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---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
315,446 | lg-dortmund-1987-08-04-9-t-39387 | {
"id": 806,
"name": "Landgericht Dortmund",
"slug": "lg-dortmund",
"city": 407,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 9 T 393/87 | "1987-08-04T00:00:00" | "2019-03-13T14:55:59" | "2019-03-27T09:43:06" | Beschluss | ECLI:DE:LGDO:1987:0804.9T393.87.01 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der angefochtene Beschluß wird im Kostenausspruch geändert: </p>
<p>Die außergerichtlichen Auslagen trägt jeder Beteiligte selbst. </p>
<p>1m übrigen werden die sofortigen Beschwerden zurückgewiesen. </p>
<p>Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,--DM festgesetzt. </p>
<p>Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragsgegnerin und der weitere Beteiligte je zur Hälfte. Jeder Beteiligte trägt seine außergerichtlichen </p>
<p>Auslagen für das Beschwerdeverfahren selbst. </p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:152px"><u>G r ü n d e </u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Antragsgegnerin ist Verwalterin der Wohnungseigentumsanlage D in E. Der weitere Beteiligte hat von der Antragsgegnerin als Eigentümerin eine Eigentumswohnung gekauft. Unter dieser Eigentumswohnung liegt eine Eigentumswohnung der Antragstellerin. </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Antragsgegnerin hat im November 1986 entsprechend dem Wunsch des weiteren Beteiligten eine Vergrößerung des Balkons dadurch geschaffen, daß die Glasfront der Wohnung zum Balkon um 1 m in den Wohnraum versetzt wurde. Die Glasfront hat eine Länge von ca. 4 m. </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">Am 5.11.1986 hatte eine Eigentümerversammlung stattgefunden, bei der die Frage der Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer zu dieser Maßnahme erörtert wurde. </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Ein einstimmiger Beschluß der Eigentümerversammlung zur Zustimmung liegt nicht vor. Ein schriftliches Einverständnis der Antragstellerin zur Vornahme der Vergrößerung des Balkons liegt ebenfalls nicht vor. </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin hat zunächst am 8.12.1986 eine einstweilige Verfügung gegen die Antragsgegnerin auf Unterlassung der Veränderung des Balkons erwirkt. Sodann hat die Antragstellerin im Laufe des vorliegenden Verfahrens Beseitigung der baulichen Veränderung verlangt. </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat nach Anhörung der Beteiligten und Vernehmung von Zeugen mit dem angefochtenen Beschluß die Antragsgegnerin verpflichtet, die Änderung des Balkons wieder zu beseitigen. </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die zulässigen sofortigen Beschwerden der Antragsgegnerin und des weiteren Beteiligten sind nicht begründet. </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Vergrößerung des Balkons über der Wohnung der Antragsteller- in stellt eine bauliche Maßnahme im Sinne von § 22 WEG dar, die nur mit Zustimmung jedes Wohnungseigentümers, also auch der Antragstellerin, zulässig war. Durch die Vergrößerung des Balkons und Verringerung des Wohnraums ist von dem im Aufteilungsplan vorgesehenen Zustand abgewichen worden. Für diese bauliche Veränderung war auch nicht nach § 22 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 14 WEG die Zustimmung der Antragstellerin entbehrlich. Die von der Antragsgegnerin durchgeführte Manahme war nicht unvermeidbar und durch diese Maßnahme ist die Antragstellerin in ihrer auf das Gemeinschaftseigentum bezogenen Rechtsposition betroffen und tatsächlich beeinträchtigt (vgl. OLG Hamm OLGZ 1976, 61 f.; BGH NJW 1979, 817). </p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Durch die Verkleinerung des Wohnraums und entsprechende Vergrößerung des Balkons über der Eigentumswohnung der Antragstellerin ist eine zustimmungsbedürftige Veränderung schon deshalb eingetreten, weil dadurch eine Veränderung der Wärmeverhältnisse in der Hausanlage gegeben ist. Diese Zustimmungsbedürftigkeit der baulichen Veränderung entfällt nicht dadurch, daß die Antragsgegnerin, wie geschehen, der Antragstellerin ein Schreiben des von der Antragsgegnerin beauftragten Architekten vom 20.12.1986 vorlegt, aus dem hervorgeht, daß der Wärmeschutz ausreichend sei. Ungeachtet der Frage, ob durch ergänzende Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Umbau ein ausreichender Wärmeschutz erzielt werden kann und erzielt worden ist, bleibt die von der Antragsgegnerin durchgeführte bauliche Maßnahme zustimmungsbedürftig. Die Antragsgegnerin kann auch nicht etwa die erforderliche Zustimmung der Antragstellerin durch das Gericht ersetzen lassen, nachdem die bauliche Maßnahme durchgeführt worden ist. Die Antragsgegnerin hatte vor Durchführung der Maßnahme ein gerichtliches Verfahren auf Feststellung der Zustimmungsbedürftigkeit durchführen können. Eine Ersetzung der Zustimmung der Antragstellerin durch das Gericht scheidet schon deshalb aus, weil die Antragstellerin nicht auf Erklärungen des von der Antragsgegnerin beauftragten Architekten hinsichtlich des ausreichenden Wärmeschutzes verwiesen werden kann. Die danach erforderliche Zustimmung der Antragstellerin ist nicht dadurch entbehrlich, daß die Antragstellerin ihrerseits bauliche Veränderungen von der Antragsgegnerin bewilligt bekommen hatte. Die Antragstellerin verhält sich nicht deshalb treuwidrig, weil sie von der Antragsgegnerin als Verkäuferin Sonderwünsche bewilligt bekommen hatte. </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:24px">Auf die Frage, ob auch deshalb eine Zustimmungsbedürftigkeit der baulichen Veränderung gegeben ist, weil eine ästhetische Veränderung damit verbunden ist, kam es nicht an. </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:24px">Die nach § 22 WEG erforderliche Zustimmung der Antragstellerin ist weder durch einen einstimmigen Eigentümerbeschluß noch in schriftlicher Form gegeben noch hat die Antragsgegnerin den Beweis erbracht, daß die Zustimmung durch den Ehemann der Antragstellerin erklärt worden ist. Abgesehen von der nicht geklärten Frage, ob der Ehemann der Antragstellerin Vollmacht dazu gehabt hätte, folgt die Kammer der Beweiswürdigung durch das Amtsgericht, daß der Beweis nicht erbracht ist, daß der Ehemann eine solche Erklärung abgegeben hat. </p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:24px">Die Antragstellerin hat ein Recht auf Beseitigung des Zustandes, der ohne die erforderliche Zustimmung hergestellt worden ist. Die Antragstellerin verhält sich nicht treuwidrig, wenn sie dieses Verlangen ausübt. Lediglich der Umstand, daß die Beseitigung der Veränderung noch einmal mit dem gleichen Kostenaufwand von ca. 15.000,--DM verbunden sein wird, ist nicht ausreichend für die Annahme, dass dieses Begehren der Antragstellerin gegen Treu und Glauben verstoße. Dabei ist nämlich zu beachten, daß die Antragsgegnerin ihrerseits in Kenntnis der Zustimmungsbedürftigkeit die bauliche Maßnahme durchgeführt hat, wie sich aus ihrem Bemühen um die Zustimmung der Antragstellerin ergibt. </p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:24px">Ebensowenig ist von Bedeutung, daß sich die Antragstellerin um gerichtlichen Rechtsschutz nicht schon am 1.Tag des Beginns der Bauarbeiten bemüht hat. Hieraus kann nicht zugunsten der Antragsgegnerin gefolgert werden, daß sie den Zustand aufrechterhalten dürfte, den sie geschaffen hat. </p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">Nach alledem kann die Antragstellerin nach § 1004 BGB die Beseitigung der baulichen Veränderung von der Antragsgegnerin verlangen. </p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">Die sofortigen Beschwerden der Antragsgegnerin und des </p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:9px">weiteren Beteiligten waren deshalb im wesentlichen zurückzuweisen. Hinsichtlich der Kostenentscheidung war der angefochtene Beschluß des Amtsgerichts abzuändern Entsprechend dem Grundsatz, daß in Verfahren in Wohnungseigentumssachen jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Auslagen selber trägt, war auch im vorliegenden Fall sowohl </p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">für das Verfahren beim Amtsgericht als auch für das Beschwerdeverfahren anzuordnen, daß die Beteiligten ihre </p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:9px">eigenen Auslagen selbst tragen. Besondere Umstände, die eine Abweichung von diesem Grundsatz rechtfertigen, sind nicht gegeben. </p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">Die Auferlegung der Gerichtskosten zu Lasten der Antragsgegnerin und des weiteren Beteiligten beruht auf § 47 WEG.</p>
|
315,448 | ag-hagen-1987-07-30-43-c-22087 | {
"id": 670,
"name": "Amtsgericht Hagen",
"slug": "ag-hagen",
"city": 430,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 43 C 220/87 | "1987-07-30T00:00:00" | "2019-03-13T14:56:03" | "2019-03-27T09:43:06" | Urteil | ECLI:DE:AGHA:1987:0730.43C220.87.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>1.</p>
<p>Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Kläger 23,00 DM – in Worten: dreiundzwanzig Deutsche Mark – nebst 4 % Zinsen seit dem 05.03.1987 zu zahlen; im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>2.</p>
<p>Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagten als Gesamtschuldner 1/12, die Kläger 11/12 zu tragen.</p>
<p></p>
<p>3.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Tatbestand:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten mieteten von den Klägern mit Wirkung vom 15.11.1986 eine 2 ½ Zimmer-Wohnung im Hause der Kläger im C 41 in I. Seit März 1987 minderten die Beklagten den Nettomietzins in Höhe von 460,00 DM um 10 %, somit um 46,00 DM. Mit der Klage verlangen die Kläger die Mietminderung für den März 1987 sowie die Feststellung, daß die Beklagten nicht berechtigt sind, die Miete für die von ihnen innegehaltene Wohnung in I C41 zu mindern.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Zur Klagebegründung tragen sie vor: Mietmängel, die zur Mietminderung berechtigen würden, lägen nicht vor. Die Wohnung sei ohne Sicherheitsschloß vermietet. Der von den Beklagten verlangte Stab zum Öffnen eines Küchenfensters gehöre zur Sonderausstattung, worauf die Beklagten keinen Anspruch hätten.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Kläger beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie 46,00 DM </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">nebst 4 % Zinsen seit dem 05.03.1987 zu zahlen und zweitens festzustellen, daß die Beklagten nicht berechtigt sind, die Miete für die von ihnen gemietete Wohnung in 5800 I, C41 zu mindern.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Sie führen aus: Die Mietzinsminderung hätten sie bereits im Februar 1987 angekündigt. Sie seien dazu auch berechtigt, da zur Grundausstattung jeder Wohnung ein Sicherheitsschloß gehöre und dies ihnen zudem zugesagt worden sei. Der Stab sei erforderlich, um das Küchenfenster zum Lüften öffnen zu können. Das Schloß hierfür befinde sich in einer Höhe von 2,40 m vom Fußboden aus gerechnet.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Das Gericht hat gemäß Beweisbeschluß vom 04.06.1987 Beweis erhoben durch Vernehmung der Kläger als Partei. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Vernehmungsniederschrift vom 09.07.1987 Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist nur teilweise begründet.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Den Klägern steht ein Anspruch gegen die Beklagten gemäß § 535 BGB auf Zahlung einer rückständigen Miete für den März 1987 in Höhe von 23,00 DM zu. Die Beklagten wiesen nicht nach, daß ihnen gemäß dem Mietvertrag ein Anspruch auf ein Sicherheitsschloß in ihrer Wohnungstür zusteht. Grundsätzlich kann der Mieter nur verlangen, daß die Wohnungstür abschließbar ist. Sofern dies seinen eigenen Sicherheitsbedürfnis nicht genügt, ist es ihm freigestellt, ein Sicherheitsschloß auf eigene Kosten anbringen zu lassen. Die Behauptung der Beklagten, daß die Kläger ihnen zusagten, vermieterseits ein Sicherheitsschloß zu stellen, ist nicht erwiesen. Beide Kläger stellten dies anläßlich ihrer Parteivernehmung in Abrede. Die Beklagten waren nicht berechtigt, die Miete um 10 % zu kürzen. Wegen des fehlenden Stabes zwecks Öffnen des Küchenfensters steht ihnen lediglich ein Kürzungsbetrag von 5 %, 23,00 DM zu. Unstreitig liegt die Öffnung des Küchenfensters in einer Höhe von 2,40 m, so daß diese Öffnung nicht bequem vom Stand aus bedient werden kann. Der fehlende Stab für das Küchenfenster stellt somit keine Sonderausstattung, sondern eine Grundausstattung dar, auf die die Beklagten zwecks ordnungsgemäßer Nutzbarkeit der Wohnung Anspruch haben. Gerade in der Küche ist ein dauerndes Lüften erforderlich, so daß der fehlende Stab zu einer 5 %igen Mietkürzung die Beklagten berechtigt.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Bezüglich der Feststellungsklage, war die Klage abzuweisen. Der vom Kläger begehrte Feststellungsantrag ist viel zu weitgehend. Ein Rechtsschutzbedürfnis dahingehend, daß festgestellt wird, daß die Beklagten überhaupt nicht berechtigt sind die Miete zu kürzen besteht nicht. Unabhängig von der Frage der hier gegenständlichen Mietminderungsmängel können sich gegebenenfalls diverse Mietmängel einstellen. Dem so gestellten Antrag konnte nicht entsprochen werden. Hinzu kommt, daß, wie bereits ausgeführt, ein Mietminderungsrecht der Beklagten in Höhe von 23,00 DM besteht.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO, die der vorläufigen Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Ziff. 11, 713 ZPO.</p>
|
315,449 | ag-essen-1987-07-30-132-c-8987 | {
"id": 657,
"name": "Amtsgericht Essen",
"slug": "ag-essen",
"city": 417,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 132 C 89/87 | "1987-07-30T00:00:00" | "2019-03-13T14:56:05" | "2019-03-27T09:43:05" | Urteil | ECLI:DE:AGE1:1987:0730.132C89.87.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 826,71 DM nebst 4 % Zinsen von 250,00 DM seit dem 16.03.1987 und von 576,21 DM seit dem 03.11.1986 zu zahlen.</p>
<p>Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p>Von den Gerichtskosten tragen die Kläger 66% und die Beklagten 34%.</p>
<p>Seine außergerichtlichen Kosten trägt der Kläger zu 72%, 28% tragen die Beklagten. Die Beklagten tragen 28% ihrer außergerichtlichen Kosten selbst, 72% trägt der Kläger.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Die Beklagten können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1.100,00 DM abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Tatbestand:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger macht Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend, der sich am 03.11.1986, gegen 17:00 Uhr auf der H-Straße in Essen zwischen dem in seinem Eigentum stehenden und zum Unfallzeitpunkt von ihm gesteuerten Kleinkraftrad und dem Pkw des Beklagten zu 1), der bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversichert ist, ereignet hat.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die H-Straße verfügt an der Unfallstelle über drei Spuren.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger fuhr auf der rechten Spur auf den Pkw des Beklagten zu 1) auf.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Bei diesem Unfall wurde er verletzt, er erlitt eine Mittelhandfraktur des 5. Mittelhandknochens links, eine Platzwunde am Schienbein und eine Schürfwunde am Schienbein. Ferner Prellungen am linken Unterschenkel. Der Gips an der Hand wurde nach fünf Wochen entfernt, danach musste der Kläger für eine Woche einen Stützverband tragen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Das Kleinkraftrad des Klägers, das einen Wiederbeschaffungswert von 1.400,00 DM hatte, erlitt bei dem Unfall einen Totalschaden.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Durch die Begutachtung entstandenen Kosten in Höhe von 251,36 DM.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Ferner wurde die Kleidung des Klägers beschädigt. Es entstanden Ummelde-Kosten in Höhe von 77,85 DM und Attest-Kosten in Höhe von 10,00 DM.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte zu 2) hat vorgerichtlich 1.500,00 DM gezahlt.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Kläger behauptet, dass er mit einer Geschwindigkeit von ca. 40 Stundenkilometer die rechte Spur der H-Straße befahren habe.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte sei mit seinem Pkw von der mittleren auf die rechte Spur übergewechselt, dabei habe er ihn geschnitten. Trotz einer sofort eingeleiteten Vollbremsung sei ihm nicht möglich gewesen, die Kollision zu vermeiden.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Kläger behauptet, dass an der von ihm zum Unfallzeitpunkt getragenen Lederjacke ein Schaden in Höhe von 200,00 DM entstanden sei, seine Hose habe einen Wert von 100,00 DM gehabt.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Auch sei sein Helm und seine Handschuhe zerstört worden. Diese hätte einen Wert von 239,00 DM bzw. 56,00 DM besessen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Ihm seien unfallbedingte Fahrtkosten in Höhe von 107,00 DM sowie Abschleppkosten in Höhe von 225,72 DM und Kreditkosten in Höhe von 39,78 DM entstanden.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Er hält ein Schmerzensgeld in Höhe von 2.500,00 DM für die von ihm erlittenen Verletzungen für angemessen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat den zunächst gestellten Freistellungsantrag zurückgenommen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Ferner haben die Parteien übereinstimmend den Rechtsstreit in Höhe von 982,50 DM für erledigt erklärt.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">19</span><ol class="absatzLinks"><li>die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld nebst 4% Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.</li>
<li>an ihn 974,81 DM nebst 8% Zinsen seit dem 03.11.1986 zu zahlen.</li></ol>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Sie behaupten, dass der Beklagte zu 1) vor dem Spurwechsel ordnungsgemäß geblinkt habe. Nach dem Spurwechsel sei er noch ca. 20 m gefahren, bis es zur Kollision gekommen sei.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Sie behaupten, dass auch der Kläger einen Spurwechsel vorgenommen habe.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Sie vertreten die Auffassung, dass für die vom Kläger erlittenen Verletzungen ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.000,00 DM angemessen sei.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Es wurde Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen Q, Q2, I2 und C, sowie der Zeugen J und B.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich der Beweisthemen wird auf die Beweisbeschlüsse vom 16.04. und 11.06.1987, hinsichtlich der Ergebnisse der Beweisaufnahme auf die Sitzungsniederschriften vom 19.05. und 09.07.1987 Bezug genommen. </p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist teilweise begründet.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><ol class="absatzLinks" type="I"><li>Dem Kläger steht gegen die Beklagten gem. §§ 7 Abs. 1, 17 StVG, § 3 Pflichtversicherungsgesetz ein Anspruch auf Ersatz seines weiteren Sachschadens in Höhe von 356,221 DM zu.</li></ol>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Beklagte zu 1) einen Spurwechsel vorgenommen hat, ohne auf den Vorrang des Klägers zu achten.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Der unbeteiligte Zeuge Q, der zum Unfallzeitpunkt die mittlere Spur befuhr, hat das Unfallgeschehen genau beobachtet, da ihm das Fahrzeug des Beklagten zu 1) bereits vor dem Unfall wegen eines unvorschriftsmäßigen Spurwechsels aufgefallen war.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Der Zeuge hat detailliert geschildert, dass der Beklagte zu 1) ein oder zwei Fahrzeuge vor ihm von der äußerst linken auf die mittlere Spur übergewechselt sei.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Er habe bemerkt, dass das Leichtkraftrad des Klägers rechts an ihm vorbeigefahren sei. In diesem Moment sei auch der Beklagte zu 1) mit seinem Pkw auf die rechte Spur rüber gezogen, seiner Meinung nach habe der Kläger keine Chance mehr gehabt, das Auffahren zu vermeiden.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Die Richtigkeit dieser Aussage wird durch die Aussage des ebenfalls unbeteiligten Zeugen Q2 bestätigt.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Dieser Zeuge, der mit seinem Pkw auf der rechten Fahrspur gefahren ist, hat bekundet, dass vor ihm auf der rechten Spur der Kläger mit seinem Leichtkraftrad gefahren sei.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte zu 1) sei von der mittleren Fahrspur vor dem Kläger auf die rechte Fahrspur übergewechselt, dabei habe er den Kläger geschnitten.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Der Fahrer des Fahrzeuges, in dem er Beifahrer war, habe noch eine Vollbremsung vornehmen müssen, um nicht den nach dem Unfall gestürzten Kläger zu überfahren.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Die Aussagen der übrigen Zeugen sind nicht geeignet, begründete Zweifel an den Aussagen der Zeugen Q und Q2 zu wecken.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Der Zeuge I2 hat bei seiner Vernehmung einräumen müssen, dass er dem Verkehrsgeschehen keine besondere Aufmerksamkeit geschenkt hat.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Der Zeuge C hat zwar bekundet, dass der Beklagte zu 1) 20 m auf der rechten Spur gefahren sei, bis es zum Unfall gekommen sei. Das Gericht hält diese Schätzung aber für unzuverlässig. Zu berücksichtigen ist dabei insbesondere, dass der Zeuge keine Veranlassung hatte, vor dem Unfall genau auf der Länge der zurückgelegten Strecke zu achten, so dass es insbesondere in einem Tunnel außerordentlich schwer sein dürfte, auch nur halbwegs genaue Schätzungen der zurückgelegten Strecke abzugeben.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Auch die Aussage des Zeugen P ist nicht geeignet, Bedenken an der Richtigkeit der Aussage der Zeugen Q und Q2 zu wecken.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Dieser Zeuge konnte lediglich bekunden, dass er gesehen habe, dass ein Mofa auf einen Pkw aufgefahren sei und er das Mofa vor dem Unfall nicht wahrgenommen habe.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Der Zeuge B hingegen hat bekundet, dass er wahrgenommen habe, dass der Kläger hinter dem Beklagten zu 1) einen Spurwechsel vorgenommen habe und dann auf das Fahrzeug des Beklagten zu 1) aufgefahren sei.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Das Gericht hat jedoch der Aussage des Zeugen B keinen Glauben geschenkt. Unter Zugrundelegung dieser Unfalldarstellung wäre es schwer erklärlich, dass es überhaupt zu einer Kollision zwischen den beiden Fahrzeugen gekommen ist.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Denn wenn der Kläger wirklich hinter dem Fahrzeug des Beklagten zu 1) gefahren wäre und auch hinter ihm den Spurwechsel vorgenommen hätte, wäre es insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Beklagte zu 1) unstreitig seine Fahrt auf der rechten Fahrspur nicht durch eine Bremsung verlangsamt hat, unerklärlich, aus welchem Grunde der Kläger das Fahrzeug des Beklagten zu 1) hätte übersehen sollen.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Denn auch wenn die Lichtverhältnisse im Tunnel nicht besonders gut sind, so kann doch ein Verkehrsteilnehmer einen vor ihm fahrenden Pkw schwerlich übersehen.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Angesichts der durch ein Verschulden erhöhten Betriebsgefahr des Fahrzeugs des Beklagten zu 1) tritt die Haftung des Klägers für die einfache Betriebsgefahr seines Fahrzeugs zurück, so dass der Kläger Ersatz von 100 % des ihm entstandenen Sachschadens verlangen kann.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Er kann damit Ersatz des ihm entstandenen Fahrzeugschadens in Höhe von </p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">1.400,00 DM, der Sachverständigenkosten in Höhe von 251,36 DM, der Ummelde Kosten in Höhe von 77,85 DM und der Attest Kosten in Höhe von 10,00 DM verlangen.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich der an seiner Bekleidung erlittenen Schäden kann er nur Ersatz des insoweit von den Beklagten der Höhe nach anerkannten Schadens in Höhe von 400,00 DM verlangen. Denn der Kläger hat nicht vorgetragen, wie die Beschädigungen an seinem Helm und den Handschuhen ausgesehen haben. Auch widerspricht es der Lebenserfahrung, dass insbesondere ein Helm bei einem Unfall, bei dem der Kläger nach den vorgelegten Attesten jedenfalls keine Schädelverletzung erlitten hat, zerstört sein soll.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Auch unfallbedingte Fahrtkosten kann der Kläger nur in Höhe der anerkannten</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">50,00 DM geltend machen, da insoweit nicht vorgetragen ist, wie sich die geltend gemachten 107,00 DM errechnen.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Auch die Abschleppkosten stehen dem Kläger nur in Höhe der anerkannten </p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">120,00 DM zu.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Denn er hat nicht vorgetragen, inwieweit es erforderlich war, sein beschädigtes Leichtkraftrad zweimal abschleppen zu lassen.</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Kreditkosten stehen dem Kläger nicht zu, da er keinen Beweis dafür angeboten hat, dass er tatsächlich einen Unfallkredit in Anspruch genommen hat.</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Damit verbleibt insgesamt ein ersetzungsfähiger Sachschaden in Höhe von</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">2.309,21 DM.</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Hierauf hat die Beklagte zu 2) 75% geleistet, so dass ein Restschadensanspruch in Höhe von 577,30 DM verbleibt.</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Der Zinsanspruch steht dem Kläger gem. §§ 284, 286, 288 Abs. 1 BGB auch insoweit nur in Höhe von 4% zu, da er für einen weitergehenden Schaden im Sinne des § 288 Abs. 2 BGB nichts vorgetragen hat.</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Gem. §§ 823, 847 BGB, 3 Pflichtversicherungsgesetzt steht dem Kläger ein weiterer Schmerzensgeldanspruch in Höhe von 250,00 DM zu.</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Das Gericht hält ein Schmerzensgeld von insgesamt 1.000,00 DM für die vom Kläger erlittenen Verletzungen für angemessen.</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Dabei ist berücksichtigt worden, dass die Verletzung an der Hand nach sechs Wochen folgenlos verheilt war. Auch war eine stationäre Behandlung des Klägers nicht erforderlich, so dass unter Berücksichtigung der Rechtsprechung in ähnlich gelagerten Fällen ein Schmerzensgeld von insgesamt 1.000,00 DM ausreichend war.</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Der Zinsanspruch steht dem Kläger insoweit gem. §§ 284, 286, 288 Abs. 1 BGB zu.</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 269 Abs. 3 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf </p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">§§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.</p>
|
315,450 | lg-bonn-1987-07-23-6-s-13387 | {
"id": 804,
"name": "Landgericht Bonn",
"slug": "lg-bonn",
"city": 394,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 6 S 133/87 | "1987-07-23T00:00:00" | "2019-03-13T14:56:06" | "2019-03-27T09:43:05" | Urteil | ECLI:DE:LGBN:1987:0723.6S133.87.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Siegburg vom 17. Februar 1987 – 7 C 425/85 - wie folgt abgeändert:</p>
<p>Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.053,35 DM nebst 4 % Zinsen aus 2.900,-- DM  seit dem 22. Juni 1961, aus 649,09 DM seit dem 10. September 1985 und aus 504,26 DM seit dem 07. Januar 1986 zu zahlen.</p>
<p>Die weitergehende Klage wird abgewiesen.</p>
<p>Berufung und Anschlussberufung im Übrigen werden zurückgewiesen.</p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt der Kläger zu 48 %, der Beklagte zu 52 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger zu 60 %, dem Beklagten zu 40 % auferlegt, mit Ausnahme der Urteilsgebühren, die der Kläger zu 28 % und der Beklagte zu 72 % tragen.</p>
<p>Ohne Tatbestand gemäß § 543 Abs. 1 ZPO.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"> Entscheidungsgründe :</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Berufung, mit der der Beklagte  die amtsgerichtliche Entscheidung insoweit angreift, als er zur Zahlung des Mietzinses für die Monate April bis einschließlich Juni 1985 (1.800,-- DM) sowie zum Schadensersatz  wegen Beschädigung von Fassadenplatten des Hauses infolge der Anbringung und des Herabstürzens eines Vogelhäuschens (645, -- DM) verurteilt worden ist, ist teilweise begründet.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Das gleiche gilt für die Anschlussberufung des Klägers, die sich gegen die Versagung des Anspruchs aus der Nebenkostenabrechnung 1985 (210,90 DM) sowie der Heizkostenabrechnung 1984/85 (530,16 DM) wendet.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger steht ein Anspruch aus positiver Vertragsverletzung in Höhe von 645,-- DM wegen Beschädigung der Außenisolierung seines Hauses durch Anbringung eines Vogelhäuschens sowie Herabstürzen desselben nicht zu.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Nach dem Ergebnis der in erster Instanz durchgeführten Beweisaufnahme hat der Kläger die Richtigkeit seines Vortrages durch die Aussage seiner Ehefrau nicht zu beweisen vermocht. Aus der Aussage der Zeugin A ergibt sich nicht, daß der Beklagte zur Befestigung des Vogelhäuschens - wie der Kläger behauptet - in den Isolierplatten der Außenfassade gebohrt hat, Der Vortrag des Beklagten für die Anbringung sei ein bereits vorhandenes Loch in eine Fassadenplatte benutzt worden, ist von dem für die seinen Anspruch stützenden Tatsachenbehauptungen beweispflichtigen Vorbringen mithin nicht widerlegt worden. Auch hat die Zeugin nicht bekundet, daß sie das Herabfallen des Vogelhäuschens und die hierbei erfolgte Beschädigung der tiefer gelegenen Fensterbank beobachtet habe.  Der Kläger hat in der Berufungsinstanz insoweit auf Befragen ausdrücklich klargestellt, dass die Beschädigung der Fensterbank eine reine Schlussfolgerung daraus sei, dass man das Vogelhäuschen auf dem Boden gefunden habe.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Dies reicht nach Auffassung der Kammer für die Annahme der Beschädigung der Fensterbank gerade durch den Sturz des Vogelhäuschens nicht aus, zumal aus den vorgelegten Fotos keine Beschädigung der fraglichen Fensterbank derart ersichtlich ist, dass andere mögliche Schadensursachen von vornherein auszuschließen wären.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Demgegenüber ist die Kammer im Ergebnis wie das Amtsgericht der Auffassung, daß dem Kläger auch für die Monate April  bis einschließlich Juni 1985 der geltend gemachte Mietzinsanspruch aus § 535 Satz 2 BGB zusteht. Der Beklagte konnte mit Schreiben vom 27. Januar 1985 firstgerecht nur zum 30. Juni 1985 die Kündigung des Mietverhältnisses aussprechen, da für die Berechnung der Kündigungsfrist nach § 565 Abs. 2 BGB die gesamte Wohnzeit des Beklagten im Hause des Klägers seit dem 01. Dezember 1979 zu berücksichtigen ist.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Bei einem Wohnungswechsel des Mieters innerhalb des Hauses ist es streitig, ob sich die Dauer der Überlassung nach der Besitzzeit der letzten zu kündigenden Wohnung richtet (vgl. LG Düsseldorf ZMR 1969, 243; 310; AG Düsseldorf MDR 1968, 846; AG Dortmund MDR  1964, 923; AG Hamburg MDR 1970, 240; Palandt-Putzo, BGB, 46. Auflage, § 565 Anm. 2 b) aa); Münchner Kommentar-Voelskow, BGB, § 565 Rdz. 17) oder ob die gesamte Mietzeit in dem Hause unabhängig von der jeweiligen Wohnung maßgebend ist (vgl. LG Kaiserslautern ZMR 1970, 184; AG Oberhausen ZMR 1965, 248; AG Kassel ZMR 1966, 48; Schmidt-Futterer/Blank, Wohnraumkündigungsschutzgesetze, 4. Auflage, Rdz. B 649; Sternel, Mietrecht, 2. Auflage, RDz. IV 25; Bodie ZMR 1966, 244 f) Dabei kann allerdings dahinstehen, ob vorlegend ein neuer, Mietvertrag zwischen den Parteien begründet oder lediglich der Leistungsinhalt des alten Mietvertrages ausgetauscht worden ist; denn § 565 Abs. 2 BGB stellt nicht auf den Zeitpunkt des Abschlusses eines bestimmten Vertrages, sondern auf die Überlassung „des Wohnraums“, also auf den tatsächlichen Vorgang der Besitzeinräumung ab.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Wortlaut des § 565 Abs. 2 BGB spricht- zwar für die zuerst genannte Meinung; denn hiernach kommt es auf die Überlassung  „des“ Wohnraums an, womit nur der zu kündigende Wohnraum gemeint sein kann. Da der  Gesetzgeber den Fall des Wohnungswechsels eines Mieters im gleichen Hause offensichtlich nicht bedacht hat, liegt eine Regelungslücke vor, die unter Berücksichtigung des Zwecks der gestaffelten Kündigungsfristen des § 565 aus. 2 BGB und der zwischen den Parteien bestehenden Interessenlage zu schließen ist. Die Schutzvorschriften des § 565 Abs. 2 BGB beruhen darauf, daß der Mieter sich im Laufe der Jahre ganz auf seine Wohnung eingestellt und diese zum Mittelpunkt seiner Lebensverhältnisse gemacht hat. Dieser sogenannte „Heimgedanke“ erschöpft sich jedoch nicht in dem nur tatsächlichen Besitz an der Wohnung. Er ist auch Auswirkung der Rechtsbeziehungen zwischen Mieter und Vermieter. Auch kann nicht unberücksichtigt bleiben, daß bei einem Umzug im Hause die Umgebung für den Mieter dieselbe bleibt und er nach wie vor im selben Umfang wie zuvor das Haus und dessen Einrichtungen (Keller, Speicher etc.) benutzen kann. Der Umzug innerhalb desselben  Hauses bedeutet für den Mieter keinen Bruch bestehender Bindungen; die bisherigen Beziehungen werden vielmehr kontinuierlich fortgesetzt (vgl. Schmidt-Futterer/Blank  a.a.O.). Eine sachgerechte Lösung sieht die Kammer deswegen nur darin, dass ein Wohnungswechsel innerhalb desselben Hauses bei der Berechnung der Kündigungsfrist nach § 565 Abs. 2 BGB ohne Bedeutung ist. Dies gilt allerdings - wie auch im Übrigen die Regelung des § 565 Abs. 2 BGB - gleichermaßen für beide Parteien des Mietvertrages und nicht nur – wie der Beklagte meint zu Gunsten des Mieters.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger stehen mithin auch die Mieten für die Monate April, Mai und Juni 1985 noch zu.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Anschlussberufung hat nur insoweit Erfolg, als der Kläger aus der Heizkostenabrechnung 1984/85 die Zahlung eines Betrages von 504,26 DM  von dem Beklagten verlangen kann; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die vorgenannte Heizkostenabrechnung ist ordnungsgemäß erstellt und inhaltlich nicht zu beanstanden. Die Berechnung der Gradtagsanteile begegnet im Hinblick auf den zutreffend zu Grunde gelegten Abrechnungszeitraum keinen Bedenken. Auch hat der Kläger entgegen der Behauptung des Beklagten Stromkosten nicht doppelt, sowohl in der Heizkostenabrechnung als auch in der Abrechnung des Allgemeinstroms berechnet; der in der Heizkostenabrechnung aufgeführte Betrag von 203,04 DM entspricht der Hälfte des in der Jahresabrechnung des S vom 29. September 1985 enthaltenen Betrages von insgesamt 407,08 DM. Abzuziehen von dem in der Heizkostenabrechnung ausgeworfenen Endbetrag von 1.354,26 DM sind allerdings insgesamt fünf Heizkostenvorauszahlungen des Beklagten in Höhe von 170,-- DM, d. h. insgesamt 850,-- DM, so dass ein von dem Beklagten noch zu zahlender Betrag von 504,26 DM verbleibt. Denn den in der Abrechnung berücksichtigten Heizkostenvorauszahlungen des Beklagten für die Monate November und Dezember 1984 sowie Januar 1985 sind die vom Amtsgericht rechtskräftig dem Kläger zuerkannten Vorauszahlungen für die Monate Februar und März 1985 hinzuzurechnen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Eine Forderung aus der Nebenkostenabrechnung 1985 hat der Kläger demgegenüber auch in der Berufungsinstanz nicht schlüssig dargetan. Der geltend gemachte Betrag von 210,90 DM ist für die Kammer nicht nachvollziehbar, da eine Nebenkostenabrechnung nicht vorgelegt worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die Zinsen beruht, auf § 291 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung rechtfertigt sich aus §§ 92 Abs. 1, 515 Abs. 3 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Streitwert für das Berufungsverfahren ( Berufung 2.445,-- DM + Anschlussberufung 3.276,03 DM):</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Bis zur teilweisen Rücknahme der Anschlussberufung: 5.721,03 DM</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Danach: 3.175,16 DM (Berufung 2.445,-- DM + Anschlussberufung 730,16 DM)</p>
|
315,451 | lg-dortmund-1987-07-15-8-akte-186 | {
"id": 806,
"name": "Landgericht Dortmund",
"slug": "lg-dortmund",
"city": 407,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 8 AktE 1/86 | "1987-07-15T00:00:00" | "2019-03-13T14:56:08" | "2019-03-27T09:43:05" | Beschluss | ECLI:DE:LGDO:1987:0715.8AKTE1.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Anträge der Antragsteller zu 1) bis 4) vom 21. August und </p>
<p>08. September 1986 werden zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.</p>
<p></p>
<p>Ihre außergerichtlichen Kosten tragen die Beteiligten selbst.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>G r ü n d e </u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Antragsgegnerin ist eine 100 %-ige Tochtergesellschaft der L GmbH und Rechtsnachfolgerin der L Bauplanung GmbH. Gegenstand des Unternehmens ist gem. § 2 des Gesellschaftsvertrages in der Fassung vom 25. März 1980 der Handel mit Grundstoffen, Agrarprodukten, Kunststoffen, festen und flüssigen Kraft- und Brennstoffen sowie mit Eisen, Stahl, Schrott, Halb- und Fertigerzeugnissen, mit Metallen und damit verbundener Aufbereitungs-, Veredelungs- und Fertigungsverfahren sowie Kundendienste. Zwischen der L GmbH und der Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin wurde unter dem 2. Februar 1976 ein Organschafts- und Gewinnabführungsvertrag geschlossen, der bis heute Gültigkeit hat. Die Antragstellerinnen zu 1) und 4) sind im Unternehmen der Antragsgegnerin vertreten Gewerkschaften mit eigenem Vorschlagsrecht gem. § 16 Abs. 2 Mitbestimmungsgesetz. Die Antragsteller zu 2) und 3) sind Mitglieder des Aufsichtsrates der Antragsgegnerin. Am 26.04.1983 erfolgte die Wahl der Arbeitnehmervertreter des Aufsichtsrates nach dem Mitbestimmungsgesetz 1976. Ihre Amtszeit endet Mitte 1988.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Am 06.08.1986 ließ der Vorstand der Antragsgegnerin im Bundesanzeiger eine Bekanntmachung veröffentlichen, wonach seiner Ansicht nach der Aufsichtsrat der Antragsgegnerin nicht mehr nach dem Mitbestimmungsgesetz ´76, sondern künftig nach § 77 des Betriebsverfassungsgesetzes 1952 zusammenzusetzen sei. Als Begründung hierzu gab er an, dass durch die rechtliche Verselbständigung mehrerer Betriebsabteilungen die Zahl der Mitarbeiter nachhaltig und erheblich unter die Anzahl von 2.000 gesunken sei.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Hiergegen wenden sich die Antragsteller zu 1) bis 3) mit ihren Anträgen vom 21.8.1986 - eingegangen bei Gericht am 29.8.1986 - und die Antragstellerin zu 4) mit ihrem noch am selben Tage eingegangenen Antrag vom 8.9.1986. Sie sind der Ansicht, dass der Aufsichtsrat auch künftig nach dem Mitbestimmungsgesetz ´76 zusammenzusetzen sei. Die Antragsgegnerin übe die Leitungsmacht über die vier rechtlich verselbständigten Betriebsbereiche - L Handel Haustechnik GmbH, L Handel Metall und Rohr GmbH, X Wärmetechnik Kundendienst GmbH, L Energiehandel GmbH sowie die weiteren Tochtergesellschaften Q Verkehrs GmbH und I Rohstoffe GmbH aus. Mit diesen zusammen bilde sie einen sogenannten "Teilkonzern" innerhalb des L -Konzerns, dessen Leitungsmacht gegenüber der Antragsgegnerin und den ihr nachgeordneten Unternehmen beschränkt sei. Dies sei schon aus dem Umstand ersichtlich, dass lediglich zwei Vorstandsmitglieder der L GmbH dem Aufsichtsrat der Antragsgegnerin angehörten. Darüber hinaus vertreibe die Antragsgegnerin zahlreiche, nicht von der L GmbH hergestellte "Fremdprodukte". Die Muttergesellschaft verfüge überhaupt nicht über das notwendige Fachpersonal für Einkauf und Verkauf dieser Produkte, um insoweit Kontroll- und Leitungsfunktionen ausüben zu können. Die Verselbständigung der Betriebsbereiche habe im übrigen, wie aus Aufsichtsratsprotokollen und Presseerklärungen des Vorstandsvorsitzenden der Obergesellschaft hervorgehe, nicht zuletzt dazu gedient, zu dokumentieren, dass die Konzernunternehmen selbständig und für das laufende Geschäft und das daraus erwirtschaftete Ergebnis voll verantwortlich seien, woraus zugleich die nur eingeschränkte Leitungsmacht der Obergesellschaft deutlich werde. Die Beschäftigtenzahl sämtlicher sieben Unternehmen habe zum 31.7.1986 etwa 2.058 betragen, so dass das Mitbestimmungsgesetz ´76 Anwendung finde.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Antragsteller beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">festzustellen,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">dass der Aufsichtsrat der Antragsgegnerin auch weiterhin nach dem Mitbestimmungsgesetz ´76 zusammenzusetzen ist.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Antragsgegnerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Anträge zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Zur Begründung verweist sie auf den mit der L GmbH geschlossenen Organschafts- und Gewinnabwehrungsvertrag. Aufgrund dieses Vertrages sowie durch die innerhalb des L -Konzerns geltenden Allgemeinen Richtlinien und besonderen Weisungen, die gem. § 1 der Geschäftsordnung für den Vorstand der L Handel GmbH auch für diesen Gültigkeit hätten, übe die Muttergesellschaft tatsächlich ihre Leitungsmacht über die konzernangehörigen Unternehmen aus und habe diese auch nicht in Teilbereichen auf sie - die Antragsgegnerin - übertragen. Daneben werde unter anderem durch eine einheitliche Finanzpolitik, jährliche Planungsrunden für die kurz- und mittelfristige Unternehmensplanung, strategische Planungsrunden mit vereinbarten Zielsetzungen pro strategische Geschäftseinheit, jährliche Bilanzbesprechungen, monatliche Controlling-Berichte etc. ausreichend deutlich, dass die L GmbH ihre Konzernleitungsmacht ausübe.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Im übrigen habe die Gesamtbeschäftigtenzahl ihrer - der Antragsgegnerin - Unternehmen per 31.03.1987 lediglich 1.864 betragen und werde sich Ende 1987 voraussichtlich auch nur auf 1.870 belaufen. Mit Wirkung vom 31.12.1986/1.1.1987 sei sie an der X Wärmetechnik Kundendienst GmbH nur noch mit 50 % der Anteile beteiligt. Da Unternehmensverträge dieser GmbH mit ihr oder anderen Unternehmen des L -Konzerns nicht bestünden, könnten ihr die Beschäftigten der Kundendienst GmbH mitbestimmungsrechtlich ohnehin nicht zugerechnet werden.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">1) Der Antrag der Antragstellerin zu 4) ist unzulässig, da er nicht innerhalb der Frist des § 97 Abs. 1 Satz 3 AktG gestellt wurde. Die Bekanntmachung des Vorstandes der Antragsgegnerin wurde am 6.8.1986 im Bundesanzeiger veröffentlicht. Die Antragsfrist von 1 Monat ab Bekanntmachung im Bundesanzeiger endete daher mit Ablauf des 6.9.1986. Der Antrag der Antragstellerin zu 4) ist aber erst nach Fristablauf am 8.9.1986 bei Gericht eingegangen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">2) Die Anträge der Antragsteller zu 1) bis 3) sind zulässig (§§ 1 Abs. 1, 6 Abs. 1 und 2 MitbestG, 97 ff AktG), aber in der Sache nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Antragsberechtigung der Antragstellerin zu 1) ergibt sich aus §§ 98 Abs. 2 Ziff. 8 AktG in Verbindung mit § 16 Abs. 2 MitbestG ´76, die der Antragsteller zu 2) und 3) als Aufsichtsratsmitglieder aus § 98 Abs. 2 Ziff. 2 AktG. </p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die begehrte Feststellung konnte jedoch nicht getroffen werden, da der Aufsichtsrat der Antragsgegnerin nicht mehr nach den Bestimmungen des Mitbestimmungsgesetzes vom 4.5.1976, sondern gem. § 77 des Betriebsverfassungsgesetzes vom 11.10.1952 zusammenzusetzen ist. Die Anzahl der in den sechs der Antragsgegnerin nachgeordneten Unternehmen Beschäftigten können den bei der Antragsgegnerin selbst beschäftigten etwa 770 Mitarbeitern unter mitbestimmungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht hinzugerechnet werden. </p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Zwar hält die Kammer mit einer in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Ansicht § 5 des Mitbestimmungsgesetzes ´76 grundsätzlich auch auf ein Unternehmen innerhalb eines Konzern für anwendbar, sofern dieses Unternehmen selbständige unternehmerische Entscheidungen treffen darf und die Konzernspitze ihre zentrale Leitungsmacht insoweit in vollem Umfang abgegeben hat (vgl. OLG Zweibrücken, DB, 84, 107, OLG Düsseldorf, DB 79, 699, OLG Frankfurt, WM 87, 237, Gessler, BB 77, 1313 jeweils m.w.N.). Dies folgt aus dem Zweck des § 5 Abs. 1 Mitbestimmungsgesetz, die institutionelle Beteiligung der Arbeitnehmer an der unternehmerischen Entscheidungsfindung zu erhalten und auch dort zu gewährleisten, wo im Verbund mehrerer Unternehmen ein Unternehmen für ein anderes Unternehmen mitbestimmungsbedürftige Entscheidungen trifft (vgl. auch BAG, DB 81, 895 f zu § 54 BetrVG 72). Sofern die Konzernobergesellschaft einem an sich abhängigen Unternehmen die selbständige Leitung anderer Konzern – oder deren eigener Tochtergesellschaften überlässt, sind gem. § 5 Abs. 1 MitbestG die Arbeitnehmer dieser Tochtergesellschaften ihrer sogenannten "Zwischen-Obergesellschaft" zuzurechnen, da anderenfalls die Mitbestimmung wegen der vielfältigen Möglichkeiten der Konzernorganisation nicht uneingeschränkt gewährleistet wäre (vgl. OLG Düsseldorf, a.a.O., 699, 700, m.w.N.). </p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Im vorliegenden Fall kann jedoch die Antragsgegnerin nicht als beherrschendes Unternehmen im Sinne von § 5 Abs. 1 MitbestG angesehen werden. Es ist nicht erkennbar, dass die L GmbH als konzernleitende Gesellschaft ihre zentrale Leitungsbefugnis an die Antragsgegnerin abgegeben hat und diese nunmehr ihrerseits völlig selbständig die weiteren nachgeordneten Unternehmen leitet. Die Antragsgegnerin ist nicht nur lose, sondern rechtlich über den Organschafts- und Gewinnabführungsvertrag vom 2.2.1976 mit der L GmbH verbunden und bereits hierdurch in ihren Leitungs- und Entscheidungsbefugnissen eingeschränkt. </p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">In Rechtsprechung und Literatur wird schon allein das Bestehen eines Beherrschungsvertrages im Sinne von § 291 AktG, dem der vorliegende zwischen zwei Gesellschaften mit beschränkter Haftung geschlossene Vertrag gleichkommt, zumindest als Indiz gegen eine von der Konzernspitze übertragene Leitungsmacht der "Zwischen-Obergesellschaft" angesehen, wenn nicht gar eine solche Übertragung im Fall eines Beherrschungsvertrages gänzlich für ausgeschlossen gehalten wird (vgl. OLG Zweibrücken a.a.O., OLG Frankfurt a.a.O., Gessler a.a.O. Seite 1317 f). Ob allein die Existenz eines Beherrschungsvertrages in jedem Falle die Ausübung von Leitungsmacht durch das abhängige Unternehmen ausschließt, mag dahinstehen. Die Antragsgegnerin ist zumindest durch die innerhalb des L -Konzerns geltenden Richtlinien und Weisungen erheblich in ihrer Entscheidungsmacht eingeschränkt. So bedarf unter anderem gem. Ziffer 1 der Richtlinien (Blatt 121 bis 124 d. A.) gerade die Mitwirkung der Antragsgegnerin bei Beschlussfassungen in Gesellschafterversammlungen und Aufsichtsratssitzungen von <u>nachgeordneten Konzern-Unternehmen</u> und von wesentlichen Beteiligungen der Konzern-Unternehmen über Satzungsänderungen, Erlass und Änderung von Gesellschaftsordnungen, Feststellung von Jahresabschlüssen und Ergebnisverwendung sowie Entlastung jeweils der Zustimmung des Vorstandes der L GmbH. </p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Bereits hieraus wird deutlich, dass die Antragsgegnerin keine uneingeschränkte Konzernleitungsmacht über ihre Tochterunternehmen ausüben kann. Darüber hinaus sind zahlreiche wesentliche Geschäftsvorfälle, wie etwa bestimmte Verkaufsverträge und Großgeschäfte (Ziff. 7 der Richtlinien), Grundstücksgeschäfte (Ziff. 10, 11), das Verhalten in Rechtsstreitigkeiten (Ziff. 12, 13) und die sonstigen unter Ziff. 1 bis 20 aufgeführten Angelegenheiten, von der Zustimmung und der Abstimmung mit der Konzernleitung abhängig. </p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Soweit Geschäftsvorfälle nicht bereits in den Ziff. 1 bis 20 ausdrücklich genannt sind, unterliegen sie gem. Ziff. 2 insoweit der Zustimmungspflicht, als sie auch der Zustimmung des Aufsichtsrates der Antragsgegnerin bedürfen, da die Konzernleitung hierin wiederum durch zwei Vorstandsmitglieder vertreten ist. Über diese Richtlinie gewinnt somit letztlich auch die von der Antragsgegnerin überreichte Geschäftsordnung für ihren Vorstand, die unmittelbar nur dessen Verhältnis zum Aufsichtsrat regelt, Bedeutung für das Verhältnis der Antragsgegnerin zur L GmbH. Dass die innerhalb des L -Konzerns geltenden Richtlinien für die Antragsgegnerin bindend sind, ergibt sich bereits aus § 1 des Organschafts- und Gewinnabführungsvertrages, in Erfüllung dessen die Antragsgegnerin durch Gestaltung der Geschäftsordnung für ihren Vorstand (§ 1 Abs. 4) diesen zur Beachtung der Richtlinien verpflichtet. Dass die L GmbH auch weiterhin ihre Konzernleitungsmacht ausübt, ergibt sich ferner aus den von der Antragsgegnerin in ihrem Schriftsatz vom 13.10.1986 (Blatt 18 f. der Akten) geschilderten regelmäßigen Abstimmungen in der Finanzpolitik und den sonstigen unternehmenspolitischen Planungen und Entscheidungen sowie den hierzu eingerichteten Führungsinstrumenten. </p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Demgegenüber vermögen die von den Antragstellern angeführten Gesichtspunkte – entsprechende Äußerungen des Vorstandsvorsitzenden in der Presse, Auszüge aus Aufsichtsratsprotokollen, Struktur des Waren- und Dienstleistungsangebotes – nicht zu belegen, dass die Antragsgegnerin selbst übertragene Konzernleitungsmacht ausübt. Dass die Antragsgegnerin Produkte vertreibt, die nicht im L Konzern hergestellt werden und allein über das für den Ein- und Verkauf erforderliche Fachpersonal verfügt, belegt noch nicht, dass die Konzernleitung nicht mehr ihre Leistungsbefugnisse ausüben könnte und auch tatsächlich nicht ausübt. </p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Eine solche Spezialisierung bzw. Aufgabenverteilung innerhalb eines Konzerns ist durchaus üblich und führt nicht zum Verlust der Konzernleitungsmacht des führenden Unternehmens (vgl. OLG Zweibrücken a.a.O., Seite 108). Auch die mit der Verselbständigung der zuvor unselbständigen Betriebsabteilungen beabsichtigte Stärkung der Eigenverantwortlichkeit der konzernangehörigen Unternehmen stellt kein Indiz für die Aufgabe oder Übertragung der Leitungsmacht von der Konzernspitze auf die Antragsgegnerin dar. </p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die von der Antragsgegnerin überreichten Unterlagen sowie die geschilderten tatsächlichen Abstimmungen und Führungsmechanismen belegen, dass die L GmbH nach wie vor ihre Konzernleitungsmacht ausübt und diese nicht an die Antragsgegnerin abgegeben hat. Die Antragsteller können dem nicht lediglich mit dem Hinweis begegnen, aus den Unterlagen ergebe sich letztlich nur die Möglichkeit der Beherrschung durch die L GmbH, ohne dass daraus auch die Ausübung von Leitungsmacht zu erkennen sei. Die überreichten Richtlinien sind eindeutig. Allein aus den verschiedenen Druckdaten auf den als Anlage 4 zum Schriftsatz vom 14.4.1987 überreichten Kopien (Januar 1985, Juli 1986) kann nicht geschlossen werden, die Antragsgegnerin überreiche lediglich vorgetäuschte, in Wahrheit nicht existierende Richtlinien zum Zwecke der Verfahrensbeeinträchtigung. Auch aufgrund des geltenden Amtsermittlungsgrundsatzes ist das Gericht nicht zu einer weiteren Sachaufklärung angehalten, da die Antragsteller bislang nicht einmal annähernd substantiiert die von der Antragsgegnerin geschilderten Abstimmungen mit der Konzernspitze und die vorhandenen Führungsinstrumente in Abrede gestellt haben, obschon ihnen dies aufgrund ihrer Vertretung im Aufsichtsrat durchaus möglich erscheint.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Konzernleitungsmacht im Sinne von § 5 MitbestG wird von der Antragsgegnerin nicht ausgeübt, so dass eine Zurechnung der Arbeitnehmerzahlen der übrigen Gesellschaften zu den Beschäftigten der Antragsgegnerin nicht in Betracht kommt. Die Frage, ob aufgrund der nur noch 50 %-igen Beteiligung der Antragsgegnerin an der X Wärmetechnik Kundendienst GmbH deren Arbeitnehmer überhaupt der Antragsgegnerin zugerechnet werden könnten und ob dann die Zahl von 2.000 Beschäftigten erreicht würde, kann letztlich dahinstehen.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 1 Abs. 1, 6 Abs. 1 und 2 MitbestG ´76 in Verbindung mit § 99 Abs. 6 AktG. Gründe dafür, aus Billigkeitsgesichtspunkten die Kosten den Antragstellern aufzuerlegen, sind nicht gegeben.</p>
|
315,452 | lg-dortmund-1987-07-14-8-o-11587 | {
"id": 806,
"name": "Landgericht Dortmund",
"slug": "lg-dortmund",
"city": 407,
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"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 8 O 115/87 | "1987-07-14T00:00:00" | "2019-03-13T14:56:10" | "2019-03-27T09:43:05" | Urteil | ECLI:DE:LGDO:1987:0714.8O115.87.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beklagte wird verurteilt, unter</p>
<p>Androhung eines Ordnungsgeldes in Höhe</p>
<p>von 50.000,00 DM für jeden Fall des</p>
<p>Zuwiderhandelns die Verwendung folgender</p>
<p>und diesen inhaltsgleichen Klauseln in</p>
<p>Allgemeinen Geschäftsbedingungen,</p>
<p>ausgenommen gegenüber einem Kaufmann im</p>
<p>Rahmen seines Handelsgewerbes zu</p>
<p>Unterlassen:</p>
<p></p>
<p>In Bezug auf: Heimverträge</p>
<p></p>
<p>1) Das Entgelt ändert sich durch</p>
<p>vorübergehende Abwesenheit des Heim-</p>
<p>bewohners nicht;</p>
<p></p>
<p>2) ...</p>
<p></p>
<p>3) Die Heimordnung in der jeweils</p>
<p>gültigen Fassung ist Bestandteil dieses</p>
<p>Heimvertrages.</p>
<p></p>
<p></p>
<p>4) Das Heim übernimmt eine Haftung gem.</p>
<p>§ 690 BGB für eingebrachte Wert- und</p>
<p>Sohmuckgegenstände sowie Geldbeträge nur</p>
<p>Insoweit, als diese der Verwaltung gegen</p>
<p>Quittung zur Aufbewahrung ausgehändigt</p>
<p>werden.</p>
<p></p>
<p>5) Für Schäden, die der Heimbewohner,</p>
<p>seine Gäste und von ihm beauftragte</p>
<p>Personen in und am Heim verursachen, ist</p>
<p>Schadensersatz zu leisten.</p>
<p></p>
<p>6) Dieser Vertrag kann beiderseits</p>
<p>jeweils 4-wöchentlich zum Monatsende</p>
<p>gekündigt werden.</p>
<p></p>
<p>7) Das berührt nicht die Pflegesätze,</p>
<p>die täglich kündbar sind und u.U.</p>
<p>rückwirkend erhöht werden können.</p>
<p></p>
<p>8) Dieser Vertrag kann vom Heim ohne</p>
<p>Einhaltung einer Frist gekündigt werden,</p>
<p>wenn der Heimbewohner mit der Zahlung</p>
<p>von Pflegekosten für zwei aufein-</p>
<p>anderfolgende Termine in Höhe eines</p>
<p>monatlichen Pflegesatzes in Verzug ist.</p>
<p>Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits werden zu</p>
<p>7/8 der Beklagten und zu 1/8 dem Kläger</p>
<p>auferlegt.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar,</p>
<p>für den Kläger jedoch nur gegen</p>
<p>Sicherheitsleistung von 2.300,00 DM.</p>
<p></p>
<p></p>
<p>Dem Kläger wird nachgelassen, die</p>
<p>Vollstreckung der Beklagten gegen</p>
<p>Sicherheitsleistung von 330,00 DM</p>
<p>abzuwenden, falls nicht die Beklagte</p>
<p>zuvor in gleicher Höhe Sicherheit</p>
<p>leistet.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Tatbestand</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger verfolgt unter Ausschluß eines wirtschaftlichen</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Geschäftsbetriebes den Zweck, die Interessen der Verbraucher</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">durch Aufklärung und Beratung wahrzunehmen und zu fördern. Er</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">geht insbesondere gerichtlich und außergerichtlich gegen für</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">unzulässig gehaltene Allgemeine Geschäftsbedingungen vor, die</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">im Geschäftsverkehr gegenüber Nichtkaufleuten verwendet und</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">empfohlen werden. Die Beklagte betreibt unter anderem als</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Trägerin das Seniorenzentrum "H". Im Rahmen des</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">zwischen der Beklagten und dem jeweiligen Heimbewohner</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">geschlossenen Heimvertrages verwendet die Beklagte Klauseln,</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">die nach Meinung des Klägers mit dem Gesetz zur Regelung der</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBG) nicht In Über-</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">einstimmung stehen. Sie beanstandet insbesondere die In den</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Klageanträgen zu Ziff. 1) bis 8) ersichtlichen Klauseln.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Unter Angabe der Gründe im einzelnen mahnte der Kläger die</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Beklagte mit Schreiben vom 16.12.1986 ab und forderte sie zur</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Dieses Ansinnen wurde von der Beklagten unter Hervorhebung</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">der Rechtsgültigkeit der beanstandeten Klauseln zurück-</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">gewiesen. Der Kläger meint, die beanstandeten Klauseln</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">verstießen insgesamt gegen § 9 Abs. 1 in Verbindung mit Abs.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">2 Nr. 1 AGBG, § 242 BGB sowie mit Vorschriften des Heim-</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">gesetzes.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, unter</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Androhung eines Ordnungsgeldes In Höhe</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">von 50.000,00 DM für jeden Fall des</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Zuwiderhandelns die Verwendung folgender</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">und diesen inhaltsgleichen Klauseln in</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Allgemeinen Geschäftsbedingungen,</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">ausgenommen gegenüber einem Kaufmann im</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Rahmen seines Handelsgewerbes, zu</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">unterlassen:</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">In Bezug auf: Heimverträge</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">1) Das Entgelt ändert sich durch</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">vorübergehende Abwesenheit des Heim-</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">bewohners nicht;</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">2) im übrigen sind Leistungen des Heimes</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">innerhalb einer Woche nach Rechnungs-</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">legung zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">3) Die Heimordnung in der jeweils</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">gültigen Fassung ist Bestandteil dieses</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Heimvertrages.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">4) Das Heim übernimmt eine Haftung gem.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">§ 690 BGB für eingebrachte Wert- und</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Schmuckgegenstände sowie Geldbeträge nur</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">insoweit, als diese der Verwaltung gegen</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Quittung zur Aufbewahrung ausgehändigt</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">werden.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">5) Für Schäden, die der Heimbewohner,</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">seine Gäste und von ihm beauftragte</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Personen in und am Heim verursachen, ist</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Schadensersatz zu leisten.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">6) Dieser Vertrag kann beiderseits</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">jeweils 4-wöchentlich zum Monatsende</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">gekündigt werden.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">7) Das berührt nicht die Pflegesätze,</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">die täglich kündbar sind und u.U.</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">rückwirkend erhöht werden können.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">8) Dieser Vertrag kann vom Heim ohne</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Einhaltung einer Frist gekündigt werden,</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">wenn der Helmbewohner mit der Zahlung</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">von Pflegekosten für 2 aufeinander-</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">folgende Termine in Höhe eines monat-</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">lichen Pflegesatzes in Verzug ist.</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Sie verteidigt die beanstandeten Klauseln und hält sie nach</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">wie vor für rechtmäßig. Sie erhebt darüber hinaus die Einrede</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">der Verjährung und trägt hierzu vor, die beanstandeten</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">Klauseln fänden seit 1977 Verwendung.</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den vor-</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">getragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst ihrer</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">Anlagen Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe</u></p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist im wesentlichen begründet.</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Die Klagebefugnis des Klägers folgt aus § 13 Abs. 1 und 2 Nr.</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">1 AGBG. Die tatsächlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">sind unbestritten und gerichtsbekannt.</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">Die von dem Kläger beanstandeten Klauseln zu 1) sowie 3) bis</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">8) benachteiligen die Vertragspartner der Beklagten entgegen</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (§ 9 Abs. 1</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">AGBG).</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">1) Die Klausel Nr. 1) verstößt gegen § 9 Abs. 1 AGBG in</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">Verbindung mit § 242 BGB und § 2 Abs. 1 Nr. 4 Heimgesetz.</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">Nach der zuletzt genannten Vorschrift darf in Heimverträgen</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">durch den Träger nur eine angemessene Vergütung verlangt</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">werden. Werden nicht erbrachte Leistungen berechnet, liegt in</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">jedem Falle eine unangemessene Vergütung vor, weil hierfür</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">eine Gegenleistung fehlt. Die Klausel 1) läßt nicht erkennen,</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">welche Dauer einer "vorübergehenden" Abwesenheit die Zahlung</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">des vollen Entgeltes noch erfordern soll. Die Bestimmung kann</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">daher im Sinne einer verbraucherfeindlichen Auslegung so</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">verstanden werden, daß auch noch Abwesenheitszeiten von mehr</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">als 1 Monat (z.B. Krankenhausaufenthalte) als vorübergehende</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">Abwesenheit zu werten ist, für die das volle Entgelt zu</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">zahlen ist, obwohl die in dem Entgelt enthaltenen Pflege-</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">kostenanteile sowie die Anteile für die Verpflegung nicht</p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">verbraucht werden.</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">Auch die von der Beklagten vorgetragene Ergänzung des</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">Heimvertrages vom 1.4.1979, in der eine abgestufte Regelung</p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">für die Erhebung der Pflegesätze in Abwesenheit der Heim-</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks">bewohner getroffen ist, kommt es nicht an; denn die Beklagte</p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks">hat nicht vorgetragen, daß aufgrund dieser Ergänzung die</p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks">beanstandete Klausel nicht mehr Verwendung findet. Es ist</p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">nicht ausgeschlossen, daß trotz der Ergänzung lediglich der</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks">"seit 1977 unveränderte " Vertragstext verwendet wird. Im</p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">übrigen wird die Unzulässigkeit der beanstandeten Klausel</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks">durch die in § 7 der Ergänzung getroffenen Regeln nicht</p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">ausgeschlossen; denn dort ist vorgesehen, daß ein ermäßigter</p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks">Pflegesatz nur für höchsten 28 Tage im Kalenderjahr gewährt</p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks">wird, so daß für längere Abwesenheiten in jedem Fall un-</p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks">zulässigerweise das volle Pflegegeld verlangt werden kann.</p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks">2) Die Klausel 2) ist indes entgegen der Meinung des Klägers</p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks">nicht zu beanstanden. Die Kammer versteht die Regelung, daß</p>
<span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks">Leistungen des Heimes innerhalb einer Woche nach Rechnungs-</p>
<span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks">legung zu bezahlen sind, so, daß damit nur bereits er-</p>
<span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks">brachte Leistungen gemeint sind. Der Wortlaut der</p>
<span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks">beanstandeten Regelung erfaßt nicht etwa auch zukünftige</p>
<span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks">Leistungen, da hierüber üblicherweise eine Rechnungslegung</p>
<span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks">nicht vorab zu erfolgen pflegt. Die so verstandene Klausel 2)</p>
<span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks">ist nicht zu beanstanden, da sie über die gesetzliche</p>
<span class="absatzRechts">124</span><p class="absatzLinks">Regelung des § 271 Abs. 1 BGB zugunsten der Heimbewohner</p>
<span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks">hinausgeht. Nach § 271 Abs. 1 BGB sind nämlich Forderungen</p>
<span class="absatzRechts">126</span><p class="absatzLinks">sofort fällig. Demgegenüber hat die Beklagte eine Zahlungs-</p>
<span class="absatzRechts">127</span><p class="absatzLinks">frist von 1 Woche eingeräumt. Das berücksichtigt die Inter-</p>
<span class="absatzRechts">128</span><p class="absatzLinks">essen der Heimbewohner in ausreichender Form. Ein Verzugs-</p>
<span class="absatzRechts">129</span><p class="absatzLinks">eintritt im Sinne des § 284 Abs. 1 oder 2 BGB ist mit dem</p>
<span class="absatzRechts">130</span><p class="absatzLinks">Ablauf der Wochenfrist nicht verbunden, da die Zahlungsfrist</p>
<span class="absatzRechts">131</span><p class="absatzLinks">nicht kalendermäßig bestimmt ist. Wegen der Klausel 2) war</p>
<span class="absatzRechts">132</span><p class="absatzLinks">die Klage daher abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">133</span><p class="absatzLinks">3) Die Klausel 3) verstößt gegen §§ 9 Abs. 1 und Abs. 2 Satz</p>
<span class="absatzRechts">134</span><p class="absatzLinks">1 AGBG in Verbindung mit §§ 145 ff. BGB. Die beanstandete</p>
<span class="absatzRechts">135</span><p class="absatzLinks">Klausel ermöglicht es der Beklagten nach Abschluß des</p>
<span class="absatzRechts">136</span><p class="absatzLinks">Vertrages, die Heimordnung und die durch sie begründeten</p>
<span class="absatzRechts">137</span><p class="absatzLinks">Nebenpflichten der Heimbewohner einseitig zum Nachteil der</p>
<span class="absatzRechts">138</span><p class="absatzLinks">Heimbewohner zu ändern. Nach den gesetzlichen Bestimmungen</p>
<span class="absatzRechts">139</span><p class="absatzLinks">bedarf eine Veränderung der vertraglichen Pflichten eines</p>
<span class="absatzRechts">140</span><p class="absatzLinks">Änderungsvertrages, an dem beide Vertragsparteien beteiligt</p>
<span class="absatzRechts">141</span><p class="absatzLinks">werden. Eine einseitige Änderung des Vertragsinhaltes durch</p>
<span class="absatzRechts">142</span><p class="absatzLinks">eine Vertragspartei widerspricht dem Leitbild der</p>
<span class="absatzRechts">143</span><p class="absatzLinks">gesetzlichen Regelung des Vertrages und führt daher zu einer</p>
<span class="absatzRechts">144</span><p class="absatzLinks">unbilligen Benachteiligung der Heimbewohner.</p>
<span class="absatzRechts">145</span><p class="absatzLinks">4) Die Klausel Nr. 4) läßt eine Haftungsfreizeichnung der</p>
<span class="absatzRechts">146</span><p class="absatzLinks">Beklagten und ihrer Bediensteten auch in Fällen des vor-</p>
<span class="absatzRechts">147</span><p class="absatzLinks">sätzlichen und grob fahrlässigen Verhaltens zu, wenn die in</p>
<span class="absatzRechts">148</span><p class="absatzLinks">Verwahrung genommenen Wert- und Schmuckgegenstände sowie</p>
<span class="absatzRechts">149</span><p class="absatzLinks">Geldbeträge nicht gegen Quittung zur Aufbewahrung gegeben</p>
<span class="absatzRechts">150</span><p class="absatzLinks">wurden. Hierin liegt ein grober Verstoß gegen die Vorschrift</p>
<span class="absatzRechts">151</span><p class="absatzLinks">des § 11 Nr. 7 AGBG; denn ein Haftungsausschluß wegen Vorsatz</p>
<span class="absatzRechts">152</span><p class="absatzLinks">und grober Fahrlässigkeit ist unzulässig. Entgegen der</p>
<span class="absatzRechts">153</span><p class="absatzLinks">Auffassung der Beklagten stellt die beanstandete Klausel</p>
<span class="absatzRechts">154</span><p class="absatzLinks">nicht lediglich eine Wiederholung der in § 690 BGB vor-</p>
<span class="absatzRechts">155</span><p class="absatzLinks">gesehenen Regelung dar; denn über diese Vorschrift hinaus</p>
<span class="absatzRechts">156</span><p class="absatzLinks">will die Beklagte überhaupt nicht haften in den Fällen, in</p>
<span class="absatzRechts">157</span><p class="absatzLinks">denen -aus welchen Gründen auch immer-Heimbewohner Geld,</p>
<span class="absatzRechts">158</span><p class="absatzLinks">Wert- und Schmuckgegenstände an Bedienstete der Beklagte zur</p>
<span class="absatzRechts">159</span><p class="absatzLinks">Aufbewahrung übergeben, ohne sich eine Quittung aushändigen</p>
<span class="absatzRechts">160</span><p class="absatzLinks">zu lassen.</p>
<span class="absatzRechts">161</span><p class="absatzLinks">5) Die Klausel Nr. 5) verstößt gegen § 9 Abs. 1 in Verbindung</p>
<span class="absatzRechts">162</span><p class="absatzLinks">mit Abs. 2 Nr. 1 AGBG, § 276 BGB. Zutreffend legt der Kläger</p>
<span class="absatzRechts">163</span><p class="absatzLinks">diese Bestimmung dahin aus, daß mit der beanstandeten Klausel</p>
<span class="absatzRechts">164</span><p class="absatzLinks">eine verschuldensunabhängige Schadensersatzverpflichtung des</p>
<span class="absatzRechts">165</span><p class="absatzLinks">Heimbewohners festgeschrieben wird. Die Klausel stellt somit</p>
<span class="absatzRechts">166</span><p class="absatzLinks">eine Gefährdungshaftung des Altenheimbewohners für sich,</p>
<span class="absatzRechts">167</span><p class="absatzLinks">seine Gäste und von ihm beauftragte Personen dar. Darin liegt</p>
<span class="absatzRechts">168</span><p class="absatzLinks">eine unangemessene Benachteiligung der Heimbewohner; denn</p>
<span class="absatzRechts">169</span><p class="absatzLinks">eine verschuldensunabhängige Haftung widerspricht der</p>
<span class="absatzRechts">170</span><p class="absatzLinks">grundlegenden gesetzlichen Werbung des § 276 BGB. Ge-</p>
<span class="absatzRechts">171</span><p class="absatzLinks">fährdungstatbestände sind nur zulässig, wenn sie eigens durch</p>
<span class="absatzRechts">172</span><p class="absatzLinks">Gesetz begründet werden. Ein solcher Fall ist hier nicht</p>
<span class="absatzRechts">173</span><p class="absatzLinks">gegeben. Unzutreffend ist der Hinweis der Beklagten, die</p>
<span class="absatzRechts">174</span><p class="absatzLinks">Klausel betreffe nicht in jedem Falle die Heimbewohner; denn</p>
<span class="absatzRechts">175</span><p class="absatzLinks">als Gegenstand einer vertraglichen Regelung zwischen dem</p>
<span class="absatzRechts">176</span><p class="absatzLinks">Heimbewohner und der Beklagten kann diese Norm auf dritte</p>
<span class="absatzRechts">177</span><p class="absatzLinks">Personen nicht angewendet werden; dem Gesetz ist nämlich ein</p>
<span class="absatzRechts">178</span><p class="absatzLinks">Vertrag zu Lasten dritter Personen fremd.</p>
<span class="absatzRechts">179</span><p class="absatzLinks">6) Die Klausel Nr. 6) verstößt gegen § 9 Abs. 1 in Verbindung</p>
<span class="absatzRechts">180</span><p class="absatzLinks">mit Abs. 2 Nr. 1 AGBG, §§ 565 und 556 a BGB.</p>
<span class="absatzRechts">181</span><p class="absatzLinks">Nach Auffassung der Kammer sind die Kündigungsschutz-</p>
<span class="absatzRechts">182</span><p class="absatzLinks">bestimmungen für Wohnraummietverhältnisse auf die vor-</p>
<span class="absatzRechts">183</span><p class="absatzLinks">liegenden Heimverträge zumindest subsidiär anzuwenden. Der</p>
<span class="absatzRechts">184</span><p class="absatzLinks">Heimvertrag Ist ein sogenannter gemischter Vertrag, der im</p>
<span class="absatzRechts">185</span><p class="absatzLinks">wesentlichen dienstvertragliche (Pflege und Versorgung) wie</p>
<span class="absatzRechts">186</span><p class="absatzLinks">mietvertragliche (Bereitstellung von Wohnraum) enthält. Die</p>
<span class="absatzRechts">187</span><p class="absatzLinks">sich daraus ergebenden Rechtsfolgen sind in Literatur und</p>
<span class="absatzRechts">188</span><p class="absatzLinks">Rechtsprechung umstritten und auf den Einzelfall abgestellt</p>
<span class="absatzRechts">189</span><p class="absatzLinks">(vgl. OLG Köln NJW 1980, Seite 1395, insbesondere Seite 1396;</p>
<span class="absatzRechts">190</span><p class="absatzLinks">Ulmer-Brandner-Hensen, AGBG, 4. Aufl., Köln 1982, Anhang zu §</p>
<span class="absatzRechts">191</span><p class="absatzLinks">9 bis 11, Rd-Nr. 63; Darlem-Giese, Heimgesetz, Köln-</p>
<span class="absatzRechts">192</span><p class="absatzLinks">Berlin-Bonn-München, § 4 Rd-Nr. 9.2). Bei der in dem vor-</p>
<span class="absatzRechts">193</span><p class="absatzLinks">liegenden Verbandsklageverfahren gem. § 13 AGBG gebotenen</p>
<span class="absatzRechts">194</span><p class="absatzLinks">generalisierend-abstrakten Betrachtungsweise ist von der</p>
<span class="absatzRechts">195</span><p class="absatzLinks">verbraucherfeindlichsten Auslegung auszugehen. Auch aus</p>
<span class="absatzRechts">196</span><p class="absatzLinks">dieser Sicht müssen die Geschäftsbedingungen noch mit den</p>
<span class="absatzRechts">197</span><p class="absatzLinks">wesentlichen gesetzlichen Regelungen im Einklang stehen. Das</p>
<span class="absatzRechts">198</span><p class="absatzLinks">ist vorliegend nicht der Fall. Es ist Im Einzelfall nämlich</p>
<span class="absatzRechts">199</span><p class="absatzLinks">durchaus lebensnah, worauf der Kläger in der Klageschrift</p>
<span class="absatzRechts">200</span><p class="absatzLinks">hinweist, daß Altenheimbewohner ihren Lebensmittelpunkt In</p>
<span class="absatzRechts">201</span><p class="absatzLinks">das Heim verlegen, und somit im wesentlichen Wert auf die</p>
<span class="absatzRechts">202</span><p class="absatzLinks">Bereitstellung des Wohnraumes legen, während dienstver-</p>
<span class="absatzRechts">203</span><p class="absatzLinks">tragliche Leistungen des Heimträgers demgegenüber zurück-</p>
<span class="absatzRechts">204</span><p class="absatzLinks">treten können. Für diese Fälle müssen die Schutzbestimmungen</p>
<span class="absatzRechts">205</span><p class="absatzLinks">der §§ 565 und 556 a BGB beachtet werden, nach denen sich die</p>
<span class="absatzRechts">206</span><p class="absatzLinks">Kündigungsmöglichkeiten für Wohnraum mit der Dauer der</p>
<span class="absatzRechts">207</span><p class="absatzLinks">Verträge verlängern. Nach der beanstandeten Klausel will die</p>
<span class="absatzRechts">208</span><p class="absatzLinks">Beklagte unabhängig von der Dauer des Vertrages und den</p>
<span class="absatzRechts">209</span><p class="absatzLinks">Besonderheiten des Einzelfalles mit einer Frist von nur 1</p>
<span class="absatzRechts">210</span><p class="absatzLinks">Monat die Verträge beenden. Dabei werden die schutzwürdigen</p>
<span class="absatzRechts">211</span><p class="absatzLinks">Interessen der Heimbewohner völlig außer acht gelassen.</p>
<span class="absatzRechts">212</span><p class="absatzLinks">Darin liegt eine unangemessene Benachteiligung.</p>
<span class="absatzRechts">213</span><p class="absatzLinks">7) Die Klausel Nr. 7) ermöglicht der Beklagten, die</p>
<span class="absatzRechts">214</span><p class="absatzLinks">Pflegesätze täglich zu kündigen und rückwirkend zu erhöhen.</p>
<span class="absatzRechts">215</span><p class="absatzLinks">Dies verstößt gegen § 9 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 AGBG in Ver-</p>
<span class="absatzRechts">216</span><p class="absatzLinks">bindung mit § 242 BGB. Die Regelung stellt eine unzulässige</p>
<span class="absatzRechts">217</span><p class="absatzLinks">Preiserhöhungsklausel dar; denn sie begrenzt die Möglichkeit</p>
<span class="absatzRechts">218</span><p class="absatzLinks">der Pflegesatzerhöhung in keiner Weise. Die Beklagte kann</p>
<span class="absatzRechts">219</span><p class="absatzLinks">nach dem Wortlaut der beanstandeten Klausel vielmehr <u>täglich</u></p>
<span class="absatzRechts">220</span><p class="absatzLinks">den Pflegesatz ggf. um ein <u>Mehrfaches</u> erhöhen. Auf eine</p>
<span class="absatzRechts">221</span><p class="absatzLinks">solche Preisgestaltung kann ein Heimbewohner sich nicht</p>
<span class="absatzRechts">222</span><p class="absatzLinks">einrichten. Auch der in diesem Zusammenhang von der Beklagten</p>
<span class="absatzRechts">223</span><p class="absatzLinks">vorgetragene Hinweis auf die Ergänzung des Heimvertrages vom</p>
<span class="absatzRechts">224</span><p class="absatzLinks">1.4.1979 schließt eine unangemessene Benachteiligung der</p>
<span class="absatzRechts">225</span><p class="absatzLinks">Heimbewohner nicht aus; denn es ist nicht ausgeschlossen, daß</p>
<span class="absatzRechts">226</span><p class="absatzLinks">der Ursprungsvertrag in der ungeänderten Fassung gleichwohl</p>
<span class="absatzRechts">227</span><p class="absatzLinks">Verwendung findet.</p>
<span class="absatzRechts">228</span><p class="absatzLinks">8) Die Klausel Nr. 8) Ist ersichtlich an die Bestimmungen des</p>
<span class="absatzRechts">229</span><p class="absatzLinks">§ 554 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 BGB angelehnt. Wie bereits oben</p>
<span class="absatzRechts">230</span><p class="absatzLinks">ausgeführt., sind auf den vorliegenden Fall jedenfalls</p>
<span class="absatzRechts">231</span><p class="absatzLinks">subsidiär die mietvertraglichen Bestimmungen anzuwenden. Die</p>
<span class="absatzRechts">232</span><p class="absatzLinks">beanstandete Klausel weicht in unzulässiger Weise von den</p>
<span class="absatzRechts">233</span><p class="absatzLinks">Bestimmungen des § 554 Abs. 1 Satz 2 BGB ab. Dem Heimbewohnern</p>
<span class="absatzRechts">234</span><p class="absatzLinks">wird nämlich nicht die Möglichkeit eröffnet, die einmal</p>
<span class="absatzRechts">235</span><p class="absatzLinks">gegebene Kündigungsmöglichkeit dadurch auszuschließen, daß er</p>
<span class="absatzRechts">236</span><p class="absatzLinks">die rückständigen Beträge zahlt oder eine öffentliche Stelle</p>
<span class="absatzRechts">237</span><p class="absatzLinks">sich zu der Befriedigung der Beklagten bereiterklärt. Da</p>
<span class="absatzRechts">238</span><p class="absatzLinks">erfahrungsgemäß die Pflegeheimkosten von den Bewohnern In</p>
<span class="absatzRechts">239</span><p class="absatzLinks">einer Vielzahl von Fällen nicht selbst aufgebracht werden</p>
<span class="absatzRechts">240</span><p class="absatzLinks">können, besteht grundsätzlich die Möglichkeit, daß die</p>
<span class="absatzRechts">241</span><p class="absatzLinks">erforderlichen Kosten aus Mitteln der Sozialhilfe zur</p>
<span class="absatzRechts">242</span><p class="absatzLinks">Verfügung gestellt werden. Wegen dieser grundsätzlichen</p>
<span class="absatzRechts">243</span><p class="absatzLinks">Möglichkeit stellt es eine unangemessene Benachteiligung der</p>
<span class="absatzRechts">244</span><p class="absatzLinks">Bewohner dar, wenn trotz der Befriedigungsmöglichkeit wegen</p>
<span class="absatzRechts">245</span><p class="absatzLinks">der rückständigen Beträge die wegen Zahlungsrückständen</p>
<span class="absatzRechts">246</span><p class="absatzLinks">entstandene Kündigungsmöglichkeit der Beklagten nicht</p>
<span class="absatzRechts">247</span><p class="absatzLinks">beseitigt werden kann.</p>
<span class="absatzRechts">248</span><p class="absatzLinks">Zusammenfassend kann daher der Kläger von der Beklagten die</p>
<span class="absatzRechts">249</span><p class="absatzLinks">Unterlassung der Klauseln 1), 3) bis 8) begehren.</p>
<span class="absatzRechts">250</span><p class="absatzLinks">Der Anspruch des Klägers ist entgegen der Meinung der</p>
<span class="absatzRechts">251</span><p class="absatzLinks">Beklagten nicht verjährt. Die in § 13 Abs. 4 AGBG</p>
<span class="absatzRechts">252</span><p class="absatzLinks">normierten 2-Jahres- bzw. 4-Jahres-Verjährungsfristen</p>
<span class="absatzRechts">253</span><p class="absatzLinks">beginnen jeweils mit der Verwendung der beanstandeten</p>
<span class="absatzRechts">254</span><p class="absatzLinks">Klauseln. Werden wie im vorliegenden Fall jedoch die be-</p>
<span class="absatzRechts">255</span><p class="absatzLinks">anstandeten Klauseln regelmäßig erneut verwendet, erneuert</p>
<span class="absatzRechts">256</span><p class="absatzLinks">sich der Anspruch fortlaufend, so daß die Verjährungsfrist</p>
<span class="absatzRechts">257</span><p class="absatzLinks">mit dem Abschluß weiterer Heimverträge jeweils neu beginnt</p>
<span class="absatzRechts">258</span><p class="absatzLinks">(vgl. Palandt-Heinrichs, Anm. 5 zu §13 AGBG m.w.N.). Da die</p>
<span class="absatzRechts">259</span><p class="absatzLinks">Beklagte unstreitig auch heute noch die beanstandeten</p>
<span class="absatzRechts">260</span><p class="absatzLinks">Klauseln ihren Heimverträgen zugrundelegt und sie auch In</p>
<span class="absatzRechts">261</span><p class="absatzLinks">Zukunft verwenden will, ist daher die Einrede der Verjährung</p>
<span class="absatzRechts">262</span><p class="absatzLinks">unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">263</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO. Die Entscheidung</p>
<span class="absatzRechts">264</span><p class="absatzLinks">über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr.</p>
<span class="absatzRechts">265</span><p class="absatzLinks">11, 709 und 711 ZPO.</p>
|
315,453 | olgham-1987-07-10-20-u-35386 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
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} | 20 U 353/86 | "1987-07-10T00:00:00" | "2019-03-13T14:56:11" | "2019-03-27T09:43:05" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1987:0710.20U353.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Klägers wird das am 6. Oktober 1986 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund abgeändert.</p>
<p>Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 13.640,- DM nebst 4 % Zinsen von 9.846,- DM seit dem 20. Dezember 1985 und nebst weiterer 4 % Zinsen von 3.794,- DM seit dem 29. Mai 1987 zu zahlen.</p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden dem Beklagten auferlegt. Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger war Halter eines im Januar 1984 erstmals zum Straßenverkehr zugelassenen Pkw der Marke "Datsun", für den er bei dem Beklagten eine Fahrzeugvollversicherung mit 300,- DM Selbstbeteiligung abgeschlossen hatte.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">In der Nacht vom 01. zum 02.11.1985 zeigte er der Polizei an, daß der Wagen soeben in ... entwendet worden sei. Er nahm den Beklagten auf bedingungsgemäße Regulierung des Diebstahlsschadens in Anspruch und füllte am 07.11.1985 ein schriftliches Schadensanzeigeformular aus, in dem er den Kilometerstand mit "ca. 35.000" angab. Als er dem Beklagten mit Schreiben vom 04.12.1985 auf dessen Bitte einen Fahrzeugschlüssel schickte und gleichzeitig mitteilte, der zweite Fahrzeugschlüssel habe sich zum Zeitpunkt des Diebstahls im Handschuhfach befunden, weil er mit dem Wagen kurz zuvor in der Werkstatt gewesen sei, lehnte der Beklagte mit Schreiben vom 11.02.1986 die Schadensregulierung mit der Begründung ab, der Kläger habe den Diebstahls seines Wagens grob fahrlässig selbst herbeigeführt, weil er einen Schlüssel im Handschuhfach gelassen habe.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Mit der daraufhin erhobenen Klage hat der Kläger behauptet, er habe den Fahrzeugersatzschlüssel im Handschuhfach "eingelagert" gehabt. Er hat dazu die Auffassung vertreten, daß "Deponieren" des Ersatzschlüssels im Handschuhfach sei nicht als grobfahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalls anzusehen. Denn dies habe keinen Einfluß auf den Diebstahl haben können. Der Kläger hat behauptet, der Wert des Wagens habe zur Zeit des Diebstahls 8.900,- DM netto betragen. Unter Hinzurechnung der gesetzlichen Mehrwertsteuer hat er beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">den Beklagten zu verurteilen, an ihn 10.146,- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 20.12.1985 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, es sei grob fahrlässig, einen Schlüssel im Handschuhfach zu lassen. Ferner hat er die Schadenshöhe bestritten und behauptet, der Zeitwert habe lediglich 8,700,- DM plus Mehrwertsteuer betragen, wovon jedoch 300,- DM Selbstbehalt abzuziehen seien.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat sich der Rechtsansicht des Beklagten angeschlossen und die Klage abgewiesen, weil der Kläger den Diebstahl grob fahrlässig herbeigeführt habe.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Mit der hiergegen gerichteten Berufung hält der Kläger unter Hinweis auf neuere Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs an seiner Auffassung fest, es sei nicht grob fahrlässig, den Schlüssel im Handschuhfach zu lassen. In tatsächlicher Hinsicht behauptet der Kläger nunmehr:</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Normalerweise habe er den Zweitschlüssel bei sich zu Hause aufbewahrt. Etwa 6 oder 7 Tagen vor dem Diebstahl sei der Wagen jedoch in der Werkstatt gewesen. Weil er - der Kläger - keine Zeit gehabt habe, den Wagen dort selbst abzuholen, habe er seine damalige Verlobte und jetzige Ehefrau gebeten, den Wagen für ihn abzuholen. Zu diesem Zweck habe er ihr die Reserveschlüssel gegeben. Seine Verlobte habe dann den Wagen auch abgeholt und vor seiner Haustür abgestellt. Sie habe die Fahrzeugschlüssel und die Werkstattrechnung in das (nicht abschließbare) Handschuhfach gelegt. Er habe am nächsten Tag die Rechnung aus dem Handschuhfach genommen, den Schlüssel jedoch übersehen. Er habe auch nicht gewußt, daß seine Verlobte den Schlüssel dort hineingelegt habe. Sie sei nämlich, nachdem sie den Wagen am Freitag aus der Werkstatt geholt habe, am Samstag über das Wochenende mit ihrer Familie nach Süddeutschland gefahren, so daß er sie zunächst nicht gesprochen habe. Das Fehlen der Ersatzschlüssel sei ihm auch nicht aufgefallen, weil er angenommen habe, daß seine Verlobte die Schlüssel bei sich behalten habe, wie sie es auch sonst gelegentlich getan habe.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">In der Nacht des Diebstahls sei er zusammen mit seiner Verlobten, seinem Onkel und dessen Frau ausgegangen. Nach dem Essen und nach dem Besuch einer Spielhalle sei der vor einer Gaststätte geparkte Wagen verschwunden gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Zur Schadenshöhe legt der Kläger nunmehr die Durchschrift des Kaufvertrages vom 24.01.1984 vor, der den Neupreis des Fahrzeugs mit 13.640,- DM ausweist. Außerdem legt der Kläger einen Kaufvertrag für einen nach dem Diebstahl im Dezember 1985 erworbenen anderen Wagen zum Preise von 16.500,- DM vor. Unter Erweiterung seiner Klage beantragt der Kläger, der seinen Anspruch zunächst nur in Höhe von 9.846,- DM weiterverfolgt hat,</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an ihn 13.640,- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 20.12.1985 von 9.846,- DM und von weiteren 3.794,- DM seit dem 29.05.1987 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte bestreitet nunmehr auch den Diebstahl und behauptet, der Kläger habe den Diebstahl vorgetäuscht.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Insoweit ist unstreitig, daß nach Verkündung des angefochtenen Urteils der als gestohlen gemeldete Wagen Anfang Dezember 1986 aus dem ... geborgen wurde. Dabei wurde ein Kilometerstand von 43.604 festgestellt. Der Beklagte ist der Auffassung, aus der Tatsache, daß der Kläger in der Schadensanzeige den Kilometerstand mit 35.000 erheblich zu niedrig angegeben habe, ergebe sich, daß der Kläger sich unredlich verhalten habe. Die Möglichkeit, daß die Diebe mehr als 8.000 Kilometer mit dem Fahrzeug zurückgelegt hätten, scheide aus, weil ausweislich einer vom Kläger selbst vorgelegten Reparaturkostenrechnung vom 24.10.1985 der Kilometerstand seinerzeit schon über 43.000 gelegen habe. Jedenfalls, so meint der Beklagte weiter, stelle die Angabe eines falschen Kilometerstandes eine zur Leistungsfreiheit führende Obliegenheitsverletzung dar.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Im übrigen bestreitet der Beklagte die Sachdarstellung des Klägers hinsichtlich des im Handschuhfach liegenden Reserveschlüssels und verteidigt insoweit das angefochtene Urteil. Außerdem bestreitet der Beklagte die Schadenshöhe.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Der Kläger tritt den Ausführungen des Beklagten entgegen und bestreitet, bewußt einen falschen Kilometerstand angegeben zu haben. Dazu trägt er unwidersprochen vor, er habe die den höheren Kilometerstand ausweisende Rechnung vom 24.10.1985 seinerzeit selbst vorgelegt, und zwar zusammen mit der Schadensanzeige, in der der niedrigere Kilometerstand angegeben worden sei. Er habe damals auf die Reparaturkostenrechnung und den dort angebenen Kilometerstand nicht geachtet und die Laufleistung seines Fahrzeugs lediglich geschätzt. Er habe den Beklagten nicht täuschen wollen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der beiderseitigen Schriftsätze erster und zweiter Instanz nebst Anlagen Bezug genommen und auf die in den nachstehenden Entscheidungsgründen ergänzend mitgeteilten Tatsachen verwiesen. Dem Senat haben die Ermittlungsakten 56 UJs 15295/85 StA Dortmund vorgelegen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin ... der Ehefrau des Klägers. Die Zeugin hat ausgesagt: Der Kläger habe sie gebeten, den Wagen aus der Werkstatt zu holen. Zu diesem Zweck habe er ihr die Fahrzeugpapiere, Geld und Fahrzeugschlüssel gegeben. Sie habe dann den Wagen auch aus der Werkstatt geholt und vor der Wohnung des Klägers abgestellt. Fahrzeugpapiere, Rechnung und Fahrzeugschlüssel habe sie in das Handschuhfach gelegt, weil sie bereits am nächsten Tag mit ihrer Familie über das Wochenende ins Allgäu haben fahren wollen. Sie haben den Kläger nicht mehr gesprochen und über die Fahrt nach Süddeutschland vergessen, daß sie die Schlüssel in das Handschuhfach gelegt habe. Sie habe ohnehin angenommen, daß der Kläger die Schlüssel aus dem Handschuhfach nehmen werde.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Zu dem Diebstahl könne sie nur sagen, daß sie nach dem Besuch einer Spielhalle festgestellt hätten, daß das auf der Straße geparkte Fahrzeug nicht mehr vorhanden gewesen sei.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe</b></p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Berufung des Klägers ist begründet und führt antragsgemäß zur Abänderung des angefochtenen Urteils. Der Beklagte ist aus dem Versicherungsvertrag in Verbindung mit §§12 Ziff. 1 Abs. Ib, 13 Ziff. 1, 2 und 10 AKB verpflichtet, dem Kläger den Neupreis des entwendeten Fahrzeugs zu ersetzen.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Der Eintritt des Versicherungsfalls ist bewiesen. Der Kläger hat mit der glaubhaften Aussage seiner Ehefrau hinreichend wahrscheinlich gemacht, daß das Fahrzeug so, wie von ihm behauptet, in der Nacht vom 01. zum 02.11.1985 in Dortmund gestohlen worden ist. Von dem Beklagten darzulegende und zu beweisende Umstände, die die erhebliche Wahrscheinlichkeit begründen könnten, daß der Diebstahl entgegen dem von dem Kläger behaupteten und von der Zeugin bestätigten äußeren Geschehensablauf nicht stattgefunden hat, sondern vom Kläger fingiert worden sein könnte, sind nicht ersichtlich. Die Tatsache, daß der Kläger in der Schadensanzeige einen deutlich zu niedrigen Kilometerstand angegeben hat, rechtfertigt diese Annahme nicht. Es spricht nichts dafür, daß der Kläger den Kilometerstand aus unredlichen Motiven, um den Beklagten zu schädigen, falsch angegeben hat. Diese Möglichkeit ist deshalb auszuschließen, weil der Kläger unwidersprochen gleichzeitig mit der Schadensanzeige die Werkstattrechnung vorgelegt hat, aus der sich der tatsächliche und deutlich höhere Kilometerstand ergab. Der Beklagte konnte durch die offensichtlich widersprüchlichen Angaben des Klägers zur Fahrleistung seines Autos nicht getäuscht werden.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte ist auch nicht wegen Obliegenheitsverletzungen (§§7 I 2 Satz 3, V 4 AKB, 6 III VVG) leistungsfrei geworden.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die Angabe des zu niedrigen Kilometerstandes in der Schadensanzeige enthält objektiv keine Obliegenheitsverletzung, weil der Kläger unwidersprochen gleichzeitig die Werkstattrechnung mit dem richtigen Kilometerstand vorgelegt hat. Es sind daher keine falschen, sondern widersprüchliche Angaben gemacht worden, die für den Beklagten Anlaß hätten sein können, beim Kläger Rückfrage zu halten, was allerdings nicht geschehen ist.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Jedenfalls kann angesichts der Tatsache, daß der Kläger gleichzeitig mit der Schadensanzeige die Werkstattrechnung mit dem richtigen Kilometerstand vorgelegt hat, ausgeschlossen werden, daß der Kläger vorsätzlich falsche Angaben machen wollte. Vielmehr deutet alles auf ein offensichtliches Versehen des Klägers hin. Die falsche Angabe des Kilometerstandes wäre im übrigen für die Schadensregulierung ohne Bedeutung, weil der Beklagte, wie noch auszuführen sein wird, dem Kläger ohnehin den Neupreis eines gleichartigen Fahrzeugs zu ersetzen hat, so daß die Fahrleistung keine Rolle spielt.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte sieht eine weitere Obliegenheitsverletzung darin, daß der Kläger dem von ihm selbst seinerzeit beauftragten Kfz-Sachverständigen angegeben habe, daß die Reifen des Fahrzeugs jeweils noch 7 mm Profil aufgewiesen hätten, während nach Auffinden des Fahrzeugs festgestellt werden konnte, daß auf den Vorderreifen noch 6 mm und auf den Hinterreifen 8 mm Profil war.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Darin liegt jedoch keine Obliegenheitsverletzung. Es steht bereits nicht fest, daß die Angabe der Profiltiefe vom Kläger stammt. Es spricht vielmehr alles für die Darstellung des Klägers, daß er dem Sachverständigen seinerzeit gesagt habe, die Reifen seien neu, wie es auch die Werkstattrechnung vom 24.10.1985 auswies, und daß der Sachverständige dann die Profiltiefe geschätzt hat. Selbst wenn aber der Kläger die Profiltiefe selbst angegeben haben sollte, könnte daraus nichts gegen ihn hergeleitet werden, weil die Abweichung geringfügig ist und in der Regel kein Autofahrer in der Lage ist, aus der Erinnerung die genaue Profiltiefe anzugeben.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks"><b>III.</b></p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat den Versicherungsfall nicht grob fahrlässig herbeigeführt, so daß der Beklagte auch nicht gemäß §61 VVG leistungsfrei geworden ist.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Es bedarf in diesem Zusammenhang keiner Auseinandersetzung mit der vom Kläger zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (VersR 86, 962 = NJW 86, 2838) und der Frage, unter welchen Umständen danach das Zurücklassen eines Schlüssels im Handschuhfach als grob fahrlässig anzusehen ist. Es ist nämlich nicht widerlegt, daß nicht der Kläger, sondern seine Ehefrau und damalige Verlobte den Schlüssel in das Handschuhfach gelegt hat, ohne daß der Kläger hiervon etwas wußte und ohne, daß er hierzu eine entsprechende Anweisung erteilt hätte. Eigenes grobes Verschulden des Klägers scheidet danach aus. Für Verschulden seiner damaligen Verlobten und jetzigen Ehefrau hat der Kläger nicht einzustehen. Der Versicherungsnehmer haftet nämlich grundsätzlich nicht für Verschulden Dritter. Dieses ist ihm vielmehr nur dann zuzurechnen, wenn der Dritte als sein Repräsentant im versicherungsrechtlichen Sinne anzusehen ist. Dafür ist hier jedoch nichts dargetan. Die familien-rechtliche Stellung als Verlobter oder Ehepartner des Versicherungsnehmers reicht dazu alleine nicht aus (vgl. Prölss/Martin, VVG, 23. Aufl. 1984, §6 Anm. 8B am Ende, Seite 83).</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks"><b>IV.</b></p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte schuldet dem Kläger den Neupreis des Fahrzeugs, den der Kläger durch Vorlage des Kaufvertrages hinreichend nachgewiesen hat. In dem Kaufvertragstext ist die Fahrgestellnummer des später entwendeten Fahrzeugs enthalten, so daß eine eindeutige Zuordnung möglich ist.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Die Voraussetzungen des §13 Ziff. 2 und 10 AKB sind erfüllt, denn der Kläger hat durch Vorlage eines Kaufvertrages nachgewiesen, daß er bereits im Dezember 1985 ein Ersatz fahrzeug angeschafft hat.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Ein Abzug wegen der vertraglich vereinbarten Selbstbeteiligung von 300,- DM ist gemäß §13 Ziff. 8 Satz 2 AKB in der bis zum 31.12.1984 geltenden Fassung nicht zu machen. Die seit dem 01.01.1985 geltende neue Fassung der AKB, die eine andere Regelung enthält, ist auf den bereits 1984 abgeschlossenen Versicherungsvertrag des Klägers nicht anzuwenden. In der Fahrzeugvollversicherung gelten die neugefaßten Versicherungsbedingungen für Verträge, die bereits am 01.01.1985 bestanden haben, nicht (Stiefel/Hofmann, Kraftfahrtversicherung, 13. Aufl. 1986, §13 AKB Rdn. 10; vgl. ferner §9 a AKB alter Fassung).</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Der unbestrittene Zinsanspruch rechtfertigt sich aus §§284 Abs. 1, 288 Abs. 1, 291 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks"><b>V.</b></p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf §§91, 97 Abs. 2 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Der Kläger muß die Kosten des zweiten Rechtszuges selbst tragen, obwohl er in voller Höhe obsiegt hat, weil er mit seiner Klage aufgrund eines in zweiter Instanz neuen Sachvortrags, den er unschwer schon in erster Instanz hätte vorbringen können, Erfolg hat. Hätte der Kläger bereits in erster Instanz dargelegt, daß seine Verlobte den Schlüssel in das Handschuhfach gelegt habe, statt zu behaupten er (selbst) habe den Schlüssel dort "eingelagert" bzw. "deponiert", dann hätte der Kläger schon in erster Instanz obsiegt, so daß die Berufungsinstanz nicht erforderlich geworden wäre. Dasselbe gilt, soweit der Kläger erstmals in zweiter Instanz den Neupreis für das Fahrzeug geltend gemacht hat. Auf der Grundlage seines eigenen Vortrags erster Instanz hat das Landgericht seine Klage auch unter Berücksichtigung der vorstehend zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu Recht abgewiesen. Denn auch nach dieser Entscheidung ist es grobfahrlässig im Sinne von §61 VVG, einen Fahrzeugschlüssel in ein nicht verschließbares Handschuhfach (bewußt) "einzulagern".</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Eines Ausspruchs über die Vollstreckbarkeit dieses Urteils bedarf es nicht, weil ein Rechtsmittel nicht statthaft ist. Die Beschwer des Beklagten beträgt 13.640,- DM.</p>
|
315,454 | olgham-1987-07-10-7-u-4987 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
