Urteil wird geändert.</p>
<p></p>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen.</p>
<p></p>
<p>Die Revision wird nicht zugelassen.</p>
<p></p>
<p></p>
<p></p>
<p>
</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"> Tatbestand:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit von Abfallbeseitigungsgebühren,
die der Beklagte vom Kläger für 1986 erhoben hat. Im einzelnen geht es um folgenden
Sachverhalt:</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der ... Kreis betreibt aufgrund Satzung vom 22. Dezember 1982, hier einschlägig
nach der Änderung durch die am 1. Januar 1986 in Kraft getretene 3.
Änderungssatzung vom 29. Oktober 1985, (AS) die Abfallbeseitigung im Gebiet der
Städte ..., den Gemeinden ... und ... als öffentliche Einrichtung. Dabei bedient er sich
gemäß §1 Abs. 2 AS der Abfallbeseitigungsgesellschaft (neuerdings umbenannt in ...
Abfallwirtschaftsgesellschaft) mit beschränkter Haftung ( ...), deren alleiniger
Gesellschafter er ist. Die vom Kreis wahrgenommene Abfallbeseitigung umfaßt
satzungsgemäß (§2 Abs. 1) das Einsammeln, die Bereitstellung von Sammelbehältern
für die Getrenntsammlung und das Befördern von Abfällen mit Ausnahme der
fortgeworfenen und verbotswidrig abgelagerten Abfälle, sowie das Behandeln,
Lagern, Ablagern und Verwerten von Abfällen. Grundlage der dargestellten Tätigkeit
des Kreises und Beauftragung der ... mit der Durchführung seiner Aufgaben sind
neben den ihn nach dem Landesabfallgesetz NW vom 18. Dezember 1973, GV NW S.
562, zuletzt geändert durch Gesetz vom 6. November 1984, GV NW S. 679, (LAbfG)
treffenden Verpflichtungen der Abfallbeseitigung die zwischen ihm und den genannten
Städten und Gemeinden 1982 und 1983 geschlossenen Vereinbarungen, nach denen
die Städte und Gemeinden dem Kreis die ihnen ihrerseits nach dem LAbfG
obliegenden Aufgaben des Einsammelns und Beförderns von Abfällen sowie ihre
Kompetenz zur Regelung der Abfallbeseitigung und Erhebung von Gebühren durch
Satzung übertragen haben. Die RSAG ist mit Genehmigung des
Regierungspräsidenten Köln aus dem vormaligen Müllbeseitigungszweckverband ...-
Kreis hervorgegangen und erhält gemäß §3 des zwischen ihr und dem ...-Kreis
geschlossenen Vertrages vom 28. Februar 1983 den ihr bei der Durchführung der
Abfallbeseitigung für den Kreis entstehenden Aufwand erstattet.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Gemäß §6 AS sind die Grundstückseigentümer verpflichtet, ihr Grundstück an die
Abfallbeseitigung des Kreises anzuschließen und ausreichendes Behältervolumen für
die auf dem Grundstück tatsächlich anfallenden Abfälle bereitzustellen; zugelassen
sind unter anderem 50-, 120- und 240-Liter-Abfallbehälter. Jeder
Grundstückseigentümer hat Anspruch auf leihweise zur Verfügung gestellte Behälter
bis zu einem Gesamtbehältervolumen, welches sich nach der ermittelten
durchschnittlichen Abfallmenge je Haushaltsgröße errechnet (Regelausstattung). Für
die Regelausstattung wurde entsprechend nach den Satzungsunterlagen und der
Handhabung bei der Ausgabe von Müllgefäßen 1986 und 1987 von einem Müllvolumen
von 50 l für eine Person, 80 l für zwei Personen, 105 l für drei Personen, 120 l für vier
Personen und von jeweils 10 l für jede weitere Person ausgegangen. Die
Verpflichtung, anfallenden Abfall der Abfallbeseitigung des Kreises zu überlassen, hat
jeder, dem ein Recht zum Anschluß an diese Einrichtung zusteht, und jeder
Abfallbesitzer.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Für die Inanspruchnahme der Einrichtungen und Anlagen der Abfallbeseitigung
erhebt der ...-Kreis nach Maßgabe seiner Gebührensatzung (GS) und dem
zugehörigen Gebührentarif (GT) Benutzungsgebühren. Für 1986 war insoweit die
Gebührensatzung vom 29. Oktober 1985 einschlägig, nach deren Vorschriften die
Gebühren für an die Abfallbeseitigung angeschlossene Wohngrundstücke nach der
Zahl der auf dem Grundstück geführten Haushaltungen und der Zahl der in einem
Haushalt wohnenden Personen bemessen werden; bei Gewerbegrundstücken wird die
Gebühr nach den (tatsächlich) aufgestellten und entleerten Abfallbehältern,
mindestens aber nach der entsprechend der Abfallbeseitigungssatzung vorzuhaltenden
Behältergrundausstattung berechnet. Gebührenpflichtig ist - neben anderen
Gebührenpflichtigen - der Grundstückseigentümer bzw. bei Eigentumswohnungen der
Wohnungseigentümer, nicht aber der Wohnungsmieter; letzterer wird nur insoweit
herangezogen, als er nachrangig für "seinen Anteil an den verlangten
Abfallbeseitigungsgebühren" haftet.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Zur Bereitstellung des Abfalls auf den Wohngrundstücken in dem Gebiet, in dem
der Kreis im dargestellten Umfang die Abfallbeseitigung wahrnimmt, wurden im Jahr
1986 vielfach privat angeschaffte Abfallbehälter mit einem Volumen von 50 l genutzt;
bis zum Inkrafttreten des Satzungsrechts vom 29. Oktober 1985 am 1. Januar 1986
wurden solche Behälter im Rahmen der stattfindenden Abfallbeseitigung geleert, wenn
sie mit einer beim Kreis zu beziehenden Müllmarke versehen waren.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstückes ... in
dem er mit seiner Familie wohnt. Nach seinen Angaben wurde auf dem Grundstück im
Jahr 1986 ein 50-Liter-Abfallbehälter für die Abfallbeseitigung durch den ...-Kreis
vorgehalten.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Mit Bescheid vom 25. August 1986 zog der Beklagte den Kläger für das genannte
Grundstück zu Abfallbeseitigungsgebühren von 105,- DM für 1986 heran. Dabei ging
er davon aus, daß im Haus des Klägers ein Vier-Personen-Haushalt, für den
entsprechend der Satzung eine Gebühr von 105,- DM anzusetzen war, unterhalten
werde.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Nach erfolglosem Vorverfahren hat der Kläger Klage erhoben, mit der er sich
gegen die Erhebung von Abfallbeseitigungsgebühren nach der Zahl der zum Haushalt
gehörenden Personen gewandt hat. Dieser Gebührenmaßstab führe dazu, daß er
Gebühren für die Benutzung eines 120-Liter-Abfallbehälters zahlen müsse, obwohl er
tatsächlich nur einen 50 l fassenden Behälter nutze. Das verstoße gegen die
Grundsätze einer leistungsgerechten Gebührenerhebung.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">den Abgabenbescheid 1986 des Beklagten vom 25. August 1986 in der Fassung
des Widerspruchsbescheides vom 2. Dezember 1986 aufzuheben.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Er hat den Standpunkt vertreten, die Gebührenerhebung sei dem Grunde und der
Höhe nach rechtmäßig; sie beruhe auf gültigem Satzungsrecht und fehlerfreien
Feststellungen der für die Gebührenerhebung maßgeblichen Bemessungsgrundlagen.
Der nach der Gebührensatzung anzuwendende Personenmaßstab sei ein zulässiger
Maßstab zur Erhebung von Abfallbeseitigungsgebühren.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Mit dem angefochtenen Urteil, auf das Bezug genommen wird, hat das
Verwaltungsgericht der Klage mit der Begründung stattgegeben, daß die der
Gebührenerhebung zugrunde liegenden Satzungsvorschriften rechtswidrig und nichtig
seien.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Hiergegen richtet sich die vorliegende Berufung des Beklagten, mit der er sich auf
die Gültigkeit der Abfallbeseitigungssatzung und der dazu ergangenen
Gebührensatzung beruft. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts seien die
Grundlagen der Gebührenkalkulation dem Kreistag mit hinreichender Genauigkeit vor
dem Beschluß der Gebührensatzung erläutert worden. Zudem gehe das
Verwaltungsgericht fehlerhaft davon aus, daß durch die Gebühren auch Kosten
umgelegt würden, die der Abfallbeseitigung nach den gesetzlichen Vorschriften nicht
zuzurechnen seien. Die Aufstellung von Sammelbehältern für Papier und Glas und der
Abtransport dieser Stoffe zum Zwecke ihrer Wiederverwertung seien Teil der
Abfallbeseitigung, da es sich bei diesen Stoffen um Abfall auch im Sinne von §1 Abs. 1
des bis zum 31. Oktober 1986 gültigen Abfallbeseitigungsgesetzes in der Fassung der
Bekanntmachung vom 5. Januar 1977, BGBl. I S. 41, zuletzt geändert durch Gesetz
vom 18. Februar 1986, BGBl. I S. 265, (AbfG) handele; dementsprechend könnten
auch die für die Behälteraufstellung und den Abtransport der Stoffe entstehenden
Kosten als Kosten der Abfallbeseitigung durch Gebühren umgelegt werden.
Entsprechendes gelte für die Kosten der Haussammlung von Papier und Pappe, die
Kosten für die Aufstellung von sogenannten Altstofftonnen zur Sammlung von Papier,
Pappe und Altmetallen und für die Kosten der sogenannten Bioabfuhr. Das
Einsammeln und Befördern von Abfall zum Zwecke der Wiederverwertung entspreche
den schon mit dem Abfallgesetz von 1977 verfolgten Zielen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Er stützt sich auf das angefochtene Urteil und ist der Auffassung, daß die
Gebührensatzung ungültig sei, weil der Kreistag nicht hinreichend genau über die
Gebührenkalkulation informiert worden sei, und die Kosten für die das Einsammeln
und Befördern von Stoffen, die dem Kreis von den Haushaltungen zur
Wiederverwertung zur Verfügung gestellt würden, nicht als Kosten der
Abfallbeseitigung umgelegt werden könnten.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat den Beklagten in verschiedenen Schreiben in diesem und in
Verfahren, deren Akten beigezogen sind, gebeten, zu bestimmten Fragen der
Organisation der Abfallbeseitigung im ... Kreis, der Durchführung der Abfallbeseitigung
durch die ..., des insoweit anfallenden Kostenaufwandes sowie der Kalkulation der
Abfallbeseitigungsgebühren Stellung zu nehmen. Insoweit wird auf die Antragen des
Senats und die dazu abgegebenen, dem Kläger zur Kenntnis gegebenen
Stellungnahmen des Beklagten und von diesem eingereichten Unterlagen Bezug
genommen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Wegen des Sachverhalts im übrigen und des weiteren Vorbringens der Beteiligten
wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der dazu eingereichten Verwaltungsvorgänge
sowie auf die Gerichtsakte und Satzungsunterlagen des Verfahrens 9 A 765/88, ferner
auf die Gerichtsakte eines beim Senat anhängig gewesenen Parallel-
Berufungsverfahrens - 9 A 764/88 - und die zu jenem Verfahren vom Beklagten
eingereichten Unterlagen über den Zusammenschluß des ...-Kreises mit den
kreisangehörigen Gemeinden, die Gründung der ... und den Beschluß der
einschlägigen Abfallbeseitigungs- und Gebührensatzung, insbesondere die
Gebührenkalkulation Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Ferner wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte des Berufungsverfahrens 9 A
380/89, in dem es um Abfallbeseitigungsgebühren im ...-Kreis für 1987 geht, sowie
die zu jener Akte eingereichten Satzungsunterlagen des Beklagten zu der für 1987
maßgeblichen, mit Rückwirkung auf den 1. Januar 1987 beschlossenen,
Gebührensatzung vom 24. Juni 1988, die sich mit den Vorschriften der
Gebührensatzung vom 29. Oktober 1985 deckt; die Satzung vom 24. Juni 1988 hat
der Kreis ohne Abweichungen zur Satzung vom 29. Oktober 1985, indessen nach
ergänzenden Erläuterungen der Satzungsvorlage erlassen, nachdem das
Verwaltungsgericht in verschiedenen Urteilen - wie auch im vorliegenden Fall - den
Standpunkt eingenommen hatte, dem Kreistag seien die Grundlagen der
Gebührenkalkulation in der Vorlage zur Satzung vom 29. Oktober 1985 nicht
hinreichend erläutert worden.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Schließlich sind die Satzungsunterlagen zu der ab 1. Januar 1988 geltenden
Fassung der Abfallbeseitigungssatzung des Kreises und der zugehörigen
Gebührensatzung aus dem Verfahren 9 A 2487/89, in dem es um
Abfallbeseitigungsgebühren für 1988 geht, beigezogen worden.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Hiernach liegen dem Senat insbesondere folgende Unterlagen vor:</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">1. Unterlagen über die Gründung des Müllbeseitigungszweckverbandes im ...-
Kreis sowie dessen Satzung (Anlage 3 in BA V zu 9 A 764/88)</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">2. Unterlagen über die "Umwandlung" des Müllbeseitigungszweckverbandes in die
... und die damit verbundene Auflösung des Verbandes (Anlage 4 in BA V zu 9 A
764/88)</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">3. Öffentlich-rechtliche Vereinbarungen zwischen Kreis und kreisangehörigen
Gemeinden und Städten von 1982 und 1983 über die Übertragung von Aufgaben der
Abfallbeseitigung auf den Kreis (Anlage 2 in BA V zu 9 A 764/88)</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">4. Gesellschaftsvertrag der ... und deren Vertrag mit dem Kreis über die
Durchführung der Aufgaben der Abfallbeseitigung (BA III zu 9 A 764/88)</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">5. Satzungsakte der Abfallbeseitigungssatzung i.d.F. der 3. Änderungssatzung
vom 29. Oktober 1985 und der Abfallbeseitigungsgebührensatzung vom selben Tage
(Anlage 1 in BA V zu 9 A 764/88)</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">6. Beschluß- und Kalkulationsunterlagen (Gebührenbedarfsberechnung) zu den
Satzungen vom 29. Oktober 1985 (BA III und IV zu 9 A 764/88)</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">7. Satzungstext und Beschluß- sowie Kalkulationsunterlagen
(Gebührenbedarfsberechnung) zu der mit Rückwirkung auf den 1. Januar 1987
beschlossenen Gebührensatzung vom 24. Juni 1988 (BA I zu 9 A 380/89)</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">8. Satzungstexte und Satzungsunterlagen zu der Abfallbeseitigungssatzung i.d.F.
der 4. Änderungssatzung vom 18. Dezember 1987 und der Gebührensatzung i.d.F.
der 2. Änderungssatzung vom selben Tage (BA IV zu 9 A 2487/89)</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">9. Wirtschaftspläne der ... für ...</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks"> 1986 (Anlage 5 in BA V zu 9 A 764/88)</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks"> 1987 (BA III zu 9 A 380/89)</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks"> 1988 (BA IV zu 9 A 2487/89, BA V zu 9 A 965/88)</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">10. Geschäftsbericht der ... für</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks"> 1986 (Anlage 8 in BA V zu 9 A 764/88)</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu
Unrecht stattgegeben. Der in der Fassung des Widerspruchsbescheides angefochtene
Gebührenbescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">A.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Die Gebührenerhebung beruht auf gültigen Satzungsrecht. Einschlägig ist hier die
Gebührensatzung vom 29. Oktober 1985 in Verbindung mit der
Abfallbeseitungssatzung des ...-Kreises vom 22. Dezember 1982 in der nach Erlaß
der 3. Änderungssatzung vom 29. Oktober 1985 ab 1. Januar 1986 gültigen Fassung.
Die Inhalte und Vorschriften der genannten Gebührensatzung verstoßen nicht gegen
höherrangiges Recht.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Rechtmäßig ist zunächst die Vorschrift des §1 GS, wonach für die
Inanspruchnahme der Einrichtungen und Anlagen der Abfallbeseitigung des ...-Kreises
Benutzungsgebühren erhoben werden. Die Gebührenerhebung ist nach §4 Abs. 2
Kommunalabgabengesetz NW (KAG) zulässig, wenn es sich um eine Einrichtung des
Kreises handelt, die er im Rahmen der ihm nach den abfallrechtlichen Bestimmungen
obliegenden Aufgaben zulässigerweise unterhält und betreibt. Das ist der Fall.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Die nach §1 Abs. 1 GS abzurechnenden Leistungen sind diejenigen, die der Kreis
nach Maßgabe der eingangs genannten Abfallbeseitigungssatzung erbringt. Dabei
handelt es sich nach den §§1 und 2 AS - mit den Einschränkungen nach §§3 und 4 AS
- um das Einsammeln von Abfall, die Bereitstellung von Sammelbehältern für die
Getrenntsammlung, das Befördern mit Ausnahme der fortgeworfenen und
verbotswidrig abgelagerten Abfälle sowie das Behandeln, Lagern, Ablagern und
Verwerten von Abfällen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen. Das sind bis
zum 31. Oktober 1986 auf Bundesebene die Vorschriften des Gesetzes über die
Beseitigung von Abfällen (Abfallbeseitigungsgesetz - AbfG 1977) - i.d.F. vom 5.
Januar 1977, BGBl. I S. 41, zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. Februar 1986,
BGBl. I S. 265, und seit dem 1. November 1986 die des Gesetzes über die
Vermeidung und Entsorgung von Abfällen (Abfallgesetz 1986 - AbfG 1986 -) vom 27.
August 1986 BGBl. I S. 1410; ferner sind einschlägig die Vorschriften des das AbfG
1977/1986 ergänzenden Landesabfallgesetzes NW (LAbfG 1973) vom 18. Dezember
1973, GV NW S. 562, das zuletzt durch Gesetz vom 6. November 1984, GV NW S.
679 geändert worden ist und bis zur Verkündung des Landesabfallgesetzes vom 21.
Juni 1988, GV NW S. 250, gegolten hat. Mit den Vorschriften dieser Gesetze steht die
Erbringung der gebührenpflichtigen Entsorgungsleistungen, soweit sie hier
interessieren, in Einklang.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Das gilt auch insoweit, als der Kreis nicht nur die ihm nach §3 Abs. 2 Satz 1 AbfG
1977/1986 in Verbindung mit §1 Abs. 1 LAbfG 1973 obliegenden Verpflichtungen der
Abfallbeseitigung bzw. Abfallentsorgung, sondern auch die nach §3 Abs. 2 Satz 1
AbfG 1977/1986 i.V.m. §1 Abs. 2 LAbfG 1973 den kreisangehörigen Gemeinden
obliegende Aufgabe, die in ihrem Gebiet angefallenen Abfälle einzusammeln und zu
den Abfallbeseitigungsanlagen oder zu den Müllumschlagstationen, soweit sie von den
Kreisen oder in deren Auftrag betrieben werden, zu befördern, wahrnimmt. Diese
Aufgaben sind dem Kreis durch öffentlich-rechtliche Vereinbarungen im Sinne von §23
Abs. 1 des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit in der Fassung der
Bekanntmachung vom 1. Oktober 1979, GV NW S. 621, zuletzt geändert durch
Gesetz vom 26. Juni 1984, GV NW S. 362, (GkG) von den einzelnen kreisangehörigen
Gemeinden in der Weise übertragen worden, daß der Kreis diese Aufgaben in seine
Zuständigkeit übernommen hat (§23 Abs. 2 Satz 1 GkG). Solche Vereinbarungen sind
nach §2 Abs. 1 LAbfG 1973, der die Vorschriften des GkG für anwendbar erklärt,
zulässig. Der bis 1982 tätige Müllbeseitigungszweckverband in ...-Kreis, der bis dahin
die dem Kreis und den mit ihm im Verband zusammengeschlossenen Gemeinden
obliegenden öffentlichen Aufgaben der Abfallbeseitigung wahrnahm, ist durch Beschluß
der Verbandsversammlung vom 18. November 1982 über die Umwandlung dieses
Verbandes in die ... mit der dafür nach §20 Abs. 2 GkG erforderlichen Zustimmung
des Regierungspräsidenten ... vom 30. Dezember 1982 aufgelöst worden und nimmt
seitdem keine Aufgaben der Abfallbeseitigung mehr wahr.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Unbedenklich ist ferner, daß sich der ...-Kreis gemäß §1 Abs. 2 AS zur
Durchführung der Abfallentsorgung im Kreisgebiet, wie sie satzungsmäßig erfolgt, in
vollem Umfang der RSAG bedient. Die ... ist bei der Aufgabenwahrnehmung nicht mit
öffentlichen Befugnissen betraut, sondern wird nur als privates Unternehmen im
Auftrage des Kreises bei der Erfüllung seiner Aufgaben tätig. Das ist nach §3 Abs. 2
Satz 2 AbfG 1977/1986 zulässig, wonach sich die nach dem Landesrecht zuständigen
Körperschaften des öffentlichen Rechts zur Erfüllung ihrer Pflichten bei der Entsorgung
der in ihrem Gebiet angefallenen Abfälle Dritter bedienen dürfen.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Die Gebührensatzung enthält auch insoweit eine gültige Regelung, als nach §2
Abs. 1 GS für die Abfallentsorgung der Grundstücke der Grundstückseigentümer und
die Entsorgung von Eigentumswohnungen der Wohnungseigentümer gebührenpflichtig
ist, ungeachtet der Frage, ob der betreffende Eigentümer die auf dem Grundstück
befindlichen Wohnungen und sonstigen Räumlichkeiten vermietet oder verpachtet hat.
Die fehlende Einschränkung, die auf den Regelungen des §6 Abs. 1 und 5 AS beruht,
wonach jeder Grundstückseigentümer im Geltungsbereich der Satzung verpflichtet ist,
sein Grundstück oder seine Wohnung an die Abfallbeseitigung anzuschließen
(Anschlußzwang) und die bei ihm anfallenden Abfälle der Abfallbeseitigung zu
überlassen (Benutzungszwang), verstößt nicht gegen das AbfG 1977/1986 und LAbfG
1973 und auch nicht gegen den Grundsatz, daß die Gebühr gemäß §4 Abs. 2, §6
KAG nur von dem beansprucht werden darf, der die gebührenpflichtige Leistung in
Anspruch nimmt.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Nach ständiger Rechtsprechung des bisher für das
Abfallbeseitigungsgebührenrecht zuständigen 2. Senats des erkennenden Gerichts
besteht die bei der Abfallentsorgung von Grundstücken erbrachte Leistung
grundsätzlich nicht schon im Vorhalten von Abfallbehältern und dem periodischen
Anfahren der Grundstücke durch Müllfahrzeuge zum Zwecke der Leerung der
aufgestellten Abfallbehälter, es muß hinzukommen, daß die aufgestellten Gefäße auch
durch Einfüllen von Abfall genutzt worden sind.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks"> Vgl. z.B. Urteil vom 6. Dezember 1989 - 2 A 399/87 -; a.A. Hessischer VGH,
Urteil vom 20. Juni 1990 - Hessische Städte- und Gemeindezeitung 1990 S. 444, der
für die Leistungserbringung das Zuteilen von Abfallbehältern und Anfahren des
Grundstückes durch Müllfahrzeuge ausreichen läßt.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Das bedeutet, daß der Grundstückseigentümer bei der Verpachtung des
Grundstückes bzw. der Vermietung von auf dem Grundstück befindlichen Wohnungen
nicht schon deshalb zu Gebühren herangezogen werden kann, weil das Grundstück
zur Leerung aufgestellter Abfallgefäße durch Müllfahrzeuge angefahren wird, d.h. weil
das Grundstück an die öffentliche Abfallentsorgung angeschlossen ist, und er dadurch
einen Entsorgungsvorteil hat, den er seinem Pächter bzw. Mieter vermittelt.
Erforderlich ist zusätzlich, daß dem Eigentümer auch das Einfüllen des Abfalls durch
den Pächter oder Mieter in den Abfallbehälter und das Bereitstellen des Behälters zur
Leerung sowie die Leerung selbst zugerechnet werden kann. Ob diesem
Leistungsverständnis der Inanspruchnahme der Abfallentsorgung zu folgen ist, läßt der
Senat offen. Für die im vorliegenden Fall nur interessierende Gebührenerhebung für
Wohngrundstücke sind nämlich nach der satzungsmäßig definierten Leistung, für die
die Gebühr erhoben wird, sowohl das Bereitstellen des Abfallbehälters als auch seine
Leerung Voraussetzung. Das ergibt sich aus Nr. 1.1 des Gebührentarifs, wonach die
Gebühren für die "Entleerung" der auf dem Grundstück befindlichen
Regelbehälterausstattung anfallen. Der hiernach für die Gebührenpflicht maßgeblichen
Leistung entspricht indessen die vom Grundstückseigentümer in Anspruch genommene
Abfallentsorgungsleistung des Kreises auch dann, wenn der Grundstückseigentümer
das Grundstück verpachtet bzw. die darauf befindlichen Wohnungen vermietet
hat.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Durch das Bereitstellen von Abfallbehältern für seine Mieter bzw. den
Grundstückspächter nimmt der Eigentümer zunächst die Vorhalteleistungen des
Kreises zur Abfallentsorgung des Grundstückes in Anspruch. Letzteres gilt auch dann,
wenn der Pächter und Mieter selbst auf dem Grundstück private oder leihweise vom
Kreis bzw. der ... überlassene Behälter für anfallende Abfälle bereitstellt. Auch dann
nimmt der Grundstückseigentümer die Vorhalteleistungen des Kreises in Anspruch,
weil ihm das beschriebene Handeln des Mieters oder Pächters zuzurechnen ist. Diese
erfüllen mit dem Aufstellen von Abfallbehältern auf dem Grundstück nämlich zugleich
die dem Eigentümer nach §6 Abs. 1 AS obliegende Verpflichtung, sein Grundstück an
die Abfallentsorgung des Kreises anzuschließen sowie die damit nach §8 Abs. 2 AS
verbundene weitere Pflicht, entsprechend dem tatsächlich anfallenden Abfall
ausreichendes Abfallbehältervolumen auf dem Grundstück bereitzustellen. Das
Aufstellen privater oder vom Kreis bzw. der ... zur Verfügung gestellter Gefäße ist,
sofern die Gefäße den Anforderungen des §8 Abs. 1 a AS genügen, wahlweise
zulässig, weil nach §8 Abs. 2 und 3 AS für den Eigentümer kein Zwang zur leihweisen
Inanspruchnahme der Hausmüllgefäße des Kreises bzw. der ..., sondern nur ein
entsprechender Anspruch besteht.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Die Annahme, daß Mieter und Pächter mit der Aufstellung von Abfallbehältern die
sich aus dem Anschlußzwang für den Eigentümer ergebenden Verpflichtungen erfüllen,
scheidet nicht deshalb aus, weil ein Anschlußzwang hinsichtlich der öffentlichen
Abfallentsorgung für den Grundstückseigentümer ungeachtet seiner Eigenschaft als
Abfallbesitzer unzulässig wäre. In §5 Abs. 1 Satz 3 LAbfG 1973 ist ausdrücklich
bestimmt, daß für die Anordung des Anschluß- und Benutzungszwangs bei der
Abfallbeseitigung §19 Abs. 1 der Gemeindeordnung NW (GO), der sich auf einen
solchen Zwang für Grundstücke bezieht, entsprechend gilt. Die Vorschrift des §5 Abs.
1 Satz 3 LAbfG 1973 steht mit Bundesrecht in Einklang, weil durch §3 Abs. 1 AbfG
1977 ebenso wie durch §3 Abs. 1 AbfG 1986, wonach der Besitzer Abfälle dem
Beseitigungspflichtigen bzw. Entsorgungspflichtigen zu überlassen hat, ergänzende
landesrechtliche Vorschriften über einen Anschluß- und Benutzungszwang für den
Grundstückseigentümer nicht ausgeschlossen werden.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks"> Vgl. Hessischer VGH, Urteil vom 7. März 1990, Hessische Städte- und
Gemeindezeitung 1990 S. 441.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Der Grundstückseigentümer nimmt die Leistungen der öffentlichen
Abfallentsorgung aber auch insoweit in Anspruch, als der Inhalt der Abfallbehälter auf
dem Grundstück zur Entsorgung bereitgestellt und abgeholt wird. Der Eigentümer ist
nämlich - abgesehen von denkbaren atypischen Einzelfällen, die zulässigerweise durch
einen Gebührenerlaß aus Gründen einer sachlichen, vom Satzungsgeber nicht
beabsichtigten Unbilligkeit berücksichtigt werden können - auch Besitzer des in den
Behältern befindlichen Abfalls und damit auch verpflichtet, diesen Abfall dem
Entsorgungsträger zu überlassen. Dementsprechend nimmt er auch die durch die
Abfuhr des Abfalls erbrachte Leistung in Anspruch. Das gilt auch dann, wenn die
Abfallbehälter vom Mieter oder Pächter beschafft und auf dem Grundstück aufgestellt
worden sind. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des
Bundesgerichtshofs ist der Besitzbegriff des §3 Abs. 1 AbfG 1977/1986 öffentlich-
rechtlicher Art und nach dem mit diesem Begriff verfolgten Zweck auszulegen, die
Verantwortlichkeit für entstandenen Abfall zu bestimmen.</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks"> Vgl. BVerwG, Urteile vom 11. Februar 1983, BVerwGE 67 S. 8, und 19. Januar
1989, NJW 1989 S. 1295; BGH, Urteil vom 14. März 1985, NVwZ 1985 S. 447.</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Danach genügt für den Besitz des auf einem Grundstück befindlichen Abfalls ein
"Mindestmaß" an Sachherrschaft des Eigentümers über das Grundstück, ohne daß
hinsichtlich der beseitigungspflichtigen Stoffe ein spezieller Besitzbegründungswille
erforderlich wäre.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks"> Vgl. die zitierten Urteile des BVerwG und BGH.</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Diese Voraussetzungen sind beim Eigentümer von Wohngrundstücken, der Räume
vermietet bzw. das Grundstück verpachtet hat, erfüllt, wenn der Mieter oder Pächter
mit seinem Einverständnis - von dem wegen des bestehenden Anschlußzwanges
auszugehen ist - besondere Behälter auf dem Grundstück aufstellt, in denen Abfälle
zur Abholung durch den Entsorgungsträger gesammelt werden.</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks"> Vgl. BGH, Urteil vom 14. März 1985 a.a.O.</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Die dargestellten Überlegungen gelten entsprechend, wenn der Mieter einer
Eigentumswohnung mit Einverständnis des vermietenden Wohnungseigentümers
seinen Abfall in auf dem Grundstück aufgestellten Abfallbehältern zur Entsorgung zur
Verfügung stellt. Dann tritt die Wohnungseigentümergemeinschaft und damit jeder
einzelne Wohnungseigentümer als Abfallbesitzer an die Stelle des
Grundstückseigentümers.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Hiernach steht einer Gebührenpflicht des Eigentümers, der Wohnraum vermietet
oder verpachtet hat, auch nicht entgegen, daß ihm das Risiko auferlegt wird, die
Abfallbeseitigungsgebühren auf seinen Mieter oder Pächter abwälzen zu können. Im
Rahmen der bestehenden Vertragsfreiheit kann er mit seinem Mieter oder Pächter
Vereinbarungen treffen, daß letzterer die für das Grundstück bzw. die Wohnung
anfallenden Grundbesitzabgaben zu tragen habe. Soweit er langfristige Verträge
geschlossen hat, die so etwas nicht vorsehen, weil im ...-Kreis bis Anfang 1986 die
Kosten für die Entsorgung der Wohngrundstücke durch Ausgabe von Müllmarken
umgelegt wurden und diese Marken nach Vertragsschluß vom Mieter zu erwerben
waren, fällt ein solcher Vertragsschluß in den Risikobereich des
Grundstückseigentümers. Der Satzungsgeber braucht solche Umstände bei Gebühren
der vorliegenden Höhe nicht zu berücksichtigen, zumal die Leistung, für die Gebühren
erhoben werden, in vollem Umfang jedenfalls auch dem Grundstückseigentümer
erbracht werden.</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks"> Vgl. zur Frage, inwieweit dem Vermieter eine (nachträgliche) Erhebung von
Benutzungsgebühren zugemutet werden kann, die er wegen Ablaufs der Frist nach
§4 Abs. 3 des Gesetzes zur Regelung der Miethöhe nicht mehr auf den Mieter
umlegen kann, Urteil des Senats vom 27. Juli 1990 - 9 A 2384/88 -.</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Inwieweit auch der Mieter bzw. Pächter die (volle) gebührenpflichtige Leistung in
Anspruch nimmt, bedarf keiner Klärung. Selbst wenn letzteres der Fall wäre, bestünde
keine Verpflichtung des Satzungsgebers, vorrangig vor dem Grundstückseigentümer
den Mieter oder Pächter als Gebührenpflichtige zu bestimmen. Das gilt aus Gründen
der Verwaltungspraktikabilität schon deshalb, weil das Eigentum an Grundstücken
weniger häufig wechselt als der Mieter einer Wohnung oder Pächter eines
Wohngrundstückes und weil sich bei Wohngrundstücken mit mehreren Mietwohnungen
die Gebührenerhebung durch Heranziehung des Grundstückseigentümers
vereinfacht.</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Ob und inwieweit die nach §11 AS dem Grundstückseigentümer obliegenden
Meldepflichten sich auch auf Mitteilung zur Änderung der Mietverhältnisse und der
Größe der Haushalte seiner Mieter beziehen und insoweit gültiges Recht sind, hat für
die Rechtmäßigkeit der Gebührenpflicht des Eigentümers keine Bedeutung, da die im
vorliegenden Fall nur interessierende Gebührenpflicht von der Gültigkeit der
Vorschriften über bestimmte Meldepflichten des Grundstückseigentümers unabhängig
sind.</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">III.</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">Die Satzung verfügt - soweit das hier von Bedeutung ist - in §4 GS i.V.m. den
ergänzenden Vorschriften des Gebührentarifs über eine gültige Maßstabsregelung,
insbesondere einen gültigen Gebührenmaßstab für Wohngrundstücke.</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">Einschlägig ist insoweit zunächst §4 Abs. 1 GS i.V.m. Nr. 1 GT. Nach §4 Abs. 1
Satz 1 GS ist Bemessungsgrundlage der Gebühren für das Einsammeln und
Beseitigen für Hausmüll einschließlich Sperrmüll der Haushalt und die Zahl der in
einem Haushalt wohnenden Personen. Mit der Bemessung nach der Zahl der in einem
Haushalt wohnenden Personen ist unter Berücksichtigung der Staffelung der
Gebührentarife in Nr. 1.1 GT nach Ein-, Zwei-, Drei- und Vier-Personen-Haushalten
sowie Haushalten mit fünf und mehr Personen gemeint, daß auf eine nach der
jeweiligen Haushaltsgröße durchschnittlich anfallende Abfallmenge abgestellt werden
soll bzw. auf ein bestimmtes Verhältnis, in dem die durchschnittlichen Abfallmengen
der Haushaltungen verschiedener Größe zueinander stehen. Dabei wird ausweislich
der Unterlagen zur Satzung vom 29. Oktober 1985 (BA III zu 9 A 764/88 S. 23 ff) und
der Erläuterung der Gebührenkalkulation zur Satzung vom 24. Juni 1988, die der
Sache nach auch für die Gebührensatzung vom 29. Oktober 1985 gilt und die
Erläuterungen zur jener Satzung ergänzt, von einer Degression der je nach
Haushaltsgröße anfallenden Abfallmenge/Haushalt ausgegangen; das
Abfallaufkommen pro Woche wurde entsprechend bestimmten Erfahrungen beim
Abfallanfall und einer darauf aufbauenden Prognose zur Bewertung des Maßes der
Inanspruchnahme für einen Ein-Personen-Haushalt mit 35 l, einen Zwei-Personen-
Haushalt mit 60 l, einen Drei-Personen-Haushalt mit 90, einen Vier-Personen-Haushalt
mit 115 l und für einen Fünf- und Mehr-Personen-Haushalt mit 140 l angesetzt (BA I zu
9 A 380/89 Bl. 13). Neben den dargestellten Bemessungskriterien wird gemäß Nr. 1
GT zusätzlich auf die Zahl der wöchentlichen Leerungen der Abfallbehälter
abgestellt.</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">Die hiernach vorliegende Maßstabsregelung steht mit höherrangigem Recht in
Einklang.</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">Nach §6 Abs. 3 KAG ist die Benutzungsgebühr nach der Inanspruchnahme der
öffentlichen Einrichtung (Abfallbeseitigung) zu bemessen (Satz 1). Wenn das
besonders schwierig oder wirtschaftlich nicht vertretbar ist, kann ein
Wahrscheinlichkeitsmaßstab gewählt werden, der nicht in einem offensichtlichen
Mißverhältnis zu der Inanspruchnahme stehen darf (Satz 2). Da es besonders
schwierig ist, die tatsächliche Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung
Abfallbeseitigung genau (nach Menge, Beschaffenheit, Gewicht usw.) zu bestimmen,
dürfen Gebühren für die Inanspruchnahme der Abfallbeseitigung nach einhelliger
Auffassung nach einem Wahrscheinlichkeitsmaßstab bemessen werden.</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks"> Vgl. OVG NW, Urteile vom 5. Juli 1982, Gemht 1983 S. 214 = StGR 1983 S.
182, und vom 22. Februar 1990 - 2 A 2305/87 -; Bayrischer VGH, Urteil vom 6. Juni
1984, BayVBl 1985 S. 17; OVG Lüneburg, Urteil vom 4. Oktober 1984, NVwZ 1985
S. 441; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6. März 1986, VBlBW 1987 S.
146.</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">Zudem wären die Feststellungen, die bei einer wirklichkeitsgerechten
Gebührenbemessung nach den genannten Faktoren erforderlich sind, mit einem
unverhältnismäßig hohem und wirtschaftlich nicht mehr vertretbarem Aufwand durch
Messungen des Abfallvolumens, durch Wiegen des Abfalls und Ermittlungen seiner
Zusammensetzung verbunden.</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">Ist somit die Wahl eines Wahrscheinlichkeitsmaßstabes für
Abfallbeseitigungsgebühren zulässig, ist der Satzungsgeber bei der Auswahl der in
Betracht kommenden Maßstäbe mit der Einschränkung frei, daß der Maßstab nicht in
einem offensichtlichen Mißverhältnis zur Inanspruchnahme stehen darf. In dieser
Hinsicht hat der Ortsgesetzgeber lediglich zu prüfen, ob der von der
Maßstabsregelung vorausgesetzte Zusammenhang zwischen Gebührenbemessung
und Art und Umfang der Inanspruchnahme denkbar und nicht offensichtlich unmöglich
ist.</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks"> Vgl. die zitierten Urteile des OVG NW vom 5. Juli 1982 und 22. Februar
1990.</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">Dementsprechend kommt es nicht darauf an, daß der Satzungsgeber den im
einzelnen zweckmäßigsten, vernünftigsten, gerechtesten oder wahrscheinlichsten
Maßstab gefunden hat, sondern findet die ihm eingeräumte (weite) Gestaltungsfreiheit
unter Berücksichtigung von Art. 3 Abs. 1 GG und verfassungskonformer Auslegung
von §6 Abs. 3 KAG erst dort ihre Grenze, wo die gleiche oder ungleiche Behandlung
der von ihm geregelten Sachverhalte nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken
orientierten Betrachtungsweise zu vereinbaren ist, weil ein einleuchtender, sachlich
vertretbarer Grund für Gleich- oder Ungleichbehandlung fehlt.</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks"> Vgl. zu diesen Freiheiten und Grenzen des Satzungsgebers z.B.
Bundesverwaltungsgericht, Urteile vom 8. November 1968, BVerwGE 31 S. 33 (34)
und vom 23. Mai 1973, BVerwGE 42 S. 210 (216), und Beschluß vom 19. März
1981, KStZ 1981 S. 110.</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">Hiernach ist die Gebührenbemessung nach der Zahl wöchentlicher Leerungen,
aber auch im übrigen rechtmäßig. Der einzelne Haushalt ist eine typische
wirtschaftliche Einheit, die häuslichen Abfall erzeugt und danach einen geeigneten
Ansatz für die Gebührenbemessung bietet.</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks"> Vgl. OVG Lüneburg, Urteile vom 4. Oktober 1984, a.a.O.</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">Durch die Berücksichtigung der Zahl der zum Haushalt gehörenden Personen und
der je nach Haushaltsgröße durchschnittlich (relativ) anfallenden Abfallmenge wird in
zulässiger Weise der Wahrscheinlichkeit Rechnung getragen, daß mit zunehmender
Zahl der zu einem Haushalt gehörenden Personen auch die Abfallmenge steigt, die
Steigerung indessen nicht notwendig gleichmäßig linear nach einer feststehenden
Abfallmenge pro Person verlaufen muß. Zwar gibt es Untersuchungen, nach denen die
Abfallmenge bis zu mehreren (z.B. 5) Personen im Durchschnitt in etwa gleich bleibt
und erst bei einer größeren Zahl von Personen (z.B. 6-30) (linear) zunimmt.</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks"> Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22. März 1979, KStZ 1979 S. 155;
OVG NW, zitierte Urteile vom 5. Juli 1982 und 22. Februar 1990.</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">Andererseits kommt diesen Untersuchungen entsprechend den Bedingungen bei
den durchgeführten Erhebungen keine Allgemeinverbindlichkeit zu und ist es deshalb
unter Wahrscheinlichkeitsgesichtspunkten auch zulässig, von einer pro
Person/Grundstück gleichmäßigen Zunahme der Abfallmenge,</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks"> vgl. auch hierzu die zitierten Urteile OVG NW vom 5. Juli 1982 und 22. Februar
1990, ferner Bayrische VGH, Urteil vom 6. Juni 1984, a.a.O., und Peine, Die
Finanzierung der Entsorgung häuslicher Abfälle (in: das Neue Abfallwirtschaftsrecht
- Umweltrechtstage 1989 - S. 75, 90 ff),</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">oder - wie hier - entsprechend anderen Prognosewerten bei Haushalten mit ein bis
fünf Personen von einer geringfügig degressiven Steigerung der Abfallmenge pro
Person/Haushalt auszugehen. Die vorliegenden Mengenansätze und die Degression,
wonach für die erste Person ein Abfallvolumen von 35 l, die zweite und dritte Person
jeweils ein solches von 30 l und die vierte und fünfte Person jeweils ein Abfallvolumen
von 25 l zugrundegelegt wird, halten sich als Werte zur Erfassung des
wahrscheinlichen Maßes der je nach Haushaltsgröße unterschiedlichen
Inanspruchnahme im Rahmen der dem Satzungsgeber zustehenden Beurteilungs- und
Prognosespielräume. Die Ansätze bedürfen nicht etwa einer Rechtfertigung durch
wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse, da es bei der Anwendung von
Wahrscheinlichkeitsmaßstäben gerade nicht um eine wirklichkeitsgerechte
Bemessung, sondern eben nur um einen Maßstab geht, der nicht in einem
"offensichtlichen" Mißverhältnis zu der Inanspruchnahme stehen darf.
Dementsprechend gehen auch Einwände fehl, der Satzungsgeber sei für 1988 oder
spätere Zeiträume von anderen Ansätzen beim durchschnittlichen Abfallanfall
ausgegangen. Im übrigen findet die dem Maß der Inanspruchnahme der
Abfallentsorgung zugrundegelegte Degression dem Ansatz nach eine Bestätigung
durch eine von der ... im September 1987 in ... beispielhaft durchgeführte
Untersuchung, deren graphisch dargestelltes Ergebnis sich bei den Unterlagen der für
1988 maßgeblichen Gebührensatzung befindet (Beiakte IV zu 9 A 2487/89, Anlage 3
S. 3 und 13). Danach betrug die durchschnittliche wöchentliche Abfallmenge bei
Haushalten mit einer Person 41,2 l, Haushalten mit 2 Personen 78 l, Haushalten mit 3
Personen 103,8 l, Haushalten mit 4 Personen 115,1 l, Haushalten mit 5 Personen
120,1 l und Haushalten mit 6 Personen 137,9 1. Daß sich diese Untersuchung
hinsichtlich der Höhe der Abfallmenge nicht mit den Ansätzen für die
Gebührenbemessung der Jahre 1986 und 1987 deckt, ist im Hinblick auf die
dargelegten Wahrscheinlichkeitsgrundsätze, des §6 Abs. 3 Satz 2 KAG, wonach es
maßgeblich nicht auf die Mengenwerte als solche, sondern das Verhältnis der
Inanspruchnahme der Abfallentsorgung durch Haushalte unterschiedlicher Größe
ankommt, und zusätzlich deshalb unbeachtlich, weil sich die nach §8 Abs. 3 AS für
Haushalte zur Verfügung zu stellende Regelausstattung mit Abfallbehältern - auf die
noch einzugehen ist - dem Volumen nach im wesentlichen mit den im Versuch
festgestellten Abfallmengen deckt.</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">Rechtmäßig ist ferner, einen einheitlichen Gebührentarif für Haushalte mit fünf und
mehr Personen zu bilden und damit bei der Gebührenbemessung Abfallsteigerungen
für die sechste zum Haushalt gehörende Person und weitere Personen zu
vernachlässigen. Gegen diese Maßstabsvereinfachung bestehen keine Bedenken, weil
nach den vom Satzungsgeber in Bezug genommenen Erfahrungswerten die
Abfallmenge bei Großhaushaltungen mit mehr als fünf Personen nur noch
verhältnismäßig geringfügig ansteigt. Ungeachtet dessen bedurfte es einer weiteren
Differenzierung der Gebührenbemessung nach der Zahl der zum Haushalt gehörenden
Personen auch deshalb nicht, weil die Zahl der Haushaltungen mit mehr als fünf
Personen im Verhältnis zur Gesamtzahl der gebührenpflichtigen Haushalte nach den
Feststellungen des Kreises in den Erläuterungen zur Gebührenkalkulation bzw. der ...-
Vorlage zur Neuordnung des Gebührenwesens vom 16. Oktober 1985 (Beiakte Heft
III zu 9 A 764/88 S. 26) unter 10 v.H. liegt. Nach dem Grundsatz der sogenannten
Typengerechtigkeit dürfen bei der Gebührenbemessung vom geregelten Fall
abweichende Fälle vernachlässigt werden, sofern deren Zahl den genannten
Vomhundertsatz nicht übersteigt.</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks"> Vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 16. September 1981 KStZ 1982 S.
69; ferner VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 4. März 1986, VBlBW 1987 S. 146,
wonach entsprechend den für jenen Fall maßgeblichen Verhältnissen ein
einheitlicher Gebührensatz schon für Haushalte mit vier oder mehr Personen
gerechtfertigt war.</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">Der Rechtmäßigkeit der nach §4 Abs. 1 Satz 1 GS für Wohngrundstücke
geltenden Maßstabsregelung steht nicht entgegen, daß ein sogenannter
Gefäßmaßstab, d.h. eine Gebührenbemessung nach der Zahl und dem
Fassungsvermögen der geleerten Abfallbehältnisse, möglicherweise besser geeignet
sein könnte, das Maß der Inanspruchnahme der Abfallbeseitigung zu erfassen. Ein
solcher Maßstab ist zulässig,</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks"> vgl. das zitierte Urteil des OVG NW vom 22. Februar 1990;</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">aus den schon dargelegten Gründen ist der Satzungsgeber indessen nicht
verpflichtet, eher einen solchen als den hier für Wohngrundstücke maßgeblichen
kombinierten Haushalts- und Personenmaßstab zu wählen. Zudem hat der
Gefäßmaßstab seinerseits Schwächen, da die Bemessung der Gebühren nach
aufgestellten Abfallgefäßen bestimmter Größe zu Ungerechtigkeiten führen kann,
wenn im Sinne einer rationellen und damit kostengünstigen Abfallbeseitigung eine
möglichst weitgehende Vereinheitlichung der den Haushaltungen bzw. Grundstücken
zur Verfügung stehenden Abfallbehälter erfolgt und es dann nicht möglich ist,
Veränderungen der Abfallmenge bei sich ändernder Zahl der auf einem Grundstück
oder in einem Haushalt lebenden Personen genauer zu berücksichtigen.</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks"> Vgl. dazu das vorzitierte Urteil des OVG NW vom 22. Februar 1990, das einen
Fall betraf, in dem 120 l-Abfallgefäße als kleinste Gefäße zur Verfügung gestellt und
Gebühren nach dem Gefäßmaßstab erhoben wurden.</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">Dieser Schwäche des Gefäßmaßstabes wird unter Berücksichtigung des
Volumens der von der ... auszugebenden kleinsten Abfallbehälter gerade auch hier
begegnet. Zwar werden im Kreisgebiet für das Einsammeln und Befördern von
Abfällen nach §8 Abs. 1 a der Abfallbeseitigungssatzung auch 50-Liter-Abfallbehälter
zugelassen, weil solche Abfallgefäße bis zur Neuordnung des Abfallbeseitigungsrechts
mit dem 1. Januar 1986 verwandt wurden. Soweit indessen die
Grundstückseigentümer von dem nach §8 Abs. 3 AS bestehenden Anspruch einer
leihweisen Überlassung von Abfallbehältern für Hausmüll Gebrauch machen, werden
nach Darstellung des Beklagten von der ... als kleinste Gefäße nur 120-Liter-
Abfallbehälter ausgegeben. Gegen eine solche Handhabung ist im Rahmen des
Organisationsermessens des Kreises bei der Gestaltung der Abfallbeseitigung nichts
einzuwenden, zumal bei der Ausgabe verhältnismäßig kleiner Abfallbehälter die Gefahr
besteht, daß der Inhalt von den Benutzern aus falscher Sparsamkeit zu hoch
verdichtet wird oder der Betreffende sich seines Abfalls auf nicht erwünschte Weise
entledigt.</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">Hiernach ist auch nicht zu beanstanden, daß Haushaltungen, deren Mitglieder
durch besonders umweltbewußtes Verhalten Abfall vermeiden und deshalb die vom
Kreis bei der Kalkulation zugrundegelegte durchschnittliche Abfallmenge nicht
erreichen, keine Gebührenabschläge wegen Unterschreitens der durchschnittlichen
Abfallmenge eingeräumt werden. Der diesbezügliche Einwand, es werde weniger
Abfall zur Entsorgung gegeben als in dem vom Satzungsgeber angenommenen
Durchschnittsfall, zielt seinem Gehalt nach darauf, es müsse berücksichtigt werden,
daß im konkreten Fall weniger Kosten für die Abfallbeseitigung verursacht würden als
vom Satzungsgeber kalkuliert. Eine solche Betrachtung ist indessen schon vom Ansatz
her verfehlt, weil es für die Maßstabsgerechtigkeit nicht auf das Maß der
Kostenverursachung, sondern das Maß der Inanspruchnahme der gebührenpflichtigen
Einrichtung ankommt. Danach ist es grundsätzlich unerheblich, welche
Abfallbeseitigungskosten der einzelne Haushalt tatsächlich verursacht, nachdem der
Satzungsgeber entsprechend den Grundsätzen des §6 Abs. 3 Satz 2 KAG
zulässigerweise davon ausgehen durfte, daß die Inanspruchnahme der
Abfallbeseitigung durch Haushaltungen verschiedener Größe entsprechend den von
ihm angenommenen Bemessungsgrößen wahrscheinlich ist.</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks"> Vgl. OVG NW, Urteil vom 29. Januar 1979 - II A 371/77, Gemhlt. 1979 S.
1986.</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">Auch der weitere Einwand, es gebe im Kreisgebiet mehr als 10 v.H. an
Haushaltungen, die die der Maßstabsregelung zugrundeliegenden durchschnittlichen
Abfallmengen unterschritten, das müsse nach Grundsätzen der Typengerechtigkeit
berücksichtigt werden, verkennt, daß es nach den geltenden Bemessungsgrundsätzen
nicht auf konkret anfallende Abfallmengen, sondern auf die Wahrscheinlichkeit
ankommt, daß mit zunehmender Personenzahl der Anfall von Abfall im Haushalt in
einem bestimmten Verhältnis ansteigt. Diese Betrachtung geht vom Durchschnittsfall
aus, an dem sich der Satzungsgeber bzw. hier die ... auch bei der Organisation der
Abfallbeseitigung orientieren muß, wenn die erforderlichen personellen und sächlichen
Kapazitäten zur Bewältigung der Abfallbeseitigung festgelegt werden. Dabei muß
notwendigerweise in Kauf genommen werden, daß auch mehr als 10 v.H. der Fälle
nach unten oder oben abweichen könnten. Inwieweit sich der einzelne Haushalt einer
bestimmten Personenzahl umweltbewußt verhält oder nicht und viel oder wenig Abfall
zur Entsorgung stellt, liegt nämlich weitgehend außerhalb der Einflußmöglichkeit des
Entsorgungsträgers; er muß sich am Durchschnittswert orientieren, der
definitionsgemäß einen Mittelwert darstellt. Diese Betrachtung darf auch für die
Maßstabsbildung übernommen werden, solange - wofür hier keine Anhaltspunkte
bestehen - der Mittelwert nicht durch Einbeziehung von Extremwerten über die Grenze
der Unverhältnismäßigkeit hinaus verfälscht wird. Die Berücksichtigung des
unterschiedlichen Abfallanfalls innerhalb der Gruppe der Haushaltungen einer
bestimmten Personenzahl liefe auf eine weitere Verfeinerung des Personenmaßstabes
hinaus, die aus Gründen der Maßstabsgerechtigkeit nicht geboten ist.</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">Ungeachtet dieser Überlegungen ist im übrigen weder hinreichend dargetan noch
sonst ersichtlich, daß in einer der nach dem Gebührentarif zu unterscheidenden
Haushaltsgruppen bei mehr als 10 v.H. der Haushaltungen der Abfallanfall in rechtlich
erheblicher Weise unterhalb des vom Satzungsgeber angenommenen (Verhältnis-
)Wertes liegen könnte. Das gilt zumal deshalb, weil es nicht nur auf eine Ermittlung der
Abfallmenge ankommt, die über die auf den Grundstücken aufgestellten Abfallgefäße
entsorgt wird, sondern auch auf die Abfallmenge, die an die anderen
Entsorgungseinrichtungen des Kreises, die in Nr. 1.4 GI aufgezählt sind, abgegeben
werden.</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">Die Grundsätze der Gebührenbemessung nach dem Maß der Inanspruchnahme
der Abfallentsorgungseinrichtung des Kreises sind ferner nicht deshalb verletzt, weil
die der Gebührenbemessung zugrundegelegten durchschnittlichen Abfallmengen der
Haushaltungen verschiedener Größe sich nicht genau mit dem Abfallbehältervolumen
decken können, das auf Wohngrundstücken als Regelausstattung nach §8 Abs. 3 AS
zur Verfügung gestellt wird. Durch das der Regelausstattung zugrundegelegte
Abfallvolumen (für eine Person 50 l, zwei Personen 80 l, drei Personen 105 l, vier
Personen 120 l und jeweils 10 l für jede weitere Person) wird entsprechend den
Ansätzen für die durchschnittliche Abfallmenge bei der Gebührenbemessung eine
degressive Staffelung des bereitgestellten Abfallvolumens vorgenommen, wobei
allerdings auf ein nach Personenzahl berechnetes Gesamtbehältervolumen sowie
bestimmte Zuschläge beim vorzuhaltenden Gefäßvolumen gemacht worden sind, um
gewissen Schwankungen bei der wöchentlich tatsächlich anfallenden Abfallmenge zu
berücksichtigen. Diese Handhabung ist sachgerecht und deckt sich im Sinne der
Leistungsproportionalität im wesentlichen mit dem nach der Satzung geltenden
Maßstabssystem; sie ist deshalb unbedenklich. Gewisse Ungenauigkeiten, die sich
dadurch ergeben, daß nach §8 Abs. 1 a AS nur Abfallbehälter bestimmter Volumia
zugelassen, die zugelassenen Größen indessen nicht auf alle denkbaren Fälle des
nach der Regelausstattung durchschnittlichen Abfallvolumens auf einem Grundstück
zugeschnitten sind, sind im Rahmen der dem Satzungsgeber zustehenden
Bemessungsspielräume hinzunehmen, da die Beschränkung der zur Entsorgung
zugelassenen Abfallbehälter auf bestimmte Abfallvolumina im Interesse einer möglichst
rationellen und kostengünstigen Abfallentsorgung sachlich gerechtfertigt ist;
entsprechendes gilt für die Regelung des §8 Abs. 3 AS, wonach nicht für jeden
Haushalt jeweils ein gesonderter Abfallbehälter entsprechend dem durchschnittlichen
Haushaltsabfall bereitgestellt wird, sondern die Regelausstattung bezogen auf ein
Gesamtbehältervolumen für das Grundstück berechnet wird und sich - entsprechend
§8 Abs. 4 AS - danach die Ausstattung mit Abfallbehältern richtet.</p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">Hiernach scheidet eine dem Maß der Inanspruchnahme der Abfallentsorgung des
Kreises entsprechende Gebührenstaffelung insbesondere nicht deshalb aus, weil von
der ... als kleinste Abfallgefäße nur 120-Literbehälter ausgegeben werden und danach
in Fällen, in denen sich auf einem Grundstück nur jeweils ein Haushalt befindet, für
Haushalte mit weniger als vier Personen ohne Gebührenaufschlag größeres
Abfallbehältervolumen pro Person zur Verfügung gestellt wird als für Vier-Personen-
Haushalte bzw. bei Haushalten mit weniger als vier Personen jeweils für eine
geringere Gebühr gleiches Abfallbehältervolumen wie für Vier-Personen-Haushalte
bereitsteht. Solchen "Ungerechtigkeiten" könnte letztlich nur durch einen
Gefäßmaßstab oder eine Verfeinerung des vorliegenden Maßstabes durch weitere
Bemessungskriterien, die sich am Gefäßmaßstab orientieren, begegnet werden. Auch
das ist indessen nicht geboten. Der Satzungsgeber hat sich aus sachlichen Gründen
für einen mengenbezogenen Haushalts- und Personentarif als geeigneten
Wahrscheinlichkeitsmaßstab entschieden und durfte damit auch die mit einem solchen
Maßstab für eine möglichst gerechte Gebührenbemessung verbundenen Nachteile in
Kauf nehmen. Diese Nachteile sind im Sinne der schon zitierten höchstrichterlichen und
obergerichtlichen Rechtsprechung nicht so gewichtig, daß sie nicht aus Gründen der
Verwaltungsvereinfachung und Praktikabilität der Gebührenerhebung vernachlässigt
werden könnten. Zwar ist nicht auszuschließen, daß ein Haushalt, dem ein größeres
Abfallgefäß zur Verfügung gestellt wird, als er nach der prognostizierten
durchschnittliche Abfallmenge benötigt, das zur Verfügung gestellte Behältervolumen
auch ausnutzt und damit die Abfallbeseitigung im größeren Umfang in Anspruch nimmt,
als ein Haushalt, dessen Behältervolumen der für ihn einschlägigen
Durchschnittsmenge entspricht. Andererseits wird die zur Entsorgung anfallende
Abfallmenge eines Haushaltes nicht ausschließlich durch das zur Verfügung gestellte
Abfallbehältervolumen bestimmt, sondern ist sie mit mindest gleichgroßer
Wahrscheinlichkeit von anderen Faktoren, insbesondere den Lebensgewohnheiten der
zum Haushalt gehörenden Personen abhängig. Diese Faktoren werden aber besser
durch eine vom Behältervolumen unabhängige Prognose der durchschnittlich
anfallenden (relativen) Abfallmenge erfaßt, wonach der Satzungsgeber zur
Rechtfertigung einer vereinfachenden Bemessungsregelung hier davon ausgegehen
durfte, daß die Inanspruchnahme der Abfallbeseitigung sich trotz Bereitstellung eines
Abfallgefäßes mit größerem Volumen als nach der durchschnittlichen Abfallmenge
erforderlich im Regelfall im durchschnittlichen Rahmen halten würde.</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">Entsprechende Überlegungen gelten, soweit es nach der Änderung der
Organisation der Abfallbeseitigung im Gebiet des ...-Kreises und der Abschaffung von
auf den Abfallbehältern anzubringenden Müllmarken möglich ist, unkontrolliert ohne
besondere Berechnung mehr Abfallgefäße zur Leerung aufzustellen, als einem
Haushalt nach §8 Abs. 3 AS als Regelausstattung zustehen. Der Satzungsgeber
konnte bei der Gebührenbemessung von einem den Bestimmungen des Benutzungs-
und Gebührenrechts entsprechenden rechtmäßigen Verhalten der Benutzer der
Abfallbeseitigung des Kreises ausgehen und somit auch davon, daß bei Bedarf einer
Ausstattung mit Abfallbehältern, der über die Regelaussattung hinausging, gemäß §8
Abs. 3 Satz 3 AS zusätzliche Behälter gegen Zusatzgebühren nach §4 Abs. 1 Satz 7
GS i.V.m. 1.2 des GT beantragt wurden.</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">Der nach §4 Abs. 1 Satz 1 GS für Wohngrundstücke geltende Maßstab verstößt
schließlich nicht deshalb gegen §6 Abs. 3 Satz 2 KAG und Art. 3 Abs. 1 GG, weil
gemäß §4 Abs. 2 GS die Abfallbeseitigungsgebühren für gewerbliche und diesen nach
der Satzung gleichgestellten Grundstücke grundsätzlich nach dem tatsächlich
aufgestellten und geleerten Abfallbehältern, d.h. einem Gefäßmaßstab, bemessen
werden. Die Anwendung unterschiedlicher Wahrscheinlichkeitsmaßstäbe für
verschiedene Fallgruppen ist zulässig, wenn der vorgesehene Maßstab für eine der
Fallgruppen ungeeignet ist. Letzteres trifft hinsichtlich der Anwendung des
vorliegenden Haushalts- und Personentarifs auf gewerblich genutzte Grundstücke zu,
weil für den Abfallanfall bei Gewerbegrundstücken nicht die für Wohnhaushalte bei der
Abfallerzeugung typischen Wahrscheinlichkeitszusammenhänge gelten.</p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks"> OVG Rheinland Pfalz, Urteil vom 14. Juni 1983, NVwZ 1985 S. 440; Bayrischer
VGH, Urteil vom 6. Juni 1984, a.a.O.</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks">Danach ist es zulässig, für die Gewerbegrundstücke im Kreisgebiet einen anderen
Wahrscheinlichkeitsmaßstab anzuwenden als den nach §4 Abs. 1 GS. Das gilt auch
dann, wenn eine entsprechende Anwendung eines Haushalts- und Personentarifs auf
Gewerbebetriebe in der Weise möglich wäre, daß durch sogenannte Einwohner- bzw.
Haushaltsgleichwerte Maßeinheiten geschaffen würden, die der Personen- bzw.
Haushaltseinheit vergleichbar wären. Der Einwohnergleichwert gibt das
wahrscheinliche Verhältnis wieder, das in der Regel zwischen dem häuslichen Abfall je
Person und gewerblichen Abfall bestimmter Art besteht; eine entsprechende
Beziehung könnte zwischen dem häuslichen Abfall je Haushalt und dem gewerblichen
Abfall bestimmter Art hergestellt werden. Einer solchen Abstimmung des für
Wohngrundstücke und für gewerblich genutzte Grundstücke jeweils anzuwendenden
Maßstabes bedarf es aber nicht. Die Festlegung von Einwohner- bzw.
Haushaltsgleichwerten stößt auf erhebliche Schwierigkeiten, weil der Abfall eines
Gewerbebetriebes - anders als der eines Haushaltes - nicht nur von der Größe,
sondern ganz wesentlich auch von der Art des Gewerbebetriebes bestimmt wird. Die
danach mit der Festlegung von solchen Gleichwerten verbundenen Schwierigkeiten
geben einen sachlichen Grund ab, von einer solchen Bemessungsregelung
abzusehen.</p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks"> Vgl. das zitierte Urteil des OVG Rheinland Pfalz vom 14. Juni 1983 a.a.O.</p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks">Die für Wohngrundstücke geltende Maßstabsregelung ist endlich nicht deshalb
(partiell) zu beanstanden, weil der Maßstab ungeeignet wäre, die Inanspruchnahme
der Abfallbeseitigungs- bzw. Abfallentsorgungseinrichtung des Kreises insoweit
sachgerecht nach §6 Abs. 3 Satz 2 KAG zu erfassen, als es um die Sperrmüllabfuhr,
die Papierabfuhr und getrennte Annahme von Problemabfällen (Sondermüll) aus
Haushaltungen sowie die Annahme, Abfuhr und Behandlung von Altstoffen, welche
einer Wiederverwertung zugeführt werden sollten, geht. Diese Leistungen sind
entsprechend Nr. 1.4 GT in den nach §4 Abs. 1 Satz 1 GS abzurechnenden Gebühren
enthalten.</p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">Gemäß §1 Abs. 2, §3 Abs. 2 AbfG 1977/1986 und §5 Abs. 1 LAbfG 1973 ist die
den Gemeinden und Kreisen übertragene Abfallbeseitigung bzw. Abfallentsorgung als
einheitlicher Aufgabenbereich konzipiert. Danach dürfen die Gemeinden und Kreise die
Abfallbeseitigung bzw. Abfallentsorgung als einheitliche Einrichtung im Sinne von §18
Gemeindeordnung (GO) und §4 Abs. 2, §6 KAG betreiben, und zwar auch insoweit,
als die Abfallbeseitigung bzw. Abfallentsorgung gleichermaßen das Einsammeln,
Befördern, Behandeln, Lagern und Ablagern von Abfällen (§1 Abs. 2 AbfG 1977) wie
auch das (getrennte) Einsammeln, Befördern und Sortieren von Abfällen zum Zwecke
einer Wiederverwertung verwertbarer Stoffe umfaßt. Die letztgenannte
Entsorgungsform (soweit sie hier von Interesse ist) gehörte - wie noch im Rahmen der
Überprüfung der Kostenpositionen der Gebührenkalkulation darzulegen ist - schon zur
Abfallbeseitigung im Sinne von §1 Abs. 2 AbfG 1977 und wird nach §1 Abs. 2 AbfG
1986, wonach die Abfallentsorgung das Ablagern wie auch die Verwertung von Abfall,
einschließlich des Gewinnens wiederverwertbarer Stoffe, umfaßt, ausdrücklich in die
einheitliche Entsorgungsaufgabe der zuständigen Körperschaften einbezogen.
Dementsprechend bedarf es hinsichtlich der Teileinrichtugen für die Entsorgung von
Problemabfällen, Sperrmüll und wiederverwertbaren Stoffen keines speziellen, von der
Maßstabsregelung für die Abfallentsorgung im übrigen abweichenden Maßstabes,
soweit jene Maßstabsregelung auch geeignet ist, die Inanspruchnahme der
Abfallentsorgung im Sinne der Nr. 1.4 GT sachgerecht nach §6 Abs. 3 Satz 2 KAG zu
erfassen. Letzteres trifft für den Gebührenmaßstab nach §4 Abs. 1 Satz 1 GS zu, da
nach Wahrscheinlichkeitsgrundsätzen die Annahme zulässig ist, daß der jeweiligen
durchschnittlichen Abfallmenge pro Haushalt ein im Verhältnis zu dieser Menge
gleichbleibender Anteil an anfallendem Sperrmüll, zu beseitigendem Sondermüll und zu
entsorgenden Altstoffen entspricht. Demgegenüber ist für die Maßstabsgestaltung
unbeachtlich, in welchem Verhältnis der Kostenaufwand für die in Nr. 1.4 GT
beschriebene Entsorgung zum Aufwand für die Abfallbeseitigung im übrigen steht, da
es für den Gebührenmaßstab, wie dargelegt, auf das Maß der Kostenverursachung
nicht ankommt.</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks"> Vgl. hierzu im einzelnen das schon zitierte Urteil des OVG NW vom 29. Januar
1979, a.a.O.</p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">Ebensowenig ist für die Gebührenbemessung von Bedeutung, daß es im Rahmen
der Abfallentsorgung zum Zweck der Abfallverwertung, insbesondere der Sammlung
und Verwertung von Altstoffen, 1986 und 1987 im Kreisgebiet keine nach Art und
Umfang der Entsorgung einheitliche Handhabung gegeben hat. Nach den vorliegenden
Unterlagen (vgl. die Karte Bl. 1 in BA II zu 9 A 765/88) führte der Kreis, bzw. für ihn
die ..., einen Großversuch zur getrennten Erfassung und Verwertung von Altstoffen in
der Weise durch, daß das Kreisgebiet in vier Versuchsgebiete aufgeteilt wurde. Im
Versuchsgebiet I wurde eine Altstofftonne für Papier, Pappe, Glas, Altmetalle
aufgestellt, die 14-tägig geleert wurde, und fand alle 2 Monate eine sogenannte
Bioabfuhr statt; im Versuchsgebiet II wurde die im Gebiet I maßgebliche Entsorgung in
der Weise modifiziert, daß die Altstofftonne nur für Papier und Pappe aufgestellt
wurde und getrennt davon zentral sogenannte Alt glasiglus aufgestellt wurden. Im
Versuchsgebiet III wurden keine Altstofftonnen auf den Grundstücken, sondern nur
zentral in den Abfuhrgebieten Altstoffcontainer für Papier, Pappe, Glas und Altmetalle
aufgestellt und neben der Bioabfuhr alle 2 Monate eine Haussammlung von Altpapier
durchgeführt. Im Versuchsgebiet IV fand monatlich eine Haussammlung für Papier und
Pappe, alle 2 Monate Bioabfuhr statt und wurden in den Abfuhrgebieten Altglasiglus
aufgestellt. Die in den vier Versuchsgebieten jeweils erfolgende Entsorgung der
Grundstücke von verwertbaren Altstoffen weist hiernach zwar deutliche Unterschiede
auf, führt indessen im Ergebnis zur selben gebührenpflichtigen Leistung. Denn
unabhängig davon, ob und in welcher Weise den Grundstücken in den
Versuchsgebieten jeweils Möglichkeiten zur getrennten Erfassung und Entsorgung von
verwertbaren Altstoffen geboten wurden, stand ihnen ergänzend das nach der
Durchschnittsabfallmenge einschließlich verwertbarer Altstoffe berechnete
Regelabfallbehältervolumen sowie die Sperrmüllabfuhr zur Verfügung. Dadurch war
sichergestellt, daß der insgesamt auf den Grundstücken anfallende Abfall auch dann
gegen Gebühren gleicher Höhe abgenommen wurde, wenn die verwertbaren Altstoffe
im einzelnen Versuchsgebiet nicht umfassend getrennt erfaßt und gesammelt wurden.
Gewisse Ungerechtigkeiten, die sich dadurch ergaben, daß nach dem Aufstellen von
Altstofftonnen in den Versuchsgebieten I und II neben der Regelbehälterausstattung in
diesen Gebieten bei gleich hohen Gebühren im Ergebnis mehr Behältervolumen zur
Verfügung stand als in den anderen beiden Gebieten, waren schon im Interesse der
Erkenntnisse, die über verschiedene Methoden der Erfassung und Verwertung von
Altstoffen und die dabei entstehenden Kosten durch den Großversuch gewonnen
werden sollten, als sachgerecht hinzunehmen.</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">Die Maßstabsregelung des §4 Abs. 1 Satz 1 GS wird durch die Vorschriften des
§4 Abs. 1 Sätze 2-6 GS, in denen der Haushaltsbegriff definiert wird und geregelt ist,
nach welchen Grundsätzen die Zahl und Größe der Haushalte bestimmt wird, die für
die Gebührenbemessung von Bedeutung sind, ergänzt sowie durch die Bestimmungen
des §3 GS, wonach bestimmte Veränderungen der für die Gebührenbemessung
maßgeblichen Umstände im Verlauf des Kalenderjahres, das entsprechend der
Erhebung der Gebühr als Jahresgebühr (vgl. §6 Abs. 1 GS) der Leistungszeitraum ist,
für den die Gebühr erhoben wird, berücksichtigt werden. Auch diese Vorschriften
stehen, soweit sie für den vorliegenden Fall von Bedeutung sind, mit den Grundsätzen
einer nach Wahrscheinlichkeitsmaßstäben leistungsgerechten Gebührenbemessung in
Einklang, bedürfen vor allem auch keiner weitergehenden Differenzierung.</p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks">Das gilt insbesondere für die Ermittlung der Zahl der zum Haushalt gehörenden
Personen nach dem Stand des Melderegisters am 1. Januar des beginnenden
Gebührenjahres (§4 Abs. 1 Sätze 3 und 5, §3 Abs. 2 Satz 1 GS) sowie die Vorschrift
des §3 Abs. 2 Satz 4 GS, wonach Änderungen der Personenzahl eines Haushaltes im
laufenden Kalenderjahr bei der Gebührenberechnung nicht berücksichtigt werden. Das
Melderegister ist aufgrund der bestehenden gesetzlichen Meldepflichten eine
geeignete Quelle zur zutreffenden Ermittlung der Zahl der auf einem Grundstück
wohnenden und zu einem Haushalt gehörden Personen und erspart besondere und
kostenaufwendige Ermittlungen der gebührenerhebenden Behörde zur Personenzahl;
letzteres rechtfertigt es, verbleibende Unsicherheiten bei der Feststellung der
maßgeblichen Personenzahl nach dem Melderegister in Kauf zu nehmen. Bei
Jahresbeginn etwa bestehende Fehler des Registers, die zu überhöhten
Gebührenbeträgen führen, können durch Gebührenermäßigungen aus Gründen
sachlicher Unbilligkeit ausgeglichen werden. Die Festschreibung der Haushaltsgröße
auf den Personenbestand bei Jahresbeginn knüpft in Vereinfachung der Feststellungen
zur maßgeblichen Haushaltsgröße an die Erfahrungstatsache an, daß bestehende
Haushalte hinsichtlich der Zahl ihrer Mitglieder in der Regel keiner ständigen und
kurzfristigen Fluktuation unterliegen und ist im Hinblick darauf aus Gründen der
Verwaltungspraktikabilität zulässig. Die nach dieser Regelung verbleibenden
Belastungen des Gebührenschuldners, insbesondere des für seine Mieter
gebührenpflichtigen Grundstückseigentümers, werden in hinreichendem Maße durch
die übrigen Satzungsvorschriften gemildert. Einerseits bezieht sich die
Stichtagsregelung nur auf identische Haushalte und werden damit
Haushaltsauflösungen ebenso wie Veränderungen der übrigen für die
Gebührenbemessung maßgeblichen Umstände gemäß §3 Abs. 2 Satz 2 GS ab dem
ersten Tage des auf die Veränderung folgenden Kalerdervierteljahres berücksichtigt.
Dadurch werden in Sonderheit unzumutbare Härten für Vermieter vermieden, die im
Verlauf eines Kalenderjahres durch länger andauernde Leerstände von Wohnungen
entstehen könnten. Außerdem besteht zwischen den Gebührensätzen für eine
bestimmte Haushaltsgröße und der nächstkleineren Haushaltsgröße nach Nr. 1.1 GT
jeweils nur eine Differenz von 15,- DM/Jahr und hält sich auch deshalb die durch
Schwankungen der Personenzahl eines Haushalts im Verhältnis zu anderen
Gebührenschuldnern für den betroffenen Schuldner entstehende Mehrbelastung in
vertretbaren Rahmen.</p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks">Daß der Satzungsgeber Veränderungen der Zahl der Haushaltungen, der
Nutzungsart des Grundstückes sowie der Behälterausstattung nach §3 Abs. 2 Satz 2
GS erst zum Beginn des auf die Veränderung folgenden Vierteljahres berücksichtigt
und Wohnungsleerstände von unter 3 Monaten gemäß §3 Abs. 2 Satz 3 GS bei der
Gebührenpflicht vernachlässigt, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Zwar gilt für
Abfallbeseitigungsgebühren wie für alle Benutzungsgebühren, worauf schon
eingegangen worden ist, daß der zu zahlenden Gebühr die abgerechnete Leistung als
erbracht gegenübersteht. Selbst auf der Grundlage des dargelegten
Leistungsverständnisses nach der bisherigen Rechtsprechung, wonach die
Inanspruchnahme der Leistung des Entsorgungsträgers nicht nur die Bereitstellung
eines Abfallbehälters durch den zuständigen Entsorgungsträger bzw. das Angebot der
periodischen Leerung bereitgestellter Abfallbehälter im Leistungszeitraum, sondern
auch die tatsächliche Nutzung des Behälters durch den Gebührenpflichtigen
voraussetzten, ist es indessen nicht erforderlich, die Leistungszeiträume bzw. die für
Veränderungen maßgeblichen Teilabschnitte des Leistungszeitraumes so kurz zu
bemessen, daß jeglicher nur kurzfriste Leistungsausfall berücksichtigt wird.
Leistungsstörungen sind im Rahmen der Gebührenbemessung nur zu berücksichtigen,
wenn sie wesentlich sind.</p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks"> Vgl. z.B. Urteil des Senats vom 2. März 1990 - 9 A 299/88 -.</p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks">Danach ist es jedenfalls bei Abfallbeseitigungsgebühren der nach Nr. 1 GT
maßgeblichen Höhe gerechtfertigt, nur vierteljährlich Veränderungen der für die
Inanspruchnahme der Abfallentsorgung maßgeblichen Umstände zu berücksichtigen.
Das gilt nicht zuletzt auch deswegen, weil allein die Vorhalteleistungen der
Abfallentsorgung ohne Nutzung der zur Verfügung stehenden Abfallbehälter durch den
Gebührenpflichtigen erhebliche Kosten verursachen,</p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks"> vgl. dazu das schon zitierte Urteil des erkennenden Gerichts vom 22. Februar
1990 -,</p>
<span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks">und dies auch - worauf noch einzugehen ist - bei der Kalkulation der
Gebührensätze nach Nr. 1.1 GT berücksichtigt ist.</p>
<span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks">IV.</p>
<span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks">Die anzuwendende Gebührensatzung enthält in Nr. 1.1 GT, was hier nur von
Interesse ist, einen gültigen Gebührentarif für Wohngrundstücke, der den nach §2
Abs. 1 KAG zu stellenden Anforderungen einer satzungsmäßigen Regelung des
Gebührensatzes (1) sowie den Voraussetzungen einer kostengerechten Kalkulation
des Gebührensatzes nach §6 KAG (2) genügt.</p>
<span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks">Der Tarif nach Nr. 1 GT ist, wie im Rahmen der Maßstabserörterung schon
dargestellt worden ist, nach den Haushaltsgrößen gestaffelt. Dabei ist ausweislich der
Unterlagen zu den Satzungen vom 29. Oktober 1985 und 24. Juni 1988 für jeden
Haushalt unabhängig von seiner Größe ein Sockelbetrag von 40,- DM angesetzt und
diesem Betrag je nach Haushaltsgröße ein Mehrbetrag zugeschlagen worden, der vom
durchschnittlichen Abfallanfall der jeweiligen Haushaltsgröße abhängig ist (vgl. BA I zu
9 A 380/89 S. 12-14). Der Sockelbetrag von 40,- DM ist nach den Erläuterungen zur
Satzung vom 24. Juni 1988 und dem ergänzenden Vortrag des Beklagten im
Schriftsatz vom 31. Oktober 1990 in der vorliegenden Sache als Ansatz für
sogenannte mengenunabhängige Kosten der Abfallentsorgung gerechtfertigt und - was
an anderer Stelle noch auszuführen ist - insoweit als auch als fixer Grundbetrag für
Vorhalteleistungen anzuerkennen, die jedem der gebührenpflichtigen Haushalte
unabhängig von seiner Größe erbracht werden.</p>
<span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks">Auf die dargestellte Rechtfertigung des Sockelbetrages ist abzustellen, obwohl
dem Beschluß der Satzung vom ... 29. Oktober 1985, wie der Beklagte im genannten
Schriftsatz vom 31. Oktober 1990 ausgeführt hat, vermutlich andere und wohl auch
angreifbare Überlegungen über die Kalkulation des Grundbetrages zugrunde gelegen
haben. Nach der Rechtsprechung des Senats im Straßenreinigungsrecht sowie zur
Kalkulation von Verwaltungsgebühren nach §5 KAG kommt es bei der richterlichen
Kontrolle des Gebührensatzes ausschließlich darauf an, daß der Gebührensatz im
Ergebnis mit den Bemessungsregelungen des einschlägigen Gesetzes, solange und
soweit das Gesetz keine Verfahrensbestimmungen für die Festlegung der
Gebührensätze enthält, in Einklang steht. Dementsprechend sind, wenn
Verfahrensvorschriften fehlen, Fehler in der zugrundeliegenden Bedarfsberechnung
bzw. Gebührenkalkulation, auch wenn sie sich rechnerisch auf die Höhe des
Gebührensatzes auswirken, unbeachtlich, wenn die materiellen Grenzen der
Bemessung nicht überschritten werden und die Festlegung des Gebührensatzes von
der Willensbildung des Ortsgesetzgebers als gedeckt angesehen werden kann.</p>
<span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks"> Vgl. dazu im einzelnen OVG NW, Urteile vom 12. April 1989 - 9 A 254/87 - und
vom 30. November 1989 - 9 A 2108/87 -; vgl. allgemein auch Herdegen,
Gestaltungsspielräume bei administrativer Normgebung, AöR 1989 S. 607, 636
ff.</p>
<span class="absatzRechts">124</span><p class="absatzLinks">Hiernach kommt es auch für die Benutzungsgebühren nach §6 KAG ausschließlich
auf die Kontrolle an, ob das vom Satzungsgeber (veranschlagte) angesetzte
Gebührenaufkommen die voraussichtlichen Kosten im Ergebnis (im Sinne des Sollens)
nicht überschreitet. Denn mit dem Begriff des "Veranschlagens" in §6 Abs. 1 Satz 3
KAG wird nicht ein bestimmter einzuhaltender Verfahrensvorgang umschrieben,
sondern nur - im Sinne einer materiellen Bemessungsregelung - zum Ausdruck
gebracht, daß der Satzungsgeber das zu erwartende Gebührenaufkommen
entsprechend den beim Satzungserlaß bekannten Umständen der Höhe nach
(gewissenhaft) prognostizieren soll, daß die Prognose des Gebührenaufkommens
indessen im Ergebnis nicht genau sein muß, sondern dem Satzungsgeber insoweit
(materiell) gewisse Schätzungs- und Beurteilungsspielräume eingeräumt sind.</p>
<span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks">Die gegen die zitierte Rechtsprechung des Senats vorgetragenen Bedenken,</p>
<span class="absatzRechts">126</span><p class="absatzLinks"> Vgl. Hinsen, Probleme der Kalkulation kommunaler Benutzungsgebühren in der
Rechtsprechung des OVG NW, KStZ 1990 S. 1 ff, ferner Driehaus/Dahmen, KAG
(Stand: Sept. 1990) §6 RN 64 ff, vgl. andererseits Driehaus/Wiethe-Körperich, KAG
(Stand: Sept. 1990) §6 RN 639,</p>
<span class="absatzRechts">127</span><p class="absatzLinks">zwingen nicht zu einer anderen Betrachtungsweise. Soweit dem Satzungsgeber im
Rahmen des ihm nach §6 KAG zustehenden Normgestaltungsermessens bestimmte
Schätzungs- und Beurteilungsspielräume eingeräumt sind, ist vom Gericht nur zu
prüfen, ob er die objektiv einzuhaltenden Grenzen dieser Spielräume, die nach den
Vorschrifen des §6 KAG zu ermitteln sind, beachtet hat. Das gilt grundsätzlich auch
insoweit, als der Satzungsgeber zwischen unterschiedlichen Bewertungsmethoden
wählen kann und die Gebührenkalkulation jedenfalls nach einer dieser Methoden
gerechtfertigt ist. Danach ist die Frage, ob die Gebührenkalkulation aus anderen
Gründen als den vom Satzungsgeber angestellten Überlegungen gerechtfertigt sein
kann, in erster Linie eine Frage der Sachaufklärung, wobei das Gericht nicht
notwendig von sich aus andere Überlegungen anzustellen hat, sondern es der
beklagten Behörde im Rahmen der ihr obliegenden Mitwirkungspflicht zukommt, die in
der Sphäre der Gemeinde bzw. des Kreises liegenden kalkulationserheblichen
Umstände darzustellen. Ob hiernach bei einer anderen Rechtfertigung der
Gebührenkalkulation, als sie den Satzungsunterlagen zu entnehmen ist, der
Gebührensatz nach fehlerhaften Kalkulationsüberlegungen des Satzungsgebers
gleichwohl wegen eines sonst unzulässigen Eingriffs in das Normsetzungs- und
Normgestaltungsermessens des Ortsgesetzgebers und einer sonst in Betracht
kommenden Verletzung des Demokratiegebotes als ungültig anzusehen ist, ist eine
Frage der Umstände des Einzel-(Ausnahme-)Falls, insbesondere der Prüfung,
inwieweit das Satzungsrecht, ungeachtet der für den Beschluß der Satzung
maßgeblichen Erwägungen, jedenfalls im Ergebnis vom mutmaßlichen Willen des
Satzungsgebers gedeckt ist. Für einen solchen mutmaßlichen Willen besteht, worauf
der Senat im zitierten Urteil vom 12. April 1989 - 9 A 254/87 - hingewiesen hat,
regelmäßig eine Vermutung. Umstände, die im vorliegenden Fall ein Abweichen von
dieser Vermutung gebieten würden, sind nicht ersichtlich. Dementsprechend können
auch die sich aus den Unterlagen zur Satzung vom ... 24. Juni 1988 ergebenden
Überlegungen, die sich auf die schon für den Erlaß der Satzung vom 29. Oktober
1985 (objektiv) maßgeblichen Umstände und Sachverhalte beziehen, zur
Rechtfertigung der Gebührensätze der letztgenannten Satzung herangezogen werden.
Entsprechendes gilt für Umstände, die erst im Gerichtsverfahren geltend gemacht,
indessen objektiv geeignet sind, die Gebührensätze zu rechtfertigen.</p>
<span class="absatzRechts">128</span><p class="absatzLinks">Die Bildung von einheitlichen Gebührensätzen für die Abfallentsorgung auf der
Grundlage einer mengenunabhängigen Kostenpauschale für sogenannte
Vorhalteleistungen mit Zuschlägen für Kosten, die von der Menge des zu
entsorgenden Abfalls abhängig sind, ist nach §2 Abs. 1 Satz 2 KAG, wonach die
Satzung (u.a.) den Satz der Abgabe, zusätzlich aber auch einen davon zu trennenden
Gebührenmaßstab enthalten muß, zulässig. Entsprechendes gilt für die Bildung
degressiver Gebührensätze, die - wie hier die Tarifbildung entsprechend der nach der
Haushaltsgröße jeweils anfallenden durchschnittlichen Abfallmenge -
leistungsbezogene Kriterien berücksichtigt. Durch §2 Abs. 1 Satz 2 KAG wird nur
bestimmt, daß die Satzung den Maßstab und den Satz der Abgabe enthalten muß, er
regelt aber nicht im einzelnen, in welcher Beziehung die Maßstabsregelung zur
Regelung des Gebührensatzes stehen muß. Danach hat der Satzungsgeber bei der
Ausgestaltung der Gebührenbemessungsvorschriften einen bestimmten
Ermessensspielraum und sind auch Gebührensätze zulässig, die gleichermaßen auf
kostenproportionalen (hier: mengenunabhängige Kosten und Kosten je Liter
Abfallmenge) wie leistungsbezogenen Kostengrößen (hier: Kosten nach der
durchschnittlichen Abfallmenge von Haushalten unterschiedlicher Größe) aufbauen,
solange die Satzung - wie hier - auch eine gesonderte Maßstabsregelung enthält, der
die wesentlichen Ansätze (hier Gebührenbemessung nach der Zahl und Größe der
Haushalte) für die leistungsbezogenen Kostengrößen zu entnehmen sind.</p>
<span class="absatzRechts">129</span><p class="absatzLinks"> Vgl. zu vergleichbaren Überlegungen zum Gebührensatz VGH Baden-
Württemberg, NK Beschluß vom 1. Juli 1987, VBl BW 1988 S. 142 zum Baden-
Württembergischen Landesrecht.</p>
<span class="absatzRechts">130</span><p class="absatzLinks">Etwas anderes folgt, soweit es um die Kombination einer mengenunabhängigen
Kostenpauschale mit Kosten, die von der Menge des zu entsorgenden Abfalls
abhängig sind, geht, nicht aus §6 Abs. 3 Satz 3 KAG. Nach dieser Bestimmung kann
neben einer Gebühr, die nach der Inanspruchnahme der Einrichtung nach §6 Abs. 3
Sätz 1 und 2 zu bemessen ist, eine Grundgebühr erhoben werden. Die Grundgebühr
fällt für die Inanspruchnahme aller oder eines Teils der Vorhalteleistungen, d.h. der
Aufrechterhaltung der Betriebs- und Leistungsbereitschaft der Einrichtung an und dient
ausschließlich dem Zweck der Deckung der insoweit aufzuwendenden (invariablen =
verbrauchsunabhängigen) Kosten. Die verbrauchsabhängigen Kosten sowie etwa
verbleibende Vorhaltekosten werden ausschließlich durch die neben der Grundgebühr
zu erhebende Zusatzgebühr abgedeckt.</p>
<span class="absatzRechts">131</span><p class="absatzLinks"> Vgl. OVG NW, Urteil vom 6. Dezember 1989 - 2 A 399/87 -, und BVerwG,
Urteil vom 1. August 1986, KStZ 1987 S. 11.</p>
<span class="absatzRechts">132</span><p class="absatzLinks">Die Vorschrift des §6 Abs. 3 Satz 3 KAG über die Zulässigkeit der Erhebung von
Grundgebühren bedeutet nicht, daß die Grundsätze einer Gebührenerhebung nach
verbrauchsunabhängigen und verbrauchsabhängigen Kosten nicht auch bei der Bildung
einheitlicher Gebührensätze miteinander verbunden werden könnten. Die gesetzliche
Regelung schließt eine solche Handhabung nicht aus. Dementsprechend kann die
Höhe des Gebührensatzes auch bei der Abfallentsorgung gerade damit gerechtfertigt
werden, daß der Gebührenschuldner zwar nur in geringem Maße Leistungen der
Abfallentsorgung in Anspruch nimmt, die mit verbrauchsabhängigen Kosten verbunden
sind, daß ihm aber in erheblichem Umfang von der Abfallmenge unabhängige
Vorhalteleistungen durch die Bereitstellung von Abfallbehältern und die in zeitlichen
Abständen erfolgende Kontrolle, ob Abfall angefallen ist, erbracht werden.</p>
<span class="absatzRechts">133</span><p class="absatzLinks"> Vgl. OVG NW, Urteil vom 22. Februar 1990 - 2 A 2305/87 -; vgl. ferner zur
Zulässigkeit der Einstellung eines von der Menge des anfallenden Abfalls
unabhängigen Grundbetrages in den Gebührensatz den zitierten NK - Beschluß des
VGH Baden-Württemberg vom 1. Juli 1987, a.a.O.</p>
<span class="absatzRechts">134</span><p class="absatzLinks">Danach ist die Bildung eines Sockelbetrages hinsichtlich aller
mengenunabhängigen (verbrauchsabhängigen) Kosten der Abfallentsorgung pro
Haushalt zulässig, wobei Voraussetzung ist, daß die Vorhalteleistungen, auf die sich
der Sockelbetrag bezieht, in etwa für alle Haushaltungen gleich ist.</p>
<span class="absatzRechts">135</span><p class="absatzLinks"> Vgl. zu letzterem in bezug auf Grundgebühren BVerwG, Urteil vom 1. August
1986, a.a.O.</p>
<span class="absatzRechts">136</span><p class="absatzLinks">Zulässig ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts aber Köln (Urteil
vom 30. Oktober 1987 - 14 K 2845/88) auch, nur einen Teil der Vorhaltekosten durch
einen pro Haushalt gleichhohen Sockelbetrag umzulegen und die restlichen
Vorhaltekosten zusammen mit den verbrauchsabhängigen Kosten der Abfallentsorgung
leistungsproportional zu staffeln. Insoweit gilt nichts anderes als bei einer Kombination
von Grundgebühren und Zusatzgebühren.</p>
<span class="absatzRechts">137</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">138</span><p class="absatzLinks">Hiernach begegnen auch die Gebührenbedarfsberechnung zum
Haushaltsgebührentarif nach Nr. 1.1 GT der Satzung vom 29. Oktober 1985 und die
danach im einzelnen festgesetzten Gebührensätze keinen Bedenken. Sie stehen mit
§6 Abs. 1 Satz 3 KAG in Einklang, wonach das veranschlagte Gebührenaufkommen
die voraussichtlichen Kosten der Einrichtung nicht übersteigen soll; ein möglicherweise
vorliegender Ansatz von Kosten, die nicht durch Gebühren umgelegt werden durften,
betrifft nur geringfügige Kostenanteile und kann deshalb im Rahmen des beim
Kostenüberschreitungsverbot nach §6 Abs. 1 Satz 3 KAG bestehenden Spielraumes
vernachlässigt werden.</p>
<span class="absatzRechts">139</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">140</span><p class="absatzLinks">Ansatzfähige Kosten im Sinne von §6 Abs. 1 KAG sind die nach
betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ansatzfähige Kosten. Dazu gehören auch
Entgelte für in Anspruch genommene Fremdleistungen, Abschreibungen, die nach der
mutmaßlichen Nutzungsdauer oder Leistungsmenge gleichmäßig zu bemessen sind,
sowie eine angemessene Verzinsung des aufgewandten Kapitals, soweit die
Verzinsung nicht aus Beiträgen und Zuschüssen Dritter aufgebrachtes Eigenkapital
betrifft. Dieser Kostenabgrenzung hat der Satzungsgeber durch die Übernahme der
von der ... für 1986 aufgestellten Bedarfsberechnung (BA 3 zu 9 A 764/88 Bl. 21, 22)
Rechnung getragen. Dabei kann offenbleiben, ob der Satzungsgeber bei der
Gebührenkalkulation hinsichtlich der Kostenansätze der im einzelnen nicht an die
Grundsätze des §6 Abs. 2 KAG gebunden war, weil die ... im Verhältnis zum Kreis
Dritter im Sinne von §6 Abs. 2 Satz 2 KAG ist, dessen (Fremd-)Leistungen der
Abfallentsorgung der Kreis in Anspruch nimmt und dem er das vertragsgemäß
vereinbarte Entgelt zu zahlen hat; dieses besteht nach dem zwischen dem Kreis und
dem ... geschlossenen Vertrag vom 28. Februar 1983 (BA III zu 9 A 764/88 Bl. 55) in
der Erstattung des der ... durch die für den Kreis erfolgende Abfallentsorgung
entstehenden Aufwandes. Die Aufwandsansätze der ... könnten nur entsprechend den
bei Entgelten für Fremdleistungen geltenden großzügigen Bemessungsgrundsätzen,
die ihre Grenze im wesentlichen erst am Äquivalenzprinzip finden,</p>
<span class="absatzRechts">141</span><p class="absatzLinks"> Vgl. Urteil des Senats vom 30. November 1989 - 9 A 2108/87 -,</p>
<span class="absatzRechts">142</span><p class="absatzLinks">zu prüfen und zu übernehmen sein; unter Berücksichtigung der Höhe der
Gebühren und der dafür erbrachten Entsorgungsleistungen ist eine Verletzung des
Prinzips nämlich nicht erkennbar. Die vorliegende Fragestellung bedarf keiner Klärung,
weil die Gebührenbedarfsrechnung auch dann rechtmäßig ist, wenn die Leistungen der
... nicht als Fremdleistungen, sondern als eigene Leistungen des Kreises gewertet
werden.</p>
<span class="absatzRechts">143</span><p class="absatzLinks">Nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ansatzfähige Kosten sind nur solche,
die auch betriebsbedingt sind, d.h. hier durch Erfüllung der nach den gesetzlichen
Vorschriften zur Abfallentsorgung gehörenden Aufgaben des Kreises entstanden
sind.</p>
<span class="absatzRechts">144</span><p class="absatzLinks">Hiernach bestehen an den Kostenansätzen keine Bedenken, soweit es nach §1
Abs. 2 LAbfG 1973 um eine Aufteilung der Abfallentsorgungsaufgaben zwischen Kreis
und kreisangehörigen Gemeinden geht, da dem ... Kreis nach den zwischen ihm und
den kreisangehörigen Gemeinden geschlossenen Verträgen auch deren nach §1 Abs.
2 LAbfG 1973 bestehende Aufgaben übertragen worden sind.</p>
<span class="absatzRechts">145</span><p class="absatzLinks">Auch die Kosten, die bei der Kalkulation der Gebühren für 1986 in Ansehung des
in diesem Jahr im Kreisgebiet durchgeführten Großversuchs zur getrennten Erfassung
und Verwertung von Altstoffen berücksichtigt worden sind (nach dem Wirtschaftsplan
der ... 1986 = BA V zu 9 A 764/88 Bl. 78 und den sich darauf beziehenden
Erläuterungen des Beklagten im Schriftsatz vom 31. Oktober 1990 zur vorliegenden
Sache insgesamt 2,58 Millionen DM), sind zumindest ganz überwiegend umlegbare
Kosten der Abfallbeseitigungseinrichtung bzw. Abfallentsorgungseinrichtung des
Kreises. Durch §1 Abs. 1 Satz 2 AbfG 1986 ist klargestellt, daß auch bewegliche
Sachen, die der Besitzer der entsorgungspflichtigen Körperschaft oder dem von dieser
beauftragten Dritten überläßt, auch im Falle ihrer Verwertung Abfälle sind, bis sie oder
die aus ihnen gewonnenen Stoffe oder erzeugte Energie dem Wirtschaftskreislauf
zugeführt werden. Diese Vorschrift galt zwar noch nicht bei Erlaß der hier umstrittenen
Gebührensatzung vom 29. Oktober 1985 und auch nicht bei Beginn des
Gebührenjahres 1986. Der Sache nach sind indessen die Kosten, die für die
Aufstellung der sogenannten grünen Tonnen (als Mono- oder als Mehrstofftonnen) auf
den Grundstücken sowie die Leerung der Tonnen und die Beförderung und Sortierung
der in diesen Tonnen befindlichen Stoffe entstanden sind, auch nach dem bis zum 31.
Oktober 1986 geltenden Abfallgesetz 1977 Kosten der Abfallbeseitigung;
entsprechendes gilt auch für die sogenannten Bioabfuhr und die monatlichen
Haussammlungen von Papier und Pappe. Bei den genannten Stoffen handelt es sich
nämlich um auf den Grundstücken angefallenen und zur Abfallbeseitigung durch den
Kreis bereitgestellten Abfall im Sinne von §1 Abs. 1 AbfG 1977; deren Transport ist
auch dann, wenn eine Sortierung der Stoffe vor Weitergabe an die
Verwertungsunternehmen nicht mehr durchzuführen war, der Beförderung von Abfällen
zuzurechnen. Im einzelnen gilt hierzu folgendes:</p>
<span class="absatzRechts">146</span><p class="absatzLinks">Abfälle sind nach §1 Abs. 1 AbfG 1977 bewegliche Sachen, deren sich der
Besitzer entledigen will (subjektiver Abfallbegriff), oder deren geordnete Beseitigung
zur Wahrung des Wohls der Allgemeinheit geboten ist (objektiver Abfallbegriff); die
Abfallbeseitigung als solche umfaßt nach §1 Abs. 2 AbfG 1977 - wie schon dargelegt -
das Einsammeln, Befördern, Behandeln, Lagern und Ablagern der Abfälle.
Wiederverwertbare Stoffe, die als Abfall anfallen, unterfallen dem subjektiven
Abfallbegriff. Dementsprechend stellt sich zunächst die Frage, ob sie im Rahmen der
öffentlichen Abfallentsorgung überhaupt als Abfall anfallen, wenn der
Entsorgungsträger durch Aufstellen grüner Tonnen oder Anberaumung spezieller
Abfuhrtermine zur Sammlung von Papier, Pappe und für Bioabfall bestimmte Vorsorge
trifft, daß der Besitzer der betreffenden Stoffe auf dem Grundstück eine Vorsortierung
nach wiederverwertbaren Stoffen und Stoffen, die für eine Wiederverwertung nicht
geeignet sind, trifft. Diese Frage ist jedenfalls unter Berücksichtigung der Umstände
des vorliegenden Falles zu bejahen.</p>
<span class="absatzRechts">147</span><p class="absatzLinks">Die öffentliche Abfallentsorgung der Grundstücke im ...-Kreis, wie sie bis Oktober
1986 nach dem Abfallgesetz 1977, dem Landesabfallgesetz 1973 und dem
vorliegenden Satzungsrecht erfolgte, war insgesamt dadurch geprägt, daß sie sich auf
Stoffe bezog, deren sich der Besitzer als für seine Bedürfnisse nicht mehr brauchbar
entledigen wollte. Diese Zielrichtigung ist dominierend, weil sich die
Abfallbeseitigungseinrichtung des Kreises nach §2 der Abfallbeseitigungssatzung
insgesamt nur auf die Beseitigung von Abfällen bezieht und danach auch bei Benutzung
der Teileinrichtungen des Kreises, die sich auf das Sammeln und Befördern von
wiederverwertbaren Abfällen beziehen, die Vermutung für sich hat, daß der Besitzer
der betreffenden Stoffe diese als Abfall - wenn auch wiederverwertbaren Abfall -
ansieht. Danach ist prinzipiell alles, was der Grundstückseigentümer bzw. sonstige
Besitzer der wiederverwertbaren Stoffe für die Abfuhr durch den Träger der
Abfallbeseitigung auf dem Grundstück bereitstellt, Abfall im Sinne des AbfG 1977,
ohne daß es auf die Frage späterer Verwertung der bereitgestellten Stoffe und darauf
ankommt, daß die Möglichkeit einer Wiederverwertung durch eine Vorsortierung der
Stoffe auf dem Grundstück im vorstehend dargestellten Sinne erleichtert wird. Der
eventuell zusätzlich bestehende Wille des Abfallbesitzers, durch seine Vorsortierung
auf dem Grundstück eine Wiederverwertung der Stoffe zu ermöglichen, tritt
gegenüber dem typischerweise zumindest auch vorhandenen Entledigungswillen
zurück. Insoweit liegt der Fall anders als in den vom 20. Senat des erkennenden
Gerichts durch Urteil vom 8. Dezember 1982 - 20 A 570/82 - entschiedenen Fall, in
dem es nicht um eine Abfallentsorgung der Grundstücke, sondern darum ging, daß der
Besitzer der Stoffe gewisse Mühen auf sich nahm, um Glas zu außerhalb des
Grundstückes aufgestellten Behältern zu bringen und damit die Wiederverwertung der
Stoffe (außerhalb der Benutzung öffentlicher Abfallbeseitigungseinrichtungen)
sicherzustellen. Eine entsprechende Lösung aus der öffentlichen Beseitigung von auf
den Grundstücken anfallenden Abfällen liegt noch nicht vor, wenn der Besitzer die
Stoffe, deren er sich entledigen will, nach Verwertbarkeit und Unverwertbarkeit
vorsortiert, sie indessen zur Abfuhr durch den Träger der öffentlichen Abfallbeseitigung
auf dem Grundstück bereitstellt. Dementsprechend ist auch nach der bisherigen
Rechtsprechung im Abfallbeseitigungsgebührenrecht nach dem AbfG 1977 das
Aufstellen und Leeren "grüner" Abfallbehälter und der Abtransport und des Sortieren
des Inhalts jener Behälter (jedenfalls wenn es sich um Mehrstoffbehälter handelte) als
Teil der Abfallbeseitigung im Sinne des AbfG 1977 angesehen worden.</p>
<span class="absatzRechts">148</span><p class="absatzLinks"> Vgl. OVG NW, Urteil vom 21. Februar 1990 - 2 A 2519/86 -.</p>
<span class="absatzRechts">149</span><p class="absatzLinks">Da somit die Bereitstellung der wiederverwertbaren Stoffe auf den Grundstücken
zur "Abfallbeseitigung" durch den Kreis die Bereitstellung von Abfall im Sinne des AbfG
1977 ist, stellt sich die weitere Frage, von welchen Zeitpunkt an, die betreffenden
Stoffe ihre Abfalleigenschaft wieder verloren hatten. Insoweit kommt es nach dem
Bundesverwaltungsgericht auf den Zeitpunkt einer (neuen) Besitzbegründung mit der
Absicht an, die betreffenden Stoffe wieder dem Wirtschaftskreislauf zuzuführen.</p>
<span class="absatzRechts">150</span><p class="absatzLinks"> Vgl. BVerwG, Beschluß vom 8. Dezember 1982, DÖV 1983 S. 600.</p>
<span class="absatzRechts">151</span><p class="absatzLinks">Die Kosten, die sich auf eine bestimmte Behandlung oder Verwendung der Stoffe
nach dem Wegfall ihrer Abfalleigenschaft beziehen, sind im Rahmen der Kalkulation
von Abfallbeseitigungsgebühren nicht ansetzbar. Danach ist bei den in den
"Mehrstofftonnen" bereitgestellten Abfällen auf den Zeitpunkt nach der Sortierung
dieser Stoffe abzustellen. Bis zu diesem Zeitpunkt ist nämlich typischerweise eine
Verwertbarkeit der miteinander vermengten einzelnen Stoffe noch nicht gegeben.</p>
<span class="absatzRechts">152</span><p class="absatzLinks"> Vgl. das zitierte Urteil des erkennenden Gerichts vom 21. Februar 1990.</p>
<span class="absatzRechts">153</span><p class="absatzLinks">Bei den Stoffen, bei denen eine Sortierung vor Weitergabe an die
Verwertungsunternehmen nicht mehr erforderlich war und die dementsprechend nach
Darstellung des Beklagten im Schriftsatz vom 31. Juli 1990 von den
Abfuhrunternehmern auch unmittelbar zu diesen Firmen transportiert wurden, entfiel
die Abfalleigenschaft mit der Anlieferung der Stoffe bei den Verwertungsunternehmen.
Erst mit der Anlieferung der Stoffe wurde die Absicht, sie dem Wirtschaftskreislauf
wieder zuzuführen, hinreichend konkretisiert. Der Besitz der Stoffe durch den Träger
der Abfallbeseitigung bzw. den von ihm beauftragten Abfuhrunternehmer selbst
beseitigt noch nicht die Abfalleigenschaft; zudem ist der Abtransport von Abfällen, die
wiederverwertbare Stoffe darstellen, vom Grundstück, auf dem sie zur Entsorgung
bereitgestellt werden, wegen seiner engen Verbindung mit der öffentlichen Aufgabe,
die Entsorgung der Grundstücke von Abfällen sicher zu stellen, die ohne den
Abtransport nicht erfüllt werden könnte, der Abfallbeseitigung auch dann noch
zuzurechnen, wenn der Transport unmittelbar zum Verwertungsunternehmen
durchgeführt wird.</p>
<span class="absatzRechts">154</span><p class="absatzLinks">Hiernach könnte ausschließlich zweifelhaft sein, ob die Kosten, die bei der
Gebührenkalkulation für die Beseitigung von Altstoffen durch Aufstellen von
Sammelcontainern außerhalb der Grundstücke angesetzt worden sind, (entsprechend
der Versuchsanordnung Altglasiglus bzw. Altstoffcontainer für Papier, Pappe, Glas
und. Altmetalle) als umlegbare Kosten ausscheiden müßten, weil die Benutzung dieser
Behälter nicht nur den gebührenpflichtigen Grundstückseigentümern als Abfallbesitzern
zur Verfügung standen, sondern auch Abfallbesitzern, die nicht zu Gebühren
herangezogen werden. Unter Berücksichtigung der vom Beklagten im vorgenannten
Schriftsatz vom 31. Oktober 1990 (S. 3) aufgemachten Spezifizierung der Kosten der
Altstoffentsorgung ensprechend den Ansätzen in den Wirtschaftsplänen für die Jahre
1987/88, die im Rahmen der bestehenden Beurteilungsspielräume bei den
Kostenprognosen für 1986 als repräsentativ auch für 1987 übernommen werden kann,
sind die Kosten für die Aufstellung und Leerung der Einstoffsammelcontainer sowie
anteilige Sortierkosten mit nicht mehr als 200.000,- DM zu veranschlagen. Für die
Aufstellung der Container ergibt sich nur ein Ansatz von 15.700,- DM (2.580.000 DM./.
2,564.300 DM); durch Erhöhung dieses Betrages auf die genannte Gesamtsumme
wird im Rahmen zulässiger Schätzung den auf die Containerleerung und das Sortieren
der in ihnen gesammelten Stoffe entfallenden Teilkosten an den insgesamt
angefallenen Unternehmerleistungen von 1.116.900,- DM und insgesamt angefallenen
Sortierkosten von 625.500,- DM angemessen Rechnung getragen. Bezogen auf die
insgesamt für die Abfallentsorgung im Haushaltsbereich angesetzten Kosten von
17.232.621,- DM (vgl. die Erläuterung der Gebührenbedarfsberechnung) würde sich
bei der Unzulässigkeit des Ansatzes der 200.000,- DM aber nur eine
Kostenüberschreitung von 1,16 v.H. ergeben, die im Rahmen des nach §6 Abs. 1 Satz
3 KAG hinnehmbar ist. Letzteres würde sogar auch dann noch gelten, wenn der
Betrag von 200.000,- DM ausschließlich auf diejenigen Kosten bezogen würde, die
nach Abzug der Kosten die durch den Sockelbetrag von 40,- DM umgelegt wurden, als
leistungsabhängige Kosten verblieben. Die Kostenüberschreitung würde bei
Zugrundelegen des dann maßgeblichen Betrages von 8.791.181,- DM 2,28 v.H.
betragen. Hiernach bedarf es im vorliegenden Fall auch keiner Erwägungen dazu, ob
die dargestellte Kostenüberschreitung nicht auch deshalb unbeachtlich ist, weil bei der
Gebührenkalkulation, wie der Beklagte im Schriftsatz vom 31. Juli 1990 (Bl. 7, 8) im
einzelnen dargelegt hat, bei der Ermittlung des Kostensatzes pro Liter Abfall ein
erheblich zu hoher Ansatz der Gesamtzahl von Haushaltungen (204.536 anstatt etwa
180.000) vorgenommen und danach der für die Gebührenkalkulation maßgebliche
Kostensatz pro Liter Abfall zu niedrig kalkuliert worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">155</span><p class="absatzLinks">Die im übrigen in die Bedarfsberechnung eingestellten Kostenpositionen geben
ebenfalls keinen Anlaß zur Beanstandung. Sie sind nach betriebswirtschaftlichen
Grundsätzen ansatzfähig. Das gilt in Sonderheit auch für den Ansatz von
Rückstellungen für unvorhergesehene Haftpflichtrisiken aus dem Betrieb der Deponie
... ferner für die sogenannten Folgekosten dieser Deponie für Rekultivierung,
Sickerwasserbeseitung, Deponiegasableitung sowie Grundwasseruntersuchungen.
Der Beklagte hat die Rückstellungen für Haftpflichtrisiken, die nach einem bestimmten
Kostenbetrag je zur Deponie angelieferter Gewichtstonne Abfall berechnet und anteilig
einerseits auf die Hausmüllbeseitung und Beseitigung hausmüllähnlicher Abfälle und
andererseits die übrigen von sogenannten Fremdanlieferern deponierten Abfälle
umgelegt worden sind, sowie den Ansatz der in der Gebührenbedarfsberechnung
1986 sogenannten "Anteiligen Deponiekosten ..." in den Schriftsätzen vom 31. Oktober
und 13. Dezember 1990 auf Anfrage des Senats hinreichend erläutert. Danach sind in
der letztgenannten Position die laufenden Betriebskosten der Deponie und die
Rückstellungen für Folgekosten zusammengefaßt und nur insoweit angesetzt worden,
als sie auf die öffentliche Abfallentsorgung der Grundstücke durch den Kreis entfallen.
Die im Verhältnis zu den sogenannten Fremdanlieferern der öffentlichen
Abfallentsorgung der Grundstücke zuzuordnenden Kostenanteile sind auf der
Grundlage eines Kostensatzes pro Gewichtstonne nach dem prognostizierten
Abfallanfall der öffentlichen Abfallentsorgung pro Jahr von 150.000 Tonnen ermittelt
worden. Diese Handhabung ist sachgerecht. Die Rückstellungen für die Folgekosten
sind (laut Schriftsatz vom 13. Dezember 1990) nach einem jährlichen Anteil an den
geschätzten Gesamtfolgekosten von rund 15 Mill. DM bezogen auf einen
Bewirtschaftungszeitraum für die Deponie von 15 Jahren berechnet worden. Nach der
Aufstellung der verschiedenen Deponiekosten im Schriftsatz vom 30. Oktober 1990
sind danach für 1986 jeweils etwa eine Mill. DM für Folgekosten der Deponie ...
angesetzt worden. Auch das entspricht betriebswirtschaftlichen Grundsätzen und
ferner dem Prinzip einer leistungsgerechten Zuordnung der Folgekosten von
Abfalldeponien.</p>
<span class="absatzRechts">156</span><p class="absatzLinks">Die Deponiefolgekosten sind im Sinne des betriebswirtschaftlichen Kostenbegriffs
des §6 KAG Kosten für den durch die Abfallentsorgung im Leistungszeitraum
stattfindenden Wertverzehr der für die Abfallentsorgung eingesetzten Mittel. Auch
wenn die Folgekosten nicht sofort im jeweiligen Leistungszeitraum anfallen, stellen sie
einen ihm zuzuordnenden Wertverzehr dar, weil das Deponiegrundstück mit
fortlaufender Nutzung zur Abfallablagerung gleichsam auch fortlaufend wachsend mit
Verpflichtungen zur Rekultivierung, zur Beseitigung der negativen Folgen, die mit dem
Deponiebetrieb verbunden sind, sowie der Vornahme den zur Vermeidung negativer
Auswirkungen erforderlichen vorbeugenden Maßnahmen belastet wird. Soweit die
Folgekosten nach einem geeigneten Verteilungsschlüssel - wie hier für 1986 - auf die
Leistungsperioden, die der Gebührenerhebung zugrunde gelegt werden, verteilt
werden, entspricht das dem Grundsatz der Gebührenerhebung für die im betreffenden
Leistungszeitraum erfolgende Inanspruchnahme der öffentlichen Abfallentsorgung.</p>
<span class="absatzRechts">157</span><p class="absatzLinks"> Vgl. auch Peine, a.a.O. S. 87, 88.</p>
<span class="absatzRechts">158</span><p class="absatzLinks">Ob bei der Kalkulation der Abfallbeseitigungsgebühren auch (Folge-)Kosten für
früher genutzte, inzwischen stillgelegte Deponien angesetzt werden könnten,</p>
<span class="absatzRechts">159</span><p class="absatzLinks"> so VG Hamburg Urteil vom 17. August 1987, Mitt.NW StB vom 20. Juli 1988,
ebenso Peine a.a.O.,</p>
<span class="absatzRechts">160</span><p class="absatzLinks">erscheint nicht zweifelsfrei, bedarf hier aber keiner Klärung, da die Deponie ... im
hier maßgeblichen Leistungszeitraum noch in Betrieb war und die schon in diesem
Zeitraum anfallenden Folgekosten für stillgelegte Teile dieser Deponie entsprechend
den Erläuterungen des Beklagten und vorgelegten Wirtschaftsplänen der ... aus den in
den Vorjahren angesammelten Rücklagen beglichen wurden.</p>
<span class="absatzRechts">161</span><p class="absatzLinks">Die hiernach der Gebührenbedarfsberechnung insgesamt zugrunde liegenden
Kostenpositionen sind nicht deshalb zu beanstanden, weil die von der ... bei der
Abfallentsorgung an dritte Unternehmer vergebenen Aufträge gar nicht oder jedenfalls
nicht nach haushaltsrechtlichen Anforderungen ausgeschrieben worden wären. Der
Beklagte hat einerseits in einem Parallelverfahren 9 A 768/88 glaubhaft erläutert, daß
nach Bildung der ... auch für den Leistungszeitraum 1986 teilweise Ausschreibungen
nicht möglich gewesen seien, weil noch bindende Verträge mit bestimmten
Abfallbeseitigungsunternehmen aus den Vorjahren vor Bildung der ... bestanden
hätten, daß im übrigen aber auch Ausschreibungen durchgeführt worden seien, soweit
das sachgerecht gewesen sei. Ob und inwieweit Ausschreibungen der
Unternehmerleistungen im Einklang mit §31 Abs. 1 der Gemeindehaushaltsverordnung
(GemHVO) hätten durchgeführt werden müssen und durchgeführt worden sind, bedarf
andererseits keiner genaueren Klärung. Fehlende Ausschreibungen machen die mit
den Unternehmern abgeschlossenen Verträge nicht nichtig.</p>
<span class="absatzRechts">162</span><p class="absatzLinks"> Vgl. OVG NW, Beschluß vom 19. Januar 1990 - 2 A 2171/87 -.</p>
<span class="absatzRechts">163</span><p class="absatzLinks">Danach ist auch bei Verletzung haushaltsrechtlicher Grundsätze ein Kostenansatz
nur dann nicht zu rechtfertigen, wenn er zu den vom betreffenden Unternehmen
erbrachten Leistungen in jeder Hinsicht außer Verhältnis steht, dementsprechend mit
Grundsätzen des Äquivalenzprinzips unvereinbar ist oder wenn sich die
Auftragsvergabe als rein willkürliche, ausschließlich die Gesamtkosten erhöhende
Maßnahme darstellt, die der Sache nach nicht mehr mit dem weiten
Organisationsermessen des Entsorgungsträgers, seine Aufgabe entsprechend seinen
Zweckmäßigkeitsvorstellungen durchzuführen, in Einklang bringen läßt.</p>
<span class="absatzRechts">164</span><p class="absatzLinks"> Vgl. das schon zitierte Urteil des Senats vom 30. November 1989 - 9 A 2108/87
-.</p>
<span class="absatzRechts">165</span><p class="absatzLinks">Die insgesamt für die öffentliche Abfallentsorgung der Grundstücke angesetzten
Kosten sind auch im Sinne einer leistungs- und kostengerechten Trennung des
Aufwandes für die Entsorgung der Wohngrundstücke bzw. des Haushaltsbereichs vom
Aufwand für die Entsorgung der gewerblich genutzten Grundstücke bzw. des
Gewerbebereichs zulässigerweise auf diese Bereiche verteilt worden. Die
Erläuterungen der Gebührenkalkulation für das Jahr 1986, wie sie in den Unterlagen
zur Satzung vom 24. Juni 1988 enthalten sind, weisen aus, daß der Satzungsgeber
das gesamte geschätzte Abfallvolumen von 150.000 t/Jahr nach Erfahrungen der
Vorjahre und sachgerechten Bewertungskriterien zu einem Anteil von 36.000 t dem
Gewerbebereich und zu 114.000 t dem Haushaltsbereich zugeordnet hat.