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"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 7 U 49/87 | "1987-07-10T00:00:00" | "2019-03-13T14:56:13" | "2019-03-27T09:43:05" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1987:0710.7U49.87.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Klägerin gegen das am 29. Januar 1987 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten der Berufung werden der Klägerin auferlegt.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Tatbestand</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin vermietete am 11. Januar 1985 an den Beklagten vier Video-Kassetten, die vereinbarungsgemäß am 12. Januar 1985 zurückgegeben werden sollten. Der Mietzins für den einen Tag war auf 3,-- DM je Kassette, insgesamt 12,-- DM vereinbart. In den Geschäftsbedingungen der Klägerin, die auf dem unteren Rand des vom Beklagten unterzeichneten Bestellzettels abgedruckt sind, heißt es u.a.:</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">Bei Beschädigung wird der Kaufpreis + Leihgebühr erhoben. Bei Nichteinhaltung des Rückgabetermins wird eine Nachgebühr berechnet. Diese richtet sich nach dem Leihpreis und der Dauer des Überzuges.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat die Kassetten, deren Kaufpreis insgesamt 1.077,30 DM einschließlich Mehrwertsteuer betrug, bis heute nicht zurückgegeben. Die Klägerin erwirkte gegen den Beklagten wegen der Überziehung des Rückgabetermins für die Zeit vom 12. Januar 1985 bis 15. März 1985 einen rechtskräftig gewordenen Vollstreckungsbescheid über einen Betrag von 648,-- DM (3 B 1066/85 xxx). Im vorliegenden Verfahren nimmt die Klägerin den Beklagten auf Zahlung einer weiteren Entschädigung für die Zeit vom 16. März 1985 bis 15. Juli 1986 in Anspruch und verlangt auch für diese Zeit je Kassette 3,-- DM pro Tag Entschädigung, insgesamt 5.814,-- DM, ferner den vollen Kaufpreis für die Kassetten.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">den Beklagten zu verurteilen, an sie 6.891,30 DM nebst 9,25 %<i> </i>Zinsen seit dem 15. Juli 1986 und 10,-- DM vorgerichtlicher Kosten zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht, auf dessen Urteil vom 29. Januar 1987 zur weiteren Darstellung des Tatbestandes Bezug genommen wird, hat der Klägerin den Kaufpreis für die Kassetten in Höhe von 1.077,30 DM zugesprochen und die Klage im übrigen abgewiesen. Es hat gemeint, eine weitere Nutzungsentschädigung als die bereits rechtskräftig titulierte stehe der Klägerin nicht zu. Die Klägerin sei verpflichtet gewesen, nach zwei Monaten zur Verhinderung eines höheren Schadens eine Ersatzbeschaffung vorzunehmen. Wenn sie das nicht getan habe, habe sie schuldhaft gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen und könne eine weitere Nutzungsentschädigung nicht verlangen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, die meint, sie könne auch über den Zeitraum von zwei Monaten hinaus Nutzungsentschädigung in Höhe des Mietzinses verlangen. Wegen der Einzelheiten ihres Vorbringens wird auf die Berufungsbegründung vom 14. Mai 1987 (Bl. 60 ff. d.A.) Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">in Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an sie unter Einbeziehung des bereits ausgeurteilten Betrages insgesamt 6.921,30 DM nebst 9,25 %<i> </i>Zinsen seit dem 15. Juli 1986 sowie 10,-- DM vorgerichtliche Kosten zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt Zurückweisung der Berufung.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe</u></b></p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin ist nicht berechtigt, über die ihr bereits zuerkannten 648,-- DM hinaus Mietzins für die Zeit nach Vertragsablauf vom Beklagten zu verlangen. Dem grundsätzlich bestehenden Anspruch der Klägerin, bei verspäteter Rückgabe aufgrund ihrer Geschäftsbedingungen oder nach § 557 BGB Schadensersatz in Form der Fortzahlung des Mietzinses verlangen zu können, steht - wie das Landgericht zutreffend angenommen hat - § 254 BGB entgegen. Die Klägerin hat einen Schaden, der ihr möglicherweise dadurch entstanden ist, daß sie die vom Beklagten einbehaltenen Kassetten nach dem 16. März 1985 nicht anderweitig vermieten konnte, selbst verschuldet und kann deshalb vom Beklagten nicht die Zahlung weiteren Mietzinses verlangen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">1.) </p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Der nach § 557 BGB fortzuzahlende Mietzins kann grundsätzlich nach § 254 BGB wegen Mitverschuldens des Vermieters begrenzt werden. Gleiches gilt auch für die nach den Geschäftsbedingungen der Klägerin zu zahlende "Nachgebühr", denn die in den Geschäftsbedingungen getroffene Regelung entspricht der gesetzlichen Regelung des § 557 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">§ 557 BGB regelt seinem rechtlichen Charakter nach einen Schadensersatzanspruch, wenn auch der Anspruch in den Voraussetzungen vereinfacht und seinem Umfang nach pauschaliert ist. Daß es sich in § 557 BGB um einen Schadensersatzanspruch handelt, folgt schon daraus, daß nach Abs. 1 S. 2 die Geltendmachung eines "weiteren Schadens" nicht ausgeschlossen ist, d.h. in § 557 BGB wird ein Mindestschaden in Höhe des Mietzinses fingiert. Wenn der Höhe nach ein Mindestschaden unterstellt wird, so schließt dies nicht aus, ein Mitverschulden des Vermieters bei der Schadensverursachung zu berücksichtigen, ihm also einen Anspruch zu versagen, wenn er es überwiegend selbst zu vertreten hat, daß ein Schaden überhaupt entstanden ist. Von Instanzgerichten mehrfach angenommen worden ist ein Mitverschulden des Vermieters in Fällen, in denen die Mietsache untervermietet war und der Untermieter den Besitz nicht aufgab. Dem Vermieter ist dann als Mitverschulden angelastet worden, wenn er es unterlassen hatte, den Untermieter auf Rückgabe zu verklagen, obwohl er die Möglichkeit dazu hatte, der Hauptmieter indessen vertraglich gebunden war und nicht mit Aussicht auf Erfolg klagen konnte (vgl. die Nachweise bei Erman/Schopp, BGB, § 557 Rz. 2; a. A. i. E. BGH NJW 1984, S. 1527, ohne aber den Ansatz des § 254 BGB in Frage zu stellen; vgl. auch Salje DB 1983 S. 2454). Der Anwendbarkeit von § 254 BGB steht auch nicht entgegen, daß § 557 BGB selbst ein Verschulden des Mieters nicht voraussetzt. § 254 BGB findet schon nach seinem klaren Wortlaut nicht nur auf Schadensersatzansprüche Anwendung, die ein Verschulden erfordern.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">2.)</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Im vorliegenden Fall trifft die Klägerin zwar kein Verschulden daran, daß sie die Kassetten nicht zurückbekommen hat. Ihr ist aber als Mitverschulden anzulasten, daß sie nicht in angemessener Zeit für eine Ersatzbeschaffung gesorgt und dadurch den durch die Nichtrückgabe entstandenen Schaden -ein solcher hier unterstellt - unverhältnismäßig in die Höhe getrieben hat. Auch bei dieser Fallgestaltung handelt es sich um ein Mitverschulden bei der Schadensentstehung, so daß im Ansatz § 254 BGB anwendbar ist. Es kann bei der Vermietung beweglicher Sachen nicht hingenommen werden, daß bei nicht rechtzeitiger Rückgabe auf Jahre hinaus weiter Mietzins gezahlt werden muß und somit ein Schaden verursacht wird, der - wie hier - den Wert der Mietsache um ein Vielfaches übersteigt. Der Vermieter ist in einem solchen Fall und bei einem sich derart abzeichnenden unverhältnismäßig hohen Schaden gehalten, sich einen Ersatz zu beschaffen (so im Ergebnis auch OLG Hamm - 4. Zivilsenat - ZMR 1977 S. 372). Die Klägerin hätte aus diesen Erwägungen heraus spätestens nach zwei Monaten - bis dahin ist ihr bereits Mietzins zuerkannt - eine Ersatzbeschaffung auf Kosten des Beklagten vornehmen müssen. Der Zeitraum, nach dem eine Ersatzbeschaffung vernünftigerweise zu erfolgen hat, läßt sich nicht generell festlegen, sondern bestimmt sich vor allem nach dem Mietgegenstand. Video-Kassetten, wie sie hier vermietet worden sind, dienen regelmäßig nur einer kurzen Nutzung durch den Mieter. So war auch hier die Mietdauer - wie schon zuvor in mehreren Fällen - auf einen Tag vereinbart. Wer eine Video-Kassette über einen längeren Zeitraum nutzen will, wird diese in der Regel erwerben und nicht mieten, weil der Kaufpreis gewöhnlich niedriger ist als der über eine längere Zeit zu zahlende Miete. Der Vermieter von Video-Kassetten muß deshalb nach Ablauf einer Zeit, nach der ein vernünftiger Mieter für die Kassette keine Verwendung mehr hat und aus diesem Grunde anzunehmen ist, daß der Rückgabe dauernde Hindernisse entgegenstehen, den Mieter mahnen, wie es z.B. bei Öffentlichen Bibliotheken regelmäßig nach Überschreiten der Mietzeit geschieht. Er muß, falls keine Reaktion auf die Mahnung erfolgt, eine Frist zur Rückgabe setzen und nach deren fruchtlosem Ablauf eine Ersatzbeschaffung vornehmen. Die Kosten dafür einschließlich eventueller Kreditkosten hat im Ergebnis gemäß § 286 Abs. 2 BGB der Mieter zu tragen, die Kosten der Mahnung nach § 286 Abs. 1 BGB desgleichen. Nur durch eine solchermaßen rechtzeitige Ersatzbeschaffung kann der Vermieter seiner Verpflichtung nachkommen, den Schaden nicht unverhältnismäßig anwachsen zu lassen, nachdem mit einer Rückgabe vernünftigerweise nicht mehr zu rechnen ist.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Der Senat konnte offenlassen, nach welcher Zeit bei der Art der vermieteten Kassetten im vorliegenden Fall ein vernünftiger Mieter dafür keine Verwendung mehr haben konnte. Zumindest nach Ablauf eines Monats hätte vernünftigerweise die Rückgabe angemahnt werden müssen, nach allerspätestens zwei Monaten hätte die Ersatzbeschaffung erfolgt sein können, so daß der Klägerin über diese Zeit hinaus kein Schadensersatz - auch nicht in Form von Mietzins - zusteht.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Berufung der Klägerin war deshalb mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich § 708 Ziff. 10 ZPO. Die gem. § 546 Abs. 2 ZPO festzusetzende Beschwer beträgt 5.844,-- DM.</p>
|
315,455 | olgham-1987-07-09-1-uf-6787 | {
"id": 821,
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"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 1 UF 67/87 | "1987-07-09T00:00:00" | "2019-03-13T14:56:14" | "2019-03-27T09:43:04" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1987:0709.1UF67.87.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Antragsgegners wird das am 9. Dezember 1986 verkündete Urteil des Amtsgerichts Ahaus einschließlich der zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.</p>
<p></p>
<p>Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Berufungsverfahrens - an das Amtsgericht zurückverwiesen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Tatbestand</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines gerichtlichen Vergleichs. Im Verbundverfahren waren anhängig Scheidung, Sorgerecht, Versorgungsausgleich und nachehelicher Unterhalt. Über die Folgesache Unterhalt schlossen die Parteien im Termin vom 22.8.1986 einen Vergleich, wonach sich der Antragsgegner zur Zahlung einer Untenhaltsrente von mtl. 800,- DM an die Antragstellerin verpflichtete. Dem Antragsgegner wurde zugleich eine Widerrufsfrist bis zum 09.9.1986 eingeräumt.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Mit Schriftsatz vom 28.8.1986 teilte der Prozeßbevollmächtigte des Antragsgegners dem Gericht mit, daß sich die Bevollmächtigten der Parteien geeinigt hätten, die Widerrufsfrist für den Antragsgegner bis zum 25.9.1986 zu verlängern. Durch Verbundurteil vom 12.9.1986 hat das Amtsgericht die Ehe der Parteien geschieden, das Sorgerecht für ein Kind geregelt und den Versorgungsausgleich durchgeführt.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Mit Schriftsatz vom 23.9.1986, eingegangen am 24.9.1986, hat der Antragsgegner den Vergleich vom 22.8.1986 widerrufen und um Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung gebeten. </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Er hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">das Verfahren bezüglich der Folgesache Unterhalt fortzusetzen. </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin hat hierzu keinen Antrag gestellt.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Durch das angefochtene Urteil hat das Amtsgericht festgestellt, daß die Folgesache Unterhalt durch den Vergleich vom 22.8.1986 erledigt sei. Der vom Antragsgegner erklärte Widerruf sei unwirksam, weil er nach Ablauf der Widerrufsfrist eingegangen sei. Die von den Parteien vereinbarte Verlängerung der Widerrufsfrist hätte der gerichtlichen Protokollierung bedurft.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Hiergegen richtet sich die Berufung des Antragsgegners. Er vertritt die Auffassung, das Gericht sei an die von den Parteien vereinbarte Verlängerung der Widerrufsfrist gebunden gewesen mit der Folge, daß der Vergleich wirksam widerrufen worden sei.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Er beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">1) das angefochtene Urteil aufzuheben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen,</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">2) hilfsweise, festzustellen, daß die Folgesache Unterhalt nicht durch Vergleichs vom 20.8.1986 erledigt sei,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">3) weiterhin hilfsweise, die Klage abzuweisen</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">4) und weiterhin hilfsweise,</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">über die Scheidung, die elterliche Sorge und den Versorgungsausgleich nicht zu entscheiden, ohne daß gleichzeitig in der Folgesache Unterhalt entschieden wird.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Antragsgegnerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Sie entgegnet, das Amtsgericht habe zutreffend die Erledigung der Folgesache Unterhalt festgestellt. Der Widerruf des Vergleichs sei verspätet erfolgt, denn die Verlängerung der Widerrufsfrist sei ohne die erforderliche gerichtliche Protokollierung unwirksam.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe</u></b></p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg, sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Da die Parteien über die Wirksamkeit des gerichtlichen Vergleichs vom 22.8.1986 streiten, ist von dem Prozeßgericht über dessen Beendigung zu befinden (vgl. BGHZ 87, 230; 86 188; 46, 277). Die Folgesache Unterhalt ist durch den Vergleich vom 22.8.1986 nicht beendet, denn der Antragsgegner hat den Vergleich - nach zulässiger Verlängerung der Widerrufsfrist - wirksam widerrufen. Das angefochtene Urteil, welches die Beendigung des Prozesses feststellt, muß daher aufgehoben werden. Der in der Folgesache Unterhalt ist durch Sachentscheidung fortzuführen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Maßgebend für die Entscheidung dieses Rechtsstreits war die Frage, ob die in einem gerichtlichen Vergleich vereinbarte Widerrufsfrist ohne Mitwirkung des Gerichts allein durch Parteivereinbarung verlängert werden kann oder ob es hierfür einer gerichtlichen Protokollierung bedarf. Nach vorherrschender Meinung können die Parteien über die Widerrufsfrist beliebig verfügen, sie also auch vor deren Ablauf verlängern (KGJW 1930, 2801; BGH NJW 1974, 108; Baumbach-Hartmann, ZPO, 45. Auflage, Anmerkung 1 zu § 224; Thomas-Putzo, ZPO, 14. Auflage, Anmerkung 1 zu § 224; Zöller-Stöber, ZPO, 15. Auflage, Randnummer 10 zu § 794; Stein-Jonas-Schuhmann, ZPO, Randziffer 5 zu § 224; Rosenberg-Schwab, ZPO, 14. Auflage, § 132 III 2 i; Bonin, Der Prozeßvergleich, Seite 50). Wieczorek (ZPO, § 794 C IV a 8) und Bergerfurth (NJW 1969, 1799) stellen darüber hinaus ausdrücklich klar, daß es zur Wirksamkeit einer derartigen Fristverlängerung keiner Mitwirkung des Gerichts bedürfe. Dieser Auffassung, die im Ergebnis wohl auch vom BGH (NJW 1974, 108 und bestätigt in NJW 1980, 1752) vertreten wird, schließt sich der Senat an; der Gegenmeinung (Verwaltungsgericht Hamburg, MDR 1982, 962 und Baumbach-Hartmann, a.a.O., Anmerkung 6 C Anhang zu § 307), die eine gerichtliche Protokollierung der Verlängerungsvereinbarung verlangt, kann nicht gefolgt werden: </p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Widerrufsfrist hat vertraglichen Charakter, sie ist Gegenstand des sachlich-rechtlichen Vergleichsinhalts (BGH NJW 1967, 440 und Zöller-Stöber, a.a.O., Randziffer 10 zu § 794 mit weiteren Nachweisen). Die Gerichte haben nicht die Möglichkeit, die Widerrufsfrist vor deren Ablauf entweder von Amts wegen oder - etwa gemäß § 224 ZPO - auf Antrag der Parteien zu verlängern. Dieses Recht steht ausschließlich den Parteien zu (BGH NJW 1974, 107: Stein-Jonas-Münzberg, a.a.O., Fußnote 267 zu § 794 mit weiteren Nachweisen).</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Aus dem vertraglichen Charakter der Widerrufsfrist folgt ferner, daß gegen die Versäumung der in einem Prozeßvergleich vereinbarten Widerrufsfrist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht möglich ist (BGH NJW .1974, 107; Baumbach-Hartmann, a.a.O., Anmerkung 3 B Anhang § 307 mit weiteren Nachweisen). Notwendiges Korrelat dieser Versagung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand muß daher die freie Verfügbarkeit der Parteien über die Widerrufsfrist ohne gerichtliche Mitwirkung sein. Das Erfordernis einer gerichtlichen Protokollierung würde diese freie Verfügbarkeit in nicht hinnehmbarem Maße beschneiden. Denn die Parteien müssen die ursprüngliche Widerrufsfrist für die - zulässige - außergerichtliche Vereinbarung ihrer Verlängerung voll, d.h. bis zum letzten Tage, ausnützen können; dies wäre aber bei einem Erfordernis der gerichtlichen Protokollierung technisch undurchführbar.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">c)</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Auch unter dem Gesichtspunkt der prozessualen Wirkung des Vergleiches ist eine gerichtliche Protokollierung der außergerichtlich vereinbarten Verlängerung nicht erforderlich. Nach der zu den Gerichtsakten angezeigten Vereinbarung der Fristverlängerung besteht hinsichtlich der prozeßerledigenden Wirkung des Vergleiches keine Rechtsunsicherheit. Die Frage, ob eine Anzeige zu den Gerichtsakten nach Fristablauf ausreicht, wenn die Vereinbarung rechtzeitig vorher getroffen war, kann hier offen bleiben.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">2)</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die Parteien haben daher durch ihre Prozeßbevollmächtigten die ursprüngliche Widerrufsfrist (9. September) wirksam bis zum 25. September 1986 verlängert und dies vor Fristende dem Gericht angezeigt. Daraus folgt, daß der Antragsgegner mit seinem Schriftsatz vom 23.9.1986 den Vergleich vom 22.8.1986 wirksam widerrufen hat. Die Folgesache Unterhalt ist nicht beendet, das Amtsgericht hat jetzt in der Sache zu entscheiden. Hält nämlich, wie hier, erst das Berufungsgericht den Widerruf für wirksam, dann ist eine Zurückverweisung zulässig (vgl. Baumbach-Hartmann, a.a.O., Anmerkung 6 C Anhang zu § 307 unter Hinweis auf BAG NJW 1969, 2221). Von dieser Möglichkeit macht der Senat in entsprechender Anwendung des § 538 Abs. 1 Nr. 2 ZPO Gebrauch, weil das Amtsgericht zur Sache selbst noch nicht entschieden hat und den Parteien bei einer Sachentscheidung durch den Senat eine Instanz verloren ginge.</p>
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315,456 | lagk-1987-07-07-9-ta-12887 | {
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"name": "Landesarbeitsgericht Köln",
"slug": "lagk",
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"level_of_appeal": null
} | 9 Ta 128/87 | "1987-07-07T00:00:00" | "2019-03-13T14:56:15" | "2019-03-27T09:43:04" | Beschluss | ECLI:DE:LAGK:1987:0707.9TA128.87.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die sofortige Beschwerde des Beklagten vom 4.6.1987 gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Köln vom 27.05.1987 - 17 Ca 545l/86 - wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Gründe</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I. Der Beklagte ist durch rechtskräftiges, am 3.2.1987 zugestelltes Urteil des Arbeitsgerichts Köln von 9.11.1986 unter Ziff. 2 verurteilt worden, die Klägerin zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Lehrerin an der Sonderberufsschule mit einer Unterrichtsstundenzahl von wöchentlich 13 Stunden weiterzubeschäftigen. Der Beklagte hat die Klägerin mit Schreiben vom 24.3.1987 mit der Begründung, im Jugenddorf F   sei eine adäquate Stelle für die Mitarbeit der Klägerin nicht vorhanden, in das Jugenddorf O   versetzt.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Auf Antrag der Klägerin vom 6.3.1987 hat das Arbeitsgericht durch Beschluß vom 27.5.1987 dem Beklagten gem. § 888 ZPO für den Fall, daß er die Klägerin nicht spätestens ab 9.6.1987 als Lehrerin an der Sonderberufsschule im Jugenddorf F   mit einer Unterrichtsstundenzahl von 13 Stunden wöchentlich beschäftigt, ein Zwangsgeld in Höhe von 5.050,-- DM (entsprechend drei Brutto-Monatsgehältern der Klägerin) angedroht. Gegen diesen dem Prozeßbevollmächtigten des Beklagten am 29.5. 1987 zugestellten Beschluß hat der Beklagte sofortige Beschwerde eingelegt, die am 5.6.1987 beim Arbeitsgericht Köln und am 9.6.1987 beim Landesarbeitsgericht eingegangen ist.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Mit der Beschwerde vertritt der Beklagte die Auffassung, daß die in Ziff. 2 des Urteils vom 10.11.1986 tenorierte Verpflichtung des Beklagten zur Weiterbeschäftigung dahin auszulegen sei, daß die Weiterbeschäftigung zu den Bedingungen des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsvertrages erfolgen müsse. Eine Verpflichtung zu einer Weiterbeschäftigung der Klägerin im Jugenddorf F   sei nicht statuiert worden. Da eine Stelle für die Klägerin in dieser Einrichtung nicht verfügbar gewesen sei, habe die Beklagte von dem in  Arbeitsvertrag eingeräumten Versetzungsrecht Gebrauch gemacht und die Klägerin in eine andere Einrichtung versetzt.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Dia Klägerin ist dieser Beschwerdebegründung entgegengetreten und hat ausgeführt, das erstinstanzliche Urteil sei hinsichtlich seines Wortlauts und des Umfangs dar Weiterbeschäftigungsverpflichtung eindeutig .Vorsorglich sei auch die Auffassung des Beklagten zu bestreiten, daß der arbeitsvertragliche Versetzungsvorbehält zu einer Erweiterung des Direktionsrechts führe.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">II. Die nach § 793 ZPO, 78 ArbGG statthafte Beschwerde ist</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">form- und fristgerecht von dem Beklagten eingelegt worden, somit zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Zutreffend geht der angefochtene Beschluß davon aus, daß die Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung eines Arbeitnehmers die Verpflichtung zur Vornahme einer unvertretbaren Handlung ist und damit nicht nach § 894 ZPO, sondern nach § 838 ZPO durch Androhung und Festsetzung von Zwangsgeldern zu vollstrecken ist; dies entspricht der in der Praxis völlig herrschenden Meinung (vgl. Thieme, NzA, Beilage 3/1986, S.22, 23 m.N.). Richtig ist auch die Androhung eines Zwangsgeldes in einem Betrag, da bei der Zwangsgeldandrohung nicht auf die noch unbestimmten Tage der Zuwiderhandlung abgestellt werden darf, sondern stets auf einen festen Betrag (Thieme, a.a.O.; LAG Frankfurt/Main, Beschluß vom 2S.5.1986 - BB 1987, S. 412; LAG Hamm vom 22.1.1988 - l Ta 399/85; LAG Düsseldorf vom 14.3.1985 - 7 Ta 59/85).</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes bewegt sich in dem durch § 888 Abs. l S. 2 ZPO vorgegebenen Rahmen und ist nicht ermessensfehlerhaft.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die in dem Beschluß angeordnete Weiterbeschäftigung der Klägerin in der Sonderberufsschule im Jugenddorf F  entspricht dem Tenor des Urteils vom 10.11.1986. Der Umfang der Zwangsvollstreckung richtet sich nach dem Tenor des Weiterbeschäftigungsurteils, unklare Tenorierungen wie "Weiterbeschäftigung zu unveränderten Bedingungen" ohne nähere Konkretisierung in den Entscheidungsgründen können dazu führen, daß die Entscheidung insgesamt nicht vollstreckungsfähig ist</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">(vgl. LAG Rheinland-Pfalz, NzA 1986, S. 196). Im vorliegenden Fall ist im Urteil die   Weiterbeschäftigungsverpflichtung dahingehend konkretisiert worden, daß die Beschäftigung der Klägerin „als Lehrerin an der Sonderberufsschule“ wenn auch im Tenor ohne den Zusatz "im Jugenddorf F   " erfolgen soll. Aus Tatbestand und Entscheidungsgründen des Urteils ergibt sich, daß die Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung sich nur auf eine Beschäftigung an der Sonderberufsschule im Jugenddorf F   beziehen kann. Die Klägerin ist aufgrund des im Tatbestand erwähnten Arbeitsvertrages vom 13.8.1984 als Lehrerin an dieser Schule eingestellt worden, auch mit Abschluß des Arbeitsvertrages vom 10.6.1985 ist eine Veränderung des Beschäftigungsorts nicht erfolgt. Im Erkenntnisverfahren stand somit zwischen den Parteien des Rechtsstreits eine Beschäftigung der Klägerin an einem anderen Beschäftigungsort überhaupt nicht zur Debatte.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Soweit der Beklagte sich auf die zwischenzeitlich mit Schreiben vom 24.3.1986 durchgeführte Versetzung der Klägerin an eine andere Einrichtung des Beklagten beruft, verkennt er, daß die Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung in dem oben angeführten Umfang rechtskräftig festgestellt ist. Einwendungen gegen Inhalt und Umfang einer festgestellten Verpflichtung können grundsätzlich nicht im Zwangsvollstreckungsverfahren nach § 888 ZPO, sondern nur im Erkenntnisverfahren geltend gemacht werden. Da nach Eintritt der Rechtskraft keine Möglichkeit für den Beklagten mehr besteht, diese Einwendung mit der Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil zu erheben, verbleibt hier nur die Möglichkeit einer Vollstreckungsgegenklage gem. § 767 ZPO (vgl. BAG, Urteil vom 28.3.1985, NzA 1985, S. 709).</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte bestreitet im übrigen nicht das Bestehen der tatsächlichen Möglichkeit einer Beschäftigung der Klägerin, auf die es allein ankommt. Allenfalls die nachträgliche Unmöglichkeit der Weiterbeschäftigung oder der Fall eines echten Wegfalls des Arbeitsplatzes, der in der Praxis allerdings nur in Ausnahmefallen vorliegen dürfte, könnte einer Zwangsvollstreckung nach § 888 ZPO entgegenstehen (vgl. Thieme</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">a.a.O., S. 23). Demgegenüber wandet der Beklagte im vorliegenden Verfahren nur ein, daß die von der Klägerin bislang wahrgenommene Stelle in Wegfall geraten und eine andere adäquate Stelle im Jugenddorf F   für sie nicht vorhanden ist. Die tatsächliche Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung ist jedoch nicht von Vorhandensein einer Stelle oder deren Finanzierung abhängig.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Gegen diesen Beschluß ist kein Rechtsmittel gegeben, § 70 ArbGG.</p>
|
315,457 | ovgnrw-1987-06-30-22-a-268483 | {
"id": 823,
"name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen",
"slug": "ovgnrw",
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"state": 12,
"jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": null
} | 22 A 2684/83 | "1987-06-30T00:00:00" | "2019-03-13T14:56:17" | "2019-03-27T09:43:04" | Urteil | ECLI:DE:OVGNRW:1987:0630.22A2684.83.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.</p>
<p>Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Die Revision wird nicht zugelassen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Tatbestand:</span></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin ist Eigentümerin des von ihr bewohnten Hausgrundstücks. Dieses ist an das von der Energie- und Wasserversorgung Gesellschaft mit beschränkter Haftung in (EWB) betriebene Wasserversorgungsnetz angeschlossen. Da die Klägerin das Wasserversorgungsverhältnis mit der EWB gekündigt hatte, forderte der Beklagte sie durch Verfügung vom 25. Januar 1982 auf, den gesamten Wasserbedarf für das Hausgrundstück ab 1. Februar 1982 ausschließlich über den bestehenden Anschluß aus der Wasserversorgungsanlage zu decken. Der Beklagte stützte die Aufforderung auf die Satzung der Stadt über den Anschluß an die öffentliche Wasserversorgungsanlage (Anschlußsatzung) vom 1. August 1974. Zugleich drohte er ein Zwangsgeld in Höhe von 100,-- DM an, falls die Klägerin der Aufforderung nicht nachkäme.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Während des Widerspruchsverfahrens beantragte die Klägerin, sie vom Benutzungszwang bzw. von der Benutzung zu befreien; hierfür berief sie sich u.a. auf die Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser (AVBWasserV) vom 20. Juni 1980 (BGBl 1 S. 750).</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Durch Bescheid vom 8. Juli 1982 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück; zugleich lehnte er den Befreiungsantrag ab. Als Grundlage seines Vorgehens bezeichnete er jetzt die Satzung der Stadt über den Anschluß an die öffentliche Wasserversorgungsanlage vom 25. März 1982. Diese Satzung war mit gleichem Inhalt an die Stelle der Satzung vom 1. August 1974 und der Ersten Änderungssatzung vom 22. Dezember 1981 getreten, weil das Verwaltungsgericht Minden das bisherige Satzungsrecht für nichtig erklärt hatte; an der Beschlußfassung des Rates der Stadt hatten davon ausgeschlossene Ratsmitglieder mitgewirkt.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Zur Begründung der am 23. Juli 1982 erhobenen Klage hat die Klägerin vorgetragen: Die Anordnung des Benutzungszwanges sei rechtswidrig, weil die Anschlußsatzung hinsichtlich des Benutzungszwanges nichtig sei. Sie verstoße gegen das Kündigungsrecht gemäß § 32 Abs. 1 der AVBWasserV. Die hilfsweise erstrebte Verpflichtung des Beklagten, sie vom Benutzungszwang zu befreien, sei gerechtfertigt, weil das Wasser aus ihrem Hausbrunnen besser sei als das von der EWB gelieferte Wasser.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">die Verfügung des Beklagten vom 25. Januar 1982 und den Widerspruchsbescheid vom 8. Juli 1982 aufzuheben,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">hilfsweise,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">den Beklagten zu verpflichten, ihr Befreiung vom Benutzungszwang betreffend die öffentliche Wasserversorgungsanlage zu gewähren.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Er hat die angefochtenen Verwaltungsakte und die Ablehnung des Befreiungsantrages als rechtmäßig verteidigt.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Durch das angefochtene Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Gegen diese ihr am 19. August 1983 zugestellte Entscheidung richtet die Klägerin die am 12. September 1983 eingegangene Berufung. Zu deren Begründung führt sie aus: Auch die Satzung vom 25. März 1982 sei nichtig, weil ausgeschlossene Ratsmitglieder an der Sitzung ihrer Fraktion teilgenommen hätten, in der der Entwurf der neuen Satzung erörtert worden sei. Das in § 32 Abs. 1 AVBWasserV enthaltene Kündigungsrecht beider Seiten sei nicht nur in der Satzung, sondern auch in den Allgemeinen Bedingungen für die Versorgung mit Wasser aus dem Wasserversorgungsnetz der Energie- und Wasserversorgung GmbH (AVBWasser) nicht enthalten; vielmehr sei danach eine Kündigung durch den Kunden so lange schwebend unwirksam, bis seine Befreiung vom Anschluß- und Benutzungszwang durch einen Bescheid der Gemeinde unanfechtbar feststehe. Die Nichtigkeit dieser Bedingung erfasse die Anschlußsatzung, weil nach deren § 1 Abs. 2 die AVBWasser der EWB Bestandteil der Satzung sei.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem Klageantrage nur nach dem erstinstanzlichen Hauptantrage zu erkennen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Er tritt der Berufung entgegen und hebt hervor, gemäß § 3 Abs. 32 Abs. 1 AVBWasserV sei der Benutzungszwang wohl dem Umfange, nicht aber dem Grunde nach einschränkbar.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Wegen aller weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. Die Akten sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Entscheidungsgründe:</span></p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die verfahrensrechtlich unbedenkliche Berufung führt in der Sache nicht zum Erfolge, weil die mit dem Hauptantrage angefochtenen Verwaltungsakte rechtmäßig sind.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die in der Verfügung des Beklagten vom 25. Januar 1982 ausgesprochene Aufforderung, die Klägerin solle den gesamten Wasserbedarf ausschließlich aus der Wasserversorgungsanlage der EWB decken, entspricht dem in § 7 der für die Entscheidung maßgeblichen Anschlußsatzung vom 25. März 1982 angeordneten Benutzungszwang. Dessen Voraussetzung ist erfüllt, da nämlich das Grundstück der Klägerin an die Wasserversorgungsanlage angeschlossen ist.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">§ 7 der bezeichneten Satzung ist gültiges Ortsrecht.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Seine Wirksamkeit steht nicht deshalb in Frage, weil die von der Klägerin bezeichneten Mitglieder des Rates der Stadt an der den Erlaß der Satzung vorbereitenden Sitzung ihrer Fraktion teilgenommen haben. Das Mitwirkungsverbot nach § 30 Abs. 2 Satz 1, 23 Abs. 2 Ziffer 1 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NW) beschränkt sich auf "die Tätigkeit als Mitglied des Rates, einer Bezirksvertretung und eines Ausschusses", erstreckt sich dagegen nicht auf die Teilnahme an einer Fraktionssitzung.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Über die Rechte und Pflichten der Ratsfraktionen verhält sich § 30 Abs. 7 GO NW. Diese Bestimmung ist mit Wirkung vom 1. Januar 1975 durch Artikel I Ziffer 9 d des Gesetzes zur Änderung der Gemeindeordnung, der Kreisordnung und anderer kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften des Landes Nordrhein-Westfalen vom 29. Oktober 1974 (GV NW Seite 1050) dem § 30 GO NW angefügt worden. Da der Gesetzgeber davon abgesehen hat, anders als durch § 30 Abs. 2 aa0, die §§ 22 bis 24 aa0 für anwendbar zu erklären, gelten diese, die Rechte der Ratsmitglieder einschränkenden Bestimmungen nicht für deren Tätigkeit innerhalb der jeweiligen Fraktion.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Diese bereits nach dem eindeutigen Wortlaut der gesetzlichen Vorschriften gebotene Auslegung entspricht dem Gesetzeszweck. Durch die §§ 30 Abs. 2, 23 GO NW will der Gesetzgeber Interessenkonflikte vermeiden und sicherstellen, daß die für die Gemeinde zur Entscheidung berufenen Amtsträger unbeeinflußt von eigenen persönlichen Interessen handeln. Entscheidungen mit Wirkung für die Gemeinde werden aber in der Fraktion noch nicht getroffen; die Abstimmung der Fraktionsmitglieder untereinander dient vielmehr erst der Vorbereitung des gemeindlichen Entscheidungsprozesses.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Eine Garantie dafür, daß Amtsträger, in deren Person kein Ausschließungsgrund vorliegt, stets unbeeinflußt von jedem im Vorfeld des Entscheidungsprozesses an sie herangetragenen Interesse Dritter handeln, will die Gemeindeordnung nicht übernehmen.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Mithin ist die Gültigkeit der Satzung der Stadt über den Anschluß an die öffentliche Wasserversorgungsanlage vom 25. März 1982 wegen der vom Kläger geltend gemachten vermeintlichen Verfahrensfehler nicht in Frage gestellt.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Der durch § 7 der bezeichneten Satzung angeordnete Benutzungszwang besteht auch inhaltlich zu Recht. Er stellt die folgerichtige Fortsetzung des in § 5 der Satzung wirksam angeordneten Anschlußzwanges dar. Der Senat hat in seiner den Parteien bekannten Rechtsprechung zu den vergleichbaren Anschlußsatzungen der Gemeinden und die Gültigkeit des Anschlußzwanges bejaht.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Vgl. Urteil vom 28. November 1986 - 22 A 2451/81, 22 A 1206/81 und 22 A 1225/81 -.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Er ist von einer gültigen Ermächtigungsgrundlage in Gestalt des § 19 Satz 1 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen ausgegangen, wenn die Gemeinde ein öffentliches Bedürfnis für die Anordnung des Anschlußzwanges aus Gründen der Volksgesundheit in Anspruch nimmt; er hat die Annahme eines solchen Bedürfnisses für den Versorgungsbereich der EWB und damit auch für das Gebiet der Stadt für rechtsfehlerfrei gehalten und die Anordnung des Anschlußzwanges durch die Regelungen der AVBWasserV, namentlich durch die gemäß § 35 Abs. 1 Halbs. 1 aa0 zu berücksichtigenden Rechte des Kunden zur Beschränkung des Wasserbezugs (§ 3 Abs. 1 Satz 1 aa0) und zur Kündigung des Versorgungsverhältnisses (§ 32 Abs. 1 aa0), als nicht berührt angesehen. Dazu heißt es:</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Die aus § 3 Abs. 1 AVBWasserV folgende Pflicht des Versorgungsunternehmens, dem Kunden im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren die Möglichkeit einzuräumen, den Wasserbezug auf den von ihm gewünschten Verbrauchszweck oder einen Teilbedarf zu beschränken, wirkt sich auf den Anschlußzwang nicht aus, weil sie allenfalls Ansprüche auf eine Benutzungsbeschränkung, nicht aber auf eine - vollständige – Befreiung von der Benutzung begründet. Soweit es hingegen das in § 32 AVBWasserV vorgesehene Kündigungsrecht des Kunden angeht, vermag § 35 Abs. 1 aa0 schon aus kompetenzrechtlichen Gründen eine Pflicht der Gemeinde zur Lockerung <em>des</em> Anschlußzwanges nicht auszulösen, weil andernfalls die bundesrechtlich nicht eingeschränkte landesrechtliche Ermächtigung zur Einführung der Anschlußpflicht in § 19 GO NW praktisch leerliefe.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Aus den gleichen Gründen zwang § 3 Abs. 1 AVBWasserV die Gemeinde auch nicht, von vornherein auf einen Benutzungszwang zu verzichten. Der rechtsfeherlfrei angeordnete Anschlußzwang ist nämlich ohne einen ‑ wenn auch ggf. auf Teilmengen zu beschränkenden - Zwang zur Benutzung sinnlos. Dementsprechend hat der Senat schon in seiner bezeichneten Rechtsprechung ausgeführt, daß die von der Klägerin angeführten Bestimmungen der AVBWasserV eine Verpflichtung, die Grundbelieferung mit Wasser entgegenzunehmen, nicht ausschließen.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Von einer solchen Verpflichtung geht auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aus.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Vgl. Beschluß vom 24. Januar 1986 - 7 CB 51 u. 52/85-, Hess. Städte- und Gemeindezeitung (HSGZ) 1986 Seite 213, sowie Urteile vom 11. April 1986- 7 C 50.83              Neue Zeitschrift für Verwaltungs-recht (NVwZ) 1986, Seite 754, u. - 7 C 57.84 -.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Die Voraussetzungen für eine vollständige Befreiung gemäß § 8 Abs. 1 der Satzung sind nicht dargetan, so daß sie der Benutzungsaufforderung des Beklagten auch nicht einredeweise entgegengehalten werden könnten. Dies hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Soweit § 8 Abs. 2 der Satzung eine Teilbefreiung vorsieht, genügt die Stadt auf diesem Wege dem Recht des Kunden zur Beschränkung des Wasserbezugs aufgrund des § 3 Abs. 1 Satz 1 AVBWasserV.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Die Androhung des Zwangsgeldes ist nicht zu beanstanden.</p>
|
315,458 | olgham-1987-06-29-22-u-42086 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
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"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 22 U 420/86 | "1987-06-29T00:00:00" | "2019-03-13T14:56:18" | "2019-03-27T09:43:04" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1987:0629.22U420.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Beklagten und die Anschlußberufung des Klägers gegen das am 7. Juli 1986 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Essen werden zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Berufungsrechtszuges, einschließlich der Kosten der Streithelferin xxx, trägt der Beklagte.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Dem Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 218.000,-- DM abzuwenden, sofern nicht der Kläger seinerseits in dieser Höhe Sicherheit leistet.</p>
<p></p>
<p>Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1.650,-- DM abzuwenden, sofern nicht der Beklagte in dieser Höhe Sicherheit leistet.</p>
<p></p>
<p>Die Beschwer des Beklagten beträgt 195.000,-- DM; die Beschwer des Klägers erreicht nicht 40.000,-- DM.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Tatbestand</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger kaufte von dem Beklagten durch Vertrag vom 26.11.1984 (Bl. 10 ff der Akten) das Grundstück Gemarkung xxx Flur xxx, Flurstück xxx, für 195.000,-- DM; der Kaufvertrag ist abgewickelt worden, und der Kläger nimmt den Beklagten auf Rückzahlung des Kaufpreises in Anspruch, nachdem er den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt hat mit der Begründung, das Kaufobjekt sei ihm nicht frei von Belastungen übereignet worden.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Im Kaufvertrag heißt es im Anschluß an die Vereinbarung eines Gewährleistungsausschlusses für Sachmängel: "Die Übertrag erfolgt im übrigen frei von sämtlichen Belastungen innerhalb und außerhalb des Grundbuches". Das Kaufgrundstück ist seit 1981 beschwert mit einer Baulast des Inhalts, daß drei von den fünf auf dem rückwärtigen Teil des im übrigen unbebauten Grundstücks errichteten Garagen den Bewohnern des bebauten Nachbargrundstücks Flurstück xxx zur Benutzung zur Verfügung stehen (Bl. 19 f der Akte). Mit Schreiben vom 7.11.1985 (Bl. 21 f der Akte) forderte der Kläger den Beklagten auf, diese Baulast spätestens bis zum 17.11.1985 zu beseitigen, und er drohte in diesem Schreiben dem Beklagten an, "vom Kaufvertrag zurückzutreten, den Kaufpreis zurückzuverlangen und im übrigen Schadensersatzansprüche geltend zu machen". Mit Schreiben vom 19.11.1985 (Bl. 22 f der Akte) erklärte der Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Das Flurstück xxx, das bei Abschluß des Vertrages vom 26.11.1984 ebenfalls dem Beklagten gehörte, hat dieser im April 1985 anderweitig veräußert (Bl. 36 der Akte); der Beklagte behauptet, ihm sei deswegen die Freistellung des Kaufobjekts von der Baulast nicht möglich.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte meint, die Belastung des Kaufobjekts mit einer Baulast sei ein Sachmangel, und er beruft sich auf Verjährung.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte behauptet, der Kläger habe bei Abschluß des Vertrages vom 26.11.1984 vom Bestehen der Baulast gewußt, er habe nämlich einige Tage vor der Vertragsbeurkundung bei einer Bank Einsicht in Wertgutachten genommen, in denen die Baulast erwähnt worden sei, er sei außerdem auf die Baulast von Beamten des Bauamts der Stadt xxx hingewiesen worden, als er sich vor Vertragsschluß über die bauliche Nutzbarkeit des Kaufobjekts informiert habe, und schließlich hätten die Parteien auch während der Beurkundungsverhandlung über die Baulast gesprochen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">In erster Instanz hat der Kläger einen Anspruch auf 195.000,-- DM nebst 8,5 % Zinsen seit dem 15.12.1984 verfolgt; nachdem der Beklagte die Einrede des Zurückbehaltungsrechts erhoben hatte, hat der Kläger hilfsweise Verurteilung des Beklagten zur Zahlung nur Zug um Zug gegen Rückauflassung des Kaufobjekts beantragt (Bl. 93 der Akte). Das Landgericht hat den Beklagten verurteilt, an den Kläger 195.000,-- DM nebst 8,5 % Zinsen seit dem 15.12.1984 zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückauflassung des Grundstücks Gemarkung xxx Flur xxx, Flurstück xxx und es hat im übrigen die Klage abgewiesen, von den erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits 1/5 dem Kläger auferlegt, 4/5 dem Beklagten. Wegen der Gründe und zur weiteren Sachdarstellung wird auf das angefochtene Urteil - einschließlich seiner Verweisungen - Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Mit seiner Berufung verfolgt der Beklagte den Antrag,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage insgesamt abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Kläger bittet, die Berufung zurückzuweisen, und mit seiner Anschlußberufung beantragt er,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die erstinstanzlichen Kosten in voller Höhe dem Beklagten aufzuerlegen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Zu diesem Antrag trägt der Kläger vor, er habe die Rückauflassungsverpflichtung niemals bestritten und er hätte, wenn der Beklagte sein Zurückbehaltungsrecht "rechtzeitig" geltend gemacht hätte, darauf im Rahmen seiner erstinstanzlichen Klageanträge Rücksicht genommen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Wegen des Vorbringens der Parteien im einzelnen wird auf ihre Schriftsätze und die Anlagen zu diesen Schriftsätzen Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat gemäß Beweisbeschluß vom 29.6.1987 die Zeugen xxx und xxx vernommen; wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Berichterstattervermerk verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe</u></b></p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der Klageanspruch ist nach § 346 BGB begründet; der Kläger hat nach §§ 434, 440, 326 BGB wirksam den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt:</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die auf dem Kaufgrundstück ruhende Baulast, nach welcher sein Eigentümer drei der auf diesem Grundstück errichteten Garagen Bewohnern der Nachbarparzelle xxx zur Nutzung überlassen muß, ist ein "Recht Dritter" im Sinne des § 434 BGB. Sie engt die umfassenden Rechte des Grundstückseigentümers, die dieser grundsätzlich nach § 903 BGB hat, in der Weise ein, daß die Stadt xxx die Nutzung der von dieser Belastung betroffenen Garagen durch Bewohner des Nachbargrundstücks durchsetzen kann. Der rechtlichen Einordnung der Baulast als ein Recht Dritter im Sinne des § 434 BGB steht nicht entgegen, daß diese Belastung die Nutzungsbefugnisse des Eigentümers zugunsten der öffentlichen Hand und aufgrund öffentlich-rechtlicher Regelungen beschränkt; denn auch öffentlich-rechtliche Eigentumsbeschränkungen zugunsten einer Gebietskörperschaft oder einer anderen Behörde können Rechte Dritter im Sinne des § 434 BGB sein (siehe dazu BGH, NJW 1976, 1888; 1983, 275). Zu Unrecht beruft sich der Beklagte in diesem Zusammenhang auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (NJW 1978, 1429), daß eine Baulast als öffentlich-rechtliche Baubeschränkung nicht Rechte eines Dritten im Sinne des § 434 BGB sei, sondern ein Sachmangel; die in dieser Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze gelten für solche Baulasten, die eine Baubeschränkung zum Inhalt haben, und sie können nicht auf Baulasten jeglichen Inhalts ausgedehnt werden:</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">In welchem Umfang und in welcher Weise ein Grundstück bebaut werden kann, hängt ab von der Größe, dem Zuschnitt und der geographischen Gestaltung einerseits dieses Grundstücks, andererseits auch der in näherer Nachbarschaft gelegenen anderen Grundstücke. Diese Abhängigkeit von tatsächlichen Umständen ist das entscheidende Kriterium für die Annahme eines Sachmangels bei dessen Abgrenzung von einem Rechtsmangel, wenn beim Verkauf eines Grundstücks dessen mangelnde oder eingeschränkte Bebaubarkeit als Leistungsstörung vom Käufer gerügt wird. Auch soweit die Bebaubarkeit eines Grundstücks durch öffentlich-rechtliche Normen, insbesondere Bebauungspläne, konkretisiert wird, sind diese Normen an den angeführten tatsächlichen Umständen wesentlich ausgerichtet, haben sie also in diesen tatsächlichen Umständen einen entscheidenden Geltungsgrund; deswegen sieht die Rechtsprechung grundsätzlich auch solche Baubeschränkungen, die sich aus öffentlich-rechtlichen Bestimmungen ergeben, als Sachmangel an. Baulasten, die den Eigentümer des belasteten Grundstücks in dessen baulicher Nutzbarkeit beschränken, modifizieren die planungsrechtliche Gebundenheit des belasteten und des begünstigten Grundstücks, also das für die betreffenden Grundstücke geltende Normengefüge, das, wie ausgeführt, seinerseits an tatsächlichen Umständen ausgerichtet ist. Auch derartige baubeschränkenden Baulasten stehen deswegen mit den tatsächlichen Umständen, die dem im konkreten Fall geltenden Planungsrecht ihr Gepräge gegeben haben, in einem engen Zusammenhang, und sie sind in ihrer Wirkung auf die Eigentumsrechte an dem betroffenen Grundstück allgemein geltenden öffentlich-rechtlichen Regelungen gleich. Eine Baulast, die den Eigentümer des beschwerten Grundstücks in dessen baulicher Ausnutzung beschränkt, kann mithin nur einen Sachmangel begründen, nicht einen Rechtsmangel. Dies gilt jedoch nicht für Baulasten, welche die Eigentümerstellung in anderer Weise als dadurch einengen, daß sie die bauliche Ausnützung des Grundstücks beschränken, insbesondere nicht für Baulasten, mit denen bestimmte Pflichten bezüglich der Nutzung schon errichteter Gebäude begründet werden. Daß ein Gebäude zu dem Zweck, zu dem es offensichtlich errichtet worden ist, nicht vom Grundstückseigentümer selbst genutzt werden kann, sondern nur von einem Dritten, steht nicht mit tatsächlichen Gegebenheiten im Zusammenhang, sondern nur mit der rechtlichen Vorgeschichte des belasteten Grundstücks. Baulasten solchen Inhalts, welche die Nutzung eines schon vorhandenen Gebäudes durch den Eigentümer einengen oder ausschließen, sind nach ihrem rechtlichen Charakter, nach ihren Wirkungen für den Betroffenen und für den Begünstigten ebenso wie im Hinblick auf ihre Erkennbarkeit bei der Veräußerung des beschwerten Grundstücks vergleichbar mit privatrechtlichen Nutzungsrechten, wie einem Pachtrecht, einem Nießbrauchsrecht oder etwa auch einer Grunddienstbarkeit. Dies gebietet es, Baulasten, die den Eigentümer in der Nutzung eines schon vorhandenen Gebäudes beschränken, als ein Recht Dritter im Sinne des § 434 BGB jedenfalls dann anzusehen, wenn sie, wie in diesem Fall, ein Recht der begünstigten Gemeinde begründen, die Nutzung durch eine oder mehrere bestimmte Personen zu Lasten des Grundstückseigentümers durchzusetzen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Es kann dahingestellt bleiben, ob den Beklagten die Freistellung des Kaufgrundstücks von der Baulast, wie er behauptet, unmöglich geworden ist; war sie ihm unmöglich, so ist der Kläger nach § 325 BGB in Verbindung mit §§ 434, 440 BGB wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten, andernfalls nach § 326 BGB: War nämlich dem Beklagten die Freistellung des Grundstücks nicht unmöglich, so ist er spätestens mit der Freistellung des Kaufobjekts von dieser Baulast in Verzug gekommen mit Zugang des Schreibens vom 7.11.1985, mit dem der Kläger die Freistellung angemahnt und für sie zugleich eine Frist mit Ablehnungsandrohung gesetzt hat. Es kommt nicht darauf an, ob diese Frist ausreichend bemessen war und ob eine etwa angemessene längere Frist schon abgelaufen war, als der Kläger mit seinem Schreiben vom 19.11.1985 den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärte; denn jedenfalls hat der Kläger seine Rücktrittserklärung mit der Geltendmachung des Klageanspruchs noch einmal wiederholt, und bei Zustellung des diesen Prozeß einleitenden Mahnbescheids am 7.1.1985 war jedenfalls eine angemessene Frist zur Freistellung des Kaufgrundstücks von der Baulast auf jeden Fall abgelaufen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Das Recht des Klägers zum Rücktritt vom Kaufvertrag nach § 325 BGB oder nach § 326 BGB ist nicht ausgeschlossen durch § 439 Abs. 1 BGB; der Senat kann nicht feststellen, dem Kläger sei bei Abschluß des Kaufvertrages die Baulast bekannt gewesen: Aus den Bekundungen der Zeugen xxx und xxx vor dem Landgericht ergibt sich nicht, daß bei der Beurkundungsverhandlung über die Baulast gesprochen worden ist, und der Zeuge xxx hat auch die Behauptung des Beklagten nicht bestätigt, der Kläger habe die das Kaufobjekt betreffenden Wertgutachten, in denen die Baulast erwähnt ist, vor der Vertragsbeurkundung eingesehen. Die vom Senat vernommenen Zeugen xxx und xxx haben die Behauptung des Beklagten nicht bestätigt, der Kläger sei vor Abschluß des Kaufvertrages von Beamten des Bauordnungsamts der Stadt xxx auf die Existenz der Baulast hingewiesen worden; weitere Zeugen zu diesem Vortrag hat der Beklagte auch nach Abschluß der Beweisaufnahme vor dem Senat nicht mehr benannt. Schließlich hat der Kläger selbst bei seiner Vernehmung als Partei vor dem Landgericht die Behauptung des Beklagten nicht bestätigt, er sei vor der Beurkundung des Kaufvertrages von einem Beamten des zuständigen Bauamts auf die Baulast hingewiesen worden.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat zu Recht dem Kläger einen Teil der erstinstanzlichen Prozeßkosten auferlegt, da er mit seinem Hauptantrag - auch noch in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht - den Anspruch verfolgt hat, den Beklagten einschränkungslos zur Zahlung des Kaufpreises zu verurteilen, also nicht Zug um Zug gegen Rückauflassung des Kaufgrundstücks.</p>
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315,459 | olgk-1987-06-26-6-u-25786 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
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"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 6 U 257/86 | "1987-06-26T00:00:00" | "2019-03-13T14:56:20" | "2019-03-27T09:43:04" | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1987:0626.6U257.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Beklagten gegen das am 7. November 1986 verkündete Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 16 0 350/86 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Tenor in I. 2. wie folgt neu gefaßt wird:</p>
<p></p>
<p>Der Beklagten wird aufgegeben, es zu unterlassen, grosse Hunde, insbesondere die Dogge "A", in das Haus B-Straße in 0000 L 0, mitzubringen oder mitbringen zu lassen, insbeondere die Tiere im Hausflur frei laufen zu lassen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Beklagten zur Last.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte wendet sich vergeblich gegen das Verbot, Hunde in der im Tenor näher beschriebenen Form in das
Miethaus mitzubringen oder mitbringen zu lassen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Es kann dahinstehen, ob und inwieweit bereits der zwischen den Parteien bestehende Mietvertrag dieses
Unterlassungsbegehren unmittelbar stützt. Den im Rechtsstreit erwiesene Umfang von Beeinträchtigungen und
Belästigungen von Mietern und Besuchern durch die mit Zustimmung der Beklagten in das Haus mitgebrachten großen
Hunde braucht der Kläger als Vermieter jedenfalls auch dann nicht zu dulden (§§ 550, 535 BGB), wenn der
Mietvertrag insoweit keine ausdrücklichen und eindeutigen Regelungen enthält. Wegen der bei großen Hunden
nicht auszuschließenden Gefahr der Gefährdung oder der erheblichen Belästigung von Mitbewohnern des
Miethauses, insbesondere in dem engen Treppenhaus, zählt die erwiesene Art des Verbringens der Hunde (Doggen) in das
Haus B-Straße nicht mehr zum vertragsmäßigen Gebrauch durch die Mieterin (vgl. auch OLG Hamm, WM 1981, 83
mit Nachweisen). Insoweit kann zur Begründung vorab auf die zutreffende Darlegungen im angefochtenen Urteil vergewiesen
werden.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Beweisaufnahme vor dem Senat hat nachhaltige Störungen des Mietverhältnisses erwiesen. Zeitlich nach dem
zwischen der Zeugin und Mitmieterin L und der Beklagten geschlossenen Vergleich vom 17.10.1986 (16 0 281/86 LG Köln)
ist es immer noch zu derartigen Störungen des Hausfriedens gekommen. Auch in dieser Folgezeit sind Hunde der Beklagten
und ihrer bei ihr tätigen Angehörigen frei im Hausflur und Treppenhaus des Miethauses herumgelaufen und haben
Mieter und Besucher schon allein durch ihre Größe davon abgehalten, die Wohnung der Zeugin L zu verlassen und/oder
das Treppenhaus zu betreten. Dies haben die Ausagen der Zeugen L, I, B und N zur Überzeugung des Senats ergeben. Ihre
Aussagen ergänzen sich in wesentlichen Punkten gegenseitig und fügen sich zwanglos in den unstreitigen Sachverhalt
ein.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Überzeugende Anhaltspunkte dafür, daß ihre Bekundungen nicht der Wahrheit entsprechen, sind nicht
ersichtlich. Sowohl die Zeugin L als auch der Zeuge I haben auch noch nach dem Vergleich im November 1986 mehrfach
gesehen, daß die Doggen frei im Treppenhaus herumliefen, was sie dazu veranlaßte, aus Angst vor den aus ihrer
Sicht unberechenbaren Tieren nicht, wie beabsichtigt, gleich die Wohnung zu verlassen, sondern abzuwarten, bis die Hunde
das Treppenhaus verlassen hatten. Der Zeuge I hat die Begebenheit im einzelnen nach Tagen auf einem Zettel festgehalten,
ohne daß es der Beklagten gelungen wäre, seine Bekundungen substantiiert in Zweifel zu ziehen. Die Aussagen
der vorgenannten Zeugen werden vielmehr hinsichtlich zweier Begebenheiten durch die unbeteiligten Zeugen N und B
bestätigt. Ende Februar 1987 wurde die Zeugin N, die die Zeugin L gegen 15.00 Uhr in deren Wohnung besuchen wollte,
durch die großen Doggen, die im Treppenhaus ohne Begleitpersonen auf sie zukamen, veranlaßt, zurück auf
die Straße zu treten. Dort wartete sie ab, bis die Doggen das Haus verlassen hatten.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Zeuge B wurde Ende 1985 auf dem halben Treppenabsatz durch drei ohne Begleitung in das Treppenhaus stürmende
Hunde veranlaßt, sich wieder in die Wohnung der Zeugin L zurückzuziehen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Aussagen der Zeugen U und P, die sich im wesentlichen darauf beschränken, die vorerwähnten Darstellungen
der übrigen Zeugen zu bestreiten, hindern die Überzeugungsbildung des Senats nicht. Die Eheleute U sind als Halter
der in das Haus gebrachten Doggen, Frau U zudem als Geschäftsführerin des Wachdienstes Secura, am Ausgang des
Rechtsstreits interessiert und - wie auch der Zeuge P - mit der Beklagten verwandt oder verschwägert.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Demgegenüber hat der Senat sowohl nach dem persönlichen Eindruck der erstgenannten Zeugen als auch nach dem
Inhalt ihrer Aussagen keine Veranlassung, anzunehmen, insbesondere die unbeteiligten Zeugen N und B, die als Besucher des
Hauses kein persönliches Interesse am Ausgang des Rechtsstreits erkennen lassen, hätten der Wahrheit zuwider
bekundet. Soweit die Beklagte unter Hinweis auf die Aussagen der Zeugen U und P meint, nach dem Vergleichsabschluß
sei nie ein dritter Hund mit ins Haus gekommen, daher sei die Aussage des Zeugen B unzutreffend, kann ihr nicht gefolgt
werden. Sie räumt selbst ein (Blatt 124), daß Wachmänner mit Schäferhunden ihre Büroräume
aufsuchen. Ein solcher Schäferhund kann daher auch im Einzelfall einmal zusammen mit den Doggen ins Haus gelaufen
sein und den Zeugen erschreckt haben.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Angesichts der festgestellten Beeinträchtigungen und Belästigungen stehen dem Unterlassungsanspruch weder
aus dem Mietverhältnis selbst noch aus dem in den Mieträumen ausgeübten Gewerbe (Geschäftsführung
eines Wachdienstes) vorrangige Interessen entgegen, die den Kläger gleichwohl zur Duldung dieser Art der Hundehaltung
in dem Hause verpflichten könnten.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. In der Neufassung des Unterlassungsantrages
einschließlich der vom Senat vorgenommenen Ergänzungen liegt keine (teilweise) Zurückweisung des
Klagebegehrens, sondern eine Anpassung an das konkrete, der Verletzung des Mietverhältnisses entsprechende Begehren,
wie es bereits in der Klageschrift seinen Ausdruck gefunden hat.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die weiteren Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 708 Ziff. 10, 713, 746 Abs. 2 ZPO.</p>
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315,460 | olgham-1987-06-25-23-u-7886 | {
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} | 23 U 78/86 | "1987-06-25T00:00:00" | "2019-03-13T14:56:21" | "2019-03-27T09:43:04" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1987:0625.23U78.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Beklagten wird das am 6. Dezember 1985 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts xxx unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen abgeändert und wie folgt neu gefaßt:</p>
<p></p>
<p>Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.604,-- DM nebst 4% Zinsen seit dem 5. Dezember 1986 zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Die weitergehende Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 17/18 und die Beklagte 1/18.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,-- DM, die auch durch unbefristete und unbedingte selbstschuldnerische Bürgschaft der Sparkasse xxx erbracht werden kann, abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p>
<p></p>
<p>Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 12.100,-- DM abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p>
<p></p>
<p>Die Beschwer des Klägers beträgt 78.291,12 DM, die der Beklagten 4.604,-- DM.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Tatbestand</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger verlangt von der Beklagten in erster Linie Ersatzlieferung einer Segelyacht, hilfsweise Wandlung des zwischen den Parteien abgeschlossenen Kaufvertrages und weiter hilfsweise Minderung des Kaufpreises.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Gemäß Bestellschein vom 7. April 1984 und Auftragsbestätigung vom 9. April 1984 schlossen die Parteien einen Kaufvertrag über die Lieferung einer Segelyacht - Typ xxx - zum Preise von 75.848,--DM. Der Bestellschein enthält oben links einen Hinweis auf die umseitig abgedruckten Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten, in denen es in Abschnitt VII Ziffer 3 heißt:</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">"Die Rechte des Bestellers auf Gewährleistung beschränken sich unter Ausschluß weitergehender Rechte auf den Anspruch des Bestellers auf Nachbesserung oder Ersatzlieferung, es sei denn, daß sich die Nachbesserung als von vornherein unmöglich erweist oder fehlschlägt. In diesen Fällen steht dem Besteller der Anspruch auf Herabsetzung des Kaufpreises oder, wenn der Mangel den Gebrauch des Liefergegenstandes wesentlich beeinträchtigt, auf Rückgängigmachung des Vertrags zu".</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Ebenfalls am 7. April 1984 unterschrieben die Parteien sogenannte "Besondere Geschäftsbedingungen zum Kauf und Liefervertrag vom 07.04.1984", in denen Abschnitt VII Ziffer 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen wie folgt abgewandelt wird:</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">"a) Der Verkäufer erklärt sich bereit, die gesetzlichen Gewährleistungsfristen für alle Teile aus eigener Fertigung auf 12 Monate zu verlängern. Für Mängel im Polyester-Material wird die Garantiezeit auf 5 Jahre erweitert.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">b) Der Käufer erklärt sich bereit, den beanstandeten Liefergegenstand oder Teile dieses Liefergegenstandes auf Verlangen des Lieferers zum Lieferwerk oder einer vom Lieferer benannten Service-Stelle zu transportieren. Die aus Anlaß des Hin- und Rücktransportes entstehenden Kosten übernimmt der Käufer".</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Ende Juni/Anfang Juli 1984 wurde die Yacht geliefert und vom Kläger bezahlt.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 18. Juli 1984 und 17. Oktober 1984 rügte der Kläger zahlreiche Mängel an der Yacht und forderte die Beklagte auf, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten und die Bereitschaft zur kostenlosen Beseitigung der Mängel zu erklären. In ihrem Antwortschreiben vom 5. November 1984 bat die Beklagte darum, die beanstandeten Fehler auf ihre Erheblichkeit zu überprüfen. Alsdann könne die Nachbesserung in dem zwischen den Parteien vereinbarten Rahmen durchgeführt werden.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Auf Antrag des Klägers vom 28. Dezember 1984 - beim Amtsgericht xxx eingegangen am 7. Januar 1985 - wurde über die vom Kläger gerügten Mängel zur Sicherung des Beweises ein Sachverständigengutachten des öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen xxx eingeholt. Dieser hielt die seiner Ansicht nach bestehenden Mängel in seinen Gutachten vom 5. März und 2. Oktober 1985 fest und veranschlagte die Mängelbeseitigungskosten auf etwa 3.000,-- DM ohne Mehrwertsteuer.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 18. April 1985 erklärte sich die Beklagte bereit, "die durch den Sachverständigen xxx in xxx im Beweissicherungsgutachten vom 5. März 1985 - 3 H 14/85 Amtsgericht xxx - festgestellten Mängel ordnungsgemäß zu beseitigen mit der Maßgabe, daß die nachstehend aufgeführten Mängel mangels Nachweises und Verursachung durch unsere Mandantschaft von Ihrem Auftraggeber zu tragen sind: Pos. 1 m), Pos. 1 o), Pos. 1 p)."</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Unter Position 1 m) hat der Kläger beanstandet, daß die Polster im gesamten Boot durch eingedrungenes Wasser stockig sind, unter Position 1 o), daß am Gaskocher Emaille abplatzt und unter Position 1 p), daß das Boot insgesamt Wasser zieht.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben 19.04.1985 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sie habe ihren Service-Techniker in xxx gebeten, sich mit ihm in Verbindung zu setzen und einen Reparaturort und Reparaturtermin zu vereinbaren. Er möge auch persönlich bis zum 4. Mai bei der Firma xxx vorstellig werden, damit der Termin kurzfristig vereinbart werden könne.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 24. April 1985 verlangte der Kläger eine "allumfassende Abdichtung des Fahrzeugs". Nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten stehe ihm zwar nunmehr ein Anspruch auf Ersatzlieferung zu. Vergleichsweise sei er jedoch damit einverstanden, daß das Boot umfassend bei der Beklagten repariert werde. "Dazu gehört nach Auffassung unseres Mandanten insbesondere, daß das Deck abgenommen wird, die Risse gefüllt und abgeschliffen werden und das Deck neu in eine Form gebracht wird, um so eine einheitliche "Ganzlackierung" zu erreichen".</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 13. Mai 1985 erklärte sich die Beklagte erneut zur Nachbesserung im Rahmen des Sachverständigengutachtens bereit.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 5. Juni 1985 forderte der Kläger die Beklagte unter Fristsetzung von 2 Wochen auf, sämtliche bisher von ihm gerügten Mängel zu beseitigen. Gleichzeitig drohte er an, nach Ablauf der Frist die Beseitigung der Mängel durch die Beklagte abzulehnen und Lieferung eines Ersatzfahrzeugs zu verlangen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte antwortete mit Schreiben vom 10. Juni, 14. Juni und 25. Juni 1985.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Eine Mängelbeseitigung ist unstreitig bisher nicht durchgeführt worden.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat behauptet, die Beklagte habe - wie sich aus der Baunummer xxx ergebe - ein gebrauchtes Altboot geliefert, da ihm laut Rechnung vom 26. Juni 1984 ein Boot mit der Baunummer xxx habe geliefert werden sollen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger eine Segelyacht Typ xxx nebst Decksbelag-Antislipp, Wendefock-Vorrichtung, Radsteuerung, Sicherheitsleiter, Bilgenlenzpumpe, Gaskocher, Kühlschrank, Schiffsheizung, Pump-WC, elektrischer Anlage mit Batterie, Positionsleuchten, Dreifarbenleuchte, Sumlog Silva 2000, Kompaß und Einbaumotor: Typ xxx zu liefern Zug-um-Zug gegen Rücknahme der Yacht xxx Schiffs-Nr. xxx.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Sie hat die Einrede der Verjährung erhoben und ist der Ansicht, daß der Kläger die Lieferung eines neuen Boots nicht verlangen könne. Zur Nachbesserung sei sie nach wie vor bereit.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Durch das angefochtene Urteil, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe im übrigen gemäß § 543 Abs. 2 ZPO Bezug genommen wird, hat das Landgericht der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, dem Kläger stehe nach Abschnitt VII Ziffer 3 der AGB der Beklagten ein Anspruch auf Lieferung einer Ersatzyacht zu, weil das Boot zahlreiche vom Sachverständigen festgestellte Mängel aufweise, deren Beseitigung der Kläger von der Beklagten vergeblich verlangt habe.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, mit der sie ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und ergänzt. Sie ist der Ansicht, die Vereinbarung in Abschnitt VII Ziffer 3 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen beziehe sich nicht auf die Ersatzlieferung eines ganzen Schiffs, sondern lediglich auf den Austausch mangelhafter Einzelteile. Sie behauptet, die Produktion der xxx im Frühjahr 1985 eingestellt zu haben. Im übrigen benutze der Kläger das Schiff während der Sommersaison von Anfang Mai bis Anfang Oktober jeden Jahres regelmäßig sowohl zum Wohnen als auch zum Segeln weiter. Mit dem Anspruch auf Nutzungsentschädigung in Höhe von 40.000,-- DM rechne sie vorsorglich auf.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen,</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">hilfsweise ihr Sicherheitsleistung durch Bürgschaft der Sparkasse xxx nachzulassen.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Berufung zurückzuweisen,</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">hilfsweise,</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 82.895,12 DM nebst 4% Zinsen seit dem 8. April 1987 zu zahlen, und zwar Zug-um-Zug gegen Rücknahme der Yacht xxx Schiffsnummer xxx,</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">weiter hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Minderungsbetrag von 41.000,-- DM zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Er wiederholt und ergänzt seinen Vortrag erster Instanz. Für den Fall, daß sein Wandlungsbegehren durchgreift, verlangt er neben der Rückzahlung des Kaufpreises die Kosten der Bootsvermessung in Höhe von 840,-- DM und die nutzlos aufgewendeten Mietzahlungen für 1985 und 1986 in Höhe von 6.207,12 DM ersetzt.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Wegen des Parteivorbringens im übrigen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der zu ihnen überreichten Anlagen Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Die Akten des Beweissicherungsverfahrens 3 H 14/85 Amtsgericht xxx lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen xxx und eidliche Vernehmung der Zeugen xxx und xxx sowie des Sachverständigen xxx.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Auf den Berichterstattervermerk vom 25. Mai 1987 wird Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe</u></p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Die Berufung der Beklagten ist zulässig und überwiegend begründet. Die Weiterbenutzung des Boots durch den Kläger hat nämlich unter den besonderen, hier vorliegenden Umständen zum Verlust seines Anspruchs auf Ersatzlieferung geführt und steht auch der hilfsweise erklärten Wandlung des Vertrages entgegen, so daß er stattdessen nur Minderung des Kaufpreises verlangen kann.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">1. Unstreitig weist die dem Kläger gelieferte Segelyacht eine Reihe von Fehlern auf, die der Sachverständige xxx in seinen im Rahmen des Beweissicherungsverfahrens - 3 H 14/85 Amtsgericht xxx - erstatteten Gutachten vom 5. März und 2. Oktober 1985 im einzelnen festgestellt hat und zu deren Beseitigung er im Jahre 1985 einen Kostenaufwand in Höhe von etwa 3.000,-- DM ohne Mehrwertsteuer für angemessen und ausreichend hielt.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Darstellung des Klägers kann auf Grund der Gutachten aber nicht davon ausgegangen werden, daß das Boot insgesamt "Wasser zieht" und eine "allumfassende Abdichtung" des Schiffs notwendig ist. Und entgegen seiner Ansicht hat es der Sachverständige für eine "astreine" Reparatur der vorhandenen Risse auch nicht für erforderlich gehalten, daß das Deck abgenommen und nach Auffüllung und Abschleifen der Risse neu in Form gebracht wird. Schließlich kann auf Grund der Aussage des Zeugen xxx auch nicht davon ausgegangen werden, daß die Beklagte dem Kläger ein gebrauchtes Altboot "untergejubelt" hat; denn wie der Zeuge xxx glaubhaft bekundet hat, liegt zwischen der Herstellung des Boots mit der Baunummer xxx und desjenigen mit der Baunummer xxx bei Serienproduktion allenfalls ein Zeitraum von etwa 20 Tagen.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Auch wenn die Mehrzahl der vom Sachverständigen festgestellten Fehler - jeder für sich gesehen - keine Auswirkungen auf die Gebrauchstauglichkeit der Yacht hat und nur einen unbedeutenden Nachbesserungsaufwand erfordert, ist beim Vorliegen mehrerer Mängel hinsichtlich der Erheblichkeit auf die Gesamtwirkung abzustellen und kann bei einem Gesamtnachbesserungsaufwand von 3.000,-- DM nicht mehr von einer unerheblichen Fehlerhaftigkeit des Boots im Sinne des § 459 Abs. 1 Satz 2 BGB gesprochen werden.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">2. Nach Abschnitt VII Ziffer 3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten beschränken sich die Gewährleistungsansprüche des Klägers für Mängel des Liefergegenstandes unter Ausschluß weitergehender Rechte auf den Anspruch auf Nachbesserung oder Ersatzlieferung. Daß diese Klausel Bestandteil des zwischen den Parteien abgeschlossenen Vertrags geworden ist, wird von den Parteien nicht in Frage gestellt. Die Beklagte will jedoch den Begriff "Ersatzlieferung" so verstanden wissen, daß nicht die Neulieferung eines ganzen Boots, sondern nur die Neulieferung einzelner Bestandteile des Boots im Falle ihrer Mangelhaftigkeit verlangt werden kann. Diese Ansicht teilt der Senat nicht.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Die Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen erfolgt nach objektiven Maßstäben. Nach herrschender Meinung sind sie so auszulegen, wie sie nach der Verständnismöglichkeit eines Durchschnittskunden unter Abwägung der Interessen der normalerweise an den betreffenden Geschäften beteiligten Kreise verstanden werden (vgl. Palandt 46. Aufl., AGB-Gesetz § 5 Anm. 3 mit weiteren Nachweisen).</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Für eine Auslegung der Klausel im Sinne der Beklagten könnte sprechen, daß in Satz 1 Halbsatz 2 der Klausel nur von der Unmöglichkeit oder einem Fehlschlagen der Nachbesserung die Rede ist, was den Schluß zulassen könnte, daß die Beklagte in dem einleitenden Halbsatz nur das Recht auf Nachbesserung einräumen wollte. Für eine solche Auslegung könnte ferner ihr Interesse sprechen, die Gewährleistungsrechte ihrer Kunden möglichst weit einzuschränken.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Gegen diesen Sinn der Klausel spricht jedoch der allgemeine Sprachgebrauch des Begriffs "Ersatzlieferung". Hiermit ist regelmäßig die Lieferung eines neuen Gegenstands anstelle des ursprünglichen gemeint. Auch der Gesetzgeber verwendet diesen Begriff in § 11 Nr. 10 b AGB-G im Sinne der Neulieferung des Vertragsgegenstandes (vgl. Wolf/Horn/Lindacher, Kommentar zum AGB-Gesetz 1984, § 11 Nr. 10 b Randnummer 4), während der Austausch und Ersatz einzelner untergeordneter Teile eines Gegenstands eine Maßnahme im Rahmen der Nachbesserung darstellt.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Die wahlweise Einräumung von Nachbesserungs- und Ersatzlieferungsanspruch widerspricht auch nicht massiv dem Interesse der Beklagten, die Gewährleistungsrechte ihrer Kunden möglichst gering zu halten. Denn in erster Linie ist der Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen daran interessiert, die Gewährleistungsrechte der Wandlung und Minderung auszuschließen, da in diesen Fällen der Vertrag nicht oder nur in geringerem Umfang bestehen bleibt.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Ansicht der Beklagten scheitert eine Auslegung der Klausel dahin, daß der Anspruch auf Nachbesserung Vorrang vor demjenigen auf Ersatzlieferung hat (vgl. ihr Schreiben vom 13. Mai 1985 Bl. 100 d.A.), ebenfalls am Wortlaut der Klausel. Einen solchen Willen hätte die Beklagte in der Weise deutlich machen müssen, daß sie die Ersatzlieferung in Satz 2 der Klausel zusammen mit den subsidiären Rechten auf Wandlung und Minderung genannt hätte.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Abschnitt VII Ziffer 3 der AGB ist daher so zu verstehen, daß dem Kunden wahlweise das Recht auf Nachbesserung oder Ersatzlieferung im Sinne einer Neulieferung des Vertragsgegenstandes eingeräumt wird.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Selbst wenn man die anderen Auslegungsmöglichkeiten für rechtlich vertretbar hielte, wäre gemäß § 5 AGB-Gesetz wegen der Unklarheit der Klausel dieser Auslegung als der dem Kunden günstigsten der Vorzug zu geben.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">3. Fraglich ist allerdings, ob Abschnitt VII Ziffer 3 der AGB der Beklagten wirksam ist.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Die Klausel unterfällt dem Anwendungsbereich des § 11 AGB-Gesetz. Nach § 11 Nr. 10 b AGB-Gesetz ist eine Beschränkung der Gewährleistungsrechte auf Nachbesserungs- und/oder Ersatzlieferungsansprüche nur wirksam, wenn dem Kunden für den Fall des Fehlschlagens bzw. der Unmöglichkeit dieser Rechte wahlweise die Rechte auf Wandlung und Minderung ausdrücklich vorbehalten werden (vgl. Staudinger-Schlosser, AGB-Gesetz, 12. Aufl., § 11 Nr. 10 Randnummer 53; BGH BB 1981, 815).</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der Klausel mit § 11 Nr. 10 b AGB-Gesetz könnten sich hier daraus ergeben, daß die Wandlungs- und Minderungsrechte ausdrücklich nur für den Fall der Unmöglichkeit oder des Fehlschlagens der Nachbesserung, nicht aber der Ersatzlieferung vorbehalten worden sind.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Diese Frage bedarf jedoch keiner abschließenden Entscheidung. Denn auch wenn ein Verstoß gegen § 11 Nr. 10b AGB-Gesetz vorliegt und Abschnitt VII Ziffer 3 der AGB der Beklagten insgesamt unwirksam macht, weil eine Reduzierung der Klausel auf den nach dem AGB-Gesetz gerade noch zulässigen Inhalt im Wege der richterlichen Auslegung ausgeschlossen ist (vgl. OLG Hamm NJW 1982, 283 ff.; BGH NJW 1982, 2309 = BGHZ 84, 109/114 ff.; BGH NJW 1984, 48; Staudinger-Schlosser, AGB-Gesetz § 6 Anm. 15 a; anderer Ansicht Münchener Kommentar zum AGB-Gesetz 2. Aufl., § 6 Randnummer 9), mithin die Möglichkeit entfällt, Abschnitt VII Ziffer 3 im Wege der Auslegung so zu gestalten, daß die Bestimmung mit § 11 Nr. 10 b AGB-Gesetz vereinbar ist, sie also mit der Maßgabe aufrechtzuerhalten, daß die Rechte auf Wandlung und Minderung auch im Falle der Unmöglichkeit oder des Fehlschlagens der Ersatzlieferung wieder aufleben, konnte der Kläger Lieferung eines mangelfreien Boots verlangen. Denn soweit einzelne Vertragsbestimmungen unwirksam sind, richtet sich der Inhalt des Vertrages gemäß § 6 Abs. 2 AGB-Gesetz nach den gesetzlichen Vorschriften, so daß, da das in Serienproduktion hergestellte Boot eine nur der Gattung nach bestimmte Sache ist, in diesem Fall § 480 Abs. 1 BGB als Anspruchsgrundlage zum Zuge kommt.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">4. Der Anspruch auf Neulieferung des Boots ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger ein etwa bestehendes Wahlrecht zwischen Nachbesserung und Ersatzlieferung entsprechend § 465 BGB verloren hat. Die Vorschrift des § 465 BGB ist zwar auf den Fall wahlweise vereinbarter Rechte auf Nachbesserung oder Ersatzlieferung entsprechend anwendbar (vgl. BGH NJW 1970, 1502). Der Kläger hat aber ein Wahlrecht zwischen Nachbesserung und Ersatzlieferung - vorausgesetzt beide Rechte waren vertraglich wirksam nebeneinander eingeräumt - nicht verloren, weil sich die Parteien über die vom Kläger zunächst verlangte Nachbesserung nie einig geworden sind. Ein solches Einverständnis setzt voraus, daß es vom Verkäufer bedingungs- und vorbehaltslos erklärt wird und daß die Mangelhaftigkeit des Gegenstandes zwischen den Parteien unstreitig ist (vgl. Staudinger-Honsell, BGB, 12. Aufl., § 465 Randnummern 8 und 9; BGH NJW 61, 117/118). Ein vorbehaltsloses Einverständnis kann aber weder im Schreiben der Beklagten vom 5. November 1984 gesehen werden, noch ist es irgendwann zu einem späteren Zeitpunkt erklärt worden; denn die Beklagte hat die Nachbesserung nur "in dem zwischen den Parteien vereinbarten Rahmen" (vgl. ihr Schreiben vom 5. November 1984 und die Inbezugnahme dieses Schreibens im Schreiben vom 18. April 1985) durchführen wollen, daß heißt gemäß b) ihrer "Besonderen Geschäftsbedingungen" vom 7. April 1984 stets von der frachtfreien Anlieferung des Boots durch den Kläger bei der Beklagten oder der von ihr benannten Service-Station in xxx abhängig gemacht. Das ergibt sich klar und unmißverständlich aus der Telefonnotiz des Zeugen xxx vom 20./22. November 1984 (Bl. 92 d.A.) und ebenso deutlich aus dem mit Schriftsatz vom 2. Oktober 1986 überreichten vorgefertigten Brief (Bl. 147 d.A.), den die Beklagte dem Kläger Ende Januar 1985 - zusammen mit den Durchschriften zweier Reparaturaufträge an den Reparaturausführer xxx - zugesandt hat mit der Bitte, ein Exemplar unterschrieben zurückzuschicken.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Dem Verlangen der Beklagten auf frachtfreie Anlieferung des Boots steht aber entgegen, daß die in b) Satz 2 enthaltene Regelung gemäß § 11 Nr. 10 c AGB-Gesetz unwirksam ist. Bei den sogenannten "Besonderen Geschäftsbedinggungen" handelt es sich nämlich nicht um eine Individualvereinbarung, die zwischen den Parteien besonders ausgehandelt worden ist, sondern um für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen, mithin um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne von § 1 AGB-Gesetz, die nur deshalb einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden, um den Eindruck zu erwecken, als seien sie zwischen den Parteien im einzelnen ausgehandelt worden.</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Abgesehen von dem nicht berechtigten Vorbehalt der Beklagten auf frachtfreie Anlieferung des Boots bestand aber auch auf Seiten des Klägers zu keinem Zeitpunkt Einverständnis mit der von der Beklagten erklärten Bereitschaft, Nachbesserung im Rahmen der Sachverständigengutachten durchzuführen; denn bis zuletzt hat er die Beklagte - unabhängig von den Feststellungen des Sachverständigen xxx - zur Beseitigung sämtlicher von ihm gerügter Mängel aufgefordert (vgl. sein Schreiben vom 5. Juni 1985 Bl. 102 ff. d.A.), insbesondere sein Verlangen nach "allumfassender Abdichtung" des Boots aufrechterhalten und noch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf der Lieferung eines neuen Decks bestanden.</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Da eine Einigung der Parteien über die Nachbesserung mithin nicht zustandegekommen ist, war der Kläger nicht gehindert, von seinem ursprünglichen Verlangen auf Nachbesserung zur Ersatzlieferung überzugehen.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Wie das Landgericht zutreffend angenommen hat, kann sich die Beklagte auch nicht auf die Einrede der Verjährung berufen.</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">5. Der Kläger hat den Anspruch auf Neulieferung aber verloren, weil er das Boot nach Übergang zum Anspruch auf Ersatzlieferung mit Schreiben vom 12. Juli 1985 (Bl. 111 d.A.) in erheblichem Umfang weiterbenutzt hat und weil es der Beklagten, die die Produktion dieses Bootstyps im Frühsommer 1985 eingestellt hat, angesichts des geringen Umfangs und der geringen Bedeutung der vom Sachverständigen xxx festgestellten Mängel nicht zuzumuten ist, die Kosten aufzuwenden, die erforderlich sind, um jetzt noch ein Ersatzboot dieses Typs in Einzelproduktion anzufertigen.</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">a) Solange sich der Käufer noch nicht entschlossen hat, Ersatzlieferung oder Rückgängigmachung des Vertrags zu verlangen, kann es ihm nicht verwehrt werden, die ihm übereignete Sache zu benutzen, mag diese Benutzung auch ohne weiteres eine Verschlechterung zur Folge haben. Anders ist die Frage aber von dem Zeitpunkt an zu beurteilen, in dem der Käufer Neulieferung des Vertragsgegenstandes oder Wandlung des Vertrags verlangt. Nunmehr hat an die Stelle der Rücksicht auf den eigenen Bedarf, auf den Zweck, zu dem der Kaufgegenstand erworben wurde, die Rücksicht auf die Belange des Verkäufers zu treten, der die Sache zurücknehmen soll (vgl. RGZ 145, 79/83).</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Auf Grund der vor dem Berufungsgericht durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, daß der Kläger die Yacht auch nach der mit Schreiben vom 12. Juli 1985 verlangten Ersatzlieferung bis zum Ende der Saison 1985 und während der ganzen Saison 1986 ununterbrochen als Hausboot weiterbenutzt hat. Der Zeuge xxx hat glaubhaft bekundet, daß das Schiff bis Ende 1986 ständig benutzt und als letztes Boot an Land gezogen worden sei. Abgesehen von der berufsbedingten Abwesenheit des Klägers, während der er nur die Zeugin xxx auf dem Schiff gesehen habe, habe er sowohl den Kläger als auch dessen Lebensgefährtin laufend auf dem Boot gesehen. Da seine - des Zeugen - Arbeitszeit um 7.00 Uhr morgens beginne und er schon um 6.30 Uhr zum Anlegeplatz komme, habe er auch beobachtet, daß der Kläger und seine Lebensgefährtin auf dem Boot geschlafen hätten. Das schließe er jedenfalls daraus, daß sie früh morgens zum Waschen ins Waschhaus gegangen seien. Seine Feststellungen habe er sowohl während der Woche als auch an den Wochenenden getroffen. Er habe auch die Bootsheizung laufen gehört. Der Kläger habe das Boot nicht nur mit Motorkraft bewegt, sondern auch die Segel gesetzt. Im vergangenen Jahr sei das Boot 1 1/2 Monate lang gar nicht am Anlegeplatz gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Diese Aussage des Zeugen xxx deckt sich im wesentlichen mit der der Zeugin xxx. Letztere hat zwar in Abrede gestellt, auf dem Boot gewohnt und geschlafen zu haben, gleichzeitig aber eingeräumt, daß sie das Boot während der Sommersaison wenigstens 3 mal wöchentlich gelüftet, geputzt und gewaschen habe und daß sie und der Kläger sich auf dem Boot gesonnt und ab und zu auch mal eine Tasse Kaffee gekocht hätten. Der Kläger und sie seien auch zwischen 10.00 und 12.00 Uhr vormittags zum Duschen ins Waschhaus gegangen. Sie habe auch Kleidung zum Wechseln und Decken zum Schlafen an Bord.</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Die Zeugin hat ferner bekundet, daß der Kläger das Boot 1985 und 1986 etwa 4 bis 5 mal im Monat zum Segeln auf dem xxx und auf der xxx benutzt habe, im laufenden Jahr allerdings noch nicht, weil sie im Krankenhaus gelegen und der Kläger keine Zeit gehabt habe.</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Ehe das Boot im November 1986 als letztes an Land geholt worden sei, sei es 1 1/2 Monate lang weggewesen, sie wisse aber nicht, wo es während dieser Zeit gewesen sei. Der Kläger habe ihr das nicht erzählt und sie habe auch nicht danach gefragt. Sie habe mit dem Kläger auch auf dem Boot Urlaub gemacht. Der Urlaub habe ein paar Monate gedauert, weil der Kläger solange Urlaub gehabt habe.</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Da die mit dem Eid bekräftigten Aussagen beider Zeugen in wesentlichen Punkten übereinstimmen, hat der Senat keine Bedenken, davon auszugehen, daß der Kläger das Boot entgegen seiner Darstellung auch nach dem Schreiben vom 12. Juli 1985 weiterhin regelmäßig als Hausboot benutzt hat, ohne daß es darauf ankommt, ob das Boot während der 1 1/2-monatigen Abwesenheit im Herbst 1986 unbenutzt bei dem Bootshaus xxx in xxx gelegen hat (so die unter Beweis gestellte Behauptung des Klägers im Schriftsatz vom 10. Juni 1987) oder ob es für einen längeren Turn nach xxx usw. benutzt worden ist (so die Behauptung der Beklagten im Schriftsatz vom 18. Mai 1987).</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Schon durch die Weiterbenutzung in dem vom Senat festgestellten Umfang hat der Kläger nämlich seinen Anspruch auf Lieferung eines Ersatzboots und sein Recht, den Vertrag rückgängig zu machen, verloren.</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">In der Rechtsprechung ist anerkannt, daß der einigermaßen dauernde Weitergebrauch einer fehlerhaften Sache mit dem Wandlungsbegehren des Käufers an sich nicht vereinbar ist (vgl. BGH MDR 1955, 464; BGH NJW 1958, 1773; BGH NJW 1960, 2331), weil der Käufer vom Augenblick seiner Wandlungserklärung an verpflichtet ist, auf die Belange des Verkäufers Rücksicht zu nehmen (vgl. RGZ 145, 79/83). Gleichwohl schließt die Weiterbenutzung der Kaufsache allein das Wandlungsrecht grundsätzlich nicht aus (vgl. BGH NJW 1984, 1526).</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Tritt durch die Weiterbenutzung vor Vollziehung der Wandlung eine wesentliche Verschlechterung der Sache ein, so kann sich der Wandlungsverpflichtete gemäß § 467 Satz 1 in Verbindung mit § 351 BGB auf den Wegfall seiner Verpflichtung berufen, es sei denn, daß dem Berechtigten Rechtfertigungsgründe zur Seite stehen, die der Annahme entgegenstehen, der Käufer habe die Verschlechterung der Sache im Sinne des § 351 BGB verschuldet (vgl. BGH MDR 1955, 464 = BGH LM § 351 Nr. 2 für den Fall der Weiterbenutzung einer vom Verkäufer eingebauten Kinobestuhlung; BGH NJW 1958, 1773 für den Fall der Weiterbenutzung eines Raupenladegeräts; BGH NJW 1960, 2331). Entsprechendes gilt gemäß § 480 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit §§ 467 Satz 1, 351 BGB für den gesetzlichen Nachlieferungsanspruch; nichts anderes kann für den vertraglich vereinbarten Ersatzlieferungsanspruch gelten.</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">Abgesehen von dem Fall einer schuldhaften Verschlechterung der mangelhaften Kaufsache kann in dem Weitergebrauch der Sache durch den Käufer unter Umständen auch der Ausdruck seines Willens gesehen werden, den Gegenstand zu behalten, wenn das Verhalten des Käufers objektiv nach Treu und Glauben im Verkehr so zu würdigen ist. Schließen jedoch besondere Umstände die Annahme einer Aufgabe des Rechts auf Wandlung durch Verzicht aus, so kann dessen ungeachtet eine Verwirkung dieses Rechts angenommen werden, wenn dem Käufer nach Treu und Glauben die Berufung auf den Anspruch auf Wandlung zu versagen ist (vgl. BGH NJW 1958, 1773; BGH NJW 1960, 2331; OLG xxx BB 1955, 916). Da die Interessenlage dieselbe ist, bestehen keine Bedenken, diese Grundsätze auch auf den gesetzlichen und den vertraglich vereinbarten Ersatzlieferungsanspruch zu übertragen.</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">Umstände, die für eine übermäßige Abnutzung des Boots durch den Kläger in den letzten 2 Jahren sprechen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich, so daß von einer durch die Weiterbenutzung eingetretenen wesentlichen Verschlechterung des Boots im Sinne der §§ 467 Satz 1, 351 BGB ohne weitere Sachaufklärung nicht ausgegangen werden kann.</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">Der Annahme eines Verzichts durch schlüssiges Verhalten steht entgegen, daß der Kläger am Ersatzlieferungsanspruch immer festgehalten und seinen auf Ersatzlieferung, hilfsweise auf Wandlung gerichteten Klageantrag bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung aufrechterhalten hat (vgl. BGH NJW 1984, 1525/1526). In seinem Verhalten kann daher auch nicht der Ausdruck seines Willens gesehen werden, das Boot zu behalten.</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">Dem Ersatzlieferungs- und dem Wandlungsbegehren des Klägers steht aber der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung in Form des Verbots widersprüchlichen Verhaltens entgegen (vgl. BGH NJW 1984, 1525/1526). Wie bereits erwähnt, schließt zwar die Weiterbenutzung allein Wandlung und Ersatzlieferung grundsätzlich nicht aus (vgl. Staudinger-Honsell BGB 12. Aufl., § 467 Randnummer 12; BGH NJW 1984, 1525/1526). Vielmehr kann nur auf Grund einer umfassenden Abwägung der beiderseitigen Interessen entschieden werden, wobei alle Umstände des Einzelfalls heranzuziehen sind. Diese unter Billigkeitsgesichtspunkten durchzuführende Abwägung führt unter den gegebenen Umständen aber zu einem Ausschluß beider Rechte.</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">Da der Kläger die Segelyacht allein für seinen privaten Gebrauch angeschafft hat, können die für die Weiterbenutzung einer Maschine sprechenden Gesichtspunkte: wie ihre Notwendigkeit zur Weiterführung des Betriebs (vgl. BGH NJW 1984, 1525/1526) und/oder zur Abwendung erheblicher Folgeschäden (vgl. RGZ 145, 79/84) oder der hohe Wert der dem Verkäufer zu ersetzenden Gebrauchsvorteile (vgl. BGH NJW 1958, 1773) den Weitergebrauch des Schiffs hier nicht rechtfertigen. Auch die für die Weiterbenutzung eines Autos sprechenden Grundsätze (vgl. BGH NJW 1971, 1809/1810) sind nicht ohne weiteres auf ein Schiff übertragbar. Für dessen Weiterbenutzung durch den Kläger spricht allein der anderenfalls notwendige Verzicht auf Freizeitgenuß. Dieser Gesichtspunkt allein kann den Weitergebrauch unter den besonderen hier vorliegenden Umständen aber nicht rechtfertigen, wenn man bedenkt, daß die vom Sachverständigen festgestellten Mängel - jedenfalls einzeln für sich gesehen - so unbedeutend sind, daß sie - wie vom Kläger ursprünglich selbst so vorgesehen (vgl. seine Antragsschrift Seite 3 Bl. 3 der Beweissicherungsakten 3 H 14/85 Amtsgericht xxx und seinen Schriftsatz vom 24. April 1985 Blatt 33 der Beweissicherungsakten) - ohne großen Aufwand und, ohne daß der Kläger auf die Benutzung der Yacht hätte verzichten müssen, durch einen Fremdunternehmer hätten beseitigt werden können. Wer selbst geringfügige und leicht zu beseitigende Mängel, die den Gebrauch der Sache nur unwesentlich beeinträchtigen, zum Anlaß nimmt, den Kaufgegenstand "umzutauschen" oder Zug-um-Zug gegen Rückzahlung des Kaufpreises zurückzugeben, muß sich jeglichen Weitergebrauchs des Gegenstands, der notwendigerweise eine über den durch Alterung verursachten normalen Wertverlust hinausgehende Abnutzung zur Folge hat, enthalten, will er sich nicht in Widerspruch zu seinem eigenen Verhalten setzen. Eine Ausnahme von dieser Regel ist jedenfalls nicht schon deshalb gerechtfertigt, weil der Kläger anderenfalls Freizeitfreuden entbehren muß.</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">Hiernach hat der Kläger durch die Weiterbenutzung des Boots sowohl seinen Anspruch auf Ersatzlieferung als auch sein hilfsweise geltend gemachtes Recht auf Wandlung des Vertrags verloren.</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">b) Der Anspruch auf Ersatzlieferung scheitert darüber hinaus auch daran, daß es der Beklagten nach Treu und Glauben nicht zumutbar ist, ein Ersatzboot des dem Kläger verkauften Typs jetzt noch herzustellen, nachdem sie - wie der Zeuge xxx bei seiner Vernehmung vor dem Senat glaubhaft bekundet hat - die Produktion dieses Bootstyps zum Sommer 1985 eingestellt und die zum Bau notwendigen Formen im vergangenen Jahr vernichtet hat. Es sind zwar Fälle denkbar, in denen es der Beklagten verwehrt wäre, sich gegenüber dem Ersatzlieferungsverlangen eines Kunden auf die Vernichtung der zur Herstellung des Ersatzboots notwendigen Formen zu berufen, wenn sie vernichtet worden sind, während ein Rechtsstreit über den Ersatzlieferungsanspruch anhängig ist. Angesichts der Geringfügigkeit der vom Sachverständigen festgestellten Mängel ist es der Beklagten unter den gegebenen Umständen aber nicht zuzumuten, mit hohem Kostenaufwand zunächst die zum Bau eines Ersatzschiffs notwendigen Formen und anschließend ein Boot jenes - seit 2 Jahren ausgelaufenen - Programms in Einzelarbeit herzustellen.</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">6. Unberührt von alledem bleibt jedoch das Recht des Klägers auf Minderung des Kaufpreises (vgl. Staudinger-Honsell BGB 12. Aufl., § 467 Randnummer 12). Insoweit hat sein Hilfsantrag teilweise Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">Da keine Anhaltspunkte für einen die zur Wiederherstellung eines einwandfreien Zustands notwendigen Reparaturkosten übersteigenden Minderwert gegeben sind, ist auf der Grundlage der Gutachten xxx von einem Minderungsbetrag von insgesamt 4.604,-- DM auszugehen. Hierbei hat der Senat berücksichtigt, daß die Lohnkosten seit Erstattung der schriftlichen Gutachten - wie der Sachverständige bei seiner Anhörung vor dem Senat angegeben hat - um etwa 20% gestiegen sind und, da die Mängelbeseitigungskosten überwiegend Lohnkosten beinhalten, ohne daß der Sachverständige Lohn- und Materialkosten in seinen Gutachten scharf getrennt hat, - zugunsten des Klägers - den vom Sachverständigen ermittelten Gesamtbetrag von 3.000,-- DM um 20% erhöht und 14% Mehrwertsteuer hinzugerechnet. Um alle Unwägsamkeiten zu berücksichtigen, hat der Senat ferner zum Ausgleich eines eventuell verbleibenden merkantilen Minderwerts bei der Größenordnung der Reparaturkosten zugunsten des Klägers noch weitere 500,-- DM hinzugesetzt. Dafür, daß bei einwandfreier Reparatur ein technischer Minderwert verbleibt, sind Anhaltspunkte nicht ersichtlich. Der dem Kläger zustehende Minderungsbetrag beläuft sich daher auf insgesamt 4.604,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">Entsprechend ist das angefochtene Urteil abzuändern.</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 97, 92, 708 Ziffer 10, 711, 546 Abs. 2 ZPO.</p>
|
315,461 | lg-bonn-1987-06-25-8-s-7387 | {
"id": 804,
"name": "Landgericht Bonn",
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} | 8 S 73/87 | "1987-06-25T00:00:00" | "2019-03-13T14:56:22" | "2019-03-27T09:43:04" | Urteil | ECLI:DE:LGBN:1987:0625.8S73.87.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Siegburg vom 19. Januar 1987 - 10 C 82/87 - abgeändert und wie folgt neu gefaßt:</p>
<p>Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.306,40 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 31. Oktober 1985 zu zahlen.</p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits, einschließlich der Berufung, trägt der Beklagte.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Von der Darstellung des Tatbestandes  wird gemäß § 541 Abs. I ZPO abgesehen.</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die gemäß §§ 516, 518, 519 ZPO zulässige Berufung der Klägerin hat auch in der Sache Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch aus Übergegangenem Recht wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht zu, § 116 SGB X in Verb. mit § 823 Abs. 1 BGB. Der Beklagte hat die ihm für den Betrieb des Kinderkarussells obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt, weil er die Berg- und Talbahn nicht mit Sicherheitsbügeln ausrüstete.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Jeder, der im Verkehr Gefahrenquellen schafft, hat die notwendigen Vorkehrungen zum Schutz Dritter zu treffen. Da eine Verkehrssicherung, die jeden Unfall ausschließt, nicht erreichbar ist, muss nicht für alle denkbaren, entfernten Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden. Vielmehr sind nur diejenigen Vorkehrungen zu treffen, die im Rahmen des Zumutbaren geeignet sind, Gefahren von Dritten abzuwenden, die bei bestimmungsgemäßer und/oder nicht ganz fernliegender bestimmungswidriger Benutzung drohen (vgl. BGH in NJW 1978, 5. 1629). Dabei ist von den tatsächlichen Erkenntnissen und technischen Möglichkeiten im jeweils zu überprüfenden Zeitpunkt auszugehen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Bei der von dem Beklagten betriebenen Anlage handelt es sich, wie der Sachverständige M vom TÜV Rheinland, zuständig für "Fliegende Bauten", ausgeführt hat, um eine Berg- und Talbahn, Baujahr 1949, deren Drehzahl und Geschwindigkeit durch einen Wasser-Anlasser geregelt ist. Hierdurch wird eine sanfte und stufenlose Beschleunigung erreicht. Die erzielte Geschwindigkeit ist dabei abhängig von der Wassertemperatur und dem Salzgehalt. des Wassers (Dem Wasser wird Salz beigefügt). Die Anlage hat eine Soll-Geschwindigkeit von 9 Umdrehungen pro Minute, was 4m/sec. oder ca. 15 km/h entspricht, und gehört damit zu den sogenannten schnell laufenden Fahrgeschäften.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Es mag fraglich sein, ob für eine derartige Anlage, für die der Beklagte eine Betriebserlaubnis besitzt und die für den Verkehr zugelassen ist, generell zusätzliche Sicherheitseinrichtungen erforderlich sind. Jedenfalls waren hier wegen der besonderen Umstände Sicherheitseinrichtungen erforderlich, auch wenn, wie der Sachverständige M ausführte, für alte Bahnen solcher Art Sicherheitsbügel nicht üblich sind. Der Sachverständige machte aber ebenso deutlich, daß nach dem heutigen Stand der Sicherheitsvorschriften diese Anlage nicht mehr für den Betrieb zugelassen würde. Um dem Sicherheitsstandard zu entsprechen, wäre entweder eine Vorrichtung zum Halten oder ein Querbügel, der verschließbar ist, erforderlich. Hinzu kommt, daß die von dem Beklagten betriebene Bahn, wie auch der Prüfungsbericht vom 04.07.1986 ausweist, eine Ist-Geschwindigkeit von 9,5 Umdrehungen pro Minute erreicht. Darüberhinaus legte der Sachverständige aber auch dar, daß diese Berg- und Talbahn bei Überprüfungen eine Geschwindigkeit von 11 Umdrehungen = 4,8 m/sec., handgestoppt sogar 12 Umdrehungen, erreichte. In den Richtlinien für den Bau und Betrieb "Fliegender Bauten“ des Innenministers von Nordrhein-Westfalen  i.d.F. vom April 1977 (SMBl NW 23213) wird in Ziffer 5.3.1.6 darauf hingewiesen, daß darauf zu achten ist, daß der im Prüfungsbuch festgesetzte Geschwindigkeitsbereich eingehalten wird. Es muss ferner berücksichtigt werden, daß durch die abwechselnde und sich schnell ändernde Hoch-/Tiefbewegung der Bahn die Körperhaftung der sitzenden Person vermindert wird und der Körper in eine instabile Lage gerät. Die sich daraus ergebenden Gefahren sind für Kinder, die Benutzer des Karussells, nicht erkennbar. Auch wenn die Fahrt mit einer solchen Bahn gewisse Gefahren in sich birgt, die den Reiz dieses Vergnügens ausmachen, so darf nicht verkannt werden, daß Kinder, auch ältere Kinder wie hier die 10jährige Zeugin N, sich während der Fahrt nicht ruhig verhalten, sondern durch andere Einflüsse, wie z.B. Musik, Zurufen von Freunden und dgl., abgelenkt und hierdurch verleitet werden, die Gefahr zu vergessen. Dies ist dem Beklagten als dem Betreiber der Anlage bekannt, zumindest aber erkennbar. Die Möglichkeit eines Unfalls war auch nicht nur ein ganz entfernt liegendes, unwahrscheinliches Ereignis, sondern eine realistische Gefahr. Vor dem hier in Rede stehenden Ereignis vom 03.06.1985 ereignete sich nämlich, wie der Sachverständige M mitteilte, bereits im Jahre 1982 bei derselben Bahn ein gleicher Unfall. Die Berg- und Talbahn des Beklagten entsprach somit objektiv nicht den zu stellenden Anforderungen. Es war erforderlich, diese Altanlage mit einer Schließvorrichtung, d.h. Sicherheitsbügel, auszustatten. Eine derartige Maßnahme war auch zumutbar, zumal spätestens seit 1982 in den beteiligten Kreisen darüber diskutiert wurde, ob der jetzige Sicherheitsstandard auch auf alte Anlagen zu erstrecken ist.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die fehlenden Sicherheitseinrichtungen waren auch für das Hinausschleudern der Zeugin N aus einem der offenen Wagen der Bahn ursächlich. Mit einem verschließbaren Querbügel oder einem Umlegbügel, der gleichzeitig zum Festhalten dienen kann, wäre das Hinausschleudern verhindert worden, da der Körper der Zeugin fixiert gewesen wäre. Dem stehen die Bekundungen der Zeugin N - die anderen Zeugen konnten zum Unfallhergang keine Angaben machen - nicht entgegen, wonach sie während der Fahrt nicht aufgestanden ist und sich auch nicht hingekniet habe, als sie sich auf Rufen ihrer Freunde nach diesen umdrehte und aus dem Wagen gefallen ist. Hinsichtlich diesen Bekundungen der Zeugin bestehen für die Kammer Zweifel. Zum einen ist zu bedenken, daß die Zeugin sich nach ihren Angaben in einer Drehbewegung befand, als es zum Unfall- kam. Zum anderen räumte die Zeugin ein, daß sie nicht weiß, wie "das" (Hinausschleudern) passiert ist, so daß Zweifel hinsichtlich des Erinnerungsvermögens der Zeugin am Unfallhergang bestehen, zumal ihre Bekundung, sie sei nicht aufgestanden, ein Verhalten betrifft, das unmittelbar vor dem Unfallgeschehen liegt. Nach den Ausführungen des Sachverständigen M ist ein Hinausschleudern eines sitzenden Kindes nahezu unmöglich, wenn mit der Bahn die normale, d.h. übliche Geschwindigkeit eingehalten wird. 0b das Karussell die übliche Geschwindigkeit eingehalten hat, ist in Anbetracht dessen, daß mit der Bahn nicht unerheblich höhere Geschwindigkeiten erreicht werden, keineswegs sicher.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, daß die Berg- und Talbahn eine nicht zulässige Geschwindigkeit fuhr und diese daher zumindest für das Hinausschleudern mitursächlich war. Unter Berücksichtigung des im Jahre 1982 erfolgten Unfalls sowie der in den beteiligten Kreisen diskutierten Frage, ob Altanlagen auf den heutigen Sicherheitsstandard nachzurüsten sind, und des Umstandes, daß das Karussell höhere Geschwindigkeiten als die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 9 Umdrehungen pro Minute erreicht, hat der Beklagte die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Es kann hier offen bleiben, ob die Zeugin N während der Fahrt., wie der Beklagte behauptet, aufgestanden ist und die Klägerin sich deshalb ein Mitverschulden der Zeugin entgegenhalten lassen muss. Die Zeugin hat Entsprechendes nicht bekundet, jedoch bestehen insoweit, wie oben dargelegt, Zweifel. Jedoch hat die Klägerin ein etwaiges durch ein Aufstehen während der Fahrt bedingtes Mitverschulden der Zeugin mit 2/3 hinreichend berücksichtigt.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Da die von der Klägerin durch den Unfall der Zeugin N veranlassten Aufwendungen für den Krankenhausaufenthalt und die Transportkosten in Höhe von insgesamt 3.919,20 DM unstreitig sind, ist der geltend gemachte Betrag von 1.306,40 DM gerechtfertigt.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Zinsanspruch begründet sich aus §§ 284 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Gegenstandswert der Berufung: 1.306,40 DM</p>
|
315,462 | lagham-1987-06-25-4-sa-26986 | {
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<p>Die Berufung des Klägers gegen das am 05.12.1985 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Hamm wird auf seine Kosten zurückgewiesen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><strong>Tatbestand</strong></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat im Jahre 1976 einen Leiter des Verkehrsamtes gesucht. In der Zeitschrift "Der Fremdenverkehr" 8/76 hat sie die Stelle als ausbaufähig bezeichnet und darauf hingewiesen, die Vergütung erfolge nach BAT IV a/III.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der 46 Jahre alte Kläger ist am 01.01.1977 als Verkehrsamtsleiter in die Dienste der Beklagten getreten.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">In § 2 des Arbeitsvertrages vom 03.01.1977 (Bl. 22/23) ist folgendes festgelegt worden:</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach den Vorschriften des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) und der zusätzlich abgeschlossenen Tarifverträge - insbesondere des Bezirks-Zusatztarifvertrages hierzu (BZT-A/NRW) - in der jeweils geltenden Fassung.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Das gleiche gilt für die an deren Stelle tretenden Tarifverträge. Daneben finden die für Angestellte des Arbeitgebers jeweils sonstigen Tarifverträge Anwendung.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist in § 6 des Arbeitsvertrages in die VergGr. IV a eingruppiert worden. Wiederholt, erstmalig mit Schreiben vom 22.11.1979 (Bl. 24), hat er erfolglos die Zuordnung zur VergGr. III verlangt.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">In der Arbeitsplatzbeschreibung vom 21.01.1981 (Bl. 26 - 31) hat der Kläger seine Tätigkeit in folgende Arbeitsvorgänge gegliedert:</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Entwicklung von Fremdenverkehrsangeboten       8 %</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Fremdenverkehrswerbung                               </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Innere Werbung                                             31 %                            </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Äußere Werbung                                           19 %</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Öffentlichkeitsarbeit                                       12 %</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Verkaufsförderung                                          12 %</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Verkauf von Fremdenverkehrsangeboten            10 %</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Innerbetriebliche Organisation                            5 %</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Fremdenverkehrsstatistik                                   3 %</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Mit der am 29.03.1985 bei dem Arbeitsgericht in Hamm eingegangenen Klage erstrebt der Kläger die VergGr. III ab 01.01.1981.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat vorgetragen, seine Arbeitsplatzbeschreibung baue auf den Grundsätzen des Marketings auf: Marktbeobachtung, Produktentwicklung, Werbung, Öffentlichkeitsarbeit, Verkaufsförderung, Verkauf.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Auf seine Initiative sei 1981 die V KG, Augsburg, beauftragt worden, ein Konzept für die Weiterentwicklung des N2-Fremdendverkehrs zu erstellen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Seit Mai 1982 diene die Arbeit dieser Unternehmensberatung als Grundlage für die Fremdenverkehrsarbeit im Rahmen eines Gesamtkonzepts, wobei sich eine Basisgruppe entwickelt habe.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Dem Verkehrsamt und insbesondere ihm als Verkehrsamtsleiter komme in Bereichen wie Koordination und Motivation eine Schlüsselfunktion zu. In vertraulichen Gesprächen berate er Betriebsinhaber, um die zum Teil seit mehreren Generationen bestehenden Betriebe den heutigen Leistungsanforderungen anzupassen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Der Fremdenverkehr als Wirtschaftszweig habe für die Gemeinde N2 herausragende Bedeutung.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Er habe die Aufgabe, hier Entwicklungsarbeit zu leisten, wobei seine Tätigkeit ein erhebliches Maß an Verantwortung und insbesondere auch an Kreativität erfordere.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Er benötige Kenntnisse im Marketing, darüber hinaus aber auch allgemeines betriebswirtschaftliches und volkswirtschaftliches Wissen in den verschiedensten Teilbereichen. Auch verlange sein Aufgabengebiet Kenntnisse im Reise- recht, im Wettbewerbsrecht, im Melderecht, im Beherbergungsstatistik-Gesetz sowie im Beherbergungsvertragsrecht.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, den • Kläger ab 01.01.1981 in die VergGr. III BAT einzugruppieren und dem Kläger die daraus sich ergebende Vergütung zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Sie hat bestritten, daß die Tätigkeit des Klägers gründliche, umfassende Fachkenntnisse erfordere.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die Arbeit der Unternehmensberatung könne dem Kläger nicht zugerechnet werden.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Gleiches gelte für die Umsätze im Groß- und Außenhandel sowie im Gaststättengewerbe.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Soweit der Kläger Vergütung nach der VergGr. III für die Jahre 1981 und 1982 verlange, erhebe sie die Einrede der Verjährung.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Das Arbeitsgericht Hamm hat durch das am 05.12.1985 verkündete Urteil die Klage abgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Zur Begründung hat der Vorderrichter ausgeführt, es sei dem Kläger nicht gelungen darzulegen, daß er sich durch die besondere Schwierigkeit und die Bedeutung seines Aufgabengebietes aus der VergGr. IV b heraushebe. Er hätte für einen längeren Zeitraum vortragen müssen, welche konkreten Arbeitsvorgänge er im einzelnen verrichtet habe, welcher Anteil der Gesamtarbeitszeit auf die einzelnen Arbeitseinheiten entfallen sei und welche Kenntnisse und Erfahrungen er zur Erledigung seiner Arbeiten habe einsetzen müssen. Die umfangreichen Unterlagen, die der Kläger eingereicht habe, seien nicht geeignet, seinen Anspruch schlüssig zu begründen, da sie nichts über die Qualifikation der einzelnen verrichteten Tätigkeiten aussagten. Es sei nicht erkennbar, warum sich sein Aufgabengebiet durch besondere Schwierigkeit heraushebe und worin die besondere Bedeutung liege. Möglicherweise spielten die Auswirkungen des Fremdenverkehrs auf die Gemeinde N2 eine Rolle, doch falle hier ins Gewicht, daß in die Entwicklung unstreitig viele Personen einbezogen seien. Ein Großteil der Tätigkeit des Klägers bestehe in der Führung von Gesprächen, dem Auswerten von Material sowie in der Erarbeitung von Konzepten, deren Wiksamkeit nicht leicht meßbar sei. Die detaillierten Beschreibungen der verrichteten Tätigkeiten ermöglichten keine Einordnung unter die in Rede stehenden tarifvertraglichen Begriffe.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Dieses Urteil ist dem Kläger am 16.01.1986 zugestellt worden.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Er hat mit dem am 13.02.1986 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Schriftsatz Berufung eingelegt.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Das Rechtsmittel ist nach Verlängerung der Frist bis zum 14.04.1986 mit dem am 14.04.1986 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet worden.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Der Kläger stellt heraus, daß die Leistungen eines Verkehrsamtes ganz entscheidend von der Einsatzfreude, der Kreativität, der Weitsicht und dem Ideenreichtum seines Leiters abhingen.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Für das Gutachten V habe er den fremdenverkehrsspezifischen Bereich nach sachlichen und fachlichen Gesichtspunkten herausgearbeitet. Er habe das gesamte Werbekonzept für die "Mosaik-Schatulle" entworfen und entwickelt; die Idee, die Konzeption, die Gestaltungs- und Ausführungsdetails sowie über 90 % der Fotos stammten von ihm.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Seinen Entwürfen und Entwickungen habe ein einheitliches Schema zugrunde gelegen: für das Format, den Titel, die Unterscheidungshilfen, die Farben, die Such- und Vergleichsmerkmale, die Details für Piktogrammerweiterungen oder Neuentwicklungen, die Hinweise auf Rechtsgrundlagen, Preisklarheit und Vergleichsmöglichkeiten.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Der Wert seiner Arbeit bei den Übersetzungshilfen liege darin, daß es das von ihm entwickelte System bisher bundesweit noch nicht gebe. Auf drei 21 x 10 cm großen Blättern würden alle wesentlichen Hilfen für die fremdsprachliche Auswertung der Angebotsverzeichnisse vorgelegt und unter Einschluß der wesentlichen Vertragsrechtsgrundlagen in englisch, französisch und niederländisch übersetzt. Wesentlich sei dabei ein von ihm angewandtes Piktogrammsystem, das sich durch alle Verzeichnisse gemeinsam ziehe und in dieser Form erstmalig so angewandt worden sei. So würden mit ralativ geringem Aufwand platz-, papier-, porto- und somit insgesamt kostensparend Fremdenverkehrsmittel in vier Sprachen angeboten.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Die Initiative für den Straßenplan sei von ihm ausgegangen. Von ihm stammten die kreativen Vorgaben: einheitliches Erscheinungsbild, einheitliches Format, Handlichkeit durch speziell entwickeltes Faltschema, Informations- und Nutzwert, viersprachige Auflage, kostengünstiges Gesamtkonzept. Er habe die Drüggelter L2 in die fremdenverkehrswirtschaftliche Nutzung eingestellt.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Folgende Maßnahmen habe er eingeleitet: Veröffentlichungen in Fremdenverkehrsführern, diverse Presse- und Rundfunkveröffentlichungen, Kontaktausbau zu Wissenschaftlern, die sich u.a. mit den Fragen um die L2 befaßten, Ausbildung von 3 Fremdenführern für die Drüggelter L2, Informationseinrichtung an der L2, Wegebeschilderung zur L2.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Bei der Drüggelter L2 handele es sich um ein überregional bedeutendes Kulturgut, welches über die Grenzen der Bundesrepublik Deutschland hinausrage.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Er habe für die Abschiedsveranstaltung des Gaugeschäftsführers des ADAC- Gaus Westfalen-West ein Konzept entwickelt, weiches dann auch realisiert worden sei.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Seine Tätigkeit in der "Basisgruppe Weiterentwicklung N2 Fremdenverkehr" dürfe nicht heruntergespielt werden.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Die Initiative und die Motivation für die "Informationsfahrt Steinhuder Meer" stammten von ihm. Hier sei es darum gegangen, den Entscheidungsträgern der Gemeinde N2 und des Zweckverbandes "Naturpark Arnsberger Wald" sowie dem Eigentümer der Talsperre, dem Ruhrtalsperrenverein, neue Orientierungshilfen für die Weiterentwicklung in Richtung "Naturschutz und Fremdenverkehr" zu vermitteln.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung des angfochtenen Urteils festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger ab 01.01.1983 in die VergGr. III BAT einzugruppieren und dem Kläger die sich daraus ergebende Vergütung zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Sie betont, das Gutachten der Firma V sei in erster Linie vom Verkehrsverein N2 gewünscht und der Auftrag von der N2 GmbH erteilt worden. Die Gemeinde habe sich an den Kosten durch Gewährung eines Zuschusses beteiligt.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Nicht alle Einzelprospekte der Werbeprospektsammlung "N2-Mosaik" stammten von dem Kläger.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Der von dem Kläger vorgelegte Straßenplan habe erhebliche Unrichtigkeiten aufgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Richtig sei, daß das Verkehrsamt die "Drüggelter L in die Werbung für die Gemeinde N2 einbezogen habe.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Die Fakten dieses Kulturdenkmals hätten jedoch festgelegen; eine besondere Erarbeitung durch das Verkehrsamt sei nicht erforderlich gewesen. Bei dem ADAC-Gautreffen habe es sich um eine technische Betreuung gehandelt.</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Unzutreffend sei, daß der Kläger als Verkehrsamtsleiter Koordinator und Initiator der Basisgruppe sei.</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Bei dieser "Basisgruppe" handele es sich um einen losen Zusammenschluß von verschiedenen Interessenten und Vereinen, die an der Förderung des Fremdenverkehrs beteiligt seien.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Richtig sei, daß die Kontaktaufnahme für die Informationsfahrt zum Steinhuder Meer bei dem Kläger gelegen habe.</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat in einer Anlage zum Schriftsatz vom 07.04.1987 (Bl. 210 ff) seine Aufgabengebiete und Tätigkeiten wie folgt gegliedert:</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">1.   <strong><span style="text-decoration: underline;">Marktbeobachtung</span></strong></p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">1.1  Marktdaten ermitteln</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">1.2  Gästebefragungen entwickeln und durchführen</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">1.3  Örtliche Bestandserfassungen durchführen</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">1.4  Ergebnisse 1.1 - 1.3 analysieren und auf N2 umsetzen</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">2.   <strong><span style="text-decoration: underline;">Entwicklung eines Marketinqkonzeptes für die</span></strong></p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration: underline;">Fremdenverkehrsgemeinde</span></strong></p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">3.   <strong><span style="text-decoration: underline;">Angebotsentwicklung</span></strong></p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">3.1  Urlaubs-, Erholungs- und Unterhaltungsprogramme entwickeln</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">3.2  Wettbewerbsfähige Verkaufsangebote zusammenstellen und bündeln</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">3.3  Mit örtlichen Leistungsträgern verhandeln und Leistungsverträge abschließen</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">4.   <strong><span style="text-decoration: underline;">Innere Werbung</span></strong></p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">4.1  Überwachung der Gästebetreuung</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">4.2  Entwicklung neuer Veranstaltungen</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">4.3  Planung, Organisation und Durchführung eigener Veranstaltungen</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">4.4  Durchführung von eigenen Vorträgen und Führungen</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">4.5  Vermittlungs-, Beratungs- und Betreuungsleistungen für Veranstaltungen Dritter</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">4.6  Abwicklung besonderer Gästeanfragen</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">4.7  Schlichtung von Beschwerden</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">5.   <strong><span style="text-decoration: underline;">Äußere Werbung</span></strong></p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">5.1  Erarbeitung eines Werbeplanes</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">5.2  Konzeptionierung des einheitlichen Erscheinungsbildes für alle Werbemittel</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">5.3  Entwicklung der Werbemittel und Erstellen des Layouts</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">5.4  Texten der Prospekte und Slogan</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">5.5  Motivbestimmung und -auswahl der Werbefotos, Herstellung eigener Werbefotos</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">5.6  Aufstellen des Mediaplanes</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">5.7  Gestalten und Texten von Anzeigen</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">5.8 Auftragsvergaben und Überwachung der Aufträge an Grafiker, Fotografen, Lithoanstal- ten und Druckereien im Rahmen der Werbemittelproduktion/Etatüberwachung</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">6.   <strong><span style="text-decoration: underline;">Verkaufsförderung</span></strong></p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">6.1  Zielgruppenorientiertes Bündeln und Aufbereiten der gesamtörtlichen Leistungen zu marktgerechten Angeboten</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">6.2  Führen von Verkaufsverhandlungen und Vertragsabschlüssen mit Reiseveranstaltern</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">6.3  Beteiligung an touristischen Messen. Erarbeitung der Auswahlkriterien, Entwicklung der Gestaltung und Konstruktion des Ausstellungsstandes, Vorbereitungen, Technik, Vertragsabschlüsse, Beratungstätigkeiten auf Messen, Nachbereitung der Ergebnisse</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">7.   <strong><span style="text-decoration: underline;">Direktmailing</span></strong></p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">7.1 Erarbeitung der Auswahlkriterien</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">Texten, Abwicklung und Auswerten der Aktionen (Werbebriefe)</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">8.   <strong><span style="text-decoration: underline;">Öffentlichkeitsarbeit</span></strong></p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">8.1  Kontaktpflege mit Journalisten und Redakteuren der Medien</p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">8.2  Medien- und publikumswirksame Berichtsthemen entwickeln, Presseberichte schreiben, Bildmaterial aufbereiten</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">8.3  Presseinformationen ausarbeiten und Ergebnisse auswerten</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">9.   <strong><span style="text-decoration: underline;">Weitere Aufqbaben</span></strong></p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">9.1  Beratungs- und Vermittlungstätigkeiten bei Planungen zu Infrastrukturmaßnahmen des Fremdenverkehrs</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks">9.2  Wahrnehmung von Leitfunktionen bei der Weiterentwicklung des N2-Fremdenverkehrs im Rahmen der V-Untersuchung, Umsetzung daraus abgeleiteter Aufgaben</p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks">9.3  Teilnahme an Sitzungen und Besprechungen in Fremdenverkehrsangelegenheiten von zentraler Bedeutung</p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks">9.4  Aufgabenverteilung, Abteilungsorganisation,</p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">Aus- und Weiterbildung, Postaus- und eingänge</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks">9.5  Entwicklung konzeptioneller Grundlagen und Beiträge bei der Herausgabe von Ortsplan und Wanderkarte</p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">9.6  Wahrnehmung von Aufgaben und Kontakten im Rahmen der Zusammenarbeit mit übergeordneten Stellen des Fremdenverkehrs auf Kreis-, Regional-, Landes- und Bundesebene</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks">In der Anlage zum Schriftsatz vom 21.10.1986 (Bl. 151 ff) hat er nähere Erläuterungen zu seinen Aufgabengebieten und Tätigkeiten gegeben.</p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">In der mündlichen Verhandlung vom 25.06.1987 vor dem Landesarbeitsgericht ist die Tätigkeit des Klägers gründlich und umfassend anhand der von ihm vorgelegten Arbeitsunterlagen erörtert v/orden. Auf das Ergebnis dieser Erörterungen wird verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks">Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Akteninhalt sowie die vom Kläger zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration: underline;">Entscheidunqsqründe</span></strong></p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist zulässig.</p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks">Sie ist an sich statthaft, auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.</p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks">In der Sache selbst kann das Rechtsmittel keinen Erfolg haben.</p>
<span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks">1. Der Klageantrag ist darauf gerichtet, daß die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger ab dem näher bezeichneten Zeitpunkt in die VergGr. III einzugruppieren und entsprechend zu vergüten.</p>
<span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks">Damit wird verkannt, daß die Eingruppierung nicht auf einem Eingruppierungs-</p>
<span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks">akt beruht, sondern unmittelbar aus der auszuübenden Tätigkeit folgt.</p>
<span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks">Nach dem gesamten Klagevorbringen kann das Begehren des Klägers aber unbedenklich als üblicher Eingruppierungsfeststellungsantrag ausgelegt werden, dessen Zulässigkeit nach § 256 Abs. 1 ZPO keinen begründeten Bedenken begegnet (vgl. BAG AP Nr. 9 zu § 24 BAT; auch BAG AP Nr. 3, 8, 15, 20, 24, 56, 58, 62 zu §§ 22, 23 BAT 1975)</p>
<span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks">Der Antrag des Klägers ist mithin im Ergebnis verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BAG AP Nr. 4 zu § 24 BAT).</p>
<span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks">2. Gemäß § 611 BGB wird der Arbeitgeber durch den Arbeitsvertrag verpflichtet, dem Arbeitnehmer für die geleistete Arbeit die vereinbarte Vergütung zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks">2.1.          Die Parteien haben in § 6 des Arbeitsvertrages vom 03.01.1977 (Bl. 22/23 d.GA) die Vergütungsgruppe IV a vereinbart, gleichzeitig aber in § 2 festgelegt, daß das Arbeitsverhältnis sich nach dem Bundes-Angestelltentarif- vertrag (BAT) bestimmt.</p>
<span class="absatzRechts">124</span><p class="absatzLinks">Wenn in einem Arbeitsvertrag die Vergütungsgruppe angeführt wird, nach der der Arbeitnehmer Vergütung erhalten soll, so bedeutet das im Zweifel nicht, daß die Parteien damit die tariflichen Vorschriften über die Eingruppierung ausschalten wollen. Vielmehr geben sie mit der Bezeichnung der VergGr. lediglich zu erkennen, welche Zuordnung sie im Einzelfall für zutreffend halten. Sofern die Parteien eines Arbeitsvertrages hiervon abweichend ohne Rücksicht auf die tarifliche Eingruppierung eine bestimmte Vergütungsgruppe einzelvertraglich vereinbaren wollen, müssen sie dies deutlich zum Ausdruck bringen, indem sie etwa im Arbeitsvertrag nach der Bezeichnung der Vergütungsgruppe, nach der der Arbeitnehmer vergütet werden soll, die Vorschriften des BAT nur "im übrigen" für anwendbar erklären (vgl. BAG AP Nr. 65 §§ 22, 23 BAT 1975).</p>
<span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks">Die vertragliche Vereinbarung der VergGr. IV a in dem Arbeitsvertrag vom 03.01.1977 steht mithin einer Überprüfung, wie sie mit der Klage erstrebt wird, nicht von vornherein entgegen.</p>
<span class="absatzRechts">126</span><p class="absatzLinks">2.2.          Für die Vergütung der Arbeitsleistungen des Klägers, also die von der Beklagten geschuldete Gegenleistung im Sinne des § 611 BGB, sind die für</p>
<span class="absatzRechts">127</span><p class="absatzLinks">Angestellte im Bereich der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände maßgebenden Vorschriften des BAT heranzuziehen.</p>
<span class="absatzRechts">128</span><p class="absatzLinks">Zwar haben die Parteien im Arbeitsvertrag keine ausdrückliche Vereinbarung über die auf das Arbeitsverhältnis anwendbare Fassung des BAT getroffen, jedoch gilt insoweit der Grundsatz, daß die einzelvertragliche Vereinbarung des BAT die tariflichen Normen widerspiegeln soll, die für den Bereich des Arbeitgebers zur Anwendung gelangen (vgl. BAG AP Nr. 81 zu §3 22, 23 BAT 1975).</p>
<span class="absatzRechts">129</span><p class="absatzLinks">Daher müssen in dem zur Entscheidung stehenden Falle die Vergütungsvorschriften in der VKA-Fassung herangezogen werden.</p>
<span class="absatzRechts">130</span><p class="absatzLinks">3.           Der Kläger erstrebt die VergGr. III ab 01.01.1981.</p>
<span class="absatzRechts">131</span><p class="absatzLinks">Die Fallgr. 1 a dieser VergGr. gilt für Angestellte, deren Tätigkeit sich durch das Maß der damit verbundenen Verantwortung erheblich aus der VergGr. IV a Fallgr. 1 b heraushebt.</p>
<span class="absatzRechts">132</span><p class="absatzLinks">Die Fallgr. 1 b der VergGr. III erfaßt Angestellte, deren Tätigkeit sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der VergGr. IV b Fallgr. 1 a heraushebt, nach vierjähriger Bewährung in VergGr. IV a Fallgr. 1 b. Die Fallgr. 1 b der VergGr. IV a kommt in Betracht für Angestellte, deren Tätigkeit sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der VergGr. IV b Fallgr. 1 a heraushebt.</p>
<span class="absatzRechts">133</span><p class="absatzLinks">Der Fallgr. 1 a der VergGr. IV b sind Angestellte zuzuordnen, deren Tätigkeit sich dadurch aus der VergGr. V b Fallgr. 1 a heraushebt, daß sie besonders verantwortungsvoll ist.</p>
<span class="absatzRechts">134</span><p class="absatzLinks">Die Fallgr. 1 a der VergGr. V b greift bei Angestellten, deren Tätigkeit gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert.</p>
<span class="absatzRechts">135</span><p class="absatzLinks">4.           Der Kläger kann sich nicht auf eine vertragliche Zusage der VergGr. III stützen.</p>
<span class="absatzRechts">136</span><p class="absatzLinks">Etwas anderes ergibt sich nicht aus der Zeitungsanzeige in der Zeitschrift "Der Fremdenverkehr" 8/76.</p>
<span class="absatzRechts">137</span><p class="absatzLinks">Richtig ist, daß hier von einer Vergütung des Verkehrsamtsleiters nach BAT</p>
<span class="absatzRechts">138</span><p class="absatzLinks">IV a/III die Rede ist.</p>
<span class="absatzRechts">139</span><p class="absatzLinks">Daraus kann jedoch nicht entnommen werden, daß der Aufstieg in die VergGr. III zum Vertragsinhalt gemacht worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">140</span><p class="absatzLinks">Mangels genügender Bestimmtheit und wegen des fehlenden Bindungswillens liegt in einer Zeitungsanzeige kein Vertragsangebot (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 39. Aufl., § 145 Anm. 1).</p>
<span class="absatzRechts">141</span><p class="absatzLinks">Der Inhalt des Arbeitsverhältnisses des Klägers wird durch den schriftlichen Vertrag vom 03.11.1977 bestimmt, nicht aber durch eine ausdrückliche oder stillschweigende Einverständniserklärung mit den Angaben der Ausschreibung der Stelle im Wege eines Zeitungsinserats (vgl. auch Nikisch, Arbeitsrecht, 3. Aufl., 1. Band, S. 197).</p>
<span class="absatzRechts">142</span><p class="absatzLinks">Damit scheidet eine vertragliche Zusage des Aufrückens des Klägers in die VergGr. III aus.</p>
<span class="absatzRechts">143</span><p class="absatzLinks">5. Allein die Tatsache, daß der Kläger vom 01.01.1977 bis zum 31.12.1980 Vergütung nach der VergGr. IV a erhalten hat, gibt ihm keinen Anspruch auf Zurodnung zur VergGr. III ab 01.01.1981.</p>
<span class="absatzRechts">144</span><p class="absatzLinks">Es kommt nämlich nicht darauf an, ob der Kläger formal in die VergGr., aus der heraus ein Aufstieg tarifrechtlich möglich ist, eingruppiert ist. Entscheidend ist vielmehr, ob er mit der Tätigkeit die tariflichen Tätigkeitsmerkmale der Ausgangsfallgruppe auch materiell erfüllt hat (vgl. BAG AP Nr. 2, 9, 10 zu § 23 a BAT).</p>
<span class="absatzRechts">145</span><p class="absatzLinks">Zwar stellt es für einen Angestellten im öffentlichen Dienst eine Härte dar, wenn er von seinem Arbeitgeber längere Zeit Vergütung nach einer bestimmten Vergütungsgruppe erhalten hat, während ihm im Widerspruch dazu der Bewährunsaufstieg mit der Begründung versagt .wird, seine Tätigkeit entspreche tatsächlich nur den Tätigkeitsmerkmalen einer niedrigeren Vergütungsgruppe, doch kann er daraus für eine Teilnahme am Bewährungsaufstieg keine Rechte herleiten (vgl. BAG AP Nr. 57, 79, 80 zu §§ 22, 23 BAT; BAG AP Nr. 8, 9, 10, 13, 18 zu § 23 a BAT; BAG AP Nr. 8, 19 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Der Kläger kann auch nicht erfolgreich einwenden, die Beklagte handele arglistig und treuwidrig, wenn sie sich darauf berufe, daß sie aus Anlaß einer möglichen Teilnahme am Bewährungsaufstieg seine Eingruppierung noch einmal überprüft habe und dabei zu dem Ergebnis gelangt sei, er erfülle nicht die Tätigkeitsmerkmale der Vergütungsgruppe, der er von 1977 bis 1980 zugeordnet gewesen sei. In dieser nochmaligen Prüfung der Beklagten ist weder ein arglistiges noch ein treuwidriges Verhalten zu erblicken (vgl. BAG AP Nr. 10 zu § 23 a BAT). Die Beklagte kann nämlich wie jeder Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes nicht daran gehindert werden, aus Anlaß der möglichen Teilnahme am Bewährungsaufstieg die Eingruppierung nochmals im Hinblick auf ihre Vereinbarkeit mit den in Betracht kommenden tariflichen Tätigkeitsmerkmalen zu überprüfen und eine irrtümliche höhere Eingruppierung mit der Folge zu korrigieren, daß ein Bewährungsaufstieg nicht in Betracht kommt (vgl. BAG AP Nr. 97 zu §§ 22, 23 BAT).</p>
<span class="absatzRechts">146</span><p class="absatzLinks">Die tatsächliche Eingruppierung eines Angestellten in eine bestimmte tarifliche Vergütungsgruppe begründet auch keine vom Arbeitgeber zu widerlegende Vermutung dafür, daß die vom Angestellten auszuübende Tätigkeit die tariflichen Tätigkeitsmerkmale dieser Vergütungsgruppe erfüllt. Und das gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber oder beide Partner des Arbeitsvertrages bei der vertraglichen Festlegung der Vergütungsgruppe die vereinbarte Vergütungsgruppe für tarifgerecht gehalten haben (vgl. BAG AP Nr. 2 zu § 23 a BAT).</p>
<span class="absatzRechts">147</span><p class="absatzLinks">6. Die in Rede stehenden tariflichen Vorschriften geben keine Erläuterungen zu den Qualifizierungsmerkmalen "besonders verantwortungsvoll" sowie "besondere Schwierigkeit und Bedeutung".</p>
<span class="absatzRechts">148</span><p class="absatzLinks">In dem Klammersatz zur Fallgr. 1 a der VergGr. V b ist lediglich festgelegt, daß gründliche, umfassende Fachkenntnisse gegenüber den in der Fallgr. 1 b der VergGr. VII und in den Fallgrn. 1 a der VergGr. VI b und V c geforderten gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen eine Steigerung der Tiefe und Breite nach bedeuten.</p>
<span class="absatzRechts">149</span><p class="absatzLinks">Da indessen hinreichend erkennbar und überprüfbar sein muß, ob bei der Subsumtion, also der Ermittlung, ob die im Tatbestand der anzuwendenden Rechtssätze abstrakt formulierten Voraussetzungen der begehrten Rechtswirkung sich als im konkreten, von den Parteien vorgetragenen Geschehen verwirklicht darstellen, mithin der Unterordnung des Sachverhalts unter die tragenden Normen, die zutreffenden Rechtsbegriffe zugrunde gelegt worden sind, erscheint es zweckmäßig, diese zu definieren und in abstrakter Weise klarzustellen (vgl. BAG AP Nr. 3, 22 zu §§ 22, 23 BAT 1975; auch BAG AP Nr. 116, 120 zu §§ 22, 23 BAT 1975).</p>
<span class="absatzRechts">150</span><p class="absatzLinks">Die Gerichte wenden Rechtssätze auf den konkreten Einzelfall an. Dabei steht die Bestimmung und Umschreibung von Rechtsbegriffen dieser Normen in Rede. Die Entscheidung des konkreten Einzelfalles verlangt, daß einerseits klargelegt wird, welche Rechtsnormen mit welchen Rechtsbegriffen greifen, und daß zum anderen die Tatsachen gewürdigt und eingeordnet werden. Rechtsprechung ist immer Anwendung von Rechtssätzen auf einen Sachverhalt (vgl. BAG AP Nr. 5 zu § 72 a ArbG 1979 Divergenz).</p>
<span class="absatzRechts">151</span><p class="absatzLinks">6.1.          Zu den Fachkenntnissen sind alle diejenigen Kenntnisse eines Angestellten zu rechnen, die unerläßlich sind, um die übertragenen Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen zu können (vgl. BAG AP Nr. 87 zu § 3 TOA).</p>
<span class="absatzRechts">152</span><p class="absatzLinks">Dazu kann auch Erfahrungswissen gehören, das der Angestellte für die ihm übertragenen Tätigkeiten benötigt (vgl. BAG AP Nr. 87 zu § 3 TOA; BAG AP Nr. 12 zu §§ 22, 23 BAT; auch BAG AP Nr. 94 zu §§ 22, 23 BAT 1975; ferner BAG AP Nr. 1 zu §§ 22, 23 BAT Sozialarbeiter und BAG AP Nr. 72 zu §§ 22, 23 BAT).</p>
<span class="absatzRechts">153</span><p class="absatzLinks">Nicht als Fachkenntnisse sind anzusehen die bloße Lebenserfahrung, die unabhängig von der speziellen Tätigkeit des Angestellten erworben wird, und Allgemeinwissen (vgl. BAG AP Nr. 94 zu §§ 22, 23 BAT 1975).</p>
<span class="absatzRechts">154</span><p class="absatzLinks">Wie sich der Angestellte die für seine Tätigkeit erforderlichen Kenntnisse angeeignet hat, ist unerheblich (vgl. BAG AP Nr. 60 zu § 3 TOA).</p>
<span class="absatzRechts">155</span><p class="absatzLinks">6.2.          Nach dem Klammersatz der Fallgr. 1 a der VergGr. V b bedeuten gründliche, umfassende Fachkenntnisse gegenüber den gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen eine Steigerung der Breite und der Tiefe nach.</p>
<span class="absatzRechts">156</span><p class="absatzLinks">Eine Steigerung der Qualität der Fachkenntnisse ist nur schwer nachzuweisen. Es kann nicht allgemein festgelegt werden, wann eine größere Vertiefung der Fachkenntnisse vorliegen soll. Die für die Erfüllung der Tätigkeitsmerkmale geforderte Steigerung der Qualität der Fachkenntnisse läßt sich nur im Zusammenhang mit der Frage nach der Breite der geforderten Fachkenntnisse prüfen. Sofern das Fachwissen der Breite nach einen größeren Umfang besitzt, kann sich daraus gleichzeitg eine Vertiefung der Kenntnisse der gesetzlichen und sonstigen Vorschriften ergeben (vgl. BAG AP Nr. 48, 72, 83, 85 zu §§ 22, 23 BAT; auch BAG AP Nr. 13 zu § 72 a ArbGG 1979 Grundsatz; BAG AP Nr. 1 zu §§ 22, 23 BAT Sozialarbeiter; BAG AP Nr. 7 zu § 75 BPersVG; BAG AP Nr. 2 zu §§ 22, 23 KnAT).</p>
<span class="absatzRechts">157</span><p class="absatzLinks">Umfassende Fachkenntnisse sind mithin dann anzunehmen, wenn ein breites, dem quantitativen Umfang der Kenntnisse nach bedeutsames Wissen auf den für den Aufgabenkreis des Angestellten in Betracht kommenden Gebieten der Verwaltung gefordert wird (vgl. BAG AP Nr. 86, 103 zu § 3 TOA; BAG AP Nr. 12 zu § 23 a BAT, BAG AP Nr. 45 zu §§ 22, 23 BAT; a.A. Anm. Spiertz zu BAG AP Nr. 12 zu §§ 22, 23 BAT).</p>
<span class="absatzRechts">158</span><p class="absatzLinks">Aus der Breite des für die Tätigkeit des Angestellten geforderten Fachwissens kann und darf also auf eine Vertiefung des Fachwissens rückgeschlossen werden; da es an anderen brauchbaren Anhaltspunkten aller Erfahrung nach sehr häufig fehlt, ermöglicht regelmäßig nur die Breite der geforderten Fachkenntnisse eine sach- und tarifgerechte Prüfung ihrer Tiefe, d.h., ihrer Qualität (vgl. BAG AP Nr. 72 zu §§ 22, 23 BAT mit ablehnender Anm. Crisolli).</p>
<span class="absatzRechts">159</span><p class="absatzLinks">6.3.           Selbständige Leistungen verlangen eine Gedankenarbeit, die im Rahmen der für die Vergütungsgruppe vorausgesetzten Fachkenntnisse hinsichtlich des einzuschlagenden Weges und des zu findenden Ergebnisses eine eigene Beurteilung mit eigener Entschließung enthält. Es muß sich um das selbständige Erarbeiten eines eigenen Ergebnisses handeln, wobei eine eigene geistige Initiative zu erfordern ist. Eine leichte geistige Arbeit genügt nicht. Erforderlich ist eine gewisse eigene Entscheidungsbefugnis über die zur Erbringung der geschuldeten Leistungen jeweils in Betracht kommende Arbeitsmethode, die Arbeitsgestaltung sowie die Erreichung des Arbeitsergebnisses und zugleich auch eine gewisse Eigenständigkeit des Aufgabenbereichs. Eine gewisse Freiheit von Weisungen und Anleitungen wird vorausgesetzt, ein gewisser wie immer gearteter Ermessens-, Entscheidungs-, Gestaltungs- oder Bearbeitungsspielraum bei der Erarbeitung der Arbeitsergebnisse ist kennzeichnend (vgl. BAG AP Nr. 53, 59, 62, 79, 94, 108, 109 zu §§ 22, 23 BAT 1975).</p>
<span class="absatzRechts">160</span><p class="absatzLinks">6.4.          Zur Klarstellung des Rechtsbegriffs der "Verantwortung" ist auf die Bedeutung des Wortes im allgemeinen Sprachgebrauch zurückzugreifen. In diesem allgemeinen Sinne verstehen die Tarifvertragsparteien unter "Verantwortung" die Verpflichtung des Angestellten, dafür einzustehen, daß die zu erledigenden Aufgaben sachgerecht, pünktlich und vorschriftsmäßig ausgeführt werden (vgl. BAG AP Nr. 116 zu §§ 22, 23 BAT 1975).</p>
<span class="absatzRechts">161</span><p class="absatzLinks">Dabei kann sich je nach der Lage des Einzelfalles die tariflich geforderte Verantwortung des Angestellten auf andere Mitarbeiter oder dritte Personen, Sachen, Arbeitsabläufe, zu gewinnende Resultate oder, - wie etwa beim Einsatz von Computern - auf technische Zusammenhänge beziehen. Für das Vorliegen der tariflich geforderten Verantwortung kann auch der Umstand sprechen, daß die Tätigkeit des betreffenden Angestellten keiner weiteren oder nur einer lockeren Kontrolle oder Überprüfung unterliegt (vgl. BAG AP Nr. 116 zu §§ 22, 23 BAT 1975).</p>
<span class="absatzRechts">162</span><p class="absatzLinks">Die Tarifvertragsparteien beziehen den Rechtsbegriff der Verantwortung auf den konkreten Dienst- oder Arbeitsbereich.</p>
<span class="absatzRechts">163</span><p class="absatzLinks">Jeder Angestellte des öffentlichen Dienstes ist nach den allgemeinen Grundsätzen der Rechtsordnung und seinen arbeitsvertraglichen Pflichten für seine Arbeit in einem allgemeinen Sinne verantwortlich (vgl. BAG AP Nr. 116 zu §§ 22, 23 BAT 1975), und jede Tätigkeit erfordert notwendigerweise ein bestimmtes Maß an Verantwortung, ohne daß die Verantwortung in allen Fällen zu einem besonderen und jeweils von den Gerichten eigens zu prüfenden Tätigkeitsmerkmal erhoben zu v/erden braucht (vgl. BAG AP Nr. 47, 50, 99 zu §§ 22, 23 BAT). Erledigt ein Angestellter die ihm übertragenen Aufgaben nicht ordnungsgemäß, so führt dies im allgemeinen zu Störungen im Betriebsablauf (vgl. BAG AP Nr. 91 zu §§ 22, 23 BAT 1975).</p>
<span class="absatzRechts">164</span><p class="absatzLinks">Die Tatsache, daß mit jeder Tätigkeit eines Angestellten - auch nach VergGr. X BAT - eine gewisse Verantwortung notwendigerweise verbunden ist, schließt es jedoch nicht aus, dennoch die besondere Verantwortung einer Tätigkeit als Anforderung einer bestimmten Vergütungsgruppe zu normieren. Damit wird nämlich abstrakt bestimmt, daß die Verantwortung dieser VergGr. die Verantwortung übersteigen muß, die die Merkmale der nächstniedrigeren VergGr. insgesamt fordern. Die besondere Verantwortung der Tätigkeit in diesem Sinne kann daher nur mit Umständen begründet werden, die nicht schon zur Begründung der Merkmale der niedrigeren Vergütungsgruppen herangezogen wurden</p>
<span class="absatzRechts">165</span><p class="absatzLinks">und damit verbraucht sind (vgl. BAG AP Nr. 91 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Die Tarifvertragsparteien haben darauf verzichtet, konkrete Gründe für die Verantwortung des Angestellten zu normieren (vgl. BAG AP Nr. 116 zu §§ 22, 23 BAT 1975).</p>
<span class="absatzRechts">166</span><p class="absatzLinks">Nicht möglich ist es, durch eine nähere Definition die besondere Verantwortung auf bestimmte Tatbestände zu begrenzen (vgl. BAG AP Nr. 9 zu § 1 TVG Tarifverträge: Metallindustrie).</p>
<span class="absatzRechts">167</span><p class="absatzLinks">Die Tarifvertragsparteien fordern eine gewichtige, beträchtliche Heraushebung, weil sie ausdrücklich eine "besonders verantwortungsvolle Tätigkeit" verlangen (vgl. BAG AP Nr. 116 zu §§ 22, 23 BAT 1975).</p>
<span class="absatzRechts">168</span><p class="absatzLinks">Die Verantwortung, die begriffsnotwendig schon in der nächstniedrigeren Vergütungsgruppe in Rede steht, muß beträchtlich überschritten sein (vgl. BAG AP Nr. 9 zu § 1 TVG Tarifverträge: Metallindustrie; BAG AP Nr. 4 zu § 70 BAT; BAG AP Nr. 50 zu §§ 22, 23 BAT).</p>
<span class="absatzRechts">169</span><p class="absatzLinks">Eine herausragende Verantwortung kann nicht verlangt werden (vgl. BAG AP Nr. 91 zu §§ 22, 23 BAT).</p>
<span class="absatzRechts">170</span><p class="absatzLinks">Es kommt nicht darauf an, ob der Angestellte die alleinige Verantwortung trägt; Mitverantwortung kann ausreichend sein (vgl. BAG AP Nr. 116 zu §§ 22, 23 BAT 1975; BAG AP Nr. 99 zu §§ 22, 23 BAT).</p>
<span class="absatzRechts">171</span><p class="absatzLinks">Die Tarifvertragsparteien stellen bei dem Rechtsbegriff der "Verantwortung" bzw. der "besonders verantwortungsvollen Tätigkeit" nicht auf die jeweilige zi- vilrechtliche oder strafrechtliche Verantwortlichkeit des Angestellten ab, auch nicht auf die sogenannte "politische Verantwortung" (vgl. BAG AP Nr. 116 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Die allgemeine zivilrechtliche Haftung ist in der Regel für alle Rechtsgenossen gleich (§ 276 BGB), wobei im übrigen auch noch berücksichtigt werden muß, daß sich die interne Haftung der Angestellten des öffentlichen Dienstes ohne Rücksicht auf die Höhe ihrer Vergütung und die Besoldung ihrer Amtsstellung nach § 14 BAT aufgrund des dort in Bezug genommenen Beamtenrechts regelmäßig auf das Einstehenmüssen für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt und ihre unmittelbare Inanspruchnahme durch außenstehende Dritte praktisch kaum vorkommt.</p>
<span class="absatzRechts">172</span><p class="absatzLinks">6.5. Die Schwierigkeit einer Tätigkeit betrifft die Anforderungen an die fachliche Qualifikation des Angestellten, die Bedeutung ihre Auswirkungen</p>
<span class="absatzRechts">173</span><p class="absatzLinks">(vgl. BAG AP Nr. 91 zu §§ 22, 23 BAT 1975; BAG AP Nr. 116 zu §§ 22, 23 BAT 1975).</p>
<span class="absatzRechts">174</span><p class="absatzLinks">6.5.1. Die Tarifvertragsparteien sind bei der Schwierigkeit der Tätigkeit von dem damit identischen Begriff sowohl des allgemeinen Sprachgebrauchs als auch des Gesetzesrechts (vgl. § 3 Abs. 2 ZuSEG) ausgegangen. Schwierige Tätigkeiten liegen gegenüber einfacheren dann vor, wenn sie den Einsatz qualifizierter Fähigkeiten des Angestellten, gleich in welcher Hinsicht, verlangen.</p>
<span class="absatzRechts">175</span><p class="absatzLinks">Besonders schwierige Tätigkeiten müssen sich durch besondere und über die entsprechenden Erfordernise der niedrigeren Vergütungsgruppe hinausgehende fachliche Anforderungen hervorheben (vgl. BAG AP Nr. 56, 91 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Sie müssen durch den Einsatz erhöhter fachlicher Kenntnisse und Fähigkeiten gekennzeichnet sein, höhere Anforderungen stellen, als sie normalerweise von einem Angestellten der niedrigeren Vergütungsgruppe verlangt werden können (vgl. BAG AP Nr. 39, 116 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Die Anforderung der besonderen Schwierigkeit der Tätigkeit ist gegenständlich in keiner Weise beschränkt (vgl. BAG AP Nr. 116, 120 zu §§ 22, 23 BAT 1975).</p>
<span class="absatzRechts">176</span><p class="absatzLinks">Die erhöhte Qualifkation kann zum Beispiel in einem höheren Aufwand an gedanklicher Arbeit, in der Breite und Tiefe des geforderten fachlichen Wissens und Könnens, in der Kompliziertheit der Materie, in Spezialkenntnissen, außergewöhnlichen Erfahrungen oder einer sonstigen gleichwertigen Qualifikation liegen (vgl. BAG AP Nr. 56, 91, 115, 116, 120 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Besonders schwierige Tätigkeiten stehen dann nicht in Rede, wenn es sich um eine spezielle Materie mit eng begrenztem Umfang handelt (vgl. BAG AP Nr. 27 zu §§ 22, 23 BAT 1975).</p>
<span class="absatzRechts">177</span><p class="absatzLinks">Fachlich herausragende Anforderungen werden nicht verlangt (vgl. BAG AP Nr. 36, 61, 93 zu §§ 22, 23 BAT 1975).</p>
<span class="absatzRechts">178</span><p class="absatzLinks">Erforderlich ist eine beträchtliche, gewichtige Heraushebung (vgl. BAG AP Nr. 2, 3, 4, 8, 23, 33, 34, 36, 39, 45, 49, 52, 64, 77, 82, 85, 93, 115, 116 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Der Schwierigkeitsgrad muß beträchtlich denjenigen übersteigen, der den Tätigkeiten der niedrigeren Vergütungsgruppen immanent ist (vgl. BAG AP Nr. 77, 82, 85, 89 zu §§ 22, 23 BAT). Die Tätigkeit muß den gestellten fachlichen Anforderungen nach erheblich schwieriger sein (vgl. BAG AP Nr. 77 zu §§ 22, 23 BAT). Die Tätigkeit muß in erhöhter, herausgehobener Weise gesteigert sein (vgl. BAG AP Nr. 116 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Ist die Tätigkeit nur geringfügig oder nur in unerheblichem Ausmaße schwieriger als die eines vergleichbaren Mitarbeiters, was sich oft nur schwer vergleichen und beweisen läßt, so reicht das nicht (vgl. BAG AP Nr. 89 zu §§ 22, 23 BAT).</p>
<span class="absatzRechts">179</span><p class="absatzLinks">Ob ein Aufgabenkreis schwierig ist, erfordert einen Vergleich mit den Anforderungen, die an die Arbeitnehmer der niedrigeren Vergütungsgruppen gestellt werden (vgl. BAG AP Nr. 105 zu § 3 TOA). Die Tätigkeit muß Kenntnisse und Fähigkeiten verlangen, die über die Anforderungen der vorhergehenden Vergütungsgruppen hinausgehen (vgl. BAG AP Nr. 39 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Die Tätigkeit des Angestellten muß selbst die entsprechende Qualifikation fordern. Die besondere Schwierigkeit muß sich unmittelbar aus der Tätigkeit selbst ergeben. Erschwerende, ungünstige, belastende oder in sonstiger Weise unangenehme äußere Bedingungen, unter denen die Arbeit geleistet werden muß, reichen nicht (vgl. BAG AP Nr. 23, 47, 91, 115, 116, 120 zu §§ 22, 23 BAT 1975).</p>
<span class="absatzRechts">180</span><p class="absatzLinks">Umstände, die die Auswirkungen einer Tätigkeit betreffen, können für die Schwierigkeit nicht herangezogen werden (vgl. BAG AP Nr. 91 zu §§ 22, 23 BAT 1975).</p>
<span class="absatzRechts">181</span><p class="absatzLinks">6.5.2. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ist etwas "von Bedeutung", wenn es von Belang oder großer Tragweite ist, wenn es gewichtige Nachwirkungen hat. Die Tarifvertragsparteien verwenden den Begriff der "Bedeutung" in der gleichen Weise, ohne ihn selbst zu definieren. Auch sehen sie davon ab, den Rechtsbegriff der "Bedeutung der Tätigkeit" gegenständlich oder inhaltlich zu begrenzen, so daß grundsätzlich jede Art der Auswirkung der Tätigkeit des Angestellten geeignet ist, die Bedeutung des Aufgabengebietes im tariflichen Sinne zu begründen (vgl. BAG AP Nr. 116, 120 zu §§ 22, 23 BAT 1975; auch BAG AP Nr. 61 zu §§ 22, 23 BAT 1975).</p>
<span class="absatzRechts">182</span><p class="absatzLinks">Die Bedeutung kann sich etwa aus der konkreten außergewöhnlichen Aufgabenstellung, der zu bearbeitenden Materie, der Größe des Aufgabenkreises, der Vorgesetztenfunktion, der Zahl der unterstellten Bediensteten, den Auswirkungen der Tätigkeit auf den innerdienstlichen Bereich, die Öffentlichkeit und die Lebensverhältnisse Dritter, aber auch aus den Folgen - etwa den finanziellen - für den Dienstherrn und die Allgemeinheit ergeben (vgl. BAG AP Nr. 2, 3, 4, 8, 23, 33, 34, 36, 46, 47, 48, 49, 54, 56, 90, 91, 93, 106, 107 zu §§ 22, 23 BAT 1975).</p>
<span class="absatzRechts">183</span><p class="absatzLinks">Auch andere Umstände kommen in Betracht (vgl. BAG AP Nr. 60 zu §§ 22, 23 BAT 1975), doch haben sie nach den Erfahrungen des Rechtsmittelgerichts in der Vergangenheit in Eingruppierungsprozessen keine nennenswerte Bedeutung erlangt (vgl. BAG AP Nr. 115 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Bei der Bedeutung der Tätigkeit fehlt das Adjektiv "besondere", so daß nach dem Willen der Tarifvertragsparteien der Grad der Heraushebung bei der Schwierigkeit und Bedeutung der Tätigkeit unterschiedlich gestellt ist (vgl. BAG AP Nr. 115, 116, 120 zu §§ 22, 23 BAT 1975).</p>
<span class="absatzRechts">184</span><p class="absatzLinks">Die Tätigkeit muß sich durch ihre Bedeutung lediglich deutlich wahrnehmbar, also nicht beträchtlich und gewichtig, aus der Summe der Anforderungen der niedrigeren Vergütungsgruppen herausheben, die Auswirkungen bzw. die Tragweite der Tätigkeit des Angestellten müssen - aus weichem Grund auch immer - deutlich wahrnehmbar bedeutungsvoller sein (vgl. BAG AP Nr. 116 zu §§ 22, 23 BAT 1975), wobei freilich die Folgewirkungen über das den vorhergehenden Gruppen immanente Maß hinausgehen müssen (vgl. auch BAG AP Nr. 39 zu §§ 22, 23 BAT 1975), so daß ein Vergleich mit den niedrigeren Gruppen erforderlich ist.</p>
<span class="absatzRechts">185</span><p class="absatzLinks">7. Die Erfüllung der tariflichen Qualifizierungen "selbständige Leistungen", "besonders verantwortungsvoll", "besondere Schwierigkeit und Bedeutung" hängt nicht von einer rein quantitativen Prüfung der Gesamtarbeitszeit des Angestellten ab, ob also von den die Gesamtarbeitszeit ausmachenden Aufgaben unter Verzicht auf eine Gliederung in Arbeitsvorgänge ein Teil, der den im Tarifvertrag festgelegten Umfang hat, sich heraushebt. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Hälfte der die Gesamtarbeitszeit des Angestellten ausmachenden Arbeitsvorgänge ihrerseits jeweils in dem nach den tariflichen</p>
<span class="absatzRechts">186</span><p class="absatzLinks">Regelungen geforderten Umfang das Qualifikationsmerkmal erfordert. Maßgebend ist, ob von den die Gesamtarbeitszeit des Angestellten ausfüllenden Arbeitsvorgängen der im Tarifvertrag bestimmte Teil seinerseits der tariflichen Anforderung der Heraushebung durch "selbständige Leistungen", "besondere Verantwortung" und "besondere Schwierigkeit und Bedeutung" entspricht (vgl. BAG AP Nr. 116 zu §§ 22, 23 BAT 1975).</p>
<span class="absatzRechts">187</span><p class="absatzLinks">8.           Die Fallgruppen 1 a der VergGr. V b, 1 a der VergGr. IV b, 1 b der VergGr. IV a und 1 b der VergGr. III bauen aufeinander auf (gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbständige Leistungen, besonders verantwortungsvoll, besondere Schwierigkeit und Bedeutung).</p>
<span class="absatzRechts">188</span><p class="absatzLinks">Es muß daher zunächst das Vorliegen der Merkmale der Ausgangsfallgruppe und alsdann der Reihe nach jeweils das Vorliegen der weiteren qualifizierenden Tätigkeitsmerkmale überprüft werden (vgl. BAG AP Nr. 2, 3 und 4 zu §§ 22, 23 BAT 1975; BAG AP Nr. 98, 85, 79, 77, 56, 47, 39 zu §§ 22, 23 BAT), wobei untersucht werden muß, inwieweit die Tätigkeit des einzugruppierenden Angestellten die in den niedrigeren Gruppen verwendeten Merkmale erfüllt und durch diese Merkmale bereits konsumiert wird (vgl. BAG AP Nr. 35 zu §§ 22, 23 BAT).</p>
<span class="absatzRechts">189</span><p class="absatzLinks">üb Tätigkeitsmerkmale unter den Parteien unstreitig sind, spielt keine Rolle, da die Parteien über Rechtsfragen und Rechtsbegriffe nicht verfügen und diese daher auch nicht unstreitig stellen können (vgl. BAG AP Nr. 2 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Allerdings kann hier je nach den Umständen eine pauschale rechtliche Überprüfung ausreichend sein (vgl. BAG AP Nr. 2 zu §§ 22, 23 BAT 1975; BAG AP Nr. 30, 47, 56 und 66 zu §§ 22, 23 BAT; BAG AP Nr. 77 zu §§ 22, 23 BAT m. krit. Anm. Göller; a.A. BAG AP Nr. 30 zu §§ 22, 23 BAT m. ablehn. Anm. Spiertz).</p>
<span class="absatzRechts">190</span><p class="absatzLinks">9.           Gemäß § 22 Abs. 2 BAT ist auf Arbeitsvorgänge abzustellen.</p>
<span class="absatzRechts">191</span><p class="absatzLinks">Unter einem Arbeitsvorgang ist eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten und bei Berücksichtigung einer vernünftigen, sinnvollen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und tarifrechtlich selbständig bewertbare Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten zu verstehen (vgl. BAG AP Nr. 90, 96, 101, 102 zu §§ 22, 23 BAT 1975).</p>
<span class="absatzRechts">192</span><p class="absatzLinks">Was dabei ein abschließendes selbständiges Arbeitsergebnis ist, richtet sich nach dem jeweiligen Aufgabengebiet des Angestellten. Für die Bestimmung des Arbeitsergebnisses sind Geschäftsverteilung, Behördenanschauung, gesetzliche Bestimmungen, Verwaltungsvorschriften und die behördliche Übung zu berücksichtigen (vgl. BAG AP Nr. 12 und §§ 22, 23 BAT 1975). Unter Zusammenhangstätigkeiten sind solche Tätigkeiten zu verstehen, die aufgrund ihres engen Zusammenhangs mit bestimmten, insbesondere höherwertigen Aufgaben eines Angestellten bei der tarifrechtlichen Bewertung der Arbeitseinheiten nicht abgetrennt werden dürfen, sondern diesen zuzurechnen sind, um eine dem Tarifvertrag entgegenstehende Zerstückelung zu verhindern (vgl. BAG AP Nr. 15 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Eine Zusammenhangstätigkeit liegt dann vor, wenn es sich um ein unselbständiges Teilstück handelt, das der Hauptarbeit ein- und untergeordnet ist (vgl. BAG AP Nr. 5 zu §§ 22, 23 BAT 1975; BAG AP Nr. 3 zu §§ 22, 23 KnAT).</p>
<span class="absatzRechts">193</span><p class="absatzLinks">Zur Vermeidung einer tarifwidrigen "Atomisierung" sind weiter wiederkehrende gleichartige Arbeiten, die also die gleichen Einzeltätigkeiten umfassen und das gleiche Arbeitsziel haben, bei gleicher rechtlicher Wertigkeit jeweils grundsätzlich zu einem Arbeitsvorgang zusammenzufassen und nicht einzeln rechtlich zu bewerten (vgl. BAG AP Nr. 8, 12, 47 zu §§ 22, 23 BAT 1975).</p>
<span class="absatzRechts">194</span><p class="absatzLinks">10. Der Kläger hat in der Arbeitsplatzbeschreibung vom 21.01.1981 (Bl. 26 - 31 d. GA) seine Tätigkeit in Arbeitsvorgänge gegliedert und quantifiziert.</p>
<span class="absatzRechts">195</span><p class="absatzLinks">In einer Anlage zum Schriftsatz vom 07.04.1987 (Bl. 210 ff d. GA) hat er anders aufgeteilt.</p>
<span class="absatzRechts">196</span><p class="absatzLinks">Das Berufungsgericht kann dem Kläger nicht folgen; es ist, soweit die Bestimmung der Arbeitsvorgänge in Rede steht, nicht an seine Beurteilung gebunden.</p>
<span class="absatzRechts">197</span><p class="absatzLinks">Die Parteien können über den vorgegebenen Rechtsbegriff des Arbeitsvorganges weder verfügen noch ihn wie Tatsachen unstreitig stellen (vgl. BAG AP Nr. 16, 51 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Dieser Begriff steht nicht zur Disposition der Prozeß- und Arbeitsvertragsparteien. Seine Anwendung ist alleinige Angelegenheit der Gerichte (vgl. BAG AP Nr. 2, 5, 16, 23, 34, 36 zu §§ 22, 23 BAT 1975).</p>
<span class="absatzRechts">198</span><p class="absatzLinks">Maßgebend muß auf das Arbeitsergebnis abgestellt v/erden (vgl. BAG AP Nr. 16, 35, 70 zu §§ 22, 23 BAT 1975).</p>
<span class="absatzRechts">199</span><p class="absatzLinks">Das vom Kläger geschuldete Arbeitsergebnis ist im Arbeitsvertrag vom 03.01.1977 festgelegt: er ist als Verkehrsamtsleiter eingestellt worden. Alle Aufgaben und Tätigkeiten, die im Laufe des Rechtsstreits im einzelnen aufgelistet und dargestellt worden sind, sind der Leitung des Verkehrsamtes zuzuordnen. Das rechtfertigt, die gesamte Tätigkeit zu einem großen Arbeitsvorgang zusammenzufassen. Denn die genannten Arbeitsaufgaben stehen in einem unlösbaren inneren Zusammenhang und dienen einem einheitlichen Arbeitsergebnis, nämlich der Leitung des Verkehrsamtes.</p>
<span class="absatzRechts">200</span><p class="absatzLinks">Entscheidend sind, wenn eine Leitungstätigkeit in Rede steht,' die Verwaltungsorganisation, die praktische Verwaltungsübung, der natürliche Zusammenhang sowie das spezifische Arbeitsergebnis zu fokussieren, wobei die tatsächliche Abgrenzbarkeit und die rechtliche Bewertbarkeit ins Gewicht fallen. Vor allem die Organisation des Verkehrsamtes der Beklagten und die Leitung durch den Kläger stehen einer Zergliederung und Aufspaltung seiner Tätigkeiten im Sinne einer Atomisierung entgegen. Alle im Rahmen der Leitung anfallenden Aufgaben sind Teilstücke des die gesamte Tätigkeit umfassenden Arbeitsvorganges.</p>
<span class="absatzRechts">201</span><p class="absatzLinks">Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat sich wiederholt mit der Frage, wie bei Leitungstätigkeiten in Arbeitsvorgänge zu gliedern ist, befaßt (vgl. BAG AP Nr. 2, 9, 14, 22, 23, 24, 42, 46, 48, 70, 82, 86, 90, 92, 99, 100, 101, 123 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Die Leitungstätigkeit eines Angestellten ist vom Bundesarbeitsgericht regelmäßig als ein Arbeitsvorgang angesehen worden. Im vorliegenden Falle gilt nichts anderes.</p>
<span class="absatzRechts">202</span><p class="absatzLinks">11. Der Aufgabenkreis des Klägers erfordert selbständige Leistungen.</p>
<span class="absatzRechts">203</span><p class="absatzLinks">Der Kläger muß mit eigener Gedankenarbeit im Rahmen seines Ermessens-,</p>
<span class="absatzRechts">204</span><p class="absatzLinks">Entscheidungs-, Gestaltungs- und Bearbeitungsspielraums nach Wegen suchen,</p>
<span class="absatzRechts">205</span><p class="absatzLinks">um den Fremdenverkehr in der Gemeinde N2 zu fördern. Die Beklagte ist den detaillierten Darlegungen des Klägers, die die geistigen Initiativen in seinem Aufgabengebiet belegen, nicht entgegengetreten. Der Kläger hat in verschiedenen Bereichen des Fremdenverkehrs eigene Konzepte entwickelt und realisiert, wobei er eigene Arbeitsmethoden und Arbeitsgestaltungen eingebracht hat.</p>
<span class="absatzRechts">206</span><p class="absatzLinks">Die selbständigen Leistungen können nach Lage des Falles mithin keinen begründeten Bedenken begegnen.</p>
<span class="absatzRechts">207</span><p class="absatzLinks">12. Zweifel drängen sich freilich auf, soweit die Frage zu beantworten ist, ob die Tätigkeit des Klägers die in die Fallgr. 1 a der VergGr. V b einbezogenen gründlichen, umfassenden Fachkenntnisse verlangt.</p>
<span class="absatzRechts">208</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat bereits in der Klageerwiderung (Bl. 52 ff) die Auffassung vertreten, gründliche, umfassende Fachkenntnisse könnten nicht bejaht werden. Allein mit den im Schriftsatz vom 28.10.1985 (S. 5 - Bl. 75) genannten Kenntnissen kann das tarifliche Qualifizierungsmerkmal der Fallgr. 1 a der VergGr. V b nicht begründet werden, was jedenfalls dann gilt, wenn erwogen wird, daß es oft nur einzelne wenige Bestimmungen aus den vom Kläger genannten Rechtsgebieten, etwa dem Wettbewerbsrecht, dem Melderecht oder dem Beherbergungsvertragsrecht sind, die er anwenden muß. Das Berufungsgericht hat aber über die vom Kläger im einzelnen bezeichneten Fachkenntnisse hinaus sein umfangreiches Erfahrungswissen herangezogen, das "know-how", welches ein qualifizierter Verkehrsamtsleiter einsetzen muß. Dabei ist folgendes zu berücksichtigen:</p>
<span class="absatzRechts">209</span><p class="absatzLinks">Es trifft nicht zu, daß zu den gründlichen, umfasenden Fachkenntnissen im tariflichen Sinne Erfahrungswissen nur dann zählt, wenn es in Verbindung mit weiteren Kenntnissen von Gesetzen und Vorschriften benötigt wird. Je nach der Fallgestaltung kann sich auch bloßes Erfahrungswissen als gründliche, umfassende Fachkenntnisse im tariflichen Sinne darstellen.</p>
<span class="absatzRechts">210</span><p class="absatzLinks">Im öffentlichen Dienst ist es zwar ungewöhnlich, daß ein Angestellter für seine Tätigkeit im wesentlichen und vorrangig oder sogar allein Fachkenntnisse anwenden muß, die auf Erfahrungswissen beruhen, weil im allgemeinen die Tätigkeiten von Angestellten durch Erlasse und Verwaltungsvorschriften - oft bis ins Detail - geregelt sind. Das ändert aber nichts daran, daß für eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst benötigte Fachkenntnisse, die auf bloßem Erfahrungswissen, d.h. aufgrund beruflicher Erfahrung gewonnenem Wissen beruhen, gleichermaßen als Fachkenntnisse im tariflichen Sinne anzuerkennen sind (vgl. BAG AP Nr. 94 zu §§ 22, 23 BAT 1975).</p>
<span class="absatzRechts">211</span><p class="absatzLinks">Der Kläger gehört als Verkehrsamtsleiter zu den Angestellten, für deren Tätigkeit Verwaltungsvorschriften weitgehend fehlen.</p>
<span class="absatzRechts">212</span><p class="absatzLinks">Die Parteien haben die Problematik der Zuordnung des Klägers zu einer Vergütungsgruppe der Allgemeinen Vergütungsordnung völlig zutreffend gesehen (vgl. Schriftsatz der Beklagten vom 06.04.1987 - Bl. 207 ff d.GA; Berufungsbegründung des Klägers vom 14.04.1986, S. 4, 16 - Bl. 122, 124). Der zur Entscheidung stehende Fall gebietet indessen nicht, auf die Auffangfunktion der allgemeinen Tätigkeitsmerkmale der Anlage 1 a zum BAT zurückzugreifen (vgl. etv/a BAG AP Nr. 26, 29, 33, 34, 49, 54, 62, 64, 65, 67, 69, 89, 91, 93, 95, 99, 105, 108 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Es reicht, das Erfahrungswissen des Klägers in die Bewertung seiner Tätigkeit einzubeziehen. Angesichts des Umfangs dieses Erfahrungswissens müssen gründliche, umfassende Fachkenntnisse bejaht werden.</p>
<span class="absatzRechts">213</span><p class="absatzLinks">13. Die Tätigkeit des Klägers ist dadurch herausgehoben, daß sie besonders verantwortungsvoll ist.</p>
<span class="absatzRechts">214</span><p class="absatzLinks">Allerdings kann die Tatsache, daß im Verkehrsamt noch eine Mitarbeiterin mit Vergütung nach der VergGr. VI b und eine 13-Stunden-Arbeitskraft eingesetzt sind (vgl. Klageschrift, S. 5), für die Qualifizierung durch eine besonders verantwortungsvolle Tätigkeit nichts hergeben.</p>
<span class="absatzRechts">215</span><p class="absatzLinks">Herausgehoben ist aber die Verantwortung des Klägers, weil er auf den Fremdenverkehr in der Gemeinde N2 in nicht unerheblichem Umfang Einfluß nimmt und für den gewünschten und erstrebten Ausbau maßgeblich die Weichen stellt. Dem Verkehrsamt kommt eine Schlüsselrolle zu, soweit es sich um die Werbung, aber auch die Betreuung der Gäste handelt. Der Kläger muß als Verkehrsamtsleiter für eine sachgerechte Entwicklung des Fremdenverkehrs sorgen. Er ist in die Verkaufsförderung sowie in den Verkauf von Fremdenverkehrsangeboten eingeschaltet. Er hat beratende und anleitende Funktionen.</p>
<span class="absatzRechts">216</span><p class="absatzLinks">Die sachgerechte Erledigung der ihm übertragenen Aufgaben ist nicht auf die Beantwortung von Fragen beschränkt. Von dem Verkehrsamt wird erwartet und gefordert, daß es den Gästen nicht nur einen Beherbergungsbetrieb nachweist, sondern auch den Aufenthalt attraktiv gestaltet. Insbesondere bei den Gästen, die sich für einen Urlaub - nach Ansicht vieler die schönste Zeit des Jahres - in der Gemeinde N2 entscheiden, genügt nicht die Übersendung einer Auflistung der Unterkunftsmöglichkeiten und der Gaststätten sowie der Privatpensionen. Die Freizeitgestaltung mit ihren verschiedenen Facetten tritt in den Vordergrund. Gäste, die sich im Urlaub gelangweilt haben, werden kaum empfehlend auf die Gemeinde N2 verweisen. Das Verkehrsamt muß daher in Zusammenarbeit mit allen am Fremdenverkehr Interessierten und Beteiligten Konzepte für einen angenehmen und abwechselungsreichen Aufenthalt entwickeln und realisieren. Das gilt etwa für Wanderangebote oder für sportliche Betätigungen, wobei dem N2 selbt eine herausragende Bedeutung zukommt. Ähnliches gilt für Tagesgäste, die weder Zeit noch Möglichkeiten noch Fachkunde haben, sich einen zeitlich und vielleicht auch finanziell knapp bemessenen Aufenthalt zusammenzustellen.</p>
<span class="absatzRechts">217</span><p class="absatzLinks">Unzufriedenheiten, Klagen und Beschwerden muß das Verkehrsamt mit seinem Leiter nachgehen, der Kläger hat eine Mittlerrolle zwischen den Gästen und den Betrieben, die Fremdenverkehrsleistungen anbieten. Hier muß er ausgleichen, überzogene Ansprüche muß er zurückführen, bei ungenügenden Leistungen muß er nachhaken und sich durchsetzen. Anregungen müssen aufgegriffen v/erden, er muß motivieren und, was eben möglich und dem Fremdenverkehr dienlich erscheint, realisieren.</p>
<span class="absatzRechts">218</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist mit der Art, wie er seine Aufgaben erledigt, ganz besonders gefordert.</p>
<span class="absatzRechts">219</span><p class="absatzLinks">Das rechtfertigt die Annahme einer besonderen Verantwortung.</p>
<span class="absatzRechts">220</span><p class="absatzLinks">14. Das Landesarbeitsgericht hat die Tätigkeit des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 25.06.1987 gründlich und umfassend erörtert und gewürdigt.</p>
<span class="absatzRechts">221</span><p class="absatzLinks">Beide Parteien sind durch die Verfügung vom 25.02.1987 unterrichtet worden, daß geeignete Arbeitsunterlagen bereitgestellt werden müßten, um den Aufgabenbereich des Klägers vollständig transparent zu machen.</p>
<span class="absatzRechts">222</span><p class="absatzLinks">Eine Erörterung und Prüfung anhand der Arbeitsunterlageri ist nicht nur nicht zu beanstanden, sie ist, wenn der richterlichen Aufklärungspflicht speziell in Eingruppierungsstreitigkeiten Rechnung getragen werden soll, sogar geboten (vgl. Baumbach/Hartmann, ZPO, 41. Aufl., § 139 Anm. 2 E). Die höchstrichterliche Rechtsprechung (vgl. BAG AP Nr. 9 zu § 3 TOA) hat betont, die Arbeitsgerichte hätten die Tätigkeit des auf Höhergruppierung klagenden Angestellten gründlich zu erörtern und dann im Rahmen der Tätigkeitsmerkmale der erstrebten Vergütungsgruppe zu würdigen. Dem steht nicht entgegen, daß die Gerichte, wenn sie das klägerische Tatsachenvorbringen nicht für ausreichend halten, zu dessen Vervollständigung, Klärung und Ergänzung sachdienliche Auflagen nach § 139 ZPO machen müssen.</p>
<span class="absatzRechts">223</span><p class="absatzLinks">Damit wird die Verpflichtung zu einer Erörterung der entsprechenden Fragen in der mündlichen Verhandlung nicht beseitigt, wie umgekehrt bei einer Erörterung in der mündlichen Verhandlung nicht darauf verzichtet werden darf, den Kläger mit sachdienlichen Auflagen anzuhalten, sein Klagevorbringen zu vervollständigen, klarzustellen und zu ergänzen (vgl. BAG AP Nrn. 8, 16, 19 zu §§ 22, 23 BAT 1975).</p>
<span class="absatzRechts">224</span><p class="absatzLinks">Gerade in Eingruppierungsprozessen können die Tatsachengerichte im Rahmen eines weiten Ermessens zur Sachaufklärung, Klarstellung und zu ihrer eigenen Unterstützung von Amts wegen die Vorlage von Urkunden bzw. behördlichen Akten, also von Arbeitsunterlagen des klagenden Angestellten, die Einnahme des gerichtlichen Augenscheins sowie die Zuziehung von Sachverständigen, allerdings nicht die Vernehmung von Zeugen anordnen und durchführen, wie sich im einzelnen aus §§ 141 ff ZPO ergibt (vgl. BAG AP Nr. 4 zu § 1 Tarifverträge: Presse; auch BAG AP Nr. 60 zu §§ 22, 23 BAT 1975 m.w.N.). Das Berufungsgericht verkennt, soweit die Erörterung und Prüfung der Tätigkeit des die Höhergruppierung begehrenden Angestellten in der mündlichen Verhandlung in Rede steht, nicht, daß zu den Grundlagen der Rechtsverfolgung im Zivilprozeß das Vorbringen von Tatsachen gehört, aus deren lückenloser Folge sich - ihre Richtigkeit unterstellt - der geltend gemachte Anspruch herleiten lassen muß (vgl. BAG AP Nr. 5 zu § 139 ZPQ), wobei eine Eingrup- pierungsfeststellungsklage dann schlüssig ist, wenn das tatsächliche Vorbringen des Klägers bei Unterstellung seiner Richtigkeit den Klageantrag begründet erscheinen läßt, so daß im Falle der Säumnis der beklagten Partei aufgrund des Vorbringens des Klägers nach § 331 ZPO ein Versäumnisurteil erlassen werden könnte (vgl. BAG AP Nr. 97 zu §§ 22, 23 BAT 1975) Der Kläger eines Eingruppierungsrechtsstreits muß mithin darlegen, daß Tatsachen vorliegen, aus denen die Erfüllung der qualifizierten Tätigkeitsmerkmale hergleitet werden kann. Er muß, wenn er die Eingruppierung nach bestimmten Qualifikationsmerkmalen begehrt, diejenigen Tatsachen vortragen und im Bestreitensfalle beweisen, aus denen der rechtliche Schluß möglich ist, daß er die im Einzelfall in Betracht kommenden und für sich beanspruchten tariflichen Tätigkeitsmerkmale unter Einschluß der darin vorgesehenen Qualifizierungen erfüllt (vgl. BAG AP Nrn. 32, 36, 39, 68, 88, 97 zu §§ 22, 23 BAT 1975).</p>
<span class="absatzRechts">225</span><p class="absatzLinks">Notwendigerweise kennt nämlich der Kläger seine eigene Tätigkeit am besten und muß daher am ehesten in der Lage sein, darzulegen, ob und warum sie sich im Sinne der qualifizierenden Tätigkeitsmerkmale heraushebt (vgl. BAG AP Nr. 36 zu §§ 22, 23 BAT 1975).</p>
<span class="absatzRechts">226</span><p class="absatzLinks">Nicht selten erweist sich allerdings die Tatsachenfeststellung und Sachaufklärung mit den Mitteln der Verhandlungsmaxime in Eingruppierungsstreitigkeiten als noch schwieriger als die Rechtsanwendung, insbesondere deshalb, weil bei unstreitigem Sachverhalt die Parteien die Einzelheiten der Tätigkeit des jeweiligen Klägers oft nur stichwortartig und nicht nachvollziehbar schildern oder den Gerichten der Nachvollzug den Parteien geläufiger interner Verwaltungsvorgänge nicht oder nur schwer möglich ist.</p>
<span class="absatzRechts">227</span><p class="absatzLinks">Die rechtlichen Schwierigkeiten in Eingruppierungsprozessen haben ihre Ursache keineswegs allein in den zahlreichen unbestimmten Rechtsbegriffen der VergO zum BAT. Häufig betreffen sie die Bestimmung der Arbeitsvorgänge nach § 22 BAT. Sie sind in vielen Fällen auch darin begründet, daß bei lediglich verbaler Anerkennung des Tarifgefüges innerhalb der öffentlichen Hand Höher- und Eingruppierungen nach außerrechtlichen Gesichtspunkten vorgenommen werden, weiter auch darin, daß die damit beschäftigten Bediensteten wegen der nur schwer überschaubaren Vielfalt der VergO und ihrer immer stärker zunehmenden, vielfältigen Differenzierung nicht selten überfordert erscheinen.</p>
<span class="absatzRechts">228</span><p class="absatzLinks">Zahlreich sind die Rechtsstreitigkeiten, in denen es den jeweiligen Klägern, obwohl das rechtlich und tatsächlich möglich ist, erhebliche Schwierigkeiten bereitet, in der prozessual gebotenen Art und Weise Tatsachen insbesondere für qualifizierende tarifliche Tätigkeitsmerkmale vorzubringen (vgl. BAG AP Nr. 115 zu §§ 22, 23 BAT 1975; auch BAG AP Nr. 36, 97 zu §§ 22, 23 BAT 1975).</p>
<span class="absatzRechts">229</span><p class="absatzLinks">Rauschgoldähnliche Wertungen finden nicht nur in Ausnahmefällen Eingang in die klägerischen Ausführungen (vgl. etwa BAG AP Nr. 68 zu §§ 22, 23 BAT 1975).</p>
<span class="absatzRechts">230</span><p class="absatzLinks">Führt eine Aufzählung der Tätigkeiten im einzelnen und eine detaillierte Beschreibung des Aufgabengebietes bei der Überprüfung und Würdigung des Ein- gruppierungsbegehrens nicht weiter, dann muß das Gericht danach fragen, was der klagende Angestellte in einem überschaubaren Zeitraum dienstlich gemacht hat (vgl. Anm. Clemens zu BAG AP Nr. 102 zu §§ 22, 23 BAT ). Hier kommt den Arbeitsunterlagen, mit denen die konkrete Tätigkeit vollständig transparent gemacht werden kann, maßgebliche Bedeutung zu. Die Erörterung und Würdigung dieser Unterlagen ist ein entscheidender Schritt für die Beurteilung, ob bestimmte Tätigkeiten und Einzelaufgaben den jeweils in Betracht kommenden qualifizierenden Tätigkeitsmerkmalen zuzuordnen sind. Die Pflichten des Gerichts, das Sach- und Streitverhältnis in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu erörtern, zielt nicht nur auf die Parteien; einzu- beziehen sind auch unterrichtete Vertreter, wie sich aus § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO ergibt. Auch sie kommen in Betracht, wenn es sich um die Beantwortung der notwendigen Aufklärungsfragen handelt (vgl. Baumbach/Hartmann, a.a.O., § 139 Anm. 2 E).</p>
<span class="absatzRechts">231</span><p class="absatzLinks">15. Das klägerische Höhergruppierungsbegehren muß ohne Erfolg bleiben, weil die Tätigkeit des Klägers sich nicht durch besondere Schwierigkeit heraushebt.</p>
<span class="absatzRechts">232</span><p class="absatzLinks">Die Fremdenverkehrsstatistik, die sicher für die Beklagte erhebliche Bedeutung hat und von hohem Aussagewert ist, wird aufgrund der Landesstatistik erstellt, wobei weitgehend das von dort zur Verfügung gestellte Zahlenwerk übernommen wird.</p>
<span class="absatzRechts">233</span><p class="absatzLinks">Eine Lücke ergibt sich allerdings, wo die Kleinbetriebe in Rede stehen, die wegen der fehlenden Meldepflicht in der Landesstatistik nicht auftauchen. Es leuchtet ein, daß es wegen der Angst vor einer steuerlichen Erfassung mühsam und beschwerlich gewesen ist, die Kleinbetriebe zur Herausgabe ihrer Zahlen über erbrachte Fremdenverkehrsleistungen zu bewegen. Eine besondere Schwierigkeit im Sinne einer tariflichen Qualifizierung hat allerdings nicht in Rede gestanden.</p>
<span class="absatzRechts">234</span><p class="absatzLinks">Auch bei der Entwicklung und Verwendung des Gästefragebogens sind keine besonderen Schwierigkeiten angefallen.</p>
<span class="absatzRechts">235</span><p class="absatzLinks">Fragen, wie sie den Gästen vorgelegt worden sind, werden häufig gestellt, wenn diejenigen, die sich mit Fremdenverkehr befassen, Hinweise für ihre Arbeit bekommen wollen.</p>
<span class="absatzRechts">236</span><p class="absatzLinks">Wer einen Gästefragebogen entwerfen will und konzipieren muß, wird das, was bereits von vergleichbaren Fremdenverkehrsorten erarbeitet und verwandt worden ist, übernehmen und fortentwickeln.</p>
<span class="absatzRechts">237</span><p class="absatzLinks">Soweit die Tätigkeit des Klägers zu bewerten ist, darf im übrigen nicht übersehen werden, daß im Jahre 1986 nur 100 Bogen ausgegeben worden und 50 zurückgekommen sind.</p>
<span class="absatzRechts">238</span><p class="absatzLinks">Mit der Zustimmung, die der Gästefragebogen in einem Schreiben des Verkehrsvereins Graubünden vom 15.12.1986 gefunden hat, kann die tariflich geforderte besondere Schwierigkeit nicht belegt werden.</p>
<span class="absatzRechts">239</span><p class="absatzLinks">Die vom Kläger federführend entwickelten Bestandserfassungsbögen gestatten ebenso wie die von ihm erstellten Diagramme Analysen für die Fremdenverkehrsarbeit, wobei deren Fortschreibung die Dynamik des Fremdenverkehrs transparent machen kann.</p>
<span class="absatzRechts">240</span><p class="absatzLinks">Es handelt sich jedoch immer um das Sammeln und Zusammenstellen von Einzelheiten nach Gesichtspunkten, die für die Gästewerbung und Betreuung bedeutsam sind.</p>
<span class="absatzRechts">241</span><p class="absatzLinks">Erhöhte fachliche Anforderungen fallen hier nicht an.</p>
<span class="absatzRechts">242</span><p class="absatzLinks">Radtouren und Radwanderungen bieten sich in der Gemeinde N2 an, wobei neben den topographischen Verhältnissen die Schönheit und der Reiz der Landschaft von herausragender Bedeutung sind.</p>
<span class="absatzRechts">243</span><p class="absatzLinks">Solche Touren und Wanderungen erfordern ebenso wie Fußwanderungen Kartenmaterial.</p>
<span class="absatzRechts">244</span><p class="absatzLinks">Hier kann ein Verkehrsamt, welches erstmals das Fahrrad in das Freizeitangebot einstellen will, auf zahlreiche Entwicklungen und Erfahrungen anderer Verkehrsämter zurückgreifen.</p>
<span class="absatzRechts">245</span><p class="absatzLinks">Neuland ist hier nicht zu betreten, Fahrradwanderungen gibt es schon seit Jahrzehnten, entsprechendes Kartenmaterial steht seit langem zur Verfügung. Wenn der Kläger die Karten auf die Gemeinde N2 ausgerichtet hat, so kann das nicht schwierig gewesen sein.</p>
<span class="absatzRechts">246</span><p class="absatzLinks">Erhöhte fachliche Kenntnisse und Fähigkeiten hat der Kläger auch nicht einsetzen müssen, soweit er Restaurants und Gasthäuser veranlaßt hat, in die Speisekarte das N2-Leibgericht "Sipp-Sapp" aufzunehmen. Die Werbung mit diesem Leibgericht ist einfach, es erscheint in einer Zusammenfassung verschiedener Angebote im "N2-Mosaik". In der Übersicht "gut essen + trinken" ist das Originalrezept abgedruckt, eine Terrine gibt Hinweise auf die Betriebe, in denen "Sipp-Sapp" angeboten wird.</p>
<span class="absatzRechts">247</span><p class="absatzLinks">Nicht wenige Fremdenverkehrsorte versuchen, sich durch ein spezielles Gericht unverwechselbar zu kennzeichnen, bekanntzumachen und herauszustellen. Die Idee, die der Kläger verfolgt hat, ist also nicht neu und ihre Konzeption nicht schwierig, wobei gleiches für die Realisierung gilt, weil die Häuser, die "Sipp-Sapp" in ihre Speisekarte einstellen, kein größeres Risiko auf sich nehmen als bei anderen neu in das Angebot einbezogenen Speisen.</p>
<span class="absatzRechts">248</span><p class="absatzLinks">Das Berufungsgericht hat besondere Schwierigkeiten auch nicht bei der Erstellung der "N2-Mosaik-Schatulle" feststellen können. Vielfach werden Angebote in Verkehrsämtern zusammengefaßt, sehr häufig verteilen sie Mappen mit den verschiedensten Prospekten.</p>
<span class="absatzRechts">249</span><p class="absatzLinks">Es gibt die unterschiedlichsten Gründe, die gesamte Breite der Werbung nicht zusammenzuführen, sondern aufzuteilen, um den Gast gezielt ansprechen zu können.</p>
<span class="absatzRechts">250</span><p class="absatzLinks">Angebote können schnell überholt sein, sie sind häufigen Änderungen unterworfen und verlangen ständige Anspassungen, es werden nur spezielle Gruppen angesprochen.</p>
<span class="absatzRechts">251</span><p class="absatzLinks">Die Beantwortung der Frage, ob Prospekte mehrsprachig ausgelegt werden sollen, erfordert eine differenzierte Betrachtungsweise. Die zur Verfügung stehenden Mittel spielen ebenso eine Rolle wie die Zahl der ausländischen Gäste und ihre Herkunftsländer. Wer sich für mehrsprachige Prospekte und Angebote entscheidet, muß sicherstellen, daß die Übersicht nicht in einem Sprachwirrwarr verloren geht.</p>
<span class="absatzRechts">252</span><p class="absatzLinks">Natürlich hat die Zielgruppenarbeit in einem Verkehrsamt eine herausragende Rolle.</p>
<span class="absatzRechts">253</span><p class="absatzLinks">Das Rechtsmittelgericht verkennt hier nicht, daß sich der Kläger etwa auf der ITB in Berlin besonders engagiert hat.</p>
<span class="absatzRechts">254</span><p class="absatzLinks">Er hat sich, das haben die Erörterungen vor dem Landesarbeitsgericht ergeben, sachgerecht eingesetzt und damit unter Beweis gestellt, daß er das Qualifizierungsmerkmal der "besonderen Verantwortung" erfüllt. Kompliziert ist die Fremdenverkehrswerbung in Berlin indessen nicht gewesen, Spezialkenntnisse sind nicht erforderlich gewesen, außergewöhnliche Erfahrungen sind von dem Kläger nicht verlangt worden.</p>
<span class="absatzRechts">255</span><p class="absatzLinks">Die Pauschalangebote, die der Kläger erarbeitet hat, verlangen eine sorgfältige Abstimmung mit den Anbietern verschiedener Leistungen. Hier sind normale Koordinierungsfähigkeiten, wie sie ein Verkehrsamtsleiter haben muß, gefordert.</p>
<span class="absatzRechts">256</span><p class="absatzLinks">Die Fremdenverkehrsuntersuchung N2, die die V KG erstellt hat, kann der Kläger sich nicht zurechnen. Sicher ist, daß er hier mitgewirkt, insbesondere auch Material aus dem fremdenverkehrsspezifischen Bereich zur Verfügung gestellt hat.</p>
<span class="absatzRechts">257</span><p class="absatzLinks">Das rechtfertigt jedoch nicht, seiner Tätigkeit die Qualifizierung der VergGr. IV a/III zuzuerkennen.</p>
<span class="absatzRechts">258</span><p class="absatzLinks">Besondere Schwierigkeiten sind ferner zu verneinen bei der Ansprache von Reiseunternehmen und anderen Verkehrsämtern.</p>
<span class="absatzRechts">259</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat selbst auf die Auswertung von Branchenfernsprechbüchern verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">260</span><p class="absatzLinks">Die Aufstellung der bebilderten redaktionellen Berichte und der Werbeanzeigen muß an der Effektivität ausgerichtet werden.</p>
<span class="absatzRechts">261</span><p class="absatzLinks">Hier erlangt der Werbeetat Bedeutung, den der Kläger naturgemäß beachten muß.</p>
<span class="absatzRechts">262</span><p class="absatzLinks">Gästebefragungen können Aufschluß darüber geben, wo Anzeigen zweckmäßigerweise zu plazieren sind.</p>
<span class="absatzRechts">263</span><p class="absatzLinks">Wenn der Kläger die "Drüggelter L in die Fremdenverkehrswerbung einbezogen hat, so können dabei keine besonderen Schwierigkeiten aufgetaucht sein.</p>
<span class="absatzRechts">264</span><p class="absatzLinks">Gleiches gilt für das Sammeln von Informationen und für die Weitergabe an Interessenten.</p>
<span class="absatzRechts">265</span><p class="absatzLinks">In der Basisgruppe, die sich mit der Weiterentwicklung des N2-Fremdenverkehrs befaßt, arbeitet der Kläger mit.</p>
<span class="absatzRechts">266</span><p class="absatzLinks">Hier werden Probleme, etwa des Parkplatzangebots, der Ausweitung der Bettenkapazität, der Sichtmöglichkeiten auf den See, der Verkehrsüberlastung oder der Zusammenarbeit mit Nachbargemeinden erörtert.</p>
<span class="absatzRechts">267</span><p class="absatzLinks">Die Auflistung der Personen, die in der Basisgruppe zusammengeschlossen sind, ergibt, daß die Kompetenzen für die Fremdenverkehrsprobleme durchaus nicht bei dem Kläger liegen.</p>
<span class="absatzRechts">268</span><p class="absatzLinks">Die Erörterungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht haben gezeigt, daß, soweit das Verkehrsamt als Vertragspartner, etwa bei der Durchführung von Betriebsausflügen, auftritt, manche Fragen nicht geklärt sind.</p>
<span class="absatzRechts">269</span><p class="absatzLinks">Vertragsgestaltungen der in Rede stehenden Art sind jedoch nicht Sache des Klägers, sie gehören nicht zu seiner "auszuübenden Tätigkeit" im Sinne des § 22 BAT. Hier sind vielmehr der Gemeindedirektor der Beklagten oder der Rat der Gemeinde gefordert.</p>
<span class="absatzRechts">270</span><p class="absatzLinks">Es bedarf daher keiner Überlegungen, ob das Aushandeln von Verträgen mit Betrieben, die Ausflüge durchführen wollen, besonders schwierig ist, weil zu beachten ist, daß es sich um eine spezielle Materie mit eng begrenztem Umfang handelt.</p>
<span class="absatzRechts">271</span><p class="absatzLinks">16.          Das Rechtsmittelgericht hat die zahlreichen vom Kläger überreichten Unterlagen und Belege eingehend geprüft, es hat das Arbeitsprogramm für das Jahr 1984 in seine Gewichtung einbezogen und die eingehenden Schilderungen und Darlegungen des Klägers sorgfältig gewertet.</p>
<span class="absatzRechts">272</span><p class="absatzLinks">Die Tätigkeit des Klägers als Verkehrsamtsleiter ist sicher vielseitig, sein Engagement darf nicht übersehen v/erden.</p>
<span class="absatzRechts">273</span><p class="absatzLinks">Er muß Einfühlungsvermögen haben, wenn er in vertraulichen Erörterungen und Überlegungen mit den am Fremdenverkehr beteiligten Betrieben behutsam und gezielt Leistungsverbesserungen und -ausweitungen anspricht. Bei der Verbesserung und Weiterentwicklung des Fremdenverkehrs müssen die Entscheidungsträger Orientierungshilfen erhalten; hier sind Informations- und Besichtigungsfahrten einzuordnen.</p>
<span class="absatzRechts">274</span><p class="absatzLinks">Die Qualität eines Leiters des Verkehrsamtes hängt von seinen Ideen und deren Umsetzung, von seiner Kreativität und Weitsicht, von seinem Einfallsreichtum, seinen Initiativen und der Realisierung seiner Konzeptionen, von seiner Einsatzfreude und Kontaktstärke, seiner Ausstrahlung, seiner Fähigkeit zur Koordination, und gewiß auch von seinen nicht nur globalen, sondern auch detaillierten Fachkenntnissen und Erfahrungen ab.</p>
<span class="absatzRechts">275</span><p class="absatzLinks">Das alles führt jedoch nicht zu der besonderen Schwierigkeit, die für die Höhergruppierung gefordert ist.</p>
<span class="absatzRechts">276</span><p class="absatzLinks">17.          Da sich die Tätigkeit des Klägers nicht durch besondere Schwierigkeit heraushebt, kommt es auf die Heraushebung durch die Bedeutung und das</p>
<span class="absatzRechts">277</span><p class="absatzLinks">Maß der Verantwortung nicht an.</p>
<span class="absatzRechts">278</span><p class="absatzLinks">18. Auch ist unerheblich, ob die Beklagte die Stelle des Verkehrsamtsleiters bis 1981/82 nach BAT III im Stellenplan ausgewiesen hat (vgl. Schriftsatz vom 28.10.1985, S. 4 - Bl. 74).</p>
<span class="absatzRechts">279</span><p class="absatzLinks">Mit dem Stellenplan kann ein Höhergruppierungsverlangen nicht gerechtfertigt werden, da hier eine interne Verwaltungsangelegenheit in Rede steht (vgl. schon BAG AP Nr. 1 zu § 3 TOA; auch BAG AP Nr. 8, 12, 14, 36, 67, 69, 70 zu §§ 22, 23 BAT 1975).</p>
<span class="absatzRechts">280</span><p class="absatzLinks">Die Berufung des Klägers muß daher zurückgewiesen v/erden. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.</p>
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315,463 | lg-bonn-1987-06-23-7-o-24287 | {
"id": 804,
"name": "Landgericht Bonn",
"slug": "lg-bonn",
"city": 394,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 7 O 242/87 | "1987-06-23T00:00:00" | "2019-03-13T14:56:26" | "2019-03-27T09:43:03" | Urteil | ECLI:DE:LGBN:1987:0623.7O242.87.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Kosten des Rechtstreits trägt der Verfügungskläger.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 700,- DM abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Tatbestand:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Verfügungskläger ist Mitglied der Partei "Die Grünen". Er ist ferner alleiniger Sprecher des "Initiativkreises Linke Deutschland-Diskussion", einer der Sprecher der "Koordination Friedensvertrag“, Mitglied und presserechtlich Verantwortlicher des "Arbeitskreises Blockfreiheit und Befreiung" sowie Mitverfasser der "Denkschrift Friedensvertrag, Deutsche Konföderation, Europäisches Sicherheitssystem."</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">In einer Veröffentlichung der "Landesweiten Konferenz der antifaschistischen Initiativen und Organisationen" war der nachfolgende Passus  enthalten:</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">"in verschiedenen dieser Gruppen, die meinen, eine neue deutschlandpolitische und Wiedervereinigungsdiskussion eröffnen zu müssen, arbeiten Vertreter der "Neuen Rechten" mit. So zum Beispiel beim "Initiativekreis Deutschland-Diskussion" (LDD) , der Koordination Friedensvertrag“, dem  "Initiativkreis Friedensvertrag", dem "Arbeitskreis“ Flockfreiheit und Befreiung", der "Denkschrift Friedensvertrag, Deutsche Konföderation, Europäisches Sicherheitssystem", die alle untereinander argumentativ und personell eng verknüpft sind" offenbar sieht die "Neue Rechte" hier Anknüpfungspunkte für ihre nationalistische Politik, die in die Friedensbewegung hineingetragen werden soll.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Obwohl diese Gruppen vielfach aus der Friedensbewegung heraus aufgefordert wurden, sich von Vertretern der „Neuen Rechten" zu trennen, ist dies nicht geschehen. Im Gegenteil, es wurden immer wieder Solidaritätserklärungen mit- ihnen abgegeben. Offenbar verfolgen diese Gruppen also durch die Einbeziehung nationalistischer und neofaschistischer Kräfte ein politisches Ziel.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Darüber hinaus versuchen etliche rein oder fast rein neofaschistische Gruppen sich mit, gleicher oder ähnlicher Argumentation an die Friedensbewegung anzuhängen. Zum Beispiel der Aufruf- "Den Frieden retten - Deutschland vereinen!“, die "Aktion Gesamtdeutsche Solidarität", die "Vereinigung für gesamtdeutsche Politik", der "Arbeitsring Gedankenfreiheit“, oder die Partei "Die Weißen". Zum Teil arbeiten Mitglieder der dieser Gruppen auch in den zuerst genannten Gruppen mit."</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Nachfolgend wurde um die Unterzeichnung dieser Erklärung und die Einsendung an den Verfügungsbeklagten gebeten.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Verfügungskläger trägt vor, bei den angegriffenen Behauptungen handele es sich sämtlich um Tatsachenbehauptungen. Diese seien unwahr. Er selbst, wie auch die Mitglieder der oben genannten Gruppen, denen er angehöre, seien Überzeugte und vehemente Gegner von Nationalismus und Neofaschismus und der "Neuen Rechten". Die Deutschland politischen Fragen würden in diesen Gruppen nicht unter nationalistischen oder neofaschistischen Grundsätzen, sondern von linken, sozialistischen oder internationalistischen Positionen  aus behandelt. Der Verfügungsbeklagte habe an der Erstellung des Flugblattes selbst mitgewirkt; jedenfalls sorge er für seine Verbreitung. Es sei zu befürchten daß diese Flugblätter auch weiterhin verbreitet würden.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt, den Erlass folgender einstweiliger Verfügung:</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Dem Antragsgegner wird verboten, bei Meidung eines Ordnungsgeldes in vom Gericht zu bestimmenden Höhe oder von Ordnungshaft für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu unterlassen,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">- zu behaupten,</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">- die Behauptung zu verbreiten und</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">- an der Verbreitung der Behauptung mitzuwirken oder sie sonst wie zu fördern,</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">1)</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">in den Gruppen " Iniativkreis Linke Deutschland-Diskussion", "Koordination Friedensvertrag", "Arbeitskreis Blockfreiheit und Befreiung"</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">sowie "Denkschrift Friedensvertrag, Deutsche Konföderation, Europäisches Sicherheitssystem" arbeiteten Vertreter der "Neuen Rechten" mit;</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">2)</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">obwohl diese Gruppen vielfach aus der Friedensbewegung heraus aufgefordert worden seien, sich von Vertretern der „Neuen- Rechten" zu trennen, sei dies nicht geschehen, es seien im Gegenteil immer wieder Solidaritätserklärungen mit ihnen abgegeben worden;</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">3)</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">diese Gruppen verfolgten durch Einbeziehung nationalistischer und neofaschistischer Kräfte ein politisches Ziel;</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">4)</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Mitglieder der Gruppen "Den Frieden retten - Deutschland vereinen!", "Aktion Gesamtdeutsche Solidarität", "Vereinigung für gesamtdeutsche Politik", "Arbeitsring Gedankenfreiheit" oder der Partei "Die Weißen" arbeiteten zum Teil auch in den unter 1) genannten Gruppen mit.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Der Verfügungsbeklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung abzulehnen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Der Verfügungsbeklagte trägt vor, bei den beanstandeten Passagen handele es sich nicht um Tatsachenbehauptungen, sondern um Meinungsäußerungen. Diese Meinungsäußerungen unterlagen aber dem Schutz des Art.  5 Abs. 1 GG. Im übrigen seien die Erklärungen, soweit in ihnen Tatsachenbehauptungen gesehen werden sollten, nicht unwahr. Tatsächlich würden nämlich in den aufgeführten Gruppen "Neue Rechte" mitwirken. Das Flugblatt sei im übrigen nie in einem größeren Umfang verbreitet worden. Es sei lediglich einmal in einer Auflage von 15 Stück in der Jungsozialisten-Hochschulgruppe der Universität C verteilt worden. Möglicherweise werde die Resolution einmal im Rahmen einer Gesamtdokumentation veröffentlicht.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung ist unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Der Verfügungskläger hat keinen Anspruch auf Unterlassung der beanstandeten Äußerungen. Bei den im Antrag aufgeführten Äußerungen handelt es sich nicht um Tatsachenbehauptungen, sondern um politische Werturteile. Beanstandet wird nämlich insgesamt, daß in den Gruppen, denen der Verfügungskläger angehört, oder in führender Position tätig ist, sogenannte "Neue Rechte" unter Einbeziehung nationalistischer und neofaschistischer Vorstellungen mitarbeiten. Der Begriff "Neue Rechte" ist keine Tatsache, sondern ein politisches Werturteil. Es ist nicht feststellbar, welche tatsächlichen Voraussetzungen erforderlich sind, um ein "Neuer Rechter" zu sein. Damit wird vielmehr eine bestimmte politische Meinung umschrieben" Das gilt ebenso für die Einordnung von Parteimitgliedern in anderen Parteien in links und rechts. Daß es sich nicht um Tatsachenbehauptungen handelt, ergibt sich auch daraus, daß die Frage, ob nun "Neue Rechte" in bestimmten Gruppen mitarbeiten oder nicht, einen Beweis nicht zugänglich ist. Es könnte insoweit nur eine Prüfung der geistigen und politischen Denkweise und Haltung überprüft werden. Eine solche Überprüfung ist aber nicht möglich. Bei der Auseinandersetzung  der Parteien handelt es sich um einen politischen Meinungsstreit, der einer Entscheidung durch Gerichte nicht zugänglich ist.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Es ist im übrigen auch nicht ersichtlich, daß durch die Darstellung in dem Flugblatt das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzt wird. Erforderlich hierzu wäre ein Angriff in die Individual- oder Intimsphäre. Das ist aber bei dem hier ausgefochtenen politischen Meinungsstreit nicht feststellbar. Im Rahmen der politischen Auseinandersetzung hat der Verfügungsbeklagte das zulässige Maß durch die Mitarbeit bei der Erstellung des Flugblattes und bei dessen Verbreitung nicht überschritten. Das wäre erst dann der Fall, wenn es sich um reine Schmähkritik handeln würde. Das ist hier aber gerade nicht der Fall, da nur die Meinung einer ganz bestimmten Gruppe, die sich aus der Überschrift ergibt, verbreitet wird, die sich jedoch im üblichen Rahmen hält. Die Einordnung in "Neue Rechte", „nationalistisch, “und "neofaschistisch" sprengt den zulässigen Rahmen des politischen Meinungskampfes nicht.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Hiernach ist der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Ziffer 6, 711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Streitwert: 4.000,- DM</p>
|
315,464 | olgham-1987-06-10-20-w-7986 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 20 W 79/86 | "1987-06-10T00:00:00" | "2019-03-13T14:56:27" | "2019-03-27T09:43:03" | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1987:0610.20W79.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der angefochtene Beschluß wird unter Zurückweisung der weitergehenden sofortigen Beschwerde abgeändert.</p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.</p>
<p>Der Wert des Beschwerdegegenstands wird auf 9.001,- bis 9.100,- DM festgesetzt.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat die Beklagte aus gepfändetem Recht auf Hinterlegung eines Betrages von 47.769,41 DM beim Amtsgericht Dortmund in Anspruch genommen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Am 22. August 1985 erwirkte der Kläger ein vorläufig vollstreckbares Urteil des OLG Hamm (17 U 51/85) auf Zahlung von 45.412,01 DM Schadensersatz zuzüglich Zinsen wegen unrichtiger Beratung im Zusammenhang mit dem Erwerb eines Hauses gegen den bei der Beklagten berufshaftpflichtversicherten Architekten .... Diesem war es nach dem Urteil gestattet, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung von 56.000,- DM, die auch durch eine selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse erbracht werden konnte, abzuwenden.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Durch Pfändungs- und Überweisungsbeschluß des AG Dortmund (140 M 10876/85) vom 2. Oktober 1985 ließ der Kläger wegen seiner titulierten Forderung zuzüglich Kosten über insgesamt 47.769,41 DM im Wege der Sicherheitsvollstreckung gemäß §§720, 839 ZPO den Deckungsschutzanspruch des Architekten I gegen die Beklagte aus der bei ihr genommenen Berufshaftpflichtversicherung pfänden und statt der Überweisung zur Einziehung die Hinterlegung des gepfändeten Betrages bei der Gerichtskasse ... anordnen. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluß wurde der Beklagten am 14. Oktober 1985 zugestellt. Diese erkannte die gepfändete Forderung vorbehaltlich einer Abänderung des Urteils des OLG Hamm vom 22. August 1985 aufgrund der eingelegten Revision durch den Bundesgerichtshof mit Schreiben vom 30. Oktober 1985 an und erklärte sich mit Schreiben vom 15. November 1985 bereit, Sicherheit entsprechend dem Urteil des OLG Hamm vom 22. August 1985 durch Stellung einer Bankbürgschaft über 56.000,- DM zu leisten.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 21. November 1985 forderte der Kläger die Beklagte unter Setzung einer Frist von einer Woche und Klageandrohung auf, 47.769,41 DM bei der Gerichtskasse in Dortmund zu hinterlegen. Die Prozeßbevollmächtigten der Beklagten antworteten mit Schreiben vom 2. Dezember 1985, der gepfändete Deckungsschutzanspruch sei gemäß §154 VVG noch nicht fällig, in den nächsten Tagen werde von der Beklagten jedoch eine Bankbürgschaft über 56.000,- DM zur Verfügung gestellt.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Bereits unter dem 3. Dezember 1985, der Beklagten zugestellt am 13. Dezember 1985, hat der Kläger Klage auf Hinterlegung von 47.769,41 DM erhoben. Am 12. Dezember 1985, der Beklagten zugestellt am 16. Dezember 1985, erwirkte er außerdem eine Ergänzung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 2. Oktober 1985 dahin, daß der Anspruch des Architekten ... gegen die Beklagte auf Hinterlegung gemäß §3 II Nr. 1 Abs. 3 AHB mitgepfändet und ihm, dem Kläger, mit der Maßgabe zur Einziehung überwiesen ist, daß der Schuldbetrag bei der Gerichtskasse ... zu hinterlegen ist (§§839, 720, 713 ZPO). Mit weiterem Pfändungs- und Überweisungsbeschluß vom 7. März 1986 ließ der Kläger die Ansprüche des Architekten ... aus der Berufshaftpflichtversicherung, insbesondere aus §149 VVG und auf Erbringung einer Sicherheit oder Hinterlegung gemäß §3 II Nr. 1 Abs. 3 AHB pfänden und sich mit obiger Maßgabe zur Einziehung überweisen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Bereits am 13. Januar 1986 hatte die Beklagte dem Kläger eine selbst schuldnerische Bürgschaft der Landesbank ... Girozentrale vom 29. November 1985 über 56.000,- DM zur Sicherung seiner Ansprüche aus dem Urteil des OLG Hamm vom 22. August 1985 übersandt. Die Bürgschaft sollte mit der Rechtskraft des vorbezeichneten Urteils erlöschen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die ihm übergebene Bürgschaftserklärung sei unzureichend, da sie bis zur Rechtskraft des mit der Revision angegriffenen Urteils des OLG Hamm vom 22. August 1985 befristet sei. In Ausübung seines Wahlrechts habe er wirksam die Hinterlegung von 47.769,41 DM verlangt.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat die Abweisung der Klage beantragt und die Ansicht vertreten, der vom Kläger gepfändete Anspruch sei noch nicht fällig. Sie sei deshalb nicht verpflichtet, Sicherheit in irgendeiner Form zu leisten. Außerdem fehle für die Klage angesichts ihrer erklärten Bereitschaft, für ihren Versicherungsnehmer in Form einer Bankbürgschaft Sicherheit zu leisten, auch das Rechtsschutzinteresse.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Am 23. Mai 1986 haben die Parteien vor dem Landgericht ... einen Vergleich geschlossen, in dem sich die Beklagte verpflichtet hat, dem Kläger eine selbstschuldnerische Bürgschaft der Landesbank ... Girozentrale bis zur Höhe von 56.000,- DM beizubringen, die spätestens bei rechtskräftiger Abweisung der Klage in dem Rechtsstreit 17 U 51/85 OLG Hamm erlischt. Daraufhin haben beide Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt und widerstreitende Kostenanträge gestellt.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Durch Beschluß vom 3. Oktober 1986 hat das Landgericht die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten auferlegt und dazu in den Gründen, auf die wegen der näheren Einzelheiten verwiesen wird (Bl. 65-67 d.A.), ausgeführt, ohne Eintritt des erledigenden Ereignisses hätte die Klage aller Voraussicht nach Erfolg gehabt. Der Kläger habe den Anspruch des Architekten ... gegen die Beklagte aus §3 II Nr. 1 Abs. 3 AHB auf Sicherheitsleistung oder Hinterlegung wirksam gepfändet und die Beklagte nach Ausübung des Wahlrechts zu Recht auf Hinterlegung des Abwendungsbetrages in Anspruch genommen. Die zur Verfügung gestellte Bürgschaft der Landesbank Saar Girozentrale sei unzureichend gewesen, da sie bis zum Zeitpunkt der Rechtskraft des Urteils des OLG Hamm befristet gewesen sei.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Gegen diesen Beschluß richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Beklagten vom 3. November 1986. Sie vertritt unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens die Ansicht, die Klageerhebung sei unter Verstoß gegen Treu und Glauben erfolgt, da sie sich bereits am 15. November 1985 bereit erklärt habe, dem Kläger eine Bankbürgschaft als Sicherheit zur Verfügung zu stellen. Dieser habe keinen Anspruch auf Hinterlegung von 47.769,41 DM, sondern allenfalls einen solchen auf Sicherheitsleistung <u>oder</u> Hinterlegung gehabt.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Der Kläger verteidigt die landgerichtliche Entscheidung.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst allen Anlagen verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die gemäß §91 a Abs. 2 S. 1 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig, aber nur zum Teil begründet.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Nachdem die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen zu entscheiden (§91 a Abs. 1 S. 1 ZPO). Diesem entspricht es, die Kosten des Rechtsstreits der Partei aufzuerlegen, die sie zu tragen gehabt hätte, wenn der Rechtsstreit nicht für erledigt erklärt worden wäre. Grundsätzlich hat danach die Partei die Kosten zu tragen, die voraussichtlich unterlegen wäre. Bei Teilunterliegen beider Parteien hat grundsätzlich eine verhältnismäßige Teilung der Kosten zu erfolgen (§92 Abs. 1 ZPO). Gleiches gilt, wenn der Ausgang des Rechtsstreits ungewiß geblieben ist.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Nach diesen Grundsätzen waren die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufzuheben.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks"><b>1.</b></p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Dies folgt allerdings noch nicht aus §98 ZPO, wonach die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs als gegeneinander aufgehoben anzusehen sind, wenn die Parteien nichts anderes vereinbart haben. Wenn sich die Parteien bei Abschluß eines gerichtlichen Vergleichs, aufgrund dessen sie den Rechtstreit in der Hauptsache für erledigt erklären, wie hier darüber einig sind, daß die Kosten von dem Vergleich ausgenommen sein und zur Entscheidung des Gerichts gestellt bleiben sollen, so ist darin eine andere Vereinbarung im Sinne des §98 ZPO zu erblicken (BGH MDR 1965, 25; OLG Frankfurt MDR 1979, 763; Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann, ZPO, 44. Aufl., §98 Anm. 2 A; Thomas-Putzo, ZPO, 14. Aufl., §98 Anm. 1 b). Über die Kosten ist dann nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands zu entscheiden (§91 a Abs. 1 ZPO).</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks"><b>2.</b></p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die verfrüht erhobene Klage des Klägers aus gepfändetem Recht war bei Klageerhebung am 13. Dezember 1985 unbegründet und auch im Zeitpunkt der Erledigung des Rechtsstreits durch den Vergleich vom 23. Mai 1986 ohne eine Modifikation nicht voll begründet.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">a.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Bei Klageerhebung am 13. Dezember 1985 hatte der Kläger aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 2. Oktober 1985 lediglich den Deckungsschutzanspruch des Architekten I gegen die Beklagte aus der Berufshaftpflichtversicherung pfänden lassen. Dieser Anspruch war gemäß §154 Abs. 1 VVG noch nicht fällig, da die Schadensersatzverpflichtung des Architekten ... gegenüber dem Kläger aufgrund des mit der Revision angefochtenen Urteils des OLG Hamm (17 U 51/85) vom 22. August 1985 noch <u>nicht rechtskräftig</u> festgestellt war. Die Klage des Klägers auf Hinterlegung von 47.769,41 DM war deshalb bei Klageerhebung mangels Fälligkeit des damals einzig gepfändeten Anspruchs auf Deckungsschutz unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">b.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Einen fälligen durchsetzbaren Anspruch gegen die Beklagte hat der Kläger erst durch die Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 7. März 1986 am 14. März 1986 erlangt, durch den neben dem Deckungsschutzanspruch erstmals auch der Anspruch des Architekten ... auf Bewirkung einer Sicherheitsleistung <u>oder</u> Hinterlegung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung gemäß §3 II Nr. 1 Abs. 3 AHB wirksam gepfändet worden ist. Die Ergänzung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 2. Oktober 1985 durch Beschluß des Amtsgerichts ... vom 12. Dezember 1985 betraf ausdrücklich nur den Anspruch des Architekten ... auf <u>Hinterlegung</u> gemäß §3 II Nr. 1 Abs. 3 AHB.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">c.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Aufgrund des gepfändeten Anspruchs aus §3 II Nr. 1 Abs. 3 AHB war die Beklagte zur "Sicherheitsleistung oder Hinterlegung" zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des OLG Hamm vom 22. August 1985 anstelle des Versicherungsnehmers I verpflichtet. Bei dieser Verpflichtung handelt es sich um eine Wahlschuld im Sinne des §262 BGB. Mangels einer - hier nicht gegebenen - Bestimmung des Wahlberechtigten steht das Wahlrecht gemäß §262 BGB dem Schuldner, d.h. hier der Beklagten zu. Diese konnte daher darüber bestimmen, ob sie die Zwangsvollstreckung durch Hinterlegung des ausgeurteilten Betrages oder durch Stellung einer selbstschuldnerischen Bankbürgschaft als Sicherheit abwenden wollte. Dem trug der Klageantrag auf Verurteilung der Beklagten zur Hinterlegung von 47.769,41 DM nicht in vollem Umfang Rechnung. Der Kläger hätte seinen Klageantrag nach Hinweis durch das Gericht, der gemäß §139 ZPO erforderlich gewesen wäre, wenn sich die Parteien nicht verglichen hätten, vielmehr auf eine Verurteilung der Beklagten zur Hinterlegung <u>oder</u> Stellung einer selbstschuldnerischen Bankbürgschaft umstellen müssen (Palandt-Heinrichs, BGB, 44. Aufl. §264 Anm. 1 b).</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">d.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Der vom Kläger gepfändete Anspruch auf Sicherheitsleistung oder Hinterlegung gemäß §3 II Nr. 1 Abs. 3 AHB war bei Abschluß des Vergleichs am 23. Mai 1986 noch nicht durch Erfüllung erloschen (§362 Abs. 1 BGB). Die von der Beklagten am 13. Januar 1986 zur Verfügung gestellte selbstschuldnerische Bürgschaft der Landesbank ... Girozentrale war unzureichend, da sie in unzulässiger Weise befristet war. Die Bürgschaft sollte nämlich spätestens mit der Rechtskraft des Urteils in der Revisionsinstanz erlöschen. Damit wäre der Kläger im Falle seines Obsiegens in der Revisionsinstanz ohne Sicherheit gewesen, obwohl die Sicherheitsleistung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung dem Gläubiger gerade für diesen Fall Sicherheit bieten soll. Auch darauf hätte das Gericht gemäß §139 ZPO hinweisen müssen, wenn die Parteien den Rechtsstreit nicht durch Vergleich in der ersten mündlichen Verhandlung beendet hätten.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks"><b>3.</b></p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Bei diesem durch beiderseitige Nachlässigkeiten geprägten Sach- und Streitstand, bei dem eine Entscheidung in der ersten mündlichen Verhandlung nicht möglich war, entspricht es unter Berücksichtigung der verfrühten Klageerhebung einerseits und der erheblichen Verzögerungen der Beklagten bei der Erfüllung ihrer Verpflichtung aus §3 II Nr. 1 Abs. 3 AHB andererseits billigem Ermessen, die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs gegeneinander aufzuheben (§91 a Abs. 1 S. 1 ZPO). Entsprechend war der angefochtene Beschluß abzuändern.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf §92 Abs. 1 ZPO.</p>