Entsprechend diesem Abfallaufkommen im Haushaltsbereich und im Gewerbebereich
sind die Gesamtkosten der öffentlichen Abfallentsorgung der Grundstücke aufgeteilt
worden. Diese Methode zur Trennung der auf den Haushaltsbereich einerseits und
dem Gewerbebereich andererseits entfallenden Kosten ist zulässig und vermeidet,
daß durch die Erhebung von Gebühren für die Abfallentsorgung der Haushalte die
Abfallentsorgung gewerblich genutzter Grundstücke mitfinanziert wird.</p>
<span class="absatzRechts">166</span><p class="absatzLinks">Die Kalkulation der Gebührensätze des Haushaltstarifs nach Nr. 1.1 GT begegnet
auch insoweit keinen Bedenken, als die Kostenmasse auf die gebührenpflichtigen
Haushalte verteilt worden ist. Das gilt zunächst hinsichtlich der Bemessung des für
jeden Haushalt angesetzten Sockelbetrages von 40,- DM.</p>
<span class="absatzRechts">167</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat im Schriftsatz vom 31. Oktober 1990, was nach den dargelegten
Grundsätzen richterlicher Kontrolle der Gebührensätze zu berücksichtigen ist, im
einzelnen erläutert, daß sich bei der Haushaltsentsorgung erfahrungsgemäß der
Aufwand für die Abfuhr zu etwa 50 v.H. aus Kosten für den Entleerungs- und
Kippaufwand und zu den restlichen 50 v.H. aus Transportkosten zusammensetze;
letztere ließen sich zu etwa 1/2 auf Transportwege innerhalb des Abfuhrbezirks und
1/2 auf den Transport des Abfalls vom Abfuhrbezirk zur Deponie bzw. Umladestation
verteilen. Danach sei es gerechtfertigt, 3/4 der von den Deponiekosten zu trennenden
Abfuhrkosten als für den Haushaltsbereich mengenunabhängige Kosten anzusetzen.
Die Abfuhrkosten im genannten Sinne sind in der Gebührenbedarfsberechnung unter
der Konto Nr. 6000, Unterposition: Unternehmerleistungen für die Haus- und
Sperrmüllabfuhr (Einsammeln und Befördern) mit insgesamt 11.000.000,- DM erfaßt,
in denen nach Darstellung des Beklagten auch die Abfuhrkosten für die
Altstoffentsorgung enthalten sind. Danach ergibt sich ein mengenunabhängiger
Gesamtbetrag für die Haushaltsabfuhr von 8.250.000,- DM, der sogar höher ist als
die in der Gebührenkalkulation angesetzte Gesamtsumme von 8.181.440,- DM für die
als Umlage von mengenunabhängigen Kosten zu vereinnahmenden Sockelbeträge. Der
Senat hat keine Veranlassung, die Erfahrungsansätze des Beklagten in Frage zu
stellen und dementsprechend auch keine Bedenken, der dargestellten Rechtfertigung
des Ansatzes der mengenunabhängigen Gesamtkosten der Abfallentsorgung der
Haushalte, die als fixe Kosten für Vorhalteleistungen ansatzfähig sind, zu folgen.</p>
<span class="absatzRechts">168</span><p class="absatzLinks">Daß durch die Vorhalteleistungen bei der Abfallabfuhr (Bereitstellung von
Abfallbehältern, Anfahren der Grundstücke, Leeren der Behälter und später der
Müllfahrzeuge) jeweils unabhängig von der Abfallmenge im Behälter bzw. im
Müllfahrzeug die Hauptkosten der Abfuhr entstehen, bedarf keiner weiteren
Darlegung. Dabei darf der Begriff der Mengenunabhängigkeit nicht fehlerhaft so
verstanden werden, daß er vom Umfang der angebotenen Abfallentsorgung vollständig
unabhängig sein würde. Die Abfallentsorgung ist im weiterem Sinne insoweit
insgesamt von der Menge des zu beseitigenden Abfalls abhängig, als sich die für sie
vorgehaltenen Gesamtkapazitäten nach der geschätzten Gesamtmenge des zu
beseitigenden Abfalls richten. Mengenunabhängige d.h. invarable (fixe) Kosten, die als
Grundgebühren bzw. Sockelgrundbetrag einer Gebühr erhoben werden dürfen, sind
im schon dargestellten Sinne all jene Kosten, die bezogen auf den betreffenden
Leistungszeitraum allein zur Aufrechterhaltung der Abfallentsorgung aufgewandt
werden müssen, ohne daß es darauf ankäme, ob und inwieweit im Einzelfall in den
bereitstehenden Abfallbehältern Abfall enthalten ist. Danach ist es zulässig, wenn der
Satzungsgeber die mengenunabhängigen Kosten nach pauschalen Erfahrungswerten
auf 3/4 der sogenannten Abfuhrkosten schätzt. Das gilt nach der vorliegenden
Kostensituation insbesondere auch deshalb, weil die Gebührenbedarfsberechnung,
worauf das Verwaltungsgericht in einem die Gebühren des Jahres 1987 betreffenden
Urteil vom 30. Oktober 1987 - 14 K 3167/88 - insoweit zu Recht hingewiesen hat,
neben den genannten "Unternehmerkosten" weitere Kostenpositionen beinhaltet, die
als Vorhaltekosten der Abfallabfuhr mengenunabhängig sind. Dabei handelt es sich um
die unter der Kontonummer 6002 und 6014 erfaßten Miet- und Servicekosten für
Miete, Aufstellung und Wartung der 120/140 - Liter - Leihgefäße für Wohngrundstücke
von 1.820.000,- DM, die Kosten für die Abschreibung und kalkulierte Zinsen auf
eigene Leihgefäße von 50.000,- DM (Kontonummer 6500) und die Kosten für die
Miete von auf Mehrfamilienwohngrundstücken aufgestellten Containern, die an
Abfuhrunternehmer gezahlt wird, in Höhe von 125.000,- DM.</p>
<span class="absatzRechts">169</span><p class="absatzLinks">Bei der Ermittlung des Sockelbetrages für den einzelnen Haushalt durfte der
Satzungsgeber ohne Rechtsfehler von einem gleichbleibenden Anteil von 40,- DM je
Haushalt durch Teilung des Gesamtbetrages der mengenunabhängigen Kosten durch
die Gesamtzahl der an die Abfallentsorgung angeschlossenen Haushalte (204.536),
die vom Satzungsgeber in zulässiger Weise nach den Ergebnissen des Mikrozensus
zur Ermittlung der Haushaltsstruktur im Bundesgebiet am 1. Januar 1982 und den
statistisch festgestellten Einwohnerzahlen im Kreisgebiet geschätzt worden sind (vgl.
Vorlage der ... zur Neuordnung des Gebührensatzes vom 16. Oktober 1985, BA 3 zu
9 A 764/88 Bl. 26), ausgehen. Zwar wäre theoretisch denkbar, auch bei den
Vorhaltekosten eine Kostenstaffelung nach der Haushaltsgröße durchzuführen, indem
Überlegungen angestellt werden, ob und inwieweit die Vorhaltekosten nach der
Haushaltsgröße unterschiedlich sind. Nach den im Rahmen des §6 Abs. 1 bis 3 KAG
bestehenden Bewertungsspielräumen und sonstigen Grundsätzen der Bemessung von
Grundgebühren bedarf es einer solchen Betrachtung aber aus Gründen der
Praktikablität nicht. Die Ermittlungen für eine solche Staffelung der Vorhaltekosten
wären nämlich wegen der vom Zufall abhängigen Streuung der Haushalte
verschiedener Größe, der je nach der Zahl der Haushalte und Regelausstattung
unterschiedlichen Zahl der Abfallbehälter auf einem Grundstück sowie der
unterschiedlichen Anfahr- bzw. Transportwege der Abfallfahrzeuge zu bzw. von den
einzelnen Grundstücken mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten verbunden.</p>
<span class="absatzRechts">170</span><p class="absatzLinks">Die Verteilung der nach dem Ansatz des Sockelbetrages verbleibenden
Restkosten pro Haushalt bestimmter Größe ist nach der Gebührenkalkulation
ebenfalls bedenkenfrei und orientiert sich an den durch den Maßstab vorgegebenen
Maßeinheiten. Entsprechend der Erläuterung der Kalkulation, wie sie aus den
Satzungsunterlagen ersichtlich ist, ist die Zahl der Haushalte verschiedener Größe
unter Ansatz der jeweiligen durchschnittlichen Abfallmenge des Haushalts jeweils auf
ein Litervolumen umgerechnet und ist danach zunächst der Anteil am Abfallaufkommen
pro Woche je Haushaltsgröße in Vom-Hundert-Sätzen berechnet worden.
Entsprechend diesen Anteilen sind die leistungsbezogenen zu verteilenden Kosten auf
die einzelnen Haushaltsgruppen verteilt worden und sind diese Kosten entsprechend
der Zahl der zu jeder Gruppe gehörenden Haushaltungen anteilig dem Sockelbetrag
von 40,- DM zugeschlagen worden. Die sich ergebenden Beträge sind zugunsten der
Gebührenschuldner auf volle 5,- DM Beträge abgerundet worden.</p>
<span class="absatzRechts">171</span><p class="absatzLinks">B.</p>
<span class="absatzRechts">172</span><p class="absatzLinks">Auf der Grundlage der Gebührensatzung des Kreises ist der Kläger für 1986 zu
Recht zu Abfallgebühren in Höhe von 225,- DM herangezogen worden. Er hat die
Abfallentsorgung in diesem Jahr unstreitig in Anspruch genommen und war deshalb
nach Nr. 1.1 GT zu Gebühren in der berechneten Höhe heranzuziehen. Anhaltspunkte
dafür, daß der Beklagte die Zahl und Größe der vorhandenen Haushalte fehlerhaft
erfaßt hätte, gibt es nicht; die Anfrage des Senats, die in erster Instanz vorgebrachte
Rüge eines fehlerhaften Ansatzes der Haushaltsgröße zu spezifizieren, ist von der
Klägerseite nicht beantwortet worden. Daß der Kläger nicht die ihm nach §8 Abs. 3
AS zustehende Regelausstattung ausgenutzt, sondern nur ein Abfallgefäß von 50
Litern zur Leerung aufgestellt hat, ist aus den bei der Überprüfung des
Gebührenmaßstabes erläuterten Gründen unbeachtlich, da der Kläger die
Regelausstattung als vorgehaltene Ausstattung hätte beanspruchen können und es für
die Gebührenbemessung nicht auf die Zahl und Größe der aufgestellten
Abfallbehälter, sondern auf eine Inanspruchnahme der Abfallentsorgung des Kreises
nach der Größe des Haushaltes ankommt. Dem Kläger ist auch keine
Gebührenermäßigung zu gewähren, weil er für die Abfallentsorgung seine private
Abfalltonne nutzt. Ihm steht auch insoweit frei, von dem Angebot Gebrauch zu
machen, die von der ... zur Verfügung gestellten Behälter in Anspruch zu nehmen. Die
Vorhaltung von Abfallgefäßen zur Erfüllung des nach der Satzung bestehenden
Angebots gehört zum Umfang der mit der Gebühr abzugeltenden Leistung unabhängig
davon, ob der einzelne das Angebot wahrnimmt. Dementsprechend können auch die
Kosten für die Abfallbehälter auf alle Gebührenpflichtigen, d.h. auch die, die ihre
private Tonne nutzen, umgelegt werden. Eines besonderen Angebotes der
Regelausstattung durch den Kreis bzw. die ... an den Kläger bedürfte es wegen der
Publizitätswirkung der AS in Gestalt der 3. ÄS vom 29. Oktober 1985 nicht. Die 3. ÄS
ist im November 1985 in den Publikationsorganen des Kreises bekannt gemacht
worden. Danach bestand für den Kläger ausreichend Zeit, sich vor Beginn der
Leistungsperiode 1986 hinsichtlich der ihm zustehenden Regelausstattung zu
unterrichten und eine entsprechende Behälterausstattung anzufordern.</p>
<span class="absatzRechts">173</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus §154 Abs. 1 VwGO; die Revision war nicht
zuzulassen, weil die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach §132 Abs.
2 VwGO nicht vorliegen.</p>
<span class="absatzRechts">174</span><p class="absatzLinks">
</p>
|
314,993 | olgk-1991-01-23-26-u-1691 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
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"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 26 U 16/91 | 1991-01-23T00:00:00 | 2019-03-13T14:43:30 | 2022-10-18T15:09:21 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1991:0123.26U16.91.00 | <h2>Tenor</h2>
<br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline;"><b>T a t b e s t a n d :</b></span></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Klägerin verlangt von dem Beklagten
Schadenser-satz bzw. begehrt Feststellung wegen Verletzung von
Vertragspflichten als Steuerberater.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Klägerin ist im Jahre 1983
gegründet worden. Seit Gründung bis 1988 wurde sie vom Beklagten
steuerlich beraten. Diesem oblagen u.a. die Buch-führung, die
Erstellung der Jahrsabschlüsse und die Abgabe der
Steuererklärungen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Von Herbst 1988 bis Herbst 1989 wurde
bei der Klä-gerin eine Betriebsprüfung betreffend die Jahre 1985
bis 1987 durchgeführt. Im Laufe dieses Verfah-rens - im Jahre 1988
- wurde dem Beklagten von der Klägerin das Mandat entzogen und auf
Rechtsanwalt L. übertragen. Die Betriebsprüfung stellte fest (Bl.
11 des Betriebsprüfungsberichtes vom 2O.7.1989 - Anlage K 5 zur
Klageschrift -; entspre-chend Bl. 4 des Einspruchsbescheides
betreffend Körperschaftssteuer - Anlage K 4 zur Klageschrift), daß
der Beklagte als Kaufpreis für Anlagevermögen der Klägerin im Jahre
1983 nur einen Betrag von 1O.999,- DM gebucht hatte, wohingegen
nach der im Rahmen des Prüfungsverfahrens vorgelegten Rechnung vom
1O.1.1983 (Anlage K 2 zur Klageschrift) der Kaufpreis tatsächlich
32.15O,- DM betragen hatte. Die Klägerin leitet aus der
Nichtbuchung von (32.15O,- - 1O.999,- =) 21.151,- DM einen
Schaden-sersatzanspruch in Höhe von 2.749,63 DM her; das sind 13 %
von 21.151,- DM, die infolge Nichtbuchung des vollen Kaufpreises im
Jahre 1983 nicht als Vor-steuer geltend gemacht worden sind.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Betriebsprüfung stellte außerdem
fest, daß die Buchführung im gesamten Prüfungszeitraum nicht
ord-nungsmäßig war. Für von ihr festgestellte Kassen-fehlbeträge
schätzte sie für den gesamten Prüfungs-zeitraum Umsätze von
52.OOO,- DM hin. Bei einem Um-satzsteuersatz von 14 % ergab dies
eine zusätzliche Umsatzsteuer von 7.28O,- DM; die entsprechenden
Um-satzsteuerbescheide sind bestandskräftig. Den Be-trag von
7.28O,- DM macht die Klägerin als Scha-densposition 2 geltend.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Gegen die aufgrund der Betriebsprüfung
neu erlasse-nen Körperschaftssteuerbescheide vom 21.9.1989
be-treffend Körperschaftssteuer 1985 bis 1987 (Anlage K 8 zur
Klageschrift) und gegen den Gewerbesteuer-meßbescheid 1987 (Anlage
K 9 zur Klageschrift) hat die Klägerin Einspruch eingelegt. Darüber
ist sei-tens des Finanzamtes S. entschieden worden unter
Wahrnehmung der Möglichkeit, die Steuerfest-setzung zum Nachteil
der Klägerin zu ändern (vgl. Einspruchsentscheidung zur
Körperschaftssteuer vom 21.5.199O, Anlage K 4). Hiergegen hat die
Klägerin Klage vor dem Finanzgericht erhoben, über die noch nicht
entschieden ist. Auf diese - noch nicht end-gültig feststehende -
Steuermehrbelastung bezieht sich der Antrag der Klägerin auf
Feststellung, daß der Beklagte verpflichtet sei, den dadurch
entste-henden Schaden zu ersetzen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Als weiteren Schadensposten macht die
Klägerin ei-nen Betrag von 4.146,60 DM geltend, dies im Hin-blick
darauf, daß sie Rechtsanwalt L. im Rah-men der Betriebsprüfung
anstelle des Beklagten ein-geschaltet hat. Dieser hat für seine
Tätigkeit bei der Betriebsprüfung mit Rechnung vom 11.12.1989
(Anlage K 1O zur Klageschrift) 6.219,- DM berech-net. Hiervon
erachtet sie geschätzt 2/3 = 4.146,60 DM als zusätzlichen Aufwand
infolge der vom Beklagten im Rahmen seiner Steuerberateraufga-ben
begangenen Fehler.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Klägerin hat behauptet, dem
Beklagten seien bei der Buchhaltung und den Bilanzen erhebliche
Fehler unterlaufen; diese hätten zu dem unterlassenen Ab-zug von
Vorsteuern für 1983 geführt, zur Festset-zung von erheblich mehr
Steuern für 1985 bis 1987 als nach dem tatsächlichen
Betriebsergebnis ge-schuldet worden seien und zu dem zeitlichen
Mehr-aufwand für Rechtsanwalt L. .</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Klägerin hat zuletzt beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px"> </p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px">1.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px"> </p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px">den Beklagten zu verurteilen, an sie
14.176,23 DM nebst 9,5 % Zinsen seit dem 12.7.199O zu zahlen;</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px"> </p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px">2.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px"> </p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px">festzustellen, daß der Beklagte
verpflichtet ist, den ihr durch die Festsetzung von
Körper-schaftssteuern für 1985 bis 1987 sowie Gewerbe-steuern von
1985-1987, einschließlich notwendig werdender Kosten der
Vertretung, entstehenden Schaden zu ersetzen.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Der Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px"> </p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Er hat bestritten, Verpflichtungen aus
dem Steuerbe-ratervertrag verletzt zu haben; er habe die
Buchfüh-rung stets aufgrund der ihm übermittelten Informa-tionen
und Belege erstellt. Beides sei ihm unvoll-ständig - auch mangels
Führung eines Kassenbuches - übermittelt worden, so daß Korrekturen
nach der Be-triebsprüfung nicht ihm anzulasten seien. Auf den
unzureichenden Unterlagen beruhe auch, daß Rechtsan-walt L. einen
erhöhten Arbeitsaufwand gehabt habe. - Bezüglich der Buchung des
Kaufpreises im Jahre 1983 hat der Beklagte behauptet, es sei
sei-nerzeit mit dem damaligen Geschäftsführer der Kläge-rin, H. B.
sen., nach ausdrücklicher Erörte-rung vereinbart worden, daß ein
Kaufpreis von nur 1O.999,- DM angesetzt werde.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Das Landgericht hat die Klage
abgewiesen im wesent-lichen mit der Begründung, die Klagerin habe
nicht substantiiert dargelegt, daß ihr durch schuldhafte
Vertragsverletzung des Beklagten ein Schaden ent-standen sei. Wegen
Einzelheiten wird auf das ange-fochtene Urteil Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Gegen dieses ihr am 25.2.1991
zugestellte Urteil hat die Klägerin am 25.3.1991 Berufung eingelegt
und diese nach entsprechender Fristverlängerung recht-zeitig am
27.5.1991 begründet.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Klägerin verfolgt ihre
erstinstanzlichen Anträge weiter. Sie meint, das Landgericht habe
allgemeine Grundsätze zur Darlegungs- und Beweislast verkannt.
Außerdem bestreitet sie bezüglich des Schadenspo-stens zu 1) in
Höhe von 2.749,63 DM, daß eine von der Rechnung abweichende
Abstimmung über den Kauf-preis stattgefunden habe. Bezüglich der
aufgrund der Betriebsprüfung höher festgesetzten Steuern zum
Schadensposten von 7.28O,- DM und zur Feststellungs-klage ist ihrer
Meinung nach ein Schaden nicht des-halb zu verneinen, weil die
Fehler des Beklagten im Betriebsprüfungsverfahren korrigiert worden
seien, dies deshalb nicht, weil sich die Betriebsprüfung auf die
Jahre 1985 bis 1987 beschränkt habe und auf den falschen, vom
Beklagten pflichtwidrig ermittel-ten Zahlen zum 31.12.1984
aufgebaut habe. Im übrigen habe die Betriebsprüfung auch nicht
sämtliche Fehler des Beklagten korrigiert.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Unrichtig ist nach Auffassung der
Klägerin auch die Annahme des Landgerichts, die Zuschätzungen des
Fi-nanzamtes seien sachlich zutreffend; sie meint, die Beweislast
läge insoweit beim Beklagten. Selbst bei nicht genügend
substantiiertem Sachvortrag zur Scha-denshöhe hält sie die Klage
nicht für unbegründet, da eine Schadensschätzung nach § 287 ZPO zu
erfolgen habe.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Wegen des dritten Schadenspostens von
4.146,6O DM - Mehrkosten durch Einschaltung von Rechtsanwalt L. -
verweist die Klägerin auf den ihrer An-sicht nach substantiierten
Vortrag erster Instanz; auch insoweit hält sie § 287 ZPO für
anwendbar.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Demgemäß beantragt die Klägerin,</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">unter Abänderung des angefochtenen
Urteils gemäß den erstinstanzlichen Schlußanträgen der Kägerin zu
erkennen;</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">der Klägerin nachzulassen,
erforderliche Sicher-heiten durch selbstschuldnerische Bürgschaft
ei-ner deutschen Großbank, Volksbank oder öffent-lich-rechtlichen
Sparkasse zu stellen.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Der Beklagte verteidigt das Urteil.
Wegen angebli-cher Pflichtverletzungen aus den Jahren vor 1985
macht er die Einrede der Verjährung geltend.</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Wegen des weiteren Sach- und
Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Parteien zu den Akten
ge-reichten Schriftsätzen nebst Anlagen, insbesondere auf den
Betriebsprüfungsbericht vom 2O.7.1989 und die Einspruchentscheidung
vom 21.5.199O Bezug genom-men.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">E n t s c h e i d u n g s g r ü n d
e</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die zulässige Berufung der Klägerin ist
nicht be-gründet.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Klägerin hat nach wie vor nicht
substantiiert dargelegt, daß ihr durch schuldhafte Verletzung
ver-traglicher Pflichten seitens des Beklagten ein Scha-den
entstanden ist bzw. entsteht bei Aufrechterhal-tung der
angefochtenen Einspruchsbescheide. Für eine Schadensschätzung gemäß
§ 287 ZPO ist kein Raum. Im einzelnen gilt - zum Teil zwecks
Vermeidung von Wie-derholungen unter Bezugnahme auf die
zutreffenden Ausführungen im Urteil des Landgerichts -
folgendes:</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">1. Schadensersatz in Höhe von 2.749,63
DM wegen un-terbliebenen Abzugs von Vorsteuer</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Ein Schadensersatzanspruch steht der
Klägerin inso-weit - ohne daß es auf die unter den Parteien
strei-tige Frage ankommt, ob eine Absprache über den zu
verbuchenden Kaufpreis stattgefunden hat - schon deshalb nicht zu,
weil sich der Beklagte nunmehr mit Erfolg auf die Einrede der
Verjährung beruft.</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Gemäß § 68 StBerG verjährt der Anspruch
des Auftrag-gebers auf Schadensersatz aus dem zwischen ihm und dem
Steuerberater bestehenden Vertragsverhältnis nach Ablauf von drei
Jahren nach Entstehen des An-spruchs. Der Beginn der
Verjährungsfrist ist im Ein-zelfall unterschiedlich. Er hängt davon
ab, auf wel-chen Fehlern die zum Schadensersatz führenden
Hand-lungen beruhen und um welche Art Schaden es sich handelt (vgl.
BGHZ 96, 29O; Eckert-Böttcher, StbGeb-VO, 2. Aufl., Anm. 1.3. 14
vor § 1).</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Hier beruht der von der Klägerin
behauptete Schaden auf dem angeblichen Unterlassen des Beklagten,
für Anschaffungskosten von 21.151,- DM im Jahre 1983 Vorsteuer von
2.749,63 DM geltend zu machen mit der Folge, daß die Umsatzsteuer
für 1983 um 2.749,63 DM zu hoch war. In einem solchen Fall beginnt
die Ver-jährungsfrist spätestens mit dem Eintritt der
Be-standskraft des für 1983 erlassenen Steuerbescheids; denn damit
hat sich der Schaden manifestiert (vgl. BGH ZIP 91, 589). Es kommt
nicht darauf an, daß der Schaden hier offensichtlich erst im Rahmen
der ab 1988 stattgefundenen Betriebsprüfung aufgedeckt wor-den ist.
Denn für den Lauf der Verjährungsfrist ist es ohne Belang, wann der
Steuerpflichtige von dem Schaden erfahren hat. Soweit in der
Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 27.11.1985 (BGHZ 96, 29O)
als Zeitpunkt für den Beginn des Fristlaufs auf den Ab-schluß der
Betriebsprüfung abgestellt ist, ist diese Rechtsprechung in einer
jüngeren Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 4.4.1981 (ZIP 91,
589) jeden-falls für den Fall nicht aufrechterhalten worden, in dem
die Betriebsprüfung zu dem Ergebnis gelangt ist, daß - wie nach
Behauptung der Klägerin im vorliegen-den Fall - zuviel Steuern
gezahlt worden sind.</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Von den Parteien ist nicht vorgetragen,
wann der hier maßgebliche Steuerbescheid für 1983 bestands-kräftig
geworden ist. Ohne daß es jedoch insoweit weiterer Auflärung
bedarf, ist als sicher anzuneh-men, daß im Zeitpunkt der
Klageerhebung im Juni 199O die Verjährungsfrist von drei Jahren
abgelaufen war; denn bei normalen Verlauf der Dinge, von dem hier
mangels gegenteiligen Vortrag, auszugehen ist, dürf-te der
Steuerbescheid im Jahre 1984, spätestens aber 1985 bestandskräftig
geworden sein, die Verjährungs-frist also 1987, spätestens 1988
abgelaufen sein.</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Der Klägerin steht auch nicht ein sog.
Sekundäran-spruch gegen den Beklagten zu wegen Verletzung von
Aufklärungspflichten über den Ablauf der Verjäh-rungsfrist. Zwar
ist der Steuerberater grundsätzlich verpflichtet, den Mandanten
ggf. auf etwaige ihm ge-genüber bestehende Schadensersatzansprüche
und deren Verjährung hinzuweisen. Dies folgt aus der den Be-langen
des Steuerberaters in besonderer Weise Rech-nung tragenden
Verjährungsregelung in § 68 StBG und ist im Anschluß an die
Rechtsprechung zur sogenann-ten Sekundärhaftung des Rechtsanwalts
(vgl. BGH ZIP 85,1274) entwickelt worden (vgl. BGH ZIP 91, 589,
592). Indessen setzt eine solche Haftung voraus, daß der
Steuerberater außer der den Schaden und den Pri-märanspruch
auslösenden Pflichtverletzung eine neue schuldhafte
Pflichtverletzung begangen hat: Während der Verjährungsfrist und
vor Auftragsende muß für ihn begründeter Anlaß zur Belehrung
bestanden haben. Hatte der Steuerberater demgegenüber während des
Laufs der Verjährung des Regreßanspruches keinen An-laß, eine durch
seine Pflichtwidrigkeit verursachte Schädigung des Mandanten zu
erkennen und diesem die Durchsetzbarkeit des Regressanspruchs zu
ermögli-chen, so beruht die eingetretene Verjährung nicht auf dem
Verhalten des Steuerberaters und kann ihm nicht als
Pflichtverletzung seines Auftrags zuge-rechnet werden (vgl. BGH ZIP
85, 1274, 1277). Davon ist hier auszugehen. Erst durch den
Betriebsprü-fungsbericht vom 2O.7.1989 ist der von der Klägerin
behauptete Schaden offenbar geworden. Zu diesem Zeitpunkt aber
waren sowohl das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien beendet
als auch die Verjäh-rungsfrist abgelaufen.</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">2. Schaden wegen 7.28O,- DM
Umsatzsteuer für</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">hinzugeschätzte Umsatzgeschäfte 1985
bis 1987.</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Auch insoweit steht der Klägerin ein
Schadensersatz-anspruch nicht zu, weil es an Anhaltspunkten für den
Eintritt eines durch den Beklagten verursachten Schadens fehlt. Die
Frage des Verschuldens des Be-klagten kann deshalb dahinstehen;
entsprechend kommt es weder auf die von der Klägerin in der
Berufung unter Beweis gestellte Behauptung an, der Beklagte sei
über sämtliche Kassenbewegungen zeitnah und vollständig informiert
worden, er habe Buchungen nach Gutdünken und zum Teil
seitenverkehrt durchge-führt, noch darauf, ob ihm als Steuerberater
der Klägerin vorzuwerfen ist, daß ein Kassenbuch nicht geführt
worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Zum Schaden gilt folgendes:</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Das Landgericht hat bereits zutreffend
darauf hinge-wiesen, daß ein Schaden nicht zu erkennen sei,
nach-dem Rechtsanwalt L. im Rahmen der Betriebsprü-fung die
Buchführung des Beklagten - unter Verwen-dung derselben Unterlagen,
die dem Beklagten zur Verfügung standen - korrigiert hat. Etwaige
Buchfüh-rungsfehler des Beklagten haben sich damit nicht mehr
ausgewirkt. Soweit die Klägerin in der Berufung vorträgt,
Rechtsanwalt L. habe seine Korrektu-ren gegenüber der Finanzbehörde
nur "teilweise" durchsetzen können, da nur die seitenverkehrten
Bu-chungen des Beklagten durch die Betriebsprüfung be-richtigt
worden seien, fehlt es an substantiierten Darlegungen, welcher
Schaden hierdurch entstanden ist. Mit ihrem unter Beweis gestellten
Vortrag, Bu-chungen,die der Beklagte zur "Glattstellung" der Kasse
vorgenommen habe, und die Doppelerfassung ei-ner Rechnung Anfang
1987 seien nicht korrigiert wor-den, genügt die Klägerin ihrer
Darlegungspflicht nicht. Zu diesen Vorgängen bedürfte es
konkreterer Darlegung, um welche Beträge es sich handelt. Im
üb-rigen fehlt es auch an Darlegungen, warum Rechtsan-walt L. eine
Korrektur insoweit nicht erreicht hat - im Zweifel deshalb nicht,
weil er etwaige Un-richtigkeiten nicht mit den erforderlichen
Unterla-gen ausräumen konnte. Dann aber ist - worauf bereits das
Landgericht hingewiesen hat - nicht ersichtlich, inwieweit
derartige Unrichtigkeiten auf dem Beklag-ten vorwerfbares Verhalten
zurückzuführen sind, da Rechtsanwalt L. dieselben Unterlagen zur
Verfü-gung standen wie dem Beklagten.</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Soweit die Klägerin ihren
Schadensersatzanspruch da-mit begründet, die Zuschätzungen des
Finanzamtes seien unzutreffend bzw. notwendigerweise überhöht, die
Darlegungs- und Beweislast liege insoweit beim Beklagten, gilt
folgendes:</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Bezüglich des ersten Einwandes ist
wiederum auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil zu verweisen,
daß es an substantiierten Darlegungen fehlt, von welchen
anerkannten Grundsätzen der Betriebsprüfung Finanzamt hier
abgewichen worden sein soll. Auch der zweite Einwand, daß
Zuschätzungen "notwendigerweise" höher seien als die tatsächlichen
Umsätze, trifft nicht zu. Zuschätzungen beruhen grundsätzlich auf
tatsächlichen Grundlagen; es kann lediglich nicht ausgeschlossen
werden, daß sie im konkreten Fall die tatsächlichen Umsätze und
Einnahmen übersteigen. Ob und ggf. inwieweit das der Fall ist, hat
der Steuer-pflichtige darzulegen und zu beweisen (vgl. LG Aa-chen
StBer 81, 71 m. Anm. Späth).</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Auffassung der Klägerin, den
Beklagten treffe hierbei die Darlegungs- und Beweislast, ist nicht
zutreffend. Die von ihr zitierte Entscheidung des
Bundesgerichtshofs (BGHZ 84, 244) betrifft eine an-dere
Fallgestaltung. In dieser ging es darum, daß eine vom Steuerberater
verspätet eingereichte Steu-ererklärung zu niedrigeren Steuern
führte als die vom Finanzamt mangels Unterlagen vorgenommene
Schät-zung. In einem solchen Fall trifft den Steuerberater die
Darlegungslast dazu, weshalb seine Jahresab-schlüsse unzutreffend
sind, deshalb, weil er bei An-fertigung seiner Erklärung gegenüber
dem Finanzamt, das mangels Unterlagen auf Schätzungen angewiesen
ist, in der besseren Position ist. Dies ist anders im vorliegenden
Fall, in dem allen Beteiligten je-weils dieselben Unterlagen zur
Verfügung standen. Ein Abweichen von den allgemeinen Regeln zur
Scha-densdarlegung durch den Anspruchsteller ergibt sich deshalb
nicht.</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Soweit die Klägerin schließlich einen
Schaden darin sieht, daß die auf die Jahre 1985-87 beschränkte
Be-triebsprüfung auf unrichtigen Zahlen für das Jahr 1984 aufbaue,
kann sie auch damit nicht durchdrin-gen.</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Dagegen steht zum einen die Tatsache -
auf die auch der Beklagte in der Berufungserwiderung hinweist , daß
die Betriebsprüfung auch für den vor 1985 lie-genden Zeitraum
Korrekturen durchgeführt hat. Dies ergibt sich aus Bl. 4 und 5 des
Betriebsprüfungsbe-richtes. Zum anderen fehlt es wiederum an
Darlegun-gen, in welcher Weise das Zahlenwerk für 1984 un-richtig
sein soll. Die Klägerin hat in erster In-stanz selbst ausgeführt
(Bl. 7 des Schriftsatzes vom 15.1O.199O = Bl. 59 d.A.), die
tatsächliche Höhe des Kassenbestandes zum 31.12.1984 ließe sich
nicht mehr ermitteln. Nur anhand dieses Bestandes aber wäre
festzustellen, inwieweit die Buchführung für das Jahr 1984
unrichtig war und darauf aufbauend die der Folgejahre.</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Angesichts dieser Situation scheidet
entgegen der Auffassung der Klägerin auch eine Schadensschätzung
nach § 287 ZPO aus, und zwar mangels Anhaltspunkten für eine
Schätzung. Sowohl für 1984 als auch für die Folgejahre fehlt es an
einer Schätzgrundlage. Die Tatsache einer zusätzlich gezahlten
Umsatzsteuer von 7.28O,- DM aufgrund hinzugeschätzter
Umsatzgeschäfte von 52.OOO,- DM vermag als solche keine
Schätzgrund-lage abzugeben. Ebensowenig vermögen dies die von der
Klägerin sporadisch aufgezählten Fehler des Be-klagten, ohne daß
näher dargelegt ist, ob und ggf. in welcher Weise sich etwaige
Fehler auf die Zu-schätzung ausgewirkt haben. Dabei übersieht der
Se-nat nicht, daß gemäß der Rechsprechung des Bundesge-richtshofs
(BGHZ 96, 29O, 292) nicht jeder einzelne zum Schaden führende
Vorgang, d.h. jeder konkrete Buchungsfehler nachvollziehbar zu
bezeichnen ist. Es ist jedoch erforderlich, zumindest exemplarisch
dar-zustellen, wie die jeweiligen Geschäftsvorfälle hät-ten richtig
gebucht werden müssen und wie sie zum Schaden geführt haben. Daran
fehlt es hier.</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">3. Schaden von 4.146,60 DM durch
Einschalten von Rechtsanwalt L.</p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Ein Schadensersatzanspruch steht der
Klägerin auch nicht im Hinblick auf die Einschaltung von
Rechtsan-walt L. anstelle des Beklagten im Rahmen des
Betriebsprüfungsverfahrens zu. Insoweit wird in vol-lem Umfang auf
die zutreffenden Ausführungen im an-gefochtenen Urteil Bezug
genommen,wonach sich aus dem Vortrag der Klägerin keine greifbaren
Anhalts-punkte ergeben, wie hoch konkret der Mehraufwand für
Rechtsanwalt L. infolge fehlerhafter Buchungen des Beklagten war.
Zwar hat die Klägerin ihrer Be-rechnung eine stundenweise
Abrechnung zugrundege-legt. Gleichwohl ist aber nicht erkennbar,
und zwar auch nicht ansatzweise, inwieweit dieser zusätzliche
Aufwand durch Buchführungsfehler des Beklagten be-dingt war und
inwieweit dadurch, daß - wie die vor-genommenen Zuschätzungen
zeigen - die Unterlagen un-vollständig waren. Letzteres aber ist
dem Beklagten nicht anzurechnen.</p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">4. Feststellungsantrag</p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Soweit die Klägerin die Begründetheit
der Feststel-lungsklage darauf stützt, auch bezüglich
Körper-schafts- und Gewerbesteuer seien die Buchungsfehler aus den
Jahren vor der Betriebsprüfung fortgeschrie-ben worden, kann auf
die Ausführungen zu 2) verwie-sen werden, wonach mangels
Feststellbarkeit des Kas-senbestandes zum 31.12.1984 eine
Schadensfeststel-lung nicht mehr möglich ist.</p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Klägerin kann einen
Schadensersatzanspruch auch nicht daraus herleiten, daß die
Finanzbehörde die dem Geschäftsführer der Klägerin gewährten
geldwer-ten Vorteile (Sachbezüge) als verdeckte Gewinnaus-schüttung
gewertet hat mit der Folge einer höheren Körperschaftssteuer. Das
Landgericht ist zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, daß ein
Fehlverhalten des Beklagten insoweit nicht schlüssig dargelegt ist.
Auf die Ausführungen dazu wird Bezug genommen. Diese werden durch
das Berufungsvorbringen nicht entkräf-tet. Nach wie vor trägt die
Klägerin nichts zum kon-kreten Inhalt der neuen Vereinbarung mit
dem Ge-schäftsführer ab November 1984 vor, entsprechend nichts zur
Kenntnis des Beklagten davon. Nur bei Kenntnis konnte der Beklagte
dies aber buchmäßig be-rücksichtigen. Mangels Vortrages, welche
Vereinba-rung die ursprüngliche abgelöst hat, ist auch nicht
ersichtlich, inwieweit vom Finanzamt der Klägerin zugerechnete
verdeckte Gewinnausschüttungen - unter-stellt, im Klageverfahren
vor dem Finanzgericht bleibt es bei dieser Zurechnung - zu einem
Schaden der Klägerin geführt haben; denn ein Schaden kann der
Klägerin nur insoweit entstehen, als die dem Ge-schäftsführer
tatsächlich gewährten Sachbezüge der Vereinbarung entsprachen.</p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Zum Schadensersatzanspruch der Klägerin
durch Fest-stellung der Gewerbesteuer für die Jahre 1985 bis 1987,
wozu in der Berufung keine weiteren Ausführun-gen gemacht worden
sind, wird ebenfalls in vollem Umfang auf die zutreffenden
Ausführungen des Landge-richts Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Kostenentscheidung folgt aus § 97
ZPO, die Ent-scheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 7O8
Rdnr. 1O, 711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Streitwert für die Berufung, zugleich
Wert der Be-schwer für die Klägerin: 74.176,23 DM</p>
|
314,994 | olgk-1991-01-23-2-u-5690 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 2 U 56/90 | 1991-01-23T00:00:00 | 2019-03-13T14:43:31 | 2022-10-18T15:09:19 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1991:0123.2U56.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline;"><b>T a t b e s t a n d :</b></span></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Parteien streiten um Schadensersatz
nach fehlgeschlagener Beteiligung der Be-klagten an einem
Bauherrenmodell, dessen Treuhänderin die Beklagte war.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Kläger waren für die Mitgliedschaft
in der Bauherrengemeinschaft "Wohnresidenz G. " in M. von der
Zeugin H. , einer Mitarbeiterin der Firma A. , geworben worden. Die
Firma A. war Vermittlerin des Projekts. Sie arbeitete mit dem
Prospektherausgeber und Initiator des Vorhabens, der Firma C. GmbH
und Co. KG eng zusammen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Beklagte war die im Prospekt für
die Beteiligung an der Anlage vorgesehene Treuhänderin, die die für
die Durchführung des Bauvorhabens wesentlichen Verträge im Namen
und für Rechnung der Bauherren ab-schließen sollte und später
abgeschlossen hat. Zur Funktion des Treuhänders enthielt der
Prospekt auf S. 30 folgende Angaben: "...die Beauftragung eines
rechtlich und wirtschaftlich von den anderen Vertrags-partnern
unabhängigen Treuhänders (hier: einer
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft) schafft die Voraussetzungen dafür,
daß die Interessen der Bauherren sachkundig ge-wahrt werden..."
Weiter war unter der Überschrift
"Prospektherausgeber/Prospekt-verantwortung" im Prospekt
ausgeführt, daß die Verantwortung für die Prospektangaben die
zukünftigen Vertragspartner je nach Verantwortungsbereich
übernehmen. Unter dem Verantwortungsbereich des Treuhänders war S.
34 aufgeführt: " Für die steuerli-chen und vertraglichen
Angaben."</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Zu der durch Vermietung des geplanten
Ob-jekts zu erreichenden Miete war auf S. 3 des Prospekts zunächst
unter der Über-schrift "Das Preisbrecher-Bauherrenmodell" in
Fettdruck ausgeführt, daß eine Miete von 9,-- DM /qm Wohnfläche
monatlich er-reicht werde. Im Prospekt heißt es S. 27 unter III.
"Miete" dazu weiter, ein Miet-vermittler habe sich unwiderruflich
ver-pflichtet, auf Wunsch des Bauherren einen gewerblichen Mieter
für die Dauer von fünf Jahren zu der im Prospekt genannten
Fest-miete zu vermitteln. Entsprechendes ergibt sich aus Ziff. XIV
(Mietvermittlungsver-trag) und XVII (Mietvertrag) der Rubrik
"Vertragliche Grundlagen" auf S. 31, 32 des Prospekts.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Auf S. 34 des Prospekts heißt es
hinsicht-lich der Verantwortung für die Prospektan-gaben betreffend
Vermietung, daß dafür der Mietervermittler verantwortlich sei. Auf
S. 35 des Prospekts ist unter den lei-stungsbereiten
Vertragspartnern unter dem Stichwort "Mietervermittlung" eine Firma
T. GmbH u. Co. KG aufgeführt. Der Prospekt enthielt für jeden
Wohnungstyp eine Modellrechnung für die Errichtungs-phase und eine
zweite für die Vermietungs-phase. In beiden Modellrechnungen wird
un-ter den Überschriften "Steuerersparnis" bzw. "Steuerliche
Betrachtung" in DM-Be-trag ausgewiesen , wobei als Klammerzusatz
hinzugefügt ist "Progression 58 %".</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Zu den Verflechtungen zwischen den am
Pro-jekt beteiligten Vertragspartnern heißt es auf dieser Seite:
"Ein Gesellschafter der Treuhänderin ist gleichzeitig
Gesellschaf-ter des steuerlichen Beraters. Herr V. ist
Gesellschafter und Geschäftsführer der C. GmbH ##blob##amp; Co.
Vermögensver-waltungs-KG und der X. V. mbH". Weitere Verflechtungen
werden nicht genannt.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Unter dem Titel
"Prospektherausgeber/Pro-spektverantwortung" heißt es S. 34 zur
Haftung: "Eine gesamtschuldnerische Haft-ung der Vertragspartner
des Bauherren für die Richtigkeit und Vollständigkeit für die
Prospektangaben ist damit ausgeschlos-sen. Eventuelle
Schadensersatzansprüche - auch aus dem gesetzlichen
Schuldverhält-nis der Vertragsanbahnung - verjähren mit dem Ablauf
des dritten Kalenderjahres nach ihrer Entstehung, soweit die
abzuschlie-ßenden Verträge eine andere Verjährungs-frist nicht
vorsehen. Die künftigen Ver-tragspartner des Bauherren haften für
die ihnen zuzurechnenden Prospektangaben nur im Rahmen und nach
Maßgabe der für den einzelnen Bauherren geschlossenen Verträ-ge. Im
übrigen ist ihre Haftung auf vor-sätzliche oder grob fahrlässige
Pflicht-verletzungen bei Ersatz nur der unmittel-baren Schäden
beschränkt".</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Das als Mietervermittler im Prospekt
ge-nannte Unternehmen, die Firma T. , war bereits vor
Prospekterstellung im Han-delsregister gelöscht worden. Dies war
auch bekannt gemacht worden. Am 10. No-vember 1983 verpflichtete
sich eine Firma P. , an Stelle der Firma T. dem gewerblichen
Zwischenmieter zu vermit-teln und die entsprechende Garantie zu
übernehmen. Diese Firmen T. und P. gehörten wie die Firma C. zur
sogenannten V. -Gruppe. Im Prospekt wurde auf die Verflechtung
nicht hingewie-sen. Sämtliche Firmen der V. -Gruppe sind in Konkurs
gegangen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Nach Prospekterstellung und vor
Beitritt der Kläger fanden am 22. Dezember 1983 ei-ne
Bauherrenversammlung statt, in deren Protokoll der Wechsel der
Person des Mie-tervermittlers von der Firma T. zur Firma P.
festgehalten wurde.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Am 28. Dezember 1983 nahmen die Kläger
durch notariell beurkundete Erklärung das notariell beurkundete -
für alle Bauherren gleichlautende - Vertragsangebot der Be-klagten
auf Abschluß eines Treuhandvertra-ges vom 12. November 1983 an. Der
Gesell-schaftsvertrag wurde am 30. Mai 1984 (Not-ar Dr. H. in K.
UR.Nr. 1291/1984) abgeschlossen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Im Rahmen der Annahme des
Treuhandvertra-ges füllten die Kläger auch eine sogenann-te
Selbstauskunft über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse aus.
In dieser Selbstauskunft steht in der Spalte "Bank-konto und
Sparbuch" der Betrag von 16.000,-- DM. Unter der Spalte monatliches
Einkommen aus Erwerbstätigkeit (das Wort netto ist gestrichen) ist
für den Kläger ein Betrag von 2.800,-- DM (x 12 1/2 Mona-te) und
für die Klägerin ein Betrag von 1.200,-- DM (x 14 Monate)
angegeben.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Der im Prospekt vorgesehene
Gesamtaufand für den von den Klägern erworbenen Typ B der
Eigentumswohnungen belief sich auf 182.838,-- DM. Davon sollten
18.284,-- DM Eigenkapital aufgebracht werden. Schon in der
Prospekteinleitung heißt es dazu, daß der Eigenkapitaleinsatz erst
am 10. Ju-ni 1984 zu leisten sei. Unter der Über-schrift
"Praktische Abwicklung" heißt es S. 33 weiter, daß das Eigenkapital
bis zum 10. Juni 1984 auf das vom Treuhänder ein-zurichtende Konto
bei der fremdfinanzie-renden Bank einzuzahlen ist.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Baufinanzierung wurde sodann von
der D. K. für Baufinanzierung KG durchgeführt, die gemäß ihrem
Angebot vom 27. Dezember 1984 für ein Gesamtdarle-hen von
183.000,-- DM bei 90 %-iger Aus-zahlung und einem Darlehenszins
satz von 6,125 % eine monatliche Leistungsrate von 934,06 DM
berechnete.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Mit Schreiben vom 28. Mai 1985 teilte
die Beklagte den Bauherren, darunter auch den Klägern, mit, daß die
Firma P. die Mietervermittlung zu den Prospektbedingun-gen infolge
Vertragsbrüchigkeit nicht ga-rantiere. Eine Endmiete von 10,--
DM/qm sei heute nicht mehr zu erzielen. Es sei daher ein neues
Konzept erarbeitet worden, bei dem sich ein Mietpreis von 6,25 DM
bzw. 7,35 DM (mit Miete der Kücheneinrich-tung) ergebe. Gleichwohl
seien die "pro-spektierten Werte" erreicht, was in dem Schreiben
näher ausgeführt wird. Aufgrund eines Vermittlungsangebots der
Firma T. sei zur Rettung der umsatzsteuerrechtli-chen Vorteile
nunmehr ein Mietvertrag mit der Anmietungsgesellschaft Pf. und
Partner abgeschlossen worden. Am Ende des Schreibens wird unter
Beifügung eines Ant-wortschreibens und Einverständniserklärung bis
zum 7. Juni 1985 gebeten. Die Beklagte hat ein von den Klägern
unterzeichnetes Antwortschreiben nicht vorgelegt. Die Klä-ger
tragen vor, sie hätten das Antwort-schreiben nicht unterzeichnet,
weil sie den Inhalt des Schreibens vom 28. Mai nicht verstanden
hätten.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Darlehensraten in Höhe von 934,06
DM sind zunächst einige Monate von den Klä-gern aus ihrem laufenden
Einkommen an die Finanzierungsbank gezahlt worden. Im Jahre 1986
zahlte das Finanzamt eine Vorsteuer-erstattung in Höhe von
15.342,82 DM an die Kläger. Von dem auf ein Geschäftskonto bei der
Landesgirokasse S. eingezahlten Betrag wurden in der Folgezeit die
monat-lichen Darlehensraten abgebucht. Im Ju-ni 1987 war dadurch
das Kontoguthaben ver-braucht. In der Folgezeit nahm die
Finan-zierungsbank Lohnpfändungen vor. Da die Kläger mit ihren
Verpflichtungen immer mehr in Rückstand gerieten, wurde auf An-trag
der Finanzierungsbank die Zwangsver-steigerung der Eigentumswohnung
durchge-führt, und durch Beschluß vom 28. Au-gust 1989 ist die
Eigentumswohnung für 75.500,-- DM zugeschlagen worden. Ein
ver-eidigter Sachverständiger hatte den Ver-kehrswert der
Eigentumswohnung am 24.04.1989 auf 105.000,-- DM geschätzt. Nach
der Aufstellung der Finanzierungsbank vom 16.11.1990 stehen per
30.11.1990 unter Berücksichtigung der Verrechnung des
Ver-steigerungserlöses und weiterer Zahlungen noch Schulden
Kapitalsaldo in Höhe von 108.608,99 DM offen.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Kläger haben behauptet, der
Verkaufs-prospekt enthalte falsche und unvollstän-dige Angaben,
insbesondere sei die dort ausgewiesene Miete von 9,-- DM pro qm von
Anfang an unrealistisch und zu keinem Zeitpunkt zu erzielen
gewesen. Bei Kennt-nis vom Ausfall des im Prospekt vorgesehe-nen
Mietgaranten und seiner und seines Nachfolgers Verflechtung mit den
Initiato-ren hätten die Kläger von einer Beteili-gung am Projekt
Abstand genommen. Auch weitere Verflechtungen seien nicht
offen-gelegt worden, was das Projekt von vorne-herein gefährdet
habe. Die Beklagte habe als Treuhänderin die Kläger darauf
hinwei-sen müssen, daß die Prospektberechnungen auf ihre
Einkommensverhältnisse nicht zu-träfen und sich das Projekt für
ihre Ver-hältnisse nicht eigne. Die Finanzierung sei nicht an ihren
unvorhergesehen ver-schlechterten Einkommensverhältnissen
ge-scheitert, sondern sie seien von vorneher-ein nicht in der Lage
gewesen, über einen längeren Zeitraum monatliche Darlehensra-ten
von 934,06 DM zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Kläger haben beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">1) die Beklagte zu verurteilen,</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">an sie 27.019,32 DM nebst 4 %</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Zinsen seit dem 21. Dezember 1989</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">zu zahlen,</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">2) die Beklagte zu verurteilen, sie</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">von sämtlichen Verpflichtungen</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">gegenüber der D. K. für B. , K. , K. ,
aus dem Darlehenskonto 1135 557 555 freizustellen, und zwar Zug
um</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Zug gegen Abtretung aller Rechte aus
den von der Beklagten in Er-</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">füllung des Treuhandvertrages vom</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">12. November/28. Dezember 1983 für die
Kläger geschlossenen Verträge, 3) festzustellen, daß die Beklagte
verpflichtet ist, ihnen alle weiteren Schäden zu ersetzen, die
diesen aus der Verletzung der vorvertraglichen Verpflichtungen der
Beklagten aus dem Geschäftsbesorgungsvertrags zwischen den Parteien
vom 13. November /28. Dezember 1983 nach dem 1. Dezember 1988 noch
entstehen.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Sie hat behauptet, die Angaben im
Ver-kaufsprospekt seien zum damaligen Zeit-punkt richtig und
vollständig gewesen. Der Eintritt des Schadens sei allein auf die
Nichtzahlung des Eigenkapitals in Höhe von rund 18.000,-- DM und
die Nichtzahlung der laufenden Raten zurückzuführen. Die nicht
offenbarten Verflechtungen seien für den Vertragsabschluß ohne
Bedeutung gewe-sen. Im übrigen habe sie dafür nicht ein-zustehen,
weil der Prospekt deutlich dar-auf hinweise, daß die Beklagte für
die An-gaben in bezug auf Herstellung und Vermie-tung des Objektes
keine Verantwortung übernehme. Sie hat außerdem die Einrede der
Verjährung erhoben.</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Durch das angefochtene Urteil, auf das
we-gen aller Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Landgericht
die Klage abge-wiesen. Es hat sich auf den Standpunkt ge-stellt,
daß die Beteiligung der Kläger al-lein an deren unzureichenden
finanziellen Möglichkeiten gescheitert sei. Es sei nicht
ersichtlich, inwieweit nicht offen-barte Verflechtungen für den
geltend ge-machten Schaden ursächlich geworden seien. Von den
Klägern sei auch nicht schlüssig vorgetragen, daß bei Erzielung der
pro-spektgemäßene Miete die noch ausstehenden Baukostenforderungen
so rasch hätten zu-rückgeführt werden können, daß das Schei-tern
der Finanzierung hätte vermieden wer-den können.</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Gegen diese Entscheidung richtet sich
die Berufung der Kläger. Sie führen zur Be-gründung im wesentlichen
aus, die Zeugin Frau H. , die sie unstreitig für den Beitritt zur
Bauherrengemeinschaft gewor-ben hat, habe als Mitarbeiterin der
Firma A. ihre Werbetätigkeit für und mit Wis-sen der Beklagten
ausgeübt. Sie habe bei den Vertragsanbahnungsgesprächen den
Klä-gern vorgerechnet, daß bei ihren konkreten
Einkommensverhältnissen und ihrer Besteue-rung im Ergebnis auf die
Dauer von 10 Jah-ren nur ein monatlicher Zuschuß von 90,-- DM bis
100,-- DM zum Erwerb der Ei-gentumswohnung erforderlich sei.
Nachdem sich später wesentlich höhere Belastungen durch die
Baufinanzierung herausgestellt hätten, habe Frau H. die Kläger
ver-tröstet, die Dinge kämen wieder in Ord-nung. Zur Nichtleistung
des Eigenkapitals in Höhe von 10 % des Gesamtaufwandes tra-gen die
Kläger vor, sie seien von der Be-klagten nicht aufgefordert worden,
das Ei-genkapital einzuzahlen, obwohl im Zeich-nungsschein vom 28.
Februar 1983 von Fäl-ligkeit "nach Aufforderung durch den
Treu-händer" die Rede sei. Die Beklagte sei im Rahmen ihrer Aufgabe
als Treuhänderin ver-pflichtet gewesen, dem Anleger unvollstän-dige
und unrichtige Angaben im Prospekt zu offenbaren. Da sie das nicht
getan habe, hafte sie wegen schuldhafter Verletzung vertraglicher
Beratungspflichten und auch wegen Verschuldens bei den
Vertragsver-handlungen. Sie habe die Kläger nicht über das
besondere Risiko des Beitritts aufge-klärt und müsse sich die
falschen Angaben der Zeugin H. über die Höhe der Bela-stung
zurechnen lassen.</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Beklagte habe ihre
Aufklärungspflicht ferner dadurch verletzt, daß sie weder im
Prospekt noch bei den Vertragsverhandlun-gen darauf hingewiesen
habe, daß der im Prospekt genannte Mietgarant ausgefallen sei und
ein zuverlässiger neuer Mietgaran-tiegeber noch nicht
bereitgestandene habe. Der Inhalt des Protokolls der
Bauherren-versammlung vom 22. Dezember 1983 sei ih-nen nicht
bekannt geworden. Aus dem Schreiben vom 28. Mai 1985 sei für einen
gewöhnlichen Anleger nicht erkennbar gewe-sen, daß damit auf die im
Prospekt zuge-sagte Garantiemiete verzichtet werde. Auch die
unvollständige Mitteilung der Ver-flechtungen zwischen den
einzelnen Ver-tragspartnern des Projekts sei ursächlich für den
Beitritt zur Bauherrengemeinschaft gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Der entstandene Schaden sei als
Rückab-wicklungsschaden zu berechnen.</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Kläger beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">das angefochtene Urteil teilweise</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">abzuändern und</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">1) die Beklagte zu verurteilen,</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">a) die Kläger von der Verbind-</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">lichkeit gegenüber der D. B. (Filiale
K. )</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">- Konto Nr. 857974330 - frei-</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">zustellen und</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">b) an die Kläger 43.954,13 DM zu-</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">züglich 4 % Zinsen aus 29.524,38 DM
seit dem 1. Januar 1990 sowie 4 % Zinsen aus weiteren 14.328,75 DM
seit dem 1. Dezember 1990 zu zahlen</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">2) festzustellen, daß die Beklagte
verpflichtet ist, den Klägern den Betrag zu erstatten, den diese
von der Vorsteuererstattung des Finanzamts in Höhe von 15.342,82 DM
(Beitritt zur Bauherrengemeinschaft Wohnresidenz G. M.</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">- vom 28. Dezember 1983) aufgrund eines
etwaigen - rechtmäßigen - Bescheids des zuständigen Finanzamts
wieder zurückzahlen müssen, und zwar unter Anrechnung etwaiger bei
den Klägern verbleibender Einkommensteuervorteile aus dem Beitritt
zur Bauherrengemeinschaft vom 28. Dezember 1983.</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Sie verteidigt das angefochtene
Urteil.</p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Sie sei insbesondere nicht verpflichtet
gewesen, die Bonität der Kläger zu prü-fen, die im übrigen von der
Auskunftei Sch. für eine Darlehensgewährung in Höhe von 182.837,50
DM positiv beur-teilt worden sei. Es könne auch nicht da-von
ausgegangen werden, daß das Objekt an-gesichts ihrer
Einkommensverhältnisse für die Kläger ungeeignet gewesen sei. Daß
es zu Verzugsschäden und zur Zwangsversteige-rung gekommen sei, sei
auf die verschulde-te Zahlungsverzögerung bzw. Nichtleistung der
Eigenmittel durch die Kläger zurückzu-führen. Der Senat hat Beweis
erhoben durch Vernehmung der Zeugin H. . Wegen des Ergebnisses der
Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift im Protokoll vom 19.
No-vember 1990 Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Wegen aller weiteren Einzelheiten des
Sach- und Streitstandes wird auf den In-halt der von den Parteien
gewechselten Schriftsätze sowie der von ihnen einge-reichten
Unterlagen ergänzend Bezug genom-men.</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
:</p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">I.</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die zulässige Berufung ist zum
überwiegen-den Teil begründet, im übrigen aber unbe-gründet.</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Den klagenden Eheleuten steht gegen die
Beklagte ein Schadensersatzanspruch zu, der sowohl aus den
Grundsätzen der von der Rechtsprechung entwickelten
Prospekthaf-tung als auch aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens
bei den Vertragsverhandlungen folgt. Die Schadensersatzpflicht ist
al-lerdings hinsichtlich des Umfangs des zu leistenden Ersatzes
durch ein Mitverschul-den der Kläger eingeschränkt.</p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">II.</p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">1)</p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Voraussetzungen der
Prospekthaftung, die auch auf Bauherrenmodelle Anwendung findet
(BGH NJW 1990, 2461 = WM 1990, 1276 und WM 1990, 1658 m.w.N.) sind
erfüllt, denn die Beklagte ist Prospektgarantin, der Prospekt ist
fehlerhaft, wofür die Be-klagte (mit) verantwortlich ist und die
Fehlerhaftigkeit des Prospekts hat zum Vertragsschluß und einem
dadurch verur-sachten Schaden der Kläger geführt.</p>
<span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">a)</p>
<span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Der Prospekt war hier eine wesentliche
In-formationsquelle für die Kläger als Kapi-talanleger. Er muß
deshalb alle Angaben enthalten, die für die Anlageentscheidung von
wesentlicher Bedeutung sind. Der Bun-desgerichtshof (WM 1990, 1658
(1659)) hat dazu ausgeführt: "nur wenn diese Angaben vollständig
und richtig sind, hat der In-teressent die Möglichkeit, seine
Entschei-dung frei von Fehlvorstellungen zu tref-fen, die auf
mangelhafte Sachinformation zurückzuführen sind. Andere
Informations-quellen sind dem Interessenten regelmäßig nicht
zugänglich. Nur unter der Vorausset-zung, daß die durch den
Prospekt vermit-telte Information vollständig und richtig ist, kann
der Kunde die ihm angebotene Ka-pitalanlage objektiv beurteilen und
sein Anlagerisiko, das ihm ohnehin verbleibt, richtig
einschätzen....Für die Vollstän-digkeit und Richtigkeit der in
Verkehr ge-brachten Prospekte muß deswegen jeder ein-stehen, der
durch den Prospekt auf den Entschluß eines Kapitalanlegers Einfluß
genommen hat". Dem schließt sich der Senat an.</p>
<span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">b)</p>
<span class="absatzRechts">124</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Beklagte war als Treuhänderin für
den Inhalt des Prospekts verantwortlich. Dies ergibt sich zunächst
daraus, daß die Be-klagte auf Seite 34 des Prospekts unter der
Überschrift Prospektherausgeber-Pro-spektverantwortung ausdrücklich
als ver-antwortlich "für die steuerlichen und ver-traglichen
Angaben" bezeichnet ist. Dar-überhinaus ist sie aber auch für den
übri-gen für die Anlageentscheidung wesentli-chen Prospektinhalt
als Prospektgarantin verantwortlich. Neben den Initiatoren und
Gestaltern des Vorhabens sind nämlich Pro-spektgaranten alle
Personen, die durch ih-re erkennbare Mitwirkung an der
Prospekt-gestaltung einen besonderen Vertrauenstat-bestand
schaffen. Hierzu zählen insbeson-dere Personen, die mit Rücksicht
auf ihre allgemein anerkannte und herausgehobene berufliche und
wirtschaftliche Stellung oder wegen ihrer Eigenschaft als
berufsmä-ßige Sachkenner dem Anlageinteressenten als besonders
vertrauenswürdig erscheinen. Namentlich Wirtschaftsprüfer und
Steuerbe-rater genießen solches Ansehen und nehmen daher eine
besondere Vertrauensstellung ein, wenn sie mit ihrer Zustimmung im
Pro-spekt als Sachverständige angeführt werden (so BGH WM 1990,
1658 (1660)). Hier heißt es auf Seite 30 des Prospekts unter der
Überschrift "Vertragliche Grundlagen I. Treuhandvertrag"
wörtlich:".....die Be-auftragung eines rechtlich und
wirtschaft-lich von den anderen Vertragspartnern un-abhängigen
Treuhänders (hier einer Wirt-schaftsprüfungsgesellschaft) schafft
die Voraussetzungen dafür, daß die Interessen der Bauherren
sachkundig gewahrt werden."</p>
<span class="absatzRechts">126</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">127</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Wenn im Prospekt in dieser Weise mit
der Unabhängigkeit eines neutralen Treuhänders geworben wird,
schafft der Prospekt damit ein Vertrauen in die Beklagte für die
ge-samte Anlage. Die im Gegensatz dazu ste-hende Einschränkung der
Prospektverantwor-tung auf Seite 34 des Prospekts (sektorale
Aufteilung der Verantwortung hinsichtlich des Prospekts) verstößt
insoweit gegen § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG und ist damit nichtig. Die
Anwendung des AGB-Gesetzes ist hier nicht durch § 23 AGBG
ausgeschlossen, da der Vertrag zwischen den Klägern und der
Beklagten ein Geschäftsbesorgungsvertrag ist. Die im Prospekt
hervorgehobene allge-meine Vertrauensstellung der Beklagten als
Treuhänderin ist hier eine wesentliche Pflicht, die sich aus der
Natur des Ver-trages ergibt, so daß die an anderer Stel-le
vorgesehene Einschränkung der Verant-wortung die Erreichung des
Vertragszwecks insoweit gefährdet. Das gilt jedenfalls für alle
Prospektangaben, die sich wesent-lich auf die Risikolage für den
Anleger auswirken. Dazu gehören insbesondere die Angaben über die
Höhe der erzielbaren Mie-ten und die Sicherung des Anlegers durch
den dafür vorgesehenen Mietgaranten. Die gesamte
Wirtschaftlichkeitsberechnung des Projekts stand und fiel mit der
tatsächli-chen Erreichung der im Prospekt angegebe-nen Mieten und
ihrer Garantie durch den Mietervermittler.</p>
<span class="absatzRechts">128</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">129</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">c)</p>
<span class="absatzRechts">130</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">131</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Der beschriebenen Prospektverantwortung
der Beklagten steht auch nicht entgegen, daß die Kläger durch die
Zeugin H. , die Mitarbeiter der Prospektherausgeberin A. war, vor
dem Beitritt belehrt worden wäre. Bei der Zeugin H. handelte es
sich um eine nicht fachlich vorgebildete auf seiten der Initiatoren
stehende Werbe-rin, die auch nach dem Inhalt ihrer Aussa-ge die
Kläger nicht über die besonderen Risiken der Anlage aufgeklärt
hat.</p>
<span class="absatzRechts">132</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">133</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">2)</p>
<span class="absatzRechts">134</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">135</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Der Prospekt ist in mehrfacher Hinsicht
mangelhaft.</p>
<span class="absatzRechts">136</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">137</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">a)</p>
<span class="absatzRechts">138</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">139</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Ein wesentlicher Prospektmangel liegt
zu-nächst darin, daß die im Prospekt genannte Mietervermittlerin,
die Firma T. , bereits vor Prospekterstellung im Handels-register
gelöscht worden war. Schon vor dem Beitritt der Beklagten hatte
sich im übrigen eine Firma P. an Stel-le der Firma T. verpflichtet,
den gewerblichen Zwischenmieter zu vermit-teln und die
entsprechende Mietgarantie zu übernehmen. Über diese Änderung
hätten die Kläger unterrichtet werden müssen, weil schon allein die
Tatsache, daß ein für den Anlageerfolg maßgebender Garan-tiegeber
entgegen dem Prospektinhalt die versprochenen Leistungen nicht
erbringen kann, für die Anlageentscheidung von we-sentlicher
Bedeutung sein kann. Es liegt auf der Hand, daß die vorzeitig
eingetre-tene Insolvenz oder das sonstige Erlöschen eines
wesentlichen Garantiegebers geeig-net ist, den durchschnittlichen
Anleger in besonderer Weise auf die mit der Anlage verbundenen
Risiken hinzuweisen. Die Be-klagte kann sich nicht darauf berufen,
daß sie zum Zeitpunkt des Beitritts der Kläger einen neuen
Mietervermittler ge-funden hatte, nämlich die Firma P. , die
inhaltsgleiche Garantien wie die Fir-ma T. abgegeben hatte. Der
Wech-sel des Mietgaranten hätte schon deshalb dem Anleger bekannt
gemacht werden müssen, weil schon die Tatsache des Wechsels die
Risikobehaftung der Zusage, auf die der Anleger sich verlassen zu
können glaubte, offenbarte.</p>
<span class="absatzRechts">140</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">141</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">b)</p>
<span class="absatzRechts">142</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">143</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Der Prospekt war weiter deshalb
mangel-haft, weil die Verflechtungen der betei-ligten Firmen
unvollständig angegeben wa-ren. Sowohl die ursprünglich
vorgesehe-ne Mietervermittlerin T. als auch die später
eingeschaltete Mieterver-mittlerin P. waren mit dem
Finanzie-rungsgaranten und dem Bürgen, der Firma X. V. GmbH bzw.
der C. GmbH und Co. KG Vermögensverwaltungs-KG verflochten. Diese
Verflechtung mit der V. -Gruppe als einer der beiden Initia-toren
ist von Bedeutung, da ein unabhängi-ger Mietervermittler eine
Garantie der Be-dingungen, zu denen er einen Mieter ver-mitteln
wird, regelmäßig nur dann abgeben wird, wenn er sicher ist, die
Bedingungen erzielen zu können, da er anderenfalls seine Existenz
gefährdete. Ein mit den Initiatoren verflochtener Mietervermittler
wird jedoch unter Umständen wirtschaftlich unvernünftige Garantien
abgeben, weil dies im Gesamtinteresse der Initiatoren am Ver-trieb
des Objektes liegt. Die Garantie des Mietervermittlers für die zu
erzielende Miete war besonders wichtig, was bereits durch den
zentralen Werbeslogan, mit dem auf Seite 3 des Prospektes geworben
wurde, dokumentiert wird ("das Preisbrecher-Bau-herrenmodell...
Preise aus den 70-er Jah-ren.... Mieten aus den 80-er Jahren: DM
9,--/qm Wohnfläche monatlich!"). Diese Prospektangaben sind in
Fettdruck hervor-gehoben und vermitteln schon durch ihre zentrale
Stellung in der Einleitung des Prospekts den Eindruck, als ob sich
der Erwerber auf einkommende Mieten in dieser Höhe ohne
Einschränkung und unbedingt ver-lassen könne. Die Irreführung durch
die Nichtangabe der Verflechtung im Prospekt hat besondere
Bedeutung, weil zwei Teil-verflechtungen offenbart worden sind,
aber alle übrigen verschwiegen worden sind, denn aus der Angabe von
Teilverflechtun-gen schließt der unbefangene Anleger , das weitere
Verflechtungen eben nicht be-stehen.</p>
<span class="absatzRechts">144</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">145</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">c)</p>
<span class="absatzRechts">146</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">147</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Mangelhaft ist der Prospekt weiterhin
in bezug auf die Berechnung der anfallenden Steuerersparnisse im
Rahmen der Modell-rechnungen für die Herstellungs- und
Ver-mietungsphase. Die Berechnungen basieren auf dem Einsatz einer
Einkommensteuerer-sparnis bei einer Progression von 58 %, die der
durchschnittliche Anleger bei wei-tem nicht erreicht. Nach dem
eigenen Vor-trag der Beklagten sind für das Objekt im wesentlichen
Anleger geworben worden, die über ein Einkommen in der
Größenordnung von etwa 50.000,-- DM jährlich verfügten (vgl.
Schriftsatz der Beklagten vom 9. Ok-tober 1990, S. 27 unten). Wenn
bei einem derartigen Adressatenkreis in der Modell-rechnung die
Einkommensteuerersparnis mit einem bestimmten DM-Betrag ausgewiesen
ist und dies lediglich mit dem Klammerzusatz "Progression 58 %"
erläutert wird, ist dies für die Anleger irreführend. Der
durchschnittliche Anleger dieser Einkom-mensklasse ist nicht in der
Lage, ohne weiteres zu beurteilen, in welcher Größen-ordnung für
ihn eine Einkommensteuerer-sparnis in Betracht kommt. Der
Prospekt-verantwortliche muß daher mindestens klar-stellen, bei
welchem Einkommen von einer Progression in Höhe von 58 %
ausgegangen werden kann.</p>
<span class="absatzRechts">148</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">149</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Ein weiterer Prospektmangel der
Modell-rechnung liegt darin, daß in der Modell-rechnung die Tilgung
nicht - und zwar auch nicht in Höhe des Disagios - berücksich-tigt
worden ist. Zwar erklärt der Prospekt an sich zutreffend
ausdrücklich, daß die Tilgung nicht zu berücksichtigen sei, da sie
nur eine Vermögensverschiebung dar-stelle. Dies berücksichtigt aber
nicht, daß außerdem das Disagio mit 10 % der Dar-lehenssumme
zurückzuführen ist.</p>
<span class="absatzRechts">150</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">151</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">3)</p>
<span class="absatzRechts">152</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">153</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Mangelhaftigkeit des Prospektes ist
von der Beklagten auch zu vertreten. Die im Prospekt enthaltene
Beschränkung der Verantwortlichkeit auf grobe Fahrlässig-keit ist
wegen Verstosses gegen § 9 Abs. 2 AGBG unwirksam. Dies folgt
daraus, daß der Anleger sich gerade auf eine mit der übli-chen
Sorgfalt vorgenommene Überprüfung durch den Treuhänder verläßt, so
daß eine Einschränkung seiner Rechte in diesem Punkt die Erreichung
des Vertragszwecks gefährden würde. Die Beklagte hat hin-sichtlich
der genannten Prospektmängel mindestens fahrlässig gehandelt, denn
als Wirtschaftsprüferin hätte sie Existenz und Zuverlässigkeit der
genannten Garantiege-ber überprüfen müssen, sich über
Verflech-tungen eingehend informieren müssen und die
wirtschaftlichen Berechnungen klar und vollständig anstellen
müssen.</p>
<span class="absatzRechts">154</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">155</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">III.</p>
<span class="absatzRechts">156</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">157</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Beklagte ist den Klägern auch nach
den Grundsätzen des Verschuldens bei den Ver-tragsverhandlungen
(culpa in contrahendo) zum Schadensersatz verpflichtet. Ansprüche
aus Prospekthaftung und aus culpa in con-trahendo bestehen
nebeneinander (BGH NJW 1990, 2461 = WM 1990, 1276). Die Beklagte
hat als vorgesehene Treuhänderin besonde-res persönliches Vertrauen
in Anspruch ge-nommen. Dabei kommt es nicht darauf an, daß die
Beklagte nicht mit den Klägern persönlich verhandelt hat, es genügt
viel-mehr, daß der Beitritt zur Bauherrenge-meinschaft über die
Beklagte erfolgt ist, denn schon darin liegt die Inanspruchnahme
besonderen persönlichen Vertrauens (vgl. BGH NJW 1984, 2523 und BGH
Urt. v. 25.10.1990 - VII ZR 284/88 -).</p>
<span class="absatzRechts">158</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">159</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Beklagte hat gegen ihre
Aufklärungs-pflichten im Rahmen der Vertragsverhand-lungen
verstoßen. Sie kannte nach der ihr vorliegenden Selbstauskunft der
Kläger de-ren Einkommens- und Vermögensverhältnisse und konnte
erkennen, daß die Modellrech-nungen im Prospekt auf die Einkommens-
und Vermögensverhältnisse der Kläger nicht zu-trafen. Die Beklagte
hat ihre Informa-tionspflichten auch nicht durch Einschal-tung der
Zeugin H. erfüllt, denn diese ist nach ihrem eigenen Vortrag nicht
für sie, sondern für die Vermittlerin tätig geworden. Insbesondere
wäre die Beklagte verpflichtet gewesen, darauf hinzuweisen, daß die
in der kalkulatorischen Gesamtbe-trachtung vorgesehene
Einkommenssteuerer-sparnis von 7.861,-- DM bei den
Einkom-mensverhältnissen der Kläger bei weitem nicht erreicht
wurde, da dies eine Einkom-menssteuerprogression von 58 %
voraussetz-te. Bei den Einkommens- und Vermögensver-hältnissen der
Kläger war eine solche Pro-gression von vorneherein nicht
erreichbar. Die Kläger hätten von der sachkundigen Be-klagten
vielmehr über die auf sie nach ih-ren Verhältnissen zukommende
Gesamtbela-stung hingewiesen werden müssen und auch darauf, daß bei
einer Verschlechterung der Einkommensverhältnisse im Verlauf der
nächsten 5 Jahre die in die Rechnung ein-gestellte
Einkommenssteuerersparnis noch geringer sein könnte, ohne daß dies
auf die laufenden Verpflichtungen einen Ein-fluß hatte. Diese
Pflichten bestehen je-denfalls dann, wenn - wie hier - der
Treu-händer erkennen kann, daß sich die Anleger an dem Objekt schon
wegen der Entfernung von ihrem Wohnort nicht etwa mit dem Ziel
einer späteren Eigennutzung beteiligen, sondern wenn die
Rentabilität der Beteili-gung wegen der den Sachwert erheblich
übersteigenden Projektkosten (hier: Kosten für die Sachsubstanz von
112.000,-- DM ge-genüber Gesamtkosten des Projekts für den Anleger
in Höhe von ca. 182.000,-- DM) entscheidend von den Steuervorteilen
ab-hängt.</p>
<span class="absatzRechts">160</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">161</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Weiter sind, wie schon zur
Prospekthaftung ausgeführt, Aufklärungspflichten in bezug auf die
Sicherheit der Erzielung der im Prospekt eingesetzten Mieten, der
beste-henden Verflechtungen und der Nichtberück-sichtigung des
Disagios in der Modellrech-nung verletzt worden.</p>
<span class="absatzRechts">162</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">163</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Pflichtverletzungen hat die
Beklagte zu vertreten , da auch in bezug auf die Ansprüche aus
culpa in contrahendo die Be-schränkung der Verantwortlichkeit auf
gro-be Fahrlässigkeit wegen Verstoßes gegen § 9 Abs. 2 AGBG
unwirksam ist.</p>
<span class="absatzRechts">164</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">165</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">IV.</p>
<span class="absatzRechts">166</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">167</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">1.</p>
<span class="absatzRechts">168</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">169</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Belastung mit den vertraglichen
Ver-pflichtungen durch Beitritt zur Bauherren-gemeinschaft ist ein
unmittelbar kausal verursachter Schaden sowohl aufgrund des
mangelhaften Prospektes als auch der Pflichtverletzungen bei den
Vertragsver-handlungen. Bei der Frage nach dem Kausal-zusammenhang
ist nicht auf das letzte, sondern auf das erste Glied der
Ursachen-kette, mithin auf die Anlageentscheidung abzustellen (so
BGH NJW 1990, 2461 = WM 1990, 1276). Der ohne die richtige
Infor-mation getroffene Anlageentschluß ist von den Mängeln dieser
Information beeinflußt. Die mit der unzulänglichen Information
verbundene Gefahr, das Anlagerisiko zu verkennen, hat sich in der
nachfolgenden Anlageentscheidung in zurechenbarer Weise
verwirklicht.</p>
<span class="absatzRechts">170</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">171</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Beklagte hat demgegenüber nicht
darge-legt und bewiesen, daß sich ihre Pflicht-verletzung auf den
Schadenseintritt nicht ausgewirkt hat. Steht die Verletzung einer
Aufklärungspflicht fest, bleibt aber un-klar, wie sich der
Vertragspartner bei ge-höriger Erfüllung der Aufklärungspflicht
verhalten hätte, so geht diese Unklarheit zu Lasten des
Aufklärungspflichtigen, denn die Aufklärungspflicht dient dazu, dem
Vertragspartner Klarheit über das mit dem Vertragsschluß verknüpfte
Risiko zu ver-schaffen (BGH WM 1990, 1659 und NJW 1990, 2461 = WM
1990, 1276; NJW-RR 1989, 150).</p>
<span class="absatzRechts">172</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">173</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Hier hat die Beklagte nicht schlüssig
dar-getan, daß sich die Kläger auch bei gehö-riger Information am
Projekt beteiligt hätten. Dazu reicht nicht aus, daß die Kläger von
einigen Mängeln des Prospekts (Austausch des Mietervermittlers,
Erzie-lung einer geringeren Miete) später Kennt-nis erlangt haben,
ohne daraufhin Rechte gegen die Beklagte oder andere
Verantwort-liche geltend zu machen. Es ist nicht dar-getan, daß die
rechtlich unerfahrenen Klä-ger zum damaligen Zeitpunkt Kenntnis von
ihren Rechten gehabt hätten. Aus der blo-ßen Entgegennahme von
Informationen ergibt sich das Einverständnis nicht. Wenn die
Verantwortlichen für die fehlerhafte In-formation die Information
nach Vertrags-schluß richtigstellen, können sie sich auf ein
Einverständnis durch konkludentes Ver-halten grundsätzlich nur
berufen, wenn sie die Geschädigten auch auf ihre Rechte
hin-gewiesen haben, falls nicht ausnahmsweise davon auszugehen ist,
daß die Geschädigten ihre Rechte kennen (vgl. BGH WM 1988,
1685).</p>
<span class="absatzRechts">174</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">175</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">2.</p>
<span class="absatzRechts">176</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">177</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Bei unzutreffender Prospektinformation
liegt ebenso wie bei c.i.c. der Schaden grundsätzlich darin, daß
der Anleger dem Bauherrenmodell beigetreten ist. Der
Scha-densausgleich erfolgt daher in beiden Fäl-len durch
Rückzahlung der Aufwendungen ge-gen Rückübertragung der Beteiligung
(OLG Köln EWiR 1987, 348 m. Anm. Rumler-Det-zel).</p>
<span class="absatzRechts">178</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">179</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Ersatzfähiger Schaden sind daher alle
Zah-lungen, die die Kläger in Zusammenhang mit dem Projekt
freiwillig oder aufgrund von Pfändungen geleistet haben, die
eingegan-genen Verpflichtungen gegenüber der finan-zierenden Bank
sowie die drohende Rückfor-derung durch das Finanzamt. Der Umstand
, daß es zur Zwangsversteigerung des Objekts gekommen ist, ändert
daran grundsätzlich nichts. Schadensmindernd sind die Posten
anzusetzen, die in Zusammenhang mit dem Projekt in das
Privatvermögen der Kläger geflossen sind. Dies sind die
Vorsteuerer-stattung durch das Finanzamt in Höhe von 15.342,82 DM
und die Miete für Januar 1986 in Höhe von 372,18 DM.</p>
<span class="absatzRechts">180</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">181</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">3)</p>
<span class="absatzRechts">182</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">183</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">a)</p>
<span class="absatzRechts">184</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">185</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Schadensersatzpflichtung der
Beklagten ist dem Grunde nach nicht durch ein Mit-verschulden der
Kläger gemäß § 254 BGB eingeschränkt. Die Beklagte kann sich nicht
darauf berufen, daß die Kläger bei der Anlageentscheidung selbst
hätten er-kennen können, daß das Anlageprojekt für sie nicht
geeignet war. Da es gerade Auf-gabe der Beklagten war, die Kläger
durch einen richtigen Prospektinhalt bzw. durch zutreffende
Information vor Vertragsschluß über die Risiken aufzuklären, kann
sie sich nicht darauf berufen, daß die Kläger anderweitige
Informationen hätten einholen müssen (vgl. BGH NJW-RR 1988, 856,
Pa-landt-Heinrichs, 50. Aufl., § 254 BGB Rn. 19 m. w. N.).</p>
<span class="absatzRechts">186</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">187</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">b)</p>
<span class="absatzRechts">188</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">189</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Hinsichtlich der Höhe des eingetretenen
Schadens müssen sich die Kläger allerdings gemäß § 254 BGB ein
Mitverschulden zurech-nen lassen. Daß es zur Zwangsversteigerung
des Objekts gekommen ist, ist im Wesentli-chen auf das eigene
Verhalten der Kläger zurückzuführen, die über längere Zeit hin-weg
die eingegangenen Verpflichtungen nicht erfüllt haben.</p>
<span class="absatzRechts">190</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">191</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Es ist zwar grundsätzlich das Risiko
des Schädigers, daß der Geschädigte auch wegen des Hinzutretens
weiterer Umstände (Kurz-arbeit, Geburt des zweiten Kindes) das für
ihn ohnehin ungeeignete Objekt nicht hal-ten kann. Hier sind die
Zahlungsverzöge-rungen aber nur teilweise auf solche Um-stände
zurückzuführen, und die Kläger ha-ben es auch versäumt, rechtzeitig
Rechte gegen die Beklagte geltend zu machen und sie aufzufordern
bzw. ihr Gelegenheit zu geben, die verlustbringende
Zwangsverstei-gerung zu vermeiden.</p>
<span class="absatzRechts">192</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">193</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme
kön-nen sich die Kläger insoweit auch nicht auf eine Falschberatung
durch die Zeugin H. berufen, denn die Vernehmung der Zeugin hat
nichts dafür ergeben, daß diese für die Beklagte aufgetreten ist
und nach dem Beginn der Zahlungsverzögerungen die Kläger im Namen
der Beklagten mit Worten wie "es komme schon alles wieder in
Ord-nung" vertröstet hat.</p>
<span class="absatzRechts">194</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">195</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Das Mitverschulden der Kläger für die
Höhe des enstandenen Schadens bemißt der Senat gemäß § 287 ZPO so ,
daß die Kläger die Differenz zwischen dem Verkehrswert des Objektes
(105.000,-- DM nach dem Gutachten des Sachverständigen im
Zwangsversteige-rungsverfahren, an dessen Richtigkeit kein Anlaß zu
zweifeln besteht) und dem Ver-steigerungserlös (75.500,-- DM) nicht
er-setzt verlangen können. Weiter können die Kläger die durch die
Zwangsversteigerung verursachten Kosten, die in der Verpflich-tung
gegenüber der Bank enthalten sind, nicht ersetzt verlangen
(1.496,60 DM nach der Kontoabrechnung der D. K. für B. vom
24.01.1990).</p>
<span class="absatzRechts">196</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">197</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Ein weitergehendes Mitverschulden an
der Höhe des enstandenen Schadens berücksich-tigt der Senat nicht,
da es insoweit an einer Schätzungsgrundlage fehlt und sich die
Beklagte nicht darauf berufen kann, so gestellt zu werden, wie sie
bei pünktli-cher Verpflichtungserfüllung durch die Kläger
stünde.</p>
<span class="absatzRechts">198</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">199</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">c)</p>
<span class="absatzRechts">200</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">201</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Zu ersetzen sind daher folgende
Beträge:</p>
<span class="absatzRechts">202</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">203</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">(1)</p>
<span class="absatzRechts">204</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">205</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Gezahlte Leistungsraten vom 01.12.1985
- 01.05.1987 zu je 934,06 DM, wobei die am 01.01.1986 eingezogene
Rate nur 171,06 DM betrug. 171,06 DM + 17 x 934,06 DM = 16.050,08
DM. Für die Folgezeit sind Lei-stungsraten dem Konto belastet, aber
nicht von den Klägern bezahlt worden.</p>
<span class="absatzRechts">206</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">207</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">(2)</p>
<span class="absatzRechts">208</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">209</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Lohnpfändungen von Januar 1988 bis
Dezem-ber 1989 = 8.041,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">210</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">211</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">(3)</p>
<span class="absatzRechts">212</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">213</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Im Jahre 1990 geleistete Zahlungen nach
dem unwidersprochen gebliebenen Schrift-satz vom 19.11.1990 der
Kläger: 14.328,75 DM</p>
<span class="absatzRechts">214</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">215</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Summe (1) - (3) = 38.419,83 DM. Von
diesem Betrag sind die erhaltene Vorsteuer (15.342,82 DM) und die
Miete für Januar 1986 (372,18 DM) abzuziehen, so daß 22.704,83 DM
verbleiben.</p>
<span class="absatzRechts">216</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">217</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">d)</p>
<span class="absatzRechts">218</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">219</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Ferner hat die Beklagte die KLäger von
der Verbindlichkeit gegenüber der D. K. für B. (jetzt: D. B. ,
Filiale K. ) abzüglich ei-nes Betrages von 31.996,60 DM nebst den
auf diesen Betrag entfallenden Zinsen seit dem 28.11.1989
freizustellen, wobei der Senat vom Zeitpunkt der Auszahlung des
Steigerlöses ausgeht, da ohne das Mitver-schulden der Kläger das
Darlehen um den vollen Verkehrswert zurückgeführt worden wäre bzw.
das Darlehenskonto nicht mit Ko-sten der Zwangsversteigerung
belastet wor-den wäre.</p>
<span class="absatzRechts">220</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">221</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">e)</p>
<span class="absatzRechts">222</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">223</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Das Feststellungsbegehren ist
gerechtfer-tigt, da den Klägern ohne den Vertrags-schluß keine
Steuerrückforderung durch das Finanzamt drohen würde.</p>
<span class="absatzRechts">224</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">225</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">f)</p>
<span class="absatzRechts">226</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">227</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Zinsforderung folgt aus § 291
BGB.</p>
<span class="absatzRechts">228</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">229</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">4)</p>
<span class="absatzRechts">230</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">231</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Ansprüche aus Prospekthaftung und
Ver-schulden bei Vertragsschluß sind nicht verjährt.</p>
<span class="absatzRechts">232</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">233</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Nach dem Treuhandvertrag , auf dessen
Ver-jährungsfrist der Prospekt verweist (S. 34 des Prospekts:
Eventuelle Schadensersatz-ansprüche - auch aus dem gesetzlichen
Schuldverhältnis der Vertragsanbahnung - verjähren mit Ablauf des
dritten Kalender-jahres nach ihrer Entstehung, soweit die
abzuschließenden Verträge eine andere Ver-jährungsfrist nicht
vorsehen) verjähren Schadensersatzansprüche mit Ablauf des fünften
Kalenderjahres , das auf die Been-digung des Treuhandverhältnisses
folgt (Ziff. IV 4 (5) des Treuhandvertrages). Sowohl die
Formulierung im Prospekt als auch die im Treuhandvertrag läßt nicht
die Auslegung zu, daß für Ansprüche aus Pro-spekthaftung und c. i.
c. etwas anderes gelten sollte. Da das Treuhandverhältnis
jedenfalls bis März 1986 bestanden hat (Erteilung der
Kapitalabflußrechnung), ist die Verjährung rechtzeitig unterbrochen
worden. Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß die aus § 20 V KAGG
abgeleitete kurze Verjährung nach der neuesten Rechtspre-chung des
Bundesgerichtshofs (NJW 1990, 2461 = WM 1990, 1276 und Urt. v.