|
315,465 | lg-dortmund-1987-06-04-8-o-11487 | {
"id": 806,
"name": "Landgericht Dortmund",
"slug": "lg-dortmund",
"city": 407,
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"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 8 O 114/87 | "1987-06-04T00:00:00" | "2019-03-13T14:56:29" | "2019-03-27T09:43:03" | Urteil | ECLI:DE:LGDO:1987:0604.8O114.87.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beklagte wird verurteilt, bei Androhung eines</p>
<p>Ordnungsgeldes In Höhe von bis zu 50.000,-- DM für</p>
<p>jeden Fall des Zuwiderhandelns die Verwendung folgen-</p>
<p>der und diesen inhaltsgleichen Klauseln in allgemeinen</p>
<p>Geschäftsbedingungen, ausgenommen gegenüber einem</p>
<p>Kaufmann im Rahmen seines Handelsgewerbes zu unter-</p>
<p>lassen:</p>
<p></p>
<p>"1. Der Heimträger kann ohne Einhaltung einer Kündi-</p>
<p>gungsfrist aus einem wichtigem Grund kündigen,</p>
<p>insbesondere</p>
<p></p>
<p> 1. wenn der Gesundheitszustand des Heimbewohners</p>
<p>sich nach ärztlichem Zeugnis so verändert, daß</p>
<p>eine sachgerechte Versorgung im Heim nicht mehr</p>
<p>möglich ist;</p>
<p></p>
<p></p>
<p>2. Der Heimträger kann ohne Einhaltung einer Kündi-</p>
<p>gungsfrist aus einem wichtigen Grund kündigen,</p>
<p>insbesondere</p>
<p></p>
<p>2. wenn der Heimbewohner mit der Zahlung des</p>
<p>Pflegesatzes für aufeinanderfolgende</p>
<p>Termine in Höhe des monatlichen Pflegesatzes in</p>
<p>Verzug ist oder in einem Zeitraum, der sich über</p>
<p>mehr als zwei Termine erstreckt, mit der</p>
<p>Entrichtung des Pflegesatzes in Höhe eines</p>
<p>Betrages in Verzug gekommen ist, der den</p>
<p>Pflegesatz für zwei Monate erreicht;</p>
<p></p>
<p>3. Der Heimträger kann ohne Einhaltung einer Kündi-</p>
<p>gungsfrist aus einem wichtigen Grund kündigen,</p>
<p>insbesondere</p>
<p></p>
<p>3. wenn der Heimbewohner seine Verpflichtung aus §8 </p>
<p>Satz 3 nicht erfüllt: welcher lautet: "Der</p>
<p>Heimbewohner verpflichtet sich bereits jetzt,</p>
<p>dieses Angebot anzunehmen, wenn es den vor-</p>
<p>stehenden Voraussetzungen entspricht. "</p>
<p></p>
<p>4, Der Heimträger kann ohne Einhaltung einer Kündi-</p>
<p>gungsfrist aus einem wichtigen Grund kündigen,</p>
<p>insbesondere</p>
<p></p>
<p>4. wenn ihm infolge des Verhaltens des Heimbe-</p>
<p>wohners die Fortsetzung des Vertrages nicht mehr</p>
<p>zugemutet werden kann;</p>
<p></p>
<p></p>
<p></p>
<p>5. Beruht die fristlose Kündigung des Vertrages auf</p>
<p>einem Verschulden des Heimbewohners und kann dem</p>
<p>Heimträger die Fortsetzung des Vertrages bis zu</p>
<p>einer Neubesetzung des Heimplatzes nicht zugemutet</p>
<p>werden, so haftet der Heimbewohner für den etwaigen</p>
<p>Ausfall des Pflegesatzes bis zu einem Monat.</p>
<p></p>
<p></p>
<p>6. Die Heimordnung in der jeweils gültigen Fassung ist</p>
<p>Bestandteil dieses Vertrages.“</p>
<p></p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten</p>
<p>auferlegt.</p>
<p></p>
<p></p>
<p>Das Urteil Ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicher-</p>
<p>heitsleistung in Höhe von 2.200,—- DM.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>T a t b e s t a n d</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger verfolgt unter Ausschluß eines wirtschaftlichen</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Geschäftsbetriebes den Zweck, die Interessen der Verbraucher</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">durch Aufklärung und Beratung wahrzunehmen und zu fördern. Er</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">geht insbesondere gerichtlich und außergerichtlich gegen für</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">unzulässig gehaltene allgemeine Geschäftsbedingungen vor, die</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">im Geschäftsverkehr gegenüber Nichtkaufleuten verwendet und</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">empfohlen werden.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte betreibt ein Altenheim, in das namentlich</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">volljährige behinderte aber geschäftsfähige Personen aufge-</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">nommen werden. Die Beklagte schließt mit den Bewerbern um</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">einen Heimplatz einen "Heimvertrag für behinderte Volljährige</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">soweit diese geschäftsfähig sind". Gegenstand dieses Ver-</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">trages sind allgemeine Geschäftsbedingungen. Diese enthalten</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">unter anderem die aus dem Tenor ersichtlichen Klauseln.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der Kläger meint, die beanstandeten Klauseln verstießen gegen</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">§ 9 Absätze 1 und 2 AGBG.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Mit Abmahnung vom 16.12.1986 forderte der Kläger die Beklagte</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">auf, die Verwendung der von ihm beanstandeten Klauseln zu</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">unterlassen. Zugleich verlangte er die Abgabe einer strafbe-</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">wehrten Unterlassungserklärung. In ihrem Antwortschreiben</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">verteidigte die Beklagte die umstrittenen Vertragsbedingungen</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">und lehnte die Abgabe der strafbewehrten Unterlassungser-</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">klärung ab.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">wie erkannt.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Sie meint, die vertraglichen Bestimmungen über die außeror-</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">dentliche Kündigung In § 9 Abs. 2 der AGB entsprächen dem</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">gesetzlichen Leitbild des § 626 BGB. In einem Falle, In dem</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">die Beklagte den Heimbewohner nicht mehr sachgerecht versor-</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">gen könne, liege es in dessen Interesse, daß der Vertrag</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">unverzüglich beendet werde. Der betroffene Heimbewohner habe</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">dann Anspruch auf anderweitige öffentliche Fürsorge. Dazu</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">komme es dann, wenn aus einem Pflegefall ein Krankheitsfall</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">werde. Der Betroffene werde dann unverzüglich in ein Kranken-</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">haus verlegt. Die Kündigung aus wichtigem Grunde, zu der die</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Beklagte in diesem Fall berechtigt sei, lasse die Verpflich-</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">tung des Heimbewohners zur Zahlung des monatlichen Pflege-</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">satzes entfallen. Die Regelung wirke sich damit zu seinem</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Vorteil aus.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Der in § 9 Abs. 2 Satz 2 AGB vorgesehene Kündigungsgrund</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">betreffe nur den geringen Anteil der Selbstzahler, deren</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Heinikosten nicht von der öffentlichen Hand getragen werden.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Die beanstandete Klausel stelle lediglich die Übernahme der</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">gesetzlichen Regelung des § 554 BGB dar. Falls das auf eine</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">außerordentliche Kündigung gestützte Räumungsbegehren der</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Beklagten für den Heimbewohner eine unbillige Härte dar-</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">stellen würde, so könnte diese im Zwangsvollstreckungsver-</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">fahren abgewendet werden.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Die Vorschrift des § 9 Abs. 2 Ziff. 3 in Verbindung mit § 8</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">AGB trage den Interessen des Heimbewohners deshalb angemessen</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Rechnung, weil die Beklagte sich danach verpflichte, dem</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Bewohner eine anderweitige geeignete Versorgung anzubieten,</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">wenn diese in ihrem Hause nicht mehr sichergestellt sei. Nur</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">wenn der Heimbewohner sich auf ein solches Angebot nicht</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">einlasse, sei die Beklagte zur Kündigung aus wichtigem Grunde</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">berechtigt.</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">In § 9 Abs. 2 Satz 4 der AGB sieht die Beklagte ebenfalls</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">keine unangemessenene Benachteiligung des Heimbewohners. Sie</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">müsse berechtigt sein, bei schuldhaften Verstößen des</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Heimbewohners gegen vertragliche Verpflichtungen den Vertrag</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">zu beenden und auch gemäß § 9 Abs. 2 Satz 5 AGB Schadenser-</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">satzansprüche geltend zu machen.</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Schriftsätze und der dazu überreichten Anlagen Bezug ge-</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">nommen.</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks"><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e</u></p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Die auf § 13 Absätze 1 und 2 Nr. 1 AGBG gestützte Klage ist</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">begründet. Die tatsächlichen Voraussetzungen der Klagebe-</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">fugnis des Klägers sind unbestritten und gerichtsbekannt.</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">Die von dem Kläger beanstandeten Klauseln sind durchweg dazu</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">angetan, die Vertragspartner der Beklagten entgegen den</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">Geboten von Treu und Glauben unangemessen zu benachteiligen</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">(§ 9 Abs. 1 AGBG).</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">1, Die in § 9 Abs. 2 Satz 1 der AGB enthaltene Klausel ist</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">mit dem Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">sie abweicht, nicht zu vereinbaren (§ 9 Abs. 2 Satz 1</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">AGBG).</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">Der Heimvertrag ist ein gemischter Vertrag, der den</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">Helmträger verpflichtet, dem Heimbewohner Unterkunft,</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">Verpflegung, Betreuung und Pflege gegen Entgelt zu</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">gewähren. Ob sich die Möglichkeiten der außerordentlichen</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">Kündigung an den mietrechtlichen oder dienstvertraglichen</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">Bestimmungen des BGB messen lassen müssen, ist zwischen</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">Rechtsprechung und Literatur umstritten. Während im</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">Schrifttum überwiegend die Anwendung der mietrechtlichen</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">Schutzgesetze auf Pflegeheimverträge abgelehnt wird, hat</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">das OLG Köln (NJW 1980/1395) die Anwendbarkeit des § 624</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">BGB abgelehnt. Auch Hensen (Ulmer, Brandner, Hensen, AGBG,</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">4. Auflage, Köln 1982, Anhang zu §§ 9 bis 11 Randnr. 63)</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">will die außerordentliche Kündigung von Altenwohnheimver-</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">trägen nicht an den dienstrechtlichen Kündigungsvorschrif-</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">ten sondern am mietrechtlichen Kündigungsschutzrecht</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">messen. Dagegen wollen Dahlem, Giese, Heimgesetz,</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">Köln-Berlin-Bonn-München, § 4 Randnr. 9.2 bei der</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">Rechtswahl darauf abstellen, ob dienst- oder mietver-</p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">tragliche Elemente überwiegen.</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">Für die Bewertung der in § 9 Abs. 2 Satz 1 der AGB</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">enthaltenen Klausel kann dahinstehen, ob mietrechtliche</p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">oder dienstvertragliche Rechte zum Prüfungsmaßstab erhoben</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks">werden. Weder das gesetzliche Mietrecht noch das gesetz-</p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks">liche Dienstvertragsrecht geben dem Vermieter/Dienstver-</p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks">pfllchteten das Recht zur außerordentlichen Kündigung für</p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">den Fall, daß der Mieter/Dienstberechtigte an der Nutzung</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks">der Mieträume bzw. Entgegennahme der Dienste vorübergehend</p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">gehindert ist. Von diesen gesetzlichen Vorschriften weicht</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks">die Klausel zum Nachteil des Verwendungsgegners unbillig</p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">ab. Nach der vertraglichen Vorschrift soll der Beklagten</p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks">nämlich auch dann ein Grund zur fristlosen Kündigung</p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks">zustehen, wenn der Bewohner auch nur vorübergehend in der</p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks">Einrichtung der Beklagten nicht mehr versorgt werden kann.</p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks">Das wäre etwa dann der Fall, wenn er sich wegen einer</p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks">Operation für einen von vornherein überschaubaren Zeitraum</p>
<span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks">in Krankenhausbehandlung begeben muß. Selbst dann, wenn</p>
<span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks">die Tatsache seiner Rückkehr von vornherein feststeht und</p>
<span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks">auch der Zeitpunkt seiner Entlassung aus dem Krankenhaus</p>
<span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks">absehbar ist, wäre die Beklagte nach ihren AGB berechtigt,</p>
<span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks">den Heimvertrag fristlos zu kündigen und eine Aufnahme des</p>
<span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks">Bewohners nach der Krankenhausentlassung zu verweigern.</p>
<span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks">Eine sachliche Rechtfertigung für eine derartige Handha-</p>
<span class="absatzRechts">124</span><p class="absatzLinks">bung vermag die Kammer nicht zu erkennen.</p>
<span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks">Wegen der im Verbandsklageverfahren nach § 13 AGB gebote-</p>
<span class="absatzRechts">126</span><p class="absatzLinks">nen generalisierend-abstrakten Betrachtungsweise kommt es</p>
<span class="absatzRechts">127</span><p class="absatzLinks">nicht darauf an, ob die Beklagte im Einzelfall tatsächlich</p>
<span class="absatzRechts">128</span><p class="absatzLinks">gedenkt, in der vorbezeichneten Weise zu verfahren.</p>
<span class="absatzRechts">129</span><p class="absatzLinks">Entscheidend ist allein, daß ihr die von ihr verwendeten</p>
<span class="absatzRechts">130</span><p class="absatzLinks">AGB bei verbraucherfeindlicher Auslegung die Möglichkeit</p>
<span class="absatzRechts">131</span><p class="absatzLinks">zu einem derartigen Verhalten geben sollen.</p>
<span class="absatzRechts">132</span><p class="absatzLinks">2. Auch die Klausel des § 9 Abs. 2 Satz 2 der AGB ist mit</p>
<span class="absatzRechts">133</span><p class="absatzLinks">wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von</p>
<span class="absatzRechts">134</span><p class="absatzLinks">der diese Bestimmung abweicht, nicht zu vereinbaren und</p>
<span class="absatzRechts">135</span><p class="absatzLinks">stellt eine treuwidrige unangemessene Benachteiligung des</p>
<span class="absatzRechts">136</span><p class="absatzLinks">Verwendungsgegners dar. Die Frage, an welchen gesetzlichen</p>
<span class="absatzRechts">137</span><p class="absatzLinks">Bestimmungen vertragliche Regelungen über die außerordent-</p>
<span class="absatzRechts">138</span><p class="absatzLinks">liche Kündigung von Pflegeheimverträgen zu messen ist,</p>
<span class="absatzRechts">139</span><p class="absatzLinks">entscheidet die Kammer dahin, daß in erster Linie die</p>
<span class="absatzRechts">140</span><p class="absatzLinks">gesetzlichen Bestimmungen des Mietrechts zu Vergleichs-</p>
<span class="absatzRechts">141</span><p class="absatzLinks">zwecken heranzuziehen sind. Die Vorschrift des § 9 Abs. 2</p>
<span class="absatzRechts">142</span><p class="absatzLinks">Satz 2 AGB ist zwar an die Bestimmungen des § 554 Abs. 1</p>
<span class="absatzRechts">143</span><p class="absatzLinks">Nr. 1 und 2 BGB angelehnt. Eine Abweichung von § 554 BGB</p>
<span class="absatzRechts">144</span><p class="absatzLinks">liegt jedoch darin, daß die Vorschriften des § 554 Abs. 1</p>
<span class="absatzRechts">145</span><p class="absatzLinks">Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 nicht übernommen worden sind.</p>
<span class="absatzRechts">146</span><p class="absatzLinks">Danach wird die Kündigung hinfällig, wenn binnen bestimm-</p>
<span class="absatzRechts">147</span><p class="absatzLinks">ter Fristen der Vermieter wegen des Mietzinsanspruchs</p>
<span class="absatzRechts">148</span><p class="absatzLinks">befriedigt wird oder eine öffentliche Stelle sich zu</p>
<span class="absatzRechts">149</span><p class="absatzLinks">seiner Befriedigung verpflichtet. Das Weglassen dieser</p>
<span class="absatzRechts">150</span><p class="absatzLinks">Bestimmungen ist eine wesentliche Abweichung von der</p>
<span class="absatzRechts">151</span><p class="absatzLinks">gesetzlichen Regelung, die sich zum Nachteil des Verwen-</p>
<span class="absatzRechts">152</span><p class="absatzLinks">dungsgegners auswirken kann. Gerade bei einem behinderten</p>
<span class="absatzRechts">153</span><p class="absatzLinks">Heimbewohner, der für die Kosten seiner Heimunterbringung</p>
<span class="absatzRechts">154</span><p class="absatzLinks">grundsätzlich selbst aufkommt, kann es geschehen, daß er</p>
<span class="absatzRechts">155</span><p class="absatzLinks">an der rechtzeitigen Erledigung seiner Angelegenheiten</p>
<span class="absatzRechts">156</span><p class="absatzLinks">vorübergehend gehindert ist. Darüber hinaus besteht die</p>
<span class="absatzRechts">157</span><p class="absatzLinks">Möglichkeit, daß er infolge einer ungünstigen Entwicklung</p>
<span class="absatzRechts">158</span><p class="absatzLinks">seiner Einkommens- oder Vermögensverhältnisse vorüber-</p>
<span class="absatzRechts">159</span><p class="absatzLinks">gehend oder auf Dauer zur Tragung der Unterbringungskosten</p>
<span class="absatzRechts">160</span><p class="absatzLinks">ganz oder teilweise nicht mehr in der Lage ist. Nach den</p>
<span class="absatzRechts">161</span><p class="absatzLinks">genannten Vorschriften des § 554 BGB hätte der Bewohner in</p>
<span class="absatzRechts">162</span><p class="absatzLinks">diesen Fällen die Möglichkeit, eine einmal ausgesprochene</p>
<span class="absatzRechts">163</span><p class="absatzLinks">Kündigung entweder durch Nachzahlung des rückständigen</p>
<span class="absatzRechts">164</span><p class="absatzLinks">Pflegegeldes oder durch Beibringung einer Kostenübernahme-</p>
<span class="absatzRechts">165</span><p class="absatzLinks">erklärung einer öffentlichen Stelle hinfällig werden zu</p>
<span class="absatzRechts">166</span><p class="absatzLinks">lassen. Durch § 9 Abs. 2 Satz 2 AGB sind diese Möglich-</p>
<span class="absatzRechts">167</span><p class="absatzLinks">keiten dagegen ausgeschlossen.</p>
<span class="absatzRechts">168</span><p class="absatzLinks">3. Die Vorschrift des § 9 Abs. 2 Satz 3 AGB verstößt nach</p>
<span class="absatzRechts">169</span><p class="absatzLinks">Ansicht der Kammer gegen § 9 Abs. 2 Satz 2 AGBG. Nach</p>
<span class="absatzRechts">170</span><p class="absatzLinks">dieser Klausel wäre nämlich ein Grund zur fristlosen</p>
<span class="absatzRechts">171</span><p class="absatzLinks">Kündigung zum Beispiel auch dann gegeben, wenn aus einem</p>
<span class="absatzRechts">172</span><p class="absatzLinks">von der Beklagten zu vertretenden Grunde die Beklagte die</p>
<span class="absatzRechts">173</span><p class="absatzLinks">Versorgung des Heimbewohners selbst nicht mehr sicher-</p>
<span class="absatzRechts">174</span><p class="absatzLinks">stellen kann. Die Beklagte würde einen Grund zur frist-</p>
<span class="absatzRechts">175</span><p class="absatzLinks">losen Kündigung daraus ableiten können, daß eine von ihr</p>
<span class="absatzRechts">176</span><p class="absatzLinks">selbst zu vertretene Leistungsstörung vorliegt. Hierin</p>
<span class="absatzRechts">177</span><p class="absatzLinks">liegt eine treuwidrige und unangemessene Benachteiligung</p>
<span class="absatzRechts">178</span><p class="absatzLinks">des Heimbewohners. Wer sich in ein Pflegeheim begibt,</p>
<span class="absatzRechts">179</span><p class="absatzLinks">verlegt seinen Lebensmittelpunkt dorthin. Er hat ein</p>
<span class="absatzRechts">180</span><p class="absatzLinks">berechtigtes Interesse daran, daß er dort langfristige</p>
<span class="absatzRechts">181</span><p class="absatzLinks">gesicherte Unterkunft findet. Dieses Interesse wäre nicht</p>
<span class="absatzRechts">182</span><p class="absatzLinks">gewahrt, wenn die Beklagte aus von ihr zu vertretenden</p>
<span class="absatzRechts">183</span><p class="absatzLinks">Gründen den Heimvertrag jederzeit fristlos beenden könnte.</p>
<span class="absatzRechts">184</span><p class="absatzLinks">4. § 9 Abs. 2 Nr. 4 AGB verstößt gegen § 9 Absätze 1, 2 Nr. 1</p>
<span class="absatzRechts">185</span><p class="absatzLinks">AGBG. Von der gesetzlichen Vorschrift, des § 554 a BGB</p>
<span class="absatzRechts">186</span><p class="absatzLinks">weicht die Klausel insofern ab, als auch ein schuldloses</p>
<span class="absatzRechts">187</span><p class="absatzLinks">Verhalten des Heimbewohners die fristlose Kündigung</p>
<span class="absatzRechts">188</span><p class="absatzLinks">rechtfertigen soll, während nach der zwingenden Vorschrift</p>
<span class="absatzRechts">189</span><p class="absatzLinks">des § 554 a BGB nur eine schuldhafte Pflichtverletzung die</p>
<span class="absatzRechts">190</span><p class="absatzLinks">fristlose Kündigung rechtfertigt. Zieht man die gesetz-</p>
<span class="absatzRechts">191</span><p class="absatzLinks">lichen Vorschriften über das Dienstvertragsrecht als</p>
<span class="absatzRechts">192</span><p class="absatzLinks">Prüfungsmaßstab heran, so ergeben sich ebenfalls Abwei-</p>
<span class="absatzRechts">193</span><p class="absatzLinks">chungen zum Nachteil des Verwendungsgegners. Während nach</p>
<span class="absatzRechts">194</span><p class="absatzLinks">§ 626 Abs. 2 BGB die Kündigung nur binnen zwei Wochen ab</p>
<span class="absatzRechts">195</span><p class="absatzLinks">Kenntnis des Berechtigten vom Kündigungsgrund zulässig</p>
<span class="absatzRechts">196</span><p class="absatzLinks">ist, enthält § 9 Abs. 2 Nr. 4 AGB eine derartige Frist nicht.</p>
<span class="absatzRechts">197</span><p class="absatzLinks">5. Auch § 9 Abs. 2 Satz 5 AGB verstößt gegen § 9 Absätze 1, 2</p>
<span class="absatzRechts">198</span><p class="absatzLinks">Satz 1 AGBG. Nach den gesetzlichen Bestimmungen und</p>
<span class="absatzRechts">199</span><p class="absatzLinks">aufgrund des von der Rechtsprechung entwickelten Instituts</p>
<span class="absatzRechts">200</span><p class="absatzLinks">der positiven Forderungsverletzung müßte der Heimbewohner,</p>
<span class="absatzRechts">201</span><p class="absatzLinks">der schuldhaft Anlaß zu einer fristlosen Kündigung gegeben</p>
<span class="absatzRechts">202</span><p class="absatzLinks">hat dem Heimträger den hieraus entstandenen Schaden</p>
<span class="absatzRechts">203</span><p class="absatzLinks">ersetzen. Der Heimträger hat danach Anspruch auf den</p>
<span class="absatzRechts">204</span><p class="absatzLinks">entgangenen Pflegesatz jedoch abzüglich ersparter Aufwen-</p>
<span class="absatzRechts">205</span><p class="absatzLinks">dungen. Nach der beanstandeten Klausel muß der Heimbe-</p>
<span class="absatzRechts">206</span><p class="absatzLinks">wohner dagegen den Pflegesatz ohne Abzug ersparter</p>
<span class="absatzRechts">207</span><p class="absatzLinks">Aufwendungen fortentrichten. Hierin liegt zugleich ein</p>
<span class="absatzRechts">208</span><p class="absatzLinks">Verstoß gegen §11 Nr. 5 a AGB (Pauschalierung von Scha-</p>
<span class="absatzRechts">209</span><p class="absatzLinks">densersatzansprüchen).</p>
<span class="absatzRechts">210</span><p class="absatzLinks">6. Auch die Vorschrift des § 11 AGB verstößt gegen § 9</p>
<span class="absatzRechts">211</span><p class="absatzLinks">Absätze 1, 2 Satz 1 AGBG in Verbindung mit §§ 145 ff. BGB.</p>
<span class="absatzRechts">212</span><p class="absatzLinks">Wäre § 11 AGB wirksam, so könnte die Beklagte nach</p>
<span class="absatzRechts">213</span><p class="absatzLinks">Abschluß des Vertrages die Heimordnung und die dadurch</p>
<span class="absatzRechts">214</span><p class="absatzLinks">begründeten Nebenpflichten des Bewohners einseitig zum</p>
<span class="absatzRechts">215</span><p class="absatzLinks">Nachteil des Bewohners abändern. Nach den gesetzlichen</p>
<span class="absatzRechts">216</span><p class="absatzLinks">Bestimmungen bedarf eine Veränderung der vertraglichen</p>
<span class="absatzRechts">217</span><p class="absatzLinks">Pflichten des Abschlusses eines Änderungsvertrages. Eine</p>
<span class="absatzRechts">218</span><p class="absatzLinks">einseitige Änderung des Vertragsinhalts durch eine</p>
<span class="absatzRechts">219</span><p class="absatzLinks">Vertragspartei widerspricht dem Leitbild der gesetzlichen</p>
<span class="absatzRechts">220</span><p class="absatzLinks">Regelung und führt zu einer unbilligen Benachteiligung des</p>
<span class="absatzRechts">221</span><p class="absatzLinks">Verwendungsgegners.</p>
<span class="absatzRechts">222</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.</p>
|
315,466 | olgham-1987-05-27-20-u-33586 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
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} | 20 U 335/86 | "1987-05-27T00:00:00" | "2019-03-13T14:56:30" | "2019-03-27T09:43:03" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1987:0527.20U335.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Beklagten gegen das am 18. September 1986 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Hagen wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Kosten der Berufung werden der Beklagten auferlegt.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1.000.000,- DM abzuwenden, falls nicht die Klägerinnen vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die minderjährigen Klägerinnen nehmen die Beklagte, nachdem ihre Mutter, die Versicherungsnehmerin, durch deren Ehemann, ihren Vater, getötet worden ist, auf Auszahlung einer wegen eines Unfallzusatzes verdoppelten Lebensversicherungssumme in Anspruch.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Aufgrund des Versicherungsantrages vom 18.11.1982, der mit ... (geb.) ..., (dies war die Mutter der Klägerinnen) als Versicherungsnehmerin unterzeichnet war, hat die Beklagte diesen Antrag mit Ausfertigung des entsprechenden Versicherungsscheines vom 17.12.1982 angenommen. Nach Antrag und Versicherungsschein war Frau ... die Versicherungsnehmerin. Für den Fall ihres Todes war ihr Ehemann, ... der Vater der Klägerinnen, bezugsberechtigt.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">In der Nacht vom 14./15.01.1983 wurde die Mutter der Klägerinnen von ihrem Ehemann, dem Vater der Klägerinnen, getötet. Dieser wurde inzwischen wegen dieser Tat wegen Mordes durch Urteil des Landgerichts Hagen vom 31.08.1984 (31 Ks 41 Js 17/83 - rechtskräftig seit dem 10.06.1985 -) verurteilt.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Unter anderem mit Anwaltsschreiben vom 20.10.1983 (Bl. 149 d.A.) verlangte ... Auszahlung der Versicherungssumme an sich. Die Beklagte lehnte durch Schreiben vom 26.10.1933 (Bl. 18 d.A.), das an ..., seine Anwälte und auch an den Vormund der Klägerinnen gerichtet war, jede Leistung mit Belehrung nach §12 III VVG ab. Sie berief sich darauf, die Unterschrift auf dem Versicherungsantrag stamme nicht von Frau .... Weiterhin focht die Beklagte den Versicherungsvertrag wegen arglistiger Täuschung an. Dazu schrieb sie:</p>
<br /><span class="absatzRechts">6</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="0">
<tr>
<td> </td>
<td><i>"In Anbetracht der Gesamtumstände, so wie sie sich aus der eingangs erwähnten Ermittlungsakte ergeben, fechten wir darüber hinaus den Vertrag wegen arglistiger Täuschung an. Gründe hierfür liegen in der arglistigen Täuschung über die mangelnde Bonität der Versicherungsnehmerin und damit über wesentliche Voraussetzungen für die Vertragserfüllung, wobei das Gesamtverhalten der ... als Versicherungsnehmerin und versicherte Person gewürdigt werden muß."</i></td>
</tr>
</table><br />
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz der erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten der Beklagten vom 01.09.1986 wurde die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung auch darauf gestützt, daß ... bereits bei Abschluß des Versicherungsvertrages die Absicht gehabt habe, seine Ehefrau zu ermorden, und dies sowohl dieser gegenüber als auch gegenüber der Beklagten verschwiegen habe. Diese Täuschung müsse sich die Versicherungsnehmerin zurechnen lassen, da ... zumindest auf ihrer Seite an den Vertragsverhandlungen teilgenommen habe.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Versicherungsnehmerin ... wurde von ihrem Ehemann zu 1/2 und von den Klägerinnen zu je 1/4 beerbt. Ein entsprechender Erbschein wurde am 07.05.1985 erteilt (Bl. 94 d.A.). Mit Verträgen vom 20.04.1984 und 07.05.1985 (Bl. 22, 95 d.A.) trat ... seine Rechte an die Klägerinnen ab. Auf die Einzelheiten dieser Abtretungsverträge wird Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Mit am 05.04.1984 eingegangener Klageschrift verlangten die Klägerinnen zunächst Zahlung von 400.000,- DM. Dabei wurde die bei Unfalltod vertraglich vorgesehene Verdoppelung der Versicherungssumme nicht berücksichtigt. Deshalb wurde die Klage mit am 07.10.1985 eingegangenem Schriftsatz auf 800.000,- DM erhöht.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Klägerinnen haben den Antrag gestellt,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, an sie zu Händen ihres Vormundes 800.000,- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 26. Oktober 1983 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Sie beruft sich wegen der Klageerweiterung auf den Ablauf der Frist des §12 III VVG und hat behauptet, die Unterschrift der Versicherungsnehmerin ... sei durch ... gefälscht worden. Außerdem sei der Versicherungsschein auch ..., ihrer Versicherungsnehmerin, nicht ausgehändigt worden.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat unter Berücksichtigung einer unstreitigen Prämienaufrechnung in Höhe von 10.720,- DM die Beklagte zur Zahlung verurteilt. Es hält für bewiesen, daß ... den Versicherungsantrag unterschrieben habe und daß ihr auch der Versicherungsschein ausgehändigt worden sei. Die Anfechtung wegen fehlender Bonität greife nicht durch. Die Berufung auf §12 III VVG widerspreche Treu und Glauben. Deshalb sei der Versicherungsanspruch nicht zum Teil verfristet.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegtenund begründeten Berufung wendet sich die Beklagte gegen dieses Urteil.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Beide Parteien wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Die Beklagte führt insbesondere aus, die Klägerinnen müßten sich das Verhalten des ... entgegenhalten lassen. Dieser habe auf Seiten der Versicherungsnehmerin an den Vertragsverhandlungen teilgenommen. Deshalb sei sie, die Beklagte, zur Anfechtung wegen arglistiger Täuschung berechtigt. Außerdem ständen ihr Schadensersatzansprüche auf Haftungsfreistellung nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsschluß zu.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte stellt den Antrag,</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Klägerinnen beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Klägerinnen bestreiten, daß ... bereits bei Abschluß des Versicherungsvertrages und bei Abgabe des Versicherungsantrages beabsichtigt habe, seine Ehefrau zu töten. Dazu habe keine Veranlassung bestanden, da ... nicht überschuldet gewesen sei und die Versicherungsprämien immer habe zahlen können.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen und auch auf die beigezogenen Strafakten verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat Beweis erhoben. Insoweit wird auf den Berichterstattervermerk (Bl. 359 d.A.) Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe</b></p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die Berufung hat keinen Erfolg. Die Beklagte ist in der ausgeurteilten Höhe aus dem Lebensversicherungsvertrag leistungspflichtig.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">A</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist nicht schon wegen Fristversäumung nach §12 III VVG in Höhe des zunächst nicht eingeklagten Teilbetrages von 400.000,- DM leistungsfrei. Die Anwendbarkeit des §12 III VVG gegenüber den Klägerinnen scheitert schon daran, daß die Klägerinnen vor der Fristsetzung durch die Beklagte noch keine Ansprüche gegen sie erhoben hatten. (§12 III 2 VVG). Im Schreiben vom 20.10.1983 des Rechtsanwaltes ... im Auftrage des ... das Anlaß der Leistungsablehnung durch die Beklagte war, wurden nur Ansprüche des ... geltend gemacht. Dieser machte als Bezugsberechtigter geltend, alleiniger Anspruchsinhaber zu sein. Daraus folgt, daß er auch nur in dieser Eigenschaft Ansprüche stellte. Es wurden nicht gleichzeitig Ansprüche der Erbengemeinschaft geltend gemacht.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Meinung der Beklagten haben die Klägerinnen auch nicht dadurch, daß sie innerhalb der Frist Klage erhoben, die Fristsetzung selbst "anerkannt". Ein solches "Anerkenntnis" ist der Regelung des §12 Abs. 3 VVG fremd. Es würde im übrigen mindestens das Wissen der Klägerinnen um die Unwirksamkeit der Fristsetzung voraussetzen, und ein solches Wissen des Vormunds ist nicht behauptet.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Außerdem wäre hier nach Auffassung des Senats der Beklagten nach Treu und Glauben auch die Berufung auf die Fristversäumung verwehrt. Es ist zwar grundsätzlich zutreffend, daß eine Zahlungsklage nur bis zur Höhe der Klagesumme anspruchswahrend ist. Hier liegt auch die Ausnahme, daß die Klage ausdrücklich als Teilklage bezeichnet wurde und die Höhe des Gesamtanspruches zwischen den Parteien an sich unstreitig ist, nicht vor. Andererseits besteht aber keinerlei sinnvoller gedanklicher Ansatz für die Annahme, daß die Beklagte nur aus der Lebensversicherung oder nur aus der Unfallzusatzversicherung in Anspruch genommen werden sollte. Es war von vornherein klar, daß sie entweder aus beiden Verträgen oder gar nicht leistungspflichtig war. Hinzu kommt, daß zwischen den Parteien über die Höhe keinerlei Streit bestand. Aus der Klageerhebung über 400.000,- DM ergab sich daher für die Beklagte eindeutig, daß die Klägerinnen sich mit der Leistungsablehnung nicht zufrieden geben und ihre Ansprüche klageweise geltend machen wollten. In Anbetracht dessen mußte die Beklagte erkennen, daß die vertraglich vorgesehene Verdoppelung der Versicherungssumme nur versehentlich außer acht gelassen war. Es bestand dann für die Beklagte kein Anlaß für die Annahme, sie werde wegen des zweiten Teils des Versicherungsvertrages leistungsfrei bleiben und könne sich entsprechend einrichten.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">B</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Den Klägerinnen steht aus dem abgeschlossenen Lebensversicherungsvertrag mit Unfallzusatz der geltend gemachte Anspruch zu.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Der Vertrag ist zwischen ... als Versicherungsnehmerin, der Erblasserin, und der Beklagten wirksam geschlossen worden.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Der Versicherungsantrag stammt von ... und ist auch von ihr unterschrieben worden. Insoweit folgt der Senat der überzeugenden Beweiswürdigung des Landgerichts, auf die zu verweisen ist. Außerdem ist der Versicherungsschein auch in den Einflußbereich der Versicherungsnehmerin gelangt und ihr damit zugegangen. Auch insoweit kann auf die Ausführungen des Landgerichts in dem angefochtenen Urteil verwiesen werden.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Darüber hinaus wäre im übrigen der Vertrag selbst dann zustande gekommen, wenn der Ehemann ... mit dem Namen seiner Frau ohne deren Wissen und Willen unterschrieben hätte. Er hätte dann bewußt als Vertreter ohne Vertretungsmacht und sogar in der Absicht, den Vertretenen zu schädigen, gehandelt. Auch eine solche Erklärung bleibt jedoch genehmigungsfähig nach §177 BGB. Diese Genehmigungsmöglichkeit geht auf die Erben über. Sie haben durch die Klage und die Anspruchserhebung die Genehmigung erteilt.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Für eine Sittenwidrigkeit des Vertrages zwischen Frau ... und der Beklagten fehlt jeder Anhalt. Der Vertrag stellt inhaltlich einen normalen Lebensversicherungsvertrag dar.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Der Versicherungsvertrag ist auch nicht wirksam angefochten worden.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Soweit die Beklagte sich auf eine arglistige Täuschung durch ... ihre Versicherungsnehmerin, persönlich beruft, ist ihr Vortrag zumindest nicht bewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Die Versicherungsnehmerin hat über ihre wirtschaftliche Bonität nicht getäuscht. Sie hat nicht erklärt, persönlich die Versicherungsprämie zahlen zu wollen oder zu können. Dies folgt eindeutig aus dem Versicherungsantrag. Schon die Angabe "Hausfrau" als Berufstätigkeit sprach dafür, daß sie kein eigenes Einkommen hatte. Dies entsprach auch der Wirklichkeit. Daß weiterhin die Prämie von dem Konto des Ehemannes, der die Einzugsermächtigung unterschrieb, abgebucht werden sollte, ist ein weiterer deutlicher Hinweis darauf, daß nicht die Versicherungsnehmerin, sondern ihr Ehemann, ... die Prämien aufbringen sollte, wie es auch sonst bei Eheleuten häufiger ist. Daraus folgt, daß die Versicherungsnehmerin ihre eigene Bonität nicht vorgespiegelt hat. Eine ausdrückliche Erklärung wird insoweit von der Beklagten auch nicht behauptet. Aus den Umständen des Antrags folgt, daß es nicht auf die Bonität der Versicherungsnehmerin, sondern auf die ihres Ehemannes, des Zeugen ... ankam.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Daß die Versicherungsnehmerin persönlich die Beklagte über die Bonität ihres Ehemannes arglistig getäuscht habe, ist nicht vorgetragen. Dafür wäre erforderlich, daß sie eine etwaige Überschuldung oder Leistungsunfähigkeit ihres Mannes gekannt hätte. Das ist nicht behauptet und auch nicht von vornherein anzunehmen. Dafür gibt es auch in den übrigen Anlagen und den beigezogenen Strafakten keine Anhaltspunkte.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">c)</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Es kann auch nicht festgestellt werden, daß die Versicherungsnehmerin dadurch arglistig getäuscht hatte, daß sie ihren Verdacht, ihr Ehemann hege gegen sie Mordabsichten, der Beklagten nicht anzeigte. Obwohl der hinterlegte Brief, der nach ihrem Tod der Staatsanwaltschaft zugeleitet wurde, einen gewissen vagen Verdacht beweist, steht damit nicht fest, daß sich ihr Verdacht so weit verdichtet hätte, daß sie eine ernsthafte Bedrohung ihres Lebens befürchtete, die anzeigepflichtig sein könnte. Dagegen spricht ihr übriges Verhalten. Bei einem ernsthaften Verdacht einer unmittelbaren Bedrohung hätte sie wahrscheinlich Schutzmaßnahmen getroffen und vor allen Dingen keinen Lebensversicherungsvertrag zugunsten des Ehemannes unterschrieben, durch den sie sich dann offensichtlich zusätzlich gefährdet hätte. Deshalb ist nicht nachgewiesen, daß ein ernsthafter Verdacht bestand und daß sie einen solchen nicht anzeigte, um dadurch die Beklagte zu bewegen, den Vertrag mit ihr abzuschließen.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Im übrigen hat sich auch die Beklagte auf diesen Gesichtspunkt zur Begründung ihrer Anfechtungserklärung nicht rechtzeitig berufen (§124 BGB).</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte kann eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung auch nicht auf das Verhalten des ... stützen.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Nach Auffassung des Senats ist der Ehemann Dritter im Sinne des §123 II 1 BGB, so daß eine eventuelle arglistige Täuschung seinerseits der Beklagten kein Anfechtungsrecht gegenüber der Versicherungsnehmerin gab, da diese die Täuschung ihres Ehemannes über die schon bei Vertragsabschluß gehegten Mordabsichten und das dadurch erhöhte Versicherungsrisiko weder kannte noch kennen mußte.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Es mag zwar zutreffen, daß aus dem Kreis der Dritten entgegen einer früheren Ansicht nicht nur der Empfänger der anfechtbaren Willenserklärung und sein Vertreter auszuschließen sind. Nach inzwischen herrschender Meinung zumindest für den Bereich des allgemeinen Zivilrechts ist auch derjenige nicht (unbeteiligter) Dritter, der mit Willen des Erklärungsempfängers in die Verhandlungen eingeschaltet wird und an dem Zustandekommen des Vertrages nicht unmaßgeblich beteiligt ist (Palandt-Heinrichs, Anm. 2 f., Soergel-Hefermehl, Rdn. 32 ff., MK-Kramer, Anm. 19 - jeweils zu §123 und jeweils mit weiteren Nachweisen). Auch bei Übernahme dieser allgemeinen Grundsätze auf das Versicherungsvertragsrecht bliebe eine Anfechtung hier jedoch ausgeschlossen.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Der Ehemann ... hat nämlich nicht maßgebend an den Verhandlungen über den Vertragsschluß mitgewirkt. Nach Angaben des Zeugen ... der für die Beklagte als Versicherungsvertreter handelte, war es ... selbst, die anläßlich eines Besuches wegen einer Krankenversicherung den möglichen Abschluß eines Lebensversicherungsvertrages ansprach. Dabei wurde die Absicht, keine verbundene Lebensversicherung abzuschließen, von ihr geäußert. Daß bei diesem Gespräch auch ... anwesend war, besagt noch nichts dafür, daß er auf der Seite seiner Frau in die Verhandlungen eingeschaltet war. Allein die Anwesenheit eines Ehepartners macht ihn noch nicht zum Vertragsgehilfen. Es entspricht nur dem üblichen Bild, daß eine Ehegatte die wirtschaftlich bedeutsamen und längerfristigen Verträge in der Regel nach Rücksprache und im Einverständnis mit dem anderen Ehegatten abschließt. Es mag zwar sein, daß ... einem schon damals gefaßten Gesamtplan entsprechend intern das Interesse und die Bereitschaft der Versicherungsnehmerin geweckt hat, den Lebensversicherungsvertrag abzuschließen. Davon geht auch der Senat nach dem Inhalt der Strafakten trotz der entgegenstehenden Aussage des Ehemannes als Zeugen aus. Das liege aber im Vorfeld der Vertragsverhandlungen und des Vertragsabschlusses und stelle keine Mitwirkung an den Verhandlungen selbst dar. Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Umstand, daß nach den Aussagen der Zeugen der Ehemann den von dem Zeugen ... ausgefüllten Vertragsantrag der Versicherungsnehmerin, ... überbracht und ihn nach der Unterschrift dem Zeugen ... wieder zuleitet hat. Dies ist eher einer Botentätigkeit gleichzustellen, die zudem den zu diesem Zeitpunkt schon abgeschlossenen Verhandlungen über den Versicherungsantrag nachfolgte. Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht der Umstand, daß ... eine Einziehungsermächtigung auf sein Konto erteilte. Auch daraus ist nicht mehr als sein Einverständnis mit dem Vorgehen seiner Ehefrau und dem Vertragsabschluß zu sehen, zumal er, wie dargelegt, ohnehin die Prämien bezahlen sollte. Insgesamt ist daher der Ehemann nicht als Vertragsgehilfe hinzugezogen worden. Er bleibt damit Dritter im Sinne des §123 II 1 VVG.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Selbst wenn man aber ... nicht als Dritten ansehen sollte, rechtfertigt das die Anfechtung der Beklagten nicht.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">aa)</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Zwar läge dann auf Seiten des Ehemannes ... eine arglistige Täuschung vor. Er hatte nämlich bereits bei Vertragsabschluß die Absicht, ..., die Versicherungsnehmerin zu ermorden. Er hat das zwar als Zeuge verneint. Jedoch folgt das nach Überzeugung des Senates aus dem insoweit unstreitigen Inhalt der Strafakten. In den ersten Oktobertagen 1982 hatte ... nämlich zusätzliche Anträge gestellt, aufgrund deren das Leben seiner Ehefrau mit insgesamt 1.095.783,- DM versichert wurde, wobei sich bei Unfalltod die Summe auf 2.190.783,- DM erhöhte. Das geschah teilweise durch Umwandlung zunächst nur auf ihn lautenden Lebensversicherungen in solche auf verbundene Leben, teilweise durch Neuanträge. Unter Berücksichtigung der bereits für die Ehefrau bestehenden Lebensversicherungsverträge erhöhten sich deren Versicherungssummen durch diese Vertragsänderungen oder Neuabschlüsse auf 1.350.283,- DM bei Tod und auf 2.559.783,- DM bei Unfall. Noch im Oktober 1982 wurden dann zusätzliche Anträge bei der ... und bei der Beklagten gestellt, durch die sich die Versicherungssummen für ... auf 2.185.283 DM bei Tod und 4.229.783,- DM bei Unfall erhöhten. Diese den wirtschaftlichen Verhältnissen der Eheleute nicht entsprechende Höhe der Lebensversicherung wird nur erklärlich, wenn angenommen wird, daß der Ehemann zumindest bei Abschluß des Vertrages mit der Beklagten, der der letzte dieser Reihe der Lebensversicherungsverträge war, den Gedanken erwog, seine Ehefrau zu ermorden. Dafür sprechen vor allem die späteren Ereignisse, da unstreitig ist, daß er sie auch später getötet hat. Daß diese spätere Tat auf einem völlig neuen Entschluß beruhte, hält der Senat für ausgeschlossen. Selbst wenn aber zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses der Entschluß des Ehemannes noch nicht endgültig gewesen sein sollte, verursachte die zumindest weit fortgeschrittene Planung schon eine solche Erschwerung des versicherten Risikos, daß dies hätte offenbart werden müssen.</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">bb)</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Obwohl damit eine arglistige Täuschung durch eine Person, die nicht Dritte wäre, vorläge, würde dies im konkreten Fall nicht zur Anfechtung berechtigten. Die Anrechnung des Verhaltens des Vertragsgehilfen beruht nämlich auf dem Rechtsgedanken des §278 BGB (BGH NJW 62, 2195/6; Schubert AcP 168, 481), nach dem der Geschäftsherr seinen Vertragspartnern für das Verschulden seines Erfüllungsgehilfen einstehen muß. Diese (ausdehnende) Anwendung des §278 BGB erscheint nicht gerechtfertigt, wenn sich die Schädigungsabsicht des Gehilfen in erster Linie gerade gegen seinen Auftraggeber richtet und sogar zur Planung und Durchführung von dessen Ermordung führt. Hinter dieser Absicht tritt die als Folge gewollte Schädigung des Vertragspartners, der Beklagten, zurück. Daß in einem solchen Falle dem Geschäftsherrn das Verhalten des Erfüllungsgehilfen zugerechnet werden sollte, wäre nicht gerechtfertigt.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">cc)</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Zusätzlich scheitert die Anfechtung des Beklagten daran, daß die Anfechtungserklärung, die mit der Mordabsicht des Ehemannes ... begründet wird, nicht innerhalb der Jahresfrist des §124 BGB abgesehen worden ist. Auf die Mordabsicht des ... hat sich die Beklagte erstmals mit dem nach Abschluß der letzten mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsatz ihrer erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten vom 01.09.1986 berufen, obwohl sie von diesen Umständen spätestens seit April 1985 Kenntnis hatte, als ihren erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten ausweislich der Strafakten (Strafakte IX, Bl. 111) eine Ausfertigung des Urteils des Landgerichts Hagen übersandt wurde.</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Das Anfechtungsschreiben vom 26.10.1983 ist nicht fristwahrend. Darin stützt die Beklagte die Behauptung einer arglistigen Täuschung auf ein Fehlverhalten und eine arglistige Täuschung durch die Versicherungsnehmerin persönlich, während sie jetzt mit einer zwar nach ihrer Auffassung zurechenbaren, aber von der Versicherungsnehmerin nicht erkannten Täuschung durch ... argumentiert. Dieser Grund ist in dem ersten Schreiben weder ausdrücklich noch konkludent angesprochen. Deshalb reicht es als Anfechtungserklärung selbst nicht aus.</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Dabei braucht nicht entschieden zu werden, ob in der Anfechtungserklärung überhaupt Gründe angegeben werden müssen oder ob diese unabhängig von dem Lauf der Anfechtungsfristen nachgeschoben werden dürfen (zum Meinungsstand: Palandt-Heinrichs, Anm. 2 b; MK/Mayer-Maly, Rdn. 7-10, Soergel-Hefermehl, Anm. 2 - alle §143). In der Regel wird allerdings für den Anfechtungsgegner erkennbar sein müssen, auf welche tatsächlichen Gründe die Anfechtung gestützt wird. Zumindest dann, wenn die Anfechtung im einzelnen begründet wird, ist das Vorbringen neuer Tatsachen, die mit den ersten nicht im Zusammenhang stehen, als neue Anfechtungserklärung zu werten, deren Rechtzeitigkeit erneut zu prüfen ist. Das hat auch der BGH (NJW 66, 39) für den Fall anerkannt, daß die Anfechtung zunächst auf arglistige Täuschung und dann auf Inhaltsirrtum gestützt wird. Diese Fallgestaltung ist mit dem vorliegenden Fall vergleichbar. In beiden Fällen werden nämlich die tatsächlichen Grundlagen für das geltend gemachte Gestaltungsrecht ausgewechselt, die durch den allgemeinen Vorwurf der Arglist nicht hinreichend gekennzeichnet werden. Eine solche Klärung verlangt das schutzwürdige Interesse des Anfechtungsgegners. Nun mag ein Vertragspartner, der selbst arglistig täuscht, nur beschränkt schutzwürdig sein und in der Regel auch bei einer allgemein auf arglistige Täuschung gestützten Anfechtung wissen, aus welchen Umständen Anfechtungsrechte hergeleitet werden sollen. Es mag sein, daß es dann keiner näheren Konkretisierung bedarf.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Hier aber sind die minderjährigen Klägerinnen schutzwürdig, da weder sie noch ihre Rechtsvorgängerin selbst arglistig getäuscht haben täuschten. Außerdem lag hier auch die Annahme nicht fern, daß sich die Beklagte gegenüber den minderjährigen Kindern nicht darauf berufen wollte, ihr Vater habe von Anfang an beabsichtigt, ihre Mutter umzubringen. Ein solcher eventueller Verzicht lag auch deshalb nahe, weil aus dem Anfechtungsschreiben selbst durch den Hinweis auf §170 II VVG folgte, daß der Beklagten dieser Vorwurf aus den Ermittlungsakten durchaus bekannt war.</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Deshalb ist die Anfechtungserklärung gegenüber dem Vormund der Kinder auf die geltend gemachten Gründe beschränkt. Die nachgeschobenen Gründe sind verfristet.</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Aus diesen Gründen scheitert letztlich auch eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung, die sich darauf stützt, ... habe über seine Zahlungsfähigkeit getäuscht. Auch dies wird in der Anfechtungserklärung vom 26.10.1983 nicht angesprochen, in der ausdrücklich nur die wirtschaftliche Bonität der Versicherungsnehmerin erwähnt wird.</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Vor allem sind hier aber die Voraussetzungen einer arglistigen Täuschung unabhängig von der oben schon erörterten und verneinten Frage, ob sich ... und ihre Rechtsnachfolger das Verhalten des ... überhaupt zurechnen lassen müssen, nicht bewiesen. Dazu wäre erforderlich, daß ... bei Vertragsschluß voraussichtlich nicht in der Lage gewesen wäre, die Versicherungsprämien zu bezahlen, und daß er dies auch erkannt hätte. Der Zeuge ... hat dies verneint. Der Inhalt der Strafakte und die dortigen Feststellungen vermögen den Senat nicht vom Gegenteil zu überzeugen. Daraus folgt zwar, daß sich die Firma des ... in Schwierigkeiten befand. Daß diese aber nicht überwindbar waren und vor allem, daß ... dies erkannte, ist nicht festgestellt worden und kann heute nicht mehr werden. Daß ... die Klägerin ermordete, um die Versicherungssumme zu kassieren und um so seine Schulden abzudecken und darüber hinaus wirtschaftlich gesichert zu sein, besagt noch nichts gegen seine jetzige Darstellung, wirtschaftlich zur Zahlung der Prämien in der Lage gewesen zu sein.</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">c)</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Die Anfechtung der Beklagten ist auch nicht auf §123 II 2 BGB zu stützen. ... hat aus dem Versicherungsvertrag nicht unmittelbar mit dessen Abschluß ein Recht erworben. Da die Bezugsberechtigung des ... gemäß §13 Nr. 1 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen von der Versicherungsnehmerin ... jederzeit frei widerruflich war, erwarb ... zu Lebzeiten seiner Frau noch kein Recht, sondern hatte nur eine unsichere Chance auf einen, eventuellen künftigen Rechtserwerb (BGH NJW 82, 1808 m.w.N.).</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">Insgesamt ist damit der Versicherungsvertrag nicht wegen Anfechtung nichtig.</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks"><b>III.</b></p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist auch nicht wegen Anzeigepflichtverletzung nach §§6 AVB, 16 II, 20, 21 VVG leistungsfrei geworden.</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">Dabei können falsche Angaben zur Bonität der Versicherungsnehmerin oder ihres Ehemannes von vornherein außer Betracht bleiben, da diese Umstände jedenfalls auf den Eintritt des Versicherungsfalles keinen Einfluß hatten (§21 VVG) und deshalb nicht zur Leistungsfreiheit führen. Anzeigepflichtige Umstände könnten allein die Mordabsicht des Ehemannes und der Verdacht der Ehefrau gegen ihn sein.</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">Wegen dieses Verdachtes kann auf die vorangehenden Ausführungen verwiesen werden. Es steht nicht fest, daß der Verdacht über das Stadium einer vagen, letztlich nicht ernstgenommenen Befürchtung hinausging, die nicht angezeigt zu werden brauchte.</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">Die Mordabsicht des Ehemannes und dessen Plan waren der Versicherungsnehmerin nicht bekannt. Sie braucht sich auch nicht dessen Verhalten zurechnen zu lassen. Dies folgt aus §19 VVG, wonach nur die Kenntnis eines Vertreters ohne Vertretungsmacht (bei einem Vertreter mit Vollmacht folgt das gleiche aus §166 BGB) dem Versicherungsnehmer zuzurechnen ist. Entgegen der Auffassung von Prölss-Martin (§19 Anm. 1) sind die in Rechtsprechung und Lehre für §123 BGB entwickelten Grundsätze bei einer arglistigen Täuschung, die nach §22 auch für das Versicherungsvertragsrecht gelten, nicht auch auf §§16, 19 VVG zu übertragen, da hier einfaches Verschulden ausreicht. Dadurch würde nämlich entgegen diesen durch Versicherungsbedingungen nicht abänderbaren halbzwingenden Gesetzesvorschriften (§34 a VVG) der Kreis der Anzeigepflichtigen zu Lasten des Versicherungsnehmers ausgedehnt (zweifelnd auch Bruck-Möller, §16 Anm. 59; §19 Anm. 14).</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Deshalb sind diese Vorschriften schon im Ansatz nicht anwendbar, da ... weder als Vertreter noch als Vertreter ohne Vertretungsmacht aufgetreten ist. Darüber hinaus kann auch nicht festgestellt werden, daß er tatsächlich (weitgehend) in die Verhandlungen von Seiten der Versicherungsnehmerin einbezogen worden ist. Insoweit kann auf das Vorangegangene verwiesen werden.</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">Letztendlich fehlt es an einer rechtzeitigen Rücktrittserklärung der Beklagten innerhalb der Monatsfrist des §20 VVG. Das Anfechtungsschreiben vom 26.10.1983 erhält weder ausdrücklich noch stillschweigend eine Rücktrittserklärung.</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">Es kann auch nicht in eine solche umgedeutet werden (§140 BGB). Anfechtung und Rücktritt sind von ihren Voraussetzungen und ihren Folgen unterschiedlich. Schon das spricht gegen eine Umdeutung. Vor allem kann ohne besondere Anhaltspunkte nicht unterstellt werden, daß ein Versicherer, der eine Vertragsannahme wegen arglistiger Täuschung anficht, sich auch dann von dem Vertrag lösen will, wenn seinem Versicherungsnehmer anstelle der zunächst vermuteten Arglist eventuell nur einfache Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist.</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks"><b>IV.</b></p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">Aus dem Inhalt des Lebensversicherungsvertrages folgt keine Leistungsfreiheit der Beklagten.</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">Die Ermordung des Versicherungsnehmers und Versicherten durch den Bezugsberechtigten (Michael Augst) läßt nach §170 II VVG nur die Bezugsberechtigung entfallen. Der Anspruch selbst wird dadurch nicht berührt und fällt in den Nachlaß.</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">Der Umstand, daß auch ... Miterbe ist, führt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht zu einer entsprechenden Anwendung des §170 I VVG, der auf dem allgemeinen versicherungsrechtlichen Grundsatz fußt, daß ein Versicherungsnehmer den Versicherungsfall nicht ohne Anspruchsverlust vorsätzlich herbeiführen darf. Jemand, der nach Eintritt des Versicherungsfalles den Versicherungsnehmer beerbt, ist dem Versicherungsnehmer selbst nicht gleichzusetzen.</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">Daß der Ehemann trotz des Mordes an der Erblasserin Mitglied der Erbengemeinschaft ist, setzt das Erbrecht voraus. Es schließt den Mörder des Erblassers nicht von vornherein aus dem Kreis der möglichen Erben aus. Nur die Miterben oder die an seine Stelle tretenden Berechtigten können nach §§2339 I Nr. 1, 2341 BGB die Erbunwürdigkeit des Mörders geltend machen. Auf die Verpflichtung des Versicherers den Erben gegenüber kann dies keinen Einfluß haben.</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">Die Klägerinnen sind auch trotz §2039 BGB Inhaber des Anspruchs. Die Abtretung des ... ist nach Auffassung des Senats als Teilauseinandersetzung hinsichtlich des Anspruchs gegen die Beklagte zu werten, durch die die Klägerinnen alleinige Anspruchsinhaberin neu wurden. Zumindest haben sich die Miterben damit dahingehend geeinigt, daß damit die Klägerinnen zu der damals schon anhängigen Klage ermächtigt wurden.</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks"><b>V.</b></p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte kann dem Anspruch der Klägerin auch keine Gegenrechte entgegenhalten.</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat keinen Schadensersatzanspruch aus cic in Verbindung mit §278 BGB auf Freistellung von den vertraglichen Verpflichtungen aus dem Lebensversicherungsvertrag. Dies entfällt nach Auffassung des Senates aus mehreren Gründen.</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">Schon tatsächlich ist nicht festzustellen, daß ... maßgeblich an den Vertragsverhandlungen beteiligt war.</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">Außerdem kann die schon allgemein nicht unbedenkliche Ansicht, dem Getäuschten stehe auch nach Versäumung der Anfechtungsfrist noch ein Schadensersatzanspruch auf Befreiung von der anfechtbar übernommenen Verpflichtung zu (vgl. Palandt-Heinrichs, §123 Anm. 5 c) für das Versicherungsvertragsrecht jedenfalls nicht übernommen werden. Hier sind nämlich, soweit es die Nichtanzeige von anzeigepflichtigen Umständen betrifft, die allgemeinen Grundsätze des Verschuldens beim Vertragsschluß durch die §§16 ff. VVG besonders geregelt. Bei Versäumung der Anfechtungsfrist kann daher nur auf diese besondere gesetzliche Regelung zurückgegriffen werden, die nur unter den dort normierten und hier nicht gegebenen Voraussetzungen zur Leistungsfreiheit führt (Köbler VersR 69, 773/776; Prölls-Märtin, §§16, 17 Anm. 10, Bruck-Möller, §16 Anm. 55, §1 Anm. 90).</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">Ein Anspruch gegen ... und damit auch gegen die Klägerinnen (§1967 BGB) aus unerlaubter Handlung (§§823 II, 826 BGB) entfällt ebenfalls. ... traf persönlich kein Verschulden. Eine Anwendung des §831 BGB entfällt, da der Ehemann nicht ihr Verrichtungsgehilfe war. Er war nicht weisungsgebunden. Da der Versicherungsnehmerin damit nicht selbst eine unerlaubte Handlung anzulasten ist, entfällt auch eine Einrede der Beklagten nach §853 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">3.</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">Ob die Beklagte Schadensersatzansprüche gegen ... aus §§823 II, 826 BGB haben kann - vertragliche Ansprüche entfallen von vornherein -, braucht nicht näher geprüft zu werden. Mit diesen Ansprüchen kann nicht gegenüber dem Anspruch der Erbengemeinschaft, der hier geltend gemacht wird, aufgerechnet werden (§2040 II BGB). Auch die Möglichkeit, den Erbanteil des Ehemanns zu pfänden, dürfte wegen der zwischenzeitlichen Teilauseinandersetzung ins Leere gehen. Jedenfalls hat die Beklagte davon keinen Gebrauch gemacht.</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">Insgesamt ist damit die Beklagte zur Leistung verpflichtet.</p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">Die Zinsen rechtfertigen sich aus den Gründen des Verzuges.</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">C</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die Kosten und die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf §§97, 708 Ziff. 10, 711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">Der Wert der Beschwer beträgt 789.280,- DM.</p>
|
315,467 | olgk-1987-05-27-27-u-5486 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
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"jurisdiction": null,
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} | 27 U 54/86 | "1987-05-27T00:00:00" | "2019-03-13T14:56:32" | "2019-03-27T09:43:03" | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1987:0527.27U54.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlußberufung des Klägers wird das am 30. April 1986 verkündete Urteil des Landgerichts Köln - 20 0 325/84 - unter Zurückweisung der Rechtsmittel im übrigen, der Anschlußberufung in Höhe eines Teilbetrages von 1.300,-- DM als unzulässig, teilweise wie folgt abgeändert:</p>
<p>Unter Abweisung der Klage im übrigen wird die Beklagte verurteilt, an den</p>
<p>Kläger 5.810,24 DM nebst 4 % Zinsen von 3.804,50 DM seit dem 31. Juli 1984</p>
<p>und von 2.005,74 DM seit dem 5. Juli 1985 zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Die Beklagte wird weiter verurteilt,</p>
<p>a) dem Kläger zur Hälfte von allen noch bestehenden Verbindlichkeiten</p>
<p>gegenüber der Stadtsparkasse L. aus dem Darlehensvertrag vom 29. Dezember 1982 betreffend das Konto Nr. XXXXXXXX, </p>
<p></p>
<p>b) den Kläger von seiner noch bestehenden Verbindlichkeit gegenüber Herrn B. T., U. Weg 00, 0X0X M. bzw. dessen Rechtsnachfolger, bezogen auf dessen Inanspruchnahme als Bürge für die Verbindlichkeiten der Prozeßparteien gegenüber der I. AG, H. Y-YY, X0X0 L., zu 30,39 % freizustellen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten der ersten Instanz tragen der Kläger zu 16 % und die Beklagte zu 84 %.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Kläger zu 80 % und der Beklagten zu 20 % zur Last.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Die Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 40.000,-- DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet. </p>
<p></p>
<p>Der Beklagten wird gestattet, die Sicherheit durch selbstschuldnerische Bürg-schaft einer deutschen Großbank, Volksbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse zu stellen. </p>
<p></p>
<p>Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 6.000,-- DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.</p>
<p></p>
<p>Die Revision wird zugelassen.</p>
<p></p>
<p></p>
<p></p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>T a t b e s t a n d :</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien waren seit 1975 miteinander verheiratet. Sie<i> </i>haben sich am 3. Februar 1983 getrennt und sind am 21. Mai 1985 geschieden worden. Der Scheidungsantrag</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">war am 26. Juli 1984 rechtshängig geworden. Durch Vertrag vom 29. Dezember 1982 nahmen die Parteien bei der Stadtsparkasse L. ein Darlehen über 33.000,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">auf. Beide Parteien unterschrieben den Vertrag als Kreditnehmer. Der Darlehensbetrag wurde abgesichert durch Abtretung der Rechte aus einer noch abzuschliessenden Kapitallebensversicherung bei der Q.-N. über 44.000,-- DM. Die Parteien verpflichteten sich, ab 1. Februar 1983 monatlich 499,-- DM zur Tilgung des Darlehens und monatlich 301,-- DM als Versicherungsprämie zu zahlen. Die Lebensversicherung bei der Q.-N. schloß der Kläger alleine ab.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Seit dem Jahre 1978 arbeitete die Beklagte bei der I. (I-Bank) in L.. Der Kläger</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">war in der Zeit von 1979 bis Ende 1982 als selbständiger Transportunternehmer im Auftrage verschiedener Speditionen tätig. Die Einnahmen aus dieser Tätigkeit liefen zunächst auf ein auf den Namen des Klägers lautendes Konto bei der I.-Bank, später auf ein gemeinsames, auf den Namen der Eheleute lautendes Konto bei derselben Bank. Die Parteien nahmen bei der I.-Bank während ihres Zusammenlebens mehrere Darlehen auf. Zur Tilgung der Darlehen wurden von dem Gehaltskonto der Beklagten bei der I.-Bank in der Zeit von November 1979 bis April 1984 insgesamt 36.350,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">abgebucht. Von den Darlehen wurden ua. verschiedene Fahrzeuge angeschafft. Am 24. Februar 1982 schlossen die Parteien mit der I.-Bank einen neuen Kreditvertrag,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">in dem es zur Begründung des Kreditantrages heißt:</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">"Übernahme des Saldos auf dem laufenden Konto YYYYY, S. T., und Abdeckung des laufenden Kontos XYXYX, ehemals J. T., jetzt Eheleute J. und S. T.."</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Laut Kreditvertrat; betrugen die Verbindlichkeiten der Parteien damals 45.900,-- DM, wovon 18.000,-- DM auf das Konto YYYYY, 2.900,-- DM auf das Konto XYXYX</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">und 25.000,-- DM auf das Konto XYXYX entfielen. Zu dem Konto YYYYY ist vermerkt: "Unbegrenzte, unbefristete Bürgschaft von Frau J. T. vom 21.11.1980". Für das Konto XYXYX bestand als Sicherheit u.a. eine Bürgschaft des Vaters des Klägers in Höhe von 30.000,-- DM. Mit Schreiben vom 8. Februar 1983 kündigte die I.-Bank den Kredit und stellte die Gesamtsumme fällig. Sie nahm den Vater des Klägers als Bürgen auf Zahlung von 30.000,-- DM in Anspruch und verwertete weitere Sicherheiten. Den Restbetrag von 3.182,22 DM zahlte die Beklagte - wie in der Berufung unstreitig geworden ist – durch Verrechnung an die I.-Bank.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat behauptet, mit dem Darlehen bei der Stadtsparkasse L. sei ein früherer Kredit bei der Firma C. abgelöst worden. Seit dem 1. März 1983 trage er die Verbindlichkeiten der Parteien gegenüber der Stadtsparkasse und gegenüber seinem</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Vater, der die 30.000,-- DM zurückfordere, alleine ab; außerdem komme er allein für die Prämien an die Q. auf. Er hat Ausgleich der hälftigen Beträge für die Zeit vom 1. März 1983 bis zum 31. Mai 1985 begehrt sowie beantragt, die Beklagte zur .Zahlung der hälftigen in Zukunft monatlich aufzubringenden Raten an die Stadtsparkasse L., die Q. und seinen Vater zu verurteilen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat sich darauf berufen, sie habe der I.-Bank nur als Bürgin gehaftet. Das Darlehen bei der Stadtsparkasse L. habe dazu gedient, den Kredit bei der Firma C. abzulösen. Zu dem Vertragsabschluß</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">sei es nur gekommen, weil sie infolge des Verhaltens des Klägers ihr gegenüber Ende 1982 einen seelischen Zusammenbruch erlitten habe. Sie hat die Auffassung vertreten, die Voraussetzungen des § 138 Abs. 2 BGB seien gegeben; sie sei außerdem</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">geschäftsunfähig gewesen. Sie sei auch deshalb nicht zum Ausgleich verpflichtet, weil die Kredite immer nur im Interesse des Klägers aufgenommen worden seien.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Sie hat ferner hilfsweise die Aufrechnung mit den von ihrem Konto abgebuchten Beträgen in Höhe von 36.350,-- DM und mit einem Betrag von 1.742,07 DM erklärt. Sie hat hierzu behauptet, sie habe dem Kläger, als sie krank gewesen sei, diesen Betrag</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">gegeben, um davon Prämien bei ihrer Krankenversicherung einzuzahlen. Der Kläger habe ihren Auftrag aber nicht ausgeführt. Hilfsweise hat sie mit weiteren Gegenforderungen die Aufrechnung erklärt.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat vorgetragen, die von den Krediten angeschafften Gegenstände seien von der Beklagten mitbenutzt worden. Zwar seien von dem Gehaltskonto der Beklagten 36.350,-- DM zur Darlehenstilgung abgebucht worden. Doch seien auf das Konto auch seine Einnahmen geflossen, die monatlich mindestens 6.000,-- DM betragen</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">hätten.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Nach Vernehmung des Vaters des Klägers zu den behaupteten Zahlungen an diesen hat das Landgericht der Klage weitgehend stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung von 11.242,50 DM nebst Zinsen sowie zur hälftigen Zahlung der Raten an die Stadtsparkasse Köln und der Versicherungsprämien verurteilt. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, dem Kläger stünden ab der Trennung der Parteien Ausgleichsansprüche nach § 426 BGB zu. Daß die Kredite im Interesse des Klägers aufgenommen worden seien, sei unerheblich, weil davon Kraftfahrzeuge und sonstige Gegenstände angeschafft worden seien, die der gemeinsamen Existenzgründung der ehelichen Lebensgemeinschaft und der Benutzung durch die Eheleute</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">gedient hätten. Die Tilgungsleistungen der Beklagten seien nicht aufrechenbar, weil es sich um Beiträge zur ehelichen Lebensgemeinschaft gehandelt habe. Hinsichtlich der I.-Bank sei die Beklagte zusammen mit dem Kläger Gesamtschuldnerin, nicht nur Bürgin gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Von der Forderung des Klägers hat das Landgericht lediglich die Hälfte der nach der Trennung der Parteien erbrachten Tilgungsleistungen der Beklagten in Höhe von 1.300,-- DM in Abzug gebracht. Es hat die Ausgleichsforderung wie folgt berechnet:</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Zahlungen an die Stadtsparkasse 13.473,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">(10 x 1983, 12 x 1984, 5 x 1985 je 499,-- DM) </p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Zahlungen an die Q. Versicherung</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">(die selben Zeiträume aber je 301,-- DM) <u> 6.612,-- DM</u></p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">20.085,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Zahlungen an den Bürgen (1.5.1983</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">bis 31.5.1985) <u>5.000,-- DM</u></p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">25.085,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">hiervon ½ 12.542,50 DM</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">./.<i> </i>Anspruch der Beklagten <u> 1.300,-- DM</u></p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">11.242,50 DM.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Gegen das ihr am 1. Juli 1986 zugestellte Urteil, auf das im übrigen Bezug genommen wird, hat die Beklagte am 30. Juli 1986 Berufung eingelegt, die sie nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 15. November 1986 am 17. November 1986 (einem Montag) begründet hat.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Sie wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt vor, es sei unrichtig, daß das Darlehen bei der Stadtsparkasse zur Ablösung des Darlehens bei der Firma C. verwandt worden sei. Das Darlehen bei der Stadtsparkasse habe der Kläger ausschließlich zu eigenen Zwecken verwandt. Wegen ihrer Unterzeichnung hafte sie zwar gegenüber der Stadtsparkasse als Gesamtschuldnerin. Im Innenverhältnis stehe dem</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Kläger aber kein Ausgleichsanspruch zu. Das Darlehen sei auch erst ausgenommen worden, nachdem der Kläger sich von ihr endgültig losgesagt habe. Sie bestreitet zudem, daß der Kläger die behaupteten Zahlungen von monatlich 499,-- DM erbracht und daß er, der Kläger, die behaupteten Prämien an die Q.-Versicherungsanstalt gezahlt hat. Für die Prämien, so meint sie, hafte sie im übrigen im Innenverhältnis nicht. Ein Zusammenhang zwischen dem Kredit bei der Stadtsparkasse und der Lebensversicherung bestehe nicht, das ergebe sich daraus, daß die Lebensversicherung neun Monate nach dem Darlehensvertrag abgeschlossen worden sei. Eine</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Verurteilung zur Zahlung der aufgebrachten Versicherungsprämien käme nur Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche des Klägers aus der Lebensversicherung an sie in Betracht. Tatsächlich sei aber nur ein Freistellungsanspruch gegeben.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Die Umstellung der bei der I.-Bank aufgenommenen Kredite betreffe ebenfalls nur das Außenverhältnis der Parteien zu der Bank. Im Innenverhältnis hatte der Kläger allein, weil nur Kredite abgelöst worden seien, die der Kläger zu eigenen Zwecken aufgenommen habe und für die sie lediglich als Bürgin gehaftet habe. Auch der Kredit, der über ihr Konto gelaufen sei, habe ausschließlich den Kläger betroffen. Hiermit sei ein Kredit abgelöst worden, den der Kläger zur Anschaffung eines LKW's bei der</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">W.-Kreditbank GmbH aufgenommen habe. Daraus folge, daß ihr wegen ihrer Tilgungsleistungen in Höhe von 36.350,-- DM ein Ausgleichsanspruch gegen den Kläger zustehe.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Abgesehen von dem Betrag in Höhe von 1.742,07 DM, den der Kläger nicht an die D.-Krankenversicherung weitergeleitet habe, hafte der Kläger anteilig für die Wohnungsmiete. Sie habe das Mietverhältnis erst zum 30. Juni 1983 kündigen können. An Miete habe sie 4.714,30 DM gezahlt. An Rechtsverfolgungskosten für die Auflösung des Mietvertrages habe sie den Vermietern 250,-- DM, als Abfindung für Wohnungsmängel 80,-- DM und an zusätzlichen Nebenkosten für die Monate Mai und</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Juni 1983 40,-- DM zahlen müssen. Die Hälfte dieser Kosten müsse der Kläger tragen. Am 19. Juli 1983 habe sie dem Kläger 400,-- DM zur Verfügung gestellt, weil</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">er das Geld dringend zur Zahlung auf seine Darlehensverbindlichkeit bei der Stadtsparkasse L. gebraucht habe.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Sie beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen,</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">ihr nachzulassen, erforderliche Sicherheiten durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, Volksbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse zu stellen.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Er legt Anschlußberufung ein mit dem Antrag,</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, an ihn 17.148,50 DM nebst 4 % Zinsen von</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">12.892,-- DM seit dem 1. April 1984 sowie 4 % Zinsen von 4.256,50 DM ab</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">3. März 1987 zu zahlen;</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, ihn freizustellen von der Hälfte</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">a) aller Verbindlichkeiten gegenüber der Stadtsparkasse L., betreffend das Konto Nr. XXXXXXXX,</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">b) aller Verbindlichkeiten gegenüber Herrn B. T., U. 00, 0X0X M. bzw. dessen</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Nachfolger, bezogen auf dessen Inanspruchnahme als Bürge für die Verbindlichkeiten der Prozeßparteien gegenüber der I. AG, H. 5-11, X0X0 L..</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Er verteidigt das angefochtene Urteil, wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend vor, der Lebensversicherungsvertrag mit der Q. Lebensversicherungsanstalt sei aufgehoben und das Guthaben von 5.882,20 DM sei dem Darlehenskonto bei der Stadtsparkasse L. gutgeschrieben worden. Bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens habe er 4.214,-- DM und danach 3.722,-- DM an die Q. Versicherung gezahlt. Vom 1. Februar 1983 bis zum 15. Juli 1984 habe er an die Stadtsparkasse L. der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks"><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :</u></p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Berufung und Anschlußberufung sind zulässig, haben in der Sache aber nur teilweise Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">1.) Dem Kläger steht gegen die Beklagte wegen der von ihm an die Stadtsparkasse L. geleisteten Tilgungs- und Zinsraten ein Ausgleichsanspruch nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB in Höhe von 3.243,50 DM zu.</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">a) Die Parteien hafteten wegen des bei der Stadtsparkasse aufgenommenen Kredits als Gesamtschuldner. Das ergibt sich aus dem Kreditvertrag vom 29. Dezember 1982 (BI. 32 d.A.). Die Parteien sind beide als Kreditnehmer genannt und haben auch beide den Kreditvertrag unterschrieben.</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">b) Wegen der Einwendungen, die die Beklagte in erster Instanz gegen die Wirksamkeit ihrer Verpflichtung geltend gemacht hat, nimmt der Senat gemäß § 543 Abs. 1 ZPO zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug.</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">c) Die Parteien sind im<i> </i>Innenverhältnis zu gleichen Teilen verpflichtet, weil nichts anderes bestimmt ist. Eine solche andere Bestimmung käme hier nur in Betracht, wenn das Darlehen vereinbarungsgemäß allein zur Verfügung des Klägers gestanden hätte. Das ist aber nicht der Fall. Der Kredit diente dazu, einen Kredit bei der Firma C. abzulösen. Diese Behauptung des Klägers hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 7. Januar 1985 durch Bezugnahme auf ihren Vortrag im Schriftsatz vom 12. Oktober 1984 zugestanden. In diesem Schriftsatz (BI. 18 d.A.) führt sie aus, der Kredit habe insbesondere dazu gedient, um einen bereits erwähnten Kredit bei der Firma C. abzudecken. An das Geständnis ist sie gebunden, §§ 280, 290 Satz 1, 532 ZPO. Die Voraussetzung für einen Widerruf hat sie<i> </i>nicht näher vorgetragen. Bei<i> </i>dem bei der Firma C. aufgenommenen Kredit handelte es sich, wie die Beklagte in der Berufungsbegründung wiederholt, um ein Anschaffungsdarlehen, das die Parteien zu einem gemeinsamen Start, so u.a. zum Möbelkauf verwendet haben.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Eine andere Bestimmung folgt auch nicht daraus, daß sich der Kläger nach dem Vortrag der Beklagten Mitte 1982, also vor der Umschuldung, endgültig von ihr und der mit ihr bestehenden Ehe losgesagt hat. Mit der Aufnahme des Kredits bei der Stadtsparkasse L. in Höhe von 33.000,-- DM wurde lediglich das Darlehen bei der Firma C. in etwa derselben Höhe abgelöst, nicht aber ein weiteres Darlehen aufgenommen.</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Für das Darlehen bei der Firma C. haftete die Beklagte zu gleichen Teilen wie der Kläger, ohne daß dessen Einstellung zu seiner Ehe daran etwas hätte ändern können.</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">d) Der Kläger kann aber nicht die Hälfte aller von ihm gezahlten Raten verlangen, sondern nur die Hälfte der Raten, die er ab Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages, also ab 26. Juli 1984, geleistet hat. Für die Zeit bis zur Rechtshängigkeit stehen dem Ausgleichsanspruch nach § 426 Abs. 1 BGB die Vorschriften über den Zugewinnausgleich entgegen (vgl. BGH FamRZ 1983, 795, 797; Palandt, Kommentar zum BGB, 46. AufI., § 1372 Anm. 1 Beklagte) und b) ee) ), die eine Ausschließlichkeitsregelung enthalten. Der Hinweis des Klägers auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt (FamRZ 1985, 482) geht fehl,<b> </b>weil sich die Entscheidung mit dem Zugewinnausgleichsanspruch, nämlich den Aktiva eines Ehegatten und deren Verminderung um gesamtschuldnerische Verbindlichkeiten, nicht aber mit der Frage befaßt, ob wegen der bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages geleisteten Zahlungen ein Ausgleichsanspruch nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB besteht. Soweit in der Rechtsprechung teilweise eine andere Auffassung vertreten wird (vgl. das von dem Kläger zu den Akten überreichte Urteil des Amtsgerichts Augsburg vom 8.1.1987, BI. 338, 339 der Gerichtsakte) vermag der Senat der dort vertretenen</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Ansicht, der Ausgleichsanspruch nach § 426 Abs. 2 BGB bestehe im Grundsatz neben dem Zugewinnausgleichsanspruch nach den §§ 1372 ff BGB, so daß ein gesamtschuldnerisch haftender Ehegatte vom Zeitpunkt der endgültigen Trennung an (und nicht erst ab Zustellung des Scheidungsantrages) Ausgleichung geleisteter Zahlungen über § 426 Abs. 2 BGB verlangen könne, nicht zu teilen. Abgesehen</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">davon, daß die herangezogenen FundsteIlen weder Begründung noch Ergebnis dieser Auffassung zu stützen vermögen, steht ihr auch die Ausschließlichkeitsregelung</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">der Vorschriften über den Zugewinnausgleich entgegen. Ein Vorrang der güterrechtlichen Vorschriften gilt nur bei solchen Ansprüchen nach § 426 Abs. 2 BGB nicht, die Leistungen betreffen, die für die Zeit nach Rechtshängigkeit auszugleichen sind (vgl. BGH FamRZ 1983,795,797). Bei ausgleichspflichtigen Leistungen vor Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages führen die Vorschriften über den Zugewinn zu einem vollständigen und sachgerechten Ausgleich. Zu einer Anwendung der Vorschriften</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">über den Gesamtschuldnerausgleich besteht deshalb insoweit auch keine Notwendigkeit.</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">Soweit der Kläger daher Zahlungen an Gläubiger vor Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages geleistet hat, denen er zusammen mit der Beklagten als Gesamtschuldner haftete, muß er den Weg des Zugewinnausgleichsverfahrens beschreiten. Zuständig ist hierfür ausschließlich das Familiengericht. Der Kläger kann seinen Zahlungsantrag, soweit er gesamtschuldnerischen Ausgleich für die von ihm vor Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages geleisteten Zahlungen geltend macht, deshalb auch nicht in vorliegendem Verfahren "hilfsweise" auf die Vorschriften der §§ 1372 ff BGB stützen (vgl. BI. 306, 307 der Gerichtsakte).</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">e) Für die Zeit vom 26. Juli 1984 bis zum 31. Dezember 1985 sind durch Vorlage eines Jahreskontoauszuges der Stadtsparkasse L. vom 30. Dezember 1984 fünf Raten zu je 499,-- DM (bI. 112 d.A.) und durch den Jahreskontoauszug vom 31. Dezember 1985 acht Raten zu je 499,-- DM (BI. 314 d.A.) nachgewiesen. Die angebliche</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">weitere Zahlung von 499,-- DM im Jahre 1986 wird durch die Forderungsaufstellung vom 11. Februar 1987 nicht belegt. In der Aufstellung wird die Zahlung als storniert bezeichnet. Von der Gesamtforderung ist die Zahlung dementsprechend nicht in Abzug gebracht worden. Danach hat der Kläger Zahlungen an die Stadtsparkasse in Höhe von (13 x 499,-- DM) 6.487,-- DM nachgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">Ob der Kläger selbst die Mittel zur Zahlung aufgebracht hat, ist unerheblich. Wenn er keine eigenen Mittel zur Verfügung hatte, bleibt nur übrig, daß er sich das Geld geliehen hat oder daß es ihm geschenkt worden ist. Auch in diesem Fall hat er gegen die Beklagte einen Ausgleichsanspruch. </p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">Soweit das Darlehen noch nicht getilgt ist, kann der Kläger verlangen, daß die Beklagte ihn wegen aller Verbindlichkeiten gegenüber der Stadtsparkasse aus dem Darlehensvertrag vom 29. Dezember 1982 zur Hälfte freistellt (BGH NJW 1981, 1667, 1668).</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">2.) Dem Kläger steht gemäß § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB auch die Hälfte der ab 26. Juli 1984 gezahlten Versicherungsprämien in Höhe von 3.722,-- DM, das sind 1.861,-- DM zu. Nach dem Kreditvertrag haben die Parteien ihre Rechte und Ansprüche aus</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">der abzuschließenden Kapitallebensversicherung an die Stadtsparkasse abgetreten. Daraus und aus der gemeinschaftlichen Verpflichtung, ab 1. Februar1983 monatliche Versicherungsbeiträge von 301,-- DM zu leisten, folgt, daß beide als Gesamtschuldner gegenüber der Stadtsparkasse L. verpflichtet waren, eine Kapitallebensversicherung abzuschließen. Diese Verpflichtung hat der Kläger durch den Abschluß der Versicherung bei der Q. Versicherung erfüllt. Das ergibt sich aus dem Lebensversicherungsantrag vom 29. Dezember 1982, der Computerberechnung betreffend den V.Kredit und den Versicherungsscheinen vom 23. März und 28. November 1984 (Anlagen zur Berufungserwiderung). Die Beklagte ist im Innenverhältnis aus demselben Grund, der ihre Verpflichtung zur hälftigen Zahlung der Tilgungs- und Zinsraten begründet, gehalten, die Hälfte der Aufwendungen zur Erfüllung der Verpflichtung zu tragen.</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">Durch Vorlage einer Kontenübersicht vom 18. März 1987, deren Richtigkeit die Beklagte nicht bestritten hat, hat der Kläger für die Zeit ab Rechtshängigkeit Zahlungen in Höhe von insgesamt 3.722,-- DM nachgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">Da das Guthaben, wie der Kläger unbestritten vorgetragen hat, vereinbarungsgemäß an die Stadtsparkasse L. zur teilweisen Tilgung des Darlehens ausgezahlt worden ist, entfallen die im übrigen zu Unrecht geltend gemachten Bedenken der Beklagten</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">gegen ihre Verpflichtung zum hälftigen Ausgleich der Prämienzahlungen.</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">3.) Die Beklagte ist weiter nach § 426 Abs. 2 Satz 1 BGB in Verbindung mit § 774 BGB verpflichtet, an den Kläger einen Betrag von 2.005,74 DM zum Ausgleich für die von ihm an seinen Vater geleisteten Raten zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">Nach dem Darlehensvertrag vom 24. Februar 1982 waren die Parteien Gesamtschuldner des Darlehens der I.-Bank. Die Darlehensforderung ist in Höhe von</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">30.000,-- DM gemäß § 774 Abs. 1 Satz 1 BGB auf den Vater des Klägers übergegangen, weil er als Bürge in Anspruch genommen an die I.-Bank 30.000,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">gezahlt hat. Aufgrund der glaubhaften Aussage des Vaters des Klägers ist der Senat überzeugt, daß dieser seit dem 1. Mai 1983 die Darlehensforderung regelmäßig in monatlichen Raten von 200,-- DM abträgt und seit dem 26. Juli 1984 bis April 1987</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">insgesamt 33 Raten, also 6.600,-- DM, erbracht hat. Aus denselben Gründen wie zu dem Darlehen der Stadtsparkasse L. dargelegt steht dem Kläger ein Ausgleichsanspruch erst ab Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages zu.</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">Dieser Ausgleichsanspruch besteht aber nicht in Höhe der Hälfte der Raten, sondern nur in Höhe von 30,39 %, denn die Parteien haben etwas anderes als den Hälftigen Ausgleich vereinbart. Ausweislich der Schreiben der I.-Bank vom 21. November 1980, 12. März 1981, 3. August 1981 und 22. Oktober 1981 (Bl. 78 ff. d.A.) hat sich die Beklagte für die verschiedenen Darlehen des Klägers, die in die gesamtschuldnerische Darlehensverpflichtung vom 24. Februar 1982 eingeflossen sind, lediglich verbürgt. Die Verbürgung ist ein ausreichendes Indiz dafür, daß die Beklagte im Innenverhältnis nicht für die vom Kläger aufgenommenen Darlehen einstehen sollte. Wenn sie im Innenverhältnis die Hälfte der Schuld hätte tragen sollen, hätte es nahegelegen, sie als Mitverpflichtete in die Darlehensverträge aufzunehmen. Daß sie am 24. Februar 1982 auch insoweit als Mitschuldnerin in den Umschuldungsvertrag aufgenommen wurde, sagt über eine Mithaftung im Innenverhältnis nichts aus. Die Beklagte trägt unbestritten vor, die I.-Bank habe sie im Februar 1982 aus der Bürgschaft in</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">Anspruch genommen. Als Folge dieser Inanspruchnahme seien alle damals vorhandenen Kredite auf dem Konto XYXYX<i>, </i>für die sie ab diesem Zeitpunkt gesamt-schuldnerisch hafteten, zusammengefaßt worden. Danach ist zwar im Außenverhältnis eine Änderung der Haftung eingetreten. Ein Rückschluß auf eine Änderung der Haftung im Innenverhältnis kann daraus aber nicht gezogen werden.</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">Ausweislieh des Darlehensvertrages vom 24. Februar 1982 belief sich die schon vorhandene Gesamtbelastung auf 45.900,-- DM. Hiervon wurden 18.000,-- DM aus dem Konto YYYYY des Klägers, für das sich die Beklagte verbürgt hatte, in das neue Darlehen übernommen. Daß auch hinsichtlich der Differenz von 27.900,-- DM etwas anderes im Sinne des § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB bestimmt war, trägt die Beklagte substantiiert nicht vor und ist auch sonst nicht ersichtlich. Die<i> </i>Tatsache, daß die Darlehen über das Konto der Beklagten liefen und die Tilgungsraten von ihrem Konto abgebucht wurden, spricht vielmehr gegen eine andere Bestimmung im Sinne des § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB. Soweit auch von diesem Darlehen Kraftfahrzeuge und Einrichtungsgegenstände angeschafft worden sein sollten - inwieweit das der Fall war, läßt sich dem Vortrag der Beklagten nicht entnehmen -, muß sie sich entgegenhalten lassen, daß daraus noch nicht auf eine anderweitige Bestimmung geschlossen werden kann und daß sie diese Gegenstände während des Zusammenlebens der Parteien mitbenutzt hat.</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat sich deshalb entsprechend dem Verhältnis der Differenz von 27.900,-- DM zu der Gesamtbelastung von 45.900,-- DM an der Tilgung der Schuld gegenüber dem Vater des Klägers zur Hälfte zu beteiligen, also mit 60,78 % : 2 =</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">30,39 %, das sind monatlich 60,78 DM oder insgesamt 2.005,74 DM.</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">Soweit die Forderung des Zeugen T. noch nicht getilgt ist, hat der Kläger einen Freistellungsanspruch gegen die Beklagte entsprechend ihrem Beteiligungsverhältnis.</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">Die Ausgleichsansprüche des Klägers belaufen sich danach auf insgesamt 7.110,24 DM.</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">Die Hilfsaufrechnung der Beklagten führt. nur in Höhe von 1.300,-- DM zum Erlöschen der Ausgleichsansprüche.</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">Die Aufrechnung ist nicht deshalb unzulässig, weil die Beklagte nicht erklärt hat, gegen welche Forderungen des Klägers in welcher Reihenfolge sie aufrechnen will. Trifft der Schuldner keine Bestimmung- dann gilt die Rechtsfolge des § 366 Abs. 2 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">1.) Eine Forderung von 36.350,-- DM steht der Beklagten wegen ihrer in der Zeit von 1979 bis 1983 an die I.-Bank geleisteten Zahlungen gegen den Kläger nicht zu. Wenn die Ehepartner - wie hier - nicht etwas besonderes vereinbart haben, werden</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">persönliche und wirtschaftliche Leistungen jedenfalls während des Bestehens der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht mit der Folge gegeneinander aufgerechnet, daß der Aktivsaldo zugunsten eines der Ehepartner auszuzahlen wäre. Beiträge werden</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">entsprechend den Bedürfnissen geleistet und, wenn nicht von beiden, dann von demjenigen erbracht, der dazu in der Lage ist. Ein Ausgleichsanspruch wegen finanzieller Mehrleistungen des einen Teils kommt danach nicht in Betracht. Hier besteht allerdings die Besonderheit, daß die Beklagte den überwiegenden Teil ihrer Zahlungen an die I.-Bank zu einer Zeit geleistet hat, zu der sie nicht Gesamtschuldnerin,</p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">sondern Bürgin war. Für diesen Fall gilt aber nichts anderes. Denn die Parteien haben nach dem nicht bestrittenen Vortrag des Klägers von den auf seinem Konto eingehenden Geldern ebenfalls gelebt und diese für ihre täglichen Bedürfnisse verbraucht.</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">Jedenfalls scheiterte eine Aufrechnung eines etwa bestehenden Anspruchs an der Ausschließlichkeitsregelung des Zugewinnausgleichs. Da es sich um einen bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens entstandenen Anspruchs handeln würde, müßte die Beklagte ihn im Zugewinnausgleichsverfahren geltend machen.</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat der Beklagten wegen ihrer Zahlungen an die I.-Bank im März/April 1983 einen Ausgleichsanspruch in Höhe von 1.300,-- DM zuerkannt und hat die Aufrechnung gegenüber der Klageforderung durchgreifen lassen. Insoweit hat der Kläger das Urteil mit der Anschlußberufung, der er lediglich seine eigenen Zahlungen zugrunde legt, angefochten. Die Anschlußberufung ist aber insoweit unzulässig, weil er sie nicht begründet hat.</p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">2.) Die Aufrechnung mit der Forderung über 1.742,07 DM ist aus denselben Gründen ausgeschlossen. Die Forderung ist, da sie vor Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages entstanden ist, im Zugewinnausgleichsverfahren geltend zu machen. Dasselbe gilt für die Aufrechnung mit den Forderungen über 1.717,65 DM (das ist die Hälfte des Restsaldos bei der I.-Bank von 3.435,30 DM), Uber 2.542,15 DM, (das ist die</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks">Hälfte der Mietzahlungen von 4.714,30 DM, der Rechtsverfolgungskosten von 250,-- DM, der an die Vermieter gezahlten .Abfindung für Mängel in der Wohnung von</p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks">80,-- DM und der zusätzlichen Nebenkosten von 40,-- DM) und über 400,-- DM, die die Beklagte dem Kläger zur Verfügung gestellt haben will. Diese sämtlichen Forderungen sind vor Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages entstanden.</p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks">III.</p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">1. Die Zinsentscheidung folgt aus §§ 288 Abs. 1, 291 BGB. Hinsichtlich des behaupteten Verzugs wird auf die Gründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks">2. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92, 97 Abs. 2, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Hinsichtlich der Freistellungsansprüche sind dem Kläger die Kosten des Berufungsverfahrens anteilig aufzuerlegen, weil er aufgrund seiner erst mit der Anschlußberufung gestellten Anträge obsiegt und er imstande war, bereits in erster Instanz diese Anträge zu stellen.</p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">3. Der Senat hat mit Rücksicht auf die - soweit zu ersehen - bisher höchstrichterlich nicht abschließend gekIärte Frage, ob Ausgleichsansprüche nach § 426 BGB auch für die Zeit vor Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags geltend gemacht werden können, oder ob insoweit die güterrechtlichen Bestimmungen eine abschließende</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks">Regelung enthalten (vgl. Abschnitt I 1.) </p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">d.) die Revision zugelassen.</p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks">Streitwert für das Berufungsverfahren:</p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks">1.) Zahlungsantrag 17.148,50 DM</p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks">2.) Verurteilung zur Zahlung von 37.200,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks">gemäß dem angefochtenen Urteil</p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks">Übertrag: 54.348,50 DM</p>
<span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks">3.) Hilfsaufrechnung mit der</p>
<span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks">Forderung über 36.350,-- DM;</p>
<span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks">da nur 5.810,24 DM zuerkannt: <u> 5.810,24 DM</u></p>
<span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:283px">60.158,74 DM.</p>
<span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks">Im übrigen ist über die Gegenforderungen keine der Rechtskraft fähige Entscheidung ergangen.</p>
<span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks">Wert der Beschwer für beide Parteien unter 40.000,-- DM.</p>
|
315,468 | ag-kleve-1987-05-25-2-c-11087 | {
"id": 685,
"name": "Amtsgericht Kleve",
"slug": "ag-kleve",
"city": 445,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 2 C 110/87 | "1987-05-25T00:00:00" | "2019-03-13T14:56:33" | "2019-03-27T09:43:03" | Urteil | ECLI:DE:AGKLE1:1987:0525.2C110.87.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.551,68 DM zu zahlen nebst 4 % Zinsen seit dem 03.04.1987. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>2. Die Klägerin trägt 15/100, die Beklagte trägt 85/100 der Kosten des Rechtsstreits.</p>
<p></p>
<p>3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung der Klägerin in Höhe von 1.900,-- DM vorläufig vollstreckbar.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Tatbestand:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin und ihr am 29.01.1986 verstorbener Ehemann
schlossen am 26.03.1970 mit der Beklagten und ihrem zwischenzeitlich
verstorbenen Ehemann einen notariellen Vertrag, in dem es u.a. in
Ziffer III. heißt:</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Sie - die Eheleute - verpflichten sich, die Übergeber
- die Eheleute - auf ihre Kosten standesgemäß beerdigen
zu lassen, soweit die Sterbegelder hierzu nicht ausreichen und die
Grabstätten der Genannten stets in würdigem Zustand zu halten
und zwar mindestens 20 Jahre.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Parteien streiten im wesentlichen darüber, ob die Beklagte bereits
nach dem Tode des Ehemanns der Klägerin verpflichtet ist, die gesamten Kosten
eines Doppelgrabes und eines entsprechenden Grabmals zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:28px">die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.805,19 DM zu
zahlen nebst 4 % Zinsen seit Zustellung der Klage.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Ergänzend wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist im wesentlichen begründet.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Erstattung
der vollen Kosten, die ihr aus Anlass des Todes ihres Ehemannes entstanden sind, </p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">soweit sie nicht durch Sterbegelder abgedeckt worden sind. Diese Kosten belaufen
sich unstreitig auf 1.551,68 DM. Die Verpflichtung folgt unmittelbar aus dem zwischen
den Parteien abgeschlossenen notariellen Vertrag. Danach ist die Beklagte verpflichtet,
auf ihre Kosten die Klägerin und ihren verstorbenen Ehemann <u>standesgemäß</u>
beerdigen zu lassen. Aus diesem Grunde ist die Beklagte nach dem Tode des Ehemannes der
Klägerin nicht nur verpflichtet, die auf ein Einzelgrab und ein entsprechend
kleineres Grabmal bezogenen Kosten zu tragen oder aber die Hälfte der der
Klägerin für den Einkauf des Doppelgrabes und des entsprechenden Grabmals entstandenen Kosten.
Sie ist vielmehr bereits jetzt verpflichtet, die gesamten Beerdigungskosten, soweit sie nicht durch
Sterbegelder abgedeckt waren, der Klägerin zu ersetzen. Als Kosten einer standesgemäßen
Beerdigung sind die Belastungen anzusehen, die eine Bestattung verursacht, wie sie in den Kreisen des
Verstorbenen üblich und Brauch ist und seinen Verhältnissen entspricht. Am Niederrhein ist es
üblich, in den Kreisen, zu denen die Klägerin und ihr verstorbener Ehemann gehörte, dass
zumindest die Eheleute in einem gemeinsamen Grab beigesetzt werden. Dies hat zur Folge, das bereits beim
Tod des Erstversterbenden zumindest en Doppelgrab und ein entsprechendes Grabmal erworben werden.
Würde man der Auffassung der Beklagten folgen, so könnte eine standesgemäße Beerdigung
jedenfalls dann nicht durchgeführt werden, wenn der Letztversterbende wirtschaftlich nicht in der Lage
wäre, beim Tode des Erstversterbenden die Hälfte der Bestattungskosten zu tragen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Zu Recht weist die Klägerin auch darauf hin, dass die Art und Weise der Beerdigung von ihr bestimmt
werden konnte. Der finanzielle Rahmen war durch den notariellen Vertrag dadurch abgesteckt, als darin eine
standesgemäße Beerdigung vereinbart worden war.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Im übrigen ist die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der der Firma I entstandene Verzugsschaden ist von der Beklagten nicht zu erstatten. Zwischen der
Beklagten und der Firma I bestanden keine </p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">vertraglichen Beziehungen. Wenn die Klägerin die Firma I beauftragte, so oblag es ihr zunächst,
die Kosten des Grabmals dort zu erledigen. Zumindest hätte sie von Anfang an gegenüber der Beklagten
in eigenem Namen die Kosten des Grabmals geltend machen müssen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92, 709 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Streitwert: 1.805,19 DM.</p>
|
315,469 | ag-erkelenz-1987-05-20-6-c-4587 | {
"id": 655,
"name": "Amtsgericht Erkelenz",
"slug": "ag-erkelenz",
"city": 415,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 6 C 45/87 | "1987-05-20T00:00:00" | "2019-03-13T14:56:34" | "2019-03-27T09:43:02" | Urteil | ECLI:DE:AGERK:1987:0520.6C45.87.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Klage wird abgewiesen. </p>
<p>Auf die Widerklage werden die Kläger als Gesamtschuldner verurteilt. an die Beklagten 1.700.-- DM nebst 4 % Zinsen von 850.-- DM seit dem 6. 3. 1986 sowie von weiteren 850.-- DM seit dem 4. 4. 1986 zu zahlen. </p>
<p>Hinsichtlich des weiter geltend gemachten Zinsanspruches wird die Widerklage abgewiesen. </p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger </p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.700,-- DM. </p>
<p>Die Sicherheitsleistung kann durch Bank- oder Sparkassenbürgschaft erbracht werden. </p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Tatbestand </p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten waren Eigentümer des Hauses ..., das die Kläger durch Mietvertrag vom 19. 09. 1985 ab dem 1. Oktober 1985 mieteten.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten, die das Haus seit 1975 bewohnt hatten. hatten im Laufe der Jahre mehrere Räume mit Holz verkleidet, das sie zuvor mit einem Holzschutzmittel versehen hatten. </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Kläger haben durch Herrn ... im November 1985 Hausstaub untersuchen lassen; dabei stellte Dr. XX ausweislich seines Befundberichtes vom 18. 11.1985 in diesem Hausstaub einen Pentachlorphenol ( pcp )- Gehalt von 7,8 mg pro kg und einen Lindangehalt von 1,3 mg pro kg fest. </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Unter Berufung auf diese Untersuchungsergebnisse sprachen die Kläger unter dem 20.01.1986 die fristlose Kündigung aus und kündigten ihren umgehenden Auszug an. Am 20. 02. 1986 zogen sie aus.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Klager behaupten, </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">der von ... untersuchte Hausstaub stamme aus dem Haus XXX; die Beklagten hätten pcp-und lindanhaltige Holzschutzmittel verwendet. Dies und die Belastung des Hausinneren mit diesen Stoffen seien ihnen auch bekannt gewesen, da sie selbst in der Vergangenheit ihre Erkrankungen und Beschwerden darauf zurückgeführt hätten. Schließlich behaupten sie, der beklagte Ehemann habe bei dem Anmietungsgespräch erklärt, sie hätten seinerzeit ein Mittel verstrichen, das den blauen Umweltschutzengel getragen habe. </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Kläger machen mit der vorliegenden Klage die Kosten der Begutachtung durch ..., die Kosten ihres Umzuges am 20. 02. 1986 sowie das Maklerhonorar für den Nachweis des Hauses ... geltend.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Sie beantragen, </p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:57px">die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 4.887.75 DM nebst 4 % Zinsen seit 19.06.1986 zu zahlen. </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten beantragen, </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:57px">die Klage abzuweisen </p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Im Wege der Widerklage beantragen die Beklagten. </p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:57px">die Kläger zu verurteilen, als Gesamtschuldner an sie 1.700.-- DM<b> </b>nebst 8 % Zinsen von 850.-- DM seit dem 6. 3. 1986 sowie von weiteren 850,-- DM seit dem 4. 4. 1986</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:57px">1986 zu zahlen. </p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Beklagten bestreiten. gesundheitsgefährdende Holzschutzmittel verwendet zu haben, jedenfalls aber, dies gewußt zu haben. Außerdem sei eine erhebliche Gesundheitsgefährdung der Kläger nicht gegeben gewesen. Der von den Klägern geprüfte Hausstaub habe nicht aus dem vermieteten Haus gestammt. Sie selbst hätten in dem Haus volle 10 Jahre gewohnt, ohne jemals erkrankt zu sein. </p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Kläger beantragen, </p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:57px">die Widerklage abzuweisen </p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrages wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. </p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Klage ist unbegründet. die Widerklage bis auf einen geringen Teil des Zinsanspruchs begründet. </p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Den Klägern steht ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten weder gemäß § 538 BGB, noch aus positiver Vertragsverletzung wegen Schlechterfüllung des zwischen den Parteien am 19. 09. 1985 abgeschlossenen Mietvertrages zu. Es fehlt insoweit bereits </p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">an hinreichendem Sachvortrag der Kläger. Aus dem Klägervorbringen läßt sich nicht hinreichend das Vorliegen einer objektiven erheblichen Gesundheitsgefährdung entnehmen. </p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Zum einen ergibt sich dies nicht aus den von den Klägern überreichten Befundbericht des XXX, selbst wenn zugunsten der Kläger unterstellt wird, daß der dort untersuchte Hausstaub aus dem Haus stammt. </p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Wie die Beklagten zutreffend rügen, enthält der Befundbericht vom 18.11.1985, auf dessen Inhalt die Kläger sich ausdrücklich zum Zwecke des Beweises beziehen, keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, daß die von Dr.XXX ....festgestellten Meßwerte in dem ihm übergebenen Hausstaub überhaupt eine Gesundheitsgefährdung bedeuten. Der Befundbericht stellt eine "leichte Belastung" mit PCP fest. Irgendeine Stellungnahme dazu, daß diese Konzentration bereits Rückschlüsse auf eine Gesundheitsgefährdung zuläßt, ist in dem Befundbericht nicht enthalten. Soweit sich die Kläger zur Begründung ihrer Behauptung, es habe eine Gesundheitsgefährdung vorgelegen, auf die überreichten Entwürfe einer Verordnung über das Verbot mit PCP mit Begründung (Bl. 46 ff. der Akten) sowie Unterlagen aus dem Landtag von ... beziehen, sind diese Unterlagen nicht geeignet, ihren Sachvortrag schlüssig zu machen. Dabei ist insbesondere auf einen Vergleich zwischen den Konzentrationen von PCP abzustellen, der dem überreichten Entwurf einer Verordnung der Bundesregierung zugrunde liegt, und den nach dem Befundbericht des Dr. ... festgestellten Konzentrationen. In dem Entwurf der Bundesregierung sollen Stoffe verboten werde, die zu mehr als 0,5 % (das heißt 1/200) PCP enthalten, wogegen der Befundbericht des Dr. ... eine "leichte Belastung" mit 7,8 mg auf ein kg, also ein Verhältnis von ca. 1 : 128.000 teilen feststellt. bei diesem offensichtlichen Unverhältnis zwischen den beiden Werten kann nicht festgestellt werden, dass im Sinne des § 544 BGB eine erhebliche Gesundheitsgefährdung der Kläger vorgelegen hat, die sie zur Kündigung berechtigen und die Beklagten zum Schadensersatz verpflichten könnte.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Soweit die Kläger mit Schriftsatz vom 13. April vortragen, die behaupteten Stoffe seien auch in ihrem Blut gefunden worden, sind die Angaben unsubstantiiert. Weder legen sie den behaupteten Befundbericht vor, aus dem sich diese Feststellungen ergeben könnten, noch tragen sie die angeblich festgestellten Werte vor. Das Beweisangebot -Vernehmung des Dr. ...- stellt nach diesem unsubstantiierten Klägervortrag einen Ausforschungsbeweis dar.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Darüber hinaus fehlt es auch an hinreichendem Vortrag der Kläger zu einem Verschulden der Beklagten, was. wovon die Parteien übereinstimmend und zutreffend ausgehen, die Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch wäre. </p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Soweit die Kläger behaupten, die Beklagten hätten "eigene Erkrankungen und Beschwerden" auf eine Vergiftung mit den Holzschutzmitteln zurückgeführt, ist dieser Vortrag unsubstantiiert. Die Kläger tragen nicht vor, wann , wo, bei welcher Gelegenheit mit dem von ihnen benannten Zeugen über welche Erkrankung und welche Beschwerden gesprochen worden sein soll. Die Benennung des Zeugen XXX stellt danach, da es an hinreichendem Tatsachenvortrag der Kläger mangelt, einen unzulässigen Ausforschungsbeweis dar.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Im übrigen erscheint dem Geicht der Vortrag der Kläger auch insoweit lebensfremd, als die Kläger damit inzidenter behaupten, daß die Beklagten in positiver Kenntnis einer erheblichen Gesundheitsbeschädigung weiter in ihrem Haus verblieben sind, ohne auch nur zum Beispiel die Verkleidungen zu entfernen oder entsprechend nachzubehandeln, um eine weitere Gesundheitsgefährdung oder Beschädigung für die Zukunft zu vermeiden. Ein solches, den Beklagten unterstelltes Verhalten wäre. worauf diese zurecht hinweisen, nicht nachvollziehbar.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Auf die Widerklage können die Beklagten die Zahlung der Mietzinsen für die Monate März und April 1986 in Höhe von jeweils 850,-- DM gemäß § 535 Satz 28GB verlangen. </p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZP0. </p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Der Streitwert wird auf 6.587,75 DM (Klage 4.887,75 DM; Widerklage 1.700,-- DM} festgesetzt. </p>
|
315,470 | ag-essen-1987-05-20-11-c-1687 | {
"id": 657,
"name": "Amtsgericht Essen",
"slug": "ag-essen",
"city": 417,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 11 C 16/87 | "1987-05-20T00:00:00" | "2019-03-13T14:56:36" | "2019-03-27T09:43:02" | Urteil | ECLI:DE:AGE1:1987:0520.11C16.87.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 87,00 DM nebst 4 v. H. Zinsen seit dem 06.11.1986 zu zahlen, ein Schmerzensgeld in Höhe von 250,00 DM zu zahlen. </p>
<p>Im übrigen wird die Klage abgewiesen. </p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu ¾ und die Beklagten als Gesamtschuldner zu ¼. </p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. </p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Tatbestand:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die minderjährige Klägerin nimmt die Beklagten anlässlich des Unfallgeschehens vom 09.08.1986 in Anspruch.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Zu diesem Zeitpunkt befuhr die Beklagte zu 1) mit dem Fahrzeug der Beklagten zu 2), haftpflichtversichert bei der Beklagten zu 3), die I-Straße in Essen in Fahrtrichtung Westen. </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin stand mit ihrem Kinderfahrrad auf dem südlichen Gehweg der I-Straße ca. 5 m ostwärts der Einmündung I-Straße/L-Straße. </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Zeuge T hielt mit dem Linienbus auf der I-Straße in Fahrtrichtung Osten ca. 7 m ostwärts der Unfallstelle am rechten Fahrbahnrand an der dortigen Bushaltestelle. </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin überquerte die Fahrbahn, hierbei stieß sie sich nach den Ermittlungen der Verkehrsunfallanzeige, auf dem Fahrrad sitzend mit den Füßen ab, um den gegenüberliegenden Gehweg zu erreichen. </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte zu 1) erfasste mit der vorderen linken Fahrzeugseite die die Straße überquerende Klägerin. </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Ca. 200 bis 300 m von der Unfallstelle entfernt befindet sich auf der rechten Seite der I-Straße in Fahrtrichtung Westen aus der Sicht der Beklagten zu 1) das Verkehrszeichen 136 (Spielende Kinder). </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin verlangt den Ersatz des ihr entstandenen Schadens, den sie wie folgt beziffert:</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Zerstörtes Fahrrad pauschal 200,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Zerstörte Hose pauschal 40,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Zerstörte Jacke pauschal 60,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Zerstörte Schuhe pauschal <u>50,-- DM</u></p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">350,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Außerdem verlangt die Klägerin ein Schmerzensgeld</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">in Höhe von mindestens 1000,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">mit Rücksicht auf den erlittenen Oberarmbruch rechts, eine Schädelprellung, eine Gehirnerschütterung, eine Schädelplatzwunde und zahlreiche Schürfwunden im Gesicht.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin trägt vor, die Beklagte sei ihrer besonderen Sorgfaltspflicht nicht nachgekommen. Es müsse von einem Verschulden der Beklagten zu 1) auszugehen sein, da sie in Anbetracht des Schildes mit der Anwesenheit von Kindern habe rechnen müssen. Ein solches Schild schreibe zwar keine bestimmte Höchstgeschwindigkeit vor, doch müsse der Kraftfahrzeugführer so vorsichtig fahren, dass er kein Kind gefährde, das plötzlich auf die Fahrbahn trete.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:85px">1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 350,-- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 16.11.1986 zu zahlen, </p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:85px">2. ein in das Ermessen des Gerichtes gestelltes Schmerzensgeld zu zahlen, mindestens 1.000,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten beantragen, </p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen. </p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Sie weisen darauf hin, dass eine Verschuldenshaftung der Beklagten zu 1) entfalle, weil der Unfall nicht von der Beklagten zu 1) verschuldet worden sei. Die Klägerin sei direkt hinter dem haltenden Bus auf die 6,3 m breite Fahrbahn der I-Straße mit ihrem Fahrrad gefahren. Sie sei hierbei bis zur Fahrbahnmitte durch den mindestens 2,50 m breiten Linienbus verdeckt gewesen. </p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin sei mit ihrem Fahrrad gegen die linke Vorderseite des bereits voll abbremsenden Beklagten-Fahrzeugs gefahren. Dass die Beklagte zu 1) durch das sorglose und unachtsame Verhalten der Klägerin in diese Zwangssituation geraten sei, könne ihr, entgegen der Auffassung der Gegenseite, nicht zum Vorwurf gemacht werden. </p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Im übrigen mache das Schild 136 die I-Straße nicht auf voller Länge zur Spielstraße. Es handelt sich um eine Straße mit normalem Verkehr. Das Schild habe zum Unfallzeitpunkt keine besondere Schutzfunktion gehabt, da Schule und Kindergarten geschlossen gewesen seien, so dass der Punkt des "Hinzutretens weiterer konkreter Umstände" hier nicht vorgelegen habe. </p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Wegen Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. </p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die Akten 45 Js 1047/86 StA Essen lagen vor.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Es ist Beweis erhoben worden gem. Beweisbeschluss vom 05.05.1987 durch Vernehmung des Zeugen T. Auf das Sitzungsprotokoll wird Bezug genommen. </p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist in der aus dem Urteilstenor ersichtlichen Höhe begründet. </p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Das Unfallgeschehen beruht zum überwiegenden Teil auf dem leichtfertigen Verhalten der Klägerin, die unmittelbar hinter einem Bus auf ihrem Fahrrad sitzend und sich mit den Füßen abstoßend, die Straße überquert hat. </p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Von der damals neunjährigen Klägerin durfte man erwarten, dass sie beim überqueren der Fahrbahn größere Vorsicht walten lässt. Sie hat, wie sich aus der Aussage des Zeugen T ergibt, offensichtlich auf Verkehr überhaupt nicht geachtet, sondern ist ohne anzuhalten hinter dem Bus in den Straßenbereich hineingefahren. </p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Dennoch kann die Beklagte zu 1) nicht von einer geringfügigen Mitverschuldenshaftung freigesprochen werden in Anbetracht des Schildes "Spielende Kinder". </p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">In der Nähe der Unfallstelle befindet sich sowohl ein Schwimmbad als auch eine Schule. Unter diesen Umständen hätte die Beklagte mit ganz besonderer Vorsicht an dem relativ großen breiten Linienbus vorbeifahren müssen, denn gerade in Anbetracht der Tatsache, dass sich derartige Institutionen in unmittelbarer Nähe befinden, musste auch mit Fußgängern insbesondere Kindern, die unachtsam hinter dem haltenden Bus hervortreten, gerechnet werden. </p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hätte dementsprechend mit noch größerer Vorsicht fahren müssen, als sie es getan hat. Unter Berücksichtigung der beiderseitigen Mitverschuldensanteile an dem Unfallgeschehen überwiegt allerdings das Verschulden der Klägerin bei weitem. Die Verschuldenshaftung der Beklagten ist dementsprechend nur mit ¼ anzusetzen. Was die Höhe des geltend gemachten Schadens angeht, so ist das Gericht insoweit den Angaben der Klägerin gefolgt; dass das Fahrrad bei dem Unfallgeschehen zerstört worden ist, ebenso wie die Kleidungsstücke, liegt auf der Hand. Die angesetzten Werte sind bei den Kleidungsstücken nicht übersetzt. Sie berücksichtigen vielmehr einen Abtragungswert.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Auch der Wert eines Fahrrades ist heute wesentlich höher anzusetzen als 200,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Was das Schmerzensgeld angeht, so ist von dem von der Klägerin angegebenen Schmerzensgeldbetrag in Höhe von 1.000,-- DM auszugehen in Anbetracht der Tatsache, dass immerhin eine Schädelprellung und ein Oberarmbruch vorhanden waren sowie eine Gehirnerschütterung. ¼ davon ist der im Urteilstenor ausgeworfene Betrag. </p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 284, 286, 288 BGB, 92, 708 Nr. 11 ZPO.</p>
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315,471 | ovgnrw-1987-05-14-16-a-240484 | {
"id": 823,
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} | 16 A 2404/84 | "1987-05-14T00:00:00" | "2019-03-13T14:56:37" | "2019-03-27T09:43:02" | Urteil | ECLI:DE:OVGNRW:1987:0514.16A2404.84.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Das angefochtene Urteil wird teilweise geändert.</p>
<p>Die Klage wird insgesamt abgewiesen.</p>
<p>Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.</p>
<p>Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in derselben Höhe Sicherheit leistet.</p>
<p>Die Revision wird nicht zugelassen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Tatbestand:</span></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat nach dem bestandskräftigen Bescheid des Bundesverwaltungsamts vom 16. April 1982 während seiner Ausbildung verzinsliche Darlehen in Höhe von insgesamt 11.838,-- DM erhalten; der Rückzahlungsbeginn dieser Darlehen zuzüglich Zinsen ist auf den 31. Oktober 1982 festgelegt, und zwar zunächst - bis zum Jahre 2000 - in monatlichen Raten von 86,-- DM. Mit Schreiben vom 10. Februar 1983 beantragte der Kläger die Aussetzung seiner Rückzahlungsverpflichtung gemäß § 18 a BAföG. In der Folgezeit ergänzte er seinen Antrag durch die Angabe seiner Einkommensverhältnisse und die seiner Ansicht nach im Rahmen des § 18 a BAföG abzugsfähigen Beträge sowie die Mitteilung, daß seine Ehefrau seit dem 18. März 1983 nicht mehr berufstätig sei und sie seit dem 3. Mai 1983 ein Kind hätten. Ausweislich der Bescheinigungen vom 18. Mai 1983 der I.      Landesbank<sub>,</sub> bei der der Kläger und seine Ehefrau beschäftigt waren, betrug das "Normalgehalt" des nach dem Tarif für das private Bankgewerbe und die öffentlichen Banken besoldeten Klägers im Februar 1983:</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Gruppe 8/31</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">+ verm. Leistung ./. Lohnsteuer</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">./. Rentenversicherung</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">./. Arbeitslosenversicherung</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Nettogehalt</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">= DM 3.792,--</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">              = <span style="text-decoration:underline">DM               52, -‑</span>DM 3.844,--</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">= DM  119,80</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">              = DM              345,96</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">              = <span style="text-decoration:underline">DM              88,41</span></p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">DM 3.289,83</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Ferner enthielt die Bescheinigung die Angabe, daß der Kläger an freiwilligen Beiträgen für eine private Krankenversicherung 224,72 DM leiste.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Ehefrau hat im Februar 1983 folgende Vergütung erhalten:</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Gruppe 8/21                                   DM 3.699,--</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">+ verm. Leistung                   <span style="text-decoration:underline">DM      52,--</span></p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">DM 3.751,--</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">./. Lohnsteuer              DM              33,60</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">./. Rentenversicherung              DM              337,59</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">./. Arbeitslosenversicherung              <span style="text-decoration:underline">DM              86,27</span></p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Nettogehalt                      DM 3.293,54</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Auf den Vordrucken für die Einkommensermittlung nach §§ 18 a und 18 b BAföG hatte der Kläger für sich an abzuziehenden Beiträgen außer dem Lohnsteuerbetrag noch angegeben: 551,80 DM für eine Lebensversicherung und 2.844,-- DM für die Absetzung nach § 7 b EStG, die auf der Lohnsteuerkarte durch das Finanzamt im Jahre</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">1982 eingetragen worden sei. Bei seiner Ehefrau waren auf dem. Vordruck als abzuziehende Beträge neben der Lohnsteuer eine vom Finanzamt für das Jahr 1982 eingetragene Absetzung nach § 7 b EStG von 2.807,-- DM und eine als Unterhaltsleistung zu zahlende Leibrente in Höhe von 300,-- DM eingesetzt.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Mit Bescheid vom 8. Juni 1983 lehnte das Bundesverwaltungsamt den Antrag auf Freistellung von der Rückzahlungsverpflichtung ab, da <em>das</em> Nettogehalt des Klägers in Höhe von 3.289,83 DM den Betrag überschreite, der nach § 18 a BAföG eine Freistellung rechtfertige. Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, das Bundesverwaltungsamt habe zu Unrecht ein Nettoeinkommen von 3.289,83 DM zugrundegelegt. Denn allein unter Berücksichtigung. des Betrages von 2.633,-- DM für die Absetzung nach § 7 b EStG habe er ein Einkommen, das zur Freistellung nach § 18 a BAföG führe; zudem seien die angegebenen Beträge für die Lebens- und die Krankenversicherung sowie die Leibrente in Abzug zu bringen.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Mit Bescheid vom 27. Oktober 1983 wies das Bundesverwaltungsamt den Widerspruch als unbegründet zurück und führte dazu aus: Ein Abzug vom Einkommen für die Absetzung nach § 7 b EStG erfolge nicht, auch wenn § 21 Abs. 1 Satz <strong>4,</strong> 2. Halbsatz BAföG, der einen entsprechenden Abzug für den Auszubildenden und dessen Ehegatten im Rahmen des Verfahrens auf Bewilligung von Ausbildungsförderung ausdrücklich ausschließe, nicht anzuwenden sei. Der Darlehensnehmer habe sich nämlich in finanzieller Hinsicht so einzurichten, daß er seiner Rückzahlungsverpflichtung nachkommen könne, und dürfe deshalb nicht zu Lasten der Rückzahlungsverpflichtung weitere Verpflichtungen eingehen. Eine Berücksichtigung privater Verpflichtungen, soweit sie nicht durch § 18 a BAföG selbst anerkannt seien, könne nur im Wege einer Stundung gemäß § 59 Bundeshaushaltsordnung gegen angemessene Verzinsung erfolgen.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Mit seiner Klage hat der Kläger ergänzend geltend gemacht, er sei als Darlehensnehmer im Sinne des § 18 a BAföG gerade nicht Auszubildender im Sinne des § 21 Abs. 1 Satz 4, 2. Halbsatz BAföG mit der Folge, daß ihm der Abzug nach § 21 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 BAföG einzuräumen sei.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat sinngemäß beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">unter Aufhebung der Bescheide des Bundesverwaltungsamts vom 8. Juni 1983 und 27. Oktober 1983 ihn von der im Bescheid vom 16. April 1982 festgelegten Verpflichtung zur Darlehensrückzahlung entsprechend seinem Antrag vom 10. Februar 1983 freizustellen.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Zur Begründung hat sie ausgeführt: Der Gesetzgeber habe in § 21 BAföG die Möglichkeit des Abzugs für die Absetzung nach § 7 b EStG dem Wortlaut nach auf das elterliche Einkommen beschränkt, soweit es das Bewilligungsverfahren betreffe. Zur Wahrung der Chancengleichheit sollten Eltern, die in Erfüllung ihrer Unterhaltspflicht erhöhte Aufwendungen zur Schaffung einer auch der Unterbringung der Auszubildenden dienenden Familienheimstatt erhöhte Aufwendungen gemacht hätten, durch eine Ausweitung der Ausbildungsförderung begünstigt werden. Folgerichtig habe der Gesetzgeber eine entsprechende Vergünstigung für den Auszubildenden selbst nicht vorgesehen. Erst recht müsse aber dieser Ausschluß der Vergünstigung für den zur Rückzahlung eines Darlehens Verpflichteten gelten, auch wenn das Rückzahlungsverfahren vom Sozialstaatsgedanken gekennzeichnet sei, allerdings in erster Linie unter dem Gesichtspunkt des Schuldnerschutzes. Im übrigen sei es sinnwidrig, wenn der in gleicher Weise geltende Ausschluß des Abzuges der Abschreibung nach § 7 b EStG auf das Einkommen des Auszubildenden und seines Ehegatten. im Darlehensrückzahlungsverfahren aufgegeben werde. Somit sei in jedem Fall vom Einkommen der Ehefrau des Klägers kein Abzug für die Abschreibung nach § 7 b EStG vorzunehmen.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Das Verwaltungsgericht hat der Klage, soweit sie den Zeitraum vom 1. Februar 1983 bis 31. Januar 1984 betrifft, insoweit stattgegeben, als es die Beklagte verpflichtet hat, den Kläger bezüglich des geltend gemachten Anspruchs auf Freistellung von der Verpflichtung zur Rückzahlung des Darlehens gemäß § 18 a BAföG unter Beachtung seiner Rechtsauffassung neu zu bescheiden und hat zur Begründung ausgeführt:</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Entgegen dem Vorgehen des Bundesverwaltungsamts sei das Einkommen nach § 18 a BAföG nicht pauschaliert zu ermitteln, sei es durch Zugrundelegung des im Antragsmonat erzielten Einkommens für den in der Regel ein Jahr betragenden gesamten Freistellungszeitraum oder sei es durch die im Bewilligungsverfahren gemäß §§ 22 Abs. 2, 24 Abs. 4 BAföG vorgesehene Berechnungsweise. Vielmehr müsse das Einkommen für jeden Monat des Freistellungszeitraums bzw., soweit Rückzahlungsraten nach § 18 Abs. 4 BAföG zu entrichten seien, für ein Vierteljahr getrennt und im vorhinein aufgrund der vom Darlehensnehmer glaubhaft zu machenden Angaben ermittelt werden. Auf dieser Grundlage und unter Ansatz weiterer Einkünfte wie Urlaubs-, Weihnachts-<sub>,</sub> Kinder- und Mutterschaftsgeld und aus Vermietung und Verpachtung sowie unter Abzug der Werbungskosten, der notwendigen Aufwendungen zu den Sozialversicherungen und zur Krankenversicherung, des Arbeitnehmer- und Weihnachtsfreibetrages und vor allem des auch für den Darlehensnehmer grundsätzlich geltenden Betrages nach § 21 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 BAföG müsse das Bundesverwaltungsamt das Einkommen des Klägers ermitteln. Da nicht feststehe, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe der Kläger und dessen Ehefrau einen Abzug für die Absetzung nach § 7 b EStG geltend machen könnten und wie hoch im übrigen das Einkommen sei, sei die Sache nicht spruchreif und deshalb die Beklagte zwecks Vornahme der weiteren Sachverhaltsermittlung zur erneuten Bescheidung zu verurteilen.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Mit ihrer Berufung trägt die Beklagte vor: Das vom Verwaltungsgericht angenommene Verbot der pauschalierten Einkommensermittlung im Rahmen der Anwendung des § 18 a BAföG lasse sich dem Gesetz nicht entnehmen. Vielmehr entspreche es dem Willen des Gesetzgebers, den Verwaltungsaufwand möglichst zu begrenzen. Zudem führe eine für jeden Monat vorzunehmende Einkommensberechnung zu einer vom Gesetzgeber nicht beabsichtigten Bevorzugung derjenigen, die ein schwankendes Einkommen aufwiesen. Auch sei entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts ein Abzug für die Absetzung nach § 7 b EStG vom Einkommen des Darlehensnehmers nicht zulässig. Auch wenn dieses nach dem Gesetzeswortlaut nicht ausgeschlossen sei, folge aus der Begründung zur Einfügung des § 21 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 BAföG durch das Siebente Änderungsgesetz, daß diese Begünstigung aus sozialpolitischen Gründen nur den Eltern eines Auszubildenden zugute kommen solle. Eine Ausweitung dieser Vergünstigung auch auf den rückzahlungspflichtigen Darlehensnehmer führe auch zu der gesetzessystematischen Sinnwidrigkeit, daß der Abzug für die Absetzung nach § 7 b EStG sowohl vom Einkommen des Darlehensnehmers als auch vom Einkommen des Ehegatten des Darlehensnehmers zuzulassen sei.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt sinngemäß,</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">das angefochtene Urteil teilweise</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">zu ändern und die Klage insgesamt</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt unter Bezugnahme auf die Gründe des ange-fochtenen Urteils,</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der von der Beklagten überreichten Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Entscheidungsgründe:</span></p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Die Berufung, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwG©), ist begründet. Die Sache ist spruchreif, da der Kläger für den im vorliegenden Verfahren streitigen Zeitraum von Februar 1983 bis Januar 1984 keinen Anspruch auf Freistellung nach § 18 a BAföG hat.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Der Senat ist mit dem Verwaltungsgericht der Auffassung, daß bei der Verpflichtung zur Zahlung monatlicher Raten das nach § 18 a BAföG in der hier anzuwendenden Fassung des Siebenten Änderungsgesetzes vom 13. Juli 1981, BGBl I 625, maßgebliche Einkommen in dem konkreten Kalendermonat zu ermitteln ist. Angesichts des eindeutigen Gesetzeswortlauts und insbesondere der pauschalierenden Regelung in § 18 a Abs. 2 BAföG für den Darlehensnehmer, der gemäß § 18 Abs. 4 BAföG vierteljährlich Raten</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">zu leisten hat, ist für eine weitergehende Pauschalierung in entsprechender Anwendung der ausschließlich die Ermittlung der Einkommen des Auszubildenden, dessen Eltern und Ehegatten betreffenden §§ 22 Abs. 2, 24 Abs. 4 BAföG unabhängig von der Frage der Verwaltungspraktikabilität kein Raum (anders - Anwendbarkeit des § 24 Abs. 4 BAföG - Müller-Schöll in Rothe/Blanke, 3. Aufl., Rn. 6.1 zu § 21). Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts Bezug genommen. Dabei läßt der Senat allerdings offen, ob der (auf Seiten 14/15 des. angefochtenen Urteils wiedergegebenen) Gegenäußerung der Bundesregierung der gesetzgeberische Wille für eine monatlich anzustellende Einkommensermittlung zu entnehmen ist. Denn diese Äußerung ist möglicherweise nur im Lichte der Ablehnung der Absicht des Bundesrates zu sehen, die Wohltat der zeitweisen Freistellung von der Rückzahlungsverpflichtung nicht wirksam werden zu lassen und stattdessen nur die üblichen Stundungsbestimmungen anzuwenden. Jedenfalls ist ohne eine eigenständige Regelung, wie sie nunmehr durch Art. 1 Nr. 10 des Zehnten Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes vom 16. Juni 1986, BGBl I 897, in § 18 a (Absätze 2 bis 4) BAföG eingefügt worden ist, eine pauschalierende Berechnungsweise nicht möglich.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Im übrigen fehlt es für eine pauschalierende Ermittlung außerhalb des § 18 a Abs. 2 BAföG an jedem Anhaltspunkt dafür, für welchen Zeitraum die Freistellungsentscheidung ergehen soll. Denn während für das Bewilligungsverfahren in § 50 Abs. 3 BAföG der regelmäßige Bewilligungszeitraum auf ein Jahr festgelegt ist, an dessen Dauer sich auch die die Einkommensanrechnung regelnden Bestimmungen der §§ 22 Abs. 2 und 24 Abs. 4 BAföG anlehnen, gibt es keine entsprechende Bestimmung im Rahmen des § 18 a BAföG. Erst die Darlehensverordnung vom 2. Juni 1977, die lange Zeit nach Einfügung des früheren § 18 Abs. 4 BAföG, der dem § 18 a BAföG entsprach, in Kraft getreten ist, sah wie auch die nachfolgenden Fassungen der Verordnung in § 5 Abs. 3 als regelmäßigen Zeitraum der Gültigkeit der Freistellungsentscheidung zwölf Monate vor.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Die Einkommensgrenzen nach § 18 a BAföG betragen für den Kläger in den Monaten Februar und März 1983 960,-- DM (Abs. Satz 1) zuzüglich 430,-- DM für die Ehefrau (Abs. 1 Satz 2 Nr. 1), insgesamt also 1.390,-- DM, wenn man zugunsten des Klägers unterstellt, daß letzterer Betrag nicht nach § 18 a Abs. 1 Satz 3 BAföG ganz oder zumindest teilweise entfällt, weil die jedenfalls im ganzen Jahre 1983 erwerbstätige Ehefrau des Klägers Einkommen erzielt hat. Nach der Geburt des Kindes am 3. Mai 1983 erhöht sich dieser Betrag gemäß § 18 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchstabe a) um 330,-- DM auf 1.720,-- DM. Nach Inkrafttreten des Art. 2 Nr. 1 des Siebenten Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes zum 1. Oktober 1983 (vgl. Art. 7 Nr. 7) beträgt die Einkommensgrenze 1.770,-- DM, nämlich 990,-- DMnach Absatz 1 Satz 1, 440,-- DM nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 und 340,-- DM nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 Buchstabe a).</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Das grundsätzlich auch im Rahmen des § 18 a BAföG nach <em>§</em> 21 BAföG zu ermittelnde Einkommen des Klägers (vgl. Müller-Schöll, aaO, Rn. 2 und 4 zu § 21, sowie Goebel in Rothe/Blanke, Bundesausbildungsförderungsgesetz, 4. Aufl., Rdnr. 11 zu § 18 a; Ramsauer/Stallbaum, BAföG, Anm. 1 zu § 21 und Anm. 2 zu § 18 a) übersteigt diese Beträge im gesamten hier streitigen Zeitraum. Dabei geht der Senat davon aus, daß das Bruttoeinkommen des Klägers, das er für Februar 1983 angegeben hat und das ihm durch seinen Arbeitgeber bescheinigt worden ist, auch in den folgenden Monaten mindestens diese Höhe erreicht und sicherlich in den Monaten überstiegen hat, in denen der Kläger weitere Bezüge wie z.B. Weihnachtsgeld oder Urlaubsgeld bzw. 13. und 14. Gehalt bezogen hat. Denn der Kläger, der gemäß § 18 a Abs. 1 Satz 4 BAföG sein Einkommen bereits im Verwaltungsverfahren glaubhaft zu machen hat, hat keine Angaben dazu gemacht, daß sich dieses Einkommen verringert hatte. Im Gegenteil ergibt sich aus dem Steuerbescheid für das Jahr 1983, daß das Bruttoeinkommen des Klägers bei gleichmäßiger Verteilung auf dreizehn und selbst vierzehn Monate 4.000,-- DM erheblich überschritten hat. Somit ist, wenn man die vermögenswirksamen Leistungen außer acht läßt (vgl. dazu Seite 33 des angefochtenen Urteils), jedenfalls von einem Bruttoeinkommen von. 3.792,-- DM auszugehen.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Davon ist gemäß § 21 Abs. 1 Satz .3 Nr. 3 BAföG die Lohnsteuer in Höhe von 119,80 DM abzuziehen. Ferner sind gemäß Nr. 4 der vorgenannten Vorschrift die "für den Berechnungszeitraum", also in jedem Monat, zu leistenden Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung und zur Bundesanstalt für Arbeit sowie die geleisteten freiwilligen Aufwendungen zur Sozialversicherung und für eine private Kranken-, Unfall- und Lebensversicherung in angemessenem Umfang abzusetzen. Die vom Kläger insoweit angegebenen Beträge belaufen sich insgesamt auf 1.210,89 DM, nämlich 345,96 DM an die Rentenversicherung, 88,41 DM an die Arbeitslosenversicherung, 224,72 DM an die Krankenversicherung und 551,80 DM an die Lebensversiche- rung. Es kann offen bleiben, ob diese Beträge "einen angemessenen Umfang" im Sinne des § 21 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 BAföG haben. Denn die in § 21 Abs. 2 Satz 1 BAföG zur Abgeltung der Abzüge nach Abs. 1 <em>Nr.</em> 4 vorgesehene Pauschalierung mit den dort genannten Höchstbeträgen gilt auch im Rahmen der Einkommensermittlung nach § 18 a BAföG. Wenn dagegen geltend gemacht wird (vgl. Ramsauer/ Stallbaum, aa0), der im Sinne des § 18 Abs. 1 a BAföG zur Darlehensrückzahlung Verpflichtete sei nicht Auszubildender im Sinne des § 21 BAföG, so daß als Sozialpauschale nach § 21 Abs. 2 Satz 1 BAföG nicht der für "Auszubildende" festgelegte Prozentsatz maßgebend sei, wird übersehen, daß in § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BAföG neben dem Auszubildenden der rentenversicherungspflichtige Arbeitnehmer und in den Nrn. 2 bis 4 ein weiterer Personenkreis genannt ist. Allerdings ist es hier, wie auch in anderer Hinsicht (vgl. dazu z.B. die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Berücksichtigung des Arbeitnehmerfreibetrages), trotz der Berechnung des Einkommens<sup>-</sup>für jeden Monat erforderlich, den für den Kläger als rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmer sich nach § 21 Abs. 2 Satz l Nr. 1 BAföG ergebenden Betrag durch die Zahl 12 zu teilen, um einen monatlichen Absetzungsbetrag zu erhalten. Er beträgt vorliegend 18 % der Summe der positiven Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 und 2 EStG, also der Bruttoeinkünfte abzüglich der Werbungskosten nach §§ 8 bis 9 a EStG. Als Werbungskosten des Klägers werden im März 1983 438,33 DM angesetzt, nämlich 5.260,-- DM gemäß Steuerbescheid für das Jahr 1983 geteilt durch zwölf (Monate). 18 % von 3.353,67 DM (3.792 -- DM Bruttoeinkommen abzüglich 438,33 DM) sind 603,66 DM.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Danach ergibt sich bei Berücksichtigung des Kindergeldes und Abzug des Arbeitnehmerfreibetrages in Höhe von 40,-- DM gemäß</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">§ 19 Abs. 4 EStG 480,-- DM : 12) folgendes Einkommen im Sinne des § 18 a BAföG im Monat März 1983:</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">              3.792,-- DM              Bruttoeinkommen</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">              + 50,-- DM              Kindergeld</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">              52,-- DM              vermögenswirksame Leistungen</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">              40,-- DM              Arbeitnehmer-Freibetrag</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">-                        603,66 DM                Betrag nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BAföG</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">-              438,33 DM              Werbungskosten</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">-                        <span style="text-decoration:underline">119,80 DM              Lohnsteuer<sup>.</sup></span></p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks"><sup>.</sup>2.588,21 DM.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Das Einkommen des Klägers übersteigt somit die zuvor genannten Einkommensgrenzen nach § 18 a BAföG in einer solchen Höhe, daß selbst bei Berücksichtigung der Absetzung für Abnutzung nach § 7 b EStG, die, wie das Verwaltungsgericht (vgl. S. 32 des Urteilsabdrucks) zutreffend dargelegt hat, monatlich höchstens 833,33 DM beträgt, für den Monat März 1983 kein Freistellungsanspruch besteht. Das gilt auch für die übrigen Monate des Freistellungszeitraums, da, wie bereits ausgeführt, sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben und der Kläger keine Angaben dazu gemacht hat, daß die für die oben beschriebene Einkommensermittlung maßgeblichen Daten sich in einer zu einem Freistellungsanspruch führenden Weise geändert hatten. Im übrigen erfolgt aber entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts im Rahmen der Einkommensermittlung nach § 18 a BAföG auch kein Abzug für die Absetzung nach § 7 b EStG.</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">  Im Rahmen der Anwendung des § 18 a BAföG ist allerdings grundsätzlich vom Einkommensbegriff des § 21 BAföG auszugehen, auch wenn der IV. Abschnitt des Bundesausbildungsförderungsgesetzes, an dessen Anfang § 21 steht, in erster Linie das Verfahren bei der Bewilligung von Ausbildungsförderung betrifft. Letzteres wird bereits durch die Überschrift des IV. Abschnitts "Einkommensanrechnung" deutlich, womit nämlich die Anrechnung von Einkommen auf den gesetzlichen Bedarf gemeint ist. Schon daraus und aus der Tatsache, daß in § 21 BAföG in der hier maßgeblichen Fassung an keiner Stelle der Begriff des "Darlehensnehmers" genannt ist, "folgt, daß nicht unbesehen jede in § 21 BAföG getroffene Regelung auch im Rahmen des § 18 a BAföG Anwendung findet. Das Bundesausbildungsförderungsgesetz verwendet zwar zur Bezeichnung der Personen, die Ausbildungsförderung erhalten bzw. beantragen, meist die Begriffe "Antragsteller" und "Auszubildender" als Synonyma, wobei beide Begriffe auch in § 21 BAföG nebeneinander aufgeführt sind (vgl. einerseits Abs. 1 Satz 4, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 3 Satz 1 Nrn. 3 und 4, andererseits Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 3 Satz 2). Hingegen ist im Rahmen der Abwicklung der Darlehensrückzahlung in der Regel vom "Darlehensnehmer" die Rede (vgl. aber § 18 b Abs. 1, Abs. 1 a und Abs. 1 b in der jetzigen Fassung: "Auszubildender") und wird in der hier maßgeblichen Vorschrift des § 18 a BAföG - wie auch in der einen ähnlichen Regelungsgehalt enthaltenden Vorschrift des § 18 b Abs. 2 BAföG - ausschließlich der Begriff "Darlehensnehmer" verwandt. Insofern ist dem Verwaltungsgericht zuzustimmen, daß der Wortlaut des § 21 BAföG, der in Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 grundsätzlich den Abzug für<sup>-</sup>Absetzung nach § 7. b EStG vorsieht, die Annahme rechtfertigen könnte, daß diese Vergünstigung auch auf den Darlehensnehmer im Sinne des § 18 a BAföG Anwendung findet. Denn in § 21 Abs. 1 Satz 4 BAföG werden nur zwei adressatenbezogene Ausnahmen bezüglich des Ausschlusses des Abzuges gemacht, nämlich daß bei nicht geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Eltern der Abzug auf ein Objekt beschränkt ist (1. Halbsatz) und daß Auszubildende und deren Ehegatten überhaupt keinen Abzug geltend machen können (2. Halbsatz). Sowohl aus Sinn und Zweck als auch aus dem Gesamtzusammenhang der Regelung folgt aber das gegen- teilige Ergebnis.</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Zwar ist der Begründung zur Einfügung der einkommensabhängigen Freistellung von der Darlehensrückzahlungsverpflichtung durch</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">§ 18 Abs. 4 i.d.F. des Zweiten BAföG-Änderungsgesetzes, der dem späteren § 18 a Abs. 1 BAföG entspricht, zu entnehmen, daß eine Freistellung aus sozialen Gründen dann erfolgen soll, wenn das Einkommen des Darlehensnehmers die Summe übersteigt, "oberhalb derer die Eltern zu seiner Ausbildung beitragen" müssen (vgl. Bundestags-Drucksache 7/2098 vom 14. Mai 1974). Insofern gilt dem Grunde nach, daß sich das Einkommen der Eltern im Rahmen der Bewilligung von Ausbildungsförderung und das Einkommen des Darlehensnehmers im Rahmen der Freistellung nach § 18 a Abs. 1 BAföG nach den gleichen Grundsätzen beurteilen. Als aber durch das Siebente BAföG•Änderungsgesetz  die Regelungen über den Einkommensbegriff in § 21 wesentlich geändert wurden, indem ein Ausgleich mit Verlusten aus anderen Einkunftsarten und mit Verlusten des zusammenveranlagten Ehegatten nicht mehr zulässig war, wollte der Gesetzgeber aus sozialpolitischen Gründen eine einzige, dann in § 21 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 BAföG Gesetz gewordene Ausnahme machen und es insoweit beim alten Rechtszustand belassen. Dazu heißt es in der Begründung der Bundesregierung (BT-Drs. 9/410 vom 11. Mai 1981 S. 11 r. Sp.):</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">"Von dem Ausschluß des Verlustausgleichs soll aus sozialpolitischen Gründen die erhöhte Absetzung nach § 7 b EStG ausgenommen bleiben, soweit sie für eigengenutzte Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen geltend gemacht wird. Die durch die Ausbildungskosten ohnehin stark belasteten Eltern sollen nicht vor die Alternative: Ausbildungs- oder Wohnheimbauförderung gestellt werden, zumal gerade Familien mit Kindern auf die Förderung des Familienheimbaus angewiesen sind."</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Daraus folgt, daß allein die Eltern eines Auszubildenden die Vergünstigung des § 21 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 BAföG erhalten sollen, wobei abweichend von der steuerlichen Regelung des § 7 b EStG für nicht getrennt lebende und nicht geschiedene Eltern die Beschränkung der Absetzung für ein Objekt besteht. Dieser gesetzgeberische Wille hat dann, wenn auch wegen der fehlenden Nennung des "Darlehensnehmers" nur unvollkommen, seinen Niederschlag in</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">§ 21 Abs. 1 Satz 4 BAföG gefunden. Die fehlende Aufzahlung des Darlehensnehmers, die dadurch zu erklären sein dürfte, daß im gesamten § 21 BAföG der "Darlehensnehmer" nicht genannt ist, ist inzwischen durch Art. 1 Nr. 12 Buchstabe b) des Zehnten BAföG-Änderungsgesetzes korrigiert worden. In diesem Zusammenhang weist die Beklagte zu Recht darauf hin, daß sich bei Anwendbarkeit des § 21 Abs. 1 Satz 3. Nr. 2 BAföG auch auf den Darlehensnehmer nach § 18 a BAföG die sinnwidrige Folge ergäbe, daß diesem, nicht aber dem Auszubildenden, die Vergünstigung der Abzugsmöglichkeit negativer Einkünfte eingeräumt würde. Darüber hinaus würde auch nicht die Beschränkung der Abzugsmöglichkeit für ein Objekt eingreifen mit der Folge, daß unter Umständen auch der Ehegatte des Darlehensnehmers, dessen Einkommen im Hinblick auf die Regelung in § 18 a Abs. 1 Satz 3 BAföG von erheblicher Bedeutung sein kann, diese Abzugsmöglichkeit haben würde. Schließlich dürfte angesichts der Höhe der monatlichen Rückzahlungsraten (vgl. dazu § 18 Abs. 3 BAföG), die im Falle des Klägers einschließlich Zinsen 86,-- DM beträgt, der in der Gesetzesbegründung aufgezeigte Konflikt, nämlich einerseits Wohnheim-, andererseits Ausbildungsförderung, der bei monatlichen Anrechnungsbeträgen von 700,-- DM und mehr oft gegeben sein wird, sich nicht in der Weise stellen, daß ein Darlehensnehmer die Errichtung bzw. den Kauf einer selbst genutzten Eigentumswohnung bzw. eines selbst genutzten Einfamilienhauses allein im Hinblick auf seine Verpflichtung zur Rückzahlung der Darlehensraten nicht verwirklichen kann. Zudem hat das Bundesverwaltungsamt zutreffend auf die Möglichkeit einer Stundung verwiesen, deren<sup>.</sup>Rechtsgrundlage sich aus § 7 der Darlehensverordnung in Verbindung mit § 59 der Bundeshaushaltsordnung ergibt. Demgegenüber kommt dem Argument des Verwaltungsgerichts keine Bedeutung zu, die Verminderung des maßgebenden Einkommens aufgrund der Abzugsmöglichkeit der Absetzung nach § 7 b EStG führe im Rahmen der Anwendung des § 18 a BAföG nicht zum Bezug staatlicher Leistungen oder zum Erlaß von Zahlungsverpflichtungen<sub>,</sub> sondern nur zu einer Verschiebung des Rückzahlungszeitpunktes. Eine solche Verschiebung kann auch im Wege einer Stundung erfolgen, die dann allerdings regelmäßig nur gegen eine angemessene Verzinsung gewährt wird, wodurch übrigens auch der Leistungswert der zeitweiligen Freistellung deutlich wird.</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO iVm §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Der Senat läßt die Revision nicht zu, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.</p>
|
315,472 | lg-dortmund-1987-05-11-17-o-3986 | {
"id": 806,
"name": "Landgericht Dortmund",
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} | 17 O 39/86 | "1987-05-11T00:00:00" | "2019-03-13T14:56:39" | "2019-03-27T09:43:02" | Urteil | ECLI:DE:LGDO:1987:0511.17O39.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein</p>
<p>weiteres Schmerzensgeld von 10.000,— DM ( i.W. zehn -</p>
<p>tausend Deutsche Mark) nebst 4 % Zinsen seit dem 01.</p>
<p>Dezember 1985 sowie weitere 1.170,-- DM (i.W. eintau-</p>
<p>Sendeinhundertundsiebzig Deutsche Mark) nebst 4 % Zin-</p>
<p>sen seit dem 07. Januar 1987 zu zahlen.</p>
<p> </p>
<p>Ferner wird festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet</p>
<p>ist, der Klägerin auch den weiteren Schaden aus der zahn-</p>
<p>ärztlichen Behandlung zwischen dem 20. August 1984 und</p>
<p>dem 30. April 1985 zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht</p>
<p>auf öffentlich-rechtliche Leistungsträger übergegangen sind</p>
<p>oder übergehen. </p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist für die Klägerjn gegen Sicherheitsleistung</p>
<p>in Höhe von 15.000.- DM vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>T a t b e s t a n d</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Am 20. 08.1984 suchte die damals 39-jährige Klägerin wegen</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">starker Schmerzen Im Unter -und Oberkiefer die zahnärztliche</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Praxis des Beklagten auf. Der Beklagte diagnostizierte</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">aufgrund des erhobenen Röntgenbefundes eine Paradontitis</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">chronica. Er riet der Klägerin zur umfangreichen Extraktion</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">seiner Ansicht nach nicht erhaltungswürdiger Zähne und zur</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Eingliederung eines teils festen, teils herausnehmbaren</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Zahnersatzes.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Im weiteren Verlauf der Behandlung extrahierte der Beklagte</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">die Schneidezähne 11, 12., 21, 22, 31, 32, 41, 42, die</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">gelockert und wegen des starken sagittalen Knochenabbaus bis</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">zum unteren Drittel der Wurzel sichtbar waren. Da die Zähne</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">seiner Ansicht nach temperatur- und perkussionsempfindlich</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">waren, hielt er sie klinisch nicht für erhaltungswürdig. Im</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Oberkiefer links extrahierte er die Zähne 24, 25 und 26 sowie</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">im Unterkiefer links den Weisheitszahn 38.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Zur prothetischen Versorgung gliederte er am31.01.1985 im</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Unterkiefer links eine Brücke sowie eine herausnehmbare</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Prothese rechts und im Oberkiefer eine feste Brücke ein.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Da die prothetische Versorgung jedoch nicht gelungen war, kam</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">es auf der linken Kieferhälfte nur zu einer punktuellen</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Okklusion. Die Klägerin versuchte diese durchein geändertes</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Kauverhalten auszugleichen mit der Folge, daß sich die</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Kiefermuskulatur verspannte, weil sie die Zähne beim Kau-</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">vorgang überlastete. Die Klägerin litt deshalb in der</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Folgezeit vermehrt unter Kopfschmerzen sowie neuromuskulären</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Beschwerden. Insgesamt 12 Nachbehandlungsversuche des</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Beklagten erbrachten keine Linderung, so daß die Klägerin ab</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">dem 30.04.1985 eine weitere Behandlung durch ihn ablehnte.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Durch Vermittlung ihrer Krankenkasse suchte sie zunächst am</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">05.08.1985 den Zahnarzt F in E und am</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">27.08.1985 den Zahnarzt Dr. C in M auf. Beide Ärzte</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">kamen in Ihren Stellungnahmen übereinstimmend zu dem</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Ergebnis, daß der vom Beklagten eingegliederte Zahnersatz</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">weder ausreichende Okklusion noch Artikulation habe und</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">optisch ein wenig ansprechendes Bild bot. Das von Dr. C</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">vorgenommene Einschleifen der Prothesen brachte der Klägerin </p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">spontan eine Linderung der druckdolenten Kaumuskulatur.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Seit Dezember 1985 befindet sich die Klägerin in zahn-</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">ärztlicher Behandlung in der Universitäts- Zahnklinik in</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">N, in deren Verlauf die vom Beklagten gefertigten</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Prothesen entfernt und zunächst durch ein Provisorium ersetzt</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Wurden.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Ersatz Ihres materiellen</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Schadens und auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">in Anspruch und begehrt darüber hinaus die Feststellung</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">seiner Ersatzpflicht für Zukunftsschäden.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Sie behauptet, die Extraktion der Zähne sei fehlindiziert</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">gewesen, da schon eine Parodontopathie- Behandlung zur</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Linderung ihrer Schmerzen und zum Erhalt ihrer Zähne aus-</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">gereicht hätte. Der vom Beklagten gefertigte und ihr ein-</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">gepaßte Zahnersatz sei fehlerhaft und für sie wertlos</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">gewesen, da es ihm auch bei zwölf Nachbehandlungen nicht</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">gelungen sei, den Zahnersatz funktionsfähig zu machen. Der</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Beklagte habe sie auch nicht über mögliche Behandlungs-</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">alternativen informiert und somit seine Aufklärungspflicht</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">verletzt.</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">1. den Beklagten zu verurteilen,</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">a) an sie ein angemessenes Schmerzensgeld zu</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Gerichtes gestellt wird –Mindestvorstellung:</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">10.000,- DM -, nebst 4 % Zinsen seit dem</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">01.12.1985 abzüglich gezahlter 1.500,—DM,</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">b) an sie 1.170,-DM nebst 4% Zinsen seit dem</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">07.01.1987 zu zahlen;</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">2. festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">ist, Ihr auch den weiteren Schaden aus der</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">zahnmedizinischen Fehlbehandlung zwischen</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">September 1984 und dem 30.04.1985 zu ersetzen,</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">soweit Ersatzansprüche nicht auf öffentlich-</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">rechtliche Leistungsträger übergegangen sind.</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">Er bestreitet das Vorliegen eines schuldhaften Behandlungs-</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">fehlers. Die Extraktion der Zähne sei indiziert gewesen, da</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">sie perkussions- und temperaturempfindlich und somit nicht</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">mehr erhaltungswürdig gewesen seien. Unter diesen Umständen</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">sei die von Ihm gewählte prothetische Versorgung angezeigt</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">gewesen. Die von der Klägerin geschilderten Schmerzen seien</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">psychogen bedingt und Ausdruck eines myofacialen Schmerz-</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">syndroms. </p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">den vorgetragenen lnhalt ihrer Schriftsätze und der</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">überreichten Anlagen Bezug genommen. Die Kammer hat Beweis</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">erhoben durch Vernehmung des Leiters der Abteilung Zahn-</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">ärztliche Prothetik der Poliklinik und Klinik für Zahn-,</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">Mund- und Kieferkrankheiten der Westfälischen X</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">Universität in N, Prof. Dr. med. dent. O</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">als medizinischen Sachverständigen. Wegen des</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">Sitzungsniederschrift vom 11.05.1987 Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks"><b><u>E n t sch e i d u n g s g r ü n d e </u></b></p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist begründet.</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte ist verpflichtet, an die Klägerin ein</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">Schmerzensgeld (§ 847 BGB) in Höhe von weiteren 10.000,—DM</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">sowie zum Ausgleich der ihr infolge der zahnärztlichen</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">Behandlung in der Universitäts-Zahnklinik in N ent-</p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">standenen Fahrtkosten einen Betrag, von 1. 170 ,-- DM zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">Er hat darüber hinaus der Klägerin allen materiellen und</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">immateriellen Zukunftsschaden zu ersetzen, der ihr aus der</p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">zahnprothetischen Fehlbehandlung in der Zeit vom 26.08.1984</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks">bis 30.04.1985 noch entstehen wird, soweit die Ansprüche.</p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks">nicht auf öffentlich- rechtliche Leistungsträger übergegangen</p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks">sind.</p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">Zur Überzeugung der Kammer hat die Beweisaufnahme ergeben,</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks">daß dem Beklagten bei der zahnprothetischen Behandlung der</p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">Klägerin schuldhafte Behandlungsfehler unterlaufen sind. Bei</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks">dieser Beurteilung stützt sich die Kammer im wesentlichen auf</p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">das Gutachten des Sachverständigen Prof.Dr. O, der</p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks">als hoch renommierter und sehr erfahrener Zahnprothetiker zur</p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks">Beurteilung gerade der hier in Rede stehenden Problematik in</p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks">besonderem Maße berufen ist.</p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks">Nach den Ausführungen des Sachverständigen ist davon aus-</p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks">zugehen, daß die Extraktion der Schneidezähne 11,12, 21, 22,</p>
<span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks">31, 32, 41, 42, des Zahnes 25 im Oberkiefer links und des</p>
<span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks">Weisheitszahnes 38 zum damaligen Zeitpunkt fehlindiziert war.</p>
<span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks">Zwar konnte der Beklagte den damaligen Röntgenaufnahmen</p>
<span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks">entnehmen, daß die Beklagte an einer Parodontopathie, einer</p>
<span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks">Vorstufe zur Parodontitis, litt. Ihre Erkrankung war jedoch</p>
<span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks">nicht so weit fortgeschritten, daß der Befund die Extraktion</p>
<span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks">der Zähne rechtfertigte. In der Zahnmedizin gilt nämlich der</p>
<span class="absatzRechts">124</span><p class="absatzLinks">allgemein anerkannte Grundsatz, daß eine Zahnextraktion erst</p>
<span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks">als letzte Behandlungsmöglichkeit indiziert ist, wenn</p>
<span class="absatzRechts">126</span><p class="absatzLinks">konservierende Behandlungsalternativen zu keiner Besserung</p>
<span class="absatzRechts">127</span><p class="absatzLinks">geführt haben. Die konservierende Behandlungsmöglichkeit ist</p>
<span class="absatzRechts">128</span><p class="absatzLinks">vor allen Dingen bei einer Erkrankung des Patienten an</p>
<span class="absatzRechts">129</span><p class="absatzLinks">Parodontopathie dringend angezeigt, da die systematische</p>
<span class="absatzRechts">130</span><p class="absatzLinks">Parodontal-Behandlung in den letzten Jahren erheblich fortentwickelt</p>
<span class="absatzRechts">131</span><p class="absatzLinks">worden ist und vielfach zu durchgreifenden Besserungen des Gesund,-</p>
<span class="absatzRechts">132</span><p class="absatzLinks">heitszustandes führt. Diesen in der Zahnmedizin</p>
<span class="absatzRechts">133</span><p class="absatzLinks">geltenden Grundsatz hat der Beklagte nicht beachtet, als er</p>
<span class="absatzRechts">134</span><p class="absatzLinks">ohne den Versuch einer systematischen Parodontal- Behandlung</p>
<span class="absatzRechts">135</span><p class="absatzLinks">unternommen zu haben, sofort die acht Schneidezähne sowie den</p>
<span class="absatzRechts">136</span><p class="absatzLinks">Zahn 5 oben links und den Weisheitszahn 8 unten links</p>
<span class="absatzRechts">137</span><p class="absatzLinks">extrahierte. Von der systematischen Parodontal- Behandlung</p>
<span class="absatzRechts">138</span><p class="absatzLinks">darf auch dann nicht abgesehen werden, wenn, wie der Beklagte</p>
<span class="absatzRechts">139</span><p class="absatzLinks">behauptet, die Klägerin zu Beginn der Behandlung über</p>
<span class="absatzRechts">140</span><p class="absatzLinks">Schmerzen an den bereits gelockerten Schneidezähnen geklagt</p>
<span class="absatzRechts">141</span><p class="absatzLinks">haben sollte. Auch in diesem Fall ist eine Behandlung der</p>
<span class="absatzRechts">142</span><p class="absatzLinks">Parodontopathie indiziert. Hierdurch kann nämlich das</p>
<span class="absatzRechts">143</span><p class="absatzLinks">Parodontium gesunden, so dass die Zähne, selbst wenn sie etwas</p>
<span class="absatzRechts">144</span><p class="absatzLinks">gelockert bleiben, durchaus noch ihre Funktion erfüllen können.</p>
<span class="absatzRechts">145</span><p class="absatzLinks">Von einer Parodontal- Behandlung hätte der Beklagte nur absehen</p>
<span class="absatzRechts">146</span><p class="absatzLinks">dürfen, wenn bei der Klägerin damals eine sogenannte pro-</p>
<span class="absatzRechts">147</span><p class="absatzLinks">gessive Parodontopathie vorgelegen hätte. In diesem Falle</p>
<span class="absatzRechts">148</span><p class="absatzLinks">hätte eine systematische Behandlung zu keinem Erfolg geführt,</p>
<span class="absatzRechts">149</span><p class="absatzLinks">so daß bei diesem Befund die Extraktion indiziert gewesen</p>
<span class="absatzRechts">150</span><p class="absatzLinks">wäre. Für das Vorliegen dieses Befundes bei Beginn der</p>
<span class="absatzRechts">151</span><p class="absatzLinks">Behandlung der Klägerin ergeben sich jedoch keine Anhalts-</p>
<span class="absatzRechts">152</span><p class="absatzLinks">punkte, und zwar weder aus den von dem Beklagten gefertigten</p>
<span class="absatzRechts">153</span><p class="absatzLinks">Röntgenaufnahmen noch aus seiner Dokumentation, so daß die</p>
<span class="absatzRechts">154</span><p class="absatzLinks">sofortige Extraktion der Zähne hier fehl indiziert war.</p>
<span class="absatzRechts">155</span><p class="absatzLinks">Hier ist dem Beklagten mit seiner gewählten Behandlungs-</p>
<span class="absatzRechts">156</span><p class="absatzLinks">methode ein vorwerfbarer Behandlungsfehler unterlaufen.</p>
<span class="absatzRechts">157</span><p class="absatzLinks">Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, daß eine</p>
<span class="absatzRechts">158</span><p class="absatzLinks">Parodontal- Behandlung bei der Klägerin erfolglos geblieben</p>
<span class="absatzRechts">159</span><p class="absatzLinks">und deshalb die Extraktion der Zähne schließlich notwendig</p>
<span class="absatzRechts">160</span><p class="absatzLinks">gewesen wäre. Nach den überzeugenden Ausführungen des</p>
<span class="absatzRechts">161</span><p class="absatzLinks">Sachverständigen ist vielmehr davon auszugehen, dass die</p>
<span class="absatzRechts">162</span><p class="absatzLinks">extrahierten Schneidezähne sowie die Zähne 5 oben links und 8</p>
<span class="absatzRechts">163</span><p class="absatzLinks">unten links bei einer Parodontal- Behandlung gute Chancen</p>
<span class="absatzRechts">164</span><p class="absatzLinks">hatten, daß das paradontium gesundete und so die Zähne</p>
<span class="absatzRechts">165</span><p class="absatzLinks">erhalten werden konnten. Hierfür spricht nach den Röntgen-</p>
<span class="absatzRechts">166</span><p class="absatzLinks">aufnahmen insbesondere auch der Umstand, daß zum Beispiel</p>
<span class="absatzRechts">167</span><p class="absatzLinks">beim Zahn 3 oben links der Parodontopathie- Befund ausge-</p>
<span class="absatzRechts">168</span><p class="absatzLinks">prägter ist als bei den extrahierten Schneidezähnen, der Zahn</p>
<span class="absatzRechts">169</span><p class="absatzLinks">oben links aber noch heute erhalten ist.</p>
<span class="absatzRechts">170</span><p class="absatzLinks">Beider Eingliederung des Zahnersatzes sind dem Beklagten</p>
<span class="absatzRechts">171</span><p class="absatzLinks">weitere schuldhafte Behandlungsfehler unterlaufen.</p>
<span class="absatzRechts">172</span><p class="absatzLinks">Nach den Ausführungen des Sachverständigen ist die Okklusion</p>
<span class="absatzRechts">173</span><p class="absatzLinks">bei dem eingegliederten Zahnersatz trotz sichtbarer Ein-</p>
<span class="absatzRechts">174</span><p class="absatzLinks">schleifmaßnahmen nicht gelungen. Hiervon konnte sich die</p>
<span class="absatzRechts">175</span><p class="absatzLinks">Kammer anhand der in der Universitäts- Zahnklinik N</p>
<span class="absatzRechts">176</span><p class="absatzLinks">gefertigten Modelle des Ober- und Unterkiefers der Klägerin,</p>
<span class="absatzRechts">177</span><p class="absatzLinks">die zu Beginn ihrer Behandlung in der Klinik gefertigt worden</p>
<span class="absatzRechts">178</span><p class="absatzLinks">waren, überzeugen. Die unzureichende .Okklusion beruhte</p>
<span class="absatzRechts">179</span><p class="absatzLinks">darauf, dass die Bißnahme, d.h. die Stellung der Zahnreihe Im</p>
<span class="absatzRechts">180</span><p class="absatzLinks">Oberkiefer zu derjenigen im Unterkiefer, nicht gelungen ist.</p>
<span class="absatzRechts">181</span><p class="absatzLinks">Ein solcher Fehler in der Gebissnahme ist zwar im allgemeinen</p>
<span class="absatzRechts">182</span><p class="absatzLinks">nicht schwerwiegend und durch instrumentelles Nachregulieren</p>
<span class="absatzRechts">183</span><p class="absatzLinks">korrigierbar. Diese Möglichkeit schied jedoch hier bei der</p>
<span class="absatzRechts">184</span><p class="absatzLinks">Klägerin infolge eines weiteren gravierenden Behandlungs-</p>
<span class="absatzRechts">185</span><p class="absatzLinks">fehlers aus. Bei den vom Beklagten angepaßten Prothesen im </p>
<span class="absatzRechts">186</span><p class="absatzLinks">Oberkiefer sind vier von fünf Kronen und im.Unterkiefer fünf Kronen </p>
<span class="absatzRechts">187</span><p class="absatzLinks">teilweise deutlich seitlich versetzt auf die Zahnhälse</p>
<span class="absatzRechts">188</span><p class="absatzLinks">aufgesetzt worden, wie die vom Sachverständigen angefertigte</p>
<span class="absatzRechts">189</span><p class="absatzLinks">Panoramaaufnahme deutlich zeigt. Hierdurch sind bei der</p>
<span class="absatzRechts">190</span><p class="absatzLinks">Klägerin im Bereich der Kronenränder zwischen den Kronen und den</p>
<span class="absatzRechts">191</span><p class="absatzLinks">Zahnhälsen Hohlräume entstanden, die, wie die Kammer als </p>
<span class="absatzRechts">192</span><p class="absatzLinks">Spezialkammer für Arzthaftpflichtsachen aufgrund ihrer Erfahrung</p>
<span class="absatzRechts">193</span><p class="absatzLinks">Aus vergleichbaren Fällen weiß, ideale</p>
<span class="absatzRechts">194</span><p class="absatzLinks">Nährböden für Bakterienbesiedlung bilden und zu schmerzhaften </p>
<span class="absatzRechts">195</span><p class="absatzLinks">Entzündungen im Kieferbereich führen können. Der Beklagte</p>
<span class="absatzRechts">196</span><p class="absatzLinks">hätte bei Eingliederung der Prothesen ernennen müssen, daß</p>
<span class="absatzRechts">197</span><p class="absatzLinks">die vom Zahnprothektiker gefertigten Kronen nicht mit den</p>
<span class="absatzRechts">198</span><p class="absatzLinks">Zahnstümpfen schlossen und daher davon absehen müssen, diesen</p>
<span class="absatzRechts">199</span><p class="absatzLinks">Zahnersatz einzupassen. Daß er die Prothesen trotz Ihrer</p>
<span class="absatzRechts">200</span><p class="absatzLinks">erkennbar gravierenden Mängel eingliederte, ist ihm als weiterer</p>
<span class="absatzRechts">201</span><p class="absatzLinks">schuldhafter Behandlungsfehler zur Last zu legen. Die</p>
<span class="absatzRechts">202</span><p class="absatzLinks">eingepaßten Prothesen entsprachen aufgrund dieser Mängel</p>
<span class="absatzRechts">203</span><p class="absatzLinks">nicht einer ausreichenden zahnärztlichen Versorgung und</p>
<span class="absatzRechts">204</span><p class="absatzLinks">mußten deshalb in der Universitäts-Zahnklinik N</p>
<span class="absatzRechts">205</span><p class="absatzLinks">entfernt werden. </p>
<span class="absatzRechts">206</span><p class="absatzLinks">Infolge der fehlsamen Behandlung hatte die Klägerin gut zwei</p>
<span class="absatzRechts">207</span><p class="absatzLinks">Jahre unter einer Myoarthopathie mit Dauerschmerz zu leiden.</p>
<span class="absatzRechts">208</span><p class="absatzLinks">Diese Schmerzen rührten daher, daß der Mensch</p>
<span class="absatzRechts">209</span><p class="absatzLinks">zu einem festeren Zubeißen neigt, wenn auf einer Gebißhälfte</p>
<span class="absatzRechts">210</span><p class="absatzLinks">keine Okklusion yorhanden ist. Hierdurch überanstrengt er</p>
<span class="absatzRechts">211</span><p class="absatzLinks">- wie dies auch bei der Klägerin geschehen ist - die Kaumuskulatur </p>
<span class="absatzRechts">212</span><p class="absatzLinks">und das Kiefergelenk, so daß Schmerzen auftreten.</p>
<span class="absatzRechts">213</span><p class="absatzLinks">Hinzu kamen bei der Klägerin auch die Schmerzen von den</p>
<span class="absatzRechts">214</span><p class="absatzLinks">lokalen Entzündungen als Folge der nicht gut schließenden</p>
<span class="absatzRechts">215</span><p class="absatzLinks">Kronenränder.</p>
<span class="absatzRechts">216</span><p class="absatzLinks">Die dem Beklagten bei der zahnprothetischen Behandlung</p>
<span class="absatzRechts">217</span><p class="absatzLinks">unterlaufenen schuldhaften Behandlungsfehler und die hier-</p>
<span class="absatzRechts">218</span><p class="absatzLinks">durch der Klägerin entstandenen Schmerzen und Unbilligkeiten</p>
<span class="absatzRechts">219</span><p class="absatzLinks">rechtfertigen die Zubilligung eines Schmerzensgeldes, das die</p>
<span class="absatzRechts">220</span><p class="absatzLinks">Kammer unter Berücksichtigung des von der Haftpflichtver-</p>
<span class="absatzRechts">221</span><p class="absatzLinks">sicherung des Beklagten vorgerichtlich gezahlten Betrages von</p>
<span class="absatzRechts">222</span><p class="absatzLinks">1.500,- DM mit einem weiteren Betrag von 10.000,- DM für</p>
<span class="absatzRechts">223</span><p class="absatzLinks">erforderlich, aber andererseits auch für angemessen erachtet.</p>
<span class="absatzRechts">224</span><p class="absatzLinks">Bei der Bemessung der Höhe des Schmerzensgeldes war zu</p>
<span class="absatzRechts">225</span><p class="absatzLinks">berücksichtigen, daß sich die Klägerin infolge der fehlsamen</p>
<span class="absatzRechts">226</span><p class="absatzLinks">zahnprothetlschen Behandlung einer langwierigen Nachbe-</p>
<span class="absatzRechts">227</span><p class="absatzLinks">handlung unterziehen mußte, die bis heute noch nicht ab-</p>
<span class="absatzRechts">228</span><p class="absatzLinks">geschlossen ist, da die Krankenkasse der Klägerin zur</p>
<span class="absatzRechts">229</span><p class="absatzLinks">Übernahme der für die Anfertigung einer neuen Zahnprothetik</p>
<span class="absatzRechts">230</span><p class="absatzLinks">notwendigen Kosten bisher nicht bereit war. Noch heute trägt die</p>
<span class="absatzRechts">231</span><p class="absatzLinks">Klägerin deshalb ein Provisorium. Diese Behandlung war für sie</p>
<span class="absatzRechts">232</span><p class="absatzLinks">mit verständlich starken Schmerzen verbunden, die</p>
<span class="absatzRechts">233</span><p class="absatzLinks">nicht zuletzt von den lokalen Entzündungen als Folge der</p>
<span class="absatzRechts">234</span><p class="absatzLinks">nicht gutschließenden Kronenränder und der Überanstrengung</p>
<span class="absatzRechts">235</span><p class="absatzLinks">ihrer Kaumuskulatur wegen der unzureichenden Okklusion</p>
<span class="absatzRechts">236</span><p class="absatzLinks">herrührten. Hierdurch hat die Klägerin eine nicht unbe-</p>
<span class="absatzRechts">237</span><p class="absatzLinks">trächtliche Einbuße an Lebensfreude erlitten und ist in ihrer</p>
<span class="absatzRechts">238</span><p class="absatzLinks">Lebensführung eingeschränkt worden. Diese Einbußen wird sie</p>
<span class="absatzRechts">239</span><p class="absatzLinks">auch in Zukunft noch erfahren. Diese Umstände waren bei der</p>
<span class="absatzRechts">240</span><p class="absatzLinks">Bemessung der Höhe des Schmerzensgeldes für die Kammer</p>
<span class="absatzRechts">241</span><p class="absatzLinks">entscheidend. Immerhin hat nämlich die Klägerin in noch</p>
<span class="absatzRechts">242</span><p class="absatzLinks">Jungen Jahren bereits elf erhaltungswürdige Zähne verloren,</p>
<span class="absatzRechts">243</span><p class="absatzLinks">ohne daß für ihre Extraktion ein ausreichender Befund vorlag.</p>
<span class="absatzRechts">244</span><p class="absatzLinks">Gerade die fehlsame Extraktion der Sohneidezähne hat für die</p>
<span class="absatzRechts">245</span><p class="absatzLinks">Klägerin die schwerwiegende Folge, daß bei ihr nunmehr ein</p>
<span class="absatzRechts">246</span><p class="absatzLinks">Fester Zahnersatz nicht mehr eingegliedert werden kann. Die</p>
<span class="absatzRechts">247</span><p class="absatzLinks">herausnehmbaren Prothesen im Ober- und Unterkiefer werden sie</p>
<span class="absatzRechts">248</span><p class="absatzLinks">in ihrer Lebensführung erheblich beeinträchtigen. Die neuen</p>
<span class="absatzRechts">249</span><p class="absatzLinks">Prothesen bedürfen gründlicherer Pflege und sind gegen</p>
<span class="absatzRechts">250</span><p class="absatzLinks">Schäden eher anfällig, als feste im Kieferbereich einge-</p>
<span class="absatzRechts">251</span><p class="absatzLinks">gliederte Zahnprothesen. Dieser Umstand wird von der</p>
<span class="absatzRechts">252</span><p class="absatzLinks">Klägerin als einer noch Jungen Frau wesentlich intensiver</p>
<span class="absatzRechts">253</span><p class="absatzLinks">als von anderen Menschen in vergleichbarer Situation em-</p>
<span class="absatzRechts">254</span><p class="absatzLinks">funden, was die Zubilligung eines vergleichbar hohen</p>
<span class="absatzRechts">255</span><p class="absatzLinks">Schmerzensgeldes rechtfertigt.</p>
<span class="absatzRechts">256</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte ist darüber hinaus verpflichtet, der Klägerin</p>
<span class="absatzRechts">257</span><p class="absatzLinks">die Fahrtkosten zu der Universitäts- Zahnklinik in N zu</p>
<span class="absatzRechts">258</span><p class="absatzLinks">ersetzen, die sie mit 65 Fahrten a 130 km zu 0,50 DM/km mit</p>
<span class="absatzRechts">259</span><p class="absatzLinks">insgesamt 1.170,- DM angemessen berechnet hat. Erst</p>
<span class="absatzRechts">260</span><p class="absatzLinks">die gravierenden Folgen seiner fehlsamen zahnprothetischen</p>
<span class="absatzRechts">261</span><p class="absatzLinks">Behandlung haben es nämlich erfordert, daß sich die Klägerin</p>
<span class="absatzRechts">262</span><p class="absatzLinks">in die Behandlung einer Spezialklinik begeben mußte.</p>
<span class="absatzRechts">263</span><p class="absatzLinks">Zinsen kann die Klägerin für den Schmerzensgeldbetrag sowie</p>
<span class="absatzRechts">264</span><p class="absatzLinks">für die Erstattung der Fahrtkosten In beantragter Höhe gemäß</p>
<span class="absatzRechts">265</span><p class="absatzLinks">§§ 286, 288 Abs. 1 BGB verlangen. </p>
<span class="absatzRechts">266</span><p class="absatzLinks">Der Feststellungsantrag der Klägerin ist begründet, weil sie</p>
<span class="absatzRechts">267</span><p class="absatzLinks">angesichts der durch die fehlerhafte zahnprothetische Behandlung</p>
<span class="absatzRechts">268</span><p class="absatzLinks">entstandenen und möglicherweise noch zu erwartenden</p>
<span class="absatzRechts">269</span><p class="absatzLinks">materiellen und immateriellen Schäden ein rechtliches</p>
<span class="absatzRechts">270</span><p class="absatzLinks">Interesse im Sinne des § 256 Abs.1 ZPO an der Feststellung</p>
<span class="absatzRechts">271</span><p class="absatzLinks">einer bestehenden Ersatzpflicht des Beklagten hat. Im-</p>
<span class="absatzRechts">272</span><p class="absatzLinks">materielle Zukunftsschäden wird sie allerdings nur ersetzt</p>
<span class="absatzRechts">273</span><p class="absatzLinks">verlangen können, soweit diese auf der fehlerhaften Behandlung</p>
<span class="absatzRechts">274</span><p class="absatzLinks">des Beklagten beruhen und Schäden betreffen, die nicht</p>
<span class="absatzRechts">275</span><p class="absatzLinks">bereits durch den ihr zuerkannten Schmerzensgeldbetrag</p>
<span class="absatzRechts">276</span><p class="absatzLinks">abgedeckt sind. Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes hat</p>
<span class="absatzRechts">277</span><p class="absatzLinks">die Kammer nämlich bereits alle entstandenen Unbilligkelten</p>
<span class="absatzRechts">278</span><p class="absatzLinks">berücksichtigt, insbesondere die ihr durch das Tragen eines</p>
<span class="absatzRechts">279</span><p class="absatzLinks">herausnehmbaren Zahnersatzes auch zukünftig entstehenden </p>
<span class="absatzRechts">280</span><p class="absatzLinks">Unannehmlichkeiten.</p>
<span class="absatzRechts">281</span><p class="absatzLinks">Für die Zuerkennung eines immateriellen Zukunftsschadens bleibt </p>
<span class="absatzRechts">282</span><p class="absatzLinks">somit nur für solche Unbilligkeiten Raum, die bisher nicht erkennbar</p>
<span class="absatzRechts">283</span><p class="absatzLinks">sind.</p>
<span class="absatzRechts">284</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO, diejenige</p>
<span class="absatzRechts">285</span><p class="absatzLinks">für die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 Satz 1 ZPO.</p>
|
315,473 | ag-bonn-1987-05-05-6-c-10187 | {
"id": 634,
"name": "Amtsgericht Bonn",
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"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
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} | 6 C 101/87 | "1987-05-05T00:00:00" | "2019-03-13T14:56:40" | "2019-03-27T09:43:02" | Urteil | ECLI:DE:AGBN:1987:0505.6C101.87.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Klage wird abgewiesen. </p>
<p></p>
<p>Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin, Vermieterin des der ab 1.3.1984 vermieteten Einfamilienhauses I-L-Str. # in C, nimmt diese auf Unterlassung der Haltung von Haustieren, und zwar von Hunden und Katzen, in dem von ihr innegehaltenen Hause in Anspruch.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">In Ziffer 7 der in den Mietvertrag einbezogenen "allgemeinen Vertragsbestimmungen" der Klägerin heißt es, dass die Tierhaltung die vorherige schriftliche Einwilligung des Vermieters voraussetzt. </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Bei Einzug brachte die Beklagte einen kastrierten Kater mit, der nunmehr 10 Jahre alt ist. Später - nach Behauptung der Beklagten im Jahre 1985 - schaffte sie sich einen weiteren, ebenfalls kastrierten Kater an, der nunmehr fünf Jahre alt ist. Seit Mai 1986 hält die Beklagte darüberhinaus einen kleinen Zwergschnauzer, der ca. 35 cm hoch und 50 cm lang ist. </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin macht geltend, sich aufgrund zahlreicher Beschwerden von Mitmietern der sog. S-Siedlung veranlasst zu sehen, das Halten von Haustieren generell zu verbieten. </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Wegen Einzelheiten wird auf die Klageschrift vom 16.2.1987, S. 3 f., sowie auf den Schriftsatz vom 7.4.1987, S. 3 a.E<i>., </i>verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:27px">die Beklagte unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu 500.000,--DM, ersatzweise bis zu 6 Monaten Ordnungshaft, zu verurteilen, es zu unterlassen, in der von ihr gemieteten Wohnung in I-L-Str. # in C Tiere, insbesondere Hunde und Katzen, zu halten. </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:27px">die Klage abzuweisen. </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Sie macht geltend, dass konkrete Beschwerden gegen die von ihr gehaltenen Tiere nicht vorlägen, auch nicht geltend gemacht werden könnten. Die Tiere hielten sich überwiegend im Hause auf. Dort hätten die Katzen ihre Katzentoilette. Von einer Geräuschbelästigung durch den Hund könne keine Rede sein. Soweit der Hund bei seinem Auslauf auf der Grünfläche dort einmal seine Notdurft verrichte, werde diese anschließend von ihr, der Beklagten, oder ihren Kindern entfernt. </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Darüberhinaus behauptet sie unwidersprochen, dass<i> </i>in der<i> </i>Siedlung auch noch andere Mietparteien Haustiere, und zwar Hunde, hielten. </p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidunqsgründe</u></b></p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist nicht begründet. </p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch darauf, dass diese das Halten von Katzen und Hunden in dem von ihr gemieteten Einfamilienhaus unterlässt, § 535 BGB in Verbindung mit Ziffer 7 der in das Mietverhältnis einbezogenen allgemeinen Vertragsbestimmungen, § 1004 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Was den von der Beklagten bereits bei Einzug in das von ihr gemietete Haus im Frühjahr 1981 mitgebrachten Kater angeht, ist das Klagebegehren bereits deshalb unbegründet, weil die Klägerin - wie sie selbst einräumt - das Halten dieses Tieres zunächst geduldet hat. Denn hierdurch wird bei der beklagten Mieterin ein Vertrauenstatbestand begründet, der das nunmehrige Verlangen der Klägerin auf Abschaffung des Tieres, ohne dass die konkrete Tierhaltung zu Vorwürfen Anlass geben könnte, schlechthin unzulässig macht. </p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Was die verbleibenden beiden Haustiere angeht, den nach der Behauptung der Beklagten im Jahre 1985 angeschafften weiteren Kater und den seit Mai 1986 gehaltenen Zwergschnauzer, ist der Klägerin zwar zuzugeben, dass die Beklagte sich insoweit nicht an die vertraglichen Vereinbarungen gehalten hat, als sie die Klägerin nicht vor Anschaffung der Tiere um deren Einwilligung gebeten hat (Nr. 7 der allgemeinen Vertragsbestimmungen zum Mietvertrag). </p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Dies ist jedoch letztlich unerheblich. </p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Denn die Klägerin wäre zur Erteilung der Genehmigung verpflichtet gewesen, da nicht ersichtlich ist, dass von dem von der Beklagten gehaltenen beiden Tieren konkrete, die übrigen Mietparteien in ihrer Nutzung der Mietsache beeinträchtigende Belästigungen ausgehen. Dies räumt die Klägerin selbst ein. Sie führt für Ihr Unterlassungsbegehren lediglich "generalpräventive" Erwägungen ins Feld, nämlich - in Reaktion auf Beschwerden von nicht Haustiere haltenden Teilen der Mieterschaft - die gesamte S-Siedlung hunde- und katzenfrei zu machen. </p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Der Richter sieht sich nicht genötigt, bindend dazu Stellung zu beziehen, ob dieses Bestreben vor dem Hintergrund eines möglicherweise gewandelten Verständnisses über die Auswirkungen des Haltens von Haustieren in Wohnsiedlungen, insbesondere hochverdichteten Wohngebieten, auf die Umwelt eine ausreichende sachliche Rechtfertigung dafür sein kann, generell und rigoros, wie es die Klägerin offensichtlich anstrebt, das Halten jeglicher Haustiere in ihrem Wohnungs- bestand zu untersagen. Vorliegend reicht dieser Gesichtspunkt jedenfalls nicht aus, um das Unterlassungsbegehren der Klägerin zu rechtfertigen. Berücksichtigt man nämlich, dass - wie die Klägerin selbst einräumt - einzelne Mieter entweder mit ihrer stillen Duldung oder gar Billigung Hunde und Katzen halten, bedarf es konkreter, von den jeweiligen Tieren ausgehender Beeinträchtigungen um diesen Mietern das weitere Halten ihrer Haustiere zu verbieten. Hierfür hat die Klägerin gerade im Verhältnis zu der Beklagten jedoch nichts dargetan, sondern sich darauf beschränkt - wahrscheinlich darauf beschränken müssen! -, auf allgemeine Beschwerden aus der Mieterschaft über Verunreinigung von Anlagen, Kinderspielplätzen und Sandkästen abzuheben. Dies reicht indessen zur Untermauerung des gegen die Beklagten gerichteten Unterlassungsbegehrens ersichtlich nicht aus, wobei das Bestreben der Klägerin, in dem Bereich, in dem sie Einfluss ausüben kann, dafür Sorge zu tragen, dass die von Mitmietern der Beklagten geklagten Verunreinigungen durch Haustiere eingedämmt und zurückgedrängt werden, durchaus verständlich ist. Dem kann nach geltendem Recht jedoch nur dadurch zu Erfolg verholfen werden, wenn sich konkrete, einzelnen Tieren zuzuordnende Belästigungen und Störungen feststellen lassen. </p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. </p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO. </p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks"><u>Streitwert: </u>700,-- DM</p>
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315,474 | olgham-1987-04-29-5-uf-52186 | {
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} | 5 UF 521/86 | "1987-04-29T00:00:00" | "2019-03-13T14:56:42" | "2019-03-27T09:43:02" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1987:0429.5UF521.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Klägers gegen das am 12. August 1986 verkündete Urteil des Amtsgerichts Hagen wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der am 07.05.1956 geborene Kläger und die am 18.04.1953 geborene Beklagte haben einander am 20.11.1980 geheiratet. Die Beklagte war zuvor mit einem Herrn ... verehelicht. Diese Ehe ist geschieden worden. Die Beklagte hat aus jener Ehe eine 1974 geborene Tochter ..., außerdem den am 30.07.1979 geborenen Sohn .... Dieser wurde während des Bestehens der Ehe ... geboren. Die Parteien waren und sind sich jedoch einig, daß ... ihr gemeinsames Kind ist. Die Ehelichkeit ist nicht angefochten worden, lebte mit im Haushalt der Parteien. Diese haben sich im Frühjahr 1986 getrennt. ... lebt seitdem bei seiner Mutter, der Beklagten.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">In dem - zur Zeit nicht betriebenen - Scheidungsverfahren ist am 25.03.1986 eine einstweilige Anordnung dahin ergangen, daß der Kläger an die Beklagte monatlich einen Betrag von 860,- DM zahlen solle, davon 595,- DM für sie selbst, 265,- DM für .... Nach Antrag des Klägers gem. § 620 b ZPO ist am 29.04.1986 eine einstweilige Anordnung dahin ergangen, daß der Kläger ab März 1986 monatlich 238,50 DM an Unterhalt für ... an die Beklagte zu zahlen habe. Gleichzeitig haben die Parteien dort einen Vergleich dahin geschlossen, daß der Kläger an die Beklagte zur Weiterleitung an entsprechende Gläubiger monatlich 300,- DM zahlen solle. Die Parteien erzielten Einigkeit, daß neben der Schuldentilgung und der Unterhaltszahlung für ..., auch im Hinblick auf weitere Verbindlichkeiten, eine Leistungsfähigkeit des Klägers für Ehegattenunterhalt derzeit nicht gegeben sei. Dabei war Vergleichsgrundlage im übrigen ein Einkommen des Klägers von 2.170,- DM monatlich.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Im vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger die Feststellung begehrt, daß ... selbst ihm gegenüber kein Unterhalt beanspruchen und auch die Beklagte aus eigenem Recht für Patrick keinen Unterhalt von ihm verlangen könne.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat durch das angefochtene Urteil der Klage teilweise stattgegeben und festgestellt, daß ... selbst keine Unterhaltsansprüche gegen den Kläger hat. Im übrigen (Anspruch der Beklagten auf Unterhalt für Patrick) hat es die Klage mit im wesentlichen folgender Begründung abgewiesen:</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">... gelte zwar als eheliches Kind des Herrn .... Die Parteien hätten jedoch während ihres Zusammenlebens zumindest eine stillschweigende Vereinbarung dahin getroffen, daß der Kläger für den Unterhalt ... aufzukommen habe. Sie seien - wie sie übereinstimmend angegeben hätten - davon auszugegangen, daß "ihr" Kind von ihnen gemeinsam betreut und versorgt und sein Aufwand aus dem gemeinsamen Topf finanziert werde. Der Kläger könne sich von der Vereinbarung und Handhabung nur aus triftigem Grund lösen. Ein solcher Grund liege noch nicht in der Trennung der Parteien als solcher. Zumindest für eine gewisse Übergangszeit, die noch nicht abgelaufen sei, müsse er den Unterhalt Patricks weiterhin sicherstellen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Mit der Berufung verfolgt der Kläger seinen abgewiesenen Antrag weiter. Er begründet sein Rechtsmittel im wesentlichen so:</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Es beständen Bedenken, ob die einstweilige Anordnung überhaupt zulässig gewesen sei. Der Scheidungsantrag habe noch nicht einmal den Anforderungen des § 622 ZPO genügt. Außerdem werde seit dem 01.04.1986 nicht mehr der Kindesunterhalt im Verhältnis der Eltern zueinander, sondern im Verhältnis des Kindes zum Unterhaltspflichtigen geregelt. Insoweit fehle es an einer materiell-rechtlichen Grundlage. Er schulde ... nach dem Gesetz keinen Unterhalt. Durch eine einstweilige Anordnung könne aber nur eine gesetzliche Unterhaltspflicht geregelt werden. Eine vertragliche Vereinbarung, wie sie das Familiengericht konstruiert habe, sei von der Beklagte nicht einmal behauptet worden. Richtig sei, daß während intakter Ehe ein Teil seines, des Klägers, Einkommens für den Familienunterhalt eingesetzt worden sei. Daraus einen Rechtsbindungswillen, zumal für die Zeit nach Scheitern der Ehe, herleiten zu wollen, sei verfehlt. Wenn man die Argumentation des Amtsgerichts zuende denke, würde das womöglich noch zu dem Schluß führen, daß er (Kläger) für die Tochter der Beklagten, ..., unterhaltspflichtig sei.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte möge sich wegen des Unterhalts für ... an Herrn ... halten. Daß sie es für ihren Sohn versäumt habe, die Ehelichkeit anzufechten, könne nicht zu seinen, des Klägers, Lasten gehen. Er sei überdies nicht positiv als Erzeuger des Kindes festgestellt worden. Er habe aber nach wie vor keinen Zweifel, daß er der Vater des Kindes sei. Es werde mit Nichtwissen bestritten, daß Kindesunterhalt von ... nicht zu erlangen wäre.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">abändernd festzustellen, daß die Beklagte von ihm keinen Unterhalt für das Kind ... verlangen könne.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Sie verteidigt das angefochtene Urteil und erwidert im einzelnen nach Maßgabe ihres Schriftsatzes vom 16.04.1987 (Bl. 67-70 d.A.). Darauf wird verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung ist nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Allerdings ist dem Kläger einzuräumen, daß die einstweilige Anordnung betreffend Unterhalt für ... nicht hätte ergehen dürfen. Dabei kann dahinstehen, ob der Scheidungsantrag mangels Vorliegens der Voraussetzungen nach § 622 ZPO unzulässig war. Für eine einstweilige Anordnung genügt es, daß - wie hier - ein Antrag auf Prozeßkostenhilfe anhängig ist (§ 620 a Abs. 2 Satz 1 ZPO). Durch einstweilige Anordnung nach § 620 Satz 1 Nr. 4 ZPO kann indessen nur die Unterhaltspflicht gegenüber einem gemeinsamen Kind geregelt werden, daß aus der betreffenden Ehe stammt, nicht für ein Kind, daß im gemeinsamen Haushalt der Eltern gelebt hat, aber nicht aus der Ehe herührt (vgl. Zöller/Philippi, 15. Aufl., § 620 Rz. 45). Überdies ist die einstweilige Anordnung nach dem 01.04.1986, also nach dem Inkrafttreten des Unterhaltsänderungsgesetzes, auf Antrag nach § 620 b ZPO überprüft und neu erlassen worden. Es galt also schon die Neufassung des § 620 Satz 1 Nr. 4 ZPO. Danach wird der Kindesunterhalt nicht mehr im Verhältnis der Eltern zueinander, sondern unmittelbar im Unterhaltsrechtsverhältnis (zwischen Pflichtigem und Gläubiger) geregelt. Somit setzt er einen gesetzlichen Anspruch nach §§ 1601 ff. BGB voraus. Daran fehlt es hier aber, weil ... nach § 1593 BGB weiterhin als eheliches Kind ... anzusehen ist.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Diese Überlegungen können im Ergebnis der Berufung aber nicht zum Erfolg verhelfen. Die ergangene einstweilige Anordnung ist nur der Anlaß für die Klage (und die Berufung). Die begehrte (negative) Feststellung kann nur getroffen werden, wenn die <u>materielle Rechtslage</u> im Sinne des Klägers zu beantworten ist. Das ist jedoch nicht der Fall.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">... gilt - formal - weiterhin als eheliches Kind .... Einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch gegen den Kläger hat er somit nicht. Alle Beteiligten haben sich, solange die Ehe der Parteien in Ordnung war, um die rechtliche Stellung ... nicht mehr gekümmert. Der Kläger hat folgerichtig erklärt, wenn die Ehe mit der Beklagten nicht auseinander gegangen wäre, hätte er selbstverständlich weiterhin den Unterhalt für ... sichergestellt.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Es gibt nun in der - überwiegend älteren - Rechtsprechung und in der Literatur Versuche verschiedener Art, zu einem Unterhaltsanspruch des Kindes selbst oder doch des anderen Elternteils (Mutter) gegen den "Vater" zu kommen. Allerdings wird dabei meistens auf reine Stiefkindfälle abgestellt: Die Frau bringt ein vor- oder ersteheliches Kind, das nicht vom neuen Ehemann stammt, mit in die Ehe. Eine wohl zu weitgehende Ansicht nimmt an, es bestehe dann eine Verpflichtung des Mannes, der Frau soviel Unterhalt zu zahlen, daß sie davon das Kind mitunterhalten könne. Andere nehmen einen vertraglichen Anspruch der Frau auf Unterhalt für das Kind an. Dabei hat etwa das OLG Düsseldorf (FamRZ 1958, 106 mit Anmerkung Bosch) entschieden, solche stillschweigende Vereinbarung sei während der Ehe - auch in der Scheidungszeit - nicht einseitig widerrufbar. Das OLG Nürnberg (FamRZ 1965, 217) hat demgegenüber die Ansicht vertreten, daß eine vertragliche Pflicht allenfalls - wenn überhaupt - bis zur Trennung bestehe. Geschäftsgrundlage sei also das eheliche Zusammenleben.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Göppinger ... (Unterhaltsrecht, 5. Aufl., Rz. ... 1638) stellt dagegen zutreffend hinsichtlich der vertraglichen Pflicht selbst, ihres Umfanges und ihrer Dauer auf die Umstände des Einzelfalles ab. Ihm folgend ist unter den hier gegebenen besonderen Umständen mit dem Amtsgericht eine einmal begründete und noch fortbestehende vertragliche Pflicht anzunehmen: Hier hat nicht nur ein Mann ein von seiner Frau mit in die Ehe gebrachtes Kind aufgenommen und mitunterhalten. Die Parteien lebten vielmehr schon seit 1977 zusammen. 1979 wurde ihr - unstreitig - gemeinsames Kind ... geboren. Sie konnten aber noch nicht heiraten, weil sich die Scheidung ... hinzog. Dann waren sie sich einig (so ihre übereinstimmende Erklärung zu Protokoll des Amtsgerichts vom 24.07.1986), daß auch in rechtlicher Hinsicht das Schicksal ... in dem Sinne geklärt werden solle, daß der Kläger sein Vater sei. Beim Jugendamt sei das dann allerdings "irgendwie hängen geblieben". ..., der frühere Ehemann der Beklagten, habe sich um die Angelegenheit gar nicht gekümmert.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Wie die Parteien weiter übereinstimmend erklärt haben, hat die Beklagte etwa seit 1981 regelmäßig nur 390,- DM im Monat verdient, ferner hin und wieder als Putzhilfe zusätzlich etwa 200,- DM. Dieses und das vom Ehemann verdiente Geld ist in einen Topf gekommen und daraus alles bezahlt worden, auch soweit es den Unterhalt ... betraf. Wie der Kläger weiter erklärt hat, hätte es nie ein Problem hinsichtlich des Unterhalts für Patrick gegeben, wenn die Ehe mit der Beklagten nicht auseinander gegangen wäre. Dann hätte er selbstverständlich weiterhin auch für ... den Unterhalt sichergestellt. Damit wird deutlich, daß der Kläger - mit Rechtsbindungswillen gegenüber der Beklagten - dieser gegenüber die Sicherstellung des Unterhalts für ... (dessen <u>Höhe</u> nicht streitig ist) übernommen hat. Grundlage war das Einvernehmen der Parteien darüber, daß der Kläger der biologische Vater ... ist. Insofern war es folgerichtig, daß ..., der frühere Ehemann der Beklagten, der lediglich aus Rechtsgründen als Vater ... galt und gilt, auf Unterhalt für diesen nicht in Anspruch genommen wurde.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Nachdem die Eheleute sich getrennt haben und ihre Ehe möglicherweise gescheitert ist, kann der Kläger sich nicht einseitig, jedenfalls jetzt noch nicht, aus der stillschweigend übernommenen Verpflichtung, für den Unterhalt ... aufzukommen, lösen. Die Geschäftsgrundlage ist hier nicht durch die bloße Trennung der Eheleute entfallen. Ob sie durch eine Scheidung hinfällig wird, kann zur Zeit dahinstehen. Ob und wann eine Scheidung ausgesprochen wird, ist offen. Für den Fall des Eintritts dieses zukünftigen ungewissen Ereignisses kann jetzt eine Feststellung noch nicht getroffen werden. Daß - anders als in den erörterten sogenannten Siefkindfällen - die Geschäftsgrundlage nicht durch die bloße Trennung der Eheleute entfallen ist, beruht auf folgendem: Hier sollte durch die Abrede nicht nur das Funktionieren der Arbeitsteilung in der Ehe sichergestellt werden (daß die Frau nicht erwerbstätig zu sein brauchte). Es sollte vielmehr außerdem und vor allem dem Umstand Rechnung getragen werden, daß der Kläger - wenn auch nicht rechtlich abgesegnet - der Vater Patricks ist und die Anfechtung der Ehelichkeit nur "verbummelt" wurde.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Hinzu kommt, daß Grundlage des erwähnten Vergleichs der Parteien u.a. ist, daß der Kläger der Beklagten für Unterhalt zu zahlen hat und mit Rücksicht auch darauf ihr selbst nicht. Wenn der Unterhalt für ... nicht mehr zu zahlen wäre, müßte der Kläger wohl jedenfalls diesen Betrag für den Unterhalt der Beklagten selbst zur Verfügung stellen. Somit kann er sich auf einen eventuellen Wegfall seiner Unterhaltspflicht gegenüber der Beklagten, soweit es Patrick betrifft, jedenfalls zur Zeit auch aus diesem Grunde (§ 242 BGB) nicht berufen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1 und 708 Nr. 10 ZPO. Wegen der Singularität der Umstände des vorliegenden Falles hat der Senat davon abgesehen, die Revision zuzulassen.</p>
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315,475 | olgk-1987-04-29-2-u-11386 | {
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} | 2 U 113/86 | "1987-04-29T00:00:00" | "2019-03-13T14:56:44" | "2019-03-27T09:43:01" | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1987:0429.2U113.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 8. Juli 1986 - 3 0 608/84 - wie folgt abgeändert und neu gefaßt:</p>
<p></p>
<p>Die Beklagten werden unter Abweisung der Klage im übrigen als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 19.531,90 DM (i.W.: neunzehntausendfünfhunderteinunddreißig 90/100 Deutsche Mark) nebst 4 % Zinsen aus 14.199,67 DM für die Zeit vom 1. Februar 1985 bis 1. De­zember 1985 und aus 19.531,90 DM seit dem 2. Dezember 1985 zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>2. Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten zu 98,06 % und dem Kläger zu 1,94 % auferlegt.</p>
<p></p>
<p>3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Vollstreckung durch den Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 30.000,-- DM abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor in derselben Höhe Sicherheit lei­stet.</p>
<p></p>
<p>Beide Parteien können Sicherheit auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer west­deutschen Großbank oder öffentlich-rechtli­chen Sparkasse leisten.</p>
<p></p>