25.10.1990 - VII ZR 284/88) auf das Bau-herrenmodell nicht
anwendbar ist, wobei der BGH offengelassen hat, ob die Ansprü-che
nach § 638 BGB oder nach § 195 BGB verjähren. Auch nach diesen
Maßstäben ist die Verjährung nicht eingetreten, da das am
29.11.1988 eingereichte Prozeßkosten-hilfegesuch zur Hemmung der
Verjährung ge-führt hat, die dann anschließend durch Zu-stellung
der Klage unterbrochen worden ist (vgl. BGH NJW 1989, 3149 - trotz
der Er-gänzungsauflagen des Landgerichts gem. Verfügung vom
16.12.1988 kann hier nicht davon ausgegangen werden, daß das
Prozeß-kostenhilfegesuch noch nicht ordnungsgemäß begründet
war).</p>
<span class="absatzRechts">234</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">235</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">5)</p>
<span class="absatzRechts">236</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">237</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92,
97 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">238</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">239</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Entscheidung über die vorläufige
Voll-streckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">240</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">241</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Festsetzung des Werts der Beschwer
er-gibt sich aus § 546 Abs. 2 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">242</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">243</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Streitwert für die Berufungsinstanz:
162.562,12 DM (Klageantrag zu 1): 108.608,99 DM; Klageantrag zu 2):
43.953,13 DM; Klageantrag zu 3): 10.000,--DM).</p>
|
314,995 | olgk-1991-01-21-17w-3691 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 17W 36/91 | 1991-01-21T00:00:00 | 2019-03-13T14:43:33 | 2022-10-18T15:09:19 | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1991:0121.17W36.91.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beschwerde wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die als zu erstattenden Kosten des Antragsgegners gegen den Antragsteller festgesetzten 1.683,78 DM mit </p>
<p>4 % seit dem 28. November 1990 zu verzinsen sind.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Erinnerungs- und Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Gründe</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Erinnerung des Klägers, die aufgrund der Vorlage an den Senat als sofortige Beschwerde gilt (§§ 21 Abs. 2 11 Abs. 2 RpflG), ist zulässig, in der Hauptsache aber nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Ohne Erfolg wendet die Beschwerde sich dagegen, dass der Rechtspfleger die Kosten der Aachener Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners antragsgemäß mit 836,76 DM als erstattungsfähig anerkannt und von den diesem durch die Mitwirkung des Rechtsanwalts Mxxx aus Sxxx als Verkehrsanwalt erwachsenen Kosten in Höhe von 847,02 DM einen Betrag von 818,21 DM unter dem Gesichtspunkt anderweit ersparter Kosten in die Kostenfestsetzung eingestellt hat.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Für die Erstattungsfähigkeit der mit der Beauftragung des Prozessanwalts anfallenden Prozessgebühr ist es unerheblich, dass den Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners der unbedingte Prozessauftrag zur Abwehr des Verfügungsbegehrens des Antragstellers erst zu einem Zeitpunkt erteilt worden ist, als der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung bereits zurückgenommen war. Zwar war damit auch der Prozessauftrag der Axxx Prozessanwälte des Antragsgegners objektiv beendet, weil sein Zweck nicht mehr erreicht werden konnte; zugunsten dieser Anwälte gilt der Auftrag gleichwohl gemäß § 674 BGB so lange als fortbestehend, bis sie vom Erlöschen des Auftrags Kenntnis erlangten oder Kenntnis haben mussten (vgl. den in Jur. Büro 1986, 1197 veröffentlichten Senatsbeschluss mit weiteren Nachweisen). Zu den aufgrund des Kostenbeschlusses nach § 269 Abs. 3 ZPO festsetzbaren Verfahrenskosten gehört daher auch die Prozessgebühr des Prozessbevollmächtigten der als Antragsgegner in das Verfahren der einstweiligen Verfügung einbezogenen Partei, der in Unkenntnis der Beendigung des Prozessrechtsverhältnisses einen Schriftsatz, mit Sachanträgen bei Gericht einreicht. So aber war es hier. Ausweislich der Gerichtsakten ist der Schriftsatz vom 22. August 1990, den der Korrespondenzanwalt des Antragsgegners gefertigt und dessen Axxx Prozessbevollmächtigten zur Einreichung beim Landgericht Aachen übersandt hat, dort am 27. August 1990 eingegangen. Die Axxx Anwälte müssen demnach vor dem 28. August 1990 mit der Prozessvertretung des Antragsgegners beauftragt worden sein. Das belegt zudem die Tatsache, dass der Eingangsstempel, mit dem das an die Axxx Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners gerichtete Auftragsschreiben seines Sxxx Verkehrsanwalts vom 21. August 1990 im Büro der Axxx Anwälte versehen worden ist, das Datum des 27. August 1990 trägt. Die bei Gericht am 23. August 1990 eingegangene Antragsrücknahme des Antragstellers vom 22. August 1990 ist dem Antragsgegner demgegenüber erst am 28. August 1990 zugestellt worden. Dafür, dass der Antragsgegner auf anderem Wege schon früher von der Rücknahme des Antrags auf Anordnung der einstweiligen Verfügung Kenntnis erlangt hat, sind Anhaltspunkte nicht ersichtlich, so daß die von dem Antragsgegner als Prozessgebühr seiner Axxx Prozessbevollmächtigten geltend gemachte Gebühr (nebst Zuschlägen) in voller Höhe den vom Antragsteller zu erstattenden Kosten des vorangegangenen Verfahrens der einstweiligen Verfügung zugerechnet werden muss.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Aus den vorstehend erörterten Gründen ist es auch nicht zu beanstanden, dass der Rechtspfleger die Kosten des S. Korrespondenzanwalts des Antragsgegners in Höhe von 818,21 DM als erstattungsfähig anerkannt hat. Der Antragsgegner durfte ohne Verstoß gegen das Gebot, unnötige Mehrkosten zu vermeiden, seinen Sxxx Rechtsanwalt mit der Vermittlung der Informationen zwischen ihm und dem zum Prozessbevollmächtigten zu bestellenden, beim Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt beauftragen, weil er nach der im Zeitpunkt der Auftragserteilung gegebenen Sachlage damit rechnen musste, andernfalls erstattungsfähige Rat- und Informationskosten in mindestens gleicher, wenn nicht sogar höherer Größenordnung aufwenden zu müssen. Dem Rechtspfleger ist darin zuzustimmen, dass zu den in die vergleichende Kostenabwägung einzubeziehenden Aufwendungen des Antragsgegners neben den Kosten einer Informationsreise nach Axxx auch die Kosten einer prozessbezogenen Beratung gehören. Anders als sonst die mit einer Klage oder einem Verfügungsantrag überzogene Partei sah sich der Antragsgegner ernstlich vor die Frage gestellt, ob er sich gegen das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers überhaupt zur Wehr setzen solle. Für die Frage, ob eine Rechtsverteidigung in vorliegender Sache hinreichende Aussicht auf Erfolg versprach, kam es entscheidend darauf an, ob die in der Rechtsprechung zur Werbung durch unaufgeforderte Übermittlung eines auf die Anbahnung oder Vorbereitung eines Geschäftsabschlusses gerichteten Angebots mittels Telex oder Telefax entwickelten Grundsätze sich auf die hier in Rede stehende Fallgestaltung würden übertragen lassen. Die für die Beurteilung dieser Rechtsfrage erforderlichen Rechtskenntnisse aber können bei dem Antragsgegner, der einen Landmaschinenhandel betreibt, nicht vorausgesetzt werden. Eine prozessbezogene Beratung des Antragsgegners hätte eine Sichtung der einschlägigen Rechtsprechung insbesondere des Bundesgerichtshofs erfordert und schon mit Rücksicht darauf eine zumindest durchschnittliche anwaltliche Mühewaltung erfordert. Der Antragsgegner hatte daher nach billigem Ermessen mit einer im mittleren Bereich des nach § 20 Abs. 1 BRAGO zur Verfügung stehenden Rahmens liegenden Gebühr zu rechnen. Hierfür hat sich in der Praxis die 5/10-Gebühr als Regelgebühr durchgesetzt, so dass die in die Vergleichsrechnung einzubeziehenden Kosten einer prozessbezogenen Beratung unter Berücksichtigung der auch dem beratenden Anwalt gebührenden Auslagenpauschale und der auf die Beratungsvergütung entfallenden Umsatzsteuer mit 441,18 DM anzusetzen sind. Die mit einer Informationsreise nach Axxx verbundenen Kosten und die Kosten einer ergänzenden schriftlichen und telefonischen Fühlungnahme mit seinen Prozessanwälten hatte der Antragsgegner auf insgesamt wenigstens 420,- DM zu veranschlagen. Der Antragsgegner hatte daher davon auszugehen, dass die Kosten, die er für den alternativen Fall einer unmittelbaren Beauftragung und Unterrichtung eines Aachener Rechtsanwalts würde aufwenden müssen, ebenso hoch, wenn nicht höher sein würden als die Korrespondenzvergütung eines ortsnah praktizierenden Rechtsanwalts.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Aus alledem folgt, dass der Rechtspfleger die dem Antragsgegner durch die Mitwirkung seines Sxxx Rechtsanwalts als Verkehrsanwalt entstandenen Kosten nicht in einem zu weitgehenden Umfang als erstattungsfähig anerkannt hat, dass er insoweit vielmehr einen zu niedrigen Betrag in die Kostenfestsetzung einbezogen hat. Einer Abänderung des angefochtenen Beschlusses zum Nachteil des Antragstellers steht jedoch das auch im Kostenfestsetzungsverfahren geltende Verbot der Schlechterstellung des alleinigen Rechtsmittelführers entgegen, so dass es im Ergebnis bei dem als zu erstattende Prozesskosten des Antragsgegners gegen den Antragsteller festgesetzten Betrag von 1.683,78 DM verbleiben muss.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die im Rahmen des betragsmäßigen Rechtsmittelangriffs von Amts wegen vorzunehmende Überprüfung der gesamten Kostenfestsetzung führt allerdings zu einer Änderung des Zinsausspruchs. Unrecht hat der Rechtspfleger für den Beginn der Verzinsungspflicht auf den Eingang des Kostenfestsetzungsgesuchs des Antragsgegners bei Gericht am 6. September 1990 abgestellt. Die dem angefochtenen Beschluss zugrunde Hegende Kostengrundentscheidung ist am 28. November 1990 ergangen, so dass der Zinsanspruch des § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO erst an diesem Tage zur Entstehung gelangt ist (vgl. KG NJW 1967, 1569).</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97, 92 Abs. 2 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Streitwert: 1.683,78 DM.</p>
|
314,996 | olgk-1991-01-21-17-w-3691 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 17 W 36/91 | 1991-01-21T00:00:00 | 2019-03-13T14:43:35 | 2022-10-18T15:09:19 | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1991:0121.17W36.91.01 | <h2>Tenor</h2>
<p></p>
<p>Die Beschwerde wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die als zu erstattende Kosten des Antragsgegners gegen den Antragsteller festgesetzten 1.683,78 DM mit </p>
<p>4 % seit dem 28. November 1990 zu verzinsen sind.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Erinnerungs- und Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Gründe</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Erinnerung des Klägers, die aufgrund der Vorlage an den Senat als sofortige Beschwerde gilt (§§ 21 Abs. 2 11 Abs. 2 RpflG), ist zulässig, in der Hauptsache aber nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Ohne Erfolg wendet die Beschwerde sich dagegen, daß der Rechtspfleger die Kosten der Aachener Prozeßbevollmächtigten des Antragsgegners antragsgemäß mit 836,76 DM als erstattungsfähig anerkannt und von den diesem durch die Mitwirkung des Rechtsanwalts Mxxx aus Sxxx als Verkehrsanwalt erwachsenen Kosten in Höhe von 847,02 DM einen Betrag von 818,21 DM unter dem Gesichtspunkt anderweit ersparter Kosten in die Kostenfestsetzung eingestellt hat.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Für die Erstattungsfähigkeit der mit der Beauftragung des Prozeßanwalts anfallenden Prozeßgebühr ist es unerheblich, daß den Prozeßbevollmächtigten des Antragsgegners der unbedingte Prozeßauftrag zur Abwehr des Verfügungsbegehrens des Antragstellers erst zu einem Zeitpunkt erteilt worden ist, als der Antrag auf Erlaß der einstweiligen Verfügung bereits zurückgenommen war. Zwar war damit auch der Prozeßauftrag der Axxx Prozeßanwälte des Antragsgegners objektiv beendet, weil sein Zweck nicht mehr erreicht werden konnte; zugunsten dieser Anwälte gilt der Auftrag gleichwohl gemäß § 674 BGB so lange als fortbestehend, bis sie vom Erlöschen des Auftrags Kenntnis erlangten oder Kenntnis haben mußten (vgl. den in Jur. Büro 1986, 1197 veröffentlichten Senatsbeschluß mit weiteren Nachweisen). Zu den aufgrund des Kostenbeschlusses nach § 269 Abs. 3 ZPO festsetzbaren Verfahrenskosten gehört daher auch die Prozeßgebühr des Prozeßbevollmächtigten der als Antragsgegner in das Verfahren der einstweiligen Verfügung einbezogenen Partei, der in Unkenntnis der Beendigung des Prozeßrechtsverhältnisses einen Schriftsatz, mit Sachanträgen bei Gericht einreicht. So aber war es hier. Ausweislich der Gerichtsakten ist der Schriftsatz vom 22. August 1990, den der Korrespondenzanwalt des Antragsgegners gefertigt und dessen Axxx Prozeßbevollmächtigten zur Einreichung beim Landgericht Aachen übersandt hat, dort am 27. August 1990 eingegangen. Die Axxx Anwälte müssen demnach vor dem 28. August 1990 mit der Prozeßvertretung des Antragsgegners beauftragt worden sein. Das belegt zudem die Tatsache, daß der Eingangsstempel, mit dem das an die Axxx Prozeßbevollmächtigten des Antragsgegners gerichtete Auftragsschreiben seines Sxxx Verkehrsanwalts vom 21. August 1990 im Büro der Axxx Anwälte versehen worden ist, das Datum des 27. August 1990 trägt. Die bei Gericht am 23. August 1990 eingegangene Antragsrücknahme des Antragstellers vom 22. August 1990 ist dem Antragsgegner demgegenüber erst am 28. August 1990 zugestellt worden. Dafür, daß der Antragsgegner auf anderem Wege schon früher von der Rücknahme des Antrags auf Anordnung der einstweiligen Verfügung Kenntnis erlangt hat, sind Anhaltspunkte nicht ersichtlich, so daß die von dem Antragsgegner als Prozeßgebühr seiner Axxx Prozeßbevollmächtigten geltend gemachte Gebühr (nebst Zuschlägen) in voller Höhe den vom Antragsteller zu erstattenden Kosten des vorangegangenen Verfahrens der einstweiligen Verfügung zugerechnet werden muß.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Aus den vorstehend erörterten Gründen ist es auch nicht zu beanstanden, daß der Rechtspfleger die Kosten des Sulinger Korrespondenzanwalts des Antragsgegners in Höhe von 818,21 DM als erstattungsfähig anerkannt hat. Der Antragsgegner durfte ohne Verstoß gegen das Gebot, unnötige Mehrkosten zu vermeiden, seinen Sxxx Rechtsanwalt mit der Vermittlung der Informationen zwischen ihm und dem zum Prozeßbevollmächtigten zu bestellenden, beim Prozeßgericht zugelassenen Rechtsanwalt beauftragen, weil er nach der im Zeitpunkt der Auftragserteilung gegebenen Sachlage damit rechnen mußte, andernfalls erstattungsfähige Rat- und Informationskosten in mindestens gleicher, wenn nicht sogar höherer Größenordnung aufwenden zu müssen. Dem Rechtspfleger ist darin zuzustimmen, daß zu den in die vergleichende Kostenabwägung einzubeziehenden Aufwendungen des Antragsgegners neben den Kosten einer Informationsreise nach Axxx auch die Kosten einer prozeßbezogenen Beratung gehören. Anders als sonst die mit einer Klage oder einem Verfügungsantrag überzogene Partei sah sich der Antragsgegner ernstlich vor die Frage gestellt, ob er sich gegen das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers überhaupt zur Wehr setzen solle. Für die Frage, ob eine Rechtsverteidigung in vorliegender Sache hinreichende Aussicht auf Erfolg versprach, kam es entscheidend darauf an, ob die in der Rechtsprechung zur Werbung durch unaufgeforderte Übermittlung eines auf die Anbahnung oder Vorbereitung eines Geschäftsabschlusses gerichteten Angebots mittels Telex oder Telefax entwickelten Grundsätze sich auf die hier in Rede stehende Fallgestaltung würden übertragen lassen. Die für die Beurteilung dieser Rechtsfrage erforderlichen Rechtskenntnisse aber können bei dem Antragsgegner, der einen Landmaschinenhandel betreibt, nicht vorausgesetzt werden. Eine prozeßbezogene Beratung des Antragsgegners hätte eine Sichtung der einschlägigen Rechtsprechung insbesondere des Bundesgerichtshofs erfordert und schon mit Rücksicht darauf eine zumindest durchschnittliche anwaltliche Mühewaltung erfordert. Der Antragsgegner hatte daher nach billigem Ermessen mit einer im mittleren Bereich des nach § 20 Abs. 1 BRAGO zur Verfügung stehenden Rahmens liegenden Gebühr zu rechnen. Hierfür hat sich in der Praxis die 5/10-Gebühr als Regelgebühr durchgesetzt, so daß die in die Vergleichsrechnung einzubeziehenden Kosten einer prozeßbezogenen Beratung unter Berücksichtigung der auch dem beratenden Anwalt gebührenden Auslagenpauschale und der auf die Beratungsvergütung entfallenden Umsatzsteuer mit 441,18 DM anzusetzen sind. Die mit einer Informationsreise nach Axxx verbundenen Kosten und die Kosten einer ergänzenden schriftlichen und telefonischen Fühlungnahme mit seinen Prozeßanwälten hatte der Antragsgegner auf insgesamt wenigstens 420,- DM zu veranschlagen. Der Antragsgegner hatte daher davon auszugehen, daß die Kosten, die er für den alternativen Fall einer unmittelbaren Beauftragung und Unterrichtung eines Aachener Rechtsanwalts würde aufwenden müssen, ebenso hoch, wenn nicht höher sein würden als die Korrespondenzvergütung eines ortsnah praktizierenden Rechtsanwalts.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Aus alledem folgt, daß der Rechtspfleger die dem Antragsgegner durch die Mitwirkung seines Sxxx Rechtsanwalts als Verkehrsanwalt entstandenen Kosten nicht in einem zu weitgehenden Umfang als erstattungsfähig anerkannt hat, daß er insoweit vielmehr einen zu niedrigen Betrag in die Kostenfestsetzung einbezogen hat. Einer Abänderung des angefochtenen Beschlusses zum Nachteil des Antragstellers steht jedoch das auch im Kostenfestsetzungsverfahren geltende Verbot der Schlechterstellung des alleinigen Rechtsmittelführers entgegen, so daß es im Ergebnis bei dem als zu erstattende Prozeßkosten des Antragsgegners gegen den Antragsteller festgesetzten Betrag von 1.683,78 DM verbleiben muß.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die im Rahmen des betragsmäßigen Rechtsmittelangriffs von Amts wegen vorzunehmende Überprüfung der gesamten Kostenfestsetzung führt allerdings zu einer Änderung des Zinsausspruchs. Unrecht hat der Rechtspfleger für den Beginn der Verzinsungspflicht auf den Eingang des Kostenfestsetzungsgesuchs des Antragsgegners bei Gericht am 6. September 1990 abgestellt. Die dem angefochtenen Beschluß zugrunde Hegende Kostengrundentscheidung ist am 28. November 1990 ergangen, so daß der Zinsanspruch des § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO erst an diesem Tage zur Entstehung gelangt ist (vgl. KG NJW 1967, 1569).</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97, 92 Abs. 2 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Streitwert: 1.683,78 DM.</p>
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314,997 | olgk-1991-01-18-25-uf-13990 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 25 UF 139/90 | 1991-01-18T00:00:00 | 2019-03-13T14:43:36 | 2022-10-18T15:09:20 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1991:0118.25UF139.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Familiengericht</p>
<p>Leverkusen vom 19. Juni 1990 wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.</p>
<p></p>
<p>Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>T a t b e s t a n d :</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien sind getrenntlebende Eheleute. Sie streiten um einen Prozeßkostenvorschuß.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Nachdem die Klägerin die ehemals gemeinsame Ehewohnung verlassen und die beiden gemeinsamen minderjährigen Kinder zu sich genommen hatte, führten die Parteien einen Rechtsstreit um die elterliche Sorge für diese Kinder. Im Rahmen jenes Verfahrens holte das Familiengericht ein Sachverständigengutachten ein, am 26. März 1990 fand eine mündliche Verhandlung statt, mit Beschluß vom 6.April 1990 übertrug das Familiengericht die elterliche Sorge für die beiden Kinder dem Beklagten, die Kosten des familiengerichtlichen Verfahrens wurden gegeneinander aufgehoben. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Klägerin wies der Senat 1990 zurück (33 F 25 UF 76/90 OLG Köln).</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Mit Telefax vom 22. Dezember 1989 forderte der damalige Prozeßbevollmächtigte der Klägerin den Beklagten erfolglos auf, für das genannte familiengerichtliche Verfahren einen Prozeßkostenvorschuß zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Am Tag nach der mündlichen Verhandlung in jenem familiengerichtlichen Verfahren, also am 27. März 1990, machte die Klägerin die das vorliegende Verfahren betreffende Klage anhängig, sie wurde dem Beklagten am 31. März 1990 zugestellt.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Mit der Behauptung, sie selbst sei nicht in der Lage, die Kosten des Sorgerechtsverfahrens aufzubringen, wohingegen der Beklagte ohne weiteres im Stande sei, den verlangten Prozeßkostenvorschuß – dieser ist in der Klageschrift im einzelnen errechnet - zu zahlen, hat die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">den Beklagten zu verurteilen, an sie einen Prozeßkostenvorschuß in Höhe von 1.266,54 DM zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Klageabweisung</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">beantragt mit dem Vorbringen, die Klägerin habe bei ihrem Auszug aus der Ehewohnung genügend Geldmittel mitgenommen; um den Kostenvorschuß selbst zahlen zu</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">können; zudem habe sie jedweden Unterhaltsanspruch verwirkt, da sie wegen eines anderen Mannes aus der Ehe ausgebrochen sei.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Mit Urteil vom 19. Juni 1990 hat das Familiengericht der Klage stattgegeben. Es hat das Verteidigungsvorbringen des Beklagten nicht gelten lassen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Gegen die Entscheidung hat der Beklagte Berufung eingelegt. Er wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und macht darüberhinaus geltend, daß nach dem Abschluß des Sorgerechtsverfahrens nachträglich für dieses ein Prozeßkostenvorschuß nicht</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">mehr verlangt werden könne.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Zurückweisung der Berufung.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes verweist der Senat auf den Inhalt der Akte.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks"><b><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Das Familiengericht hat der Klage im Ergebnis mit Recht stattgegeben.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks"><b>I. </b>Wie das Familiengericht zutreffend ausgeführt hat, waren die Anspruchsvoraussetzungen für einen Prozeßkostenvorschuß gemäß §§ 1361 Abs. 4 Satz 4, 1360 a Abs. 4 Satz 1 BGB erfüllt. </p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">So war die Klägerin nicht in der Lage, die Kosten des Sorgerechtsverfahrens aus eigenen Mitten aufzubringen. Selbst wenn sie, wie der Beklagte behauptet, bei ihrem Auszug aus der Ehewohnung und in der Folgezeit Geldbeträge in Höhe von insgesamt</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">6.000,-- DM-7.000,-- DM mitgenommen oder an sich gebracht hat, so bleibt doch zu bedenken, daß der Beklagte zumindest in<b> </b>den ersten Monaten nach der Trennung der Parteien weder Ehegatten- noch Kindesunterhalt gezahlt hat, so daß die Klägerin gezwungen war, die genannten Mittel zur Bestreitung ihrer und der Kinder Lebenshaltungskosten einzusetzen. Wenn ihr danach noch ein Rest verblieb, so ist es billig, ihn ihr als kleine Rücklage zu belassen.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Daß der Beklagte in der Lage ist, den verlangten Betrag zu zahlen, bedarf keiner längeren Darlegung. Ausweislieh des Einkommen- und Kirchensteuerbescheides für 1987 hat er in diesem Jahr Einkünfte aus seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt in Höhe von 84.775,- DM und aus Kapitalvermögen in Höhe von 8.770,- DM erzielt sowie steuerliche Verluste aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 39.004,- DM. Bei diesen Einkommensverhältnissen stellt die Inanspruchnahme auf Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">in Höhe von 1.266,54 DM für ihn keine bedeutsame Belastung dar.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte vermag sich auch nicht mit Erfolg darauf zu berufen, daß die Verpflichtung zur Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses Ausfluß der Unterhaltsverpflichtung sei</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">(vgl. BGHZ 56, 92 (94), und 89, 33 (38 f); BGH NJW 1990, 1476),</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">die Klägerin Unterhaltsansprüche aber nach §§ 1361 Abs. 3, 1579 Ziffer 6 BGB verwirkt habe. Die Umstände, unter denen die Parteien sich voneinander getrennt haben, die Beweggründe, welche die Klägerin zu ihrem Auszug veranlaßt haben, sind unter den Parteien streitig. Ob die Vorwürfe, welche der Beklagte in diesem Zusammenhang gegen die Klägerin erhoben hat, berechtigt sind oder nicht, kann im hier gegebenen Zusammenhang dahinstehen. Eine völlige Verwirkung ihrer Unterhaltsansprüche mit der</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Konsequenz, daß - nicht einmal - der hier streitbefangene Prozeßkostenvorschuß zu zahlen wäre, ist jedenfalls nicht anzunehmen.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Schließlich ist ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses auch nicht deshalb zu verneinen, weil ihre Rechtsverfolgung aussichtslos gewesen sei. Heute, nach dem Abschluß des Sorgerechtsverfahrens, steht zwar fest, daß die elterliche Sorge über die beiden Kinder der Parteien für die Zeit des Getrenntlebens ihrer Eltern auf den Beklagten übertragen worden und die hiergegen gerichtete Beschwerde der Klägerin erfolglos geblieben ist. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung ist aber derjenige, zu welchem die Klägerin den Prozeßkostenvorschuß verlangt hat. Das aber geschah lange vor dem Abschluß jenes Verfahrens, nämlich durch das Telefax ihres erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten vom 22. Dezember 1989. Daß der Beklagte der damaligen Aufforderung zur Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses nicht nachgekommen ist, es vielmehr auf einen Rechtsstreit hat ankommen</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">lassen, kann nicht dazu führen, den Zeitpunkt für die Beurteilung der Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung der Klägerin und damit der Billigkeit ihres Begehrens im Sinne von § 1360 a Abs. 4 Satz 1 BGB zu verlagern.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Auch andere Gesichtspunkte, derentwegen die Inanspruchnahme des Beklagten auf Zahlung des verlangten Prozeßkostenvorschusses unbillig erscheinen könnte, sind nicht ersichtlich. </p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks"><b>II. </b>Nicht zu Unrecht macht der Beklagte allerdings geltend, daß ein Prozeßkosten<u>vorschuß</u> "schon begrifflich nicht mehr für die Vergangenheit und deshalb dann nicht mehr verlangt werden" kann, "wenn der Rechtsstreit oder die betreffende Instanz bereits abgeschlossen ist"</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(BGH NJW 1985, 2263 = FamRZ 1985, 802 und NJW 1985, 2265 = FamRZ 1985, 902 (jeweils mit weiteren Nachweisen; allgemeine Meinung) .</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Denn "der Anspruch auf einen Prozeßkostenvorschuß nach § 1360 a Abs. 4 BGB ... dient dem Zweck, dem unterhaltsberechtigten Ehegatten die Führung eines eine persönliche Angelegenheit betreffenden Rechtsstreits zu ermöglichen, wenn er nicht in der Lage ist, die für die Prozeßführung notwendigen Kosten alsbald auf andere Weise aufzubringen ... Aus diesem Zweck des Anspruchs nach § 1360 a Abs. 4 BGB folgt nach der Natur der Sache, daß ein <i>"</i>Vorschuß" auf Prozeßkosten nicht mehr verlangt werden</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">kann, wenn der Rechtsstreit (oder die Instanz), dessen Führung er ermöglichen soll, bereits abgeschlossen ist",</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">(BGH a.a.O. Seite 2265 bzw. 902).</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Wäre dies der einzige hier entscheidungserhebliche Gesichtpunkt, so wäre der Berufung ohne weiteres stattzugeben, da ein Vorschuß auf die Prozeßkosten des Sorgerechtsverfahrens nicht mehr geleistet werden kann.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin meint, § 1613 BGB eröffne ihr die Möglichkeit, den Prozeßkostenvorschuß auch noch nach dem Abschluß jenes Verfahrens zu verlangen.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Demgegenüber kommt eine Geltendmachung des Prozeßkostenvorschusses als Sonderbedarf gemäß § 1613 Abs. 2 BGB nicht in Betracht. Dabei kann es dahinstehen,</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">ob der Prozeßkostenvorschuß überhaupt als unterhaltsrechtlicher Sonderbedarf eines bedürftigen Ehegatten im Sinne von § 1613 Abs. 2 Satz 1 BGB angesehen werden kann, </p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(so OLG Stuttgart NJW 1971, 1221; Ermann-Heckelmanh, 8. Aufl., Rdnr. 7 zu § 1613; Rolland 2. Aufi., Rdnr. 55 zu § 1360 a).</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">"Da der Bedarf ... nach der ausdrücklichen Regelung des § 1360 a Abs. 4 BGB von dem unterhaltspflichtigem Ehegatten nur insoweit zu decken ist, als es sich um einen notwendigen Prozeßkostenvorschuß handelt - nur insoweit hat der Bedürftige im Rahmen</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">der Billigkeit einen Anspruch auf einen Beitrag zu seinem Unterhalte </p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">(BGHZ 56, 92 (95) = NJW 1971, 1262) –</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">scheidet eine Erfüllung dieses "Sonderbedarfs" für die Vergangenheit (§ 1613 Abs. 2 BGB) nach dem Wesen der Prozeßkostenvorschußpflicht jedenfalls aus" .</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">(BGH NJW 1985, 2265 = FamRZ 1985, 902, m.w.N.).</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Ob demgegenüber § 1613 Abs. 1 BGB zur Anwendung zu bringen ist, kann letztlich offenbleiben.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Diese Frage mag bejaht oder verneint werden, ein Schadensersatzanspruch wegen der Nichtzahlung des Prozeßkostenvorschusses steht der Klägerin in dem einen wie dem anderen Fall zu, und zwar nach § 280 Abs. 1 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Gemäß § 271 BGB ist der Anspruch der Klägerin auf Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses mit dem Beginn des familiengerichtlichen Sorgerechtsverfahrens entstanden und zugleich fällig geworden </p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">(vgl. OLG Bamberg, FamRZ 1986, 484).</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Zu diesem Zeitpunkt war es für die Klägerin zwar nicht notwendig, vgl. § 78 Abs. 2 ZPO, aber doch sachlich geboten, einen Rechtsanwalt mit der Wahrung ihrer Interessen zu beauftragen. Im Hinblick auf die vorangegangenen Auseinandersetzungen der Parteien mußte sie nicht nur mit einem heftigen Streit um die elterliche Sorge für die beiden gemeinschaftlichen Kinder rechnen, sondern auch mit einer rechtskundigen Verteidigung des Beklagten, der selbst Rechtsanwalt ist. Zur selben Zeit entstand für den Prozeßbevollmächtigten der Klägerin ein Anspruch auf Zahlung eines Vorschusses gemäß</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">- § 17 BRAGO.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Diesen Anspruch der Klägerin, dessentwegen diese ihn durch das Telefax ihres Prozeßbevollmächtigten vom 22. Dezember gemahnt und damit in Schuldnerverzug</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">gesetzt hat, § 284 Abs. 1 Satz 1 BGB, hat der Beklagte bis zum Abschluß des Sorgerechtsverfahrens vor dem Familiengericht nicht erfüllt. Dies führte zur Unmöglichkeit der ihm obliegenden Leistung. Denn ein <u>Vorschuß</u> kann, wie bereits ausgeführt, nun nicht mehr geleistet werden.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Diese Unmöglichkeit hat der Beklagte zu vertreten. Sie ist darauf zurückzuführen, daß er den Prozeßkostenvorschuß nicht rechtzeitig gezahlt hat, obwohl er bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt, § 276 Abs. 1 Satz 2 BGB, als Rechtskundiger die Begründetheit</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">der von der Klägerin erhobenen Forderung hätte erkennen können. Hierbei ist die verschärfte Haftung infolge des Schuldnerverzuges gemäß § 287 BGB nicht einmal berücksichtigt, nach § 287 Satz 2 BGB hätte der Beklagte auch dann für die Unmöglichkeit</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">seiner Leistung einzustehen, wenn er sie nicht zu vertreten hätte.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Nach dem Vorgesagten hat der Beklagte der Klägerin gemäß § 280 Abs. 1 BGB den durch die Nichterfüllung entstehenden Schaden zu ersetzen. Dieser besteht selbst die vollen Kosten ihres Prozeßbevollmächtigten zu tragen darin, daß sie nun erstinstanzlichen hat, also auch den Teil, um den sie bei rechtzeitiger Zahlung des hier streitbefangenen Prozeßkostenvorschusses entlastet worden wäre. Denn unabhängig vom Ausgang des Sorgerechtsverfahrens und der Kostenentscheidung des Betrag ihr halten</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Familiengerichts wäre dieser geblieben. Für eine Rückzahlungsverpflichtung wäre nur dann Raum, wenn in den wirtschaftlichen Verhältnissen der Klägerin eine wesentliche Veränderung eingetreten oder wenn die Rückgabe des Prozeßkostenvorschusses aus anderen Gründen billig wäre </p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(allgemeine Meinung, vgl. jüngstens BGH NJW 1990, 1476 (m.w.N.); Palandt-Diederichsen, 50. AufI., Rdz. 27 zu § 1360 a (m.w.N.)).</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Derartige Umstände sind aber nicht zu erkennen, auch vom Beklagten nicht vorgetragen worden.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Der Höhe nach hat der Beklagte gegen die Klageforderung nichts eingewandt.</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Nach alledem sind die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch der Klägerin gemäß § 280 Abs. 1 BGB in Höhe des vom Beklagten geschuldeten Prozeßkostenvorschusses erfüllt. Die ursprüngliche Leistungsverpflichtung des Beklagten setzt sich in</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Form seiner Schadensersatzverpflichtung fort, es ist nicht ein neuer Anspruch entstanden, der frühere Erfüllungsanspruch der Klägerin hat sich vielmehr in einen Schadensersatzanspruch umgewandelt</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">(vgl. Palandt-Heinrichs, 50. AufI., Rdz. 1 zu § 280 (m.w.N)).</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Das bedeutet nicht zuletzt, daß der jetzt gegebene Schadensersatzanspruch der Klägerin ebenso wie der vorangegangene ErfUllungsanspruch der Unterhaltsverpflichtung</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">des Beklagten entspringt und ebenso wie dieser familienrechtlicher Natur ist.</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Ob § 1613 Abs. 1 BGB auf einen Sachverhalt der hier gegebenen Art anzuwenden ist, mag zweifelhaft sein. Einerseits gehört die Verpflichtung zur Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses, wie bereits ausgeführt, in den Rahmen der Verpflichtung zur Leistung</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">von Unterhalt; dies spricht dafür, § 1613 Abs. ~ BGB gemäß § 1360 a Abs. 3 BGB auch</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">hier anzuwenden.</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">Andererseits ist die Prozeßkostenvorschußpflicht in der Systematik von § 1360 a BGB erst nach der Verweisung auf §§ 1613 bis 1615 BGB geregelt; dies spricht dafür, daß § 1613 Abs. 1 BGB, der zudem erkennbar zumindest in erster Linie auf den Anspruch auf fortlaufende Unterhaltszahlung ausgerichtet ist, nach der Vorstellung des Gesetzes hier nicht zur Anwendung kommen soll.</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">Dies bedarf indes keiner abschließenden Beurteilung. Bleibt § 1613 Abs. 1 BGB außer Betracht, so hat es mit dem vorstehend gewonnenen Ergebnis sein Bewenden. Ist diese Vorschrift hingegen zu berücksichtigen, so ändert sich dennoch am Ergebnis nichts. Denn die Klägerin hat den Beklagten, wie bereits erwähnt, durch das Telefax ihres erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten vom 22. Dezember 1989 noch lange vor dem Abschluß des Sorgerechtsverfahrens vor dem Familiengericht in Schuldnerverzug</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">gesetzt, so daß sie von diesem Zeitpunkt an berechtigt ist, Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu fordern</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(im Ergebnis ebenso: OLG Düsseldorf FamRZ 1981, 295; OLG Bamberg, Palandt-Diederichsen, 50. Aufi., Rdz. 21 zu § 1360 a; offengelassen in BGH NJW 1985, 2265 = FamRZ 1985, 902).</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Nach alledem ist die Berufung des Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO und dem Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Ziffer 10, 711, 713 ZPO zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">Gebührenstreitwert für die Berufung: 1.266,54 DM.</p>
|
314,999 | olgk-1991-01-16-2-u-2690 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 2 U 26/90 | 1991-01-16T00:00:00 | 2019-03-13T14:43:39 | 2022-10-18T15:09:20 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1991:0116.2U26.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 19. Dezember 1989 (18 O 217/89) wird auf seine Kosten zurückgewiesen.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Der Wert der Urteilsbeschwer übersteigt 40.000,- DM nicht.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Tatbestand</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin ist Verwalterin einer Wohnungseigentümergemeinschaft mit ca. 100 Eigentümern. Der Beklagte ist Eigentümer des Nachbargrundstücks mit ca. 30 Wohnungen. Die Wohnungseigentümergemeinschaft verfügt über eine Heizanlage, die auch das Grundstück des Beklagten beliefert. Zur Sicherung der Heizungsversorgung wurde auf dem Grundstück der Wohnungseigentümergemeinschaft eine Grunddienstbarkeit eingetragen. In der Eintragungsbewilligung heißt es unter anderem "...die Kosten für die Instandhaltung und Instandsetzung sowie der Wärmeenergieabgabe und den Betrieb der technischen Einrichtungen, die dem herrschenden und dem dienenden Grundbesitz gemeinschaftlich dienen, werden nach dem Verhältnis der Quadratmeter-Wohnfläche des dienenden Grundbesitzes sowie des herrschenden Grundbesitzes aufgeteilt. Hierzu gehören insbesondere die Kosten der Brennstoffe und ihrer Lieferung,... über die Kosten wird jährlich abgerechnet, über alle anderen Kosten wird nach Vorlage der Rechnung abgerechnet. Abrechnungszeitraum ist das Wirtschaftsjahr der Wohnungseigentümer des dienenden Grundbesitzes..."</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Seit dem Wirtschaftsjahr 1984 werden die Heizkosten entgegen dieser Regelung nach Anbringung von Verdunstungsröhrchen verbrauchsabhängig zwischen den Parteien abgerechnet. Die Parteien streiten über die maßgebende Abrechnungsweise. Außerdem streiten die Parteien über die Verpflichtung zu Abschlagszahlungen, die unstreitig über Jahre hinweg erfolgt sind.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat behauptet, man habe sich nach Inkrafttreten der Heizkostenverordnung auf eine verbrauchsabhängige Abrechnung geeinigt. Jedenfalls habe der Beklagte dieser Verfahrensweise zugestimmt.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">den Beklagten zu verurteilen, an sie 34.750,03 DM nebst 4% Zinsen seit dem 04.09.1989 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen und, widerklagend, festzustellen, daß der Beklagte nicht verpflichtet ist, an die Klägerin ab 30.06.1989 monatliche Abschlagszahlungen für die Lieferung von Heizenergie und Kaltwasser zu leisten.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat beantragt</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">die Widerklage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat das Vorbringen zur einverständlichen Änderung der maßgebenden Abrechnungsweise bestritten und die Auffassung vertreten, es komme allein auf den Inhalt der Grunddienstbarkeit an.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat durch das angefochtene Urteil, auf das wegen aller Einzelheiten Bezug genommen wird, der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Mit der Berufung verfolgt der Beklagte seine erstinstanzlichen Anträge weiter.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Im übrigen wird von einer Darstellung des Sach- und Streitstandes gem. § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe</u></b></p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Zahlungsanspruch der Klägerin für die gelieferte Energie ergibt sich aus § 433 Abs. 2 BGB in Verbindung mit der Vereinbarung der Parteien über die verbrauchsabhängige Abrechnung ab dem Jahre 1984. Dem steht nicht entgegen, daß die Abrechnung in der Grunddienstbarkeit geregelt ist. Es bestehen schon Bedenken dagegen, ob die im Grundbuch eingetragene Regelung wirksam Inhalt einer Grunddienstbarkeit nach § 1018 BGB werden konnte. § 1018 BGB läßt an sich positives Tun des Verpflichteten als Inhalt der Grunddienstbarkeit nicht zu (vgl. nur MK-Falckenberg, 2. Aufl., § 1018 BGB Rdnr. 41). Die Wärmelieferung durch die Klägerin hat auch nicht nur akzessorischen Charakter gegenüber einer einem anderen Dienstbarkeitsinhalt. Es handelt sich auch nicht um eine Unterlassungsdienstbarkeit auf dem Grundstück der Beklagten, von anderer Seite keine Energie zu beziehen, was zum Gegenstand einer Grunddienstbarkeit gemacht werden könnte. Dem dinglichen Recht liegt jedoch ein schuldrechtlicher Bestellungsvertrag zugrunde, über dessen Geltung sich die Parteien im Verhältnis zueinander jedenfalls stillschweigend geeinigt haben. Diesen schuldrechtlichen Bestellungsvertrag haben die Parteien wirksam dahin abgeändert, daß ab 1984 nicht mehr der in der Grunddienstbarkeit vorgesehene Quadratmeter Maßstab, sondern ein Verbrauchsmaßstab nach dem Ergebnis der Verbrauchsmessung für die Abrechnung untereinander maßgebend sein sollte. Der Zeuge xxx, der von 1981 bis 1987 Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft war, hat bekundet, daß er nach dem Inkrafttreten der Heizkostenverordnung im Jahre 1984 mit der damals für den Beklagten tätigen Fa. xxx Kontakt aufgenommen hat, um einen neuen Verteilungsmaßstab zu finden. Nach seiner Aussage hat man sich in diesen Gesprächen darauf geeinigt, die Kosten zu 100% nach Verbrauch abzurechnen. Diese Änderung der vertraglichen Vereinbarung muß der Beklagte gegen sich gelten lassen. Es kann dahinstehen, ob die Fa. xxx seinerzeit von Beklagten bevollmächtigt war, auch derartige Vertragsänderungen herbeizuführen, die über die Regelung der laufenden Geschäfte, die mit dem Einkauf der Brennstoffe zusammenhängen hinausging. Jedenfalls ist nach der Aussage des Zeugen xxx, an deren Richtigkeit zu zweifeln der Senat keinen Anlaß hat, ein neuer Abrechnungsmaßstab eingeführt worden. Die diesem neuen Maßstab entsprechenden Abrechnungen sind in der Folgezeit auch an den Beklagten weitergeleitet worden. Dies ergibt sich aus der Aussage der Zeugin xxx, die bekundet hat, daß sie die Abrechnung für 1984 an den Beklagten weitergeleitet hat. Durch die Zahlung der nach dem neuen Abrechnungsmodus errechneten Beträge hat sich der Beklagte, der somit Kenntnis von dem neuen Abrechnungsmodus erlangt hat, damit stillschweigend einverstanden erklärt.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Angesichts dieser Einigung der Parteien auf eine zu 100% verbrauchsabhängige Abrechnung kommt es nicht darauf an, daß nach § 7 Abs. 1 Heizkostenverordnung mindestens 50 und höchstens 70% der Heizkosten nach dem Verbrauch abzurechnen sind. Eine rechtsgeschäftliche Überschreitung der Höchstsätze ist zulässig, wie sich aus § 10 der Heizkostenverordnung ergibt. Die Heizkostenverordnung ist auch auf das "Verhältnis der Parteien untereinander anwendbar, denn nach § 1 Heizkostenverordnung gilt die Verordnung für die Verteilung der Kosten des Betriebs zentraler Heizungsanlagen durch den Gebäudeeigentümer auf die Nutzer der mit Wärme versorgten Räume. Die Klägerin ist Gebäudeeigentümerin, die eine zentrale Heizungsanlage vertreibt. Der Beklagte ist insoweit als "Nutzer" anzusehen, da aus dem Gesetz nicht hervorgeht, daß nur die "Endnutzer" nämlich die einzelnen Wohnungsmieter, gemeint sind. Es kann keinen Unterschied machen, ob der Eigentümer des versorgten Grundstücks die Räume selbst nutzt oder ob er sie vermietet. Die Heizkostenverordnung ist nicht auf die Abrechnung innerhalb ein und desselben Grundstücks beschränkt, sondern betrifft auch sog. Blockheizwerke (vgl. Schade/Schubert/Wienecke, Wohn- und Mietrecht (1990), § 1 Heizkostenverordnung Anm. 2)).</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Da die Beklagte gegen die Richtigkeit der somit zu 100% nach dem Verbrauchsmaßstab vorgelegten Abrechnung nichts Erhebliches vorgetragen hat, hat das Landgericht der Klage mit Recht in vollem Umfang stattgegeben.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Widerklage hat das Landgericht zu Recht als unbegründet angesehen. Aus der Regelung in der Grunddienstbarkeit bzw. dem ihr zugrundeliegenden schuldrechtlichen Bestellungsvertrag ergibt sich nicht, daß keine Abschlagszahlungen verlangt werden können. Abschlagszahlungen sind keine "Abrechnung" im Sinne dieser Regelung. Jedenfalls ist auch insoweit eine stillschweigende Vereinbarung der Parteien darüber zustandegekommen, daß Abschlagszahlungen zu leisten sind, denn die Beklagte hat jahrelang Abschlagszahlungen geleistet und damit ihr Einverständnis mit dieser Regelung, die im übrigen auch der AVB Fernwärme und Wasser entspricht, zum Ausdruck gebracht.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Berufung war daher insgesamt mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO; die Entscheidung über die Festsetzung des Wertes der Beschwer auf § 546 Abs. 2 ZPO. Ein Anlaß, die Revision zuzulassen, bestand nicht.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Streitwert für die Berufungsinstanz: 38.710,03 DM (34.750,03 + 3.960,- DM).</p>
|
315,000 | ag-dusseldorf-1991-01-14-29-c-137190 | {
"id": 653,
"name": "Amtsgericht Düsseldorf",
"slug": "ag-dusseldorf",
"city": 413,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 29 C 1371/90 | 1991-01-14T00:00:00 | 2019-03-13T14:43:40 | 2022-10-18T15:09:20 | Urteil | ECLI:DE:AGD:1991:0114.29C1371.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>hat das Amtsgericht Düsseldorf</p>
<p>auf die mündliche Verhandlung vom 17. Dezember 1990</p>
<p>durch die Richterin X</p>
<p></p>
<p>für R e c h t erkannt:</p>
<p> </p>
<p> Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p> Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.</p>
<p></p>
<p> Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p> Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von </p>
<p> DM 1.100,-- abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit </p>
<p> in gleicher Höhe leistet.</p>
<p></p>
<p> Die Sicherheitsleistung kann auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer in </p>
<p> der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Bank oder Sparkasse erbracht wer-</p>
<p> den. </p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>T a t b e s t a n d </u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger und die Zeugin X schlossen am 22.06.1989 über ein Reisebüro einen Reisevertrag mit der Beklagten über eine Reise nach XX in Sri Lanka für die Zeit vom 01.09. bis zum 23.09.1989. Die Unterbringung sollte im Hotel "XXX" erfolgen. Es handelte sich um ein Sonderangebot der Beklagten, im Rahmen dessen der Kläger und die Zeugin X für den dreiwöchigen Aufenthalt den Preis für 2 Wochen, nämlich DM 4.916,-- bezahlten.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Gemäß Prospektbeschreibung bestanden folgende Sportmöglichkeiten: Sauna, Health-Club, Squash, Tauchen, Schnorcheln und Windsurfen. Darüber hinaus wurde als Unterhaltung angeboten: Barbecues, Tanz- und Folklore-Abende, Glasbodenbootfahren, Spielcasino.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger legte eine Erklärung der Zeugin X vom 31.01.90 vor (Bl. 77) gemäß derer die Zeugin ihre Ansprüche aus dem Reisevertrag an den Kläger abtrat.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">In der Reisezeit des Klägers bestanden jedenfalls für XX eine nächtliche Ausgangssperre ab 22.00 Uhr. Darüber hinaus fanden tagsüber Militärkontrollen statt.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Das Hotel "XXX" war während der Anwesenheit des Klägers nicht ausgebucht. Statt der ca. 500 möglichen Gäste gab es lediglich 13 weitere Urlauber, von denen 11 italienischer Staatsangehörigkeit waren, die der englischen Sprache nicht mächtig waren.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Wegen behaupteter angeblicher großer Reisebeeinträchtigungen traten der Kläger und die Zeugin X am 08.09.89 den Rückflug an.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Vorprozessual erstattete die Beklagte dem Kläger einen Betrag von DM 1.108,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Kläger behauptet, dass die Zeugin D, die im Buchungs-Reisebüro XXXX Mitarbeiterin war, auf Nachfrage hin mitgeteilt habe, dass die allgemeine und insbesondere die politische Lage in Sri Lanka zur geplanten Urlaubszeit ruhig sei.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Darüber hinaus habe sie überprüft und sodann bestätigt, dass das Hotel hinreichend ausgebucht sei.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Auf der Fahrt zum Hotel seien der Kläger und seine Begleiterin von Militär kontrolliert worden, die ihnen schußbereite Maschinenpistolen entgegengehalten hätten. Auf dem Hotelgelände habe es weder die Möglichkeit zu sportlichen Aktivitäten gegeben, noch hätten Veranstaltungen unterhaltender Art stattgefunden.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Klimaanlage sei abgeschaltet gewesen, so dass es in den Zimmern 30 Grad bis 40 Grad warm gewesen sei.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Wegen bürgerkriegsähnlicher Zustände im Lande hätten der Kläger und seine Begleiterin Kultur und Zivilisation des Landes nicht kennenlernen können.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Der behauptete bürgerkriegsähnliche Ausnahmezustand habe den Kläger derart erschüttert, dass seiner Ansicht ein Schmerzensgeldanspruch von mindestens DM 300,-- gerechtfertigt sei.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Unstreitig unterzeichnete der örtliche Reiseleiter der Beklagten, Herr W, ein Schreiben des Klägers, in dem dieser die behaupteten Mängel der Reise niedergelegt hatte. (Bl. 83/84).</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, an ihn </p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">1. DM 3.925,-- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 01.11.1989</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">zu zahlen,</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">2. eine in das Ermessen des Gerichts zu stellendes </p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Schmerzensgeld, mindestens jedoch DM 300,--, zu</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Sie weist darauf hin, dass sie das gebuchte Hotel nicht insgesamt unter Vertrag hatte, ihr vielmehr nur ein geringes Zimmerkontingent zur Verfügung stand, so dass die Zeugin D zur Frage der Ausgebuchtheit des Hotels keine Angaben habe machen können; im übrigen sei sie zu derartigen Auskünften nicht bevollmächtigt.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Für die Sprachkenntnisse der übrigen Gäste könne sie schon gar nicht einstehen.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte behauptet, dass im Hotel Squash und Tennis habe gespielt werden können.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Zwar sei die Klimaanlage zunächst tagsüber abgeschaltet gewesen, auf Beschwerden von Gästen hin dann jedoch später ganztägig betrieben worden.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte behauptet, dass sie dem Kläger und seiner Begleiterin die Unterbringung in einem anderen Hotel an der gleichen Küste Sri Lankas und alternativ hierzu eine Unterbringung auf den Malediven anbot.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Das Gericht hat Beweis erhoben durch Zeugenvernehmung. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll des Amtsgerichts Braunschweig vom 09.10.90 verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks"><b><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :</u></b></p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger steht aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Zahlung des klageweise geltend gemachten Betrages zu, da durch die von der Beklagten vorprozessual vorgenommene Überweisung von DM 1.108,-- alle Ansprüche aus der Reise vom 01. bis 23.09.89 ausgeglichen sind.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger stand kein Anspruch auf vollständige Rückzahlung des Reisepreises infolge Kündigung des Reisevertrages zu.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Denn der Kläger, der die Reise durch die Umbuchung des Rückfluges auf den 08.09.89 konkludent gekündigt hatte, standen Kündigungsgründe von Gesetzes wegen nicht zur Seite.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Die Voraussetzungen des § 651 j BGB lagen nicht vor. Höhere Gewalt im Sinne der Vorschrift ist nicht dargetan. Der Kläger sprach zwar von einem bürgerkriegsähnlichen Ausnahmezustand im Lande, es bestand jedoch lediglich während seiner Urlaubszeit eine Ausgangssperre für die Zeit nach 22.00 Uhr; an Beeinträchtigungen hat der Kläger darüber hinaus nur den Vorfall am Tage seiner Anreise vorgetragen, ein substantiierter Vortrag weitere Beeinträchtigungen fehlt.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Auch war die Kündigung nicht gemäß § 651 e BGB berechtigt. Nach dieser Vorschrift setzt eine Kündigung voraus, dass die Reise als ganze beeinträchtigt ist. Dies wird bejaht, wenn der Zweck der Reise um mehr als 50 % vereitelt ist. Daran fehlte es im vorliegenden Fall. Dem Kläger und seiner Begleiterin stand lediglich ein Anspruch auf Minderung des Reisepreises in Höhe von 22,5 % zu, wie sich aus den Ausführungen zur Minderung des Reisepreises (§ 651 c BGB) ergibt.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Zu einem Schadensersatzanspruch aus § 651 f BGB, insbesondere zu einer nutzlos aufgewendeten Urlaubszeit, ist nichts vorgetragen. </p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger und seiner Begleiterin steht zwar aus § 651 c BGB ein Anspruch auf Minderung des Reisepreises in Höhe von 22,5 % zu (DM 1.106,10), dieser ist jedoch durch die vorprozessuale Zahlung von DM 1.108,-- von Seiten der Beklagten ausgeglichen worden. Darüber hinausgehende Minderungsansprüche des Klägers und seiner Begleiterin bestehen nicht.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich der Militärkontrollen und des angeblichen bürgerkriegsähnlichen Ausnahmezustandes in Sri Lanka zur Reisezeit des Klägers ist folgendes festzustellen:</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Das Militär des Landes Sri Lanka gehört nicht zu den Leistungsträgern der Beklagten, so dass dessen Handlungen der Beklagten nicht zugerechnet werden können. Die Beklagte verletzte insoweit auch keine Informationspflicht. Aufgrund des Klägervortrags stand schon nicht fest, dass überhaupt bürgerkriegsähnliche Zustände im Urlaubsgebiet des Klägers herrschten. Wenn dieser einen Zeitungsausschnitt über die Zustände in Sri Lanka während seiner Reisezeit vorlegte, so ersetzt dies einen konkreten Tatsachenvortrag zu eigenen Beeinträchtigungen nicht. Inwieweit er gehindert sein sollte, Land und Leute kennenzulernen, ist nicht ersichtlich. Außerdem war dies auch nicht Leistungsinhalt, da der Kläger und seine Begleiterin eine Komfort-Hotel mit erheblichen Sport- und Unterhaltungsmöglichkeiten buchten.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Die fehlende Ausgebuchtheit des Hotels führte zu einer Minderung des Reisepreises von insgesamt 7,5 %.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Das Reisebüro XXXX, über das der Kläger bei der Beklagten buchte, wurde als Agentin der Beklagten tätig. Die Beklagte hat sich deren Auskünfte und Zusagen zurechnen zu lassen (vgl. BGH NJW 1982, 377 f).</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte übernimmt jedoch keine Haftung dafür, dass anwesende Gäste sich in derartigen Sprachen mit dem Kläger und seiner Begleiterin unterhalten konnten, derer diese ihrerseits mächtig waren.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Aufgrund der Beweisaufnahme steht fest, dass die Mitarbeiterin des Reisebüros XXXX, die Zeugin D, dem Kläger und seiner Begleiterin gegenüber zusicherte, dass das Hotel " XXX" während der Urlaubszeit beider - zumindest teilweise - ausgebucht war. Aufgrund der Aussage der Zeugin, dass das Hotel im Hinblick auf das der Firma XXXX zur Verfügung stehende Zimmerkontingent ausgebucht war und sich beide um eine baldige Buchung bemühen sollten, war der Anschein erweckt, dass sich in dem recht großen Hotel eine Vielzahl von Leuten während der Urlaubszeit des Klägers und seiner Begleiterin aufhalten würden.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Für die tatsächlich fehlende Kommunikationsmöglichkeit (lediglich 13 Gäste warenanwesend) war ein Minderungsanspruch in der zuerkannten Höhe als angemessen und ausreichend zu berücksichtigen.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Da Sport und Unterhaltung während der Anwesenheit des Klägers und seiner Begleiterin überhaupt nicht angeboten wurden, war insoweit ein weiterer Minderungsanspruch von 15 % zuzuerkennen. Das Gericht ist nämlich aufgrund der Aussage der Zeugin W zu der Überzeugung gelangt, dass tatsächlich im Hotel keine der im Prospekt angebotenen Sport- oder Unterhaltungsmöglichkeiten angeboten wurden. Bei der Festsetzung des Minderungsbetrages hat das Gericht in Rechnung gestellt, dass der Kläger ein Sonderangebot der Beklagten nutzte. Zahlen die Reisenden für einen dreiwöchigen Urlaub lediglich den Preis einer zweiwöchigen Reise, so müssen sie grundsätzlich davon ausgehen, dass sämtliche vertragliche Leistungen - der Situation der Nachsaison entsprechend - gemindert sind. </p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Allerdings darf diese Minderung nicht so weit gehen, dass angekündigte Leistungen überhaupt nicht mehr zur Verfügung gestellt werden; mit einer derartigen Leistungsreduzierung hat der Reisende nicht zu rechnen. Da bei der gewählten Urlaubs- und Hotelart Sport und Unterhaltung im Vordergrund standen, war trotz des Sonderpreises ein Minderungsanspruch in der erwähnten Höhe gegeben. </p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Zwar hat der Kläger vorgetragen, dass die Klimaanlage nicht funktioniert habe. Nachdem die Beklagte jedoch konkret vortrug, dass die Klimaanlage auf entsprechende Rüge hin ganztägig betrieben wurde, war der Vortrag des Klägers, das Vorbringen der Beklagten sei "im wesentlichen unzutreffend" nicht mehr substantiiert und insoweit unbeachtlich.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Taxikosten hätte der Kläger nur dann ersetzt verlangen können, wenn ein Grund für einen Rücktritt von Anbeginn der Reise an vorhanden gewesen wäre; daran fehlte es jedoch im vorliegenden Fall.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat ein Abhilfeangebot nicht konkret vorgetragen. Ihr Vorbringen, dem Kläger und seiner Begleiterin sei ein Umzug in ein anderes Hotel auf Sri Lanka bzw. auf die Malediven angeboten worden, hat sie nicht weiter substantiiert, obwohl sie diesbezüglich darlegungs- und beweisbelastet war.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Schmerzensgeld (§§ 847, 823 BGB) zu. Es ist nämlich nicht ersichtlich, dass die Beklagte oder einer ihrer Verrichtungsgehilfen gegenüber dem Kläger eine unerlaubte Handlung beging. Das Militär von Sri Lanka gehört nicht zu den Verrichtungsgehilfen der Beklagten.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Der Ausspruch zu den prozessualen Nebenentscheidungen ergibt sich aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 Satz 1, 108 Abs. 1 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Streitwert: DM 4.225,--.</p>
|
315,001 | lg-dortmund-1991-01-14-21-o-29688 | {
"id": 806,
"name": "Landgericht Dortmund",
"slug": "lg-dortmund",
"city": 407,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 21 O 296/88 | 1991-01-14T00:00:00 | 2019-03-13T14:43:42 | 2022-10-18T15:09:18 | Urteil | ECLI:DE:LGDO:1991:0114.21O296.88.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beklagten zu 1) und 2 ) werden verurteilt,</p>
<p>als Gesamtschuldner an die Klägerin ein</p>
<p>Schmerzensgeld von 15.000,00 DM (i.W. fünf-</p>
<p>Zehntausend Deutsche Mark) abzüglich am</p>
<p>15.08.1990 gezahlte 2.000,00DM zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Über die Kosten des Rechtsstreits einschließlich</p>
<p>der Kosten des Berufungsverfahrens wird</p>
<p>wie folgt entschieden:</p>
<p>Die Beklagten zu 1) und 2) tragen ihre eigenen</p>
<p>außergerichtlichen Kosten in voller Höhe selbst.</p>
<p>Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten</p>
<p>zu 3) und 4) tragen diese selbst jeweils</p>
<p>2/7 und die Klägerin 5/7.</p>
<p>Von den Gerichtskosten und den außergericht-</p>
<p>lichen Kosten der Klägerin tragen die Beklagten</p>
<p>zu 1) und 2) als Gesamtschuldner</p>
<p>die Hälfte, die Beklagten zu 3) und 4)</p>
<p>als Gesamtschuldner 1/7 und die Klägerin 5/14.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für</p>
<p>die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung</p>
<p>in Höhe von 15.000,00 DM. Die</p>
<p>Klägerin kann die Zwangsvollstreckung der</p>
<p>Beklagten zu 3) und 4) durch Sicherheitsleistung</p>
<p>von 1.500,00 DM abwenden, wenn</p>
<p>nicht diese vor der Vollstreckung Sicherheit</p>
<p>in gleicher Höhe leisten.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="h2 absatzLinks">T a t b e s t a n d</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin verlangt von den Beklagten als Gesamtschuldnern</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Ersatz materiellen Schadens sowie Schmerzensgeld wegen</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">eines Sturzes, den sie am 24.05.1988 als Fahrgast in</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">einem Linienbus der Beklagten zu 4) erlitten hat.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts Dortmund</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">vom 24. April 1989 (Bl. 88 ff. der Akten) sowie auf die</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe des Urteils des 0berlandesgerichts</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Hamm vom 31. Mai 1990 (BI. 259 ff. der Akten) Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Gegenstand des Rechtsstreits ist jetzt nur noch der Anspruch der </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Klägerin gegen die Beklagten zu 1) und 2) auf Zahlung eines </p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Schmerzensgeldes.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin ist auf der Grundlage eines von T</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">am 06.09.1990 erstellten Gutachtens (BI. 286 ff. der</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Akten) der Auffassung, daß ihr ursprünglich mit 6.000,00 </p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">bezifferter Schmerzensgeldanspruch nunmehr im Bereich von</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">40.000,00 DM liege.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">die Beklagten zu 1) und 2)_ als Gesamtschuldner</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">zu verurteilen, ein in das Ermessen</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">abzüglich am 15.08.1990 gezahlter</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">2.000,00 DM an sie zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten zu 1) und 2} beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Wegen der übrigen Einzelheiten wird auf den Akteninhalt</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="h2 absatzLinks">E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Umfang begründet.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Der Schmerzensgeldanspruch der Klägerin ist mit einem</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Betrag von 15.000,00 DM gerechtfertigt. Das Gutachten</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">von T, dessen überzeugende Ausführungen</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">von keiner der Parteien sachlich angegriffen</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">werden, ist zu dem eindeutigen Ergebnis gelangt,</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">daß die heutigen Beschwerden der Klägerin nachweislich</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">auf dem Unfall vom 24.5.1988 beruhen. Dies hat der Gutachter</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">einerseits aus dem Zeitpunkt des erstmaligen</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Auftretens von Schmerzen in der linken Schulter der</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Klägerin, andererseits aus den heute noch tastbaren</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">und röntgenologisch erkennbaren Veränderungen geschlossen.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Damit steht fest, daß die gesamten heutigen</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Beschwerden der Klägerin, soweit sie mit der Schulterverletzung</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">in sachlichem Zusammenhang stehen, bei der </p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Bemessung des Schmerzensgeldes Berücksichtigung finden</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">müssen. Diese Beschwerden hat der Sachverständige in</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">seinem Gutachten aufgelistet und insbesondere die erhebliche</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">schmerzhafte Bewegungseinschränkung der linken</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Schulter hervorgehoben. So ist die Klägerin nicht in</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">der Lage, ihren linken Arm um mehr als 45 Grad anzuheben,</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">was ihr sowohl bei ihrer beruflichen Tätigkeit</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">als Putzhilfe als auch im eigenen Haushalt sehr hinderlich</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">ist. Hinsichtlich ihrer beruflichen Tätigkeit</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">besteht eine Minderung der Erwerbsfähigkeit um 40 %,</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">hinsichtlich der hausfraulichen Tätigkeit um 30 %.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Auch aus der eigenen Anhörung der Klägerin in der</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">mündlichen Verhandlung hat das Gericht die Auffassung</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">gewonnen, daß praktisch jede größere Bewegung des linken</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Armes mit Schmerzen verbunden ist. Unter diesen Umständen</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">erscheint dem Gericht ein Schmerzensgeld von 15.000,00 DM</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">angemessen. Für die Bemessung des Schmerzensgeldes kommt</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">es nicht darauf an, ob die Klägerin durch die von T angeregte Operation eine wesentliche</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Linderung ihres Leidens erwarten könnte und deshalb</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">zur Durchführung dieser Operation verpflichtet ist.</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Diese Frage stellt sich in erster Linie bei der zeitlichen</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Begrenzung des sog. Hausfrauenschadens, der jedoch</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits ist. Bei der</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Bemessung des Schmerzensgeldes ist allein darauf abzustellen,</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">daß die Schmerzen der Klägerin nach dem jetzigen</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Stand der Dinge von nicht bekannter Dauer sein werden</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">und daß eine Operation, sofern sie eines Tages unternommen</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">werden sollte, nicht frei von Risiken ist und möglicherweise</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">den gewünschten Erfolg nicht herbeiführend wird.</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">Trotz dieser für die Klägerin wenig erfreulichen Zukunftsprognose</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">kann das Schmerzensgeld keinesfalls den von</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">der Klägerin ins Auge gefaßten Bereich von 40.000.00 DM</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">erreichen. Mit diesen Vorstellungen bewegt sich die</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">Klägerin bereits in Größenordnungen, die nach der heutigen</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">Rechtsprechung beim völligen Verlust eines Armes zuge-</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">sprochen werden (vgl. die Entscheidung des OLG Koblenz</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">Nr. 795 der Schmerzensgeldtabelle von Hacks). Bei allem</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">Verständnis für die schwere Lage der Klägerin kann es</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">nicht angehen, die Verletzung der Klägerin auch nur</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">annähernd mit einer Armamputation auf eine Stufe zu</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">stellen. Denn die Fähigkeit der Klägerin, ihre linken</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">Arm im täglichen Leben zu gebrauchen, ist nach dem Gutachten</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">von T nur eingeschränkt,</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">aber keinesfalls völlig aufgehoben. Soweit der von der</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">Klägerin für angemessen erachtete Bettag von 40.000,00 DM</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">neben dem reinen Schmerzensgeld zugleich den Schaden bei</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">der Haushaltsführung abdecken sollte, ist darauf hinzuweisen,</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">daß der Anspruch der Klägerin aus § 843 BGB</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">hier nicht zur Diskussion steht und gesondert geltend</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">gemacht werden kann. Der zuerkannte Betrag von 15.000,00 DM</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">auf den die bereits gezahlten 2.000,00 DM zu verrechnen</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">sind, erscheint nach alledem angemessen.</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 92 Abs. 1 und 2,</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">100 Abs. 4, 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.</p>
|
315,002 | olgk-1991-01-10-7-u-8790 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
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} | 7 U 87/90 | 1991-01-10T00:00:00 | 2019-03-13T14:43:44 | 2022-10-18T15:09:18 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1991:0110.7U87.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">(Hier Freitext: Tatbestand, Gründe etc.) <b><span style="text-decoration:underline;">T a t b e s t a n
d :</span></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Klägerin macht gegen die Beklagte
Ansprüche aus abgetretenem Recht der Gastwirtin M. O. geltend.
Diese stellt der Klägerin seit Jahren für die Durchführung von
Wahlen einen Raum ihrer Gaststätte als Wahlraum zur Verfügung. Nach
den Bundestagswah-len vom 25.1.1987 ließ sie den Raum neu
tapezieren, weil die alte Fototapete angeblich beschädigt worden
war. Zur Erstattung der entstandenen Kosten sind weder die Klägerin
noch die Beklagte bereit. Die Klägerin ist der Ansicht, für das
Handeln des Wahlvorstandes sei die Beklagte verantwortlich. Sie hat
sich die Ansprüche der Gastwirtin abtreten lassen. Sie behauptet,
der Wahlvorsteher habe die Tapete im Anschluß an die Wahl beim
Entfernen der mit Klebezetteln an der Wand befestigten
Wahlhin-weise (Wahlbekanntmachung und Musterstimmzettel)
beschädigt. Mit ihrer Klage hat sie Ersatz der Re-paraturkosten in
Höhe von 672,60 DM zuzüglich einer Auslagenpauschale von 30,-- DM,
zusammen 702,60 DM, gefordert.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Das Landgericht hat die Klage mit
Urteil vom 25.4.1990 abgewiesen. Es hat gemeint, die behaupte-te
Schädigung der Tapete stelle zwar eine Amts-pflichtverletzung dar
und sei auch der Ausübung ei-nes öffentlichen Amtes im Sinne des
Art. 34 GG zu-zurechnen; haftende Körperschaft sei aber nicht die
Beklagte, sondern die Klägerin selbst, weil die Mitglieder des
Wahlvorstandes von der Gemeinde er-nannt und mit hoheitlichen
Befugnissen ausgestattet worden seien und bei der Entfernung der
Hinweise auch Aufgaben der Gemeinde wahrgenommen hätten.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Mit ihrer Berufung verfolgt die
Klägerin ihren erstinstanzlichen Antrag weiter. Die Beklagte tritt
der Berufung entgegen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Wegen der näheren Einzelheiten des
Sach- und Streitstandes wird auf das angefochtene Urteil und auf
die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze sowie auf das
Protokoll der Senatssit-zung vom 15.11.1990 Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
:</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Berufung ist zulässig, hat aber in
der Sache keinen Erfolg. Die Abweisung der Klage ist jeden-falls im
Ergebnis gerechtfertigt.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Aus dem Gesichtspunkt der
Amtspflichtverletzung gem. § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG
haftet die Beklagte schon deshalb nicht, weil der Wahlvor-steher,
der die Tapete beschädigt haben soll, dabei nicht "in Ausübung
eines ihm anvertrauten öffentli-chen Amtes" (Artikel 34 GG)
gehandelt hat.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Das Rechtsverhältnis, aus dem die
Klägerin ihren Anspruch herleitet, ist nicht
öffentlich-rechtli-cher, sondern privatrechtlicher Natur. Die
Inhabe-rin der Gaststätte hat der Klägerin den Wahlraum
unentgeltlich zur Nutzung überlassen. Die dieser
Nutzungsüberlassung zugrundeliegende Übereinkunft stellt sich als
Leihvertrag im Sinne des § 598 BGB dar. Die Rechte und Pflichten
aus einem solchen Vertrag beurteilen sich auch dann ausschließlich
nach privatrechtlichen Normen, wenn die Vertrags-partei, der die
Nutzung überlassen wird, ein Träger öffentlicher Verwaltung ist.
Denn die Beschaffung der für die Verwaltungstätigkeit
erforderlichen Räumlichkeiten, sei es durch Kauf, Miete oder
Lei-he, ist ein typisches sogenanntes fiskalisches Hilfsgeschäft,
das stets privatrechtlichen Regeln folgt, auch wenn in den Räumen
eine hoheitliche Tä-tigkeit ausgeübt wird.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Privatrechtlich einzuordnen sind dabei
nicht nur die aus dem Vertrag selbst erwachsenden Rechte und
Pflichten, sondern auch außervertragliche, insbe-sondere
deliktische Ansprüche. Für die Teilnahme der öffentlichen
Verwaltung am allgemeinen Privat-rechtsverkehr gilt der Grundsatz
der Gleichordnung, dessen Geltung nicht auf die vertragliche Ebene
be-schränkt werden kann. Beschädigt ein Beamter eine von seiner
Dienststelle angemietete oder entliehene Sache, so beurteilen sich
die Ersatzansprüche des Eigentümers allein nach Privatrecht.
Unerheblich ist dabei, ob die schädigende Handlung dem
hoheit-lichen oder dem privatrechtlichen Wirkungskreis des Beamten
zuzurechnen ist. Sie ist im Verhältnis zu dem geschädigten
Eigentümer auch dann privatrecht-lich zu qualifizieren, wenn sie im
übrigen, bezogen auf die sonstigen Dienstpflichten des Beamten,
ho-heitliche Züge trägt. Die Möglichkeit einer derar-tigen
Doppelwirkung staatlichen Handelns ist von der Rechtsprechung auch
auf anderen Gebieten wie dem des Wettbewerbsrechts und des
Rundfunkrechts seit langem anerkannt (BGHZ 66, 182, 186; 228, 237;
67, 81, 85; 82, 375, 383; NJW 1990, 2815, 2817) .</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Demnach kann im Ergebnis dahinstehen,
ob das angeb-lich schadenverursachende Entfernen der
Wahlbe-kanntmachung und des Musterstimmzettels von den Wänden des
Wahlraums noch der Durchführung der Wahl zuzuordnen und damit
hoheitlich zu qualifizieren ist. Im Verhältnis zur Inhaberin der
Gaststätte äu-ßerte es jedenfalls nur privatrechtliche Wirkungen.
Damit entfällt neben der Haftung nach Artikel 34 GG auch eine
Ersatzpflicht der Beklagten aus dem Ge-sichtspunkt des
enteignungsgleichen Eingriffs.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Nach Privatrecht hat die Inhaberin der
Gaststätte keine Ansprüche gegen die Beklagte erlangt.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Vertragliche Ansprüche kommen nicht in
Betracht. Partei des Leihvertrags war nicht die Beklagte, sondern
die Klägerin. Ihr oblag die Beschaffung des Wahlraums im Rahmen der
ihr bei der Vorbereitung und Durchführung der Wahl zukommenden
organisatori-schen Hilfsfunktion (vgl. OLG München, VersR 1979,
1065). Dabei handelt es sich um eine staatliche
Auftragsangelegenheit, bei deren Erledigung die Ge-meinde im
eigenen Namen handelt.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Für eine - deliktische - Haftung aus §
89 Abs. 1 in Verbindung mit § 31 BGB fehlt es an der
Vorausset-zung, daß der Verursacher des Schadens ein
"verfas-sungsmäßig berufener Vertreter" (§ 31 BGB) sein muß. Hierzu
zählen nur Personen, denen "bedeutsame, wesensmäßige Funktionen der
juristischen Person zur selbständigen, eigenverantwortlichen
Erfüllung zu-gewiesen sind" (BGHZ 49, 19, 21). Eine so
wesentli-che, für die Beklagte repräsentative Funktion kann dem
Wahlvorsteher nicht beigemessen werden.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Ebensowenig haftet die Beklagte für das
Handeln des Wahlvorstehers als Verrichtungsgehilfen gemäß § 831
BGB. Zu der Verrichtung, bei der es zur Schädigung der Tapete
gekommen sein soll, hat die Beklagte den Wahlvorsteher nicht
bestellt. Das Entfernen der Wahlhinweise gehört nicht zu den
Aufgaben des Bun-des, sondern zu den der Gemeinde übertragenen
Hilfsfunktionen. Schon das in § 48 Abs. 2 BWO gere-gelte Anbringen
der Hinweise ist Bestandteil der Verrichtungen, die als
"Wahlbekanntmachung der Ge-meindebehörde" (Überschrift des § 48
BWO) insgesamt der Gemeinde zugewiesen sind. Aus der Vorschrift des
§ 49 Nr. 7 BWO, wonach die Gemeinde dem Wahl-vorsteher vor Beginn
der Wahlhandlung einen Abdruck der Wahlbekanntmachung oder einen
Auszug zu überge-ben hat, ergibt sich nichts Gegenteiliges. Im
übri-gen ist das Entfernen der Hinweise rechtlich nicht ohne
weiteres - als eine Art "actus contrarius" - demselben
Aufgabenkreis zuzuordnen wie das Anbrin-gen. Es gleicht mehr einer
bloßen Aufräumarbeit, mit der die Verpflichtung zur ordnungsgemäßen
Rück-gabe der Räume erfüllt wird. Diese Verpflichtung oblag der
Klägerin.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Schließlich ist die Beklagte nach § 831
Abs. 1 Satz 2 BGB von der Ersatzpflicht befreit, weil ihr ein
Verschulden bei der Auswahl des Wahlvorstehers nicht zur Last
fällt. Ausgewählt worden sind die Mitglieder des Wahlvorstandes
nicht von der Beklag-ten, sondern von der Klägerin (§ 6 Abs. 1
BWO). Für ein etwaiges Auswahlverschulden hat deshalb die Klägerin
einzustehen (vgl. § 831 Abs. 2 BGB).</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Kostenentscheidung beruht auf § 97
Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbar-keit
folgt aus § 708 Nr. 10 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Berufungsstreitwert und Wert der
Beschwer: 702,60 DM.</p>
|
315,003 | lg-aachen-1991-01-03-3-t-32390 | {
"id": 800,
"name": "Landgericht Aachen",
"slug": "lg-aachen",
"city": 380,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 3 T 323/90 | 1991-01-03T00:00:00 | 2019-03-13T14:43:45 | 2022-10-18T15:09:19 | Beschluss | ECLI:DE:LGAC:1991:0103.3T323.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.</p>
<p></p>
<p>Das Grundbuchamt wird angewiesen, den Löschungsantrag der Beteiligten nicht aus den im angefochtenen Beschluß ausgeführten Gründen zurückzuweisen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Gründe</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Im Grundbuch von xxx waren ursprünglich als Eigentümer des eingangs bezeichneten Grundstücks Frau xxx Frau xxx und Herr xxx in Erbengemeinschaft eingetragen. Der Erbanteil der Frau xxx wurde aufgrund Erbfolge auf Frau xxx und Herrn xxx in Erbengemeinschaft umgeschrieben. Der Anteil der Frau xxx ist auf die Erbengemeinschaft, bestehend aus Herrn xxx und Herrn xxx umgeschrieben worden. Der Anteil des xxx an der ursprünglichen Erbengemeinschaft wurde am 05.09.1989 aufgrund Erbfolge auf xxx umgeschrieben. Bezüglich dieses Anteils des xxx ist in Abt. II des Grundbuchs unter laufender Nummer 3 ein Nacherbenvermerk eingetragen. Wegen seines Inhalts wird auf die entsprechende Grundbucheintragung Bezug genommen. </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Beteiligten zu 1) - 5) haben das Grundstück am 27.04.1990 an den Beteiligten zu 6) verkauft (UR.-Nr. xxx des Notars xxx; zugunsten des Beteiligten zu 6) ist in Abt. II des Grundbuchs unter laufender Nummer 4 eine Eigentumsvormerkung eingetragen worden.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Mit Schriftsatz vom 19.10.1990 hat der Notar die Löschung des Nacherbenvermerks wegen Unrichtigkeit beantragt und zur Begründung ausgeführt: Unter Hinweis auf die Kommentierung bei Palandt und im Münchener Kommentar zu § 2113 BGB halte er die Eintragung eines Nacherbenvermerks nicht für zulässig, wenn durch diesen Vermerk die übrigen Miteigentümer bei einer Gesamthandsgemeinschaft in ihren Verfügungen beeinträchtigt würden. Es könne nicht angehen, daß einer der Miteigentümer durch die Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft die übrigen Miteigentümer in ihren Verfügungen über Grundbesitz einschränken oder ihnen die Verfügung sogar unmöglich machen könne.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Rechtspflegerin hat den Antrag durch Beschluß vom 05.11.1990 zurückgewiesen. Auf die Begründung wird Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Gegen diesen Beschluß hat der Notar mit Schriftsatz vom 20.11.1990 (Bl. 165 d.A.) Erinnerung eingelegt. Zur Begründung trägt er vor: Wenn schon nach der Rechtsprechung des BGH die Ehefrau als Vorerbin berechtigt sei, auch insoweit über den Gesamtgutsgegenstand ohne Einschränkung zu verfügen, als hinsichtlich des Anteils des Ehemanns Vor- und Nacherbschaft angeordnet sei, dann sei in dem hier zu entscheidenden Fall das Schutzbedürfnis der übrigen Miterben noch erhöht, da nicht nur eine Person, die in einem engen Eheverband stehe, von der willkürlichen Beschränkung eines einzelnen Miterben betroffen wurde, sondern vier weitere Mitglieder einer Erbengemeinschaft. Wenn der BGH selbst im Eheverband das Verfügungsrecht des überlebenden Ehegatten höher stelle als das Schutzbedürfnis des Nacherben, so müsse das erst recht in einer vielköpfigen Erbengemeinschaft gelten. Es könne nicht richtig sein, daß ein einzelner Miterbe durch die Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft für seinen Erbteil das Verfügungsrecht aller übrigen Miterben ausschließe.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Rechtspflegerin und Richterin haben der Erinnerung nicht abgeholfen. Die Richterin hat die Sache unter Benachrichtigung des Notars dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die gemäß § 11 Abs. 1 RPflG statthafte Erinnerung war nach der Nichtabhilfe gemäß §§ 11 Abs. 2 RPflG, 71 Abs. 1 GBO als Beschwerde zu behandeln. Diese ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Ein im Grundbuch eingetragener Nacherbenvermerk kann nur dann gelöscht werden, wenn entweder die Nacherben die Löschung bewilligt haben oder die Unrichtigkeit des Grundbuchs nachgewiesen ist (§§ 19, 22 Abs. 1 GBO).</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Da die Nacherben nach xxx die Löschung nicht bewilligt haben, setzt diese den Nachweis der Unrichtigkeit voraus; der Nachweis ist in der Form des § 29 GBO zu führen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Das Grundbuch ist unrichtig, weil der Nacherbenvermerk an dem eingangs bezeichneten Grundstück nicht einzutragen ist. Gemäß § 51 GBO ist bei der Eintragung eines Vorerben zugleich das Recht des Nacherben (Nacherbenvermerk) im Grundbuch einzutragen. Diese Schutzvorschrift gilt jedoch nicht, wenn - wie im vorliegenden Fall - bei einer ungeteilten Erbengemeinschaft ein Miterbe durch einen Vorerben mit Nacherbfolge beerbt wird.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Im Grundbuch war die ungeteilte Erbengemeinschaft, bestehend aus xxx eingetragen. Einer der Gesamthandsberechtigten, xxx ist durch einen Vorerben, xxx beerbt worden. Bezüglich des Anteils des xxx an der oben genannten Erbengemeinschaft ist Nacherbfolge angeordnet. Diese Anordnung erstreckt sich nicht auf einen ideellen Anteil am Grundstück, sondern auf den Erbanteil des xxx am Nachlaß des von xxx und ihm selbst beerbten Erblassers, also auf einen Gesamthandsanteil. Zu dem Gesamthandsvermögen gehört das eingangs bezeichnete Grundstück.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Kammer vertritt die Auffassung, daß im Interesse der Verfügungsfreiheit der übrigen im Grundbuch eingetragenen Mitglieder der ungeteilten Erbengemeinschaft in Anlehnung an die Rechtsprechung des BGH (NJW 1976, 893 und NJW 1978, 698) die Vorschrift des § 2113 BGB auf den Gesamthandsanteil des Vorerben xxx am Nachlaß nicht anwendbar ist (vgl. OLG Köln Rechtspfleger 1987, 60, 61; MünchKomm/Grunsky, § 2113 BGB Rdnr. 3; Haegele, Rechtspfleger 1977, 50 zu dem Fall, daß eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Vorerben eines Gesellschafters fortgesetzt wird; offen gelassen von BayObLG Rechtspfleger 1988, 525, 526).</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Eine unmittelbare Anwendung des § 2113 BGB im Falle einer Verfügung über das eingangs bezeichnete Grundstück scheidet aus, weil dieses Grundstück selbst nicht zum Nachlaß des vom Vorerben xxx beerbten xxx gehört. Zu dem Nachlaß gehört vielmehr - wie oben ausgeführt - dessen Erbanteil am Nachlaß des von ihm zusammen von xxx und xxx beerbten Erblassers.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Eine analoge Anwendung des § 2113 BGB scheidet ebenfalls aus. Hierfür läßt sich zwar das Schutzbedürfnis des Nacherben anführen, dem die Vorschrift dient. Dagegen sprechen aber die Belange der nicht von der Vorerbschaft betroffenen Gesamthänder. Da die im Grundbuch eingetragenen Erben über das Grundstück nur gemeinschaftlich verfügen können (§ 2040 Abs. 1 BGB) und der Vorerbe gemäß § 2033 Abs. 2 BGB nicht über seinen Anteil am Grundstück verfügen kann, führt eine entsprechende Anwendung des § 2113 BGB auch auf Gesamthandsgegenstände dazu, daß nicht nur der zum Nachlaß gehörende Gesamthandsanteil des Vorerben den Verfügungsbeschränkungen des § 2113 BGB unterworfen würde, sondern der zum Gesamthandsvermögen gehörende Gegenstand insgesamt. Davon würden auch die übrigen Mitglieder der Erbengemeinschaft, die nach dem von xxx, xxx und xxx beerbten Erblasser weiterhin besteht, betroffen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der BGH hat in einem Fall, in dem bei einer Gütergemeinschaft der überlebende Ehegatte den anderen als Vorerben beerbt hat, unter Hinweis auf die ähnliche Problematik im Recht der Personenhandelsgesellschaften (§§ 719 Abs. 1 BGB, 105 Abs. 2, 161 Abs. 2 HGB) im Hinblick darauf, daß die Flexibilität der Geschäftsführung und der Verkehrsschutz bei einem solchen Ergebnis leiden können, die mit der Verfügungsfreiheit des Vorerben verbundene Schmälerung der Rechtsstellung des Nacherben in Kauf genommen (vgl. BGH NJW 1976, 893, 894). Er hat seine Auffassung bestätigt auch für den Fall einer aus ursprünglich zwei Miterben bestehenden Erbengemeinschaft, in der ein Miterbe Vorerbe des anderen Miterben wird (BGH NJW 1978, 698) und auch in diesem Fall für angezeigt gehalten, die Erbengemeinschaft in ihrer gesamthänderischen Bindung und den damit verbundenen etwaigen Beschränkungen des Vorerben nicht anders zu behandeln als die allgemeine Gütergemeinschaft zwischen Ehegatten. Die Kammer schließt sich dieser auch von einem Teil der Literatur (MünchKomm/Grunsky, § 2113 BGB Rdnr. 3; Palandt-Edenhofer, § 2113 BGB Anm. 1 a, Horber, § 51 GBO Anm. 1 b; Haegele, Rechtspfleger 1977, 50) geteilten Auffassung an und hält aus den vom BGH genannten Gründen § 2113 BGB auch im vorliegenden Fall der nicht befreiten Vorerbschaft nicht für entsprechend anwendbar (a.A. OLG Hamm Rechtspfleger 1985, 21; Ludwig, Rechtspfleger 1987, 155 in Anmerkung zu OLG Köln, a.a.O.).</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die von Ludwig (a.a.O.) geforderte Berücksichtigung des Erblasserwillens, der durch die Lösung des BGH verfälscht werde und dem eine höhere Priorität zukommen solle als dem "Interessenausgleich" zwischen Vorerbe und Nacherbe, kann nach Auffassung der Kammer jedenfalls dann nicht entscheidend sein, wenn es nicht allein um das Verhältnis Vorerbe/Nacherbe geht, sondern wenn durch eine entsprechende Anwendung des § 2113 BGB in die Rechte Dritter - hier der übrigen Mitglieder der Erbengemeinschaft, in die der Vorerbe eingetreten ist, - eingegriffen wird. Wären auch diese Mitglieder auf eine Zustimmung des Nacherben zur Verfügung über das Grundstück angewiesen, so würde eine derart weitgehende Beschränkung nicht nur die Rechte des Nacherben im Verhältnis zum Vorerben sichern, sondern die Rechte der übrigen Mitglieder der Erbengemeinschaft beeinträchtigen, obwohl sie mit der testamentarischen Regelung durch den eingetragenen Miterben nichts zu tun haben und auch keinen Einfluß darauf haben, wie die jeweiligen Miterben ihre erbrechtlichen Verhältnisse regeln. Gibt der BGH aber dem Vorerben, der infolge Erbfalls alleiniger Eigentümer des Grundstücks geworden ist, im Hinblick auf seine mitgesamthänderischen Rechte vor dem Erbfall (BGH NJW 1976, 893: Rechte des überlebenden Ehegatten aus der Gütergemeinschaft; BGH NJW 1978, 698: Rechte des überlebenden Miterben aus der Erbengemeinschaft) den Vorzug vor der Sicherung des Nacherben, so muß dies nach Auffassung der Kammer auch gelten, wenn durch eine entsprechende Anwendung des § 2113 BGB Dritte -nämlich andere Mitglieder der Erbengemeinschaft - beeinträchtigt würden. Wollte der BGH vermeiden, daß ein zum Gesamtgut einer Gesamthandsgemeinschaft gehörender Gegenstand insgesamt - also auch der Anteil, der dem überlebenden Mitglied der Gesamthandsgemeinschaft schon vor dem Erbfall zustand - den Verfügungsbeschränkungen des § 2113 BGB unterworfen wird, so vermag die Kammer den Grund hierfür nicht allein darin zu sehen, daß nach dem Erbfall eine einzige Person Rechtsträger der gesamten Vermögensmasse geworden ist und daß zwangsläufig ihr bisheriges freies Verfügungsrecht über ihren Eigenanteil an dem Vermögen entfallen wäre (so aber OLG Hamm Rechtspfleger 1985, 21, 22). Vielmehr sieht sie die anderen Mitglieder der früheren Gesamthandsgemeinschaft, die zwar nur gemeinschaftlich über das Grundstück verfügen konnten, aber nicht von der Zustimmung eines nicht zur Gesamthandsgemeinschaft gehörenden Nacherben abhängig waren, als ebenso schutzwürdig an. Die Schutzwürdigkeit entfällt auch nicht dadurch, daß jeder der übrigen Mitglieder der Erbengemeinschaft gemäß § 2042 BGB die Auseinandersetzung verlangen kann. Dieses Recht stand auch dem Vorerben in dem vom BGH (NJW 1978, 698) entschiedenen Fall zu. Zwar ist die Erbengemeinschaft vom Gesetz als Auseinandersetzungsgemeinschaft konzipiert, im Rechtsleben aber nicht auf diesen bloßen Zweck beschränkt. Fraglich ist daher, ob den Miterben eine Auseinandersetzung zugemutet werden kann, nach deren Vollzug nur noch einzelne Gegenstände des Nachlasses der Vorerbschaft unterstehen und damit unter § 2113 BGB fallen. Eine Erbengemeinschaft kann beachtenswerte Gründe dafür haben, vor einer Auseinandersetzung oder auch im Rahmen einer Auseinandersetzung einen Nachlaßgegenstand an einen Dritten zu veräußern und dabei nicht der Beschränkung des § 2113 BGB zu unterliegen. Auch ihr Interesse daran, den Zeitpunkt und die Art und Weise der Auseinandersetzung zu bestimmen, ist daher schutzwürdig (a.A. Schmidt, FamRZ 1976, 683, 689).</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Ist somit § 2113 BGB im vorliegenden Fall der Veräußerung eines Grundstücks durch die Erbengemeinschaft nicht anwendbar und folglich die Verfügung über das Grundstück den Nacherben gegenüber wirksam, so besteht kein Grund, daß zur Sicherung von Nacherbenrechten weiterhin ein Nacherbenvermerk im Grundbuch eingetragen ist.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Der angefochtene Beschluß war daher aufzuheben. Das Grundbuchamt wird unter Beachtung der Auffassung der Kammer den Löschungsantrag des Notars neu zu bescheiden haben.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Eine Kostenentscheidung nach § 13 a Abs. 1 FGG war nicht veranlaßt.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">U1 U2 U3</p>
|
315,004 | ag-neuss-1990-12-28-33-c-47190 | {
"id": 713,
"name": "Amtsgericht Neuss",
"slug": "ag-neuss",
"city": 473,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 33 C 471/90 | 1990-12-28T00:00:00 | 2019-03-13T14:43:46 | 2022-10-18T15:09:19 | Urteil | ECLI:DE:AGNE:1990:1228.33C471.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 119,80 DM nebst 11,5 % Zinsen seit dem 19.10.1990 zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Tatbestand:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger erwarb im Oktober 1989 eine Brille, für deren Brillengläser er bei der Beklagten eine Versicherung gegen Verlust u. a. abschloss.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">In den AVB Brillen der Beklagten regelt § 7 Nr. 3 u. a., dass die Beklagte für die versicherten Schäden pro Glas einen Höchstbetrag von 120,00 DM zu entrichten hat.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">§ 8 der AVB Brillen regelt, dass der Versicherungsnehmer in jedem Schadensfall eine Selbstbeteiligung entsprechend der beigefügten Sonderbedingungen zu tragen hat. Diese Selbstbeteiligung richtet sich nach der Stärke und Qualität der Gläser. Für die vom Kläger versicherten Gläser betrug sie 39,00 DM pro Glas.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Kläger verlor die Brille mit den versicherten Gläsern vor Ablauf der Versicherung. Der Wiederbeschaffungspreis der Gläser lag unter dem Anschaffungspreis der versicherten Gläser und betrug insgesamt 437,80 DM. Die Beklagte leistete 240,00 DM. Der Kläger begehrt Abrechnung nach dem Anschaffungspreis der versicherten Gläser und ist der Ansicht, dass § 7 Ziffer 3 des AVB Brillen unwirksam ist.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Beklagte zu verurteilen, an ihn 133,60 DM nebst 11,5 % Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks"> die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch aus dem abgeschlossenen Versicherungsvertrag auf Zahlung eines Restbetrages von 119,80 DM. Nach dem Versicherungsvertrag kann er die tatsächlich anfallenden Wiederbeschaffungskosten abzüglich der in § 8 der AVB Brillen genannten Selbstbeteiligung beanspruchen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte kann sich hingegen nicht auf die Haftungsbeschränkung auf einen Höchstbetrag von 120,00 DM pro Glas berufen. Die entsprechende Regelung des § 7 Ziffer 3 AVB Brillen ist nicht Vertragsbestandteil geworden, da es sich insoweit um eine überraschende Klausel im Sinne des § 3 AGBG handelt. Ein Versicherungsnehmer muss zwar grundsätzlich damit rechnen, dass die Versicherung in den allgemeinen Geschäftsbedingungen ihre Haftung beschränkt. So musste der Kläger damit rechnen, dass die AVB Brillen eine Selbstbeteiligung enthalten. Er musste indessen nicht damit rechnen, dass darüber hinaus die Haftung der Beklagten auf einen Höchstbetrag von 120,00 DM pro Brillenglas begrenzt wurde. Es handelt sich insoweit um einen Betrag, für den auch unter Berücksichtigung eines regelmäßig geleisteten Kassenanteils keine Brillengläser zu erwerben sind. Der Kläger aber durfte darauf vertrauen, dass durch die Versicherung die regelmäßig anfallenden Wiederbeschaffungskosten abzüglich einer Selbstbeteiligung abgedeckt wurden.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 284 Abs. 1, 286 Abs. 1, 288 Abs. 2 BGB. Der geltendgemachte Zinsschaden ist der Höhe nach nicht bestritten worden.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 92 Abs. 2, 708 Nr. 11, 713 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Richterin</p>
|
315,005 | lg-essen-1990-12-21-1-s-49790 | {
"id": 809,
"name": "Landgericht Essen",
"slug": "lg-essen",
"city": 417,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 1 S 497/90 | 1990-12-21T00:00:00 | 2019-03-13T14:43:48 | 2022-10-18T15:09:19 | Urteil | ECLI:DE:LGE:1990:1221.1S497.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>hat die 1. Zivilkammer des Landgerichts Essen </p>
<p>auf die mündliche Verhandlung vom 21. Dezember 1990 </p>
<p>durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht K., </p>
<p>den Richter am Landgericht Dr. G. und </p>
<p>den Richter M. für R e c h t erkannt: </p>
<p></p>
<p>Auf die Berufung der Klägerin wird das Schlußurteil des Amtsgerichts Gelsenkirchen-Buer vom 6. August 1990 - 9 C 281/90 - abgeändert und neugefaßt: </p>
<p></p>
<p>Das Teilversäumnisurteil vom 1. Juni 1990 wird aufgehoben. </p>
<p>Die Beklagten zu 3) (Eheleute U.) werden verurteilt, es zu unterlassen, in ihrer Wohnung im Hause S-straße in H. eine Ratte zu halten, und die gehaltene Ratte sofort zu entfernen. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen. </p>
<p></p>
<p>Die Kosten erster Instanz mit Ausnahme der Säumnismehrkosten, die die Beklagten zu 3) zu 2/3 und die Beklagten zu 5) zu 1/3 zu tragen haben, werden auferlegt: </p>
<p>der Klägerin 5/6 der Gerichtskosten und ihrer außergerichtlichen Kosten sowie die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1). 2). 4) und 5) und 1/2 der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 3),</p>
<p>den Beklagten zu 3) 1/6 der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Klägerin sowie ½ ihrer außergerichtlichen Kosten.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten zweiter Instanz werden auferlegt</p>
<p>der Klägerin ¾ der Gerichtskosten und ihrer außergerichtlichen Kosten sowie die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1), 2) und 5) sowie 1/3 der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 3);</p>
<p>den Beklagten zu 3) ¼ der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Klägerin sowie 2/3 ihrer außergerichtlichen Kosten.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe:</u></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Berufung der Klägerin ist nur zum Teil begründet.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat die gegen die Beklagten zu 1) und 2) gerichteten Anträge der Klägerin, die Hundehaltung zu unterlassen und die Hunde zu entfernen, im Ergebnis zu Recht abgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Insoweit steht der Klägerin kein Anspruch aus § 550 BGB zu. Die Hundehaltung stellt nämlich keinen vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache dar. Zwar bedarf eine Tierhaltung seitens der Mieter laut Mietvertrag der schriftlichen Genehmigung der Klägerin. Eine Genehmigung ist auch nicht wirksam erteilt worden, weil das Vorstandsmitglied T. der Klägerin zur Erteilung einer Genehmigung keine Vertretungsmacht besaß. Auch die Beklagten haben nämlich nicht ausdrücklich bestritten, daß die Klägerin nur von zwei Vorstandsmitgliedern zusammen wirksam vertreten werden kann. </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin handelt jedoch rechtsmißbräuchlich, wenn sie sich auf die fehlende Genehmigung für die Hundehaltung beruft. Ihr dürfte zwar ein freies Ermessen über die Entscheidung zustehen, ob eine Tierhaltung genehmigt wird (vgl. OLG Hamm<i>I </i>MOR 81, 406). Ein Vermieter kann die Genehmigung aber nicht mehr verweigern, wenn er die Tierhaltung längere Zeit wissentlich geduldet hat. Dabei muß er sich das Wissen eines Repräsentanten zurechnen lassen (Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., Rdnr. II <i>I </i>170. Das Vorstandsmitglied T. der Klägerin nimmt unstreitig in größerem Umfang Vermieterfunktionen wahr. Herr T. repräsentiert den Vermieter gegenüber den Mietern. Wie inzwischen auch die Klägerin mit Schriftsatz vom 12. Dezember 1990 eingeräumt hat, hat Herr T. im Juni 1988 von der Hundehaltung durch die Beklagten zu 1) und 2) erfahren. Daß Herr T. daraufhin auf eine Abschaffung der Hunde gedrängt hat, wird von der Klägerin nicht vorgetragen. Es ist daher zumindest von einer Duldung der Hundehaltung durch HerrnT., den Repräsentanten der Klägerin, auszugehen. Dadurch ist bei den Beklagten zu 1 und 2) ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden, der eine Berufung auf die mangelnde Genehmigung rechtsmißbräuchlich erscheinen läßt, ohne daß es noch darauf ankommt, ob Herr T. die Hundehaltung auch ausdrücklich gebilligt hat. </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Wie im Falle einer in Form einer wirksamen Willenserklärung erteilten Genehmigung kann die Klägerin daher die Hundehaltung nur noch dann beanstanden, wenn sich die Umstände inzwischen wesentlich geändert haben. Hierfür reicht es nicht aus, daß es wegen der Tierhaltung zu Problemen mit anderen Mietern kommt. Erforderlich ist vielmehr, daß die Tiere aufgrund ihres Verhaltens objektive Störungen verurachen. Hierzu hat die Klägerin jedoch keine näheren Ausführungen gemacht.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Das Urteil des Amtsgerichts war jedoch hinsichtlich der Haltung der Ratte durch die Beklagten zu 3) abzuändern. Insoweit steht der Klägerin ein Anspruch auf Unterlassung und Beseitigung zu<i>. </i>Auch die Haltung einer Ratte fällt vom Wortlaut her unter die Genehmigungspflicht des Mietvertrages. Insoweit ist keine einschränkende Auslegung der diesbezüglichen Vertragsklausel angebracht. Zwar ist eine Tierhaltungsgenehmigungspflicht regelmäßig so auszulegen, daß Kleintiere nicht betroffen sind (vgl. StermeI, Mietrecht, 3. Aufl., Rdnr. II 168). Dies beruht aber lediglich darauf, daß von Kleintieren grundsätzlich keine Beeinträchtigung der Mietsubstanz und störende Außenwirkungen zu erwarten sind und der Vermieter deshalb an einer Einflußnahme auf eine Kleintierhaltung kein Interesse haben kann. </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Zwar ist von der von den Beklagten zu 3) gehaltenen Ratte keine Beeinträchtigung der Mietsubstanz zu erwarten, falls sie in einem Terrarium gehalten wird. Selbst wenn die Ratte aus dem Terrarium nicht entweichen kann, so gehen<i> </i>von ihr aber dennoch anderweitige störende Außenwirkungen aus. Gegen Ratten bestehen innerhalb der Bevölkerung große Vorbehalte. Sie lösen Ekel aus, werden mit Krankheiten in Verbindung gebracht und werden als Ungeziefer betrachtet. Diese weitverbreiteten Ansichten führen dazu, daß in einem Mietshaus mit mehreren Mietparteien Widerwillen von Nachbarn gegen eine Rattenhaltung zu erwarten ist. Allein dies kann zu einer Störung des Hausfriedens führen, ohne daß es darauf ankommt, daß die Attribute, die mit Ratten assoziiert werden, zutreffend sind. Es besteht daher ein Interesse des Vermieters daran, auf eine Rattenhaltung Einfluß nehmen zu können. Die Rattenhaltung seitens der Beklagten zu 3) unterfällt daher der im Mietvertrag vorgesehenen Genehmigungspflicht. Eine Genehmigung ist nicht erfolgt. Die Rattenhaltung ist seitens der Klägerin auch nicht geduldet worden. Da sich die Ratte trotz Abmahnung weiterhin in der Wohnung der Beklagten zu 3} befindet, kann die Klägerin gem. § 550 BGB die Unterlassung und Beseitigung verlangen. </p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1, 344, 91 a ZPO. Gemäß § 91 a ZPO hat die Klägerin die Kosten auch hinsichtlich der Anträge, die sich auf die Katzenhaltung durch die Beklagten zu 3) und 5) bezogen, zu tragen. Insoweit ist der Rechtsstreit bereits in erster Instanz übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt worden. Die Kammer legt das Urteil des Vorderrichters so aus, daß dieser entsprechend der Gesetzeslage auch nicht mehr in der Hauptsache, sondern lediglich über die Kosten entschieden hat. Soweit sich die Klägerin diesbezüglich gegen die Kostenentscheidung richtet, handelt es sich um eine sofortige Beschwerde nach § 91 a Abs. 2 ZPO, über die die Kammer wegen der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung innerhalb des Berufungsverfahrens mitzuentscheiden hat. Die Klägerin hat insoweit die Kosten zu tragen, <i> </i>weil sie<i> </i>voraussichtlich hinsichtlich der Unterlassung der Katzenhaltung und der Abschaffung der Katzen in der Hauptsache unterlegen gewesen wäre. Sie hat nämlich nicht substantiiert dargelegt und unter Beweis gestellt, daß die Katzen bei Erhebung der Klage von den Beklagten zu 3) und 5) noch gehalten wurden. </p>
|
315,006 | olgk-1990-12-21-19-u-10490-vorm | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 19 U 104/90 (vormals: 19 U 147/86) | 1990-12-21T00:00:00 | 2019-03-13T14:43:49 | 2022-10-18T15:09:19 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1990:1221.19U104.90VORMALS1.00 | <h2>Tenor</h2>
<br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">(Eine Revision gegen das Verwerfungsurteil gemäß § 547 ZP0 wäre
nicht statthaft. Vgl. BGH NJW 64, 2303; BGH NJW 64, 2303; BGH NJW
82, 2071; BGHZ 47, 21; Zöller-Schneider, ZP0, 16. Aufl., § 547 Rdn.
2; Baumbach-Lauterbach/Hartmann, ZP0, 48. Aufl., § 591 Anm. 1).</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="h2 absatzLinks">E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin begehrt die Wiederaufnahme eines im Jahr 1984
begonnenen Rechtsstreits gegen die Be-klagte, ihre Tochter. Die
Klägerin hat in dem Aus-gangsverfahren 17 0 20/84 LG Köln = 19 U
147/86 OLG Köln die Zahlung eines Betrages von 20.000,-- DM mit der
Begründung verlangt, die Be-klagte habe einen der Klägerin
gehörenden Geldbe-trag entwendet, ihn abredewidrig ohne
Zugriffsmög-lichkeit der Klägerin angelegt und ihn auch in der
Folgezeit der Klägerin vorenthalten.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat u.a. nach Vernehmung des Zeugen R., des
damaligen Freundes der Beklagten, die Klage abgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">In dem nachfolgenden Berufungsverfahren 19 U 147/86 hat die
Klägerin u.a. vorgetragen, der Zeuge R. ha-be falsch ausgesagt. Der
Senat hat erneut eine Be-weisaufnahme vorgenommen und wiederum eine
Verneh-mung des Zeugen R. durchgeführt. Sodann hat der Se-nat durch
Urteil vom 6. März 1987 die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
In den Entscheidungsgrün-den dieses Urteils ist zugunsten der
Beklagten auch auf die Aussage des Zeugen R. abgestellt worden.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">In dem Strafverfahren 81 Js 134/88 StA Köln = 527 Cs 1/89 AG
Köln hat der Zeuge R. - von dem sich die Beklagte mittlerweile
getrennt hatte - am 22. November 1988 vor der Polizei ein
Geständnis abgelegt, zugunsten der Beklagten falsche Aussagen vor
Gericht gemacht zu haben. Gegen den Zeugen R. ist am 5. Januar 1989
zu 527 Cs 1/89 AG Köln Straf-befehl wegen uneidlicher Falschaussage
und Betruges ergangen, der rechtskräftig geworden ist.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Im Anschluß hieran wurde eine auf eine Straftat des Zeugen R.
gestützte Restitutionsklage nicht form- und fristgerecht
erhoben.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">In dem sodann gesondert gegen die Beklagte durch-geführten
Strafverfahren 81 Js 295/89 StA Köln = 529 Cs 983/89 AG Köln ist
gegen die Beklagte unter dem 20. Februar 1990 Strafbefehl wegen
Anstiftung des Zeugen R. zur uneidlichen Falschaussage und wegen
Betruges ergangen. Nachdem die Beklagte hier-gegen Einspruch
eingelegt hatte, ist das Verfahren von dem Amtsgericht mit
Zustimmung der Staatsan-waltschaft und der Beklagten durch Beschluß
vom 2. April 1990 gemäß § 153 a Abs. 2 Satz 1 StP0 vor-läufig
eingestellt worden mit der Auflage der Zah-lung einer Geldbuße von
4.000,-- DM in monatlichen Raten zu je 1.000,-- DM. Die Beklagte
zahlte hier-auf drei Raten; die vierte Rate zahlte sie - nach
Zustellung der vorliegenden Restitutionsklage, die die Klägerin im
Hinblick auf die Ein-Monats-Frist des § 586 Abs. 1 ZP0 vorsorglich
schon nach ihrer Kenntniserlangung von der vorläufigen Einstellung
des Strafverfahrens erhoben hat - nicht mehr; die Beklagte hat
angekündigt, diese vierte Rate auch in Zukunft nicht zahlen zu
wollen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Restitutionsklage nach §§ 578, 580 Nr. 4 ZP0, über die der
Senat gemäß § 584 Abs. 1 ZP0 zu befin-den hat, ist - derzeit -
unzulässig.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">1. Auf die Verurteilung des Zeugen R. (rechts-</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">kräftig gewordener Strafbefehl vom 5. Januar 1989 mit der
Wirkung des § 410 StP0) wegen un-eidlicher Falschaussage und wegen
Betruges zu Lasten der Klägerin als Wiederaufnahmegrund ge-mäß §§
580 Nr. 3, 581 Abs. 1 ZP0 ist die unter dem 23. Mai 1990 erhobene
Restitutionsklage nicht gestützt.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Insoweit wäre auch die Notfrist zur Klageerhe-bung nach § 586
Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 ZP0 i.V.m. § 580 Nr. 3 ZP0 längst
abgelaufen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">2. Die Wiederaufnahme des Verfahrens ist derzeit</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">aber auch nicht wegen Vorliegens des Restitu-tionsgrundes eines
strafbaren Verhaltens der Be-klagten nach § 580 Nr. 4 ZP0
zulässig.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">a) Zwar würde die Beschuldigung der Staatsan-</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">waltschaft Köln aus dem Strafbefehl vom 20. Februar 1990 - die
Beklagte habe den Zeugen R. zur uneidlichen Falschaussage
an-gestiftet und hierdurch, weil diese Falsch-aussage den Erfolg
der gegen die Beklagte gerichteten Klage verhindert habe, einen
Betrug zu Lasten der Klägerin begangen - den tatsächlichen
Voraussetzungen des § 580 Nr. 4 ZP0 genügen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die derzeitige Unzulässigkeit der Restitu-tionsklage ergibt sich
aber aus § 581 Abs. 1 ZP0: Die Beklagte ist wegen der ihr
vorgeworfenen Straftat nicht rechtskräftig verurteilt worden; es
kann aber auch nicht etwa die Durchführung des Strafverfahrens aus
anderen Gründen als wegen Mangels an Beweisen nicht erfolgen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Entscheidend ist, daß in dem Strafverfahren 81 Js 295/89 StA
Köln = 529 Cs 983/89 AG Köln das Verfahren von dem Amtsgericht
durch Be-schluß vom 2. April 1990 zunächst lediglich vorläufig
gemäß § 153 a Abs. 2 Satz 1 StP0 eingestellt worden ist mit der
Auflage der Zahlung der Geldbuße von 4.000,-- DM in vier
monatlichen Raten. Nachdem die Beklagte die vierte Rate nicht mehr
gezahlt hat, ist in dem somit fortzuführenden Strafverfahren
Ter-min zur Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht noch nicht
anberaumt, weil die hierfür benö-tigte Akte des vorliegenden
Rechtsstreits dem Amtsgericht wegen des bei dem Senat anhängi-gen
Wiederaufnahmeverfahrens noch nicht zur Verfügung steht.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">b) Die einstweilige Einstellung des Strafver-</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">fahrens nach § 153 a StP0 steht jedenfalls einer
(rechtskräftigen) Verurteilung im Sinne des § 581 erste Alternative
ZP0 nicht gleich.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">§ 153 a StP0 setzt zwar einen höheren Tatver-dacht voraus als
die folgenlose Einstellung des Strafverfahrens nach § 153 StP0.
Doch bleibt auch bei § 153 a StP0 die Schuldfrage offen; die
Verfahrensbeendigung nach dieser Vorschrift hat rein prozessualen
Charakter (Löwe-Rosenberg/Rieß, StP0, 24. Aufl., § 153 a Rdn. 31),
so daß die Unschuldsvermu-tung angesichts der Freiwilligkeit der
Aufla-generfüllung durch einen Beschuldigten nicht tangiert wird
(LR-Rieß a.a.0. Rdn. 14).</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">c) Eine vorläufige Verfahrenseinstellung nach</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">§ 153 a StP0 (sei es durch die Staatsanwalt-schaft mit
Zustimmung des Gerichts nach Ab-satz 1 Satz 1, sei es durch das
Gericht mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft nach Ab-satz 2 Satz 1
der Vorschrift) kann auch nicht als ein anderer Grund im Sinne der
zweiten Alternative des § 581 Abs. 1 ZP0 angesehen werden,
dessentwegen die Durchführung des Strafverfahrens nicht möglich
wäre. Dies gilt schon ungeachtet der Weigerung der Beklagten, die
letzte Rate der ihr auferlegten Geldbuße zu zahlen; doch wird
gerade durch diese Wei-gerung die Richtigkeit der von dem Senat
ge-genüber der Auffassung der Klägerin vertrete-nen Ansicht noch
unterstrichen. Die Voraus-setzungen des § 581 Abs. 1 zweite
Alternati-ve ZP0 wären allenfalls dann gegeben, wenn die Beklagte
als Beschuldigte alle Auflagen und Weisungen erfüllt hätte und die
Tat nach endgültiger Verfahrenseinstellung gemäß § 153 a Abs. 1
Satz 4 (i.V.m. Abs. 2 Satz 2) StP0 nicht mehr als Vergehen hätte
verfolgt werden können.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Inwieweit überhaupt Verfahrenseinstellungen nach §§ 153 ff. StP0
der zweiten Alternative des § 581 Abs. 1 ZP0 genügen können, wird
in Rechtsprechung und Schrifttum unterschiedlich beurteilt, ohne
daß insoweit zwischen den einzelnen Einstellungstatbeständen mit
ihren unterschiedlichen strafprozessualen Voraus-setzungen immer
genügend unterschieden würde. So stellt es eine unzulässige
Gleichstellung der Vorschriften der §§ 153 ff. dar, wenn
Wieczorek-Rössler (ZP0, 2. Aufl., § 581 Anm. B III a 3) davon
ausgeht, daß bei einer Einstellung nach §§ 153 bis 154 d StP0
"Straftat und Verschulden vorausgesetzt" wird. Daß dies nicht
richtig ist, ergibt sich schon für § 153 StP0 daraus, daß die
Anwend-barkeit dieser Vorschrift keine höhere Wahr-scheinlichkeit
der Tatbegehung voraussetzt als den bloßen Tatverdacht bei
Einleitung des Ermittlungsverfahrens (LR-Rieß § 153 Rdn. 32; aber
auch bei dem für § 153 a StP0 erforder-lichen höheren Tatverdacht
bleibt die Schuld-frage letztlich offen (LR-Rieß § 153 a Rdn. 31).
Zutreffend differenziert daher Wieczorek-Rössler an anderer Stelle
(§ 581 Anm. B III a) durchaus danach, ob durch die
Verfahrenseinstellung nichts über die Bege-hung der Straftat
entschieden wird.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Ob Einstellungen nach den §§ 153 ff. StP0 die
Prozeßfortsetzungsbedingung des § 581 Abs. 1 ZP0 begründen, ist
also für die ein-zelnen strafprozessualen Einstellungsvor-schriften
je unterschiedlich zu beurteilen.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Zu § 153 a StP0, sind, soweit ersichtlich, noch keine
Entscheidungen ergangen.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die zu § 153 StP0 ergangenen Urteile (vgl. OLG Koblenz MDR 79,
410 unter Ablehnung der Anwendbarkeit des § 581 ZP0; hiergegen
diffe-renzierend Zöller-Schneider, ZP0, 16. Aufl., § 581 Rdn. 8)
wie auch die zu § 154 StP0 ver-öffentlichten Entscheidungen (für
die Zuläs-sigkeit der Restitutionsklage OLG Hamburg MDR 78, 851;
dagegen, soweit staatsanwaltschaft-liche Einstellung, OLG Hamm MDR
86, 679) und das hierzu einschlägige Schrifttum (Wieczo-rek-Rössler
a.a.0.; Stein-Jonas/Grunsky, ZP0, 20. Aufl., § 581 Rdn. 2;
Zöller-Schneider, § 581 Rdn. 8 und 9;
Baumbach-Lauterbach/Hart-mann, ZP0, 48. Aufl., § 581 Anm. 1 B;
Thomas-Putzo, ZP0, 16. Aufl., § 581 Anm. 1; AK-ZP0 Greulich, 1987,
§ 581 Rdn. 7; Zimmermann, ZP0, 1990, § 581 Rdn. 2 - nur letzterer
nennt als einzige Kommentarstelle ausdrücklich auch § 153 a StP0,
während die übrigen Autoren le-diglich pauschal auf "§§ 153 ff."
StP0 ab-stellen) lassen sich auf die Fallgestaltung des § 153 a
StP0 nicht ohne weiteres übertra-gen. Unzutreffend geht daher die
Klägerin da-von aus, daß nach "völlig einheitlicher Auf-fassung"
die Einstellung gemäß § 153 a StP0 einen Grund im Sinne von § 581
Abs. 1 ZP0 darstelle, der eine rechtskräftige Verurtei-lung
hindere:</p>
<span class="absatzRechts">30</span><ol class="absatzLinks">
<li>Solange die Verfahrenseinstellung nach</li>
</ol>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">§ 153 a StPO nur vorläufig ist, solange also der Beschuldigte
oder Angeschuldigte die Auf-lagen oder Weisungen noch nicht
(vollständig) erfüllt hat, fehlt es an der
Prozeßfortset-zungsbedingung für ein Wiederaufnahmeverfah-ren nach
§ 581 Abs. 1 ZP0. Auch die Klage-frist des § 586 ZP0 hat somit
nicht schon mit der Kenntnis der Klägerin von der vorläufigen
Verfahrenseinstellung zu laufen begonnen.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Dies folgt aus der Vorschrift des § 153 a Abs. 1 Satz 4
(vorliegend: i.V.m. Abs. 2 Satz 2) StP0. Erst nach Erfüllung der
Aufla-gen und Weisungen (und nach einem entspre-chenden Beschluß
über die endgültige Einstel-lung des Strafverfahrens) kann die der
Be-klagten zur Last gelegte Tat der Anstiftung zur uneidlichen
Falschaussage und des Prozeß-betruges nicht mehr als Vergehen
verfolgt werden. Solange aber die Möglichkeit der Fortsetzung des
Strafverfahrens besteht - et-wa wenn der Beschuldigte oder
Angeschuldigte (wie hier die Beklagte) die Auflagen oder Weisungen
nicht oder nicht vollständig er-füllt und daher von dem
Strafgericht Haupt-verhandlung anzuberaumen ist - bleibt der
Ausgang des Strafverfahrens ungewiß. Es kann sowohl eine
Verurteilung wie auch ein Frei-spruch erfolgen; selbst eine erneute
Verfah-renseinstellung wäre nicht ausgeschlossen. Es liegt somit
bei der erst vorläufigen Einstel-lung des Strafverfahrens unter
Erteilung von Auflagen und Weisungen nach § 153 a StP0 ei-nerseits
kein Grund im Sinne des § 581 Abs. 1 zweite Alternative ZP0 vor,
der eine (rechts-kräftige) Verurteilung wegen einer Straftat nach §
580 Nr. 4 ZP0 hindern und damit schon jetzt zur Zulässigkeit der
Restitutionsklage führen würde. Andererseits läßt die vorläufi-ge
Einstellung nach § 153 a StP0 aber auch (nach ihrem Widerruf) die
Möglichkeit eines zukünftigen Freispruchs offen, der eine
Re-stitutionsklage endgültig unzulässig sein ließe (hierzu
Wieczorek-Rössler, § 581 Anm. B II b).</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">3. Nicht in Betracht kommt eine Aussetzung des Ver-</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">fahrens über die Restitutionsklage nach §§ 148 oder 149 ZP0 bis
zur rechtskräftigen Entschei-dung in dem Strafverfahren gegen die
Beklagte.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Voraussetzung für die Aussetzung des Verfahrens wäre, daß die
Restitutionsklage nach Prüfung von Amts wegen überhaupt zulässig
ist; mangelt es hieran, muß die Klage als unzulässig verworfen
werden (§ 589 Abs. 1 Satz 2 ZP0). Die Verwerfung als - derzeit -
unzulässig kann nicht durch eine Aussetzungsanordnung umgangen
werden (vgl. BGHZ 50, 115, 122).</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Aber selbst wenn man eine Aussetzung wenigstens dann für
zulässig und geboten hielte, wenn der rechtskräftige Abschluß des
Strafverfahrens kurz bevorsteht (so Zöller-Schneider § 581 Rdn. 5),
so fehlte es hieran vorliegend in zeitlicher Hinsicht. Es ist noch
nicht einmal eine erstin-stanzliche Verurteilung der Beklagten
erfolgt, so daß der Zeitpunkt einer rechtskräftigen Ver-urteilung
nicht abzusehen ist.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Es kann somit ferner dahinstehen, ob auch die sachlichen
Voraussetzungen einer Aussetzung we-gen Vorgreiflichkeit (§ 148
ZP0) oder Einflusses (§ 149 ZP0) des Strafverfahrens deswegen zu
ver-neinen wären, weil der Zivilrichter im Wieder-aufnahmeverfahren
zum Vorliegen einer Straftat als Restitutionsgrund nicht einmal an
das rechtskräftige Strafurteil gebunden wäre (h.M.: BGHZ 85, 32
ff.; Zöller-Schneider, § 581 Rdn. 1).</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">III.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZP0.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß
§§ 708 Nr. 10, 713 ZP0.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Streitwert für das Wiederaufnahmeverfahren, zu-gleich Beschwer
der Klägerin: 20.000,-- DM.</p>
|
315,007 | olgk-1990-12-21-19-u-10490 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 19 U 104/90 | 1990-12-21T00:00:00 | 2019-03-13T14:43:50 | 2022-10-18T15:09:17 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1990:1221.19U104.90.00 | <span class="absatzRechts">1</span><p class="h2 absatzLinks">E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I. Die Klägerin begehrt die Wiederaufnahme eines im Jahr 1984
begonnenen Rechtsstreits gegen die Beklagte, ihre Tochter. Die
Klägerin hat in dem Ausgangsverfahren 17 0 20/84 LG Köln = 19 U
147/86 OLG Köln die Zahlung eines Betrages von 20.000,-DM mit der
Begründung verlangt, die Beklagte habe einen der Klägerin
gehörenden Geldbetrag entwendet, ihn abredewidrig ohne
Zugriffsmöglichkeit der Klägerin angelegt und ihn auch in der
Folgezeit der Klägerin vorenthalten.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat u.a. nach Vernehmung des Zeugen R., des
damaligen Freundes der Beklagten, die Klage abgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">In dem nachfolgenden Berufungsverfahren 19 U 147/86 hat die
Klägerin u.a. vorgetragen, der Zeuge R. habe falsch ausgesagt. Der
Senat hat erneut eine Beweisaufnahme vorgenommen und wiederum eine
Vernehmung des Zeugen R. durchgeführt. Sodann hat der Senat durch
Urteil vom 6. März 1987 die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
In den Entscheidungsgründen dieses Urteils ist zugunsten der
Beklagten auch auf die Aussage des Zeugen R. abgestellt worden.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">In dem Strafverfahren 81 Js 134/88 StA Köln = 527 Cs 1/89 AG
Köln hat der Zeuge R. - von dem sich die Beklagte mittlerweile
getrennt hatte - am 22. November 1988 vor der Polizei ein
Geständnis abgelegt, zugunsten der Beklagten falsche Aussagen vor
Gericht gemacht zu haben. Gegen den Zeugen R. ist am 5. Januar 1989
zu 527 Cs 1/89 AG Köln Strafbefehl wegen uneidlicher Falschaussage
und Betruges ergangen, der rechtskräftig geworden ist.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Im Anschluß hieran wurde eine auf eine Straftat des Zeugen R.
gestützte Restitutionsklage nicht formund fristgerecht erhoben.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">In dem sodann gesondert gegen die Beklagte durchgeführten
Strafverfahren 81 Js 295/89 StA Köln = 529 Cs 983/89 AG Köln ist
gegen die Beklagte unter dem 20. Februar 1990 Strafbefehl wegen
Anstiftung des Zeugen R. zur uneidlichen Falschaussage und wegen
Betruges ergangen. Nachdem die Beklagte hiergegen Einspruch
eingelegt hatte, ist das Verfahren von dem Amtsgericht mit
Zustimmung der Staatsanwaltschaft und der Beklagten durch Beschluß
vom 2. April 1990 gemäß § 153 a Abs. 2 Satz 1 StP0 vorläufig
eingestellt worden mit der Auflage der Zahlung einer Geldbuße von
4.000,-DM in monatlichen Raten zu je 1.000,-DM. Die Beklagte zahlte
hierauf drei Raten; die vierte Rate zahlte sie - nach Zustellung
der vorliegenden Restitutionsklage, die die Klägerin im Hinblick
auf die EinMonats-Frist des § 586 Abs. 1 ZP0 vorsorglich schon nach
ihrer Kenntniserlangung von der vorläufigen Einstellung des
Strafverfahrens erhoben hat - nicht mehr; die Beklagte hat
angekündigt, diese vierte Rate auch in Zukunft nicht zahlen zu
wollen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Restitutionsklage nach §§ 578, 580 Nr. 4 ZP0, über die der
Senat gemäß § 584 Abs. 1 ZP0 zu befinden hat, ist - derzeit -
unzulässig.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">1. Auf die Verurteilung des Zeugen R. (rechtskräftig gewordener
Strafbefehl vom 5. Januar 1989 mit der Wirkung des § 410 StP0)
wegen uneidlicher Falschaussage und wegen Betruges zu Lasten der
Klägerin als Wiederaufnahmegrund gemäß §§ 580 Nr. 3, 581 Abs. 1 ZP0
ist die unter dem 23. Mai 1990 erhobene Restitutionsklage nicht
gestützt. Insoweit wäre auch die Notfrist zur Klageerhebung nach §
586 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 ZP0 i.V.m. § 580 Nr. 3 ZP0 längst
abgelaufen. 2. Die Wiederaufnahme des Verfahrens ist derzeit aber
auch nicht wegen Vorliegens des Restitutionsgrundes eines
strafbaren Verhaltens der Beklagten nach § 580 Nr. 4 ZP0 zulässig.
a) Zwar würde die Beschuldigung der Staatsanwaltschaft Köln aus dem
Strafbefehl vom 20. Februar 1990 - die Beklagte habe den Zeugen R.
zur uneidlichen Falschaussage angestiftet und hierdurch, weil diese
Falschaussage den Erfolg der gegen die Beklagte gerichteten Klage
verhindert habe, einen Betrug zu Lasten der Klägerin begangen - den
tatsächlichen Voraussetzungen des § 580 Nr. 4 ZP0 genügen. Die
derzeitige Unzulässigkeit der Restitutionsklage ergibt sich aber
aus § 581 Abs. 1 ZP0: Die Beklagte ist wegen der ihr vorgeworfenen
Straftat nicht rechtskräftig verurteilt worden; es kann aber auch
nicht etwa die Durchführung des Strafverfahrens aus anderen Gründen
als wegen Mangels an Beweisen nicht erfolgen. Entscheidend ist, daß
in dem Strafverfahren 81 Js 295/89 StA Köln = 529 Cs 983/89 AG Köln
das Verfahren von dem Amtsgericht durch Beschluß vom 2. April 1990
zunächst lediglich vorläufig gemäß § 153 a Abs. 2 Satz 1 StP0
eingestellt worden ist mit der Auflage der Zahlung der Geldbuße von
4.000,-DM in vier monatlichen Raten. Nachdem die Beklagte die
vierte Rate nicht mehr gezahlt hat, ist in dem somit
fortzuführenden Strafverfahren Termin zur Hauptverhandlung vor dem
Amtsgericht noch nicht anberaumt, weil die hierfür benötigte Akte
des vorliegenden Rechtsstreits dem Amtsgericht wegen des bei dem
Senat anhängigen Wiederaufnahmeverfahrens noch nicht zur Verfügung
steht. b) Die einstweilige Einstellung des Strafverfahrens nach §
153 a StP0 steht jedenfalls einer (rechtskräftigen) Verurteilung im
Sinne des § 581 erste Alternative ZP0 nicht gleich. § 153 a StP0
setzt zwar einen höheren Tatverdacht voraus als die folgenlose
Einstellung des Strafverfahrens nach § 153 StP0. Doch bleibt auch
bei § 153 a StP0 die Schuldfrage offen; die Verfahrensbeendigung
nach dieser Vorschrift hat rein prozessualen Charakter
(Löwe-Rosenberg/Rieß, StP0, 24. Aufl., § 153 a Rdn. 31), so daß die
Unschuldsvermutung angesichts der Freiwilligkeit der
Auflagenerfüllung durch einen Beschuldigten nicht tangiert wird
(LR-Rieß a.a.0. Rdn. 14). c) Eine vorläufige Verfahrenseinstellung
nach § 153 a StP0 (sei es durch die Staatsanwaltschaft mit
Zustimmung des Gerichts nach Absatz 1 Satz 1, sei es durch das
Gericht mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft nach Absatz 2 Satz 1
der Vorschrift) kann auch nicht als ein anderer Grund im Sinne der
zweiten Alternative des § 581 Abs. 1 ZP0 angesehen werden,
dessentwegen die Durchführung des Strafverfahrens nicht möglich
wäre. Dies gilt schon ungeachtet der Weigerung der Beklagten, die
letzte Rate der ihr auferlegten Geldbuße zu zahlen; doch wird
gerade durch diese Weigerung die Richtigkeit der von dem Senat
gegenüber der Auffassung der Klägerin vertretenen Ansicht noch
unterstrichen. Die Voraussetzungen des § 581 Abs. 1 zweite
Alternative ZP0 wären allenfalls dann gegeben, wenn die Beklagte
als Beschuldigte alle Auflagen und Weisungen erfüllt hätte und die
Tat nach endgültiger Verfahrenseinstellung gemäß § 153 a Abs. 1
Satz 4 (i.V.m. Abs. 2 Satz 2) StP0 nicht mehr als Vergehen hätte
verfolgt werden können. Inwieweit überhaupt Verfahrenseinstellungen
nach §§ 153 ff. StP0 der zweiten Alternative des § 581 Abs. 1 ZP0
genügen können, wird in Rechtsprechung und Schrifttum
unterschiedlich beurteilt, ohne daß insoweit zwischen den einzelnen
Einstellungstatbeständen mit ihren unterschiedlichen
strafprozessualen Voraussetzungen immer genügend unterschieden
würde. So stellt es eine unzulässige Gleichstellung der
Vorschriften der §§ 153 ff. dar, wenn Wieczorek-Rössler (ZP0, 2.
Aufl., § 581 Anm. B III a 3) davon ausgeht, daß bei einer
Einstellung nach §§ 153 bis 154 d StP0 "Straftat und Verschulden
vorausgesetzt" wird. Daß dies nicht richtig ist, ergibt sich schon
für § 153 StP0 daraus, daß die Anwendbarkeit dieser Vorschrift
keine höhere Wahrscheinlichkeit der Tatbegehung voraussetzt als den
bloßen Tatverdacht bei Einleitung des Ermittlungsverfahrens
(LR-Rieß § 153 Rdn. 32; aber auch bei dem für § 153 a StP0
erforderlichen höheren Tatverdacht bleibt die Schuldfrage letztlich
offen (LRRieß § 153 a Rdn. 31). Zutreffend differenziert daher
Wieczorek-Rössler an anderer Stelle (§ 581 Anm. B III a) durchaus
danach, ob durch die Verfahrenseinstellung nichts über die Begehung
der Straftat entschieden wird. Ob Einstellungen nach den §§ 153 ff.
StP0 die Prozeßfortsetzungsbedingung des § 581 Abs. 1 ZP0
begründen, ist also für die einzelnen strafprozessualen
Einstellungsvorschriften je unterschiedlich zu beurteilen. Zu § 153
a StP0, sind, soweit ersichtlich, noch keine Entscheidungen
ergangen. Die zu § 153 StP0 ergangenen Urteile (vgl. OLG Koblenz
MDR 79, 410 unter Ablehnung der Anwendbarkeit des § 581 ZP0;
hiergegen differenzierend ZöllerSchneider, ZP0, 16. Aufl., § 581
Rdn. 8) wie auch die zu § 154 StP0 veröffentlichten Entscheidungen
(für die Zulässigkeit der Restitutionsklage OLG Hamburg MDR 78,
851; dagegen, soweit staatsanwaltschaftliche Einstellung, OLG Hamm
MDR 86, 679) und das hierzu einschlägige Schrifttum
(Wieczorek-Rössler a.a.0.; Stein-Jonas/Grunsky, ZP0, 20. Aufl., §
581 Rdn. 2; ZöllerSchneider, § 581 Rdn. 8 und 9;
Baumbach-Lauterbach/Hartmann, ZP0, 48. Aufl., § 581 Anm. 1 B;
ThomasPutzo, ZP0, 16. Aufl., § 581 Anm. 1; AK-ZP0 Greulich, 1987, §
581 Rdn. 7; Zimmermann, ZP0, 1990, § 581 Rdn. 2 - nur letzterer
nennt als einzige Kommentarstelle ausdrücklich auch § 153 a StP0,
während die übrigen Autoren lediglich pauschal auf "§§ 153 ff."
StP0 abstellen) lassen sich auf die Fallgestaltung des § 153 a StP0
nicht ohne weiteres übertragen. Unzutreffend geht daher die
Klägerin davon aus, daß nach "völlig einheitlicher Auffassung" die
Einstellung gemäß § 153 a StP0 einen Grund im Sinne von § 581 Abs.
1 ZP0 darstelle, der eine rechtskräftige Verurteilung hindere:</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">d) Solange die Verfahrenseinstellung nach § 153 a StPO nur
vorläufig ist, solange also der Beschuldigte oder Angeschuldigte
die Auflagen oder Weisungen noch nicht (vollständig) erfüllt hat,
fehlt es an der Prozeßfortsetzungsbedingung für ein
Wiederaufnahmeverfahren nach § 581 Abs. 1 ZP0. Auch die Klagefrist
des § 586 ZP0 hat somit nicht schon mit der Kenntnis der Klägerin
von der vorläufigen Verfahrenseinstellung zu laufen begonnen. Dies
folgt aus der Vorschrift des § 153 a Abs. 1 Satz 4 (vorliegend:
i.V.m. Abs. 2 Satz 2) StP0. Erst nach Erfüllung der Auflagen und
Weisungen (und nach einem entsprechenden Beschluß über die
endgültige Einstellung des Strafverfahrens) kann die der Beklagten
zur Last gelegte Tat der Anstiftung zur uneidlichen Falschaussage
und des Prozeßbetruges nicht mehr als Vergehen verfolgt werden.
Solange aber die Möglichkeit der Fortsetzung des Strafverfahrens
besteht - etwa wenn der Beschuldigte oder Angeschuldigte (wie hier
die Beklagte) die Auflagen oder Weisungen nicht oder nicht
vollständig erfüllt und daher von dem Strafgericht Hauptverhandlung
anzuberaumen ist - bleibt der Ausgang des Strafverfahrens ungewiß.
Es kann sowohl eine Verurteilung wie auch ein Freispruch erfolgen;
selbst eine erneute Verfahrenseinstellung wäre nicht
ausgeschlossen. Es liegt somit bei der erst vorläufigen Einstellung
des Strafverfahrens unter Erteilung von Auflagen und Weisungen nach
§ 153 a StP0 einerseits kein Grund im Sinne des § 581 Abs. 1 zweite
Alternative ZP0 vor, der eine (rechtskräftige) Verurteilung wegen
einer Straftat nach § 580 Nr. 4 ZP0 hindern und damit schon jetzt
zur Zulässigkeit der Restitutionsklage führen würde. Andererseits
läßt die vorläufige Einstellung nach § 153 a StP0 aber auch (nach
ihrem Widerruf) die Möglichkeit eines zukünftigen Freispruchs
offen, der eine Restitutionsklage endgültig unzulässig sein ließe
(hierzu Wieczorek-Rössler, § 581 Anm. B II b). 3. Nicht in Betracht
kommt eine Aussetzung des Verfahrens über die Restitutionsklage
nach §§ 148 oder 149 ZP0 bis zur rechtskräftigen Entscheidung in
dem Strafverfahren gegen die Beklagte. Voraussetzung für die
Aussetzung des Verfahrens wäre, daß die Restitutionsklage nach
Prüfung von Amts wegen überhaupt zulässig ist; mangelt es hieran,
muß die Klage als unzulässig verworfen werden (§ 589 Abs. 1 Satz 2
ZP0). Die Verwerfung als - derzeit - unzulässig kann nicht durch
eine Aussetzungsanordnung umgangen werden (vgl. BGHZ 50, 115, 122).
Aber selbst wenn man eine Aussetzung wenigstens dann für zulässig
und geboten hielte, wenn der rechtskräftige Abschluß des
Strafverfahrens kurz bevorsteht (so ZöllerSchneider § 581 Rdn. 5),
so fehlte es hieran vorliegend in zeitlicher Hinsicht. Es ist noch
nicht einmal eine erstinstanzliche Verurteilung der Beklagten
erfolgt, so daß der Zeitpunkt einer rechtskräftigen Verurteilung
nicht abzusehen ist. Es kann somit ferner dahinstehen, ob auch die
sachlichen Voraussetzungen einer Aussetzung wegen Vorgreiflichkeit
(§ 148 ZP0) oder Einflusses (§ 149 ZP0) des Strafverfahrens
deswegen zu verneinen wären, weil der Zivilrichter im
Wiederaufnahmeverfahren zum Vorliegen einer Straftat als
Restitutionsgrund nicht einmal an das rechtskräftige Strafurteil
gebunden wäre (h.M.: BGHZ 85, 32 ff.; ZöllerSchneider, § 581 Rdn.