<p>4. Die Urteilsbeschwer übersteigt für keine Par­tei 40.000,-- DM.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><strong>Tatbestand</strong></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten pachteten gemäß einem vom 1. April 1979 datierenden "Pachtvertrag" (Blatt 68 bis 71 GA) den vom Kläger verwalteten Gutsbesitz "Hofgut S.". Der Grund­besitz besteht im wesentlichen aus einem Hofgrundstück. mit Zufahrt, einer Hofparzelle, einem Wohnhaus, einer of­fenen Lagerhalle, massiven Stallungen mit Anliegerwohnung, einer Scheune, separat stehendem Stallgebäude sowie Grün- und Weideland. Nach dem Vertrag ist der Gutshof zur Pferdehaltung verpachtet worden. Das Pachtverhältnis begann, was in der Berufungsinstanz unstreitig ist, am 1. April 1979 und soll - bei Verlängerungsmöglichkeit - bis zum 31. März 1989 laufen. Seit der mündlichen Verhandlung in der Beru­fungsinstanz ist unstreitig, daß die Größe der Hofparzelle 4.500 qm beträgt. Auf. diesen Wert haben sich die Parteien für diesen Rechtsstreit vergleichsweise geeinigt.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der monatliche "Pachtzins" war gemäß § 3 des Vertrages auf 1.500,-- DM für die Zuwegung, das Hofgrundstück und die aufstehenden Gebäude festgesetzt. Bis zum 31. März 1985 wurde hierauf eine vertraglich vereinbarte monatliche Er­mäßigung von 500,-- DM gewährt. Dazu heißt es in dem Ver­trag:</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">"Diese Beträge (insgesamt 36.000,-- DM) sind zweckgebunden und für Arbeiten an Dach und Fach zu verwen­den. Ab dem 1. April 1985 ist der volle Pachtzins von 1.500,-- DM monatlich fällig."</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Pachtzins für die landwirtschaftliche Nutzfläche wur­de mit netto 100,-- DM (gemeint: jährlich) pro Morgen vereinbart und sollte ebenfalls monatlich entrichtet werden.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Ferner heißt es in dem Pachtvertrag, daß der Pächter alle mit dem Hofgebäude und den Grundstücken verbundenen Neben­ausgaben, beispielsweise die Feuer-, Sturm- und Leitungsversicherung, die Grundsteuer, die Abgabe an die Landwirt­schaftskammer, die Berufsgenossenschaft sowie alle wei­teren mit dem Grundbesitz verbundenen Lasten übernimmt.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Pachtzinsvereinbarung war zugleich mit einer Wertsicherungsklausel versehen, nach der eine Erhöhung oder Verminderung des Pachtzinses entsprechend den Veränderungen des Lebenshaltungskostenindexes des Statistischen Landes­amts für Nordrhein-Westfalen für einen Vier-Personen­-Arbeitnehmer-Haushalt mit mittlerem Einkommen bei allein­verdienendem Haushaltsvorstand eintritt, sobald sich der Indexes um mehr als fünf Punkte verändert, bezogen auf die Basis 1972 = 100. Das Statistische Landesamt Nord­rhein-Westfalen veröffentlicht den bezogenen Index aller­dings nur auf der Basis 1970 = 100 und 1976 = 100.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Vertragsklausel wurde gemäß § 3 Währungsgesetz durch die Landeszentralbank in Nordrhein-Westfalen genehmigt. Wörtlich heißt es zur Anpassung des Pachtzinses in dem Vertrag:</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">"Ändert sich der Preisindex für die Lebenshaltung nach dem genannten Index gemessen am Stande 1972 = 100 um mehr als fünf Punkte, so erhöht oder ver­ringert sich die Pacht entsprechend. Eine eingetre­tene Erhöhung oder Verringerung kann auch nachträg­lich geltend gemacht werden."</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Durch § 4 des Vertrages ist eine Aufrechnung, Minderung oder ein Zurückbehaltungsrecht seitens des Pächters gegenüber der Pachtzinsforderung oder etwaiger Nebenkosten aus­geschlossen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Neben weiteren Regelungen bestimmt schließlich § 5 des Vertrages, daß der Pächter das Objekt in dem derzeitigen Zustand übernimmt und für die Erhaltung des Pachtobjekts einschließlich aller Schönheits- und sonstiger Reparaturen einschließlich der Reparaturen an Dach und Fach selbst aufzukommen hat.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Parteien streiten im wesentlichen darüber, ob die Beklagten mit der Bezahlung von Pachtzinsen und Nebenkosten, die der Kläger erstmalig mit Schreiben vom 19. Februar 1984 geltend machte, im Rückstand sind und ob den Beklagten Pachtminderungsansprüche und Verwendungsersatzansprüche zustehen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Seit der mündlichen Verhandlung vom 15. April 1986 ist un­streitig, daß die Beklagten aufgrund des "Pachtvertrages" vom 1. April 1979 aus dem Gesamtgrundbesitz des Klägers von 48,22 ha ein Areal von 8,05 ha (abzüglich der Hof- und Gebäudefläche, deren Inhalt streitig ist) nutzen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat gemeint, die Beklagten seien mit Pachtzins- und Nebenkostenzahlungen für die Zeit bis zum 23. September 1985 mit 23.847,84 DM im Rückstand. Wegen der Berechnung dieses Rückstandes wird auf die Anlagen 1 bis 15 zum Klageerhöhungsschriftsatz vom 25. Oktober 1985 (Blatt 141 bis 160 GA) Bezug genommen. Bei der Berechnung des Rückstandes beruft er sich auf die vertragliche Preisindexklausel. Im übrigen hat er behauptet, die ge­samte Pachtfläche sei von Vertragsbeginn an, dem 1. April 1979, entgeltlich verpachtet gewesen. Ein Er­satz etwaiger Investitionen in das Pachtobjekt sei den Beklagten über den im Vertrag festgehaltenen Gesamtbetrag von 36.000,-- DM hinaus nicht zugesagt worden.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Nach Erhebung der am 1. Februar 1985 den Beklagten zugestellten Klage lautend auf Zahlung von 14.199,67 DM hat der Kläger seine Klage mit Schriftsatz vom 25. Oktober 1985, den Beklagten zugestellt am 2. Dezember 1985, auf einen Forderungsbetrag von 23.847,84 DM erhöht. Nach Verhandlung und Beweisaufnahme hat der Kläger sodann seine Kla­ge mit Zustimmung der Beklagten auf 20.128,78 DM ermä­ßigt (Blatt 306 GA). Dies entspricht dem im Gutachten des Sachverständigen T. vom 5. Juni 1986 in vorliegender Sache ermittelten Betrag, der sich ergibt, wenn der Index auf der Basis 1970 auf die vertraglich vereinbarte Basis 1972 umgerechnet wird und bei Berücksichtigung einer entgeltlich gepachteten landwirtschaft­lichen Fläche von zunächst 5,519 ha (ohne Koppel 16 und Koppel 21) sowie ab 1. Januar 1981 zuzüglich 1,62 ha (Koppel 16) und ab 1. November 1983 zuzüglich weiterer 0,541 ha (Koppel 21).</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von 20.128,78 DM zuzüglich 9,5 % Zin­sen aus 14.199,67 DM seit 1. Februar 1985 bzw. aus dem darüber hinausgehenden Betrag seit 2. Dezember 1985 zu verurteilen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Sie haben gemeint, der Saldo zu ihren Lasten belaufe sich bei richtiger Durchführung des Vertrages auf lediglich 214,42 DM, da die Indexklausel unwirksam sei und - wie sie behauptet haben - die Pachtsache erst am 10. April 1979 bezogen worden sei. Weiter haben sie behauptet, die Kop­peln 16 und 21 hätten erst später gegen Entgelt genutzt werden sollen. Darüber hinaus seien die Nebenkostenforderungen des Klägers nicht mehr offen, zumindest aber, was die Jahre 1979 und 1980 angeht, verjährt. An die Berufsgenossenschaft hätten sie selbst Zahlungen geleistet.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Eine Umlage der vom Kläger geleisteten Beträge scheide daher aus.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Gegenüber einem etwaigen Pacht- und Nebenkostenanspruch des Klägers haben die Beklagten hilfsweise die Aufrechnung erklärt, und zwar zum einen mit Pachtminderungsansprüchen in Höhe von 4.125,-- DM. Eine derartige Auf­rechnung sei entgegen dem Vertrag möglich, da es hier der Sache nach um Wohnraummiete gehe und daher die Bestimmung des § 537 Abs. 3 BGB anwendbar sei. Zur Aufrechnung haben die Beklagten behauptet, das Badezimmer im Wohnhaus des Pachtobjekts habe ihnen elf Monate lang we­gen eines schweren Wasserschadens nicht zur Verfügung gestanden. Daher sei eine Minderung von 25 %, bezogen auf den Pachtzins für das Hofgrundstück, also 375,-- DM monatlich gerechtfertigt. Sie hätten den Schaden am 25. Mai 1983 sowohl Herrn P. von der Q. Versicherung als auch dem Kläger telefonisch gemeldet. Der Versicherungsvertreter P. habe sich darauf­hin bei einer Ortsbesichtigung am 13. Juni 1983 von Schaden und Schadensumfang überzeugt und dem Kläger eine Schadensmeldung zur Unterschrift vorgelegt. Seit diesem Tag hätten die Beklagten immer wieder mündlich und schriftlich, zuletzt mit Schreiben vom 28. Februar 1984, die Beseitigung des Schadens angemahnt. Die Beklagten haben die Auffassung geäußert, der Kläger sei schon deshalb zur Übernahme der Reparaturkosten verpflichtet, weil er gegen derartige Schäden versichert sei.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Ferner haben die Beklagten hilfsweise die Aufrechnung mit einem Ersatzanspruch für angeblich gemachte Verwendungen erklärt. Sie haben in diesem Zusammenhang ge­äußert, der Kläger sei gemäß einem Schreiben vom 20. Fe­bruar 1979 (Blatt 36 und 37 GA), also schon vor dem Vertragsschluß, verpflichtet, 2/3 der Reparaturkosten an Dach und Fach zutragen. Sie haben behauptet, diese Ver­pflichtung habe der Kläger ihnen gegenüber auch noch nach der mündlichen Verhandlung in vorliegender Sache vom 25. September 1985 im Rahmen von Vergleichsverhandlungen anerkannt. Da sie - wie sie behauptet und durch Vorlage zahlreicher Rechnungskopien (Anlagehefter zu Blatt 200 ff. GA) unter Beweis gestellt haben - Gesamt­aufwendungen in Höhe von 113.899,95 DM getätigt hätten, entfalle auf den Kläger ein Anteil von 75.933,30 DM, worauf die durch Verrechnung mit den Pachten bereits er­brachten 36.000,-- DM anzurechnen seien. Den Restbetrag haben sie zur Aufrechnung gestellt. Im einzelnen hätten sie insbesondere 23 neue Fenster eingesetzt sowie 8 Türen, sämtliche Fußböden, einige Decken und Holzbekleidun­gen erneuert. Die Badezimmer seien gefliest und teilweise seien völlig neue Sanitäreinrichtungen eingebaut worden. Schließlich sei die Zuwegung zum Wohnhaus gepflastert worden. Die Außenanlagen und die Hofeinfriedung seien völ­lig neu erstellt worden. Elektro-, Glas- und Dachrepara­turen sowie Reparaturen an Mauern und Holzwänden seien erforderlich gewesen. Schließlich seien diverse Schutzanstriche vorgenommen worden. Auf Verlangen der Unteren Wasserbehörde sei die Dungstätte aufwendig instandgesetzt worden. Schließlich sei am Öltank ein Grenzwertgeber installiert worden. Dabei hätten sie in die o.a. Summe nur (belegbare) Materialien und Fremdleistungen einfließen lassen, nicht aber die ebenfalls erheblichen Eigenlei­stungen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die von den Beklagten bezüglich der Nebenkostenforderungen erhobene Verjährungseinrede hat der Kläger schon des­halb nicht für durchgreifend gehalten, weil man sich streitig über einen längeren Zeitraum in Vergleichsver­handlungen befunden habe. Zudem seien die eingehenden Zahlungen, mangels einer entsprechenden Tilgungsbestimmung seitens der Beklagten zunächst auf die Nebenkosten verrechnet worden. Dem haben die Beklagten entgegengehal­ten, sie hätten eine derartige Tilgungsbestimmung ge troffen, und zwar mit der vom Kläger selbst überreich­ten Aufstellung der Beklagten vom 28. Februar 1984 (Blatt 50 f. GA).</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">In bezug auf die geltend gemachte Pachtminderung wegen des Wasserschadens hat der Kläger behauptet, die Beklagten hätten ihm diesen Schaden erst mit elfmonatiger Ver­spätung im März 1984 gemeldet und gebeten, diesen über die vom Kläger - ohne vertragliche Verpflichtung unter­haltene - Versicherung bei der Q. abwickeln zu dürfen. Erst aufgrund dieser Schadensmeldung habe ein Ge­spräch mit der Q. stattgefunden. Zudem sei der Kläger vertraglich gar nicht zur Erhaltung der Pachtsache verpflichtet gewesen. Minderung oder Aufrechnung kämen wegen des vertraglichen Aufrechnungsverbots nicht in Betracht. Schließlich hat er behauptet, das Badezimmer sei trotz des Wasserschadens benutzbar gewesen und auch tatsächlich benutzt worden.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Zu den von den Beklagten zur Aufrechnung gestellten Verwendungsersatzansprüchen hat der Kläger behauptet, sie seien zum Teil - wie das Auswechseln von achtzehn alten Sprossenfenstern - überflüssig gewesen oder hätten gar eine Verschlechterung der Bausubstanz dargestellt. Darüber hinaus hat er behauptet, daß nicht einmal die 36.000,-- DM, für die der Pachtnachlaß gewährt wurde, investiert worden seien.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Mit Urteil vom 8. Juli 1986 hat das Landgericht die Be­klagten antragsgemäß verurteilt, jedoch mit Ausnahme der über 4 % hinausgehenden Zinsforderung, da es an entspre­chendem Vortrag fehlte.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Zur Begründung hat es angeführt, daß der Pachtbeginn auf den 1. April 1979 habe angenommen werden müssen, da die Beklagten den ihnen obliegenden Beweis eines späteren Pachtbeginns nicht hätten führen können. Über die Frage, ob die Koppeln 16 und 21 zunächst ohne Entgelt genutzt werden sollten, habe das Landgericht nicht ent­scheiden müssen, da die diesbezüglichen Pachtzins- und Nebenkostenforderungen nach der Klagerücknahme nicht mehr im Streit gewesen seien. Die Indexklausel hat das Land­gericht für wirksam gehalten, da eine Umrechnung auf die vertragliche Basis 1972 = l00 sowohl vom Sachverständi­gen als auch vom Statistischen Landesamt als nicht zu beanstandende Rechenregel bei der Abrechnung von Pacht­zinsen bezeichnet worden sei.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">An den Nebenkosten seien die Beklagten auf der Grundlage der vom Sachverständigen ermittelten Grundstücksflächen mit 16,69 % zu beteiligen, so daß der von den Beklagten zu tragende Anteil 7.810,22 DM betrage. Die Beweisaufnahme habe im übrigen ergeben, daß die Beklagten keine – wie von ihnen behauptet - weiteren Zahlungen an die Berufs­genossenschaft geleistet hätten.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Insgesamt hat das Landgericht daher die Klageforderung - soweit sie noch rechtshängig war - für begründet erachtet.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks"> Die dagegen gerichteten Hilfsaufrechnungen der Beklagten hat es für unbegründet gehalten. Bezüglich des Wasserschadens stehe dem die pachtvertragliche Regelung entge­gen, nach der die Pächter zur Erhaltung der Pachtsache verpflichtet seien. Daran ändere sich auch dadurch nichts, daß der Kläger das Objekt auf seine Kosten versichert habe. Deshalb könne offenbleiben, ob der vertragliche Auf­rechnungs- und Minderungsausschluß, der nach § 537 Abs. 3 BGB bei Wohnraummietverhältnissen unzulässig sei, unwirksam sei.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Auch für den zur Aufrechnung gestellten Verwendungsersatzanspruch hat das Landgericht keine Rechtsgrundlage gesehen. Die Beteiligung des Klägers an Verwendungen auf die Pachtsache sei durch den Vertrag ausdrücklich auf 36.000,-- DM beschränkt gewesen. Der durch Partei­vernehmung des Klägers angetretene Beweis, daß entgegen dem Vertrag weiter die Regelung aus dem - von vor dem Vertragsschluß datierenden 4 Schreiben des Klägers vom 20. Februar 1979 Gültigkeit haben sollte, sei den Beklagten nicht gelungen. Zudem seien die Verwendungen trotz entsprechenden Hinweises durch die von den Beklag­ten vorgelegten unübersichtlichen Rechnungskopien nicht in gehöriger Form belegt worden.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Gegen das am 16. Juli 1986 dem Kläger und am 17. Juli 1986 den Beklagten zugestellte Urteil haben die Beklagten am 8. August 1986 Berufung eingelegt, die sie nach Fristverlängerung bis zum 17. November 1986 an diesem Tag be­gründet haben.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Sie meinen, der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag sei der Sache nach in erster Linie ein Mietvertrag über Wohnraum. Die Angabe im Vertrag, daß das Pachtobjekt zum Zwecke der Pferdehaltung verpachtet werde, sei unzutreffend. Sie sei vom Kläger, der den Text vorformuliert habe, vorgegeben worden. Tatsächlich beschränke sich die Pferdehaltung auf wenige als Hobby gehaltene Reitpferde.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Darüber hinaus halten sie die Vereinbarung der Wertsicherungsklausel für unwirksam, da der in Bezug genommene Index mit der Basis 1972= 100 nicht existiere. Es könne nicht einfach eine Umrechnung vorgenommen werden, sondern es müsse geprüft werden, was aus der Vereinbarung einer - wie die Beklagten meinen - objektiv unmöglichen Leistung für Schlußfolgerungen zu ziehen seien. Sie mei­nen, die dabei entstehende Lücke müsse durch Auslegung geschlossen werden, wobei kaum davon ausgegangen werden könne, daß sich die Parteien auf die Anwendung eines In­terpolierten Indexes geeinigt hätten. Die durch Auslegung zu ermittelnde Vereinbarung eines anderen Indexes sei aber nicht mehr von der Genehmigung nach § 3 Währungsge­setz gedeckt. Dabei komme hinzu, daß die Genehmigungsbe­hörde nicht über den wahren Inhalt des Vertrages, also eines (mindestens teilweise) Mietvertrages über Wohnraum, getäuscht werden dürfe.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Schließlich meinen sie, daß - bei unterstellter Wirksamkeit der Indexklausel - der erhöhte Pachtzins erst von einem entsprechenden Erhöhungsverlangen an gefordert wer­den könne und nicht schon automatisch, sobald der Index sich um mehr als fünf Punkte verändert habe. Dies gelte erst recht, wenn und solange Unklarheit über die Wirksam­keit der Wertsicherungsklausel bestehe, die erst durch Auslegung von seiten des Gerichts beseitigt werden könne. Die (unstreitig) erstmalige Geltendmachung der Erhöhungs­beträge am 29. Februar 1984 ohne frühere Erhöhungsver­langen verstoße jedenfalls gegen Treu und Glauben und sei zumindest verwirkt, vor allem, da nach Auffassung der Beklagten der Pachtvertrag in der Sache ein Mietvertrag über Wohnraum sei.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Weiter haben sie die vom Sachverständigen mit 0,37 ha zugrunde gelegte Größe des Hofgrundstücks für unzutref­fend gehalten und zunächst behauptet, dieses habe eine Größe von mindestens 0,7 ha.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Das vertragliche Aufrechnungsverbot sei unwirksam, da es sich inhaltlich um einen privaten Miet- und nicht um einen gewerblichen Pachtvertrag handele. Ein Minderungsanspruch wegen des Wasserschadens stehe den Beklagten zu, da die Erhaltungspflicht der Beklagten nicht für den Be­reich gelten, in dem der Kläger - wie sie meinen - ver­traglich verpflichtet sei, eine Versicherung zu unter­halten. Jedenfalls müsse er beim Bestehen einer solchen Versicherung die aus ihr herzuleitenden Rechte zugun­sten der Beklagten geltend machen. Die Beklagten behaup­ten in diesem Zusammenhang weiter, sie hätten den Schaden unverzüglich dem Kläger und der Versicherung gemeldet. Der Kläger habe auch seine Ersatzpflicht nicht in Zweifel gezogen, sondern lediglich die Erfüllung verzögert, weil die Versicherungsleistung noch nicht erbracht worden sei.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Bezüglich der weiteren zur Aufrechnung gestellten Verwendungsersatzansprüche sind die Beklagten der Ansicht, sie seien durch den Pachtvertrag nicht auf 36.000,-- DM begrenzt. In Höhe des dort festgeschriebenen Erstattungs­betrages habe lediglich eine <u>Verpflichtung</u> der Beklagten zur Durchführung von wertverbessernden Arbeiten an Dach und Fach festgeschrieben werden sollen. Dabei seien weder die Einzelheiten noch die Reihenfolge festgelegt worden. Es habe aber Einigkeit darüber bestanden, daß die Beklagten das vom Vorpächter vernachlässigte Gut in einen erstklassigen Zustand hätten versetzen sollen. Die Frage des Umfangs der Verwendungen sei im Vertrag nicht geregelt worden. Insoweit habe für die 36.000,-- DM übersteigenden Verwendungen weiterhin die Kostenver­teilung gegolten, nach der der Kläger 2/3 habe tragen müssen und wie sie im Schreiben vom 20. Februar 1979 niedergelegt worden sei. Diese Vereinbarung sei durch den später unterschriebenen Vertrag nicht gegenstandslos geworden, da dieser nur besagt, daß <u>mündliche</u> Nebenab­reden nicht geschlossen worden seien.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Die damit dem Grunde nach bestehenden Verwendungsersatzansprüche der Beklagten seien durch die geordnet vorgelegten Rechnungen und Belege in ausreichender Form substantiiert worden, zumal der Kläger diese Verwendun­gen seinerseits nur pauschal bestritten habe.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten beantragen, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Seiner Ansicht nach bestehen gegen die Wirksamkeit der Indexklausel und an der Möglichkeit, sie auf ein neues Basisjahr umzurechnen, keine Bedenken. Der Kläger sei durch den Vertrag auch nicht an der nachträglichen Geltendmachung der Erhöhungsbeträge gehindert. Die wider­spruchslose Entgegennahme eines zu geringen Pachtzinses kein schutzwürdiges Vertrauen der Beklagten darauf, daß Nachforderungen ausgeschlossen seien.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Gegenansprüche stünden den Beklagten nicht zu. Bezüglich des Wasserschadens scheitere ihre Geltendmachung bereits daran, daß der im Vertrag enthaltene Aufrechnungsausschluß wirksam sei, weil der Vertrag ein Pachtvertrag sei. Darüber hinaus treffe die Sacherhaltungspflicht die Beklagten.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Der Verwendungsersatzanspruch sei vertraglich auf 36.000,-- DM begrenzt gewesen. Nicht einmal Verwendungen in dieser Höhe seien jedoch von den Beklagten ausgeführt worden. Zudem habe der Kläger nie in eine Regelung eingewilligt, nach der er über diesen Betrag hinaus Verwen­dungen erstatten solle. </p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Im Hinblick auf die Verjährung der Pachtzinserhöhungs­ beträge aus dem Jahre 1979 hat der Kläger die Klage be­züglich eines Betrages von 353,56 DM in der mündlichen Berufungsverhandlung zurückgenommen.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist mit Ausnahme eines kleinen Teilbetrages unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks"> Das Landgericht war sachlich zuständig. Es kommt dabei nicht darauf an, ob es sich um eine bürgerliche Rechts­streitigkeit betreffend die Bandpacht im Sinne von § 1 Nr. 1 a LwVG handelt, für die nach § 2 Abs. 1 Satz 1 LwVG die Amtsgerichte als Landwirtschaftsgerichte ausschließlich zuständig sind.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Dem Berufungsgericht ist auch trotz § 529 Abs. 2 ZPO eine Überprüfung der erstinstanzlichen ausschließlichen Zuständigkeit nicht verwehrt. Zwar handelt es sich bei der Zuständigkeit des Amtsgerichts als Landwirtschaftsgericht um eine ausschließliche Zuständigkeit im Sinne von § 529 Abs. 2 ZPO. Durch die Zuweisung einer Sache an einen besonderen Spruchkörper innerhalb des Gerichts ist jedoch zugleich die funktionelle Zuständigkeit des angegangenen Gerichts betroffen. Funktionelle und ausschließliche Zuständigkeit können im Rahmen von § 529 Abs. 2 ZPO nicht gleich behandelt werden, da der Gesetzgeber gerade im Zuständigkeitsbereich die Grenzen immer sehr scharf zieht (ebenso OLG Celle, MDR 1976, S. 586; Baumbach/ Lauterbach/Alberst 45. Auflage 1987, § 529 ZPO, Anm. 2 C; Zöller/Schneider, 14. Auflage 1984, § 529 ZPO, Anm. 2 c; anders OLG Koblenz, MDR 1968, S. 677; BarnsStedt/Steffen, 3. Auflage 1982, § 23 LwVG, Rnr. 7). Dies hat er indirekt dadurch bestätigt, daß er die Ein­fügung von § 529 Abs. 3 ZPO n.F. für erforderlich gehal­ten hat, um die Regelung des § 529 Abs. 2 ZPO auf einen anderen Bereich der funktionellen Zuständigkeit, nämlich die Familiensachen, zu übertragen. Auch §§ 48 Abs, 2, 23 Abs. 2 LwVG schließen eine Überprüfung nicht aus, da sie den Umkehrfall betreffen, daß ein Landwirtschafts­gericht angegangen wurde (vgl. Barnstedt/Steffen, § 23 LwVG, Rnr. 7).</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Eine Entscheidung der Frage, ob es sich hier um eine Landwirtschaftssache handelt, ist aber letztlich deshalb nicht erforderlich, weil nach Art. 5 des Gesetzes zur Neuordnung des landwirtschaftlichen Pachtrechts vom 8. November 1985 (BGBl. I S. 2065, 2074) "bürgerliche Rechtsstreitigkeiten aus Landpachtverträgen, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes (= 1. Juli 1986) anhängig sind, ... nach dem bisher geltenden verfahrensrechtlichen Vorschriften zu Ende geführt" werden.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat nach § 581 Abs. 1 Satz 2 BGB in Verbindung mit dem Pachtvertrag und insbesondere der Index­klausel Anspruch auf die rückständigen Erhöhungsbeträge und Erstattung der gezahlten Nebenkosten.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Die Indexklausel ist wirksam. Sie verstößt hinsichtlich des mitverpachteten Wohnraums nicht gegen zwingende Vorschriften über Umfang und Grenzen bei der Erhöhung des Mietzinses für Wohnraum (§ 10 Abs. 1 MHG). Denn der als Pachtvertrag bezeichnete Vertrag zwischen den Parteien ist kein Mietvertrag über Wohnraum.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">a) </p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Mit dem "Pachtvertrag* wurden den Beklagten außer dem Hofgrundstück auch noch weitere Gebäude sowie landwirtschaftliche Fläche zur Nutzung überlassen. Das Hof­grundstück war mithin nicht einziger Vertragsgegenstand, so daß eine Behandlung des Vertrages als Wohn­raummietvertrag unter dem Gesichtspunkt der FalschbeztZeichnung ausscheidet.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Im Verhältnis von Mietverträgen zu anderen als Pachtverträgen (sogenannte Mischmietverträge) wird zwar zum Teil angenommen, die für diese Vertragstypen angeordneten Rechtsfolgen könnten miteinander kombiniert werden (vgl. Palandt/Putzo, BGB, vor § 535 BGB, Anm. 3). Eine solche Spaltung ist im Verhältnis von Miet- zu Pachtvertrag je­doch nicht möglich (vgl. MK/Voelskow, BGB, 1980, vor § 535 BGB, Rnr. 13). Das ergibt sich aus der engen Ver­wandtschaft der beiden Vertragstypen, die jeweils eine differenzierte Regelung der gegenseitigen Vertragspflich­ten enthalten. Diese verbietet es, das ausgewogene Ge­setzesmodell dadurch aufzuweichen, daß einzelne Vorschriften aus beiden Vertragstypen - etwa bezüglich der Erhal­tungspflichten oder der Kündigungsmöglichkeiten - miteinander kombiniert werden.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Die damit notwendige Einordnung des Vertrages führt zur Annahme eines Pachtvertrages. Dafür spricht bereits die Bezeichnung des Vertrages (vgl. MK/Voelskow, vor § 535 BGB, Rnr. 12 und NJW 1,983, 914). Es folgt weiter daraus, daß der Wohnraum nicht als Hauptsache überlassen werden sollte (vgl. MK/Voelskow, Rn. 13 vor § 535 BGB; Palandt/ Putzo, Anm. 2 a vor § 535 BGB; Voelskow, NJW 1983, 911). Er könnte zwar mit der Begründung als Hauptsache angesehen werden, daß der größte Teil des Pachtzinses (1.500,-- DM von 1.683,97 DM, bei Vertragsbeginn) auf das Hofgrundstück mit Gebäuden entfällt. Diese Betrachtung läßt aber außer acht, daß der auf das "Hofgrundstück" entfallende Pachtzins nicht nur das Wohnhaus, sondern das recht große (unstreitig mindestens 4.500 qm) Hofgrund­stück selbst einschließlich Zufahrt betrifft sowie eine offene Lagerhalle, massive Stallungen mit einer Anlieger­wohnung, eine Scheune und ein weiteres, separat stehendes Stallnebengebäude (vgl. § 1 Ziffern 1 und 2 des "Pachtvertrages", Blatt 68 GA). Vor allem aber liegt hinsicht­lich der überlassenen Vermögenswerte (8 ha Land) der Schwerpunkt des Vertrages nicht auf der Überlassung des Wohnraums. Schließlich kommt in der vertraglich vorgesehenen Verpflichtung der Pächter zur Durchführung wert­verbessernder Investitionen zum Ausdruck, daß auch bezüglich der von den Beklagten zu erbringenden Gegenleistung der Vertrag nicht dem typischen Erscheinungsbild eines Wohnraummietvertrages entspricht.</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">c)</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Bestätigt wird diese Einordnung dureh die Neukodifizierung des landwirtschaftlichen Pachtrechts, wobei offen­bleiben kann, ob es sich hier um einen derartigen land­wirtschaftlichen Pachtvertrag handelt. In § 585 Abs. 1 Satz 1 BGB werden nämlich die zur Bewirtschaftung eines Grundstücks dienenden Wohn-(!) und Wirtschaftsgebäude als Teil eines einheitlich <u>verpachteten</u> landwirtschaftli­chen Betriebs angesehen (ähnlich auch MK/Voelskow, vor § 535 BGB, Rnr. 13: Überlassung von Grundstück zur landwirtschaftlichen oder gärtnerischen Nutzung mit Wohngebäude ist Pacht; Überlassung eines Wohnhauses mit Garten ist - einheitlich - Miete).</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">2. a)</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Auch die Vereinbarung des Basisjahres 1972 = 100 steht der Anwendung des Indexes nicht entgegen, obwohl ein solcher vom Statistischen Landesamt nicht veröffentlicht wird. Darin liegt nicht die Vereinbarung einer unmöglichen Leistung im Sinne von § 306 BGB. Die Leistung auf der Grundlage der von den Parteien vereinbarten Index­klausel ist nämlich möglich, wie die Auskunft des Sta­tistischen Landesamts und die Umrechnung durch den Sach­verständigen ergeben haben. Auch kann nicht die Rede da­von sein, daß der von den Parteien in Bezug genommene Index nicht existiere. Denn lediglich für die Veröffent­lichung werden die vorhandenen Daten auf eine - aus Vereinfachungsgründen beschränkte - Zahl von Basisjahren umgerechnet. Dabei hat die Bezugnahme auf ein späteres Basisjahr (bei tendenziell steigenden Preisen) lediglich zur Folge, daß die gleiche Preissteigerung einen höheren Punktesprung auslöst, daß also die in absoluten Punkten ausgedrückte Grenze für die Anpassung einer Leistung schneller erreicht wird.</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Gegen eine Anwendung des Indexes mit der Basis 1972 = 100 bestehen auch nicht deshalb Bedenken, weil es sich bei dem im Vertrag angegebenen Basisjahr um eine aufgrund beiderseitigen Irrtums der Parteien angegebene Bezugsgröße handelt. Dafür fehlt jeder Anhaltspunkt.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">c)</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Damit fehlt es auch an einer Vertragslücke, deren Schließung unter Berücksichtigung des mutmaßlichen Parteiwil­lens erforderlich wäre. Dieser wäre im übrigen dahingehend vorzunehmen, daß ein anderes, dem im Vertrag genann­ten möglichst nahekommendes Basisjahr zu bestimmen wäre, auf dessen Grundlage ein Index veröffentlicht wird.</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Da dadurch keine stärkeren Pachtzinserhöhungen ermöglicht werden dürften, käme hierfür allein das Jahr 1970 in Betracht. Weder dies noch die Tatsache, daß im Rahmen des Pachtvertrages auch ein Wohngebäude überlassen wurde, würde im übrigen zu einem Wegfall der von der Landeszen­tralbank nach § 3 Währungsgesetz erteilten Genehmigung führen. Diese hat nämlich die Klausel innerhalb des ihr vorgelegten Vertrages, also mit den Ansatzpunkten, die zu Unklarheiten hätten führen können, und in Kenntnis der genaueren Zusammensetzung des Pachtobjekts genehmigt, so daß von einer Täuschung der Genehmigungsbehörde keine Rede sein kann.</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">3.</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Es ist auch nicht ausgeschlossen, daß die aufgrund der Indexklausel sich ergebenden Erhöhungsbeträge rückwirkend geltend gemacht werden. Insoweit könnte zwar die Regelung in § 3 des Vertrages dahingehend verstanden wer­den, daß - ähnlich § 2 Abs. 4 MHG für die Wohnraummiete - der erhöhte Pachtzins erst ab Zugang des Erhöhungsverlangens geschuldet sein soll. Dem steht jedoch der Wortlaut der Bestimmung entgegen, nach der sich bei Änderun­gen des Indexes die Pacht entsprechend erhöht oder ver­ringert. Damit ist ausgedrückt, daß Änderungen des In­dexes automatisch eine Änderung des Pachtzinses nach sich ziehen. Andernfalls hätte nämlich die - ebenfalls ge­bräuchliche - Formulierung nahegelegen, daß der Verpäch­ter bei Änderung des Indexes um mehr als x Punkte eine Erhöhung des Pachtzinses verlangen kann. Dafür, daß die Parteien hier die automatische Anpassung gewollt haben, spricht auch, der Zusatz, daß "eine eingetretene Erhöhung oder Verringerung ... auch nachträglich geltend gemacht werden" kann. Damit wollten die Parteien nochmals deut­lich machen, daß es für die Erhöhung oder Verringerung des Pachtzinses gerade keines dahingehenden vorherigen Verlangens bedarf. </p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">4. a)</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Das rückwirkend geltend gemachte Erhöhungsverlangen ist auch nicht verwirkt. Seit der Möglichkeit ihrer Geltendmachung ist zwar eine längere Zeit verstrichen. Beson­dere Umständer die eine Geltendmachung der Erhöhungsbe­träge innerhalb der Verjährungsfrist als treuwidrig er scheinen lassen könnten (vgl. Palandt/Heinrichs, § 242 BGB, Anm. 9 a), sind hier jedoch nicht ersichtlich.</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">Von dem Erfordernis, daß zum Zeitablauf noch besondere Umstände hinzutreten müssen, wird im Bereich des Mietrechts allerdings abgesehen und im Wege typisierender Betrachtung die Verwirkung allein vom Ablauf bestimmter Fristen abhängig gemacht (so etwa OLG Köln, MDR 1960, 402; für Mietzins; LG Mannheim, WuM 1976, 225, 226; LG Darmstadt, WuM 1976, 253 ff.; LG München 1, WuM 1978, 5 mit zust. Anm. Putz; LG Berlin, WuM 1978, 166; LG Bonn, WUM 1979, 235; sämtlich für Nebenkosten bei der Wohnraummiete, insbesondere für Heizkostennachzahlun­gen; LG Berlin, MDR 1981, 584: für eine Mietzinsgleit­klausel; MK/Voelskow, §§ 535/536, Rnr. 121; Palandt/Heinrichs, BGB, § 242 Anm. 9 d bb). Dem wird entgegen­gehalten, wegen der kurzen Verjährung gerade bei Mietzinsansprüchen sei für die Annahme einer Verwirkung ein besonders strenger Maßstab anzulegen (vgl. Soergel/Kummer, BGB, 11. Auflage 198o, §§ 535, 536 Rnr. 334; in diese Richtung auch MK/Roth, 2. Auflage 1985, BGB, § 242 Rnr. 374). überhaupt könne entgegen der untergerichtlichen Rechtsprechung der bloße Zeitablauf nicht als ausreichende Grundlage für eine Verwirkung ange­sehen werden (so BGH, NJW 1984, 1684). Dies gelte erst recht bezüglich der Nebenkosten bei gewerblicher Vermietung, da dort ein gesetzlicher Abrechnungszwang ent­sprechend § 4 Abs. 1 Satz 2 MHG fehle (a.A. MK/Voels­kow, §§ 535/536, Rnr. 121).</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">Dieser im Mietrecht teilweise zur Frage der Verwirkung vertretene Standpunkt kann auf den hier vorliegenden Pachtvertrag nicht übertragen werden. Zwar sind Miete und Pacht hinsichtlich des regelmäßig zu zahlenden Pacht- bzw. Mietzinses vergleichbar. Es ist aber zu berücksich­tigen, daß die Rechtsprechung zu den kurzen Verwirkungs­fristen sich im Bereich des Wohntaummietrechts entwickelt hat und damit in einem Bereich, der auch innerhalb des Mietrechts eine Sonderrolle spielt. Schon die Übertra­gung auf das allgemeine Mietrecht stößt nur auf verein­zelte Zustimmung (so etwa MK/Voelskow, §§ 535/536 BGB, Rnr. 121; a.A. BGH, NJW 1984, 1684). Zudem dient die kurze Verwirkungsfrist dazu, eine mittelbare Sanktion für eine entgegen § 4 Abs. 1 Satz 2 MHG nicht oder verspätet vorgenommene Nebenkostenabrechnung zu erreichen, eine Vorschrift, die außerhalb des Wohnraummietrechts keine Parallele hat. Erst recht kommt daher die Annahme einer Verwirkung für den Pachtzins selbst nicht in Be­tracht (so für die Miete bereits BGH, NJW 1984, 1684).</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">Hier kommt, anders als bei den Heizkostenabrechnungen, noch hinzu, daß es Pächter wie Verpächter in gleicher Weise möglich bzw. unmöglich ist, auf der Grundlage der Indexklausel die geänderten Pachtbeträge zu ermitteln. Zudem war die Zulässigkeit einer späteren Geltend­machung ausdrücklich individualvertraglich vereinbart.</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">5.</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat die Indexklausel auf der Grundlage des Sachverständigengutachtens jedoch teilweise unrich­tig angewandt. Für den Erhöhungsbetrag des Pachtzinses für die erst später in die Berechnung einbezogenen Koppeln 16 und 21 ist nämlich der Index des Monates zugrunde gelegt worden, in dem die Koppeln in die Berechnung aufge­nommen waren (Koppel 16: Januar 1981 statt Dezember 1980; Koppel 21: November statt September 1983). Damit ist die Ausgangspacht für die erst später in die Berechnung einbezogenen Flächen höher als dies bei Berücksichti­gung des 5-Punkte-Sprungs der Fall wäre. Dies ist bei der Neuberechnung des rückständigen Pachtzinses zu berücksichtigen.</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Darüber hinaus ist bei der Neuberechnung von der mit 4.500 qm unstreitig gewordenen Fläche des Hofgrundstücks auszugehen.</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">6.</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat schließlich Anspruch auf anteiligen Ersatz der Nebenkosten. Dieser Anspruch ergibt sich aus dem Pachtvertrag. Die Aufteilung der entstandenen Kosten ist vom Sachverständigen in erster Instanz auch entsprechend dem Verhältnis der verpachteten zur Gesamtfläche des Klägers vorgenommen worden.</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">Auch dieser Erstattungsanspruch des Klägers ist nicht verwirkt. Für Nebenkostenforderungen im Bereich des Mietrechts wird dies zwar in noch stärkerem Maße angenommen als für Forderungen auf rückständige Mieterhöhungs­beträge (vgl. die Nachweise vorstehend unter 4.). Dort wird insbesondere bei Heizkosten angenommen, daß der An­spruch auf eventuelle Nachzahlungen ein Jahr nach Ent­stehung des Anspruchs, also in der Regel ein Jahr nach Ablauf der Abrechnungsperiode, verwirkt ist.</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">Gegen eine Übertragung dieser Grundsätze auf den Streitfall spricht jedoch, daß es weder im allgemeinen Miet­recht und noch weniger im Pachtrecht eine dem § 4 Abs. 1 Satz 2 MHG entsprechende Regelung gibt, die den Vermie­ter bzw. Verpächter zur Abrechnung der Nebenkosten innerhalb eines bestimmten Zeitraums zwingt und deren Durchsetzung mangels entsprechender Verjährungsregelung durch die Annahme verkürzter Verwirkungsfristen erforder­lich ist (vgl. BGH NJW 1984, 1684). Dem wird zwar entge­gengehalten, der Vermieter müsse auch im Bereich des ge­werblichen Mietrechts nach Treu und Glauben die Abrech­nung von Nebenkosten innerhalb eines kurzen Zeitraums vornehmen, anderenfalls könne bezüglich weiterer Voraus­zahlungen ein Zurückbehaltungsrecht im Sinne von § 273 BGB ausgeübt werden (so MK/Voelskow, §§ 535/536, Rnr. 121) . Dieser Gesichtspunkt ist hier jedoch ohne Bedeutung, da die Beklagten vertraglich keine Abschlagszahlungen auf die Nebenkosten schuldeten: Gerade dies spricht gegen eine Übertragung der zu § 4 Abs. 1 Satz 2 MAG entwickelten Verwirkungsgrundsätze. Denn dort wird der Abrechnungs­zwang an die laufend gezahlten Vorauszahlungen geknüpft. Dabei ist es durchaus überzeugend, daß derjenige, der schon einen "Abschlag" gezahlt hat, nach einer gewissen Zeit in seinem Vertrauen schutzwürdig ist, daß die tatsächliche Zahlungsverpflichtung die Summe der Abschlags­zahlungen nicht übersteigt. Hier jedoch mußten die Beklagten mangels solcher Abschlagszahlungen ständig da­mit rechnen, daß noch anteilige Nebenkostenzahlungen auf sie zukommen würden. Schließlich spricht gegen eine Über­tragung der mietrechtlichen Grundsätze, daß dort, vor al­lem bei der Umlage der Heizkosten, in der Regel kompli­zierte Berechnungen erforderlich sind, oftmals zudem mit einer Vielzahl von Beteiligten, während hier eine (ein­fache) prozentuale Aufschlüsselung zwischen bloß zwei Parteien vorzunehmen ist. Der Gesichtspunkt, daß die Mög­lichkeit einer Kontrolle der Abrechnung mit dem Zeitab­lauf erschwert wird, etwa nach dem Auszug eines Mitmie­ters, gilt hier daher ebenfalls nicht.</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">7.</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">Der Berechnung des geschuldeten Pachtzins und der ge schuldete Anteil an den Nebenkosten wird im folgenden das in erster Instanz erstattete Sachverständigengutachten zugrunde gelegt, jedoch unter Berücksichtigung der unter 5. angegebenen Korrekturen. Die Koppeln 16 und 21 sind erst ab 1. Januar 1981 bzw. 1. November 1983 in die Berechnung einbezogen, da bezüglich der darauf entfallenden Pachtzinsen die Klage bereits in erster Instanz zurückgenommen worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks"><u>a) Grundstücksgrößen: </u></p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">aa) Hoffläche und landwirtschaftliche Nutzfläche:</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">623 qm</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks"><u>79.877 qm</u></p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">Gesamtgrundstücksgröße 80.500 qm</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">abzüglich Hoffläche gemäß Proto‑</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">koll der mündlichen Verhandlung</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">vom 18. März 1987 4.500 qm</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">bb) Landwirtschaftliche Nutzfläche: 76.000 qm</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">abzüglich Koppel 21 5.410 qm</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">cc) Landwirtschaftliche Nutzfläche</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">ohne Koppel 21: 70.590 qm</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">abzüglich Koppel 16.200 qm</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">dd) Landwirtschaftliche Nutzfläche</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">ohne Koppe 21 und ohne Kopel 16: 54.390 qm </p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks"><u>b) Berechnung des Pachtzinses: </u></p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">aa) Monatlicher Pachtzins ab 1. April 1979: </p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">gemäß Pachtvertrag vom 1. April 1979</p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">Hofgrundstück mit Gebäuden: 1.500,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks">5,439 ha landwirtschaftliche </p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks">Nutz­fläche x 400,--. DM : 12 <u> 181,30 DM</u></p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks"> 1.681,30 DM</p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">Indexwert April 1979 gemäß amtlichem Indexwert 1970 = l00 lt. Tabelle des Landesamtes für Datenverarbeitung und Statistik Nordrhein-Westfalen (81. 268 d.A.), umgerechnet auf Basis 1972 = 100:</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks">Jahresdurchschnitt 1972 = 110,7 Punkte April 1979 = 153,3 Punkte</p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">Indexwert April 1979 bezogen auf Basis 1972 = 100</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks"><u>153,3 x 100</u> = 138,5 Punkte</p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">110,7</p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks">Pachtzins vom 1. April 1979 bis zum 31. Januar 1980:</p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks">1.681,30 DM x 10 Monate = 16.813,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks">bb) Monatlicher Pachtzins ab 1. Februar 1980:</p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks">Indexwert 1972 lt. Tabelle = 110,7 Punkte </p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks">Februar 1980 lt. Tabelle = 160,2 Punkte </p>
<span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks">Indexwert Februar Basis 1980 bezogen auf</p>
<span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks">Basis 172 0 100: </p>
<span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks"><u>160,2 x 100 </u>=<u> 144,7 Punkte</u></p>
<span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks">110,7</p>
<span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks">Pachterhöhung: </p>
<span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks">April 1979 = 138,5 Punkte </p>
<span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks">Februar 1980 = 144,7 Punkte </p>
<span class="absatzRechts">124</span><p class="absatzLinks">= 144,7 Punkte</p>
<span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks"><u>100.144,7 - 100</u> = 4,48 %</p>
<span class="absatzRechts">126</span><p class="absatzLinks">138,5 </p>
<span class="absatzRechts">127</span><p class="absatzLinks">Altpacht: 1.681,30 DM</p>
<span class="absatzRechts">128</span><p class="absatzLinks">zuzüglich 4,48 % <u>75,32 DM</u></p>
<span class="absatzRechts">129</span><p class="absatzLinks">Neupacht: 1.756,62 DM</p>
<span class="absatzRechts">130</span><p class="absatzLinks">Pachtzins vom 1. Februar 1980 bis</p>
<span class="absatzRechts">131</span><p class="absatzLinks">zum 30. November 1980:</p>
<span class="absatzRechts">132</span><p class="absatzLinks">1.756,62 DM x 10 Monate = 17.566,20 DM</p>
<span class="absatzRechts">133</span><p class="absatzLinks">cc) Monatlicher Pachtzins ab 1. De­zember 1980:</p>
<span class="absatzRechts">134</span><p class="absatzLinks">Indexwert 1972 lt. Tabelle = 110,7 Punkte </p>
<span class="absatzRechts">135</span><p class="absatzLinks">Dezember 1980 lt. Tabelle = 166,2 Punkte </p>
<span class="absatzRechts">136</span><p class="absatzLinks">Indexwert Dezember 1980 bezogen auf Basis 1972 = 100:</p>
<span class="absatzRechts">137</span><p class="absatzLinks"><u>166,2 x 100</u> = 150,1 Punkte</p>
<span class="absatzRechts">138</span><p class="absatzLinks">110,7 </p>
<span class="absatzRechts">139</span><p class="absatzLinks">Pachterhöhung:</p>
<span class="absatzRechts">140</span><p class="absatzLinks"><u>100 x 150,1</u> - 100 = 3,73 %</p>
<span class="absatzRechts">141</span><p class="absatzLinks">144,7 </p>
<span class="absatzRechts">142</span><p class="absatzLinks">Altpacht: 1.756,62 DM</p>
<span class="absatzRechts">143</span><p class="absatzLinks">zuzüglich 3,73 % = <u>65,52 DM</u></p>
<span class="absatzRechts">144</span><p class="absatzLinks">Neupacht: 1.822,14 DM</p>
<span class="absatzRechts">145</span><p class="absatzLinks">Pachtzins für Dezember 1980: 1.822,14 DM</p>
<span class="absatzRechts">146</span><p class="absatzLinks">dd) Monatlicher Pachtzins ab 1. Januar 1981:</p>
<span class="absatzRechts">147</span><p class="absatzLinks">Indexwert 1972 lt. Tabelle = 110,7 Punkte </p>
<span class="absatzRechts">148</span><p class="absatzLinks">Dezember 1980 lt. Tabelle = 166,2 Punkte </p>
<span class="absatzRechts">149</span><p class="absatzLinks">Indexwert Januar 1981 bezogen auf Basis 1972 = l00:</p>
<span class="absatzRechts">150</span><p class="absatzLinks"><u>166,2 x 100</u> = 150,1 Punkte</p>
<span class="absatzRechts">151</span><p class="absatzLinks">110,7 </p>
<span class="absatzRechts">152</span><p class="absatzLinks"> Index April 1979 = 138,5 Punkte</p>
<span class="absatzRechts">153</span><p class="absatzLinks">Index Dezember 1980 = 150,1 Punkte</p>
<span class="absatzRechts">154</span><p class="absatzLinks">Pachterhöhung:</p>
<span class="absatzRechts">155</span><p class="absatzLinks"><u>1oo x </u><u>150,1</u> 100 = 8,38 %</p>
<span class="absatzRechts">156</span><p class="absatzLinks">138,5</p>
<span class="absatzRechts">157</span><p class="absatzLinks">Monatlicher Pachtzins:</p>
<span class="absatzRechts">158</span><p class="absatzLinks">Altpacht:</p>
<span class="absatzRechts">159</span><p class="absatzLinks">(wie Dezember 1980) 1.822,14 DM </p>
<span class="absatzRechts">160</span><p class="absatzLinks">zuzüglich Koppel 16:</p>
<span class="absatzRechts">161</span><p class="absatzLinks">1,62 ha landwirtschaftliche Nutz­fläche x 400,-- DM : 12 54,-- DM </p>
<span class="absatzRechts">162</span><p class="absatzLinks">zuzüglich 8,38 % von 54,-- DM<u> 4,53 DM</u> </p>
<span class="absatzRechts">163</span><p class="absatzLinks"> 1.880,67 DM </p>
<span class="absatzRechts">164</span><p class="absatzLinks">Pachtzins vom 1. Januar 1981 bis zum 30. April 1981:</p>
<span class="absatzRechts">165</span><p class="absatzLinks">1.880,67 DM x 4 Monate = 7.522,68 DM </p>
<span class="absatzRechts">166</span><p class="absatzLinks">ee) Monatlicher Pachtzins ab 1. Mai 1981:</p>
<span class="absatzRechts">167</span><p class="absatzLinks">IndexWert 1972 lt. Tabelle = 110,7 Punkte </p>
<span class="absatzRechts">168</span><p class="absatzLinks">Mai 1981 lt. Tabelle = 172,4 Punkte </p>
<span class="absatzRechts">169</span><p class="absatzLinks">Indexwert Mai 1981 bezogen auf Basis 1972 = 100:</p>
<span class="absatzRechts">170</span><p class="absatzLinks"><u>172, 4 x 100</u> = 155,7 Punkte</p>
<span class="absatzRechts">171</span><p class="absatzLinks">110,7</p>
<span class="absatzRechts">172</span><p class="absatzLinks">Index Dezember 1980 = 150,1 Punkte </p>
<span class="absatzRechts">173</span><p class="absatzLinks">Index Mai 1981 = 155,7 Punkte</p>
<span class="absatzRechts">174</span><p class="absatzLinks">Pachterhöhung:</p>
<span class="absatzRechts">175</span><p class="absatzLinks"><u>100 x 155,7</u> - 100 = 3,73 %</p>
<span class="absatzRechts">176</span><p class="absatzLinks">150,1</p>
<span class="absatzRechts">177</span><p class="absatzLinks">Altpacht: 1.880,67 DM </p>
<span class="absatzRechts">178</span><p class="absatzLinks">zuzüglich 3,73 % Neupacht:<u> 70,15 DM</u></p>
<span class="absatzRechts">179</span><p class="absatzLinks"> 1.950,82 DM </p>
<span class="absatzRechts">180</span><p class="absatzLinks">Pachtzins vom 1. Mai 1981 bis 30. November 1981:</p>
<span class="absatzRechts">181</span><p class="absatzLinks">1.950,82 DM x 7 Monate = 13.655 74 DM</p>
<span class="absatzRechts">182</span><p class="absatzLinks">ff) Monatlicher Pachtzins ab 1. Dezember 1981:</p>
<span class="absatzRechts">183</span><p class="absatzLinks">Indexwert 1972 lt. Tabelle = 110,7 Punkte</p>
<span class="absatzRechts">184</span><p class="absatzLinks">Dezember 1981 lt. Tabelle = 178,1 Punkte</p>
<span class="absatzRechts">185</span><p class="absatzLinks">Indexwert November 1981 bezogen auf Basis 1972 = l00:</p>
<span class="absatzRechts">186</span><p class="absatzLinks"><u>178,1 x 100</u> = 1260,9 Punkte</p>
<span class="absatzRechts">187</span><p class="absatzLinks">110,7</p>
<span class="absatzRechts">188</span><p class="absatzLinks">Pachterhöhung:</p>
<span class="absatzRechts">189</span><p class="absatzLinks"><u>100 x 160,9</u> - 100 = 3,34 %</p>
<span class="absatzRechts">190</span><p class="absatzLinks">155,7</p>
<span class="absatzRechts">191</span><p class="absatzLinks">Altpacht: 1.950,82 DM</p>
<span class="absatzRechts">192</span><p class="absatzLinks">zuzüglich 3,34 % <u>65,16 DM</u></p>
<span class="absatzRechts">193</span><p class="absatzLinks">Neupacht: 2.015,98 DM</p>
<span class="absatzRechts">194</span><p class="absatzLinks">Pachtzins vom 1. Dezember 1981</p>
<span class="absatzRechts">195</span><p class="absatzLinks">bis zum 31. Mai 1982:</p>
<span class="absatzRechts">196</span><p class="absatzLinks">2.015,98 DM x 6 Monate = 12.095 88 DM</p>
<span class="absatzRechts">197</span><p class="absatzLinks">gg) Monatlicher Pachtzins ab 1. Juni 1982:</p>
<span class="absatzRechts">198</span><p class="absatzLinks">Indexwert 1972 lt. Tabelle = 110,7 Punkte </p>
<span class="absatzRechts">199</span><p class="absatzLinks"> Juni 1982 lt. Tabelle = 183,8 Punkte </p>
<span class="absatzRechts">200</span><p class="absatzLinks">Indexwert Juni 1982 bezogen auf Basis 1972 = l00</p>
<span class="absatzRechts">201</span><p class="absatzLinks"><u>183,8 x 100</u> = 166 Punkte</p>
<span class="absatzRechts">202</span><p class="absatzLinks">110,7 </p>
<span class="absatzRechts">203</span><p class="absatzLinks">Pachterhöhung:</p>
<span class="absatzRechts">204</span><p class="absatzLinks"><u>100 x 166</u><u>,</u><u>0</u> 100 = 3,17 %</p>
<span class="absatzRechts">205</span><p class="absatzLinks">160,9</p>
<span class="absatzRechts">206</span><p class="absatzLinks">Altpacht: 2.015,98 DM</p>
<span class="absatzRechts">207</span><p class="absatzLinks">zuzüglich 3,17 %<u> 63,91 DM</u> </p>
<span class="absatzRechts">208</span><p class="absatzLinks">Neupacht: 2.079,89 DM </p>
<span class="absatzRechts">209</span><p class="absatzLinks">Pachtzins vom 1. Juni 1982 bis zum 31. August 1983:</p>
<span class="absatzRechts">210</span><p class="absatzLinks">2.079,89 DM x 15 Monate = 31.198,35 DM </p>
<span class="absatzRechts">211</span><p class="absatzLinks">hh) Monatlicher Pachtzins ab 1. September 1983</p>
<span class="absatzRechts">212</span><p class="absatzLinks">Indexwert 1972 lt. Tabelle = 110,7 Punkte</p>
<span class="absatzRechts">213</span><p class="absatzLinks">September 1983 lt. Tabelle = 189,9 Punkte</p>
<span class="absatzRechts">214</span><p class="absatzLinks">Indexwert September 1983 bezogen auf Basis 1972 = 100</p>
<span class="absatzRechts">215</span><p class="absatzLinks"><u>189,9 x 100</u> = 171,5 Punkte</p>
<span class="absatzRechts">216</span><p class="absatzLinks">110,7 </p>
<span class="absatzRechts">217</span><p class="absatzLinks">Pachtzinserhöhung:</p>
<span class="absatzRechts">218</span><p class="absatzLinks"><u>100 x 171,5</u> - 100 = 3,31 %</p>
<span class="absatzRechts">219</span><p class="absatzLinks">166,0</p>
<span class="absatzRechts">220</span><p class="absatzLinks">Altpacht: 2.079,89 DM </p>
<span class="absatzRechts">221</span><p class="absatzLinks">zuzüglich 3,31 % =<u> 68,84 DM</u> </p>
<span class="absatzRechts">222</span><p class="absatzLinks">Neupacht: 2.148,73 DM </p>
<span class="absatzRechts">223</span><p class="absatzLinks">Pachtzins vom 1. September bis zum 31. Oktober 1983</p>
<span class="absatzRechts">224</span><p class="absatzLinks">2.148,73 DM x 2 Monate = 4.297,46 DM </p>
<span class="absatzRechts">225</span><p class="absatzLinks">ii) Monatlicher Pachtzins ab 1. November 1983:</p>
<span class="absatzRechts">226</span><p class="absatzLinks">Indexwert 1972 lt. Tabelle = 110,7 Punkte</p>
<span class="absatzRechts">227</span><p class="absatzLinks">September 1983 lt. Tabelle = 189,9 Punkte</p>
<span class="absatzRechts">228</span><p class="absatzLinks">Indexwert September 1983 bezogen auf Basis 1972 = 100:</p>
<span class="absatzRechts">229</span><p class="absatzLinks"><u>189,9 x 100</u> = 171,5 Punkte</p>
<span class="absatzRechts">230</span><p class="absatzLinks">110,7 </p>
<span class="absatzRechts">231</span><p class="absatzLinks">Indexwert April 1979 = 138,5 Punkte </p>
<span class="absatzRechts">232</span><p class="absatzLinks">Erhöhung:</p>
<span class="absatzRechts">233</span><p class="absatzLinks"><u>100 x 171,5</u> - 100 = 23,83 %</p>
<span class="absatzRechts">234</span><p class="absatzLinks">138,5</p>
<span class="absatzRechts">235</span><p class="absatzLinks">Altpacht:</p>
<span class="absatzRechts">236</span><p class="absatzLinks">(wie Oktober 1983) 2.148,73 DM </p>
<span class="absatzRechts">237</span><p class="absatzLinks">zuzüglich Koppel 21:</p>
<span class="absatzRechts">238</span><p class="absatzLinks">0,541 ha landwirtschaftliche Nutz­flüche x 400,-- DM :.12 = 18,03 DM </p>
<span class="absatzRechts">239</span><p class="absatzLinks">zuzüglich 23,83 % von 18,03 DM<u> 4.30 DM</u> </p>
<span class="absatzRechts">240</span><p class="absatzLinks"> Neupacht: 2.171,06 DM </p>
<span class="absatzRechts">241</span><p class="absatzLinks">Pachtzins vom 1. November 1983 bis zum 31. Januar 1985:</p>
<span class="absatzRechts">242</span><p class="absatzLinks">2.171,06 DM x 15 Monate = 32.565,90 DM </p>
<span class="absatzRechts">243</span><p class="absatzLinks">kk) Monatlicher Pachtzins ab 1. Februar 1985:</p>
<span class="absatzRechts">244</span><p class="absatzLinks">Indexwert 1972 lt. Tabelle = 110,7 Punkte </p>
<span class="absatzRechts">245</span><p class="absatzLinks">Februar 1985 lt Tabelle = 195,8 Punkte </p>
<span class="absatzRechts">246</span><p class="absatzLinks">Indexwert Februar Basis 1972 = l00:</p>
<span class="absatzRechts">247</span><p class="absatzLinks"><u>195,8 x 100</u> = 176,9 Punkte</p>
<span class="absatzRechts">248</span><p class="absatzLinks">110,7 </p>
<span class="absatzRechts">249</span><p class="absatzLinks">Pachtzinserhöhüng:</p>
<span class="absatzRechts">250</span><p class="absatzLinks"><u>100 x 176,9</u> _ 100 = 3,15 </p>
<span class="absatzRechts">251</span><p class="absatzLinks">171,5 </p>
<span class="absatzRechts">252</span><p class="absatzLinks">Altpacht: 2.171,06 DM </p>
<span class="absatzRechts">253</span><p class="absatzLinks">zuzüglich 3,15 %<u> 68,39 DM</u> </p>
<span class="absatzRechts">254</span><p class="absatzLinks">Neupacht: 2.239,45 DM </p>
<span class="absatzRechts">255</span><p class="absatzLinks">Pachtzins vom 1. Februar 1985 bis zum 30. September 1985:</p>
<span class="absatzRechts">256</span><p class="absatzLinks">2.239,45 DM x 8 Monate = 17.915,60 DM </p>
<span class="absatzRechts">257</span><p class="absatzLinks">11) Gesamtpachtzins: 155.452,95 DM</p>
<span class="absatzRechts">258</span><p class="absatzLinks"><u>c) Berechnung der Nebenkosten: </u></p>
<span class="absatzRechts">259</span><p class="absatzLinks">aa) Grundstücksanteil:</p>
<span class="absatzRechts">260</span><p class="absatzLinks">Gesamtbesitz des Klägers: 48,22 ha Von den Beklagten gepachtet: 8.05 ha Grundstücksanteil mithin:</p>
<span class="absatzRechts">261</span><p class="absatzLinks"><u>100 x 8,05</u> = 16,69 %</p>
<span class="absatzRechts">262</span><p class="absatzLinks">48,22</p>
<span class="absatzRechts">263</span><p class="absatzLinks">bb) Gesamtnebenkosten der Jahre 1979 (9 Monate) bis 1984</p>
<span class="absatzRechts">264</span><p class="absatzLinks">unverändert wie in 1. Instanz</p>
<span class="absatzRechts">265</span><p class="absatzLinks">7.810,22 DM</p>
<span class="absatzRechts">266</span><p class="absatzLinks"><u>d) Zusammenstellung: </u></p>
<span class="absatzRechts">267</span><p class="absatzLinks">aa) Gesamtpachtzins (Punkt b) 11)) 155.452,95 DM</p>
<span class="absatzRechts">268</span><p class="absatzLinks">bb) Gesamtnebenkosten (Punkt c) bb)) <u>7.810,22 DM</u></p>
<span class="absatzRechts">269</span><p class="absatzLinks"> 163.263,17 DM</p>
<span class="absatzRechts">270</span><p class="absatzLinks">cc) abzüglich für Renovierung an Dach</p>
<span class="absatzRechts">271</span><p class="absatzLinks">und Fach gemäß Vertrag vom</p>
<span class="absatzRechts">272</span><p class="absatzLinks">1. April 1979 <u>36.000,-- DM</u></p>
<span class="absatzRechts">273</span><p class="absatzLinks"> 127.263,17 DM</p>
<span class="absatzRechts">274</span><p class="absatzLinks">dd) abzüglich Zahlungen der Beklagten (Addition der vorletzten Spalten</p>
<span class="absatzRechts">275</span><p class="absatzLinks">von Blatt 141 bis 145 d.A.)</p>
<span class="absatzRechts">276</span><p class="absatzLinks">ee) Pacht- und Nebenkostenrückstand der Beklagten für die Zeit bis zum 23. September 1985:</p>
<span class="absatzRechts">277</span><p class="absatzLinks"><u>107.377,71 DM</u></p>
<span class="absatzRechts">278</span><p class="absatzLinks">19.885,46 DM</p>
<span class="absatzRechts">279</span><p class="absatzLinks">Somit belltlift sich der Pacht- und Nebenkostenreckstand der Beklagten für.die Zeit bis zum 23. September 1985 unter Berücksichtigung der Zahlungen der Beklagten auf insgesamt: 19.885,46 DM.</p>
<span class="absatzRechts">280</span><p class="absatzLinks">Im Hinblick darauf, daß in dieser Summe verjährte Pachtzinsrückstände aus dem Jahre 1979 enthalten sind, hat der Kläger die Klage um einen weiteren Betrag von 353,56 DM zurückgenommen. Die Klage ist daher nur noch bezüglich eines Betrages von 20.128,78 DM abzüglich <u>353,56 DM </u>= 19.775,22 DM rechtshängig. Dabei ist zu beachten, daß dem Landgericht im erstinstanzlichen Tenor ein offeneichtlicher Schreibfehler unterlaufen ist (20.178,78 DM statt 20.128,78 DM), der nach § 319 Abs. 1 ZPO von Amts wegen zu berichtigen ist.</p>
<span class="absatzRechts">281</span><p class="absatzLinks">Auch bei den dem Kläger zustehenden Ansprüchen ist die Verjährung zu berücksichtigen, so daß sich ein Anspruch des Klägers auf rückständigen Pachtzins und Nebenkosten von 19.885,46 DM abzüglich <u>353,56 DM = </u>19.531,90 DM ergibt.</p>
<span class="absatzRechts">282</span><p class="absatzLinks">Bezüglich des Anspruchs auf die rückständigen Nebenkosten greift die Einrede der Verjährung schon deshalb nicht durch, weil die Beklagten im Jahre 1979 mehr Ne­benkosten gezahlt haben als sie nach dem Pachtvertrag schuldeten, und zwar vor allem, weil bei der Verteilung der Nebenkosten ein unzutreffender Berechnungsschlüssel zugrunde gelegt worden war.</p>
<span class="absatzRechts">283</span><p class="absatzLinks">1. a)</p>
<span class="absatzRechts">284</span><p class="absatzLinks">Die gegen die Klageforderung gerichtete Hilfsaufrechnung mit Pachtminderungsansprechen wegen des Wasserschadens greift nicht durch. Der in § 4 des Vertrages verein­barte Ausschluß des Aufrechnungs-, Minderungs- und Zu­rückbehaltungsrechts ist wirksam, da eine Anwendung der auf Mietverträge über <u>Wohnraum</u> zugeschnittene Vorschriften und damit auch der §§ 537 Abs. 3, 552 a BGB im Rahmen von Pachtverträgen nicht in Betracht kommt. Pachtverträge sind vielmehr selbst dann, wenn Wohnraum mitverpachtet wird, einheitlich als Pachtverträge zu beurteilen, was in der Neufassung des § 585 Abs. 1 Satz 1 BGB deutlich zum Ausdruck gekommen ist. Gerade im Hinblick auf den Aufrechnungsausschluß kommt noch hinzu, daß der Gesetzgeber bei der Neufassung des landwirtschaftlichen Pachtrechts zwar auf die Sach- und Rechtsmängelgewährleistung des Mietrechts Bezug genommen hat (vgl. § 586 Abs. 2 BGB n.F.), diese aber nicht zwingend ausgestaltet hat, obwohl er den landwirtschaftlichen Pächter als im Vergleich zum gewöhnlichen Pächter stärker schutzwürdig ansieht.</p>
<span class="absatzRechts">285</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">286</span><p class="absatzLinks">Die Aufrechnung scheitert auch daran, daß die Erhaltungspflicht für den Pachtgegenstand in zulässiger Weise ent­gegen §§ 581 Abs. 2, 536 BGB auf die Pächter übertragen worden ist. Diese Verlagerung des Erhaltungsrisikos läßt sich aus dem Pachtvertrag entnehmen, der in § 5 be­stimmt, "daß der Pächter das Objekt in dem derzeitigen Zustand übernimmt und für die Erhaltung des Pachtobjekts selbst aufzukommen hat". Dieser Regelung steht nicht ent­gegen, daß nach dem Vertrag der Pächter die mit dem Grundstück verbundenen Nebenausgaben wie auch insbeson­dere die Leitungsversicherung übernimmt. Daraus läßt sich für den Verpächter keine Verpflichtung zur Sacherhaltung in dem von der Versicherung abgedeckten Umfang ableiten. Eine solche Auslegung würde den Wortlaut dieser Vertrags­bestimmung überdehnen. Sie ist vielmehr als reine Kostenregelung konzipiert, die den Verpächter berechtigt, wirtschaftlich zu Lasten des Pächters eine Versicherung abzuschließen, keinesfalls aber dazu verpflichtet.</p>
<span class="absatzRechts">287</span><p class="absatzLinks">Die Pflicht des Pächters, die Kosten der Versicherung zu tragen, bestätigt damit sogar die in § 5 des Vertrages niedergelegte Lastenverteilung. An die Stelle der tatsächlichen Erhaltung durch den Pächter kann damit nach Wahl des Verpächters für bestimmte Risiken die Zahlung der entsprechenden Versicherungsprämien treten. Für den Verpächter hat dies den Vorteil, daß ihm ge­genüber bei bestimmten Erhaltungsrisiken die Versiche­uüng als (solventerer) Vertragspartner einstehen muß.</p>
<span class="absatzRechts">288</span><p class="absatzLinks">c)</p>
<span class="absatzRechts">289</span><p class="absatzLinks">Schließlich besteht auch kein aus positiver Forderungsverletzung des Pachtvertrages herzuleitender Anspruch der Beklagten. Zwar mag den Verpächter, der die Pachtsa­che auf Kosten des Pächters versichert, die vertragliche Nebenpflicht treffen, die aus einer solchen vom Pächter bezahlten Versicherung sich ergebenden Rechte zugunsten des Pächters geltend zu machen. Daraus folgt aber wegen der vertraglichen Abbedingung der Sacherhaltungspflicht des Verpächters keine Verpflichtung des Verpächters, mit der Versicherungssumme wegen einer verzögerlichen Behandlung seitens der Versicherung in Vorlage zu treten. Da dies aber nach dem Vortrag der Beklagten der Grund für die verspätete Leistung seitens des Klägers war, scheidet ein - ohnehin nicht aufrechenbarer - Gegenan­spruch der Beklagten aus positiver Forderungsverletzung des Pachtvertrages aus.</p>
<span class="absatzRechts">290</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">291</span><p class="absatzLinks">Ebensowenig greift die hilfsweise erklärte Aufrechnung mit Verwendungsersatzansprüchen gegenüber der Klageforderung durch.</p>
<span class="absatzRechts">292</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">293</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten haben zwar behauptet, sie hätten Verwendungen auf das Grundstück in Höhe von 113.899,95 DM ge­macht. Sie können jedoch Ersatz dieser Verwendungen un­ter keinem rechtlichen Gesichtspunkt verlangen. Daher kann offenbleiben, ob die Verwendungen schon nicht aus reichend substantiiert behauptet waren oder ob sie, was jedenfalls jetzt anzunehmen ist, vom Kläger hinreichend bestritten sind.</p>
<span class="absatzRechts">294</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">295</span><p class="absatzLinks">Ein Anspruch auf Ersatz dieser Verwendungen gegen den Kläger, soweit er nicht schon durch den Pachtnachlaß in Höhe von 36.000,-- DM ausgeglichen ist, ergibt sich nicht aus §§ 590 b, 591 BGB n.F. Die Anwendung dieser Vorschriften scheitert daran, daß sie nach Art. 219 Abs. 1 Satz 1 BGB erst auf nach dem 1. Juli 1986 geschlossene Pachtverträge anwendbar sind. Zudem handelt es sich hier nicht um einen Landpachtvertrag im Sinne der §§ 585 ff. BGB n.F.. Landpacht im Sinne dieser Vor­schriften ist nur die mit der Bodennutzung verbundene Tierhaltung, soweit sie dazu dient, tierische Erzeug­nisse zu gewinnen; vgl. § 585 Abs. 1 Satz 1 BGB (dazu Palandt/Putzo, BGB, § 585 Anm. 1 b), Diese Voraussetzung eines landwirtschaftlichen Betriebs fehlt hier, da schon nach dem unstreitigen Vortrag der Parteien die Verpachtung allenfalls der Pferdehaltung, nicht aber etwa der Gewinnung von Pferdefleisch diente. Insoweit kommt es nicht auf die Behauptung der Beklagten an, die Pferdehaltung habe nicht Erwerbszwecken, sondern bloß dem Hobby gedient,</p>
<span class="absatzRechts">296</span><p class="absatzLinks">c)</p>
<span class="absatzRechts">297</span><p class="absatzLinks">Ein Anspruch auf Verwendungsersatz gegen den Kläger er­gibt sich auch nicht aus §§ 581 Abs. 2, 547 BGB. Zwar handelte es sich entweder um notwendige (§ 547 Abs. 1 Satz 1 BGB) oder um solche Verwendungen, die dem Willen des Verpächters entsprachen (§§ 547 Abs. 2, 683 Satz 1, 670 BGB).</p>
<span class="absatzRechts">298</span><p class="absatzLinks">Ein Anspruch auf Ersatz dieser Verwendungen ist jedoch ausgeschlossen, da er durch den Pachtvertrag in zulässi­ger Weise auf 36.000,-- DM begrenzt wurde. Diese Begrenzung ergibt sich aus der Verrechnungsabrede in § 3 des Pachtvertrages. Für diesen Zweck der Abrede spricht das Interesse der Parteien, von vornherein Streit über die Notwendigkeit oder den wertsteigernden Charakter von Investitionen zu verhindern. Dafür spricht auch das Interesse des Verpächters, die auf ihn zukommenden Ko­sten im Zusammenhang mit der Renovierung des Gutes ein­schätzen zu können. Einer Auslegung dahingehend, daß die Bezifferung nur eine Verpflichtung der Beklagten begründen sollte, in <u>mindestens</u> dem genannten Umfang Verwendungen vorzunehmen, ihr weitergehendes Recht zur Durchführung von Verwendungen bei Kostenerstattung aber unberührt unberührt lassen sollte, steht die systemati­sche Stellung dieser Kostentragungsvereinbarung im Pacht­vertrag entgegen. Wäre es tatsächlich nur darum gegangen, den Mindestumfang der durchzuführenden Verwendungen zu regeln, hätte es näher gelegen, eine solche Vereinbarung in § 5 des Vertrages im Zusammenhang mit der Regelung über die Sacherhaltungspflicht zu treffen.</p>
<span class="absatzRechts">299</span><p class="absatzLinks">Dieser Begrenzung steht auch nicht das Schreiben vom 20. Februar 1979 entgegen, wonach der Kläger ohne eine derartige Begrenzung 2/3 der von den Beklagten gemachten Verwendungen ersetzen wollte. Schriftlich abgefaßte Vertragsurkunden begründen nämlich die Vermutung der inhaltlichen Richtigkeit und Vollständigkeit (vgl. Palandt/ Heinrichs, BGB, § 125 Anm. 5 m.w.N.). Diese Rechtswirkung einer Vertragsurkunde wird durch die ausdrückliche Vertragsbestimmung, nach der mündliche Nebenabreden nicht getroffen worden seien, bestätigt, ohne daß ihr – wie die Beklagten meinen - eine Beschränkung allein auf den Ausschluß <u>mündlicher</u> Nebenabreden zu entnehmen wäre.</p>
<span class="absatzRechts">300</span><p class="absatzLinks">Da die vor dem Pachtvertrag abgefaßte Schreiben vom 20. Februar 1979 eine solche Nebenabrede darstellt, wäre es nur dann Vertragsbestandteil geworden, wenn die Parteien beim Abschluß des Pachtvertrages in Abweichung von dessen Wortlaut an der vorher getroffenen Regelung hätten festhalten wollen.</p>
<span class="absatzRechts">301</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten haben in diesem Zusammenhang-zwar behauptet, der Kläger habe nach Abschluß des Pachtvertrages selbst bestätigt, an der Regelung in dem Schreiben vom 20. Februar 1979 festhalten zu wollen. Dies haben sie jedoch nicht bewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">302</span><p class="absatzLinks">In der Berufung haben die Beklagten dafür allerdings erneut Beweis angetreten, und zwar durch <u>eidliche</u> Vernehmung des Klägers als Partei. Dieser Beweis brauchte je­doch nicht erhoben zu werden, da es sich dabei nicht um ein neues Beweismittel handelte. Aus der Systematik der §§ 445 ff. ZPO ergibt sich nämlich, daß die Beweiserherbung durch Parteivernehmung nur ein einheitliches Beweis­mittel ist und daß die Beeidigung der Partei im Rahmen dieses einheitlichen Beweismittels in das Ermessen des Gerichts gestellt werden soll. Zu einer Beeidigung des Klägers hat der Senat keinen Anlaß gesehen.</p>
<span class="absatzRechts">303</span><p class="absatzLinks">IV. 1.</p>
<span class="absatzRechts">304</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 269 Abs. 3 Satz 2, 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">305</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">306</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 108 Abs. 1 Satz 1 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">307</span><p class="absatzLinks"><u>Gebührenstreitwert:</u></p>
<span class="absatzRechts">308</span><p class="absatzLinks">Bis zur Klagerücknahme in der mündlichen Berufungsverhandlung 20.128,78 DM</p>
<span class="absatzRechts">309</span><p class="absatzLinks">ab dann 20.128,78 DM</p>
<span class="absatzRechts">310</span><p class="absatzLinks"> ./. <u> 353,56 DM</u> 19.775,22 DM.</p>
<span class="absatzRechts">311</span><p class="absatzLinks">Eine Wertaddition nach § 19 Abs. 3 GKG scheidet aus, da die Aufrechnungserklärungen der Beklagten als unzulässig angesehen worden sind und dement­sprechend darüber keine der Rechtskraft fähige Entscheidung getroffen worden ist.</p>
|
315,476 | ag-neuss-1987-04-24-36-c-7587 | {
"id": 713,
"name": "Amtsgericht Neuss",
"slug": "ag-neuss",
"city": 473,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 36 C 75/87 | "1987-04-24T00:00:00" | "2019-03-13T14:56:45" | "2019-03-27T09:43:01" | Urteil | ECLI:DE:AGNE:1987:0424.36C75.87.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 376,37 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 29.10.1986 zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Die weitergehende Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 8/19, die Beklagte zu 11/19.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Tatbestand:</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist Mieterin einer Wohnung des Klägers in O. Nach § 3 Ziffer 2 des Mietvertrages, auf den im übrigen verwiesen wird (Bl. 9 ff d.A.), hat die Beklagte folgende Nebenkosten zu tragen: Heizung, Wasser, Müllabfuhr, Straßenreinigung, Kanalbetriebsgebühren, Gem.-Antenne, Heizungswartung, Allgem.-Strom.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 01.09.1986 übersandte der Kläger der Beklagten die Heiz- und Nebenkostenabrechnung vom 22.08.1986, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird (Bl. 15 ff d.A.), die mit einem Saldo der Beklagten von 650,78 DM endete. Für Wartungs- und Reinigungsarbeiten an der Heizung und am Pumpensumpf stellt der Kläger der Beklagten Eigenleistungen in Rechnung.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">die Beklagte zu verurteilen, an ihn 650,78 DM nebst 6 % Zinsen seit dem 28.10.1986 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte behauptet, eine ordnungsgemäße Nebenkostenabrechnung liege nicht vor. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 27.02.1987 (Bl. 25 ff. d. A.) verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe:</u></p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger steht gem. § 535 Satz 2 BGB gegen die Beklagte ein fälliger Anspruch auf Zahlung restlicher Heiz- und Nebenkosten für die Abrechnungsperiode 01.06.1985 - 31.05.1986 lediglich in Höhe von 376,37 DM zu.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Abrechnung des Klägers vom 22.08.1986 entspricht den Anforderungen, die nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs an eine ordnungsgemäße Heiz- und Nebenksotenabrechnung zu stellen sind (vgl. BGH NJW 1982, 573, 574; WUM 198, 214). Sie enthält eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben und versetzt die Beklagte in die M, den Anspruch des Klägers rechnerisch und gedanklich nachzuvollziehen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Abrechnung des Klägers vom 22.08.1986 ist jedoch insofern zu beanstanden, als der Kläger für eigene Wartungs- und Reinigungsarbeiten an der Heizung und am Pumpensumpf Kosten von 301,75 DM (= 28,40 DM + 273,35 DM) eingesetzt hat. Sach- und Arbeitsleistungen des Vermieters der vorstehend beschriebenen Art, durch die Betriebskosten erspart werden, sind im nicht preisgebundenen Wohnraum ohne ausdrückliche Vereinbarung nicht auf den Mieter umlegbar. Soweit § 27 Abs. 2 Satz 2 der Zweiten Berechnungsverordnung für den preisgebundenen Wohnraum eine derartige Umlage ermöglicht, fehlt eine entsprechende Regelung für den preisfreien Wohnraum. Eine analoge Anwendung dieser Vorschrift ist nicht geboten. Es liegt weder eine planwidrige Gesetzeslücke vor, noch ist die Interessenlage in beiden Fällen in der Weise vergleichbar, dass eine einheitliche Behandlung angezeigt ist. § 27 Abs. 2 Satz 2 der Zweiten Berechnungsverordnung ist Teil des im öffentlichen Interesse geschaffenen Systems der Kostenmiete und als solcher nicht auf den anders strukturierten und vom Prinzip der Vertragsfreiheit geprägten freifinanzierten Wohnraum übertragbar (Derleder in AK MHRG § 4 Rdn. 4; Schmidt-Futterer/Blank, Wohnraumschutzgesetze, 5. Aufl. 1984, C 251 a, vergl. auch BGH ZMR 70, 47). § 4 Abs. 1 Satz 1 MHRG, der seinem Wortlaut nach auch die Verweisung auf § 27 Abs. 2 Satz 2 der Zweiten Berechnungsverordnung erfasst,</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">rechtsfertigt keine abweichende Beurteilung. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber mit dem am 01.01.1975 in Kraft getretenen II. WKschG und der Bezugnahme auf § 27 der Zweiten Berechnungsverordnung über den Begriff der Betriebskosten hinaus auch die weiteren preisrechtlichen Regelungen des § 27 der Zweiten Berechnungsordnung für den preisfreien Wohnraum verbindlich vorschreiben wollte, sind nicht erkennbar. Schmidt-Futterer/Blank (a.a.O) weisen zu Recht darauf hin, dass nach dem erkennbaren T und Zweck des § 4 Abs. 1 Satz 1 MHRG ausschließlich der Begriff der Betriebskosten definiert werden sollte. Dieser ist aber in § 27 Ab. 1 der Zweiten Berechnungsverordnung und der Anlage 3 zu dieser Vorschrift festgelegt, nicht aber in § 27 Abs. 2 der Zweiten Berechnungsverordnung. Es besteht auch kein Grund, den Vermieter preisfreien Wohnraums vor der Durchführung solcher Eigenleistungen von einer Vereinbarung mit dem Mieter zu entbinden. Dieses Ergebnis steht in Einklang mit dem geltenden zivilrechtlichen Rechtssystem, wonach der Zeitaufwand und der Einsatz der eigenen Arbeitskraft - die Regelung des § 670 BGB ausgenommen - nur in Ausnahmefällen zu vergüten sind, wenn nämlich die erbrachten Leistungen zum Beruf oder Gewerbe des Betroffenen gehören (vgl. § 1835 Abs. 2 BGB). In diesem Zusammenhang ist schließlich noch von Bedeutung, dass der Gesetzgeber für bestimmte heizungsrechnische Anlagen durch § 4 Abs. 3 der Heizungsbetriebsverordnung vom 22.09.1978 (BGB I 1584) die Wartung und Instandhaltung durch "fachkundige Personen" vorschreibt und die Ausführung dieser Arbeiten durch einen lediglich von einer fachkundigen Person "Eingewiesenen" ausdrücklich untersagt. Auch diese in § 4 Abs. 3 HeizBetr.V zum Ausdruck gekommene Auffassung des Gesetzgebers spricht gegen eine Anerkennung der ohne Vereinbarung in Eigenleistung erbrachten Wartungsarbeiten des Vermieters als umlagefähige Betriebskosten. Da die mietverträglichen Vereinbarungen eine ausdrückliche Regelung über die Durchführung von Wartungs- und Reinigungarbeiten an der Heizung und am Pumpensumpf in Eigenleistung nicht enthalten und die durchgeführten Arbeiten auch nicht zum Beruf oder Gewerbe des Klägers zu zählen sind, ist die Heiz- und Betriebskostenabrechnung vom 22.08.1986 um 301,75 DM zu kürzen (= anteilige 28,40 DM + 273,35 DM Gesamtwartungskosten).</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Kosten der Antennenanlage in Höhe von 114,00 DM stehen dem Kläger gegen die Beklagte gleichfalls nicht zu. Wie bereits in der vorherigen Abrehcnung (vgl. AG O 36 C 83/86, Urteil vom 30.05.1986), so hat der Kläger auch hier diese Position nicht nachvollziehbar erläutert. Dass Antennenkosten von 9,50 DM monatlich pro Benutzer ortsüblich sein sollen und von allen Ablesefirmen wie Ista, Clorius, Techem berücksichtigt werden, vermag eine Kostentragungspflicht der Beklagten nicht zu begründen. Mit dieser Begründung hat der Kläger offensichtlich den Begriff der Betriebskosten verkannt. Nach der Legaldefinition des § 27 Abs. 1 Satz 1 der Zweiten Berechnungsverordnung sind Betriebskosten die Kosten, "die dem Eigentümer durch das Eigentum an dem Grundstück oder durch den bestimmungsmäßigen Gebrauch des Gebäudes .... <u>laufend</u> entstehen." Damit ist klargestellt, dass der Mieter umlagefähige Betriebskosten nur dann zu tragen hat, wenn sie für den Vermieter in der Abrechnungsperiode tatsächlich entstehen (vgl. LG E 24 S 152/83, Urteil vom 15.11.1983 und 24 S 54/84 Urteil vom 24.07.1984). Fiktive Kosten für die Antennenanlage wie sie von dem Kläger verlangt werden sind danach nicht umlegbar.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Aus der Heizkostenabrechnung ist die Position Betriebsstrom mit insgesamt 560,61 DM zu streichen. Hier kann nur ein Betrag von 229,20 DM anerkannt werden.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Mit 560,61 DM betragen die Kosten des Betriebsstroms knapp 12 % der Brennstoffkosten und liegen damit um mehr als das Doppelte über den üblichen Werten. Die Praxis hat gezeigt, dass die Kosten des Betriebsstroms im Durchschnitt zwischen 3 % und 5 % der Brennstoffkosten ausmachen (vgl. Köhler, Heizkosten, 1985, S. 57; Freywald, Heizkostenabrechnung leicht gemacht, 2. Aufl. 1986, Rad. 103). Da der Kläger eine Erläuterung für den Grund dieser Abweichung vom Durchschnitt nicht gegeben hat, sind die Betriebsstromkosten auf 229,20 DM zu kürzen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die weiteren Einwendungen der Beklagten sind nicht erheblich im Sinne des § 138 Abs. 2 ZPO. Entgegen ihrer Auffassung ist es nicht grundsätzlich unzulässig, Gewerberäume und Wohnräume gemeinsam abzurechnen. Da die Beklagte nicht darlegt, welche Gewerberäume in die Abrechnung des Klägers einbezogen worden sind und aus welchen Gründen sie hierdurch in einer ihr nicht mehr zumutbaren Weise (§ 315 BGB) benachteiligt wird, muss ihr Vorbringen unberücksichtigt bleiben.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, die Heizungsanlage funktioniere nicht ordnungsgemäß, da der ermittelte Heizölverbrauch der Vorjahre per Strich nicht entsprechend übereinstimme und adäquat mit dem Verbrauch des Heizöls einhergehe, sondern unterschiedliche Strichzahlen kaum relevante Änderungen des Heizölverbrauchs zeigten. Die Beklagte übersieht, dass sich die verschiedenen Heizperioden bereits deshalb nicht miteinander vergleichen lassen, weil die Verdunstungsflüssigkeit nicht linear verdunstet, sondern entsprechend dem Verlauf einer Exponentialfunktion, d.h. je höher die Heizkörpertemperatur ist, die sich in der Regel umgekehrt proportional zur Außentemperatur verhält (je kälter draußen, desto heißer der Heizkörper), um so größer ist die Verdunstungsmenge der Messflüssigkeit. Die höhere Heizkörpertemperatur bedingt zwar auch eine größere Energiemenge, jedoch nicht im gleichen "Mehr"-Verhältnis wie die Messflüssigkeit, so dass ein relativ kurzer, aber kalter Winter durch die erforderlich hohe Heizkörpertemperatur mit Sicherheit mehr Verdunstung und damit mehr Striche verursacht, als eine wesentlich längere, aber mildere Heizperiode, die den fast gleichen Ölverbrauch bedingt. Darüberhinaus ist der Beklagten entgegenzuhalten, dass der aus der Heizkostenabrechnung zu ersehende Heizölverbrauch von</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">20,56 l/pro qm deutlich unterhalb des Durchschnittsverbrauchs vergleichbarer Wohnungen liegt, der wie dem Gericht aus einer Vielzahl von Heizkostenabrechnungen bekannt ist - etwa 23 bis 24 l/pro qm beträgt.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Unter Einbeziehung der dargelegten Kürzungen errechnet sich ein von der Beklagten nachzuzahlender Heiz- und Nebenkostenanteil von 376,37 DM.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Fälligkeit dieses Nachzahlungsanspruchs scheitert entgegen der Auffassung der Beklagten nicht daran, dass der Kläger in der Abrechnung vom 22.08.1986 von ihr insgesamt 274,41 DM zuviel verlangt hat. Der Anspruch des Mieters auf Erteilung einer ordnungsgemäßen Heiz- und Nebenkostenabrechnung ist auch dann erfüllt und bewirkt die Fälligkeit, wenn die Abrechnung in Einzelpunkten ungerechtfertigte oder unrichtig ermittelte Nebenkosten enthält, der Mieter aber durch die genaue Aufgliederung der einzelnen Kosten in die M versetzt wird, den von ihm geschuldeten Nachzahlungsbetrag durch Abzug der fehlerhaften Kostenansätze selbst zu ermitteln, sofern der so errechnete Betrag die von ihm geleisteten Vorauszahlungen übersteigt. Es handelt sich insoweit um eine Teilforderung, deren Erfüllung der Vermieter, da eine dem § 266 BGB entsprechende Vorschrift für den Gläubiger fehlt, von dem Mieter verlangen kann. Es wäre auch mit dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht zu vereinbaren, dem Vermieter zustehende, von ihm verauslagte und die Vorauszahlungen des Mieters übersteigende Kosten nur deshalb vorzuenthalten, weil einzelne Nebenkosten nicht ordnungsgemäß abgerechnet sind (vgl. Soergel-L3, BGB, 11. Aufl. 1980, §§ 535, 536 Rdn. 162; Blümmel, Heizung und Heizkostenabrechnung 1982, S. 58).</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Der Schriftsatz vom 19.03.1987 ist nicht zum Nachteil der Beklagten berücksichtigt worden.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Der Zinsanspruch folgt im zuerkannten Umfang aus §§ 284, 286, 288 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Einen weitergehenden Zinsanspruch hat der Kläger weder schlüssig dargetan noch ordnungsgemäß unter Beweis gestellt.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 713 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Streitwert: 650,78 DM</p>
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315,477 | olgk-1987-04-10-25-uf-25386 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 25 UF 253/86 | "1987-04-10T00:00:00" | "2019-03-13T14:56:46" | "2019-03-27T09:43:01" | Teilurteil | ECLI:DE:OLGK:1987:0410.25UF253.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das Verbundurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Köln vom 17. September 1986 (315 F 106/85) teilweise abgeändert, soweit es den Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin betrifft (Ziffer III. der Entscheidungsformel des genannten Urteiles).</p>
<p></p>
<p>Insoweit wird die Entscheidungsformel des genannten Urteiles wie folgt neu gefasst:</p>
<p></p>
<p></p>
<p>III.</p>
<p></p>
<p>1. </p>
<p></p>
<p>Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung bezüglich des Unterhaltes wird zurückgewiesen.</p>
<p>Der Antragsteller wird verurteilt, an die Antragsgegnerin für die Zeit vom 22. Mai 1986 bis zum 13. März 1987 Trennungsunterhalt in Höhe von 500,- DM monatlich zu zahlen, und zwar jeweils bis zum 22. eines jeden Monates voraus.</p>
<p></p>
<p></p>
<p>3. </p>
<p></p>
<p>Der Antragsteller wird weiter verurteilt, an die Antragsgegnerin ab 14. März 1987 nachehelichen Unterhalt in Höhe von 335,-- DM monatlich zu zahlen.</p>
<p>Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlußurteil vorbehalten.</p>
<p>Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Tatbestand:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien waren miteinander verheiratet. Seit Anfang Mai 1982 leben sie voneinander getrennt. Am 4.5.1982 unterzeichneten sie eine "Vereinbarung", in welcher es u.a. heißt:</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">"1. Ein monatlicher Unterhalt für meine Ehefrau von 500,-- DM bis zu einer eventuellen Scheidung. Ein endgültiger Abschluß der Eheangelegenheit sollte jedoch nach einem Jahr getätigt werden."</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Antragsteller zahlte den Betrag von 500,-- DM monatlich bis einschließlich April 1986.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">In dem vom Antragsteller eingeleiteten Ehescheidungsrechtsstreit stimmte die Antragsgegnerin der Ehescheidung zunächst nicht zu. Sie begehrte ihrerseits jedoch die Zuerkennung nachehelichen Unterhalts in Höhe von 500,-- DM monatlich und den Erlaß einer einstweiligen Anordnung über denselben Betrag, beginnend mit dem 22. Mai 1986.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Mit Verbundurteil vom 17.9.1986 hat das Familiengericht die Ehe der Parteien geschieden, den Versorgungsausgleich durchgeführt und die Anträge der Antragsgegnerin bezüglich des Unterhaltes zurückgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil hat die Antragsgegnerin Berufung eingelegt, mit welcher sie die Entscheidung zum Versorgungsausgleich angreift, Trennungsunterhalt in Höhe von 500,- DM monatlich für die Zeit vom 22.5.1986 bis zur Rechtskraft der Ehescheidung sowie nachehelichen Unterhalt in Höhe von 335,-- DM monatlich begehrt.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Antragsteller beantragt die Zurückweisung der Berufung.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Berufungsbegründungsschrift ist am 9.1.1987 zugestellt worden, jedoch nicht an den zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten des Antragstellers, der sich schon vorher für diesen bestellt hatte, sondern an den erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten des Antragstellers; von diesem weitergeleitet, ist die Berufungsbegründung am 14.1.1987 beim zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten eingegangen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 13.3.1987 haben beide Prozeßbevollmächtigten erklärt, daß auf Rechtsmittel gegen den Scheidungsauspruch verzichtet werde.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes verweist der Senat auf den Inhalt der Akte.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist zulässig.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">In Hinsicht auf das Unterhaltsbegehren der Antragsgegnerin für die Zeit des Getrenntlebens der Parteien und für die Zeit nach der Rechtskraft der Ehescheidung ist das Rechtsmittel auch begründet. Insoweit sind die Voraussetzungen für den Erlaß eines Teilurteils gemäß § 301 Abs. 1 ZPO gegeben.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Trennungsunterhalt hat die Antragsgegnerin vor dem Familiengericht nur im Rahmen ihres Antrages auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung begehrt, erst im Berufungsrechtszug hat sie ihn zum Gegenstand eines Hauptsacheantrages gemacht. Da der Anspruch auf Trennungsunterhalt und derjenige auf nachehelichen Unterhalt nicht identisch sind, liegt eine nachträgliche objektive Klagenhäufung und damit eine Klageänderung im Sinne von § 263 ZPO vor. (allgemeine Meinung, vgl. z.B. Zöller-Stephan, ZPO, 14. Aufl., Rdziff. 5 zu § 263). Sie unterliegt den Zulassungsvoraussetzungen gemäß § 263 ZPO, nach der Zulassung aber nicht mehr auch noch denjenigen gemäß § 528 ZPO (vgl. z.B. Zöller-Schneider, ZPO, 14. Aufl., Rdziff. 11 zu § 528). Die Zulassung der Klageänderung ist sachdienlich. Auch der Antrag, den Antragsteller zur Zahlung von Unterhalt für die (restliche) Zeit des Getrenntlebens zu verurteilen, ist entscheidungsreif, ohne daß noch weiterer Sachvortrag oder etwa noch eine Beweisaufnahme erforderlich wären. Zudem haben die Parteien sich schon vor dem Familiengericht, wenn auch nur im Rahmen des Antrages auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung, mit dem hier in Rede stehenden Anspruch beschäftigt.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Anspruch auf Zahlung von Unterhalt für die Zeit des Getrenntlebens findet seine Rechtsgrundlage in § 1361 Abs. 1 und 2 BGB i.V.m. der Vereinbarung der Parteien vom 4.5.1982 in welcher die Parteien den Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin für die Zeit des Getrenntlebens der Parteien nach der genannten Vorschrift näher geregelt haben.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">In der erwähnten Vereinbarung hat der Antragsteller es übernommen, an die Antragsgegnerin einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 500,- DM "bis zu einer eventuellen Scheidung" zu zahlen. Dieser Text ist eindeutig. Der Antragsteller hat sich zur Entrichtung der genannten Unterhaltsrente für die gesamte Zeit des Getrenntlebens der Parteien verpflichtet. Eine Befristung seiner Zahlungspflicht im Sinne von § 163 BGB bis zu einem Zeitpunkt vor der Rechtskraft der Ehescheidung ist dem Text nicht zu entnehmen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Eine solche Befristung haben die Parteien auch nicht in dem unmittelbar anschließenden Satz vereinbart: "Ein endgültiger Abschluß der Eheangelegenheit sollte jedoch nach einem Jahr getätigt werden". Auch der Wortlaut dieses Teiles der Vereinbarung der Parteien enthält keinen Hinweis darauf, daß die Zahlungspflicht des Antragstellers auf ein Jahr, etwa gerechnet vom Abschluß der Vereinbarung an, begrenzt sein soll. Dieser Teil der Vereinbarung zeigt vielmehr, daß die Parteien seinerzeit von der Erwartung ausgegangen sind, nach etwa einem Jahr werde es zur rechtskräftigen Scheidung ihrer Ehe kommen und damit werde dann die Zahlungspflicht des Antragstellers gemäß der Vereinbarung entfallen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Wenn der Antragsteller vorbringt, die Vereinbarung vom 4.5.1982 sei zwar möglicherweise mißverständlich formuliert worden, in Wahrheit habe er sich aber jedenfalls mit der Antragsgegnerin auf eine Befristung seiner Zahlungspflicht geeinigt, so mag eine derartige Sachgestaltung grundsätzlich vorstellbar sein. In diesem Fall obläge es aber dem Antragsteller, die Richtigkeit seiner Darstellung, welche von der Antragsgegnerin bestritten wird, zu beweisen (vgl. z.B. Palandt-Heinrichs, Anm. 7 vor § 158 ff. und den dortigen Hinweis auf die Rechtsprechung des BGH). Ein geeignetes Beweismittel hat er jedoch nicht angeboten, er hat sich lediglich auf seine eigene Parteivernehmung berufen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Für die Annahme eines versteckten Dissenses im Sinne von § 155 BGB, nämlich dafür, daß die Antragsgegnerin in der Annahme gehandelt habe, der Antragsteller werde ihr bis zur rechtskräftigen Ehescheidung den vereinbarten Unterhalt zahlen, voraussichtlich ein Jahr lang, während der Antragsteller sich seinerseits nur für diesen Zeitraum habe binden wollen, ist kein Raum. Denn § 155 BGB ist nicht anwendbar, wenn der objektive Erklärungswert der beiderseits abgegebenen Erklärungen übereinstimmt. Das ist hier der Fall. Mit der Unterzeichnung der Vereinbarung vom 4.5.1982 haben der Antragsteller und die Antragsgegnerin ein und dieselbe Erklärung abgegeben. Haben sie trotz dieser übereinstimmenden Erklärung mit voneinander abweichender Willensrichtung gehandelt, so kann nur eine Anfechtung des Rechtsgeschäftes wegen Irrtums in Frage kommen. Eine Anfechtung der Vereinbarung vom 4.5.1982 hat der Antragsteller aber nicht erklärt, augenscheinlich auch gar nicht erwogen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Es läßt sich schließlich daran denken, die Vereinbarung vom 4.5.1982 habe als Gegenleistung zur Zahlungsverpflichtung des Antragstellers die Verpflichtung der Antragsgegnerin begründet, alles zu tun, um, entsprechend der in der Vereinbarung ausgedrückten Erwartung der Parteien, eine rechtskräftige Ehescheidung nach etwa einem Jahr herbeizuführen. Gegen diese Verpflichtung könnte die Antragsgegnerin verstoßen haben, indem sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Familiengericht vom 4.4.1986 erklärte, sie stimme der Ehescheidung nicht zu. Dies kann jedoch auf sich beruhen. Denn Rechtsfolgen zu seinen Gunsten könnte der Antragsteller aus dem Verhalten der Antragsgegnerin nur unter den Voraussetzungen von § 326 BGB für sich in Anspruch nehmen, also nur nach Nachfristsetzung und Ablehnungsandrohung. Er hat der Antragsgegnerin gegenüber aber weder das eine noch das andere erklärt.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Nach alledem schuldet der Antragsteller der Antragsgegnerin den vereinbarten Unterhalt für die Zeit des Getrenntlebens in Höhe von 500,-- DM monatlich bis zur Rechtskraft der Ehescheidung.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Diese ist erst in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 13.3.1987 eingetreten, und zwar aufgrund der übereinstimmenden Erklärung beider Parteien, auf Rechtsmittel gegen den Scheidungsausspruch zu verzichten.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Nach § 629 a III 1 ZPO kann in einem Fall, in welchem, wie vorliegend, ein Verbundurteil teilweise angefochten worden ist, eine Änderung der Teile der einheitlichen Entscheidung, die eine andere Familiensache betreffen, nur noch bis zum Ablauf eines Monats seit der Zustellung der Rechtsmittelbegründungsschrift beantragt werden. Das bedeutet, daß das Verbundurteil dann, wenn die vorgenannte Frist ungenutzt verstrichen ist, insoweit rechtskräftig wird, als es nicht angefochten worden ist. Dies gilt insbesondere für die Ehescheidung selbst (vgl. hierzu z.B. Kemnade, FamRZ 1986, 625 f).</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Der Eintritt dieser Rechtsfolge setzt jedoch, wie § 629 a III 1 ZPO ausweist, eine Zustellung der Rechtsmittelbegründung voraus, und zwar, das dürfte keiner weiteren Begründung bedürfen, eine wirksame Zustellung. Zu einer solchen ist es im vorliegenden Fall aber nicht gekommen, weil die Berufungsbegründungsschrift der Antragsgegnerin dem erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten des Antragstellers und nicht dem zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten zugestellt worden ist, der sich schon vor dem Zeitpunkt der Zustellung für den Antragsteller bestellt hatte. Damit ist § 176 ZPO unbeachtet geblieben, der zwingend vorschreibt, daß Zustellungen in einem anhängigen Rechtsstreit an den für den jeweiligen Rechtszug bestellten Bevollmächtigten erfolgen müssen. Geschieht das nicht, bleibt die Zustellung unzulässig und damit unwirksam (so schon RGZ 103-336).</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Der Zugang der Rechtsmittelbegründung i.S. des § 187 Satz 1 Z heilt den Zustellungsmangel nicht. Die Berufungsbegründung ist dem zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten des Antragstellers allerdings wenige Tage nach der Zustellung an den erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten zugegangen. Dennoch kann die Zustellung nicht, wie § 187 S. 1 ZPO es vorsieht, als in dem Zeitpunkt des Zuganges beim zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten bewirkt angesehen werden. Dem steht § 187 S. 2 ZPO entgegen, demzufolge § 187 S. 1 ZPO nicht eingreift, soweit durch die Zustellung der Lauf einer Notfrist in Gang gesetzt werden soll.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die durch die Zustellung der Berufungsbegründung nach § 629 a III 1 ZPO in Lauf gesetzte Monatsfrist ist freilich keine Notfrist, weil das Gesetz sie nicht als solche bezeichnet, § 223 III ZPO (vgl. OLG Frankfurt, FamRZ 1986, 1122, 1123). Hieran ändert der in § 629 a III 4 ZPO enthaltene Hinweis auf §§ 516, 552 ZPO und § 621 e III 2 ZPO in Verbindung mit §§ 516, 552 ZPO nichts. Denn die Regelung, daß diese Bestimmungen "unberührt bleiben sollen", hat nur die Funktion klarzustellen, daß die Rechtsmittelfrist hinsichtlich des Hauptrechtsmittels sich nach den diesbezüglichen allgemeinen Bestimmungen richtet, daß insofern also der bisherige Rechtszustand unverändert geblieben ist (vgl. den Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucksache 10/4514, 24 (OLG Frankfurt a.a.O). Wenn das OLG Nürnberg (FamRZ 1986, 923 (924)) ausführt, "bei den Fristen des § 629 a III ZPO" sei "keine Heilung nach § 187 ZPO möglich, weil es sich insoweit um Notfristen" handele, so liegt möglicherweise eine mißverständliche Formulierung vor; das Gesetz hat die hier in Rede stehende Monatsfrist jedenfalls nicht als Notfrist bezeichnet.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Seit langem ist aber anerkannt, daß § 187 S. 2 ZPO über seinen Wortlaut hinaus auch auf solche Fristen Anwendung findet, die, ohne Notfristen zu sein, doch durch ihren Ablauf zwingende Rechtsfolgen auslösen (vgl. Birgerfurth, Fam.RZ 1987, 177). Dies gilt für die Berufungs- und Revisionsbegründungsfrist nach §§ 519, 554 ZPO (BGHZ 28, 398); die gesetzliche Ausschlußfrist zur Beschreitung des Rechtsweges vor den ordentlichen Gerichten wegen der Höhe der Enteignungsentschädigung gemäß Art. 14 III 4 GG (BGHZ 14, 11), die durch die Zustellung des Entmündigungsbeschlusses in Lauf gesetzte Frist nach § 683 II ZPO (LG Hamm, NJW 1962, 641), aber auch die in § 296 Abs. 1 ZPO genannten Fristen, die durch die Verfügung des Vorsitzenden in Gang gesetzt werden (vgl. BGHZ 76, 238 = NJW 1980 1167).</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Allen diesen Fallgestaltungen ist gemeinsam, daß die Zustellung zu Rechtsfolgen führt oder doch führen kann, die in ihrer Bedeutung den durch den Ablauf einer Notfrist ausgelösten Auswirkungen gleichstehen. So geht es etwa darum, daß einer Prozeßpartei bei ungenutzten Verstreichenlassen der Rechtsmittelbegründungsfrist der Verlust des Rechtsmittels droht, §§ 519 b, 554 a ZPO, oder daß ein Entmündigungsbeschluß wirksam wird. Im vorliegend gegebenen Zusammenhang tritt nach dem Ablauf der Monatsfrist gemäß § 629 a III 1 ZPO, welche durch die Zustellung der Rechtsmittelbegründung in Gang gesetzt wird, eine vergleichbare, wenn nicht gar weitreichendere Rechtsfolge ein, nämlich die Rechtskraft der Ehescheidung mit allen ihren Konsequenzen. Der Verlust eines Rechtsmittels (wegen nicht rechtzeitiger Rechtsmittelbegründung) ist für die betroffene Prozeßpartei gewiß eine schwerwiegende Rechtsfolge, sie wird aber kaum als so schwerwiegend und weitreichend angesehen werden können wie die Rechtskraft der Ehescheidung. Die Ehe gehört zu den vom Grundgesetz in besonderem Maße geschützten Rechtsinstituten, vgl. Art. 6 I GG; dementsprechend setzt die Ehescheidung ein sorgfältig ausgestaltetes gerichtliches Verfahren voraus; vgl. §§ 606 ff ZPO. Die besondere Stellung der Ehe selbst und des ihre Scheidung betreffenden Verfahren duldet noch weniger als ein anderes gerichtliches Verfahren Unsicherheiten, weder im Hinblick auf den Inhalt der gerichtlichen Entscheidung noch im Hinblick auf deren Wirksamwerden. Nach Durchführung eines Ehescheidungsverfahrens darf es für die Beteiligten, vor allem die Parteien selbst, keine Zweifel darüber geben, ob und ab wann die Ehe nun geschieden ist. Vor diesem Hintergrund kann eine Frist, deren Lauf für die Rechtskraft der Ehescheidung maßgebend ist, nur durch die - zweifelsfrei feststellbare - förmliche Zustellung in Gang gesetzt werden; mit der Bedeutung der Sache wäre das Abstellen auf den vor dem im Zeitpunkt unsicheren - formlosen Zugang nach § 187 S. 1 ZPO nicht vereinbar, zumal die Anwendung dieser Vorschrift dem Ermessen des Gerichts unterliegt. Wäre die Monatsfrist nach § 629 a III 1 ZPO einer derartigen Ungewißheit unterworfen, dann wäre es, da ein Rechtsmittelverfahren, etwa über nachehelichen Unterhalt, erfahrungsgemäß lange Zeit dauern kann, für die Parteien ebenso lange ungewiß, ob und ggf. von welchem Zeitpunkt ab sie nun rechtskräftig geschieden sind oder nicht. Ob nämlich eine fehlerhafte Zustellung der Rechtsmittelbegründung nach § 187 S. 1 ZPO als bewirkt anzusehen wäre, hätte das Gericht entweder erst im Rahmen eines Verfahrens betreffend die Erteilung eines Rechtskraftzeugnisses zu den nicht angefochtenen Teilen des Verbundurteiles oder nach Einlegung eines (unselbständigen) Anschlußrechtsmittels zu entscheiden, die noch bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung erfolgen kann.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Daß § 629 a III 1 ZPO die durch die Zustellung in Gang gesetzte Monatsfrist nicht als Notfrist bezeichnet, steht, wie schon ausgeführt, der Anwendung von § 187 S. 2 ZPO nicht entgegen. Dies gilt um so mehr, als § 629 a ZPO zu den Normen gehört, die beim Erlaß des Gesetzes zur Änderung unterhaltsrechtlicher, verfahrensrechtlicher und anderer Vorschriften (UÄndG) vom 20.2.1986 geändert worden sind und nicht eben als besonders geglückt bezeichnet werden dürfen. Bergerfurth bezeichnet die Bestimmung, ohne, soweit ersichtlich, auf Widerspruch gestoßen zu sein, als "die Sphinx im neuen Verfahrensrecht" (FamRZ 1986, 940; vgl. auch Jaeger FamRZ 1985, 869; Sedemund-Treiber FamRZ 1986, 209: Kemnade FamRZ 1986, 625). Angesichts dessen erscheint es nicht angebracht, dem Wortlaut der Bestimmung allzu große Bedeutung beizumessen. Nach alledem hat die fehlerhafte Zustellung der Berufungsbegründung den Lauf der Monatsfrist nach § 629 a III 1 ZPO nicht in Gang gesetzt, und die Zustellung kann auch nicht gemäß § 187 S. 1 ZPO als in dem Zeitpunkt als bewirkt angesehen werden, in dem die Berufungsbegründung dem zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten des Antragstellers zugegangen ist. Demzufolge ist die Ehescheidung erst mit der Erklärung der Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, auf (Anschluß-)Rechtsmittel gegen die Ehescheidung selbst zu verzichten, rechtskräftig geworden. Für die Zeit ab Rechtskraft der Ehescheidung steht der Antragsgegnerin ein Aufstockungsunterhalt gemäß § 1573 Abs. 2 BGB zu.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Ausweislich der Lohn-/ Gehaltsabrechnung für Dezember 1986, welche auch die Jahreszahlen für dieses Jahr enthält, hat der Antragsteller im Jahre 1986 ein durchschnittliches Nettoeinkommen erzielt in Höhe von monatlich 3.427,93 DM. Hinzu tritt die Lohnsteuererstattung, welche der Antragsteller im Jahre 1986 für 1985 in Höhe von 1.600,-- DM erhalten hat, das sind umgelegt auf 12 Monate monatlich 133,33 DM, so daß sich ein Gesamtnettoeinkommen ergibt in Höhe von monatlich 3.561,26 DM.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Hiervon sind die berufsbedingten Fahrtkosten abzuziehen. Diese belaufen sich bei 182 Arbeitstagen im Jahre 1986 (in der Lohn-/ Gehaltsabrechnung ausgewiesen) und bei 86 km Fahrtstrecke täglich, wie der Antragsteller sie behauptet auf</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">182 x 86 x 0,32 DM = 5.008,64 DM,</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">das sind im Monatsdurchschnitt 417,39 DM.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Nach Abzug dieses Betrages verbleibt ein bereinigtes Nettoeinkommen in Höhe von monatlich 3.143,87 DM.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Das Vorbringen des Antragstellers, ein Teil seiner Einkünfte müsse unberücksichtigt bleiben, weil er Überstunden leiste, welche nicht berufsüblich seien, wird durch seinen eigenen, mit den vorgelegten Lohn-/ Gehaltsabrechnungen übereinstimmenden Vortrag widerlegt, demzufolge er durchgehend jeden Monat eine Überstundenvergütung erzielt. Die Überstunden sind danach augenscheinlich betriebsbedingt und in dem vom Antragsteller ausgeübten Beruf üblich, weshalb diese Vergütung ebenso wie das übrige Einkommen zu den unterhaltspflichtigen Einkünften zählt (vgl. die Nachweise auf die BGH-Rechtsprechung bei Lohmann, Neue Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zum Familienrecht, 5. Aufl., S. 103 f.).</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Die Antragsgegnerin hat im Jahre 1986 Nettoeinkünfte erzielt in Höhe von insgesamt 27.207,32 DM,</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">das sind im Monatsdurchschnitt 2.267,28 DM.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Werden hiervon die berufsbedingten Fahrtkosten abgezogen in der Höhe, in welcher sie bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel entstehen, das heißt mit monatlich etwa 60,-- DM, so verbleibt ein Nettoeinkommen in Höhe von monatlich 2.207,28 DM.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Die Differenz zwischen den beiderseitigen anrechenbaren Nettoeinkünften beläuft sich danach monatlich auf 3.143,87 DM</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">- 2.207,28 DM</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Übertrag: = 936,59 DM.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">3/7 hiervon stehen der Antragsgegnerin als Aufstockungsunterhalt zu, das sind monatlich 401,39 DM.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Da sie nur monatlich 335,-- DM begehrt, ist ihrem Antrag in vollem Umfang stattzugeben.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlußurteil vorbehalten.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Der Ausspruch zur Vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Ziff. 10, 711, 713 ZPO.</p>
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} | 15 W 104/87 | "1987-04-09T00:00:00" | "2019-03-13T14:56:48" | "2019-03-27T09:43:01" | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1987:0409.15W104.87.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der Klägerin wird in Abänderung des angefochtenen Beschlusses Prozeßkostenhilfe für den ersten Rechtszug gewährt.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Gründe</u>:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die nach § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige Beschwerde ist auch sachlich begründet; denn das Amtsgericht hat der Klägerin zu Unrecht die beantragte Prozeßkostenhilfe versagt.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet - entgegen der Ansicht des Amtsgerichts - hinreichende Aussicht auf Erfolg, § 114 ZPO. Insbesondere ist die zweijährige Anfechtungsfrist nach § 1596 Abs. 2 in Vb. mit Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht verstrichen, einerlei ob insoweit für den Fristbeginn auf den Zeitpunkt der Scheidung der Ehe der Mutter der Klägerin mit dem Beklagten (am 28.8.1984) oder auf den Ablauf dreier Trennungsjahre (die Trennung soll am 12.3.1978 stattgefunden haben, wie aus den Vorprozeßakten xxx, Bl. 7 d.A., hervorgeht) abzustellen ist.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Zwar waren der <u>Kindesmutter</u> die nach § 1596 BGB für den Fristbeginn maßgebenden Umstände schon seit der Geburt der Klägerin - am 3.5.1979 - bekannt. Darauf kommt es aber nicht an, weil die Kindesmutter während bestehender Ehe und auch nach der Ehescheidung (28.8.1984) gemäß §§ 1629 Abs. 2, 1795 Abs. 1 Nr. 1 und 3 BGB nicht zur Vertretung dieses Kindes im Anfechtungsprozeß berechtigt war, solange ihr nicht die alleinige elterliche Sorge übertragen worden ist (vgl. dazu ausführlich OLG Köln JMBl. NW 1970, 234 ff. mit weit. Nachweisen).</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Dafür, daß eine dahingehende vormundschaftsgerichtliche Entscheidung überhaupt irgend wann ergangen ist, liegt bisher kein Anhaltspunkt vor.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Anfechtungsfrist hat daher erst mit der Bestellung des Jugendamts xxx zum Ergänzungspfleger mit dem Wirkungskreis der Vertretung der Klägerin im vorliegenden Anfechtungsprozeß - mithin erst im Dezember 1986 - zu laufen begonnen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Da auch die sonstigen Voraussetzungen des § 114 ZPO erfüllt sind, mußte der Beschwerde der Klägerin stattgegeben werden.</p>
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<p>Die Beschwerde wird auf Kosten des Beschwerdeführers zurückgewiesen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Einsetzung des Notvorstandes, die das Amtsgericht/Registergericht auf Antrag des Antragstellers vom 9. Dezember 1986 gemäß § 29 BGB angeordnet hat. Die Bestellung der im Rubrum aufgeführten Mitglieder des Notvorstandes erfolgte mit der Begründung, aufgrund der Rücktrittserklärungen und des Ausscheidens der Vorstandsmitglieder xxx und xxx fehlten die nach § 26 BGB bzw. nach § 11 der Vereinssatzung zur Gesamtvertretung und Beschlussfassung erforderlichen Vorstandsmitglieder, so dass der Verein handlungsunfähig sei. Zur Einberufung der nächsten Mitgliederversammlung sei die Bestellung eines Notvorstandes erforderlich, und zwar bis zur Wahl eines neuen Vorstandes durch die Mitgliederversammlung, längstens bis zum 31.12.1987.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Gemäß § 10 der Satzung werden die Vorstandsmitglieder für ihr Amt von der Mitgliederversammlung auf drei Jahre gewählt. Nach § 11 ist der Vorstand beschlussfähig, wenn (mindestens) drei seiner Mitglieder versammelt sind.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Beschwerdeführer wandte sich mit Schreiben vom 26. Januar 1987<em> </em>gegen die Bestellung des Notvorstandes. Auf die dort dargelegten Gründe wird im einzelnen Bezug genommen. Die Rechtspflegerin und der zuständige Abteilungsrichter haben das Rechtsmittel als Erinnerung angesehen und nicht abgeholfen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Das eingelegte Rechtsmittel ist nach Vorliegen der Nichtabhilfeentscheidungen des Amtsgerichts als Beschwerde anzusehen; diese ist zulässig (vgl. § 11 Abs. 2 RpflG, §§ 19 Abs. 1, 20 FGG, Sauter/Schweyer, Der eingetragene Verein, 13. Auflage 1986, Rn. 294, 296).</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">In der Sache hat die Beschwerde keinen Erfolg. Das Amtsgericht hat auf Antrag des Beschwerdegegners zu Recht den Notvorstand bestellt und die Eintragung der Mitglieder des Notvorstandes veranlaßt.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Voraussetzungen der Notbestellung nach § 29 BGB lagen vor. Nach dieser Vorschrift hat das Registergericht bei Fehlen der für die Handlungsfähigkeit erforderlichen Mitgliederzahl des Vorstandes in dringenden Fällen auf Antrag eine Notbestellung vorzunehmen und nach seinem Ermessen die erforderlichen Maßnahmen zutreffen, d.h. hier die ihm geeignet erscheinenden, zur Amtsübernahme bereiten Personen als Notvorstände zu bestellen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Bestellung war danach geboten, weil ein handlungsfähiger Vorstand, der insbesondere die ordnungsgemäße Einberufung der Mitgliederversammlung gewährleisten kann, nicht vorhanden war. Von den 7 Mitglieder des regulären, eingetragenen Vorstandes (§ 10 der Satzung) waren drei, nämlich die Vorstände xxx, xxx und xxx <span style="text-decoration:underline;"> </span>im Vereinsregister gelöscht worden.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline;">xxx </span>war am 5. März 1986 verstorben; die beiden anderen Vorstandsmitglieder wurden auf Antrag des Beschwerdeführers im Register gelöscht.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Handlungs- und Beschlußfähigkeit der vier weiterhin eingetragenen Vorstandsmitglieder war weder nach § 26 BGB noch nach § 11 der Vereinssatzung, wonach drei versammelte Mitglieder des Vorstandes als beschlußfähig gelten, gegeben. Die gegenteiligen Behauptungen des Beschwerdeführers hierzu entsprechen zum Teil nicht der Wahrheit und sind unrichtig.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Das Vorstandsmitglieder xxx<span style="text-decoration:underline;"> </span>ist (unbestritten) zurückgetreten. Auch xxx ist von seinem Amt zurückgetreten, der Rücktritt allerdings dem Registergericht nicht angemeldet worden. Der Rücktritt ist gemäß dem vom Beschwerdeführer selbst als Schriftführer des Vereins verfaßten und als richtig bestätigten Arbeitsbericht vom 4.10.1986 ausdrücklich vermerkt; es heißt in dem Bericht: "... September 1986 - Rücktritt Vorstandsmitglied xxx" (vgI. BI. 155 d. GA).</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Abgesehen davon war die Handlungsfähigkeit der verbliebenen Vorstandsmitglieder nicht gegeben. Herr xxx hat der Beschwerdeführer nach eben dem genannten Arbeitsbericht "ausgeschlossen". Umgekehrt existieren fünf schriftliche Erklärungen der (damaligen) Vorstandsmitglieder xxx, xxx und xxx vom 22. bzw. 26.3.1986, wonach auf der Grundlage des § 11 der Satzung der schriftliche (Mehrheits-) Beschluß gefaßt worden war, daß der Beschwerdeführer von allen Ämtern als 1. stellvertretender Vorsitzender, Schriftführer, und Chefredakteur des xxx entbunden wird (-BI. 111/119 d.GA).</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Maßnahmen/Beschlüsse Wirksamkeit erlangt haben. Desgleichen ist es unerheblich, ob der gegen den Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang von den übrigen Vorstandsmitglieder erhobene Vorwurf des vereinsschädigenden Verhaltens, insbesondere der Vorwurf des undurchsichtigen Finanzgebarens, der Verhinderung der ordnungsgemäßen Kassenprüfung (siehe Bericht des Herrn xxx vom 26.11.1986 - BI. 113 d. GA) und der womöglichen Veruntreuung von Vereinsgeldern zutrifft. Jedenfalls begründeten diese Vorwürfe im Zusammenhang mit den erfolgten Rücktritten und Entsetzungen - wie dargelegt - Auseinandersetzungen in einem Ausmaß, daß die Handlungs- und Beschlußfähigkeit des Vorstandes ab dem Jahre 1986 zu keinem Zeitpunkt mehr gewährleistet war. Die Einberufung einer Mitgliederversammlung zur eventuellen Neuwahl eines Vorstandes scheiterte aus diesen Gründen und weil ein vom Beschwerdeführer vorzulegendes Mitgliederverzeichnis nicht zur Verfügung gestellt wurde. Eine Kassenprüfung ist ebenfalls bislang nicht durchführbar gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Einsetzung eines Notvorstandes auf Antrag des Beteiligten xxx war daher geboten. Die Voraussetzung des § 29 BGB sind nach zutreffender Ansicht in Rechtsprechung und im Schrifttum nicht nur bei Fehlen der gesetzlichen/satzungsmäßigen Mitgliederzahl des Vorstandes gegeben, sondern auch dann zu bejahen, wenn z.B. durch Amtsniederlegung, grundsätzliche Verweigerung der Mitwirkung bei der Geschäftsführung und wegen grundlegender Zerwürfnisse keine Handlungsfähigkeit des Vorstandes mehr vorliegt; auch wenn unklar oder streitig ist, ob noch erforderliche Vorstandsmitglieder fehlen, kann das Registergericht die notwendigen Ermittlungen anstellen und einen Notvorstand bestellen, wobei zu beachten ist, daß es sich bei der Notbestellung um ein summarisches Prüfungsverfahren handelt (vgl. Sauter/Schweyer, a.a.O., Rdnr. 293 ff m. Nachw. der Rspr.; Staudinger-Coing, BGB Komm., 12. Aufl. 1980, § 29 BGB Rn. 7; Münchner Kommentar/Reuter zum BGB, 2. Aufl. 1984, § 29 Rn. 7 ff; RGRK zum BGB/Steffen, 12. Aufl. 1982, § 29 Rn. 2).</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Handlungsunfähigkeit des Vorstandes war danach zu bejahen, weil aufgrund der Rücktrittserklärungen, Amtsniederlegungen und (wechselseitigen) Amtsenthebungen kein einziges Vorstandsmitglied mehr vorhanden war, das unangefochten bzw. zur Wahrnehmung der notwendigen Geschäftsführungsmaßnahmen fähig oder bereit war.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die angeordnete Notbestellung durch das Amtsgericht war auch im übrigen rechtmäßig und dringend geboten. Die Einwände des Beschwerdeführers hiergegen sind ebenfalls unerheblich.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die eingesetzten Notvorstände sind persönlich und fachlich qualifiziert und haben ihre Bereitschaft zur Übernahme der Ämter schriftlich dargelegt. Zu Recht hat das Amtsgericht/Registergericht als Notvorstände drei Personen eingesetzt. Dies entspricht der notwendigen Mindestmitgliederzahl nach § <strong>11 </strong>der Satzung (vgl. hierzu Sauter/Schweyer, a.a.O., Rdnr. 297, 299; BayOblG NJW 1981, 995). Die Bestimmung von drei Personen war hier deswegen geboten, weil die formell im Register noch eingetragenen Vorstandsmitglieder, darunter der Beschwerdeführer und -gegner aufgrund der dargelegten wechselseitigen "Amtsenthebungen" nicht mehr als handlungsfähige, die Geschäftsführung hinreichend zuverlässig wahrnehmende Vorstände angesehen werden konnten. Die angeordnete Notbestellung,. die als Ermessensentscheidung in einem summarischen Prüfungsverfahren zu erfolgen hat, war daher die richtige und angemessene Maßnahme auf die eingetretene Situation. Die Eilbedürftigkeit ergab sich im Hinblick auf die notwendige Einberufung einer ordentlichen Mitgliederversammlung und wegen der im Raum stehenden gravierenden Vorwürfe der Veruntreuung von Vereinsgeldern in einer erheblichen Größenordnung (über 11.000,-- DM) gegen den Beschwerdeführer.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Unerheblich ist der Einwand des Beschwerdeführers, Herr Ministerialrat a.D. xxx sei aufgrund seines Alters (geb. ##.##.#### und weil er zum Kassenprüfer gewählt worden sei, als Notvorstand ungeeignet. Abgesehen davon, daß der Beschwerdeführer selbst neben seinem Amt als stellvertretender Vorstandsvorsitzender und Schriftführer seiner zeit auch die Kassenprüfung übertragen bekommen hatte, bezieht sich die Bestellung des Notvorstandes nicht speziell auf eine Kassenprüfung. Die Notbestellung erfolgte zweckgerichtet zur Einberufung der nächsten Mitgliederversammlung; um dort einen neuen Vorstand zu wählen. Unerheblich ist die Behauptung des Beschwerdeführers, (-dem im übrigen rechtliches Gehör gewährt worden ist), der zum Notvorstand bestellte xxx habe niemals den xxx angehört und sei nicht einmal Vereinsmitglied. Abgesehen davon, daß dies keine notwendige Voraussetzung zur Wahrnehmung der Aufgaben eines Notvorstandes ist, gehörte Herr xxx nach eigener unwidersprochener Erklärung bereits als Gründungsmitglied von 1954-1958 dem Verein und Vorstand an. Der zuletzt gestellte Antrag des Beschwerdeführers, ihn und den Beschwerdegegner xxx ebenfalls zu Notvorstandsmitgliedern des Vereins zu bestellen, ist ebenfalls unbegründet. Die erforderliche Mindest-Mitgliederzahl des Vorstandes nach § 11 der Satzung hat das Amtsgericht/Registergericht in seinem Beschluß zutreffend bestimmt. Das Gericht hat hierbei das "Gebot der Satzungstreue" beachtet. Abgesehen davon, daß in der Beschwerdeinstanz über den fraglichen Antrag des Beschwerdeführers grundsätzlich nicht zu entscheiden ist, darf das Bestellungsrecht des Registergerichts im Wege des § 29 BGB nicht weiter ausgedehnt werden, als es nach Art und Dringlichkeit des geltend gemachten Bedürfnisses erforderlich ist (vgl. BayObLGZ 1976, 126 = Rpfl 1976, 357; Sauter-Schweyer, a.a.O., Rdnr. 299 m.weit.Nachw. des Meinungsstandes). Die Beschränkung der Notbestellung auf die drei genannten Notvorstände begegnet auch aus diesem Gesichtspunkt heraus keinen Bedenken.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde war nach allem zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 131 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">KostO. Eine Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">war nicht veranlaßt, weil am Beschwerdeverfahren nicht mehrere</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Personen im Sinne des § 13a FGG beteiligt waren.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks"> </p>
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315,480 | lg-bonn-1987-04-06-6-s-40686 | {
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"city": 394,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 6 S 406/86 | "1987-04-06T00:00:00" | "2019-03-13T14:56:50" | "2019-03-27T09:43:01" | Urteil | ECLI:DE:LGBN:1987:0406.6S406.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Bonn - 8 C 196/86 - vom 14. 0ktober 1986 wird zurückgewiesen. •</p>
<p>Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Ohne Tatbestand gemäß § 543 I ZPO</span></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung ist nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist nicht berechtigt, wegen der von ihm beabsichtigten Umbaumaßnahmen an dem Hause L-Straße in C die Herausgabe der von dem Beklagten bewohnten Räume zu verlangen. Die unter dem 4.7.1985 ausgesprochene Kündigung (nicht zum 31.10.1985, sondern richtigerweise: zum 30.4.1986) ist unwirksam. Die Voraussetzungen des § 564 b II Nr. 3 BGB sieht die Kammer ebensowenig wie das Amtsgericht als gegeben an.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Zwar mag im Sinne der Voraussetzungen des § 564 b II Nr. 3 BGB der Kläger noch das erste tatbestandliche Merkmal erfüllen, nämlich an einer "angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert" sein. Allerdings ist auch insoweit schon Anlass zu Zweifeln gegeben, weil die vom Kläger vorgelegten vergleichenden Wirtschaftlichkeitsberechnungen immerhin ausweisen, daß der Kläger auch derzeit einen - wenn auch nicht allzu hohen - Gewinn aus dem von ihm mit ca. 285.000,-- DM erworbenen Objekt erwirtschaften kann. Zudem betreffen die in diesem Zusammenhang in Rechtsprechung und Literatur für die Fälle der Sanierung von Altbauten angeführten Beispiele (etwa: LG Freiburg MDR 79, 584; MK-Voelskow, BGB, § 564 b Rdnr. 68; Staudinger- Sonnenschein, BGB, 12. Aufl., § 564 b Rdnr. 91) die Fälle des heruntergekommenen, baufälligen Altbaus. Vorliegend hingegen lässt sich der Klägervortrag mangels weiterer Darlegungen nur so verstehen, daß die Wohnungen in dem Hause L-Straße - da ohne abgeschlossenen Türen und ohne eigene, der jeweiligen Wohnung zugeordneten WC' s (was es in C in Altbauten noch oft gibt) - nicht mehr zeitgemäß sind. Für eine Sanierungsnotwendigkeit wegen Baufälligkeit reicht dieser Vortrag hingegen nicht aus.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Jedenfalls aber ist das weitere Tatbestandsmerkmal des § 564 b II Nr. 3 BGB "… <span style="text-decoration:underline">und</span> dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde" zu verneinen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die in der Wirtschaftlichkeitsberechnung des Klägers dargetanen Nachteile sind lediglich solche, die sich als nicht von ihm erwünschte ausreichende Vorteile darstellen; statt einer Rendite von 1 % erstrebt der Kläger eine solche (unter Berücksichtigung seiner für den Umbau vorgesehenen Aufwendungen) von 4 % (wobei zu der Berechnung des Architekten C2 noch offen bleiben kann, ob auch hinsichtlich der erwarteten künftigen höheren Einnahmen die Berechnung wegen des höheren Steueranfalls zutreffend ist). Zwar zählt zu erheblichen Nachteilen im Sinne der angeführten Kündigungsschutzbestimmung auch der Mangel jeglicher oder zumindest rentabler Nutzung (vgl. Staudinger aaO Rdnr. 94). Diese Nachteile müssen aber von solchem Gewicht sein, daß die mit dem Bestandschutz verbundene Einschränkung der Eigentümerbefugnisse auch im Hinblick auf die Sozialpflichtigkeit des Eigentums unerträglich erscheint (Staudinger aaO Rndr. 96).</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Unter Anlegung dieses gebotenen strengen Maßstabes (vgl. hierzu auch die Beispiele bei Schmitt-Futterer NJW 72, 6) ist ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses gemäß § 564 b II Nr. 3 BGB nicht anzunehmen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Demnach kann auch offen bleiben, ob die Klage jedenfalls auch aus Gründen des § 568 BGB abzuweisen wäre. Für die Anwendbarkeit des § 568 BGB - stillschweigende Verlängerung des Mietverhältnisses - spricht immerhin, daß der Beklagte den Zugang des Schreibens der Prozessbevollmächtigten des Klägers von 31.10.1985 (in dem die Kündigungsfrist zum 30.4.1986 angesetzt und einem Verbleiben in der Wohnung "schon heute" widersprochen wird) bestritten hat. Beweispflichtig für den rechtzeitigen Widerspruch nach erfolgter Kündigung wäre der Kläger (vgl. Palandt-Putzo, BGB, 45., Aufl., § 568 Rdnr. 1 f). Im übrigen ist auch fraglich, ob der Inhalt des Schreibens vom 31.10.1985 ausreichend gewesen wäre, einen Widerspruch des Vermieters im Sinne des § 568 Satz 1 BGB zu begründen. Zwar kann ein solcher Widerspruch durchaus auch schon vor dem Ende der Mietzeit erfolgen (BayObLG NJW 81, 2759; OLG Hamburg NJW 81, 2285) aber für diesen Fall muss dann der Wille geäußert werden, das "Vertragsverhältnis" nicht fortsetzen zu wollen, d. h. von der Rechtsfolge her die Fiktion der Verlängerung des Mietverhältnisses zu vermeiden. Ob der letzte Satz des von dem Kläger zu den Akten gereichten Schreibens vom 31.10.1985 hierfür ausreicht, welcher lediglich das "Verbleiben" - also einen faktischen Zustand - anspricht, mag bezweifelt werden, bedarf aber aus den oben genannten Gründen letztlich nicht der Entscheidung.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren beruht auf § 97 I ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Streitwert:</span></p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">(zugleich in Abänderung der Wertfestsetzung für die erste Instanz in Anwendung des § 25 I 3 GKG; dies beruhend auf den Angaben des Klägers im Schriftsatz vom 14.5.1986): 4.200,-- DM.</p>
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315,481 | lg-duisburg-1987-03-27-4-s-38286 | {
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"name": "Landgericht Duisburg",
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"city": 408,
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"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 4 S 382/86 | "1987-03-27T00:00:00" | "2019-03-13T14:56:52" | "2019-03-27T09:43:01" | Urteil | ECLI:DE:LGDU:1987:0327.4S382.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Duisburg vom 14. August 1986 – 6 C 111/86 – abgeändert:</p>
<p>Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.934,29 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 17.02.1986 zu zahlen.</p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>T a t b e s t a n d und E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e : </u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger begehrt Restschadens nach einem Verkehrsunfall, den unstreitig der Versicherungsnehmer der Beklagten verschuldet hat. Die Beklagte hat dem Kläger lediglich Reparaturkosten und Wertminderung ersetzt. Der Kläger ist der Ansicht, er könne auf Neuwagenbasis abrechnen, was die Beklagte mit der Begründung ablehnt, es liege keine erhebliche Beschädigung vor.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens in der ersten Instanz sowie der dort gestellten Anträge wird auf das angefochtene Urteil verwiesen (§ 543 ZPO).</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat die Klage nach Beweisaufnahme mit der Begründung abgewiesen, es handele sich um einen Schaden der bei einem Weiterverkauf nicht hätte offenbart werden müssen. In einem solchem Fall sei der Schaden nicht so erheblich, dass eine Abrechnung auf Neuwagenbasis möglich sei. </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Mit seiner gegen dieses Urteil gerichteten, rechtzeitig eingelegten und begründeten Berufung verfolgt der Kläger unter Wiederholung und Ergänzung seines früheren Vorbringens seinen Antrag erster Instanz weiter. </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte bittet, ebenfalls unter Wiederholung und Ergänzung ihres früheren Vorbringens um</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">Zurückweisung der Berufung.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens im Berufungsrechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung ist begründet.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 2.934,29 DM. Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts kann der Kläger nämlich auf Neuwagenbasis abrechnen. </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Grundsätzlich ist eine Abrechnung auf Neuwagenbasis möglich, wenn ein "fast neuwertiges Fahrzeug" aufgrund Kilometerleistung und Gebrauchsdauer vorliegt und ein erheblicher Schaden gegeben ist (NJW 82, 52).</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die ersten beiden Kriterien liegen bei der Kilometerleistung von 350 km und 7-tägigem Gebrauch vor, was zwischen den Parteien auch nicht streitig ist. Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts liegt auch ein erheblicher Schaden vor.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Grenze zwischen erheblichem und nicht erheblichem Schaden ist dort zu ziehen, wo beim Wiederverkauf auch ohne Frage des Käufers eine Offenbarungspflicht über Art und Umfang der Schäden besteht, d. h. bei solchen Beschädigungen, die ihrer Art nach beim Käufer deshalb für den Kaufabschluss maßgebend sind, weil sie das Risiko unfallbedingter, unentdeckter oder unzureichend reparierter Mängel erhöhen. Hiervon ist nach den Ausführungen des Sachverständigen bei seiner Anhörung vor dem Amtsgericht auszugehen. Der Sachverständige hat nämlich bekundet, dass es für die Reparatur erforderlich sei, erhebliche Eingriffe in die Rohkarosserie vorzunehmen. Es müssten nämlich unter anderem das Heckblech ausgebrannt sowie Schäden am Bodenblech und an der Seitenwand durch Herausziehen und Richten beseitigt werden. Auch wenn der Sachverständige weiter ausführt, dass die Instandsetzung durch eine entsprechende Fachwerkstatt einwandfrei durchgeführt werden kann, ist bei solchen Schweiß- und Richtarbeiten das Risiko unfallbedingter Mängel, die unentdeckt bleiben oder unzureichend repariert werden, nicht auszuschließen, weshalb sie bei einem Weiterverkauf – auch in Anbetracht dessen, dass die Reparaturkosten nach dem Sachverständigen 2.422,52 DM ausmachen und ein Minderwert von 450,00 DM festzustellen ist – ohne Fragen zu offenbaren sind.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Da der Restschaden von 2.934,29 DM von der Beklagten in seiner Höhe nicht bestritten worden ist, hat somit der Kläger einen Anspruch auf Schadenersatz in dieser Höhe.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 288, 286, 284 BGB, 91 ZPO.</p>
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315,482 | olgham-1987-03-23-18-u-18686 | {
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} | 18 U 186/86 | "1987-03-23T00:00:00" | "2019-03-13T14:56:54" | "2019-03-27T09:43:00" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1987:0323.18U186.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Klägerin gegen das am 4. April 1986 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Siegen wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Es beschwert die Klägerin um weniger als 40.000,-- DM.</p>
<p></p>
<p>Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung ist nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Aktivlegitimation der Klägerin ist zwar gegeben. Die Klägerin firmiert mit xxx. Selbst wenn in der xxx ein Maklerunternehmen betreiben sollte, ist die Aktivlegitimation gegeben. Ein einzelkaufmännisches Unternehmen kann zwar unter seiner Firma klagen und verklagt werden. Träger der Rechte und Pflichten ist aber stets der Inhaber der Firma (RGZ 157, 375).</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Klägerin steht jedoch gegen die Beklagten kein Anspruch auf Zahlung der geforderten Maklerprovision gem. § 652 Abs. 1 S. 1 BGB zu. Die Klägerin hat den Beweis für den Abschluß eines Maklervertrages hinsichtlich des Objektes xxx in xxx nicht erbracht.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Benennt ein Makler, der - wie hier - schon vom Verkäufer beauftragt ist, ohne vorherige Provisionsvereinbarung mit dem Interessenten und ohne als Kaufmann diesem gegenüber zur Leistung berechtigt zu sein, das Objekt, so handelt er nach der neueren Rechtssprechung des BGH (BGH WM 1985, 1344; NJW 1986, 177; BGH WM 1986, 528; BGH WM 1986, 1309), soweit ihn die Erwartung einer späteren Provisionszusage leitet, auf eigenes Risiko. Verwirklicht sich das bewußt übernommene Risiko, so können dessen nachteilige Folgen dem Nachweismakler nicht mit dem Hinweis auf Treu und Glauben abgenommen werden.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Daß die Klägerin bereits bei dem Telefonat vom 18.09.1985 und in der Zeitungsanzeige auf die Provisionspflicht hingewiesen hat, ist nicht behauptet. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob bei dem Telefonat und in der Zeitungsanzeige das gleiche Objekt angesprochen worden ist. Eine Provisionspflicht der Beklagten folgt auch nicht aus dem Objekt-Nachweis vom 18.09.1985. Dieser vom Beklagten zu 2) unterzeichnete Objekt-Nachweis enthält zwar kleingedruckt den Hinweis, daß mit Abschluß eines Kauf-, Miet- oder sonstigen Vertrages die ortsübliche Vermittlungsgebühr fällig und zahlbar ist. Dabei ist es sicherlich rechtlich unerheblich, wann der Nachweis oder die Vermittlungsleistung erbracht worden ist, wenn sich der Auftraggeber rechtswirksam zur Zahlung einer Provision verpflichtet hat.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Dies ist im vorliegenden Zusammenhang aber nicht der Fall. Bei Unterzeichnung einer als "Objektnachweis" überschriebenen Erklärung kann der Unterzeichnende ohne besonderen ausdrücklichen Hinweis davon ausgehen, daß er entsprechend der Überschrift nicht eine Willenserklärung sondern zu Beweiszwecken schriftlich die Wissens- oder Tatsachenerklärung abgibt, daß ihm ein bestimmtes Objekt vom Makler nachgewiesen worden sei. Da eine solche Nachweisbestätigung auch für einen Makler von Interesse sein kann, der nur für den Vertragsgegner als Unterzeichnenden tätig ist, kann man bereits bezweifeln, ob der Beklagte zu 2) mit der Unterzeichnung des die Provisionspflicht mitregelnden Objekt-Nachweises überhaupt eine rechtsgeschäftliche Erklärung abgegeben hat, obwohl nach der Rechtsprechung hierzu ein potentielles Erklärungsbewußtsein ausreicht (BGHZ 91, 327). Auf jeden Fall handelt es sich, soweit kein ausdrücklicher Hinweis auf die Provisionsregelung in dem Objekt-Nachweis erfolgt, um eine überraschende Klausel i.S.d. § 3 AGBG.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Es gelten insoweit die gleichen Grundsätze, die die Rechtsprechung bei den sog. Ausgleichsquittungen im Arbeitsrecht aufgestellt hat, bei denen freilich nach § 23 Abs. 1 AGBG die Inhaltskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht eingreift. Mit der Unterzeichnung der Ausgleichsquittung bestätigt der Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses den Empfang der Arbeitspapiere und des Restarbeitsentgeltes. Soweit in ihnen gleichzeitig die Erklärung enthalten ist, daß der Arbeitnehmer auf den Kündigungsschutz verzichtet, fordert das BAG (AP Nr. 6 zu § 4 KSchG 1989), daß die vertragliche Erklärung, auf den Kündigungsschutz zu verzichten, aus Gründen der Rechtssicherheit aus der Urkunde selbst unmißverständlich hervorgehen müsse. Das BAG (AP Nr. 3 zu § 3 LohnFG = NJW 1981, 1285) ist der Meinung, daß der rechtsgeschäftliche Verzicht von einer Unterschrift nur erfaßt werde, wenn sich aus den Umständen ergebe, daß der Arbeitnehmer die Bedeutung seiner Unterschrift erkannt habe.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Entsprechendes gilt bei Objekt-Nachweisen, die zugleich eine Provisionsregelung enthalten. Wer eine derartige Erklärung unterzeichnet, muß - wie aufgezeigt - nicht damit rechnen, daß er damit eine Provisionsverpflichtung eingeht.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Hinweis, daß hier durch die andere Drucktype eine besondere Hervorhebung der Provisionsverpflichtung erreicht worden sei, geht an der Sache vorbei. In der AGBG-Literatur (vgl. z.B. Ulmer-Brandner-Hensen, AGBG § 3 Rdn. 23) wird zwar ausgeführt, daß eine Überraschungsklausel nicht vorliege, wenn der Verwender den Klauselinhalt durch eine besondere Drucktype "hervorhebe". Im vorliegenden Fall mußten die Beklagten jedoch nicht von einer rechtsgeschäftlichen Erklärung ausgehen. Hierin ein wesentlicher Unterschied zu dem Sachverhalt, über den der BGH mit Urteil vom 24.09.1980 (NJW 1981, 117) zu entscheiden hatte.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Zudem ist hier für den Hinweis auf die Provisionspflicht zwar eine andere, gegenüber dem sonstigen vorgedruckten Text aber kleinere und weniger auffallende Drucktype verwendet worden, so daß der Provisionshinweis gerade nicht hervorgehoben wurde.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem Senat kann auch nicht davon ausgegangen werden, daß der Zeuge xxx den Beklagten zu 2) vor der Unterzeichnung des Objekt-Nachweises auf die darin enthaltene Provisionsverpflichtung hingewiesen hat. Der Zeuge xxx hat zwar bekundet, bei der Unterzeichnung des Objekt-Nachweises erklärt zu haben, daß der Beklagte bei Unterzeichnung und Interesse Provision bezahlen müßte; die Unterschrift habe er als Nachweis für das Interesse benötigt.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der Zeuge xxx hat einen entsprechenden Hinweis in Abrede gestellt.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Welcher dieser Aussagen zu folgen ist, kann dahingestellt bleiben. Selbst wenn der Zeuge xxx erklärt haben sollte, daß der Beklagte bei Unterzeichnung und Interesse Provision bezahlen müsse, kann dies nur als Meinungsäußerung des Zeugen xxx verstanden werden, denn er hat gerade nicht bekundet, den Beklagten zu 2) darauf hingewiesen zu haben, daß seine Unterschrift zugleich eine rechtsgeschäftliche Provisionsvereinbarung mitumfasse. Es kann deshalb auch dahingestellt bleiben, ob die Verkäuferin, Frau xxx, bei der Unterzeichnung des Objekt-Nachweises erklärt hat, der Beklagte zu 2) könne ruhig unterschreiben. </p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Sie hätte einen Maklervertrag abgeschlossen und müsse Provision bezahlen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Da die Klägerin den Abschluß eines Maklervertrages nicht nachgewiesen hat, kann die Frage der Vorkenntnis dahingestellt bleiben.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Da die Klägerin den Beklagten zu 2) vor der Unterzeichnung auf die darin enthaltene Provisionsvereinbarung nicht hingewiesen hat, entfällt auch eine entsprechende Verpflichtung der Beklagten zu 1), selbst wenn sie erklärt haben sollte, der Beklagte zu 2) möge auch für sie unterschreiben.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Berufung konnte daher keinen Erfolg haben. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 546 Abs. 2 S. 1, 708 Ziff. 10 ZPO.</p>
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315,483 | olgk-1987-03-17-ss-11887 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | Ss 118/87 | "1987-03-17T00:00:00" | "2019-03-13T14:56:55" | "2019-03-27T09:43:00" | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1987:0317.SS118.87.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Das angefochtene Urteil wird aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an das Amtsgericht Köln zurückverwiesen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Verwaltungsbehörde hat durch Bußgeldbescheid dem Betroffenen wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit eine Geldbuße von 200,- DM auferlegt und ein Fahrverbot von einem Monat angeordnet. Den Einspruch des Betroffenen hat das Amtsgericht durch das angefochtene Urteil nach § 74 Abs. 2 OWiG verworfen. Das Amtsgericht hat die Ansicht vertreten, der Betroffene sei ohne genügende Entschuldigung ausgeblieben. Insoweit heißt es in dem Urteil u.a.: "Die von dem Betroffenen vorgetragenen Gründe sind keine genügende Entschuldigung, weil sich aus dem Attest nicht ergibt, daß er am 11.11.1986 absolut verhandlungsunfähig war". Der Betroffene hat durch Schriftsatz seines Verteidigers rechtzeitig Rechtsbeschwerde eingelegt und zugleich begründet. Er hat "Verletzung materiellen und formellen Rechts" gerügt. Er hat ausgeführt, das angefochtene Urteil sei mit einer falschen Rechtsmittelbelehrung zugestellt worden; außerdem sei im Bußgeldbescheid nicht auf § 25 StVG hingewiesen worden. Im gleichen Schriftsatz hat der Verteidiger gegen die Versäumung der Hauptverhandlung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und zur Begründung folgendes ausgeführt: "Zu Unrecht ist der Einspruch des Betroffenen gegen den Bußgeldbescheid vom 12.09.1986 am 11.11.1986 verworfen worden, da ausweislich des ärztlichen Attestes eine Verhandlungsfähigkeit des Betroffenen im Termin vom 11.11.1986 nicht vorlag. Aus diesem Grunde hat das Amtsgericht den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid zu Unrecht verworfen, da das Erscheinen des Betroffenen genügend entschuldigt war."</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 OWiG statthaft. Die Vorschrift findet auf Verwerfungsurteile nach § 74 Abs. 2 OWiG Anwendung (vgl. OLG Köln VRS 67, 454; Göhler, OWiG, 7. Aufl., § 74 Rn. 48).</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Sachrüge hat allerdings keinen Erfolg. Ein Verwerfungsurteil nach § 74 Abs. 2 OWiG hat keinen materiellrechtlichen Inhalt; eine Sachrüge führt daher - ebenso wie bei der Anfechtung von Verwerfungsurteilen nach § 329 StPO - nur zur Überprüfung, ob die Prozeßvoraussetzungen vorliegen oder Verfahrenshindernisse bestehen (SentsE JMBlNW 1986, 226 = VRS 70, 458 = VM 1986, Nr. 59; OLG Düsseldorf JMBlNW 1986, 249; andere Ansicht: Göhler, a.a.O., § 74 Rn 48 a-c). Verfahrensfehler bestehen im vorliegenden Fall nicht; die Prozeßvoraussetzungen sind gegeben. Durch das Fehlen des Hinweises auf § 25 StVG wird die Wirksamkeit des Bußgeldbescheids als Verfahrensvoraussetzung nicht in Frage gestellt (vgl. Göhler a.a.O. § 66 Rn. 49).</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Zur Überprüfung der Frage, ob das Amtsgericht rechtsfehlerfrei den Einspruch verworfen hat, bedarf es einer - unter Beachtung der in § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO normierten Darlegungspflicht näher ausgeführten - Verfahrensrüge (SenatsE, VRS 70, 458; OLG Düsseldorf NStZ 1983, 270 und VRS 65, 446; OLG Hamm VRS 59, 43).</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die entsprechende Verfahrensrüge ist ordnungsgemäß erhoben und begründet. Bei der Rüge, das Amtsgericht habe den Einspruch nicht nach § 74 Abs. 2 OWiG verwerfen dürfen, hängt der Umfang der Darlegungspflicht des Beschwerdeführers nach § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO davon ab, ob der Verfahrensfehler sich aus dem Inhalt des angefochtenen Urteils ergibt oder nicht. Insoweit gelten für die Anfechtung von Verwerfungsurteilen nach § 74 Abs. 2 OWiG die gleichen Grundsätze, die zu § 329 Abs. 1 StPO anerkannt sind. Es wäre formalistisch, die Zulässigkeit der Verfahrensrüge davon abhängig zu machen, daß die Rechtsbeschwerdebegründung den Urteilsinhalt wiederholt (vgl. OLG Düsseldorf, Strafverteidiger 1984, 148; Gollwitzer in Löwe-Rosenberg, StPO, 23. Aufl., § 329 Rn. 98). Wenn sich aus dem Verwerfungsurteil ergibt, daß der Betroffene Entschuldigungsgründe vorgebracht hat, reicht zur Erhebung einer ordnungsgemäßen Verfahrensrüge die Begründung, das Gericht habe das Ausbleiben des Betroffenen nicht als unentschuldigt ansehen dürfen (vgl. OLG Hamm, NJW 1963, 65; OLG Köln, 3. Strafsenat, Beschluß vom 11.05.1984 - 3 Ss 278/84; SenatsE vom 18.10.1983 - 1 Ss 652/83). Danach entspricht die vom Betroffenen erhobene Verfahrensrüge den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Die Rechtsbeschwerdebegründung ist dahin zu verstehen, daß die im gleichen Schriftsatz gemachten Ausführungen zum Wiedereinsetzungsantrag auch zur Begründung der Rechtsbeschwerde herangezogen werden sollen und die Verfahrensrüge auch darauf gestützt werden soll, daß das Amtsgericht zu Unrecht das Ausbleiben des Betroffenen als unentschuldigt angesehen hat. Da der Inhalt des in der Hauptverhandlung vorgelegten ärztlichen Attests nicht mitgeteilt wird, würde dies allein noch nicht zur Darlegung eines Verfahrensfehlers ausreichen; durch die Heranziehung der Urteilsgründe wird aber der Vortrag ergänzt. Rechtsbeschwerde und Urteilsinhalt zusammen ergeben eine hinreichende Konkretisierung der Verfahrensrüge und ermöglichen dem Rechtsbeschwerdegericht die Überprüfung, ob dem Amtsgericht bei der Beurteilung der im Urteil festgestellten tatsächlichen Umstände Rechtsfehler unterlaufen sind oder ob das Amtsgericht schon nach dem Urteilsinhalt gegen seine Verpflichtung verstoßen hat, erkennbare Entschuldigungsgründe im Urteil mitzuteilen und zu erörtern, so daß das Rechtsbeschwerdegericht in die Lage versetzt wird, die Gesetzmäßigkeit der Entscheidung zu überprüfen. (Zur Begründungspflicht: BayObLG VRS 61, 48; OLG Düsseldorf, VRS 64, 276 und 68, 470; OLG Koblenz, VRS 66, 368; OLG Köln, 3. Strafsenat, VRS 65, 287; 67, 454).</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Verfahrensrüge greift auch durch. Wie sich aus den Gründen des angefochtenen Urteils ergibt, hat das Amtsgericht den Begriff der genügenden Entschuldigung verkannt. Es hat den Betroffenen als nicht genügend entschuldigt angesehen, weil sich aus dem Attest nicht ergebe, daß er zur Zeit der Hauptverhandlung "absolut verhandlungsunfähig" sei. Eine Krankheit stellt einen ausreichenden Entschuldigungsgrund dar, wenn sie nach ihrer Art und nach ihren Wirkungen, insbesondere nach dem Umfang der von ihr ausgehenden körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen eine Beteiligung an der Hauptverhandlung unzumutbar erscheinen läßt (OLG Düsseldorf NStZ 1984, 331 = Strafverteidiger 1984, 148). Dies setzt nicht Verhandlungsunfähigkeit voraus (OLG Düsseldorf MDR 1982, 954; SenatsE vom 20, 06, 1986 - Ss 723/85 = VRS 71, 371; Kleinknecht-Meyer, StPO, 37. Aufl. § 329 Rn. 14). Auch wenn die Verhandlungsfähigkeit noch gegeben ist, können die Beeinträchtigungen durch Krankheit derart sein, daß eine Teilnahme an der Hauptverhandlung unzumutbar ist. Dies hat das Amtsgericht verkannt und zu hohe Anforderungen an den Begriff der genügenden Entschuldigung gestellt.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Das angefochtene Urteil kann auf der Verkennung des Begriffs der genügenden Entschuldigung beruhen. Dies wäre dann nicht der Fall, wenn die vorgebrachten Entschuldigungsgründe offensichtlich ungeeignet waren, das Fernbleiben des Betroffenen zu entschuldigen (BayObLG VRS 61, 48; OLG Hamm VRS 68, 55; OLG Köln, 3. Strafsenat, VRS 67, 454). Die im ärztlichen Attest u.a. enthaltene Diagnose "grippaler Infekt" ist aber im Gegenteil sehr wohl geeignet, das Ausbleiben im Termin zu entschuldigen (vgl. OLG Düsseldorf NStZ 1984, 331).</p>
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315,484 | olgk-1987-03-16-26-wf-3287 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 26 WF 32/87 | "1987-03-16T00:00:00" | "2019-03-13T14:56:56" | "2019-03-27T09:43:00" | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1987:0316.26WF32.87.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht- Esch­weiler vom 10. Dezember 1986 - 12 F 260/84 - wird zurückgewiesen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Gründe: </u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde der Antragstellerin ist nach § 127 ZPO zulässig und auch sonst in formeller Hinsicht unbedenklich. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">In dem angefochtenen Beschluß hat das Amtsgericht seine Beschlüsse vom 13. Februar 1985, durch den die im Scheidungsverfahren ursprünglich angeordnete Ratenzahlung aufgehoben worden ist, sowie den­jenigen vom 10. Dezember 1985, durch den die An­tragstellerin für das Verfahren der einstweiligen Anordnung 12 F 260/84 UEEA ratenfreie Prozeßko­stenhilfe gewährt worden ist, zu Recht gem. § 124 Nr. 2 ZPO aufgehoben. Denn die Antragstellerin hat in ihren Anträgen vom 7. und 8. Februar/18. April 1985, die zu den genannten Beschlüssen geführt ha­ben, nicht angegeben, daß sie im Zusammenhang mit der zum Jahresende 1984 erfolgten Aufhebung ihres Arbeitsverhältnisses eine Abfindung von 8.000,--DM erhalten hat. Dies ist als zumindest grob fahrlässig anzusehen, weil auch für die Antragstellerin ohne weiteres ersichtlich war, daß sie bei Bean­tragung weiterer prozeßkostenhilferechtlicher Vergünstigungen nicht nur einseitig die Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen Lage geltend machen durfte, sondern sie gehalten war, auch die mit der Aufgabe ihres Arbeitsplatzes verbundenen Einkünfte zu offenbaren.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Verstoß der Antragstellerin gegen ihre Verpflichtung zur vollständigen und richtigen Anga­be ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse hat das Amtsgericht im vorliegenden Fall auch zu Recht veranlaßt, die von der Antragstellerin mit un­vollständigen Angaben erwirkten Beschlüsse auf­zuheben. Denn eine bloße Abänderung dieser Be­schlüsse dahingehend, daß der Antragstellerin nur diejenigen prozeßkostenhilferechtlichen Vergünstigungen zukommen, auf die sie bei sofortiger vollständiger und wahrheitsgemäßer Darstellung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse Anspruch ge­habt hätte, kommt hier angesichts der Bedeutsam­keit des Verstoßes der Antragstellerin gegen ihre Verpflichtung zur vollständigen und wahrheitsge­mäßen Darstellung ihrer wirtschaftlichen Verhält­nisse nicht in Betracht.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Dem hiergegen in der Rechtsprechung (vgl. OLG Düs­seldorf JurBüro 1986, 296; LAG Düsseldorf JurBüro 1986, 1097) und der Literatur (vgl. Zöller-Schneider, ZPO, 14. Aufl., § 124 Rdn. 8) erhobenen Einwand, die Aufhebung nach § 124 ZPO sei als eine kostenrechtliche Maßnahme, nicht aber als eine Bestra­fung zu verstehen, folgt der Senat nicht. Denn diese Auffassung steht weder mit dem Wortlaut die­ser Vorschrift noch mit deren Entstehungsgeschichte in Einklang. So ist in § 124 ZPO nur von Aufhebung, nicht aber von Abänderung oder Anpassung die Rede. Dies spricht dafür, daß nicht in erster Linie da­rauf abzuheben ist, welches Ergebnis ein Prozeßkostenhilfeantrag bei wahrheitsgemäßer und vollstän­diger Darstellung der wirtschaftlichen Verhältnis­se gehabt hätte, sondern das Gericht die Entschei­dung gem. § 124 ZPO vielmehr nach pflichtgemäßem Ermessen davon abhängig zu machen hat, ob ein Ver­stoß gegen die Wahrheitspflicht vorliegt und als wie bedeutsam dieseranzusehen ist. Dabei kann es bei leichteren Verstößen gegen die Wahrheitspflicht allerdings billigem Ermessen entsprechen, die Prozeßkostenhilfebewilligung auf das­jenige Maß zurückzuführen, auf das der Antragsteller bei sofortiger wahrheitsgemäßer Darstellung Anspruch gehabt hätte. Bei bedeutsamen Verstößen gegen die Wahrheitspflicht kommt demgegenüber eine völlige Aufhebung der Prozeßkostenhilfebewilligung in Be­tracht, ohne daß darauf abzustellen ist, ob bei einer sofortigen vollständigen und richtigen Anga­be ein Anspruch auf Prozeßkostenhilfe gegeben ge­wesen wäre.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Für diese Auslegung des § 124 ZPO spricht außer dessen Wortlaut auch seine Entstehungsgeschichte. Denn in dem Regierungsentwurf zu dem Gesetz vom 13. Juni 1980 (BGBl I S. 677), durch den das In­stitut der Prozeßkostenhilfe statt des früheren Armenrechts in die Zivilprozeßordnung eingefügt worden ist, heißt es in der Begründung zu § 122, als der der heutige § 124 ZPO in die Gesetzesberatungen eingegangen ist: "Ob das Gericht bei Vor­liegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 die Be­willigung der Prozeßkostenhilfe aufhebt, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Bei weniger gra­vierenden Verstößen gegen die Verpflichtung, zu­treffende Angaben über die maßgebenden Verhältnis­se zu machen ..., kann eine rückwirkende Änderung der Bestimmungen über die Zahlungsverpflichtungen der Partei ... die angemessenere Reaktion des Ge­richts sein." (Deutscher Bundestag, 8. Wahlperiode, Drucksache 8/3068).</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Ist nach alledem davon auszugehen, daß § 124 ZPO die Möglichkeit eröffnet, bedeutsamen Verstößen des um Prozeßkostenhilfe nachsuchenden Antragstel­lers gegen die Pflicht zur zutreffenden Angabe seiner wirtschaftlichen Verhältnisse mit der Auf­hebung der Prozeßkostenhilfebewilligung zu begegnen, so hat das Amtsgericht im vorliegenden Fall von dieser Möglichkeit auch zutreffend Gebrauch gemacht. Die Antragstellerin hat den Bezug einer erheblichen Abfindung (oder - sollte der Betrag da­mals noch nicht gezahlt gewesen sein - den Anspruch auf eine solche) in unmittelbarem zeitlichem und sachlichem Zusammenhang mit dem wirtschaftlichen Grund der Anträge vom 7. Februar und 8. Februar/ 18. April 1985 verschwiegen. Diese Abfindung hät­te als Einkommensersatz bei zutreffender Würdigung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragstel­lerin zum Ausgleich des durch die Aufgabe ihres Ar­beitsplatzes eingebüßten Einkommens herangezogen werden müssen. Danach wäre die Antragstellerin bis zur Erschöpfung der Abfindung zu behandeln gewesen, als sei das bisherige Einkommen noch vorhanden, was jedenfalls zu weiterer Ratenzahlung in einer solchen Höhe geführt haben würde, daß die Antragstellerin jedenfalls einen erheblichen Teil der hier in Rede stehenden Kosten zu tragen gehabt hätte.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Umstände die das Verschweigen der Abfindung als weniger edeutsam erscheinen lassen könnten, so daß sich lediglich eine Abänderung, nicht aber eine Aufhebung der in Rede stehenden Beschlüsse rechtfertigen ließe, sind nicht ersichtlich. Hierfür reicht insbesonders nicht aus, daß die Antragstel­lerin von einem Teil der Abfindung Möbel ange­schafft haben will. Denn es ist weder erkennbar noch hinreichend dargetan, aus welchen Gründen die Antragstellerin sich als berechtigt angesehen ha­ben will, den Empfang dieser Mittel <strong>zu verschweigen.</strong></p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks"><strong><u>Beschwerdewert: </u> bis 2.300.- DM</strong></p>
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315,485 | olgham-1987-03-13-15-u-4085 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 15 U 40/85 | "1987-03-13T00:00:00" | "2019-03-13T14:57:00" | "2019-03-27T09:43:00" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1987:0313.15U40.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der.Klägerin gegen das am 6. Dezember 1982 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Bochum wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Klägerin trägt die Kosten der beiden Berufungsinstanzen und der Revisionsinstanz.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegenüber jedem der Beklagten durch Hinterlegung oder Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 28.000,-- DM abzuwenden, wenn nicht jeweils der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p>
<p></p>
<p>Die Beklagten können die Sicherheit auch durch Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Großbank, Genossenschaftsbank oder öffentlichen Sparkasse erbringen.</p>
<p></p>
<p>Der Wert der Beschwer beträgt 200.000.-- DM.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Tatbestand:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der am 13. November 1981 verstorbene Erblasser xxx war seit dem Jahre 1975 mit der Klägerin in zweiter Ehe verheiratet. Aus der ersten Ehe des Erblassers mit Frau xxx geb. xxx sind am xxx der Beklagte zu 2) und am 13. November 1953 der Beklagte zu 1) als Kinder hervorgegangen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Erblasser und seine erste Ehefrau haben am 28. Mai 1955 vor dem Notar xxx in xxx (Urkundenrolle xxx) ein gemeinschaftliches Testament errichtet, das am 3. Dezember 1981 vom Amtsgericht xxx eröffnet worden ist (xxx) und so lautet:</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">" 1.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Wir setzen uns gegenseitig zu Erben ein. Der Längstlebende ist der Alleinerbe des Erstversterbenden.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Erben des Letzten von uns sind unsere gemeinschaftlichen Kinder, zur Zeit</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">a) xxx, geb. am xxx</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">b) xxx, geb. am xxx.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Sollten wir selbst nicht gemeinschaftlich die Verteilung unseres Vermögens unter unseren Kindern regeln, so kann der Überlebende von uns diese Regelung treffen, insbesondere auch das vorhandene Vermögen oder das vorhandene Geschäft unter Abfindung eines Kindes dem anderen Kind allein zuwenden.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">3.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Sollte sich der Überlebende von uns wieder verheiraten, so tritt eine bedingte Nacherbschaft ein. Der Überlebende, von uns erhält seinen 1/4 gesetzlichen Erbanteil in Geld. Im übrigen fällt der Nachlaß des Überlebenden den gemeinschaftlichen Kindern als Nacherben zu. Dem Überlebenden soll aber der Nießbrauch bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres des jüngsten Kindes verbleiben und bis dahin jede Verfügung der Kinder über das ihnen angefallene Erbe seiner Zustimmung bedürfen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">4.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Sollten wir und unsere Kinder insgesamt oder der Längstlebende von uns versterben, ohne leibliche. Abkömmlinge zu hinterlassen, so fällt der gesamte Nachlaß des Letzten von uns an die Geschwister bzw. Geschwisterkinder des Ehemanns xxx. Jedoch sollen die Eltern der Frau xxx geb. xxx, falls sie noch leben sollten, den ihnen zustehenden Erbanteil in Geld erhalten. Es wird bemerkt, daß Frau xxx keine Geschwister besitzt.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">5.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Sollten wir beide wegfallen und unsere gemeinschaftlichen Kinder noch minderjährig sein, so ordnen wir an, daß Ihre Vormünder werden</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">a) Kaufmann xxx in xxx</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">b) xxx ebenda,</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">und zwar; gemeinschaftlich.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Sollten diese beiden Brüder des Ehemanns xxx die Vormundschaft nicht übernehmen können oder wollen, weil xxx heute belgisches Staatsgebiet ist, so soll das zuständige Vormundschaftsgericht zwei Vormünder aussuchen, welche die Vormundschaft gemeinschaftlich führen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die als Vormünder benannten Personen sich auch berufen, die Rechte unserer Kinder im Falle des Eintritts der bedingten Nacherbschaft wahrzunehmen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">6. Weiteres wollen wir nicht bestimmten."</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die erste Ehefrau des Erblassers verstarb am 3. Januar 1969. Im Jahre 1975 heiratete der Erblasser die Klägerin. Er traf bis zu seinem Tode am 13. November 1981 keine neue Verfügung von Todes wegen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, nach ihrer Heirat mit dem Erblasser sei die Einsetzung der Beklagten als Schlußerben in dem Testament gegenstandslos geworden; es gelte jetzt wieder die gesetzliche Erbfolge. Sie hat um Feststellung gebeten, daß der Erblasser im Wege der gesetzlichen Erbfolge durch sie zu 1/2 und durch die Beklagten zu je 1/4 beerbt worden sei. Durch Urteil vom 6. Dezember 1982 hat das Landgericht die Klage abgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Berufung der Klägerin hat der 10. Zivilsenat des hiesigen Oberlandesgerichts durch Urteil vom 4. Oktober 1983 bezüglich dieses Antrages zurückgewiesen, jedoch auf den in der Berufungsinstanz gestellten Hilfsantrag der Klägerin festgestellt, "daß der Klägerin der gesetzliche Erbteil nach dem am 13. November 1981 zu xxx verstorbenen xxx zusteht". Auf die Revision der Klägerin, mit der sie ihren Hauptantrag weiterverfolgt hat, hat der Bundesgerichtshof das Urteil des 10. Zivilsenats vom 4. Oktober 1983 aufgehoben und den Rechtsstreit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an den 15. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin trägt nunmehr im wesentlichen vor:</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Nach dem Willen des Erblassers bei der Testamentserrichtung habe seine letztwillige Verfügung im Falle seiner Wiederheirat unwirksam werden sollen. Dieser wirklicher Wille des Erblassers lasse sich durch sein nachträgliches Verhalten, insbesondere aber durch seine Äußerungen gegenüber Dritten belegen. So habe er kurz vor seinem Tode einem Nachbarn und seinem Stiefsohn erklärt, er habe bis jetzt noch kein Testament gemacht. Dies wolle er in Bälde nachholen, da er von der gesetzlichen Erbfolge abweichen und seine Ehefrau xxx sowie seinen Stiefenkel xxx als Erben einsetzen wolle. Seine Vorstellung, in jeder Hinsicht ungebunden zu sein und dies zu nutzen, um nicht seine Söhne, sondern seinen Stiefenkel xxx sein Unternehmen fortführen zu lassen, habe der Erblasser verschiedenen Zeugen gegenüber immer wieder betont. Für die vom Erblasser als unwirksam betrachtete alte Verfügung zugunsten seiner Söhne sprächen zahlreiche Indizien. Der Beklagte zu 2), der an Epilepsie leide, Alkoholiker sei und von ihr, der Klägerin, versorgt werde, habe mit dem Geschäft des Erblassers nichts mehr zu tun und scheide deshalb für die Firmennachfolge aus. Angesichts der homophilen Veranlagung des Beklagten zu 1) habe sich der Erblasser entschieden gegen die Fortführung des "Familienbetriebes" durch ihn ausgesprochen, zumal dieser Sohn im geschäftlichen Bereich äußerst unzuverlässig gewesen sei. Sie, die Klägerin, habe zu Lebzeiten des Erblassers große finanzielle Mittel und ihre Arbeitskraft dem Unternehmen des Ehemannes zukommen lassen.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils festzustellen, daß der am.13. November 1981 zu xxx verstorbene Herr xxx im Wege der gesetzlichen Erbfolge durch die Klägerin zu 1/2 und die Beklagten zu 1) und 2) zu je 1/4 beerbt worden ist;</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">hilfweise,</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">festzustellen, daß der Klägerin der gesetzliche Pflichtteil in Höhe von 1/8 nach dem am 13. November 1981 in xxx verstorbenen Herrn xxx zusteht.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte zu 1) beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Er bringt vor:</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Die Testierenden seien der Ansicht gewesen, daß das von ihnen aufgebaute Unternehmen ungeschmälert ihren Söhnen im Wege des Erbganges habe zufallen sollen. In Kenntnis dieses Umstandes habe der Erblasser nach seiner Wiederheirat davon abgesehen, ein neues Testament zu errichten. Die erste Ehefrau des Erblassers habe gegenüber der Zeugin xxx geäußert, daß die Söhne auch im Falle der Wiederheirat des überlebenden Ehegatten alleinige Erben würden. Weder persönliche noch geschäftliche Gründe, wie sie die Klägerin gegen ihn, den Beklagten zu 1), behaupte, hätten dem Erblasser Anlaß gegeben, von dem gemeinsam mit der verstorbenen Ehefrau ersonnenen Plan abzugehen, das gesamte Familienvermögen auf die Söhne übergehen zu lassen.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte zu 2) beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Er trägt vor:</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Der Erblasser habe nach seiner Wiederheirat davon abgesehen, ein neues Testament zu errichten, weil ihm bewußt gewesen sei, daß seine beiden Söhne ihn nach dem gemeinschaftlichen Testament beerben würden. Auch nach seiner zweiten Eheschließung habe der Erblasser nicht den Kontakt zu seinen Kindern verloren. Er habe die Hoffnung gehabt, daß sich sein, des Beklagten zu 2), Gesundheitszustand durch Maßnahmen des Vormundschaftsgerichts erheblich bessern werde, und sei ihm infolge seiner Krankheit besonders zugetan gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen xxx, xxx, xxx, xxx, xxx und xxx. Zur näheren Darstellung des Beweisergebnisses wird auf den Vermerk des Berichterstatters verwiesen, der als Anlage zum Protokoll vom 11. April 1986 genommen worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Im Senatstermin vom xxx sind außerdem die Zeugen xxx und xxx vernommen worden.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Der Zeuge xxx, 52 Jahre alt, Rentner, wohnhaft in xxx, mit den Parteien nicht verwandt oder verschwägert, hat uneidlich ausgesagt:</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Er habe den Erblasser etwa 30 Jahre lang gekannt. Seit 1953 sei er mit einer Unterbrechung und dann wieder in den Jahren 1972 bis 1982 als Mechaniker bei ihm beschäftigt gewesen. Er habe auch ein gutes persönliches Verhältnis zum Erblasser gehabt und dessen erste Ehefrau ebenso gekannt, wie er die Klägerin kenne.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Der Erblasser habe mit ihm über familiäre Dinge gesprochen, über erbrechtliche Fragen jedoch nicht. Dabei habe er öfter gesagt, daß der xxx den Laden bekommen könne. Der Erblasser habe geglaubt, daß sein Sohn xxx im Geschäft nicht zurecht kommen würde. Xxx sei damals als Kaufmann bei der Firma xxx in xxx angestellt gewesen. Darüber sei seit etwa 1975 gesprochen worden, als der Erblasser seine zweite Ehefrau geheiratet habe und die Beziehungen zu deren Enkel vertieft worden seien.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Über ein Testament habe er sich mit dem Erblasser nie unterhalten. Nur von Lebensversicherungen sei die Rede gewesen. Auch nach seiner zweiten Heirat habe der Erblasser nicht über ein Testament oder seine Erben gesprochen. Ihm sei nicht bekannt gewesen, ob der Erblasser sich nach einem früheren Testament habe richten müssen. Mit der ersten Ehefrau des Erblassers habe er sich ebenfalls nicht über ein Testament unterhalten.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Seit xxx dann in den Betrieb des Vaters eingetreten sei, habe der Erblasser für ihn ein zweites Geschäft in xxx eingerichtet.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks"><u>Auf Vorhalt</u> von Rechtsanwalt Dr. xxx, ob gewisse Untugenden von xxx eine Geschäftsübernahme verhindert hätten:</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Xxx sei damals zu jung gewesen. Nach dem Eintritt in das Geschäft habe er sich aber eingearbeitet. So habe er Messen in xxx alleine gemacht. Beim Erblasser habe sich die Vorstellung entwickelt, daß xxx den Laden in xxx und die Filiale in xxx haben solle.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Der Zeuge xxx, 73 Jahre alt, von Beruf Kaufmann und Mechaniker, wohnhaft in xxx, Onkel der beiden Beklagten, nach Belehrung zur Aussage bereit, hat uneidlich bekundet:</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Er habe nie mit seinem Bruder über ein Testament gesprochen und nichts von dessen Existenz gewußt. Auch mit der ersten Ehefrau des Erblassers sei nicht darüber geredet worden.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Ebenso habe er sich nie mit dem Erblasser über erbrechtliche Fragen unterhalten.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Über seine Geschäftsnachfolge habe sein Bruder zum Ausdruck gebracht, xxx solle xxx solle evtl. xxx übernehmen. Xxx habe aber erst einmal die Mechanikerschule besuchen sollen.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">An ein Gespräch mit dem Erblasser über das, was xxx im Erbfalle erhalten solle, habe er keine Erinnerung, auch wenn ihm der entsprechende Vortrag der Klägerin vorgehalten werde.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Er betone nochmals, daß er mit dem Erblasser nie ein Wort über ein Testament gesprochen habe.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Zur näheren Darstellung des Parteivorbringens, der Ermittlungsergebnisse im übrigen und der bisher ergangenen Urteile wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg, denn das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Der Hauptantrag (I) ist unbegründet, während sich der in der Instanz vor dem Senat neu formulierte Hilfsantrag (II) als unzulässig erweist.</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Maßgebend für die Erbfolge nach dem Erblasser ist Ziffer 2 des vom Erblasser und seiner vorverstorbenen ersten Ehefrau errichteten gemeinschaftlichen notariellen Testamtens vom 28. Mai 1955 mit der darin enthaltenen Erbeinsetzung der beiden Beklagten. Diese letztwillige Erbeinsetzung ist weder durch Anfechtung noch durch Gegenstandslosigkeit infolge der Wiederheirat des Erblassers mit der Wirkung weggefallen, daß gesetzliche Erbfolge eingetreten wäre.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Zum ersten Punkt hat der Bundesgerichtshof in seinem aufhebenden und zurückverweisenden Urteil vom 15. Mai 1985 ausgeführt, daß die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 14. September 1982 an das Nachlaßgericht erklärte Anfechtung des Testaments nicht durchgreife. Eine Anfechtung gemäß § 2079 BGB kommt schon wegen Fristablaufs nicht in Betracht. Ein Anfechtungsrecht der Klägerin würde nach § 2285 BGB voraussetzen, daß dem Erblasser zur Zeit des Erbfalls - noch - ein Anfechtungsrecht zugestanden hätte. Da aber die Frist für ein etwaiges Anfechtungsrecht des Erblassers im Jahre 1975 bei seiner Eheschließung mit der Klägerin begann, war die Jahresfrist des §. 2283 BGB beim Erbfall im Jahre 1981 verstrichen.</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Ein etwaiger Irrtum des Erblassers nach Errichtung des Testaments über das Wirksambleiben der Einsetzung beider Schlußerben ist im Rahmen des § 2078 Abs. 2 BGB unbeachtlich (BGH, NJW 1965, 688, 689). Der Bundesgerichtshof hat an dieser Stelle ausgeführt, daß § 2078 BGB allein auf die Vorstellung des Erblassers im Zeitpunkt der Vornahme der letztwilligen Verfügung abstelle und allein aus irrigen Vorstellungen und Erwartungen, die der Erblasser in diesem Zeitpunkt gehabt habe, unter bestimmten Voraussetzungen ein Anfechtungsrecht erwachsen lasse. Sinn und Zweck dieser Bestimmung schlössen es deshalb aus, sie auch bei späterem Aufkommen irriger Vorstellungen auf Seiten des Erblassers, wie etwa Vergessen einer früheren Testamentserrichtung, sinngemäß anzuwenden.</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Die Schlußerbeinsetzung der beiden Beklagten im Testament vom 28. Mai 1955, das in seinen Ziffern 1 und 2 der Auslegungsregel des § 2269 BGB entspricht, ist auch nicht durch die in Ziffer 3 dieser letztwilligen Verfügung enthaltene Wiederverheiratungsklausel weggefallen.</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Den Ausgangspunkt der bei der erneuten Verhandlung und Entscheidung vom Senat zu beachtenden Gesichtspunkte hat der Bundesgerichtshof in seinem zurückverweisenden Urteil aufgezeigt: Ob die gesetzliche Erbfolge eingetreten ist, hängt davon ab, ob die in dem gemeinschaftlichen Testament vom Erblasser getroffene Verfügung über seinen Nachlaß, nämlich die Einsetzung der Beklagten als seiner Schlusserben, weiterhin gilt, oder ob diese Verfügung mit der Wiederheirat des Erblassers unwirksam geworden ist.. Wie der Bundesgerichtshof betont hat, <u>handelt es sich dabei um die Auslegung dieser letztwilligen Verfügung.</u> Für den Untersuchungsgang bei der an § 2084 BGB orientierten Auslegung hat er auf die Erforschung des wirklichen oder des mutmaßlichen Erblasserwillens und auch auf eine eventuelle ergänzende Auslegung verwiesen, die hier nicht zu erwägen ist, da durch die Wiederverheiratungsklausel gerade der Hinzutritt eines neuen Ehegatten vorbedacht worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Für die Auslegung der Wiederverheiratungsklausel durch den Senat bot sich angesichts der darin enthaltenen mehreren Anhaltspunkte für den Willen der testierenden Eheleute die Erforschung des wirklichen Willens an. Ausgangspunkt dieser Auslegung ist der Wortlaut des Testaments. Dabei sind die allgemeine Bedeutung der verwendeten Worte, ihre grammatikalische und logische Verknüpfung sowie die Stellung der einzelnen Erklärungen im Gefüge des gesamten Testaments zu ermitteln. Der Auslegende darf nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks haften bleiben. Denn Ziel jeder Auslegung ist es in erster Linie, dem zu ermittelnden wahren Willen des Erblassers <u>zur Zeit der Testamentserrichtung</u> zum Erfolge zu verhelfen. Bei einem gemeinschaftlichen Testament kommt es auf den <u>übereinstimmenden Willen</u> der Eheleute in diesem Zeitpunkt an (Palandt/Edenhofer, BGB, 46. Aufl., Anm. 4c zu § 2084 BGB). Wirklicher Wille in diesem Sinne ist allerdings nur der erklärte Wille, nicht ein innerlich gebliebener. Dieser Wille mußte eine - wenn auch noch so geringe - Grundlage in der vorliegenden Erklärung haben (BGH, FamRZ 1962, 257; Palandt/Edenhofer, Anm. 4 zu § 2084 BGB). Zu seiner Erforschung können und müssen auch Umstände außerhalb des Testaments, mögen sie vor oder nach der Testamentserrichtung liegen, herangezogen werden. Dazu gehören auch spätere Äußerungen der Testierenden, wenn sie Rückschlüsse auf den Willen zur Zeit der Testamentserrichtung zulassen; soweit aber die Umstände oder Äußerungen der testierenden nach der Testamentserrichtung eine spätere Willensänderung ergeben, können sie für die Auslegung nicht verwertet werden (vgl. z.B. Palandt/Edenhofer, Anm. 4 b aa zu § 2084 BGB).</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">a.</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Der <u>Wortlaut</u> von Ziffer 3 des gemeinschaftlichen Testaments enthält keine eigentliche Neuregelung der Erbfolge nach dem längerlebenden Ehegatten für den Wiederverheiratungsfall. Eine solche ist insbesondere nicht in dem Satz "Im übrigen fällt der Nachlaß <u>des Überlebenden</u> den gemeinschaftlichen Kindern als Nacherben zu" enthalten. Zur Ermittlung des eigentlichen Sinnes dieses Satzes scheidet als Beweismittel eine Vernehmung des Notars xxx aus, da der Urkundsnotar am 27. September 1983 verstorben ist. Aus Anhaltspunkten, die das Testament selbst liefert, kann aber geschlossen werden, daß es sich bei der Wortwahl "des Überlebenden" um ein Redaktionsversehen handelt und es richtig "des Erstversterbenden" heißen muß. Daß hier ausschließlich die Erbfolge nach dem erstversterbenden Ehegatten geregelt werden sollte, ergibt sich aus der Anknüpfung "im übrigen" an den davor stehenden Satz, wonach der überlebende Ehegatte bei seiner Wiederheirat seinen 1/4 gesetzlichen Erbanteil in Geld erhalten solle. Mit diesen anknüpfenden beiden Worten kann allein folgerichtig die Rechtsfolge am übrigen Nachlaß des erstversterbenden Ehgatten gemeint gewesen sein. Auch der Bundesgerichtshof hat eine Auslegung des Testaments im Wortsinne in diesem Punkte als offensichtlich sinnwidrig bezeichnet, weil in diesem Falle weder von einer Nacherbschaft gesprochen werden könne, noch dieses Wortverständnis einen wirtschaftlichen Sinn ergäbe. Das ist in der Tat so, denn der Anfall des eigenen Nachlasses des längerlebenden Ehegatten an seine Abkömmlinge schon zu seinen Lebzeiten bei seiner Wiederheirat ist erbrechtlich nicht vorstellbar und erkennbar nicht gewollt. Das Redaktionsversehen offenbart sich weiter dadurch, daß nach Satz 4 der Ziffer 3 dem überlebenden Ehegatten an dem fraglichen Nachlaß, der den Kindern zufallen soll - also nach dem Wortlaut an dem "Nachlaß des Überlebenden" -, ein Nießbrauchsrecht eingeräumt wird. Solange der überlebende Ehegatte nicht seinerseits verstorben ist, kann sein Vermögen noch nicht als "Nachlaß" bezeichnet werden. Es ist auch nicht erforderlich, daß der überlebende Ehegatte an seinem eigenen Vermögen ein besonderes Nießbrauchsrecht benötigt, um in dessen Genuß zu kommen.</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">Die Schlußerbeinsetzung der beiden Beklagten in Ziffer 2 des Testaments ist nicht durch die Wiederverheiratungsklausel in ihrem rechtlichen Bestand beeinflusst worden. Als mögliche Folge der Wiederheirat des Erblassers hätte in Betracht kommen können, daß damit im Zweifel seine eigenen Verfügungen in dem gemeinschaftlichen Testament den Charakter der Wechselbezüglichkelt verloren haben, er also an seine eigenen letztwilligen Verfügungen - insbesondere an die Erbeinsetzung der gemeinsamen Abkömmlinge - nicht mehr gebunden war und er daher abweichende Anordnungen zugunsten seiner zweiten Familie treffen konnte. Eine solche Rechtsfolge der Wiederheirat und die dann erhebliche Frage des Ausmaßes einer solchen Befreiung sind im vorliegenden Rechtsstreit ohne Bedeutung, da der Erblasser nicht erneut letztwillig verfügt hat. Als eine für die Schlußerben besonders schwerwiegende Folge der Wiederheirat war ferner die Auslegung zu erwägen, daß die testierenden Eheleute die Einsetzung ihrer gemeinsamen Kinder auf den Nachlaß des Überlebenden mit dessen Wiederheirat als gegenstandslos ansehen wollten, so daß auch ohne Widerrufstestament nach dem letztversterbenden Ehegatten gesetzliche Erbfolge eintreten solltet Eine solche Auslegung ist im Einzelfall möglich, weil der überlebende Ehegatte mit der Wiederheirat seine Alleinerbenstellung nach dem Erstverstorbenen verliert, das Gegenseitigkeitsverhältnis der Erbeinsetzungen bei beiden Erbfällen gestört und sein Interesse sichtbar wird, sein Vermögen auch seiner zweiten Familie zukommen zu lassen.</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Der Senat legt den bereinigten Wortlaut der Wiederverheiratungsklausel dahin aus, daß er lediglich eine Befreiung von der Bindung an eigene wechselbezügliche Verfügungen und den Wiedergewinn der Testierfreiheit des längerlebenden Ehegatten enthält, nicht dagegen den gemeinsamen Willen erkennen läßt, die Schlußerbeinsetzung automatisch gegenstandslos werden zu lassen. Die Ehegatten haben lediglich die strenge Bindungswirkung des § 2271 Abs. 2 BGB für die Zeit nach dem ersten Erbfall ausschließen wollen (vorbehaltener Widerruf), wie aus der näheren Ausgestaltung der Klausel erkennbar wird. Denn der längerlebende Ehegatte verlor zwar mit seiner Wiederheirat seine Alleinerbenstellung würde aber nicht - was für eine Automatik angeführt werden könnte - auf den bloßen Pflichtteil verwiesen, sondern behielt im Gegenteil auf lange Zeit eine dominierende Stellung am Nachlaß seines Ehepartners. Der Letztversterbende wurde nicht auf den Pflichtteil des § 2303 Abs. 2 BGB beschränkt, sondern er erhielt immerhin seinen gesetzlichen Erbteil in Geld als Vermächtnis, der sich vor Inkrafttreten des Gleichberechtigungsgesetzes vom 18. Juni 1957 ohne den jetzt geltenden pauschalen Zugewinnausgleich in 1/4 Anteil am Nachlaß niederschlug. Am übrigen Nachlaß des Erstverstorbenen blieben ihm gewichtige Rechte vorbehalten. Ihm sollte der Nießbrauch an diesem Nachlaß bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres des jüngsten Kindes verbleiben. Wird dabei bedacht, daß der am xxx geborene Beklagte zu 1) zur Zeit der Testamentserrichtung am 28. Mai 1955 erst 1 1/2 Jahre alt war und die Eheleute sogar noch mitweiteren Abkömmlingen rechneten (vgl. Ziffer 2 des Testaments: "Zur Zeit"), so bedeutete das bei einem baldigen Tode eines der Eheleute für den anderen Teil eine rechtlich und wirtschaftlich durchaus beachtliche Position an dessen Nachlaß. Nach der Vorstellung der Eheleute sollte der längerlebende Teil bis zu dem erwähnten Zeitpunkt außerdem eine beherrschende rechtliche Kontrolle über den Nachlaß ausüben, weil jede Verfügung der Kinder über das ihnen angefallene Erbe von seiner Zustimmung abhängig gemacht wurde und er dadurch wirksam einer Aushöhlung seines Nießbrauchsrechtes begegnen konnte. Dieser weitgehende Erhalt des Gegenseitigkeitsverhältnisses der Erbeinsetzungen im gemeinschaftlichen Testament selbst für den Fall der Wiederheirat ist für den Senat ein überzeugender Anhaltspunkt für den ohne Rücksicht auf die Versterbensfolge vorhandenen Willen beider Eheleute, es bei der Schlußerbeinsetzung auch im Falle des Bedingungseintritts zu belassen und den beiderseitigen Nachlaß möglichst ungeschmälert auf die Abkömmlinge übergehen zu lassen. Dem längerlebenden Ehegatten blieb allenfalls die Möglichkeit erhalten, durch - vorliegend nicht entfaltete - eigene Inititative letztwillig auch für seine zweite Familie zu sorgen, wobei über den Umfang dieser Befugnis hier nicht zu entscheiden ist.</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">Die besondere beiderseitige Fürsorge der testierenden Eheleute kommt nicht nur in Absatz 2 der Ziffer 2, sondern auch in Ziffer 5 des gemeinschaftlichen Testaments zum Ausdruck , wonach die dort als Vormünder benannten beiden Brüder des Erblassers berufen sein sollten, die Rechte der gemeinsamen Kinder im Falle des Eintritts der bedingten Nacherbschaft wahrzunehmen.</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">b.</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">Dieses Auslegungsergebnis, das aus dem Wortlaut des Testaments hervorgeht, ist durch die Beweisaufnahme vor dem Senat über Umstände außerhalb des Testaments, die bei der Auslegung herangezogen werden können, eher bestätigt, keinesfalls aber erschüttert worden. Der Senat hatte hierbei zu prüfen, ob eine nach dem späteren Verhalten des einen Ehegatten mögliche Auslegung auch dem Willen des anderen entspricht (Palandt/Edenhofer, Anm. 4 c zu § 2084 BGB). Insbesondere war zu beachten, ob spätere Äußerungen des Erblassers als überlebendem Teil der testierenden Eheleute wirklich einen Rückschluß auf den gemeinsamen Willen bei Testamentserrichtung zuließen oder aber unbeachtlicher Ausdruck späterer einseitiger Willensänderungen waren. Das ist bei den vorliegenden Beweisantritten weitgehend verkannt worden. Auch die angebliche negative Entwicklung beider Söhne der Eheleute läßt keinen Rückschluß auf den Testierwillen zu.</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">Spätere Äußerungen der Ehefrau des Erblassers über den Fortbestand der Schlußerbeinsetzung waren nicht unmittelbar Gegenstand der Beweisaufnahme. Die zu diesem Beweisthema benannte Zeugin xxx ist zwischenzeitlich verstorben. Immerhin hat aber die Zeugin xxx in zwei Gesprächen von der verstorbenen Zeugin erfahren, daß die Ehefrau des Erblassers mit ihr über ein vorliegendes Ehegattentestament, eine vorhandene Wiederverheiratungsklausel, den Nießbrauch des überlebenden Ehegatten am Nachlaß des anderen und die Erbeinsetzung der Kinder gesprochen habe.</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">Spätere Äußerungen des Erblassers, wie sie der Zeuge xxx bekundet hat, stützen sogar die Auslegung des Senats. Zu diesem Zeugen, den der Erblasser nach seiner Wiederheirat seit der Anordnung der Vormundschaft für den Beklagten zu 2) im Jahre 1979 kannte, hat der Erblasser zwar nichts konkretes über ein vorhandenes Testament oder eine Wiederverheiratungsklausel zum Ausdruck gebracht. Dem Zeugen hat er aber bei Gesprächen, die eventuelle Unterbringungskosten für den Beklagten zu 2) und</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">den Einsatz des Vermögens dafür beinhalteten, durchaus den Eindruck vermittelt, daß er das Vermögen auch für seinen Sohn xxx habe erhalten und sogar einer möglichen Haftung habe aussetzen wollen, wobei er von einer entsprechenden Regelung zugunsten des Sohnes nicht habe abrücken wollen.</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Ein automatischer Wegfall der Schlußerbeinsetzung folgt nicht aus der Wiedergabe eines Gespräches des Zeugen xxx mit dem Erblasser. Diesem Zeugen gegenüber hat der Erblasser zu erkennen gegeben, daß es ein Testament aus der ersten Ehe gebe, welches er inhaltlich den veränderten Verhältnissen anpassen wolle. Insbesondere habe er seiner Ehefrau mehr Rechte zugestehen wollen und sich Gedanken über die Geschäftsfortführung durch seine zweite Ehefrau oder seinen Stiefenkel xxx gemacht. Dieser Bekundung kann entnommen werden, daß sich der Erblasser in der Lage gesehen hat, erneut zu testieren. Über die entscheidende Frage, ob der Erblasser davon ausgegangen sei, daß gesetzliche Erbfolge nach ihm gelte, falls er nicht testiere, ist nicht gesprochen worden. Der durch keinerlei Beleg gewonnene Eindruck des Zeugen, der Erblasser habe wohl gesetzliche Erbfolge angenommen, ist im Rahmen der Beweiswürdigung ohne Gewicht.</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">Mit den übrigen vom Senat vernommenen Zeugen hat der Erblasser nicht über die entscheidende Frage seiner Beerbung, also die Schlußerbeinsetzung, gesprochen, sondern nur die Frage der Geschäftsnachfolge, die einen gewichtigen Teil des Nachlasses betraf, erörtert. Der Senat hat insoweit den Eindruck gewonnen, daß der Erblasser sich mit dieser 'Frage in seinen letzten Lebensjahren stark beschäftigt hat. Während Zeugen xxx und xxx Äußerungen des Erblassers über den Beklagten zu 1) als Geschäftsnachfolger gehört haben, hat der Erblasser den Zeugen xxx, xxx und xxx gegenüber seinen Stiefenkel xxx als Nachfolger in seinem Betriebe genannt. Differenzierend sind insoweit die Aussagen der Zeugen xxx und xxx, wonach der Erblasser in der Zeit nach seiner zweiten Heirat die Vorstellung entwickelt habe, daß sein Sohn xxx die Filiale in xxx, sein Stiefenkel xxx dagegen das Geschäft in xxx habe übernehmen sollen, wobei nach der Bekundung des Zeugen xxx der Stiefenkel zunächst eine Mechanikerschule habe besuchen sollen. Über die hier allein entscheidende Frage, welches Schicksal die Schlußerbeinsetzung im Falle der Wiederheirat haben sollte, haben die vernommenen Zeugen mit dem Erblasser nicht gesprochen. Fast allen Zeugen gegenüber hat er Fragen des Erbrechts oder das Vorhandensein eines Testaments nicht erwähnt. Das ist nur gegenüber dem Zeugen xxx geschehen. Hier hat er ein Testament aus erster Ehe erwähnt, das er den veränderten Verhältnissen anpassen wolle. Das läßt aber lediglich auf die Vorstellung einer vorhandenen Testierfreiheit beim Erblasser schließen, gibt jedoch keine Auslegungshilfe für einen etwa vorhandenen gemeinsamen Willen beider Eheleute, bei Wiederheirat des längerlebenden Ehegatten die gesetzliche Erbfolge nach diesem eintreten zu lassen. Der Senat sieht es als erwiesen an, daß der Erblasser schließlich seinen Stiefenkel xxx als Nachfolger zumindest für das Geschäft in xxx vorgesehen hat. Das ist aber Folge einer späteren Willensentwicklung des Erblassers, die mit der gemeinsamen Vorstellung der Eheleute xxx zur Zeit der Testamentserrichtung, als xxx überhaupt noch nicht geboren war, nichts zu tun hat. Diese Vorstellung des Erblassers läßt allenfalls auf einen (nicht verwirklichten) Willen zur Testamentserrichtung schließen, über den Eintritt der gesetzlichen Erbfolge, die dieser Vorstellung nicht einmal gerecht würde, weil der Stiefenkel nicht gesetzlicher Erbe ist, besagt sie nichts.</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">c.</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">Den noch offenen Beweisantritten der Klägerin zur Beweisfrage, der Erblasser habe sich mit Entschiedenheit dahin geäußert, daß sein Stiefenkel xxx sein Nachfolger und Erbe werden und das Geschäft in xxx übernehmen solle, ist der Senat deshalb nicht nachgegangen. Insbesondere hatte; sich die Klägerin insoweit noch auf das Zeugnis der Eheleute xxx und xxx aus xxx und im letzten Senatstermin auf das des Zeugen xxx berufen. Die durch diese Zeugen zu beweisende Behauptung kann als wahr unterstellt werden; sie ist zudem unerheblich. Der Senat hat sich im übrigen bemüht, alle Zeugen zu vernehmen, deren Benennung einen andeutungsweise erkennbaren Bezug zur hier entscheidenden Auslegungsfrage hatte. Für die Frage des Fortwirkens der Schlußerbeinsetzung war so etwa das Vorbringen der Klägerin über ihren finanziellen und persönlichen Einsatz im Betrieb des Erblassers und für den Beklagten zu 2) nicht erheblich.</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">d.</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">Angesichts der vom Senat vorgenommenen Auslegung aufgrund der besonderen Umstände des Falles bedarf es keiner Stellungnahme zu der auch vom Bundesgerichtshof in seinem zurückverweisenden Urteil erwähnten Streitfrage, ob in der Regel davon auszugehen sei, daß die wechselbezügliche Einsetzung von Schlußerben oder Nacherben im Falle der Wiederheirat des längerlebenden Ehegatten ohne weiteres wirkungslos werde.</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">Dem Hilfsantrag der Klägerin auf Feststellung ihres Pflichtteilsrechts fehlt das durch § 256 Abs. 1 ZPO geforderte rechtliche Interesse an einer alsbaldigen Feststellung dieses Rechtsverhältnisses.</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">Dem Rechtsverhältnis des Pflichtteilsanspruchs droht nicht eine durch Leistungsklage nicht oder noch nicht zu behebende gegenwärtige Gefahr (z.B. durch Bestreiten oder Behaupten der Gegner) der Unsicherheit (BGH, NJW 1986, 2507). Die Klägerin hat sich bisher ausschließlich eines Erbrechts nach dem Erblasser berühmt und nicht die Erfüllung eines Pflichtteilsanspruchs von den Beklagten gefordert. Die Prozeßbevollmächtigten der Beklagten haben vor dem Senat zu erkennen gegeben, daß im Grundsatz der bestehende Pflichtteilsanspruch der Klägerin respektiert werde, eine Prüfung von Einwendungen jedoch bei der Geltendmachung dieses Anspruchs vorbehalten bleiben müsse. Unter diesen Umständen kann ein Leugnen dieses Rechtsverhältnisses durch die Beklagten nicht angenommen werden. Auch bedarf es keiner Prüfung, ob die Klägerin statt einer Feststellungs- die Leistungsklage erheben müsste.</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks"><b>III.</b></p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">Da Haupt- und Hilfsantrag der Klägerin erfolglos bleiben, ist ihre Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen des Senats beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr.10, 711, 712, 546 Abs. 2 ZPO.</p>
|
315,486 | olgham-1987-03-12-18-u-15786 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
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"jurisdiction": null,
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} | 18 U 157/86 | "1987-03-12T00:00:00" | "2019-03-13T14:57:01" | "2019-03-27T09:43:00" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1987:0312.18U157.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Klägers wird das am 26. Februar 1986 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund abgeändert.</p>
<p></p>
<p>Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.498,-- DM nebst 4% Zinsen seit dem 15.03.1985 zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Der weitergehende Zinsanspruch wird abgewiesen; die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Von den Kosten des 1. Rechtszuges tragen der Kläger 1/5, der Beklagte 4/5;</p>
<p></p>
<p>von den Kosten der Berufungsinstanz tragen der Kläger 1/15; der Beklagte 14/15. Der Kläger trägt jedoch die durch die Anrufung des Landgerichts Bochum entstandenen Mehrkosten vorweg.</p>
<p></p>
<p></p>
<p>Dem Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 12.000,-- DM abzuwenden, sofern nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p>
<p></p>
<p>Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 750,-- DM abzuwenden, sofern nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p>
<p></p>
<p>Der Beklagte kann die Sicherheitsleistung durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer Westdeutschen Bank oder öffentlichen Sparkasse erbringen.</p>
<p></p>
<p>Die Revision wird zugelassen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Tatbestand</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger begehrt von dem Beklagten ein Maklerhonorar für den Nachweis des Erwerbes eines bebauten Grundstückes in xxx.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte meldete sich auf eine Annonce des Klägers. In 1. Instanz war unstreitig, daß der Kläger dem Beklagten auf dessen Anfrage am 6. August 1984 und erneut am 21. August 1984 jeweils ein Exposé betreffend das 7-Familienhaus xxx in xxx übersandte, wobei das erste an die Privatanschrift, das 2. Exposé an die Geschäftsanschrift des Beklagten gerichtet war (Blatt 4 und 5 der Akten). In den Exposés waren u.a. Angaben über Baujahr, Grundstücksgröße, Nutzbarkeit und Mieteinkünfte enthalten; der Kaufpreis war mit 240.000,-- DM angegeben.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Exposés enthielten weiter einen Hinweis auf "unsere umseitigen Geschäfts- und Provisionsbedingungen". Deren Inhalt, den die Parteien in erster Instanz nicht vorgetragen haben, lautete auszugsweise wie folgt (Bl. 71 R): "Mit dem Abschluß eines durch unseren Nachweis oder unsere Vermittlung zustandegekommenen Kauf-, Miet- oder sonstigen Vertrages ist die ortsübliche Provision zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Diese beträgt bei An- und Verkauf von Haus- und Grundbesitz für den Verkäufer wie auch für den Käufer je 3%<i> </i>des Kaufpreises. Die Provisionssätze verstehen sich als Netto-Entgelt zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer..."</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Exposés enthielten jedoch keine Angaben über die Eigentumsverhältnisse an dem Grundstück. Eigentümerinnen waren zu diesem Zeitpunkt die Rentnerin xxx und die Hausfrau xxx in ungeteilter Erbengemeinschaft.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der danach für den Kläger tätige Zeuge xxx versuchte, dem Beklagten und dem bei ihm befindlichen Zeugen xxx das Objekt zu zeigen. Die Besichtigung wurde alsbald von dem Ehemann der Verkäuferin xxx unterbrochen mit der Erklärung, das Haus stehe nicht zum Verkauf. Der Beklagte übergab aber seine Visitenkarte Herrn xxx für den Fall, daß doch verkauft werden solle.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Am 18. Oktober 1984 erwarb der Beklagte zusammen mit dem Zeugen xxx als Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu je 1/2 ideellem Anteil das Hausgrundstück durch notariellen Vertrag, wegen dessen Inhalt auf Blatt 92 ff GA verwiesen wird. Darin ist ein Kaufpreis von 190.000,-- DM ausgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Beide Erwerber sind am 11. Februar 1985 als Miteigentümer im Grundbuch eingetragen worden.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Am 4. März 1985 stellte der Kläger seinen Provisionsanspruch in Höhe von 8.208,-- DM (3%<i> </i>von 240.000,-- DM zuzüglich 4%<i> </i>MwSt) dem Beklagten in Rechnung. Dieser lehnte die Erfüllung mit Schreiben vom 14. März 1985 ab.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der Kläger, der behauptet hat, Bankkredit in Höhe der Klageforderung zu einem Zinssatz von 10,5% p.a. in Anspruch zu nehmen,</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 8.208,-- DM nebst 10,5%<i> </i>Zinsen seit dem 15.03.1985 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Er hat die Aktivlegitimation des Klägers bestritten und darauf verwiesen, daß die Exposés als Makler die Firma xxx angeben, was zutrifft. Unter dieser Bezeichnung betreibt der Kläger sein Maklergeschäft.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat ferner vorgetragen: Der Kläger habe den Nachweis nicht erbracht. Er habe in dem Exposé vom 6. August 1984 das Grundstück nicht korrekt bezeichnet (xxx statt xxx) und auch den Namen des wahren Eigentümers nicht mitgeteilt. Als solchen habe er vielmehr eine Frau xxx benannt, die - unstreitig - das Hausgrundstück mit notariellem Kaufvertrag vom 14. Februar 1984 von der Erbengemeinschaft xxx erworben hatte; aus nicht dargelegten Gründen ist dieser Kaufvertrag nicht durchgeführt worden.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Besichtigung des Objektes, deren Datum (4. September 1984) der Beklagte in erster Instanz nicht bestritten hat, sei gescheitert, weil der inzwischen verstorbene Ehemann der Miteigentümerin xxx den Beklagten sowie den Vertreter des Klägers, xxx, hinausgeworfen habe.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Einige Zeit später habe sich die Miteigentümerin xxx telefonisch bei ihm gemeldet. Er habe sofort klargestellt, daß nicht - wie ursprünglich vorgesehen - er allein erwerben wolle, sondern nur ein Erwerb durch die Gesellschaft bürgerlichen Rechts xxx (Beklagter)/xxx in Betracht komme. Unter diesen Umständen bestehe keine wirtschaftliche Identität zwischen dem angeblich nachgewiesenen und dem tatsächlich abgeschlossenen Kaufvertrag.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Es fehle auch an der Ursächlichkeit der Tätigkeit des Klägers für den Vertragsabschluß.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht Dortmund hat die Klage in dem angefochtenen Urteil, auf dessen Inhalt ergänzend Bezug genommen wird, abgewiesen: Zwar sei ein wirksamer Maklervertrag zwischen den Parteien zustandegekommen, der Kläger habe aber eine provisionspflichtige Nachweistätigkeit deshalb nicht erbracht, weil er den Verkäufer und künftigen Vertragspartner des Beklagten nicht benannt habe.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Dem tritt der Kläger mit seiner Berufung entgegen. Er wiederholt und ergänzt seinen Sachvortrag wie folgt:</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Schon anläßlich des ersten telefonischen Kontaktes habe der Beklagte dem Zeugen xxx erklärt, er beabsichtige, ein Mehrfamilienhaus zusammen mit einem Geschäftspartner zu erwerben. Im übrigen stehe der Erweiterung auf Erwerberseite die Identität zwischen nachgewiesenem und geschlossenem Kaufvertrag nicht entgegen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Er habe das Exposé vom 6. August 1984 und auf später geäußerten ausdrücklichen Wunsch des Beklagten das weitere Exposé vom 21.08.1984 herausgeschickt, an die Geschäftsanschrift des Beklagten. Bei dem danach vereinbarten Besichtigungstermin habe der Beklagte das Haus im Beisein des Zeugen xxx am 4. September 1984 von außen und innen in Augenschein genommen. Dort sei er auch dem für die Verkäuferinnen handelnden Herrn xxx vorgestellt worden, der unstreitig in dem Hause wohnte. Die Eigentumsverhältnisse seien bekanntgegeben worden. xxx habe der Besichtigung nicht widersprochen. In ihm habe der Beklagte einen Ansprechpartner gehabt, über den er leicht mit den Eigentümerinnen in Verbindung habe treten können.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Wie der nahe Termin des Vertragsabschlusses zeige, seien die Kaufvertragsverhandlungen unmittelbar nach der Besichtigung aufgenommen worden.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Nach Kenntnisnahme vom Inhalt des notariellen Kaufvertrages hat der Kläger nicht mehr bestritten, daß der Kaufpreis 190.000,-- DM betrage und die Klage mit Zustimmung des Beklagten vor Eintritt in die mündliche Verhandlung in zweiter Instanz auf 6.498,-- DM (3%<i> </i>von 190.000,-- DM zuzüglich 14%<i> </i>MwSt) zurückgenommen.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 6.498,-- DM nebst 10,5%<i> </i>Zinsen seit dem 15.03.1985 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Er verteidigt das angefochtene Urteil und bestreitet nunmehr auch den Abschluß eines Maklervertrages: Eine Provision sei konkret nicht gefordert worden. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Klägers seien insoweit unklar. Erstmals im Senatstermin vom 12. März 1987 hat der Beklagte behauptet, das Exposé vom 6. August 1984 sei ihm nicht zugegangen. Das zweite Exposé vom 21. August 1984 sei ihm erst nach einer fehlgeschlagenen Besichtigung des Objekts vom selben Tage zugegangen. Eine bereits für den 10. August 1984 vorgesehene erste Besichtigung sei gescheitert, weil der Kläger nicht über einen Schlüssel zu dem Haus verfügt habe. Entweder bei dieser Gelegenheit oder wenig später habe der Zeuge xxx Frau xxx als Eigentümerin benannt. Mit dieser habe er sich am 21. August 1984 getroffen. Die Vertragsverhandlungen seien daran gescheitert, daß Frau xxx vorab die Zahlung von 20.000,-- DM Schwarzgeld verlangt habe. Gleichwohl habe er sich am selben Tage mit dem Zeugen xxx zum Zwecke einer Besichtigung des Objekts getroffen. Dabei seien sie durch Herrn xxx, der sich namentlich bekannt gemacht und sich als Eigentümer des Hauses bezeichnet habe, hinausgeworfen worden.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Der Kläger habe den Nachweis nicht erbracht: Die Angaben in seinem Exposé seien überwiegend unzutreffend. Tatsächlich handele es sich um ein 4-Familienhaus mit geringerer Nutzungsmöglichkeit und geringen Erträgen. An das Erfordernis, auch die Person des Eigentümers zu benennen, seien hier besonders hohe Anforderungen zu stellen, weil der Kläger mit Frau xxx eine falsche Berechtigte angegeben habe. Die wahren Eigentumsverhältnisse habe der Beklagte zufällig erfahren, als die Miteigentümerin xxx sich Anfang Oktober 1984 telefonisch an ihn gewandt habe.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte bestreitet, den Kläger auf einen Miterwerb durch den Zeugen xxx hingewiesen zu haben. Dessen Beteiligung sei seinerzeit noch gar nicht beabsichtigt gewesen. Sie habe sich erst später ergeben.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat Beweis erhoben durch eidliche Vernehmung des Zeugen xxx und uneidliche Vernehmung des Zeugen xxx. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Berichterstattervermerk vom 12. März 1987 Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Die in erster Instanz zunächst bei dem Landgericht Bochum anhängig gemachte Klage ist auf Unzuständigkeitsrüge des Beklagten durch Beschluß vom 21. November 1985 an das Landgericht Dortmund verwiesen worden.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Die Berufung des Klägers hat Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Ihm gebührt ein Provisionsanspruch in Höhe des zuletzt gestellten Antrages aus § 652 Abs. 1 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Die Aktivlegitimation des Klägers, der unstreitig unter der eingetragenen Firma xxx sein Maklergewerbe betreibt, ist in zweiter Instanz nicht mehr angegriffen. Ergänzend wird auf § 17 HGB verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Die Parteien haben wirksam einen Nachweismaklervertrag geschlossen.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Das Angebot dazu hat der Kläger mit Übersendung des Exposé vom 6. August 1984 an den Beklagten abgegeben. Daraus geht hervor, daß er nur gegen Provision bereit war, den begehrten Nachweis zu erbringen. Die Höhe dieser Provision ergibt sich aus den ausdrücklich in Bezug genommenen und umseitig abgedruckten Geschäftsbedingungen. Sie beträgt 3%<i> </i>des Kaufpreises zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer. Das Provisionsbegehren des Klägers ist eindeutig, die Geschäftsbedingungen sind unmißverständlich, zumindest soweit sie sich auf den hier maßgeblichen Umfang der Provision beziehen.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Das Exposé vom 6.8.1984 ist dem Beklagten vor der Besichtigung des Objektes zugegangen und zur Kenntnis gelangt. Schon der Umstand, daß der Beklagte erstmals in der Verhandlung vor dem Senat den Zugang dieses Exposés bestritten hat, begründet starke Zweifel an der Richtigkeit dieses Bestreitens. Hinzu kommt, daß der Beklagte in 1. Instanz in der Klageerwiderungsschrift den Zugang dieses Exposés ausdrücklich eingeräumt und dessen Inhalt zum Gegenstand seines Vorbringens gemacht hat, indem er unter Hinweis auf die unrichtige Schreibweise des Straßennamens das Vorliegen eines Nachweises in Frage gestellt hat. Mit diesem Vorbringen hat der Beklagte vor dem Landgericht zur Sache verhandelt. Daß dieses erstinstanzliche Zugestehen auf einem Irrtum beruht, hat der Beklagte nicht bewiesen. Der von ihm benannte Zeuge xxx hat nicht bestätigt, daß der Beklagte schon vor der Besichtigung des Objektes ein zweites Exposé angefordert habe mit der Begründung, er habe das erste nicht erhalten. xxx, der nicht mehr für den Kläger tätig ist, hat vielmehr ausgesagt, der Beklagte habe weitere Informationen und Unterlagen über das Objekt angefordert, dabei sei ihm ein zweites Exposé mit übergeben worden. Daher ist davon auszugehen, daß das erstinstanzliche Geständnis des Beklagten richtig ist (§§ 288, 290 ZPO). Aufgrund der dargelegten Umstände ist der Senat aber auch der Überzeugung, daß dem Beklagten das Exposé vom 6.8.1984 vor der Besichtigung des Objektes zur Kenntnis gelangt ist.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Das im Exposé liegende Angebot auf Abschluß des Maklervertrages hat der Beklagte konkludent angenommen, indem er die Dienste des Klägers in Anspruch nahm, was bereits in der Vereinbarung eines gemeinsamen Besichtigungstermins seinen Ausdruck fand.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat den provisionspflichtigen Nachweis der Erwerbsmöglichkeit erbracht. Unstreitig ist der Beklagte von der Möglichkeit, das Haus zu kaufen, erstmals durch den Kläger in Kenntnis gesetzt worden. Dessen Informationen haben ihn eine nach den Anforderungen der Rechtsprechung und Literatur "ausreichende Wissensgrundlage zur Aufnahme von Vertragsverhandlungen verschafft" (vgl. Münchener Kommentar/Schwerdtner zu § 652 Rn. 59).</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Die Identität des Hauses stand durch die fehlerhafte Schreibweise des Straßennamens in dem Exposé vom 6. August 1984 ebenso wenig in Frage wie durch die möglicherweise unzutreffenden Angaben über die Nutzungsmöglichkeiten des Hauses.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Durch die Tätigkeit des Klägers ist zumindest mitursächlich auch der Kontakt zu den Eigentümerinnen hergestellt worden. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist nicht stets die namentliche Benennung des Eigentümers für den Nachweis des Maklers erforderlich. Ausreichend ist es, wenn der Makler den Interessenten in die Lage versetzt, in konkrete Verhandlungen über den von ihm angestrebten Hauptvertrag einzutreten (vgl. BGH WM 84, S. 560). Auch wenn dazu noch gewisse Ermittlungen erforderlich sind, steht das einem provisionspflichtigen Nachweis nicht entgegen (vgl. OLG Hamm, BB 74, S. 202), solange diese Ermittlungen ein gewisses Maß nicht überschreiten (Münchener Kommentar/Schwerdtner, a.a.O.). Insbesondere im Stadium der Vertragsanbahnung wird es dem Interessenten auf die Person des Veräußerers noch gar nicht ankommen. Wenn dessen Name dann bewußt oder unbewußt zurückgehalten wird, soll dem Kunden dadurch nicht die Möglichkeiten eröffnet werden, später am Makler vorbei den Hauptvertrag abzuschließen (BGH WM 87, S. 23 f).</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte räumt ein, daß er bei der von dem Kläger veranlaßten Besichtigung des Hauses und im Beisein des für den Kläger tätigen Zeugen xxx mit dem Bevollmächtigten xxx der Verkäuferinnen bekannt wurde, der sich nicht nur namentlich vorstellte und als Hausbewohner zu erkennen gab, sondern zugleich - wenn auch mit der unzutreffenden Bezeichnung als Eigentümer - seine Verfügungsberechtigung behauptete. Damit war dem Beklagten auf Veranlassung des Klägers ein Ansprechpartner benannt, über den er unmittelbaren Zugriff auch auf die Eigentümerinnen hatte. Das hat der Beklagte auch selbst erkannt, was darin zum Ausdruck kam, daß er xxx seine Visitenkarte für den Fall übergab, daß das Haus entgegen den aktuellen Auskünften doch verkauft werden sollte. Diese Bekundung seines Erwerbsinteresses führte dann zu dem unmittelbaren Kontakt des Beklagten zu den Eigentümerinnen. Die Tätigkeit des Klägers war dafür mitursächlich, denn sie verschaffte dem Beklagten die Möglichkeit, über den Bevollmächtigten xxx in konkrete Geschäftsbeziehung zu den Eigentümerinnen zu treten.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Die anfängliche Benennung einer falschen Eigentümerin (xxx) ist durch die weitere Entwicklung überholt worden und hatte auf den späteren Nachweis des wahren Eigentümers keinen Einfluß.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">3.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Die Kausalität der Nachweistätigkeit des Klägers für den Abschluß des Kaufvertrages wird zudem durch den nur wenig später erfolgten Abschluß des notariellen Vertrages bestätigt.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">4.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Nach Auffassung des Senats fehlt es auch nicht an der Identität zwischen dem nachgewiesenen und dem tatsächlich geschlossenen Kaufvertrag.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Die (inzwischen) unstreitige Abweichung des in den Exposés angegebenen Kaufpreises(240.000,-- DM) von dem später vereinbarten (190.000,-- DM) steht der wirtschaftlichen Gleichwertigkeit nicht entgegen. Abweichungen in der Preisgestaltung führen nämlich nur dann zu einer den Provisionsanspruch ausschließenden wirtschaftlichen Ungleichheit, wenn der Makler zuvor deutlich zum Ausdruck gebracht hat, daß ein Kauf nur zu dem im Maklervertrag benannten Preise in Betracht komme. Eine solche Bindung hat der Kläger nicht hergestellt. Seine möglicherweise auch im übrigen nicht exakt zutreffenden Angaben in den Exposés dienten der Objektbeschreibung, um dem Beklagten eine grobe Vorprüfung zu ermöglichen. Der angegebene Kaufpreis bezeichnete dabei lediglich die Verhandlungsbasis des Veräußerers und stellte nicht dessen unabweisbare Forderung im Sinne eines Mindestpreises dar (vgl. Münchener Kommentar/Schwerdtner zu § 652, Anm. 88).</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Die Identität ist nach Ansicht des Senats auch nicht deshalb zu verneinen, weil anstelle des zunächst vorgesehenen Alleinerwerbs durch den Beklagten dieser in Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Zeugen xxx das Hausgrundstück erworben hat.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Daß die maklervertragliche Beziehung zwischen den Parteien auf der Basis des Alleinerwerbs durch den Beklagten geknüpft worden ist, steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest: Der Zeuge xxx hat ausgesagt, ihm gegenüber sei auch in Anwesenheit xxx nur von einem Erwerb durch den Beklagten gesprochen worden. Mittelbar wird diese Aussage durch die des Zeugen xxx bestätigt, der bekundet hat, er sei erst nach der Kontaktaufnahme seitens der Verkäuferin xxx von dem Beklagten aufgefordert worden, sich am Erwerb des Hauses zu beteiligen. Der Beklagte hat im Verhandlungstermin vom 12. März 1987 vor dem Senat unwidersprochen vorgetragen, die Gründung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts sei zu dem ausschließlichen Zweck erfolgt, das Haus gemeinsam mit dem Zeugen xxx zu erwerben, weil ihn die alleinige Finanzierung überfordert hätte.</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Obwohl demnach das Grundstücksgeschäft nicht wie vorgesehen allein mit dem Beklagten als Käufer zustandegekommen ist, sondern er das Grundstück in gesellschaftsrechtlicher Bindung mit dem Zeugen xxx gemeinsam erwarb, bejaht der Senat die wirtschaftliche Identität zwischen dem erstrebten und dem abgeschlossenen Geschäft. Der Senat geht dabei davon aus, daß die wirtschaftliche Identität grundsätzlich zu verneinen ist, wenn das abgeschlossene Erwerbsgeschäft wesentlich zum Nachteil des Auftraggebers von dem erstrebten Geschäft abweicht. Die Identität wird in Lehre und Rechtsprechung aber bejaht, wenn der Auftraggeber den Nachweis an einen ihm familienrechtlich nahestehenden Dritten, an seinen Rechtsnachfolger oder an eine juristische Person oder Gesellschaft, an der er wesentlich beteiligt ist, weitergibt und es dieser überläßt, das nachgewiesene Geschäft abzuschließen (vgl. Schwerdtner in MK § 652 Rn. 110; Erman-Werner, § 652 Rn. 46; BGH MDR 1960, 283 f; OLG Stuttgart MDR 1984, 758).</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Der Senat schließt sich dieser Auffassung an, da sie zu interessengerechten Lösungen führt. Wenn die Entscheidung, ob der Auftraggeber des Maklers das Geschäft allein oder gemeinsam mit Dritten oder durch Dritte abschließt bzw. abschließen läßt, in der Sphäre des Auftraggebers liegt, erscheint es geboten, die Identität stets dann zu bejahen, wenn der Auftraggeber an dem Dritten so wesentlich beteiligt ist, daß eine wirtschaftliche Verflechtung vorliegt. Denn wenn man in derartigen Verflechtungsfällen die Identität zwischen erstrebtem und abgeschlossenem Geschäft verneinen würde, weil formal nicht der Auftraggeber allein erwirbt, bestünde die Gefahr, daß Auftraggeber die Dienste von Maklern mißbräuchlich ausnutzen, da der Entschluß des Auftraggebers, einen Dritten einzuschalten, in seiner nicht nachprüfbaren Entscheidungssphäre liegt und es dem Auftraggeber überlassen ist, ob er den Makler vollständig richtig und rechtzeitig über seine Absichten unterrichtet. Zudem wird auf diese Weise eine gleichwertige Behandlung der Verflechtungsfälle auf Seiten von Maklern mit denen auf Seiten von Auftraggebern erreicht. Schließlich wird auch einer vertragswidrigen Weitergabe und Ausnutzung der vom Makler erlangten Informationen entgegengewirkt.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Hiernach ist wegen der hälftigen Beteiligung des Beklagten an der Gesellschaft mit xxx, die das nachgewiesene Grundstück kaufte, die wirtschaftliche Identität des erstrebten und abgeschlossenen Geschäftes zu bejahen. Das gilt umsomehr, als der Beklagte den erstrebten wirtschaftlichen Erfolg, soweit er für ihn finanziell erreichbar war, auch erlangt hat. Wie ursprünglich geplant, bewohnt er eine Etage des Hauses, die weiteren Räumlichkeiten sind an Dritte vermietet. Das Haus wird danach exakt in der Weise genutzt, die den Beklagten veranlaßt hat, sich über den Kläger um den alleinigen Erwerb zu bemühen. Da er zugleich im Umfang seines Eigentumsanteils von 50%<i> </i>an der Gesellschaft bürgerlichen Rechts beteiligt ist und damit für die Zukunft ein entscheidendes Mitspracherecht hinsichtlich der gemeinsamen Nutzung des Hauses hat, dient dessen gemeinschaftlicher Erwerb zumindest aus seiner Sicht demselben wirtschaftlichen Zweck.</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Das Hinzutreten des Zeugen xxx als weiterer Erwerber vermag die Identität zu dem nachgewiesenen Geschäft auch deshalb nicht auszuschließen, weil sonst praktisch ein Erwerb am Makler vorbei vorläge, durch den sich die beiden Erwerber die Vorteile der Nachweistätigkeit in nicht zulässiger Weise sichern würden (vgl. zuletzt: BGH WM 87, S. 23 ff.).</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Demgegenüber hat der Bundesgerichtshof (WM 84, S. 560 ff.) die wirtschaftliche Identität verneint bei einem Teilerwerb zu 1/4 des alleinigen Auftraggebers, wobei das gesamte Grundstück genutzt werden sollte durch eine oHG, deren Gesellschafterinnen seine Ehefrau und die Ehefrau des Miterwerbers waren.</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Aus diesem Grunde, aber auch wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache hat der Senat die Revision zugelassen (§ 546 Abs. 1 Ziffern 1 und 2 ZPO).</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Die zugesprochene Klageforderung war gemäß § 288 BGB zu verzinsen. Durch die Erfüllungsverweigerung mit Schreiben vom 14. März 1985 ist der Beklagte in Verzug geraten. Für die behauptete Inanspruchnahme von Bankkredit hat der Kläger keinen Beweis angetreten.</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die Kosten folgt aus §§ 92, 269 Abs. 3, 281 Abs. 3 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10, 711 ZPO.</p>
|
315,487 | ag-dusseldorf-1987-03-12-98-xvi-286 | {
"id": 653,
"name": "Amtsgericht Düsseldorf",
"slug": "ag-dusseldorf",
"city": 413,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 98 XVI 2/86 | "1987-03-12T00:00:00" | "2019-03-13T14:57:03" | "2019-03-27T09:43:00" | Beschluss | ECLI:DE:AGD:1987:0312.98XVI2.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>In der Adoptionssache betreffend das Kind</p>
<p></p>
<p> XX , geboren am X</p>
<p> in Los Angeles/USA,</p>
<p></p>
<p>wird auf Antrag der Eheleute X</p>
<p></p>
<p>die Adoption des Kindes </p>
<p></p>
<p> XX</p>
<p></p>
<p>durch die Eheleute X ausgesprochen.</p>
<p></p>
<p>Die Adoption beruht auf §§ 1741 Abs. 1 und 2; 1754 Abs. 1; 1755 BGB.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>G r ü n d e </u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die formellen Voraussetzungen zur Annahme des Kindes XX durch die Eheleute X sind gegeben. Auch dient die Annahme dem Wohl des Kindes und zwischen den Annehmenden und dem Kind besteht bereits ein Eltern-Kind-Verhältnis. Dies steht als Ergebnis der Beweisaufnahme fest.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die notariell beurkundeten Erklärungen der Annehmenden und der Kindesmutter für sich selbst und für das Kind liegen vor. Die Eheleute X haben einen notariell beurkundeten Annahmeantrag unter dem 23.06.1986 gestellt (Blatt 2 - 4 der Akte).</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Einwilligung der Kindesmutter ist in notariell beurkundeter Form am 21.06.1986 erfolgt (Blatt 5 - 7 der Akte). Dem Wortlaut dieser Erklärung ist zu entnehmen, dass die Kindesmutter die Einwilligung für sich selbst und das Kind erklären wollte.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Annehmenden haben das gemäß § 1743 BGB notwendige Lebensalter. Auch lebt das Kind XX seit über einem Jahr bei ihnen. Sie haben das Kind damit für eine angemessene Zeit in Pflege gehabt (§ 1744 BGB).</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Das Jugendamt der Stadt XXX hat einer Adoption des Kindes XX durch die Eheleute X widersprochen. Die Adoption könne schon deshalb nicht ausgesprochen werden, weil die Einwilligungserklärung des gesetzlichen Vertreters des Kindes gemäß § 1746 Abs. 1 BGB nicht vorliege. Durch die Einwilligungserklärung der Kindesmutter sei nämlich gemäß § 1751 Abs. 1 BGB das Jugendamt der Stadt XXX Vormund geworden. Dieses werde seine Zustimmung nicht erteilen (Blatt 45 der Akte).</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Diese Auffassung des Jugendamtes der Stadt XXX beruht auf einer unrichtigen Auslegung von § 1751 BGB. Zwar tritt mit der Einwilligungserklärung der Kindesmutter das Ruhen der elterlichen Sorge ein. Dies bedeutet jedoch nicht, dass das Jugendamt dann als gesetzlicher Vertreter des Kindes die Zustimmung erteilen müsse, obwohl die Kindesmutter dies bereits für das Kind getan hat.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Zustimmungserklärung des Jugendamtes wäre gemäß § 1706 erforderlich, wenn für das nichteheliche Kind eine Amtspflegschaft gemäß § 1705 bestanden hätte. Dies war jedoch nicht der Fall. Eine solche Amtspflegschaft war nicht vorgeschrieben, weil das Kind finnischer und amerikanischer Staatsbürger ist. In diesem Fall tritt keine Amtspflegschaft ein.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die inzwischen eingetretene Gesetzesänderung insofern (§ 40JWG) ist ohne Bedeutung, denn die Einwilligungserklärungen der Beteiligten sind vor dem 01.09.1986 abgegeben worden. Erst in diesem Zeitpunkt ist die Gesetzesänderung wirksam geworden. </p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Das Jugendamt der Stadt XXX versagt seine Einwilligung zu der Adoption im wesentlichen mit der Begründung, die Annahme diene nicht dem Kindeswohl. Die Annehmenden seien Mitglieder Scientology-Church. Ihre Erziehungsmethoden würden auf Dauer zu einer Schädigung der Persönlichkeit des Kindes führen. Im einzelnen wird auf die umfangreichen Ausführungen des Jugendamtes der Stadt XXX insbesondere in der Stellungnahme vom 18.08.1986 (Blatt 41 - 55 der Akte) Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Das Jugendamt räumt zwar ein, dass die Eheleute X eine partnerschaftliche Ehe führen und dem Adoptivkind gute Eltern sein könnten. In dieser Hinsicht bestünden jedoch wegen ihrer Zugehörigkeit zu der Scientology-Church Unsicherheiten.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Trotz der umfangreichen Ausführungen des Jugendamtes der Stadt XXX geht das Gericht davon aus, dass die Annahme dem Kindeswohl dient. Die Annehmenden sind seit dem 23.02.1973 verheiratet. Sie führen mithin eine stabile Ehe. Ihre wirtschaftliche Situation ist gesichert. Man bewohnt eine sehr große Wohnung und das Kind hat sich in der Familie X inzwischen eingelebt.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Sofern das Jugendamt vorträgt, die Tatsache, dass die Annehmenden Mitglieder der Scientology-Church sind, hätte zur Folge, dass eine angemessene Entwicklung der Persönlichkeit des Kindes nicht möglich wäre oder in erheblichem Umfang behindert würde, überzeugen nicht. Dabei ist von dem Grundsatz auszugehen, dass das religiöse Bekenntnis der Annehmenden bei der Annahme von Kindern insbesondere bis zum Alter von drei Jahren bedeutungslos ist. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf Artikel 4 Abs. 1 Grundgesetz (vgl. Roth-Stielow in Soergel Siebert Rdn. 9 zu § 1741 BGB). Das Jugendamt hat auch trotz Aufforderung keine konkreten Beispiele dafür geben können, dass die scientologische Erziehungsweise zu einer Schädigung der so erzogenen Kinder führt. Auch im Hinblick auf XX und die Eheleute X sind außer grundsätzlichen Bedenken keine konkreten Einzelheiten mitgeteilt worden. Es bestand daher kein Bedürfnis zu weiterer Beweiserhebung.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Düsseldorf, 12.März 1987
</p>
|
315,488 | lg-dortmund-1987-03-12-17-s-24786 | {
"id": 806,
"name": "Landgericht Dortmund",
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"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 17 S 247/86 | "1987-03-12T00:00:00" | "2019-03-13T14:57:05" | "2019-03-27T09:42:59" | Urteil | ECLI:DE:LGDO:1987:0312.17S247.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Anschlußberufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamm vom 26.Juni 1986 wird zurückgewiesen. </p>
<p>Auf die Berufung der Beklagten wird dieses Urteil abgeändert. </p>
<p>Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen.</p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px"><u>T a t b e s t a n d</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px">Die Klägerin, die als Erbin ihres im Verlaufe </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:30px">des Verfahrens verstorbenen Ehemannes den Rechtsstreit aufgenommen hat, kaufte im August 1984 ein Glas Landrotwurst der Firma T, das aus der Produktion der Beklagten stammen soll. Am 3.8.1984 belegte der Ehemann am Abendbrottisch eine Scheibe Brot mit der Wurst. Hierbei biß er auf einen in der Wurst befindlichen und für ihn nicht erkennbaren Fremdkörper, </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks"><u> </u></p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:31px">bei dem es sich vermutlich um einen halben Schweinezahn</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:31px">gehandelt hat. </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:29px">Die Folge war, daß sein 1982 neu eingepaßter Zahnersatz splitterte, seine Kunststoffprothese im Unterkiefer brach und am Eckzahn (13) die Keramik-Krone zum Teil absplitterte. </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:22px">Ihr Ehemann hat die Beklagte auf Zahlung eines Schmerzensgeldes in Hohe von 4.000,00 DM in Anspruch genommen. Seiner Auffassung nach habe sie als Herstel1erin des Wurstproduktes in ihrem Produktionsablauf nicht die erforderlichen Vorkehrungen getroffen, damit keine Fremdteile in ihre Wurstwaren gelangen konnten. Die Beklagte bestreitet ihre Haftung dem Grunde und der Höhe nach. Sie müsse bereits bestreiten, Herstel1erin des von der Klägerin gekauften Glases Landrotwurst zu sein. Jedenfalls treffe sie kein Verschulden. Ihre Produktion unterliege strengen hygienischen Kontrollen und entspreche dem modernsten Standard.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:22px">Ein 100-%iger Schutz gegen Knochensplitter und ähnliche</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:22px">In den Wurstwaren könne nicht gewährleistet</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">,. </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">werden da das einzig zuverlässige Sicherungsmittel, </p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">der Einsatz von Röntgenstrahlen, nach den geltenden gesetzlichen Bestimmungen verboten sei. </p>
|
315,489 | olgham-1987-03-11-20-u-30786 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 20 U 307/86 | "1987-03-11T00:00:00" | "2019-03-13T14:57:06" | "2019-03-27T09:42:59" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1987:0311.20U307.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Klägerinnen gegen das am 17. Juli 1986 verkündete Urteil der 1. Ferienzivilkammer des Landgerichts Hagen wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Kosten der Berufungsinstanz werden den Klägerinnen auferlegt.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Den Klägerinnen wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 19.000,- DM abzuwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p>
<p>Die Klägerinnen dürfen die Sicherheitsleistung durch unbefristete Bankbürgschaft der ... erbringen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerinnen nehmen die Beklagte nach dem Tod ihrer Mutter vom 14./15.1.1983 aus einer Lebensversicherung, verbunden mit einer Unfallzusatzversicherung in Anspruch. Ihr Vater, ... ist wegen Ermordung seiner Ehefrau, der Mutter der Klägerinnen, rechtskräftig verurteilt. Den vertraglichen Beziehungen liegen zwei ausgefüllte Antragsformulare vom 7.10.1982 zugrunde, die beide sowohl von der Mutter ... als auch dem Vater ... unterschrieben wurden. Sie wurden von ihnen abwechselnd als "Antragsteller (Versicherungsnehmer)" oder als "zweiter Antragsteller" unterzeichnet. Die Gesundheitsfragen bezüglich des Ehemannes wurden in dem Formular, daß er als Versicherungsnehmer unterzeichnet hatte, diejenigen bezüglich der Ehefrau in dem Formular beantwortet, das sie als Antragstellerin auswies. Beide Anträge waren hinsichtlich der Höhe der Prämie, der Laufzeit und der Versicherungssumme identisch und wiesen die gleiche Verwaltungsnummer aus. Bei der Bezugsberechtigung wurden jeweils für den Erlebensfall "die gemeinsamen Versicherungsnehmer" und für den Todesfall "der überlebende Versicherungsnehmer" angegeben. Wegen des weitergehenden Inhaltes wird auf die Fotokopien Bl. 124, 125 der Akte verwiesen. Aufgrund dieses Antrags erteilte die Beklagte einen Versicherungsschein, in dem die "Eheleute ... als Versicherungsnehmer und ..." als versicherte Personen bezeichnet sind.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Ehemann trat alle Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag sowie etwaige erbrechtliche Ansprüche nach seiner Ehefrau am 7.5.1985 an die Klägerinnen ab. Seine Erbunwürdigkeit wurde nicht geltend gemacht.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Kläger sind der Auffassung, infolge der Straftat ihres Vaters sei nur dessen Bezugsberechtigung nach §170 II VVG entfallen. Die Verpflichtung der Beklagten sei dagegen nicht nach §170 I VVG erloschen. Der Anspruch gehöre zum Nachlaß und könne deshalb von ihm geltend gemacht werden.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Klägerinnen haben den Antrag gestellt,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">an sie zu Händen ihres Vormundes 400.000,- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 15. Juni 1985 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Sie meint, es sei §170 I VVG zumindest analog anzuwenden. Darüber hinaus sei der Versicherungsvertrag wegen der von Anfang an bestehenden Mordabsichten des ... nach §138 BGB nichtig.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe dieses Urteils Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil wendet sich die form und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerinnen. Sie wiederholen und vertiefen - ebenso wie die Beklagte - ihr erstinstanzliches Vorbringen. Außerdem bestreiten sie, daß ... bereits bei Abschluß des Versicherungsvertrages die Absicht gehabt habe, seine Ehefrau, ihre Mutter, zu ermorden.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Klägerinnen beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an sie als Gesamtgläubiger zu Händen des Vormundes 400.000,- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 15.6.1985 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und die beigefügten Anlagen verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe</b></p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Berufung hat keinen Erfolg. Die Beklagte ist aus dem abgeschlossenen Versicherungsvertrag nicht verpflichtet.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Leistungsfreiheit folgt aus der entsprechenden Anwendung des §170 I VVG.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Eheleute ... haben einen "Lebensversicherungsvertrag auf verbundene Leben" (Bruck-Möller-Winter, Band V Teil 2 (Lebensversicherung) Anm. B 24) geschlossen. Dabei handelt es sich um <u>einen</u> einheitlichen Versicherungsvertrag, dessen Kennzeichen es ist, daß jeder Beteiligte zugleich Versicherungsnehmer und Versicherter ist. Der Versicherungsbetrag wird bei Tod eines Beteiligten an den Überlebenden und im Erlebensfall an beide gemeinsam ausgezahlt.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Ein solcher Versicherungsvertrag ist nach der Auffassung des Senats von den Eheleuten beantragt worden. Entgegen dem äußeren Eindruck, der sich darauf gründen könnte, daß hier zwei Antragsformulare benutzt wurden, haben die Eheleute ... einen einheitlichen Antrag gestellt. Das ergibt sich aus den unstreitigen Umständen und dem aufeinander verweisenden Inhalt der Antragsformulare. Für einen einheitlichen Antrag spricht entscheidend, daß die beiden Eheleute abwechselnd als erster und zweiter Antragsteller bezeichnet sind, daß die Anträge sich hinsichtlich der Gesundheitsfragen ergänzen und im übrigen sogar einschließlich der Verwaltungsnummer identisch sind. Hinzu kommt, daß die ausbedungene Leistung unstreitig nur einmal fällig wurde und eine einheitliche Prämie berechnet wurde. Dieses alles zwingt zu der Auslegung, es habe sich um einen einheitlichen Antrag gehandelt. Daß zwei Antragsformulare verwandt wurden, dürfte in der Tat darauf zurückzuführen sein, daß die Beklagte keine besonderen Antragsformulare für Versicherungen auf verbundene Leben führt, wie sie unwidersprochen vorträgt.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Daß die Beklagte diesen Antrag auch als einen solchen einheitlichen verstanden hat, folgt aus dem Umstand, daß nur ein Versicherungsschein mit den Eheleuten gleichzeitig als Versicherungsnehmern und Versicherten erteilt wurde. Entgegen der Berufungsbegründung ist hier für die Anwendung des §§5 III VVG kein Raum. Der erteilte Versicherungsschein entspricht dem Inhalt des Versicherungsantrags.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Von dieser Vertragsgestaltung ausgehend ist §170 I VVG zumindest analog anzuwenden (Prölls-Martin, §170 VVG Anm. 3). Danach besteht keine Leistungspflicht, wenn der Versicherer vorsätzlich den Versicherungsfall, den Tod des Versicherten, herbeiführt. Das aber ist hier geschehen, weil nach dem Inhalt des Versicherungsvertrages für den Fall des Todes der Ehefrau diese als versicherte Person und der Ehemann als anspruchsberechtigter Versicherungsnehmer zu sehen sind. Dies entspricht der Grundsituation des §170 I VVG, der ein Ausfluß des Grundsatzes ist, daß der Versicherer bei einem vom Versicherungsnehmer vorsätzlich herbeigeführten Versicherungsfall leistungsfrei wird, weil der Versicherungsnehmer damit gegen die jeden Versicherungsvertrag grundliegende Verpflichtung verstößt, dem Versicherungsfall nicht vorsätzlich herbeizuführen. Entgegen der Auffassung der Klägerinnen spricht, nichts für eine analoge Anwendung des §170 II VVG. Wesentlicher Unterschied dieser beiden gesetzlichen Regelungen ist im Ausgang nämlich, daß in den Fällen des Abs. 2 nicht der Vertragspartner des Versicherers, sondern ein außenstehender Dritter den Versicherungsfall herbeiführt. Es entspricht dann sicher allgemeinen Grundsätzen, daß dem Täter daraus rechtens kein unmittelbarer Vorteil erwachsen darf. Andererseits besteht aber auch kein rechtfertigender Gesichtspunkt dafür, den Versicherer dann auch gegenüber seinem Vertragspartner, der keinerlei Vertragspflichten verletzt hat, leistungsfrei werden zu lassen. Da der Ehemann hier aber neben der Ehefrau Vertragspartner war, ist seine Stellung der des Abs. 1 und nicht der eines außenstehenden (bezugsberechtigten) Dritten gleichzusetzen.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Auch aus der gleichzeitig abgeschlossenen Unfallzusatzversicherung folgt nichts für zwei nebeneinander stehende Verträge der Ehefrau und des Ehemannes. Insoweit handelt es sich nach den Tarifbestimmungen um eine rechtlich unselbständige Zusatzversicherung zu einer abgeschlossenen Lebensversicherung, die deren rechtliches Schicksal teilt.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Daß bei einem gemeinsamen Tod beider Eheleute die Unfallsumme zweimal ausgezahlt würde, ist eine tarifliche Leistungsbestimmung, besagt aber zu der rechtlichen Vertragskonstruktion nichts.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Da bereits aus diesen Gründen eine Leistungspflicht der Beklagten entfällt, braucht nicht geklärt zu werden, ob der Versicherungsvertrag wegen eines Gesamtplanes des ... seine Ehefrau zu töten und sich so die Versicherungssummen zu verschaffen nach §§138, 139 BGB als sittenwidrig nichtig oder nach §§123 BGB, 22 VVG anfechtbar ist.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die Kosten und die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§97, 708 Ziffer 10, 711 ZPO.</p>
|
315,490 | vg-munster-1987-02-27-7-l-2987 | {
"id": 846,
"name": "Verwaltungsgericht Münster",
"slug": "vg-munster",
"city": 471,
"state": 12,
"jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": null
} | 7 L 29/87 | "1987-02-27T00:00:00" | "2019-03-13T14:57:08" | "2019-03-27T09:42:59" | Beschluss | ECLI:DE:VGMS:1987:0227.7L29.87.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der Antrag wird abgelehnt.</p>
<p></p>
<p>Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.</p>
<p></p>