1). III.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZP0.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß
§§ 708 Nr. 10, 713 ZP0.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Streitwert für das Wiederaufnahmeverfahren, zugleich Beschwer
der Klägerin: 20.000,-DM.</p>
|
315,008 | olgk-1990-12-20-5-u-7390 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 5 U 73/90 | 1990-12-20T00:00:00 | 2019-03-13T14:43:52 | 2022-10-18T15:09:18 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1990:1220.5U73.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Beklagten gegen das am 14.03.1990 verkündete Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 24 0 225/89 - wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 51.000,-- DM abwenden, wenn die Klägerin nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p>
<p>Beiden Parteien wird gestattet, die Sicherheitsleistung auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank zu erbringen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">Tatbestand</span></strong></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin macht gegen die Beklagte aus einem Teilungsabkommen Ansprüche für Aufwendungen geltend, die sie für ihr bei einem Verkehrsunfall am 30.11.1987 verletztes Mitglied I. T erbracht hat.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Herr T befuhr mit seinem Pkw die K 14 in T2. Er überholte dabei zwei vor ihm fahrende Fahrzeuge, zuerst einen Pkw, für den bei der Beklagten eine Haftpflichtversicherung bestand, und unmittelbar danach einen Lkw. Als sich Herr T neben dem Lkw befand, kam ihm ein Pkw entgegen. Er bremste zunächst ab, beschleunigte aber sofort wieder, um den Überholvorgang zu beenden. Nach dem Überholen des Lkw und dem Wiedereinscheren nach rechts kam Herr T von der Fahrbahn ab und prallte gegen einen Baum. Die Aufwendungen der Klägerin betragen bislang mehr als 150.000,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Teilungsabkommen anwendbar ist, das unter anderem wie folgt lautet:</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">§ 1</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Werden von der BG (Berufsgenossenschaft) aufgrund des § 116 SGB X Ersatzansprüche gegen eine natürliche oder gegen eine juristische Person erhoben, die bei der H (Beklagten) haftpflichtversichert ist, werden diese ausschließlich nach diesem Teilungsabkommen abgewickelt. Die H verzichtet auf die Prüfung der Haftungsfrage und beteiligt sich nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen an den Aufwendungen der BG.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Voraussetzung für die Anwendung des Teilungsabkommens im Bereich der Kraftfahrt-Haftpflichtversicherung ist ein Kausalzusammenhang zwischen dem Schadenfall und dem Gebrauch eines Kraftfahrzeuges im Sinne der Rechtsprechung des BGH.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat vorgetragen:</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der Betrieb des bei der Beklagten versicherten Fahrzeuges sei durchaus ursächlich für den Verkehrsunfall ihres Mitgliedes gewesen. Die Fahrweise des Versicherungsnehmers der Beklagten habe das Verhalten des Zeugen T unmittelbar beeinflußt, so daß von einem Groteskfall nicht die Rede sein könne. Der Abstand zwischen Pkw und Lkw sei unter Berücksichtigung der sehr hohen Geschwindigkeit des überholenden viel zu gering gewesen, um sich mühelos und ohne Gefährdung wieder auf die rechte Fahrspur einzuordnen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, an sie 41.000,-- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 01.03.1989 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen:</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Durch das bei ihr versicherte Fahrzeug sei keine Bedingung für den Unfallablauf gesetzt worden. Der Zeuge T habe sich bereits wieder auf der rechten Fahrbahn befunden, als frühestens das Unfallgeschehen eingeleitet worden sei. Der Überholvorgang als solcher sei bereits beendet gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat durch Urteil vom 14.03.1990, auf das vollinhaltlich Bezug genommen wird, der Klage bis auf einen Teil des Zinsanspruchs stattgegeben. Zur Begründung hat das Landgericht u. a. ausgeführt, die Anwendung des Teilungsabkommens sei gerechtfertigt, weil ein Kausalzusammenhang zwischen dem Schadenfall und dem Gebrauch des bei der Beklagten versicherten Fahrzeuges gegeben sei.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat gegen das ihr am 30.03.1990 zugestellte Urteil am 30.04.1990 Berufung eingelegt und das Rechtsmittel nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 30.06.1990 am 02.07.1990 (Montag) begründet.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Sie wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend vor:</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Entgegen dem angefochtenen Urteil reiche es für den Kausalzusammenhang nicht aus, daß die Möglichkeit bestehe, das Verhalten des Zeugen T sei durch das Verhalten des Fahrers des bei ihr versicherten Pkw beeinflußt worden. Auf den Abstand zwischen dem bei ihr versicherten Pkw und dem Lkw komme es nicht an. Bei anderer Ansicht müsse hierüber Beweis erhoben werden. Der Zeuge T habe eindeutig zwischen Pkw und Lkw einscheren können (Zeugen L; B H; U H, S H). Bei dem vorliegenden Sachverhalt käme niemand auf den Gedanken, den bereits überholten Pkw-Fahrer für einen Schleudervorgang beim Überholen des voranfahrenden Lkw verantwortlich zu machen, und selbst dann nicht, wenn der Pkw verhältnismäßig dicht aufgefahren wäre.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen;</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">ihr zu gestatten, zur Abwendung der Zwangsvollstreckung Sicherheit durch Bankbürgschaft zu leisten.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen;</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">ihr zu gestatten, Sicherheitsleistung durch selbstschuldnerische Bankbürgschaft zu erbringen.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin wiederholt ebenfalls ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend vor:</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Ein Einscheren zwischen den beiden Fahrzeugen sei dem Zeugen T nicht möglich gewesen, da der Abstand zwischen den beiden Fahrzeugen nicht ausreichend gewesen sei (Zeuge T). Deshalb habe sich der Zeuge T zur Fortsetzung des Überholmanövers entschlossen. Das Überholen der beiden Fahrzeuge stelle einen einheitlichen Vorgang dar, bei dessen Beendigung es zu dem Schaden gekommen sei.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den gesamten vorgetragenen Akteninhalt Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Akten 13 Js 2786/88 StA Verden waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Entscheidungsgründe</span></p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung der Beklagten ist in der Sache selbst nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß das zwischen den Parteien bestehende Teilungsabkommen im Streitfall Anwendung findet, so daß die Beklagte gemäß § 2 Abs. 1 des Teilungsabkommens der Klägerin 50 % der von dieser erbrachten Versicherungsleistungen zu erstatten hat. Bei unstreitig erbrachten Aufwendungen von über 150.000,-- DM ist die Klagesumme von 41.000,-- DM jedenfalls gerechtfertigt.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Der für die Anwendung des Teilungsabkommens vorausgesetzte adäquate Kausalzusammenhang ist gegeben, wenn zwischen dem Schadenfall und dem versicherten Haftpflichtbereich ein innerer Zusammenhang besteht, das heißt, wenn der bei der Beklagten versicherte Pkw an dem schadenbringenden Verkehrsvorgang nach der Verkehrsauffassung aktuell und unmittelbar, zeit- und ortsnah beteiligt gewesen ist. Auf die Fahrweise des Fahrers des bei der Beklagten versicherten Fahrzeuges, also ein bestimmtes Verhalten des Versicherten, kommt es dann nicht weiter an (BGH VersR 79, 1093, 1094).</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Von der Anwendung des Teilungsabkommens ausgenommen sind nur die Fälle; die mit dem versicherten Wagnis lediglich rein äußerlich und zufällig im Zusammenhang stehen. Das sind solche Fälle, in denen schon nach dem unstreitigen Sachverhalt eine Schadensersatzpflicht des Haftpflichtversicherten unzweifelhaft und offensichtlich gar nicht in Frage kommt (BGH VersR 83, 771 = NJW 84, 41), In diesen Fällen kann auch im Rahmen eines Teilungsabkommens kein Anspruch gegen den Haftpflichtversicherer geltend gemacht werden. Es handelt sich dabei um die sogenannten "Groteskfälle", in denen ohne Bestehen des Teilungsabkommens niemand auf den Gedanken kommen würde, angesichts des konkreten, unstreitig gegebenen Sachverhalts Ansprüche gegen den Haftpflichtversicherten zu erheben (BGH VersR 79, 1093, 1094; 83, 771 = NJW 84, 41; 84, 889, 890 m.w.N.).</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Besteht aber nach der Lebenserfahrung die Möglichkeit und liegt es nicht ganz fern, daß aus Anlaß des Schadensereignisses - wenn auch unbegründete -Haftpflichtansprüche gegen den Haftpflichtversicherten erhoben werden, ist dieses Schadenereignis in die Erstattungsregelung des Teilungsabkommens einzubeziehen (BGH VersR 84, 889, 890 m.w.N.). Das in dem dortigen Fall zugrundeliegende Teilungsabkommen hatte zwar einen etwas anderen Wortlaut als das hier vorliegende, stellte aber ebenfalls auf den adäquaten Kausalzusammenhang ab und lautete in dem hier interessierenden Teil wie folgt:</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">"Voraussetzung für die Anwendbarkeit des TA ist, daß nach dem Tatbestand objektiv die Möglichkeit einer Inanspruchnahme des Haftpflichtversicherten gegeben ist. Damit fallen z. B. solche Schäden nicht unter das TA, bei denen es an einem adäquaten Kausalzusammenhang mit dem Schadenereignis fehlt."</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Ebenso verhielt es sich in dem vom BGH entschiedenen Fall (VersR 84, 158), in dem das Teilungsabkommen u. a. wie folgt lautete:</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">"Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Teilungsabkommens ist jedoch, daß objektiv die Möglichkeit der Inanspruchnahme des Haftpflichtigen gegeben ist, das heißt ein ursächlicher (adäquater) Zusammenhang besteht."</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Im Streitfall ist der erforderliche adäquate Kausalzuammenhang zwischen dem Schadenfall und dem Gebrauch (§ 10 AKB) des bei der Beklagten versicherten Pkw gegeben.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Das überholen des bei der Beklagten versicherten Pkw durch Herrn T war nicht schon durch das bloße Passieren des überholten Fahrzeugs beendet. Dazu bedurfte es vielmehr noch des Wiedereinscherens auf die rechte Fahrbahn. Dies war nach dem Vorbringen der Klägerin wegen zu geringen Abstandes des überholten Pkw zu dem vorausfahrenden Lkw jedoch nicht möglich. Soweit die Beklagte demgegenüber geltend macht, der Zeuge T habe eindeutig zwischen Pkw und Lkw einscheren können, entbehrt dieses Vorbringen jeglicher Stubstantiierung (die Entfernung zwischen den Fahrzeugen ist nicht einmal annähernd bekannt) und ist daher unbeachtlich. Unter diesen Umständen ist der innere Zusammenhang mit dem Überholen des bei der Beklagten versicherten Pkw nicht dadurch aufgehoben, daß Herr T noch den unmittelbar davor fahrenden Lkw überholt hat und dann beim Wiedereinscheren nach rechts verunfallt ist. Nach Sachlage kann jedenfalls entgegen der Auffassung der Beklagten keine Rede davon sein, daß der bei ihr versicherte Pkw mit dem Schadenereignis überhaupt nichts zu tun habe.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Anders könnte dies zu beurteilen sein, wenn Herr T trotz möglichen Wiedereinscherens weiter auf der Gegenfahrbahn geblieben und dort mit einem Fahrzeug des Gegenverkehrs zusammengestoßen wäre (vgl. dazu OLG Karlsruhe MS 88, 209).</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Vorliegend ist auch nicht entscheidend, ob gegen den Halter und Fahrer des bei der Beklagten versicherten Pkw mit begründeter Aussicht Haftpflichtansprüche geltend gemacht werden könnten. Sogar wenn der Unfall für den Fahrer des überholten Pkw ein unabwendbares Ereignis gewesen sein sollte, steht dies der Anwendung des Teilungsabkommens nicht entgegen, denn die Beklagte hat in § 1 Abs. 1 des Teilungsabkommens nicht nur auf die Prüfung der Schuldfrage, sondern umfassend auf die Prüfung der Haftungsfrage verzichtet. Von daher kommt auch die von der Beklagten beantragte Erhebung von Beweisen zur Fahrweise des Fahrers des bei ihr versicherten Fahrzeugs nicht in Betracht.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Der in § 1 Abs. 1 des Teilungsabkommens vereinbarte generelle Verzicht auf die Prüfung der Haftungsfrage führt notwendigerweise dazu, daß die Beklagte auch in Fällen eintreten muß, in denen kein begründeter Haftungsanspruch gegen eine bei ihr versicherte Person besteht. Dies ist das Äquivalent dafür, daß sie auch in Fällen, in denen ein bei ihr Versicherter zum Ersatz des gesamten Schadens verpflichtet wäre, lediglich die im Teilungsabkommen festgelegte Quote zahlen muß (BGH VersR 79, 1093, 1094 m.w.N.).</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Nach seinem Sinn und Zweck soll das Teilungsabkommen bei allen Schadenfällen, an denen bei den Parteien versicherte Personen beteiligt sind, Anwendung finden, und trägt die Beklagte für das Vorliegen des Ausnahmetatbestandes, nämlich für das offensichtliche Fehlen eines Kausalzusammenhangs zwischen Schadenfall und versichertem Wagnis, die Darlegungs- und Beweislast (BGH VersR 82, 774, 775). Ein offensichtliches Fehlen des Kausalzusammenhangs ist bei dem gegebenen Sachverhalt jedoch weder genügend dargelegt, geschweige denn bewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Jedenfalls liegt es hier nicht sozusagen auf der Hand, daß eine Haftung des bei der Beklagten Versicherten offensichtlich und unzweifelhaft ausscheidet. Die Einbeziehung des vorliegenden Schadenereignisses in die Erstattungsregelung läßt sich noch mit dem Grundgedanken des Teilungsabkommens in Einklang bringen. Von einem Rechtsmißbrauch seitens der Klägerin kann keine Rede sein.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">3.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Streitwert für das Berufungsverfahren und Wert der Beschwer für die Beklagte: 41.000,-- DM.</p>
|
315,009 | olgham-1990-12-19-20-u-19090 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 20 U 190/90 | 1990-12-19T00:00:00 | 2019-03-13T14:43:53 | 2022-10-18T15:09:18 | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1990:1219.20U190.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Klägers gegen das am 10. Mai 1990 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld wird zurückgewiesen.</p>
<p>Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Es kann dahinstehen, ob die Beklagte wegen Obliegenheitsverletzung des Klägers von ihrer Leistungspflicht freigeworden ist. Ein möglicher Anspruch des Klägers ist nämlich gemäß §12 Abs. 1 und 2 VVG verjährt.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks"><b>1.</b></p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Gemäß §12 Abs. 1 VVG verjähren Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag grundsätzlich in zwei Jahren. Gemäß §12 Abs. 2 VVG ist die Verjährung allerdings gehemmt, wenn der Versicherungsnehmer seinen Anspruch bei dem Versicherer angemeldet hat. Erst mit dem Eingang der schriftlichen Entscheidung des Versicherers fällt die Hemmung weg.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Eine abschließende Stellungnahme der Beklagten über Grund und Umfang ihrer Entschädigungspflicht für den vom Kläger telefonisch am 03.01.1985 gemeldeten Versicherungsfall liegt nicht vor. Der Schutzgedanke der Hemmungswirkung hat aber auch ohne Bescheid des Versicherers dann keine Berechtigung mehr, wenn für den Versicherungsnehmer keinerlei Schutzbedürfnis mehr besteht. Das ist in der Regel dann der Fall, wenn der Versicherungsnehmer die von ihm zunächst angemeldeten Ansprüche inzwischen offensichtlich nicht mehr weiterverfolgt und daher auf einen endgültig ablehnenden Bescheid des Versicherers gar nicht mehr wartet (BGH VersR 77, 335).</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks"><b>2.</b></p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Beklagte konnte aufgrund der gesamten Umstände davon ausgehen, daß der Kläger seine Ansprüche offensichtlich nicht mehr durchsetzen will. Tatsächlich hat der Kläger seine Ansprüche auch nicht mehr weiterverfolgt.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Außer der telefonischen Meldung vom 03.01.1985, mit der der Kläger der Beklagten lediglich Schadenstag, Standort, Kennzeichen und Typ des Fahrzeugs sowie seine Anschrift und die Versicherungsnummer mitgeteilt hatte, hat der Kläger bis zum 20.02.1989 nichts getan, um seine Ansprüche gegenüber der Beklagten weiter geltend zu machen. Der Kläger hat der Beklagten weder das gegen ihn laufende Ermittlungsverfahren angezeigt, wozu er gemäß. §7 I 2 AKB verpflichtet gewesen wäre, noch hat er seine Wohnungsänderung mitgeteilt. Die Beklagte hat auch keinerlei Schreiben oder weiteren telefonischen Mitteilungen erhalten, mit der Grund und Höhe eines möglichen Anspruchs näher konkretisiert wurden. Aus Sicht der Beklagten hat der Kläger auch nicht das zweimal an ihn versandte Schadensformular zurückgeschickt. Ob der Kläger die beiden Schadensformulare tatsächlich erhalten hat, was er in Abrede stellt, ist insoweit unerheblich, da es für die Frage, ob die Beklagte annehmen durfte, der Kläger verfolge seine Ansprüche nicht mehr, nur auf die Sicht der Beklagten ankommt. Unstreitig hat die Beklagte die Schadensformulare aber abgesandt und unstreitig hat sie diese nicht zurückerhalten. Eine vorsorgliche schriftliche Ablehnung ihrer Eintrittspflicht, mit der die Hemmung der Verjährung beseitigt werden konnte, war der Beklagten nicht zuzumuten. Das zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer bestehende Vertrauensverhältnis darf nicht ohne Grund durch nicht weiter veranlaßte Ablehnungsschreiben beeinträchtigt werden.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Gerade in der Kaskoversicherung ist es des öfteren so, daß ein Versicherungsnehmer einen Schaden nur vorsorglich meldet, er dann aber ohne die Folge der Rückstufung in der Kaskoversicherung die Haftpflichtversicherung des Unfallgegners mit Erfolg in Anspruch nimmt, die darüber hinaus neben dem eigentlichen Fahrzeugschaden auch noch Minderwert, Nutzungsausfall und Unkostenpauschale ersetzt. Die vorsorgliche Meldung des Kaskoschadens gerät dann oft beim Versicherungsnehmer in Vergessenheit, so daß der Versicherer dann auch keine Mitteilung erhält, wenn der Schaden anderweitig reguliert ist. Tatsächlich hat die Beklagte auch Anfang 1986 ihre Akte zu diesem Schadensfall weggelegt und die Angelegenheit für erledigt angesehen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Nicht nur aus Sicht der Beklagten war die Angelegenheit, erledigt, auch der Kläger selbst hat tatsächlich seine Ansprüche nicht weiter geltend gemacht. Der Kläger hat kurze Zeit nach dem Schadensfall seine berufliche Tätigkeit nach ... verlegt und ist erst 1988 wieder nach ... zurückgekehrt. Bis Anfang 1989 hat er in dieser Angelegenheit seit der Schadensmeldung vom 03.01.1985 nichts unternommen. Der Senat geht davon aus, daß spätestens Ende 1986 die Verjährungshemmung der am 03.01.1985 angemeldeten Ansprüche wegfiel, so daß die Verjährungsfrist ab Anfang des Jahres 1987 zu laufen begann. Damit war ein möglicher Anspruch des Klägers spätestens zum Ende des Jahres 1988 verjährt, so daß schon das Schreiben seines Prozeßbevollmächtigten vom 20.02.1989, das wegen §209 BGB ohnehin die Verjährung nicht unterbrechen konnte, verspätet war.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Nach alledem ist die Berufung mit der Kostenfolge aus §97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Die Beschwer des Klägers beträgt 12.734,77 DM.</p>
|
315,010 | olgk-1990-12-19-13-u-14190 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 13 U 141/90 | 1990-12-19T00:00:00 | 2019-03-13T14:43:55 | 2022-10-18T15:09:18 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1990:1219.13U141.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline;"><b>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e</b></span></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die zulässige Berufung hat in der Sache
überwie-gend Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Klägerin hat gegen den Beklagten
aus dem Nach-unternehmervertrag vom 23. Mai 1989 einen Anspruch auf
Zahlung einer unstreitigen Restvergütung in Höhe von 4.770,-- DM.
Die weitergehende Restforde-rung der Klägerin in Höhe von 1.500,--
DM ist dem-gegenüber durch die vom Beklagten erklärte Auf-rechnung
mit einer Gegenforderung in gleicher Höhe für die
Gebrauchsüberlassung eines Mehrzweckgerä-tes und diverser
Kleinwerkzeuge erloschen, §§ 388, 389 BGB. Ein darüber
hinausgehender aufrechenbarer Mietzinsanspruch steht dem Beklagten
nicht zu. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist der Senat davon
überzeugt, daß die Parteien sich bezüglich des von der Klägerin
angemieteten Mehrzweckgerätes und einiger unwesentlicher
Kleinwerkzeuge ledig-lich auf einen angemessenen Mietzins, nicht
jedoch - wie der Beklagte behauptet - auf einen pauscha-len
Mietpreis von 5.500,-- DM zuzüglich Mehrwert-steuer geeinigt
haben.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Der Zeuge R. hat glaubhaft bekundet,
daß die An-mietung des Mehrzweckgerätes nur mündlich erfolgt sei
und daß dabei - wie auch bei späterer Gelegen-heit - nicht über
einen bestimmten Preis gespro-chen worden sei. Es habe zwar
Einigkeit darüber bestanden, daß die Anmietung des Mehrzweckgerätes
nicht kostenlos sei, stets aber habe es geheißen, daß man über
Preis noch reden müsse. Letztlich aber hätten die Parteien keine
Festlegungen ge-troffen. Dies sei auch nicht ungewöhnlich gewesen,
weil man seinerzeit noch ein gutes Verhältnis gehabt habe; so habe
der Beklagte ihm, dem Zeugen, auch schon früher bei einer anderen
Baustelle in T. das Gerät zur Verfügung gestellt, ohne daß über
Preise gesprochen worden sei, und es sei damals sogar im Endeffekt
überhaupt nichts dafür bezahlt worden. Auf das vom Beklagten
vorgelegte Vertrags-formular eines Mietvertrages über einen
Pauschal-preis von 5.500,-- DM angesprochen, hat der Zeuge R.
nachvollziehbar erklärt, daß ein derartiger Preis für ihn überhaupt
nicht machbar gewesen sei, weil dann er bzw. die Klägerin an den
durchgeführ-ten Arbeiten angesichts des geringen Stundenlohn-satzes
von durchschnittlich 12,-- DM überhaupt nichts verdient hätte. Der
Zeuge, der bei sämtli-chen Vertragsverhandlungen zwischen den
Parteien anwesend war, hat eindeutig erklärt, daß seine Frau das
damals vorgelegte Mietvertragsformular blanko unterschrieben habe,
was angesichts des freundschaftlichen Verhältnisses mit dem
Beklagten für sie nichts Ungewöhnliches bedeutet habe. Der Senat
hat keine Bedenken, die Aussage des Zeugen R. seiner
Beweiswürdigung als zutreffend zugrunde-zulegen. Der Umstand, daß
der Zeuge R. nunmehr mit der Klägerin verheiratet ist, steht seiner
Glaub-würdigkeit nicht entgegen. Er und seine Frau waren nach dem
Eindruck des Senats der geschäftlich unerfahrene Teil in der
Vertragsbeziehung mit dem Beklagten; beide haben sich angesichts
der frühe-ren guten Geschäftsbeziehungen auf die mündlichen
Absprachen und die Anständigkeit des Beklagten verlassen. Der Zeuge
R. hat auch nicht etwa ein-seitig zu Gunsten der Klägerin
ausgesagt; so hat er freimütig eingeräumt, daß selbstverständlich
die Überlassung des Mehrzweckgerätes nicht kosten-los habe erfolgen
sollen, nur habe man eben aus Gewohnheit keinen festen Preis
ausgemacht, weil man offenbar davon ausgegangen war, daß man sich
wie bisher darüber einig werden würde. Die Bekun-dungen des Zeugen
R. hinsichtlich der Blanko-Un-terzeichnung des Vertragsformulars
passen im übri-gen zu den äußeren Merkmalen dieser Urkunde. Es
fällt auf, daß das Formular entgegen der sonstigen Übung des
Beklagten bei den übrigen Vertragsur-kunden undatiert und nicht
vollständig bis auf die Unterschriften maschinenschriftlich
ausgefüllt ist, sondern daß die wesentlichen "Vereinbarungen"
handschriftlich eingefügt sind. Dies spricht be-reits indiziell für
eine nachträgliche Komplettie-rung - wie dies den Bekundungen des
Zeugen R. denn auch zu entnehmen ist.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Dem gegenüber waren die Aussagen der
Zeuginnen H. und M. in diesem Punkt entweder unergiebig oder nicht
überzeugend. Die Zeugin H. hat als Bürokraft des Beklagten nach
ihren Bekundungen die Vertrags-urkunden erstellt, wobei sie sie
üblicherweise maschinenschriftlich fertigte. Warum sie das
um-strittende Mietvertragsformular zunächst lediglich teilweise
maschinell ausfüllte und erst später nach Anweisung des Beklagten
handschriftlich kom-plettierte, wußte sie nicht zu sagen;
hinsichtlich der Unterschrift der Klägerin hatte sie keine konkrete
Erinnerung. Die Zeugin M. konnte dem Senat keine plausible
Erklärung dafür geben, warum der Vertrag nicht - wie üblich -
komplett maschi-nenschriftlich ausgefüllt wurde. Ihre Darstellung,
die Klägerin habe die vom Beklagten vorgeschlage-ne Pauschalsumme
überdacht und später mit ihrer Unterschrift akzeptiert, hält der
Senat angesichts der Gesamtumstände - insbesondere der
gegenteili-gen überzeugenden Bekundungen des Zeugen R. - für
unzutreffend.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Danach ist nicht der vom Beklagten
behauptete Pau-schalmietpreis bewiesen, sondern es ist aufgrund der
Aussage des Zeugen R. davon auszugehen, daß die Parteien sich
lediglich darüber einig waren, daß ein "angemessener" Mietzins zu
zahlen sei. Der Senat hält gemäß § 315 BGB (vgl. hierzu BGH NJW
1968, 1229) unter Berücksichtigung der Tatsa-che, daß nach den
Bekundungen des Zeugen R. im wesentlichen nur ein - unstreitig 20
Jahre altes - Mehrzweckgerät und einige unwesentliche
Kleinwerk-zeuge, nicht jedoch - wie der Beklagte behauptet hat -
zusätzlich ständig ein LKW mit Kompressor gemietet waren, einen
Mietzins von insgesamt 1.500,-- DM brutto für angemessen; dieser
Preis trägt auch dem von den Parteien zugrundegelegten Umstand
hinreichend Rechnung, daß der Klägerin für die im Auftrage des
Beklagten mit dem Gerät durch-geführten Arbeiten bei den geringen
Stundenlohn-sätzen ein hinreichender Verdienst verbleibt.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288, 291
BGB.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px"> </p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die prozessualen Nebenentscheidungen
beruhen auf §§ 91 a, 92 Abs. 1, 97, 708 Nr. 10, 713 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Streitwert des Berufungsverfahrens: 6.270,,-- DM.</p>
|
315,011 | ag-gronau-1990-12-13-4-c-43090 | {
"id": 667,
"name": "Amtsgericht Gronau",
"slug": "ag-gronau",
"city": 427,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 4 C 430/90 | 1990-12-13T00:00:00 | 2019-03-13T14:43:56 | 2022-10-18T15:09:18 | Urteil | ECLI:DE:AGBOR2:1990:1213.4C430.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner</p>
<p>an die Klägerin 1.480,00 DM nebst 4 % Zinsen</p>
<p>von je 120,00 DM seit dem 02.08., 02.09., 02.10.</p>
<p>und 02.11.1990 und von weiteren 1.000,00 DM seit</p>
<p>dem 15.08.1990 zu zahlen abzügl ich am 07.11.1990 gezahlter</p>
<p>120,- - DM.</p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten</p>
<p>als Gesamtschuldnern auferlegt.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Die Beklagten können die Vollstreckung gegen</p>
<p>Sicherheitsleistung in Höhe von 1.900,00 DM</p>
<p>abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit</p>
<p>in derselben Höhe leistet.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"> <strong>Tatbestand:</strong></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten sind Mieter eines Hauses der Klägerin auf</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">der Grundlage eines Mietvertrages vom 18.08.1987 zu einem</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">monatlichen Kaltmietzins von 600,00 DM zuzüglich anfallender</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Nebenkosten.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Mietvertraglich war vereinbart, eine Kaution in Höhe von</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">1.000,00 DM zu zahlen. Diese Kaution haben die Beklagten</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">bisher nicht geleistet. Die Klägerin hat eine in der Nachbarschaft</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">des von den Beklagten gemieteten Wohnhauses gelegene</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Lagerhalle an die Stadt H vermietet, die in</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">dieser Halle Asylsuchende und Übersiedler untergebracht</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">hat.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten mindern seit dem 01.08.1990 die monatliche</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Miete um 120,00 DM mit der Begründung, durch die Bewohner</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">der Lagerhalle und ihr Verhalten sei der Wohnwert des Hauses</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">erheblich gesunken.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Wegen der Einzelheiten wird auf das mit der Klageschrift</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">eingereichte Schreiben der Prozeßbevollmächtigten der Beklagten</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">vom 17.07.1990, Blatt 4 ff der Akte, Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin ist der Auffassung, das Vorbringen der Beklagten</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">in diesem Schreiben rechtfertige keine Mietminderung.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Sie bestreitet darüberhinaus die von den Beklagten behaupteten</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Verhaltensweisen der Asylbewohner, insbesondere,</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">daß diese den zum Wohnhaus gehörenden Vorgarten als Toilette</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">mißbrauchten und den PKW der Tochter der Beklagten beschädigt</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">hätten.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Sie behauptet darüberhinaus, die Beklagten mehrfach auf</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">die Bezahlung der Kaution angesprochen gehabt zu haben,</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">letztmals seien sie mit anwaltlichem Schreiben vom 02.08.1990</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">unter Fristsetzung zum 15.08.1990 zur Zahlung der</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Kaution auf gefordert worden.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">an die Klägerin 1.120,00 DM nebst 4 % Zinsen seit</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">dem 02.08.1990 aus 120,00 DM sowie aus weiteren</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">1.000,00 DM seit dem 16.08.1990 zu zahlen,</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">an die Klägerin 360,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">02.09.1990 aus 120,00 DM, seit dem 02.10.1990 aus</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">weiteren 120,00 DM sowie seit dem 02.11.1990 aus weiteren</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">120,00 DM zu zahlen abzüglich am 07.11.1990 gezahlter</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">120,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Sie behaupten, der Wohnwert des von ihnen gemieteten Hauses</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">sei durch die in der Nachbarschaft untergebrachten</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Asylbewerber und Übersiedler erheblich gesunken, insbesondere</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">beschädigten diese ihnen nicht gehörende Fahrzeuge,</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">sie verursachten erheblichen Lärm und mißbrauchten den</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">zum Wohnhaus gehörenden Vorgarten als Toilette.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Gegenüber der von der Klägerin beanspruchten Kaution tragen</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">die Beklagten zum einen vor, diese sei nicht mehr zu</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">zahlen, weil sie beabsichtigten - was im übrigen unstreitig</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">ist - das Wohnhaus so schnell als möglich zu kündigen,</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">im übrigen habe die Klägerin ihren Anspruch auf die Zahlung</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">der Kaution verwirkt, da sie seit Mietvertragsabschluß</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">diese nicht beansprucht habe.</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Wegen des Vorbringens der Parteien im übrigen wird auf</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks"><strong>Entscheidungsgründe:</strong></p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist begründet.</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat zum einen Anspruch auf die mietvertraglich</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">vereinbarte Kaution. Dabei ist unerheblich, daß die Beklagten</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">bereits ihre Absicht kundgetan haben, so schnell als</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">möglich auszuziehen. Die Kaution soll eine Sicherheit für</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">den Vermieter darstellen, beim Auszug festgestellte Schäden</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">bzw. aufgelaufene Mietrückstände zu entnehmen und nur</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">den freibleibenden Betrag an die Mieter auszuzahlen. Dieser</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Zweck der Kaution entfällt nicht mit der Absicht des Auszuges,</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">sondern wird gerade zu diesem Zeitpunkt erst aktuell.</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten können sich auch nicht auf Verwirkung berufen,</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">da dafür keine ausreichenden Anhaltspunkte ersichtlich</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">sind. Die Geltendmachung einer Forderung ist nur dann verwirkt,</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">wenn zum einen ein erheblicher Zeitablauf vorhanden</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">ist und zum anderen aus dem Verhalten des Gläubigers nur</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">der Schluß gezogen werden kann, er werde nicht mehr auf</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">der Geltendmachung dieser Forderung bestehen {vgl. Palandt-</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">Heinrichs, BGB , 40 . Auflage, § 242, Anm. 5 a). Die Klägerin</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">hat zwar nicht mehr im einzelnen vortragen können, wann</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">sie die Beklagten gemahnt hat, tatsächlich hat sie jedoch</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">die Mahnung mit Schreiben vom 02.08. 1990 durch ihre</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">Prozeßbevollmächtigten erheben lassen. Da es sich um eine einmalige</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">Zahlung handelt, das Mietverhältnis darüberhinaus</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">auf Dauer angelegt ist, kann alleine aus der Tatsache,</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">daß der Vermieter zunächst nach Beginn des Mietverhältnisses</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">die Kaution nicht anmahnt, nicht geschlossen werden,</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">er werde auf Dauer darauf verzichten. Da zu dem "Zeitmoment"</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">zur Bejahung der Verwirkung auch das "Umstandsmoment"</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">hinzukommen muß, für dieses aber keine Anhaltspunkte</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">ersichtlich sind, können die Beklagten sich nicht</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">auf Verwirkung berufen.</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin kann darüberhinaus auch die von den Beklagten</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">vorgenommene Mietminderung von monatlich 120,00 DM verlangen,</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">weil entgegen der Auffassung der Beklagten ein Grund</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">zur Mietminderung nicht vorliegt. Gemäß § 537 BGB kann</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">die Miete dann gemindert werden, wenn der Mietsache ein</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">Mangel in ihrer Substanz anhaftet (vgl. Palandt-Putzo,</p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">A.A.O. § 537, Anm. 2 a) . Den Beklagten ist zwar zuzugeben,</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">daß ein solcher Mangel der Mietsache auch in einem tatsäch-</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">lichen Verhältnis bestehen· kann, das nach den allgemeinen</p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">Verkehrsanschauungen für einen Mieter die Sache und deren</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks">Gebrauchswert unmittelbar beeinträchtigt. Dies können grundsätzlich</p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks">auch äußere Einwirkungen, insbesondere Lärm oder</p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks">Luftverschmutzung und ähnliches sein (vgl. derselbe, a.a.O.,</p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">Anm. b) und d) ).</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks">Solche Mängel machen die Beklagten hier jedoch nicht geltend.</p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">Sie tragen vielmehr vor, der Wohnwert des Hauses</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks">sei durch die neue Nachbarschaft erheblich gesunken. Sie</p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">machen zwar auch geltend, daß dadurch Lärmbelästigungen</p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks">entstehen, diese werden jedoch aufgrund der Tatsache geltend gemacht,</p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks">daß in der Lagerhalle der Klägerin Asylbewerber und Übersiedler zugewiesen</p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks">worden sind und dort wohnen. Aus diesem Umstand können die Beklagten</p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks">jedoch kein Recht zur Mietminderung herleiten. Sie</p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks">machen dadurch nämlich einen "Milieuschutz" geltend, der</p>
<span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks">sich auf die Mietsache selbst letztlich nicht auswirkt,</p>
<span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks">sondern, wenn überhaupt, das ''Ansehen" der Wohngegend beeinflusst.</p>
<span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks">Dies kann jedoch, insbesondere unter dem Gesichtspunkt,</p>
<span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks">daß dem Asylrecht Verfassungsrang zukommt, kein</p>
<span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks">Grund sein, gegenüber dem jeweiligen Wohnungseigentümer</p>
<span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks">ein Mietminderungsrecht zu begründen. Dem Eigentümer kann zwar eine</p>
<span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks">Mietminderung auch entgegengehalten werden für Beeinträchtigungen</p>
<span class="absatzRechts">124</span><p class="absatzLinks">und Mängel der Mietsache, die er nicht unmittelbar</p>
<span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks">beeinflussen kann, soweit es sich um Baulärm o.ä. handelt,</p>
<span class="absatzRechts">126</span><p class="absatzLinks">auch wenn er nicht vom Eigentümer verursacht und beeinflußt</p>
<span class="absatzRechts">127</span><p class="absatzLinks">werden kann. Deshalb ist es unabhängig, ob die</p>
<span class="absatzRechts">128</span><p class="absatzLinks">Lagerhalle, in der die Stadt Gronau diese Personen untergebracht</p>
<span class="absatzRechts">129</span><p class="absatzLinks">hat, im Eigentum der Klägerin stehen oder nicht.</p>
<span class="absatzRechts">130</span><p class="absatzLinks">Den Beklagten ist zwar zuzugestehen, daß durch die Unterbringung</p>
<span class="absatzRechts">131</span><p class="absatzLinks">von Asylbewerbern und Übersiedlern Beeinträchtigungen</p>
<span class="absatzRechts">132</span><p class="absatzLinks">und möglicherweise Störungen verursacht werden,</p>
<span class="absatzRechts">133</span><p class="absatzLinks">die sich alleine aus der Vielzahl von Menschen verschiedener</p>
<span class="absatzRechts">134</span><p class="absatzLinks">Nationalitäten auf verhältnismäßig engem Raum ergeben.</p>
<span class="absatzRechts">135</span><p class="absatzLinks">Andererseits hat keine Privatperson Anspruch darauf, nur</p>
<span class="absatzRechts">136</span><p class="absatzLinks">bestimmte Menschen, die ihr möglicherweise sympathisch</p>
<span class="absatzRechts">137</span><p class="absatzLinks">sind, in ihrem Wohnumfeld zu haben. Daraus folgt, daß nicht</p>
<span class="absatzRechts">138</span><p class="absatzLinks">einmal in baurechtlicher Hinsicht ein "Milieuschutz" gewährt</p>
<span class="absatzRechts">139</span><p class="absatzLinks">wird (vgl. OVG Münster NJW 90, 1132 ff, 1134) mit</p>
<span class="absatzRechts">140</span><p class="absatzLinks">der Folgerung, daß eine Ausgrenzung von Menschen, denen</p>
<span class="absatzRechts">141</span><p class="absatzLinks">verfassungsgemäß Asyl zusteht, nicht erfolgen darf. Inkonsequenz</p>
<span class="absatzRechts">142</span><p class="absatzLinks">dieser verwaltungsrechtlichen Rechtsprechung kann</p>
<span class="absatzRechts">143</span><p class="absatzLinks">dem einzelnen Mieter kein Recht auf Mietminderung gegenüber</p>
<span class="absatzRechts">144</span><p class="absatzLinks">seinem Vermieter zugebilligt werden, weil dies sonst</p>
<span class="absatzRechts">145</span><p class="absatzLinks">zur Folge hätte, das der Mieter letztlich bei jedem Nachbarn, der ihm,</p>
<span class="absatzRechts">146</span><p class="absatzLinks">aus welchen Gründen auch immer, mißliebig ist und durch sein Verhalten</p>
<span class="absatzRechts">147</span><p class="absatzLinks">oder fehlendes Ansehen den Wohnwert gefährdet, zur Mietminderung berechtigt wäre.</p>
<span class="absatzRechts">148</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten sind deshalb sowohl zur Zahlung der Kaution</p>
<span class="absatzRechts">149</span><p class="absatzLinks">als auch zur Zahlung der Mietminderungen mit Abzug der</p>
<span class="absatzRechts">150</span><p class="absatzLinks">am 07.11.1990 gezahlten 120, 00 DM verpflichtet.</p>
<span class="absatzRechts">151</span><p class="absatzLinks">Die geltendgemachten Zinsen rechtfertigen sich aus Verzug.</p>
<span class="absatzRechts">152</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 91 ZPO , die</p>
<span class="absatzRechts">153</span><p class="absatzLinks">über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11,</p>
<span class="absatzRechts">154</span><p class="absatzLinks">711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">155</span><p class="absatzLinks">Unterschrift</p>
|
315,012 | olgham-1990-12-12-31-u-12690 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 31 U 126/90 | 1990-12-12T00:00:00 | 2019-03-13T14:43:59 | 2022-10-18T15:09:18 | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1990:1212.31U126.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts XXX vom 8. März 1990 wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p>
<p></p>
<p>Den Parteien wird nachgelassen, Sicherheit auch durch Vorlage einer unbedingten und unbefristeten, selbstschuldnerischen Bürgschaft einer im Gebiet der XXX als Zoll- oder Steuerbürgin zugelassenen Bank oder Sparkasse zu erbringen.</p>
<p></p>
<p>Die Beschwer der Beklagten übersteigt 40.000,-- DM.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Tatbestand</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte war bis zu ihrer Liquidation Großhändlerin für XXX und XXXprodukte, die Klägerin ist Einzelhändlerin in dieser Branche. Nach einem Telefongespräch bestellte die Klägerin bei der Beklagten 120 Pagemaker 1.0 Vollversion "updatefähig in Version 3,0" zum Stückpreis von 700,-- DM. Die Bestellung wurde von der Beklagten unter dem 27.1.1989 bestätigt.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Nach Auslieferung von 122 Pagemaker an die Klägerin lehnte die Herstellerin der Software, die Firma XXX, mit Telefax vom 14.2.1989 die Lieferung der Updates an die Beklagte ab mit der Begründung, bei der Klägerin handele es sich um einen Wiederverkäufer, die Auslieferung und Abwicklung der Updates erfolge nur direkt an den Endkunden.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Daraufhin hat die Klägerin mit Anwaltschreiben vom 17.2.1989 die Wandlung des Kaufvertrages mit der Beklagten erklärt. Mit ihrer Klage hat sie Rückzahlung des gezahlten Kaufpreises von 97.356,-- DM verlangt. Im Verlaufe des Rechtsstreits hat sie 12 Pagemaker verkauft und unter Androhung von Prozessen bei der Firma XXX erreicht, daß diese den Kunden die Updates lieferte.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Nach Vernehmung der Zeugen XXX und XXX sowie einer schriftlichen Stellungnahme des Zeugen XXX hat das Landgericht die Beklagte zur Rückzahlung von 87.780,-- DM nebst 4%<i> </i>Zinsen seit dem 23. Februar 1989 Zug-um-Zug gegen Herausgabe von 110 Pagemaker verurteilt sowie den Annahmeverzug der Beklagten mit der Rücknahme festgestellt. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Wandlungsbegehren sei gerechtfertigt, da die Zusicherung nach dem Sinn der vertraglichen Absprachen nur dahin verstanden werden könne, daß die Klägerin in die Lage versetzt wurde, die Pagemaker en bloc der Firma XXX zum Zwecke der Umrüstung anzudienen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer form- und fristgerecht eingereichten und begründeten Berufung. Sie ist der Auffassung, sie habe lediglich die grundsätzliche Updatefähigkeit der gelieferten Version 1.0 in die Version 3.0 zugesagt. Diese sei unstreitig gewährleistet. Da über die nähere Verfahrensweise der Umrüstung keine Absprachen getroffen worden seien, könne die Klägerin nicht Wandlung verlangen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">abändernd die Klage in vollem Umfang abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Sie ist der Auffassung, die Zusicherung der Beklagten sei dahin auszulegen, daß die Klägerin vom Hersteller der Software die Updates selbst vor einer Weiterveräußerung an Endabnehmer geliefert erhalten sollte.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Hilfsweise stützt sie ihr Verlangen nach Rückgängigmachung des Vertrages auf einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung von vorvertraglichen Aufklärungspflichten mit der Begründung, die Beklagte habe sie darauf hinweisen müssen, daß die Herstellerin die Updates grundsätzlich nur direkt an Endkunden lieferte.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze einschließlich der Beweisantritte sowie auf die vorgelegten Urkunden, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe</u>:</b></p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung ist nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin begehrt zu Recht die Wandlung des Kaufvertrages mit der Beklagten vom 26./27.1.1989. Auf die zutreffenden Ausführungen des landgerichtlichen Urteils wird gemäß § 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO Bezug genommen. Entgegen der Auffassung der Berufungsbegründung kann nicht davon ausgegangen werden, die Beklagte habe lediglich die grundsätzliche Updatefähigkeit der gelieferten Version 1.0 in die Version 3.0 zugesichert. Die beiderseitigen Vertragserklärungen sind ausgehend von ihrem Wortlaut unter Berücksichtigung der Begleitumstände, des Zwecks des Rechtsgeschäfts, der bestehenden Interessenlage, Treu und Glauben sowie der Verkehrssitte gemäß den §§ 133, 157 BGB dahin auszulegen, daß die Beklagte die Updates für die Klägerin bei der Herstellerin vor der Vermarktung der Programme durch die Klägerin besorgen wollte.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Zusicherung wurde von der Beklagten unmittelbar gegenüber der Klägerin gemacht. Die Klägerin war nicht Endabnehmer, sondern Einzelhändlerin, die die Pagemaker weiterverkaufen wollte. Die Beklagte konnte somit nicht davon ausgehen, die Klägerin sei damit einverstanden, die Umrüstung nach jedem einzelnen Weiterverkauf durch die Endabnehmer durchführen zu lassen. Der Klägerin kam es für die Beklagte ersichtlich darauf an, zum Zwecke der besseren Vermarktung die Updates selbst geliefert zu erhalten. Nur dies entsprach dem Zweck des Vertrages und der Interessenlage der Klägerin. Daß die Beklagte dies erkannt hat, folgt aus ihrem vom Landgericht im einzelnen dargelegten Verhalten, insbesondere aus der Aussage ihres ehemaligen Geschäftsführers XXX der die Verhandlungen mit der Klägerin geführt hat. Die Beklagte wußte seit Mitte 1988 von der generellen Praxis der Firma XXX verbesserte Versionen als Update nur direkt an die Endkunden auszuliefern. Dies war der Grund dafür, daß sich der Zeuge XXX mit dem Zeugen XXX von der Firma XXX unmittelbar vor Abschluß des Kaufvertrages mit der Klägerin in Verbindung setzte, um zu klären, ob die Firma XXX bereit war, die Umrüstung auch gegenüber der Klägerin als Weiterverkäuferin durchzuführen. Nach dem eigenen Vortrag der Beklagten in ihrer Streitverkündungsschrift vom 3.1.1990 hatte sich die XXX zunächst bereit erklärt, "das Update nach Durchgabe der Seriennummern durchzuführen", und erst in der Folgezeit "die Aktualisierung verweigert". Mit Telefax vom 14.2.1989 lehnte die XXX dann die Lieferung der Updates an die Beklagte (nicht an die Klägerin) ab. Auch dies spricht dafür, daß die Beklagte nicht allgemein die Updatefähigkeit zusichern wollte, sondern die Gewähr dafür übernehmen sollte und wollte, daß die Updates durch ihre Vermittlung der Klägerin selbst zur Verfügung gestellt wurden. Die grundsätzliche Updatefähigkeit war zwischen den Parteien nicht im Streit. Vielmehr war allen Beteiligten klar, daß diese gewährleistet war. Es ging ausschließlich darum, entgegen der Übung der Firma XXX der<i> </i>Klägerin als Weiterverkäuferin die Möglichkeit der Umrüstung durch den Hersteller vor der Vermarktung der von der Beklagten gelieferten Software zu sichern. Daß dies von der Firma XXX abgelehnt wird, fällt in den Risikobereich der Beklagten.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Selbst wenn man in der Zusage der Beklagten nicht eine Zusicherung im Sinne des § 459 Abs. 2 BGB sehen wollte mit der Begründung, die Umrüstbarkeit der Programme sei keine Eigenschaft, weil sie ihren Grund nicht in der Beschaffenheit der Kaufsache selbst habe, nicht von ihr ausgehe, ihr auch nicht für eine gewisse Dauer anhafte und lediglich durch Heranziehung von Umständen in Erscheinung trete, die außerhalb der Sache liegen (vgl. BGHZ 70, 47, 49; WM 1985, 1167; EBE 1990, 156 ff.), ergibt sich eine Zahlungsverpflichtung der Beklagten wegen Verletzung der vertraglich übernommenen Verpflichtung zur Sicherstellung der Lieferung der Updates. Die Zusage der Beklagten, die Herstellerin werde die gelieferten Pagemaker für die Klägerin umrüsten, konnte wegen der Weigerung der XXX nicht eingehalten werden. Dies ist von der Beklagten zu vertreten. Aufgrund des Distributorenvertrages, den die Herstellerin unstreitig der Beklagten zur Kenntnis gebracht hatte, war der Beklagten bekannt, daß die Herstellerin "Auslieferung und Abwicklung der Updates ... direkt mit den Endkunden", nicht aber mit Weiterverkäufern vornahm. Unabhängig vom Inhalt der telefonischen Auskunft des Zeugen XXX hat die Beklagte gegenüber der Klägerin die Gewähr für die Umrüstung übernommen. Dies war ursächlich für den Vertragsabschluß. Die Beklagte muß deshalb die in ihrem Vertrauen auf die Richtigkeit der Angaben enttäuschte Klägerin so stellen, wie sie bei Nichtabschluß des Kaufvertrages stünde. Sie kann daher Rückgängigmachung des Vertrages und Rückzahlung des Kaufpreises verlangen (vgl. hierzu auch BGH EBE 1990, 156 ff.).</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks"><b>III.</b></p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.</p>
|
315,013 | ag-neuss-1990-12-12-7530-c-42990 | {
"id": 713,
"name": "Amtsgericht Neuss",
"slug": "ag-neuss",
"city": 473,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 75/30 C 429/90 | 1990-12-12T00:00:00 | 2019-03-13T14:44:01 | 2022-10-18T15:09:18 | Urteil | ECLI:DE:AGNE:1990:1212.75.30C429.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p><strong>f ü r   R e c h t    e r k a n n t     :</strong></p>
<p>1.) Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p>2.) Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger</p>
<p>     als Gesamtschuldner.</p>
<p>3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p><strong><span style="text-decoration:underline">Tatbestand:</span></strong></p>
<p>Die Beklagten haben durch schriftlichen Vertrag vom 20. 03. 1987 eine Wohnung im Hause N.- Str. in N. angemietet.</p>
<p>Auf Vermieter- Seite war ein Herr G. angegeben worden, ohne daß weitere Angaben zur Person des Vermieters vorhanden waren. Als Vertreter des Vermieters war eine Firma N. GmbH eingetragen, deren Geschäftsführer der Beklagte ist.</p>
<p>Dieser hat auch auf Vermieter-Seite den Mietvertrag unterschrieben.</p>
<p>Mit der Klage haben die Kläger zunächst die Rückerstattung zuviel gezahlter Nebenkosten in Höhe von 195,87 DM verlangt.</p>
<p>Nachdem der Beklagte im Verlaufe des Rechtsstreits den Vermieter der Wohnung der Kläger mit vollem Namen und Anschrift benannt hat, haben die Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.</p>
<p>Die Kläger beantragen</p>
<p>festzustellen, daß der Rechtsstreit in der Hauptsache</p>
<p>erledigt ist.</p>
<p>Der Beklagte beantragt,</p>
<p>die Klage abzuweisen.</p>
<p>Er ist der Auffassung, daß er als Verwalter nicht passivlegitimiert</p>
<p>sei.</p>
<p>Bezüglich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die wechselseitigenSchriftsätze und deren Anlagen verwiesen.</p>
<p><strong><span style="text-decoration:underline">Entscheidungsgründe :</span></strong></p>
<p>Die Klage war mangels eines Anspruchs der Kläger gegen den</p>
<p>Beklagten abzuweisen.</p>
<p>Eine Passivlegitimation des Beklagten war von Anfang an nicht gegeben. Im Mietvertrag vom 20. 03. 1987 ist zweifelsfrei klargestellt, daß der Beklagte diesen lediglich als Vertreter des Vermieters bzw. Geschäftsführers der Firma</p>
<p>N. GmbH unterschrieben hat. Den Klägern war daher zweifelsfrei bekannt, daß der Beklagte nicht ihr Vertragspartner war, wie sich auch in ihren vorgerichtlichen Schreiben vorn 16. 01. und 03. 05.1990 an den Beklagten, in</p>
<p>denen sie um Angabe von Namen und Anschrift des Wohnungseigentümers</p>
<p>gebeten haben, manifestiert hat. Der Umstand, daß der Beklagte diese Anfragen der Kläger nicht beantwortet haben mag, führt nicht dazu, den Beklagten in eine Vermieterstellung im Verhältnis zu den Klägern zu rücken. Vermeintliche</p>
<p>Ansprüche der Kläger gegenüber ihrem Vermieter konnten daher auch nicht gegenüber dem Beklagten geltend gemacht werden; eine Rechtsgrundlage für einen solchen "Haftungsübergang“ ist für das Gericht beim besten Willen nicht er-</p>
<p>kennbar. Die Kläger hätten allenfalls die Möglichkeit gehabt, den Beklagten auf entsprechende Auskunftserteilung in Anspruch zu nehmen. Im übrigen war es den Klägern ohne weiteres möglich, sich durch Grundbucheinsicht über die Identität</p>
<p>ihres Vermieters zu informieren; eine entsprechende Berechtigung stand den Klägern gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 GBO ohne weiteres zu.</p>
<p>Eine Erledigung der Hauptsache konnte daher nicht festgestellt werden, da die Klage von Anfang an unbegründet war.</p>
<p>Die Klage war daher abzuweisen.</p>
<p>Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 713 ZPO.</p>
<p>T.</p>
<p>Richter am Amtsgericht</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><table class="absatzLinks" cellpadding="0" cellspacing="0"><tbody><tr><td><p>75/30 C 429/90</p>
</td>
<td><p><img height="144" width="129" src="75_30_C_429_90_Urteil_19901212_0.png" alt="Die Entscheidung enthält an dieser Stelle ein Bild oder eine Grafik." /></p>
</td>
<td><p>Verkündet am 12.12.1990</p>
<p>C. , Justizobersekretärin</p>
<p>als Urkundsbeamter derGeschäftsstelle</p>
</td>
</tr>
<tr><td colspan="3"><p><strong>Amtsgericht Neuss</strong></p>
<p><strong>IM NAMEN DES VOLKES</strong></p>
<p><strong>URTEIL</strong></p>
</td>
</tr>
</tbody>
</table>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">In dem Rechtsstreit</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">der Eheleute E. <strong>,</strong></p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">N.- Str. , N. ,</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Kläger ,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">- Prozeßbevollmächtigter : Rechtsanwalt I. aus N -</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">g e g en</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Herrn X. <strong>,</strong></p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">X – Str. , N. ,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Beklagten ,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">- Prozeßbevollmächtigte : Rechtsanwälte K. aus E. -</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">w e g e n            Forderung ,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">hat das Amtsgericht Neuss</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">auf' die mündliche Verhandlung vom 28.11.1990</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">durch den Richter am Amtsgericht T.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks"><strong>f ü r   R e c h t    e r k a n n t     :</strong></p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">1.) Die Klage wird abgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">2.) Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">     als Gesamtschuldner.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">Tatbestand:</span></strong></p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten haben durch schriftlichen Vertrag vom 20. 03. 1987 eine Wohnung im Hause N.- Str. in N. angemietet.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Auf Vermieter- Seite war ein Herr G. angegeben worden, ohne daß weitere Angaben zur Person des Vermieters vorhanden waren. Als Vertreter des Vermieters war eine Firma N. GmbH eingetragen, deren Geschäftsführer der Beklagte ist.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Dieser hat auch auf Vermieter-Seite den Mietvertrag unterschrieben.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Mit der Klage haben die Kläger zunächst die Rückerstattung zuviel gezahlter Nebenkosten in Höhe von 195,87 DM verlangt.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Nachdem der Beklagte im Verlaufe des Rechtsstreits den Vermieter der Wohnung der Kläger mit vollem Namen und Anschrift benannt hat, haben die Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die Kläger beantragen</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">festzustellen, daß der Rechtsstreit in der Hauptsache</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">erledigt ist.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Er ist der Auffassung, daß er als Verwalter nicht passivlegitimiert</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">sei.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Bezüglich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die wechselseitigenSchriftsätze und deren Anlagen verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">Entscheidungsgründe :</span></strong></p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Die Klage war mangels eines Anspruchs der Kläger gegen den</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Beklagten abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Eine Passivlegitimation des Beklagten war von Anfang an nicht gegeben. Im Mietvertrag vom 20. 03. 1987 ist zweifelsfrei klargestellt, daß der Beklagte diesen lediglich als Vertreter des Vermieters bzw. Geschäftsführers der Firma</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">N. GmbH unterschrieben hat. Den Klägern war daher zweifelsfrei bekannt, daß der Beklagte nicht ihr Vertragspartner war, wie sich auch in ihren vorgerichtlichen Schreiben vorn 16. 01. und 03. 05.1990 an den Beklagten, in</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">denen sie um Angabe von Namen und Anschrift des Wohnungseigentümers</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">gebeten haben, manifestiert hat. Der Umstand, daß der Beklagte diese Anfragen der Kläger nicht beantwortet haben mag, führt nicht dazu, den Beklagten in eine Vermieterstellung im Verhältnis zu den Klägern zu rücken. Vermeintliche</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Ansprüche der Kläger gegenüber ihrem Vermieter konnten daher auch nicht gegenüber dem Beklagten geltend gemacht werden; eine Rechtsgrundlage für einen solchen "Haftungsübergang“ ist für das Gericht beim besten Willen nicht er-</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">kennbar. Die Kläger hätten allenfalls die Möglichkeit gehabt, den Beklagten auf entsprechende Auskunftserteilung in Anspruch zu nehmen. Im übrigen war es den Klägern ohne weiteres möglich, sich durch Grundbucheinsicht über die Identität</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">ihres Vermieters zu informieren; eine entsprechende Berechtigung stand den Klägern gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 GBO ohne weiteres zu.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Eine Erledigung der Hauptsache konnte daher nicht festgestellt werden, da die Klage von Anfang an unbegründet war.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Die Klage war daher abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 713 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">T.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Richter am Amtsgericht</p>
|
315,014 | olgk-1990-12-12-27-u-7290 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
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} | 27 U 72/90 | 1990-12-12T00:00:00 | 2019-03-13T14:44:02 | 2022-10-18T15:09:18 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1990:1212.27U72.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Klägers gegen das am 4. April 1990 verkündete Urteil der 20. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 20 O 348/89 - wird zurückgewiesen. </p>
<p></p>
<p>Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsrechtszuges. </p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. </p>
<p></p>
<p>Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung zum Betrage von 7.300,-- DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. </p>
<p></p>
<p>Beiden Parteien wird gestattet, Sicherheit auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, Genossenschaftsbank oder Raiffeisenbank oder öffentlichen Sparkasse zu leisten. </p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Tatbestand</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte, die früher als Firma T. firmierte, war von 1982 bis August 1987 die steuerliche Beraterin des Klägers. </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Kläger, damals noch ausschließlich als Einzelkaufmann tätig, ließ sich im April 1982 von dem früheren Gesellschafter T. der Beklagten über die Frage beraten, unter welcher Rechtsform er in Zukunft am sinnvollsten seine Geschäfte betreiben solle. Ob es dabei nur um die denkbar höchsten unmittelbaren Steuerersparnisse oder auch um weitere steuerrechtliche und gesellschaftsrechtliche Zielsetzungen ging, ist zwischen den Parteien streitig. Jedenfalls kam es im Dezember 1982 zur Gründung einer GmbH & Co. KG, in der der Kläger Gesellschafter-Geschäftsführer der Komplementär-GmbH und einziger Kommanditist wurde. </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger, dessen Unternehmen entgegen anfänglichen Befürchtungen fortlaufend Gewinn erwirtschaftete, nimmt die Beklagte auf Schadensersatz wegen angeblicher Falschberatung bei der Rechtsformwahl in Anspruch. Seine am 17. Juli 1989 eingereichte Teilklage, die der Beklagten am 26. Juli 1989 zugestellt wurde, bezog sich zunächst nur auf einen Teil der angeblichen Schäden aus dem Jahre 1983. </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Mit am 3. Januar 1990 eingegangenem Schriftsatz, der Beklagten zugestellt am 8. Januar 1990, hat der Kläger seine Klage auf den behaupteten Gesamtbetrag des Schadens aus dem Geschäftsjahr 1983 sowie aus 1986 erstreckt. Er hat gemeint, daß für seine Belange eine GmbH die geeignetere Rechtsform gewesen wäre. Hiernach - so hat der Kläger behauptet - habe er den Steuerberater T. wiederholt gefragt, jedoch zur Antwort erhalten, daß für ihn die Rechtsform der GmbH & Co. KG günstiger sei. </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat behauptet, daß er aufgrund der Falschberatung des Steuerberaters T. im Jahre 1983 35.879,-- DM an Steuern zuviel bezahlt habe. 1986 habe sich der aufgrund falscher Rechtsformwahl überzahlte Steuerbetrag auf 44.064,-- DM belaufen. </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:106px">die Beklagte zu verurteilen, </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:106px">1. </p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:106px">an ihn Schadensersatz in Höhe von 35.879,-- DM für das Jahr 1983 nebst 8,5% Zinsen seit dem 11. Januar 1989 zu zahlen, </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:106px">2. </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:106px">an ihn Schadensersatz für das Jahr 1986 in Höhe von 44.064,-- DM nebst 8,5% Zinsen seit dem 21. November 1989 zu zahlen. </p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:106px">die Klage abzuweisen. </p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Sie hat - bei einem Abweisungsantrag des Klägers - </p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">widerklagend beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:106px">festzustellen, daß der Kläger gegen sie keine weiteren Ansprüche wegen falscher Beratung über die Gesellschaftsform der Elektro-Industrie-Montagen V. habe, </p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:106px">ihr nachzulassen, Sicherheit auch durch eine selbstschuldnerische unbefristete Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse leisten zu dürfen. </p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat einen Beratungsfehler und einen dadurch hervorgerufenen Schaden bestritten. Darüber hinaus hat sie sich auf Verjährung berufen. </p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 86-91 d.A.) Bezug genommen. </p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat mit am 4. April 1990 verkündetem Urteil die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, die geltend gemachten Ansprüche seien gemäß § 68 SteuerbG verjährt. Für Ansprüche aus der Periode 1983 gelte dies für den sogenannten "Primäranspruch" ebenso wie hinsichtlich des "Sekundäranspruchs", dem die Verjährungseinrede seit Dezember 1988 entgegenstehe. Für Schadensersatzansprüche aus dem Zeitraum 1986 sei nach Eintritt der dreijährigen Verjährung gemäß § 68 SteuerbG kein Sekundäranspruch entstanden, weil der Kläger vor Ablauf der ursprünglichen Verjährung anwaltlich beraten gewesen und seine Ansprüche auch außerprozessual geltend gemacht habe. </p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">- Zugleich hat das Landgericht auf die Widerklage der Beklagten festgestellt, daß der Kläger keine weiteren Ansprüche gegen die Beklagte wegen falscher Beratung über die Gesellschaftsform der früheren Firma Elektro-Industrie-Montagen V. hat. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, daß etwaige in Betracht kommende Schadensersatzansprüche aus den Jahren 1984, 1985 und 1987 ebenfalls verjährt seien. </p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Wegen der Begründung des landgerichtlichen Urteils im einzelnen wird auf dessen Entscheidungsgründe (Bl. 91-102 d.A. ) verwiesen. </p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Gegen das ihm am 18. April 1990 zugestellte (Bl. 104 d.A.) Urteil des Landgerichts hat der Kläger mit am 18. Mai 1990 gefertigtem und am selben Tag bei Gericht eingegangenem Schriftsatz (Bl. 105 d.A.) Berufung eingelegt. Diese hat er - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 19. September 1990 (Bl. 110 d.A.) - mit am 17. September 1990 eingegangenem Schriftsatz vom 30. August 1990 (Bl. 112 d.A. ) begründet. Unter Wiederholung und Vertiefung seines Vorbringens verfolgt er sein erstinstanzliches Schadensersatzbegehren weiter. </p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Der Kläger trägt vor, das Landgericht habe den Beginn der Verjährungsfrist falsch beurteilt, weil zur Vermögensgefährdung der jeweilige Schaden hinzukommen müsse. Auf die vorliegende Fallgestaltung seien im übrigen die vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze zur Verjährung von Regressansprüchen bei fehlerhafter Hilfe in Steuersachen, die bei einer Außenprüfung offenbar würden, entsprechend anzuwenden. </p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Unter Wiederholung seiner Behauptung, daß er den Zeugen T. in der Folgezeit nach Errichtung der GmbH & Co. KG wiederholt darauf angesprochen habe, ob nicht eine GmbH günstiger sei, meint der Kläger, daß mit jeder verneinenden - seiner Meinung nach falschen Antwort des Steuerberaters neue primäre Schadensersatzansprüche entstanden seien, und zwar bis in das Jahr 1987 hinein. </p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Unstreitig hat der Kläger am 20. September 1990 einen Mahnbescheid gegen die Beklagte beantragt, mit dem er 114.543,-- DM nebst Zinsen als Schadensersatz wegen falscher Beratung für die Jahre 1984, 1985 und 1987 fordert. Das Verfahren ist inzwischen beim Landgericht Köln unter der Geschäftsnummer 20 O 491/90 LG Köln anhängig. Termin zur mündlichen Verhandlung wurde noch nicht bestimmt. </p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:106px">unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach seinen erstinstanzlichen Schlußanträgen zu Klage und Widerklage zu erkennen, </p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:106px">vorsorglich: ihm zu gestatten, Sicher- heitsleistung auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, Genossenschaftsbank oder Öffentlichen Sparkasse erbringen zu dürfen. </p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:106px">die Berufung zurückzuweisen. </p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Sie verteidigt das angefochtene Urteil und meint, </p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">wenn es je eine zum Schadensersatz verpflichtende Handlung gegeben habe - was sie bestreite - dann könne diese nur in einer Falschberatung als einem im Jahre 1982 abgeschlossenen Vorgang liegen. Bereits zu diesem Zeitpunkt seien die späteren Schadensfolgen voraussehbar gewesen und habe die Verjährung eines etwaigen Anspruchs begonnen. Die Rechtsgrundsätze im Zusammenhang mit der Fehlerentdeckung durch Außenprüfung könne nicht angewendet werden. Vorliegend gehe es nicht um fehlerhafte Angaben oder Berechnung bei der steuerlichen Hilfe im Zusammenhang mit Gewerbesteuererklärungen. Die Beklagte geht im übrigen auf die Schadensberechnungen des Klägers ein und behauptet, daß die von ihm in Ansatz gebrachten Geschäftsführerbezüge von 250.000,-- DM und mehr p.a. sowie die mit 5.000,-- DM kalkulierte Geschäftsraummiete unrealistisch hoch seien und vom Finanzamt nicht anerkannt worden wären. Es müsse auch bedacht werden, daß beim Betriebe einer reinen GmbH eine höhere Vermögenssteuer anfalle, so daß sich insgesamt nur eine geringfügige steuerliche Besserstellung der GmbH ergebe. </p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. </p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidunqsqründe</u></b></p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Die gemäß §§ 511, 511 a ZPO statthafte und in rechter Form und Frist eingelegte und begründete Berufung (§§ 516, 518, 519 ZPO) ist zulässig. In der Sache hat sie keinen Erfolg und ist zurückzuweisen. </p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">1. </p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Mit Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen, weil eventuelle Schadensersatzansprüche des Klägers, die aus "zuviel gezahlten" Steuern für die Geschäftsjahre 1983 und 1986 resultieren könnten, jedenfalls verjährt sind. </p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat gemäß § 543 Abs. 1 ZPO auf die sorgfältig erarbeitete und ihrem Ergebnis nach überzeugende Urteilsbegründung des Landgerichts (S. 8-17 = Bl. 91-100 d.A.) Bezug und macht sie sich zu eigen. </p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Im Hinblick auf das Vorbringen der Berufung ist ergänzend das folgende zu bemerken: </p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">a) </p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat es mit Recht offen gelassen, ob dem Kläger ein Schadensersatzanspruch wegen angeblich fehlerhafter Beratung hinsichtlich der für ihn best geeigneten Unternehmensrechtsform zusteht. Erwachsen sein könnte ein solcher Anspruch nur aus der positiven Verletzung des Beratungsvertrages, der - weil es sich nicht um die laufende Betreuung in Steuersachen handelte, sondern um eine konkrete Einzelleistung - im Gegensatz zur Auffassung des Landgerichts eher werkvertragsrechtliche Züge aufweist (vgl. Palandt-Thomas, BGB, 49. Aufl., Einführung vor § 631 Anm. 5 m.w.N. ). Diese Tätigkeit war mit der Gründung der GmbH & Co. KG im Dezember 1982 unstreitig abgeschlossen und ist grundsätzlich von der laufenden steuerlichen Hilfeleistung der Beklagten für die Unternehmen des Klägers zu trennen, die bis einschließlich August 1987 angedauert hat. </p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">b) </p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Es kann bei dem hier geltend gemachten Schaden keinem Zweifel unterliegen, daß ein Schadenersatzanspruch -unterstellt, daß der Kläger seine Pflichten aus dem Beratungsverhältnis verletzt hat - Ende Dezember 1982 entstanden ist und daß der Lauf der dreijährigen Verjährungsfrist gemäß § 68 SteuerbG in diesem Zeitpunkt eingesetzt hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der der Senat folgt, entsteht ein Regeressanspruch sowohl bei anwaltlichem Fehlverhalten im Sinne von § 51 BRAO als auch grundsätzlich im Anwendungsbereich des § 68 SteuerbG, wenn die zum Ersatz verpflichtende Handlung oder Unterlassung begangen worden ist und die Vermögenslage des Mandanten, verglichen mit dem Zustand ohne das pflichtwidrige Verhalten, in der Weise schlechter geworden ist, daß zumindest eine die Verjährung unterbrechende Feststellungsklage erhoben werden kann (vgl. BGH NJW 1979, 1550 unter 2. ; BGH NJW 1982, 1288, 1289; BGH NJW 1985, 2250, 2252; BGH ZIP 1986, 309, 311). Nicht entscheidend ist, ob die Schadensentwicklung der Höhe nach abgeschlossen war und ggfs. - für den Fall der Kenntnis von dem Schadenseintritt, die § 68 SteuerbG gerade nicht voraussetzt, ob die Entstehung weiterer Schäden hätte verhindert werden können (vgl. zum Parallelfall des § 51 BRAO: BGH NJW 1985, 2250, 2252). Die Bedingungen für den Schadenseintritt waren vorliegend Ende Dezember 1982 geschaffen, als nämlich feststand, daß die Unternehmertätigkeit des Klägers für 1983 sowie für die Folgejahre unter dem finanzrechtlichen Rahmen der "GmbH & Co. KG" ablaufen würde und sich etwaige Nachteile im Verhältnis zur Besteuerung derselben Tätigkeit unter dem Dach einer GmbH abzeichneten und beschreiben ließen. </p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Vergebens bemüht sich die Berufung darum, Gründe für die Anwendbarkeit der von der Rechtsprechung für die Außenprüfung (Betriebsprüfung) entwickelten Grundsätze darzutun. Beim Regress gegen Steuerberater ist die Anspruchsentstehung, mit der zugleich die Verjährung zu laufen beginnt, nach den Umständen des Einzelfalls und unter Berücksichtigung der Besonderheiten zu bestimmen, die mit der üblichen Abwicklung von Steueransprüchen - der Durchführung der Besteuerung überhaupt - verbunden sind (so BGH NJW 1979, 1550; BGH NJW 1982, 1532; BGH NJW 1985, 1964, 1965). </p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Bei der Außenprüfung, in deren Verlauf Fehler des Steuerberaters bei der Buchführung, der Aufstellung des Jahresabschlusses und der Zuordnung von Gewinn- und Verlustposten in den Steuererklärungen aufgedeckt werden, ist weithin noch eine Berichtigung dieser Fehler möglich und entscheidet sich erst durch den "Akt des Finanzamts", ob sich diese zu Gunsten oder zu Ungunsten des Steuerpflichtigen auswirken (BGH NJW 1979, 1550; BGH NJW 1982, 1535; BGH NJW 1985, 1964, 1965; vgl. auch die entstehungsgeschichtlichen und eher rechtspolitischen Erwägungen in BGH NJW 1982, 1285, 1286). Das ist hier, wo die steuertechnisch richtige Leistungserbringung von Seiten der Beklagten als solche nicht in Frage steht, anders. Am Vorabend des Geschäftsjahres 1983 waren die Voraussetzungen für die Besteuerung nach den für die GmbH & Co. KG geltenden Regelungen geschaffen und waren die Unterschiede im Verhältnis zu einer Veranlagung einer GmbH mit gleicher Tätigkeit und gleichen Umsatzmerkmalen unverrückbar angelegt. </p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Zur Klarstellung ist hinzuzufügen, daß es im Rahmen des § 68 SteuerbG für den Verjährungsbeginn nur auf die Anspruchsentstehung und nicht auf die Beendigung des Mandatsverhältnisses ankommt. Im Unterschied zu § 51 BRAO enthält jene Vorschrift die zweite Alternative und "Hilfsregel" nicht, weshalb auch die Auseinandersetzung in dem angefochtenen Urteil zwischen der (früheren) Rechtsprechung des VI. Zivilsenats (BGH NJW 1984, 2204) und derjenigen des IX. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (BGH NJW 1985, 2250 und BGH NJW 1988, 265, 266) über die Tragweite der Mandatsbeendigung für den Verjährungsbeginn für die vorliegende Fallgestaltung unergiebig ist (vgl. auch BGH NJW 1982, 1285, 1286). </p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">c) </p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Vor diesem Hintergrund sind etwaige Schadenersatzansprüche des Klägers aus einer falschen Beratung durch die Beklagte über die richtige Rechtsformwahl jedenfalls verjährt, soweit sie aus Besteuerungsunterschieden im Geschäftsjahr 1983 herrühren sollen. Der Primäranspruch wäre Ende 1985, der sogenannte Sekundäranspruch wegen fehlenden Hinweises von Seiten der Beklagten oder der für sie Tätigen auf den entstandenen Schaden und den Lauf der Verjährung des Primäranspruchs, bevor diese sich vollendete, wäre Ende 1988 verjährt gewesen, also geraume Zeit vor der Klagezustellung an die Beklagte (26. Juli 1989/8. Januar 1990), die nur eine noch laufende Verjährung hätte unterbrechen können. </p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">3. </p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Verjährt ist ein etwaiger Anspruch des Klägers auch, soweit ein Schaden im Geschäftsjahr 1986 entstanden sein soll. Wenn man - ungeachtet des grundsätzlich als Einheit zu betrachtenden Schadensersatzanspruchs, der durch die Falschberatung entstanden sein soll - annähme, daß der Steuerberater T. im Rahmen seiner nachfolgenden steuerlichen Betreuungsunternehmens von sich aus gehalten gewesen wäre, die Richtigkeit seiner früheren Empfehlung zu überprüfen und ggfs. zu einer Umwandlung zu raten (BGH NJW 1985, 1151, 1152), wäre ein aus der Unterlassung neu entstandener selbständiger Anspruch ebenfalls verjährt. Das Landgericht hat zutreffend dargelegt, daß und warum die Verjährung eines Primäranspruchs Ende Dezember 1988 eingetreten wäre. Zugunsten des Klägers, der bereits mit Wirkung von Monat September 1987 einen steuerlichen Berater hatte und auf dessen Betreiben zur Umwandlung eines seiner Unternehmen geschritten ist und der im Dezember 1988 nach anwaltlicher Beratung und durch Anwaltsschreiben Regressansprüche angemeldet hat, ist daraufhin ein Sekundäranspruch nicht entstanden (vgl. BGH NJW 1982, 1288). Tatsächliche Anhaltspunkte, die es treuwidrig erscheinen lassen könnten, daß die Beklagte sich auf den Verjährungseintritt beruft (vgl. die Fallgruppen bei Palandt-Heinrichs, a.a.O. , Überblick vor § 194 Anm. 5 a) sind weder hier noch für den eventuell auf das Jahr 1983 entfallenden Schadensanteil ersichtlich. </p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">4. </p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat der Widerklage zu Recht stattgegeben. </p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">a) </p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Zu Unrecht beanstandet die Berufung die Fassung der Urteilsformel. Diese ist unter Hinzuziehung von Tatbestand und Entscheidungsgründen auszulegen. Sie besagt vor diesem Hintergrund ohne weiteres, daß auch für die nicht von der Klage erfaßten Zeiträume, nämlich die Jahre 1984, 1985 und 1987, Schadenersatzansprüche des Klägers wegen der angeblich falschen Beratung der Beklagten hinsichtlich der für den Kläger best geeigneten Unternehmensrechtsform nicht bestehen. </p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">b) </p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Die negative Feststellungswiderklage der Beklagten ist zulässig geblieben, obgleich der Kläger seine angeblichen Schadenersatzansprüche für die genannten Zeiträume inzwischen im Wege der Leistungsklage verfolgt. </p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Das Feststellungsinteresse für die gegenüber der Leistungsklage grundsätzlich subsidiäre negative Feststellungswiderklage entfällt erst mit dem Zeitpunkt, in dem der Kläger seine Klage nicht mehr gemäß § 269 Abs. 1 ZPO einseitig zurücknehmen und den ggfs. bestehenden Anspruch der beklagten Partei auf eine der Rechtskraft fähige Entscheidung darüber, daß der Kläger kein Recht zu ihrer Inanspruchnahme hat, nicht mehr einseitig vereiteln kann (vgl. BGH NJW 1987, 2680, 2681 m.w.N.). In das Stadium, in dem die einseitige Klagerücknahme nicht mehr möglich ist, ist die Leistungsklage des Klägers noch nicht gelangt. Da für den inzwischen an das Landgericht Köln verwiesenen, ursprünglich aus einem Mahnverfahren hervorgegangenen Rechtsstreit noch nicht einmal Termin bestimmt worden, die negative Feststellungsklage der Beklagten aber entscheidungsreif ist, gebührt dieser auch unter dem Gesichtspunkt der Prozeßökonomie der Vorrang. Die Feststellungswiderklage ist also nach wie vor zulässig. </p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">c) </p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Sie ist auch begründet. Schadenersatzansprüche des Klägers aus dem hier in Rede stehenden Sachverhalt wären nämlich sämtlich verjährt. </p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Unter der Voraussetzung, daß der Steuerberater T. im Rahmen der laufenden Hilfe in Steuersachen eine Hinweispflicht auf die (angeblich) günstigere und den erklärten Interessen des Klägers besser entsprechende Rechtsform der GmbH gehabt hätte, wäre eine entsprechende Äußerung, um den Schaden aus dem Geschäftsjahr 1984 zu vermeiden, spätestens im Dezember 1983 erforderlich gewesen, nämlich solange die Umwandlung des Unternehmens noch hätte vollzogen werden können. Der Primäranspruch wäre im Dezember 1986, ein etwaiger Sekundäranspruch im Dezember 1989 verjährt. Verjährungsunterbrechende Maßnahmen hat die Klägerin erst mit dem Mahnantrag vom 20. September 1990 eingeleitet, - zu spät. </p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Für das Geschäftsjahr 1985 wäre die Primärverjährung nach den obigen Grundsätzen im Dezember 1987 vollendet gewesen. Zu diesem Zeitpunkt wurde der Kläger, der der Beklagten das Steuerberatungsmandat mit Wirkung von Ende August 1987 entzogen hatte (Bl. 53, 117, 144 d.A.) anderweitig von dem Steuerberater C. betreut, der auch die Umwandlung der GmbH & Co. KG in eine GmbH veranlaßt hat. War der Kläger über den eventuellen Schadensersatzanspruch und dessen Verjährung noch zur Zeit des Bestehens des Primäranspruchs sachkundig beraten, so konnte ein Sekundäranspruch nicht entstehen. Das ist für die Beratung durch einen Rechtsanwalt höchstrichterlich entschieden worden (BGH NW 1982, 1288; BGH NJW 1985 , 1151, 1152) , muß aber in gleichem Maße gelten, wenn ein auf diesem Gebiet ebenso sachkundiger Steuerberater die Betreuung des Anspruchstellers übernimmt (so auch OLG Hamm, Die Steuerberatung 1986, 301 und OLG Celle, Urteil vom 19.04.1989 - 3 U 157/88 -, BI. 41 ff. AnlH). Entsprechendes gilt für eine etwa im Dezember 1986 versäumte Aufklärungspflicht über die entstehenden Schäden in der Periode 1987, für die die Verjährung im Dezember 1989 eintrat. Hier war zudem der Kläger gegen Ende der Verjährungsfrist anwaltlich vertreten und meldete Regressansprüche wegen der angeblichen Falschberatung durch den für die Beklagte tätig gewesenen Steuerberater T. an. Die Zustellung </p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">des Mahnbescheids im September 1990 vermochte die Verjährung nicht mehr zu unterbrechen, weil sie bereits abgelaufen war. </p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung hinsichtlich der Berufung, die nach alledem keinen Erfolg haben konnte, beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. </p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Sicherheitsleistung wird auf § 708 Nr. 10, § 711 und § 108 ZPO gestützt. </p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Streitwert für die Berufungsinstanz, zugleich Beschwer des Klägers: 194.486,-- DM (entsprechend dem Streitwert der Klage von 79.943,-- DM und dem Streitwert der Widerklage von 114.543,-- DM).</p>
|
315,015 | olgk-1990-12-12-2-w-20190 | {
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"jurisdiction": null,
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} | 2 W 201/90 | 1990-12-12T00:00:00 | 2019-03-13T14:44:04 | 2022-10-18T15:09:16 | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1990:1212.2W201.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die weitere sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluß des Land­gerichts Köln vom 23. Oktober 1990 (6 T 205/9o) wird auf ihre Kosten zurückge­wiesen</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Gründe</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat durch Beschluß vom 6. 9. 1990 die Erinnerung der Schuldnerin gegen ein vorläufiges Zahlungsverbot gemäß § 845 ZPO betreffend Forderungen und Ansprüche der Schuldnerin gegen­über der E. AG im S. als Drittschuldnerin als unbegründet zurückgewiesen. Die Gläubigerin hatte das vorläu­fige Zahlungsverbot am 15. 8. 1990 der Drittschuldnerin zustellen lassen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Auf Antrag der Gläubigerin hat das Amtsgericht dann am 24. 8. 1990 einen Pfändungsbeschluß betreffend der Ansprüche gegen die E. im Wege der Sicherungsvollstreckung gemäß § 720 a ZPO. erlassen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die gegen den Beschluß des Amtsgerichts vom 6.September 1990 gerichtete Beschwerde hat das Landgericht durch den angefochte­nen Beschluß als unzulässig verworfen. Der Beschwerde fehle das Rechtsschutzinteresse, da ein inzwischen ein Pfändungsbe­schluß gemäß § 720 a ZPO ergangen sei, gegen den mit der Erinnerung vorgegangen werden könne. Nur ausnahmsweise habe die Schuldnerin nach Erlaß des Pfändungsbeschlusses noch ein Rechts­schutzinteresse dafür, die Vorpfändung anzugreifen, nämlich wenn sie ein Interesse am Wegfall der rangwahrenden Vorpfändung habe.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Gläubigers, mit der er u.a. geltend macht, ein Rechtsschutzinteresse ergebe sich schon daraus, daß er mit Verfahrenskosten für die Vorpfändung belastet sei. Im übrigen sei eine wirksame Sicherungsvollstreckung nicht erfolgt, jedenfalls habe ihm das Landgericht gemäß § 139 ZPO Gelegen­heit geben müssen, das Beschwerdeverfahren in der Hauptsache für erledigt zu erklären.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die weitere Beschwerde ist gemäß § 588 Abs. 2 ZPO statt­haft, weil in der Verwerfung der Beschwerde als unzulässig ein neuer selbständiger Beschwerdegrund liegt (vgl. Thomas/ Putzo, 16. Aufl., § 568 Rdn. 3 b). Sie ist auch ansonsten zulässig.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Sie ist jedoch in der Sache unbegründet, da das Landgericht die Beschwerde mit Recht als unzulässig verworfen hat. Soll­te die Pfändung der Forderungen nicht innerhalb der 3-Wochen­frist des § 845 Abs. 2 ZPO erfolgt sein, entfällt das Rechts­schutzinteresse für die Erinnerung und auch für die Beschwer­de, weil die Benachrichtigung dann ihre Wirkung verloren hat (vgl. Zöller/Stöber, 18. Aufl., § 845 Rdn. 8 m.w.N.).Wenn die Pfändung dagegen rechtzeitig und ordnungsmäß bewirkt worden ist (dabei kann es sich auch um eine Sicherungs­pfändung handeln - vgl. BGHZ 93, 71) - ist eine Erinnerung nur noch gegen den Pfändungsbeschluß zulässig (vgl. Zoller/ Stöber, a.a.O.). Etwas anderes gilt ausnahmsweise nur dann, wenn die Schuldnerin ein Interesse am Wegfall der rangwahrenden Vorpfändung vorträgt.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Ein Rechtsschutzinteresse läßt sich dagegen nicht damit be­gründen, daß durch die Vorpfändung Kosten entstanden seien. Dabei kann dahinstehen, ob hier durch die Vorpfändung über­haupt zusätzliche Kosten entstanden sind und ob einer etwaigen Kostenbelastung im Kostenfestsetzungsverfahren entgegenge­halten werden könnte, diese Kosten seien zur zweckentsprechen­den Rechtsverfolgung nicht erforderlich gewesen. Aus dem Rechtsgedanken des § 92 ZPO ergibt sich nämlich, daß eine Anfechtung der Entscheidung über den Kostenpunkt unzulässig ist, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird. Daraus folgt, daß in den Fällen, in denen ein Rechtsschutzbedürfnis für ein Hauptsacherechts­mittel zu verneinen ist, dieses Rechtsschutzbedürfnis nicht aus der bloßen Kostenbelastung hergeleitet werden kann (vgl. zu ähnlicher Sachlage bei Fehlen sonstiger Zulässigkeitsvoraussetzungen des Rechtsmittels Zöller/Schneider/Herget, 16.Aufl., § 99 ZPO, Rn. 2 m.w.N.). Die Entscheidung des Landgerichts ist auch nicht deshalb fehlerhaft, weil es das Landgericht versäumt hätte, gemäß § 139 ZPO auf die Möglichkeit einer Hauptsacheerledigungser­klärung im Beschwerdeverfahren hinzuweisen. Eine solche Hin­weispflicht bestand schon deshalb nicht, weil zum Zeitpunkt der Einlegung der sofortigen Beschwerde am 27. 9. 1990 die Sicherungsvollstreckung gemäß § 720 a ZPO bereits erfolgt war, so daß ein erledigendes Ereignis während des Beschwerdever­fahrens nicht eingetreten ist.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Da sich Erinnerung und Beschwerde nicht gegen den im Rahmen der Sicherungsvollstreckung ergangenen Pfändungsbeschluß vom 24. 8. 1090 richten, sondern ausdrücklich gegen die Vor­pfändung vom 15. 0. 1990, war im Rahmen dieses Verfahrens nicht zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Sicherungs­vollstreckung gemäß § 720 a ZPO erfüllt waren.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Dia Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Beschwerdewert: 12.509,23 DM.</p>
|
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} | 32 C 374/90 | 1990-12-11T00:00:00 | 2019-03-13T14:44:05 | 2022-10-18T15:09:17 | Urteil | ECLI:DE:AGNE:1990:1211.32C374.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Unter Aufhebung des Vollstreckungsbescheides des Amtsgerichts E vom 02.08.1990 - Geschäftsnummer 14 B #####/####- wird die Klage abgewie-sen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitslei-stung in Höhe von 500,00 DM abwenden, sofern nicht die Beklagte zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Tatbestand:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger und seine Ehefrau sind Mieter einer Wohnung im Hause .....T-Straße in E. Die Beklagte, eine Maklerfirma, vermittelte dem Kläger und seiner Ehefrau im Juni 1989 diese Wohnung. Der Kläger zahlte eine Maklerprovision in Höhe von 2.508,00 DM.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">In einer Nebenkostenabrechnung vom 21.03.1990 stellte der Vermieter dem Kläger und seiner Ehefrau einen anteiligen Betrag für die Position "Hausmeister" in Rechnung. Die Hausmeistertätigkeit wurde von der Beklagten, bzw. von Herrn D ausweislich der Abrechnung im Jahre 1989 ausgeübt.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger, der auch aus abgetretenem Recht seiner Ehefrau klagt, trägt vor:</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Anlässlich der Wohnungsbesichtigung habe Herr D, der für die Beklagte aufgetreten sei, erklärt, er sei für alles im Hause zuständig und man wende sich am besten direkt an ihn, wenn etwas im Hause zu beanstanden oder zu regeln sei. Er sei praktisch die rechte Hand des Vermieters.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist der Auffassung, dass die Beklagte unter Verstoß gegen § 2 Abs. 2 Ziffer 2 Wohnungsvermittlungsgesetz ohne Rechtsgrund die Maklerprovision erhalten habe, da sie Aufgaben und Funktion eines Hausverwalters ausübe.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Unter dem 02.08.1990 hat das Amtsgericht E - Geschäftsführer 14 B #####/####- einen Vollstreckungsbescheid über eine Hauptforderung von 2.508,00 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 07.06.1989, zuzüglich 50,00 DM vorgerichtliche Kosten erlassen. Gegen diesen Vollstreckungsbescheid hat die Beklagte Einspruch eingelegt.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt nunmehr,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks"> den Vollstreckungsbescheid aufrechtzuerhalten.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks"> unter Aufhebung des Vollstreckungsbescheides die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Sie wendet ein, lediglich Hausmeisterfunktion auszuüben.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Wegen aller sonstigen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Vollstreckungsbescheid war aufzuheben, da die Klage unbegründet ist.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger steht weder aus eigenem noch abgetretenem Recht ein Anspruch aus § 812 BGB auf Rückerstattung der geleisteten Maklerprovision zu. Denn es kann nicht davon ausgegangen werden, diese Provision hätten der Kläger und seine Ehefrau ohne Rechtsgrund gezahlt.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Eine Zahlung ohne Rechtsgrund wäre nach der Sachlage allenfalls dann zu bejahen, wenn die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Ziffer 2 Wohnungsvermittlungsgesetz vorlägen. Denn hiernach steht dem Wohnungsvermittler ein Anspruch auf Provision dann nicht zu, wenn der Mietvertrag über Wohnräume abgeschlossen wird, deren Eigentümer, Verwalter oder Vermieter der Wohnungsvermittler ist. Die hier allenfalls näher in Betracht zu ziehende Funktion des Hausverwalters hat der Kläger aber nicht zureichend dargelegt.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Hausmeister und Hausverwalter nehmen auch nach der Verkehrsanschauung verschiedene Aufgabenbereiche wahr. Zum Wirkungsbereich eines Hausmeisters sind vorwiegend die Ausführung körperlicher Arbeiten (z. B. Hausreinigung, Ausführung kleinerer Reparaturen, Gartenpflege) zu rechnen, während der Hausverwalter Verwaltungsaufgaben wahrnimmt, die zur ordnungsgemässen Bewirtschaftung des Hauses erforderlich sind (z. B. Abschluss und Kündigung von Verträgen, Mieteinzug, Abschluss von Versicherungen oder sonstigen Verträgen). Von diesen grundsätzlich unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen her kann bereits nach dem Sachvortrag des Klägers, auch wenn man diesen als zutreffend unterstellt, nicht davon ausgegangen werden, die Beklagte betätige sich als Hausverwalter. Insofern ist ohnehin schon fraglich, ob die Beklagte selbst oder Herr D diese Tätigkeit ausübt; der Inhalt der vorgelegten Nebenkostenabrechnung spricht eher für die letztere Alternative. Abgesehen davon kann allerdings die Erklärung des Herrn D, er sei für alles im Haus zuständig und man wende sich am besten direkt an ihn, wenn etwas im Haus zu beanstanden oder zu regeln sei, nicht von vornherein dahin ausgelegt werden, er oder die Beklagte führe auch Verwaltungstätigkeiten aus. Diese Erklärung des Herrn D kann nämlich ohne weiteres bei objektiver Betrachtungsweise auch nur dahin verstanden werden, dass er die tatsächlich anfallenden, im wesentlichen körperlichen Tätigkeiten innerhalb des Hauses ausübe und man sich insoweit unmittelbar an ihn wenden könne. Daraus folgt, dass die Erklärung auch ohne weiteres dahin aufgefasst werden kann, hiermit seien die eigentlichen Hausmeisterfunktionen gemeint. Nichts anderes ergibt sich auch aus dem Schreiben der Beklagten vom 30.04.1990. Im übrigen hat der Kläger aber keine konkreten Umstände und Gesichtspunkte dafür vorgebracht, aus denen Rückschlüsse auf eine Tätigkeit der Beklagten auch als Hausverwalterin gezogen werden könnten.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Im übrigen ist festzustellen, dass die Tätigkeit eines Hausmeisters nicht unter § 2 Abs. 2 Ziffer 2 Wohnungsvermittlungsgesetz fällt. Denn das Wohnungsvermittlungsgesetz verfolgt zum einen den Zweck, Wohnungssuchende vor unberechtigten wirtschaftlichen Belastungen zu schützen, die sich häufig aus missbräuchlichen Vertragsgestaltungen ergeben (vgl. Breiholt in NJW 1988, 398). Dass die Beklagte insoweit im Rahmen ihrer Maklertätigkeit und sonstigen Tätigkeiten für den Vermieter hierauf Einfluss hätte, ist nicht dargelegt. Weiterhin verfolgt das Gesetz auch den Zweck, zu verhindern, dass ein Wohnungsvermittler Entgelte auch in solchen Fällen fordert, in denen eine echte Vermittlertätigkeit nicht vorliegt. Insofern kann zwar nicht übersehen werden, dass durch die gleichzeitige vertragliche Beziehung der Beklagten zu dem Vermieter aus entgeltlicher Hausmeistertätigkeit eine völlige Unabhängigkeit im Rahmen der Maklertätigkeit Bedenken begegnen kann. Andererseits kann in der bloßen Ausübung von Hausmeisterfunktionen gegen eine Vergütung nicht ohne weiteres eine derart enge wirtschaftliche Verflechtung gesehen werden , dass deshalb ein Hausmeister mit dem Begriff des Hausverwalters im Sinne des § 2 Wohnungsvermittlungsgesetz gleichzusetzen sei. Denn aus den oben näher angegebenen unterschiedlichen Aufgabenbereichen folgt, dass letztlich nur ein Hausverwalter unmittelbaren Einfluss auf die wirtschaftlichen und auch rechtlichen Belange des verwalteten Objektes hat.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Ziffer 11, 711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Richter am Amtsgericht</p>
|
315,017 | olgham-1990-12-10-23-u-4190 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
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"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 23 U 41/90 | 1990-12-10T00:00:00 | 2019-03-13T14:44:07 | 2022-10-18T15:09:17 | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1990:1210.23U41.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen das am 4. Mai 1990 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Arnsberg abgeändert und wie folgt neu gefaßt:</p>
<p></p>
<p>Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 10.552,95 DM zu zahlen.</p>
<p>Die weitergehende Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten der 1. Instanz tragen der Kläger zu 15 % und die Beklagte zu 85 %.</p>
<p></p>
<p>Von den Kosten der Berufungsinstanz werden 81 % der Beklagten und 19 % dem Kläger auferlegt.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar</p>
<p></p>
<p>Der Kläger ist Höhe von 2.447,05 DM beschwert, die Beklagte ist es in Höhe von 10.552,95 DM.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist zulässig, aber nur teilweise begründet.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 10.552,95 DM aus § 635 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Zwischen den Parteien ist ein Werkvertrag über die Errichtung eines Kachelofens durch die Beklagte geschlossen worden. Nach dem von der Beklagten insoweit nicht angegriffenen landgerichtlichen Urteil war ihr Vertragspartner allein der Kläger. Zwar hatte die Beklagte ihr Angebot vom 10.12.1984 auch an die Ehefrau des Klägers gerichtet. Dieses Angebot ist jedoch lediglich von dem Kläger durch dessen Unterschrift angenommen worden.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Gewährleistungsansprüche des Klägers ergeben sich aus den §§ 633 f. BGB.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Zwar enthalten die allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Beklagten unter Ziff. VII von der gesetzlichen Regelung abweichende Bestimmungen zurGewährleistung. Die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten sind jedoch gemäß § 2<b> </b>Abs. 1 AGBG nicht zum Vertragsinahlt geworden. In dem Angebot selbst findet sich kein ausdrücklicher Hinweis darauf, daß die allgemeinen Geschäftsbedingungen Teil des Angebots der Beklagten sein sollten. Wohl waren die allgemeinen Geschäftsbedingungen auf der Rückseite des Angebotsschreibens abgedruckt. Allein dieser Abdruck auf der Rückseite ist jedoch nicht geeignet, die allgemeinen Geschäftsbedingungen zum Bestandteil eines Vertrages werden<b> </b>zu lassen (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 49. Auflage, § 2 AGBG Anm. 2 a). § 2 Abs. 1 Nr. 1 AGBG verlangt vielmehr einen ausdrücklichen Hinweis. Im übrigen ist die hier entscheidende Bestimmung der allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten jedoch auch gemäß § 11 Nr. 10 b AGBG unwirksam. Denn danach soll dem Besteller lediglich ein Recht auf Nachbesserung zustehen. Ihm wird nicht ausdrücklich das Recht vorbehalten, bei Fehlschlagen der Nachbesserung einen Minderungs- oder Wandlungsanspruch geltend zu machen. Im Gegenteil heißt es in der Bestimmung, daß der Anspruch auf Wandlung, Minderung und Schadensersatz ausdrücklich ausgeschlossen wird.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Sind danach die gesetzlichen Gewährleistungsansprüche nicht wirksam durch Ziff. VII AGB modifiziert worden, so sind die Bestimmungen des § 13<b> </b>Nr. 5 - 7 VOB/B ebensowenig anwendbar. Auch die Geltung der VOB/B ist nicht wirksam vereinbart worden. Dies ergibt sich schon daraus, daß die allgemeinen Geschäftsbedingungen, in deren Ziff. II auf die Geltung der VOB/B verwiesen wird, nicht Vertragsbestandteil geworden sind. Im übrigen wäre aber selbst bei Geltung der allgemeinen Geschäftsbedingungen die VOB/B nicht wirksam gemäß § 2 AGBG in der Vertrag einbezogen worden. Denn auch bei der VOB/B handelt es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen. Die Beklagte hätte der Kläger deshalb gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 ABGB die Möglichkeit verschaffen müssen, in zumutbarer Weise vom Inhalt der VOB/B Kenntnis zu nehmen (vgl. OLG Hamm NJW RR 88, 1366; BGH NJW 90, 715). Für die wirksame Einbeziehung in einen Vertrag mit einem Privatmann, der nicht durch einen Architekten vertreten wird, ist zu diesem Zwecke zumindest ein deutlicher Hinweis erforderlich, daß der Text der VOB/B auf Anforderung unentgeltlich zur Verfügung gestellt wird (vgl. Werner-Pastor, Der Bauprozeß, 6. Auflage, Rdnr. 875). Ein derartiger Hinweis wird in Ziff. II AGB nicht erteilt. Schließlich wäre die VOB/B nicht vollständig, sondern nur mit Abänderungen durch die AGB der Beklagten in diesen vereinbart worden, was ebenfalls einer Wirksamkeit entgegensteht (vgl. BGH MDR 1983, 393; BGH BauR 1990, 81 und 207).</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der von der Beklagten errichtete Kachelofen weist Mängel auf. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Ofen entsprechend der neuerdings aufgestellten und bestrittenen Behauptung der Beklagten in erster Linie zur Beheizung der Diele dienen sollte. Denn selbst nach dem von der Beklagten vorgelegten Privatgutachten des Sachverständigen X ist davon auszugehen, daß der Kachelofen in der Lage sein muß, die angeschlossenen Räume bei Temperaturen bis zur Frostgrenze auf bis zu 20o C Raumtemperatur zu erwärmen. Dies ist mit dem von der Beklagten gebauten Kachelofen jedoch nicht möglich, weil er - wie der Sachverständige A anläßlich der mündlichen Erläuterung seines Gutachtens erklärt hat — nicht entsprechend den Fachregeln aufgebaut worden ist. Zu diesem Ergebnis gelangt im übrigen nicht nur der Sachverständige A. Die Mängel sind vielmehr bereits von dem im Beweissicherungsverfahren tätigen Sachverständigen I in dessen Gutachten festgehalten worden. Letztlich werden die wesentlichen Mängel im Grunde auch in dem von der Beklagten vorgelegten Privatgutachten des Sachverständigen X bestätigt.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Ein wesentlicher Mangel des Ofens besteht nach den Gutachten der Sachverständigen I und A darin, daß die Beklagte den Ofen in den drei Räumlichkeiten -<b> </b>nämlich in der Diele, dem Eßzimmer und dem Wohnzirnmer - in unterschiedlichen Höhen errichtet hat, so daß sich auch die Luftgitter, durch die die Konvektionswärme in die Räume abgegeben wird, in unterschiedlichen Höhen befinden. Ein weiterer Mangel besteht darin, daß die Beklagte die in den Fachregeln vorgesehenen Abstände der Kachelverkleidung zu dem Heizeinsatz und den Heizgaszügen nicht eingehalten hat. Insbesondere ist der Abstand der Kachelverkleidung zu dem Heizeinsatz zu gering, so daß die Wärme nicht optimal an die umgebende Luftschicht abgegeben werden kann. Dies wird auch von dem Sachverständigen Q bestätigt, der zwar aufgrund seiner Berechnungen zu dem Ergebnis gelangt, der freie Heizkammerquerschnitt sei zur Beheizung der Räume ausreichend bemessen, alsdann aber ausführt, daß unter strömungstechnischen Gesichtspunkten ein größerer Abstand erforderlich sei. Daß der Kachelofen den an ihn zu stellenden Anforderungen im Wohnzimmer nicht gerecht wird, liegt wesentlich daran, daß der Wanddurchbruch von der Diele zum Wohnzimmer, durch den die Konvektionswärrne vom Heizeinsatz zum Wohnzimmer gelangen muß, nicht ausreichend dimensioniert ist. Auch dieser Mangel ist vom Sachverständigen Q in seinem Gutachten bestätigt worden. Die ausreichende Wärmeversorgung für das Wohnzimmer war zwar nach den Ausführungen des Sachverständigen A von Anfang an ein kritischer Punkt, der bei dem jetzt vorhandenen Aufbau der Kachelverkleidung nicht zufriedenstellend gelöst werden konnte. Dies vermag die Beklagte jedoch nicht zu entlasten, da sie als Fachunternehmen den Kläger als Laien auf die sich ergebenden Probleme hätte hinweisen müssen. Nur eine in Kenntnis der Probleme getroffene Entscheidung des Klägers, den Ofen dennoch so wie geschehen zu bauen, ließe eine Haftung der Beklagten für den Mangel entfallen. Daß derartige Hinweise von seiten der Beklagten erteilt worden wären, ist nicht ersichtlich und wird von ihr auch nicht behauptet.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Angesichts der im wesentlichen übereinstimmenden Ausführungen der Sachverständigen bestand für den Senat keinerlei Veranlassung, entsprechend dem Antrag der Beklagten noch ein weiteres Gutachten zu der Frage der Mangelhaftigkeit des Ofens einzuholen. Eine Pflicht zur Einholung eines weiteren Gutachtens besteht nur in Ausnahmefällen, nämlich bei besonders schwierigen Fragen, bei groben Mängeln der vorhandenen Gutachten und dann, wenn ein neuer Gutachter über überlegene Forschungsmittel verfügt (vgl. BGH VersR 80, 533; VersR 81, 752). Keiner dieser Ausnahmefälle liegt hier vor. Insbesondere ist nicht ersichtlich, daß die Gutachten der SachverständigenI und A grobe Mängel aufwiesen. Grobe Mängel der beiden Gutachten ergeben sich auch nicht aus dem vorgelegten Privatgutachten des Sachverständigen Q . Zwar beanstandet dieser Sachverständige, daß die Sachverständigen I und A den Wärmebedarf für die Beheizung der drei Räumlichkeiten nicht konkret berechnet und deshalb den erforderlichen freien Heizkammerquerschnitt nach seiner Ansicht zu hoch angesetzt haben. Schon der Ansatz des Sachverständigen Q ist nach den zu beachtenden Richtlinien für den Kachelofenbau - Ausgabe 1984 -,<b> </b>die von den beiden Sachverständigen I und A mit Recht zugrunde gelegt worden sind, nicht zutreffend. Denn der Wärmebedarf ist lediglich für die Wahl des Heizeinsatzes entscheidend, der hier jedoch schon vorgegeben war, während der freie Heizkammerquerschnitt in Abhängigkeit von der Nennwärmeleistung des Heizeinsatzes und der Heizgaszüge zu ermitteln ist. Je Kilowatt Nennwärmeleistung ist, wie auch der Privatgutachter Q herausgestellt hat, ein freier Heizkammerquerschnitt von 190 bis 250 cm2 zugrunde zu legen. Wird dieser Querschnitt nicht eingehalten, so ist dies - wie der Sachverständige A anläßlich der Erläuterung seines Gutachtens ohne weiteres nachvollziehbar dargelegt hat - nachteilig für die angrenzenden Wände und den Heizeinsatz, da sie zu stark aufgeheizt werden und einer erhöhten Abnutzung unterliegen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Nach dem überzeugenden Gutachten des Sachverständigen T hat die Beklagte den Kachelofen letztlich auch nicht fachgerecht an den Schornstein angeschlossen. Ein dichter Anschluß, der ein Austreten von Rauchgasen außerhalb des Schornsteins verhindert, ist danach nur gewährleistet, wenn ein Formstein oder ein Rohrfutter verwendet wird, was hier von seiten der Beklagten unstreitig nicht geschehen ist. Wie der Sachverständige anläßlich seiner Ortsbesichtigung durch Abtasten festgestellt hat, ist der von der Beklagten hergestellte Anschluß des Rauchrohrs an die innere Schale des dreischaligen Schornsteins unsauber und nicht richtig abgedichtet. Wie die Beklagte einräumt, hat sie die erforderliche Öffnung teilweise mit einem Schrifthauermeißel gestemmt. Dementsprechend hat der Sachverständige feststellen können, daß der Rand der Öffnung rauh war und Spitzen aufwies. Die Stemmarbeiten und die fehlende Abdichtung hatten zur Folge, daß nach den Feststellungen des Sachverständigen ein Teil der Isolierung zwischen der inneren und der äußeren Schale des Schornsteins oberhalb der Anschlußöffnung fehlt. Naturgemäß hat der Sachverständige dabei nicht den genauen Umfang dieses Schadens feststellen können, da er keinen Einblick in diesen Zwischenraum hatte, sondern ihn lediglich begrenzt abtasten konnte. Soweit, wie er mit seinen Händen tasten konnte, hat der Sachverständige jedoch nach seinen überzeugenden Ausführungen keine Isolierung mehr feststellen können. Außerdem besteht die Gefahr, daß das PLEWA-Rohr des Schornsteins durch die unzulässigen Stemarbeiten Risse bekommen hat.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Ist das Werk der Beklagten danach mangelhaft, so liegen auch die weiteren Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs gemäß § 635 BGB vor. Zwar hat der Kläger der Beklagten trotz der mehrfach gesetzten Fristen zur Nachbesserung niemals angedroht, im Falle eines fruchtlosen Fristablaufs eine Mangelbeseitigung durch die Beklagte abzulehnen. Dies war jedoch gemäß § 634 Abs. 2 BGB angesichts der Weigerung der Beklagten, Nachbesserungsarbeiten auszuführen, die zumindest im vorliegenden Rechtsstreit deutlich geworden ist, auch entbehrlich.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der von der Beklagten zu ersetzende Schaden des Klägers beläuft sich auf 10.552,95 DM. Dieser Betrag ist erforderlich, um die vorhandenen Mängel zu beseitigen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Aus dem Gutachten des Sachverständigen A ergeben sich dabei Mängelbeseitigungskosten in Höhe von 7.296,00 DM. Unberücksichtigt bleiben muß das vom Sachverständigen einkalkulierte zusätzliche Kachelmaterial für 550,00 DM zuzüglich Mehrwertsteuer. Denn hierbei handelt es sich um sogenannte Sowiesokosten. Das zusätzliche Kachelmaterial ist erforderlich, um die Kachelverkleidungen in der<b> </b>Diele sowie<b> </b>im Eßzimmer entsprechend dem Gutachten des Sachverständigen zu vergrößern und die Heizkammerdecken in diesen Räumlichkeiten und dem Wohnzimmer auf eine gemeinsame Bauhöh auszulegen. Die Kosten wären deshalb zusätzlich angefallen, wenn der Kachelofen von vornherein richtig konstruiert worden wäre.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Zwar hat der Sachverständige A anläßlich der mündlichen Erläuterung seines Gutachtens eine Möglichkeit aufgezeigt, den Ofen auch mit Kosten von ca. 4.000,00 DM in einen funktionsfähigen Zustand zu versetzen. Dennoch ist der Schaden nicht lediglich mit 4.000,00 DM zu bemessen. Denn auf diese Möglichkeit der Mängelbeseitigung kann der Kläger gemäß § 249 BGB nicht verwiesen werden. Sie kann allenfalls als Notlösung angesehen werden, da unter der Dielendecke ein Rohr sichtbar verlegt werden müßte und im übrigen der Mangel des zu geringen Heizkammerquerschnitts nicht beseitigt würde.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Zur Beseitigung der vom Sachverständigen T festgestellten Mängel ist darüberhinaus ein Betrag von 3.256,95 DM erforderlich. Dieser Betrag resultiert zum einen aus 2.606,95 DM für den fachgerechten Anschluß des Kachelofens an den Schornstein. Entsprechend den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen geht der Senat davon aus, daß die fehlende Isolierung nicht entsprechend der Darstellung der Beklagten von unten durch Dämmatten ersetzt werden kann. Denn es ist ohne weiteres einleuchtend, daß die Isolierung von oben ersetzt werden muß, weil man von unten nicht feststellen kann, bis zu welcher Höhe die Isolierung zwischen den beiden Schalen des Schornsteins fehlt, und daß es nicht möglich ist, die Dämmatten einwandfrei in dem Zwischenraum hochzuschieben. Entgegen der Annahme des Sachverständigen ist von dem so ermittelten Schadensbetrag kein Abzug in Höhe von 222,13 DM für Sowiesokosten zu machen. Denn der fachgerechte Anschluß an den Schornstein war in dem von den Parteien vereinbarten Preis von 15.000,00 DM enthalten und hätte deshalb keine zusätzlichen Kosten verursacht. Zu ersetzen sind darüberhinaus die Kosten für die Untersuchung des Schornsteins, die der Senat auf der Grundlage der Angaben des Sachverständigen T gemäß § 287 ZPO mit 650,00 DM schätzt. Diese Untersuchungskosten sind von der Beklagten zu ersetzen, da die Untersuchung auf Risse vor einer erneuten Inbetriebnahme des Kachelofens nach den Ausführungen des Sachverständigen unbedingt erforderlich ist. Der Senat geht allerdings davon aus, daß die Untersuchung nicht mit Hilfe einer Kamera erfolgen muß, da der Kachelofen ohnehin von Grund auf neu aufzubauen ist. In diesem Fall kann die Untersuchung nach den Angaben des Sachverständigen T auch mit Hilfe eines Spiegels erfolgen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Ergibt sich danach ein Schadensersatzanspruch des Klägers in Höhe von insgesamt 10.552,95 DM, so ist dieser auch nicht verjährt. Die Verjährungsfrist beläuft sich nämlich entgegen der Ansicht der Beklagten gemäß § 638 BGB auf 5 Jahre. Eine zweijährige Verjährungsfrist gemäß § 13 Nr. 14 VOB/B greift vorliegend mangels wirksamer Vereinbarung der Geltung der VOB/B nicht ein. Entgegen der Ansicht der Beklagten handelt es sich bei der Errichtung des Kachelofens auch nicht um Arbeiten an einem Grundstück, für die eine einjährige Verjährungsfrist eingreift, sondern um solche an einem Bauwerk. Zwar ist der Kachelofen erst nachträglich in das Haus des Klägers eingebaut worden, das bereits über eine Heizungsanlage verfügte. Arbeiten an einem Bauwerk sind jedoch nicht nur die Arbeiten anläßlich der Herstellung eines neuen Gebäudes, sondern auch solche Arbeiten, die für die Erneuerung und den Bestand des Hauses von wesentlicher Bedeutung sind (vgl. BGH NJW 84, 64). Instandsetzungs- und Umbauarbeiten sind jedenfalls dann Arbeiten bei Bauwerken, wenn entsprechende Leistungen bei Neuerrichtung Arbeiten bei Bauwerken wären und wenn sie nach Umfang und Bedeutung solchen Neuarbeiten vergleichbar sind (vgl. BGH NJW 84, 168). Das ist vorliegend der Fall. Für den Einbau des Kachelofens mußte in die Substanz des Hauses eingegriffen werden, indem vorhandene Wände teilweise abgebrochen wurden. Der Kachelofen ist nunmehr fest mit dem Gebäude verbunden und damit ein wesentlicher Bestandteil. Da er die vorhandene Heizung zumindest teilweise ersetzen sollte, hat er für das Haus und seine Benutzbarkeit eine wesentliche Bedeutung.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Nach allem ist das landgerichtliche Urteil nur hinsichtlich der Höhe des Anspruchs teilweise abzuändern.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die Kosten beruht auf den §§ 91, 92, 97 ZPO. Die Abweichung zwischen den Kostenentscheidungen für die erste und die zweite Instanz ergibt sich daraus, daß die Beweisgebühr in der ersten Instanz nur nach einem Gegenstandswert von 7.550,00 DM entstanden und deshalb voll zu Lasten der Beklagten zu berücksichtigen ist.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Festsetzung der Beschwer erfolgt gemäß § 546 Abs. 2 ZPO.</p>
|
315,018 | olgk-1990-12-10-2-wx-5190 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
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"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 2 Wx 51/90 | 1990-12-10T00:00:00 | 2019-03-13T14:44:08 | 2022-10-18T15:09:17 | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1990:1210.2WX51.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluß der 11. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 25. September 1990 (11 T 2B8/89) wird auf seine Kosten zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>G r ü n d e :</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der im Jahre 1948 geborene Erblasser verstarb am 23.6.1987. Unter Berufung auf ein handschriftliches Testament des Erblassers vom 12.9.1980 beantragte zunächst seine Mutter die Erteilung eines Erbscheins als Alleinerbin. Der Beteiligte zu 1) ist das im Jahre 1983 geborene Kind des Erblassers aus seiner im Jahre 1982 geschlossener und 1985 geschiedenen Ehe. Seine Anfechtung des Testaments vom 12.9.1980 gemäß § 2079 8GB war erfolgreich und unter dem 27.6.1989 erteilte das Amtsgericht Leverkusen dem Beteiligten zu 1) antragsgemäß einen ihn als Alleinerben ausweisenden Erbschein.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Am 8.12.1987 wurde Nachlaßpflegschaft angeordnet und der Beteiligte zu 2) zum Nachlaßpfleger mit dem Wirkungskreis der Sicherung und Verwaltung des Nachlasses und Ermittlung der Erben bestellt. Zum Nachlaß gehörten nebenWertpapieren, verschiedenen Sparkassen- und Bausparguthaben, einem PKW N. (Baujahr 1983) und Hausrat insbesondere ein Hausgrundstück in C. und ein ¾ Miteigentumsanteil an einem Hausgrundstück in Q., die beide mit Grundpfandrechten belastet waren. Unter dem 4.7.1989 reichte der Nachlaßpfleger ein Nachlaßwertverzeichnis beim Amtsgericht ein, in dem die Nachlaßmasse - bezogen auf den Zeitpunkt des Erbfalls – mit insgesamt 591.648,34 DM und die Nachlaßverbindlichkeiten mit insgesamt 448.732,41 DM beziffert wurden. Unter dem 14.7.1989 legte er dem Amtsgericht eine Abrechnung über die von ihm geführte Verwaltung vor. Durch Beschluß vom 9.8.1989 hob das Amtsgericht die Nachlaßpflegschaft auf.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Nach Anhörung der Beteiligten hat die Rechtspflegerin des Amtsgerichts durch Beschluß vom 20.9.1989 dem Beteiligten zu 2) für seine Tätigkeit eine Vergütung in</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Höhe von 12.000,-- DM (einschließlich Mehrwertsteuer) bewilligt.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Im Beschwerdeverfahren hat der Beteiligte zu 1) Herabsetzung der Vergütung auf 2.800,-- DM beantragt. Er hat die Auffassung vertreten, angesichts der Höhe des</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Nettonachlaßwertes (nach Abzug der Schulden) und des allenfalls durchschnittlichen Tätigkeitsumfangs sei die festgesetzte Vergütung überhöht. Im übrigen habe der Beteiligte zu 2) bei der Verwaltung des Nachlasses in erheblichem Umfang seine Pflichten verletzt und dadurch ihn als Erben geschädigt.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Wegen aller Einzelheiten des Vorbringens dazu wird auf den Beschluß des Landgerichts und die in ihm bezogenen Schriftsätze des Beteiligten zu 1) Bezug genommen. Durch die angefochtene Entscheidung hat das Landgericht die als Beschwerde aufzufassende Erinnerung als unbegründet zurückgewiesen. Wegen aller Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Gegen diese Entscheidung richtete sich die weitere Beschwerdedes Beteiligten zu 1), die zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt worden ist. Er hält die zugebilligte Vergütung von 12.000,-- DM für überhöht, da für die ausgeführte Tätigkeit nur ein Betrag bis zu</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">2.800,-- DM angemessen sei, denn es handele sich um einen minderjährigen Erben ohne eigenes Einkommen. Die Nachlaßpflegschaft sei im übrigen nicht ordnungsgemäß</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">geführt worden. Von einer theoretischen Nettoerbmasse von 142.916,-- DM seien effektiv nur 39.478,-- DM übriggeblieben. Wegen aller weiteren Einzelheiten des Vorbringens zu den Pflichtverletzungen des Nachlaßpflegers wird auf den Inhalt der weiteren Beschwerde und der in ihr in Bezug genommenen Schriftsätze des Beschwerdeführers ergänzend Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">1. Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie (§§ 20 Abs. 2, 27, 29 FGG) weitere Beschwerde ist in der Sache nicht begründet. Die Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes (§§ 27 FGG, 550 ZPO).</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Das Nachlaßgericht war gemäß § 1962 BGB für die Festsetzung der Vergütung des Nachlaßpflegers gemäß §§ 1915, 1836 Abs. 1 Satz 2 BGB zuständig .</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung darüber, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe dem Nachlaßpfleger für seine Tätigkeit eine Vergütung zuzubilligen ist, obliegt unter Berücksichtigung</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">der gesamten Umstände des Einzelfalls allein der gestaltenden Ermessensentscheidung des Nachlaßgerichts und im Beschwerdeverfahren des Landgerichts (vgl. BayObLG Rpfl. 1984, 356 m.w.N.; OLG Saarbrücken, JurBüro 1990, 830). Der Senat als Rechtsbeschwerdegericht kann nur überprüfen, ob die Tatsacheninstanzen insoweit die Grenzen ihrer Ermessensausübung beachtet haben, dagegen kann er nicht. auch Angemessenheit und Zweckmäßigkeit der festgesetzten Vergütung überprüfen (vgl. BayObLG FamRZ 1986, 107 und FamRZ 1990, 801).</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Gemäß § 1836 Abs. 1 Satz 38GB soll die Bewilligung einer Vergütung dabei nur erfolgen, wenn das vom Nachlaßpfleger zu verwaltende Vermögen sowie der Umfang und</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">die Bedeutung seiner Geschäfte es rechtfertigen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die danach zu beachtenden Kriterien für die Vergütungsfestsetzung hat das Landgericht beachtet. Es hat alle wesentlichen Umstände berücksichtigt, und seine Entscheidung beruht insoweit auch nicht auf ungenügenden oder verfahrenswidrigen Feststellungen (vgl. BayObLG NJW 1988, 1919; Keidel-Kuntze-Winkler, 12. AufI., § 27 FGG Rdnr. 27).</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">2. Im einzelnen:</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">a) Es ist nicht rechtsfehlerhaft, daß das Landgericht für die Bemessung der Vergütung neben anderen Umständen den Umfang des Aktivvermögens mit 591.648,34 DM berücksichtigt hat. Nach ganz überwiegender Auffassung (vgl. nur BayObLG JurBüro 1985, 274 (276); FamRZ 1990, 801; Erman-Holzhauer, 8. AufI., § 1836 Rdnr. 6; MK-Schwab, 2. AufI., § 1836 Rdnr. 7 f.), die auch der ständigen Rechtsprechung des Senats entspricht, können die bestehenden Nachlaßschulden zur Bestimmung der Bemessungsgrundlage grundsätzlich nicht abgezogen werden. Ein gegenüber einer hohen Aktivmasse hoher Schuldenstand vermindert nicht typischerweise den Arbeitsaufwand des Pflegers, sondern ist oftmals Ursache besonderen Arbeitsaufwandes und auch besonderer Haftungsrisiken. Die Billigkeit erfordert den Ausgleich dieses Aufwandes und dieser Risiken, so daß ein gegenüber dem Aktivnachlaß geringerer Umfang des Nettonachlasses unberücksichtigt bleiben muß.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">b) Bei der Vergütungsfestsetzung hat das Landgericht auch ohne Rechtsfehler die etwa 20-monatige Dauer der Nachlaßpflegschaft berücksichtigt und hat angesichts des Umfangs der erforderlichen Arbeiten die Vergütung einschließlich der Mehrwertsteuer auf einen Betrag von etwas mehr als 2 % des Aktivnachlasses einschließlich der Mehrwertsteuer festgesetzt. Es entspricht gefestigter Praxis, daß als Nachlaßvergütung bei größeren Nachlassen 1 bis 2 % und bei kleineren 3 bis 5 % des Aktivnachlasses zugebilligt werden (vgl. Palandt-Edenhofer, 49. Aufl., § 1960 Anm. 5 f. aa.; BayObLG Rpfl. 1980, 282 m.w.N.). Zwar können solche Prozentsätze nicht absolute Richtschnur für die Vergütungsfestsetzung sein, doch ist es zulässig, für Durchschnittsfälle gewisse rechnerische Grundmuster zu entwickeln, die dann in die konkrete Wertung einbezogen werden können (vgl. MK-Schwab, 2. Aufl., § 1836 Rdnr. 15 m.w.N.). Den danach zulässigen Rahmen der Ermessensausübung hat das Landgericht nicht verletzt.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">c) Die Vergütungsfestsetzung ist auch nicht deshalb ermessensfehlerhaft, weil das Landgericht die vom Beschwerdeführer gerügten Fehler bei der Führung der Nachlaßpflegschaft nicht hinreichend berücksichtigt habe. Eine etwa mangelhafte Führung der Pflegschaft schließt einen Vergütungsanspruch des Klägers nicht aus, weil die Vergütung keine vertragsmäßige Gegenleistung, sondern nur die Entschädigung für die im fremden Interesse aufgewandte Mühe und Zeitversäumnis unter Berücksichtigung auch der Haftungsrisiken darstellt (OLG Düsseldorf Rpfl. 1978, 410; OLG Köln Rpfl. 1975, 92). Wenn der Pfleger dem Nachlaß durch die Pflegschaftsführung Schäden zugefügt hat, so müssen Ersatzansprüche gemäß §§ 1915, 1833 BGB im ordentlichen Rechtsstreit gegen den Pfleger geklärt werden, sie berühren aber nicht als solche die maßgebenden Faktoren für die Vergütungsfestsetzung (ebenso OLG Düsseldorf Rpfleger 1978, 410; OLG .Köln Rpfleger 1975, 92; vgl. auch BayObLG NJW 1988, 1919; anderer Ansicht Erman-Holzhauer a.a.O., § 1836 Rdnr. 7; Soergel-Damrau, 12. AufI., § 1836</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Rdnr. 9 m.w.N.). Etwas anderes gilt bei einer von vorneherein nutzlosen Tätigkeit (BayObLG NJW 1988, 1919), wofür hier aber keine Anhaltspunkte bestehen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Im Gegensatz zu dieser Auffassung steht nicht, daß andererseits ein besonderer Erfolg der Nachlaßpflegschaft bei der Bemessung der Höhe der Vergütung berücksichtigt</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">werden kann, denn solche Umstände können naturgemäß nicht gesondert vom Pfleger geltend gemacht werden, die umgekehrt Pflichtverletzungen gesondert vom Pflegling</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">geltend gemacht werden können. Daß das Landgericht hier zu Unrecht einen besonderen Erfolg der Pflegschaft bei der Vergütungsfestsetzung berücksichtigt hätte, ist weder dargetan noch sonst aus den Akten ersichtlich.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Selbst wenn man der Auffassung folgt, daß auch Fehler bei der Geschäftsführung bei der Festsetzung der Vergütungshöhe berücksichtigt werden können, wäre die Entscheidung des Landgerichts nicht rechtsfehlerhaft, da es sich mit dem Tatsachenvorbringen des Beschwerdeführers zu diesen Pflichtverletzungen auseinandergesetzt hat und weil der Senat die tatsächliche Richtigkeit dieser Beurteilung nicht überprüfen kann.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung für das Verfahren der weiteren Beschwerde beruht auf § 13 a Abs. 2 FGG.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Beschwerdewert: 9.200,-- DM.</p>
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315,019 | olgham-1990-12-05-20-u-17790 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
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} | 20 U 177/90 | 1990-12-05T00:00:00 | 2019-03-13T14:44:10 | 2022-10-18T15:09:17 | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1990:1205.20U177.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Klägers gegen das 1. März 1990 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Essen wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Kosten der Berufung werden dem Kläger auferlegt.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 9.500,- DM abzuwenden, soweit nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p>
<p>Beiden Parteien bleibt nachgelassen, die Sicherheitsleistungen durch Bankbürgschaft zu erbringen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Der Kläger begehrt von der Beklagten aus einer Teilkaskoversicherung Entschädigung für den behaupteten Diebstahl eines Porsche 911 SC 3.0 (Erstzulassung Februar 1978) am 19.7.1989.</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Er hat behauptet, dieses Fahrzeug, das er unstreitig Anfang 1987 vom Zeugen ... erworben hatte, sei ihm an genannten Tage vor der Garage entwendet worden. Den Wiederbeschaffungswert des Fahrzeuges hat er mit 45.000,- DM beziffert.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, an ihn 45.000,- DM nebst 4 % Zinsen Rechtshängigkeitszinsen zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Sie hat den Diebstahll ebenso bestritten wie die Anspruchsberechtigung des Klägers; unstreitig hatte der Kläger das Fahrzeug an die ... sicherungsübereignet. Von der Beklagten war der Bank ein Sicherungsschein erteilt worden.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Außerdem hat die Beklagte sich auf Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung berufen, weil der Kläger in der Schadensanzeige Bl. 51 f d.A. Kaufpreis und Laufleistung des Fahrzeuges nicht mitgeteilt und dann auf entsprechende Nachfrage die Laufleistung zweimal mit 69.900 km falsch angegeben habe. Der Tachostand habe bereits am 12.2.1987 bei 89.133 km gelegen; in Wahrheit sei die Laufleistung des bereits 1985 mit Totalschaden verunfallten Fahrzeuges noch weitaus höher gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Zur Schadenshöhe hat die Beklagte den geltend gemachten Wiederbeschaffungswert bestritten und eine Vorsteuerabzugsberechtigung des Klägers geltend gemacht.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat die Klage nach umfangreicher Beweisaufnahme, wegen deren Einzelheiten auf das Protokoll vom 1.3.1990 (Bl. 108 ff d.A.) verwiesen wird, abgewiesen. Die Entwendung sei nicht nachgewiesen, da nicht einmal das Abstellen und das nicht Wiederauffinden des Fahrzeuges festständen. Eine Parteivernehmung des Klägers hierzu komme nicht in Betracht, weil erhebliche Umstände gegen seine Glaubwürdigkeit sprächen. Seine Angaben zu den Kaufverhandlungen mit ... und zur Bezahlung des Kaufpreises seien teilweise unzutreffend. Die das Fahrzeug betreffende Schätzurkunde vom 14.1.1986 (Ablichtung Bl. 12 d.A.) beruhe zum Teil auf unzutreffenden und unzureichenden Informationen des Sachverständigen. Es sei nicht auszuschließen, daß der Kläger hiervon Kenntnis hatte.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des dem Kläger am 20.4.1990 zugestellten angefochtenen Urteiles und des Parteivorbringens erster Instanz wird auf das Urteil Bl. 119 ff d.A. verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Mit seiner am 17.5.1990 eingelegten und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 15.7.1990 am 20.8.1990 begründeten Berufung verfolgt, der Kläger den erstinstanzlich geltend gemachten Anspruch weiter.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Er behauptet insbesondere, daß der Zeuge ... ihm nichts von der Vorgeschichte des Fahrzeuges erzählt habe, und daß nur ... den Sachverständigen ... beauftragt und informiert habe. Insoweit ist aufgrund der Zeugenaussage von ... in erster Instanz jetzt unstreitig, daß dieser das Fahrzeug als "reine Rohkarosse" mit Türen gekauft und mit Teilen aus anderen Fahrzeugen völlig neu aufgebaut hatte.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Im übrigen ergänzt und vertieft der Kläger seinen Vortrag zum Erwerb des Fahrzeuges von ... unter Würdigung von dessen Zeugenaussage.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich der Kilometerleistung am 12.1.1987 müsse sich der Zeuge ... geirrt haben. Weitere Widersprüche seien insoweit nicht vorhanden.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die geltend gemachte Schadenshöhe ergebe sich aus dem vorliegenden Gutachten.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung des angefochtenen Urteiles die Beklagte zu verurteilen, an ihn 45.000,- DM nebst 4 % Zinsen seit Klagestellung zu bezahlen,</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">ihm nachzulassen jegliche Sicherheitsleistung durch Bankbürgschaft erbringen zu dürfen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen,</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">ihr zugestatten eine von ihr zu leistende Sicherheit auch durch die Bürgschaft einer Großbank einer Sparkasse oder Genossenschaftsbank erbringen zu dürfen.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Sie verteidigt das angefochtene Urteil und ergänzt und vertieft gleichfalls ihren erstinstanzlichen Vortrag. Sie bestreitet weiterhin den Diebstahl und den geltend gemachten Wiederbeschaffungswert. Zum Nachweis der Unredlichkeit des Klägers beruft sie sich im wesentlichen darauf, daß er die Schadensanzeige unzureichend ausgefüllt und mit der Anzeige zusammen die unzutreffende Schätzurkunde des Sachverständigen ... vorgelegt habe. Der Kläger sei über die Vorgeschichte des Wagens informiert gewesen, und er habe den Sachverständigen ... eingeschaltet. Seine Angaben zum Erwerb des Fahrzeuges seien teilweise unglaubhaft bzw. unrichtig. Hinsichtlich der Kilometerleistung des Fahrzeuges passe nichts zusammen; es müsse am Tacho fortlaufend manipuliert worden sein.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat den Kläger gemäß §141 ZPO gehört und die Zeugen ... und ... uneidlich vernommen. Wegen des Ergebnisses der Parteianhörung und der Beweisaufnahme wird auf den Berichterstattervermerk zum Protokoll vom 5. Dezember 1990 Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist unbegründet, weil der Kläger die von ihm behauptete Entwendung des von ihm versicherten Fahrzeuges nicht hinreichend beweisen kann.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Allerdings sind an die Beweisführung eines Versicherungsnehmers für einen Fahrzeugdiebstahl keine allzu strengen Anforderungen zu stellen, weil der Wert einer Diebstahlversicherung sonst in vielen Fällen fehlender Tataufklärung von vornherein in Frage gestellt und der Versicherungsnehmer sehr oft entgegen dem Zweck des Versicherungsvertrages schutzlos wäre (BGH VersR 84, 29; 87, 146; 90, 45, 46). Deshalb genügt der Versicherungsnehmer seiner Beweislast für den behaupteten Diebstahl jedenfalls vorläufig schon dann, wenn er einen Sachverhalt behauptet und erforderlichenfalls beweist, der nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit darauf schließen läßt, daß die versicherte Sache in einer den Versicherungsbedingungen entsprechenden Weise entwendet worden ist. Dazu genügt die Feststellung solcher Tatumstände, denen hinreichend deutlich das äußere Bild eines versicherten Diebstahls entnommen werden kann.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Diesen unverzichtbaren (BGH VersR 78, 732, 733; 80, 229) Beweis eines Mindestmaßes an Tatsachen, aus denen sich das äußere Bild eines Diebstahls mit hinreichender Deutlichkeit erschließen läßt, hat der Kläger nicht erbringen können. Dazu gehört bei einem Fahrzeugdiebstahl der Beweis, daß das Fahrzeug zu bestimmter Zeit an einem bestimmten Ort abgestellt und es dort später nicht mehr vorgefunden worden ist. Hierfür steht dem Kläger kein Zeuge zur Verfügung.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Es kann als wahr unterstellt werden, daß der Kläger seiner damaligen Ehefrau und seiner Lebensgefährtin von dem angeblichen Diebstahl vom 19.7.1989 berichtet hat. Dies besagt indessen nicht hinreichend beweiskräftig etwas über die beweiserhebliche Tatsache des Fahrzeugabstellens und Nichtwiederauffindens. Ebenso wie der Anzeige bei der Polizei kein indizieller Beweiswert zukommt (BGH VersR 78, 732, 733; 80, 229; 84, 727), ist auch die bloße Äußerung gegenüber dem Lebenspartner oder einem nahen Angehörigen noch kein signifikanter Hinweis auf eine tatsächlich stattgefundene Fahrzeugentwendung.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Die zum Nachteil des Klägers bestehende Beweislücke kann im vorliegenden Fall auch nicht aufgrund der Gesamtumstände im Rahmen der freien Würdigung des Beweisergebnisses (§286 ZPO) geschlossen und dem Kläger Glauben geschenkt werden. Insbesondere kam eine Parteivernehmung des Klägers als beweispflichtiger Partei nach §448 ZPO nicht in Betracht. Diese setzt nämlich einerseits voraus, daß die Partei uneingeschränkt glaubwürdig ist, und andererseits, daß für die Darstellung der Partei eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht (BGH VersR 76, 587, 588 m.w.N.; 80, 229), daß insoweit schon ein gewisser "Anbeweis" geliefert ist, sei es auch ohne Beweisaufnahme aufgrund der Lebenserfahrung. Nur dann kann sich der Tatrichter im Rahmen der vorab anzustellenden Prognose über die Glaubwürdigkeit der Partei und die Glaubhaftigkeit ihrer erwarteten Aussage einen Überzeugungswert von der Parteivernehmung versprechen (BGH WM 68, 406).</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Zwar hat der Senat entgegen der Auffassung des Landgerichtes keine durchgreifenden Bedenken gegen die Glaubwürdigkeit des Klägers, weil nach Meinung des Senates die Umstände eher gegen die Glaubhaftigkeit der erstinstanzlichen Aussage des Zeugen ... sprechen. Dies bedarf aber keiner näheren Darlegung, weil unbeschadet der persönlichen Glaubwürdigkeit des Klägers der erforderliche "Anbeweis", das heißt das Bestehen einer gewissen Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit des Klägervortrages zur Fahrzeugentwendung nicht erbracht ist und von ihm nicht erbracht werden kann.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Über die Anzeigeerstattung und die Äußerungen des Klägers gegenüber seiner Ehefrau und seiner Lebensgefährtin hinaus gibt es keinerlei Indizien, die die Richtigkeit des klägerischen Vortrages stützen könnten. Damit ist die gewisse Wahrscheinlichkeit der Fahrzeugentwendung nicht zu begründen. Es ist ohne weiteres möglich, aber nicht hinreichend wahrscheinlich, daß der Klagevortrag der Wahrheit entspricht. Er kann ebensogut war wie unwahr sein.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Die vorstehend dargelegten Beweisgrundsätze entsprechen der ständigen Rechtsprechung des Senats (zulezt Urt. v. 19.9.1990 - 20 U 42/90 -).</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Da der Kläger nach alledem den unbedingt erforderlichen Mindestbeweis für die Entwendung seines Fahrzeuges nicht erbracht hat, mußte seine Berufung erfolglos bleiben.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf §97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§708 Nr. 10, 713 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Die Beschwer des Klägers beträgt 45.000,- DM.</p>
|
315,020 | lg-dusseldorf-1990-12-05-23-s-38089 | {
"id": 808,
"name": "Landgericht Düsseldorf",
"slug": "lg-dusseldorf",
"city": 413,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 23 S 380/89 | 1990-12-05T00:00:00 | 2019-03-13T14:44:11 | 2022-10-18T15:09:17 | Urteil | ECLI:DE:LGD:1990:1205.23S380.89.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Beklagten gegen das am 6. April 1989 verkündete Urteil des Amtsgerichts Langenfeld wird zurückgewiesen •. </p>
<p>Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. </p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="h2 absatzLinks">E n t s c h eid u n g s g r ü n d e : </p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Von der Darstellung des Tatbestandes wird gern. § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen. </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Zwischen den Parteien ist am 5.6.1988 ein wirksamer Kaufvertrag zustandegekommen. Dem Beklagten steht kein Widerrufsrecht nach dem Geset z über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften zu. Der Vertrag unterfällt nämlich nicht dem deutschen, sondern dem türkischen Recht. </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Anwendung deutschen oder türkischen Rechts hängt gemäß Artikel 28 Abs. 1 EGBGB davon ab, mit welchem der Staaten der Vertrag die engere Verbindung aufweist. \ Artikel 28 Abs. 2 EGBGB stellt die Vermutung auf, daß dies der Staat ist, in dem die Partei, die die charakteristische Leistung zu erbringen hat, ihren gewöhnlichen Aufenhalt hat. Wird der Kauf im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit des Verkäufers abgeschlossen, so tritt an die Stelle des gewöhnlichen Aufenthalts das Recht seiner 'Niederlassung, Artikel 28 Abs. 2 Satz 2 EGBGB. Für Veräußerungsverträge bildet die Lieferung der Ware die charakteristische Leistung. Diese Leistung wird hier von der Klägerin geschuldet, die ihren Sitz in der Türkei hat. </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Vermutung des Artikels 28 Abs. 2 EGBGB ist auch nicht gemäß Artikel 28 Abs. 5 EGBGB ausgeschaltet. Nach dieser Bestimmung ist die charakteristische Leistung nur solange der entscheidende Gesichtspunkt als nicht konkrete Umstände eine engere räumliche </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Verknüpfung mit dem Recht eines anderen Staates ergeben. Für eine engere Verbindung zum Recht der Bundesrepublik Deutschland könnte hier allenfalls sprechen, daß. die Vertragsverhandlung in deutscher Sprache geführt wurde,· die Vertragsurkunde in deutscher Sprache abgefaßt war und der Teppich nach Deutschland geliefert und dort auch zum größten Teil bezahlt werden sollte. Das Landgericht Würzburg (NJW RR 1988,1324) hat in einem ähnlichen Fall allerdings ohne Darstellung der genauen Umstände und </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">ohne nähere Begründung die Anwendbarkeit deutschen Rechts angenommen. Dem kann hier nicht gefolgt werden. Das Gesetz sieht die Erbringung.der charakteristischen Leistung als den wichtigsten Anhaltspunkt für die engste Verbindung des Vertrages mit </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">einem Staat an. Das entspricht dem "Prinzip der geringsten Störung", nach dem das Recht der stärker interessierten .Vertragspartei ausschlaggebend ist (Kegel, Internationales Privatrecht, 6. AufI., Seite 427). Deshalb geht das für den Kaufmann maßgebliche Recht dem des Privatmannes vor. Demgegenüber werden vor allem dem. Abschlußort , der Vertragssprache und -währung im allgemeinen nur eine mindergroße ,Bedeutung beigemessen und sie als zuverlässige Indizien nur dann angesehen, wenn sie durch andere unterstützt werden (Reithmann/Martini, Internationales Vertragsrecht, 4. Aufi., RZ 95). </p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Anwendung des türkischen Rechts ist hier auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil wie der Beklagte meint ein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung nach Artikel 6 EGBGB vorliegt. Die Erwägung, daß eine natürliche Person, die in Geschäftsbeziehungen zu ausländischen Unternehmen tritt, schutzwürdig ist, weil sie sich einem au~ländischem Rechts unterwirft, dessen Verbraucherschutz unter Umständen schwächer ausgestaltet ist als die Rechtsordnung des eigenen Aufenthaltsortes, findet in Artikel 29 EGBGB Berücksichtigung. Danach gilt im Interesse der schwächeren Partei, die vom Grundsatz der charakteristischen Leistung abweichende AnknUpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt des Verbrauchers. Die Vorausset zungen des Art ikel 29 EGBGB liegen hier indes nicht vor. Zwar handelt es sich um einen Verbrauchervertrag im Sinne dieser Vorschrift, da er die Lieferung einer beweglichen Sache zum Gegenstand hat, allerdings sind die Voraussetzungen des Artikel 29 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 nicht erfUllt. Dem" Verbraucher wird in den Fällen der Nr. 1 und 2 nur dann Schutz gewährt, wenn der Anbieter seine Absatztätigkeit im Aufenthaltsland des Verbrauchers entfaltet. Das war hier nicht der Fall. Es liegt auch kein Warenkauf im Sinne der Nr. 3 vor, denn es isb nicht davon auszugehen, daß der Beklagte sich hier auf Betreiben des Verkäufers aus Deutschland in die Türkei begeben hat, um den Kauf zu tätigen. Vielmehr handelte es sich um eine normale Urlaubsreise anläßlich derer der Beklagte auch die Werkstatt der Klägerin besuchte. Mithin bleibt es bei dem Grundsatz, daß der Kunde sich auf dem türkischen Markt auch mit dem Schutzstandard des türkischen Marktes zufrieden geben muß. </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Da das türkische Schuldrecht identisch mit dem schweizerischen Obligationenrecht (SOR) ist, ist als maßgebliche Anspruchsgrundlage der Klägerin auf Zahlung des Kaufpreises § 184 Abs. 1 SOR heranzuziehen. Nach Absatz 2 _sind die Leistungen aus einem Kaufvertrag zwar Zug um Zug zu erfüllen, das daraus resultierende Leistungsverweigerungsrecht ist jedoch als Einrede ausgestaltet, die der Beklagte hier nicht erhoben hat. Nach dem unstreitigen Vorbringen der Klägerin ist darüber hinaus davon auszugehen, daß der Beklagte vorprozessual die Annahme des Teppiches verweigert hat und sich somit in Annahmeverzug befindet. </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die eventuell enttäuschte Erwartung des Beklagten, durch den Kauf unmittelbar beim Hersteller ein besonders günstiges Geschäft getätigt zu haben, berechtigt nicht zu einer Anfechtung wegen arglistiger Täuschung. Der Beklagte trägt selbst nicht vor, ihm sei wahrheitswidrig vorgetäuscht worden, er könne den Teppich um bis zu 1.000,--DM billiger kaufen. </p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der Zinsanspruch der Klägerin ergibt sich aus §§ 284, 286 Abs. 1 BGB. </p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Aus dem wirksamen Kaufpreisanspruch der Klägerin folgt die Unbegründetheit der Widerklage. Der Beklagte hat keinen Anspruch auf Rückzahlung seiner Anzahlung in Höhe von 300,--DM. </p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Kosbenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. </p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Streitwert für das Berufungsverfahren: 2.300,--DM. </p>
|
315,021 | olgham-1990-11-30-20-u-17990 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 20 U 179/90 | 1990-11-30T00:00:00 | 2019-03-13T14:44:12 | 2022-10-18T15:09:17 | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1990:1130.20U179.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen das am 10. April 1990 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Münster abgeändert.</p>
<p>Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.736,36 DM nebst 9 % Zinsen seit dem 05.10.1989 zu zahlen.</p>
<p>Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p>Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 2/3 und der Beklagte 1/3.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist zum Teil begründet.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Kläger kann von der Beklagten wegen Verletzung vertraglicher Nebenpflichten (pVV) Schadensersatz in Höhe von 1.736,36 DM verlangen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks"><b>1.</b></p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Ein Anspruch aus der Kaskoversicherung gem. §12 Abs. 1 Nr. II e AKB scheidet aus, da sich der Verkehrsunfall im asiatischen Teil der Türkei ereignet hatte. Gem. §2 Abs. 1 AKB erstreckt sich der Versicherungsschutz, soweit keine Erweiterung des Geltungsbereiches vereinbart ist, nur auf Europa. Nach einhelliger Meinung in Rechtsprechung und Literatur ist der Begriff Europa geographisch aufzufassen (BGH VersR 63, 768; Stiefel/Hofmann, AKB, 14. Aufl., §2 Rdn. 3 m.w.N.), so daß sich der Versicherungsschutz nur auf den europäischen Teil der Türkei erstreckt.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks"><b>2.</b></p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Es besteht allerdings ein Schadensersatzanspruch des Klägers aus pVV, da der Beklagte den Kläger im Zusammenhang mit seiner Anforderung der Grünen Versicherungskarte nicht darauf hingewiesen hat, daß sich der Versicherungsschutz in der Kaskoversicherung nicht auf den asiatischen Teil der Türkei erstreckte.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Grundsätzlich ist der Versicherer nicht verpflichtet, den Versicherungsnehmer über Risikobeschränkungen aufzuklären. Es ist in der Regel Sache des Versicherungsnehmers, sich über den Vertragsinhalt zu informieren. Macht sich dagegen der Versicherungsnehmer falsche Vorstellungen über den Umfang der Versicherung und konnte der Versicherungsvertreter dies erkennen oder mit der Möglichkeit eines Irrtums beim Versicherungsnehmer rechnen, dann besteht eine Pflicht zur Aufklärung (vgl. OLG Frankfurt VersR 87, 579; OLG Karlsruhe VersR 88, 486).</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der Senat bejaht für diesen konkreten Fall eine Aufklärungspflicht aus folgenden Gründen:</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Kläger, der türkischer Staatsangehöriger ist, hatte für seinen VW-Bus im März 1989 eine Vollkaskoversicherung bei dem Beklagten abgeschlossen. Im Juni 1989 erhielt er auf Anforderung eine Grüne Versicherungskarte. Auf dieser Karte waren bereits alle Angaben wie Versicherungsschein-Nummer, Gültigkeitsdauer, polizeiliches Kennzeichen des Fahrzeuges und Name und Anschrift des Klägers eingetragen. Der Kläger mußte lediglich an der angekreuzten Stelle unterschreiben. Der Beklagte hätte daher, wenn nicht schon bei der Anforderung der Karte durch den Kläger, so aber jedenfalls bei Ausfüllen der Grünen Versicherungskarte erkennen können, daß diese Karte für einen türkischen Staatsangehörigen bestimmt war, dessen Fahrzeug kaskoversichert war. Dies ging aus den eingetragenen Daten hervor. Unter diesen Umständen mußte auch für den Beklagten die Möglichkeit naheliegen, daß der Kläger in sein Heimatland fahren wollte und glauben könnte, der Kaskoschutz gelte auch für diese Fahrt in die Türkei. Von der generellen Möglichkeit, daß bei türkischen Versicherungsnehmern ein solcher Irrtum bestehen könnte, geht der Beklagte im übrigen selbst aus, denn er verwendet unstreitig Formulare, die vom Versicherungsnehmer zu unterschreiben sind und in denen sie in deutscher und türkischer Sprache darauf hinweist, daß die Grüne Versicherungskarte für die Kaskoversicherung keine Bedeutung hat und daß der Kaskoversicherungsschutz beim Verlassen des europäischen Teils der Türkei endet. Ein solches Formular hat der Kläger nicht erhalten. Er ist auch nicht mündlich auf den Geltungsbereich der Kaskoversicherung hingewiesen worden.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">c)</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Den Kläger trifft allerdings ein erhebliches Mitverschulden.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hätte bei Durchlesen des auf der Grünen Versicherungskarte geschriebenen Textes bemerken können und müssen, daß sich diese Karte nur auf die Haftpflichtversicherung und nicht auf die Kaskoversicherung bezieht. Evtl. unzureichende Sprachkenntnisse entschuldigen den Kläger nicht, da er sich den Inhalt von anderen Personen hätte übersetzen lassen können. Auch das vom Kläger behauptete und mit der Berufungsbegründung erneut unter Beweis gestellte Telefongespräch mit dem Zeugen ... mindert sein Verschulden nicht. Der Kläger hätte erkennen müssen, daß sich die Gründe Versicherungskarte nicht auf die Kaskoversicherung bezog. Der Senat hält das Verschulden des Klägers für deutlich größer und bewertet es mit 2/3.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">d)</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Kausalität der Pflichtverletzung für den entstandenen Schaden ist gegeben. Der Kläger hat dazu im Termin erklärt, daß er seinem Schwager das Fahrzeug nicht gegeben hätte, wenn er gewußt hätte, daß kein Kaskoversicherungsschutz für die gesamte Türkei bestehe. Dem folgt der Senat. Der Wert und das Alter des Fahrzeuges sowie der Umstand, daß bei den früheren Fahrzeugen des Klägers kein Vollkaskoschutz bestand, legen es nahe, daß der Kläger gerade für dieses Fahrzeug umfassenden Versicherungsschutz erlangen wollte.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks"><b>3.</b></p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Bei der Höhe des Schadens sind auch die Gutachterkosten in Höhe von 537,- DM zu berücksichtigen. Zwar werden Gutachterkosten in der Regel gem. §66 Abs. 2 VVG nicht ersetzt. Der Versicherungsnehmer soll im Regelfall, damit die Kosten niedrig und überschaubar bleiben auf einen Sachverständigen des Kaskoversicherers warten, der die Schadenshöhe zu ermitteln hat. Unterläßt der Versicherer aber die Schadensfeststellung und lehnt dann die Leistung ab, so gerät er in Verzug, so daß die Kosten für die Hinzuziehung des Sachverständigen erstattungspflichtig sind (Stiefel/Hofmann, a.a.O., §15 Rdn. 6).</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Ersparte Aufwendungen muß sich der Kläger nicht anrechnen lassen. Entgegen der Klageerwiderung (Schriftsatz vom 22.01.1990, S. 8) hat der Vertreter des Beklagten im Termin klargestellt, daß der Beklagte in diesem Fall keinen Versicherungsschutz für den asiatischen Teil der Türkei angeboten hätte. Damit entfällt eine Anrechnung ersparter Prämien.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Der dem Kläger unfallbedingt entstandene Schaden beträgt unter Abzug der Selbstbeteiligung 5.209,08 DM. Davon hat der Beklagte 1/3, das sind 1.736,36 DM zu tragen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks"><b>4.</b></p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Der Zinsanspruch beruht auf §§288, 286 BGB. Die Zinshöhe von 9 % ist durch die überreichte Bescheinigung der ... vom 29.11.1990 belegt.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Die Beschwer des Klägers beträgt 3.472,72 DM, die der Beklagten 1.736,36 DM.</p>
|
315,022 | ag-siegburg-1990-11-30-6-c-46490 | {
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"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 6 C 464/90 | 1990-11-30T00:00:00 | 2019-03-13T14:44:14 | 2022-10-18T15:09:16 | Urteil | ECLI:DE:AGSU1:1990:1130.6C464.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der Beklagte wird verurteilt,</p>
<p></p>
<p>an den Kläger 15,-- DM nebst 4 % Zinsen seit</p>
<p>dem 1.6. 1990 zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte betreibt ein Speiselokal der oberen Preiskategorie <i>unter </i>der Firmenbezeichnung "b" in f. Es handelt sich hierbei um ein kleineres Lokal.</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger, der schon mehrfach Gast in der ‘b" gewesen war, bestellte daher telefonisch für die Mittagszeit des 13.5.1990 (Muttertag) einen Tisch für vier Personen vor.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Er erschien dann auch, zusammen mit seiner Frau und seinen Eltern am vereinbarten Tag gegen 12.00 Uhr im Lokal des Beklagten, um dort das Mittagessen einzunehmen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Nachdem der Kläger und seine Familie zunächst die Getränke bestellt hatten, wollten sie anhand der ausgelegten Karte ihre Bestellung gegenüber der Bedienung abgeben.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Auf der Karte wurde aber nur ein sogenanntes "Muttertagsmenü" angeboten, das aus zwei alternativen Vorspeisen und drei Hauptgerichten bestand.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Alle auf der Speisekarte angebotenen Gerichte sagten dem Kläger und seiner Begleitung nicht zu.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Infolge der nichtvorhandenen weiteren Auswahlmöglichkeit wollte man daher von einer Bestellung Abstand nehmen und nach Bezahlung der Getränke das Lokal wieder verlassen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der von der Bedienung hierüber informierte Beklagte war damit jedoch nicht einverstanden.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Er forderte als Ausgleich für die nichterfolgte Bestellung (zusätzlich</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">zum Preis der Getränke) eine Abstandssumme in Höhe von 15,-- DM pro Person.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der Kläger verweigerte dies zunächst, zahlte dann aber, als der Beklagte hierauf bestand, doch den verlangten Betrag von insgesamt 60,-- DM und verließ zusammen mit seiner Begleitung die Gaststätte.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 16.5.1990 forderte der Kläger den von ihm gezahlten Betrag wieder zurück und setzte dem Beklagten diesbezüglich eine Frist bis zum 31.5.1990.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der Kläger behauptet, der Beklagte habe den geforderten Betrag in Höhe von 15,-- DM pro Person als eine Strafe für die nicht vorgenommene Bezahlung festgesetzt.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Auch habe er sich ebenso wie die ihn begleitenden Familienmitglieder geweigert, seine Adresse zwecks späterer gerichtlicher Geltendmachung dieses Betrages anzugeben.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Daraufhin habe der Beklagte mit Unterstützung des hinzukommenden Koches das Verlassen der Gaststätte von der Entrichtung der 15,-- DM abhängig gemacht.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Aus diesem Grund habe er schließlich die verlangte Abstandssumme gezahlt.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:50px">den Beklagten zu verurteilen, an ihn 15,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:50px">nebst 10,25 % Zinsen seit dem 1.6.1990 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Er behauptet, daß der Kläger bereits bei der telefonischen Tischreservierung darauf hingewiesen worden sei, daß am <i>13.5.</i>1990 nur das sogenannte "Muttertagsmenü" angeboten werde. Dies habe der Kläger auch akzeptiert und sein Kommen verbindlich zugesagt. Aufgrund der von dem Kläger bestätigten Reservierung sei er gezwungen gewesen, andere Interessenten abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Er ist daher der Ansicht, daß der Kläger ihm den infolge der Nichtbestellung entgangenen Gewinn zu ersetzen habe. Insofern sei der Betrag von 15,-- DM pro Person auch angemessen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Weiter behauptet er, daß er keinesfalls das Verlassen des Lokals von der Zahlung einer Strafe abhängig gemacht habe. Vielmehr habe er freundlich, aber bestimmt den Kläger auf seine Verpflichtung zur Zahlung der geforderten Abstandssumme hingewiesen. Diese habe der Kläger schließlich nach einer kurzen Diskussion freiwillig gezahlt.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die Akten Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:50px"><u>Entscheidungsgründe:</u></p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist bis auf einen Teil der geltend gemachten Zinsforderung begründet.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger steht ein Rückzahlungsanspruch in Höhe von 15,-- DM aus § 812 I 1 1. Alt. BGB zu, denn der Beklagte ist um diesen Betrag ungerechtfertigt bereichert.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Infolge der vom Kläger erhaltenen 15,-- DM hat sich das Vermögen des Beklagten vermehrt.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Dies erfolgte auch durch eine Leistung des Klägers.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Als Leistung im Sinne des § 812 I 1 1. Alt. BGB ist nämlich jede bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens zu verstehen</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">(vergl. Erman/Westermann, BGB, 7. Auflage, Münster 1984, § 812 RdNr. 11;</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">BGHZ 40, 272).</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Selbst wenn eine vermeintliche Drohung des Beklagten ausschlaggebendes</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Motiv für die Zahlung gewesen sein sollte, so wurde damit zunächst ein</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">vom Beklagten geltend gemachter Anspruch erfüllt.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Die Zahlung erfolgte auch ohne rechtlichen Grund.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Dem Beklagten stand kein Anspruch auf die erbrachte Leistung zu. Insbesondere konnte er sein Zahlungsbegehren nicht auf einen vertraglichen Schadensersatzanspruch aus § 326 I i.V.m. §§ 361, 252 BGB wegen Nichtbestellung eines Mittagsgerichts stützen.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Ein Schadensersatzanspruch, der auf die dem Gastwirt entstandenen Unkosten bzw. den entgangenen Gewinn abzielt, kann von vorneherein nur dann entstehen, wenn der Gast eine vertragliche Verpflichtung zur Bestellung einer Mahlzeit eingegangen ist.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Dahingehend läßt sich aber die zwischen Kläger und Beklagten vereinbarte Tischbestellung gerade nicht interpretieren.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Dies ergibt sich aus der Auslegung der Vorbestellung, die anhand der §§ 133, 157 BGB vorzunehmen ist. Maßgebend sind dabei die konkreten Umstände des Einzelfalles sowie die Verkehrsauffassung.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte durfte die Tischreservierung nicht als feste Zusage verstehen, daß der Kläger bei seinem Besuch ein auf der Karte angebotenes Gericht wählen würde.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Zwar vermag auch die Reservierung wechselseitige Verpflichtungen zu begründen (vgl. AG Hamburg, NJW 1973, 2253).</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Wer in einem Speiselokal einen Tisch bestellt, verpflichtet sich, zum angegebenen Zeitpunkt zu erscheinen und grundsätzlich ein Menü einzunehmen. Dies gilt insbesondere auch, wenn der Gast, wie der Kläger, weiß, daß infolge der begrenzten Räumlichkeiten vorwiegend mit Vorbestellungen gearbeitet wird. Insoweit hat auch der Gastwirt ein schutzwürdiges Interesse an der Einhaltung der Reservierung.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Bei der Vorbestellung eines Tisches steht jedoch noch gar nicht fest, was und wie viel der Gast verzehren wird. Der Wirt kann nicht erwarten, daß der Gast auch dann bestellt, wenn ihm das Speiseangebot in keiner Weise zusagt. Eine derart weitgehende Verpflichtung würde den üblichen Rahmen einer Reservierung überschreiten. Durch sie sichert sich der Gast in dem von ihm gewählten Lokal einen freien Tisch und damit die Möglichkeit, dort speisen zu können. Er wird jedoch kein Interesse daran haben können, auch dann zu einer Bestellung gezwungen zu werden, wenn ihm die angebotenen Speisen missfallen.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Es kann auch dahingestellt bleiben, ob der Kläger bereits bei der telefonischen Vorbestellung auf das beschränkte Menüangebot am Muttertag hingewiesen wurde.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, blieb dem Kläger bei der Bestellung immer noch eine — wenn auch reduzierte — Auswahlmöglichkeit. Er hat sich nicht bereits durch die Reservierung auf ein bestimmtes Menü festgelegt und dessen konkrete Zubereitung verlangt.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Wenn der Gastronom an einem bestimmten Tag nur eine eingeschränkte Speisenauswahl anbietet, so hat er das unternehmerische Risiko zu tragen, wenn dies dem Gast im Einzelfall nicht zusagt.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Dafür, daß sich der Kläger bereits am Telefon für ein bestimmtes</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Mittagessen aus dem "Muttertagsmenü" entschieden hatte, trägt der Beklagte nichts vor.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Eine anderweitige vertragliche Beziehung, aus der sich ein Schadensersatzanspruch des Beklagten ergeben könnte, besteht nicht. Ein Bewirtungsvertrag, sieht man einmal von der Getränkebestellung ab, ist gerade nicht zustande gekommen.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Dem Anspruch des Klägers auf Rückzahlung der 15,-- DM gemäß § 812 I 1</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">1. Alt. BGB steht auch nicht § 814 1. Alt. BGB entgegen, da der Kläger erkennbar nur unter Protest und dem stillschweigenden Vorbehalt späterer Rückforderung gezahlt hat.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger steht ein Zinsanspruch nur in Höhe von 4 % gemäß § 288 I 1 BGB zu. Mit Schreiben vom 16.5.1990 wurde dem Beklagten eine Zahlungsfrist bis</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">zum 31.5.1990 gesetzt. Nach Ablauf dieser Frist befand sich der Beklagte gemäß §§ 284 I 1, 285 BGB in Verzug.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Ein darüber hinausgehender Zinsanspruch, der gemäß § 286 I BGB geltend gemacht werden kann, besteht dagegen nicht. Insofern fehlt es an einem schlüssigen Klägervortrag.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 II 1. Alt. ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">§§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.</p>
|
315,023 | lagk-1990-11-29-10-sa-80190 | {
"id": 795,
"name": "Landesarbeitsgericht Köln",
"slug": "lagk",
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"jurisdiction": "Arbeitsgerichtsbarkeit",
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} | 10 Sa 801/90 | 1990-11-29T00:00:00 | 2019-03-13T14:44:17 | 2022-10-18T15:09:16 | Urteil | ECLI:DE:LAGK:1990:1129.10SA801.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>1)  Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 27.06.1990 wie folgt teilweise abgeändert:</p>
<p>Die Beklagte wird verurteilt, das nach dem erstinstanzlichen Urteilstenor zu erteilende Zeugnis vor dem Schlußsatz mit folgender Ergänzung auszusteIlen:</p>
<p>"Das Dienstverhältnis wurde auf Wunsch von Herrn A              zum 30.6.1989 beendet."</p>
<p>2)   Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.</p>
<p>3)   Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden den Parteien je zur Hälfte auferlegt; die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.</p>
<p>4)   Streitwert: 6.000,-- DM.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">T a t b e s t a n d</span></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der am               19              geborene Kläger war seit dem 01.08.1983 bei der Beklagten als Leiter des Geschäftsbereichs Marketing und Vertrieb "Arzneimittel Inland" angestellt; seine Jahresvergütung betrug zuletzt 205.765,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Wegen einer von der Beklagten zum 30.06.1989 ausgesprochenen ordentlichen Kündigung hat der Kläger die Kündigungsschutzklage erhoben, und zwar in zwei Instanzen mit dem inzwischen rechtskräftigen Ergebnis, daß die Kündigung sozial ungerechtfertigt gewesen ist (§§ 1, 4 KSchG); auf den Hilfsantrag der Beklagten und den Antrag des Klägers hat das Landesarbeitsgericht Köln durch Urteil vom 25.08.1989 das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 155.070,-- DM gemäß §§ 9, 10, 14 KSchG zum 30.06.1990 aufgelöst (Aktenzeichen 5 K Ca 2441/88 Arbeitsgericht Siegburg = 6 Sa 511/89 LAG Köln).</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Mit der vorliegenden Klage vom 10.10.1989 hat der Kläger die Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses geltend gemacht; die Beklagte hat ihm alsdann unter dem Datum des 30.60.1989 ein Zeugnis mit folgendem Wortlaut erteilt:</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">"Herr D              W              A, geb. am               19              , war in der Zeit vom               bis 30. Juni 1989 Mitarbeiter unseres Unternehmens.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Herrn A              oblag die Leitung des Geschäftsbereiches Marketing und Vertrieb Arzneimittel.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Zu seinem Aufgabenbereich gehörten neben der Führung des medizinisch-wissenschaftlichen Außendienstes die Leitung des Produktmanagements, der Marktforschung, des Arzneimittelvertriebs In- u. Ausland.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Herr A              hat sich schnell in sein Aufgabengebiet eingearbeitet und aufgrund einer Analyse unseres Arzneimittelprogramms Konzeptionen und Strategien für die Tätigkeit des Außendienstes entwickelt.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Für den ihm unterstellten medizinisch-wissenschaftlichen Außendienst erweiterte er die Ebene der Regionalleiter. Er sorgte für eine Intensivierung der Ausbildung des Außendienstes und der Regionalleiter, die an mehreren firmenexternen Seminaren teilnahmen und hier mit modernen Führungsmethoden vertraut gemacht wurden. In den Anfang seiner Tätigkeit fiel die erfolgreiche Einführung unseres Präparats "D              Creme”. Von dieser Basis ausgehend entwickelte Herr A              mit Hilfe von Werbeagenturen Konzeptionen für unsere oralen Di              -Präparate. Darüber hinaus hat Herr A              Magen-/Darm- und Migränepräparate sowie einen Tranquilizer eingeführt.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Neben dem Einsatz des Außendienstes hat Herr A              sich verstärkt mit der Förderung von ärztlichen Fortbildungsveranstaltungen unserer Außendienstmitarbeiter befaßt und hier Impulse für die Umsatzentwicklung unserer Präparate gegeben.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Herr A              wurde von seinen Kollegen und Mitarbeitern wegen seiner menschlichen Eigenschaften geschätzt.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Das Dienstverhalten mit Herrn A              wurde zum 30.06.1989 gekündigt.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Wir wünschen ihm für seinen weiteren Berufs- und Lebenswerg alles Gute (Bl. 31 u. 32 d.A.)"</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Mit seiner daraufhin geänderten Klage hat der Kläger die Berichtigung des Zeugnisses beansprucht und beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, ihm das nachfolgende Endzeugnis zu erteilen:</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Herr D              W              A              , geb. am              in De              war</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">der Zeit vom 09. August 1983 bis 30. Juni 1989 Mitarbeiter unseres Unternehmens.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Herrn A              oblag die Leitung des Geschäftsbereichs Marketing und Vertrieb Arzneimittel. Bereits nach kurzer Zeit erhielt Herr A              Prokura und wurde zum Mitglied der Geschäftsleitung bestellt.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Zu seinem Aufgabenbereich gehörten neben der Führung des medizinisch-wissenschaftlichen Außendienstes die Leitung des Produktmanagements, der Marktforschung, des Arzneimittelvertriebs In- und Ausland.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Herr A              hat sich schnell in sein Aufgabengebiet eingearbeitet und aufgrund einer Analyse unseres Arzneimittelprogramms Konzeptionen und Strategien für die Tätigkeit des Außendienstes entwickelt.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Für den ihm unterstellten medizinisch-wissenschaftlichen Außendienst erweiterte er die Ebene der Regionalleiter. Er sorgte für eine Intensivierung der Ausbildung des Außendienstes und der Regionalleiter, die an mehreren firmenexternen Seminaren teilnahmen und hier mit modernen Führungsmethoden vertraut gemacht wurden.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">In den Anfang seiner Tätigkeit fiel die erfolgreiche Einführung unseres Präparats "D              Creme". Von dieser Basis ausgehend entwickelte Herr A              in Zusammenarbeit mit Werbeagenturen Konzeptionen für unsere oralen Di              Präparate. Darüber hinaus hat Herr A              unter anderem Magen-/Darm- und Migränepräparate sowie einen Tranquilizer eingeführt.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Neben dem Einsatz des Außendienstes hat Herr A              sich verstärkt mit der Förderung von ärztlichen Fortbildungsveranstaltungen unserer Außendienstmitarbeiter befaßt und hier Impulse für die Umsatzentwicklung unserer Präparate gegeben. In seinen Verantwortungsbereich fiel zuletzt ein Umsatzvolumen von 50 Mio. DM, wobei nicht nur der Umsatz, sondern insbesondere auch der Deckungsbeitrag aufgrund der Tätigkeit von Herrn A              ständig seit seinem Eintritt in unser Unternehmen gesteigert werden konnte.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Herr A              wurde von seinen Kollegen und Mitarbeitern wegen seiner menschlichen Eigenschaften geschätzt. Er verstand es, durch moderne Führungsmethoden alle Mitarbeiter auf ein gemeinsames Ziel auszurichten und sie entsprechend zu motivieren. Seine hohe Einsatzbereitschaft und Leistungsfähigkeit waren Vorbild für seine Mitarbeiter.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Seine fachliche Qualifikation steht aufgrund seiner langjährigen Erfahrungen außer Zweifel und war Garant für seine erfolgreiche Tätigkeit. Hervorzuheben sind insbesondere sein analytisches Denkvermögen und das Umsetzen in strategische Maßnahmen.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Das Dienstverhältnis wurde von Herrn auf eigenen Wunsch zum 30.6.1989 beendet.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Wir bedauern dies sehr und wünschen ihm für seinen weiteren Berufs- und Lebensweg alles Gute.“;</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">der Beklagten zur Vornahme der Erteilung des Zeugnisses eine angemessene Frist durch das Arbeitsgericht zu bestimmen und für den Fall, daß das Zeugnis nicht innerhalb dieser Frist erteilt wird, die Beklagte zur Zahlung einer in das Ermessen des Gerichts gestellten Entschädigung zu verurteilen.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und betont, die Formulierung des Zeugnisses sei ausschließ lieh Sache des Arbeitgebers, und die beantragten Ergänzungen seien nicht gerechtfertigt.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Das Arbeitsgericht Siegburg hat mit dem am 27.06.1990 verkündeten Urteil die Beklagte verurteilt, dem Kläger folgendes Endzeugnis zu erteilen:</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">"Herr D              W              A, geb.              19</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">war in der Zeit vom 9. August 1983 bis 30. Juni 1989 Mitarbeiter unseres Unternehmens.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Herr A              war Mitglied der Geschäftsleitung. Ihm oblag die Leitung des Geschäftsbereichs Marketing und Vertrieb Arzneimittel. Bereits</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">nach kurzer Zeit erhielt Herr A              Prokura.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Zu seinem Aufgabenbereich gehörten neben der Führung des medizinisch-wissenschaftlichen Außendienstes die <sub>;</sub>Leitung des Produktmanagements, der Marktforschung, des Arzneimittelvertriebs In- und Ausland.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Herr A:              hat sich schnell in sein Aufgabengebiet eingearbeitet und aufgrund einer Analyse unseres Arzneimittelprogrammes Konzeptionen und Strategien für die Tätigkeit des Außendienstes entwickelt.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Für den ihm unterstellten medizinisch-wissenschaftlichen Außendienst erweiterte er die Ebene der Regionalleiter. Er sorgte für die Intensivierung der Ausbildung des Außendienstes und der Regionalleiter, die an mehreren firmenexternen Seminaren teilnahmen und hier mit modernen Führungsmethoden vertraut gemacht wurden.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">In den Anfang seiner Tätigkeit fiel die erfolgreiche Einführung unseres Präparates "D              Creme". Von dieser Basis ausgehend entwickelte Herr A              in Zusammenarbeit mit Werbeagenturen Konzeptionen für unsere oralen Präparate. Darüber hinaus hat Herr A              unter anderem Magen-/Darm- und Migränepräparate sowie einen Tranquilizer eingeführt.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Neben dem Einsatz des Außendienstes hat Herr A              sich verstärkt mit der Förderung von ärztlichen Fortbildungsveranstaltungen unserer Außendienstmitarbeiter befaßt und hier Impulse für die Umsatzentwicklung unserer Präparate gegeben. In seinen Verantwortungsbereich fiel ein Umsatzvolumen von bis zu 45 Millionen Deutsche Mark.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Herr A              wurde von seinen Kollegen und Mitarbeitern wegen seiner menschlichen Eigenschaften geschätzt. Er verstand es, durch moderne Führungsmethoden seine Mitarbeiter auf ein gemeinsames Ziel auszurichten und sie entsprechend zu motivieren.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Seine fachliche Qualifikation steht aufgrund seiner langjährigen Erfahrungen außer Zweifel. Hervorzuheben sind insbesondere sein analytisches Denkvermögen und das Umsetzen in strategische Maßnahmen.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Wir wünschen Herrn A                            für seinen weiteren Berufs- und Lebensweg alles Gute."</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Im übrigen hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen, die Kosten des Rechtsstreits den Parteien je zur Hälfte auferlegt und den Streitwert auf 17.174,08 DM festgesetzt. In den Entscheidungsgründen des Urteils, auf dessen weiteren Inhalt ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 141 - 161 d.A.), ist u.a. festgestellt: Soweit der Kläger bescheinigt haben möchte, das Dienstverhältnis sei von ihm auf eigenen Wunsch zum 30.06.1989 beendet worden, sei ein entsprechender Anspruch nicht gegeben. Die von dem Kläger gewünschte Formulierung müsse vom unbefangenen Leser als Hinweis auf eine Eigenkündigung des Klägers oder eine einverständliche Aufhebung verstanden werden, dem sei die Auflösung durch gerichtliches Urteil nicht gleichzusetzen. Dem Kläger entstehe kein Nachteil, wenn der Beendigungstatbestand nicht in das Zeugnis aufgenommen werde.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat gegen das seinem Prozeßbevollmächtigten am 15.08.1990 zugestellte Urteil die vorliegende Berufung am 17.09.1990 eingelegt und am 05.10.1990 schriftsätzlich begründet.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hält an seiner Auffassung fest, daß die Beklagte ihm das Zeugnis mit dem in erster Instanz von ihm beantragten Schlußtext erteilen müsse, insbesondere mit der Passage, wonach das Anstellungsverhältnis auf eigenen Wunsch zum 30.06.1989 beendet worden sei. Er wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und kritisiert insbesondere die Einschätzung des Arbeitsgerichts, wonach die Nichterwähnung des Beendigungstatbestandes für ihn nicht von Nachteil wäre. Ferner weist er darauf hin, daß das Gericht erst auf den von ihm am Schluß der Berufungsverhandlung erstmals gestellten Auflösungsantrag zu der Auflösungentscheidung gelangt sei. Insofern müsse man auch die Beendigung "auf eigenen Wunsch" feststellen.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Berufungsbeklagte zu verurteilen, ihm folgendes Endzeugnis zu erteilen:</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">"Herr D              W              A              , geb.               19              , war in der Zeit vom 9. August 1983 bis 30. Juni 1989 Mitarbeiter unseres Unternehmens.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Herr A               war Mitglied der Geschäftsleitung. Ihm oblag die Leitung des Geschäftsbereichs Marketing und Vertrieb Arzneimittel. Bereits nach kurzer Zeit erhielt Herr A              Prokura.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Zu seinem Aufgabenbereich gehörten neben der Führung des medizinisch-wissenschaftlichen Außendienstes die Leitung des Produktmanagements, der Marktforschung, des Arzneimittelvertriebs In- und Ausland.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Herr A              hat sich schnell in sein Aufgabengebiet eingearbeitet und aufgrund einer Analyse unseres Arzneimittelprogrammes Konzeptionen und Strategien für die Tätigkeit des Außendienstes entwickelt.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Für den ihm unterstellten medizinisch-wissenschaftlichen Außendienst erweiterte er die Ebene der Regionalleiter, die an mehreren firmenexternen Seminaren teilnahmen und hier mit modernen Führungsmethoden vertraut gemacht wurden.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">In den Anfang seiner Tätigkeit fiel die erfolgreiche Einführung unseres Präparates "D              Creme". Von dieser Basis ausgehend entwickelte Herr A              in Zusammenarbeit mit Werbeagenturen Konzeptionen für unsere oralen D              -Präparate. Darüber hinaus hat Herr A              unter anderem Magen-/Darm- und Migränepräparate sowie einen Tranquilizer eingeführt.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Neben dem Einsatz des Außendienstes hat Herr A              sich verstärkt mit der Förderung von ärztlichen Fortbildungsveranstaltungen unserer Außendienstmitarbeiter befaßt und hier Impulse für die Umsatzentwicklung unserer Präparate gegeben, in seinen Verantwortungsbereich fiel ein Umsatzvolumen von bis zu 45.000.000 DM.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Herr A              wurde von seinen Kollegen und Mitarbeitern wegen seiner menschlichen Eigenschaften geschätzt. Er verstand es, durch moderne Führungsmethoden seine Mitarbeiter auf ein gemeinsames Ziel auszurichten und sie entsprechend zu motivieren.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Seine fachliche Qualifikation steht aufgrund seiner langjährigen Erfahrungen außer Zweifel. Hervorzuheben sind insbesondere sein analytisches Denkvermögen und das Umsetzen in strategische Maßnahmen.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Das Dienstverhältnis wurde von Herrn A              auf eigenen Wunsch zum 30.06.1989 beendet. Wir wünschen Herrn A              für seinen weiteren Berufs- und Lebensweg alles Gute."</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">hilfsweise</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, das Zeugnis in der Endformulierung wie folgt zu berichtigen:</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">"Das Dienstverhältnis wurde in beiderseitigem Einverständnis zum 30.06.1989 beendet."</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte und Berufungsbeklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Sie wiederholt im Hinblick auf den Berufungsantrag des Klägers ihr erstinstanzliches Vorbringen und verteidigt die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils.</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Wegen des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf den Inhalt der beiderseitigen Schriftsätze Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Entscheidunqsqründe</span></p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist an sich statthaft; sie ist in gesetzlicher Form und Frist eingelegt, sowie rechtzeitig und ordnungsgemäß schriftsätzlich begründet worden und auch im übrigen zulässig.</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">In der Sache selbst ist das Rechtsmittel des Klägers bis auf einen geringfügigen Teil erfolgreich.</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">              Die Beklagte ist gemäß §§ 630, 242 BGB verpflichtet, das dem Kläger nach rechtskräftigem Urteil des Arbeitsgerichts zu erteilende Zeugnis vor dem Schlußsatz mit dem Zusatz zu erteilen; "Das Dienstverhältnis wurde auf Wunsch von Herrn A              zum 30.06.1989 beendet." Das seitens der Beklagten als Arbeitgeberin dem Kläger bei der Zeugniserteilung geschuldete Wohlwollen in der wahrheitsgemäßen Zeugnisformulierung bedeutet im vorliegenden Fall, daß sich die schriftliche Aussage auf die objektiven Gegebenheiten, nämlich den im Auflösungsantrag des Klägers tatsächlich enthaltenen Wunsch und auf das objektive rechtliche Ergebnis, nämlich die tatsächlich herbeigeführte Beendigung des Arbeitsverhältnisses beschränkt. Das rechtlich geschuldete Wohlwollen der Beklagten findet in dem zu erteilenden Zeugnis erst dann seinen Ausdruck, wenn der Beendigungssachverhalt mindestens mit diesen tatsächlichen Hinweisen angesprochen wird. Keinesfalls darf die seitens der Beklagten nach rechtskräftiger Entscheidung unwirksam ausgesprochene Kündigung und die damit rechtswidrig seitens der Beklagten veranlaßte Durchführung des Kündigungsschutzprozesses im Zeugnis ausgedrückt werden. Mit anderen Worten kann zwar der Kläger nicht beanspruchen, daß er allein durch seine Entschließung die Vertragsbeendigung herbeigeführt hat; es kann aber auf der anderen Seite auch nicht unberücksichtigt bleiben, daß die tatsächliche Beteiligung der Beklagten an dem Auflösungstatbestand keine rechtliche Anerkennung gefunden hat. Dies ergibt sich im einzelnen wie folgt:</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">1.              Es ist allgemein nicht üblich und auch grundsätzlich nicht zulässig, im Zeugnis darauf hinzuweisen, wer gekündigt hat und welches die Beendigungsgründe sind (BAG, AP Nr. 11 zu § 630 BGB; Schmid, Der Betrieb 1988, 2253 ff, 2254; Schießmann, Das Arbeitszeugnis, 9. Aufl., S. 49 m.w.N.; LAG Hamm, Urt. v. 24.09.1985 = LAGE § 630 BGB Nr. 1). Nur auf Wunsch des Arbeitnehmers kann dieser Hinweis in Betracht kommen (Schulz, Alles über Arbeitszeugnisse, S. 75). Anderseits hat jedoch der Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch auf die Erwähnung des Beendigungssachverhalts, wenn das Arbeitsverhältnis durch seine eigene Kündigung sein Ende gefunden hat (Schmid, a.a.O.). Der Anspruch ist in diesem Fall darin begründet, daß es sich um einen Umstand handelt, der dem Arbeitnehmer bei einer neuen Bewerbung günstig sein kann, der ihm also in seinem Fortkommen dienlich ist.</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">Für den vorliegenden Fall ist zu beachten, daß der Kläger keineswegs beansprucht hat, den Beendigungsgrund unter allen Umständen im Zeugnis zu erwähnen. Sein Antrag lautet vielmehr dahin, die eigene Initiative zur Vertragsbeendigung im Zeugnis auszudrücken. Was die Beklagte diesem Begehren mit dem Hinweis auf ihre Wahrheitspflicht entgegensetzt, ist in Wirklichkeit die Behauptung eines eigenen Anspruches, die dem Kläger im Zweifel nachteilige Tatsache der unwirksamen Kündigung auch gegen den Willen des Klägers im Zeugnis anzudeuten. Dieser Anspruch ist unbegründet, weil er dem geschuldeten Wohlwollen des Arbeitgebers widerspricht. Bei der Frage, mit welcher Formulierung die Art der Beendigung und die tatsächlich vorhandene Beendigungsinitiative des Klägers wohlwollend und objektiv richtig ausgedrückt werden kann, muß auf jeden Fall berücksichtigt werden, daß die seitens der Beklagten erklärte Kündigung durch rechtskräftiges Urteil für sozial ungerechtfertigt erklärt worden ist. Sie ist rechtsunwirksam mit der Folge, daß der Beklagten daraus zumindest im Rahmen der Zeugniserteilung keinerlei "Vorteil" und insbesondere keinerlei Chance zu einer Maßregelung des Klägers erwachsen darf. Das erkennende Gericht muß vielmehr infolge der Rechtskraftbindung berücksichtigen, daß im Zeugnis keine Andeutung enthalten sein darf, die den Rückschluß erlauben würde, die Beklagte habe sich beispielsweise aus personen- oder verhaltensbedingten Gründen vom Kläger getrennt. Bei einer solchen Andeutung bliebe es jedoch auch dann, wenn dem Antrag des Klägers nicht entsprochen würde. Das Berufungsgericht ist der Einschätzung des angefochtenen Urteils insofern nicht gefolgt.</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Zu beachten ist allerdings, daß das Arbeitsverhältnis nicht unmittelbar durch den Willen der Parteien beendet worden ist, sondern durch ein gerichtliches Gestaltungsurteil. Diese Entscheidung darf jedoch nicht "wahrheitsgemäß” schlicht und einfach wörtlich in den Zeugnistext aufgenommen werden, weil daraus ein mit den objektiven Gegebenheiten nach Treu und Glauben nicht zu vereinbarender Nachteil für den Kläger entstehen müßte. Der Erfolg des Hilfsantrags der Beklagten auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses hätte zwar im vorliegenden Fall wegen § 14 Abs. 2 S. 2 KSchG nicht ohne weiteres auf ein schuldhaftes Verhalten des Klägers hingedeutet; es entspricht jedoch allgemeiner Erfahrung, daß Auflösungsanträge des Arbeitgebers häufig mit schuldhaft vom Arbeitnehmer herbeigeführten Umständen (z.B. Prozeßverhalten oder Stimmungsmache im Betrieb) begründet werden. Da letztlich die Kündigung nicht erwähnt werden darf, muß dasselbe auch für den Auflösungsantrag der Beklagten gelten, um fehlerhafte Rückschlüsse auf das Arbeitsverhalten, das dienstliche Verhalten oder persönliche Mängel des Klägers auszuschließen. Selbst wenn die Zeugnisformulierung einen ausdrücklichen Hinweis auf den ohne Gründe zulässigen Auflösungsantrag gemäß § 14 Abs. 2 S. 2 KSchG enthalten würde, hätte die Beklagte damit letztlich doch noch zum Nachteil des Klägers aus ihrer unwirksam erklärten Kündigung einen mit dem von ihr geschuldeten Wohlwollen unvereinbaren Vorteil erzielt. Die Aussage wäre nicht anders zu verstehen, als bliebe es bei der ursprünglichen Zeugnisformulierung der Beklagten.</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">2.              Der Hinweis im Zeugnistext auf den eigenen Wunsch des Klägers, der nach rechtskräftigem Ergebnis des Kündigungsschutzprozesses die Auflösung des Arbeitsverhältnisses entscheidend herbeigeführt hat, stützt sich auf dessen Auflösungsantrag. Erst mit diesem Antrag, der im letztmöglichen Zeitpunkt vor dem Berufungsgericht gestellt worden ist, hat sich das Gericht in der Lage gesehen, das Arbeitsverhältnis aufzulösen. Das Berufungsurteil vom 25.08.1989 hat wegen dieses eigenen Auflösungsantrages des Klägers ausdrücklich festgestellt, die Frage, ob der Kläger tatsächlich leitender Angestellter im Sinne des § 14 gewesen sei, könne dahinstehen. Der Kläger hat unter diesen Umständen gerade unter Berücksichtigung der Wahrheitspflicht des Arbeitgebers einen Anspruch darauf, daß ihm bestätigt wird, erst seine Initiative habe die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ermöglicht.</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">Bei der Berücksichtigung der Beendigungsinitiative im Zeugnistext sind folgende Grundsätze zu beachten:</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gebietet es, daß er bei einem Hinweis auf den Beendigungstatbestand bzw. auf die Beendigungsinitiative eine wohlwollende Formulierung wählt und beispielsweise schon jede Andeutung vermeidet, die auch nur eine Unzufriedenheit mit der rechtmäßigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgedrückt hätte (LAG Hamm, a.a.O.; Schulz, a.a.O., S. 74). Wird im Schlußteil des Zeugnisses lediglich formuliert, "das Arbeitsverhältnis endete am ... ", dann kann der Leser von einer Kündigung seitens des Arbeitgebers ausgehen, und es wird daraus im allgemeinen der für den Arbeitnehmer sehr nachteilige Schluß gezogen, diese Kündigung sei aus personen- oder verhaltensbedingten Gründen erklärt worden. Der Arbeitnehmer hat folgerichtig einen Anspruch darauf, daß sich der Hinweis auf eine Kündigung seitens des Arbeitgebers nur bei einer betriebsbedingten Kündigung im Zeugnis erscheint und dann auch mit einer konkreteren Andeutung des Grundes (Auftragsrückgang, Rationalisierung etc.) verbunden wird (Schmid, a.a.O.; Schießmann, a.a.O., S. 50; Schulz, a.a.O., S. 108). Selbst ein Arbeitsvertragsbruch des Arbeitnehmers darf nicht ausdrücklich im Zeugnis erwähnt werden (LAG Köln, Urt. v. 08.11.1989 = LAGE a.a.O. Nr. 8).</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">Weitere Besonderheiten der Zeugnisformulierung können sich dann ergeben, wenn das Arbeitsverhältnis durch Aufhebungsvertrag beendet wurde. Findet sich im Zeugnis nur der Hinweis: "Wir haben uns von Herrn X einvernehmlich zum 30.06.1988 getrennt", so bedeutet dies nach allgemeiner Auffassung, daß der Arbeitgeber gekündigt hat oder daß er dem Arbeitnehmer die Eigenkündigung nahegelegt hat, um seiner Kündigung zuvorzukommen. Auch der Sachverhalt, daß es zur Beendigung eines Rechtsstreits über eine fristlose Kündigung des Arbeitgebers schließlich zu einem Prozeßvergleich mit Aufhebungsvertrag zum ordentlichen Kündigungstermin gekommen ist, dürfte mit diesen Worten angedeutet werden. Der Arbeitnehmer hätte einen Anspruch auf die Bestätigung, daß das Arbeitsverhältnis "im beiderseitigen Einverständnis" aufgelöst wurde (Schmid, a.a.O., m.w.N.). Die tatsächlich einvernehmliche Beendigung wird erst durch die Formulierung geklärt: "Das Arbeitsverhältnis von Herrn X endete im gegenseitigen Einvernehmen mit dem ... " (Schulz, a.a.O., S. 108) oder mit den Worten: "Wir haben uns im gegenseitigen Einvernehmen zum ... getrennt". Unsicherheiten könnten bei diesen Formulierungen vollends dadurch behoben werden, daß ihnen ein Ausdruck des Bedauerns, des Dankes oder der guten Wünsche für die Zukunft hinzugefügt wird, was etwa im Zusammenhang mit der ausdrücklichen Erwähnung des "Ausscheidens auf eigenen Wunsch" häufiger geschieht (Schmid, a.a.O.).</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">Die Besonderheit daß das Arbeitsverhältnis durch Gerichtsurteil aufgelöst worden ist, welches sich ausdrücklich in der Begründung auf den Auflösungsantrag des Klägers stützt, ist dem "echten" beiderseitigen Einvernehmen vergleichbar.</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">3.              Dem weitergehenden Antrag des Klägers konnte dagegen nicht entsprochen werden. Die Formulierung, das Arbeitsverhältnis sei vom Kläger, also durch seine Aktivität beendet worden, würde dem rechtskräftigen Gestaltungsurteil, mit dem der Kündigungsschutzprozeß seinen Abschluß gefunden hat, nicht gerecht. Bei der gebotenen Abwägung zwischen Wahrheitspflicht und Wohlwollen läßt sich dieser Sachverhalt ohne nachteilige Folgen für den Kläger dadurch ausdrücken, daß man es bei der mehr passiv formulierten Feststellung beläßt, das Dienstverhältnis sei auf Wunsch des Klägers beendet worden. Die dann noch bestehende Unsicherheit, was denn schließlich rechtlich zutreffend der "Beendigungsgrund" gewesen sein könnte, wirkt sich nicht mehr zum Nachteil des Klägers aus, weil nach rechtskräftigem Urteil erster Instanz am Schluß des Zeugnisses der Satz stehen muß: "Wir wünschen ihm für seinen weiteren Berufs- und Lebensweg alles Gute." Dadurch wird für den Außenstehenden hinreichend verdeutlicht, daß die Beklagte mit der "neutralen" Formulierung des Beendigungsgrundes nichts Nachteiliges beurkunden wollte.</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Die Berufung war nach alledem mit der Kostenfolge aus §§ 97 Abs. 1, 92 ZPO zurückzuweisen; die für den Berufungsantrag letztlich festgestellte Zuvielforderung des Klägers ist geringfügig und hat keine Kosten verursacht.</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">Für eine Zulassung der Revision hat das Gericht keine gesetzliche Veranlassung festgestellt (§ 72 Abs. 2 ArbGG).</p>
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315,024 | olgham-1990-11-28-20-u-15890 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 20 U 158/90 | 1990-11-28T00:00:00 | 2019-03-13T14:44:18 | 2022-10-18T15:09:16 | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1990:1128.20U158.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Klägers gegen das am 05. April 1990 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Der Kläger begehrt vom Beklagten Versicherungsleistungen aus einer Teilkaskoversicherung für einen Schadensfall vom 19./20.09.1989.</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Am Morgen des 20.09.1989 zeigte der Kläger bei der Polizei in ... den Diebstahl seines PKW an, der ihm in der vorangegangenen Nacht von seinem Abstellplatz vor einem Hotel in ... gestohlen worden sei. Unterdessen war das Fahrzeug am 20.09.1989 gegen 0.30 Uhr bereits in der Nähe der Autobahnausfahrt ... völlig ausgebrannt aufgefunden worden. Vor dem Brand waren aus bzw. von dem Fahrzeug das Radio und die Felgen mit Reifen entfernt worden.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Nach den Untersuchungen des Hessischen Landeskriminalamtes konnten keine Spuren einer gewaltsamen Überwindung der Lenkradsicherung, dafür aber Schäden an der Zylinderkopfdichtung und den Zylinderwänden des Motors festgestellt werden. Aufgrund dessen leitete die StA ... gegen den Kläger ein Verfahren wegen Vortäuschens einer Straftat ein und erhob schließlich am 28.02.1990 eine entsprechende Anklage. In der Hauptverhandlung vom 13.11.1990 wurde der Kläger freigesprochen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger behauptet, das Fahrzeug sei ihm, wie angezeigt, von unbekannten Tätern gestohlen worden. Er begehrt in erster Linie Feststellung der Deckungspflicht, nur hilfsweise Zahlung eines Betrags von 24.500,00 DM, wobei er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat dargestellt hat, daß der Zahlungsantrag ausschließlich auf den Vorschussanspruch nach §15 As. 1 S. 2 AKB gestützt wird.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beruft sich vorrangig auf mangelnde Fälligkeit gem. §11 VVG. Insoweit hat er in erster Instanz geltend gemacht, den weiteren Fortgang des Strafverfahrens gegen den Kläger abwarten zu wollen. In der Berufungsinstanz beruft er sich darauf, daß es ihm wegen des laufenden Strafverfahrens nicht möglich sei, Zündschloß und Lenkradspindel, die dort sichergestellt sind, einer sachverständigen Überprüfung zuzuführen, was er beabsichtige. Hierbei handele es sich um eine "nötige Erhebung" im Sinne von §11 Abs. 1 VVG. Hilfsweise hat der Beklagte in erster Instanz den Versicherungsfall bestritten und sich auf §61 VVG berufen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat die Klage wegen mangelnder Fälligkeit nach §11 Abs. 1 VVG abgewiesen. Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">den Beklagten zu verurteilen, als Kaskoversicherer des Fahrzeugs Fiat Croma I.E. S Kat, amtliches Kennzeichen ..., aus dem Kraftfahrzeugversicherungsvertrag Nr. ... vom 07.08.1989 Kaskodeckung wegen des Schadensereignisses vom 19./20.09.1989 in ... zu gewähren;</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">hilfsweise den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 24.500,00 DM nebst 4 % Zinsen seit Zustellung der Klage zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Von der weiteren Darstellung des den Parteien bekannten Tatbestandes wird gem. §543 Abs. 1 ZPO abgesehen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe</b></p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht die Klage wegen mangelnder Fälligkeit abgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks"><b>1.</b></p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Fälligkeit der Entschädigungsleistung richtet sich in der Kaskoversicherung, worauf die Berufung zu Recht hinweist, nach §15 Abs. 1 AKB. Danach wird die Entschädigung innerhalb zweier Wochen nach ihrer Feststellung gezahlt.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Der Senat vermag sich allerdings nicht der Auffassung von Hofmann anzuschließen, wonach der Begriff der Feststellung der Entschädigung grundsätzlich nicht die Feststellung der Deckungspflicht für den Versicherer, sondern ausschließlich die Feststellung der Höhe der Entschädigungssumme betreffe. Habe der Versicherer nach Feststellung der Höhe weiterhin Bedenken hinsichtlich der Deckungspflicht, so werde der Anspruch gleichwohl fällig, der Versicherer gerate lediglich nicht in Verzug, wenn ihn kein Verschulden treffe (so Stiefel/Hofmann, Kraftfahrtversicherung, 14. Aufl., Rdnr. 1 zu §15 AKB). Dies läßt sich weder dem Wortlaut noch dem Sinn der Vorschrift entnehmen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Denn in §15 Abs. 1 S. 1 AKB ist entgegen Satz 2 der Bestimmung gerade nicht nur von der Höhe der Entschädigung die Rede. Damit gibt der Wortlaut keinen ausreichenden Anhaltspunkt dafür, daß im Bereich der Fahrzeugversicherung von der allgemeinen Regel des §11 Abs. 1 VVG abzuweichen wäre, wonach die "nötigen Erhebungen" des Versicherers abgeschlossen sein müssen, um die Fälligkeit des Zahlungsanspruchs herbeizuführen. Gerade die Formulierung "die Entschädigung wird ... gezahlt" setzt ersichtlich voraus, daß - auch - der Anspruchsgrund geklärt ist. Es kann nicht der Sinn der Klausel sein, einen Versicherer, der dem Grunde nach womöglich nicht eintrittspflichtig ist, nur wegen Feststellung der Schadenshöhe zur Zahlung zu verpflichten (zu ähnlichen Formulierungen in anderen Bedingungswerken vgl. Martin, Sachversicherungsrecht, 1986, Y, I, 3).</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks"><b>2.</b></p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Vorliegend sind die nötigen Erhebungen des Beklagten noch nicht abgeschlossen, und eine vorzeitige Fälligkeit ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt gegeben, daß der Beklagte die sachdienlichen Erhebungen schuldhaft verzögert hat, oder daß er bereits endgültig seine Eintrittpflicht verweigert hat.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die vom Beklagten beabsichtigte Untersuchung der Lenkspindel des ausgebrannten Fahrzeuges durch einen spezialisierten Gutachter ist vorliegend als eine nötige Erhebung im Sinne des §11 Abs. 1 VVG anzusehen. Dies hat nichts damit zu tun, daß der Versicherer nach Einsichtnahme in die Akten eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens sich grundsätzlich seine Meinung bilden und seine Leistungspflicht entweder anerkennen oder ablehnen muß, und diese nicht bis zum Abschluß der amtlichen Ermittlungen aufschieben darf (vgl. Senat Beschluß vom 06.02.1987, 20 W 2/87, in Versicherungsrecht 87, 1129 nur Leitsatz wiedergegeben). Denn vorliegend will der Beklagte, wie zumindest in zweiter Instanz ausdrücklich klargestellt ist, seine Entscheidung über die Eintrittspflicht nicht vom Ausgang des Strafverfahrens abhängig machen, sondern unabhängig davon durch die Beauftragung eines spezialisierten Sachverständigen eine weitere technische Untersuchung zum Schadensfall durchführen lassen. Diese Erhebung ist sachdienlich:</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Denn ob vorliegend das äußere Bild eines KFZ-Diebstahles gegeben ist, ggf. ob eine erhebliche Wahrscheinlichkeit für eine Vortäuschung des Diebstahles durch den Kläger spricht, (was wiederum als Indiztatsache für eine vorsätzliche Herbeiführung des weiteren, selbständigen Versicherungsfalles Brand durch den Kläger Bedeutung haben kann) hängt wesentlich davon ab, ob das Fahrzeug mit einem Originalschlüssel oder mit einem passenden Schlüssel gefahren ist, worüber die geplante Untersuchung Aufschluß geben kann. Dieser Umstand hat vor allem deshalb einiges Gewicht für die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer Vortäuschung, weil der vorliegende Fall auch darüber hinaus einige Merkwürdigkeiten aufweist. So hat der Kläger, wofür er allerdings eine nachvollziehbare Begründung gegeben hat, nach seinem Vorbringen einen Fahrzeugschlüssel nachgemacht, andererseits aber zwei Schlüssel weggeworfen. An dem Fahrzeug ist nach dem Inhalt der Strafakten von den ermittelnden Polizeibeamten ein Motorschaden festgestellt worden, und es sind darüber hinaus an dem Fahrzeug die Felgen demontiert worden, was jedenfalls grundsätzlich nur mit dem Felgenschlüssel erfolgen konnte, den der Kläger im Besitz hatte. Berücksichtigt man weiter, daß der Kläger früher mehrfach wegen Eigentumsdelikten in Erscheinung getreten und damit nicht der Prototyp des redlichen Versicherungsnehmers ist, dessen Angaben der Versicherer ohne weiteres Glauben schenken kann, so stellt es ein berechtigtes Anliegen des Beklagten dar, das Schloß zu untersuchen.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Daß es bisher nicht zu dieser Untersuchung gekommen ist, hat der Beklagte nicht zu vertreten. Wegen des laufenden Strafverfahrens war ihm die Begutachtung der Lenkspindel durch einen Sachverständigen nicht möglich. Auch wenn mittlerweile mehr als ein Jahr seit dem Schadensfall vergangen ist, so muß der Kläger in diesem Falle hinnehmen, daß eine Entscheidung des Versicherers über den Versicherungsanspruch bisher nicht möglich gewesen ist.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks"><b>3.</b></p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Vor der Fälligkeit des etwa gegebenen Zahlungsanspruches ist auch eine Klage auf Feststellung der Deckungspflicht nicht möglich.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Das ergibt sich daraus, daß das gesamte Versicherungsrecht von dem Grundsatz beherrscht wird, daß der Versicherer vor seiner Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch die Möglichkeit haben soll, Ermittlungen zum Grund und zur Höhe des Anspruches durchzuführen (die er nicht schuldhaft verzögern darf), und daß er vorher nicht mit Klagen des Versicherungsnehmers überzogen werden soll.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Dies wird aus der grundlegenden Regelung des §11 Abs. 1 VVG deutlich, wonach der Anspruch eben nicht mit Eintritt des Versicherungsfalles fällig wird, sondern erst wenn der Versicherer die nötigen Erhebungen abgeschlossen hat. Deutlich ausgeprägt ist dies darüber hinaus in zahlreichen Versicherungsbedingungen anderer Versicherungszweige (s. z.B. §24 VHB 84). Daß für den Bereich der Fahrzeugversicherung etwas anderes gelten soll, läßt sich der Regelung in §15 AKB nicht entnehmen.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Würde man dies anders sehen, so würde der Versicherer bei nicht abgeschlossenen Erhebungen zum Anspruchsgrund verfrüht in Prozesse hineingezogen werden können, weil dann bei Klagen, die die Feststellung der Eintrittspflicht des Versicherers zum Ziele haben, im Rechtsstreit geklärt werden müßte, ob der Versicherungsanspruch dem Grunde nach gegeben ist. Es müßten dann die nötigen Erhebungen erstmals durch das Gericht vorgenommen werden, die nach §11 Abs. 1 VVG gerade der Versicherer vor seiner Entscheidung durchführen können soll.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks"><b>4.</b></p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Ebenfalls unbegründet ist die mit dem Hilfsantrag verfolgte Klage auf Zahlung eines Vorschusses. §15 Abs. 1 S. 2 AKB setzt nämlich ebenfalls voraus, daß der Grund des Anspruchs außer Streit ist. Dies ist allgemeine Meinung (vgl. Stiefel/Hofmann, a.a.O. Rdnr. 9 zu §15 AKB; Prölss/Martin, VVG, 24. Aufl., Anm. 1 zu §15 AKB, Anm. 3 zu §11 VVG mit Nachweisen aus der Rechtsprechung). Angemessen im Sinne von §15 Abs. 1 S. 2 AKB ist ein Vorschuß nämlich nur in der Höhe, den der Versicherer mindestens zahlen muß. Das entspricht sachlich der Regelung in §11 Abs. 2 VVG. Keinesfalls darf die Abschlagszahlung die vermutlich zu zahlende Gesamtentschädigung übersteigen. Deshalb ist bei noch offenem Anspruchsgrund ein Vorschußanspruch nicht gegeben.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks"><b>5.</b></p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf §97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §708 Nr. 10, 713 ZPO. Das Urteil beschwert den Kläger um weniger als 40.000,00 DM.</p>
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315,025 | olgk-1990-11-23-2-w-19590 | {
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"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
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} | 2 W 195/90 | 1990-11-23T00:00:00 | 2019-03-13T14:44:19 | 2022-10-18T15:09:16 | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1990:1123.2W195.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p><strong>Auf die weitere sofortige Beschwerde des Gläubigers wird der Beschluß der 6.Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 27.9.1990 (6 T 98/90) aufgehoben. Die</strong> sofortige Beschwerde <strong>des Schuldners gegen den Beschluß des Amtsgerichts Köln vom 11.April 1990 (287 M 17/90) wird zurückgewiesen.</strong></p><p><strong>Die Kosten beider Rechtsmittel hat der Schuldner zu tragen.</strong></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><strong>Gründe:</strong></p><span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I.</p><span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Firma D AG hatte den Gläubiger für eine Beteiligung an der Firma D2 KG, deren persönlich haftender Gesellschafter der Schuldner ist, geworben. Die von dem Gläubiger erworbenen Beteiligungsrechte wurden nach Maßgabe eines Treuhandvertrages von der Firma B GmbH als Treuhandkommanditistin der D2 KG gehalten. In § 14 des Gesellschaftsvertrages heißt es:"Die Übertragung von voll eingezahlten Anteilen ist</p><span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">jeweils mit Wirkung zum Ende eines Geschäftsjahres zulässig, vorausgesetzt, daß die Übertragung dem Treu-handkommanditisten mindestens 1 Monat vor Ende des Geschäftsjahres schriftlich mitgeteilt wird". Das Geschäftsjahr ist nach § 3 des Gesellschaftsvertrages das Kalenderjahr.</p><span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Schuldner wurde durch das nach Nichtannahme der Revision rechtskräftig gewordene Urteil des OLG Köln vom 13.4.1989 (12 U 161/81) als Gesamtschuldner mit der Firma B AG verurteilt, an den Gläubiger 248.821,00 DM nebst Zinsen Zug um Zug gegen Abtretung der aus der Beitrittserklärung des Gläubigers vom 21.12.1984 erworbenen Beteiligungsrechte an der Firma D2 KG zu zahlen.</p><span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Aus dem Tatbestand des Berufungsurteils ergibt sich, daß der Kläger vorgetragen hat, durch unrichtige Zusagen der Beklagten die Beitrittserklärung abgegeben zu haben. Die Beklagten seien daher verpflichtet, die für den Erwerb der Beteiligungsrechte gezahlten Beträge nebst Zinsen gegen Abtretung der erworbenen Beteiligungsrechte als Schadensersatz zu zahlen. Er hat deshalb beantragt, den Schuldner zusammen mit der Firma D AG zu verurteilen, an ihn den genannten Betrag Zug-um-Zug gegen Abtretung der aus der Beitrittserklärung des Klägers vom 21.12.1984 erworbenen Beteiligungsrechte an der Firma D2 KG zu zahlen. Der Schuldner hat beantragt,</p><span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">das klageabweisende Urteil des Landgerichts zu bestätigen und die Berufung zurückzuweisen.</p><span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Aus diesem Urteil betreibt der Gläubiger die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner. Er hat unter dem 26.10.1989 beantragt,</p><span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">dem Schuldner die eidesstattliche Versicherung abzunehmen.</p><span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Hierzu hat er ein Gerichtsvollzieherprotokoll vom 24.8.1989 vorgelegt, wonach die Zwangsvollstreckung in der Wohnung des Schuldners erfolglos verlaufen ist. Das Vollstreckungsprotokoll enthält als Anlage ein Formblatt, in dem der Gerichtsvollzieher festgehalten hat, daß dem Vollstreckungsschuldner die nach dem Vollstreckungstitel geschuldete Gegenleistung angeboten worden sei und daß der Vollstreckungsschuldner die Annahme verweigert habe. Bei der genannten angebotenen Gegenleistung handelt es sich um eine handschriftliche Abtretungserklärung des Gläubigers vom 12.7.1989 mit folgendem Inhalt:"Abtretung.</p><span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Ich trete hiermit meine Anteile an der D2 Vermögensanlagen Dipl.-Kaufm. W KG gemäß geleisteter Einlage aus der Beitrittserklärung vom 21.12.1984 an</p><span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">1.         die D AG, v. d. Vorstand,</p><span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Dipl.-Kaufm. M, Tstraße 0, 0 L,</p><span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">2.         Dipl.-Kaufm. W, H-Straße 00, 0 L,</p><span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">ab.</p><span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">12.7.1989</p><span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">(Unterschrift)"</p><span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Im vom Amtsgericht auf den 1.2.1990 anberaumten Termin hat der Schuldner Widerspruch mit der Begründung eingelegt, der Gläubiger habe die geschuldete Gegenleistung nicht erbracht. Insbesondere habe er die Abtretung nicht formgerecht angeboten.</p><span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Mit Beschluß vom 11.4.1990 hat das Amtsgericht den Widerspruch zurückgewiesen und ausgeführt, die Voraussetzungen des § 765 ZPO seien durch die in den Vollstreckungsunterlagen befindliche schriftliche Abtretungserklärung des Gläubigers erfüllt.</p><span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Auf die sofortige Beschwerde des Schuldners hat das Landgericht durch den angefochtenen Beschluß die Entscheidung des Amtsgerichts aufgehoben und den Antrag des Gläubigers vom 26.10.1989 auf Abnahme der eidesstattlichen Versicherung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, daß der Annahmeverzug durch das Protokoll nicht bewiesen sei, da die Gegenleistung nicht ordnungsgemäß angeboten worden sei.</p><span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Nach dem auf die wirtschaftliche Beteiligung des Gläubigers anzuwendenden § 14 des Gesellschaftsvertrages sei eine Abtretung nur zum Ende des Geschäftsjahres und nach schriftlicher Mitteilung an die Firma B GmbH zulässig. Daß diese Voraussetzungen einer wirksamen Abtretung erfüllt seien, sei vom Gläubiger nicht vorgetragen oder gar bewiesen, so daß der Schuldner durch Annahme des Abtretungsangebots die Beteiligungsrechte des Gläubigers nicht habe erwerben können. Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere sofortige Beschwerde des Gläubigers.</p><span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Der Schuldner beantragt Zurückweisung der sofortigen weiteren Beschwerde und wiederholt und vertieft sein früheres Vorbringen.</p><span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Wegen aller weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der angefochtenen Bescheidungen und die Schriftsätze der Parteien im weiteren Beschwerdeverfahren ergänzend Bezug genommen.</p><span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">II.</p><span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die gemäß § 568 Abs. 2 ZPO statthafte und auch ansonsten zulässige weitere Beschwerde ist auch in der Sache begründet und führt zur Wiederherstellung der Entscheidung des Amtsgerichts.</p><span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">1. Der Widerspruch (§ 900 Abs. 5 Satz 1 ZPO) war nicht begründet, da die Voraussetzungen zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung durch den Schuldner (§§ 807, 899, 900 ZPO) erfüllt waren.</p><span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Das Vollstreckungsgericht hat dabei als Vollstreckungsorgan im Rahmen der Zwangsvollstreckung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung selbständig zu prüfen, ob die Vollstreckungsvoraussetzungen erfüllt sind, insbesondere auch, ob Befriedigung oder Annahmeverzug des Gläubigers bei Zug-um-Zug-Verurteilung bewiesen ist (vgl. Stein-Jonas-Münzberg, 20. Aufl., § 765 Rn. 2; Zöller-Stöber, 16. Aufl., § 765 Anm. 3). An die rechtliche Beurteilung des Gerichtsvollziehers, ob Annahmeverzug des Schuldners zu bejahen ist, ist es nicht gebunden (LG Oldenburg DGVZ 1982, 122 (123).</p><span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Diese Vollstreckungsvoraussetzungen sind jedoch erfüllt.</p><span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">2. Die Bedenken des Schuldners gegen die hinreichende Bestimmtheit des Vollstreckungstitels sind nicht gerechtfertigt. Das Urteil muß als Vollstreckungsgrundlage den vollstreckbaren Anspruch allerdings inhaltlich bestimmt ausweisen und diese Anforderung gilt bei Zug- um Zug -Verurteilungen auch für die Gegenleistungen(vgl. BGH NJW 1966, 1755). Für mehrere Gläubiger oder Schuldner muß sich auch ihr Beteiligungs- und Haftungsverhältnis aus dem Titel ergeben(Baumbach/Hartmann, 48. Aufl. (1990), § 750 Anm. 1 e ; Zöller-Stöber, a.a.O. § 704 Rdn. 11). In den Fällen, in denen sich die Bestimmtheit nicht ohne weiteres aus dem Titel <strong>selbst</strong> ergibt, muß dabei die Urteilsformel unter Hinzuziehung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ausgelegt werden (BGH NJW 1967, 821).</p><span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Hier ergibt die Auslegung, daß der Schuldner und die D2 AG Gesamtgläubiger(§ 428 BGB) hinsichtlich der Gegenleistung sind. Dies ergibt sich daraus, daß es sich bei der abzutretenden Beteiligung um eine unteilbare Leistung handelt und die Schuldner ausweislich des Urteilstenors als Gesamtschuldner verurteilt <em>sind.</em> Wenn einer der Schuldner demgemäß auf die gesamte Leistung in Anspruch werden kann, kann er auch die gesamte Gegenleistung für sich allein beanspruchen. Jedenfalls im Streitfall bestehen dagegen keine Bedenken, da die Beklagten zur Schadensersatzleistung gegen Rückgewähr der erworbenen Beteiligung verurteilt worden sind, wobei sich die Schadensersatzverpflichtung aus der fehlerhaften Beratung beim Beteiligungserwerb ergab (vgl. auch OLG Frankfurt OLGZ 1982, 357 zur Gesamtgläubigerschaft von Gesamtschuldnern hinsichtlich des Bereicherungsanspruchs.</p><span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">3. Auch die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen des Angebots der Gegenleistung in einer den Verzug der Annahme begründenden Weise und deren urkundlicher Nachweis (§§ 756, 765 ZPO) sind erfüllt.</p><span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Auffassung des Landgericht ist die Leistung so angeboten worden, wie sie zu bewirken war, so daß gem. §§ 293 ff BGB Annahmeverzug eingetreten ist. Ein Angebot der Gegenleistung ist schon im Erkenntnisverfahren erfolgt, da Schadensersatz Zug-um-Zug gegen Abtretung der Beteiligungsrechte verlangt worden ist und die Beklagten dieses Angebot im Vorprozeß abgelehnt haben, wie auch in ihrem Klageabweisungsantrag zum Ausdruck gekommen ist. Dabei ist ohne Bedeutung, daß für das Abtretungsangebot, das an beide Beklagten gerichtet war, keine bestimmte Form eingehalten worden ist, denn eine solche war für die Abtretung der Beteiligungsrechte nicht vorgesehen. Die Wirksamkeit des Abtretungsangebots scheitert auch nicht daran, daß nach § 14 des Gesellschaftsvertrages die Abtretung der Beteiligungsrechte nur zum Ende des Geschäftsjahres unter der Voraussetzung zulässig war, daß die Übertragung dem Treuhandkommanditisten mindestens einen Monat vor Ende des Geschäftsjahres schriftlich mitgeteilt wurde. Zunächst sind etwa gegenüber Dritten zu beachtende Formvorschriften in den Gegenstand der Verurteilung nicht einbezogen. Im übrigen zeigt aber auch die Regelung selbst, daß die Abtretungserklärung jederzeit erfolgen konnte und nur ihr Wirksamwerden davon abhängig war, daß sie mindestens einen Monat vor Jahresende dem Treuhandkommanditisten angezeigt wurde. Daraus folgt weiter, daß die Mitteilung bis einen Monat vor Jahresende nachgeholt werden konnte. Die erforderliche Mitteilung konnte dabei sowohl vom Abtretenden als auch vom Abtretungsempfänger bis einen Monat vor Jahresende nachgeholt werden. Die Beklagten waren also nicht gehindert, das Angebot anzunehmen, und können sich nicht auf das Fehlen der später erforderlichen Mitteilung berufen, da diese von ihrem eigenen Willen abhing.</p><span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Der somit eingetretene Annahmeverzug ist auch durch eine öffentliche Urkunde belegt, da er sich aus dem zugestellten Urteil ergibt. Es ist allgemein anerkannt, daß sich der Annahmeverzug auch aus dem Leistungsurteil selbst ergeben kann (OLG Köln JurBüro 1989, 870; KG NJW 1972, 2052; Zöller-Stöber, a.a.O., § 756 Anm. 10 m.w.U.). Umstritten ist allerdings, ob dazu ausreicht, daß der Schuldner ausweislich des Urteilstatbestandes dem Zug-um-Zug-Antrag des Gläubigers mit dem Klageabweisungsantrag entgegengetreten ist (verneinend die h.M. vgl. LG Wuppertal Rpfleger 1988, 153 m.w.N.; a.A. LG Bonn NJW 1963, 721). Hier ergibt sich aber nicht nur aus dem Klageabweisungsantrag, sondern auch aus dem sonstigen Inhalt des Tatbestandes, daß der Kläger die Abtretung der Beteiligungsrechte gegen Schadensersatzleistung angeboten hatte. Damit ist gemäß § 295 BGB Annahmeverzug eingetreten, denn die Beklagten haben ausdrücklich erklärt, die Leistung nicht annehmen zu wollen. Bei dieser Sachlage ist auch ohne komplizierte rechtliche Überlegungen für das Vollstreckungsorgan der Eintritt <em>des</em> Annahmeverzuges ersichtlich.</p><span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">4. Im Streitfall kann letztlich offenbleiben, welche Anforderungen genau an die Ersichtlichkeit für das Vollstreckungsorgan zu stellen sind, wenn es an einem Ausspruch im Tenor, daß Annahmeverzug eingetreten ist, fehlt. Der Annahmeverzug ist nämlich auch im Vollstreckungsverfahren urkundlich durch das Protokoll des Gerichtsvollziehers belegt. Das Gerichtsvollzieherprotokoll ist eine öffentliche Urkunde gemäß § 415 ZPO mit Beweiskraft gemäß § 418 ZPO (vgl. OLG Köln NJW-RR 1986, 863). Gemäß § 765 ZPO genügt dabei für die Vollstreckung durch das Vollstreckungsgericht, daß sich die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung nach § 756 ZPO aus dem Protokoll des Gerichtsvollziehers ergeben. Wenn sich aus dem Protokoll des Gerichtsvollziehers ergibt, daß die geschuldete Gegenleistung ordnungsgemäß angeboten worden ist, dann bedarf es weder einer vorherigen Zustellung des Gerichtsvollzieherprotokolls noch einer erneuten Vorlage oder Zustellung öffentlicher oder öffentlich-beglaubigter Urkunden über das Angebot der Gegenleistung, denn das Gerichtsvollzieherprotokoll genügt zur Beweisführung (Rosenberg/Schilken, 10. Aufl., S. 192). Hier hat der Gerichtsvollzieher im Protokoll ausdrücklich vermerkt, daß er das Abtretungsangebot dem Schuldner vorgelegt hat. Wenn die Gegenleistung in der Abgabe eines Abtretungsangebots liegt, handelt der Gerichtsvollzieher nicht anders als beim Angebot auf Übereignung einer beweglichen Sache als Gegenleistung insoweit als Vertreter des Gläubigers (Schuldners der Gegenleistung), denn in der Abgabe des Angebots liegt nicht die Ausübung staatlichen Zwangs, wenn auch die rechtsgeschäftliche Vertretung gleichzeitig Amtsausübung ist (Stein/Jonas/Münzberg, a.a.O., § 753 Anm. 2 <em>und</em> § 750 Anm. 2; Thomas/Putzo, 16. Aufl., § 753 Anm. 3 c; vgl. weiter Fahland ZZP 92, 432 (456). Das Protokoll über die Abgabe des Abtretungsangebots ist daher eine öffentliche Urkunde über diesen Vorgang. Es ist daher ohne Bedeutung, daß die Abtretungsurkunde nicht selbst öffentlich beglaubigt ist. Dieser Beurteilung steht auch nicht entgegen, daß der Gerichtsvollzieher - wenn ihn nicht der Gläubiger bei der Vollstreckung begleitet -keine sichere Kenntnis davon hat, daß das Abtretungsangebot vom Gläubiger selbst unterzeichnet worden ist. Etwaige Einwendungen gegen die Wirksamkeit des abgegebenen Angebots sind dem Vollstreckungsschuldner nämlich nicht abgeschnitten und ihm steht auch der Beweis der Unrichtigkeit des Protokolls offen.</p><span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Wie schon erwähnt <em>und</em> vom Landgericht ausgeführt, bestehen hier gegen ein hinreichend bestimmtes Abtretungsangebot, daß der Gläubiger der Gegenleistung ohne weiteres annehmen konnte, im Ergebnis keine Bedenken. Das Angebot ist bei verständiger Auslegung so zu verstehen, daß derjenige der beiden Schuldner, gegen den vollstreckt wird, auch allein zur Annahme des Angebots berechtigt sein soll.</p><span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Auffassung des Schuldners bedurfte es auch keiner Zustellung des Abtretungsangebots oder des Gerichtsvollzieherprotokolls an die Prozeßbevollmächtigten des Schuldners, denn im Rahmen der §§ 756, 765 ZPO genügt es, daß der Gerichtsvollzieher dem Schuldner selbst die Gegenleistung angeboten hat.</p><span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Das  Zustellungsrecht gemäß §§ 176, 178, 181 ZPO ist insoweit nicht anwendbar.</p><span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 97 ZPO.</p>
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315,026 | lg-duisburg-1990-11-22-2-s-16190 | {
"id": 807,
"name": "Landgericht Duisburg",
"slug": "lg-duisburg",
"city": 408,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 2 S 161/90 | 1990-11-22T00:00:00 | 2019-03-13T14:44:20 | 2022-10-18T15:09:16 | Urteil | ECLI:DE:LGDU:1990:1122.2S161.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts</p>
<p> Oberhausen vom 21. März 1990 wird kostenfällig zurückgewiesen.</p>
<p> </p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin begehrt Zahlung einer Vergütung von 1.434,50 DM für die Einrichtung eines sogenannten GBG (Geschlossene Benutzergruppe)-Anschlusses, seine laufende Nutzung sowie Nachnahmekosten mit der Behauptung, sie habe mit dem Beklagten per Computer über Bildschirmtext (BTX) ein Partner-Vertmittlungsantrag geschlossen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat dem entgegengehalten: Er habe mit dem Knopfdruck am Computer keiner wirksame Willenserklärung abgegeben. Er habe von den im Bildschirmtext enthaltenen AGB nicht in zumutbarer Weise Kenntnis nehmen können. Die AGB verstießen gegen §§ 3, 10 Nr. 7, 11 Nr. 4, 5, 6, AGBG. Die Partnerschaftsvermittlung sei zudem nach § 656 BGB zu beurteilen. Ferner habe er den Vertrag fristlos gekündigt. Die geltend gemachten Zinsen seien erheblich überhöht. </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat die Klage ohne Beweisaufnahme abgewiesen und dazu ausgeführt, der Beklagte habe den Vertrag wegen arglistiger Täuschung wirksam angefochten.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die dagegen gerichtete Berufung ist zulässig, in der Sache jedoch ohne Erfolg, da das Amtsgericht jedenfalls im Ergebnis zutreffend die Klage abgewiesen hat.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Es kann dahinstehen, ob der Vertrag von vornherein unwirksam war oder durch Anfechtung unwirksam geworden ist, da jedenfalls der Vergütungsanspruch daraus in analoger Anwendung des § 656 BGB nicht einklagbar ist. </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Unstreitig betrifft der Vertrag seinem Inhalt nach eine Partnervermittlung in dem Sinne, daß sexuelle Kontakte vermittelt werden sollen. Das zeigt schon die Anzeige, mit der der Klägerin BTX-Teilnehmer geworben hat, sowohl von ihrem Inhalt her "Partnersuche via BTX tägliche neue Kontaktseiten" und ihre Einrückung auf einer "BTX-Anzeigenmarkt" Seite, auf dem nur sexuelle Kontakte und sonstige Angebote aus diesem Bereich angeboten werden (Blatt 48 der Akte). Es ergibt sich weiter aus den von der Klägerin angebotenen Varianten der Partnervermittlung "Sie sucht Ihn </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">- Er sucht Ihn - Direktkontakte - Paar sucht Single - weibliche Modelle - männliche Modelle - Spielwiese -". Dementsprechend hat die Klägerin bisher die vom Amtsgericht im Tatbestand getroffene Feststellung "das Programm betraf folgende Varianten der Partnervermittlung" nicht bestritten. Wenn sie dazu erläuternd erklärt, es handele sich nicht um die übliche Partnerermittlung, sondern um die Herstellung von Bildschirmkontakten im Wege der Korrespondenz, so mag dies für das Vorfeld der eigentlichen Partnerschaft zutreffen, wie es sonst etwa im Wege eines zunächst brieflichen Kontaktes auch der Fall ist. Nach der Anzeigewerbung und den von der Klägerin angebotenen Rubriken geht es jedoch letztlich um sexuelle Kontakte in einer mehr oder weniger festen Partnerschaft, für die die Klägerin die Adressen bereitstellt. Dabei ist es unerheblich, ob die Adressen unmittelbar oder über die Telefonnummer oder durch Chiffre weitergegeben wird. Der Vergleich mit dem bloßen Einrücken einer Kontaktanzeige in der Zeitung trifft den Fall nicht, da die Klägerin nicht die darauf eingehenden Antworten weiterleitet, sondern der Kunde aus einer bei der Klägerin schon bestehenden Sammlung Adressen unmittelbar bzw. über Telefonnummer oder Chiffre abruft. Die auf die Interessentenwünsche und die Kundenpersönlichkeit abgestimmte Vermittlungstätigkeit der Klägerin besteht jedenfalls insoweit, als die Klägerin die Kunden nach Rubriken wie "Sie sucht Ihn" usw. einteilt.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">§ 656 BGB ist auf diese Art der Partnervermittlung analog anzuwenden. Die Kammer folgte dabei der Auffassung des Bundesgerichtshofs, der in seiner Entscheidung vom 11. Juli 1990 (NJW 1990, Seite 2550) die schon vorher in der Rechtsprechung weitgehend vertretene Rechtsauffassung bestätigt, daß die entsprechende Anwendung des an sich nur für den Ehemaklerlohn geltenden Rechtsgrundsatzes aus der Sozialbezogenheit dieser Norm im Rahmen einer freiheitlich verfaßten Grundordnung gerechtfertigt sei: Für den Gesetzgeber des BGB habe noch keine Veranlassung bestanden, den Fall der Partnervermittlung ausdrücklich zu regeln, da die entgeltliche Anbahnung außerehelicher sexueller Beziehungen nach der damaligen Regelung strafbar gewesen sei, mithin auch nicht Gegenstand eines gültigen Vertrages hätte sein können. Die Möglichkeit, daß außereheliche Partnerschaften von der Rechtsordnung jedenfalls in Teilbereichen toleriert und gesellschaftlich anerkannt werden würden, habe der Gesetzgeber vor fast 100 Jahren nicht in seine Überlegungen einbeziehen können. Hätte er dies vorausgesehen, hätte er die Vorschrift entsprechend seiner Absicht, der Kommerzialisierung in diesem Bereich entgegenzusetzen, erst recht auf solche Verträge erstreckt. Zudem bestehe auch bei Partnerschaftsvermittlung, die sich insoweit von der Ehevermittlung praktisch nicht trennen lasse, ein schützenswertes Diskretionsbedürfnis des Kunden. Das Grundgesetz schütze die Würde des Menschen und dessen freie Persönlichkeitsentfaltung ohne Rücksicht darauf, ob eine Eheschließung angestrebt werde oder nicht.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Dem steht nicht entgegen, daß der Beklagte, der die Freischaltung mehrerer der möglichen Rubriken beantragt hatte, dabei auch gleichgeschlechtliche Kontakte ausgewählt hat. Es geht nämlich wie bei der Partnerschaftsvermittlung allgemein nicht um die Frage, ob diese Partnerschaften von der Rechtsordnung gebilligt werden, sondern um das schützenswerte Diskretionsbedürfnis der Kunden. Dies kann für gleichgeschlechtliche Partnerschaften nicht anders beurteilt werden als für solche mit anders geschlechtlichen Partnern.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.</p>
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315,027 | olgk-1990-11-13-4-uf-15390 | {
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<p>Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der angefochtene Beschluß dahin ergänzt, daß dem Antragsgegner aufgegeben wird, das Kind H. bis zum 30. November 1990 an die Antragstellerin herauszugeben.</p>
<p></p>
<p>Die Beschwerde des Antragsgegners wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p> Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Antragsgegner auferlegt.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>G r ü n d e</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die beteiligten Eltern - beide türkische Staatsangehörige - haben im Juli 1985 die Ehe geschlossen und leben seit Februar 1989 voneinander getrennt. Der Antragsgegner, der ebenso wie seine Eltern, bereits mehr als 15 Jahre in der Bundesrepublik Deutschland lebt, ist in der gemeinschaftlichen Ehewohnung verblieben. Ihm ist durch Anordnungsbeschluß des Amtsgerichts Bonn vom 12.5.1989 (Az. 43 F 96/89) einstweilen das Aufenthaltsbestimmungsrecht über H. übertragen worden.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Im Verlaufe ständig eskalierender Streitigkeiten zwischen den Eltern hat der Vater das gerichtlich festgelegte Umgangsrecht der Mutter mehrfach vereitelt und schließlich ganz verweigert.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Im Rahmen eines von ihr angestrengten Verfahrens zur Sorgerechtsregelung während des Getrenntlebens der Eltern hat die Mutter beantragt, im Wege der einstweiligen Anordnung ihr einstweilen das Aufenthaltsbestimmungsrecht über H. zu übertragen und die</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Herausgabe des Kindes anzuordnen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Durch Anordnungsbeschluß vom 21.9.1990 hat das Amtsgericht dem Antrag der Mutter wegen des Aufenthaltsbestimmungsrechtes entsprochen, ihren Herausgabeantrag dagegen zurückgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, die Anordnung sei erforderlich, weil der Antragsgegner die Besuchskontakte zwischen dem Kind und seiner Mutter hartnäckig vereitele und damit sein Sorgerecht mißbrauche. Dem Herausgabeantrag habe</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">nicht entsprochen werden müssen, weil zu erwarten stehe, daß der Antragsgegner sich auch so der gerichtlichen Anordnung beuge.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Gegen diesen Beschluß haben die Eltern Beschwerde eingelegt.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin verfolgt das Herausgabeverlangen weiter und macht geltend, der Antragsgegner mißachte die gerichtliche Anordnung.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Antragsgegner verweist auf ein in der Türkei anhängiges Ehescheidungsverfahren und bezweifelt die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte, zumal er sein Kind am 23.9.1990 in die Türkei verbracht habe in Verfolgung eines bereits früher gefaßten</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Entschlusses und vor Zustellung der abändernden Entscheidung des Amtsgerichts am 25.9.1990. Auch nach dem hier zu beachtenden türkischen Recht stünde ihm als Vater die Entscheidung darüber zu, den Aufenthalt seines Kindes zu bestimmen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">In der Sache rechtfertige die bloße Nichtbeachtung eines Umgangsrechtes es nicht, ihm das Aufenthaltsbestimmungsrecht über sein Kind zu entziehen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin bestreitet, daß der Antragsgegner das Kind in die Türkei verbracht habe und macht geltend, er halte es vielmehr an einem anderen Ort verborgen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Von den gemäß §§ 19, 20 FGG zulässigen Rechtsmitteln hat nur dasjenige der Antragstellerin sachlich Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die internationale Zuständigkeit, die wegen der Auslandsberührung (türkische Staatsangehörigkeit der Eltern und des Kindes) vorrangig zu prüfen ist, folgt aus Art. 1 des Übereinkommens über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigen (MSA) vom 5.10.1961, der insoweit Art. 19 EGBGB verdrängt. Sind deutsche Gerichte international zuständig, so ist nach Art. 2 MSA auch materiell deutsches Recht anzuwenden.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Nach Art. 1 MSA sind die Gerichte des Staates, in dem ein Minderjähriger seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, vorbehaltlich der Bestimmungen der Art. 3, 4 und 5 MSA, diese wiederum unter der Einschränkung der Art. 8 und 16 MSA, für Maßnahmen zum Schutze der Person und des Vermögens eines Minderjährigen zuständig.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die sachlichen Erfordernisse sind erfüllt. Das Kind H. hatte bei der Entscheidung des Amtsgerichts seinen gewöhnlichen Aufenthalt ohne Zweifel in der Bundesrepublik Deutschland, einem Vertragsstaat des Übereinkommens, und insbesondere im Bezirk des Amtsgerichts Bonn und Oberlandesgerichts Köln. Die Regelung des Aufenthaltsbestimmungsrechtes als eines Teilbereiches der elterlichen Sorge ist eine Schutzmaßnahme im Sinne des Übereinkommens (vgl. Paland/jHelldrich, BGB, 49. Aufl., Art. 1 MSA Anm. 3 m.w.N.). In persönlicher Hinsicht ist das Übereinkommen nach Art. 13 Abs. 1 MSA auf alle Minderjährigen anzuwenden, so daß es weder auf die Staatsangehörigkeit des Kindes noch darauf ankommt, ob der Heimatstaat des Minderjährigen zu den Vertragsstaaten gehört. Im übrigen ist auch die Türkei mit Wirkung vom 16.4.1984 dem Abkommen beigetreten (Bekanntmachung vom 4.4.1984, BGBI. II, 460).</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Ein Ehescheidungsverfahren der Eltern in der Türkei steht der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte für die hier zu treffende Entscheidung bei Getrenntleben der Eltern nicht entgegen. Auf zwischenstaatlichen Abkommen beruhende Regelungen haben Vorrang vor etwaigen abweichenden Vorschriften des autonomen nationalen Rechts, auch wenn dieses später ersetzt worden ist. Danach setzt sich die Regelung der</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">internationalen Zuständigkeit im Minderjährigenschutzabkommen auch gegenüber etwaigen Zuständigkeiten der Ehegerichte durch (vgl. Böhmer/Siehr, FamR II MSA Einf. Rdnr. 16 und Art. 1 Rdnr. 114; Jayme, FamRZ 79, 21). Die Vorschrift des § 621 ZPO, auf die der Antragsgegner offenbar mit seiner Beschwerdebegründung abhebt, ist hier schon deshalb nicht anwendbar, weil deutsches Recht nicht die Zuständigkeit ausländischer Gerichte begründen kann.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Art. 4 MSA steht nicht entgegen, selbst wenn der Antragsgegner das Kind am 23.9.1990 in die Türkei verbracht haben sollte, was die Antragstellerin bestreitet, weil nach, dem eigenen Vorbringen des Antragsgegners türkische Heimatbehörden bislang Schutzmaßnahmen für H. nicht ergriffen haben. Entsprechendes gilt für Art. 5 MSA, nach welchem mit Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts von einem Vertragsstaat in einen anderen auch ein Wechsel der internationalen Zuständigkeit des Aufenthaltsstaates nach Art. 1 MSA verbunden ist; denn H. hat seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort in der Bundesrepublik Deutschland beibehalten. Allgemein wird unter dem Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts der tatsächliche Lebensmittelpunkt verstanden, also der Aufenthaltsort als Daseinsmittelpunkt im Unterschied einmal zum nur schlichten Aufenthaltsort und zum anderen zum Wohnsitz (vgl. Palandt/Heldrich, a.a.O. Anm. 2 m.w.N.). Der gewöhnliche Aufenthalt, dessen Begründung – anders als beim Wohnsitz - keinen rechtsgeschäftlichen Willen erfordert, also auch nicht von der Bestimmung des Sorgeberechtigten abhängt, verlangt eine gewisse Dauer der Anwesenheit und darüber hinaus eine gewisse Bindung in familiärer oder beruflicher Hinsicht im Sinne einer Eingliederung in die soziale Umwelt. Vom gewöhnlichen Aufenthaltsort läßt sich gewissermaßen als "faktischen Wohnsitz" sprechen, wenn sich aus der Verweildauer und den sozialen Kontakten auf einen neuen Lebensmittelpunkt schließen läßt. Für die Verweildauer werden in der Rechtsprechung häufig als Faustregel etwa sechs Monate genannt (OLG Stuttgart, NJW 78, 1746; OLG München FamRZ 81, 389; OLG Düsseldorf, FamRZ 84, 194), die im Zeitpunkt der richterlichen Entscheidung zu beurteilen ist. Das Kind H. ist jedoch nach der Darstellung des Antragsgegners erst seit sieben Wochen "außerhalb des Geltungsbereiches" des Familiengerichts Bonn verbracht. Auch die sozialen Kontakte des Kleinkindes bestehen nach wie vor in Bonn, wo es bei den Eltern und Großeltern väterlicherseits aufgewachsen ist und seinen Lebensmittelpunkt hat. Nichts spricht dafür, daß der Vater einen anderweitigen Aufenthalt des Sohnes H. - etwa in der Türkei - von Anfang an auf Dauer angelegt hat, zumal er nach seinem eigenen Vorbringen ebenso wie seine Eltern weiterhin in der Bundesrepublik verbleiben will. Im übrigen wird sich der entgegenstehende Wille des berechtigten Elternteils - hier der aufgrund Anordnung des Amtsgerichts aufenthaltsbestimmungsberechtigten Mutter - regelmäßig auch rein tatsächlich dahin ausdrücken, daß der Aufenthalt des Minderjährigen in einem anderen Staat noch nicht von vornherein als auf Dauer angelegt angesehen werden kann und dies solange nicht anzunehmen ist, als die Möglichkeit besteht, daß der berechtigte Elternteil die Rückführung des Minderjährigen durchsetzt, ehe es zu dessen sozialer Eingliederung in die neue Umwelt gekommen ist (vgl. auch OLG Hamm, FamRZ 88, 1198).</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Schließlich scheitert die Anwendung deutschen Rechts hier auch nicht an Art. 3 MSA. Nach dem ein Gewaltverhältnis in allen Vertragsstaaten anzuerkennen ist, das nach dem internationalen Recht des Staates, dem der Minderjährige angehört, kraft Gesetzes besteht. Das genannte Gewaltverhältnis besteht nach türkischem Recht zwischen dem Vater und dem Kind H. gemäß Art. 263 des türkischen ZGB. Hiernach üben die Eltern</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">die elterliche Gewalt während ihrer Ehe gemeinsam aus. Bei Meinungsverschiedenheiten entscheidet jedoch der Vater. Zwar kann der Richter nach Art. 272 ff. des türkischen ZBG bei mangelnder Fähigkeit der Eltern diesen die elterliche Gewalt entziehen. Eine dem § 1672 BGB ähnliche Regelung der elterlichen Sorge im Falle des Getrenntlebens der Eltern kennt das türkische Recht jedoch nicht, weshalb eine sog. regelungsfähige</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Lücke nicht besteht und das gesetzliche Gewaltverhältnis grundsätzlich anzuerkennen ist. Dieses Gewaltverhältnis, aufgrund dessen dem Vater grundsätzlich der Stichentscheid über den tatsächlichen Aufenthalt des Kindes H. zusteht, hindert die Annahme der internationalen Zuständigkeit und auch die Anwendung deutschen Rechtes hingegen nicht,weil durch die alleinige Entscheidung des Vaters der Sohn H. in seiner Person ernstlich gefährdet würde, so daß nach Art. 8 MSA die deutschen Gerichte trotz grundsätzlichen Vorliegens der Voraussetzungen des Art. 3 MSA Maßnahmen zum Schutze des Minderjährigen unter Anwendung deutschen Rechts treffen dürfen.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Nach Art. 8 MSA schließt u.a. Art. 3 MSA nicht aus, daß die Behörden des Aufenthaltsstaates Maßnahmen zum Schutze des Minderjährigen treffen, soweit dieser u.a. in seiner Person ernstlich gefährdet ist. Das Kind Gökhan ist ernstlich gefährdet, so daß die</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">deutschen Gerichte nach Art. 1 MSA für die Regelung der elterlichen Sorge international zuständig sind und insbesondere nach Art. 2 MSA auch materiell nach deutschem Recht entscheiden dürfen, weil nach dem Grundsatz des Gleichlaufes das anzuwendende Recht dem Gerichtsstand folgt.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Eine ernstliche Gefährdung des Kindeswohles im Sinne des Art. 8 MSA ist in der Regel dann anzunehmen, wenn die Voraussetzungen der §§ 1666 ff. BGB erfüllt sind (vgl. BGH NJW 1973, 417, 418).</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Die Voraussetzungen des § 1666 BGB hält der Senat mit dem Amtsgericht für erfüllt. Hiernach hat dann, wenn das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes u.a. durch mißbräuchliche Ausübung der elterlichen Bestimmung gefährdet wird und wenn die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage sind, die Gefahr abzuwenden, das Gericht die zur Abwendung der Gefahr erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Ob derzeit das Kindeswohl konkret gefährdet ist, ist unerheblich. Es besteht jedenfalls eine begründete, gegenwärtige Besorgnis der Gefährdung zumindest des seelischen Wohles des Kindes Gökhan durch mißbräuchliche Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechtes durch den Vater für den Fall, daß eine anderweitige Regelung durch ein deutsches Gericht nicht möglich ist. Die bloße Besorgnis der Gefährdung genügt (Palandt/Diederichsen, Anm. 3 zu § 1666). Ob es tatsächlich hierzu kommen wird, hängt nur davon ab, ob deutsche Gerichte in der Sache entscheiden. Das folgt zur Überzeugung des Senats aus dem bisherigen Verhalten des Vaters. Er hat schon bislang den Kontakt des</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Kleinkindes zur Mutter vereitelt und es darüber hinaus abrupt aus seiner gewohnten Umgebung herausgenommen und von seinen bisher ihm vertrauten Bezugspersonen</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">getrennt. Es bedarf keiner näheren Darlegungen dazu, daß das seelische Wohl des Kleinkindes durch dieses in krasser Weise verantwortungslose Verhalten, H. einer in erster Linie seinem Wohl dienenden Betreuung und Erziehung durch einen leiblichen Elternteil zu entziehen und einer (unbekannten) Fremdbetreuung in der Türkei oder anderswo zu überlassen, auf das äußerste gefährdet ist.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Die in Anwendung des deutschen Rechts auf § 1672 BGB gestützte Entscheidung des Amtsgerichts, der Mutter einstweilen das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu übertragen, beachtet auch den im Rahmen des Gefährdungstatbestandes geltenden Grundsatz der</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Verhältnismäßigkeit und des geringsmöglichen Eingriffes in das elterliche Sorgerecht. Die Übertragung dieses Teilbereichs der elterlichen Sorge entspricht auch nach den zutreffenden Feststellungen des Amtsgerichts derzeit am besten dem Kindeswohl, weil konkrete Bedenken gegen die Erziehungseignung der Mutter weder überprüfbar dargetan noch – insbesondere auf dem Hintergrund der Feststellungen des zuständigen Jugendamtes - sonst ersichtlich sind. Darüber hinaus ist bei dieser Regelung zu erwarten,</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">daß die Antragstellerin eher als der Antragsgegner bereit und fähig ist, dem Kind einen regelmäßigen Umgang mit dem anderen Elternteil zu ermöglich.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Angesichts des bisherigen im einzelnen dargetanen rechtsmißachtenden Verhaltens des Antragsgegners ist die Herausgabeanordnung gemäß § 1632 BGB zur Wahrung der Kindesinteressen geradezu geboten, so daß der angefochtene Beschluß auf Antrag der Antragstellerin entsprechend zu ergänzen war.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Beschwerdewert: 5.000,00 DM.</p>
|
315,028 | vg-gelsenkirchen-1990-11-12-15-k-347289 | {
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} | 15 K 3472/89 | 1990-11-12T00:00:00 | 2019-03-13T14:44:23 | 2022-10-18T15:09:15 | Urteil | ECLI:DE:VGGE:1990:1112.15K3472.89.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p>Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.</p>
<p>Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor der Beklagte in gleicher Höhe Sicherheit leistet.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"> .</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Tatbestand:</span></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Kläger war als Angehöriger der Fraktion "E.   H.      J.  S.   " Mitglied des Rates' der Stadt C.      sowie des Beschwerdeausschusses, den der Rat gemäß § 6 c Abs 1 Satz 3 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen - GO - zur Erledigung von Anregungen und Beschwerden von Bürgern gebildet hat.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich des Verfahrens dieses Ausschusses brachte der Kläger dort unter dem 30. November 1985 einen Antrag folgenden Inhalts ein: Diejenigen Bürger, die Beschwerden oder Anträge nach § 6 c GO gestellt hätten, sollten sämtlich zu der Ausschußsitzung eingeladen werden, in welcher ihr Anliegen beraten wird; hierzu sollten ihnen die entsprechenden Unterlagen nebst der Beschlußvorlage übersandt werden; schließlich sei ihnen während der Sitzung auf Antrag in einer bis zu 15-minütigen</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">3 •</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Unterbrechung Gelegenheit zu geben, sich zu ihrem Anliegen zu äußern. Dieser Antrag wurde in der Sitzung des Beschwerdeausschusses vom 10. Dezember 1905 in allen drei Punkten abgelehnt; stattdessen wurde auf Antrag der T.   - bzw. der D.   -Fraktion hin beschlossen, diejenigen Antragsteller und Beschwerdeführer, deren Angelegenheiten in öffentlicher Sitzung behandelt werden sollten, von dem Termin in Kenntnis zu setzen und sie dabei darauf hinzuweisen, daß und wo sie die vollständigen Sitzungsunterlagen einsehen könnten, von denen u.a. auch im Sitzungssaal einige Exemplare zur Verfügung stehen sollten. Hinsichtlich einer Unterbrechung der Sitzung zur Anhörung der betroffenen Bürger wurde beschlossen, daß hierüber der Ausschuß im Einzelfall entscheiden werde.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">In der Sitzung des Rates der Stadt C.      vom 28. Januar 1988 wurde im nichtöffentlichen Teil ein Tagesordnungspunkt unter der Überschrift "Festsetzung eines Ordnungsgeldes wegen Ratsmitglied O.             wegen Verletzung der Verschwiegenheitspflicht" beraten. Dabei teilte der Oberbürgermeister dem Rat mit, der Kläger habe ihm gegenüber erklärt, daß er in dem betreffenden Fall nicht korrekt gehandelt habe und daß dies ein Einzelfall bleiben werde. Zum Ausdruck seines Bedauerns werde er einen Betrag von 50,-- an eine gemeinnützige Einrichtung zahlen. Der Rat hielt daraufhin die Angelegenheit für erledigt und setzte die entsprechende Verwaltungsvorlage von der Tagesordnung ab. Allerdings wies der Oberbürgermeister noch grundsätzlich auf die Pflicht der Mandatsträger gemäß § 30 GO i. V. m. §§ 22 - 24 GO und insbesondere auf die Pflicht zur Verschwiegenheit hin.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Im Jahre 1988 lag dem Beschwerdeausschuß der Stadt C.      die Beschwerde der einer Einwohnerin vor, die mit der Behandlung ihrer Wohngeldangelegenheit durch das Sozialamt der Stadt nicht zufrieden war. Die den Ausschussmitgliedern nebst der Einladung zu der Sitzung vom 20. September 1988 übersandte Tagesordnung</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">enthielt hierzu unter der Überschrift " II. Nichtöffentlicher Teil " den Punkt: 1. Beschwerde dieser Einwohnerin ... hier: Wohngeld bei Sozialhilfeleistungen,...". Beigefügt war zu dieser Angelegenheit eine Beschlußvorlage der Verwaltung mit dem Vorschlag, einen Beschwerdegrund nicht anzuerkennen, und dem Hinweis, daß insoweit folgende Anlagen beigefügt seien:</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">-       Beschwerdeschreiben der Beschwerdeführerin vom 14. Juni 1988</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">-       Stellungnahme des Sozialamtes hierzu an die Geschäftsstelledes Beschwerdeausschusses vom 24. Juni 1988</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">-       Stellungnahme des Amtes für Wohnungswesen hierzu an dieGeschäftsstelle des Beschwerdeausschusses vom 8. Juli 1988.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Während der Sitzung des Beschwerdeausschusses vom 20. September 1988 wurde vor dem Eintritt in die Tagesordnung zunächst der Antrag des Klägers, den Tagesordnungspunkt. II. 1, betreffend die Wohngeldangelegenheit dieser Beschwerdeführerin, im öffentlichen Teil zu beraten, abgelehnt. Bei der Beratung dieser Sache im nichtöffentlichen Teil erklärte der Kläger sodann, daß er die gesamten Sitzungsunterlagen hierzu an die Beschwerdeführerin weitergegeben habe. Im übrigen beschloß der Ausschuß, daß die Frage der Rechtmäßigkeit des Handelns der Verwaltung zur Zeit Gegenstand des Widerspruchsverfahrens sei, so daß im Augenblick keine Entscheidung in der Sache getroffen werden könne, und daß das Amt für Wohnungswesen im Einvernehmen mit dem Sozialamt eine Überprüfung bezüglich der Gestaltung des im Sozialamt verwendeten Vordrucks "Vollmacht zur Vertretung in Wohngeldverfahren " vornehmen werde. Ferner regten je ein Vertreter der T.   - und der D.   -Fraktion an, der Beschwerdeausschuß möge den Rat um die Festsetzung eines Ordnungsgeldes gegen den Kläger wegen Verletzung der Verschwiegenheitspflicht im Wiederholungsfalle bitten und einen entsprechenden Tagesordnungspunkt in der Tagesordnung der nächsten Sitzung vorsehen, weil er die Unterlagen zum Tagesordnungspunkt II 1 der Beschwerdeführerin zugänglich gemacht habe.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks"><img width="43" height="75" src="15_K_3472_89_Urteil_19901112_0.png" alt="Die Entscheidung enthält an dieser Stelle ein Bild oder eine Grafik." /></p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">In seiner Sitzung vom 3. November 1988 faßte der Beschwerdeausschuß daraufhin den Beschluß, daß der Rat gebeten werde, gegen den Kläger ein Ordnungsgeld, festzusetzen, weil dieser sämtliche der ihm für den im nichtöffentlichen Teil der Sitzung vom 20. September 1988 zu behandelnden Tagesordnungspunkt II 1 übersandten Unterlagen an die Beschwerdeführerin weitergegeben habe, wobei es sich vom Tatsächlichen, nicht vom Rechtlichen her, um einen Wiederholungsfall handele.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Nachdem der Oberstadtdirektor der Stadt C.      dem Kläger mit Schreiben vom 25. November 1988 die Möglichkeit gegeben hatte, sich zu dieser Angelegenheit zu äußern, beschloß der Rat der Stadt in seiner Sitzung vom 16. Februar 1989, gegen den Kläger wegen Verletzung der Verschwiegenheitspflicht im Zusammenhang mit der Behandlung des nichtöffentlichen Tagesordnungspunktes II 1 in der Sitzung des Beschwerdeausschusses am 20. September 1988 gemäß § 30 Abs. 2 i. V. m. § 22 Abs. 1 u. 6 und § 21 Abs. 3 GO ein Ordnungsgeld in Höhe von 300,-- DM festzusetzen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Unter dem 22. März 1989 erging sodann an den Kläger ein durch den Oberbürgermeister sowie durch den Oberstadtdirektor der Stadt C.      unterzeichnetes Schreiben, in welchem ihm der Ratsbeschluß vom 16. Februar 1989 betreffend das ihm auferlegte Ordnungsgeld mitgeteilt wurde. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, daß der Kläger durch die Weitergabe der Beratungsunterlagen für die Sitzung des Beschwerdeausschusses am 20. September 1988 an die Beschwerdeführerin nicht die Verschwiegenheit gewahrt habe, zu der er als Ratsmitglied verpflichtet gewesen sei. Angelegenheiten, die im nichtöffentlichen Teil einer Sitzung behandelt würden, unterlägen immer der Geheimhaltung, auch ohne einen besonderen ausdrücklichen Ratsbeschluß, was für Sitzungen von Ausschüssen entsprechend gelte. Im übrigen habe es schon früher ein Verfahren dieser Art gegen den Kläger gegeben, das jedoch in der Ratssitzung vom 28.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Januar 1988 gegen die Zahlung eines Geldbetrages zugunsten einergemeinnützigen Organisation eingestellt worden sei. Daher halteder Rat bei der erneuten Verschwiegenheitspflichtsverletzungdurch den Kläger nun ein Ordnungsgeld von 300,-- DM für angemessen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein, mit dem sich der Rat in seiner Sitzung vom 31. August 1989 befaßte und dabei be-schloß, den Rechtsbehelf als zulässig, sachlich aber unbegründetzurückzuweisen, und zwar aus Gründen, die die in dem Schreibenvom 22. März 1989 genannten im wesentlichen wiederholen und- -vertiefen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Mit einem als Widerspruchsbescheid bezeichneten Schreiben vom 6.September 1989, zugestellt am 9. September 1989, das dieUnterschrifen des Oberbürgermeisters und des Oberstadtdirektorsträgt, wurde dem Kläger dieser Ratsbeschluß einschließlich derGründe mitgeteilt.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Am 6. Oktober 1989 hat der Kläger Klage erhoben. Er vertritt die Auffassung, daß er durch die Weitergabe der Unterlagen für die Sitzung des Beschwerdeausschusses vom 20. September 1988 an die Beschwerdeführerin seine Verschwiegenheitspflicht nicht verletzt habe.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Bereits in einer früheren Sitzung des Beschwerdeausschusses habe er nämlich vorgeschlagen, die Sitzungsvorlagen zu Anträgen und Beschwerden gemäß § 6 c GO vorab den betroffenen Bürgern zugänglich zu machen, denn zu einem fundierten Gespräch mit dem Beschwerdeführer als Grundlage einer sachgerechten Beratung durch den Ausschuß könne es nur kommen, wenn der Beschwerdeführer die Position der Verwaltung kenne. Deshalb habe er sich entschlossen, die Sitzungsunterlägen auch ohne die Zustimmung des Ausschusses an die Beschwerdeführerin weiterzureichen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks"><img width="58" height="57" src="15_K_3472_89_Urteil_19901112_1.png" alt="Die Entscheidung enthält an dieser Stelle ein Bild oder eine Grafik." /></p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">.7</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Im übrigen sei bei Beschwerden nach § 6 c GC ein Recht für ihn zur Weitergabe der Sitzungsunterlagen auch aus seiner Stellung als Rats- und Ausschußmitglied abzuleiten. Ansonsten müsse bei derartigen Verfahren ein nicht hinzunehmendes Ungleichgewicht zwischen dem Petenten auf der einen und der sich rechtfertigenden Verwaltung auf der anderen Seite entstehen. Das Beschwerderecht aus § 6 c GO würde dann gleichermaßen ausgehöhlt. Darüber hinaus gebiete es das Rechtsstaatsprinzip, demjenigen, der eine Beschwerde nach § 6 c GO eingereicht habe, auf diese Weise rechtliches Gehör zu gewähren. Schließlich habe sein Vorgehen dem Finden der richtigen Entscheidung gedient und sich als wichtiges Mittel zur Aufklärung des Sachverhalts erwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Weiterhin habe der Beschwerdeführerin gegenüber eine Geheim-haltungspflicht hinsichtlich der Sitzungsunterlagen zu ihremBürgerantrag nach § 6 c GO möglicherweise ohnehin nicht be-standen, denn in dem zugrundeliegenden Verwaltungsverfahren habesie das Recht sowohl zur Anhörung als auch zur Akteneinsichtgehabt und sei dementsprechend in der Lage gewesen, eventuellgeheimhaltungspflichtige Tatsachen auch auf andere Weise zuerfahren.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Schließlich sei es nicht einzusehen, daß allein durch den puren Willensakt des Ausschußvorsitzenden oder einer Mehrheit des Ausschusses eine Beschwerde nach § 6 c GO im nichtöffentlichen Teil der Sitzung behandelt werde, wodurch die Rechte des betroffenen Bürgers erheblich beeinträchtigt würden, dem es dann verwehrt sei, in der Sitzung die Darlegungen und Erläuterungen der anwesenden Vertreter der Stadt über den Standpunkt der Verwaltung zu erfahren. Wenn auch eine Anhörung der Beschwerdeführer in den Ausschußsitzungen nicht vorgesehen sei, so sei es doch eine häufig geübte Verhaltensweise, auf den Antrag eines Ausschußmitgliedes hin die Sitzung zu unterbrechen, um in der</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Pause den Beschwerdeführer die Gelegenheit zu geben, sein Anliegen zu erläutern. Der in der nichtöffentlichen Sitzung nicht anwesende Bürger sei dabei aber nicht in der Lage, sich zu den ihm nicht bekannten Ausführungen der Verwaltung während der Sitzung zu äußern.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">den Bescheid des Beklagten vom 22. März 1989 in derGestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. SeptemberV989 aufzuheben.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Er vertritt insbesondere die Auffassung, daß ein Ungleichgewicht zwischen der Verwaltung auf der einen und dem Bürger auf der anderen Seite bei Beschwerden nach § 6 c GO nicht entstehen könne. Hierbei handele es sich nämlich um Petitionsangelegenheiten, in denen grundsätzlich kein Anspruch auf rechtliches Gehör gegeben sei. Unerheblich sei es in den Fällen dieser Art auch, ob parallel ein Verwaltungsverfahren laufe. Dieses habe mit einer petitionsmäßigen Erledigung auf Grund von § 6 c GO nichts zu tun. Schließlich sei auch der Bewertung des Klägers, daß bei der Entscheidung über die Verhandlung einer Angelegenheit im nichtöffentlichen Teil einer Sitzung durch den puren Willensakt des Ausschußvorsitzenden oder einer Mehrheit des Ausschusses die Rechte der Beschwerdeführer erheblich eingeschränkt würden, nicht zu folgen. Ob ein Tagesordnungspunkt im öffentlichen oder im nichtöffentlichen Teil der Sitzung beraten werde, setzten der Vorsitzende bzw. der Ausschuß auf der Grundlage der entsprechenden rechtlichen Vorschriften und nicht nach Belieben fest.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">-o Im übrigen wird zur vollständigen Darstellung des Sach- und</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Streitstandes auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">Entscheidungsgründe:</span></strong></p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist zulässig. Der Kläger begehrt die Aufhebung der Festsetzung eines gemäß §§ 21 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. 22 Abs. 1 und 6 GO NW verhängten Ordnungsgeldes. Hierbei handelt es sich nach übereinstimmender Meinung in Rechtsprechung und Literatur um einen Verwaltungsakt im Sinne der Verwaltungsgerichtsordnung-VwGO-, gegen den mit Widerspruch und Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO vorzugehen ist.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen -OVG NW-, Urteil vom 20. Mai 1959 -III A 741/58-, DVB1. 1959, 858 (859); OVG NW, Urteil vom 19-September 1962 -III A 1627/59- Kottenberg/Rehn/v. Mutius, Rechtsprechungssammlung (Rechtspr. Slg.), § 22 GO, Nr. 3 Seite 19 (20); Bayerischer Verwaltungsgerichtshof ' (BayVGH ), Urteil vom 2.9. Oktober 1975 -Nr. 52 V 72-, BayVBl. 1976, 498 (499); Rehn/Cronauge, Gemeindeordnung -GO NW-, § 21 Anm. IV 2.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist aber nicht begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 22. März 1989 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. September 1989 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Die Rechtsgrundlagen für die Verhängung eines Ordnungsgeldes durch den Rat gegen einen Angehörigen eines gemeindlichen Ratausschusses.finden sich in den §§30 Abs. 2, 22 Abs. 1 und 6</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">10</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">und 21 Abs. 3 GO NW. Gemäß § 30 Abs. 2 GO NW gelten für die Tätigkeit als Mitglied des Rates, einer Bezirksvertretung und eines Ausschusses die Vorschriften der §§ 22 bis 24 - mit bestimmten Maßgaben, um die es hier nicht geht -, entsprechend; § 21 Abs. 3 Satz 1 GO NW bestimmt, daß der Rat gegen einen Bürger oder Einwohner, der ohne wichtigen Grund die Übernahme einer ehrenamtlichen Tätigkeit oder eines Ehrenamtes ablehnt oder ihre Ausübung verweigert, ein Ordnungsgeld bis zu 500,-- DM und für jeden Fall der Wiederholung ein Ordnungsgeld bis zu 1.000,— DM festsetzen kann; in § 22 Abs. 1 Satz 1 GO NW heißt es, daß der zu ehrenamtlicher Tätigkeit oder in ein Ehrenamt, -Berufene ... über die ihm dabei bekannt gewordenen Angelegenheiten, deren Geheimhaltung ihrer Natur nach erforderlich, besonders vorgeschrieben, vom Rat beschlossen oder vom Gemeindedirektor angeordnet ist, Verschwiegenheit zu wahren hat; und § 22 Abs. 6 GO legt schließlich fest, daß derjenige, der die Pflichten nach Abs. 1 und Abs. 2 verletzt, zur Verantwortung gezogen werden kann (Satz 1) und daß, soweit die Tat nicht mit Strafe bedroht ist, § 21 Abs. 3 entsprechend gilt (Satz 2). Dabei geht die Kammer davon aus, daß das Vorgehen des Klägers nicht mit Strafe bedroht ist.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Selbst wenn der Kläger als Amtsträger i. S. d. § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB zu bezeichnen wäre, was für Mitglieder eines kommunalen Vertretungsorgans nicht ohne weiteres anzunehmen ist</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">vgl. Eser in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, Kommentar 23. Aufl., Rdnr. 23 zu § 11</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">käme ein Straftatbestand nicht in Betracht.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich § 203 Abs. 2 Nr. 1 StGB gilt, daß es sich bei der Weitergabe der Sitzungsvorlagen einschließlich der Stellungnahmen der Fachämter nicht um <span style="text-decoration:underline">fremde Geheimnisse</span> handelt. Die Geheimnisse der Körperschaft sind insoweit nicht geschützt</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">11</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">. <em>u.</em></p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">vgl. Lenckner in Schenke/Schröder, a. a. 0.,Rdnr. 44 a zu § 203.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Bei § 353 b StGB ist eine Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen durch die Tat des Klägers nicht erkennbar.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Die Vorschriften zur Festsetzung eines Ordnungsgeldes finden insbesondere auch auf die Angehörigen des Beschwerdeausschusses nach § 6 c GO Anwendung. Dieser stellt einen freiwilligen Ausschuß im Sinne des § 41 Abs. 1 GO NW dar und unterliegt damit allen für Ausschüsse geltenden Regeln.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Vgl. Rehn/Cronauge, GO NW, § 6 c Anm. III 2; von Loebell, Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen -GO NW-, § 6 c, Rdnr. 9, 11.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat durch die Weiterreichung der Sitzungsunterlagenan die Beschwerdeführerin zu dem im nichtöffentlichen Teil derTagesordnung für die Sitzung des Beschwerdeausschusses vom 20.September 1988 aufgeführten Punkt II 1 seine Pflicht zurVerschwiegenheit nach Maßgabe der vorgenannten Bestimmungenverletzt.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Daß diese Angelegenheit der Verschwiegenheit unterlag, ergibt sich daraus, daß der Beschwerdeausschuß, auf dessen Willensbildung es in diesem Zusammenhang nur ankommen kann, einen Beschluß im Sinne des § 22 Abs. T Satz GO NW gefaßt hat, aus dem das Erfordernis der Geheimhaltung auch in dieser Sache folgt. Es handelt sich dabei um den Beschluß des Ausschusses vom 10. Dezember 1985, in welchem, ausgelöst durch in diesem Zusammenhang gestellte Anträge des Klägers, dahingehend abgestimmt worden ist, daß die Möglichkeit der Einsichtnahme in die Sitzungsunterlagen zugunsten der Beschwerdeführer auf diejenigen Beratungsgegenstände zu beschränken sei, die im öffentlichen</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">12</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Teil der Tagesordnung behandelt würden, während es in Bezug aufdie im nichtöffentlichen Teil besprochenen Angelegenheiten dabeiverbleiben sollte, auch den Beschwerdeführern selbst keineEinsicht in die Sitzungsunterlagen zu gewähren. Dieser Beschlußbedeutet seinem Inhalt nach nicht nur, daß bei denjenigenSachen, die unter Ausschluß der Öffentlichkeit beraten werden,die Geheimhaltung auch auf die Sitzungsunterlagen erstreckensoll, sondern muß darüber hinaus so verstanden werden, daß derAusschuß mehrheitlich der Auffassung ist und dieses durch dieentsprechende Beschlußfassung festgeschrieben hat, daß diejenigen Angelegenheiten, die im nichtöffentlichen Teil derTagesordnung erscheinen, als solche - einschließlich derSitzungsunterlagen - immer der Verschwiegenheit unterliegen.Diese Willensbildung des Ausschusses konkretisiert damit dieübereinstimmende Auffassung von Rechtsprechung und Literatur zuder Frage der Geheimhaltungsbedürftigkeit einer Sache aufgrundeines Ratsbeschlusses im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 GO NW.Danach gelten als Angelegenheiten, deren Geheimhaltung vom Rat -oder entsprechend von dem betreffenden Ausschuß - beschlossenwurde, diejenigen Gegenstände, die auch ohne ausdrücklichenRats- oder Ausschußbeschluß in nichtöffentlicher Sitzung beratenwerden.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NW, Urteil vom 8. September 1954 <em>-III</em> A 1207/53- Rechtspr.-Slg. § 22 GO, Nr. 1, Seite 3 unten; OVG NW, Urteil vom 20. Mai 1959 <em>-III</em> A 751/58-DVB1. 1959, 858 (859); Rehn/Cronauge, GO NW, § 22 Anm. H 2 c; Oerter in von Loebell, GO NW, § 22 Anm. 4; siehe auch BayVGH, Urteil vom 23- März 1988 -4 B 86.02994-, NVwZ 1989, 182 (183).</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks"><img width="78" height="66" src="15_K_3472_89_Urteil_19901112_2.png" alt="Die Entscheidung enthält an dieser Stelle ein Bild oder eine Grafik." /></p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">13</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Dementsprechend heißt es im übrigen auch in § 19 der Geschäftsordnung für den Rat der Stadt C.      , die Ausschüsse und die Bezirksvertretungen, daß alle Angelegenheiten, die im nicht-öffentlichen Teil einer Sitzung bekannt werden, der Verschwiegenheit unterliegen, es sei denn, daß der Rat oder ein Ausschuß ausdrücklich etwas anderes beschließt.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Ansicht des Klägers ist die so begründete Geheimhaltungsbedürftigkeit einer Sache im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 GO NW bereits dann gegeben, wenn diese auf dem nichtöffentlichen Teil der Tagesordnung erscheint, unabhängig davon, ob sie richtigerweise im öffentlichen Teil zu verhandeln wäre und ob sie später auch tatsächlich im nichtöffentlichen Teil bleibt. Denn die Entscheidung, ob eine Angelegenheit auf den öffentlichen oder den nichtöffentlichen Teil der Tagesordnung gesetzt wird, trifft bei der Vorbereitung der Sitzung zunächst der Ausschußvorsitzende - ggf. in Zusammenarbeit mit der Verwaltung -; sollte die Mehrheit des Ausschusses sodann der Ansicht sein, daß die Beratung dieses Gegenstandes besser öffentlich erfolgen sollte, hat sie die Möglichkeit - wie es der Kläger im vorliegenden Fall auch versucht hat -, am Beginn der Sitzung einen entsprechenden Beschluß herbeizuführen; solange dies jedoch nicht geschehen ist und die Sache im nichtöffentlichen Teil bleibt, ist sie indessen als von Anfang an, d. h. seit der Einladung zu der Sitzung unter Übersendung der Tagesordnung, als aufgrund eines Ausschußbe-schlusses gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 GO NW geheimhaltungsbedürftig einzuordnen. Dementsprechend ergibt sich auch aus dem Beschluß des Beschwerdeausschusses vom 10. Dezember 1985 gerade, daß die Sitzungsunterlagen für alle Angelegenheiten, die überhaupt für den nichtöffentlichen Teil der Tagesordnung vorgesehen sind, nicht nach außen bekannt gegeben werden sollen, unabhängig davon, ob der einzelne Gegenstand schließlich auch endgültig im nichtöffentlichen Teil besprochen wird.</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Hiernach waren die Sitzungsvorlagen für den Tagesordnungspunkt II 1 im nichtöffentlichen Teil der Sitzung des Beschwerdeausschusses vom 20. September 1988 im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 GO geheimhaltungsbedürftig. Das gilt namentlich für die Stellungnahmen des Sozialamtes vom 24. Juni -1988 sowie des Amtes für Wohnungswesen vom 8. Juli 1988 an die Geschäftsstelle des Beschwerdeausschusses, denn diese verwaltungsinternen Schriftstücke waren der Beschwerdeführerin zuvor nicht bekannt und wären ihr auch nicht im Rahmen der zugrundeliegenden Verwaltungsverfahren - etwa im Wege der -Akteneinsicht - zugänglich gewesen, weil sie eigens und allein für die Vorbereitung der Sitzung des Beschwerdeausschusses in dieser Angelegenheit angefertigt worden waren.</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Bestand nach alledem hinsichtlich der genannten Sitzungsunterlagen für den Kläger als Mitglied des Beschwerdeausschusses eine Pflicht zur Verschwiegenheit, so greifen die Argumente, die der Kläger demgegenüber dafür vorbringt, daß er dennoch zur Weitergabe dieser Papiere an die Beschwerdeführerin berechtigt gewesen wäre, sämtlich nicht durch.</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Die Geheimhaltungsbedürftigkeit dieses Beratungsgegenstandes einschließlich der Sitzungsunterlagen wird zunächst nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Beschwerdeführerin, wie der Kläger nunmehr behauptet, mit der Verhandlung ihrer Angelegenheit im öffentlichen Teil der Tagesordnung einverstanden gewesen wäre und ein solches Verfahren sogar gewünscht hätte. Denn die Entscheidung, ob über das Anliegen eines Bürgers öffentlich oder nichtöffentlich beraten werden soll, trifft, wie dargelegt, zunächst der Ausschußvorsitzende, wobei die Festlegung hierzu in der Tagesordnung am Beginn der Sitzung noch durch die Mehrheit des Ausschusses geändert werden kann, während der Beschwerdeführer selbst insoweit nicht beteiligt ist. Etwas anderes läßt sich auch nicht aus dem Sinn und Zweck der Vorschriften der</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks"><img width="55" height="74" src="15_K_3472_89_Urteil_19901112_3.png" alt="Die Entscheidung enthält an dieser Stelle ein Bild oder eine Grafik." /></p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">.15</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Gemeindeordnung über die Verschwiegenheitspflichten von Mandatsträgern ableiten. Denn diese dienen nicht nur dazu, die Interessen einzelner Bürger an der Geheimhaltung bestimmter Umstände zu wahren, sondern sollen in ganz wesentlichem Umfang auch die Arbeit der entsprechenden Gremien und der Verwaltung erleichtern, die sich in bestimmten Angelegenheiten unbefangener und umfassender äußern können, wenn sie nicht damit rechnen müssen, daß ihre schriftlichen oder mündlichen Ausführungen einem unübersehbaren Personenkreis zugänglich werden können. Gerade letzteres würde aber durch die Weitergabe der Sitzungsunterlagen auch nur an den betreffenden Beschwerdeführer selbst ermöglicht. Denn dieser hat, anders als der Kläger, in dieser Hinsicht keine Verschwiegenheitspflichten zu beachten und ist durch keinerlei rechtliche Vorschriften gehindert, die ihm überlassenen Schriftstücke seinerseits weiterzureichen.</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Weiterhin gebietet auch das Rechtsstaatsprinzip es nicht, daß bei Beschwerden nach § 6 c Abs. 1 GO NW die Sitzungsunterlagen jedenfalls dem Betroffenen selbst übersandt werden, damit dieser sich an diesem Verfahren ausreichend beteiligen kann. Denn demjenigen, der einen solchen Antrag einreicht, stehen bei der Abwicklung dieser Angelegenheit durch die Verwaltung Verfahrensrechte nur in ganz geringem Umfang zu. Der Bürgerantrag nach § 6 c GO NW ist nämlich, wie sich schon aus der Formulierung dieser Vorschrift ergibt, materiell einer Petition im Sinne des Art. 17 des Grundgesetzes -GG- vergleichbar.</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Vgl. Rehn/Cronauge, GO NW, § 6 c Anm. I 1;Becker in -von Loebell, GO NW, § 6 c Anm. 2.</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">16</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Das bedeutet, daß dem Beschwerdeführer im Rahmen dieses Verfahrens, das vornehmlich gerade dafür dient, daß die Verwaltung sich intern durch ein eigens dazu geschaffenes Gremium selbst kontrolliert, nicht mehr Beteiligungsrechte gegeben sein können als einem Petenten nach Art. 17 GG. So hat er zwar, wie es auch im § 6 c Abs. 1 Satz 4 GG ausdrücklich geregelt ist, ein Recht auf Bescheidung seiner Sache</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">vgl. Rehn/Cronauge, GO NW, § 6 c Anm. IV;Becker in von Loebell, GO NW, § 6 o Anm. 8;</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">ausgesprochen fraglich ist aber, ob und inwieweit er darüber hinaus seinen Anspruch auf die Darlegung seiner Gründe geltend machen kann,</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">dagegen z. B.: von Münch, Grundgesetz, Artikel 17 GG, Rdnr. 14;</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">zumindest kann er jedoch nicht verlangen, zur Begründung seiner Petition mündlich gehört zu werden.</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">Vgl. Dürig in: Maunz-Dürig, Grundgesetz, Artikel 17, Rdnr. 37, 38.</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">Diese Rechte der Beschwerdeführerin wären .aber auch ohne ihre vorherige Kenntnis von den Sitzungsunterlagen zur Vorbereitung einer - verfahrensmäßig nicht zwingenden - Anhörung während einer Sitzungsunterbrechung gewahrt gewesen wie dies hier auch tatsächlich geschehen ist.</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Hiervon ausgehend, kann der Kläger die Berechtigung zur Übersendung der Sitzungsunterlagen an die Beschwerdeführerin schließlich auch nicht aus seiner - damaligen - Stellung als Rats- und Ausschußmitglied herleiten. Denn als Angehöriger des</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks"><img width="69" height="63" src="15_K_3472_89_Urteil_19901112_4.png" alt="Die Entscheidung enthält an dieser Stelle ein Bild oder eine Grafik." /></p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">17              .</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">Ausschusses hatte er sich an den für ihn verbindlichen Beschluß dieses Gremiums vom 10. Dezember 1985 und die Tatsache, daß der Beratungsgegenstand II 1 für die Sitzung vom 20. September 1988 auf dem nichtöffentlichen Teil der Tagesordnung stand, zu halten, zumal verfahrensmäßige oder sonstige Rechte der Beschwerdeführerin, wie dargelegt, auch ohne die Verschickung der Sitzungsunterlagen an sie ohnehin nicht verletzt gewesen wären.</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">Nach alledem ist die Entscheidung des Rates, dem Kläger gegenüber wegen eines Verstoßes gegen die Verschwiegensheitspflicht in dieser Angelegenheit ein Ordnungsgeld von 300,-- DM zu verhängen, rechtmäßig und nicht zu beanstanden. Insbesondere sind insoweit die allgemeinen Grundsätze eines rechtsstaatlichen Verfahrens beachtet und auch im Rahmen der Ermessenserwägungen sachgerechte Gesichtspunkte zugrundegelegt worden, wobei der Rat unter anderem zulässigerweise berücksichtigt hat, daß der Kläger einen ähnlichen Verstoß, wie sich aus dem Protokoll der Ratssitzung vom 28. Januar 1988 ergibt, wohl schon früher einmal begangen hatte.</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen nicht vorliegen (Art. 2 § 4 Abs. 1 und 2 i. V. m. § 131 VwGO).</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 der Zivilprozeßordnung.</p>
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} | 25 T 435/90 | 1990-11-09T00:00:00 | 2019-03-13T14:44:24 | 2022-10-18T15:09:15 | Beschluss | ECLI:DE:LGD:1990:1109.25T435.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der angefochtene Beschluss wird insoweit aufgehoben, als der Antrag der Beteiligten zu 1), den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 10. November 1989 zu TOP 8 für unwirksam zu erklären, zurückgewiesen worden ist.</p>
<p></p>
<p>Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 10. November 1989 zu TOP 8 wird für ungültig erklärt.</p>
<p></p>
<p>Die Beteiligten zu 2) bis 11) tragen die Gerichtskosten der 1. und 2. Instanz als Gesamtschuldner.</p>
<p></p>
<p>Die Erstattung außergerichtlicher Kosten wird nicht angeordnet.</p>
<p></p>
<p>Beschwerdewert: 5.000,00 DM.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>G r ü n d e :</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Beteiligten zu 1) bis 11) sind die Eigentümer der oben bezeichneten Eigentumsanlage. Die Beteiligte zu 12) ist die Verwalterin. In der Eigentümerversammlung vom 10. November 1989 wurde zu TOP 8 (Grillen auf den Balkonen) mehrheitlich beschlossen, dass das Grillen auf den Balkonen gestattet ist. Die Beteiligte zu 1) ist der Auffassung, dass dieser Beschluss ungültig sei, da er nicht mit den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung übereinstimme.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Gegen die Beschlussfassung zu TOP 8 und zu 9 Unterpunkt 2 der Eigentümerversammlung vom 10. November 1989 hat sich die Beteiligte zu 1) gewandt und beantragt, die Beschlüsse für ungültig zu erklären.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Durch Beschluss vom 30. April 1990 hat das Amtsgericht Düsseldorf den Beschluss zu TOP 9 Unterpunkt 2 für ungültig erklärt:</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks"> - den weitergehenden Antrag der Beteiligten zu 1)</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks"> hat es zurückgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Gerichtskosten sind der Beteiligten zu 1) und den Beteiligten zu 2) bis 11) jeweils zur Hälfte auferlegt worden; die Erstattung außergerichtlicher Kosten ist nicht angeordnet worden. Gegen den ihr am 28. Mai 1990 zugestellten Beschluss hat die Beteiligte zu 1) sofortige Beschwerde, eingegangen am 11. Juni 1990, mit dem Antrag eingelegt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks"> unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Beschlusses</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks"> auch den in der Versammlung der Eigentümer der Wohnungs-</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks"> eigentumsanlage A in B am</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks"> 10. November 1989 zu TOP 8 gefassten Beschluss für</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks"> unwirksam zu erklären und aufzuheben.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Beteiligten zu 2), 4) und 5) beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks"> die Beschwerde zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Wegen der näheren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die von den Verfahrensbeteiligten wechselseitig zu den Akten gereichten Schriftsätze Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Kammer hat am 27. August 1990 mündlich verhandelt.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 45 Abs. 1, 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG, 21, 22 Abs. 1 FGG) und auch begründet.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Zu Recht hat das Amtsgericht gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit entschieden, da über die Gültigkeit von Beschlüssen der Wohnungseigentümer zu befinden ist.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Gemäß § 43 Abs. 4 Nr. 2 WEG sind sämtliche Wohnungseigentümer und der Verwalter an dem Verfahren beteiligt.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Der angefochtene Beschluss zu TOP 8 der Eigentümerversammlung vom 10. November 1989 ist unwirksam, denn die in ihm enthaltene Gebrauchsregelung ist einer Mehrheitsentscheidung nicht zugänglich.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Das Grillen auf den im Sondereigentum stehenden Balkonen verstößt gegen §§ 13 Abs. 1, 14 Nr. 1 WEG. Nach § 14 Nr. 1 WEG ist jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, die im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile so instandzuhalten und von diesen sowie von dem gemeinschaftlichen Eigentum nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, dass dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben hinaus ein Nachteil erwächst. Unter einem Nachteil im Sinne der vorstehenden Bestimmung ist jede nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung zu verstehen, wobei ganz geringfügige Beeinträchtigungen außer Betracht bleiben (vgl. Baumann, Pick, Merle, WEG, 6. Auflage, § 14 Rdnr. 35 und die dort zitierte Rechtsprechung). Selbst unter Berücksichtigung der Tatsache das Grillen im Freien auf dem Holzkohlengrill – wie das Amtsgericht ausgeführt hat – "eine weithin beliebte und gebräuchliche Art der Zubereitung von Speisen ist", stellt es eine nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung dar (vgl. hierzu Bielefeld, Der Wohnungseigentümer 1982, 60 f und 1983, 88 f; Müller, Praktische Fragen des Wohnungseigentums, 1986, S. 83; Deckert, Die Eigentumswohnung vorteilhaft erwerben, nutzen und verwalten, Gruppe 5, S. 701; AG Wuppertal, Rpfleger 1977, 445). Dies gilt umso mehr, wenn das Grillen – wie vorliegend – uneingeschränkt – gestattet sein soll. Bei dem Grillen auf dem Holzkohlenfeuer verbreitet sich nicht nur Rauch, sondern auch der Geruch von darauf gegarten Lebensmittel; außerdem entsteht Brandgefahr. Diese Rauch- und Geruchsbelästigungen sowie die Brandgefahr trifft die Bewohner der benachbarten Wohnungen, die ihre Fenster und Balkontüren geschlossen halten müssen, damit zumindest die Rauch- und Geruchsimmissionen nicht in die Wohnungen dringen und sich darin festsetzen. Allein daraus erhellt, dass durch das Grillen auf Balkonen mittels Holzkohlenfeuer die übrigen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Die Beteiligten zu 2) bis 11) tragen die Gerichtskosten als Unterlegene. </p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die Erstattung außergerichtlicher Kosten war nicht anzuordnen, da eine Rechtsfrage zur Entscheidung stand.</p>
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} | 18 U 181/89 | 1990-11-08T00:00:00 | 2019-03-13T14:44:26 | 2022-10-18T15:09:15 | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1990:1108.18U181.89.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Beklagten wird das am 20. April 1989 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Essen abgeändert.</p>
<p>Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen. Die Anschlußberufung wird zurückgewiesen.</p>
<p>Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Es beschwert den Kläger um 34.200,-- DM.</p>
<p> </p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration: underline;"><b>Entscheidungsgründe</b>:</span></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">(Urteil ohne Tatbestand gemäß § 534 Abs. 1 ZPO)</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist zulässig und begründet. Die Anschlußberufung hat keinen Erfolg. Die Klage ist nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von 34.200,-- DM Maklerhonorar gemäß § 652 Abs. 1 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Ein Maklervertrag ist zwischen den Parteien zustande gekommen. Der Beklagte hat den Kläger beauftragt, die Kaufgelegenheit bezüglich des Grundstücks xxx in xxx nachzuweisen. Seine erstinstanzliche Behauptung, in fremdem Namen gehandelt zu haben, hält der Beklagte in zweiter Instanz nicht aufrecht. Unstreitig haben die Parteien über die Zahlung von Maklerhonorar in Höhe von 3,42 %<i> </i>des Kaufpreises verhandelt. Dies ist geschehen, bevor der Kläger dem Beklagten die Vertragsgelegenheit nachgewiesen hat. Der Nachweis ist nicht schon dadurch erfolgt, daß der Kläger dem Beklagten das Grundstück gezeigt hat, denn hierdurch wurde der Beklagte noch nicht in die Lage versetzt, Vertragsverhandlungen mit der Eigentümerin zu führen. Namen und Telefonnummer der Eigentümerin hat der Kläger dem Beklagten erst später genannt, also nach Äußerung des Provisionsverlangens.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Nachweis selbst ist unstreitig. Der Beklagte behauptet allerdings, Vorkenntnis gehabt zu haben. Es kann dahingestellt bleiben, ob dem Beklagten das Objekt vorher bekannt gewesen ist. Unstreitig kannte er nicht den Namen der Eigentümerin, war also vorher nicht in der Lage, Vertragsverhandlungen mit der Eigentümerin zu führen. Damit ist die Kausalität des durch den Kläger erfolgten Nachweises von dem Beklagten nicht ausgeräumt.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">3.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der Hauptvertrag ist wirksam zustande gekommen. Wirtschaftliche Identität ist gegeben. Der Beklagte wußte spätestens seit der Besichtigung des Grundstücks, daß dieses bebaut war. Danach hat er weitere Maklerleistungen von dem Kläger verlangt (Benennung der Eigentümerin). Der Maklerauftrag bezog sich deshalb auf das bebaute Grundstück.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">4.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat seinen Provisionsanspruch indessen gemäß § 654 BGB verwirkt, weil er dem Beklagten mit Schreiben vom 31.10.1987 wahrheitswidrig die Einräumung einer Option für drei Monate zugesagt hat. Damit hat der Kläger unter zumindest grob leichtfertiger Verletzung wesentlicher Vertragspflichten den Interessen des Beklagten, seines Auftraggebers, in wesentlicher Weise zuwidergehandelt.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Vorschrift des § 654 BGB betrifft ihrem Wortlaut nach zwar nur den Fall, daß der Makler vertragswidrig auch für den anderen Teil tätig geworden ist. Sie drückt aber einen von der Treu- und Sorgfaltspflicht des Maklers ausgehenden allgemeinen Rechtsgedanken aus und ist demgemäß auch in anderen Fällen anzuwenden, in denen der Makler seine Treuepflicht gegenüber dem Auftraggeber vorsätzlich, mindestens aber in einer dem Vorsatz nahekommenden grob leichtfertigen Weise verletzt und deshalb den Maklerlohn nach allgemeinem Rechts- und Billigkeitsempfinden nicht verdient hat (ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, vgl. BGH NJW 1986, S. 2573 m. w. N.).</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Der von dem Kläger in seinem Schreiben vom 31.10.1987 gebrauchte Begriff der "Option" bedeutete unter den gegebenen Umständen eine sog. Reservierungsvereinbarung. Der Beklagte konnte die Erklärung nur so verstehen, daß der Kläger alle sonstigen Vermittlungsbemühungen hinsichtlich dieses Objekts einstellen und allen anderen Interessenten - jedenfalls zunächst - absagen würde. Dabei durfte der Beklagte davon ausgehen, daß der Kläger einen qualifizierten Alleinauftrag hatte oder aber mit Zustimmung der Eigentümerin handelte, denn nur dann war die Option überhaupt etwas wert. Der Beklagte durfte aufgrund der Erklärung des Klägers darauf vertrauen, daß ihm das Grundstück praktisch drei Monate lang sicher sein würde. Diese Zeit sollte der Beklagte, wie sich aus dem Schreiben des Klägers ergibt, für notwendige Planungsarbeiten nutzen können, ohne Gefahr zu laufen, daß das Grundstück zwischenzeitlich anderweitig veräußert werden würde.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">c)</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">In Wirklichkeit gab es eine solche Reservierung zugunsten des Beklagten jedoch nicht. Die Behauptung des Klägers, eine entsprechende Vereinbarung sei zwischen der Eigentümerin xxx und dem Beklagten getroffen worden, ist in der Beweisaufnahme widerlegt worden. Die Zeugin xxx hat glaubhaft bekundet, sie habe dem Beklagten keine Option eingeräumt. Kraft seiner Stellung als Makler konnte der Kläger selbst dem Beklagten nicht zusagen, daß das Grundstück für einen bestimmten Zeitraum nicht anderweitig verkauft werden würde, denn der Kläger hatte keinen Alleinauftrag, erst recht keinen qualifizierten, der die Eigentümerin dazu verpflichtet hätte, sämtliche Interessenten an ihn zu verweisen. Die Zeugin xxx hat glaubhaft ausgesagt, sie habe dem Kläger keinen Alleinauftrag erteilt. Der Kläger hätte mithin dem Beklagten allenfalls zusagen können, daß er das Grundstück während der Optionszeit anderweitig nicht anbieten würde. In seinem Schreiben vom 31.10.1987 heißt es jedoch wörtlich: "Während dieser Zeit wird es (das Grundstück) keinen weiteren Kunden angeboten." Das konnte der Beklagte nur so verstehen, daß das Grundstück überhaupt nicht, also weder gegenüber Kunden anderer Makler, noch gegenüber direkt mit der Eigentümerin in Kontakt tretenden Interessenten angeboten werden würde. Zu einer solchen Erklärung war der Kläger nicht befugt.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">d)</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Das Nichtbestehen der angeblichen "Option" gefährdete die Interessen des Beklagten in erheblichem Maße, denn er investierte möglicherweise in dieser Zeit Planungskosten und wurde eventuell auch, weil er sich des Grundstücks sicher fühlte, davon abgehalten, sich gleichzeitig um andere Objekte zu kümmern. Die Vorspiegelung der Option stellt deshalb eine Verletzung wesentlicher Vertragspflichten dar. Unerheblich ist, daß dem Beklagten dadurch ein Schaden nicht entstanden ist, weil das Grundstück nicht anderweitig, sondern an ihn verkauft worden ist und seine Investitionen mithin nicht vergeblich waren. Die Verwirkung des Anspruchs auf Maklerlohn nach § 654 BGB hat Strafcharakter. Sie soll den Makler bei Vermeidung des Verlustes seines Vergütungsanspruchs dazu anhalten, die ihm gegenüber seinem Auftraggeber obliegende Treuepflicht zu wahren. Die Anwendung der Vorschrift setzt nicht voraus, daß dem Auftraggeber ein Schaden entstanden ist (BGH a.a.O.).</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">e)</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat die ihm obliegende vertragliche Treuepflicht zumindest grob leichtfertig verletzt. Da er, wie die Beweisaufnahme ergeben hat, weder von der Eigentümerin, noch von dem Beklagten über die Vereinbarung einer Option informiert worden war, durfte er eine solche dem Beklagten nicht "bestätigen". Dazu war er auch nicht kraft seiner Stellung als Makler berechtigt, denn ihm war bekannt, daß er nicht alleinbeauftragt war. Seine Erklärung, er habe sich für alleinbeauftragt gehalten, weil nach seiner Kenntnis seinerzeit kein weiterer Makler beauftragt gewesen sei, ist nicht glaubhaft. Die Bedeutung des Alleinauftrags liegt u.a. darin, daß sich der Makler dem Auftraggeber gegenüber zum Tätigwerden verpflichtet und dieser seinerseits auf sein Recht verzichtet, gleichzeitig die Dienste mehrerer Makler in Anspruch zu nehmen. Das ist in Maklerkreisen allgemein bekannt. Nach den Standesregeln des Bundesverbandes des xxx verhält sich ein Makler dann standeswidrig, wenn er sich als alleinbeauftragter Makler darstellt, ohne nachweisbar über einen Alleinauftrag zu verfügen. Der Senat ist davon überzeugt, daß auch der Kläger die Bedeutung des Begriffs des Alleinauftrags kennt und bei Abfassung des Schreibens vom 31.10.1987 gekannt hat. Der Kläger wirbt in seinen Anzeigen als xxx und hat mit Schriftsatz vom 02.11.1988 betont, seit rund 20 Jahren im Maklergewerbe tätig zu sein. Ein solchermaßen erfahrener Makler weiß, welche Bedeutung dem Begriff des "Alleinauftrags" in Maklerkreisen beigemessen wird. Da auch der Beklagte Makler ist und der Kläger dies bei Abfassung seines Schreibens vom 31.10.1987 wußte, hat er zumindest in Kauf genommen, daß der Beklagte die Bestätigung der "Option" als Reservierung durch den Kläger als vermeintlich alleinbeauftragten Makler verstehen würde, zumal der Kläger sich zuvor in Zeitungsanzeigen, in denen er dasselbe Grundstück als "älteres Mehrfamilienhaus" angeboten hatte, ausdrücklich als alleinbeauftragt bezeichnet hatte. Mit der wahrheitswidrigen Vorspiegelung, alleinbeauftragt zu sein, hat der Kläger den Interessen des Beklagten zumindest in einer dem Vorsatz nahekommenden grob leichtfertigen Weise zuwidergehandelt. Daraus folgt, daß er seinen Lohn nach allgemeinem Rechts- und Billigkeitsempfinden nicht verdient hat.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Ziff. 10, 713 ZPO.</p>
|
315,031 | olgham-1990-11-08-27-u-10590 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 27 U 105/90 | 1990-11-08T00:00:00 | 2019-03-13T14:44:27 | 2022-10-18T15:09:15 | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1990:1108.27U105.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Beklagten gegen das am 14. Februar 1990 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bochum wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Auf die Anschlußberufung der Klägerin wird das genannte Urteil im Leistungs- und Kostenausspruch abgeändert.</p>
<p></p>
<p>Die Beklagte wird verurteilt, insgesamt 5.493,18 DM nebst 6,5% Zinsen seit dem 29. November 1988 zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Tatbestand:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Am 19.01.1985 gegen 12.45 Uhr stürzte die Briefzustellerin der XXX XXXX des im Eigentum der Beklagten stehenden Grundstücks XXX in XXX -XXX auf dem dort befindlichen Haus, nachdem sie Post zugestellt hatte. Der Zugangsweg war zum Unfallzeitpunkt schneebedeckt; am 15.01.1985 hatte es zum letzten Mal geschneit.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Beim Sturz erlitt die XXX<b> </b>einen Sprunggelenkverrenkungsbruch und war deswegen vom 20.01. bis zum 03.07. und vom 26.07. bis zum 13.10.1985 arbeitsunfähig. Seit dem 01.11.1985 ist sie nicht mehr als Briefzustellerin tätig, sondern in der Eilzustellung unter Einsatz eines Fahrzeugs. Die Bundespost zahlt ihr den bisherigen Lohn weiter, zu 10%<i> </i>jedoch als sogenannten "personengebundenen Zuschlag", dessen Gewährung die XXX<b> </b>beantragt hatte.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Ausgehend vom Bruttoarbeitsentgelt hat die XXX für die Zeit vom 01.04.1987 bis zum 30.09.1988 die Höhe des personengebundenen Zuschlags mit 8.238,29 DM ermittelt. Wegen eines Teilbetrags von 5.493,18 DM (Haftung der Beklagten nach einer Quote von 2/3 für den Unfall vom 19.01.1985) hat die Klägerin von der Beklagten Ersatz verlangt; ferner hat sie nach der Quote von 2/3 Feststellung der- Ersatzpflicht für künftige entsprechende Aufwendungen begehrt, außerdem Feststellung der Ersatzpflicht für berufsgenossenschaftliche Aufwendungen im Hinblick darauf, daß sie Eigenunfallversicherer ist. Bereits am 14.02.1985 hatte die, Verletzte ihre Schadensersatzansprüche an die Klägerin insoweit abgetreten, als diese Leistungen erbracht hat und noch erbringen wird.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat behauptet:</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Verletzte habe noch unfallbedingte Schäden (Belastungsschmerzen, Schwellneigung am linken Knöchelbereich und Funktionseinschränkung im Knöchelbereich). Insbesondere beim Treppensteigen und beim Austragen schwerer Sendungen verspüre sie die Belastungsschmerzen im Sprunggelenk. Das habe zur Folge, daß sie nicht die Arbeitsmenge schaffe, die nach postinternem Bemessungswert innerhalb bestimmter Zeit zu erledigen sei. So schaffe sie innerhalb einer zweieinhalbstündigen Zustellfahrt nur die Zustellung von 16 Sendungen, statt von 20 Sendungen, wie es als Leistungsmaß festgelegt sei. Insgesamt bleibe, ihre Arbeitsleistung um rund 10%<i> </i>hinter dem üblichen Leistungsmaß zurück.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat demgegenüber bestritten, daß eine unfallbedingte Einschränkung der Arbeitsleistung der Verletzten zu verzeichnen sei, und hat im übrigen die Auffassung vertreten, daß dieser wegen des fortgezahlten vollen Lohnes kein Schaden erwachsen sei.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat zur Frage einer unfallbedingten Leistungsminderung der Verletzten den Zeugen Schneider unleidlich vernommen (gemäß Sitzungsprotokoll vom 31.05.1989, Bl. 59 R d.A.). Ferner hat es ein schriftliches Gutachten des Sachverständigen XXX vom 31-10.1989 eingeholt, das dieser im Termin vom 14.02.1990 erläutert hat; auf das schriftliche Gutachten Bl. 71 bis 77 d.A. und auf das Terminsprotokoll vom 14.02.1990 (Bl. 95 R d.A.) wird Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Mit dem am 14.02.1990 verkündeten Urteil hat das Landgericht der Zahlungsklage teilweise - in Höhe von 1.098,44 DM und der Feststellungsklage stattgegeben. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte hafte wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht jedenfalls zu einer Quote von 2/3 Aufgrund der Aussage des Zeugen XXX und der Ausführungen des Sachverständigen XXX sei von einer unfallbedingten Minderung der Arbeitsleistung der Verletzten auszugehen. Da diese aber auch, wie sachverständigerseits festgestellt, durch weitere unfallunabhängige Leiden in ihrer Erwerbsfähigkeit gemindert sei, könne die Leistungsminderung von 10%<i> </i>lediglich zu 1/5 auf den Unfall zurückgeführt werden. Demgemäß brauche die Beklagte nur 1/5 des errechneten Betrages zu ersetzen. Der Feststellungsantrag sei in vollem Umfang begründet, da angesichts der auf Dauer vorliegenden unfallbedingten Beeinträchtigungen mit dem Eintritt entsprechender Schäden in Zukunft zu rechnen sei.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Dagegen richten sich die Berufung der Beklagten und die Anschlußberufung der Klägerin; die Beklagte erstrebt eine Klageabweisung in vollem Umfang, die Klägerin will den erstinstanzlich erhobenen Zahlungsanspruch voll durchsetzen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte vertritt die Auffassung, daß sie keine Verkehrssicherungspflicht begangen habe, zumal die Briefzustellerin den Zugangsweg nach dem letzten Schneefall am 15.01.1985 bereits mehrfach begangen gehabt habe; jedenfalls treffe diese ein überwiegendes Mitverschulden. Im übrigen bestreitet die Beklagte nach wie vor, daß eine unfallbedingte Minderung der Arbeitsfähigkeit vorliege, und meint, daß die erhobenen Beweise entsprechende Feststellungen nicht zuließen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">abändernd die Klage insgesamt abzuweisen;</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">die Anschlußberufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen;</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">abändernd die Beklagte zu verurteilen, einschließlich des bereits zuerkannten Betrages an sie - die Klägerin - 5.493,18 DM nebst 6,5%<i> </i>Zinsen seit Klagezustellung (29-11.1988) zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und meint, daß die Beklagte den vollen eingeklagten Betrag zu ersetzen habe, zumal die Minderung der Arbeitsfähigkeit der Zeugin XXX um 10 % <u>ausschließlich</u> auf die Unfallverletzungen zurückgehe.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat XXX zu ihren unfallbedingten Beschwerden und zum Hergang des Geschehens vom 19.01.1985 uneidlich als Zeugin vernommen; wegen des Inhalts ihrer Aussage wird auf den Berichterstattervermerk zum Termin vom 08.11.1990 Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe:</u></p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung ist unbegründet, die Anschlußberufung hingegen begründet. </p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 5.493,18 DM aus §§ 823, 842, 843 BGB in Verbindung mit § 398 BGB (Ersatz von 2/3 des für die Zeit vom 01.04.1987 bis 30.09,. 1988 gezahlten personengebundenen Zuschlags). Ferner hat die Beklagte der Klägerin die künftigen Aufwendungen für die im XXX zu 2/3 nach §§ 823, 842, 843 BGB zu ersetzen, in Verbindung mit § 116 SGB X bei Unfallversicherungsleistungen, in Verbindung mit § 398 BGB aus abgetretenem Recht der XXX bei Leistungen als Arbeitgeberin, insbesondere durch weitere Zahlung des personengebundenen Zuschlags.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte haftet dem Grunde nach jedenfalls zu einer Quote von 2/3 - mehr begehrt die Klägerin nicht - aus dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherungspflichtsverletzung. Der Zugangsweg zu ihrem Haus war zum Zeitpunkt des Unfalls am 19.01.1985 schneebedeckt. Damit lag ein objektiv verkehrsunsicherer Zustand vor. Die Beklagte hat (fahrlässig) pflichtwidrig gehandelt: Der letzte Schneefall war am 15.01.1985, 4 Tage vor dem Sturz der XXX. Entgegen den ihr als Grundstückseigentümerin obliegenden Pflichten hatte sich die Beklagte demnach nicht um die Verkehrssicherheit des Zugangswegs gekümmert. Diese Pflichtverletzung war auch ursächlich für den Sturz der Zeugin. Der Sturz hat sich gegen 12.45 Uhr ereignet, also innerhalb der zeitlichen Grenzen der Streupflicht. Danach spricht ein Beweis des ersten Anscheins für Ursächlichkeit, vgl. BGH NJW 84, 432, 433. Dieser Anscheinsbeweis ist nicht erschüttert.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin läßt sich bereits ein Mitverschulden der Zeugin XXX 1/3 anrechnen. Ein höheres Mitverschulden hat die Beklagte nicht dargetan, jedenfalls nicht bewiesen: Der Umstand, daß die Zeugin die örtlichen Verhältnisse kannte, reicht für ein höheres Mitverschulden nicht hin, zumal die Beklagte den ersten und überwiegenden Verursachungsbeitrag durch ein nicht nur kurzfristiges, sondern nachhaltiges Versagen gesetzt hat; seit dem letzten Schneefall waren immerhin schon vier Tage verstrichen, ohne daß die Beklagte den verkehrsunsicheren Zustand beseitigt hatte. Auch die Aussage der Zeugin: Sturz wegen einer durch Schnee verdeckten Fahrspur eines Lkw, begründet kein über die Quote von 1/3 hinausgehendes Mitverschulden.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Soweit die XXX der Zeugin 10% der Arbeitsvergütung als personengebundenen Zuschlag gezahlt hat (für die Zeit vom 01.04.1987 bis zum 30.09.1988 in Höhe eines Betrages von 8.238,29 DM), ist aufgrund der Abtretung der Zeugin ein Anspruch auf Ersatz des personengebundenen Zuschlags - nach der Quote von 2/3 - auf die Klägerin übergegangen.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">a) Die Klägerin hat bewiesen, daß die Zeugin XXX unfallbedingt um 10%<i> </i>in ihrer Arbeitsfähigkeit gemindert ist. Der Zeuge XXX hat plausibel und nachvollziehbar ausgesagt, daß die Arbeitsleistung der Zeugin um rund 10%<i> </i>hinter dem üblichen Leistungsmaß in der Eilzustellung zurückbleibt. Der Senat folgt dieser glaubhaften Aussage; der Zeuge XXX hat - einsichtig auch ohne Vorlage detaillierter Arbeitsmengenuntersuchungen - unter Hinweis auf die Tatsache, daß die Zeugin bei einem Zustellgang etwa 10 Minuten länger braucht als andere Bedienstete, verdeutlicht, worin sich diese Minderleistung äußert.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen XXX steht auch, fest, daß diese Leistungsminderung unfallbedingt ist. Nach eingehender Untersuchung der Zeugin hat der Sachverständige in seinen überzeugenden Ausführungen das Vorbringen der Klägerin bestätigt, die Zeugin leide noch an Folgen des Verrenkungsbruchs (Steh- und Gehbeschwerden). Diese Beschwerden haben nicht nur eine abstrakte Minderung der Erwerbsfähigkeit von 10 % auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Folge, sie führen gerade auch bei der Tätigkeit der Zeugin in der Eilzustellung zu ganz konkreten Belastungen und Behinderungen, wie der Sachverständige in seiner Erläuterung und Ergänzung des schriftlichen Gutachtens zu Protokoll vom 14.02.1990 anschaulich ausgeführt hat. In Einklang mit diesen Feststellungen des Sachverständigen steht die Aussage der Zeugin, die ihre andauernden Beschwerden beschreibt. Wenn der Sachverständige bei der Belastung des unfallgeschädigten linken Beines der Zeugin beim Autofahren Bremse und Kupplung verwechselt hat, mindert das den Beweiswert des Kerngehalts seiner Ausführungen nicht.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist die nach der Beweisaufnahme festgestellte Leistungsminderung zu 10%<i> </i>in vollem Umfang, nicht nur zu 1/5, auf Folgen der Sturzverletzung zurückzuführen. Bei seiner gegenteiligen Beurteilung hat das Landgericht sich über die Feststellungen des Sachverständigen XXX hinweggesetzt trotz einer weiteren - abstrakten - Minderung der Erwerbsfähigkeit um 40% wegen eines Bandscheibenleidens und wegen Spreizfüßen sei die Leistungsminderung <u>ausschließlich</u> auf die Sturzverletzung zurückzuführen. Auch dieser Feststellung des Sachverständigen folgt der Senat; angesichts der plausiblen Begründung - die Zeugin habe vor dem Sturz trotz ihrer anderen Leiden ihre konkrete Tätigkeit im Zustelldienst voll ausführen können - sieht der Senat keinen Anlaß, ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen. Die Aussage der Zeugin XXX vor dem Senat fügt sich in das durch die Feststellungen des Sachverständigen gewonnene Bild ein, wenn sie darauf verweist, daß die Bandscheibenbeschwerden inzwischen abgeklungen seien und sie wegen des Bandscheibenleidens den Zustelldienst nicht habe aufgeben müssen.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Schließlich steht zur Überzeugung des Senats auch fest, daß die unfallbedingte Leistungsminderung der Zeugin XXX andauert, mag auch - so die Aussäge des Zeugen VHBHB - die letzte Überprüfung im November 1988 stattgefunden haben. Der Sachverständige XXX hat einen Dauerschaden festgestellt; das gleiche ist der Zeugin - ihrer Aussage zufolge - von der Postärztin bescheinigt worden.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">b) </p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Der der Zeugin XXX erwachsene und auf die Klägerin übergegangene Erwerbsschaden - Minderung der Arbeitsleistung um 10%<i> </i>- ist durch die Fortzahlung des vollen Lohnes nicht In Frage gestellt. Zwar stellt eine verminderte Arbeitsleistung in dem Fall, in dem der volle Lohn gleichwohl bezahlt wird, ohne weiteres keinen Erwerbsschaden dar, vgl. BGH VersR 67, 1068 f.; OLG Celle VersR 74, 1208. Anders ist es aber, wenn die Beteiligten des Arbeitsverhältnisses jedenfalls stillschweigend vereinbaren, daß ein Teil des Gehalts nicht mehr als Entlohnung, sondern als Schadensausgleich im Wege sozialer Fürsorge gezahlt wird, vgl. BGH a.a.O.; BGH VersR 58, 454 f.; LG Freiburg ZfS 87, 141 f.; LG München ZfS 88, 279 f. Der vom Arbeitgeber gezahlte Schadensausgleich kommt dem Schädiger nicht zugute (keine Vorteilsausgleichung), so daß ein Schaden des Erwerbstätigen im Rechtssinne verbleibt, auch wenn er wirtschaftlich keinen Nachteil hat. Eine solche Fallgestaltung liegt hier vor; auf Antrag der Zeugin XXX die XXX ihr - als Schadensausgleich - den "personengebundenen Zuschlag". Soweit die XXX tarifvertraglich zu einem solchen Zuschlag verpflichtet gewesen sein sollte, steht das der Anwendung der obigen Grundsätze nicht entgegen, vgl. BGH VersR 58, 45 f. Ob die Zahlung des Zuschlags nur vorschußweise erfolgt, wie vom Landgericht Freiburg a.a.O. im dort entschiedenen Fall zugrundegelegt, ist nicht entscheidungserheblich. Auch wenn der Zuschlag endgültig gewährt worden ist, entlastet er von seinem Zweck her die Beklagte als Schädigerin nicht.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">3.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Da die Beklagte ihre Einstandspflicht leugnet, hat die Klägerin ein berechtigtes Interesse daran, festgestellt zu wissen, daß die Beklagte auch zum Ersatz künftiger Leistungen (für die Zeit nach dem 30.09.1988) verpflichtet ist. Mit künftigen Leistungen der Klägerin - sei es durch Fortzahlung des personengebundenen Zuschlags, sei es durch Unfallversicherungsleistungen - ist angesichts des Dauerschadens der Zeugin XXX zur rechnen.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Die Zinsentscheidung beruht auf § 286 BGB. Die Klägerin hat einen Zinsschaden in Höhe von 6,5%<i> </i>hinreichend dargelegt. Auf ihre Verhältnisse - und nicht auf die der Zeugin, wie das Landgericht meint - kommt es an. Ein Anspruch auf künftige Zinsen ist im Zweifel mit abgetreten.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Das Urteil beschwert die Beklagte mit 67.107,78 DM. </p>
|
315,032 | lg-dortmund-1990-11-08-8-o-34390 | {
"id": 806,
"name": "Landgericht Dortmund",
"slug": "lg-dortmund",
"city": 407,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 8 O 343/90 | 1990-11-08T00:00:00 | 2019-03-13T14:44:29 | 2022-10-18T15:09:16 | Teil-Anerkenntnis- und Schlussurteil | ECLI:DE:LGDO:1990:1108.8O343.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der Beklagte wird verurteilt, </p>
<p></p>
<p>l.</p>
<p>es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom</p>
<p>Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM,</p>
<p>ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen,</p>
<p>in Zusammenhang mit Verträgen, sofern diese nicht mit einem</p>
<p>Kaufmann im Rahmen seines Handelsgewerbes abgeschlossen werden,</p>
<p>in allgemeinen Geschäftsbedingungen folgende oder inhalts-</p>
<p>gleiche Klauseln zu verwenden:</p>
<p></p>
<p>1.</p>
<p>Der Vertrag verlängert sich jeweils um die vereinbarte Ver-</p>
<p>tragsdauer, wenn nicht 6 Wochen vor Ablauf schriftlich ge-</p>
<p>kündigt wird, jedoch längstens um 1 Jahr.</p>
<p></p>
<p>2.</p>
<p>Mündliche Nebenabreden sind ungültig.</p>
<p></p>
<p>3.</p>
<p>Wer grob gegen die Regeln des Anstandes verstößt, erhält ohne</p>
<p>Nachsicht Hausverbot, wobei jedoch die Monatsbeiträge weiter</p>
<p>entrichtet werden müssen.</p>
<p></p>
<p>4.</p>
<p>Für mitgebrachte Kleidung, Wertgegenstände und Geld wird</p>
<p>keine Haftung übernommen.</p>
<p></p>
<p>5.</p>
<p>Sachbeschädigungen in den Schulräumen werden auf Kosten</p>
<p>dessen behoben, der sie bewirkt oder verursacht hat.</p>
<p></p>
<p>6.</p>
<p>In den Sommerschulferien ist die Schule wegen Urlaubs des</p>
<p>Lehrpersonals für 3 Wochen geschlossen. Das gleiche gilt für</p>
<p>die gesetzlichen Feiertage und die Zeit zwischen Weihnachten</p>
<p>und Neujahr. Ein Anspruch auf Ersatzstunden besteht nicht.</p>
<p>Ebenso hat der Teilnehmer keinen Anspruch auf irgendwelche</p>
<p>Rückvergütung.</p>
<p></p>
<p>7.</p>
<p>Da bei den vereinbarten Preisen eine wirtschaftliche Führung</p>
<p>der Schule nur möglich ist, wenn alle Teilnehmer ihren Zah-</p>
<p>lungsverpflichtungen pünktlich nachkommen, wird wegen des</p>
<p>damit verbundenen Mehraufwandes an Personal- und Sachkosten</p>
<p>für jede Mahnung 5,00 DM Mahngebühr erhoben. Die Verzugszinsen </p>
<p>werden mit 12 % vereinbart.</p>
<p></p>
<p>8.</p>
<p>Über die Anforderungen, die das vereinbarte Programm an den</p>
<p>Teilnehmer stellt, ist dieser aufgeklärt worden. Er erklärt</p>
<p>verbindlich, hierzu gesundheitlich und körperlich in der Lage</p>
<p>zu sein. Ein Rücksprache mit einem Arzt hält er nicht für</p>
<p>erforderlich.</p>
<p></p>
<p>9.</p>
<p>Der Teilnehmer ist sich darüber klar, daß die Schule nicht</p>
<p>für Gesundheitsschäden aufkommt, die aus der Verschleierung</p>
<p>des wahren Gesundheitszustandes entstehen können.</p>
<p></p>
<p> I</p>
<p>10.</p>
<p>Außerhalb des Programmes stehen dem Teilnehmer die Einrich-</p>
<p>tungen der Schule auf eigenes Risiko dreimal wöchentlich an</p>
<p>den festgelegten Tagen kostenlos zur Verfügung.</p>
<p></p>
<p>11.</p>
<p>DTC Schule behält sich Änderungen der Besuchstage und -Zeiten</p>
<p>vor.</p>
<p></p>
<p>12.</p>
<p>Eine Haftung für Schäden, die der Teilnehmer während der</p>
<p>Teilnahme an einem Kursus erleidet, wird ausgeschlossen,</p>
<p>soweit die Schäden nicht auf einer grob fahrlässigen Ver-</p>
<p>tragsverletzung der Schule oder auf einer vorsätzlichen oder</p>
<p>grob fahrlässigen Vertragsverletzung eines gesetzlichen Ver-</p>
<p>treters oder Erfüllungsgehilfen der Schule beruhen.</p>
<p></p>
<p>13.</p>
<p>Sofern kein Zahlungsrückstand besteht, ruht der Vertragsab-</p>
<p>lauf bei Einberufung zur Bundeswehr für die Dauer der Wehr-</p>
<p>dienstpflicht und bei Eintreten einer Schwangerschaft für die</p>
<p>Dauer eines Jahres.</p>
<p></p>
<p>14. </p>
<p>Für diesen Fall verpflichtet sich der Teilnehmer, eine</p>
<p>Stornogebühr, die sofort zu entrichten ist, in Höhe von 14 %</p>
<p>der noch offenen Vertragssumme zu bezahlen.</p>
<p></p>
<p>15.</p>
<p>Krankheit, Wohnungswechsel und ähnliches entbinden den Teil-</p>
<p>nehmer nicht von den Verpflichtungen aus dem Vertrag. Bei</p>
<p>Unterbrechung infolge Krankheit, Unfälle oder ähnliches (oder</p>
<p>aus anderen wichtigen Gründen) ist gegen Nachweis (z. B.</p>
<p>ärztliches Attest) eine Stundung des Programms möglich. Die</p>
<p>vereinbarte Zahlungsweise des Programms wird davon nicht</p>
<p>betroffen bzw. unterbrochen. Diese versäumte Zeit kann nach</p>
<p>Absprache an dem jeweils 4. Besuchstag pro Woche innerhalb</p>
<p>der Laufzeit des Vertrages nachgeholt werden.</p>
<p></p>
<p>16.</p>
<p>In nachgewiesenen Ausnahmefällen wie Dauererkrankung oder in</p>
<p>sonstigen Härtefällen kann der Teilnehmer im Einvernehmen mit</p>
<p>der Schule einen Programmwechsel vornehmen oder eine Ersatz-</p>
<p>person anmelden, unabhängig von der vereinbarten Zahlungs-</p>
<p>verpflichtung.</p>
<p></p>
<p>17.</p>
<p>Wird es der Schule aus Gründen, die sie nicht zu vertreten</p>
<p>hat (höhere Gewalt) unmöglich, Leistungen zu erbringen, so</p>
<p>hat der Teilnehmer keinen Anspruch auf Schadensersatz bzw.</p>
<p>Ersatzstunden.</p>
<p></p>
<p>18.</p>
<p>Eine Verlegung der Schulräume innerhalb des Stadtgebietes</p>
<p>berechtigt nicht zum Vertragsrücktritt.</p>
<p></p>
<p>II.</p>
<p>Der Klägerin wird die Befugnis zugesprochen, die Urteils-</p>
<p>formel mit der Bezeichnung des verurteilten Verwenders auf</p>
<p>Kosten der Beklagten im Bundesanzeiger, im übrigen auf eigene</p>
<p>Kosten bekanntzumachen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe vor</p>
<p>14.000,— DM vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Tatbestand:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger, ein gerichtsbekannter Verbraucherschutzverein im</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Sinne von § 13 Abs. 2 AGBG, begehrt von dem Beklagten, der in</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">I unter der Firma "D" ein Fitneß-</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Center betreibt, die Unterlassung der Verwendung bestimmter</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">AGB-Klauseln, die nach Auffassung des Klägers gegen Vor-</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">schriften des AGBG verstoßen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die von dem Kläger vorprozessual verlangte Unterzeichnung</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">einer strafbewehrten Unterlassungserklärung lehnte der Be-</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">klagte durch seine Prozeßbevollmächtigten wegen der klage-</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">gegenständlichen Klauseln ab.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">l. den Beklagten zu verurteilen, es bei Vermeidung</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM,</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unter-</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">lassen, im Zusammenhang mit Verträgen, sofern diese</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">nicht mit einem Kaufmann im Rahmen seines Handel-</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">gewerbes abgeschlossen werden, in allgemeinen Ge-</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">schäftsbedingungen folgende oder inhaltsgleiche</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Klauseln zu verwenden:</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">1. Der Vertrag verlängert sich jeweils um die ver-</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">einbarte Vertragsdauer, wenn nicht 6 Wochen vor</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Ablauf schriftlich gekündigt wird, jedoch läng-</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">stens um 1 Jahr.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">2. Mündliche Nebenabreden sind ungültig.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">3. Wer grob gegen die Regeln des Anstandes ver-</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">stößt, erhält ohne Nachsicht Hausverbot, wobei</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">jedoch die Monatsbeiträge weiter entrichtet</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">werden müssen.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">4. Für mitgebrachte Kleidung, Wertgegenstände und</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Geld wird keine Haftung übernommen.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">5. Sachbeschädigungen in den Schulräumen werden auf</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Kosten dessen behoben, der sie bewirkt oder</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">verursacht hat.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">6. In den Sommerschulferien ist die Schule wegen</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Urlaubs des Lehrpersonals für 3 Wochen ge-</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">schlossen. Das gleiche gilt für die gesetzlichen</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Feiertage und die Zeit zwischen Weihnachten und</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Neujahr. Ein Anspruch auf Ersatzstunden besteht</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">nicht. Ebenso hat der Teilnehmer keinen Anspruch</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">auf irgendwelche Rückvergütung.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">7. Da bei den vereinbarten Preisen eine wirt-</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">schaftliche Führung der Schule nur möglich ist,</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">wenn alle Teilnehmer ihren Zahlungsverpflich-</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">tungen pünktlich nachkommen, wird wegen des</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">damit verbundenen Mehraufwandes an Personal- und</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Sachkosten für jede Mahnung 5,00 DM Mahngebühr</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">erhoben. Die Verzugszinsen werden mit 12 % ver-</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">einbart.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">8. Über die Anforderungen, die das vereinbarte</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Programm an den Teilnehmer stellt, ist dieser</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">aufgeklärt worden. Er erklärt verbindlich, hier-</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">zu gesundheitlich und körperlich in der Lage zu</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">sein. Ein Rücksprache mit einem Arzt hält er</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">nicht für erforderlich.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">9. Der Teilnehmer ist sich darüber klar, daß die</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Schule nicht für Gesundheitsschäden aufkommt,</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">die aus der Verschleierung des wahren Gesund-</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">heitszustandes entstehen können.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">10. Außerhalb des Programmes stehen dem Teilnehmer</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">die Einrichtungen der Schule auf eigenes Risiko</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">dreimal wöchentlich an den festgelegten Tagen</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">kostenlos zur Verfügung.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">11. Die Schule behält sich Änderungen der Besuchs-</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">tage und -zeiten vor.</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">12. Eine Haftung für Schäden, die der Teilnehmer</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">während der Teilnahme an einem Kursus erleidet,</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">wird ausgeschlossen, soweit die Schäden nicht</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">auf einer grob fahrlässigen Vertragsverletzung</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">der Schule oder auf einer vorsätzlichen oder</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">grob fahrlässigen Vertragsverletzung eines ge-</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">setzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">der Schule beruhen.</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">13. Sofern kein Zahlungsrückstand besteht, ruht der</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">Vertragsablauf bei Einberufung zur Bundeswehr</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">für die Dauer der Wehrdienstpflicht und bei</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Eintreten einer Schwangerschaft für die Dauer</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">eines Jahres.</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">14. Für diesen Fall verpflichtet sich der Teil-</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">nehmer, eine Stornogebühr, die sofort zu ent-</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">richten ist, in Höhe von 14 % der noch offenen</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">Vertragssumme zu bezahlen.</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">15. Krankheit, Wohnungswechsel und ähnliches ent-</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">binden den Teilnehmer nicht von den Verpflich-</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">tungen aus dem Vertrag. Bei Unterbrechung in-</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">folge Krankheit, Unfälle oder ähnliches (oder</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">aus anderen wichtigen Gründen) ist gegen Nach-</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">weis (z. B. ärztliches Attest) eine Stundung des</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">Programms möglich. Die vereinbarte Zahlungsweise</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">des Programms wird davon nicht betroffen bzw.</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">unterbrochen. Diese versäumte Zeit kann nach</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">Absprache an dem jeweils 4. Besuchstag pro Woche</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">innerhalb der Laufzeit des Vertrages nachgeholt</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">werden.</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">16. In nachgewiesenen Ausnahmefällen wie Dauerer-</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">krankung oder in sonstigen Härtefällen kann der</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">Teilnehmer im Einvernehmen mit der Schule einen</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">Programmwechsel vornehmen oder eine Ersatzperson</p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">anmelden, unabhängig von der vereinbarten Zah-</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">lungsverpflichtung.</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">17. Wird es der Schule aus Gründen, die sie nicht zu</p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">vertreten hat (höhere Gewalt) unmöglich,</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks">Leistungen zu erbringen, so hat der Teilnehmer</p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks">keinen Anspruch auf Schadensersatz bzw. Ersatz-</p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks">stunden.</p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">18. Eine Verlegung der Schulräume innerhalb des</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks">Stadtgebietes berechtigt nicht zum Vertrags-</p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">rücktritt.</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks">II. Der Klägerin wird die Befugnis zugesprochen, die</p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">Urteilsformel mit der Bezeichnung des verurteilten</p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks">Verwenders auf Kosten der Beklagten im Bundesan-</p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks">zeiger, im übrigen auf eigene Kosten bekanntzu-</p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks">machen.</p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks">Die Prozeßbevollmächtigte des Beklagten hat im Termin am</p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks">08.11.1990 die Klage hinsichtlich Ziff. 17 der Klageschrift</p>
<span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks">anerkannt.</p>
<span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks">Im übrigen beantragt der Beklagte,</p>
<span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes</p>
<span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks">wird verwiesen auf den vorgetragenen Inhalt der von den Par-</p>
<span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks">teien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand</p>
<span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks">der mündlichen Verhandlung gewesen sind.</p>
<span class="absatzRechts">124</span><p class="h2 absatzLinks">E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :</p>
<span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks">Die von dem Kläger geltend gemachten Unterlassungsansprüche</p>
<span class="absatzRechts">126</span><p class="absatzLinks">sind in vollem Umfang begründet (§ 13 AGBG):</p>
<span class="absatzRechts">127</span><p class="absatzLinks">Die für die geltend gemachten Ansprüche nach § 13 AGBG er-</p>
<span class="absatzRechts">128</span><p class="absatzLinks">forderliche Wiederholungsgefahr ist im vorliegenden Fall</p>
<span class="absatzRechts">129</span><p class="absatzLinks">gegeben. Im Hinblick darauf, daß allgemeine Geschäftsbedin-</p>
<span class="absatzRechts">130</span><p class="absatzLinks">gungen gerade in einer Vielzahl von Fällen verwendet werden</p>
<span class="absatzRechts">131</span><p class="absatzLinks">sollen, streitet für das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr</p>
<span class="absatzRechts">132</span><p class="absatzLinks">in der Regel eine tatsächliche Vermutung (Palandt-Heinrichs,</p>
<span class="absatzRechts">133</span><p class="absatzLinks">§ 13 Anm. 2 e), diese tatsächliche Vermutung hat der Beklagte</p>
<span class="absatzRechts">134</span><p class="absatzLinks">vorliegend nicht entkräftet. Vielmehr hat er sich geweigert,</p>
<span class="absatzRechts">135</span><p class="absatzLinks">wegen der klagegegenständlichen Klauseln eine strafbewehrte</p>
<span class="absatzRechts">136</span><p class="absatzLinks">Unterlassungserklärung abzugeben und noch im Termin am</p>
<span class="absatzRechts">137</span><p class="absatzLinks">08.11.1990 die beanstandeten Klauseln durch seine Prozeß-</p>
<span class="absatzRechts">138</span><p class="absatzLinks">bevollmächtigte bis auf eine Ausnahme verteidigen lassen.</p>
<span class="absatzRechts">139</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich der im einzelnen von dem Kläger beanstandeten</p>
<span class="absatzRechts">140</span><p class="absatzLinks">Klauseln liegen folgende Verstöße gegen das AGBG vor:</p>
<span class="absatzRechts">141</span><p class="absatzLinks">Ziff. 1 der Klageschrift:</p>
<span class="absatzRechts">142</span><p class="absatzLinks">Diese Klausel verstößt gegen § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG, weil</p>
<span class="absatzRechts">143</span><p class="absatzLinks">durch die Bestimmung einer sechswöchigen Kündigungsfrist eine</p>
<span class="absatzRechts">144</span><p class="absatzLinks">Kündigung entgegen § 621 BGB (die von dem Beklagten ange-</p>
<span class="absatzRechts">145</span><p class="absatzLinks">botenen Verträge beinhalten auch dienstvertragliche Elemente)</p>
<span class="absatzRechts">146</span><p class="absatzLinks">in einer für den Kunden unzumutbaren Weise erschwert und der</p>
<span class="absatzRechts">147</span><p class="absatzLinks">Kunde hierdurch unangemessen benachteiligt wird.</p>
<span class="absatzRechts">148</span><p class="absatzLinks">Ziff. 2 der Klageschrift:</p>
<span class="absatzRechts">149</span><p class="absatzLinks">Wegen des grundsätzlichen Vorranges auch mündlich getroffener</p>
<span class="absatzRechts">150</span><p class="absatzLinks">Individualabreden (§ 4 AGBG) verstößt diese Klausel gegen § 9</p>
<span class="absatzRechts">151</span><p class="absatzLinks">Abs. l AGBG.</p>
<span class="absatzRechts">152</span><p class="absatzLinks">Ziff. 3 der Klageschrift:</p>
<span class="absatzRechts">153</span><p class="absatzLinks">Bei ungünstigster Auslegung könnte unter Hinweis auf diese</p>
<span class="absatzRechts">154</span><p class="absatzLinks">Bestimmung einem Kunden wegen eines einmaligen Verstoßes</p>
<span class="absatzRechts">155</span><p class="absatzLinks">gegen die Hausordnung ein dauerndes Hausverbot erteilt wer-</p>
<span class="absatzRechts">156</span><p class="absatzLinks">den, obwohl die Monatsbeiträge weiter gezahlt werden müssen.</p>
<span class="absatzRechts">157</span><p class="absatzLinks">Dies beinhaltet einen Verstoß gegen § 9 Abs. 1 AGBG. Außerdem</p>
<span class="absatzRechts">158</span><p class="absatzLinks">würde diese Bestimmung auf eine unzulässige Vertragsstrafen-</p>
<span class="absatzRechts">159</span><p class="absatzLinks">regelung im Sinne von § 11 Nr. 5 AGBG hinauslaufen, ohne daß</p>
<span class="absatzRechts">160</span><p class="absatzLinks">die Voraussetzungen des § I11 Nr. 5 a und b AGBG vorliegen.</p>
<span class="absatzRechts">161</span><p class="absatzLinks">Ziff. 4 der Klageschrift:</p>
<span class="absatzRechts">162</span><p class="absatzLinks">Diese Klausel verletzt § 11 Nr. 7 AGBG, weil hierdurch der</p>
<span class="absatzRechts">163</span><p class="absatzLinks">Beklagte von jeglicher Haftung - auch für etwaige von ihm</p>
<span class="absatzRechts">164</span><p class="absatzLinks">verschuldete Schäden freigestellt werden soll.</p>
<span class="absatzRechts">165</span><p class="absatzLinks">Ziff. 5 der Klageschrift:</p>
<span class="absatzRechts">166</span><p class="absatzLinks">Diese Regelung verstößt gegen § 9 Abs. 1 AGBG, denn grund-</p>
<span class="absatzRechts">167</span><p class="absatzLinks">sätzlich setzt eine Haftung für Schadensersatz ein Ver-</p>
<span class="absatzRechts">168</span><p class="absatzLinks">schulden voraus.</p>
<span class="absatzRechts">169</span><p class="absatzLinks">Ziff. 6 der Klageschrift:</p>
<span class="absatzRechts">170</span><p class="absatzLinks">Diese Bestimmung ist wegen Verstoßes gegen § 9 Abs. 1 AGBG</p>
<span class="absatzRechts">171</span><p class="absatzLinks">unwirksam: Dadurch, daß der Kunde jährlich für einen Zeitraum</p>
<span class="absatzRechts">172</span><p class="absatzLinks">von ca. einem Monat das vereinbarte Entgelt zahlen soll,</p>
<span class="absatzRechts">173</span><p class="absatzLinks">obwohl er keine Gegenleistung erhält, wird er unangemessen</p>
<span class="absatzRechts">174</span><p class="absatzLinks">benachteiligt.</p>
<span class="absatzRechts">175</span><p class="absatzLinks">Ziff. 7 der Klageschrift:</p>
<span class="absatzRechts">176</span><p class="absatzLinks">Diese Klausel verletzt § 11 AGBG. In derartigen Fällen ist</p>
<span class="absatzRechts">177</span><p class="absatzLinks">davon auszugehen, daß nur Porto- und Materialaufwand ent-</p>
<span class="absatzRechts">178</span><p class="absatzLinks">steht, angemessen sind daher höchstens 1,00 bis 2,00 DM pro</p>
<span class="absatzRechts">179</span><p class="absatzLinks">Mahnung (OLG Stuttgart, NJW RR 1988, 1082). Durch die Fest-</p>
<span class="absatzRechts">180</span><p class="absatzLinks">schreibung von Verzugszinsen in Höhe von 12 % wird einem</p>
<span class="absatzRechts">181</span><p class="absatzLinks">Kunden darüberhinaus der Nachweis abgeschnitten, daß ein</p>
<span class="absatzRechts">182</span><p class="absatzLinks">Verzugsschaden auf seiten des Beklagten nicht oder wesentlich</p>
<span class="absatzRechts">183</span><p class="absatzLinks">geringer entstanden ist (§11 Nr. 5 b AGBG).</p>
<span class="absatzRechts">184</span><p class="absatzLinks">Ziff. 8 der Klageschrift:</p>
<span class="absatzRechts">185</span><p class="absatzLinks">Diese Klausel beinhaltet einen Verstoß gegen § 11 Nr. 15 b</p>
<span class="absatzRechts">186</span><p class="absatzLinks">AGBG: Sie enthält eine Bestätigung des Kunden, über die An-</p>
<span class="absatzRechts">187</span><p class="absatzLinks">forderungen des Programms aufgeklärt worden zu sein, zur</p>
<span class="absatzRechts">188</span><p class="absatzLinks">Teilnahme am Programm gesundheitlich und körperlich in der</p>
<span class="absatzRechts">189</span><p class="absatzLinks">Lage zu sein und eine Rücksprache mit einem Arzt nicht für</p>
<span class="absatzRechts">190</span><p class="absatzLinks">erforderlich zu halten. Hierdurch wird hinsichtlich der "be-</p>
<span class="absatzRechts">191</span><p class="absatzLinks">stätigten" Aufklärung über die Trainingsanforderungen die</p>
<span class="absatzRechts">192</span><p class="absatzLinks">Beweislast zum Nachteil des Kunden umgekehrt, im übrigen wird</p>
<span class="absatzRechts">193</span><p class="absatzLinks">dem Kunden zu seinen Ungunsten die Beweisführung erschwert.</p>
<span class="absatzRechts">194</span><p class="absatzLinks">Ziff. 9 der Klageschrift:</p>
<span class="absatzRechts">195</span><p class="absatzLinks">Auch diese Klausel beinhaltet eine unzulässige Haftungsfrei-</p>
<span class="absatzRechts">196</span><p class="absatzLinks">zeichnung nach § 11 Nr. 7 AGBG. Der Kläger weist zu Recht</p>
<span class="absatzRechts">197</span><p class="absatzLinks">daraufhin, daß aufgrund dieser Klausel der Eindruck erweckt</p>
<span class="absatzRechts">198</span><p class="absatzLinks">wird, daß eine Haftung des Beklagten auch dann nicht bestehen</p>
<span class="absatzRechts">199</span><p class="absatzLinks">soll, wenn beim Kunden Gesundheitsschäden durch Umstände, die</p>
<span class="absatzRechts">200</span><p class="absatzLinks">vom Beklagten zu vertreten sind, zumindest mitverursacht</p>
<span class="absatzRechts">201</span><p class="absatzLinks">wurden.</p>
<span class="absatzRechts">202</span><p class="absatzLinks">Ziff. 10 der Klageschrift:</p>
<span class="absatzRechts">203</span><p class="absatzLinks">Auch diese Bestimmung stellt einen zu weitgehenden Haftungs-</p>
<span class="absatzRechts">204</span><p class="absatzLinks">ausschluß dar (§ 1 Nr. 7 AGBG). Die Bestimmung, wonach dem</p>
<span class="absatzRechts">205</span><p class="absatzLinks">Teilnehmer die Einrichtungen des Beklagten auf eigenes Risiko</p>
<span class="absatzRechts">206</span><p class="absatzLinks">zur Verfügung gestellt werden, erweckt den Eindruck, daß der</p>
<span class="absatzRechts">207</span><p class="absatzLinks">Beklagte in keinem Fall für Schäden einstehen soll, die dem</p>
<span class="absatzRechts">208</span><p class="absatzLinks">Kunden bei Benutzung dieser Einrichtung entstehen können.</p>
<span class="absatzRechts">209</span><p class="absatzLinks">Ziff. 11 der Klageschrift:</p>
<span class="absatzRechts">210</span><p class="absatzLinks">Diese Klausel verstößt gegen § 10 Nr. 4 AGBG. Sie birgt die</p>
<span class="absatzRechts">211</span><p class="absatzLinks">Gefahr, daß es unter Berufung auf diese Klausel zu unzumut-</p>
<span class="absatzRechts">212</span><p class="absatzLinks">baren Einschränkungen der Trainingsmöglichkeiten zum Nach-</p>
<span class="absatzRechts">213</span><p class="absatzLinks">teil der Kunden kommt.</p>
<span class="absatzRechts">214</span><p class="absatzLinks">Ziff. 12 der Klageschrift:</p>
<span class="absatzRechts">215</span><p class="absatzLinks">Insoweit liegt ein Verstoß gegen § 9 Abs. 1 AGBG vor: Denn</p>
<span class="absatzRechts">216</span><p class="absatzLinks">die vom Beklagten angebotenen Leistungen bergen die Gefahr,</p>
<span class="absatzRechts">217</span><p class="absatzLinks">daß es - z. B. wegen technischer Mängel an den Trainingsge-</p>
<span class="absatzRechts">218</span><p class="absatzLinks">räten - zu Gesundheitsschäden auf seiten der Kursteilnehmer</p>
<span class="absatzRechts">219</span><p class="absatzLinks">kommen kann. Haftungsausschlüsse für einfache Fahrlässigkeit</p>
<span class="absatzRechts">220</span><p class="absatzLinks">sind aber dann unwirksam, wenn es um Verletzungen von Gesund-</p>
<span class="absatzRechts">221</span><p class="absatzLinks">heit geht (Palandt-Heinrichs.Anm. 6 c, e, d zu § 9 AGBG).</p>
<span class="absatzRechts">222</span><p class="absatzLinks">Ziff. 13 bis 16 der Klageschrift:</p>
<span class="absatzRechts">223</span><p class="absatzLinks">Diese Bestimmungen beinhalten Verstöße gegen §9 Abs. 2 Nr. 1</p>
<span class="absatzRechts">224</span><p class="absatzLinks">AGBG: Bei wichtigen Gründen muß auch in anderen als den in</p>
<span class="absatzRechts">225</span><p class="absatzLinks">den Klauseln genannten Fällen eine außerordentliche Kündigung</p>
<span class="absatzRechts">226</span><p class="absatzLinks">des Kunden möglich sein mit der Folge, daß der Beklagte</p>
<span class="absatzRechts">227</span><p class="absatzLinks">seinen Anspruch auf die Vergütung verliert (§ 626 BGB).</p>
<span class="absatzRechts">228</span><p class="absatzLinks">Ziff. 17 der Klageschrift:</p>
<span class="absatzRechts">229</span><p class="absatzLinks">Insoweit beruht die Verurteilung auf § 307 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">230</span><p class="absatzLinks">Ziff. 18 der Klageschrift:</p>
<span class="absatzRechts">231</span><p class="absatzLinks">Diese Bestimmung verletzt wiederum § 10 Nr. 4 AGBG, weil</p>
<span class="absatzRechts">232</span><p class="absatzLinks">durch eine Verlegung der Schulräume des Beklagten die</p>
<span class="absatzRechts">233</span><p class="absatzLinks">Trainingsmöglichkeiten zum Nachteil der Kunden unzumutbar</p>
<span class="absatzRechts">234</span><p class="absatzLinks">eingeschränkt würden.</p>
<span class="absatzRechts">235</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Soweit der Be-</p>
<span class="absatzRechts">236</span><p class="absatzLinks">klagte die Klage anerkannt hat, lag ein Fall eines sofortigen</p>
<span class="absatzRechts">237</span><p class="absatzLinks">Anerkenntnisses nach § 93 ZPO nicht vor, weil der Beklagte</p>
<span class="absatzRechts">238</span><p class="absatzLinks">durch sein vorprozessuales Verhalten (Verweigerung der Abgabe</p>
<span class="absatzRechts">239</span><p class="absatzLinks">einer strafbewehrten Unterlassungserklärung) Veranlassung zur</p>
<span class="absatzRechts">240</span><p class="absatzLinks">Klageerhebung gegeben hat.</p>
<span class="absatzRechts">241</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt</p>
<span class="absatzRechts">242</span><p class="absatzLinks">sich aus § 709 ZPO.</p>
|
315,033 | olgk-1990-11-06-25-wf-24390 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 25 WF 243/90 | 1990-11-06T00:00:00 | 2019-03-13T14:44:30 | 2022-10-18T15:09:14 | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1990:1106.25WF243.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengerichts - Wermelskirchen vom 26. Januar 1990 wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">G r ü n d e :</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I .</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Parteien waren miteinander verheiratet. Sie schlossen am 18. Juni 1988 vor dem Standesamt C. auf S. (ehemalige DDR) die Ehe. Danach siedelte die Antragsgegnerin</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">nach Westdeutschland zum Antragsteller über. Schon kurze Zeit später kam es zur Trennung der Parteien, die Antragsgegnerin verzog später nach I.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Im Sommer 1989 reichte der Antragsteller beim Amtsgericht - Familiengericht - Wermelskirchen einen Antrag auf Ehescheidung ein. Die Antragsgegnerin bat, vertreten durch einen in I. ansässigen Rechtsanwalt, um die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe. Diesem Antrag gab das Familiengericht mit Beschluß vom 17. Februar 1989 statt, es stellte der Antragsgegnerin anheim, einen bei ihm zugelassenen Rechtsanwalt zu benennen, der ihr beigeordnet werden könne. Gleichzeitig ordnete das Familiengericht</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">an, daß die Antragsgegnerin im Wege der Rechtshilfe gemäß § 613 ZPO vernommen werden solle. Am 9. Dezember 1989 beantragte die Antragsgegnerin, ihr den in I. ansässigen Rechtsanwalt als Verkehrsanwalt und als Terminsvertreter für die bevorstehende Anhörung beizuordnen. Am 17. Januar 1990 fand die Anhörung vor dem Amtsgericht I. statt. Die Antragsgegnerin bestätigte im Wesentlichen die Angaben des Antragstellers über Eheschließung und Trennung und erklärte, daß auch sie die Ehe als gescheitert betrachte. Später wurden der Antragsgegnerin im Rahmen der Prozeßkostenhilfebewilligung ihr Prozeßbevollmächtigter und der I. Rechtsanwalt als Verkehrsanwalt beigeordnet.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Den Antrag der Antragsgegnerin, ihr den genannten auch als Terminsvertreter für die persönliche Anhörung beizuordnen, wies das Familiengericht mit Beschluß vom</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">26. Januar 1990 zurück. Hiergegen legte die Antragsgegnerin Beschwerde ein, welcher das Familiengericht nicht abgeholfen hat.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Durch inzwischen rechtskräftiges Verbundurteil des Familiengerichts vom 10. April 1990 wurde die Ehe der Parteien geschieden.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Das Familiengericht hat ausgeführt, daß keine besonderen Umstände gegeben seien, welche die Beiordnung eines Terminsvertreters für die Anhörung rechtfertigen könnten.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Anhörung der Antragsgegnerin sei weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht mit Schwierigkeiten verbunden gewesen. Diese Beurteilung ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Nach § 613 Abs. 1 S. 1 ZPO soll das Gericht das persönliche Erscheinen der Ehegatten anordnen und sie anhören. Die Beiordnung eines Rechtsanwaltes im Rahmen der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe gerade für diese Anhörung ist im Gesetz nicht vorgesehen. Im Regelfall bedarf es ihrer auch nicht, da der hilfesbedürftigen Partei, welche Prozeßkostenhilfe erhält, nach §§ 121 Abs. 1, 78 Abs. 2 S. 1 Ziff. 1 ZPO ein Anwalt ihres Vertrauens beizuordnen ist, der dann auch den Termin zur Anhörung nach § 613 Abs. 1 S. 1 ZPO wahrnimmt und hierfür gem. § 31 Abs. 1 Ziff. 3 BRAGO eine Beweisgebühr erhält.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Nach § 613 Abs. 1 S. 2 ZPO kann eine Ehegatte jedoch durch einen ersuchten Richter angehört oder vernommen werden, falls er sich, wie hier die Antragsgegnerin, in so großer Entfernung vom Sitz des Prozeßgerichtes aufhält, daß ihm das Erscheinen nicht zugemutet werdenkann. Macht das Familiengericht, wie im vorliegenden Fall, von dieser Möglichkeit Gebrauch, dann ist imFalle bewilligter Prozeßkostenhilfe eine Beteiligung</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">des beigeordneten Rechtsanwalts an der Anhörung nicht sichergestellt. Dennoch sieht das Gesetz für diesen Fall die Beiordnung eines besonderen Terminsvertreters nicht, jedenfalls nicht ausdrücklich, vor.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Es liegt allerdings nahe, insoweit auf § 121 Abs. 3 ZPO zurückzugreifen, der unter anderem die Beiordnung eines Rechtsanwaltes zur Wahrnehmung eines Termins zur Beweisaufnahme vor dem ersuchten Richter vorsieht. Der Termin zur Anhörung gern. § 613 Abs. 1 S. 2 ZPO ist freilich streng betrachtet kein Termin zur Beweisaufnahme im Sinne von §§ 355 ff ZPO. Abgesehen davon aber, daß das Gesetz selbst, nämlich in § 31 Abs. 1 Ziff. 3 BRAGO, die Anhörung einer Beweisaufnahme gleichstellt, dient auch</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">jene nicht zuletzt der notwendigen Tatsachenaufklärung, z.B. zum Getrenntleben der Ehegatten und dessen Beginn, die das Familiengericht nach dem für das Ehescheidungsverfahren geltenden Untersuchungsgrundsatz, § 616 ZPO, von Amts wegen vornimmt (ebenso Zöller, ZPO, 14. AufI., Rz. 16 zu § 121).</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Hiernach ist die Beiordnung eines Anwaltes - nur – für den Termin zu Anhörung durch einen ersuchten Richter gemäß § 613 Abs. 1 S. 2 ZPO grundsätzlich möglich. Sie ist jedoch davon abhängig, daß "besondere Umstände dies erfordern". Derartige besondere Umstände sind im vorliegenden Fall nicht gegeben. Die für die Entscheidung über den Ehescheidungsantrag des Antragstellers wesentlichen Tatsachen waren unter den Parteien nicht streitig. Die Antragsgegnerin hat die diesbezüglichen Angaben des Antragstellers im wesentlichen bestätigt und auch ihrerseits zum Ausdruck gebracht, daß sie die Ehe für gescheitert halte. Unterschiedlich war nur die beiderseitige Darstellung der Motivation zur Eheschließung. Während der Antragsteller vortrug, die Antragsgegnerin habe ihn gedrängt, sie zu heiraten, um auf diese Weise ihre Ausreise aus der DDR zu ermöglichen, gab die Antragsgegnerin an, den Antragsteller aus Zuneigung geheiratet zu haben. Dererlei Gesichtspunkte indes sind für die Entscheidung über einen Ehescheidungsantrag nicht von Belang.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Es ist nicht zu verkennen, daß eine hilfsbedürftige Partei, welche von einem ersuchten Richter angehört wird, bei der vorstehend beschriebenen Betrachtungsweise gegenüber einersolchen, die vom Prozeßgericht selbst angehört wird, benachteiligt sein kann. Dasselbe gilt für eine hilfsbedürftige Partei im Verhältnis zu einer Partei, welche die Kosten des Ehescheidungsverfahrens aus eigenen Mitteln aufbringen kann. Diese Konsequenz aber wird vom Gesetz augenscheinlich in Kauf genommen. Sie folgt daraus, daß § 121 Abs. 3 ZPO die Beiordnung eines Anwalts für die von der Norm beschriebenen Prozeßsituationen nicht generell vorsieht, sondern nur für den Fall des Vorliegens besonderer Umstände, also eingeschränkt auf Fälle, welche sich durch eine außergewöhnliche,</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Sachgestaltung auszeichnen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Gebührenstreitwert für die Beschwerde: 700,00 DM.</p>
|
315,034 | olgham-1990-11-05-31-u-7690 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 31 U 76/90 | 1990-11-05T00:00:00 | 2019-03-13T14:44:32 | 2022-10-18T15:09:14 | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1990:1105.31U76.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Siegen vom 19. Januar 1990 unter Zurückweisung der Berufung im übrigen wie folgt abgeändert:</p>
<p>Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 45.338,80 US-$ nebst 5 % Zinsen seit dem 15. November 1984 zu zahlen.</p>
<p>Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p>Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung und die vor dem Landgericht Münster entstandenen Mehrkosten.</p>
<p>Im übrigen werden die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufgehoben.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Die Parteien können die Vollstreckung der jeweiligen Gegenseite durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p>
<p>Den Parteien wird nachgelassen, Sicherheit auch durch Vorlage einer unbedingten, unbefristeten und selbstschuldnerischen Bürgschaft einer im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland als Zoll- oder Steuerbürgin zugelassenen Bank oder Sparkasse zu erbringen.</p>
<p>Die Beschwer beider Parteien übersteigt 40.000,- DM.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin stand mit dem Beklagten, einem Diamantenhändler, von 1977 bis 1984 in Geschäftsbeziehungen. Unter anderem unterhielt der Beklagte bei der Klägerin das Girokonto Nr. ... Gemäß den Kontoeröffnungsanträgen waren die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin Grundlage der Vertragsbeziehungen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte benötigte für die Finanzierung seiner Diamantengeschäfte US-Dollar, da er überwiegend in dieser Währung einkaufte, seine Verkaufserlöse aber meistens in Deutscher Mark (DM) erzielte. Er hoffte, durch von der Klägerin gewährte US-$-Kredite zusätzliche Währungsgewinne zu erzielen. Die Parteien vereinbarten daher, daß die Klägerin dem Beklagten US-$-Kredite mit einer Laufzeit von jeweils 1 bis 2 Monaten sowie der Möglichkeit der Verlängerung zu angepaßtem Zinssatz Zug um Zug gegen Sicherheitsleistung in Form von DM-Einzahlungen des Beklagten auf die Sparkonten Nr. ... gewähren sollte.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Am 05.09.1983 gewährte die Klägerin dem Beklagten einen Kredit in Höhe von 90.000,- US-$ mit einem Zinssatz von 13,5 %. Dieser Betrag verminderte sich durch Rückzahlungen des Beklagten auf 85.152,50 US-$. In der Folgezeit reichte der Beklagte mehrmals Schecks über US-$ ein, die die Klägerin zugunsten der Geschäftspartner des Beklagten weisungsgemäß einlöste. Sie verlängerte nach Ende der vereinbarten Laufzeiten die jeweils fälligen Teilbeträge und paßte die Zinssätze an. Wegen der Einzelheiten der Entwicklung des US-$-Kreditkontos ... wird auf Bl. 134 bis 136 d.A., wegen der Entwicklung der Sparkontoguthaben des Beklagten auf Bl. 168 d.A. und wegen einer Gegenüberstellung der Werte der US-$-Kredite und der DM-Sparguthaben auf Bl. 133 d.A. verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Ab Juni 1984 waren die US-$-Kredite wegen des Anstiegs des Dollarkurses durch die DM-Guthaben nicht mehr gedeckt. Zwischen Mai und September 1984 wurde der Beklagte bei weiter steigendem Dollarkurs mehrmals zur Erhöhung der Sicherheiten aufgefordert, die er teilweise auch zusagte. In Gesprächen mit dem Beklagten und dessen Ehefrau wiesen Angestellte der Klägerin auf eine möglicherweise nicht mehr erfolgende Verlängerung der Kredite wegen unzureichender Deckung hin.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Am 29.08.1984 erschien der Beklagte in der Geschäftsstelle Olpe der Klägerin. Bei diesem Besuch zahlte er auf das Girokonto ... 170.000,- DM ein und erhielt dafür 3 US-$-Schecks über insgesamt 62.500,- US-$.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Am 17.10.1984 rechnete die Klägerin den US-$-Kredit über insgesamt 415.668,97 US-$ einschließlich Zinsen zum Kurs von 3,114 in 1.294.716,77 DM (inklusive 0,025 % Courtage) um und belastete mit diesem Wert das DM-Girokonto. Gleichzeitig überwies sie die DM-Sparguthaben (Gesamtwert: 1.096.238,24 DM) auf dieses Konto und verrechnete diese Werte, so daß sich auf diesem Konto, das am 16.10.1984 einen Sollstand von 18.124,80 DM aufwies, ein Soll von 216.603,33 DM ergab. Durch eine weitere Belastung von 399,- DM erhöhte sich das Soll am 24.10.1984 auf 217.002,33 DM.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 26.10.1984 wurde dem Beklagten der Kontostand mitgeteilt und eine Frist zur Regulierung bis zum 19.11.1984 gesetzt. Für den Fall, daß bis dahin keine Regulierung erfolgt sei, wurde die Verwertung der im Depot Nr. ... befindlichen Wertpapiere angekündigt. Durch die Wertpapierverkäufe erzielte die Klägerin einen Erlös von 69.064,85 DM, so daß ein Soll von 148.647,32 DM verblieb. Unter Abzug kleinerer Positionen in Höhe von insgesamt 709,84 DM macht die Klägerin mit ihrem Hauptantrag in der Berufungsinstanz nunmehr einen Saldo in Höhe von 147.937,48 DM geltend.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Sie hat die Ansicht vertreten, sie sei nach Nr. 3 Abs. 1 Satz 3 ihrer AGB berechtigt gewesen, die US-$-Kredite in einen DM-Kredit umzuwandeln und ihre Forderungen gegen den Beklagten mit seinem Sparguthaben und dem Wertpapiererlös zu verrechnen, da nach Nr. 19 Abs. 2 ihrer AGB alle Forderungen des Beklagten gegen sie selbst als Pfand dienten. Die Nichtverlängerung der Kredite sei erfolgt, da der Beklagte trotz Aufforderungen keine weiteren Sicherheiten geleistet habe. Die Kursentwicklung sei nicht vorhersehbar und das damit verbundene Risiko eines weiteren Kursanstieges nicht kalkulierbar gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Nr. 3 Abs. 1 der AGB der Klägerin in der Fassung vom 01.01.1984 lautet:</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks"><i>"Währungskredite sind in der Währung zurückzuzahlen, in der die Bank sie gegeben hat.
Zahlungen in anderer Währung gelten als Sicherheitsleistung. Die Bank ist jedoch berechtigt, den
Währungskredit in deutsche Währung umzuwandeln, wenn dessen ordnungsgemäße Abwicklung aus
Gründen, die von der Bank nicht zu vertreten sind, nicht gewährleistet erscheint."</i></p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">den Beklagten zu verurteilen, an sie 149.931,43 DM nebst 9,25 % Zinsen seit dem 01.11.1984 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Er hat die Ansicht vertreten, die Klägerin sei nicht berechtigt gewesen, die Geschäftsbeziehungen zu kündigen und die Sicherheiten zu verwerten.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat die Klage abgewiesen mit der Begründung, die Klägerin habe die Entstehung des Negativsaldos nicht ausreichend dargetan; ein Umwandlungsrecht der Klägerin habe nicht bestanden.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil hat die Klägerin form- und fristgerecht Berufung eingelegt und diese ordnungsgemäß begründet. Sie ist der Ansicht, sie sei berechtigt gewesen, den US-$-Kredit umzuwandeln. Ihr sei es nicht um die Sicherung von Währungsgewinnen gegangen. Sie habe ein berechtigtes Interesse an einer alsbaldigen Verwertung gehabt, da weitere Kurserhöhungen zu einer immer weiter fortschreitenden Unterdeckung der US-$-Kredite geführt hätten. Ohne ihre Initiative wäre das Risiko des Währungsanstiegs auf sie übergegangen. Zumindest sei sie aber berechtigt gewesen, umgekehrt vorzugehen und die DM-Sparguthaben des Beklagten in US-$ umzurechnen und dann mit den gewährten Krediten zu verrechnen, wobei eine fällige Restschuld des Beklagten von 45.338,80 US-$ verbleibe.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an sie 147.937,48 DM nebst 9,25 % Zinsen seit dem 15.11.1984 zu zahlen,</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">hilfsweise den Beklagten zu verurteilen, an sie 45.338,80 US-$ nebst 9,25 % Zinsen seit dem 15.11.1984 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Er hält die Umwandlung wegen Verstoßes gegen das AGB-Gesetz für unwirksam. Auch die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Umwandlung hätten nicht vorgelegen. Zudem könne die Klägerin nicht rückwirkend entsprechend ihrem (unzulässigen) Hilfsantrag auf der Basis der Wechselkurse von 1984 verrechnen. Letztlich bestreitet der Beklagte die Zinsforderung der Klägerin.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie auf die vorgelegten Urkunden, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung ist teilweise begründet.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von 147.937,48 DM entsprechend ihrem Hauptantrag, da sie den US-$-Kredit nicht wirksam in einen DM-Kredit umgewandelt hat.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks"><b>1)</b></p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Ein Umwandlungsrecht der Klägerin ergibt sich nicht aus § 244 Abs. 1 BGB. Aus dieser Vorschrift folgt allenfalls eine Umwandlungsbefugnis des Schuldners, nicht aber des Gläubigers (vgl. BGH NJW 1980, 2017; WM 1969, 26).</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks"><b>2)</b></p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Ein Umwandlungsrecht folgt auch nicht aus. Nr. 3 Abs. 1 Satz 3 AGB. Es lag kein Sachverhalt vor, der die Klägerin zu einem Vorgehen nach dieser AGB-Klausel berechtigte.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Sinn der in Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 AGB enthaltenen Effektivklausel ist es, der Bank die Finanzierung des von ihr ausgegebenen Währungskredits zu ermöglichen. Die von dem Kunden erhaltenen Zahlungen in fremder Währung sollen ihr die Erfüllung ihrer eigenen Verbindlichkeit, die sie in der Regel zur Finanzierung des Fremdwährungskredits eingegangen ist, ermöglichen (vgl. BGH WM 1980, 793 = NJW 1980, 2018 m.w.N.). Nr. 3 Abs. 1 Satz 3 AGB greift nur dann ein, wenn dieser Zweck der Effektivklausel nicht mehr erreicht werden kann, wenn also die Bank sich zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten aus der Refinanzierung wegen nicht rechtzeitiger Rückzahlung des Kreditnehmers anderweitig eindecken mußte und sie daher die Valuta des Kreditnehmers in der Fremdwährung nicht mehr benötigt, sie auch ansonsten kein Interesse an einer Rückzahlung in der Fremdwährung hat.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Eine bereits erfolgte Erfüllung ihrer eigenen Verbindlichkeit im Herbst 1984 hat die Klägerin nicht vorgetragen. Auch eine generelle Annahme, die Klägerin benötige die Leistung in fremder Währung nicht mehr, ergibt sich nicht aus der Pflicht der Klägerin, für ausgeglichene Währungspositionen zu sorgen, so daß bei ausgeglichener Währungsposition eine Zahlung in fremder Währung überflüssig wäre. Es ist von der Geschäftspolitik der einzelnen Bank abhängig, auf welche Weise sie für eine entsprechende Ausgleichung sorgt. Für die Klägerin konnte es aber durchaus sinnvoll sein, weitere Zahlungen in fremder Währung zu erhalten. Sie hat auch zu keinem Zeitpunkt behauptet, für sie sei eine Zahlung in US-$ sinnlos gewesen oder nunmehr sinnlos. Im Gegenteil hat sie, obwohl sie bei den gestaffelten US-$-Beträgen mit dem Beklagten durchaus andere Vereinbarungen hätte treffen können, immer auf der Rückzahlung von US-$ bestanden und eine effektive Fremdwährungsschuld vereinbart.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Diese Auslegung des § 3 Abs. 1 AGB führt nicht dazu, daß man von der Klägerin ein tatenloses Abwarten erwartet und ihr so ein ungewolltes Währungsrisiko zumutet. Die Klägerin hätte wegen der nicht rechtzeitigen Rückzahlung der Kredite durch den Beklagten eine Sicherheitenverwertung vornehmen und dadurch ihren Interessen hinreichend Genüge tun können; dies hat sie nunmehr durch ihre Hilfsbegründung und ihren Hilfsantrag nachgeholt.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 45.338,80 US-$ entsprechend ihrem in zulässiger Weise erstmals in der Berufungsinstanz gestelltem Hilfsantrag. Dieser ist sachdienlich (§§ 523, 260, 263 ZPO).</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Der Zahlungsanspruch folgt aus § 607 Abs. 1 BGB. Die Forderungshöhe ergibt sich aus nachfolgender Berechnung:</p>
<br /><span class="absatzRechts">40</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="0">
<tr>
<td>Gesamtdarlehen</td>
<td> </td>
<td>415.668,97</td>
<td>US-$</td>
</tr>
<tr>
<td>Gesamtsparguthaben des Beklagten, umgetauscht, am 17.10.1984 zum Kurs von 3,106</td>
<td>./.</td>
<td>352.942,11</td>
<td>US-$</td>
</tr>
<tr>
<td>Wertpapiererlös abzüglich Girokontosollstand von 18.124,80 DM per 16.10.1984 und Belastung vom 24.10.1984 von 399,- DM, umgetauscht am 14.11.1984 zum Kurs von 2,945</td>
<td>./.</td>
<td><u>17.026,16</u></td>
<td><u>US-$</u></td>
</tr>
<tr>
<td> </td>
<td> </td>
<td>45.700,70</td>
<td>US-$.</td>
</tr>
</table><br />
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks"><b>1)</b></p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Die Schuld des Beklagten bei der Klägerin am 17.10.1984 belief sich auf 415.668,97 US-$.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Zwischen den Parteien bestand ein Darlehensvertrag im Sinne des § 607 BGB über 400.152,50 US-$. Am 05.09.1983 hatten die Parteien ausdrücklich die Gewährung eines Darlehens über 90.000 US-$ vereinbart. Durch Erfüllungsleistungen des Beklagten verminderte sich die hieraus resultierende Rückzahlungspflicht auf 85.152,50 US-$. Die weiteren vom Beklagten aufgrund der vorherigen generellen Absprache eingereichten Schecks in einer Gesamthöhe von 315.000 US-$ stellten jeweils ein entsprechendes Angebot des Beklagten auf Abschluß eines Darlehensvertrages, die Einlösung der Schecks durch die Klägerin die Annahme dieses Angebots dar. Hinsichtlich der weiteren Schecks vom 29.08.1984 liegt nicht eine weitere Kreditvereinbarung, sondern lediglich ein Umtausch des DM-Guthabens, über das der Beklagte dann mit US-$-Schecks verfügen konnte, vor.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Dieser dem Beklagten gewährte Fremdwährungskredit ist wirksam, da die nach § 3 Satz 1 WährG, § 49 Abs. 1 AußenwirtschaftsG erforderliche Genehmigung der Deutschen Bundesbank in Nr. 2 b der generellen Genehmigung vom 24.08.1961 (abgedruckt bei Staudinger-Schmidt, BGB, 12. Aufl. § 244 Rn. 41) vorliegt.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">c)</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Der sich aus den Darlehensverträgen ergebende Rückzahlungsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten gemäß § 607 Abs. 1 BGB ist gemäß § 609 BGB wegen der getroffenen Bestimmung über den Zeitpunkt der Laufzeit spätestens seit dem 17.10.1984 fällig. Die Klägerin durfte daher, wie mit Schreiben vom 26.10.1984 geschehen, Rückzahlung der Dollar-Kredite verlangen, ohne daß es einer ausdrücklichen Kündigung bedurfte.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">d)</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hatte ferner einen Zinsanspruch gegen den Beklagten in Höhe von 15.516,47 US-$. Dieser ergibt sich aus Nr. 14 Abs. 2 AGB in Verbindung mit § 315 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">aa)</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Die AGB der Klägerin sind Bestandteil der Darlehensverträge geworden. Bereits bei der Begründung der Geschäftsbeziehungen zwischen den Parteien durch den Antrag des Beklagten und seiner damaligen Ehefrau auf Eröffnung eines Gemeinschaftskontos vom 19.10.1977 ist die Geltung der AGB der Klägerin ausdrücklich vereinbart worden. Auch bei der Eröffnung des hier streitigen Kontos Nr. ... am 05.05.1984 sind als "maßgebend im Geschäftsverkehr" ausdrücklich die AGB der Klägerin einbezogen worden. Der Beklagte hätte zumindest in zumutbarer Weise vom Inhalt der AGB Kenntnis nehmen können (vgl. BGHZ 102, 304; 33, 219). Damit galten die AGB der Klägerin bei der Abwicklung sämtlicher Geschäfte zwischen den Parteien, also auch bei den US-$-Krediten ohne einen weiteren ausdrücklichen Hinweis der Klägerin bei Abschluß der einzelnen Verträge. Eine Einbeziehung unter den Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 AGBG war zudem nach § 24 Nr. 1 AGBG nicht erforderlich. Der Beklagte war zum damaligen Zeitpunkt als Diamantenhändler Kaufmann im Sinne des § 1 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 HGB; der Abschluß der Darlehensverträge gehörte zum Betriebe seines Handelsgewerbes, da er mit den US-$ seine Verbindlichkeiten gegenüber seinen Verkäufern erfüllte.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">bb)</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Nr. 14 Abs. 2 AGB beinhaltet keine unangemessene Benachteiligung des Beklagten im Sinne der §§ 9 Abs. 1, 24 AGBG, da für das einseitige Bestimmungsrecht der Klägerin ein sachlicher Grund vorliegt. Ohne ein solches Recht der Klägerin hätten erhebliche organisatorische Schwierigkeiten bestanden, da zeitweise mehrere Dollarkreditbeträge mit jeweils unterschiedlichen Laufzeiten vereinbart waren und jeweils eine neue ausdrückliche Vereinbarung der Parteien erforderlich gewesen wäre.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">cc)</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Zudem hatten die Parteien hinsichtlich des ersten Kreditbetrages ausdrücklich einen Zinssatz von 13,5 % vereinbart. Die späteren Zinsforderungen liegen, zwischen 13 und 13,5 %, so daß zumindest von einem stillschweigenden Einverständnis des Beklagten auszugehen ist.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">dd)</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Soweit in den Zinsbeträgen Zinsen von den Zinsen der Vormonate enthalten sind, liest ein Verstoß gegen § 248 Abs. 1 BGB nicht vor. Gemäß § 248 Abs. 2 BGB ist die Klägerin berechtigt, derartige Vereinbarungen zu treffen.</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks"><b>2)</b></p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Dieser Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf Zahlung von 415.668,97 US-$ ist durch die von der Klägerin durchgeführte Verwertung auf 45.700,70 US-$ zurückgeführt worden, so daß die Klägerin vom Beklagten Zahlung der beantragten 45.338,80 US-$ verlangen kann.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin war berechtigt, das DM-Guthaben des Beklagten am 17.10.1984 in Höhe von 352.942,11 US $ und dem Wertpapiererlös in Höhe von 17.026,16 US $ am 14.11.1984 mit dem US-$-Kredit und dem Soll des Girokontos zu verrechnen. Die Annahme einer zulässigen Umwandlung des DM-Guthabens des Beklagten in US-$ am 17.10.1984 führt gemäß § 1288 Abs. 2 BGB zur Annahme einer Leistung des Beklagten, die gemäß den §§ 362 Abs. 1, 367 Abs. 1 BGB zu einer völligen Erfüllung der Zinsforderung und zu einer teilweisen Erfüllung der Hauptforderung führt.</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Die tatsächlich erfolgte Umwandlung des US-$-Kredits durch die Klägerin kann entsprechend § 140 BGB in eine Sicherheitenverwertung des DM-Guthabens "umgedeutet" werden. Zwar paßt § 140 BGB nicht unmittelbar, da die Umwandlung des US-$-Kredits ein nichtiges Rechtsgeschäft aufgrund einer Willenserklärung der Klägerin darstellt, die die Rechtsfolgen eines Forderungsrechts der Klägerin in DM und eine entsprechende Schuld des Beklagten herbeiführen sollte; die Sicherheitenverwertung des DM-Guthabens durch Umtausch in US-$ stellt demgegenüber kein Rechtsgeschäft, sondern einen Realakt mit der Rechtsfolge der Erfüllung dar. § 140 BGB ist aber auf diesen Fall entsprechend anzuwenden, da die Tatsache, daß das mögliche andere Vorgehen ein Realakt gewesen wäre, nicht zu einer anderen Bewertung der Interessenlage führt. Sinn und Zweck der Regelung ist es, den mutmaßlichen Willen der Parteien durchzusetzen. Ein erstrebter wirtschaftlicher Erfolg soll auch dann verwirklicht werden, wenn ein rechtlich unzulässiges Mittel gewählt wurde.</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Zudem muß es der Klägerin möglich sein, bei Fälligkeit der gewährten Kredite auf dem Dollarkonto und dem Girokonto eine Abrechnung unter Verrechnung der gestellten Sicherheiten vorzunehmen. Die nunmehr mit dem Hilfsantrag vollzogene Abrechnung berücksichtigt die beiderseitigen Interessen der Parteien angemessen.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Am 17.10.1984 bestand ein Verwertungsrecht der Klägerin nach Nr. 20 Abs. 1, 21 Abs. 1 AGB.</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">aa)</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Die Parteien hatten am 05.09.1983 wirksam ein Pfandrecht der Klägerin an dem damaligen und zukünftigen DM-Sparguthaben des Beklagten gemäß den §§ 1274 Abs. 1, 398 BGB begründet. Gegenstand des Pfandrechts kann auch eine zukünftige Forderung sein, wenn diese bestimmbar ist. Dies ist hier der Fall, da es um die Guthaben des Beklagten auf den Sparkonten ging. Ein Pfandrecht ist grundsätzlich auch an einer eigenen Schuld möglich. Der Gläubiger ist dann Pfandgläubiger und Schuldner der gepfändeten Forderung in einer Person. Eine Anzeige nach § 1280 BGB ist in einem solchen Fall nicht erforderlich.</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Der Umtausch des DM-Sparguthabens in US-$ stellt eine nach §§ 20 Abs. 1, 21 Abs. 1 AGB zulässige Verwertung dar. Der Darlehensrückzahlungsanspruch der Klägerin war nach den §§ 271 Abs. 2, 609 BGB am 17.10.1984 fällig, da die Parteien eine Rückzahlung zu diesem Zeitpunkt vereinbart hatten. Eine Verlängerungsvereinbarung war nicht zustandegekommen. Der Beklagte hatte seine Verbindlichkeiten nicht erfüllt.</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">Eine Androhung der Verwertung war nach Nr. 20 Abs. 2 AGB nicht erforderlich. Eine Abweichung von § 1243 BGB ist auch durch AGB möglich. Eine Androhung der Verwertung war hier auch nicht nach § 242 BGB geboten, da die Klägerin den Beklagten und seine von ihm bevollmächtigte Ehefrau vor dem 17.10.1984 mehrmals auf eine Erhöhung der Sicherheiten angesprochen und ihm insbesondere im Schreiben vom 05.10.1984 eine Verwertung angekündigt hatte. Ein Androhung soll dem Schuldner die mögliche Verwertung klarmachen und ihm ermöglichen, sich um eine anderweitige Lösung zu bemühen. Diese Klarheit hatte der Beklagte schon durch die vorherigen Hinweise der Klägerin erhalten.</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Die Verwertung durch die Klägerin war auch nicht durch das Rücksichtnahmegebot in Nr. 20 Abs. 1 AGB eingeschränkt. Die Pflicht zur "tunlichsten Rücksichtnahme" beinhaltet die Verpflichtung der Bank, bei einer Verwertung die Kundeninteressen zu wahren. Der Beklagte hat einen Verstoß gegen dieses Rücksichtnahmegebot nicht dargelegt. Die Klägerin hat die DM-Sicherheiten des Beklagten auch nicht zur Unzeit verwertet. Es ist nichts dafür ersichtlich, daß der Umtausch des DM-Guthabens in US-$ zu einer Zeit eines ungewöhnlich hohen US-$-Kurses erfolgt ist und deshalb als in erster Linie eigennützig motivierte Verwertung der Klägerin ohne konkretes Sicherungsbedürfnis gewertet werden kann.</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">bb)</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">Der nach Nr. 20 Abs. 1, 21 Abs. 1 AGB ebenfalls zulässige Verkauf des Wertpapierdepots und die Annahme eines entsprechenden Umtausches des Erlöses in US-$ am 14.11.1984 führt zu einer weiteren Erfüllung der Forderung der Klägerin in Höhe von 17.026,16 US-$.</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">Ein Pfandrecht der Klägerin an dem Wertpapierdepot ist nach Nr. 19 Abs. 2 AGB begründet. Diese Regelung ist wirksam, da sie den Interessen beider Vertragsparteien dient, indem sie eine schnelle und unkomplizierte Kreditvergabe ermöglicht. Sie ist dahin auszulegen, daß nur Forderungen aus der bankmäßigen Geschäftsbeziehung erfaßt werden. Einer möglicherweise entstehenden Übersicherung wirkt Nr. 19 Abs. 6 AGB entgegen, wonach zu hohe Sicherheiten freizugeben sind.</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">Das nach den §§ 1274 Abs. 1, 398 BGB erforderliche dingliche Rechtsgeschäft lag bereits in dem Anerkenntnis der Geltung der AGB, da die Pfandhaftungsklausel bereits den dinglichen Pfandbestellungsvertrag enthält. Das Wertpapierdepot befand sich im nach den §§ 1274 Abs. 1, 1205 Abs. 1 erforderlichen Besitz der Klägerin.</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">Eine Sicherheitenverwertung des Wertpapierdepots und ein Umtausch in US-$ war unter den gleichen Voraussetzungen zulässig wie die Verwertung des DM-Guthabens. Ein Verstoß der Klägerin gegen das Rücksichtnahmegebot durch die Erzielung eines zu geringen Preises für die Wertpapiere ist nicht ersichtlich.</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">c)</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Von dem Wertpapiererlös konnte die Klägerin die nach § 355 Abs. 1 HGB bestehende Giroforderung abziehen. Die Giroforderung war schon am 14.11.1984 durch die Kündigung der Klägerin fällig. Diese Kündigung war gemäß Nr. 17 AGB aus wichtigem Grund wirksam, da der Beklagte trotz Aufforderung der Klägerin die fälligen Darlehensforderungen nebst Zinsen sowie die Soll-Beträge in Höhe von 18.124,80 DM per 15.10.1984 nicht ausgeglichen und weitere Sicherheiten nicht gestellt hatte. Der Klägerin konnte ein Abwarten bis zum Abschluß der Rechnungsperiode nicht zugemutet werden. Bei einem Girovertrag besteht ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse der Bank an der alsbaldigen Rückzahlung des außerplanmäßigen und ungesicherten Überziehungskredites.</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks"><b>III.</b></p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von 5 % Zinsen seit dem 15.11.1984.</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks"><b>1)</b></p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">Dieser Anspruch folgt aus den §§ 353, 352 HGB (Fälligkeitszinsen).</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks"><b>2)</b></p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">Ein weitergehender Zinsanspruch der Klägerin ergibt sich nicht aus Nr. 18 Abs. 1 Satz 1 zweiter Halbsatz, 14 Abs. 3 AGB. Diese Regelung ist wegen Verstoßes gegen § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG unwirksam. Diese Unwirksamkeit ist gemäß § 24 AGBG auch gegenüber dem Beklagten zu beachten.</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks"><b>3)</b></p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">Ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung von 9,25 % Zinsen ergibt sich auch nicht aus § 286 Abs. 1 BGB. Die Klägerin hat einen über den gesetzlichen Zinssatz hinausgehenden Verzugsschaden nicht dargetan. Bei einer zulässigen abstrakten Berechnung des Schadens nach § 252 BGB ist nach der ständigen Rechtsprechung des BGH und des Senats darzulegen, welche Kreditarten die Bank betreibt und welchen Anteil am Gesamtgeschäft die einzelnen Kreditarten haben, so daß sich der Durchschnittszinssatz errechnen läßt. Entsprechende Darlegungen der Klägerin fehlen.</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks"><b>4)</b></p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Zahlung von 7,5 % Zinsen als Zinssatz der Sparte mit dem geringsten Gewinn. Auch nach der Entscheidung des Senats (WM 1990, 1155) ist eine Darlegung der Bank erforderlich, aus welchen Sparten sich das. Aktivkreditgeschäft zusammensetzt, damit die Sparte mit dem niedrigsten Zinssatz zugrundegelegt werden kann.</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks"><b>IV.</b></p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die Kosten beruht auf den §§ 97 Abs. 2, 92 Abs. 1, 696 Abs. 5, 281 Abs. 3 Satz 2 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.</p>
|
315,035 | olgham-1990-11-02-20-u-7890 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
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} | 20 U 78/90 | 1990-11-02T00:00:00 | 2019-03-13T14:44:33 | 2022-10-18T15:09:14 | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1990:1102.20U78.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Klägers wird das am 11. Januar 1990 verkündete Urteil der 21. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld abgeändert.</p>
<p>Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.598,79 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 23. Oktober 1989 zu zahlen.</p>
<p>Die Beklagte wird ferner verurteilt, den Kläger gegenüber der ... bezüglich der weiteren Schadensersatzforderung in Höhe von 26.651,00 DM gemäß Zwischenabrechnung vom 03. November 1989 und in Höhe von 2.332,90 DM gemäß Abrechnung vom 20. August 1990 freizustellen.</p>
<p>Im übrigen wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger auch weitergehend wegen des Schadensfalles vom 30. Oktober 1987 Versicherungsschutz zu gewähren.</p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien streiten über die Eintrittspflicht der Beklagten als Privathaftpflichtversicherer des Klägers für einen Schadensfall vom 30.10.1987.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">An diesem Tage transportierte der Kläger, der Inhaber eines Speditionsbetriebes ist, mit einem geliehenen fremden Lkw Möbel zu einem Herrn ... nach .... Vor dessen Wohnung geriet er in Zusammenhang mit dem Entladen und dem Transport der Möbel vom Fahrzeug in die Wohnung mit einem Möbelteil in der Hand noch in der Nähe des Lkws ins Stolpern und stieß infolgedessen unbeabsichtigt den Zeugen ... um, der ihn auf der Fahrt begleitet hatte. Hierbei brach der Zeuge ... sich einen Fuß.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger wurde daraufhin von der ... als Krankenversicherer des verletzten Zeugen in Anspruch genommen. Für diesen Vorfall begehrt der Kläger Versicherungsschutz. Diesen hat die Beklagte mit Schreiben vom 19.06.1989 mit der Begründung abgelehnt, daß sich der Vorfall im Rahmen der beruflichen Tätigkeit des Klägers ereignet habe.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">In erster Instanz hat der Kläger die Erstattung eines Betrages von 6.598,79 DM verlangt, den er bereits an die ... gezahlt habe. Die Beklagte hat demgegenüber geltend gemacht, daß sich bei dem Vorfall Gefahren durch den Gebrauch eines Kraftfahrzeuges verwirklicht hätten, so daß der Haftungsausschluß nach Ziff. 3 der Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Privathaftpflichtversicherung eingreife.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat sich dieser Argumentation angeschlossen und die Klage abgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er den erstinstanzlichen Zahlungsantrag weiter verfolgt und darüberhinaus Freistellung von weiteren Ansprüchen der ... begehrt.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte, die im übrigen ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholt, macht nunmehr zusätzlich geltend, daß auch der Risikoausschluß nach Ziff. 1 der Risikobeschreibung eingreife, weil sich die Gefahren eines Betriebes oder Berufes verwirklicht hätten; denn es liege eine gewerbsmäßige Möbelauslieferung des Klägers vor. Darüber hinaus macht sie geltend, daß der Zeuge ... den Unfall selbst verschuldet habe, ihn zumindest ein überwiegendes Mitverschulden treffe, daß die behaupteten Aufwendungen der ... und die Zahlung an die ... mit Nichtwissen bestritten würden, und daß der Tatsachenvortrag des Klägers zur Klageerweiterung verspätet sei.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.598,79 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 23.10.1989 zu zahlen sowie die Beklagte zu verurteilen, ihn gegenüber der ... bzgl. der weiteren Schadensersatzforderungen in Höhe von 26.651,00 DM gem. Zwischenabrechnung vom 03.11.1989 und in Höhe 2.332,90 DM gem. Abrechnung vom 20.08.1990 freizustellen, sowie (sinngemäß) ihm wegen des Schadensfalles vom 30.10.87 auch weitergehend Versicherungsschutz zu gewähren.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat den Kläger gem. §141 ZPO gehört und zum Unfallhergang Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen .... Wegen des Ergebnisses der Parteianhörung und der Beweisaufnahme wird auf den Berichterstattervermerk zum Protokoll vom 02.11.1990 Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe</b></p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung hat Erfolg; denn die Klage ist in vollem Umfang begründet.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks"><b>1.</b></p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist für den Schadensfall vom 30.10.1987 eintrittspflichtig, weil dieser unter das versicherte Risiko fällt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vermag der Senat weder festzustellen, daß die negative Risikobeschreibung nach Ziff. 1 - "Gefahren eines Betriebes, Berufes ..." - noch der Ausschluß nach Ziff. 3 der besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Haftpflichtversicherung - "Schäden, die durch den Gebrauch des Fahrzeugs verursacht werden" - eingreift. Für beide Alternativen trifft aber, da es sich um Ausnahmen vom versicherten Risiko handelt, die Beklagte die Beweislast.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Es stehen keine Tatsachen fest, aus denen zu folgern wäre, daß der Kläger zum Zeitpunkt des Schadensfalles einer beruflichen oder betrieblichen Tätigkeit nachgegangen ist. Alleine der Umstand, daß der Kläger als Inhaber eines Speditionsbetriebes auch gewerbsmäßig Möbel ausliefert, reicht hierfür nicht aus. Denn der Kläger hat vorliegend nicht nur ein fremdes Fahrzeug benutzt, sondern unwiderlegt eigene Sachen transportiert, die als solche keinen Bezug zur Speditionsfirma haben. Die Darstellung des Klägers, wonach er sein privates Schlafzimmer an einen Urlaubsbekannten veräußert und ausgeliefert habe, hat die Beklagte nicht zu widerlegen vermocht. Ebenso wenig hat sie die von ihr behauptete Entgeltlichkeit der Auslieferung beweisen können. Unter diesen Umständen kommt auch ein Anscheinsbeweis für eine berufliche Tätigkeit des Klägers zugunsten der Beklagten nicht in Betracht.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Desweiteren hat die Beweisaufnahme nicht ergeben, daß das Stolpern des Klägers und damit der Schadensfall in so engem Zusammenhang mit dem Entladevorgang erfolgte, daß es noch dem Gebrauch des Fahrzeuges zuzurechnen ist.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Allerdings zählt auch das Be- und Entladen noch zum Gebrauch des Fahrzeugs, der nach §10 AKB in den Deckungsbereich der Kfz-Haftpflichtversicherung fällt (ständige Rechtssprechung, z.B. BGH VersR 77, 418; 79, 956; 80, 1039). Dabei kommt es für die Abgrenzung der Bereiche der Privathaftpflichtversicherung einerseits und der Kfz-Haftpflichtversicherung andererseits entscheidend darauf an, ob das Transportfahrzeug "an der schadenstiftenden Verrichtung schon oder noch beteiligt ist" (so BGH a.a.O.). Dementsprechend hat die paritätische Kommission entschieden, daß der Gebrauch des Fahrzeuges regelmäßig dann ein Ende findet, wenn die Ladung das Fahrzeug verlassen hat und erstmals abgestellt wird (Entscheidung der paritätischen Kommission, Fall 133, Rundschreiben HUKR 23/88 M vom 28.10.1988; vgl. Stiefel/Hofmann Kraftfahrtversicherung, 14. Aufl., Rdnr. 96 zu §10 AKB). Es mag dahinstehen, ob dieses auch dann gilt, wenn das erste Abstellen der Ladung so erfolgt, wie vorliegend vom Kläger geschildert, nämlich in der Weise, daß er die fragliche Schranktür schräg gegen die Ladefläche des Lkw's gestellt hat. Jedenfalls ist der sich daran anschließende Transport des Möbelteiles dann nicht mehr dem Gebrauch des Fahrzeuges zuzurechnen, wenn der Träger, hier also der Kläger, die Ladung bereits wieder aufgenommen hat und sich in normaler Tragehaltung, die nicht mehr durch das Abladen vom Fahrzeug beeinflußt ist, mit dem Transportgut schon einige Meter vom Fahrzeug entfernt hat. So ist das aber vorliegend nach der Darstellung des Klägers der Fall gewesen. Diese Darstellung hat die Beklagte nicht zu widerlegen vermocht. Der Zeuge ... wurde nämlich für ihn selbst überraschend von hinten angestoßen und konnte zu der Tragehaltung des Klägers keine Angaben machen. Er war aber nach eigenen Angaben 5-6 m vom Lkw entfernt und stand auf dem Bürgersteig. Wenn dies zutrifft, ist zu dem Schadenszeitpunkt von einem normalen Transport des Möbelstückes auszugehen, der in der Art seiner Durchführung nicht mehr in direktem Zusammenhang mit dem Entladen steht. Wenn sich auch Zweifel an der Richtigkeit dieser Darstellung des Zeugen möglicherweise daraus ergeben, daß der Zeuge in seinem Schreiben an die AOK vom 25.04.1989 hiervon abweichende Angaben gemacht hat, nämlich daß der Kläger "während der Entladung" ins Stolpern geraten sei, und er der Zeuge bei seinem Sturz an der Bordsteinkante hängen geblieben sei, so läßt sich daraus doch andererseits nicht mit der notwendigen Sicherheit schließen, daß die jetzige Darstellung des Zeugen falsch ist. Insbesondere muß davon ausgegangen werden, daß dem Zeugen bei seinem damaligen Schreiben, das er nach eigenen Angaben nicht einmal selbst verfaßt hat, nicht bewußt gewesen ist, daß es rechtlich auf eine exakte Abgrenzung zwischen eigentlichem Entladevorgang und anschließendem Transportvorgang ankommen kann, so daß seiner diesbezüglichen Wortwahl keine gesteigerte Bedeutung beizumessen ist.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks"><b>2.</b></p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Da somit der Versicherungsfall eingetreten ist, ist die Beklagte dem Kläger gegenüber zur Freistellung von ihm gegenüber erhobenen Ansprüchen Dritter verpflichtet. Dieser Freistellungsanspruch findet seine Grundlage in §149 VVG. Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, daß die von der AOK gegen den Kläger noch erhobenen Ansprüche ungerechtfertigt seien, kommt es hierauf im Deckungsprozeß nicht an. Insoweit ist eine Klärung im Haftpflichtprozeß, für den die Beklagte gem. §150 VVG dem Kläger Rechtsschutz zu gewähren hat, möglich.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Unzutreffend ist der Einwand der Beklagten, daß das Vorbringen des Klägers zum geltend gemachten Freistellungsanspruch verspätet sei. Eine Zurückweisung kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil das im Rahmen der zulässigen Klageerweiterung eingeführte Vorbringen die Entscheidung des Rechtsstreites nicht verzögert.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks"><b>3.</b></p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Darüber hinaus ist die Beklagte verpflichtet, an den Kläger den Betrag zu zahlen, den dieser bereits der AOK Herford auf deren Aufwendungen wegen des Schadensfalles vom 30.11.1987 erstattet hat. Deshalb kann der Kläger in Höhe von 6.598,79 DM Zahlung an sich verlangen.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Tatsache der Zahlung des entsprechenden Betrages an die ... sieht der Senat aufgrund des vom Kläger vorgelegten Schreibens der ... an seine Prozeßbevollmächtigten vom 10.10.1990 (Bl. 101 d.A.) als erwiesen an, §286 ZPO. Die Beklagte hat weder die Echtheit dieses Schreibens bestritten, noch irgendwelche Anhaltspunkte dazu vorgetragen, warum diese Erklärung der ... unrichtig sein sollte.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die sonstigen Einwände der Beklagten gegenüber dem geltend gemachten Zahlungsanspruch sind unerheblich.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">So kann die Beklagte insbesondere nicht mit dem Einwand durchdringen, daß der Kläger mangels eigener Haftung nicht zur Zahlung verpflichtet gewesen sei und daß die Höhe der von der ... berechneten Aufwendungen bestritten werde. Denn durch ihre Deckungsverweigerung hat die Beklagte dem Kläger freie Hand zur Regulierung gelassen. Es stand nunmehr in seinem Ermessen, in welchem Umfange er Belege von der AOK fordern wollte, nachdem die Beklagte ihm den Deckungsschutz verweigerte. Das gilt gleichermaßen für die Prüfung der Frage, ob den Verletzten ... ein Mitverschulden traf, so daß §254 BGB zur Anwendung käme. Denn ein Anerkenntnis durch den Versicherungsnehmer, welches nicht zur Leistungsfreiheit des Versicherers führt, ist für den Versicherer ebenso verbindlich, wie ein Urteil im Haftpflichtprozeß (vgl. Prölss/Martin/Voit, VVG, 24. Aufl., Anm. 5 zu §154). Dies gilt in allen Fällen, jedenfalls solange der Versicherungsnehmer nicht in Betrugsabsicht gehandelt hat (vgl. BGH VersR 81, 1158; Senat Versicherungsrecht 82, 642; weitere Nachweise bei Voit, a.a.O), für letzteres fehlt hier jeder Anhaltspunkt. Eine Betrugsabsicht wird auch von der Beklagten nicht einmal behauptet.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Die Befriedigung des Geschädigten bzw. des aus übergegangenen Recht vorgehenden Sozialversicherers stellt eine besondere Form des Anerkenntnisses dar. Zur Leistungsfreiheit der Beklagten führte diese Befriedigung nach endgültiger Verweigerung des Deckungsschutzes nicht. Denn der Versicherungsnehmer hat zwar in der Regel keinen Anspruch auf Zahlung an sich selbst und darf auch den Dritten nicht befriedigen (§5 Nr. 5 AHB). Dieses Befriedigungsverbot gilt aber nicht mehr nach Ablehnung des Deckungsschutzes. Mit der Zahlung an die AOK wandelte sich deshalb der Befreiungsanspruch des Klägers in dieser Höhe in einen Zahlungsanspruch in seiner Hand (vgl. Prölls/Martin/Voit, Anm. 1 bb zu §149 VVG m.w.N.).</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks"><b>4.</b></p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf §91 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§708 Nr. 10, 713 ZPO. Die Beschwer der Beklagten beträgt weniger als 40.000,00 DM.<i></i></p>
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315,036 | ag-aachen-1990-11-02-9-c-38290 | {
"id": 620,
"name": "Amtsgericht Aachen",
"slug": "ag-aachen",
"city": 380,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 9 C 382/90 | 1990-11-02T00:00:00 | 2019-03-13T14:44:34 | 2022-10-18T15:09:14 | Urteil | ECLI:DE:AGAC1:1990:1102.9C382.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin die Erlaubnis zu erteilen, ihren Lebensgefährten xxx auf Dauer als Mitbewohner in die Mietwohnung xxx aufzunehmen.</p>
<p></p>
<p>Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreites.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 300,00 DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>T a t b e s t a n d </u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Mit schriftlichen Mietvertrag vom 17.08.1986 vermietete die Beklagte eine im Hause xxx gelegene 3-Zimmer-Wohnung an die Klägerin. Diese beabsichtigt, ihren Lebensgefährten xxx auf Dauer in die Wohnung aufzunehmen. Die Beklagte hat die hierzu erbetene Erlaubnis verweigert.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">die Beklagte zu verurteilen zu erklären, dass sie berechtigt ist, in die Mietwohnung xxx ihren Lebensgefährten xxx auf Dauer als Mitbewohner aufzunehmen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks"> die Klage abzuweisen. </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Sie ist der Ansicht, die Erteilung der begehrten Erlaubnis sei ihr nicht zumutbar. Die nichteheliche Lebensgemeinschaft verstoße gegen die Grundsätze der katholischen Kirche zu Ehe und Familie. Die Klägerin habe keinen Anspruch darauf, dass sie, die Beklagte, ihre gesicherte Glaubenshaltung zu einer solchen Frage aufgebe. </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks"><b><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e </u></b></p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist begründet.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der Klägerin steht gemäß § 549 Abs. 2 BGB ein Anspruch auf Erlaubniserteilung zu. Sie hat ein berechtigtes Interesse an der Aufnahme eines Dritten in die Mietwohnung dargetan. Die Bildung einer auf Dauer angelegten Wohngemeinschaft aus persönlichen oder wirtschaftlichen Gründen begründet regelmäßig ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 549 Abs. 2 BGB (Rechtsentscheid des Oberlandesgerichts Hamm vom 17.08.1982, NJW 82, 2876). Die Beklagte stellt auch nicht in Abrede, dass ein solches Interesse bei der Klägerin vorliegt.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Aufnahme des Lebensgefährten der Klägerin in die Mietwohnung ist für die Beklagte auch nicht unzumutbar im Sinne des § 549 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 BGB. Es liegt weder in der Person des Lebensgefährten der Klägerin ein wichtiger Grund vor, noch wird der Wohnraum übermäßig belegt. Schließlich lässt sich die Unzumutbarkeit für die Beklagte nicht daraus herleiten, dass die Klägerin mit ihrem Lebensgefährten unverheiratet in der Wohnung zusammenleben will. Nichteheliche Lebensgemeinschaften werden von der Bevölkerung inzwischen weitgehend toleriert. Dies bedeutet allerdings nicht, dass deswegen dem Vermieter eine solche Lebensgemeinschaft grundsätzlich immer zugemutet werden kann. Der Vermieter ist mit dem Einwand, ihm sei die Duldung aus moralischen und ethischen Gründen unzumutar, nicht von vornherein ausgeschlossen. Auch der Vermieter hat Anspruch auf Gewissensfreiheit und freie Entfaltung seiner Persönlichkeit (OLG Hamm a.a.O.; Rechtsentscheid des OLG Hamm vom 06.04.1983, NJW 83, 1564). Die Frage, ob der Vermieter seine Anschauung durchsetzen und seine Erlaubnis zu Recht verweigern kann, hängt davon ab, in welchem Maße er durch das Zusammenleben betroffen wird. Vorliegend rechtfertigt das Betroffensein der Beklagten nicht die Verweigerung der begehrten Erlaubnis. Zwar steht die von der Klägerin geplante nichteheliche Lebensgemeinschaft im Widerspruch zur Morallehre der katholischen Kirche. Hierauf kann sich die Beklagte jedoch im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung nicht berufen. Durch das mit der Klägerin begründete Wohnraummietverhältnis nimmt die Beklagte am allgemeinen Wirtschaftsleben teil. Der Mietvertrag vom 17.08.1986 weist gegenüber anderen Verträgen keine Besonderheiten auf. Die Beklagte muss sich deshalb wie jeder andere Vermieter behandeln lassen. Für einen anderen Vermieter, insbesondere wenn es sich um eine juristische Person handelt, wäre die Erteilung einer Erlaubnis zur Aufnahme eines Lebensgefährten in die Wohnung der Klägerin nicht unzumutbar. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass es sich um eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus im städtischen Bereich handelt.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Wenn die Beklagte auch als Vermieter eine nichteheliche Lebensgemeinschaft nicht zu dulden bereit ist, hätte sie die Klägerin hierauf bei Abschluss des Mietvertrages hinweisen können und müssen. Da sie dies unterlassen hat, ist es ihr heute verweht, die Erlaubnis, die ein anderer Vermieter hätte erteilen müssen, zu verweigern.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Ziff. 11, 711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks"><u><b>Streitwert:</b></u> 1.500,00 DM</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">X</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Richterin am Amtsgericht</p>
|
315,037 | lg-bonn-1990-10-29-37-qs-41-js-29888 | {
"id": 804,
"name": "Landgericht Bonn",
"slug": "lg-bonn",
"city": 394,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 37 Qs - 41 Js 298/88 - 18/90 | 1990-10-29T00:00:00 | 2019-03-13T14:44:36 | 2022-10-18T15:09:15 | Beschluss | ECLI:DE:LGBN:1990:1029.37QS41JS298.88.18.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beschwerde wird auf Kosten der Beschwerdeführerin, die auch ihre notwendigen eigenen Auslagen zu tragen hat, verworfen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">G r ü n d e</span></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Am 27.10.1988 leitete das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung C7 gegen Verantwortliche der W e.G. wegen des Verdachts der "Beihilfe zur Steuerhinterziehung für zumindest aber ab einen noch festzustellenden Zeitraum, 1976" ein Steuerstrafverfahren ein. Aufgrund diverser Ermittlungen hatte sich der Verdacht ergeben, daß Verantwortliche der W unter Verstoß gegen den in § 154 AO niedergelegten Grundsatz der Kontenwahrheit verschiedenen Kunden gestattet hatten, Konten - insbesondere Sparkonten - auf "falsche bzw. andere Namen" zu eröffnen. Im November 1988 übernahm die Staatsanwaltschaft C7 das Verfahren unter der Bezeichnung "gegen Verantwortliche der W e.G. wegen Verdachts der Beihilfe zur Steuerhinterziehung und andere wegen Verdachts der Steuerhinterziehung". Am 05.12.1988 ordnete das Amtsgericht C7 - ## Gs ###/## - gem. §§ 102, 103 und 105 StPO die Durchsuchung der W e.G. einschließlich zweier Filialen in #### N2 und #### X4 an.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Zur Begründung führte das Amtsgericht aus, es bestehe der Verdacht, daß Verantwortliche der Bank Beihilfehandlungen zur Steuerhinterziehung von Kunden begangen hätten, indem sie es zuließen, daß Konten auf falsche Namen eingerichtet und geführt würden; auch bestehe der weitere Verdacht, daß Verantwortliche der Bank über die bisher bekannten Fälle hinaus in einer unbekannten Anzahl weiterer Fälle in gleicher Weise gehandelt hätten. Eine gegen diesen Beschluss unter dem 27.01.1989 von ihr eingelegte Beschwerde nahm die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 07.04.1989 zurück. Der amtsgerichtliche Durchsuchungsbeschluss war zuvor am 17.01.1989 in den Räumen der Beschwerdeführerin - als im Sinne des § 103 StPO dritter Person - vollzogen worden. Ausweislich des Durchsuchungs-und Beschlagnahmeberichtes wurden in Anwesenheit des Vorstandsvorsitzenden I2 der Beschwerdeführerin und ihres Innenrevisors H5 folgende Unterlagen gemäß §§ 94, 98 Abs. 1 StPO i.V.m. § 385 AO nach Beschaffung durch Bankbedienstete sichergestellt, wobei hiergegen zunächst kein Widerspruch erhoben wurde.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><table class="absatzLinks" cellpadding="0" cellspacing="0"><tbody><tr><td><p>1.</p>
</td>
<td><p>1 Ordner Vfg. Todesfall</p>
</td>
</tr>
<tr><td><p>2.</p>
</td>
<td><p>1 Ordner Vertr. zug. Dritter</p>
</td>
</tr>
<tr><td><p>3.</p>
</td>
<td><p>2 Alpha-Listen 20.06.1983</p>
</td>
</tr>
<tr><td><p>4.</p>
</td>
<td><p>2 Alpha-Listen 30.10.1984 (jew. 1. u. 2. Halbjahr)</p>
</td>
</tr>
<tr><td><p>5.</p>
</td>
<td><p>2 Alpha-Listen 30.04.1985</p>
</td>
</tr>
<tr><td><p>6.</p>
</td>
<td><p>2 Alpha-Listen 29.12.1988</p>
</td>
</tr>
<tr><td><p>6a.</p>
</td>
<td><p>1 Alpha-Liste 29.12.1988 Weil.</p>
</td>
</tr>
<tr><td><p>7.</p>
</td>
<td><p>1 Stammnr.-Liste</p>
</td>
</tr>
<tr><td><p>8.</p>
</td>
<td><p>1 Kontenplan</p>
</td>
</tr>
<tr><td><p>9.</p>
</td>
<td><p>1 Gläubigerliste 21.08.1987</p>
</td>
</tr>
<tr><td><p>10.</p>
</td>
<td><p>8 Saldenlisten 79-87 (außer 85)</p>
</td>
</tr>
<tr><td><p>12.</p>
</td>
<td><p>1 Saldenliste 14.06.1985</p>
</td>
</tr>
</tbody>
</table>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Unterlagen zu Ziffer 1. und 2. (Verfügungen für den Todesfall und Verträge zu Gunsten Dritter) durften durch die Beschwerdeführerin am 04.04.1989 vollständig fotokopiert werden. Die Unterlagen zu Ziffer 3. 5. (Alpha-Listen 1983-1985) durften durch die Beschwerdeführerin nach Äußerung einer entsprechenden Bitte am 29. und 30.01.1990 verfilmt werden. Für die Unterlagen zu Ziffern 6. und 6.a) (Alpha-Listen 1988) wurde eine entsprechende Bitte nicht geäußert. Bei den Alpha-Listen handelt es sich um eine alphabetische Aufstellung der Inhaber von Einlagekonten.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Bei der Unterlage zu Ziffer 7. (Stammnummernliste) handelt es sich um eine Übersicht über die zwischenzeitlich abgeschlossene Umstellung der Kontennummern bei der Beschwerdeführerin im Jahre 1985.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Unterlage zu Ziffer 8. (Kontenplan) betrifft die Buchführungskonten der Beschwerdeführerin.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Unterlage zu 9. (Gläubigerliste) soll eine Aufstellung von Bankkunden darstellen, welche per 21.08.1987 bei der Beschwerdeführerin Konten auf den Namen Dritter geführt haben.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Unterlagen zu 10. und 11. (Saldenlisten) beinhalten Aufstellungen der Salden aller Einlage- und Kreditkonten der Kunden der Beschwerdeführerin zum jeweiligen Stichtag. Die im Rahmen der Saldenliste per 31.12.1980 zunächst fehlenden Seiten 382-384 (Festgelder) wurden durch die Beschwerdeführerin am 12.04.1989 zur Verfügung gestellt. Die zunächst nicht auffindbare Saldenliste per 31.12.1985 wurde hinsichtlich des Sparbereiches (Kontengruppen 4, 6 und 7) durch die Beschwerdeführerin am 17.07.1989 in Form einer Reproduzierung der Verfilmung zur Verfügung gestellt. Von der Beschlagnahme der Saldenliste 1988 wurde am 17.01.1989 zunächst abgesehen, da diese seitens der Beschwerdeführerin noch für Bilanzierungsarbeiten benötigt wurde.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Sicherstellung weiterer Unterlagen, insbesondere der Kontoeröffnungskarten und anderer spezieller Kontenbelege, wurde im Interesse der Aufrechterhaltung eines ordnungsgemäßen Geschäftsbetriebes der Beschwerdeführerin zunächst zurückgestellt.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 23.01.1989 widersprach die Beschwerdeführerin der Sicherstellung der Unterlagen und beantragte richterliche Entscheidung. Darüber hinaus begehrte die Beschwerdeführerin die Herausgabe der sichergestellten Unterlagen einschließlich eventuell gefertigter Kopien, Sowie die richterliche Anordnung eines Verwertungsverbotes hinsichtlich aus den beschlagnahmten Unterlagen gewonnener Erkenntnisse.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Auf Antrag der Staatsanwaltschaft C7 vom 27.01.1989 bestätigte demgegenüber das Amtsgericht C7 durch den von der Beschwerdeführerin unter anderem angefochtenen Beschluss vom 21.02.1989 - ## Gs ##/## - die Beschlagnahme sämtlicher am 17.01.1989 entsprechend obiger Aufstellung sichergestellten Unterlagen. Zur Begründung führte das Amtsgericht aus, gegen Bedienstete der Beschwerdeführerin bestehe ein Anfangsverdacht dahingehend, unter Verstoß gegen § 154 AO Beihilfe zur Steuerhinterziehung zugunsten von Kunden geleistet zu haben, indem diesen gestattet worden sei, insbesondere Sparkonten auf falsche bzw. andere Namen zu eröffnen. Bereits vor Erlass des Durchsuchungsbeschlusses vom 05.12.1988 - ## Gs ###/## - seien mehrere Verstöße urkundlich belegt gewesen:</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">So hätten die Kunden K, N3 und L8 X3 4 Konten auf Namen mit Anschriften in C8, N4 und L9 unterhalten, obgleich entsprechende Namensträger zum Teil überhaupt nicht, zum Teil nur mit anderen Vornamen ermittelbar gewesen seien. (Nach dem nunmehrigen Ermittlungsstand hat sich die Anzahl der nicht ermittelbaren Namensträger auf 1 reduziert).Hinsichtlich dieser Konten seien Steuerbeträge in Höhe von insgesamt 233.378,00 DM verkürzt worden.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Eheleute C9, weitere Kunden der Beschwerdeführerin, seien über 5 Konten auf Namen vier verschiedener tatsächlich nicht existierender Personen verfügungsberechtigt gewesen, auf die in den Jahren 1977-1986 Zinsen in Höhe von insgesamt 86.514,65 DM gutgeschrieben worden seien.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Weiter habe der Bankkunde G5 I4 unter anderem ein Sparkonto unter der Namensbezeichnung I7 unterhalten, wobei der zugehörige Kontoeröffnungsantrag abhanden gekommen sein solle. Auf dem Konto seien in den Jahren 1975-1984 Zinsen in Höhe von 62.576,78 DM gutgeschrieben worden.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Schließlich sei ein Konto unter dem Namen E5 mit Jahresendbeständen zwischen 96.460,00 DM und 187.257,00 DM im Zeitraum 1979-1987 geführt worden, wobei die Namensträgerin nicht zu ermitteln gewesen sei. (Nach nunmehrigem Ermittlungsstand  lautet das Konto auf "C5“  eine tatsächlich existierende Person, deren Name jedoch von dem Bankkunden C4 lediglich als "Kontennahme" für ein mit seiner Verfügungsberechtigung versehenes Konto benutzt worden ist.)</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht führt In dem angefochtenen Beschluss vom 21.02.1989 weiter aus, die Zahl der Verstöße gegen § 154 AO, wobei auch unrichtige Vornamen, Straßenbezeichnung und Ortsnamen bei als Kontoinhabern geführten Personen aufgefallen seien, ließen es als höchstwahrscheinlich erscheinen, daß auch in weiteren Fällen Kunden unter falschem oder fremden Namen Konten unterhielten und Angestellte der Beschwerdeführerin dies ohne entsprechende sorgfältige Legitimationsprüfung zuließen. Hierfür spreche auch die lange Dauer, in der Konten auf anderen Namen unterhalten würden.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Auch seien sämtliche sichergestellten Unterlagen beweisbedeutsam, wie das Amtsgericht näher ausführt.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sei ebenfalls gewahrt, insbesondere sei das Bankgeheimnis nicht verletzt, da spezielle Kontenunterlagen erst eingesehen werden müssten, wenn sich anhand der sichergestellten Unterlagen ein Verdacht der Steuerhinterziehung bei einem bestimmten Kunden erhärte.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Im März 1989 wurden zwischen Vertretern der Ermittlungsbehörde und dem Bevollmächtigten der Beschwerdeführerin Gespräche geführt, in deren Verlauf die Ermittlungsbehörde erklärte, anhand der beschlagnahmten Unterlagen sollten mit Hilfe eines hieran angelegten Rasters bestimmte auffällige Konten ermittelt und ausgesondert werden; ein Kriterium dieses Rasters stelle die Guthabenhöhe eines Kontos dar, es müssten jedoch weitere Auffälligkeiten hinzukommen. Hierbei im Hinblick auf die Verpflichtung zur Kontenwahrheit auffallende Konten müssten gegebenenfalls zunächst mit vorhandenen Steuerunterlagen abgeglichen und sodann anhand der Kontenunterlagen der Beschwerdeführerin überprüft werden. Der Bevollmächtigte der Beschwerdeführerin erklärte prinzipiell sein Einverständnis mit dieser Vorgehensweise.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Im Rahmen der vorgenannten Gespräche wurde seitens der Beschwerdeführerin eingeräumt, daß es insoweit zu gelegentlichen Verletzungen des § 26 BDSG gekommen sein könne, als in Fällen der Einrichtung eines Kontos auf den Namen eines Dritten, der bislang nicht Kunde der Bank gewesen sei, dieser hiervon nicht unterrichtet worden sei.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Im Lauf des Jahres 1989 überließ die Beschwerdeführerin der Ermittlungsbehörde auf konkrete Anforderung freiwillig eine Reihe von Unterlagen, insbesondere bestimmte Kontoeröffnungskarten, im Original oder in Kopie. Einzelne angeforderte Kontoeröffnungskarten waren nach Auskunft der Beschwerdeführerin nicht aufzufinden.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">In der Folgezeit wurde die Beschwerdeführerin im Rahmen des Vollzuges von richterlichen Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüssen, die in Ermittlungsverfahren gegen Kunden der Bank wegen Steuerhinterziehung ergangen waren, als Dritte in Anspruch genommen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Im weiteren Fortgang der Ermittlungen kam hinsichtlich einzelner Kontoeröffnungskarten der Verdacht einer in der Sache nicht gerechtfertigten nachträglichen Abänderung auf. Da drüber hinaus entstand bei der Ermittlungsbehörde der Eindruck, daß man sich seitens der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Herausgabe einer bestimmten angeforderten Kontoeröffnungskarte schwertat. Diese wurde daher am 15.08.1989 wegen Gefahr im Verzug beschlagnahmt.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Auf Antrag der Staatsanwaltschaft C7 ordnete das Amtsgericht C7 am 28.08.1989 die erneute Durchsuchung der Geschäftsräume der Beschwerdeführerin an (## Gs ###/## AG C7 ). Zur Begründung führte das Amtsgericht aus, die Durchsuchung diene der Auffindung von Kontoeröffnungsunterlagen, Kontounterlagen pp. von nach den bisherigen Ermittlungen Verdächtigen. Daraufhin wurden in Räumen der Beschwerdeführerin am 11.und 16.10.1989 folgende Unterlagen sichergestellt:</p>
<span class="absatzRechts">27</span><table class="absatzLinks" cellpadding="0" cellspacing="0"><tbody><tr><td><p>1.</p>
</td>
<td><p>59 Karteikästen mit erledigten Eröffnungskarten (Spar Termin)</p>
</td>
</tr>
<tr><td><p>2.</p>
</td>
<td><p>9 Ordner Depotauszüge der Jahre 1980-1987, Jeweils per 31.12.</p>
</td>
</tr>
<tr><td><p>3.</p>
</td>
<td><p>1 Saldenliste per 31.12.1988</p>
</td>
</tr>
<tr><td><p>4.</p>
</td>
<td><p>3 Eröffnungskarten "Q"</p>
</td>
</tr>
</tbody>
</table>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Der Beschwerdeführerin wurde gestattet, die Depotauszüge soweit nicht mehrfach vorhanden, vor der Herausgabe für eigene Zwecke zu vervielfältigen.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Kontoeröffnungsunterlagen wurden seitens der Ermittlungsbehörde auf verdächtige Eröffnungskarten hin, die ausgesondert wurden und sich noch bei der Ermittlungsbehörde befinden, durchgesehen. Die restlichen Kontoeröffnungskarten, die den zahlenmäßig mit Abstand größeren Anteil darstellten, wurden der Beschwerdeführerin am 10.04.1990 mit der Feststellung, daß die Beschlagnahme als solche aufrecht erhalten bleibe, zurückgegeben.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 24.10.1989 widersprach die Beschwerdeführerin der Beschlagnahme und beantragte richterliche Entscheidung. Auf den daraufhin seitens der Staatsanwaltschaft C7 gestellten Beschlagnahmeantrag bestätigte das Amtsgericht C7 mit dem - 2. angefochtenen - Beschluss vom 19.12.1989 - ## Gs ###/## - die Beschlagnahme der am 11. und 16.10.1989 sichergestellten Unterlagen vollumfänglich. Zur Begründung führte das Amtsgericht aus, es seien hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorhanden, daß Bedienstete der Beschwerdeführerin Beihilfe zur Steuerhinterziehung durch Bankkunden geleistet hätten, indem zugelassen worden sei, daß Konten auf falsche Namen oder Namen Dritter eröffnet worden seien. Unter Bezugnahme auf den seinerzeitigen Ermittlungsstand stellte das Amtsgericht sodann 15 derartiger Fälle dar und hielt fest, daß sich auf den betroffenen Konten beträchtliche Kapitalien befänden, die sich größenordnungsmäßig meist zwischen 100.000,00 und 700.000,00 DM bewegt hätten, welche in den abgegebenen Einkommensteuererklärungen größtenteils nicht erfasst gewesen seien. Insoweit lägen auch Verstöße gegen § 154 <em>AO</em> vor, da ein Name auch dann als falsch anzusehen sei, wenn er wohl vorkommen möge, aber nicht den "Verfügungsberechtigten" bezeichne. Dies sei der Fall, wenn, wie in den geschilderten Fällen, Bankkonten auf Mädchennamen, auf Namen Dritter, auf Personen mit gleichem Namen aber falschem Vornamen oder auf erdichtete Namen eröffnet würde. In Fällen der Anlegung eines Kontos für einen Dritten, z. B. auf den Namen von Kindern oder Enkeln, werde ein falscher Name nur dann nicht verwandt, wenn das Konto zwar auf den Namen eines Dritten laute, erkennbar aber den Namen des Verfügungsberechtigten ebenfalls ausweise; dies sei in den ermittelten Fällen nicht der Fall. Hinzu komme, daß es sich bei den in den genannten Fällen als "Verfügungsberechtigte" ermittelten Personen um solche gehandelt habe, die über beträchtliche Guthaben verfügt hätten; gerade im ländlichen Raum sei davon auszugehen, daß den Bankangestellten bekannt gewesen sei, daß hier Konten auf falsche oder erdichtete Namen eingerichtet worden seien. Darüber hinaus habe nicht in allen Fällen ein Existenznachweis für die als Konteninhaber benannten Dritten vorgelegen; dies ergebe sich bereits daraus, daß einige "Konteninhaber" unter den festgehaltenen Anschriften nicht existiert hätten; auch erscheine aufgrund des teilweise auswärtigen Wohnsitzes der "Dritten" eine Überprüfung insbesondere im Hinblick darauf ausgeschlossen, daß die Bankbediensteten auch ihrer Auskunftspflicht nach § 26 BDSG nicht nachgekommen seien.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Ein Verstoß gegen § 30 a AO durch die Ermittlungsbehörden liege nicht vor.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Auch das privatrechtliche Bankgeheimnis stehe im Rahmen eines strafprozessualen Ermittlungsverfahrens den Ermittlungen nicht entgegen. Im Hinblick auf den vorliegenden Anfangsverdacht sei das Verhältnismäßigkeitsprinzip nicht verletzt.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Ergebe der Anfangsverdacht, wie im vorliegenden Fall, daß Bankbedienstete es zuließen, daß Kunden in einer Vielzahl von Fällen auf erdichtete oder falsche Namen Konten errichteten, und daß Bankbedienstete daher verdächtigt seien, Beihilfe zur Steuerhinterziehung der Kunden geleistet zu haben, "so dürfte der Überprüfung sämtlicher Konten letztlich nichts im Wege stehen".Im vorliegenden Fall habe sich die Staatsanwaltschaft jedoch darauf beschränkt, insbesondere diejenigen Konten zu überprüfen, die Konteninhaber auswiesen, die nicht ortsansässig seien, deren Konten Guthaben auswiesen, die der Höhe nach über dem Durchschnitt eines normalen Bankkunden lägen.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Die Sicherstellung von Bankunterlagen verstoße auch nicht gegen Vorschriften des Datenschutzgesetzes. Im Rahmen einer rechtmäßigen Beschlagnahme könne von unbefugter Übermittlung von Daten nicht die Rede sein. Fraglich sei überdies, ob sich die Beschwerdeführerin als juristische Person auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung berufen könne.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Schließlich seien die sichergestellten Beweismittel auch sämtlich für die Untersuchung von Bedeutung. Die Kontoeröffnungsunterlagen ermöglichten die Feststellung, ob Kontoinhaber und Verfügungsberechtigter identisch seien und ob bei fehlender Identität falsche oder erdichtete Namen verwendet worden seien.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich der Depotauszüge bestehe nach aller kriminalistischer Erfahrung der Verdacht, daß Kunden mit fiskalischer Verschleierungsabsicht auch auf die Möglichkeit von Depotanlagen verwiesen worden seien.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Im weiteren Fortgang des Ermittlungsverfahrens wurde festgestellt, daß einzelne Konten nicht in die beschlagnahmte Gläubigerliste aufgenommen waren, obgleich sie in sachlicher und zeitlicher Hinsicht dort erscheinen müssten.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Auf konkrete Anforderung der Ermittlungsbehörde übersandte die Beschwerdeführerin in Einzelfällen Kontenverdichtungen.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Am 16.08.1990 hat die Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Amtsgericht C7 vom 21.02.1989 - ## Gs ##/## -, durch den die Beschlagnahme der am 17.01.1989 sichergestellten Unterlagen bestätigt worden ist, und gegen den Beschluss des Amtsgerichts C7 vom 19.12.1989 - ## Gs ###/## -, durch den die Beschlagnahme der am 11. und 16.10.1989 sichergestellten Unterlagen bestätigt worden ist, Beschwerde eingelegt.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Zur Begründung macht die Beschwerdeführerin zunächst geltend, das Amtsgericht sei in den angefochtenen Beschlüssen von einem falschen Sachverhalt ausgegangen. Hierzu listet sie 13 Fälle auf, zu denen sie im wesentlichen ausführt, entgegen den Beschlussgründen sei es tatsächlich so, daß teilweise die als Kontoinhaber benannten "Dritten" existierten, daß bei unterschiedlicher Verwendung mehrere tatsächlich vorhandener Vornamen eines "Verfügungsberechtigten" eine Identitätstäuschung nicht vorliege, daß die Aufnahme des Nachnamens eines Verfügungsberechtigten in entstellter Form auf einem Schreibfehler beruhe, daß die angeblich nicht existierenden Dritten teilweise die Kontoeröffnungsformulare sogar persönlich unterschrieben hätten, oder daß sonst versehentlich in Einzelfällen nicht zutreffende oder missverständliche Angaben auf Kontoeröffnungskarten gemacht worden seien. Keinesfalls hätten Bankbedienstete zur Anlegung eines Kontos auf den Namen eines fiktiven Dritten geraten.Hiernach könne von einer Vielzahl falscher Konten bei insgesamt ca. 30.000 Einlagekonten nicht die Rede sein.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerdeführerin tritt auch den rechtlichen Ausführungen in den angefochtenen Beschlüssen entgegen:</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Es fehle an einem Anfangsverdacht gegenüber Bediensteten der Beschwerdeführerin hinsichtlich von Beihilfehandlungen zur Steuerhinterziehung durch Bankkunden. § 154 AO verbiete nicht die Errichtung von Konten auf den Namen existierender Dritter; gemäß Anwendungserlass zu § 154 AO bedürfe es darüber hinaus nicht einmal der ausdrücklichen Zustimmung des Dritten. Unerfindlich bleibe, warum Bankangestellte im ländlichen Raum bei der Errichtung von Konten auf den Namen Dritter durch Kunden mit beträchtlichem Guthaben bekannt sein solle, daß es sich hier um falsche oder erdichtete Namen handele. Eine Legitimationsprüfung sei nur hinsichtlich des verfügungsberechtigten Gläubigers erforderlich, wohingegen bezüglich des Dritten nach dem Einführungserlass nur ein Existenznachweis erforderlich sei. Sei der Verfügungsberechtigte als potentieller Steuerschuldner benennbar, komme es im Zusammenhang mit einer eventuellen Steuerhinterziehung auf die Existenz des Dritten im übrigen nicht an.Die Art und Weise der Ermittlungen stelle sich weiterhin als unzulässige systematische Suche nach "Zufallfunden" dar. Teilweise werde gegen Bankkunden aufgrund eines lediglich gegenüber Dritten bestehenden Tatverdachtes ermittelt, einer Verfahrensweise, der auch § 30 a AO entgegenstehe.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Unterlagen, insbesondere Kontoeröffnungskarten, hätten mangels Tatverdacht nicht beschlagnahmt werden dürfen, soweit die Konten nicht auf Namen Dritter lauteten. Dies müsse auch für aus Sicht der Bankbediensteten völlig unbedenkliche Kontenaufnahmen von Kindern oder nahen Angehörigen gelten.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Auch die Finanzverwaltung vertrete nach einem Erlass des Ministeriums der Finanzen Rheinland-Pfalz vom 02.07.1990 - S 0325 A-446 - die Auffassung, daß "Verfügungsberechtigter" im Sinne des § 154 Abs. 2 AO neben dem Gläubiger auch dessen gesetzlicher Vertreter und Kontobevollmächtigter sei. Es sei unbedenklich, wenn vor dem 01.01.1991 erloschene Befugnisse nicht in das alphabetische Namensverzeichnis o.ä. aufgenommen würden.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Unzulässigerweise würden auch Steuererklärungen von steuerpflichtigen Bankkunden -überprüft, welche die gesetzlich eingeräumte Möglichkeit der Steueramnestie in Anspruch genommen hätten.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Abschließend macht die Beschwerdeführerin unter Berufung auf ein von Herrn Prof. Dr. G, Bundesverfassungsrichter i.R., eingeholtes Rechtsgutachten vom 01.07.1990 (im folgendem: Gutachten) geltend, die Vorgehensweise der Ermittlungsbehörden, insbesondere die Art und Weise der Ermittlungen, verstoße im Bezug auf die Grundrechte aus Artikel 2 Abs. 1, 12 Abs. 1, 13 Abs. 1. und 14 Abs. 1 GG gegen den Verfassungsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit, wobei als Abwägungsfaktor auch das informationelle Selbstbestimmungsrecht in Verbindung mit dem Bankgeheimnis und der Grundgedanke des § 30 a AO berücksichtigt werden müssten.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Mit ergänzendem Antrag vom 31.08.1989 hat die Beschwerdeführerin beantragt, "die Unverwertbarkeit der rechtswidrig genommenen Kenntnisse festzustellen." Zur Begründung macht sie im wesentlichen geltend, es fehle ein hinreichender Anfangsverdacht.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Nachdem die Staatsanwaltschaft C7 am 21.09.1990 beantragt hat, der Beschwerde vom 16.08.1990 nicht abzuhelfen, hat das Amtsgericht C7 am 05.10.1990 in diesem Sinn entschieden und die Akten der Kammer zur Entscheidung über die Beschwerde zugeleitet.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde ist gemäß § 304 Abs. I, 2 StPO zulässig, soweit mit dem Antrag vom 16.08.1990 die Aufhebung der angefochtenen Beschlagnahmebeschlüsse mit der Folge, daß die sichergestellten Unterlagen an die Beschwerdeführerin herauszugeben waren, begehrt wird.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">In diesem Umfang ist mit dem vorherigen Gewahrsam der Beschwerdeführerin an den beschlagnahmten Unterlagen eine der selbst zustehende Rechtsposition berührt. Hingegen ist im vorliegenden Beschwerdeverfahren für die mit Antrag der Beschwerdeführerin vom 31.08.1990 begehrte Feststellung der Unverwertbarkeit "der rechtswidrig gewonnenen Kenntnisse" unabhängig davon, ob eine solche Rechtswidrigkeit festgestellt werden könnte, kein Raum. Über die Frage der Verwertbarkeit eventuell in rechtswidriger Weise erlangter Kenntnisse der Ermittlungsbehörde ist im Rahmen des Hauptverfahrens gegen die jeweiligen Beschuldigten (ohnehin) zu entscheiden (LG Köln, Beschl. v. 31.08.1982 - 117 Qs 11/82 - und vom 25.04.1983 - 117 Qs 3/83 - StrV 1983, 56, 275; vgl. insoweit auch LG Arnsberg, Beschl. v. 27.06.1983 - 3 Qs 43/83 <strong>-,</strong> ZIP 1984, 889, 892), Auch unter Berücksichtigung des ungeschriebenen Verfassungsgrundsatzes, daß Grundrechte - auch in gerichtsverfahrensmäßiger Hinsicht - im Sinne einer größtmöglichen Effektivität zur Geltung zu bringen sind, ist es im allgemeinen nicht geboten, über diese Frage bereits in einem Beschwerdeverfahren der vorliegenden Art zu entscheiden. Dies gilt entgegen der Auffassung des Landgerichts Baden-Baden ( Beschl. v. 16.05.1989 - 1 Qs 321/88, ZIP 1989, 766, 767; zweifelnd noch im Beschl. 1 Qs 246/87, ZIP 1989, 764, 766) auch, soweit die Beschwerdeführerin als Drittbetroffene an den Hauptverfahren gegen die Beschuldigten nicht beteiligt ist. Es kann dahinstehen, ob sich die Beschwerdeführerin, eben weil sie selbst als Beschuldigte nicht in Betracht kommt, auf ein solches Verwertungsverbot im Strafverfahren überhaupt berufen kann (für das FGO-Verfahren entsprechend verneinend: FG Saarland, Beschl. v. 10.04.1990 - 2 V 34/90- wistra 1990, 272, 273). Die schützenswerten rechtlichen Interessen der Beschwerdeführerin, hinsichtlich derer im einzelnen auf die weiteren Ausführungen verwiesen wird, erfordern jedenfalls nicht den ausdrücklichen Ausspruch eines Verwertungsverbotes im Beschwerdeverfahren. Diese Frage ist vielmehr inzident im Rahmen der Begründetheit der Beschwerde unter dem Gesichtspunkt der Beweisgeeignetheit der beschlagnahmten Unterlagen zu prüfen (LG Bonn, Beschl. v. 01.07.1980 - 37 Qs 57/80 -, NJW 1981, 292, 293). Soweit die Beschwerdeführerin isoliert die Rechtswidrigkeit der Art und Weise der Durchführung der Beschlagnahme geltend machen will, ist das Beschwerdeverfahren hierfür nicht die statthafte Verfahrensart.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde hat, soweit sie zulässig ist, in der Sache keinen Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Die durch die angefochtenen amtsrichterlichen Beschlüsse beschlagnahmten Unterlagen können sämtlich im Sinne des § 94 Abs. 1 StPO für die Untersuchung von Bedeutung sein.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Die Kammer ist als Beschwerdegericht gehalten, die angefochtenen Entscheidungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht aufgrund des <span style="text-decoration:underline">heutigen</span> Ermittlungsstandes zu überprüfen. Entscheidend ist, ob hiernach die sichergestellten Unterlagen weiter in Beschlag zu halten sind, nicht hingegen, ob die Voraussetzungen des § 94 StPO zum Zeitpunkt der Sicherstellung oder des Erlasses des angefochtenen Beschlüsse vorgelegen haben (Karlsruher Kommentar (KK) - Engelhardt, StPO GVG, 2. Aufl., München 1987, § 309 Rz. 6; Löwe/Rosenberg(L/R)/Schäfer, StPO, 24. Aufl., Berlin/New York 1988, § 98, Stand: 01.04.1986, Rz. 67; Kleinknecht/Meyer, StPO/GVG, 39. AufI., München 1989, § 309 Rz. 3).</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Es liegen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte im Sinne des § 152 Abs. 2 StPO dafür vor, daß eine Reihe von ehemaligen und heutigen Bediensteten der Beschwerdeführerin Bankkunden Beihilfe zur Steuerhinterziehung, §§ 370 AO, 27 StGB, geleistet haben. Ein derartiger Anfangsverdacht erfordert, daß die Begehung dieser Taten und deren Verfolgbarkeit nach kriminalistischer Erfahrung als möglich erscheint, wobei diese Prognose auf einem Tatsachenkern beruhen muss und nicht lediglich eine reine Vermutung darstellen darf (Kleinknecht/Meyer, a.a.O., § 152, Rz. 4; KK-Laufhütte, a.a.O., § 94 Rz. 8; LR-Schäfer, a.a.O., § 94 Rz. 12; BGH, Urteil vom 21.04.1988 - III ZR 255/86 -, NJW 1989, 96, 97 m.w.N.). Es ist jedoch nicht erforderlich, daß der Verdacht bereits auf eine oder mehrere bestimmte Personen als Täter hindeutet.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Der gegen die Mitarbeiter der Beschwerdeführerin bestehende Anfangsverdacht ist auch nicht zwingend davon abhängig, ob in jedem Verdachtsfall ein Verstoß gegen das in § 154 AO niedergelegte Prinzip der Kontenwahrheit in seiner gesetzlichen Ausprägung vorliegt. Auch anderweitig nicht gesetzlich untersagte Verhaltensweisen vermögen aufgrund ihres konkreten sozialen Zusammenhanges und ihrer Intention eine Beihilfe im strafrechtlichen Sinn darzustellen. Allerdings wird der Verstoß gegen eine Gesetzesvorschrift wie z. B. des § 154 AO im Regelfall als erhebliches Indiz für einen strafrechtlichen Hintergrund anzusehen sein. Andererseits kann auch bei einem festgestellten Verstoß gegen § 154 AO im Einzelfall ein strafrechtlich irrelevantes Verhalten vorliegen. Es bedarf überdies keiner näheren Ausführung, daß Kreditinstitute das Funktionieren des Geldverkehrs sicherzustellen haben, ohne hierbei als Vormund oder Hüter ihrer Kunden aufzutreten. Auch die Grundsätze des sozialadäquaten Verhaltens und des erlaubten Risikos hindern aber die Strafbarkeit des Verhaltens eines Bankmitarbeiters dann nicht, wenn dem Kunden im konkreten Fall die Einrichtung eines Kontos, Depots o. ä. auf fremden, falschen oder erdichteten Namen zwecks Aufnahme von Steuerhinterziehungsgeldern bankseitig wenn ein Kunde im Zusammenhang mit vorgeschlagen wird, oder einer derartigen Kontoeröffnung bzw. -führung durch Bankmitarbeiter zumindest mit bedingtem Vorsatz in seinem Steuerhinterziehungsvorsatz konkret bestärkt wird (ähnlich: Kniffka, Die Durchsuchung von Kreditinstituten in Steuerstrafverfahren, wistra 1987, 309 ff. m. w. N.).</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Dies gilt auch bei einer nach dem Wortlaut des § 154 AO an sich nicht zu beanstandenden Anlegung eines Kontos lediglich auf fremden Namen, ohne daß dieser falsch oder erdichtet ist, und gleichzeitiger ordnungsmäßiger Erfassung des Verfügungsberechtigten mit der Folge, daß bei einem Auskunftsersuchen eines Finanzamtes nach § 93 AO entsprechende Angaben durch das Kreditinstitut gemacht werden können. Es reicht nämlich aus, wenn der steuerpflichtige Bankkunde <span style="text-decoration:underline">glaubt</span>, durch die vorstehend dargestellte Art der Konteneinrichtung und -führung darauf eingezahlte Gelder dem Finanzamt besser verschleiern zu können und durch die ihm eingeräumte entsprechende Möglichkeit in einem dahingehenden Hinterziehungsvorsatz konkret bestärkt wird. Dafür, daß der beteiligte Bankmitarbeiter dies auch entsprechend versteht, bestehen z. B. dann Anhaltspunkte, wenn die Daten des benannten dritten Kontoinhabers nicht hinreichend festgehalten werden, seine Existenz nicht nachgewiesen wird und/oder eine nach § 26 SDSG erforderliche Mitteilung an ihn unterbleibt. Hinsichtlich der (nur) wegen ihrer strafrechtlichen Indizwirkung bedeutsamen Reichweite der Verbotsnorm des § 154 Abs. 1 AO und der Gebotsnorm des § 154 Abs. 2 AO besteht insbesondere im Fall der Errichtung eines Kontos auf den Namen eines Dritten keine völlige Übereinstimmung. Während es in dem gemeinsamen Ländererlass der Länderfinanzminister im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen vom 01.12.1969 noch hieß, ein Name sei im Sinne des damaligen § 163 AO (bereits) dann falsch, wenn es ihn zwar gebe, er aber nicht den Verfügungsberechtigten bzw. Gläubiger bezeichne (Zzt. nach OB 1970, 232; so auch Franzen/Gast/Samson-Gast de Haan , Steuerstrafrecht , 3. Aufl., München 1985, § 379 AO, Rz. 38 m. w. N.), ist es nach dem Einführungserlass zur AO 1977 vom 01.10.1976 (BStBL 1976 I, 576, 605) und dem Anwendungserlass zur AO (AEAO) v. 24.09.1987 (BStBL 1987 I, 664, 694), Ziff. 2 zu § 154, ausdrücklich zulässig, Konten auf den Namen Dritter zu führen, ohne daß es deren ausdrücklicher Zustimmung bedarf, wobei deren Existenz allerdings nachzuweisen ist. Kohlmann stellt klar (Steuerstrafrecht, 5. Aufl., Köln 1990, zu § 379 AO 1977, Lieferung 09.07.1980, Rz. 56 f m. w. N.), daß ein Name falsch ist, wenn er demjenigen, der ihn führt, rechtlich nicht zusteht, wie z. B. der Mädchenname einer verheirateten Frau. Während das Auseinanderfallen von Kontoinhaber und Verfügungsberechtigtem allgemein als zulässig angesehen wird (Mösbauer, Steuergefährdung durch Verletzung der Pflicht zur Kontenwahrheit nach § 154 Abs. 1 AO, NStZ 1990, 475; earl Klos, Das ungelöste Problem des "Verfügungsberechtigten" im Sinne des § 154 Abs. 2 AO aus Sicht der Ermittlungsbehörden, wistra 1990, 42 mit umfangreichen Nachweisen aus dem abgabenrechtlichen Schrifttum; Kohlmann, a.a.O.), ist fraglich, wie weit sich in diesem Fall die Prüfungspflicht der Kreditinstitute nach § 154 Abs. 2 AO im einzelnen erstreckt. Forderte der Ländererlass vom 01.12.1969 (a.a.O.) noch eine Vergewisserung hinsichtlich des Inhabers und des Verfügungsberechtigten, lassen der Einführungserlass und der Anwendungserlass zur AO 1977 (jeweils a.a.O.) entsprechend dem Wortlaut des § 154 Abs. 2 AO die Vergewisserung hinsichtlich des Verfügungsberechtigten genügen und verlangen hinsichtlich des Dritten neben dem Existenznachweis nur das Festhalten der Angaben über Person und Anschrift. Das Schrifttum zeigt insoweit, ebenso wie hinsichtlich der Frage, wer als Verfügungsberechtigter im Sinne des § 154 Abs. 2 AO anzusehen ist, ein uneinheitliches Bild (Mösbauer a.a.O.; Carl-Klos, a.a.O.; jeweils mit neuesten Nachweisen). Die genaue Reichweite der Prüfungspflicht kann im Rahmen der hier zu treffenden Beschwerdeentscheidung offen bleiben, da ein für das Vorliegen einer "Untersuchung" im Sinne des § 94 Abs. 1 StPO hinreichender Tatverdacht gegen Mitarbeiter der Beschwerdeführerin, Kunden Beihilfe zur Steuerhinterziehung geleistet zu haben, nach den vorstehend dargestellten Kriterien unabhängig davon besteht, in welcher Intensität sich die Prüfungspflicht auf den dritten Konteninhaber erstreckt.</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Wie sich aus der nachfolgenden Aufstellung von bislang ermittelten 36 Fällen im einzelnen ergibt, haben - mit unterschiedlichem Gewicht - eine Reihe von Mitarbeitern der Beschwerdeführerin an der Errichtung und Führung von Spar- und Termingeldkonten sowie eines Depots tatsächlich mitgewirkt, deren Gelder sämtlich in irgendeiner Form der Besteuerung entzogen worden sind. In allen Fällen fallen der formale Konteninhaber und der tatsächlich Berechtigte auseinander. Darüber hinaus wussten viele Konteninhaber nichts von den auf ihren Namen geführten Konten. Die Beschwerdeführerin räumt in diesem Zusammenhang Verstöße gegen § 26 BDSG selbst ein. Bei der Eröffnung von Konten auf entfernteste Verwandte oder Bekannte mit auswärtigem Wohnsitz drängt sich ein Steuerhinterziehungszweck geradezu auf. Teilweise existieren die Kontoinhaber nach dem bisherigen Ermittlungsstand überhaupt nicht; es erscheint ausgeschlossen, daß sich die Mitarbeiter der Beschwerdeführerin in diesen Fällen entsprechend der zu verlangenden Mindestanforderung deren Existenz haben nachweisen lassen; dafür, daß dies nicht stets geschah, sprechen unvollständige oder ortsbekannt falsche Eintragungen, was wiederum ein bewusstes Beihilfeverhalten indiziert. Vergleichbares gilt hinsichtlich einer Reihe von Eintragungen bezüglich der Verfügungsberechtigten; es erscheint ausgeschlossen, daß beteiligte Bankmitarbeiter ihrer Prüfungspflicht genügt haben, wenn z. B. Konten auf Mädchennamen verheirateter Frauen eröffnet wurden; auch dies indiziert ein bewusstes Beihilfeverhalten. Gleiches gilt für weitere Eröffnungen unter falschem Namen, wodurch ein eventuelles Auskunftsersuchen nach § 93 AO möglicherweise ins Leere gegangen wäre. Hinzu kommt, daß es sich in vielen Fällen um am Sitz der Beschwerdeführerin bekannte Persönlichkeiten, oftmals um Gewerbetreibende oder Freiberufler mit überdurchschnittlichen Einlagebeträgen, handelte. Schließlich haben sich einige Kunden im Ermittlungsverfahren bzw. in Beschuldigtenvernehmungen dahin eingelassen, daß Mitarbeiter der Beschwerdeführerin zur Verschleierung vor den Finanzbehörden zu den aufgezählten Eröffnungsvarianten geraten hätten.</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Der gegen frühere und heutige Mitarbeiter der Beschwerdeführerin bestehende strafprozessuale Anfangsverdacht, Beihilfe zu durch Kunden begangene Steuerhinterziehungen geleistet zu haben, gründet sich im einzelnen auf folgende tatsächliche Anhaltspunkte, die nach gegenwärtigem Ermittlungsstand folgenden 36 Fällen des Verdachts der Steuerhinterziehung zugeordnet werden können:</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">1) Fall B</span></p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Herr B2 war bis zu seinem Tod im Jahre 1986 Aufsichtsratsmitglied der Beschwerdeführerin. Bereits im Jahre 1966 wurden Konten unter dem Namen "S9" eröffnet, hinsichtlich derer der Verdacht besteht, daß insoweit ein Verstoß gegen § 154 AO und deshalb ein Namensmißbrauch vorliegt. Am 11.12.1979 wurde seitens des Vorgenannten, der über mehrere Sparkonten bei der Beschwerdeführerin verfügte, das Konto ####### auf den Namen " M4" eröffnet, wobei der Bankangestellte S bestätigte, den Kontoinhaber M4 persönlich zu kennen; dieser habe den Antrag  vor ihm unterschrieben. Demgegenüber hat Herr M4 unter dem 30.08.1989 geäußert, von einem derartigen Konto nicht zu wissen; Geschäftsbeziehungen zu der Beschwerdeführerin hätten von seiner Seite aus nie bestanden; Herr B2 sei in erster Ehe mit der Schwester seiner verstorbenen Mutter verheiratet gewesen; seit 1974 oder 1975 habe es nur 1 oder 2 Höflichkeitsbesuche gegeben, wobei über Geldangelgenheiten nicht gesprochen worden sei. In einem für dieses Sparkonto am 16.09.1984 abgeschlossenen Vertrag zugunsten Dritter, der bankseits von den Herren S und I2 unterschrieben ist, ist Frau B mit Wirkung zum 18.11.1985 als Begünstigte eingesetzt.</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">2) Fall C</span></p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Am 31.01.1984 eröffnete Frau C ein Termineinlagenkonto auf den Namen ihrer im Jahre 1967 geborenen Tochter D2 als Kontoinhaberin. Obgleich der Antrag von Frau C unterschrieben wurde, bestätigte der Bankmitarbeiter S, daß ihm der Kontoinhaber persönlich bekannt sei und vor ihm den Eröffnungsantrag unterschrieben habe. Frau C war auf dem Antrag als Gläubigerin und Verfügungsberechtigte aufgeführt.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">3) Fall J C</span></p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Frau C unterhielt bis ins Jahr 1984 Konten auf den Namen ihrer volljährigen Tochter, H6 C. Weiter unterhielt sie Konten auf ihren Mädchennamen "L10". So weist das Sparkonto Nr. ####### als Kontoinhaberin "L10" und als Gläubigerin und Verfügungsberechtigte "J C6 aus. Unterschrieben ist dieser Antrag mit "L10". Auf Bankseite ist der Antrag von dem früheren Angestellten S unterschrieben. Die Kontoeröffnungskarte des Kontos Nr. #######, ebenfalls lautend auf "L10" als Kontoinhaberin, konnte bislang nicht gefunden werden.</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">4) Fall Eheleute C2</span></p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Die Eheleute C2 unterhielten auf die frei erfundenen Namen "N5" und "E6" insgesamt 3 Konten. Im Fall "E6" sind die beiden Eröffnungskarten mit "E6" unterschrieben. Seitens des Unterzeichnenden Bankmitarbeiters T10 wurde auf den Eröffnungskarten bestätigt, daß ihm die als Verfügungsberechtigte und Gläubigerin eingetragene Frau C2 persönlich bekannt sei.</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">5) Fall Eheleute C10</span></p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">In diesem Fall wurde im Jahre 1974 ein Sparkonto auf den Namen "N6" eröffnet, wobei es sich um den Vater der Frau C3 handeln soll. Es existieren unter dem Datum 03.01.1974 auf die Kontonummer ####### zwei Eröffnungskarten, die von verschiedenen Antragstellern unterschrieben sind, aber beide als Inhaber "N6" und als Verfügungsberechtigte die Eheleute C10 ausweisen. Seitens der Bank sind beide Karten von dem ehemaligen Angestellten S unterschrieben. Die später beschlagnahmte Karte weist handschriftliche Ergänzungen unter den Rubriken Geburtsdatum und Beruf des Inhabers auf.</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">6) Fall C4</span></p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">Im Jahre 1973 eröffneten Herr C4 und seine im Jahre 1980 verstorbene Ehefrau ein Konto auf den Namen "C5". Bei letzterer handelte es sich um eine Verwandte des Herrn C4. Auf der Kontoeröffnungskarte ist kein Geburtsdatum und als Anschrift lediglich "#### T11" eingetragen. Frau C5 war von dem Konto nichts bekannt. Am 13.01.1975 eröffneten die Eheleute C4 als Gläubiger und Verfügungsberechtigte ein weiteres Sparkonto auf den Namen "I8". Dieser Name ist frei erfunden. Der Eröffnungsantrag "C5" wurde von dem Bankangestellten W2, der Eröffnungsantrag "I8" von dem Mitarbeiter S unterzeichnet. Herr C4 hat bei seiner staatsanwaltlichen Vernehmung als Beschuldigter am 01.12.1989 geäußert, bei Eröffnung  des letzteren Kontos seien ihm der Name I8 sowie die Anschrift vermutlich von Herrn S genannt worden.</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">7) Fall: C9</span></p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">In den Jahren 1977-1981 eröffneten die Eheleute C9 5 Konten auf die Namen der nicht existierenden Personen "H7", "L6", "T12", "I9". Als Anschrift war teilweise "#### C7-C11, C7er Str. ##" auf den Eröffnungsanträgen eingetragen, wobei im örtlichen Bereich bekannt ist, daß der Ortsteil C11 zur Gemeinde T13 und nicht zu C7 gehört. Bis auf den Kontoeröffnungsantrag hinsichtlich des Kontos Nr. ####### (L6) sind die Eröffnungsanträge von dem Bankmitarbeiter S unterschrieben. Auf dem Eröffnungsantrag hinsichtlich des Kontos Nr. ####### (L6), der von dem Bankmitarbeiter S3 unterzeichnet ist, ist vermerkt, daß die als Gläubiger und Verfügungsberechtigte eingetragenen Eheleute C9 Herrn S persönlich bekannt seien. Demgegenüber ist auf dieser Karte angekreuzt, daß der Kontoinhaber dem unterzeichnenden Mitarbeiter persönlich bekannt sei. Die entsprechende Rubrik ist auch auf dem Eröffnungsantrag des Kontos #######, ebenfalls lautend auf Herrn L6 als Kontoinhaber, angekreuzt. Auf dem Kontoeröffnungsantrag hinsichtlich des auf den Namen I9 lautenden Sparkontos ist angekreuzt: "Die Existenz des Kontoinhabers ist mir persönlich bekannt".</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">8<span style="text-decoration:underline">) Fall Eheleute E3</span></p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">Erstmals im November 1965 eröffneten diese ein Konto auf den frei erfundenen Namen "Eheleute H, wobei der Eröffnungsantrag zum Konto Nummer #### dennoch zwei Unterschriften "H ausweist. Seitens des beteiligten Bankmitarbeiters S ist bestätigt, daß sich der Kontoinhaber durch Personalausweis ausgewiesen habe. Ein weiteres Konto auf "Eheleute H mit der Nummer #(#)###### wurde im Jahre 1977 unter Beteiligung des Bankangestellten S eingerichtet; Mitte 1985 erhielt es die Nummer #########. Ausweislich eines im Jahre 1981 hinsichtlich dieses Kontos geschlossenen Vertrages zugunsten Dritter waren die Kinder der Eheleute E3 für den Fall des Todes des Kontoinhabers begünstigt. Als diesen im Jahr 1988 Kontovollmacht eingeräumt wurde, waren weiterhin als Kontoinhaber die "Eheleute H eingetragen, unterzeichnet wurde jedoch auf die Namen F2 und J E3. Seitens der Bank ist die Vollmacht vom 15.01.1988 durch Herrn S3 unterzeichnet. Herr E3 hat im Ermittlungsverfahren geäußert, der Name H sei frei erfunden gewesen; die Methode sei seinerzeit von einem ihm nicht mehr bekannten Bankbeamten aufgezeigt worden.</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">9) Fall E</span></p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Im Jahre 1977 eröffnete Herr E als Gläubiger und Verfügungsberechtigter auf den Namen "H8" unter Mitwirkung von Herrn S ein Sparkonto. Existent ist eine Person "O3 H4", dessen Patenonkel Herr E ist. Herr H4, heute "L11" erfuhr erst im Rahmen des Ermittlungsverfahrens von diesem Konto. Auf der Kontoeröffnungskarte ist ausdrücklich vermerkt: "Gläubiger-Verfügungsrecht beachten".</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">10) Fall F3</span></p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">Im Jahre 1976 wurde durch X5, T14, I10 und I11 F3 als verfügungsberechtigte Gläubiger ein Sparkonto auf den Namen "T15" unter Mitwirkung des Bankangestellten T16 eingerichtet. Nach einer Auskunft des Steuerberaters I2 der Familie F3 im Rahmen des Ermittlungsverfahrens ist der Name der tatsächlich existierenden Person "T17" seitens seiner Mandanten missbraucht worden.</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">11) Fall G2</span></p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">Die Eheleute G2 - der Ehemann betreibt eine Zahnarztpraxis - unterhielten auf verschiedene Namen von Dritten, die hiervon keine Kenntnis hatten, Konten bei der Beschwerdeführerin. Bis auf "G6", dessen Existenz noch nicht ermittelt ist, handelt es sich um existierende Personen. Zwei Konten wurden auf den Namen "<span style="text-decoration:underline">L12</span>" geführt, wobei das erste Konto im Jahre 1977 eröffnet und im Jahre 1982 wieder aufgelöst wurde, das zweite Konto, das jedenfalls per 31.12.1988 noch bestand, im Jahre 1981 eröffnet wurde. Gläubiger und Verfügungsberechtigte waren I12 und H9 bzw. G2. Die Eröffnungskarten sind von den Bankmitarbeitern S3 und S unterzeichnet. Das spätere Konto war unter dem Namen "L12" nicht in der beschlagnahmten Gläubigerliste enthalten.</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">Am 25.10.1978 eröffneten die Eheleute G2 ein Sparkonto auf den Namen "Q2" unter Beteiligung des Bankmitarbeiters S. Am 04.09.1985 wurde ein weiteres Konto auf den Namen "Q3" unter Mitwirkung des Bankangestellten S3 eröffnet und mit diesem Namen unterschrieben. Aufgrund einer Vergleichsunterschrift bestehen Zweifel an der Echtheit dieser Unterschrift. Als Bevollmächtigte ist in letztgenanntem Fall Frau G2 mit entsprechender Unterschriftsprobe vermerkt. Im Jahre 1979 wurde ein Konto auf den Namen "S6 Q4" eingerichtet, und zwar unter Beteiligung des Bankangestellten S. In gleicher Weise wurden im Jahre 1981 Konten auf die Namen "I13 " und "G6", letzteres mit der Anschrift F4, C12er Str. ##, der Anschrift der Zahnarztpraxis, eingerichtet. Bereits im Jahre 1979 war ein Konto auf den Namen "I14 T18" eingerichtet worden, und zwar unter Beteiligung der Bankangestellten Frau I5. Bei Herrn T18 handelt es sich um einen Pfarrer, der die Familie G2 seelsorgerisch betreute und unter anderem deren Kinder getauft hat. Von dem Konto erfuhr er erst im Rahmen des Ermittlungsverfahrens. Nach dem bisherigen Ermittlungen wurden auf dieses Konto, ein Sparkonto, über 100 auf den Namen G2 eingereichte Schecks gutgeschrieben.</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">12) Fall H2</span></p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">Die Eheleute H2 unterhielten auf 8 unterschiedliche fremde Namen (N E2, H10 und N7 H11, G7 geb. X6, G8, B3, J2 B3, D3 geb. X6, D4) Konten als Gläubiger und Verfügungsberechtigte. Eine Person D4, auf die Konten in den Jahren 1975 und 1977 eingerichtet wurden, und zwar unter Beteiligung von Herrn S, gibt es nach dem jetztigen Ermittlungsstand nicht. Nach den bisherigen Ermittlungen haben die übrigen als Kontoinhaber eingesetzten Personen die Kontoeröffnungsanträge persönlich unterzeichnet, wobei in dem Antrag hinsichtlich des Kontos Nr. ######### (N E2) vermerkt ist, offensichtlich durch den beteiligten Bankmitarbeiter S3, daß der Antragsteller, Frau E2, persönlich bekannt sei, und zwar "vorgestellt von Herrn X7 H2.</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">Bei den Kontoeröffnungen der Eheleute H2 waren entweder der Bankmitarbeiter S oder der Bankmitarbeiter S3 beteiligt.</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">13) Fall H3</span></p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">Unter Beteiligung des Bankmitarbeiters S eröffnete Frau H3 als Gläubigerin und Verfügungsberechtigte In den Jahren 1974 und 1983 Konten auf die Namen "U2 S7", und zwar unter Missbrauch des Namens des am 29.06.1977 verstorbenen Herrn S7. Am 09.01.1989 erfolgte unter Beteiligung des Bankmitarbeiters S3 eine Erweiterung der Bevollmächtigung, wobei lediglich Frau H3 als Antragstellerin unterzeichnete.</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">14) Fall I15 I4</span></p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">Der Vorgenannte eröffnete am 20.08.1970 unter Beteiligung der Bankmitarbeiterin Frau I3, die vermerkte, daß ihr der Gläubiger und Verfügungsberechtigte Herr I4 durch Herrn I2 vorgestellt worden sei, im Jahre 1985 zwei Konten auf den Namen "I16". Die Kontoeröffnungskarte des letztgenannten Kontos konnte bislang nicht aufgefunden werden. Gegen die Auffassung der Beschwerdeführerin, daß die Namensdifferenz auf einen Schreibfehler beruhe, sprechen neben dem Verdacht der Hinterziehung eines Steuerbetrages von rund 400.000,00 DM aufgrund nicht angemeldeter Zuflüsse aus dem gewerblichen Bereich, die fehlende Eintragung eines Geburtsdatums und Berufes auf der Kontoeröffnungskarte 1970 sowie die dort vermerkte Phantasieanschrift.</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">15) Fall I17</span></p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">Am 02.07.1979 eröffnete der Metzgermeister I17 als Gläubiger ein Sparkonto auf den Namen "Q5", eine seiner Angestellten. Der beteiligte Bankmitarbeiter war Herr T10.</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">16) Fall L</span></p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">Am 28.06.1971 eröffneten Herr L4 und Frau L2 als Gläubiger und Verfügungsberechtigte ein Sparkonto auf den Namen "L" und zwar unter Beteiligung des Bankangestellten N8. Auf der Kontoeröffnungskarte ist vermerkt: "Im Falle unseres Ablebens ist Frau T geb. 10.09.1943 allein verfügungsberechtigt". Die Eheschließung von Frau L mit Herrn T8 erfolgte am 20.08.1971.</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">17) Fall L5</span></p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">Im Jahre 1977 eröffnete Herr L5 als Verfügungsberechtigter und Gläubiger ein Sparkonto auf den Namen "L17", und zwar unter Beteiligung des Bankangestellten S. Eine Person L17 konnte bislang nicht ermittelt werden.</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">Im Jahre 1979 eröffnete Herr L5 ein weiteres Sparkonto auf den Namen einer nicht existierenden Person "C13", wobei der Eröffnungsantrag ebenfalls von dem Bankmitarbeiter S unterschrieben ist. Hinsichtlich beider Konten wurden am 29.02.1980 für den Fall des Todes des Kontoinhabers eine Verfügung zu Gunsten von N9 und H12 L5 zu je 1/2 vereinbart.</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">18) Fall L14</span></p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">Am 04.10.1984 eröffnete Frau I ein Festgeldkonto über einen Betrag von rund 300.000,00 DM auf eigenen Namen und zeichnete auch als Bevollmächtigte. Der Eröffnungsantrag trägt die Unterschrift des Bankmitarbeiters I5. Frau I hat In einer Beschuldigtenvernehmung am 14.08.1990 erklärt, von den Herren S4 (Bauunternehmer) und L14 (Architekt) sei im Rahmen der Finanzierung eines Grundstückserwerbes vorgeschlagen worden, ein Konto auf den Namen I bei der Beschwerdeführerin einzurichten. Nach Errichtung des Kontos hätten beide Je 150.000,00 DM auf dieses Konto eingezahlt. Von ihr, Frau I sei lediglich die Unterschrift auf dem Eröffnungsantrag geleistet worden. Die Kontoauszüge habe sie ungeöffnet an Herrn S4 weitergeleitet. Die Verfügung über das Konto sei in der Weise erfolgt, daß sie Herrn L14 oder Herrn S4 unterschriebene Blankoschecks übergeben habe. Das Geld sei in den Räumen der Beschwerdeführerin seinerzeit von Herrn L14 nach Quittierung übergeben worden.</p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">19) Fall M</span></p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">Ab 1977 eröffnete Frau M mehrere Konten auf ihren Mädchennamen "G9". Als bevollmächtigte bzw. verfügungsberechtigte Gläubigerin war Frau M "M" vermerkt. In drei Fällen unterzeichnete der Bankmitarbeiter S die Konteneröffnungen, in einem Fall die Bankangestellte Frau I5.</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">20) Fall M2</span></p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">Im Jahre 1963 eröffnete Frau M2 als Verfügungsberechtigte und Gläubigerin erstmals ein Sparkonto auf den Namen "L15", und zwar unter Mitwirkung einer zwischenzeitlich verstorbenen Bankmitarbeiterin. Im Jahre 1969 wurde die Eröffnungskarte unter Mitwirkung des Bankangestellten S erneuert, wobei Frau M2 mit ihrem Mädchennamen L15 unterschrieb. Bei einer erneuten Änderung im Jahre 1978 war als Anschrift die nach den bisherigen Ermittlungen nicht existierende Adresse T19, E7er Str. ##, eingetragen. Im Jahre 1979 wurde ein weiteres Konto auf den Namen L15 eröffnet, wobei Gläubiger und Verfügungsberechtigte D5 und X8 M2 waren. Bankseits wirkte Herr S3 mit. Die Eheleute M2 unterhielten auch weitere Konten unter ihrem eigenen Namen.</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">21) Fall N10</span></p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks">Im Jahre 1973 eröffneten die Eheleute I18 und S10 N10 ein Sparkonto auf den Mädchennamen der Ehefrau "F5". Bankseits wirkte Herr C14 mit.</p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">22) Fall O</span></p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">Im Jahre 1978 eröffneten die Eheleute O unter Mitwirkung des Bankangestellten S2 Konten auf den Namen "T20“. Bei dem Vornamen handelt es sich um denjenigen von Frau O, der Familienname war erfunden. Das handschriftlich nachgetragene Geburtsdatum "##.##.####" ist dasjenige von Frau O. Bei der vermerkten Anschrift handelt es sich um eine alte Anschrift der Eheleute O. Diese haben sich in ihrer Beschuldigtenvernehmung am 07.08.1990 dahin eingelassen, die - nicht versteuerten - Vermögenswerte auf diesen Konten seien dort lediglich angelegt worden, da nicht habe bekannt werden sollen, welche Vermögenswerte im einzelnen in ihrem Besitz seien. Persönlich bei der Beschwerdeführerin bekannt, habe man sich an diese gewandt, könne jedoch nicht mehr sagen, ob der Vorschlag der Errichtung eines Kontos auf fremde Namen seinerzeit von der Bank gekommen sei. Aus dem gleichen Grund sei auch das Depot auf den Namen T21, den Geburtsnamen von Frau O, eingerichtet worden. Der Gläubiger dieses Depots war Herr O, der auch den Eröffnungsantrag unterschrieben hat. Obgleich die bis einschließlich 1987 beschlagnahmten Depotauszüge auf den Namen T21 lauteten, findet sich auf der Eröffnungskarte des Depots eine nicht abgezeichnete und nicht datierte Namensänderung von T21 auf O unter Hinzusetzung des Geburtsdatums #.##.####.</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">23) Fall S11</span></p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">Die Eheleute S11 unterhielten 3 Konten auf den Namen ihrer volljährigen Tochter, unter anderem das Sparkonto #######. Diesem Konto wurden mehrfach über Schecks Betriebseinnahmen aus dem Geschäft der Frau S11 gutgeschrieben.</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">24) Fall S2</span></p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">Herr S2 ist Mitglied des Aufsichtsrates der Beschwerdeführerin. Im Jahre 1974 eröffneten die Eheleute I6 und S2 ein Konto auf den Namen " G4". Auf Seiten der Bank war Herr C14 beteiligt. Bei Herrn G4 handelte es sich um einen früheren Angestellten in der Firma S2, der keinerlei Beziehung zu diesem Konto hatte.</p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">25) Fall T3</span></p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks">Nach dem bisherigen Ermittlungsstand gibt es in diesem Zusammenhang 6 Konten bei der Beschwerdeführerin. 2 Kontoeröffnungskarten, die mit T3 unterschrieben sind, lauten auf den Namen "S12", jedoch auf unterschiedliche Anschriften. Beteiligter Bankmitarbeiter ist in beiden Fällen Herr T10. Eine mit T3 unterschriebene Eröffnungskarte lautet auf den Namen "G10", wobei es sich um den Geburtsnahmen der M5 T3 handelt. Bankseitig hat hier ebenfalls Herr T10 mitgewirkt. Eine weitere Kontoeröffnungskarte unterschrieben mit D, dem Geburtsnahmen von Frau T3, lautet auf "Frau F G11 oder Frau D. Mitwirkende Bankanstellte war Frau G3. Ein weiteres auf die gleichen Namen lautendes Konto ist mit den Namen F G11 und D unterschrieben. Sie datiert vom 05.03.1986. Bankseitig hat in diesem Fall Herr M3 mitgewirkt. Dies trifft ebenfalls auf einen weiteren Kontoeröffnungsantrag vom 07.03.1988 zu, der auf die Inhaber S13 und D lautet. Auch dieser Antrag ist neben dem Namen S13 mit dem Namen D unterschrieben.</p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">26) Fall T9</span></p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks">Frau T9 eröffnete als Gläubigerin und Verfügungsberechtigte in den Jahren 1976 und 1984 Konten auf den Namen "H13 Q", einer Verwandten. Die Karten sind von den Bankangestellten S bzw. N11 unterschrieben. Ausweislich eines Vertrages zugunsten Dritter vom 12.03.1985 war Begünstigte dieses Kontos für den Todesfall eine Frau L3.</p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">27) Fall T4</span></p>
<span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks">Herr T4 eröffnete in den Jahren 1966, 1979 und 1980 Konten auf den Namen seines Neffen " T4", wobei eine verstorbene Bankmitarbeiterin, Herr S und Herr S3 bankseitig mitgewirkt haben. Bei der Eröffnungskarte aus dem Jahre 1979 trafen weder das eingetragene Geburtsdatum, der eingetragene Beruf, noch die eingetragene Adresse des Kontoinhabers zu.</p>
<span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">28) Fall T5</span></p>
<span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks">Im Jahre 1975 eröffnete Frau T5 auf den Namen ihres Mädchennamens "K2" unter Mitwirkung des Bankangestellten S ein Sparkonto bei der Beschwerdeführerin. Im Jahre 1980 wurde das Konto auf den richtigen Namen umgeschrieben.</p>
<span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">29) Fall Eheleute T22</span></p>
<span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks">Die Eheleute S6 und V3 T22 unterhielten als Verfügungsberechtigte und Gläubiger bei der Beschwerdeführerin 2 Sparkonten auf den Mädchennamen der Ehefrau "F6", wobei bei der Kontoeröffnung in einem Fall der Bankmitarbeiter S mitwirkte. Die Eheleute T22 unterhielten weitere Konten auf ihren eigenen Namen. Sie haben im Rahmen des Ermittlungsverfahrens erklärt, Herr S von der Beschwerdeführerin habe sie darauf hingewiesen, doch ein Konto auf den Namen F6 (Mädchenname) anzulegen, "da das nicht irgendwo zu berücksichtigen sei". Durch diesen Hinweis hätten sie sich leiten lassen und auch die zukünftigen Konten nicht angegeben.</p>
<span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">30) Fall G12 T6</span></p>
<span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks">Der Vorgenannte unterhielt bei der Beschwerdeführerin zwei Sparkonten auf den erfundenen Namen "C15". Bei der angeblichen Anschrift des Kontoinhabers handelte es sich um diejenige der Stadtverwaltung F4. Bei den Konteneröffnungen wirkten auf Seiten der Beschwerdeführerin die Herren T10 und M3 mit. Eines der Konten wurde während der bereits laufenden Ermittlungen am 23.03.1989 um 3 Jahre verlängert, wobei die Bankangestellten M3 und C16 mitwirkten. Herr T6 hat in einer Beschuldigtenvernehmung am 14.06.1989 geäußert, "den Bankangestellten (z. B. T10) war bekannt, daß der Name C15 von mir erfunden war."</p>
<span class="absatzRechts">124</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">31) Fall N12 T6</span></p>
<span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks">Der Vorgenannte eröffnete im Jahre 1977 ein Konto auf den Namen eines früheren Schulfreundes "C17". Dieser erklärte im Rahmen des Ermittlungsverfahrens, von dem Konto nie etwas gehört zu haben. Die Eröffnungskarte war bankseitig von Herrn I2 unterschrieben. N12 T6 hat sich in einer staatsanwaltschaftlichen Beschuldigtenvernehmung am 19.07.1990 dahingehend eingelassen, im Jahre 1977 auf den Gedanken gekommen zu sein, ein verdecktes Sparkonto anzulegen. Aus diesem Grund sei er zu dem ihm persönlich bekannten Herrn I2 gegangen und habe diesem sein Ansinnen vorgetragen. Er habe vorgeschlagen, das Konto auf seinen in U3 wohnenden Schulfreund anzulegen. Herr I2 habe keine Einwände gegen diesen Weg gehabt. Jedenfalls müsse es sich so abgespielt haben, wobei er bemerken müsse, daß er heute keine allzu genaue Erinnerung mehr an den damaligen Vorgang habe. Das Sparbuch sei in der Folgezeit überwiegend bei der Bank verblieben. Kontenverfügungen seien nur unter Mitwirkung von Herrn I2 erfolgt. Diesem sei im Falle von Einzahlungen der Betrag in bar übergeben worden mit der Weisung, das Geld auf dieses Konto einzuzahlen.</p>
<span class="absatzRechts">126</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">32) Fall T2</span></p>
<span class="absatzRechts">127</span><p class="absatzLinks">Herr T2 unterhielt unter dem Mädchennamen seiner Ehefrau "N13" ein Konto, das unter Mitwirkung des Bankangestellten I5 eingerichtet worden war.</p>
<span class="absatzRechts">128</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">33) Fall U</span></p>
<span class="absatzRechts">129</span><p class="absatzLinks">Die Eheleute U eröffneten am 17.05.1978 und 10.01.1984 unter Mitwirkung der Bankangestellten S bzw. S3 Konten auf den Namen B4 N "E8". Als Person existent ist lediglich eine Frau N "E4", die unter der in den Eröffnungskarten eingetragenen Anschrift nie wohnhaft war. Gegen die Behauptung der Beschwerdeführerin, die unzutreffende Anschrift sei nicht etwa im Laufe des Ermittlungsverfahrens und aus dessen Anlass geändert worden, sondern vielmehr bei der Anlage eines neuen Kontos aufgefallen, spricht, daß die Eröffnungskarte aus dem Jahre 1984 nicht geändert wurde. Geändert wurde lediglich die Karte aus dem Jahre 1978, und zwar ausweislich des Datumsvermerks am 07.04.1989. Die wirkliche Frau E4 hat lediglich die Vornamen N D6, bei dem Vornamen B4 N handelt es sich um den Vornamen der Frau U. Entsprechendes gilt für das unter der Kontoinhaberin B4 N "E8" eingetragene Geburtsdatum "##.##.####". Durch ihren Steuerberater haben sich die Eheleute U im Rahmen des Ermittlungsverfahrens dahin geäußert, daß die Eröffnung eines Sparkontos auf einen "anderen" Namen nach ihrer Meinung "auch aufgrund des Ratschlags der Bankangestellten" erfolgte.</p>
<span class="absatzRechts">130</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">34) Fall V2</span></p>
<span class="absatzRechts">131</span><p class="absatzLinks">Im Jahre 1977 eröffneten die Eheleute V2 bei der Beschwerdeführerin ein Sparkonto auf den Mädchennamen der Ehefrau "B5 L16", wobei der tatsächliche Vorname der Ehefrau "B6 " lautet. Mit diesem Vornamen war die Ehefrau V2 neben ihrem Ehemann als Gläubigerin und Verfügungsberechtigte vermerkt. Bei der Eröffnung wirkte der Bankangestellte S mit.</p>
<span class="absatzRechts">132</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">35) Fall X</span></p>
<span class="absatzRechts">133</span><p class="absatzLinks">Die Familie X betreibt in F4 ein Bauunternehmen. Die Herren L8 und K und sowie Frau X unterhielten eine Reihe von Konten unter dem Namen Dritter, die entweder von diesen Konten nichts wussten (S8, S14, A) oder bislang nicht ermittelt werden konnten (T23). Die Herren S8 und S14 waren frühere Studienkollegen des Herrn X3, der Ehemann der Frau A war ein weitläufiger Bekannter der Frau X. Am 05.04.1976 wurden - mit fortlaufenden Kontonummern - 4 Konten auf die Namen S14, N12 S8 und A unter Mitwirkung von Herrn S eröffnet. Herr S hat auf den Kontoeröffnungskarten lediglich bestätigt, daß ihm der bzw. die Verfügungsberechtigte jeweils bekannt gewesen sei. Im Jahre 1981 wurde ein weiteres Konto auf den Namen N12 S8, ebenfalls unter Mitwirkung des Bankangestellten S eröffnet. Hier ist vermerkt, der - nach der Kontoeröffnungskarte in C8 wohnhafte - Kontoinhaber habe den Kontoeröffnungsantrag vor ihm persönlich unterschrieben und sei ihm persönlich bekannt. Die Kontoeröffnungskarte trägt die Unterschrift von Herrn X2. Im Jahre 1979 wurde ein Konto auf den Namen "T23", eine bis jetzt nicht ermittelte Person, eröffnet, hinsichtlich derer der mitwirkende Bankangestellte C18 vermerkte, daß Sie vor ihm den Kontoeröffnungsantrag unterschrieben habe und ihm persönlich bekannt sei. Der Eröffnungsantrag trägt die Unterschrift von Herrn X3. Ein weiteres Konto auf den Namen "C19 A" wurde unter Mitwirkung des Bankangestellten S im Jahre 1983 eröffnet.</p>
<span class="absatzRechts">134</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">36) Fall X9</span></p>
<span class="absatzRechts">135</span><p class="absatzLinks">Der oben Genannte eröffnete im Jahre 1987 bei der Beschwerdeführerin ein Sparkonto auf den Namen "H14" unter Mitwirkung des Bankangestellten S. Im Jahre 1981 erfolgte eine Erneuerung der Karte, ebenfalls unter Mitwirkung von Herrn S. Ein weiteres Konto auf den Namen "H14" wurde im Jahre 1985 eröffnet; bankseitig trägt die zugehörige Eröffnungskarte keinerlei Unterschrift. Eine Person "H14" konnte bislang nicht ermittelt werden. Die angegebene Anschrift #### B7, U4 Str. ##, existiert nach den bisherigen Ermittlungen nicht.</p>
<span class="absatzRechts">136</span><p class="absatzLinks">Es liegt unter keinem Gesichtspunkt eine auf reine Vermutungen gestützte sogenannte "Ausforschungsbeschlagnahme" zur planmäßigen Suche nach "Zufallsfunden" vor.</p>
<span class="absatzRechts">137</span><p class="absatzLinks">Die Kammer verkennt nicht, daß eine nicht auf zureichende tatsächliche Anhaltspunkte gestützte Beschlagnahme unzulässig ist (für den entsprechenden Fall bei einer Durchsuchung bereits Beschluss vom 01.07.1980 - 37 Qs 57/80 -, a.a.O.; LG Köln, Beschlüsse vom 31.08.1982 - 117 Qs 11/82 und vom 25.04.1983 - 117 Qs 3/83, jeweils a.a.O.; LG Arnsberg, Beschl. v. 27.06.1983 - 3 Qs 43/83, ZIP 1984, 889; LG Baden-Baden, Beschl. v. 16.05.1989 – l Qs 321/88, ZIP 1989, 766; Kniffka, a.a.O., 310; LR-Schäfer, a.a.O.,               § 94 Rz. 12 m.w.N.; KK-Laufhütte, a.a.O., § 94 Rz. 8; Kleinknecht/Meyer, a.a.O., § 94 Rz. 8, § 152 Rz. 4). Vorliegend sind jedoch, wie bereits dargestellt, eine Reihe tatsächlicher Anhaltspunkte dafür vorhanden, daß Mitarbeiter der Beschwerdeführerin einer unbekannten Anzahl von Kunden Beihilfe zur Steuerhinterziehung geleistet haben. Der auf die vorhandenen Anhaltspunkte gestützte Anfangsverdacht lässt sich nach Auffassung der Kammer - jedenfalls im vorliegenden Fall - nicht auf die Fälle beschränken, die rein zufällig bislang aktenkundig sind. Es griffe zu kurz und würde dem Legalitätsprinzip nicht gerecht, würde man hinsichtlich jedes weiteren denkbaren Falles lediglich von einer bloßen Vermutung ohne Tatsachengrundlage sprechen. Die ermittelten konkreten Verdachtsfälle stellen sich nicht aufgrund besonderer Umstände als singulär dar, sondern als Varianten eines bestimmten Tatmusters, wonach der Konteninhaber und der wahre Verfügungsberechtigte eines Spar-, Termingeldkontos oder Depots, wobei es sich lediglich um technisch unterschiedliche Formen der Geldanlage handelt, auseinanderfallen. Unzulässig wäre es nach Auffassung der Kammer, isoliert hiervon anhand der beschlagnahmten Unterlagen aufgrund bestimmter, mit dem vorgenannten Charakteristikum nicht zwingend verknüpfter Merkmale (z. B. der Guthabenhöhe) nach weiteren Hinterziehungsfällen im gesamten Kundenkreis der Beschwerdeführerin planmäßig zu suchen. Dies wäre allerdings in der Sache nicht anders zu beurteilen, als ein im Strafverfahren unzulässiges Auskunftsersuchen der Ermittlungsbehörde an eine Bank, alle Sparkonten ab einer bestimmten Kontenhöhe zu benennen, da dies auf eine Steuerhinterziehung hindeute. Dies würde bei fehlenden konkreten tatsächlichen Anhaltspunkten eine unzulässige Ermittlungsmaßnahme aufgrund einer bloßen Vermutung darstellen. Ebenso wäre es unzulässig, im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens, das an der Begehungsweise der Eröffnung und Führung von Konten auf falsche und/oder erdichtete Namen ausgerichtet ist, ohne tatsächliche Anhaltspunkte planmäßig nach völlig artverschiedenen, lediglich denkbaren Begehungsweisen, z. B. unzulässigen Abwicklungen über CpD-Konten, zu suchen. In beiden Fällen wäre insbesondere eine Abgleichung von Kontenständen mit Steuerakten unzulässig. Auch in diesen Fällen wäre allerdings das beteiligte Kreditinstitut mangels der Beeinträchtigung geschützter eigener Rechtspositionen wohl nicht befugt, dies im Rahmen einer Beschwerde gegen amtsrichterliche Beschlagnahmen von Bankunterlagen geltend zu machen. Insoweit wird im einzelnen auf die Ausführungen unter I verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">138</span><p class="absatzLinks">Soweit allerdings im Rahmen des bisherigen Ermittlungsverfahrens bei von Konteninhabern personenverschiedenen Verfügungsberechtigten andere Begehungsweisen aufgefallen sind, ohne daß hiernach separat planmäßig gesucht wurde (unzulässige Scheckgutschriften auf Sparkonten), handelt es sich um echte Zufallsfunde, die nach Auffassung der Kammer, aufgrund ihrer Typizität den Verdacht zu begründen geeignet sind, ihrerseits in einer unbekannten Vielzahl von Fällen vorgekommen zu sein. Die ermittelten Fälle sind soweit dies nach Aktenlage ersichtlich ist, nicht derartig an bestimmte spezielle Kunden geknüpft, daß von einer Beschränkung auf diese ausgegangen werden könnte. Ob dies in dem anders gelagerten Sachverhalt, der den Beschlüssen des Landgerichts Baden-Baden vom 16.05.1989 (a.a.O.) sowie des Landgerichts Köln vom 31.08.1982 und vom 25.04.1983 (jeweils a.a.O.) und des Landgerichts Arnsberg vom 27.06.1983 (a.a.O.) anders zu beurteilen war, mag dahinstehen. Jedenfalls im vorliegenden Fall kann von einer "Generalrevision" des gesamten Einlagegeschäfts der Beschwerdeführerin ohne konkrete Anhaltspunkte, wie durch diese gerügt, keine Rede sein. Die Beschwerdeführerin unterliegt vielmehr dem Irrtum, aus den - aufgrund eines typischerweise auf eine geringe Fallanzahl beschränkten Anfangsverdachtes - naturgemäß vorhandenen Ermittlungslücken auf das gänzliche Fehlen eines Anfangsverdachtes schließen zu können (so auch LG Düsseldorf, Beschl. v. 29.09.1989 - 111 Qs 121-123/84 - für den dort entschiedenen Fall). Auch liegen konkrete Anhaltspunkte vor, die darauf schließen lassen, daß die bislang ermittelten Fälle nicht die einzig aufgetretenen sind.</p>
<span class="absatzRechts">139</span><p class="absatzLinks">Sämtliche beschlagnahmten Unterlagen können auch im Sinne des § 94 StPO für die Untersuchung "von Bedeutung sein". Hierfür reicht eine potentielle Beweisbedeutung aus (Kleinknecht/Meyer, a.a.O., § 94 Rz. 6; KK-Laufhütte, a.a.O., § 94 Rz. 6; LR-Schäfer, a.a.O., § 94 Rz. 20).</p>
<span class="absatzRechts">140</span><p class="absatzLinks">Die sichergestellten Beweismittel sind zum Beleg von Fällen geeignet, in denen der formelle Inhaber eines Spar- oder Termingeldkontos bzw. eines Depots von dem tatsächlich Verfügungsberechtigten abweicht. Letzteres ist überwiegend in den Kontoeröffnungsunterlagen und Depotauszügen dokumentiert; andererseits bestehen teilweise Zweifel an der Vollständigkeit, Richtigkeit oder auch der Authentizität von Eintragungen auf diesen; außerdem beziehen sich diese auf jeweils nur ein Konto. Beweisgeeignet sind daher auch die Alpha-Listen, Salden-Listen sowie die Gläubiger-Liste. Die Alpha-Listen enthalten zu einem bestimmten Stichtag Kundennamen in alphabetischer Reihenfolge, Kundenanschriften, Kontonummern und "Kundennummern". Die Salden-Listen enthalten - ebenfalls zu bestimmten Stichtagen - die geordneten Kontonummern, Namenskurzbezeichnungen, "Kundennummern" und Kontenstände. Die Gläubiger-Liste enthält nicht etwa parallel die Namen von Konteninhabern und hiervon verschiedenen Verfügungsberechtigten bzw. Gläubigern, sondern lediglich zu einem bestimmten Stichtag jeweils einen Namen in Verbindung mit einer Anschrift, dem "Kundennummern" und Kontonummern zugeordnet sind.</p>
<span class="absatzRechts">141</span><p class="absatzLinks">Hierbei ermöglichen insbesondere die hinsichtlich einer aufgeführten Person in den verschiedenen Listen teilweise nicht übereinstimmenden Kundennummern sowie die insoweit teilweise aufgeführten mehreren Kundennummern (nicht: Kontonummern) Hinweise auf Verschleierungsmaßnahmen. Dies gilt auch für weitere, aus den Listen ersichtliche Kriterien, wobei der Abgleich auffälliger Konten mit den Eröffnungsunterlagen weitere Erkenntnisse zu liefern geeignet ist. Vergleichbares gilt auch hinsichtlich vorhandener Verfügungen für den Todesfall bzw. zu Gunsten Dritter. Die Stammnummernliste und der Kontenplan sind zur zeitlichen Verfolgung von Konten geeignet, deren Bezeichnung gewechselt hat. Den beschlagnahmten Beweismitteln fehlt auch nicht deshalb die Beweiseignung, weil ihrer Verwendbarkeit etwa ein Verwertungsverbot entgegenstünde. Ausgangspunkt für ein eventuelles Verwertungsverbot kann vorliegend nicht eine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Beschlagnahmebeschlüsse oder der Durchsuchungsbeschlüsse wegen formeller Mängel sein. Eine insoweit in Betracht kommende nicht hinreichende Bestimmtheit der Beschlüsse ist nämlich im Hinblick auf die durch das Bundesverfassungsgericht konkretisierten Vorgaben (BVerfG, Beschl. v. 16.05.1976 - 2 BvR 294/76 -, NJW 1976, 1735; Beschl. v. 24.05.1977 - 2 BvR 988/75 -, NJW 1977, 1489; Beschl. v. 04.03.1981 - 2 BvR 195/81 -, NJW 1981, 971) zu verneinen. Angesichts des jeweiligen Ermittlungsstandes enthielten die Beschlüsse die erforderlichen Mindestangaben bezüglich des Tatvorwurfes und dessen Inhalt sowie hinsichtlich der in Rede stehenden Beweismittel (ebenso: Gutachten, S. 52 f).</p>
<span class="absatzRechts">142</span><p class="absatzLinks">Weiterhin dienen auch diese Beschlüsse ebensowenig einer unzulässigen systematischen Suche nach "Zufallsfunden", wie dies - wie bereits ausgeführt - aus heutiger Sicht von dem Ermittlungsverfahren insgesamt gesagt werden kann. Der Beschlussinhalt war vielmehr stets von einem auf hinreichender Tatsachengrundlage beruhenden Anfangsverdacht getragen. Auch verstießen die Durchsuchungen und Sicherstellungen sowie die Beschlagnahmebeschlüsse nach dem jeweiligen Stand des Ermittlungsverfahrens jedenfalls nicht in solcher Weise gegen den mit Verfassungsrang ausgestatteten Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, daß dies ein Verwertungsverbot zur Folge hätte, wozu hinsichtlich des Inhalts der tangierten Grundrechtspositionen und deren Gewichts für die vorzunehmende Abwägung auf die nachfolgenden Ausführungen verwiesen werden kann. Hinsichtlich der Durchsuchungen war ergänzend die nach Artikel 13 Abs. 1 GG auch für die Geschäftsräume der Beschwerdeführerin gewährleistete "Unverletzlichkeit der Wohnung" in die Verhältnismäßigkeitsprüfung einzubeziehen. Angesichts dessen, daß die Beweismittel auf gesetzmäßigem Wege zu gewinnen waren und die Durchsuchungen und Sicherstellungen nicht unter bewusstem Missbrauch eingeräumter Befugnisse erfolgten, besteht angesichts des sich ständig verstärkenden Tatverdachtes und der Schwere der Tat (zu diesen Kriterien LG Bonn, Beschl. v. 01.07.1980 - 37 Qs 57/80 -, a.a.O., 293) kein Verwertungsverbot der beschlagnahmten Unterlagen. Hierbei ist hinsichtlich der Tatschwere festzustellen, daß die vorliegend in Rede stehenden Beihilfehandlungen gerade wegen der besonderen Bedeutung der Kreditinstitute für die Funktionsfähigkeit des Geldverkehrs und der ihnen damit zukommenden besonderen Verantwortung, die in § 30 a AO mittelbar zum Ausdruck kommt, von nicht unerheblichem Gewicht sind. Weiterhin ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, daß die Ermittlungsbehörden gerade nicht in Form eines "Rundumschlages" vorgegangen sind, sondern - wie unter I dargestellt - stets schrittweise unter vorrangiger Ausnutzung von Kooperationsmöglichkeiten mit der Beschwerdeführerin. Soweit eventuelle Haupttäter wirksam das sogenannte "Amnestiegesetz" (Gesetz über die strafbefreiende Erklärung von Einkünften aus Kapitalvermögen und von Kapitalvermögen, Art. 17 StRefG 1990 v. 25.07.1988, BGBI I 1988, 1093, 1128) in Anspruch genommen haben sollten, liegt insoweit ein persönlicher Strafaufhebungsgrund vor, der einer Verfolgung eventueller Beihilfehandlungen nicht entgegensteht. Die fortdauernde Beschlagnahme der sichergestellten Unterlagen der Beschwerdeführerin im Umfang der angefochtenen Beschlüsse verstößt schließlich auch nach heutigem Ermittlungsstand nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Sämtliche Unterlagen sind, wie bereits ausgeführt, beweisgeeignet und damit geeignet, Beweismittel für das Strafverfahren zu sichern.</p>
<span class="absatzRechts">143</span><p class="absatzLinks">Ihre Beschlagnahme ist auch unter Berücksichtigung der berührten Grundrechtspositionen erforderlich im Sinne der Anwendung des geringstbelastenden Mittels. Es darf nicht außer Acht gelassen werden, daß - bei aller bekundeten und praktizierten Kooperation der Beschwerdeführerin - eine Reihe ihrer Mitarbeiter, angefangen bei ihrem Vorstandsvorsitzenden, tatverdächtig sind. Auch vermag nur der Abgleich aller Unterlagen im Einzelfall einen Tatverdacht zu bestärken oder auszuräumen. In diesem Zusammenhang ist erneut das insgesamt nur schrittweise Vorgehen der Ermittlungsbehörden bedeutsam. Gerade um möglichst schonend vorzugehen, wurde zunächst auf eine Beschlagnahme der Eröffnungsunterlagen verzichtet; die Alpha-Listen, Salden-Listen sowie die Gläubiger-Liste liegen der Bank zwischenzeitlich entweder als Doppel, als Kopie oder verfilmt vor, ebenfalls die Verträge zu Gunsten Dritter und die Verfügungen für den Todesfall sowie die Depotauszüge. Sämtliche Eröffnungsunterlagen betreffen heute erledigte Vorgänge, die normalerweise im laufenden Geschäftsbetrieb nicht benötigt werden; außerdem befinden sich diese überwiegend wieder in Räumen der Beschwerdeführerin, so daß diese sie ungehindert einsehen und kopieren kann. Neben diesen stehen der Beschwerdeführerin auf entsprechende Anforderung auch sämtliche anderen beschlagnahmten Originalunterlagen zur Einsicht und zur Anfertigung von Kopien zur Verfügung.</p>
<span class="absatzRechts">144</span><p class="absatzLinks">Die fortdauernde Beschlagnahme der Unterlagen ist auch verhältnismäßig im engeren Sinn. Die in diesem Zusammenhang vorzunehmende Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht sowie der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe führt für den vorliegenden Fall zu dem Ergebnis, daß die Schwere der Straftat, die Stärke des Tatverdachtes und die Ergiebigkeit der Beschlagnahme das gesamte Ausmaß der hierdurch bedingten individuellen Einbußen der Beschwerdeführerin überwiegen (zu den Abwägungskriterien grdl. BVerfG, Urteil vom 05.08.1966 - 1 BvR <em>586/62, 610/63</em> und <em>512/64</em> - BVerfGE 20, 162 ff., 186 f ) .</p>
<span class="absatzRechts">145</span><p class="absatzLinks">Als von den Beschlagnahmen gemäß Art. 19 Abs. 3 GG tangierte Grundrechtspositionen der Beschwerdeführerin kommen - deren allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG), insbesondere in der Ausprägung als "Recht auf informationelle Selbstbestimmung" im Rahmen des verfassungsrechtlichen Datenschutzes in Verbindung mit dem Bankgeheimnis und dem Grundgedanken des § 30 a AG, - ihr Recht auf Freiheit der Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 GG), - und ihr Recht auf Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG) in Betracht. Im Hinblick darauf, daß das Bundesverfassungsgericht die Einziehung der "Instrumenta et producta sceleris" als traditionelle Beschränkung der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG ansieht (Beschl. v. 12.12.1967 - 2 BvL <em>14/62, 3164, 11/65, 15/66</em> und 2 BvR <em>15/67;</em> BverfGE 22, 387, 422), muss dies erst recht für eine vorübergehende Beschlagnahme nach § 94 StPO gelten (Gutachten, Seite 29). Diese Beschränkung wegen des Erfordernisses einer wirksamen Strafverfolgung ist allerdings ihrerseits auf den Spielraum in den Grenzen innerhalb der Verhältnismäßigkeit beschränkt. Die Beschlagnahme tangiert die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf freie Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 GG), die beschränkt werden kann, soweit vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls es zweckmäßig erscheinen lassen (BVerfG, Urteil vom 11.06.1958 - 1 BvR 569/56 - BVerfGE 7, 377, 405). Solche stellen die Regelungen der §§ 94 ff. StPO im Rahmen der Verhältnismäßigkeit dar (Gutachten, Seite 27). Das zwischenzeitlich mit Verfassungsrang anerkannte Recht auf "informationelle Selbstbestimmung"               (BverfG, Urteil vom 15.12.1983 - 1 BvR 209, 269, 362, 420, 440, 484/83-, BVerfGE 65, 1 ff., BVerfG, Urteil vom 17.07.1984 - 2 BvE 11183 und 15/83 - BVerfGE 67, 100 ff.) dürfte nach Art. 19 Abs. 3 GG auch der Beschwerdeführerin als juristischer Person zustehen (Gutachten, Seite 43). Das Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) tritt nach dem Grundsatz der Spezialität dann hinter dieses zurück. Insoweit ist bereits hier festzuhalten, daß sich die Beschwerdeführerin im Rahmen des vorliegenden Verfahrens hierauf aber nur insoweit berufen kann, als sie selbst beschwert ist, d. h. als es um ihre eigene informationelle Selbstbestimmung und nicht um die ihrer Kunden geht. Die Beschwerdeführerin kann insoweit nicht als deren Sachwalterin auftreten. Auch das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist aber nicht schrankenlos gewährleistet, sondern hat hinter Normen, die im überwiegenden Allgemeininteresse liegen, im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zurückzutreten (BVerfG, Urteil v. 15.12.1983, a.a.O., 43 f). Die Kammer sieht § 94 Abs. 1 StPO in Verbindung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auch heute noch als derartige, hinreichend bestimmte Eingriffsermächtigung im Hinblick auf das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung an, und zwar auch vor dem Hintergrund der §§ 98 a und 98 b des Referentenentwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Strafverfahrensrechts - Strafverfahrensänderungsgesetz 1988 (StVÄG 1988), die eine Regelung für die sogenannte "Rasterfahndung" enthalten. Zum einen sieht die Kammer die Ermittlungsmaßnahmen im vorliegenden Fall nicht als Rasterfahndung im Sinne des Änderungsentwurfs an, so daß auch die - im übrigen bereits durch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung in Verbindung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebotene (L/R-Schäfer, a.a.O., § 94 Rz. 17; KK-Laufhütte, a.a.O., § 94 Rz. 7) - Einschränkung der Zulässigkeit auf bestimmte schwere Straftaten, im wesentlichen wohl die Katalogtaten des § 100 a StPO, entfällt. Vorliegend ging es gerade nicht darum, aus einer unbeschränkten Vielzahl von Personen aufgrund eines bestimmten Rasters einzelne Tatverdächtige herauszufiltern. Der Kreis der potentiellen Tatverdächtigen war vielmehr von vornherein auf die überschaubare Zahl der unschwer zu ermittelnden ehemaligen und heutigen Mitarbeiter der Beschwerdeführerin eingegrenzt. Unbekannte Haupttäter (selbst insoweit ist die Zahl bei knapp 20.000 Spar-, Festgeld- und Sparbriefkonten nach der Salden-Liste 1988 unter Berücksichtigung vielfach vorhandener mehrerer Konten einzelner Kunden auf einige 1.000 Personen begrenzt) wurden nur insoweit in die Ermittlungen einbezogen, als sich aufgrund bestimmter typischer Merkmale der Verdacht einer Beihilfehandlung ergab. Zum anderen sieht die Kammer die dem Gesetzgeber zuzubilligende Übergangsfrist für eine Neuregelung jedenfalls noch nicht als abgelaufen an (so auch L/R-Schäfer, a.a.O., § 94 Rz. 17 mit Nachweisen auch der Gegenauffassung; für den Polizeibereich entsprechend: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 20.02.1990 - 1 C 42/83-, NJW 1990, 2761, 2764; eine gesetzl. Neuregelung gar nicht für erforderlich hält: KK-Laufhütte, a.a.O., § 94 Rz. 7). Hinsichtlich des Datenschutzes im allgemeinen liegt bei einer dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechenden und den Voraussetzungen des § 94 StPO gerecht werdenden Beschlagnahme eine befugte Offenbarung vor. Das Bankgeheimnis steht einer den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wahrenden Beschlagnahme auf der Grundlage des § 94 Abs. 1 StPO nicht entgegen (Kleinknecht/Meyer, a.a.O., § 161 Rz. 3 f und § 94 Rz. 20, KK-Müller, a.a.O., § 161 Rz. 8). Das Bankgeheimnis, mag dies nun einen rein privatrechtlichen Hintergrund haben oder auch im öffentlichen Interesse liegen (vgl. § 30 a AO sowie den "Bankenerlass" vom 31.08.1979, BStBL I, 590), ist als nicht zum Kernbereich der privaten Lebensgestaltung gehörender Teil der allgemeinen Handlungsfreiheit auch letzterenfalls nur insoweit gewährleistet, als nicht überwiegende Interessen der Allgemeinheit im Rahmen der Verhältnismäßigkeit Vorrang beanspruchen. Im vorliegenden Zusammenhang ist zu berücksichtigen, daß das Bankgeheimnis nur eine faktische Begrenzungswirkung hat, indem das Entstehen eines Tatverdachts verhindert werden soll, nicht aber dessen Ausschaltung, sobald er konkret vorliegt (so zu Recht Kniffka, a.a.O., Seite 312). Andernfalls hätte mit der Einführung des § 30 a AO bei Verstößen hiergegen auch die Steuerpflicht bzw. § 370 AO außer Kraft gesetzt werden müssen. Dies heißt selbstverständlich nicht, daß § 30 a AO im Rahmen seines Anwendungsbereiches nicht zu beachten wäre und seine Verletzung unter Umständen ein Verwertungsverbot zur Folge haben kann. Das Steuergeheimnis steht nach ausdrücklicher Regelung in § 30 AO im Falle eines konkreten Anfangsverdachtes einer Steuerstraftat einer Beschlagnahme nach § 94 Abs. 1 StPO im Rahmen der Verhältnismäßigkeit und einer Verwertung daraus gewonnener steuerlicher Daten nicht entgegen. Das Bundesverfassungsgericht hat dem Steuergeheimnis als solchem keinen Grundrechtscharakter beigemessen, sondern es nur insoweit als verfassungsgemäßig gesichert angesehen, als es weitere Grundrechte, z. B. Art. 2 Abs. I, 1 Abs. 1; 14 Abs. 1 GG verbürgt (Urteil v. 17.07.1984 - 2 BvE 11/83 und 15/83, a.a.O., Seite 142; vgl. auch Bandemer, Zufallsfunde bei Zollkontrolle - Zweifel in der Zwangslage, wistra 1988, 136, 139). Auf der Basis des vorstehend aufgezeigten Gewichts der tangierten Grundrechtspositionen der Beschwerdeführerin ist die fortdauernde Beschlagnahme der Unterlagen der Beschwerdeführerin bei einer diesem Gewicht Rechnung tragenden Gesamtabwägung auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Die in dem Bedürfnis nach wirksamer Strafverfolgung und funktionstüchtiger Rechtspflege zum Ausdruck kommenden wichtigen Interessen der Allgemeinheit überwiegen bei der Stärke des Tatverdachts und der Tatschwere im vorliegenden Fall - unter Berücksichtigung der konkreten Ausgestaltung des Ermittlungsverfahrens - die aufgrund der Beschlagnahme beeinträchtigten rechtlichen Interessen der Beschwerdeführerin, auch soweit deren Grundrechtspositionen in dem aufgezeigten Umfang betroffen sind. Das Recht der Beschwerdeführerin auf allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) in der Ausprägung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung ist durch die Beschlagnahme von vornherein nur insoweit berührt, als diese den Ermittlungsbehörden Einblicke in Daten ermöglicht haben, die primär der Beschwerdeführerin selbst zustehen. Demgegenüber beklagt die Beschwerdeführerin in erster Linie das Bekanntwerden bzw. die Auswertung von Daten ihrer Kunden. Soweit sie sich insoweit auf das Steuergeheimnis beruft, sind durch die Kontendaten in erster Linie ebenfalls die steuerlichen Verhältnisse der Kunden betroffen, dies überdies nur mittelbar, da deren eigentliche Steuerakten nicht Gegenstand der angefochtenen· Beschlagnahmebeschlüsse sind. Als beeinträchtigte Grundposition der Beschwerdeführerin verbleibt im Zusammenhang mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung insbesondere der im sogenannten "Bankgeheimnis" gewährleistete Regelungsbereich. Hierzu wurde bereits ausgeführt, daß hiermit vor allem das Entstehen eines Tatverdachtes verhindert, nicht aber die Verwertbarkeit eines einmal in rechtmäßiger Weise gewonnenen Tatverdachtes ausgeschlossen werden soll. Hinsichtlich der berührten Grundrechte der freien Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 GG) und des Eigentums (Art. 14 Abs. 1 GG) hat die Beschwerdeführerin bislang selbst keine über die mit der Beschlagnahme zwingend verbundenen Beeinträchtigungen hinausgehenden Beeinträchtigungen vorgetragen, beispielsweise, daß hierdurch ihr Geschäftsbetrieb konkret erschwert oder ihr Umsatz zurückgegangen sei. Der Beschwerdeführerin ist in diesem Zusammenhang eine Berufung darauf versagt, ihre Wettbewerbslage gegenüber Konkurrenzinstituten sei beeinträchtigt, da diese in der entsprechenden Situation eine Beschlagnahme ebenfalls hinzunehmen hätten (ähnlich aus finanzgerichtlicher Sicht entsprechend auch BFH, Urteil vom 24.03.1987 - VII R 30/86-, wistra 1987, 302, 304). Im übrigen ist in Rechnung zu stellen, daß die beschlagnahmten Unterlagen der Beschwerdeführerin fast sämtlich als Doppel, in Kopie oder verfilmt zur Verfügung stehen und eine Einsichtnahme in Originalunterlagen stets möglich ist; auch werden die Unterlagen im laufenden Betrieb der Beschwerdeführerin nur in Ausnahmefällen benötigt. Weiterhin haben die Ermittlungsbehörden primär die Zusammenarbeit mit der Beschwerdeführerin gesucht und erst bei Reibungsverlusten zum Mittel der Beschlagnahme gegriffen und auch dann hiervon nicht in Form eines "Rundumschlages" Gebrauch gemacht, sondern dieses im Gegenteil so schonend wie möglich eingesetzt. So wurden konkrete Kontenunterlagen - abgesehen von den Verträgen zu Gunsten Dritter und den Verfügungen für den Todesfall - zunächst nicht und später lediglich in Form bereits erledigter Kontoeröffnungsanträge beschlagnahmt, die sich überdies zum größten Teil zwischenzeitlich wieder in den Räumen der Beschwerdeführerin befinden. Die verbleibende Beeinträchtigung von Grundrechtspositionen, die die Kammer nicht geringschätzt, muss hinter dem Erfordernis einer funktionsfähigen Strafrechtspflege, wie es in § 94 StPO zum Ausdruck kommt, zurücktreten. Gegen eine Reihe von ehemaligen und heutigen Mitarbeitern der Beschwerdeführerin besteht, wie dargestellt, ein - teilweiser erheblicher - Tatverdacht, der sich in jeder Phase des Ermittlungsverfahrens auf hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte gründete und nicht aufgrund bloßer Vermutungen in unzulässiger Weise gewonnen worden ist. Auch die Schwere der eventuellen Beihilfehandlungen zur Steuerhinterziehung ist nicht unerheblich. Allgemein darf der durch Steuerhinterziehung verursachte Schaden für die Allgemeinheit auch im Lichte der neueren Gesetzgebung nicht heruntergespielt werden; so sollen sowohl der "Bankenerlass" (a.a.O.) bzw. § 30 a AO als auch das sogenannte "Amnestiegesetz" (a.a.O.) letztlich die ordnungsgemäße Versteuerung im Rahmen der Steuergesetze verbessern und nicht etwa verhindern. Im vorliegenden Fall sind nach vorläufigen Erkenntnissen in den dargestellten 36 Einzelfällen bislang Bankguthaben in Höhe von</p>
<span class="absatzRechts">146</span><table class="absatzLinks" cellpadding="0" cellspacing="0"><tbody><tr><td><p>7.092.801,-- DM</p>
</td>
<td><p>per 01.01.1984</p>
</td>
</tr>
<tr><td><p>7.304.365,-- DM</p>
</td>
<td><p>per 01.01.1985</p>
</td>
</tr>
<tr><td><p>6.378.431,-- DM</p>
</td>
<td><p>per 01. 01.1986</p>
</td>
</tr>
<tr><td><p>5.918.025,-- DM</p>
</td>
<td><p>per 01.01.1987,</p>
</td>
</tr>
</tbody>
</table>
<span class="absatzRechts">147</span><p class="absatzLinks">insgesamt mithin i.H.v. über 25.000.000,-- DM<strong>,</strong> der Besteuerung entzogen worden. Hinzu kommt, daß die in Rede stehenden Beihilfehandlungen gerade wegen der besonderen Bedeutung der Banken für den Geldverkehr und der hieraus resultierenden Verantwortung, die in § 30 a AO mittelbar zum Ausdruck kommt, von nicht unerheblichem Gewicht sind.</p>
<span class="absatzRechts">148</span><p class="absatzLinks">Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.</p>
|
315,038 | olgk-1990-10-29-5-u-890 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 5 U 8/90 | 1990-10-29T00:00:00 | 2019-03-13T14:44:37 | 2022-10-18T15:09:15 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1990:1029.5U8.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Klägers wird das Ur- teil der 9. Zivilkammer, des Landgerichts Aachen vom 9. November 1989 - 9 0 266/89 -abgeändert und wie folgt neu gefaßt:</p>
<p></p>
<p>Die Beklagte wird verurteilt,</p>
<p></p>
<p>an den Kläger 27.814,40 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 13. April 1989 zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Von den Kosten der ersten Instanz tragen der Kläger 1/20 und die Beklagte 19/20. Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe: </u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung des Klägers hat auch in der Sache Erfolg. Der Kläger hat gegen die Beklagte ei­nen Anspruch aus der mit dieser abgeschlossenen Reiserücktrittskostenversicherung wegen der Stor­nierung der für den 26. Dezember 1988 bis 14. Januar 1989 gebuchten Reise nach X und X.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Nach § 1 Ziffer 1 a) der dem Vertrag unstreitig zu­grundeliegenden Allgemeinen Bedingungen für die Reiserücktrittskostenversicherung (im folgenden nur noch ABRV) leistet der Versicherer Entschädigung bei Nichtantritt der Reise für die dem Reiseunter­nehmen vom Versicherten vertraglich geschuldeten Rücktrittskosten und ist gemäß Ziffer 2 a) der Ver- sicherer leistungspflichtig, wenn infolge einer un-erwarteten schweren Erkrankung des Ehegatten des Versicherten dem Versicherten der Antritt der Reise nicht zugemutet werden kann.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Voraussetzungen der vorgenannten Bestimmungen sind vorliegend gegeben, denn wie von der Beklagten nicht substantiiert bestritten (diese hat sich vielmehr im Gegenteil sogar darauf berufen, die Ehefrau des Klägers sei schon zum Zeitpunkt der Bu­chung der Reise erkrankt gewesen) und im übrigen auch durch das ärztliche Attest des X vom 20. Dezember 1988 nachgewiesen, war die Ehefrau des Klägers am 20. Dezember 1988 wegen einer akuten Kreislaufinsuffizienz mit paroxysmaler Tachykardie bei Virusmyokarditis nicht reisefähig, insbesondere nicht flugtauglich.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die schwere Erkrankung der Ehefrau des Klägers war auch "unerwartet". Für den Kläger als Versiche­rungsnehmer war der Versicherungsfall bei Abschluß der Versicherung nicht voraussehbar. Der Begriff der Voraussehbarkeit ist eng  auszulegen, um eine Entwertung des Versicherungsschutzes zu vermeiden. Der Eintritt des Versicherungsfalls muß für den Durchschnittsbetrachter wahrscheinlicher gewesen sein als der Nichteintritt. Daher liegt keine Vor­aussehbarkeit vor, wenn der Versicherungsnehmer den Angaben seines Arztes entnehmen konnte, daß er bzw. sein Ehepartner zum vorgesehenen Zeitpunkt reisefä­hig sein würde (siehe Prölss/Martin, VVG, 24. Aufl., § 2 ABRV Anm. 1). Vorliegend hatte der be­handelnde Arzt in seiner Bescheinigung vom 24. Fe­bruar 1989 ausdrücklich bestätigt, daß zum Zeit­punkt der Reisebuchung nicht damit zu rechnen gewe­sen sei, daß die Reise nicht angetreten werden kön­ne, was auch für die Patientin beurteilbar gewesen sei. Ferner hat er bestätigt, daß er vor der Bu­chung ausdrücklich nach der Reisefähigkeit gefragt worden sei und er nicht von der Reisebuchung abge­raten habe. Nach diesen Erklärungen des behandeln­den Arztes, deren Richtigkeit die Beklagte nicht substantiiert angegriffen hat, war für den Kläger der Eintritt des Versicherungsfalls bei der Buchung der Reise nicht voraussehbar und damit unerwartet i.S.v. § 1 Ziff. 2 a ABRV, so daß auch der Lei­stungsausschluß des § 2 Ziff. 2 ABRV nicht durch­greift.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist entgegen der Ansicht des Landge­richts auch nicht wegen einer Obliegenheitsverlet­zung des Klägers leistungsfrei.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Eine zur Leistungsfreiheit führende Obliegenheits­verletzung läßt sich nicht aus § 4 Ziffer 1 a) ABRV herleiten. Hiernach ist der Versicherungsnehmer verpflichtet, dem Versicherer den Eintritt des Ver­sicherungsfalles unverzüglich mitzuteilen… . Un­ter einer "unverzüglichen" Anzeige ist eine solche "ohne schuldhaftes Zögern" zu verstehen, § 121 Abs. 1 BGB. Eine nach Stornierung vom 20. Dezember 1988 - gemäß zu unterstellendem Vortrag der Beklagten -erst am 20. Januar 1989 erfolgte Anzeige wäre nicht mehr als unverzüglich zu erachten. Gleichwohl führt dies nicht zur Leistungsfreiheit der Beklagten. Es spricht viel für die Annahme, daß es sich hierbei lediglich um eine grobfahrlässige Obliegenheitsver­letzung gehandelt hat, denn es kann mangels konkre­ter gegenteiliger Anhaltspunkte angenommen werden, daß sich niemand absichtlich durch eine bewußt ver­spätete Anzeige um den Versicherungsschutz bringt. In diesem Zusammenhang kann sich der Kläger aller­dings nicht darauf berufen, er sei davon ausgegan­gen, die Buchungsstelle werde die Stornierung der Reise dem Versicherer bzw. der X melden, denn die Versicherungs­scheine enthalten einen deutlichen Hinweis darauf, daß im Schadensfall eine unverzügliche Mitteilung an die Firma X erforderlich ist. Darüber hinaus war der Kläger auch durch die Firma X darauf auf­merksam gemacht worden (siehe Schreiben vom 20. De­zember 1988), daß er selbst seine Ansprüche bei der Reiserücktrittskostenversicherung geltend machen müsse. Mithin durfte er eine Mitteilung an die Bu­chungsstelle nicht für ausreichend erachten.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">In jedem Fall fehlt es aber auch bei Annahme einer vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung an der zur Begründung der Leistungsfreiheit erforderlichen Re­levanz dieser vorsätzlichen Obliegenheitsverlet­zung. Um als relevant in diesem Sinne bezeichnet werden zu können, müßte die verspätete Anzeige ge­nerell geeignet sein, die berechtigten Interessen des Versicherers ernsthaft zu gefährden, und dem Versicherungsnehmer ein erhebliches Verschulden zur Last fallen. Eine solche Gefährdung wäre dann zu bejahen, wenn durch die Verspätung Feststellungen zum Eintritt des Versicherungsfalles unmöglich oder wesentlich erschwert würden. Dies wäre z.B. der Fall, wenn nur eine zeitnah mit dem Versicherungs­fall durchgeführte Untersuchung durch vom Versiche­rer beauftragte Ärzte eine Überprüfung der Angaben des Versicherungsnehmers erlauben würde. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, daß vorliegend sol­che Feststellungen durch den Versicherer überhaupt nicht durchsetzbar sind, weil der Versicherungsnehmer nicht verpflichtet ist, sich solchen Untersuchungen zu unterziehen. Anders als beispielsweise in § 9 Nr. 3 MBKK oder § 15 II Nr. 6 a) AUB sehen die ABRV jedoch keine Verpflichtung zur Untersu­chung durch beauftragte Ärzte vor. Nach § 4 Ziffer 1 c) ABRV ist allein der behandelnde Arzt in Bezug auf den Versicherungsfall von seiner Schweige­pflicht zu entbinden.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Sonstige Recherchen bei dem Reiseveranstalter pp. sind aber auch bei einer erst einen Monat nach dem Schadensfall erfolgten Schadensanzeige noch ohne weiteres und unter nicht erschwerten Bedingungen möglich, da insoweit normalerweise schriftliche Un­terlagen vorliegen, die nach einem Monat noch eben­so aussage- und nachweiskräftig sind wie vorher. Insoweit fehlt es also an der generellen Eignung dieser Obliegenheitsverletzung des Klägers zur Ge­fährdung der Interessen der Beklagten, so daß eine zur Leistungsfreiheit führende Relevanz dieser Ob- liegenheitsverletzung zu verneinen ist.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Geht man hinsichtlich der vorgenannten Obliegen­heitsverletzung aber von einer nur grobfahrlässigen Verletzung aus, so scheitert die Leistungsfreiheit der Beklagten an § 4 Ziffer 2 Satz 2 ABRV. Hiernach bleibt der Versicherer bei grobfahrlässiger Verlet­zung insoweit verpflichtet, als die Verletzung we­der Einfluß auf die Feststellung des Versicherungs­falles noch auf die Feststellung oder den Umfang der dem Versicherer obliegenden Leistung gehabt hat. Der dem Kläger insoweit obliegende Kausali­tätsgegenbeweis ist vorliegend entgegen der Ansicht der Beklagten erbracht. Daß sie bei früherer Meldung des Schadensfalles keine weitergehenden Mög­lichkeiten zu Recherchen bei dem behandelnden Arzt hatte noch auch die Möglichkeit bestand, die Ehe­frau des Klägers zur Untersuchung bei einem anderen Vertrauensarzt aufzufordern, wurde bereits darge­legt. Entsprechendes gilt - wie ebenfalls vorste­hend bereits erörtert - hinsichtlich weiterer Er­mittlungen der Beklagten beim Reiseveranstalter bzw. dessen Kontrahenten vor Ort. Im übrigen schei­det eine Kausalität  insoweit auch schon deshalb aus, weil die Beklagte im Rahmen der vorprozessua­len Korrespondenz und auch im Rahmen des vorliegen­den Verfahrens immer wieder betont hat, zu solchen eigenen Recherchen nicht verpflichtet und auch nicht willens zu sein, weil diese ausschließlich dem Kläger oblägen. Schon deshalb kann die verspä­tete Anzeige nicht kausal hinsichtlich der Fest­stellungen des Versicherungsfalles noch auch des Umfangs der Versicherungsleistung gewesen sein.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Mit ihrer weiteren Berufung auf eine Obliegenheits­verletzung gemäß § 4 Ziffer 1 b) ABRV dringt die Beklagte ebenfalls nicht durch. Hiernach hat der Versicherungsnehmer dem Versicherer jede gewünschte sachdienliche Auskunft zu erteilen und ihm alle er­forderlichen Beweismittel von sich aus zur Verfü­gung zu stellen, insbesondere ärztliche Atteste über Krankheiten pp. im Sinne von § 1 Ziffer 2 un­ter Beifügung der Buchungsunterlagen einzureichen. Ausweislich der "Hinweise" unter den ABRV hatte der Kläger im Schadensfall neben der unverzüglichen Mitteilung bei gleichzeitiger Stornierung die Stor­nokostenrechnung nebst Zahlungsnachweis zu übersen­den. Die vorgenannte Rechnung vom 20. Dezember 1988 nebst Zahlungsnachweis sowie auch das ärztliche At­test des X vom 20. Dezember 1988 und die Buchungsunterlagen hat der Kläger unstreitig jedenfalls mit Schreiben vom 20. Januar 1989 der insoweit laut den ABRV bevollmächtigten X übersandt. Die von der Be­klagten sodann mit Schreiben vom 30. Januar 1989 ferner angeforderten Unterlagen, nämlich die voll­ständig ausgefüllte und unterschriebene Schadensan­zeige mit Beantwortung der farblich markierten Fragen auf der Rückseite durch den behandelnden Arzt, die Reiseanmeldung sowie die Kopie der Buchungsbe­stätigung bzw. der ursprünglichen Rechnung über den vollen Reisepreis nebst entsprechendem Zahlungs­nachweis über den Stornobetrag bzw. den vollen Rei­sepreis hat der Kläger – ebenfalls unstreitig - mit Schreiben vom 1. März 1989 übersandt. Soweit die Beklagte sodann nachfolgend mit Schreiben vom 28. April 1989 erneut die Vorlage weiterer Unterlagen, nämlich "detaillierte Reiseunterlagen" wie Fotoko­pien von Flugtickets, Terminen der einzelnen Flüge sowie der gesamten übrigen Reisedaten nebst Reise­route und des Flugplanes sowie ferner des Reisean­gebotes verlangt hat, ging diese Anforderung über die dem Kläger obliegende Auskunfts- und Mitwir­kungsobliegenheit hinaus. Nach dem bereits zitier­ten § 4 Ziffer 1 b) ABRV mußte der Versicherungs­nehmer im Versicherungsfall die ärztlichen Atteste sowie die Buchungsunterlagen (nicht also die gesamten Reiseunterlagen) vorlegen. Zu den Buchungsun- terlagen gehören lediglich Reiseanmeldung, Reisebe- stätigung, Rechnung und Zahlungsquittung, nicht aber auch die bei einer Pauschalreise ausschließ- lich von dem Reiseveranstalter zu tätigenden Ein-zelbuchungen betreffend Hotelaufenthalte Flugtik- kets pp. In diesem Zusammenhang ist zu berücksich- tigen, daß ausweislich der Reisebestätigung vom 13. Dezember 1988 die Reiseunterlagen erst nach Eingang der Zahlung des Reisepreises versandt werden soll- ten. Ausweislich der Bankbestätigung der X vom 19. April 1989 wurde der Verrechnungsscheck vom 13. Dezember 1988 über den gesamten Reisepreis erst am 21. Dezember 1988 dem Konto des Klägers belastet, zu einem Zeitpunkt al- so, zu welchem die Reise bereits storniert worden war. Nach dem vorgenannten Vermerk in der Reisebe- stätigung spricht mithin nichts dafür, daß der Klä- ger gleichwohl die diversen Reiseunterlagen trotz Stornierung der Reise erhalten hat. Dies wäre auch gänzlich unüblich, da es sich bei Stornierung einer Reise naturgemäß erübrigt, dem Kunden gleichwohl noch die - nicht mehr benötigten - Reiseunterlagen zu übersenden. Hierauf hat er auch nicht einmal ei- nen rechtlichen Anspruch, wenn er vor Antritt der Reise von dieser zurücktritt und nunmehr die Stor- noentschädigung zu leisten hat. Unterlagen und Aus- künfte, die der Versicherungsnehmer als Kunde des Reiseveranstalters nicht erhalten hat, kann er aber auch nicht dem Versicherer übersenden. Sache des Versicherungsnehmers ist es vielmehr lediglich, ihm .mögliche sachdienliche Auskünfte zum Versicherungs­fall zu erteilen. Dieser Obliegenheit kommt er nach  durch Vorlage der Belege betreffend die krankheits­bedingte Stornierung einer fest gebuchten und be­zahlten Reise sowie der diesbezüglich geschuldeten und bezahlten Stornokosten. Die entsprechenden Un­terlagen hat der Kläger unstreitig aufforderungsge- mäß übersandt. Daß ihm weitere Unterlagen vorgele- gen haben und er sie gleichwohl auf Anforderung hin obliegenheitswidrig nicht vorgelegt hat, hat die Beklagte schon nicht substantiiert dargetan. Es ob­liegt angesichts des eingeschränkten Inhaltes von § 4 ABRV nicht dem Versicherungsnehmer, die gesamten Details der gebuchten Reise darzutun, vielmehr reicht es aus, daß er den Versicherungsfall durch die vorgenannten - hier vom Kläger unstreitig vorgelegten Belege nachweist. Soweit der Versicherer Zweifel äußert, ob die Durchführung der Reise über­haupt ernsthaft geplant gewesen sei und vorträgt, der Versicherungsnehmer halte deshalb - entspre­chenden Anforderungen des Versicherers zuwider - ihm vorliegende Reiseunterlagen zurück, ist der Versicherer insoweit darlegungs- und beweispflich­tig. An einem entsprechenden substantiierten Vor­trag der Beklagten fehlt es aber vorliegend, viel­mehr erschöpfen sich deren Darlegungen insoweit weitestgehend in Vermutungen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Auch hinsichtlich der Höhe der geltendgemachten Klageforderung greifen die Einwendungen der Beklagten nicht durch. Nach der bereits zitierten Bestim­mung des § 1 a) ABRV leistet der Versicherer Ent­schädigung bei Nichtantritt der Reise für die "ver­traglich geschuldeten Rücktrittskosten". Gemäß Zif­fer 11 a) der dem Vertrag des Klägers mit dem Rei­severanstalter zugrundeliegenden "Vertrags- und Reisebedingungen" belaufen sich die Rücktrittsko­sten bei Rücktritt vom Vertrag im Falle eines Mietobjektes 14 bis 8 Tage vor Belegungstermin auf 80 %, bei noch kürzerfristigem Rücktritt auf 100 %,- bei einer Pauschalreise im Rücktrittsfall im Rahmen von 7 und weniger Tagen vor Reiseantritt auf 80 %.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Frage, ob diese "pauschalierten" Schadensbeträ­ge überhöht und die einschlägigen Vorschriften nach dem AGB-Gesetz unwirksam sind, kann vorliegend da­hinstehen, denn die Beklagte kann sich dem Kläger gegenüber ohnehin nicht auf eine eventuelle Unwirk­samkeit dieser Bestimmung berufen. Die Beklagte hat "die gebuchte Reise" versichert; Bestandteil der gebuchten Reise sind auch die dem Reisevertrag zu­grundeliegenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die der Beklagten als Versicherer bekannt sind. Findet sich die Beklagte bereit, Rücktrittskosten­versicherungen abzuschließen, bei denen im Storno-fall Rücktrittskosten bis zu 100 % anfallen können und gewährt sie somit Versicherungsschutz für diese ggfls. "vertraglich geschuldeten Rücktrittskosten", so kann sie nicht bei Eintritt des Versicherungs­falls hiervon mit der Begründung abrücken, diese Rücktrittskosten seien überhöht und deshalb vom Versicherungsnehmer dem Reiseveranstalter nicht ge­schuldet. Dem Versicherungsnehmer kann nicht zuge- mutet werden, im Interesse des Versicherers ggfls. einen Rechtsstreit hinsichtlich der Höhe der Rück­trittskosten gegen den Reiseveranstalter zu führen. Soweit der Versicherer die im Reisevertrag vorgese­henen Rücktrittskosten für überhöht hält, ist es ihm unbenommen, zu den beanstandeten Kostensätzen keine Rücktrittskostenversicherungen abzuschließen; Schließt er sie aber gleichwohl ab, so ist es ihm als treuwidrig zu versagen, sich im Schadensfall dem Versicherungsnehmer gegenüber auf angeblich überhöhte Rücktrittskosten zu berufen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Nach allem war der Klage mit dem in der Berufungs­verhandlung verlesenen, herabgesetzten Antrag stattzugeben, wobei sich der gesetzliche Zinsan­spruch aus dem Gesichtspunkt des Verzuges ergibt, nachdem der Kläger die Beklagte mit Schreiben vom 5. April 1989 wirksam in Verzug gesetzt hat.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbar­keit beruht auf den §§ 708 Ziffer 10, 713 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Berufungsstreitwert und Wert der Beschwer der Be­klagten: 27.814,40 DM.</p>
|
315,039 | lg-dortmund-1990-10-25-8-o-22390 | {
"id": 806,
"name": "Landgericht Dortmund",
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"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
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} | 8 O 223/90 | 1990-10-25T00:00:00 | 2019-03-13T14:44:38 | 2022-10-18T15:09:15 | Urteil | ECLI:DE:LGDO:1990:1025.8O223.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>I. Der Beklagte wird verurteilt,</p>
<p></p>
<p>es bei Vermeidung eines für jeden Fall der</p>
<p>Zuwiderhandlunq vom Gericht festzusetzenden</p>
<p>Ordnungsgeldes bis zu 500.0OO,0O DM, ersatz-</p>
<p>weise 0rdnungshaft bis zu 6 Monaten zu unter-</p>
<p>lassen, im Zusammenhang mit \/erträqen, sofern</p>
<p>diese nicht mit einem Kaufmann im Rahmen seines</p>
<p>Handelsgewerbes abgeschlossen werden, in all-</p>
<p> gemeinen Geschäftsbedingungen folgende oder</p>
<p>inhaltsgleiche Klauseln zu vewenden:</p>
<p> </p>
<p>1.</p>
<p>Das Mitglied hat eine Kopie dieser Beitrittserklärung</p>
<p>Erhalten</p>
<p></p>
<p>2. Mündliche Absprachen sind ungültig. Sie</p>
<p>bedürfen der schriftlichen Bestätigung.</p>
<p></p>
<p>3.Krankheit oder sonstiger Hinderungsgrund</p>
<p>zur Teilnahme am Training entbindet nicht von</p>
<p>der Beitragszahlung.</p>
<p></p>
<p>4. Die Mitgliedschaft ruht nur während der</p>
<p>Ableistung des gesetzlich vorgeschriebenen</p>
<p>Grundwehrdienstes.</p>
<p></p>
<p>5. Bei eventuellen Mahnungen wird pro Mahnung</p>
<p>eine Gebühr in Höhe von 5,00 DM erhoben.</p>
<p></p>
<p>6. Wenn nicht spätestens zwei Monate vor Ab-</p>
<p>lauf der Reitrittserklärung schriftlich</p>
<p>-per Einschreiben- gekündigt wird, verlängert</p>
<p>sich die Mitgliedschaft jeweils um 6 Monate.</p>
<p></p>
<p>7. Wird es dem Fitneß-Center aus Gründen, die</p>
<p>es nicht zu vertreten hat (höhere Gewalt)</p>
<p>unmöglich, Leistungen zu erbringen, so hat der</p>
<p>Teilnehmer keinen Anspruch auf Schadens-</p>
<p>ersatz bzw. Ersatzstunden.</p>
<p></p>
<p>8. Bei Minderjähriqkeit des Trainingsteil-</p>
<p>nehmers haften die Erziehungsberechtigten</p>
<p>für die Erfüllung der Beitragspflicht.</p>
<p></p>
<p>9. Unterschreibt nur ein Erziehungsberechtigter,</p>
<p>so versichert er damit, auch in Vollmacht des</p>
<p>anderen Erziehungsberechtigten zu handeln.</p>
<p></p>
<p>II. Der Klägerin wird die Befugnis zugesprochen,</p>
<p>die Urteilsformel mit der Bezeichnung des ver- .</p>
<p>urteilten Verwenders auf Kosten der Beklagten</p>
<p>im Bundesanzeiger, im übrigen auf eigene Kosten</p>
<p>bekanntzumachen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits trägt der</p>
<p>Beklagte.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für</p>
<p>die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheits-</p>
<p>leistung in Höhe von 10.000,00 DM.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">T A T B E S T A N D</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Kläqerin, ein qerichtsbekannter Verbraucherschutzverband</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">im Sinne yon § 13 Abs. 2 Z i F f. 2 AG B - Gesetz, beqehrt von dem</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Beklaqten, der unter der Firma "G" in J</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">ein Fitneß-Studio betreibt, die Unterlassung von Verwendung</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">bestimmter AGB-Klauseln, die die Klägerin weqen Verstoßes</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">gegen das AGB-Gesetz für unwirksam hält.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Kläqerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">I. den Beklagten zu verurteilen,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">es bei Vermeidung eines für jeden Fall der</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM, ersatz-</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">weise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unter-</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">lassen, in Zusammenhang mit Verträgen, sofern</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">dieses nicht mit einem Kaufmann im Rahmen seines</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Handelsgewerbes abgeschlossen werden, in all-</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">gemeinen Geschäftsbedingungen folgende oder</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">inhaltsgleiche Klauseln zu verwenden:</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">1. Das Mitglied hat eine Kopie dieser Beitritts-</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">erklärung erhalten.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">2. Mündliche Absprachen sind ungültig. Sie</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">bedürfender schriftlichen Bestätigung.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">3. Krankheit oder sonstiger Hinderungsgrund</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">zur Teilnahme am Training entbindet nicht von</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">der Beitragszahlung.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">4. Die Mitgliedschaft ruht nur während der</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Ableistung des gesetzlich vorgeschriebenen</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Grundwehrdienstes.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">5. Sei eventuellen Mahunqen wird pro</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Mahnung eine Gebühr in Höhe von 5,00 DM</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">erhoben.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">6. Wenn nicht spätestens zwei Monate vor Ab-</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">lauf der Beitrittserklärung schriftlich</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">-per Einschreiben- qekündigt wird, verlängert </p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">sich die Mitgliedschaft jeweils um 6 Monate.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">7. Wird es demFitneß-Center aus Gründen, die</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">es nicht zu vertreten hat (höhere Gewalt)</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">unmöqlich, Leistungen zu erbringen, so hat</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">der Teilnehmer keinen Anspruch auf Schadens-</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">ersatz bzw. Ersatzstunden.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">8. Bei Minderjährigkeit der Trainingsteilnehmers</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">haften die Erziehunqsberechtiqten für die Er-</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">füllung der Beitragspflicht.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">9. Unterschreibt nur ein Erziehungsberechtigter,</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">so versichert er damit, auch in Vollmacht</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">des anderen Erziehungsberechtigten zu handeln.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">II. Der Klägerin wird die Befugnis zugesprochen,</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">die Urteilsformel mit der Bezeichnung des ver-</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">urteilten Verwenders auf Kosten der Beklagten</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">im Bundesanzeiger, im übrigen auf eigene</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Kosten bekanntzumachen.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Der Beklaqte beantragt.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten, des Sach- und Streitstandes</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">wird verwiesen auf den vorgetragenen Inhalt der von den</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegen-</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">stand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Die Klaqe ist begründet.</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Die von der Klägerin beanstandeten AGB-Klauseln sind wegen</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Verstoßes gegen das AGB-Gesetz unwirksam und dürfen von</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">dem Beklagten nicht weiter verwendet werden:</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Die Klausel "das Mitglied hat eine Kopie der B e i t r i t t s e r k l ä r u n q</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">erhalten" verstößt gegen § 11 Nr. 15 b AGB-Gesetz, weil sie</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">eine Tatsachenbestätigung enthält, die die Beweislast faktisch</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">zum Nachteil des Kunden verschiebt, so ist insbesondere die</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Bestätigung, eine Durchschrift des Vertrages erhalten zu</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">haben, unzulässig (Palandt-Heinrichs, BGH NJW 1988, 2108 Anm. 15 c zu §11 AGB-Gesetz.</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Die von der Klägerin beanstandete Schriftformklausel verstößt</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">gegen § 9 Abs. 1 AGB-Gesetz, weil sie den grundsätzlichen Vor-</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">rang der auch mündlich getroffenen Individualabreden (§ 4 AGBG)</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">negiert.</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">Die unter Ziff. 6 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen des</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">Beklagten aufgeführte Klausel ist wegen Verstoßes gegen</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">§ 9 Abs. 2 Nr. 1 AGB-Gesetz unzulässig:</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">Durch diese Regelung wird das Recht auf eine außerordent-</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">liche Kündigung nach § 626 BG3 ausgeschlossen bzw. in</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">unzulässiger Weise erschwert. Insbesondere längere Er-</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">krankungen stellen grundsätzlich einen Grund für eine</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">außerordentliche Kündigung nach § 626 BGB dar.. Entgegen</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">der Auffassung des Beklagten ist diese Vorschrift vor-</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">liegend nicht: schon deswegen unanwendbar, weil bei den</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">von dem Beklagten abgeschlossenen Verträgen mietvertragliche</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">Elemente überwiegen. Bei diesen Verträgen handelt es sich</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">nicht um reine Mietverträge, sondern um gemischte Verträge,</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">die auch Dienstleistungselemente beinhalten und bei denen</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">infolgedessen eine Kündigungsmöglichkeit auch nach §626 BGB</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">bestehen muß.</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">Die in Ziff. 8 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Be-</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">klagten erfolgte Festschreibung von Mahnqebühren von 5,00 D M</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">pro Mahnung verstößt gegen § 11 Nr. 5 a und N r. 5 b AGB-Gesetz.</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">Insbesondere ist in diesen Fällen davon auszugehen, daß bei</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">derartigen Mahnungen nur Porto- und Materialaufwand entsteht,</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">weswegen allenfalls Kosten von 1,00 bis 2,00 DM pro Mahnung</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">angemessen erscheinen (OLG Stuttgart NJW RR 1988, 1082).</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">Unzulässig ist auch die unter Ziff. 8 der Allgemeinen Geschäfts-</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">bedingungen des Beklagten aufgeführte Regelung: Das Verlangen,</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">daß eine Kündigung per Einschreiben zu erfolgen habe, ver-</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">stößt gegen § 11 Nr. 16 AGB-Gesetz. Derartige Klauseln werden</p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">von Kunden oft übersehen und ergeben nur den Sinn, dem Kunden</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">die Durchsetzung seiner Rechte zu erschweren (Ulmer -Brandner-</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">Hensen, 5. Aufl., Rd-Nr. 2 zu § 11 Nr. 16). Eine weitere</p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">Erschwerung der Kündigungsrechte wird vorliegend auch durch</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks">die unklare Formulierung der Kündigungsfrist "2 Monate vor</p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks">Ablauf der Beitrittserklärung" verursacht.</p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks">Die Klausel, wonach sich die Mitgliedschaft bei nicht er-</p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">folgter Kündigung um jeweils weitere 6 Monaten verlängern</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks">soll, ist ebenfalls rechtswidrig. Zwar ergibt sich in</p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">diesem Zusammenhang kein Verstoß gegen § 11 Nr. 12 AGB-Gesetz,</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks">weil diese Vorschrift auf gemischte Verträge, bei denen der</p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">Schwerpunkt auf Gebrauchsüberlassung liegt, keine Anwendung </p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks">findet, doch beinhaltet hier die vom Beklagten verwendete</p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks">Verlängerungsklausel eine unangemessene Benachteiligung</p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks">im Sinne von § 9 Abs. 1 AGB-Gesetz, weil nicht auszuschließen</p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks">ist, daß mit Hilfe dieser Klausel in Fällen einer nur für</p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks">einen kürzeren Zeitraum vereinbarten Mitgliedschaft deren</p>
<span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks">Dauer unangemessen verlängert wird. Dies ist insbesondere</p>
<span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks">deswegen nicht auszuschließen, weil unklar ist, welche</p>
<span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks">Primärlaufzeiten der Beklagte jeweils vereinbart.</p>
<span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks">Ziff. 10 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Beklagten</p>
<span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks">ist wegen Verstoßes gegen § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGB-Gesetz un-</p>
<span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks">zulässig, weil danach unter Mißachtung der gesetzlichen</p>
<span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks">Regelung des § 323 BGB der Beklagte trotz Unmöglichkeit</p>
<span class="absatzRechts">124</span><p class="absatzLinks">der Leistung seinen Vergütungsanspruch behalten soll.</p>
<span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks">Das laut Ziff. 11 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen des</p>
<span class="absatzRechts">126</span><p class="absatzLinks">Beklagten bei Minderjährigkeit des Trainingsteilnehmers</p>
<span class="absatzRechts">127</span><p class="absatzLinks">dessen Erziehungsberechtigte für die Erfüllung der Bei-</p>
<span class="absatzRechts">128</span><p class="absatzLinks">tragspflicht haften sollen, verstößt gegen § 9 Abs. 2</p>
<span class="absatzRechts">129</span><p class="absatzLinks">Nr. 1 AGB-Gesetz. Eine grundsätzliche Haftung der Er-</p>
<span class="absatzRechts">130</span><p class="absatzLinks">ziehungsberechtigten entspricht gerade nicht der gesetz-</p>
<span class="absatzRechts">131</span><p class="absatzLinks">lichen Regelung (§ 108 BGB) und würde außerdem auf einen</p>
<span class="absatzRechts">132</span><p class="absatzLinks">unzulässigen Vertrag zu Lasten Dritter hinauslaufen.</p>
<span class="absatzRechts">133</span><p class="absatzLinks">Die in Ziff. 11 ebenfalls enthaltene Fiktion einer Be-</p>
<span class="absatzRechts">134</span><p class="absatzLinks">vollmächtigung durch den anderen Erziehungsberechtigten</p>
<span class="absatzRechts">135</span><p class="absatzLinks">verstößt gegen § 10 Nr. 5 AGB-Gesetz.</p>
<span class="absatzRechts">136</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">137</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt</p>
<span class="absatzRechts">138</span><p class="absatzLinks">sich aus § 709 ZPO.</p>
|
315,040 | lg-dortmund-1990-10-25-8-o-31890 | {
"id": 806,
"name": "Landgericht Dortmund",
"slug": "lg-dortmund",
"city": 407,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 8 O 318/90 | 1990-10-25T00:00:00 | 2019-03-13T14:44:40 | 2022-10-18T15:09:13 | Urteil | ECLI:DE:LGDO:1990:1025.8O318.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>I.</p>
<p>Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall</p>
<p>der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis</p>
<p>zu DM 500.000,00 ersatzweise Ordnunghaft bis zu sechs Monaten gegen</p>
<p>die Inhaberin des Beklagten zu unterlassen, in seinen Allgemeinen</p>
<p>Geschäftsbedingungen nachfolgende Klauseln oder inhaltsgleiche Be-</p>
<p>stimmungen gegenüber Nichtkaufleuten zu verwenden:</p>
<p></p>
<p>1. Da auch bei verringerter Teilnehmerzahl die-selben festen Unkosten anfal-</p>
<p>len. ist eine vorzeitige Vertragsbeendigung ausgeschlossen.</p>
<p></p>
<p>2. Kommt das Mitglied mit 2 Monatsbeträgen in Rückstand, ist der gesamte Rest-</p>
<p>betrag sofort fällig.</p>
<p></p>
<p>3. Der Trainingsteilnehmer versichert, an keinen Krankheiten oder Verletzungen</p>
<p>zu leiden, die seine Lehrgangsteilnahme in Frage stellen.</p>
<p></p>
<p>4. Nebenabreden bedürfen der Schriftform.</p>
<p></p>
<p>5. Der Teilnehmer erkennt den Vertragsinhalt unter Einschluß der umsöitigen Ge-</p>
<p>schäftsbedigungen an, welche Bestandteil dieses Vertrages sind ....</p>
<p></p>
<p>6. .... und bestätigt, einen Formulardurchschlag erhalten zu haben.</p>
<p></p>
<p> 7. Sachbeschädigungen in den Trainingsräumen werden auf Kosten dessen behoben, der sie verursacht hat</p>
<p></p>
<p> 8. Die Tage, an denen trainiert werden kann, können vom Trainer festgelegt wer-</p>
<p>den.</p>
<p></p>
<p>9. Versäumt der Teilnehmer die festgelegten Trainingszeiten ganz oder teilwei-</p>
<p>se, so entbindet ihn dies nicht von der Zahlungsverpflichtung gegenüber dem</p>
<p>Sportstudio. Dieses ist weder zu irgendeiner Nachleistung noch zur ganzen</p>
<p>oder teilweisen Rückzahlung des Entgeltes oder zur Duldung irgendeiner Auf-</p>
<p>rechnung verpflichtet.</p>
<p></p>
<p>10. Das Sportstudio behält sich Änderungen der Öffnungszeiten vor.</p>
<p></p>
<p>11. Krankheiten, Wohnungswechsel U.A. entbinden den Teilnehmer nicht von den</p>
<p>Verpflichtungen aus dem Vertrag. Bei Unterbrechung infolge Krankheit, Unfäl-</p>
<p>le o.a. (oder auch anderen wichtigen Gründen) ist gegen Nachweis (z.B. ärzt-</p>
<p>liches Attest) eine Stundung des Programms möglich. Die vereinbarte Zah-</p>
<p>lungsweise des Programmes wird davon nicht betroffen bzw. unterbrochen. Die-</p>
<p>se versäumte Zeit kann nach Absprache an dem jeweils 2. Besuchstag pro</p>
<p>Woche innerhalb der Laufzeit des Vertrages nachgeholt werden. In nachgewie-</p>
<p>senen Ausnahmefällen, wie Dauererkrankung oder sonstige Härtefälle kann der</p>
<p>Teilnehmer im Einvernehmen mit dem Sportstudio einen Programmwechsel vornehmen oder eine Ersatzperson anmelden,unabhängig von der vereinbarten Zahlungsverpflichtung.</p>
<p></p>
<p>12. Wer grob gegen die Regeln des Anstandes oder der Hausordnung verstößt, er-</p>
<p> hält ohne Nachsicht Hausverbot, wobei jedoch die Monatsbeiräge weiter ent-</p>
<p>richtet werden müssen.</p>
<p></p>
<p>13. Da bei den vereinbarten Preisen eine wirtschaftliche Führung des Sportstu-</p>
<p>dios nur möglich ist, wenn alle Teilnehmer ihren Zahlungsverpflichtungen</p>
<p>pünktlich nachkommen, wird wegen des damit verbundenen Mehraufwandes an Per-</p>
<p>sonal- und Sachkosten für jede Mahnung DM 5,00 Mahngebühren erhoben.</p>
<p></p>
<p>14. Die vertraglichen Verpflichtungen werden durch Verkauf oder Verlegung des</p>
<p>Sportstudios innerhalb des Stadtgebietes nicht berührt.</p>
<p></p>
<p></p>
<p>II. </p>
<p> Dem Kläger wird die Befugnis zugesprochen, die Urteilsformel mit der Be-</p>
<p>zeichnung der verurteilten Verwenderin auf Kosten der Beklagten im Bundesan-</p>
<p>zeiger, im übrigen auf eigene Kosten bekannt zu machen.</p>
<p></p>
<p></p>
<p>lm übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte zu 93 %</p>
<p>und der Kläger zu 7 %.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger gegen Sicherheits-</p>
<p>leistung in Höhe von 13.000,00 DM.</p>
<p></p>
<p>Die Sicherheitsleistung kann auch durch vorbehaltlose Bürgschaft</p>
<p>eines als Zoll- und Steuerbürgen zugelassenen westdeutschen</p>
<p>Kreditinstituts erbracht werden.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger, ein gerichtsbekannter Verbraucherschutzverein</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">im Sinne von § 13 Abs. 2 AGBG, begehrt von dem Beklagten,</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">der in E ein Sportstudio betreibt und Trainings-</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">verträge für unterschiedliche Bereiche anbietet, die</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Unterlassung der Verwendung bestimmter AGB-Klauseln,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">die nach Auffassung des Klägers gegen Vorschriften des</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">AGB-Gesetzes verstoßen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die von dem Kläger vorprozessual verlangte Unterzeichnung</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">einer strafbewehrten Unterlassungserklärung lehnte der</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Beklagte durch Schreiben seines Anwalts vom 29.05.1990</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">ab. In diesem Schreiben wurde darauf hingewiesen, daß</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">einige der beanstandeten Klauseln zwischenzeitlich</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">geändert worden seien und daß sämtliche Vertrags-</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Neuabschlüsse unter Berücksichtigung dieser Änderungen</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">getätigt würden und daß alle bereits bestehenden</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Vertragsverhältnisse so behandelt würden, als wären</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">dort diese Änderungen ausnahmslos schon erfolgt.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">zu DM 500.000,00 ersatzweise Ordnungshaft</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">bis zu sechs Monaten gegen die Inhaberin des</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Beklagten zu unterlassen, in seine Allgemeinen</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Geschäftsbedingungen nachfolgende Klauseln</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">oder inhaltsgleiche Bestimmungen gegenüber</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Nichtkaufleuten zu verwenden:</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">1. Da auch bei verringerter Teilnehmerzahl</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">dieselben festen Unkosten anfallen, ist</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">eine vorzeitige Vertragsbeendigung aus-</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">geschlossen.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">2. Kommt das Mitglied mit zwei Monatsbeträgen</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">in Rückstand, ist der gesamte Restbetrag</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">sofort fällig.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">3. Der Trainingsteilnehmer versichert, an keinen</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Krankheiten oder Verletzungen zu leiden,</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">die seine Lehrgangsteilnahme in Frage stellen.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">4. Nebenabreden bedürfen der Schriftform.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">5. Der Teilnehmer erkennt den Vertragsinhalt</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">unter Einschluß der umseitigen Geschäfts-</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">bedingungen an, welche Bestandteil dieses</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Vertrages sind ...</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">6. ... und bestätigt, einen Formulardurchschlag</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">erhalten zu haben.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">7. Jeder Teilnehmer muß den Anweisungen des</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Lehrpersonals und der Hausordnung Folge leisten.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">8. Sachbeschädigungen in den Trainingsräumen</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">werden auf Kosten dessen behoben, der sie</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">verursacht hat.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">9. Die Tage, an denen trainiert werden kann,</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">können vom Trainer festgelegt werden.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">10. Versäumt der Teilnehmer die festgelegten</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Trainingszeiten ganz oder teilweise, so</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">entbindet ihn dies nicht von der Zahlungs-</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">verpflichtung gegenüber dem Sportstudio.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Dieses ist weder zu irgendeiner Nachleistung</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">noch zur ganzen oder teilweisen Rückzahlung</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">des Entgeltes oder zur Duldung irgendeiner</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Aufrechnung verpflichtet.</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">11. Das Sportstudio behält sich Änderungen der</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Öffnungszeiten vor.</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">12. Krankheiten, Wohnungswechsel u.a. entbinden</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">den Teilnehmer nicht von den Verpflichtungen</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">aus dem Vertrag. Bei Unterbrechung infolge</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Krankheit, Unfälle o.a. (oder auch anderen</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">wichtigen Gründen) ist gegen Nachweis (z.B.</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">ärztliches Attest) eine Stundung des Programms</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">möglich. Die vereinbarte Zahlungsweise des</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Programmes wird davon nicht betroffen bzw.</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">unterbrochen. Diese versäumte Zeit kann nach</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">Absprache an dem jeweils zweiten Besuchstag</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">pro Woche innerhalb der Laufzeit des Vertrages</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">nachgeholt werden. In nachgewiesenen Ausnahme-</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">fällen, wie Dauererkrankung oder sonstige</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">Härtefälle kann der Teilnehmer im Einvernehmen</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">mit dem Sportstudio einen Programmwechsel</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">vornehmen oder eine Ersatzperson anmelden,</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">unabhängig von der vereinbarten Zahlungsver-</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">pflichtung.</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">13. Wer grob gegen die Regeln des Anstandes oder</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">der Hausordnung verstößt, erhält ohne Nachsicht</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">Hausverbot, wobei jedoch die Monatsbeträge</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">weiter entrichtet werden müssen.</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">14. Da bei den vereinbarten Preisen eine wirt-</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">schaftliche Führung des Sportstudios nur</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">möglich ist, wenn alle Teilnehmer ihren</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">Zahlungsverpflichtungen pünktlich nachkommen,</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">wird wegen des damit verbundenen Mehraufwandes</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">an Personal- und Sachkosten für jede Mahnung</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">DM 5,00 Mahngebühren erhoben.</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">15. Die vertraglichen Verpflichtungen werden durch</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">Verkauf oder Verlegung des Sportstudios innerhalb</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">des Stadtgebietes nicht berührt.</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger wird die Befugnis zugesprochen,</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">die Urteilsformel mit der Bezeichnung der</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">verurteilten Verwenderin auf Kosten der</p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">Beklagten im Bundesanzeiger, im übrigen auf</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">eigene Kosten bekannt zu machen;</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">ihm zu gestatten, eine von ihm zu erbringende</p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">Sicherheit durch eine selbstschuldnerische</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks">Bürgschaft einer deutschen Großbank oder Sparkasse</p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks">zu erbringen.</p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes</p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">wird verwiesen auf den vorgetragenen Inhalt der von</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks">den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen,</p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.</p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe</b></p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist zum überwiegenden Teil begründet:</p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks">Die für die vom Kläger geltend gemachten Unterlassungs-</p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks">ansprüche nach § 13 AGB-Gesetz erforderliche Wiederholungs</p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks">gefahr ist im vorliegenden Fall gegeben. Im Hinblick</p>
<span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks">darauf, daß Allgemeine Geschäftsbedingungen gerade in</p>
<span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks">einer Vielzahl von Fällen verwendet werden sollen,</p>
<span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks">streitet für das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr</p>
<span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks">in der Regel eine tatsächliche Vermutung (Palandt-</p>
<span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks">Heinrichs, § 13 Anm. 2 e), diese tatsächliche Vermutung</p>
<span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks">hat der Beklagte vorliegend nicht entkräftet. Seine</p>
<span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks">einfache Erklärung, die alten AGB's auch bei Abwicklung</p>
<span class="absatzRechts">124</span><p class="absatzLinks">von Altverträgen nicht mehr zu verwenden, reicht nicht.</p>
<span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks">Sie bietet keine hinreichende Gewähr dafür, daß sich</p>
<span class="absatzRechts">126</span><p class="absatzLinks">der Beklagte tatsächlich an diese Erklärung hält, zumal</p>
<span class="absatzRechts">127</span><p class="absatzLinks">er einige Klauseln noch immer verteidigt.</p>
<span class="absatzRechts">128</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich der im einzelnen vom Kläger beanstandeten</p>
<span class="absatzRechts">129</span><p class="absatzLinks">Klauseln liegen folgende Verstöße gegen das AGB-Gesetz</p>
<span class="absatzRechts">130</span><p class="absatzLinks">vor:</p>
<span class="absatzRechts">131</span><p class="absatzLinks">Ziffer l. l. der Klageschrift:</p>
<span class="absatzRechts">132</span><p class="absatzLinks">Diese Klausel verstößt gegen § 9 Abs. 2 Nr. l AGBG,</p>
<span class="absatzRechts">133</span><p class="absatzLinks">denn bei Vorliegen eines wichtigen Grundes muß eine</p>
<span class="absatzRechts">134</span><p class="absatzLinks">außerordentliche Kündigung nach § 626 BGB möglich sein,</p>
<span class="absatzRechts">135</span><p class="absatzLinks">da die vom Beklagten angebotenen Trainingsverträge</p>
<span class="absatzRechts">136</span><p class="absatzLinks">dienstvertragliche Elemente enthalten.</p>
<span class="absatzRechts">137</span><p class="absatzLinks">Ziffer l. 2. der Klageschrift:</p>
<span class="absatzRechts">138</span><p class="absatzLinks">Insoweit liegt ein Verstoß gegen § 9 Abs. 1 sowie Abs.</p>
<span class="absatzRechts">139</span><p class="absatzLinks">2 Nr. 1 AGBG vor. Diese Bestimmung steht im Widerspruch</p>
<span class="absatzRechts">140</span><p class="absatzLinks">zu der gesetzlichen Regelung, wonach ein Verzug ohne</p>
<span class="absatzRechts">141</span><p class="absatzLinks">Verschulden nicht möglich ist (§ 285 BGB), außerdem</p>
<span class="absatzRechts">142</span><p class="absatzLinks">werden durch diese Bestimmungen etwaige Leistungs-</p>
<span class="absatzRechts">143</span><p class="absatzLinks">verweigerungsrechte des Kunden ausgehöhlt.</p>
<span class="absatzRechts">144</span><p class="absatzLinks">Ziffer l. 3. der Klageschrift:</p>
<span class="absatzRechts">145</span><p class="absatzLinks">Diese Bestimmung verletzt § 11 Nr. 15 b AGBG, hierdurch</p>
<span class="absatzRechts">146</span><p class="absatzLinks">wird zwar nicht die Beweislast geändert, das heißt</p>
<span class="absatzRechts">147</span><p class="absatzLinks">umgekehrt, aber zuungunsten des Kunden wird die</p>
<span class="absatzRechts">148</span><p class="absatzLinks">Beweisführung erschwert.</p>
<span class="absatzRechts">149</span><p class="absatzLinks">Ziffer l. 4. der Klageschrift:</p>
<span class="absatzRechts">150</span><p class="absatzLinks">Wegen des grundsätzlichen Vorranges auch mündlich</p>
<span class="absatzRechts">151</span><p class="absatzLinks">getroffenen Individualabreden (§ 4 AGBG) verstößt</p>
<span class="absatzRechts">152</span><p class="absatzLinks">diese Klausel gegen § 9 Abs. 1 AGBG.</p>
<span class="absatzRechts">153</span><p class="absatzLinks">Ziffer l. 5. sowie l. 6. der Klageschrift:</p>
<span class="absatzRechts">154</span><p class="absatzLinks">Diese Bestimmungen sind wegen Verstoßes gegen § 11</p>
<span class="absatzRechts">155</span><p class="absatzLinks">Nr. 15 b AGBG unwirksam. Sie beinhalten Tatsachen-</p>
<span class="absatzRechts">156</span><p class="absatzLinks">erklärungen des Kunden (Anerkennung der AGB sowie die</p>
<span class="absatzRechts">157</span><p class="absatzLinks">Bestätigung, einen Durchschlag erhalten zu haben),</p>
<span class="absatzRechts">158</span><p class="absatzLinks">die zum Nachteil des Kunden die Beweislast hinsichtlich</p>
<span class="absatzRechts">159</span><p class="absatzLinks">der Einbeziehungsvoraussetzungen nach § 2 AGBG verändern.</p>
<span class="absatzRechts">160</span><p class="absatzLinks">Insoweit handelt es sich auch nicht um gesondert</p>
<span class="absatzRechts">161</span><p class="absatzLinks">unterschriebene Empfangsbekenntnisse im Sinne von § 11</p>
<span class="absatzRechts">162</span><p class="absatzLinks">Nr. 15 des AGB-Gesetzes.</p>
<span class="absatzRechts">163</span><p class="absatzLinks">Ziffer l. 7. der Klageschrift:</p>
<span class="absatzRechts">164</span><p class="absatzLinks">Eine AGB-Rechtswidrigkeit dieser Klausel vermag die</p>
<span class="absatzRechts">165</span><p class="absatzLinks">Kammer nicht festzustellen. Denn Allgemeine Geschäfts-</p>
<span class="absatzRechts">166</span><p class="absatzLinks">bedingungen sind so auszulegen, wie sie von verständigen</p>
<span class="absatzRechts">167</span><p class="absatzLinks">und redlichen Vertragspartnern verstanden werden</p>
<span class="absatzRechts">168</span><p class="absatzLinks">(Palandt-Heinrichs, § 5 AGBG Anm. 3). Dem Betreiber</p>
<span class="absatzRechts">169</span><p class="absatzLinks">eines Sportstudios muß es möglich sein, sein Hausrecht</p>
<span class="absatzRechts">170</span><p class="absatzLinks">durcheine Hausordnung bzw. durch entsprechend bevoll-</p>
<span class="absatzRechts">171</span><p class="absatzLinks">mächtigte Dritte zu regeln, eine unangemessene Be-</p>
<span class="absatzRechts">172</span><p class="absatzLinks">nachteiligung der Kunden ist hiermit noch nicht ver-</p>
<span class="absatzRechts">173</span><p class="absatzLinks">bunden. Eine Auslegung, daß hiermit auch schikanöse</p>
<span class="absatzRechts">174</span><p class="absatzLinks">oder willkürliche Anweisungen gemeint sein könnten,</p>
<span class="absatzRechts">175</span><p class="absatzLinks">ist bei der gebotenen objektiven Auslegung zu weit-</p>
<span class="absatzRechts">176</span><p class="absatzLinks">gehend. Auch eine Bestätigung, Kenntnis über die Be-</p>
<span class="absatzRechts">177</span><p class="absatzLinks">stimmungen der Hausordnung erlangt zu haben, die möglicher-</p>
<span class="absatzRechts">178</span><p class="absatzLinks">weise gegen § 11 Nr. 15 b AGBG verstoßen würde, ist</p>
<span class="absatzRechts">179</span><p class="absatzLinks">in der beanstandeten Klausel nicht enthalten.</p>
<span class="absatzRechts">180</span><p class="absatzLinks">Ziffer l. 8. der Klageschrift:</p>
<span class="absatzRechts">181</span><p class="absatzLinks">Diese Regelung verstößt gegen § 9 Abs. 1 AGBG, grundsätz-</p>
<span class="absatzRechts">182</span><p class="absatzLinks">lich setzt eine Haftung für Schadensersatz ein Verschulden</p>
<span class="absatzRechts">183</span><p class="absatzLinks">voraus.</p>
<span class="absatzRechts">184</span><p class="absatzLinks">Ziffer l. 9., l. 11. und l. 15. der Klageschrift:</p>
<span class="absatzRechts">185</span><p class="absatzLinks">Diese Bestimmungen verletzen § 10 Nr. 4 des AGBG.</p>
<span class="absatzRechts">186</span><p class="absatzLinks">Sie bergen die Gefahr, daß es unter Berufung auf diese</p>
<span class="absatzRechts">187</span><p class="absatzLinks">Klauseln zu unzumutbaren Einschränkungen der Trainings-</p>
<span class="absatzRechts">188</span><p class="absatzLinks">möglichkeiten kommt.</p>
<span class="absatzRechts">189</span><p class="absatzLinks">Ziffer l. 10. der Klageschrift:</p>
<span class="absatzRechts">190</span><p class="absatzLinks">Insoweit liegt ein Verstoß gegen § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG</p>
<span class="absatzRechts">191</span><p class="absatzLinks">vor: Daß in jedem Fall der Vergütungsanspruch des</p>
<span class="absatzRechts">192</span><p class="absatzLinks">Beklagten bestehen bleiben soll, auch wenn er selbst</p>
<span class="absatzRechts">193</span><p class="absatzLinks">die ihm obliegende Leistung nicht erbracht hat, ver-</p>
<span class="absatzRechts">194</span><p class="absatzLinks">stößt gegen wesentliche Grundgedanken der gesetzlichen</p>
<span class="absatzRechts">195</span><p class="absatzLinks">Regelungen, insbesondere des § 323 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">196</span><p class="absatzLinks">Ziffer l. 12. der Klageschrift:</p>
<span class="absatzRechts">197</span><p class="absatzLinks">Diese Bestimmung verletzt § 9 Abs. 1 sowie Abs. 2 Nr. 1</p>
<span class="absatzRechts">198</span><p class="absatzLinks">AGBG, weil hierdurch eine Kündigung aus wichtigem</p>
<span class="absatzRechts">199</span><p class="absatzLinks">Grund ausgeschlossen wird.</p>
<span class="absatzRechts">200</span><p class="absatzLinks">Ziffer l. 13. der Klageschrift:</p>
<span class="absatzRechts">201</span><p class="absatzLinks">Bei ungünstigster Auslegung könnte unter Hinweis auf</p>
<span class="absatzRechts">202</span><p class="absatzLinks">diese Bestimmung einem Kunden wegen eines einmaligen</p>
<span class="absatzRechts">203</span><p class="absatzLinks">Verstoßes gegen die Hausordnung ein dauerndes Hausverbot</p>
<span class="absatzRechts">204</span><p class="absatzLinks">erteilt werden, obwohl die Monatsbeiträge weitergezahlt</p>
<span class="absatzRechts">205</span><p class="absatzLinks">werden müssen. Dies beinhaltet einen Verstoß gegen</p>
<span class="absatzRechts">206</span><p class="absatzLinks">§ 9 Abs. 1 AGBG.</p>
<span class="absatzRechts">207</span><p class="absatzLinks">Ziffer l. Nr. 14. der Klageschrift:</p>
<span class="absatzRechts">208</span><p class="absatzLinks">Diese Bedingung verstößt gegen § 11 Nr. 5 AGBG. In der-</p>
<span class="absatzRechts">209</span><p class="absatzLinks">artigen. Fällen ist davon auszugehen, daß nur Porto-</p>
<span class="absatzRechts">210</span><p class="absatzLinks">und Materialaufwand entsteht, angemessen sind daher</p>
<span class="absatzRechts">211</span><p class="absatzLinks">höchstens 1,00 bis 2,00 DM pro Mahnung (OLG Stuttgart,</p>
<span class="absatzRechts">212</span><p class="absatzLinks">NJW RR 1988, 1082).</p>
<span class="absatzRechts">213</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">214</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit</p>
<span class="absatzRechts">215</span><p class="absatzLinks">auf § 709 ZPO.</p>
|
315,041 | olgk-1990-10-25-21-uf-25290 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 21 UF 252/90 | 1990-10-25T00:00:00 | 2019-03-13T14:44:41 | 2022-10-18T15:09:13 | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1990:1025.21UF252.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>I. Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Antrag der Antragstellerin zurückgewiesen wird.</p>
<p></p>
<p></p>
<p>Die Gerichtskosten tragen die Parteien je zur Hälfte.</p>
<p>Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.</p>
<p></p>
<p>II. Der Antragstellerin wird unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. M. in L. für das</p>
<p>Beschwerdeverfahren ratenfreie Prozeßkostenhile bewilligt.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>G r ü n d e</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Das zuIässige Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Antrag der Antragstellerin, ihr für die Dauer des Getrenntlebens die elterliche Sorge über das gemeinsame Kind Z. (geb. am 22.09.1986) zu übertragen, ist unzulässig.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Es fehlt nämlich an der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte. Diese richtet sich nach dem Minderjährigenschutzabkommen (MSA). Nach Art. 1 MSA sind die Gerichte des Staates, in dem der Minderjährige seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, vorbehaltlich der Bestimmungen der Art. 3, 4 und 5 Abs. 1 MSA, dafür zuständig, Maßnahmen zum Schutze der Person und des Vermögens des Minderjähriqen zu treffen. Dabei ist die Regelung der elterlichen Sorge unumstritten eine Schutzmaßnahme im Sinne des Art. 1 MSA (vql. BGHZ 67/255).</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Gem. Art. 263 des türkischen ZGB (die Parteien und der Sohn Z. sind Türken) liegt jedoch ein Gewaltverhältnis im Sinne des Ar t. 3 MSA vor, so daß nach dem Vorbehalt in Art. 1 MSA deutsche Gerichte unzuständig sind, da auch die Voraussetzungen des Art. 8 MSA - eine ernsthafte Gefährdung der Person oder des Vermögens des Minderjährigen - nicht gegeben sind (vgl. BGHZ 60/68, 69; SenE vom 24.10.1988 - 21 UF 189/88). Nach Art. 263 türkisches ZGB steht bei Meinungsverschiedenheiten der Eltern die Entscheidung über die elterliche Gewalt dem Vater zu. Diese hat der Antragsgegner (Vater) dahingehend ausgeübt, daß er die elterliche Gewalt für sich beansprucht. Art. 263 türkisches ZGB wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Parteien getrennt leben. In die elterliche Gewalt kann nach türkischem Recht zwar unter den mit § 1666 BGB vergleichbaren Voraussetzungen, nicht aber durch eine Sorgerechtsregelung während des Getrenntlebens der Eltern ohne förmliche Trennung von Tisch und Bett eingegriffen werden (Art. 272 ff., 148 türkisches ZGB; OLG Stuttgart in NJW 1985/566 m. w. N.).</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Da demnach ein Gewaltverhältnis im Sinne des Art. 3 MSA vorliegt und auch Art. 8 MSA nicht einschIägig ist, sind die deutschen Gerichte unzuständig.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Dabei übersieht der Senat nicht die gegenteilige Ansicht des OLG Stuttgart (a.a.O.), die in diesen Vorschriften nur die Anerkennung des ex~lege Gewaltverhältnisses bei der in der Zuständigkeit des Art. 1 MSA zu treffenden Sachentscheidung fordert. Indes ist der Wortlaut des Art. 1 MSA in dieser Frage eindeutig. Auch sind die praktischen Bedenken dieser Ansicht nicht zwingend, weil im Notfall die deutschen Gerichte nach Art. 8 MSA eingreifen können. Ein darüberhinausgehendes Bedürfnis, entgegen der klaren gesetzlichen Regelung die Zuständigkeit zu bejahen, besteht nicht.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Eine ernsthafte Gefährdung des Kindes Z. im Sinne von Art. 8 MSA ist nicht ersichtlich, wenn das Sorgerecht entsprechend dem ex-lege Gewaltverhältnis beim Antragsgegner verbleibt. Gründe, die es nach deutschem Recht rechtfertigen würden, dem Antragsgegner das Sorgerecht zu entziehen (das wäre ein Fall des Art. 8 MSA), sind nicht ersichtlich.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 13 a FGG.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Trotz ihres Unterliegens war der Antragstellerin gem. § 119 ZPO (in Verbindung mit § 14 FGG) für das Beschwerdeverfahren ratenfreie Prozeßkostenhilfe zu bewilligen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Beschwerdewert: 5.000,-- DM.</p>
|
315,042 | olgham-1990-10-24-20-u-29089 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 20 U 290/89 | 1990-10-24T00:00:00 | 2019-03-13T14:44:43 | 2022-10-18T15:09:14 | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1990:1024.20U290.89.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Klägers wird das am 14. September 1989 verkündete Urteil der Zivilkammer III des Landgerichts Detmold abgeändert.</p>
<p>Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.000,- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 4. April 1989 zu zahlen.</p>
<p>Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p>Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits tragen zu 3/4 die Beklagte und zu 1/4 der Kläger.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist bei der Beklagten seit 1970 gegen Leitungswasserschäden versichert (VGB). Im Jahre 1979 kam es in der Obergeschoßwohnung des Hauses des Klägers zu einem Leitungswasserschaden, den die Beklagte als Haftpflichtversicherung des damaligen Mieters der Obergeschoßwohnung aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen für Gebäudeschäden regulierte. Die von der Beklagten geleistete Entschädigung bezog sich auf Schäden in der Erdgeschoßwohnung, Schäden im Fußbodenbereich der Obergeschoßwohnung wurden nicht festgestellt. Der Kläger nahm die Beklagte wegen der erfolgten Regulierung aus der Leitungswasserversicherung nicht in Anspruch.</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Im Januar 1987 kam es zu einem weiteren Leitungswasserschaden in der Obergeschoßwohnung, den der Kläger entsprechend der Schadensanzeige vom 13.01.1987 der Beklagte meldete. Aufgenommen wurde der Schaden von dem Außendienstmitarbeiter der Beklagten .... Unter den Parteien ist streitig, ob insoweit dem Kläger zugesagt worden ist, die Versicherung werde von sich aus einen Sachverständigen mit der Untersuchung des Schadens beauftragen. Am 20.01.1987 forderte die Beklagte den Kläger schriftlich auf, für die Reparatur Kostenvoranschläge einzureichen und die genaue Schadensursache zu benennen. Der Kläger, der nunmehr unstreitig dieses Schreiben erhalten hat, ließ erst im Dezember 1988 einen Kostenvoranschlag erstellen und übersandte ihn an die Beklagte. Die Beklagte holte unter dem 12.01.1989 ein Gutachten des Sachverständigen ... ein, der unter anderem zu der Feststellung gelangte, daß die Holzbalkendecke morsch und verfault sei, die Ursache dafür aber mit großer Sicherheit bereits 9 Jahre zurückliege. Wäre die damalige Durchfeuchtung der Deckenkonstruktion durch eine Spezialfirma ordnungsgemäß getrocknet worden, hätten - so der Sachverständige - die jetzt vorhandenen Schäden weitgehend verhindert werden können.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Kläger verlangt Vorschuß in Höhe von 8.000,- DM nebst Zinsen für die voraussichtlichen Reparaturkosten. Die Beklagte lehnt Regulierung ab und beruft sich wegen des ersten Wasserschadens aus dem Jahre 1979 auf Verjährung. Im übrigen wendet sie Obliegenheitsverletzungen des Klägers wegen Verstoßes gegen Aufklärungs- und Schadensminderungspflichten ein. Sie meint, der Kläger habe nicht fast zwei Jahre nach ihrem Schreiben vom 20.01.1987 untätig sein dürfen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat die Klage wegen Verletzung von Aufklärungs- und Schadensminderungspflichten abgewiesen. Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist im wesentlichen begründet.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat Anspruch gemäß §1 Nr. 1 b, 4, 7 VGB auf Entschädigung der durch das Leitungswasser versachten Schäden. Ein Kostenvorschuß ist allerdings nur in Höhe von 6.000,- DM angemessen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks"><b>1.</b></p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Versicherungsfall ist durch die Leitungswasseraustritte in der oberen Wohnung in den Jahren 1979 und 1987 eingetreten. Damit besteht grundsätzlich Leistungspflicht der Beklagten.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks"><b>2.</b></p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Diese Ansprüche sind nicht gemäß §12 Abs. 1 VVG verjährt, das gilt auch für den Anspruch wegen des Schadens aus dem Jahre 1979.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Verjährung beginnt gemäß §12 Abs. 1 S. 2 VGG mit dem Schluß des Jahres, in welchem die Leistung verlangt werden kann. Wann vom Versicherungsnehmer Leistung verlangt werden kann, richtet sich nach der in §11 VVG geregelten Fälligkeit. Nach §11 Abs. 1 VVG sind Geldleistungen des Versicherers mit Beendigung der zur Feststellung des Versicherungsfalls und des Umfangs der Leistung des Versicherers nötigen Erhebungen fällig. Voraussetzung dafür, daß der Versicherer überhaupt Feststellungen zum Versicherungsfall treffen kann, ist, daß der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall angezeigt hat. Angezeigt hat der Kläger den Schaden aus dem Jahre 1979 der Beklagten nicht. Zwar wurde damals ein Schaden von der Beklagten reguliert. Die Beklagte handelte insoweit aber als Haftpflichtversicherer des damaligen Mieters. Die der Beklagten als Haftpflichtversicherer bekannt gewordene Schadensanzeige kann aber nicht als Schadensanzeige des Klägers zur Leitungswasserversicherung gewertet werden.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Allerdings darf ein Versicherungsnehmer den Verjährungsbeginn nicht durch Unterlassung der Schadensanzeige herauszögern. Die für die Wohngebäudeversicherung in §15 VGB festgelegte Obliegenheit, den Versicherungsfall anzuzeigen, hat auch Auswirkungen auf den Verjährungsbeginn. Wird die vom Versicherer zu leistende Entschädigung aus Gründen nicht fällig, die in der Sphäre des Versicherungsnehmers liegen, dann beginnt die Verjährung gemäß §12 Abs. 1 S. 2 VVG mit dem Schluß des Jahres, in welchem ohne das Verschulden des Versicherungsnehmer der Anspruch fällig geworden wäre (so auch Prölls-Martin, VVG, 24. Aufl., §12 Anm. 3). Das Verschulden des Versicherungsnehmers ist dabei vom Versicherer, der die Verjährung einwendet, darzulegen und ggfs. zu beweisen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Ein Verschulden des Klägers an der im Jahre 1979 unterlassenen Anzeige ist von der Beklagten weder schlüssig dargelegt noch aus den gesamten unstreitigen Umständen ersichtlich. Da im Jahre 1979 der Haftpflichtversicherer des Mieters den Schaden regulierte, hat der Kläger im wohlverstandenem Interesse des Versicherers die Leitungswasserversicherung nicht in Anspruch genommen. Der mit der Schadensfeststellung beauftragte Sachverstände ... war als Gutachter für die Bewertung von Gebäudeschäden bestellt. Auch wenn er im konkreten Schadensfall sich im wesentlichen nur mit der Rechnungsprüfung der Höhe nach beschäftigt haben sollte, wie die Beklagte im Senatstermin eingewandt hat, so konnte doch der Kläger darauf vertrauen, daß mit der damaligen Schadensfeststellung und Schadensbeseitigung der gesamte Schadensumfang umfaßt war. Irgendwelche Anhaltspunkte dafür, daß der Kläger in der damaligen Situation Veranlassung haben mußte, die Holzdecken nach bleibenden Feuchtigkeitsschäden zu untersuchen, sind nicht ersichtlich und von der Beklagten auch nicht vorgetragen. Damit ist auch der Anspruch wegen des Schadens aus dem Jahre 1979 noch nicht verjährt.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks"><b>3.</b></p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Obliegenheitsverletzungen des Klägers, die zur Leistungsfreiheit der Beklagten führen könnten, liegen nicht vor.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte wirft dem Kläger insbesondere vor, er habe auf ihr Schreiben vom 20.01.1987 nicht reagiert. In diesem Schreiben wird vom Kläger gefordert, einen Kostenvoranschlag einzureichen und die genaue Schadensursache zu benennen. Die genaue Schadensursache war der Beklagten bekannt und ergab sich aus der Schadensanzeige vom 13.01.1987. Dort heißt es: "Der Wasserschlauch vom Wasserhahn zur Waschmaschine beim Waschvorgang undicht geworden, dadurch ist Wasser ausgetreten und durch die Zimmerdecke geflossen. Es steht noch nicht genau fest, ob es durch ein Wasserleitungsrohr <u>zusätzlich</u> entstanden ist."</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Mehr muß und kann von einem Versicherungsnehmer nicht als mögliche Schadensursache vorgetragen werden. Eine Verpflichtung, einen Kostenvoranschlag einzuholen, ergibt sich nicht aus den Versicherungsbedingungen. Gemäß §15 Nr. 1 c VGB hat der Versicherungsnehmer dem Versicherer lediglich jede Untersuchung über Ursache, Höhe und Umfang des Schadens zu gestatten. Das hat der Kläger nicht abgelehnt. Im übrigen hat der Kläger inzwischen einen Kostenvoranschlag vorgelegt und ist damit dem Verlangen der Beklagten nachgekommen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger wird von der Beklagten weiter vorgeworfen, er hätte nicht fast zwei Jahre untätig bleiben dürfen, so daß ein Verstoß gegen seine Schadensminderungspflicht vorliege. Eine solche Obliegenheitsverletzung ist ebenfalls nicht gegeben. Soweit die Beklagte vom Kläger verlangt, er hätte nach dem Wasserschaden im Januar 1987 einen Sachverständigen mit der Feststellung des Schadensumfanges beauftragen müssen, so hätte ein solches Gutachten sicherlich nicht den Schaden gemindert oder beseitigt. Die Schadensminderungspflicht ist aber auch nicht dadurch verletzt, daß der Kläger nicht von sich aus nach dem Schaden im Januar 1987 die Holzbalkendecke hat reparieren lassen. Eine vorsätzliche Verletzung durch den Kläger würde voraussetzen, daß dem Kläger nach Schadenseintritt bewußt war, daß eine unterlassene Reparatur der Holzbalkendecke den Schaden vergrößern würde und daß tatsächlich eine Ausweitung des Schadens erfolgt ist. Nach Auffassung des Senates fehlte dem Kläger schon das Bewußtsein, der Schaden würde sich vergrößern. Der Kläger hatte keine erkennbaren Anhaltspunkte dafür, daß die Holzbalkendecke in einem solchen Schadenszustand war, daß Untätigbleiben den Schaden nur vergrößern würde. Ob der Kläger grob oder nur leicht fahrlässig gehandelt hat, kann ebenfalls dahinstehen. Nach dem Gutachten des Sachverständigen ... ist die wesentliche Schadensursache des Verrottungsprozesses im Wasserschaden von 1979 zu sehen. Der Senat geht nach diesem Gutachten davon aus, daß sich das Schadensbild in den zwei Jahren bis zur Gutachtenerstellung nicht entscheidend verändert hat.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">c)</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Soweit die Beklagte einwendet, es hätten weitere Feuchtigkeitsschäden vorgelegen, die der Beklagte gekannt hätte, ergibt sich dies nicht aus dem Sachverständigengutachten ..., auf das die Beklagte insoweit verweist. Zwar hat der Sachverständige darauf hingewiesen, daß ihm der Kläger berichtet habe, daß auch im Bereich der Küchenspüle langzeitig Undichtigkeiten vorhanden gewesen seien. Gerade der weitere Zusatz, daß die Mieterin diese Undichtigkeiten nicht angezeigt hätte, macht aber deutlich, daß der Kläger selbst bis zum Schadensfall im Januar 1987 von diesen Undichtigkeiten nichts wußte. Damit liegt auch insoweit keine Obliegenheitsverletzung vor.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks"><b>4.</b></p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Hatte die Klage nach alledem dem Grunde nach Erfolg, so ist der vom Kläger verlangte Vorschuß nur in Höhe von 6.000,- DM angemessen. Zwar hat der Kläger einen Reparaturkostenvoranschlag über 11.690,84 DM vorgelegt. Der Sachverständige ... hält dagegen eine Schadensbeseitigung mit einem Aufwand von 4.695,66 DM für möglich, schließt aber auch eine Verdoppelung der Kosten, sowie weitere Kosten in Höhe von 2.000,- DM nicht aus. Unter Berücksichtigung des Umstandes, daß auch bei teilweiser Erneuerung der Balken Arbeiten in der Erdgeschoßwohnung anfallen dürften, hält der Senat einen Kosten <u>vorschuß</u> von 6.000,- DM für berechtigt.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks"><b>5.</b></p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Der Zinsanspruch ist in Höhe von 4 % aus §§288, 284 BGB ab dem 04.04.1989 begründet. Daß es sich um eine Vorschußklage handelt, hindert den Zinsanspruch nicht (BGH NJW 1985, 2325). Einen höheren Zinssatz als 4 % hat der Kläger nicht nachgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Die Beschwer des Klägers beträgt 2.000,- DM, die der Beklagten 6.000,- DM.</p>
|
315,043 | olgham-1990-10-24-20-u-3590 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
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"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 20 U 35/90 | 1990-10-24T00:00:00 | 2019-03-13T14:44:45 | 2022-10-18T15:09:14 | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1990:1024.20U35.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Klägers wird das am 9. November 1989 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bochum abgeändert:</p>
<p>Die Klage ist dem Grunde nach gerechtfertigt.</p>
<p>Zur Entscheidung über die Höhe des Anspruchs und über die Kosten des Rechtsstreits wird das Verfahren an das Landgericht zurückverwiesen.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Der Kläger begehrt von der Beklagten aus einer verbundenen Wohngebäude- und Hausratversicherung, der die VGB und die VHG 74 zugrundeliegen, die Regulierung eines Brandschadens.</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Am Abend des 29.12.1988 entzündete der Kläger in seinen offenen Wohnzimmerkamin ein Feuer, in dem er eine mit Holzwolle gefüllte auf den Kopf aufgestellte Gemüsekiste samt weiterer obenauf gelegter Buchenscheite ansteckte. Er verließ dann das Zimmer, um aus dem Garten weiteres Holz zu holen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Während dieser Zeit fiel der angesteckte Holzstoß um und es schlugen nach Darstellung des Klägers Flammen aus dem Kamin ins Zimmer hinein bis unter die Decke. Ferner seien brennende Holzscheite auch aus dem Kamin herausgefallen. Nach Behauptung des Klägers waren des weiteren Stehlampen und Gardinen bereits in Brand geraten, als er das Zimmer wieder betrat.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger löschte das Feuer mit einem Feuerlöscher. Am Gebäude entstanden Schäden durch Ablagerung von Rauch und Ruß sowie Löschstaub.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Kläger zeigte den Schaden zunächst bei der Geschäftsstelle der Beklagten in ... und am Freitag, den 30.12.1988, telefonisch bei der zuständigen Bezirksvertretung der Beklagten in ... an. Nach einem weiteren Telefonat mit dem dort beschäftigten Zeugen ... am Montag, den 02.01.1989 fertigte er zwei Polaroidaufnahmen vom Kamin und begann mit den Instandsetzungsarbeiten. Als der von der Beklagten beauftragte Sachverständige ... am 03.01.1989 zur Ortsbesichtigung erschien, war der Kamin bereits vollständig abgerissen; mit dem Neuanstrich der Wände war begonnen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beziffert den ihm zur Wiederherstellung des früheren Zustandes des Hauses entstandenen Aufwand, vor allem durch Maler-, Maurer- und Reinigungsarbeiten, mit insgesamt 69.031,92 DM. Insoweit wird auf die Aufstellung in der Klageschrift (Bl. 6 d.A.) mit Ergänzung im Schriftsatz vom 17.10.1989 (Bl. 157 d.A.) Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte lehnte eine Regulierung mit Schreiben vom 23.03.1989 (Bl. 17 f d.A.) und 11.05.1989 (Bl. 23 f d.A.) unter Berufung auf §3 Abs. 1 VGB ab, weil das Feuer seinen bestimmungsgemäßen Herd nicht verlassen habe. Sie zahlte jedoch nach Klageerhebung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht einen Betrag von 5.000,00 DM.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat behauptet, bei dem Telefonat am 02.01.1989 habe der Zeuge ... ihm auf Befragen ausdrücklich erklärt, er solle Fotos zur Beweissicherung machen und dann den Kamin abreißen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 69.031,92 DM nebst 8,5 % Zinsen auf 50.000,00 DM und 13,5 % Zinsen auf weitere 19.031,92 DM seit dem 15.05.1989 abzüglich am 20.06.1989 gezahlter 5.000,00 DM zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Sie hat gemeint, es liege kein nach §3 Abs. 1 VGB deckungspflichtiger Brandschaden vor, und den vom Kläger geschilderten Schadenshergang bestritten.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Sie hat ferner eine Obliegenheitsverletzung des Klägers geltend gemacht. Dieser habe gegen §15 Nr. c VGB verstoßen, in dem er vor Schadensfeststellung durch den Sachverständigen den Kamin abgerissen und mit Reparaturarbeiten begonnen habe. Er habe gewußt, daß zunächst eine Besichtigung durch einen Sachverständigen erfolgen soll; der Zeuge ... habe in dem fraglichen Telefonat lediglich die Zutimmung zur Durchführung von Aufräumarbeiten erteilt.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat ferner die Schadenshöhe bestritten und sich insoweit die Feststellungen des von ihr beauftragten Gutachters ... zu eigen gemacht. Auf die bei den Akten befindliche Abschrift des Gutachtens wird insoweit verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Auf Hinweis des Landgerichts hat sich die Beklagte schließlich auch auf Leistungsfreiheit nach §61 VVG wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles berufen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Mit dieser Begründung hat das Landgericht die Klage abgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der Kläger habe in leichtsinniger Weise einen "Turmbau" im Kamin errichtet, damit die Gefahr des Umfallens geradezu herausgefordert, und dann das Feuer noch für längere Zeit unbeaufsichtigt gelassen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Zur weiteren Darstellung des angefochtenen Urteils und des Parteivorbringens erster Instanz wird auf das Urteil Bl. 165 ff der Akte Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses ihm am 20.12.1989 zugestellte Urteil wendet sich der Kläger mit seiner am 11.01.1990 eingelegten und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 12.03.1990 am 02.03.1990 begründeten Berufung.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Er behauptet, er habe das Kaminfeuer in jahrelanger gleichbleibender Übung auf die geschilderte Weise entzündet. Insoweit wiederholt und vertieft er sein erstinstanzliches Vorbringen zur Entstehung des Feuers. Insbesondere sei Brenngut aus dem Kamin auf den Fußboden des Wohnzimmers gefallen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Zu dem Telefonat vom 02.01.1989 trägt der Kläger erstmalig vor, daß er an diesem Tage zweimal in ... angerufen habe und daß der Zeuge ... ihm beim zweiten Anruf erklärt habe, er könne den Sachverständigen nicht erreichen, dieser sei vermutlich im Urlaub, der Kläger solle deshalb mit der Beseitigung der Brandschäden beginnen. Die Reparaturarbeiten hätten notwendig mit dem Abbruch des Kamins beginnen müssen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Der Kläger trägt ferner zu der Notwendigkeit der einzelnen Reparaturarbeiten ergänzend vor; insoweit wird wegen der Einzelheiten auf die Ausführungen in der Berufungsbegründungsschrift auf Bl. 200 ff der Akte verwiesen. Er behauptet außerdem, der Sachverständige ... habe mündlich geäußert, es sei nichts zu machen, das ganze Haus müsse von oben bis unten gestrichen werden.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an ihn 69.031,92 DM nebst 10 % Zinsen seit dem 15.05.1989 zu zahlen, abzüglich am 20.06.1989 gezahlter 5.000,00 DM.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Sie wiederholt und vertieft im wesentlichen ihr Vorbringen aus erster Instanz. In dem Telefonat vom 02.01.1989 habe der Zeuge ... dem Kläger erklärt, daß eine Besichtigung der Schadensstelle durch einen Sachverständigen zwingend erforderlich sei, und zugleich einen kurzfristigen Besichtigungstermin angekündigt. Außerdem habe der Kläger entgegen §15 Nr. 1 a VGB den Feuerschaden nicht bei der Polizei gemeldet.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen ... und Frau ... und Einholung eines mündlichen Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. .... Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Berichterstattervermerks zum Protokoll vom 24.10.1990 Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung führt zum Erlaß eines Grundurteiles; die Klage ist dem Grunde nach gerechtfertigt.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks"><b>1.</b></p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Der Versicherungsfall "Brand" nach §1 Nr. 1 a VGB und §1 Nr. 1 a VHB 74 ist sowohl in der Gebäudeversicherung wie in der Hausratversicherung eingetreten. Dieser Versicherungsfall ist in §3 Nr. 1 VGB und in §3 A Nr. 1 VHB 74 wortgleich definiert als "ein Feuer, das ohne einen bestimmungsgemäßen Herd entstanden ist oder ihn verlassen hat und sich aus eigener Kraft auszubreiten vermag (Schadenfeuer)".</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Die Voraussetzungen der zweiten Alternative, dieser Definition liegen hier vor. Als Herd im Sinne der Definition ist hier für die Frage, ob das Feuer ihn verlassen hat, der innere Bereich des Kamins anzusehen, weil bestimmungsmäßiger Herd eines Feuers auch solche Sachen sind, die ein Feuer einhegen sollen (vgl. Martin, Sachversicherungsrecht, 2. Aufl., C I 6). Ein Brand liegt dann vor, wenn das Feuer die räumlichen Grenzen dieses Herdes verlassen hat (vgl. Martin a.a.O., C I 7), also auch wenn Flammen aus dem Kamin nach außen schlagen, vorausgesetzt sie sind dort weiter ausbreitungsfähig. Es reicht also nicht aus, wenn die Flammen nur aus dem Kamin herausschlagen und diesen dabei von außen beschädigen (vgl. Martin a.a.O., C I 10) oder wenn nur Sengschäden entstehen oder Gardinen, Teppiche pp. nur an einer bestimmen Stelle verbrennen (vgl. Martin a.a.O., C I 18). Das Ausbreitungsvermögen des Feuers ist aber dann zu bejahen, wenn das Feuer soviel Wärmeenergie entwickelt, daß es sich über die Stelle seines Übergreifens hinaus auszubreiten vermag (vgl. Martin a.a.O., C I 15).</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Letzteres ist indessen in der Wohnung des Klägers am Schadenstage der Fall gewesen. Aufgrund der Aussagen der Zeugen ... und Frau ... steht zur Überzeugung des Senates fest, daß nicht lediglich Flammen aus dem Kamin herausgeschlagen sind, ohne sich dort weiter auszubreiten, sondern daß die Flammen Gegenstände außerhalb des Kamines erfaßt haben und sich von dort aus über die Stelle des Übergreifens hinaus selbständig weiter ausbreiteten. Die Zeugin ... hat anschaulich in ihrer nachvollziehbaren, psychologisch stimmigen Aussage geschildert, welche Angstgefühle sie durchmachte, weil das Feuer sich im Wohnzimmer schon soweit ausgebreitet hatte, daß sie befürchtete nicht mehr nach draußen zu kommen. Ebenso hat der Zeuge ... glaubhaft bekundet, daß er sofort die Feuerwehr rufen wollte, weil die Flammen bereits aus dem Fenster herauszüngelten Bereits dieses belegt, daß die Flammen nicht nur aus dem Kamin herausgeschlagen sind, sondern bereits bis zu den Gardinen am Fenster übergegriffen hatten. Dementsprechend hat der Zeuge ... ebenso wie die Zeugen ... bekundet, daß mehrere Gegenstände an Wänden und Decke sowie die Gardinen gebrannt haben bzw. verbrannt waren. Der Senat sieht keine Veranlassung, diesen Schilderungen der Zeugen nicht zu folgen, insbesondere da auch der Sachverständige ... bestätigt hat, daß eine derartige Überbrückung des Feuers ohne weiteres möglich gewesen ist. Die von den Zeugen geschilderten Schäden sprechen demnach eindeutig gegen punktuelle Brandschäden durch Flammen, die nur aus dem Kamin herausgeschlagen sind, ohne sich weiter auszubreiten.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks"><b>2.</b></p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte kann sich nicht erfolgreich auf Leistungsfreiheit berufen.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Der Senat vermag die Auffassung des Landgerichtes, daß der Kläger den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt habe (§61 VVG), nicht zu teilen.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Insoweit ist zunächst zu bedenken, daß es eine durchaus übliche Weise der Entflammung eines Kaminfeuers darstellen dürfte, mehrere Zündmaterialien übereinanderzuschichten oder zu stapeln und dann anzuzünden. Es ist zwar zutreffend, daß dabei kein solcher "Turm" errichtet werden darf, bei dem von vornherein damit gerechnet werden muß, daß dieser umstürzt dabei brennende Teile aus dem Kamin herausfallen und dieser auch noch unbeaufsichtigt gelassen wird. Es bestehen indessen keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Annahme, daß der Kläger hier damit hat rechnen müssen.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Der Kläger trägt immerhin durchaus glaubhaft vor, daß er sein Kaminfeuer stets auf diese Weise entfacht habe, ohne daß dabei jemals etwas passiert sei. Dies kann die Beklagte nicht widerlegen. Wenn der Kläger aber langjährig die Gefahrlosigkeit dieses Vorganges erlebt hat, kann es ihm nicht zum Vorwurf gemacht werden, wenn das solchermaßen angezündete Feuer kurzzeitig ohne Aufsicht ließ. Zumindest verdient ein solches Verhalten nicht das Verdikt der groben Fahrlässigkeit. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn der Kläger etwas länger als zunächst geplant draußen geblieben ist, weil sich im Garten noch ein Gespräch mit dem Nachbarn ergeben hat. Für diese Wertung spricht nicht zuletzt, daß sich auch die in Brandsachen erfahrene Beklagte von sich aus nicht auf den Vorwurf grober Fahrlässigkeit berufen hat.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist entgegen der von ihr vertretenen Auffassung auch nicht wegen einer Obliegenheitsverletzung des Klägers leistungsfrei.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">aa)</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Zwar hat der Kläger unstreitig den Schaden nicht bei der Polizei angezeigt, obwohl nach §15 Nr. 1 a VGB und §13 Nr. 1 VHB 74 ein Feuerschaden der Polizeibehörde zu melden ist. Dennoch führt diese Unterlassung im vorliegenden Falle nicht zur Leistungsfreiheit des Versicherers. Abgesehen davon, daß ein Verstoß gegen die Anzeigepflicht nur zu einem auflösend bedingten Zurückbehaltungsrecht des Versicherers führt, weil die unterlassene Anzeige zu jeder Zeit nachgeholt werden kann (§15 Nr. 3 S. 2 VGB bzw. §13 Nr. 3 S. 2 VHB 74), greift hier zugunsten des Klägers jedenfalls die Relevanzrechtsprechung ein. Danach führen selbst vorsätzliche, aber folgenlose Obliegenheitsverletzungen, dann nicht zur Leistungsfreiheit des Versicherers, wenn der Verstoß generell nicht geeignet war, berechtigte Interessen des Versicherers ernsthaft zu gefährden oder wenn nur ein geringes Verschulden des Versicherungsnehmers vorliegt (ständige Rechtsprechung, s. für die Hausrat- und Wohngebäudeversicherung z.B. BGH VersR 77, 1021; 83, 674; Senat VersR 81, 330). Jedenfalls das letztere ist hier der Fall.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Denn der eigentliche Zweck der Anzeigepflicht ist neben der Minderung des Schadens, die hier nicht in Betracht kommt, die Minderung der Vertragsgefahr. Es soll dadurch die Hemmschwelle zur Anzeige eines nur vorgetäuschten Versicherungsfalles gegenüber dem Versicherer erhöht werden (vgl. Martin a.a.O., X II 33). Durch die Anzeige bei der Polizei sollen in der Regel Ermittlungen nach dem Verursacher des Feuers, etwa einem unbekannten Brandstifter oder in Bezug auf eine sonst unklare Schadensursache ausgelöst werden. Unter diesen Gesichtspunkten war die Schadensanzeige im vorliegenden Falle indessen unwichtig, weil der Verursacher des Feuers von vornherein völlig außer Frage stand. Insgesamt handelte es sich auch um einen noch glimpflich abgelaufenen Schadensfall, nachdem der Kläger das Feuer selbst unter Kontrolle gebracht hatte. Eine Anzeige bei der Polizei konnte die Beweissituation des Versicherers unter keinem denkbaren Gesichtspunkt verbessern. Sofern man unter diesen Umständen bei einer zweckorientierten Auslegung der Klausel den Kläger überhaupt für verpflichtet ansehen wollte, eine Anzeige bei der Polizei vorzunehmen, so begründet sein entsprechendes Unterlassen jedenfalls nur ein geringes Verschulden.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">bb)</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Des weiteren führt auch der Umstand, daß der Kläger vor Schadensaufnahme durch den von der Beklagten beauftragten Sachverständigen bereits den Kamin abgebrochen und mit den Instandsetzungsarbeiten begonnen hat, nicht zur Leistungsfreiheit der Beklagten.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Insoweit bestimmt sich der Inhalt der den Kläger treffenden Obliegenheiten nach §15 Nr. 1 c S. 2 VGB und §13 Nr. 1 d S. 2 VHB 74. Indem diese Klauseln den Versicherungsnehmer auferlegen, jede Untersuchung über Ursache und Höhe des Schadens und über den Umfang seiner Entschädigungspflicht "zu gestatten", knüpfen sie die an den Versicherungsnehmer gerichteten Verhaltensaufforderungen an ein entsprechendes Untersuchungsverlangen des Versicherers. D.h. daß der Versicherungsnehmer nicht verpflichtet ist, das Schadensbild unverändert zu lassen, wenn der Versicherer keine Untersuchungsforderungen an ihn richtet, um so eine durch den Versicherer evtl. erst später zu fordernde Untersuchung zu ermöglichen (so auch Martin a.a.O., X II 68, 79). Wenn allerdings der Versicherer eine Untersuchung über Ursache und Höhe des Schadens verlangt, dann kann es zu deren Ermöglichung durchaus gehören, das zum Zeitpunkt des Untersuchungsverlangens noch vorhandene Schadensbild nicht mehr zu verändern. Auch dann muß der Versicherungsnehmer nicht unbegrenzt lange warten, ehe er an die Beseitigung des Schadens geht; die Grenzen seiner Pflicht zum Zuwarten mit der Schadensbeseitigung ergeben sich dann aus der in den genannten Versicherungsbedingungen enthaltenen Zumutbarkeitsklausel. Für den vorliegenden Fall ergibt sich aus diesen Grundsätzen folgendes:</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Eine Obliegenheitsverletzung des Klägers wäre dann gegeben, wenn der Zeuge ... ihm im Telefonat am 02.01.1989 für die Beklagte erklärt hat, daß kurzfristig ein Sachverständiger zur Schadensaufnahme erscheinen werde, und daß auf jedem Fall eine Besichtigung durch einen Sachverständigen erforderlich sei. Dagegen liegt keine Obliegenheitsverletzung vor, wenn die Darstellung des Klägers zutreffend ist, wonach der Zeuge ... ihm im Gegenteil sogar ausdrücklich erklärt hat, er solle Fotos zur Beweissicherung machen und könne dann mit der Schadensbeseitigung beginnen. Die Beweislast insoweit trifft die Beklagte, weil es sich bei der Forderung, die unveränderte Schadensstelle durch einen Sachverständigen besichtigen zu können, um eine objektive Tatbestandsvoraussetzung der behaupteten Obliegenheitsverletzung handelt.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Die durchgeführte Beweisaufnahme hat indessen die Darstellung der Beklagten nicht zur Gewißheit des Senats zu bestätigen vermocht. Zwar hat der Zeuge ... bekundet, er habe schon am Vormittag des 02.01.1989 einen Sachverständigen beauftragt und dann den Kläger hiervon unterrichtet; dabei habe er nicht gesagt, daß der Kläger Fotos fertigen und mit den Instandsetzungsarbeiten beginnen solle. Die Aussage des Zeugen ... war jedoch insgesamt recht farblos und arm an Einzelheiten. Ihr stehen die detaillierten und plausiblen Bekundungen des Zeugen Lange entgegen. Dieser Zeuge hat in plausibler Weise geschildert, wie sich das Telefonat zwischen dem Kläger und dem Zeugen ... abgespielt hat, nachdem er am Morgen des 02.01. mit seiner Arbeitskolonne beim Kläger angerückt war, um mit den Renovierungsarbeiten zu beginnen. Danach hat der Zeuge mitbekommen, daß es in dem Telefongespräch jedenfalls auch um die Fertigung von Fotografien gegangen ist. Es ist anders nicht erklärlich, daß der Zeuge ... von sich aus dem Kläger angeboten hat, ihm ein Fotoapparat zur Verfügung zu stellen und die notwendigen Fotos zu machen. Daß der Zeuge ... die Äußerungen des Zeugen ... am anderen Ende der Telefonleitung nicht mithören konnte, spricht nicht gegen die Glaubwürdigkeit seiner Aussage. Es ist durchaus möglich, Sinnzusammenhänge eines Gespräches auch aus den Äußerungen nur eines Gesprächsteilnehmers zu erkennen. Es erscheint dem Senat jedenfalls durchaus plausibel, daß es in dem Gespräch darum gegangen ist, ob und wie schnell ein Sachverständiger denn jetzt noch kommen könne, nachdem die Arbeitskolonne des Zeugen ... sozusagen "dem Kläger auf der Matte stand", um mit den Arbeiten beginnen zu können. Es ist von daher auch schlüssig, daß der Kläger beim Zeugen ... angerufen hat, wie es der Zeuge ... bestätigte, und nicht umgekehrt, wie vom Zeugen ... ausgesagt. Weiter hat der Zeuge ... bekundet, daß der Kläger bei der Beklagten klären wollte, ob denn nun mit den Arbeiten begonnen werden könne. Es erscheint dem Senat völlig unwahrscheinlich, daß der Kläger eigens zu diesem Zweck bei der Beklagten anruft, und dann bei einer negativen Auskunft dahingehend, es müsse erst ein Sachverständiger den Schaden aufnehmen, dem Zeugen ... dennoch "grünes Licht" gab, mit den Arbeiten zu beginnen. Es spricht nach alledem viel für die Richtigkeit der Darstellung des Klägers zu dem Inhalt des Telefonates mit dem Zeugen .... Der Senat vermag danach die Richtigkeit der Bekundungen des Zeugen ... jedenfalls nicht mit Gewißheit festzustellen. Somit steht auch kein Sachverhalt fest, der eine Obliegenheitsverletzung des Klägers beinhaltet.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Ist der Klageanspruch danach dem Grunde nach gerechtfertigt, so ist der Rechtsstreit zur Schadenshöhe noch nicht entscheidungsreif.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">So ist zum einen der Umfang des vom Kläger getätigten Aufwandes zur Beseitigung aller vorhandenen Schäden und die Angemessenheit der von ihm angesetzten Preise, die die Beklagte unter Berufung auf das Gutachten des Sachverständigen Schweigert bestritten hat, zu überprüfen.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Zum anderen ist ebenfalls noch ungeklärt, in welchem Umfang die entstandenen Schäden überhaupt auf den eingetretenen Versicherungsfall zurückzuführen sind. Es ist nämlich offensichtlich, daß dieses nur bei einem Teil der vom Kläger geltend gemachten Schäden der Fall ist.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Wie oben dargelegt, liegt ein Schadenfeuer und damit ein Versicherungsfall nur vor, wenn das Feuer im Kamin diesen verlassen hat und sich aus eigener Kraft auszubreiten vermag. Danach ist davon auszugehen, daß der etwaige Schaden am Kamin selbst nicht durch ein Schadenfeuer im Sinne der Versicherungsbedingungen verursacht worden ist. Die Verunreinigungen, die am Kamin durch herausschlagende Flammen entstanden sind, sind danach durch die Versicherung nicht gedeckt. Davon abgesehen dürfte auch der Abriß des Kamines nicht geboten gewesen sein. Wie dem von der Beklagten eingeholten Schadensgutachten des Sachverständigen ... zu entnehmen ist, sind keineswegs Risse am Kamin festgestellt worden, die auf das Feuer zurückzuführen wären - dies wäre auch nur schwer erklärlich -, sondern es ist von der Firma ... eine hiervon unabhängige Rißbildung befüchtet worden, die bei einer Reparatur des vorhandenen Kamines wieder auftreten könnte. Gerade die vom Zeugen ... gefertigten Poleroidaufnahmen, die sich bei dem Gutachten ... befinden, sprechen dafür, daß an der Verklinkerung des Kamines lediglich Verunreinigungen entstanden sind, die durch eine Reinigung hätten beseitigt werden können, welche anscheinend gar nicht in Betracht gezogen worden ist. Wie bereits ausgeführt, dürfte es sich hier aber auch um nichtversicherte Schäden handeln. Jedenfalls liegen nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, daß der vom Kläger vorgenommene Abriß des Kamines eine notwendige Folge des Versicherungsfalles, nämlich des Übergreifens des Feuers auf andere Gegenstände im Raum, gewesen ist.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Soweit es um Reinigungsarbeiten, insbesondere um Durchführung von Innenanstrichen geht, dürfte es sich um Arbeiten handeln, die sich überwiegend als Folge von Rauch- und Rußschaden sowie von Löschstaub darstellen. Es spricht viel dafür, daß diese zum Teil infolge des bloßen Herausschlagens von Flammen aus dem Kamin, wofür die Beklagte nicht deckungspflichtig ist, und zum Teil auf das anschließend entstandene Schadensfeuer zurückzuführen sind. Wegen der auch insoweit noch nötigen Aufklärung hat der Senat von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, ein Grundurteil zu erlassen und den Rechtsstreit zur Schadenshöhe an das Landgericht zurückzuverweisen, §538 Abs. 1 Nr. 3, 540 ZPO. Sollte sich eine genaue Abgrenzung der durch das Schadenfeuer verursachten und der sonstigen, nichtversicherten Schäden auch unter Berücksichtigung ergänzenden Parteivorbringens nicht treffen lassen, so wird insoweit eine Schadensschätzung nach §287 Abs. 1 ZPO in Frage kommen.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks"><b>III.</b></p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Die Beschwer der Beklagten beträgt mehr als 40.000,00 DM.</p>
|
315,044 | ag-neuss-1990-10-24-30-c-18790 | {
"id": 713,
"name": "Amtsgericht Neuss",
"slug": "ag-neuss",
"city": 473,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 30 C 187/90 | 1990-10-24T00:00:00 | 2019-03-13T14:44:47 | 2022-10-18T15:09:14 | Urteil | ECLI:DE:AGNE:1990:1024.30C187.90.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>1. Das Versäumnisurteil vom 16.05.1990 bleibt aufrechterhalten.</p>
<p></p>
<p> 2. Der Beklagte trägt auch die weiteren Kosten des Rechtsstreits.</p>
<p></p>
<p>3. Die Zwangsvollstreckung darf gegen Sicherheitsleistung des Klägers in </p>
<p> Höhe von 2.600,00 DM fortgesetzt werden.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Tatbestand</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger erteilte dem Beklagten am 03.06.1990 den Auftrag zur Lieferung von Küchengeräten zum Betrieb einer Imbissstube. Es wurde ein Gesamtpreis von 14.000,00 DM inklusive Mehrwertsteuer vereinbart. Im Lieferumfang sollte desweiteren ein gebrauchtes Gyrosgerät für die Zubereitung von 40 kg Fleisch enthalten sein.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat vor Auslieferung der Gegenstände diese von einer Vorauszahlung des Klägers abhängig gemacht. In diesem Zusammenhang hat der Kläger seine jetzigen Prozeßbevollmächtigten eingeschaltet; dadurch sind Kosten in Höhe von 612,22 DM entstanden.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Bei der Lieferung hat der Beklagte sodann ein Gyrosgerät für lediglich 8 kg Fleisch angeliefert und sich auf Rüge des Klägers geweigert, insoweit eine ordnungsgemäße Nachlieferung vorzunehmen. Der Kläger hat insoweit ein anderweitiges Gyrosgerät zum Preis von 1.470,00 DM beschafft.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Unter dem 16.05.1990 erging gegen den Beklagten ein Versäumnisurteil.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks"> den Beklagten wie erkannt zu verurteilen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks"> die Klage unter Aufhebung des Versäumnisurteils abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat zur Sache nicht Stellung genommen, sondern im Termin vom 19.09.1990 lediglich eine Rechnung vom 14.08.1989 vorgelegt.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Klage war gemäß § 326 BGB bzw. wegen positiver Forderungsverletzung des zwischen den Parteien bestehenden Kaufvertrages begründet.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat das Vorbringen des Klägers insgesamt nicht bestritten, so daß das Gericht von dessen Richtigkeit ausgehen musste. Der Beklagte war danach verpflichtet, dem Kläger ein Gyrosgerät für 40 kg Fleisch zu überlassen. Da er dies nicht getan und auch auf Rüge des Beklagten eine ordnungsgemäße Nachlieferung verweigert hat, ist er insoweit gemäß § 326 BGB zum Schadensersatz verpflichtet. </p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Dem Beklagten stand desweiteren auch kein Recht zu, vom Kläger eine Vorauszahlung vor Lieferung zu verlangen. Er hat damit eine positive Forderungsverletzung des mit dem Kläger abgeschlossenen Kaufvertrages begangen. Er hat daher die dem Kläger in diesem Zusammenhang entstandenen Anwaltskosten zu erstatten.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Soweit der Beklagte im Termin vom 19.09.1990 eine Rechnung vom 14.08.1989 vorgelegt hat, ist dies unerheblich. Der Kläger hat unwidersprochen vorgetragen, daß zwischen den Parteien ein Gesamtpreis von 14.000,00 DM einschließlich Mehrwertsteuer vereinbart worden sei. Das Gericht vermag daher nicht zu erkennen, daß der Beklagte berechtigt gewesen wäre, seine Leistungen wie in der Rechnung vom 14.08.1989 geschehen, abzurechnen, so daß dem Beklagten ein Anspruch, den er der Klageforderung entgegenhalten könnte, nicht zusteht.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte war daher entsprechend dem Antrag des Klägers zu verurteilen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die prozeßualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 Satz 2 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">K</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Richter am Amtsgericht</p>
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