<p>Der Streitwert wird auf 6.000,- DM festgesetzt.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>G r ü n d e:</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Antragsteller ist seit Januar 1972 als Öffentlich bestellter Vermessungsingenieur zugelassen und tätig; seit Januar 1973 unterhält er eine eigene Geschäftsstelle in X.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Auf Anregung des Finanzamtes X leitete der Antragsgegner im August 1985 das Verfahren zur Zurücknahme der Zulassung des Antragstellers als Öffentlich bestellter Vermessungsingenieur ein. Die dabei angestellten Ermittlungen ergaben, daß der Antragsteller seine abgabenrechtlichen Verpflichtungen gegenüber dem Finanzamt und gegenüber der Techniker-Krankenkasse in erheblichem Umfang verletzt und (weitere) beträchtliche Schulden bei Banken und früheren Angestellten hatte. Gestützt auf dieses Ermittlungsergebnis nahm der Antragsgegner durch Bescheid vom 25. November 1985 die Zulassung des Antragstellers als Öffentlich bestellter Vermessungsingenieur wegen persönlicher Unzuverlässigkeit sowie wegen Vermögensverfalls zurück. Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller Widerspruch. Weiter Ermittlungen des Antragsgegners in der Folgezeit ergaben, daß der Antragsteller auch bei der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft mit Beitragszahlungen im Rückstand war und im August 1986 die Eidesstattliche Versicherung über seine Vermögensverhältnisse abgegeben hatte. Daraufhin wies der Antragsgegner den Widerspruch des Antragstellers durch Widerspruchsbescheid vom 1. September 1986 als unbegründet zurück.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Im August 1986 ordnete das Amtsgericht N auf den Konkursantrag mehrerer Gläubiger des Antragstellers hin die Sequestration des Vermögens des Antragstellers und ein Veräußerungs- und Verfügungsverbot für diesen an. Nach Feststellung der Masse lehnte das Amtsgericht N sodann im November 1986 die Anträge auf Eröffnung des Konkursverfahrens mangels einer die Kosten deckenden Masse ab. Im August und September 1986 war zudem die Zwangsversteigerung der (wesentlichen) Immobilien des Antragstellers eingeleitet worden.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Nachdem dies dem Antragsgegner bekanntgeworden war und der Antragsteller bereits im Oktober 1986 bei dem erkennenden Gericht (7 K 1623/86) Klage gegen die Zurücknahme seiner Zulassung als Öffentlich bestellter Vermessungsingenieur erhoben hatte, ordnete der Antragsgegner durch weiteren Bescheid vom 22. Januar 1987 die sofortige Vollziehung dieser Zurücknahme an.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Zur Begründung seines am 26. Januar 1987 bei Gericht eingegangenen Aussetzungsantrages macht der Antragsteller im wesentlichen geltend, die Zurücknahme seiner Zulassung und insbesondere die Anordnung der sofortigen Vollziehung dieser Zurücknahme seien nicht gerechtfertigt. Er sei in der Lage, seine Schulden beim Finanzamt und bei den Sozialversicherungsträgern, wenn auch nur langfristig, zu tilgen. Deshalb könne auch von einem Vermögensverfall nicht die Rede sein. Die Zurücknahme seiner Zulassung bedeute für ihn und seine Familie einen erheblichen Eingriff und nehme ihm die Möglichkeit, seine Schulden weiter zurückzuführen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Antragsteller beantragt sinngemäß,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 25. November1985 sowie dessen Widerspruchsbescheid vom 1. September 1986 wiederherzustellen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Antragsgegner beantragt sinngemäß,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">den Antrag abzulehnen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Zur Begründung wiederholt und vertieft er den Inhalt der ergangenen Bescheide.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Gerichtsakte des Klageverfahrens 7 K 1623/86 sowie der zu beiden Verfahren beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Antrag hat keinen Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Gegen die persönliche Zuverlässigkeit des Antragstellers (§ 16 Abs. 1 lit. d i.V.m. § 4 lit. e der Berufsordnung für die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure in Nordrhein-Westfalen – ÖbVermIngBO -) bestehen so erhebliche Bedenken, daß im Rahmen der nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) erforderlichen Abwägung das öffentliche Interesse am sofortigen Ausschluß des Antragstellers von der Tätigkeit eines Öffentlich bestellten Sachverständigen gegenüber seinem privaten Interesse überwiegt, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Bestand der Zurücknahme seiner Zulassung seine Tätigkeit als Öffentlich bestellter Vermessungsingenieur weiter ausüben zu können. </p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die persönliche Zuverlässigkeit fehlt dem Öffentlich bestellten Vermessungsingenieur, wenn er nicht die Gewähr dafür bietet, daß er seinen Beruf in Zukunft ordnungsgemäß ausübt. Dabei ist die persönliche Zuverlässigkeit – mindestens – in dem allgemeinen berufsbezogenen Sinne zu verstehen, wie sie auch im Gewerberecht (vgl. § 35 Abs. 1 der Gewerbeordnung) Geltung besitzt.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Vgl. insoweit: Oberverwaltungsgericht für Land Nordrhein-Westfalen,</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Urteil vom 18. Mai 1982 – 3 A 2384/81 -, Die Öffentliche Verwaltung 1983,</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">44 (dort nur Abdruck der Leitsätze)</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Bedenken gegen die Zuverlässigkeit ergeben sich aus dem langjährigen abgabenrechtlichen Fehlverhalten des Antragstellers.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Seine Steuerschulden beim Finanzamt X haben sich in der Vergangenheit laufend erhöht. Im Juni 1985 beliefen sie sich auf 223.892,33 DM, im Februar 1986 auf 301.373,93 DM, im Dezember 1986 auf 329.867,94 DM und im Januar 1987 auf 332.110,94 DM. Zahlungen in nennenswertem Umfang leistete der Antragteller auf diese Rückstände nicht. Vollstreckungsmaßnahmen blieben erfolglos. Zahlungsvereinbarungen wurden vom Antragsteller ebenfalls nicht eingehalten. Darüber hinaus hat der Antragsteller auch seine Erklärungspflichten verletzt, indem er Steuervoranmeldungen und Steuererklärungen nicht oder nicht rechtzeitig abgegeben hat, so daß die Grundlagen der Besteuerung geschätzt werden mußten. Nicht einmal mehrere Bußgeldbescheide wegen Nichtabführung von Lohnsteuer sowie ein Strafbefehl wegen Lohn- und Umsatzsteuerverkürzung haben den Antragsteller veranlaßt, seine steuerlichen Verhältnisse in Ordnung zu bringen oder aber, falls ihm das nicht möglich war, die Konsequenz aus dieser Unfähigkeit zu ziehen und die selbständige Tätigkeit als Vermessungsingenieur einzustellen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Daß die Forderungen des Finanzamtes durch Pfändungen von Lebensversicherungsverträgen sowie – offenbar auch – durch Sicherungshypotheken an Liegenschaften des Antragstellers abgesichert sind, vermag den Antragsteller nicht zu entlasten. Abgesehen davon, daß nicht ersichtlich ist, ob, wann und in welcher Höhe die Pfandrechte realisiert werden können, ging die gesetzliche Pflicht des Antragstellers nicht dahin, Pfandrechte einzuräumen bzw. die (zwangsweise) Belastung seines Vermögens zu dulden; vielmehr war er verpflichtet, die von ihm geschuldeten Steuern zu bezahlen. Die Verletzung der Erklärungspflichten blieb von der Bestellung von Sicherheiten ohnehin unberührt. Daß der Antragsteller im Januar 1987 darangegangen ist, längst fällige Umsatzsteuern – Voranmeldungen (für das Jahr 1986) anzufertigen und abzugeben, ändert nichts daran, daß er über viele Jahre seine Erklärungspflichten verletzt hat.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Ein ähnliches Bild bietet der Antragsteller in einem Zahlungsverhalten gegenüber der Techniker-Krankenkasse. Diese gab die vom Antragsteller zu entrichtenden rückständigen Gesamtsozialversicherungsbeiträge einschließlich Nebenforderungen im Mai 1986 mit 54.671,22 DM an. Selbst wenn es, wie der Antragsteller in seiner Klagebegründung vorgetragen hat, zutreffen sollte, daß diese Forderung überhöht ist, ändert das nichts an der Tatsache, daß der Antragsteller seinen Zahlungspflichten nicht nachgekommen ist und dadurch die von der Techniker-Krankenkasse wahrzunehmenden öffentlichen Interessen erheblich geschädigt hat. </p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Auch bei der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft ist seit 1984 ein Beitragsrückstand eingetreten, der sich nach den Angaben der Berufsgenossenschaft im Juni 1986 auf </p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">6.669,11 DM belief.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Schließlich war und ist auch das Zahlungsverhalten des Antragstellers gegenüber anderen öffentlichen Kassen nicht korrekt. Wie die Zweckverbandskasse X als Vollstreckungsbehörde im Januar 1987 gegenüber dem Antragsgegner angab, hat der Antragsteller Grundbesitzabgaben seit dem 2. Quartal des Jahres 1986 nicht mehr bezahlt.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die vorgenannten Umstände rechtfertigen die Befürchtung, daß eine weitere selbständige Betätigung des Antragstellers als Öffentlich bestellter Vermessungsingenieur eine ständige Gefahr für die öffentlichen und privaten Gläubiger darstellen wird, die im Interesse der Allgemeinheit nicht hingenommen werden kann.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Dem kann der Antragsteller nicht mit Erfolg entgegenhalten, er habe seine Schulden und seine wirtschaftliche Notlage nicht verschuldet. Die Zurücknahme der Zulassung als Öffentlich bestellter Vermessungsingenieur ist wie die Untersagung einer selbständigen gewerblichen Betätigung eine Maßnahme der Gefahrenabwehr, für die es wie allgemein im Ordnungsrecht nur auf die objektive Gefahrenlage, nicht aber auf Verschuldensgesichtspunkte ankommt.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Auch der Hinweis des Antragstellers, die Beendigung seiner bisherigen selbständigen Tätigkeit nehme ihm die Möglichkeit, die bestehenden Rückstände zu tilgen, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Zurücknahme der Zulassung als Öffentlich bestellter Vermessungsingenieur dient zur Abwehr der Gefahr, daß der Antragsteller der Allgemeinheit bei Fortsetzung seiner selbständigen Betätigung weiteren erheblichen Schaden insbesondere durch die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten zufügt. Dieser Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr wiegt in derartigen Fällen der Unzuverlässigkeit eines Vermessungsingenieurs typischerweise schwerer als die Hoffnung, dieser werde seine Schulden aus den bei Fortführung seiner Tätigkeit erwirtschafteten Mitteln tilgen.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Ergeben sich danach Bedenken gegen die persönliche Zuverlässigkeit des Antragstellers bereits aus seinem abgabenrechtlichen Fehlverhalten, so kann offenbleiben, ob der Antragsgegner berechtigt war, die Zurücknahme der Zulassung des Antragstellers als Öffentlich bestellter Vermessungsingenieur auch im Hinblick auf den – vom Antragsgegner bejahten – Vermögensverfall des Antragstellers nach § 16 Abs. 2 lit. b i.V.m. § 4 lit. g ÖbVermIngBO auszusprechen. Immerhin sprechen die Abgabe der eidesstattlichen Offenbarungsversicherung, die Ablehnung mehrerer Anträge auf Konkurseröffnung (wegen Fehlens einer die Kosten des Konkursverfahrens deckenden Masse) sowie die Einleitung der Zwangsversteigerung über den Grundbesitz des Antragstellers für dessen desolate wirtschaftliche Lage.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes. Sie entspricht der Spruchpraxis der Kammer – und des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen – in Verfahren, in denen es um die Wiederherstellung eines Rechtsbehelfs gegen die Untersagung einer selbständigen gewerblichen Tätigkeit geht.</p>
|
315,491 | ag-dusseldorf-1987-02-26-291-ii-14586-weg | {
"id": 653,
"name": "Amtsgericht Düsseldorf",
"slug": "ag-dusseldorf",
"city": 413,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 291 II 145/86 WEG | "1987-02-26T00:00:00" | "2019-03-13T14:57:10" | "2019-03-27T09:42:59" | Beschluss | ECLI:DE:AGD:1987:0226.291II145.86WEG.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>hat das Amtsgericht Düsseldorf</p>
<p>durch den Richter am Amtsgericht C</p>
<p>am 26. Februar 1987</p>
<p></p>
<p>b e s c h l o s s e n :</p>
<p></p>
<p>1. Den Antragsgegnern wird aufgegeben, das entlang des von ihnen genutzten Anbaus im Hause Gwall 00, E als „Lager“ bezeichneten Teileigentums an der Außenwand verlegte Küchenablußrohre zu beseitigen. </p>
<p></p>
<p>2. Den Antragsgegnern wird ferner aufgegeben, den Außenputz des von ihnen genutzten Anbaus im Hofgelände (frühere Kegelbahn) und den Außenputz der im Erdgeschoß liegenden Toilettenanlage auszubessern.</p>
<p></p>
<p>3. Die weitergehenden Anträge werden zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>4. Die Antragsteller tragen 9/10, die Antragsgegner 1/10 der Gerichtskosten; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.</p>
<p></p>
<p>5. Der Geschäftswert wird auf 15.000,-- DM festgesetzt (Ziffer 1. 5.000,--, Ziffer 2. 3.000,--, Ziffer 3. 1.000,--, Ziffer 4. 1.000,--, Ziffer 5. 3.000,--, Ziffer 6. 1.000,--, Ziffer 7. 1.000,-- DM).</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">G r ü n d e :</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">I.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Die Beteiligten sind mit Ausnahme des Beteiligten zu 5., des Verwalters, Wohnungseigentümer im Hause Gwall 00 in E. Den Antragsgegnern steht das Miteigentum an den Räumen im Erdgeschoß zu.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Seitens der Antragsteller werden folgende Anträge gestellt:</p>
<span class="absatzRechts">5</span><ol class="absatzLinks"><li>Die Antragsgegner werden verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zum DM 500.000,--, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft zu unterlassen, das Teileigentum im Erdgeschoß des Hauses Gwall 00, 0000 E nach Ablauf des bestehenden Mietvertrages neu als Wohnung zu vermieten.</li></ol>
<span class="absatzRechts">6</span><ol class="absatzLinks" start="2"><li>Die Beklagten werden verurteilt, folgende Instandsetzungsarbeiten im Hause Gwall 00, E, durchzuführen:</li></ol>
<span class="absatzRechts">7</span><ol class="absatzLinks" type="a"><li>den Außenputz des von ihnen genutzten Anbaues im Hofgelände (frühere Kegelbahn) und den Außenputz der im Erdgeschoß liegenden Toilettenanlage instandzusetzen und mit einem Anstrich zu versehen, </li></ol>
<span class="absatzRechts">8</span><ol class="absatzLinks" type="a" start="2"><li>die vier Außenfenster, Rollladen und Fensterbänke des von ihnen genutzten Anbaus im Hofgelände (frühere Kegelbahn) instandzusetzen und zu lackieren,</li></ol>
<span class="absatzRechts">9</span><ol class="absatzLinks" type="a" start="3"><li>die beiden Zugangstüren zum Hinterhof des Objektes Gwall 00 sowie die vier Außenfenster der im Erdgeschoß befindlichen Toilettenanlage zu streichen.</li></ol>
<span class="absatzRechts">10</span><ol class="absatzLinks" start="3"><li>Der Beklagte wird verurteilt, eine Genehmigung des Bauamtes für den Türdruckbruch zwischen dem früheren "Lager" und dem "Ladenlokal" seines im Erdgeschoß des Hauses Gwall , E gelegenen Teileigentums dem Verwalter vorzulegen.</li></ol>
<span class="absatzRechts">11</span><ol class="absatzLinks" start="4"><li>Die Antragsgegner werden verurteilt, das entlang des von ihnen genutzten Anbaus im Hause Gwall 00, E als "Lager" bezeichneten Teileigentums an der Außenwand verlegte Küchenablußrohr zu beseitigen.</li></ol>
<span class="absatzRechts">12</span><ol class="absatzLinks" start="5"><li>Die Beklagten werden verurteilt, sämtliche Stromleitungen, Brauchwasserleitungen, Abflußleitungen sowie die Warmwasserleitungen der Etagenheizung, welche der Versorgung der Räume im Erdgeschoß des Hauses Gwall 00 in E dienen, zu beseitigen.</li></ol>
<span class="absatzRechts">13</span><ol class="absatzLinks" start="6"><li>Die Beklagten werden verurteilt, den zusätzlich eingebauten Stromzähler für die Wohnung im Erdgeschoß des Hauses Gwall 00, E, zu beseitigen.</li></ol>
<span class="absatzRechts">14</span><ol class="absatzLinks" start="7"><li>Die Beklagten werden verurteilt, die zur Straße gerichteten Außenfenster zum Ladenlokal im Erdgeschoß des Hauses Gwall 00, E, fachmännisch zu streichen oder streichen zu lassen. </li></ol>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Die Antragsgegner beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">die Anträge zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Die Beteiligen tragen vor:</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Zu Ziffer 1.:</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Die Antragsteller sind der Auffassung, dass es unzulässig ist, dass die Antragsgegner ihr Teileigentum im Erdgeschoß teilweise zu Wohnzwecken vermietet haben. Dies widerspreche der Teilungserklärung und werde von den übrigen Wohnungseigentümern auch nicht gebilligt. Die Antragsgegner sind der Auffassung, dass ihnen nichts verbiete, ihr Eigentum auch für Wohnzwecke zu nutzen. </p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Zu Ziffer 2.:</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Die Beteiligten streiten darüber, ob die Antragsgegner verpflichtet sind, die mit dem Antrag zu 2. verlangten "Instandsetzungsarbeiten" durchführen. Die Antragsteller machen geltend, alles sei in einem desolaten Zustand, so dass die Antragsgegner die von ihnen verursachten Schäden beseitigen müssten. Die Antragsgegner bestreiten dies. </p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Zu Ziffer 3.:</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Genehmigung des Bauamtes vorliegt.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Zu Ziffer 4.:</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Insoweit wird der Anspruch von den Antragsgegnern anerkannt.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Zu Ziffer 5.:</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Unstreitig haben die Antragsgegner verschiedene Leitungen durch die Kellerräume der Miteigentümer bzw. durch die Gemeinschaftskeller geführt, ohne dass sie dazu die Genehmigung des Verwalters oder der anderen Miteigentümer besaßen. Die Antragsteller sprechen von einem "Leitungsgewirr" und machen geltend, die Rohre hätten auch durch die Wände des Teileigentums der Antragsgegner verlegt werden können. Die Antragsgegner verweisen darauf, dass sie ausdrücklich aufgefordert worden sind, für den Einbau einer Etagenheizung zu sorgen. Die Leitungen seien daraufhin von einer Fachfirma verlegt worden.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Zu Ziffer 6.:</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Unstreitig haben die Antragsgegner einen zweiten Zähler installiert und damit den letzten freien Zählerplatz besetzt. Die Beteiligten streiten sich darüber, ob dieser letzte freie Platz jetzt benötigt wird. </p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Zu Ziffer 7.:</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Die Antragsteller behaupten, die Antragsgegner hätten die Fenster durch einen mangelhaften Anstrich "beschädigt". Die Antragsgegner sind der Auffassung, dass der Anstrich Sache der Gemeinschaft ist. </p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">II.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Die Anträge sind nur zu einem geringen Teil gerechtfertigt, nämlich nur insoweit, als sie von den Antragsgegnern anerkannt werden. Im übrigen sind sie unbegründet und waren demgemäß zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">1.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Den Antragsgegnern wird weder durch die Teilungserklärung noch durch das Gesetz verwehrt, ihr Wohnungseigentum zu Wohnzwecken zu nutzen. In der Teilungserklärung heißt es zwar, dass gewerbliche Nutzung jederzeit zulässig ist. Andererseits wird eine Nutzung zu Wohnzwecken nicht untersagt.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">2.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Die Antragsgegner sind lediglich verpflichtet, den Außenputz des von ihnen genutzten Anbaus im Hofgelände (frühere Kegelbahn) und den Außenputz der im Erdgeschoß liegenden Toilettenanlage auszubessern. Weitergehende Verpflichtungen bestehen insoweit nicht. Im Verhältnis der Beteiligten ist maßgebend § 8 Nr. 4 der Teilungserklärung, nach der das gemeinschaftliche Eigentum durch den Verwalter auf gemeinschaftliche Kosten ordnungsgemäß instandzuhalten und bei Beschädigung instandzusetzen ist. Instandhaltung und Instandsetzung sind somit grundsätzlich Sache der Gemeinschaft. Eine Ausnahme gilt gemäß § 8 Nr. 9 der Teilungserklärung lediglich für die von den Antragsgegnern verursachten Schäden am Außenputz des Anbaus und der Toilettenanlage. Nur soweit es sich um Schäden handelt, sind die Antragsgegner zur Instandsetzung verpflichtet. Jeglicher Anstrich ist einschließlich der vorbereitenden kleineren Ausbesserungsarbeiten Sache der Gemeinschaft. </p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">3.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Nachdem unstreitig ist, dass die Genehmigung des Bauamtes für den Türdurchbruch zwischen dem früheren Lager und dem Ladenlokal vorliegt, ist der entsprechende Antrag zurückzuweisen, da Erfüllung eingetreten ist. Die Antragsteller hätten dies vermeiden können, wenn sie die Hauptsache insoweit für erledigt erklärt hätten. </p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">4.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Die Beseitigung des Küchenabflußrohres war den Antragsgegnern auf ihr entsprechendes Anerkenntnis hin aufzuheben. </p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">5.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Die Antragsteller können von den Antragsgegnern nicht verlangen, dass sämtliche Strom-, Brauchwasser- und Abflußleitungen sowie die Warmwasserleitungen der Etagenheizung beseitigt werden. Zwar hätten die Antragsgegner hierfür der Genehmigung der übrigen Wohnungseigentümer, zumindest aber der Genehmigung des Verwalters bedurft. Diese Genehmigung hätte ihnen aber billigerweise nicht versagt werden können. Bezüglich der Warmwasserleitungen der Etagenheizung gilt dies schon deshalb, weil die Antragsgegner selbst aufgefordert worden sind, eine derartige Heizung zu installieren. Bezüglich der übrigen Leitungen ist davon auszugehen, dass die Antragsteller zur Duldung verpflichtet sind. Anhand der überreichten Lichtbilder vermag das Gericht nicht zu erkennen, dass die Antragsteller durch die Verlegung der Leitungen in unzumutbarer Weise beschwert worden sind. Die von den Antragsgegnern verlegten Leitungen wirken zwar nicht ausgesprochen ästhetisch. Andererseits ist es in Kellerräumen durchaus üblich, dass Leitungen an den Wänden oder an der Decke verlegt werden. Es ist auch nicht ersichtlich, was die Antragsteller konkret gegen die Verlegung der Leitungen einzuwenden haben. </p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">6.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Alle Beteiligten gingen übereinstimmend davon aus, dass der letzte freie Zählerplatz dadurch besetzt worden ist, dass die Antragsgegner einen zweiten Zähler installiert haben. Die Antragsteller tragen dazu vor, dass nunmehr eine getrennte Verbrauchserfassung eines gemeinsamen Wasch- und Trockenraumes oder einer Gemeinschaftssauna nicht mehr möglich wäre. dies ist nicht erheblich, zumal nicht ersichtlich ist, dass solche Räume überhaupt vorhanden sind. Ergänzend dazu haben die Antragsteller nunmehr vorgetragen, dass zwei Kellerräume wegen Beseitigung der Heizung frei werden, so dass die Absicht zur Aufstellung eines Wasch- und Trockenautomaten besteht. Für einen solchen Automaten wäre nach dem Vortrag der Antragsteller der freie Zählerplatz erforderlich. Insoweit müßte jedoch erst ein Beschluß der Eigentümergemeinschaft herbeigeführt werden. Erst wenn ein solcher Beschluß zustande gekommen ist, stellt sich die Frage, ob die Antragsgegner den zweiten Zählerplatz wieder zur Verfügung stellen müssen. Da nicht voraussehbar ist, ob ein solcher Beschluß überhaupt zustande kommt, kann dem Antrag zu Ziffer 6. jedenfalls im derzeitigen Zeitpunkt nicht entsprochen werden.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">7.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Soweit die Antragsteller verlangen, dass die Antragsgegner die zur Straße gerichteten Außenfenster zum Ladenlokal im Erdgeschoß fachmännisch streichen oder streichen lassen, gilt das unter Ziffer 2 Gesagte entsprechend. Der Anstrich der Außenfenster ist Sache der Eigentümergemeinschaft.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">III.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Die Gerichtskosten waren den Beteiligten in dem Verhältnis aufzuerlegen, dem sie unterlegen sind. Bezüglich der außergerichtlichen Kosten sah das Gericht keine Veranlassung, von der gesetzlichen Kostenregelung abzuweichen.</p>
|
315,492 | olgham-1987-02-24-28-u-17386 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
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} | 28 U 173/86 | "1987-02-24T00:00:00" | "2019-03-13T14:57:11" | "2019-03-27T09:42:59" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1987:0224.28U173.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Beklagten gegen das am 11. Juni 1986 verkündete Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Pflicht zur Verzinsung der Urteilssumme mit dem 23. September 1986 entfällt.</p>
<p></p>
<p>Die Beklagten tragen die Kosten der Berufung.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Die Beschwer für die Beklagten beträgt 15.904,-- DM.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe:</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">(abgekürzt gem. § 543 Abs. ZPO)</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Die Klägerin kann von den Beklagten gemäß § 19 BNotO Ersatz des Schadens verlangen, der ihr dadurch entstanden ist, daß sie durch Urteil des Landgerichts Münster vom 26. Oktober 1984 in dem Rechtsstreit 4 O 312/83 LG Münster verurteilt worden ist, an die Eheleute xxx wegen Mängeln an dem Hause xxx gemäß § 635 BGB 15.904,-- DM zuzüglich Zinsen zu zahlen. Dieser Schaden ist der Klägerin aufgrund einer Pflichtverletzung des Beklagten zu 2) bei der Beurkundung des Grundstückskaufvertrages zwischen der Klägerin und den Eheleuten xxx entstanden, die der Beklagte zu 2) als amtlich bestellter Vertreter des Beklagten zu 1) vorgenommen hat und für die deshalb der Beklagte zu 1) gemäß § 46 BNotO gesamtschuldnerisch neben ihm haftet. Bei der Beurkundung hat der Beklagte zu 2) die ihm den Vertragsparteien gegenüber obliegende Beratungspflicht verletzt, indem er unter Ziffer 13 des Vertrages eine von dem Beklagten zu 1) entworfene und von der Klägerin bei allen von ihr geschlossenen Verträgen dieser Art gewerbsmäßig verwandte Gewährleistungsregelung mitbeurkundet hat, die vorsah, daß die Klägerin für eigene Leistungen nach der VOB/B haftete, während hinsichtlich anderer am Bau Beteiliger den Erwerbern die Gewährleistungsansprüche der Klägerin gegen diese mit der Maßgabe abgetreten wurden, daß die Klägerin verpflichtet war, sie bei der Geltendmachung der Ansprüche zu unterstützen. Bei Fehlschlagen der Gewährleistungsansprüche gegen Dritte war subsidiär die eigene Haftung der Klägerin gemäß der VOB/B unter Begrenzung auf das Bauwerk und vollständiger Ausnahme von Sonderwünschen vorgesehen. Diese Gewährleistungsregelung verstieß gegen § 11 Nr. 10 f des am 1. April 1977 in Kraft getretenen AGB-Gesetzes und war deshalb unwirksam. Das gilt auch unter Berücksichtigung der Tatsache, daß gemäß § 23 Abs. 2 Ziffer 5 AGBG die Regelungen des § 11 Nr. 10 f AGBG keine Anwendung für Leistungen finden, für die die Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB) Vertragsgrundlage ist. Nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH NJW 86, 315), der der Senat folgt, ist das nur dann der Fall, wenn dem Vertrag die VOB als ganze zugrundegelegt wird. Grund für die in § 23 Abs. 2 Nr. 5 AGBG vorgesehene Privilegierung ist die Tatsache, daß die VOB in ihrer Gesamtheit ein einigermaßen ausgewogenes Vertragswerk darstellt, dessen Abweichungen von den gesetzlichen Regelungen insgesamt keine Partei über Gebühr belasten. Das gilt nicht, wenn lediglich einzelne Regelungen aus dem Gesamtwerk der VOB herausgelöst und einem Vertrag als Allgemeine Geschäftsbedingungen zugrundegelegt werden. Daran, daß es sich bei § 13 des Vertrages vom 6. Januar 1978 um allgemeine Geschäftsbedingungen der Klägerin handelt, kann entgegen der Auffassung der Beklagten kein Zweifel bestehen, da die Klägerin diese Regelung, ebenso wie die übrige Vertragsgestaltung, unstreitig stets bei ihren Vertragsschlüssen zugrundegelegt hat. Ferner ist auch nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten nicht davon auszugehen, daß die Regelung im Sinne des § 1 Abs. 2 AGBG zwischen der Klägerin und den Eheleuten xxx ausgehandelt worden ist. Dafür reicht es nicht aus, daß der Beklagte zu 2), wie die Beklagten vortragen, bei der Beurkundung die Regelung und das Haftungssystem der VOB erläutert hat. Entscheidendes Erfordernis wäre es vielmehr gewesen, daß die Klägerin als Verwenderin der AGB verhandlungsbereit gewesen wäre und das gegenüber den Eheleuten xxx ausdrücklich hätte erkennen lassen (vgl. BGH NJW 77, 624). Das haben die Beklagten nicht behauptet, es ergibt sich auch sonst kein Anhaltspunkt dafür. Weiter trifft es entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht zu, daß mit der Bezugnahme auf die Haftung nach der VOB die gesamte VOB in den Vertrag eingezogen worden sei. Nach dem maßgeblichen objektivem Empfängerhorizont kann die Bezugnahme vielmehr ausschließlich auf die Gewährleistungsregelung des § 13 VOB/B verstanden werden.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die VOB ist auch nicht etwa, wie das im erstinstanzlichen Vorbringen der Beklagten anklingt, praktisch durch inhaltsgleiche Regelungen des Vertrages einbezogen worden. Auch wenn die eine oder andere Klausel des Vertrages den Regelungen der VOB ähnlich sein mag, gibt es für den größten Teil der VOB-Regelungen in dem Vertrag keine Entsprechung.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Dem Beklagten zu 2) ist auch im Sinne eines fahrlässigen Verschuldens vorzuwerfen, daß er die mögliche Unwirksamkeit der Gewährleistungsregelung nicht als Risiko erkannt und den Vertragsparteien nicht deshalb von dieser Regelung abgeraten hat. Zwar weisen die Beklagten zu Recht darauf hin, daß sich im Zeitpunkt der Beurkundung - ca. 9 Monate nach Inkrafttreten des AGB-Gesetzes - noch keine herrschende Meinung gebildet hatte, die eine isolierte Einbeziehung des § 13 VOB/B im Wege von allgemeinen Geschäftsbedingungen als unwirksam beurteilte. Zu dieser Frage existierte seinerzeit - zwangsläufig - noch keinerlei Rechtsprechung. In der Literatur gab es keine Einhelligkeit, wobei sich neben Heinrichs in Palandt (36. Aufl., 1977, § 11 AGB-Gesetz Anm. 10 f) und Löwe/Graf von Westphalen/Trinkner AGB-Gesetz, 1. Aufl., 1977 § 23 Abs. 2 Nr. 5, RdNr. 1) insbesondere Schippel/Brambring in DNotZ 77, 197, 213 und der Bundesminister der Justiz in einem Schreiben vom 9. Februar 1977 für die Möglichkeit der isolierten Einbeziehung des § 13 VOB/B, Korbion in Ingenstau/Korbion, VOB (8. Aufl., 1977) sowie in VersR 77, 681 und Locher in NJW 77, 1801 aber dagegen aussprachen. Dies führt indes entgegen der Auffassung der Beklagten nicht dazu, daß der Beklagte zu 2) die Gewährleistungsregelung ohne Warnung an die Vertragsparteien beurkunden durfte. Bei erkennbar bestehender Rechtsunsicherheit ist der Notar vielmehr verpflichtet, den Vertragsparteien den sichersten Weg anzuraten, und handelt andernfalls schuldhaft pflichtwidrig (vgl. Rinsche, Die Haftung des Rechtsanwalts und Notars, 2. Aufl., 1986, RdNr. II 80 und 92). So lag die Situation hier. Schon der Wortlaut des § 23 Abs. 2 Satz 5 AGBG für sich genommen sprach nicht ohne weiteres für die Möglichkeit einer isolierten Einbeziehung des § 13 VOB/B im Wege von allgemeinen Geschäftsbedingungen. Auch ein Teil derjenigen Literaturstimmen, die sich für eine derartige isolierte Einbeziehung aussprachen, wies deutlich darauf hin, daß diese Frage nicht unzweifelhaft war (so Heinrichs a.a.O. und Löwe a.a.O.). Andere Kommentare (so Ulmer/Brander/Hensen, AGB-Kommentar, 1977) sprachen diese Möglichkeit überhaupt nicht an. Unter diesen Umständen war für den Beklagen zu 2) in keiner Weise abzusehen, wie diese Frage einmal in der Rechtsprechung entschieden werden würde. Nichts anderes würde im übrigen auch dann gelten, wenn der Beklagte zu 2) - wie die Beklagten meinen - überhaupt nicht verpflichtet gewesen wäre, den Stand der Literaturmeinungen zu kennen. Abgesehen davon, daß das sicherlich nicht zutrifft, soweit es sich um die maßgeblichen Standardwerke handelt, konnte auch dann der Beklagte zu 2) im Hinblick auf die Formulierung des Gesetzestextes bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt keinesfalls davon ausgehen, daß eine wirksame Vereinbarung der vorgesehenen Gewährleistung risikolos möglich sein werde.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der von der Klägerin geltend gemachte Schaden ist eine Folge der Tatsache, daß der Beklagte zu 2) den gebotenen Hinweis auf die mögliche Unwirksamkeit der vorgesehenen Gewährleistungsregelung unterlassen hat. Gemäß § 287 ZPO ist davon auszugehen, daß sich die Klägerin bei Erteilung dieses Hinweises dafür entschieden hätte, auf die vorgesehene Gewährleistungsregelung - einschließlich der Subsidiaritätsklausel und des (gemäß § 11 Ziffer 10 a AGBG ohne unwirksamen) Gewährleistungsausschlusses für Sonderwünsche - zu verzichten und insgesamt die Geltung der VOB zu vereinbaren. Ausgehend von der an der getroffenen Regelung erkennbaren Tendenz der Klägerin, ihre Haftung gegenüber den Erwerbern soweit wie möglich zu beschränken, stellte sich das für sie als die deutlich vorteilhaftere Lösung dar, die sie nicht dem Risiko aussetzte, den Erwerbern drei Jahre länger - und damit gleichzeitig ohne Subsidiarität und ohne Rückgriffsmöglichkeit - zu haften, als ihr ihre eigenen Subunternehmer gehaftet hätten. Zu berücksichtigen ist dabei auch, daß das Vertragswerk der VOB von der Bauwirtschaft gegenüber der gesetzlichen Regelung als Alternative, die eventuell die Möglichkeit der Vereinbarung einer Subsidiaritätsklausel auch im Wege der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ermöglicht hätte, schon damals überwiegend bevorzugt wurde. Es ist auch davon auszugehen, daß die Klägerin gegenüber den Eheleuten xxx die Einbeziehung der VOB in den Vertrag hätte durchsetzen können. Dieser Schluß ist im Hinblick auf die Tatsache gerechtfertigt, daß die Eheleute xxx den Vertrag auch mit der tatsächlich in § 13 getroffenen, für sie weitaus ungünstigeren geschlossen haben.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Im Wege des § 287 ZPO ist weiterhin anzunehmen, daß die Klägerin bei Vereinbarung der VOB als ganzer in dem Rechtsstreit 4 O 312/83 LH Münster gegen die Eheleute xxx nicht unterlegen wäre, weil die Gewährleistungsansprüche der Eheleute xxx in diesem Falle verjährt gewesen wären. Unstreitig sind die Bauleistungen von den Eheleuten xxx bei Übergabe des Hauses am 23. August 1978 abgenommen worden. Die zweijährige Rügefrist des § 13 Ziffer 5 Abs. 1 Satz 1 VOB/B ist daher mit dem 23. August 1980 abgelaufen Es ist gemäß § 287 ZPO davon auszugehen, daß die Eheleute xxx die von ihnen in dem Rechtsstreit geltend Mängel gemachten an den Klinkern bis zu diesem Zeitpunkt nicht gerügt hätten. Diese Schlußfolgerung rechtfertigt sich aus der Tatsache, daß sie diesen Mangel auch nach dem tatsächlichen Geschehensablauf erstmalig am 7. Dezember gegenüber der Firma xxx - die im Auftrage der Klägerin die Klinkerarbeiten durchgeführt hatte und gegen die die Klägerin den Eheleuten xxx die ihr (gleichfalls nach den Regeln der VOB) zustehenden Gewährleistungsansprüche abgetreten hatte – erstmalig mit Schreiben vom 7. Dezember 1981 reklamiert haben, wobei sich aus dem Schreiben ergibt, daß sich die Mängel "im Verlauf des letzten Jahres" gezeigt hätten. Anders ist es hinsichtlich der von den Eheleuten xxx in dem Rechtsstreit 4 O 312/83 LG Münster gegen die Klägerin weiter geltend gemachten Mängel an der Kelleraußentreppe und am Sockelputz des Hauses. Beide Mängel habe die Eheleute xxx noch im Jahre 1979 gerügt. Anschließend hat die Klägerin Mängelbeseitigungsarbeiten durch eine Firma xxx veranlaßt, die ausweislich der von der Klägerin vorgelegten Rechnung der Firma xxx spätestens am 30. Juni 1979 beendet waren. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte deshalb bei wirksamer Vereinbarung der VOB die zweijährige Frist erneut begonnen und wäre deshalb mit dem 30. Juni 1981 abgelaufen. Eine erneute Rüge der Eheleute xxx ist erst mit Schreiben vom 10. März 1982 erfolgt, während Klage erst unter dem 27. Mai 1983 eingereicht worden ist. Es besteht kein Anlaß zu der Annahme, daß die Eheleute xxx – die aufgrund der Belehrungen durch den Beklagten zu 2) auch nach der im Vertrag tatsächlich getroffenen Gewährleistungsregelung mit den Verjährungsfristen der VOB gerechnet haben - sich bei vollständiger Einbeziehung der VOB in den Vertrag anders verhalten und früher Klage erhoben hätten. Nach alledem ist davon auszugehen, daß bei pflichtgemäßer Belehrung durch den Beklagten zu 2) hinsichtlich der möglichen Unwirksamkeit der vorgesehenen Gewährleistungsregelung die Gewährleistungsansprüche der Eheleute xxx gegen die Klägerin verjährt wären und daß die Klage der Eheleute xxx in dem Rechtsstreit 4 O 312/83 LG Münster aus diesem Grunde abgewiesen worden wäre. Dagegen spielt es in diesem Zusammenhang keine Rolle, ob der genannte Rechtsstreit durch das Urteil des Landgerichts Münster vom 26. Oktober 1984 richtig oder - wie die Beklagten meinen -unzutreffend entschieden worden ist. Auch das Risiko einer auf einen Fehler des Notars zurückzuführenden falschen Gerichtsentscheidung fällt in den Bereich der Schäden, für den der Notar einzustehen hat (vgl. BGH VersR 82, 297, Rinsche, a.a.O., RdNr. II 123).</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Haftung der Beklagten ist auch weder gemäß § 19 Abs. 1 Satz 3 BNotO in Verbindung mit § 839 Abs. 3 BGB noch nach § 19 Abs. 1 Satz 2 BNotO ausgeschlossen. Die schuldhafte Unterlassung der Schadensabwehr durch Einlegung eines Rechtsmittels gegen das pflichtwidrige Handeln des Beklagten zu 2) kommt vorliegend nach Lage der Dinge nicht in Frage. Die Klägerin hat aber auch für den ihr entstandenen Schaden keine anderweitige Ersatzmöglichkeit. Insbesondere besteht eine derartige Ersatzmöglichkeit nicht etwa gegen diejenigen Anwälte, die die Klägerin in dem Rechtsstreit 4 O 312/83 LG Münster vertreten und ihr von der Durchführung der gegen das Urteil vom 26. Oktober 1984 eingelegten Berufung abgeraten haben. Diese Beratung war richtig, weil der Rechtsstreits durch das genannte Urteil zutreffend entschieden worden ist. Insbesondere lagen trotz der in § 13 des Vertrages vom 6. Januar 1978 wirksam vereinbarten lediglich subsidiären Haftung der Beklagten die Voraussetzungen für ihre Inanspruchnahme schon deshalb vor, weil die an die Eheleute xxx abgetretenen und primär geltend zu machenden Gewährleistungsansprüche gegen die Firma xxx hinsichtlich der Mängel am Klinkermauerwerk bereits bei Auftreten, im übrigen aber in jedem Fall bei Erhebung der Klage gegen die Klägerin verjährt waren. Hinsichtlich dieser Mängel hatten die Eheleute xxx der Klägerin aber auch schon mit Schreiben vom 22. Mai 1979 mitgeteilt, daß die Firma xxx trotz zweimaliger Aufforderung zur Mängelbeseitigung mit Fristsetzung nicht reagiert habe. Soweit in dem Vertrag vom 6. Januar 1978 die Haftung der Klägerin für Sonderwünsche gänzlich ausgeschlossen worden war, war das, wie bereits ausgeführt, wegen Verstoßes gegen § 11 Ziffer 10 a AGBG unwirksam. Entgegen der Auffassung der Beklagten stand der Schadensersatzforderung der Eheleuten xxx wegen der am Klinkermauerwerk aufgetretenen Schäden auch nicht die Tatsache entgegen, daß die Eheleute xxx diese Klinker in Abweichung von dem standardmäßig vorgesehenen Werkstoff selbst ausgesucht hatten. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob das - wie in dem Urteil des Landgerichts Münster vom 26. Oktober 1984 ausgeführt wird - die Verpflichtung der Klägerin zur Prüfung der Klinker auf ihre Eignung unberührt gelassen hat. Wie der Sachverständige xxx in seinem in dem Rechtsstreit 4 O 312/83 LG Münster eingeholten Gutachten vom 11. Mai 1984 überzeugend ausgeführt hat, war die Ursache für die an dem Klinkermauerwerk aufgetretenen Absprengungen nämlich nicht eine mangelnde Frostfestigkeit der Ziegel, sondern eine zu hohe Wasserbelastung wegen zu breiter Fugen zwischen den Sternen und nicht ausreichender Belüftung. Schließlich waren nach der im Hinblick auf die Nichtigkeit der in § 13 des Vertrages vom 6. Januar 1978 anzuwendenden gesetzlichen Gewährleistung die Ansprüche der Eheleute xxx gegen die Klägerin auch noch nicht verjährt, weil die am 23. August 1983 ablaufende 5-jährige Verjährungsfrist des § 638 Abs. 1 Satz 1 BGB - ohne daß es auf die, wie oben ausgeführt, teilweise eingetretene Hemmung nach § 639 BGB und Unterbrechung nach § 208 BGB wegen der durchgeführten Mängelbeseitigungsarbeiten ankommt - gemäß § 209 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 270 Abs. 3 ZPO durch die am 27. Mai 1983 erfolgte Einreichung der Klageschrift rechtzeitig unterbrochen worden ist. Insbesondere ist die Zustellung der Klage am 2. September 1983 auch noch "demnächst" im Sinne des § 270 Abs. 3 ZPO erfolgt. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob die Eheleute xxx oder ihre Prozeßbevollmächtigten an der Verzögerung der Zustellung ein Verschulden trifft. Jedenfalls am 25. August 1983 lagen nach Mitteilung der Privatanschrift der Geschäftsführerin der Klägerin sämtliche Voraussetzungen für die anschließend erfolgte Zustellung vor. Damit verbleibt als Zeitraum zwischen Eintritt der Verjährung und Zustellung - der allein maßgeblich ist, vgl. BGHZ 68, 313, 322, BGH VersR 83, 831, 832 - lediglich eine Frist von 2 Tagen, die als unwesentlich im Sinne des § 270 Abs. 3 ZPO anzusehen ist.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Anderweitige Ersatzansprüche bestehen entgegen der Auffassung der Beklagten auch weder gegen die Firma xxx noch gegen andere Firmen, Lieferanten oder Architekten, weil derartige Ansprüche zweifelsfrei verjährt sind. Die Klägerin hat derartige Ansprüche auch nicht etwa schuldhaft verjähren lassen. Hinsichtlich möglicher Ansprüche gegen Lieferanten gilt das schon deshalb, weil davon auszugehen ist, daß nicht die Klägerin, sondern die Firma xxx die Materialien gekauft hat. Hinsichtlich der anderen in Frage kommenden Personen war die diesen gegenüber geltende zweijährige Verjährungsfrist bereits abgelaufen, als die Eheleute xxx die Mängel - hinsichtlich der Klinker erstmalig, im übrigen nach Durchführung von Mängelbeseitigungsarbeiten erneut - geltend machten.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Nach alledem ist die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß Zinsen lediglich bis zu dem Tage zu zahlen sind, an dem die Beklagten zur Abwendung der Zwangsvollstreckung die Urteilssumme bezahlt haben. Auch durch diese Zahlung wurde der Verzug beendet (vgl. BGH NJW 81, 2244, BGH WM 83, 21).</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97, 708 Ziffer 10, 713 ZPO. Zu einer Zulassung der Revision - wie von dem Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung vom 24. Februar 1987 angeregt - besteht kein Anlaß, weil die Entscheidung keine grundsätzliche Bedeutung hat, sondern auf den Besonderheiten des vorliegenden Falles beruht.</p>
|
315,493 | ag-aachen-1987-02-23-7-c-287 | {
"id": 620,
"name": "Amtsgericht Aachen",
"slug": "ag-aachen",
"city": 380,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 7 C 2/87 | "1987-02-23T00:00:00" | "2019-03-13T14:57:13" | "2019-03-27T09:42:59" | Urteil | ECLI:DE:AGAC1:1987:0223.7C2.87.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Unter Aufhebung der Vollstreckungsbescheide des Amtsgerichts Aachen vom 18.09.1986 2 B 15972/86 wird die Klage abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der Säumnis trägt die Klägerin. Die Kosten, die durch die Säumnis der Beklagten entstanden sind, tragen die Beklagten. </p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Die Klägerin kann jedoch die Vollstreckung gegen Leistung einer Sicherheit in Höhe von 400,00 DM abwenden, wenn nicht die Be-klagten vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leisten.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Tatbestand</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Aufgrund eines schriftlichen Mietvertrages vom 08.09.1983 waren die Beklagten Mieter einer Wohnung im Hause der Klägerin in Aachen, M-straße 14. Aufgrund einer Kündigung der Beklagten endete das Mietverhältnis zum 31.03.1986. Bei Beginn des Mietverhältnisses übernahmen die Beklagten von dem Vormieter die auf den Fußböden ausgelegten Teppichböden. Bei Beendigung des Mietverhältnisses nahmen die Beklagten die Teppichböden mit. </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Märzmiete 1986 ist von den Beklagten nicht gezahlt worden. Zugunsten der Beklagten bestand gegen Ende des Mietverhältnisses ein Kautionsguthaben in Höhe von 762,96 DM.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Mit der Klage begehrt die Klägerin Schadensersatz in Höhe der Aprilmiete 1986 in Höhe von 602,00 DM. Weiterhin begehrt sie Zahlung der Märzmiete in Höhe von 625,00 DM. </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Sie behauptet, dadurch, daß die Beklagten die Teppichböden mitgenommen hätten, sei ihr eine Vermietung der Wohnung nicht möglich gewesen trotz entsprechender Anstrengungen für den Monat April 1986. Unter den Teppichböden sei der Fußboden in einem unzumutbaren Zustand gewesen. Die Beklagten hätten ihr vor Wegnahme der Teppichböden die Übernahme anbieten müssen. Darüber hinaus hätten die Beklagten eine Vielzahl von Dübellöchern in der Wohnung verursacht sowie vor dem Balkonausgang Schäden in Form von 2 Löchern verursacht. Insoweit begehrt die Klägerin eine Zahlung in Höhe von 185,19 DM, wobei sie Bezug nimmt auf eine Rechnung der Fa. H., die für Reparatur Fußleisten, Schließen Kaminloch und Befestigung Fußbodenbrett den Betrag in Rechnung gestellt hat. Für das Schließen eines Ofenloches und die Beseitigung des Schadens im Fußboden vor dem Balkonausgang begehrt die Klägerin Zahlung in Höhe von 275,88 DM, wobei sie Bezug nimmt auf eine Rechnung der Fa. Ga., die für das Abschleifen und Lackieren von Innentüren den Betrag in Rechnung stellt. </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Schließlich begehrt die Klägerin noch Zahlung in Höhe von 8,50 DM für Schmutz entfernen und für Nebenkosten gemäß einer Abrechnung der Stadtwerke in Höhe von 95,89 DM. </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die beiden letztgenannten Positionen sowie die Märzmiete 86 in Höhe von 625,00 DM ist zwischen den Parteien unstreitig.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Für die Abmahnung der Märzmiete begehrt die Klägerin noch Zahlung in Höhe von 59,05 DM.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Mit der Gesamtforderung verrechnet die Klägerin das Kautionsguthaben der Beklagten in Höhe von 762,96 DM. </p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Über den verbleibenden Betrag in Höhe von 1.088,55 DM nebst 9 % Zinsen ab 1.6.1986 ergingen gegen beide Beklagte Vollstreckungsbescheide des Amtsgerichts Aachen vom 18.09.1986. </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:142px">die Vollstreckungsbescheide des Amtsgerichts Aachen aufrechtzuerhalten.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:142px">unter Aufhebung der Vollstreckungsbescheide die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Sie behaupten, die Teppichböden seien vom Vormieter übernommen worden. Die Teppichböden seien von ihnen ordnungsgemäß entfernt worden. Die Teppichböden seien nicht verklebt gewesen, sondern lediglich an den Enden mit doppeltem Klebeband verklebt. Auch dies sei ordnungsgemäß beseitigt worden. Die auf den Fotos ersichtlichen Dübellöcher seien noch vor dem Auszug geschlossen worden, ebenso seien die Reste des Teppichbodens entfernt worden. Die angeblichen Schäden seien nicht von ihnen verursacht worden. Das Ofenloch und der Gasofen seien bereits vorhanden gewesen bei ihrem Einzug. Das Brett habe schon bei ihrem Einzug quer vor dem Balkonausgang gelegen. Es sei von der Firma H. anläßlich einer Reparatur 1985 entfernt worden und dann nicht mehr angebracht worden. Vor ihrem Auszug hätten sie es dann selbst wieder angebracht. Die Schäden an den Türen seien nicht verursacht worden. Es seien keine Steckdosen herausgerissen worden. Die Schäden auf dem Fußboden seien nicht von ihnen verursacht worden, da sie die Wohnung mit dem liegenden Teppichboden übernommen hätten. </p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die vorgetragenen Schriftsätze und Unterlagen Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe</u></b></p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist nicht begründet. </p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich der Position Märzmiete in Höhe von 625,00 DM, Schmutzentfernung 8,50 DM und Nebenkosten Stadtwerke 95,89 DM stehen der Klägerin zwar unstreitig entsprechende Ansprüche zu. Dies ergibt lediglich einen Betrag in Höhe von 729,39 DM zugunsten der Klägerin. Insoweit haben die Beklagten wirksam mit ihrem Rückzahlungsanspruch hinsichtlich der Kaution aufgerechnet, so daß zugunsten der Beklagten insoweit auch ein Überschuß in Höhe von 33,57 DM verbleibt.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Soweit die Klägerin Zahlung der Aprilmiete begehrt, ist der Anspruch nicht begründet. Aufgrund des eigenen Vortrags der Klägerin steht bereits fest, daß die von den Beklagten entfernten Teppichböden nicht der Klägerin gehörten, sondern von den Beklagten vom Vormieter übernommen worden sind. Es handelt sich somit um Einrichtungen der Beklagten, so daß sie gemäß § 547 a BGB unabhängig davon, wem das Eigentum daran zustand, von den Beklagten mitgenommen werden konnten und durften. Darüber hinaus ergibt sich aus diesen Fotos, die die Klägerin vorgelegt hat auch, daß die Teppichböden nicht vollflächig verklebt worden sind, sondern nur lose verlegt worden sind, wobei zum Teil doppelte Klebebandstreifen verlegt wurden. Bei dieser Sachlage standen die Teppiche auch nicht im Eigentum der Klägerin, sondern waren Eigentum der Beklagten geworden. Hierauf kommt es letztlich nicht an, da das Wegnahmerecht gem. § 547 a BGB, unabhängig vom Eigentum, besteht. </p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten waren auch zur Wegnahme berechtigt. Nur dann, wenn die Klägerin der Wegnahme widersprach und den Beklagten eine entsprechende Entschädigung anbot, konnte die Klägerin gemäß § 547 a Abs. 2 BGB die Wegnahme abwenden. Die Klägerin hat selbst nicht vorgetragen, daß sie den Beklagten eine entsprechende Entschädigung angeboten hat. Demgemäß waren die Beklagten auch zur Wegnahme berechtigt und der Umstand, daß sie von ihrem Wegnahmerecht Gebrauch gemacht haben, kann kein Schadensersatzanspruch der Klägerin auslösen. Der Zustand, wie er sich den Beklagten und auch der Klägerin nach der Entfernung der Teppichböden darstellte, ist unstreitig von den Beklagten nicht verursacht worden. Jedenfalls hat die Klägerin entsprechendes nicht vorgetragen und insbesondere nicht unter Beweis gestellt. Die Schäden in Form der völlig verbrauchten PVC-Böden, die dort noch lagen und der Farbkleckse auf den Holzfußböden sind daher nicht von den Beklagten verursacht worden, so daß eine mangelnde Vermietung der Wohnung nicht auf ein Fehlverhalten der Beklagten zurückzuführen ist. Vielmehr lag es an der Klägerin, eine sofortige Vermietung dadurch sicher zu stellen, indem sie alsbald neue Teppichböden verlegen ließ. Darüberhinaus hat die Klägerin insoweit nicht einmal substantiiert vorgetragen, daß irgendein potentieller Nachmieter vorhanden war, der lediglich wegen des Zustandes der Wohnung von der Anmietung Abstand genommen hat. Darauf kommt es aber hier nicht an. Soweit die Klägerin bemängelt, daß die Beklagte zahlreiche Dübellöcher in die Wand gebohrt haben, hat die Klägerin im nachgelassenen Schriftsatz, der allerdings nicht rechtzeitig einging, nicht einmal substantiiert bestritten, daß die Beklagten die Dübellöcher noch vor ihrem Auszug geschlossen haben. In der mündlichen Verhandlung hat sie sich dazu nicht geäußert. Darüber hinaus kann dieser Umstand den Schadensersatzanspruch der Klägerin nicht ausgelöst haben. Insoweit handelt es sich lediglich um einen Renovierungsanspruch der Klägerin. Auch aus Gründen der Schadensminderungspflicht wäre sie dann gehalten gewesen, diese Dübellöcher, die mit einem relativ geringfügigen Aufwand zu schließen sind, selbst zu schließen. Soweit die Klägerin den Beklagten vorwirft, sie hätten einen Schaden am Fußboden vor dem Balkonausgang verursacht, war die Klägerin dafür beweispflichtig, daß dieser Zustand bei Einzug der Beklagten nicht vorhanden war. Beweis insoweit hat die Klägerin nicht angeboten. Die Beklagten haben behauptet, daß dieser Zustand bereits bei ihrem Einzug vorhanden gewesen sei, insbesondere das querliegende Brett über den nunmehr sichtbaren Lücken im Fußboden. So, wie die Schäden auf den Fotos sichtbar sind, spricht auch nach der Lebenserfahrung alles dafür, dass diese Schäden bereits vorhanden waren und möglicherweise anläßlich einer Reparatur etc. entstanden sind. Andernfalls müßten diese Schäden bereits mutwillig verursacht worden sein. Soweit die Türschlitze in der Küchentüre in Rede stehen und auch das Ofenloch, stehen der Klägerin Schadensersatzansprüche nach ihrem jetzigen Vortrag nicht mehr zu. Die Klägerin bestreitet nicht, daß dieser Zustand bereits vorhanden war, als die Beklagten einzogen. Aus der Rechnung H kann die Klägerin daher keine Rechte herleiten, insbesondere die dort in Rechnung gestellte Position den Beklagten anlasten. Soweit die Klägerin nunmehr erstmals im nachgelassenen Schriftsatz, der nicht mehr rechtzeitig einging vorträgt, die Beklagten hätten auch die Türen beschädigt, ist dieser Vortrag unsubstantiiert. Soweit die Klägerin hinsichtlich der Klebebilder, die auf einem Foto auf einer Tür in der Diele sichtbar sind, hinweist, ist nicht ersichtlich, wieso derartige Klebebilder, die sich in der Regel mühelos wieder abziehen lassen, ein Abschleifen und eine Neulackierung der Türen erforderlich machen. Inwieweit daher die Beklagten die Türen über Gebühr abgenutzt haben und beschädigt haben, hat die Klägerin nicht substantiiert dargelegt. Auch nicht in dem nachgelassenen Schriftsatz. Im übrigen war auch dieser Vortrag verspätet. Der nachgelassene Schriftsatz ist nicht dazu geeignet, einen neuen Vortrag zu bringen, sondern lediglich dazu gedacht, dass die Klägerin zu den Behauptungen der Beklagten Stellung nimmt. In der Klagebegründung hatte die Klägerin aber ansonsten keinerlei Schäden an den Innentüren behauptet, mit Ausnahme der sogenannten Lüftungsschlitze, die, das ist nunmehr unstreitig, nicht von den Beklagten verursacht worden sind. Da die Klägerin somit nicht dargetan hat, daß die Beklagten irgendwelche Schäden in der Wohnung verursacht haben, für die sie einzustehen haben, steht der Klägerin weder ein Schadensersatzanspruch in Form der Aprilmiete noch ein sonstiger Schadensersatzanspruch für Behebung dieser Schäden zu. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Dübellöcher und der angeblich herausgerissenen Dosen für die Telefonanlage. Insoweit hat der Beklagte Ehemann in der mündlichen Verhandlung substantiiert dargelegt, daß diese angeblichen Schäden noch vor seinem Auszug beseitigt worden sind. Die Klägerin hat sich dazu nicht geäußert und hat auch dazu im nachgelassenen Schriftsatz keine klare Stellungnahme bezogen. Wenn die Schlüssel von den Beklagten erst Ostern 1986 (30.03.1986) abgegeben wurden, hatten sie vorher genügend Gelegenheit, die Schäden auszubessern. Darüber hinaus wäre das Schließen der Dübellöcher allenfalls mit einem Betrag von 30,00 DM zu beseitigen. Insoweit steht aber noch ein Überschuß den Beklagten zu, so daß sich auch insoweit keine Schadensersatzansprüche der Klägerin mehr ergeben. Soweit die Klägerin behauptet, die Beklagten hätten aus der Küche PVC-Boden entfernt, so zeigen die Bilder der Klägerin, daß es sich um einen derart abgenutzten PVC-Boden handelt, so daß der Klägerin daraus kein Schaden entstanden sein kann. Selbst wenn die Beklagten davon etwas entfernt haben sollten, so war dieser Boden in einem solch unzumutbaren Zustand, daß die Klägerin irgendwelche Schadensersatzansprüche daraus nicht herleiten kann.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Soweit die Klägerin schließlich noch Mahnkosten in Höhe von 59,05 DM bzgl. der Märzmiete geltend macht, hat die Klägerin diese Kosten nicht einmal aufgeschlüsselt. Unabhängig davon hat die Klägerin auch nicht dargetan, daß ihr diese zusätzlichen Kosten noch zustehen. Gemäß § 118 Abs. 2 BRAG0 sind nämlich diese Kosten auf die Gebühren im anschließenden Rechtsstreit anzurechnen. </p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Angesichts der erklärten Aufrechnung der Beklagten stehen der Klägerin daher irgendwelche Zahlungsansprüche gegen die Beklagten nicht zu, so daß die Beklagten rechtzeitig Einspruch eingelegt haben und die Vollstreckungsbescheide des Amtsgerichts Aachen aufzuheben waren und die Klage abzuweisen war. </p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Ziffer 11 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Kosten, die durch die Versäumung der Widerspruchsfrist entstanden sind, waren gemäß § 95 ZPO den Beklagten aufzuerlegen. </p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">X</p>
|
315,494 | olgk-1987-02-18-13-u-17086 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 13 U 170/86 | "1987-02-18T00:00:00" | "2019-03-13T14:57:15" | "2019-03-27T09:42:58" | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1987:0218.13U170.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline;"><b>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :</b></span></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Soweit der Kläger Ansprüche in seiner Eigenschaft als
Konkursverwalter geltend macht, kann es sich nur um nicht
abgetretene Ansprüche der Gemeinschuldnerin handeln, an denen - wie
das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - vor Konkurseröffnung
ein vertraglich begründetes Pfandrecht der Beklagten entstanden
ist. (So auch grundlegend BGH in NJW 1978, 538 ff, 540 m.w.N.).
Solche möglicherweise bestehenden Ansprüche des Klägers als
Konkursverwalter an Einzelansprüchen aus dem sog. causalen Saldo
sind durch Verrechnung der Beklagten erloschen; insoweit wird auf
die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts, die der Senat sich
zu eigen macht, Bezug genommen, § 543 Abs. 1 ZPO (vgl auch Canaris
zu § 357 HGB, Anhang RdNr. 1328; Westermann, Sachenrecht, 5. Aufl.,
§ 137 III 1 c).</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Aber auch soweit der Kläger aus abgeleitetem Recht Ansprüche
herleiten will, hat die Berufung keinen Erfolg. Dabei bleibt die
Frage offen, ob der Kläger - entgegen der Ansicht der Beklagten -
zu seiner Aktivlegitimation in 1. Instanz substantiiert vorgetragen
hat. Ebensowenig bedarf die weitere Frage einer Entscheidung, ob
die einzelnen Gutschriften des sog. causalen Saldos des Kontos der
Gemeinschuldnerin auf Zahlungen auf Forderungen der
Gemeinschuldnerin beruhen, die an die Zessionarin abgetreten waren;
nur in diesem Fall könnte der Kläger aus abgetretenem Recht
vorgehen, unterläßt aber dazu jeden Sachvortrag. Eines Hinweises
bedurfte es insoweit jedoch nicht, da dem Kläger auch dann kein
Anspruch gegen die Beklagte zusteht, wenn obige Voraussetzungen
zugunsten des Klägers als gegeben unterstellt werden.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Zu Recht hat das Landgericht mit eingehender und sorgfältig
vertiefter Begründung die Klage als unbegründet abgewiesen, so daß
auf die Begründung des angefochtenen Urteils zur Vermeidung von
Wiederholungen weitgehend Bezug genommen werden kann, § 543 Abs. 1
ZPO. Lediglich in einem Punkt, in dem auch die Kritik des
Berufungsklägers ansetzt, bedarf die Begründung der Entscheidung
einer Änderung und Vertiefung.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat ausgeführt, daß der sog. causale Saldo vor
Beendigung des Kontokorrentverhältnisses entstanden ist und zwar
belastet vertraglich mit dem zwischen der Gemeinschuldnerin und der
Beklagten vertraglich begründeten Pfandrecht, so daß etwaige auf
den Zessionar übergegangenen Ansprüche, die der Kläger nun geltend
macht, bei Übergang des Anspruchs zugunsten der Beklagten mit einem
Pfandrecht belastet waren. Zu dieser Auffassung gelangte das
Landgericht mit der Begründung, der Rang eines wirksam begründeten
Pfandrechts bestimme sich nach §§ 1273 Abs. 2, 1209 BGB, das heißt,
nach dem Zeitpunkt der Pfandrechtsbestellung.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Dieser Ansatzpunkt ist so nicht richtig. Das Pfandrecht an einer
künftigen Forderung - nicht für eine künftige Forderung - entsteht
nicht schon mit der Bestellung, sondern grundsätzlich erst mit dem
Entstehen der zu verpfändenden Forderung
(Staudinger-Riedel-Wiegand, § 1273 RdNR.: 16; Damrau in MK, § 1273
RdNr.: 6). Verliert der Pfandrechtsbesteller vor diesem Zeitpunkt
ddie Verfügungsmacht, z.B. wenn er die zu verpfändende Forderung
als künftige Forderung abgetreten hat, bevor sie entstanden ist, so
kann sie grundsätzlich beim Zessionar unbelastet entstehen
(Staudinger-Riedel, a.a.O.). Auch die Bestimmung des § 404 BGB,
wonach der Schuldner dem neuen Gläubiger die Einwendungen
entgegensetzen kann, die zur Zeit der Abtretung der Forderung gegen
den bisherigen Gläubiger begründet waren, findet ohne nähere
Begründung keine Anwendung. Denn im Zeitpunkt der Abtretung der
Forderung war an dieser noch kein Pfandrecht zugunsten der
Beklagten entstanden.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Dennoch kann sich die Beklagten auf eine (zumindest
entsprechende) Anwendung des § 404 BGB berufen. Dieser Folgerung
stützt sich auf folgende - im wesentlichen von Serick erarbeitete -
Erwägungen:</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Auf die Vorausabtretung künftiger Forderungen, die gesetzlich
nicht geregelt, aber gewohnheitsrechtlich anerkannt ist, sind die
Normen, die der Gesetzgeber bei der Abtretung einer schon
existenten Forderung bedacht und erlassen hat, anwendbar. Dies gilt
deshalb, weil im Vordergrund die Interessenlage beim Schuldner
stehen muß, und zwar in dem Zeitpunkt, in dem die Forderung
entsteht. Der Schuldner darf durch die Vorausabtretung der
Forderung nicht schlechter stehen, als er bei der Abtretung einer
schon vorhandenen Forderung gestanden hätte. Da er weder bei der
Abtretung einer vorhandenen noch der einer künftigen Forderung
mitwirkt und der Gläubigerwechsel ihm nicht bekannt gemacht werden
muß, ist er in beiden Fällen gleich schutzwürdig. Günstige
Rechtspositionen, die ihm der Gesetzgeber beim Gläubigerwechsel
hinsichtlich einer vorhandenen Forderung eingeräumt hat, dürfen ihm
durch die Zession einer künftigen Forderung nicht genommen
werden.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Neben diesem Gedanken des Schuldnerschutzes sind auch die
Interessen von Gläubigern des Zedenten zu beachten. Diesem Anspruch
wird der Rückgriff auf die gesetzlichen Regeln über die Abtretung
schon existenter Forderungen gerecht. Sie müssen entsprechend
angewendet werden, wenn der Zessionar bei einer Vorausabtretung
unmittelbar Gläubiger der neuen Forderung wird (Direkterwerb), sie
sind unmittelbar anwendbar, wenn Durchgangserwerb stattfindet.
(Vgl. hierzu Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung,
Band IV S. 321 ff. und 327). Da in beiden Fällen die Norm des § 404
BGB zur Anwendung kommt, bedarf es keiner Vertiefung der Frage, ob
Direkt- oder Durchgangserwerb zu bejahen ist. In jedem Fall kann
die Beklagte dem Kläger ein auf Grund der AGB wirksam vereinbartes
Pfandrecht als rechtsvernichtende Einwendung entgegenhalten. Die
Gemeinschuldnerin hat die einzelnen in den causalen Saldo
eingegangenen Forderungen nur belastet mit einem Pfandrecht der
Beklagten erworben.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Ähnlich argumentiert der BGH (NJW 1985, 863 ff) zugunsten einer
Bank, die Eurocheques einlösen mußte, die erst nach Verpfändung
eines Kontokorrentkontos ausgestellt wurden. Auch in diesem Fall
stellt der BGH den Schutz des Schuldners gegenüber dem neuen
Gläubiger in den Vordergrund; "durch die Veränderung der
Gläubigerstellung soll die Rechtsposition des Schuldners keine
Verschlechterung erfahren ... Das wird in beiden Vorschriften (§§
404, 412 BGB) dadurch erreicht, daß bereits vor dem Rechtsübergang
begründete Rechte des Schuldners nicht beeinträchtigt werden
dürfen. Zu § 404 BGB ist anerkannt, daß es nicht darauf ankommt, zu
welcher Zeit die Tatsachen eingetreten sind, auf die sich die
Einwendungen des Schuldners gegen den neuen Gläubiger gründen,
sondern darauf, ob es Tatsachen sind, die, ohne in ausschließlicher
Beziehung zum Wechsel des Gläubigers stehen, nach Wesen und Inhalt
des Schuldverhältnisses den Schuldner zu einem Einwand berechtigen.
Darauf, ob die den Einwand begründenden Tatsachen vor oder nach der
Abtretung entstanden sind, kommt es nicht an, falls nur die
Einwirkung der erst nachträglich eingetretenen Umstände auf das
Schuldverhältnis in dessen Inhalt ihren Grund finden (mit
Nachweisen).</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Zu diesem Ergebnis führt auch eine Anwendung des
Prioritätsgrundsatzes, d.h. die Annahme, daß bei mehreren
Sicherungsrechten das früher begründete Recht Vorrang hat. Den
Prioritätsgrundsatz, dem das Schrifttum allgemein zustimmt (vgl.
dazu die Darstellung bei Serick, a.a.O., S. 384 ff. vgl. auch
Canaris, Bankvertragsrecht, 2. Bearb., RdNr. 2691) wendet auch der
BGH in fester Spruchpraxis an bei der Kollision zwischen einer
kreditsichernden Globalzession und einem durch Vorausabtretung
verlängerten Eigentumsvorbehalt, allerdings hat der BGH dazu
wesentliche Schranken errichtet, indem er prüft, ob bei der ersten
Abtretung auch das Sicherungsbedürfnis anderer Gläubiger gebührend
berücksichtigt wurde (§ 138 BGB).</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Hier bestehen jedoch unter dem Gesichtspunkt der Kollision
mehrerer Sicherungsrechte keine Bedenken gegen die Wirksamkeit
eines Pfandrechts am sog. causalen Saldo. Zwar hat die Beklagte mit
der Gemeinschuldnerin vereinbart, daß der Beklagten an allen Werten
der Gemeinschuldnerin, die in den Besitz oder die Verfügungsmacht
der Beklagten gelangen, ein Pfandrecht zustehen soll, d.h. auch an
künftigen Forderungen die die Gemeinschuldnerin durch Globalzession
später abtrat, so daß die Sicherungsrechte der Beklagten und der
Zessionarin kollidieren. Bei der Kollision solcher
personenbezogener Sicherung (der Beklagten) mit sachbezogener
Sicherung (der Gemeinschuldnerin) können Bedenken gegen die
Wirksamkeit der personenbezogenen Sicherung bestehen, wenn diese
dazu führt, daß der Zedent gegenüber dem Zessionar vertragsbrüchig
werden muß. Dies wäre hier nur dann der Fall, wenn die vereinbarte
antizipierte Pfandrechtsbestellung dazu führen würde, daß die
Gemeinschuldnerin gegenüber dem Zessionar vertragsbrüchig würde,
wenn sie Forderungen aus Veräußerungsgeschäften über das Girokonto
einzog, weil dann die Zession wirtschaftlich betrachtet wertlos
werden konnte. Wenn dies so ist, kann ein Sachverhalt vorliegen,
der vergleichbar ist der Kollision bei verlängertem
Eigentumsvorbehalt mit einer Sicherungszession (Globalzession).
Eine Überprüfung des hier zur Entscheidung anstehenden Sachverhalts
auf der Grundlage der BGH-Rechtsprechung zu Kollisionsfällen (vgl.
die Darstellung der Serick, a.a.O., S. 422 ff.) zeigt jedoch, daß
das zwischen der Beklagten und der Gemeinschuldnerin vereinbarte
antizipierte Pfandrecht die Gemeinschuldnerin nicht zu einer
Täuschung des Zessionars oder zu einer Vertragsverletzung gezwungen
hat. Die Gemeinschuldnerin hatte vielmehr uneingeschränkt die
Möglichkeit, die abgetretenen Forderungen über ein nicht bei der
Beklagten geführtes Konto einzuziehen, ihre Schuldner anzuweisen,
auf ein Konto des Zessionars zu zahlen, was im
Globalzessionsvertrag auch ausdrücklich vorgesehen ist, ein
Treuhandkonto für den Zessionar einzurichten oder ein Konto zu
eröffnen, für das die Geltung der Nr. 21 I AGB (entspr. 19 der AGB
der Banken) abgedungen wurde. Steht dem Zedenten die Möglichkeit
offen, trotz des zunächst begründeten Sicherungsrechts sich
gegenüber dem Zessionar vertragstreu zu verhalten, stehen die
zeitlich früher begründeten Sicherungsrechte der späteren
Globalzession nicht im Wege und sind wirksam (vgl. Serick, a.a.O.,
S. 360).</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Es bestand kein Anlaß, die Revision zuzulassen, denn die
Voraussetzungen des § 546 Abs. 1 ZPO sind nicht erfüllt. Die
Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, weil nicht
ersichtlich ist, daß die hier entschiedene Rechtsfrage eine
unbestimmte Vielzahl von Fällen betreffen kann. Der Umstand, daß
trotz der vielfachen Beschäftigung der Rechtsprechung mit den AGB
der Banken und Sparkassen diese Rechtsfrage offenbar noch keine
Rolle gespielt hat, spricht dagegen, daß die Entscheidung in
quantitativer Hinsicht über eine Regelung der Beziehungen zwischen
den Parteien hinausgeht.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 19, 713
ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Gegenstandswert und Beschwer für den Kläger: 19.912,20 DM.</p>
|
315,495 | ag-aachen-1987-02-17-6-c-61986 | {
"id": 620,
"name": "Amtsgericht Aachen",
"slug": "ag-aachen",
"city": 380,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 6 C 619/86 | "1987-02-17T00:00:00" | "2019-03-13T14:57:16" | "2019-03-27T09:42:58" | Urteil | ECLI:DE:AGAC1:1987:0217.6C619.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Tatbestand</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien sind Eigentümer zweier aneinandergrenzender Grundstücke, nämlich die Klägerin des Hausgrundstückes F Str. 28, der Beklagte des Hausgrundstückes F Str. 26 in Aachen. Auf dem Grundstück des Beklagten, in der Nähe der Grenze, stehen mehrere Laubbäume. Wegen der von diesen Laubbäumen infolge Herüberwehens von Blättern, Astteilen und Blütenständen auf das Grundstück der Klägerin ausgehenden Einwirkungen nimmt sie den Beklagten auf Ausgleichszahlung in Anspruch.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Unstreitig stehen in Grundstücksnähe eine Birke von einer Höhe von ca. 12 m in einer Entfernung von ca. 2 m von der gemeinsamen Grundstücksgrenze, desweiteren ein Birnbaum.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin behauptet, ein Ahornbaum von einer Höhe von ca. 14 m stehe desweiteren 1 m von der gemeinsamen Grundstücksgrenze entfernt.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin behauptet, infolge von Herüberwehen von Blättern, Astteilen und Blütenständen dieser Bäume habe sie zusätzlichen erheblichen Aufwand zur Gartenpflege. Wöchentlich müßten sie teilweise - je nach Jahreszeit - 2 bis 3 Beseitigungsaktionen mit einem Arbeitsaufwand von jeweils 1 bis 2 Stunden durchgeführt werden. Unter Bewertung einer Arbeitsstunde mit einem Stundensatz von 10,00 DM schätzt sie die Mehraufwendungen, die ihr jährlich entstehen, auf 400,00 DM.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin ist der Ansicht, wie wohl sie infolge der örtlichen Gegebenheiten dulden müsse, beeinträchtige das Herüberwehen von Gegenständen die Benutzung ihres Grundstückes in einem Maße, das nicht mehr zumutbar sei. </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin als Ausgleich für die von seinem </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Grundstück F Str. 26, 5100 Aachen, ausgehenden Einwirkungen</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">auf das klägerische Grundstück F Str. 28, 5100 Aachen, einen</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">jährliche jeweils am 30.06. eines jeden Jahres fällig werdenden Betrag in ange-</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">messener Höhe - mindestens aber 400,00 DM - als Entschädigung zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Klageabweisung.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Er bestreitet, dass auch der vorbezeichnete Ahornbaum in Grenznähe stünde. Im übrigen beruft er sich darauf, dass die von seinem Grundstück ausgehenden Immissionen durch Laub pp. das zumutbare Maß nicht überstiegen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Das Gericht hat Beweis erhoben durch Inaugenscheinsnahme der Örtlichkeit. Für das Ergebnis wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 20.01.1987 verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe</u></p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass die Hausgrundstücke der F Strasse, gerade Nummern, in überwältigender Mehrheit baumbestanden sind, desgleichen die zum Areal gehörenden Grundstücke G-Strasse und T-strasse. Im Bereich der G-Strasse dominieren Nadelhölzer, im übrigen Bereich Laubbäume. Das Grundstück des Beklagten ist das am dichtesten bestandene. Baumlos sind lediglich die Grundstücke der Klägerin, G-Strasse 4 und 6. In letzteren beiden befindet sich jedoch Bewuchs mit Buschwerk.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Weiter steht fest, dass lediglich die Birke und der Birnbaum an der gemeinsamen Grundstücksgrenze stehen, während der Ahornbaum an der Grundstücksgrenze zum Hausgrundstück G-Str. 6 steht.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Nach vorstehendem ergibt sich, dass Baumbestand im hier in Rede stehenden Areal als ortsüblich anzusehen ist. Der Vergleich gem. § 906 Abs. 2 BGB hat daher nur dahinzugehen, ob Laubbefall vom Grundstück des Beklagten einen Grundstückseigentümer, dessen Grundstück gleichfalls baumbestanden ist, unzumutbar beeinträchtigt. Aus dem Umstand, dass ihr eigenes Grundstück nicht baumbestanden ist, vermag die Klägerin Sonderrechte nicht herzuleiten. Die entscheidungserhebliche Frage ist schließlich zu verneinen, da die Klägerin im Falle, ihr eigenes Grundstück wäre gleichfalls baumbestanden, die von diesem Baumbestand ausgehenden Beeinträchtigungen gleichfalls erduldete und in erheblichem Maße zusätzliche Beeinträchtigungen durch die Bäume vom Grundstück des Beklagten nicht ins Gewicht fielen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Dementsprechend war die Klage mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">R</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Richter am Amtsgericht</p>
|
315,496 | olgk-1987-02-16-14-wf-2787 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 14 WF 27/87 | "1987-02-16T00:00:00" | "2019-03-13T14:57:19" | "2019-03-27T09:42:58" | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1987:0216.14WF27.87.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluß des Amtsgerichts Brühl vom 18. Dezember 1986 - 14 F 493/86 - aufgehoben.</p>
<p></p>
<p>Der Antrag des Klägers, die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Amtsgerichts Brühl vom 11. November 1986 - 14 F 330/86 - einstweilen einzustellen, wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>GRUNDE :</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Gemäß Anerkenntnisurteil des Amtsgerichts Brühl vom 11. November 1986 - 14 F 330/86 - hat der Kläger an die Beklagte, seine von ihm getrenntlebende Ehefrau, ab 1. September 1986 für die Dauer von 6 Monaten Unterhalt in unterschiedlicher</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Monatlicher Höhe zu zahlen. Im vorliegenden Verfahren begehrt der Kläger die Abänderung dieses Urteils ab 8. Dezember 1986 wegen Eigenverdienstes der Beklagten ab 17. November 1986 sowie die Unzulässigkeitserklärung der Zwangsvollstreckung aus dem Titel für die Zeit vom 1. September 1986 bis 7. Dezember 1986 wegen erfolgter Zahlung der insoweit geschuldeten Beträge. Er hat eine Klageschrift</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">mit einem Prozeßkostenhilfegesuch bei dem Amtsgericht eingereicht und zugleich die vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil vom 11.11.1986 beantragt. Dem Einstellungsantrag hat das Amtsgericht durch Beschluß vom</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">18.12.1986 entsprochen. Hiergegen wendet die Beklagte sich mit der sofortigen Beschwerde.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde ist statthaft gemäߧ 793 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Sie richtet sich gegen eine Entscheidung nach § 769 ZPO, welche Vorschrift auch bei einer Abänderungsklage entsprechend anwendbar ist.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde ist auch fristgemäß eingelegt (§ 577 ZPO) und somit zulässig. Zwar wäre eine mit der Zustellung des angefochtenen Beschlusses an die Beklagte persönlich am 23.12.1986 beginnende Frist vor dem am 7.1.1987 erfolgten Eingang der Beschwerdeschrift verstrichen gewesen. Die Zustellung an die Beklagte hat jedoch die Beschwerdefrist nicht in Gang gesetzt. Gemäß § 176 ZPO mußte die Zustellung am die Prozeßbevollmächtigten der Beklagten erfolgen. Diese hatten sich vor der unter dem 22.12.1986 verfügten Zustellung des Einstellungsbeschlusses mit Schriftsatz vom 18.12.1986, beim Amtsgericht eingehend am 19.12.1986, als Bevollmächtigte der Beklagten bestellt.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde ist auch begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückweisung des Einstellungsantrages.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Einstellung ist unzulässig. Sie setzt das Bestehen eines Prozeßrechtsverhältnisses zwischen den Parteien voraus (Senatsbeschluß vom 1.<b> </b>August 1986 - 14 WF 162/86 -)<b>. </b>Die Einstellungsmöglichkeit dient dem Interesse der klagenden Partei</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">daran, die Vollstreckung aus einem Titel zu verhindern, dessen endgültiger Bestand fraglich ist. Das Fortbestehen der Entscheidung und die Verwirklichung des Urteilspruchs kann zum Nachteil des Beklagten einer Vollstreckungsabwehr- oder</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Abänderungsklage aber erst dann in Frage stehen, wenn er in einen diesbezüglichen Rechtsstreit einbezogen ist. Er hat ein berechtigtes und schutzwürdiges Interesse daran, daß der zu seinen Gunsten bestehende Titel nicht durch vorläufige Einstellungsmaßnahmen in seinem Wert beeinträchtigt wird, solange nicht feststeht, daß wegen des Fortbestandes des Urteilspruches ein Rechtsstreit prozessual insoweit eingeleitet ist, als der Beklagte die Möglichkeit hat, auf den Gang des Verfahrens und die Sachentscheidung Einfluß zu nehmen. Dies ist erst dann der Fall, wenn die Klage durch Zustellung der Klageschrift erhoben ist (§ 253 ZPO).</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">In Rechtsprechung und Schrifttum wird überwiegend die Auffassung vertreten, daß für eine yorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung jedenfalls die Einreichung eines Prozeßkostenhilfegesuches nicht genügt (Zöller-Schneider: 14. Aufl. § 769 Anm.4; Thomas-Putzo 14. Aufl. § 769 Anm. 4; OLGKarlsruhe FamRZ 84, 186; OLG Frankfurt FamRZ 82, 724). Dem hat sich der Senat in seinem Beschluß vom 1.8.1986 (14 WF 162/86) angeschlossen und dabei offengelassen, ob etwas anderes gilt, wenn der Kläger eine Klageschrift eingereicht und – nach Vorschußzahlung, Prozeßkosterihilfebewilligung oder Bewilligung nach § 65 Abs. 7 Nr. 3, 4 GKG</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">der Eintritt der Rechtshängigkeit nur noch von der technischen Bewirkung der Zustellung der Klageschrift abhängt. Ausgehend davon, daß die zu berücksichtigenden Interessenlagen zum einen dann, wenn nur ein Prozeßkostenhilfegesuch eingereicht</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">ist, zum anderen, wenn zwar eine Klageschrift eingereicht, die Voraussetzungen für</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">deren Zustellung,· nämlich Prozeßkostenhilfebewilligung, Vorschußzahlung oder Befreiung von der Vorschußzahlung, aber nicht vorliegen, wesentliche Unterschiede nicht aufweisen, präzisiert der Senat nunmehr seine Auffassung dahin, daß die vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung durch das Prozeßgericht nach § 769 Abs.1 ZPO regelmäßig erst nach Klageerhebung zulässig, das Erfordernis der Klagezustellung nur dann entbehrlich ist, wenn die Zustellungsvoraussetzungen vorliegen und nur noch der technische Vorgang der zu bewirkenden Zustellung fehlt. Das schutzwürdige Interesse des Klägers an einer Einstellung in dringenden Fällen ist durch die nach § 769 Abs. 2 ZPO mögliche Anordnung des Vollstreckungsgerichts</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">gewahrt.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Hier ist eine Zustellung der Klageschrift noch nicht erfolgt. Der Beklagten sind die Anträge des Klägers nur zur, Stellungnahme wegen des Einstellungs- und wegen des Prozeßkostenhilfeantrags zugestellt worden. Auch ist weder ein Vorschuß</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">gezahlt noch ein Befreiungsantrag gestellt noch hat das Amtsgericht bisher über das Prozeßkostenhilfegesuch entschieden. In dieser Verfahrenslage ist die Einstellung aus den dargelegten Gründen unzulässig.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Beschwerdewert: 600,-- DM.</p>
|
315,497 | ag-essen-1987-01-29-10-c-51686 | {
"id": 657,
"name": "Amtsgericht Essen",
"slug": "ag-essen",
"city": 417,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 10 C 516/86 | "1987-01-29T00:00:00" | "2019-03-13T14:57:20" | "2019-03-27T09:42:58" | Urteil | ECLI:DE:AGE1:1987:0129.10C516.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Versäumnisurteil vom 20.11.86 wird aufrechterhalten. </p>
<p>Weiteren Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte. </p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. </p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Tatbestand: </u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin kaufte bei dem Beklagten mit schriftlichem Vertrage vom 07.12.85 einen PKW Suzuki Swift 1,0 Automatic. In der Preisliste der Firma Suzuki vom November 1985 wurde hinsichtlich aller Fahrzeugvarianten des Typs Suzuki Swift 1,0 vermerkt: Steuerermäßigt. Dies traf jedoch auf das Fahrzeug, welches mit einer Automatik ausgestattet ist, nicht zu. Dementsprechend ist in dem Prospekt und in der Preisliste des Jahres 1986 vermerkt, daß die Steuerermäßigung nicht für das Automatikmodell gilt. Diese nicht gegebene Steuerermäßigung führte bei der Klägerin zu einer Mehrbelastung von 84,00 DM jährlich bezüglich der Kraftfahrzeugsteuer. </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin behauptet, daß sie den Kauf des Fahrzeuges vor der Bestellung preislich nach ihren Vermögensverhältnissen kalkuliert habe und darauf vertraut habe, daß das Fahrzeug steuerermäßigt wäre. Seitens des Verkäufers sei bei den Verkaufsverhandlungen die Steuerermäßigung zugesichert worden. Diese Preisliste habe bei den Verkaufsgesprächen vorgelegen. </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">den Beklagten zu verurteilen, an sie 84,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 03.01.86 zu zahlen, sowie ihn ferner zu verurteilen, die Klägerin während der Zeit, in der sie Halterin des Fahrzeuges Suzuki Swift 1,0 GL Automatic ist, von einem Betrag der Kfz.-Steuer in Höhe von 84,00 DM jährlich ab der Jahre 1981 in Zukunft gegenüber dem Finanzamt ### mit der Steuernummer ###/###/### freizustellen. </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Im Termin am 20.11.86 hat die Klägerin antragsgemäß ein Versäumnisurteil erwirkt. </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt nunmehr, das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten. </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 20.11.86 die Klage abzuweisen. </p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte behauptet, daß der Klägerin zu keinem Zeitpunkt zugesagt worden sei, daß das Fahrzeug steuerermäßigt sei. </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Preisliste habe die Klägerin nicht von den Beklagten erhalten. Bei Vertragsabschluß sei nicht über Steuerfreiheit oder Steuerermäßigung gesprochen worden. Dementsprechend sei in der Kaufvertragsurkunde davon auch nicht die Rede. Die betreffende Preisliste habe der Beklagte nicht verwandt. </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. </p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugen J sowie T. Insoweit wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschrift vom 03.11.86 und 29.01.87. </p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe: </u></b></p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist begründet. </p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Schadensersatzanspruch aus § 463 BGB, da dem Fahrzeug eine zugesicherte Eigenschaft fehlt. Die Eigenschaft einer Sache ist jedes der Kaufsache auf gewisse Dauer anhaftende Merkmal, daß für deren Wert, ihren vertraglich vorausgesetzten Gebrauch oder aus sonstigen Gründen für den Käufer erheblich ist. So ist zum Beispiel auch anerkannt, daß zum Beispiel die Frage der Bebaubarkeit oder die Möglichkeit erhöhter Abschreibungen gemäß § 7 b Einkommensteuergesetz Eigenschaften eines Grundstücks sein können (vergleiche Palandt-Putzo, Anmerkung 5 a zu § 459). Dementsprechend ist hier auch die Tatsache, ob das Fahrzeug schadstoffarm und damit steuerermäßigt ist, eine Eigenschaft des Fahrzeugs, da diese Eigenschaft auch in einer Umweltbeziehung der Sache bestehen kann. Aufgrund der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts ferner auch fest, daß hier diese Eigenschaft seitens des Beklagten zugesichert worden ist. Entgegen dem Vortrag des Beklagten, insbesondere <i>in </i>dem Schriftsatz des Beklagten vom 15.08.86, daß die Preisliste nicht verwandt worden sei, hat sogar der Zeuge J, der für den Beklagten tätige Verkäufer, erklärt, bei seiner Vernehmung, daß selbstverständlich diese Preisliste, bei der das Fahrzeug als steuerermäßigt angegeben war, bei dem Verkaufsgespräch vorgelegen habe. Er habe anhand dieser Preisliste den Vertrag ausgefüllt. Der Zeuge J wußte nicht zu sagen, ob in dem Verkaufsgespräch über die Frage der Steuerermäßigung noch gesprochen worden sei. Der Zeuge T der der Klägerin nahe steht, hat bei seiner Vernehmung bekundet, daß der Verkäufer J hervorgehoben habe, daß das Fahrzeug steuerermäßigt sei. Die Preisliste habe auch bei der Unterzeichnung des Kaufvertrages vorgelegen. Wenn der Verkäufer aber hier anhand dieser Preisliste den Kaufvertrag ausfüllt, sind nach Auffassung des Gerichts hier die Grunddaten, die in dieser Preisliste aufgeführt werden, auch zugesichert hinsichtlich dieses Fahrzeuges. Als Grunddaten sind dort angegeben hinsichtlich des Typs Suzuki Swift 1,0 GL 50 PS, 145 km/h, 5 Gänge, 3-türig und dergleichen sowie ebenfalls der ausdrücklich hervorgehobene Hinweis auf die Steuerermäßigung. Der Käufer muß bei einem derartigen Vorgehen davon ausgehen, daß diese Grunddaten des Fahrzeugs, das in dem Kaufvertrag gar nicht näher beschrieben wird, sondern das gekennzeichnet wird durch die Typbezeichnung Swift GL 1,0,zugesichert worden dass er die Eigenschaften haben soll, wie in dieser Preisliste, die zugrunde gelegt wird bei der Ausfüllung des Vertrages, angegeben. Demgemäß hat hier der Beklagte diese fehlende Eigenschaft zugesichert, so daß er zum Schadensersatz verpflichtet ist. </p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 und 708 Ziffer 11 ZPO. </p>
|
315,498 | lg-dortmund-1987-01-29-8-o-51786 | {
"id": 806,
"name": "Landgericht Dortmund",
"slug": "lg-dortmund",
"city": 407,
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} | 8 O 517/86 | "1987-01-29T00:00:00" | "2019-03-13T14:57:21" | "2019-03-27T09:42:58" | Urteil | ECLI:DE:LGDO:1987:0129.8O517.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.077,30 DM </p>
<p>- i.W. eintausendsiebenundsiebzig 30/100 Deutsche Mark - nebst 9,25 % Zinsen seit dem 15. Ju1i 1986 sowie 4,30 DM vorgerichtliche Kosten zu zahlen. </p>
<p></p>
<p>Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits werden zu 16 % dem Beklagten und zu 84 % dem Kläger auferlegt. </p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung von 1.350,-- DM abzuwenden, falls nicht der Kläger zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet. </p>
<p></p>
<p>Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung von 750,-- DM abzuwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet. </p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="h2 absatzLinks">T a t b e s t a n d</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin betreibt ein Video-Studio. Sie vermietet gegen Entgelt Video-Kassetten. In ihren Geschäftsbedingungen heißt es: </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">"Bei Beschädigung wird der Kaufpreis + Leihgebühr erhoben. Bei Nichteinhaltung des Rückgabetermins wird eine Nachgebühr berechnet. Diese richtet sich nach dem Leihpreis und der Dauer des Überzuges. Bei Rückgabe überzeugt sich der Kunde von der Austragung." </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte mietete unter Zugrundelegung dieser Geschäftsbedingungen am 11. Januar 1985 bei der Klägerin vier Videokassetten mit den Nummern 77, 174, 339 und 418. Als Rückgabetag war der 12.1.1985 vereinbart. Der Beklagte hat bis heute die Videokassetten nicht zurückgegeben. Die Klägerin erwirkte unter dem 12. Juli 1985 beim Amtsgericht Castrop Rauxel einen rechtskräftigen Vollstreckungsbescheid (Aktenzeichen 3 B 1066/85) über eine Hauptforderung von 648,--DM, mit der die Überziehungsgebühr für die Zeit vom 12. Januar 1985 bis zum 15. März 1985 abgegolten sein sollte. </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin für die Zeit vom 16.3.1985 bis zum 15. Juli 1986 weitere Nutzungsentschädigung. In dem Schreiben der Klägerin vom 10.7.1986 an den Beklagten heißt es insoweit wie folgt: </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">"Die Leihgebühr errechnet sich pro Tag und pro Videokassette mit 3,--DM. 12,--DM x 487 Tage ergibt 5.814,--DM. </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Ich setze Ihnen hiermit ... eine letzte Frist zur Rückgabe der oben genannten Videokassetten bis zum 21.7.1986. Falls Sie die Kassetten bis zum vorgenannten Zeitpunkt nicht in ordnungsgemäßem Zustand zurückgegeben haben sollten, lehnt mein Mandant die Rücknahme der Kassetten ab und verlangt Schadensersatz in Höhe des Kaufpreises. Der Kaufpreis für die Kassette Nr. 77 beträgt 249,--DM + MwSt., für die Nummer 174 198,--DM + MwSt, für die Nummer 339 249,--DM + MwSt. und für die Nummer 418 249,--DM + MwSt. </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Gesamtbetrag einschließlich Mehrwertsteuer beträgt 1.077,30 DM. ... " </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Kläger nimmt Bankkredit in Anspruch, dessen Höhe die Klageforderung Übersteigt und für den er 9,25 % Zinsen zu zahlen hat. Der Kläger ist der Ansicht, daß er neben der Nutzungsentschädigung den vollen Kaufpreis der Kassetten verlangen kann. </p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Er beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">den Beklagten zu verurteilen, an ihn 6.891,30 DM nebst 9,25 % Zinsen seit dem 15. Juli 1986 und 10,--DM vorgerichtlicher Kosten zu zahlen. </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Er hat seine schriftsätzlich vorgetragene Behauptung, den Mietvertrag nicht selbst abgeschlossen zu haben, in der mündlichen Verhandlung vom </p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">29. Januar 1987 fallengelassen. Er behauptet weiter, über den Verbleib der Kassetten keine </p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Angaben Machen zu können. Er habe sie zu keiner Zeit in Besitz gehabt. Außerdem bestreitet er die Berechnung des Schadens durch den Kläger. </p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst ihrer Anlagen Bezug genommen. </p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="h2 absatzLinks">E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist zum Teil begründet.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Anspruchsgrundlage für das Verlangen des Klägers nach Schadensersatz ist § 557 Abs. 1 BGB. Zwischen den Parteien bestand unstreitig ein Mietvertrag über die </p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">4 Kassetten . </p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Dieser hat die Beklagte über die vereinbarte Rückgabezeit hinaus nicht zurückgegeben. Daß die Rückgabe dem Beklagten subjektiv oder objektiv unmöglich geworden ist, hat dieser jedenfalls nicht unter Beweis gestellt. Daher besteht dem Grunde nach ein Anspruch des Klägers, die geltend gemachte Nutzungsentschädigung zu verlangen. </p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Eine Nutzungsentschädigung steht dem Kläger jedoch über den bereits rechtskräftig gegen den Beklagten festgesetzten Betrag von 648,--DM nicht mehr zu. Da der Anspruch des Vermieters gem. § 557 Abs. 1 BGB als Schadensersatzanspruch anzusehen ist (vgl. hierzu Palandt-Putzo, Anm. 3 zu § 557 BGB) gilt auch die Schadensminderungspflicht des Geschädigten gem. § 254 BGB. </p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Nach Absatz 2 dieser Vorschrift hat der Geschädigte alles zu tun, keinen unangemessen hohen Schaden entstehen zu lassen. </p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Diese Vorschrift ist auf den vorliegenden Fall mit der Folge anwendbar, daß dem Kläger über den bereits entschädigten Zeitraum von mehr als 2 Monaten kein weiterer Nutzungsentschädigungsanspruch mehr zusteht. </p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Nach einem Zeitraum von mehr als 2 Monaten, in dem üblicherweise auch außergewöhnliche Verhinderungen eines Mieters, die etwa durch Urlaub veranlasst sein können, beendet sind, war der Kläger gehalten, sich die Nutzungsmöglichkeit der nicht zurückgegebenen Videokassetten durch Ersatzbeschaffung zu verschaffen und somit einen weiteren Schaden durch Vorenthaltung der vermieteten Kassetten zu begrenzen. Diese Bewertung folgt aus dem, dem Schadensersatzrecht allgemein zugrundeliegenden Rechtsgedanken, daß niemand infolge eines Schadens bereichert werden darf. Der vorliegende Fall zeigt deshalb besonders deutlich, daß dem Kläger durch die Nichtrückgabe der Videokassetten ein ungleich höherer Vorteil zuteil würde als die Gewinnansprüche es zuließen, wenn der Beklagte sich vertragstreu verhalten und die Kassetten pünktlich zurückgegeben hätte. Wie die Kammer mit den Parteien im Termin erörtert hat, ist es gerichtsbekannt, daß eine lückenlose Vermietung von Videokassetten über mehrere Monate hinaus nicht möglich ist. Besteht indes der Wunsch nach Anmietung der Kassetten, die trotz Ablaufs des Rückgabetags nicht zurückgegeben worden sind kann der Vermieter solcher Kassetten nicht auf unabsehbare Zeit Nutzungsentschädigung in Höhe der vereinbarten Miete verlangen, sondern ist gehalten, alsbald eine Ersatzbeschaffung zu tätigen. Gem. § 287 ZPO hält die Kammer einen Zeitraum von 2 Monaten für angemessen. Nach Ablauf dieses Zeitraumes entfällt eine Schadensersatzpflicht gem. § 557 Abs. 1 BGB bezogen auf die eigentliche Nutzungsentschädigung. </p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Begründet ist jedoch die Klage in Höhe von 1.077,30 DM. Dies ist der Betrag, den der Kläger für die Ersatzbeschaffung aufzuwenden hatte. Dieser Anspruch folgt aus §§ 557 Abs.1 Satz 2, 286 BGB. </p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Der Zinsanspruch ist aus §§ 284, 286, 288 Abs. 2 BGB begründet. Zur Höhe der vorgerichtlichen Kosten hat der Kläger ( schriftsätzlich nichts vorgetragen. Insoweit hat die Kammer einen Betrag von 4,30 DM für nachgewiesen angesehen. Dies ist der Betrag, der durch Portokosten für das Schreiben vom 10. Juli 1986 entstanden ist (Blatt 21 der Akten). </p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die weitergehende Klageforderung ist unbegründet und war daher abzuweisen. </p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11 und 711 ZPO. </p>
|
315,499 | ag-solingen-1987-01-26-16-f-111286 | {
"id": 733,
"name": "Amtsgericht Solingen",
"slug": "ag-solingen",
"city": 493,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 16 F 1112/86 | "1987-01-26T00:00:00" | "2019-03-13T14:57:23" | "2019-03-27T09:42:58" | Beschluss | ECLI:DE:AGSG:1987:0126.16F1112.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Dem Ehemann wird im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, an seine Ehefrau einen Prozeßkostenvorschuß in Höhe von DM zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Verfahrens gelten als Teil der Kosten der Hauptsache.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u> Gründe:</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die seit verheirateten Parteien leben zusammen mit ihren zwei Kindern noch zusammen. Die Ehefrau will sich indes von ihrem Mann trennen, aus der ehelichen Wohnung ausziehen und eine Wohnung für sich und die Kinder anmieten.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Um ihre wirtschaftliche Situation nach der Trennung richtig einschätzen und dementsprechend disponieren zu können, begehrt die Ehefrau, die nicht berufstätig ist und kein Einkommen hat, von ihrem Ehemann Auskunft über dessen Einkommen und Vermögen. Der Ehemann hat ihr lediglich den Einkommenssteuerbescheid für ausgehändigt und zugesagt, sofort nach Trennung Auskunft zu erteilen. Darüber hinaus ist er derzeit zur Auskunft nicht bereit.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung, gerichtet auf einen Prozeßkostenvorschuß zur Finanzierung der Auskunftsklage, ist zulässig und begründet nach § 127 a ZPO in Verbindung mit § 1360 a IV S. 1 BGB. Die Prozeßkostenvorschußpflicht des Ehemannes entspricht der "Billigkeit" im Sinne der zuletzt zitierten Vorschrift: Das Klagebegehren ist nicht aussichtslos und nicht mutwillig. </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Das Auskunftsverlangen der Ehefrau sit allerdings nicht begründet nach § 1361 IV S. 4, 1605 BGB. Nach dieser Regelung kann ein Ehegatte nur Auskunft verlangen, soweit die Eheleute voneinander g e t r e n n t leben. Das tuen die Parteien jedoch nicht. Der Wille der Ehefrau, sich von ihrem Mann zu trennen, reicht allein nicht aus, ein Getrenntleben zu bejahen. Der Trennungswille muß darüber hinaus durch fehlendes Zusammenleben objektiv zu erkennen sein. Eine solche Auslegung ist nicht nur bei den auf Trennung abstellenden Scheidungstatbeständen, sondern auch für § 1361 IV S. 4 BGB, 1605 BGB geboten.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">§ 1361 IV S. 4 BGB greift somit nicht; eine Anspruchsgrundlage für noch zusammenlebende Ehegatten ist im BGB nicht normiert. Dies rechtfertigt aber nicht den Schluß, ein Auskunftsanspruch sei ausgeschlossen, solange die Eheleute noch zusammenleben. Der Gesetzgeber hat mit dem 1. EheRG nämlich die in Rechtsprechung und Schrifttum aus § 242 BGB und bei Eheleuten auch aus § 1353 BGB hergeleitete Auskunftspflicht des unterhaltspflichtigen Ehegatten lediglich festgeschrieben, um insoweit vorhandene Rechtsunsicherheit zu beseitigen und so die Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen zu vereinfachen. Er hat nicht die in der Rechtsprechung entwickelten Auskunftsansprüche der Ehegatten a b s c h l i e ß e n d regeln wollen, vgl. hierzu eingehend OLG Braunschweig, FamRZ 81 S. 383 mit weiteren Hinweisen auf die Entstehungsgeschichte zum 1. EheRG sowie BGH FamRZ 82 S. 1192.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Nach den aus §§ 242, 1353 BGB hergeleiteten Grundsätzen kann ein Auskunftsanspruch somit auch nach Inkrafttreten des 1. EheRG begründet sein, vgl. Soergel-Wolf, 1986, Rdn. 43 zu § 260 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Er ist unter anderem dann begründet, wenn einem auskunftsfordernden Ehegatten ein weiteres Zuwarten auf Auskunft nicht bis zur Trennung zuzumuten ist. Gegen ein Zuwarten bis zum Trennungszeitpunkt sprechen nachdrücklich praktische Erwägungen: </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der zur Trennung entschlossene Ehegatte will aus gutem Grund wissen, wie er nach der Trennung disponieren und vor allem mit welchem Unterhalt er rechnen kann; er will seinen Unterhaltsanspruch auch der Höhe nach sofort mit der Trennung in gediegener Weise geltend machen, und er will möglichst keinen Kredit aufnehmen, um beispielsweise eine Mietvorauszahlung oder eine Kaution zu finanzieren. Es besteht somit eine Situation, in der umgehende Auskunft für den auskunftsfordernden Ehegatten geradezu existenzielle Bedeutung hat. Dies aber gebietet, das Unterhaltsbegehren nach Treu und Glauben zu bejahen. Dies gilt umso mehr, als das Gesetz in vielfältiger Weise vorsieht, daß der Unterhaltsanspruch schon vor dem eigentlichen Bewilligungszeitraum geltend gemacht, zugesprochen und durchgesetzt wird. Da ein solcher Auskunftsanspruch sich aus Treu und Glauben herleitet, kann er bei richtiger Auslegung auch nicht mißbräuchlich ausufern – zum Beispiel, wenn die Ehefrau, die sich trennen und aus der Wohnung ausziehen will, wegen §§ 1361 III, 1579 Nr. 2 – 7 BGB aller Voraussicht nach keinen Unterhaltsanspruch erlangen wird.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Auch der in diesem Zusammenhang wiederholt zitierte "Ehefrieden" (vgl. zum Beispiel OLG Hamburg, FamRZ 67 S. 102) steht eine Auskunftserteilung nicht entgegen. Dieser Ehefrieden ist hier ohnehin gebrochen. Auch ist es fraglich, ob es mehr dem Frieden dient bzw. eine Eskalation des Unfriedens verhindert, wenn ein Ehegatte beharrlich Auskunft verweigern, als wenn der auskunftsfordernde Ehegatte vom beharrlich auskunftsunwilligen Ehegatten prozessual Auskunft verlangen kann.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 620 g ZPO.</p>
|
315,500 | olgk-1987-01-14-2-u-6986 | {
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"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 2 U 69/86 | "1987-01-14T00:00:00" | "2019-03-13T14:57:24" | "2019-03-27T09:42:58" | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1987:0114.2U69.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>I. Auf die Berufung des Beklagten wird das am</p>
<p></p>
<p>25.03.1986 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer</p>
<p></p>
<p>des Landgerichts Köln - 8 0 320/85 - geändert und</p>
<p></p>
<p>wie folgt neu gefaßt:</p>
<p></p>
<p>Unter Abweisung der Klage im übrigen wird der Beklagte verurteilt, an die Klägern 2.8050,-- DM nebst 4 % Zinsen ab 03.07.1985 zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>II. Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>III. Die Kosten des Rechtsstreits werden zu 3/10 dem Beklagten und zu 7/10 der Klägerin auferlegt.</p>
<p></p>
<p>IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>V. Die Urteilsbeschwer übersteigt für keine Partei 40.000,-- DM.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Tatbestand </u><u>und </u><u>Entscheidungsgründe: </u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin ist Eigentümerin des Hausgrundstücks Q.- Hauptstraße 00 a in L., der Beklagte ist Eigentümer des benachbarten Grundstückes Q.-Hauptstraße 00. Bis Anfang 1983 waren beide Grundstücke bebaut, dasjenige des Beklagte mit einem 1870 errichteten Haus, dasjenige der Klägerin mit einem 1938 errichteten Haus. Jedes Haus hatte eine eigene Giebelwand; zwischen den Giebelwänden befand sich ein Luftspalt von 4 Zentimetern. Im April 1983 ließ der Beklagte sein Haus abreißen, weil er neu bauen wollte. Dabei ließ er zugleich eine bis an die Grundstücksgrenze reichende Baugrube von etwa 2 Meter Tiefe ausheben, führte dann aber das Bauvor­haben nicht fort. Infolge des Erdaushubs sackte die Terrasse der Klägerin teilweise ab und verlor die Standfestigkeit. Außerdem ist nach ihrer Behauptung durch die unverputzt freiliegende Giebelwand Feuchtigkeit nach innen gedrungen. Da der Beklagte Beseitigungsmaßnahmen ablehnte, ließ die Kläge­rin  selbst Maßnahmen zur Gefahrenabwehr und Schadensbeseiti­gung durchführen. Sie zahlte dafür an die ausführende Firma C. GmbH 9.420,-- DM. Diesen Betrag hat sie vom Be­klagten erstattet verlangt. Das Laandgericht hat die Klage abgewiesen. Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin.</p>
|
315,501 | ag-krefeld-1987-01-14-66-62-f-6086 | {
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"city": 448,
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} | (66) 62 F 60/86 | "1987-01-14T00:00:00" | "2019-03-13T14:57:26" | "2019-03-27T09:42:58" | Urteil | ECLI:DE:AGKR:1987:0114.66.62F60.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>1. Die am 0 vor dem Standesbeamten in L unter der Heiratseintrag-Nr. 0</p>
<p> geschlossene Ehe der Parteien wird aufgehoben.</p>
<p></p>
<p>2. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Tatbestand</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><b>Die am 07. Oktober 1958 geborene Klägerin ist von Beruf Arztsekreätrin und arbeitet in einem Düsseldorfer Krankenhaus. Der am 07. Mai 1953 in F geborene Beklagte ist von Beruf kaufmännischer Angestellter und arbeitet bei der Firma T in L.</b></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks"><b>Im Juni 1985 gab die Klägerin eine Anzeige in der Rheinischen Post auf, in der die Klägerin Kontakt Y einem Partner suchte. Mit Schreiben vom 15.06.1986 antwortete der Beklagte der Klägerin und führte u.a. aus:</b></p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px"><b>"Beruflich engagiere ich mich als Richter am Familiengericht und ordne mich der neuen Richtergeneration Y. Das besagt, daß ich kein sturer Paragraphenhengst bin, sondern die Rechtsprechung mit jedem einzelnen Fall neu auszulegen und anzuwenden versuche."</b></p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks"><b>Auch dann, als sich die Parteien näher kennen lernten, stellte sich der Beklagte der Klägerin immer wieder als Familienrichter vor. Tatsächlich aber hatte der Beklagte ohne Examina Jura studiert. Ob sich der Beklagte auch im Bekanntenkreis der Klägerin als Familienrichter vorgestellt hat, ist zwischen den Parteien streitig.</b></p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks"><b>Am 0 heirateten die Parteien. Y diesem Zeitpunkt ging die Klägerin immer noch davon aus, daß der Beklagte als Familienrichter tätig sei, zumal er der Klägerin, wenn er das Haus verließ, immer wieder sagte, daß er zum Gericht ging.</b></p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks"><b>Diesen Irrtum hielt der Beklagte bis zum 14.08.1986 aufrecht. Durch dritte Personen erfuhr die Klägerin schließlich, daß der Beklagte kaufmännischer Angestellter ist und kein Richter. Y diesem Zeitpunkt verließ die Klägerin die eheliche Wohnung.</b></p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks"><b>Die Klägerin trägt vor, daß sie sich vom Beklagten getäuscht sieht auf Grund des Doppelspiels während der Ehe und beantragt,</b></p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px"><b>die am 0 vor dem Standesbeamten in L, Heiratseintrag-Nr. 0 geschlossene Ehe der Parteien aufzuheben, hilfsweise die Ehe der Parteien Y scheiden.</b></p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks"><b>Der Beklagte beantragt ebenfalls,</b></p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px"><b>die am 0 vor dem Standesbeamten in L, Heiratseintrag-Nr. 0 geschlossene Ehe der Parteien aufzuheben, hilfsweise die Ehe der Parteien Y scheiden.</b></p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks"><b>Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Y den Akten gereichten Schriftsätze Bezug genommen.<u>Entscheidungsgründe</u></b></p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks"><b>Die Aufhebungsklage ist zulässig.</b></p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks"><b>Die Aufhebungsklage ist in der Einjahresfrist des § 35 Abs. 1 EheG erhoben.</b></p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks"><b>Gem. § 35 Abs. 2 EheG beginnt die Frist in den Fällen der §§ 31 - 33 EheG mit dem Zeitpunkt, in welchem der Ehegatte den Irrtum aufdeckt. Im vorliegenden Fall ist unstreitig, daß die Klägerin am 14.08.1986, dem Tage des Auszuges aus der ehelichen Wohnung, den wahren Beruf des Beklagten erfuhr. Die Frist des § 35 Abs. 1 EheG begann daher mit dem 14.08.1986 Y laufen. Die Klage ist aber schon am 03.10.1986 bei Gericht eingegangen.</b></p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks"><b>Die Aufhebungsklage ist auch begründet.</b></p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks"><b>Gem. § 32 Abs. 1 EheG kann ein Ehegatte die Aufhebung der Ehe begehren, wenn er sich bei der Eheschließung über solche persönlichen Eigenschaften des anderen Ehegatten geirrt hat, die ihm bei Kenntnis der Sachlage und verständiger Würdigung des Wesens der Ehe von der Eingehung der Ehe abgehalten haben würden. Dabei geht das Gericht davon aus, daß der Irrtum für die Ehe zumindest mit ursächlich gewesen sein muß.</b></p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks"><b>Der Irrtum muß sich entsprechend § 119 Abs. 2 BGB auf persönliche Eigenschaften des anderen Ehegatten beziehen, das sind solche, die einer Person nicht nur mehr oder minder vorübergehend und zufällig, sondern so wesentlich zukommen, daß sie als Ausfluß und Bestätigung ihres eigentlichen Wesens, als integrierender Bestandteil ihrer Identität erscheinen (s. Palandt § 32 EheG Anm. 2, 46. Auflage).</b></p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks"><b>Der Beklagte hat sich der Klägerin unstreitig als Familienrichter vorgestellt. Diesen Irrtum bei der Klägerin hielt der Beklagte während der gesamten Zeit ihres Kennenlernens bis zum Zeitpunkt der Eheschließlung am 07.05.1986 aufrecht. In ihrer Parteivernehmung im Termin vom 16.12.1986 hat die Klägerin bekundet, daß sie den Beklagten zum damaligen Zeitpunkt, nämlich am 0 nicht geheiratet hätte, wenn sie von seinem wahren Beruf gewußt hätte. Möglicherweise hätte sie ihn später geheiratet, aber eine Heirat zum 0 schloß die Klägerin auf jeden Fall aus.</b></p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks"><b>Zwar ist in der Literatur anerkannt, daß der Irrtum über den Beruf kein Aufhebungsgrund im Sinne des § 32 EheG darstellt (s. Palandt a.a.O. § 32 Anm. 2 a). Ob demgegenüber der Beruf als persönliche Eigenschaft im Sinne des § 32 EheG von Seiten des Gerichts angenommen wird, bedarf keiner abschließenden Erörterung. Jedenfalls ist die in dem Vorspiegeln eines falschen Berufs und dem Verschweigen des wahren Berufs zum Ausdruck kommende Unwahrhaftigkeit des Beklagten so gravierend, daß hier von einer persönlichen Eigenschaft des Beklagten gesprochen werden muß. Wer seine zukünftige Ehe auf eine solche erhebliche Lebenslüge gründet, kann nicht von dem Ehepartner erwarten, daß dieser diesen Umstand ohne weiteres hinnimmt. Entscheidend ist letztendlich für die Klägerin gewesen, daß der Beklagte seinen wahren Beruf nicht offenbart hat, sondern an der einmal begonnenen Lüge auch nach der Eheschließung festgehalten hat. Daß möglicherweise die Klägerin auch von einem höheren Einkommen mit dem eines Angestellten und von einem gewissen Sozialstatus ausgegangen ist, ist für die hier Y entscheidene Frage ohne Bedeutung.</b></p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks"><b>Ein Ausschluß der Aufhebung gem. § 32 Abs. 2 EheG. liegt nicht vor, da die Klägerin bis Kenntnis des wahren Berufs des Beklagten die Trennung vollzogen und die eheliche Wohnung verlassen hat.</b></p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks"><b>III.</b></p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks"><b>Aber auch § 33 Abs. 1 EheG stützt den Aufhebungsantrag der Klägerin. Danach kann ein Ehegatte die Aufhebung der Ehe begehren, wenn er zur Eingehung der Ehe durch arglistige Täuschung über solche Umstände bestimmt worden ist, die ihm bei Kenntnis der Sachlage und richtiger Würdigung des Wesens der Ehe vor der Eingehung der Ehe abgehalten hätten. Es ist der Klägerin darin Y folgen, daß sie durch die Täuschung über den Beruf des Ehemannes zur Eingehung der Ehe verleitet worden ist. Wie oben unter Ziff. II ausgeführt, hatte sich der Beklagte der Klägerin als Familienrichter vorgestellt.</b></p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks"><b>Dieses entsprach, wie die Klägerin nach der Eheschließung erfuhr, nicht den Tatsachen. Es war, jedenfalls zum Zeitpunkt der Eheschließung am 0, für die Klägerin ein Unterschied, einen Richter in entsprechend gesicherter Stellung oder einen Angestellten Y heiraten, der zudem unstreitig, noch über 20.000,-- DM Schulden hatte. Zwar läßt sich heute nicht mehr auf einen entsprechenden Sozialstatus abstellen (so noch KG in JW 1930, Seite 74/75). Dennoch läßt sich aus einer heutigen Ehe nicht ganz eine gewisse Berufserwartung des jeweiligen Ehepartners wegdenken.</b></p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks"><b>Die Täuschung hatte der Beklagte unstreitig auch vorsorglich bewirkt, indem er die Klägerin bis nach der Eheschließung über den wahren Beruf im Unklaren ließ.</b></p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks"><b>Eine Täuschung gem. § 33 Abs. 3 EheG allein über die Vermögensverhältnisse stellt dies nicht dar, da die Klägerin selbst in durchaus gesicherten Verhältnissen als Arztsekretärin lebt.</b></p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks"><b>Nach alledem war die Ehe aufzuheben.</b></p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks"><b>IV.</b></p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks"><b>Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 93 a Abs. 3 ZPO.</b></p>
|
315,502 | olgham-1986-12-29-20-u-33486 | {
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"jurisdiction": null,
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} | 20 U 334/86 | "1986-12-29T00:00:00" | "2019-03-13T14:57:27" | "2019-03-27T09:42:57" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1986:1229.20U334.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>wird der Antrag des Klägers, ihm für die Berufung gegen das am 12. September 1986 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Essen Prozeßkostenhilfe zu bewilligen, zurückgewiesen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Kläger verlangt aus seiner bei der Beklagten bestehenden Unfallversicherung eine Teilinvaliditätsentschädigung wegen eines bei einem Fußballspiel am 13. September 1981 erlittenen Beinbruchs, der eine dauernde Beeinträchtigung der Gebrauchsfähigkeit seines rechten Beins zur Folge hatte. Der Anspruch ist dem Grunde nach unstreitig, die Parteien streiten über die Höhe der Invaliditätsentschädigung.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte, die ihre Leistungspflicht dem Grunde nach nicht in Abrede stellte, leistete an den Kläger Teilzahlungen und machte im übrigen von ihrem Recht aus §13 Abs. 3 a AUB Gebrauch, den Grad der dauernden Arbeitsunfähigkeit während der ersten zwei Jahre nach Abschluß der ärztlichen Behandlung jährlich neu feststellen zu lassen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">So ließ sie den Kläger 1983 durch den Direktor der ... untersuchen, der darüber unter dem 5. Juli 1983 ein schriftliches Gutachten erstellte, in welchem er zu dem Ergebnis kam, das rechte Bein des Klägers sei in seiner Gebrauchsfähigkeit zur Zeit um 1/4 beeinträchtigt.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Hieraus errechnete sich auf der Grundlage der sog. Gliedertaxe eine Invaliditätsentschädigung in Höhe von 30.100,- DM. Diesen Betrag verzinste die Beklagte gem. §13 Abs. 3 b AUB unter Berücksichtigung weiterer Teilzahlungen und ließ den Kläger 1984 durch den Facharzt für Orthopädie ... in ... erneut untersuchen. Dieser kam in seinem Gutachten vom 2. Oktober 1984 zu dem Ergebnis, daß die Beeinträchtigung des rechten Beins im Zeitpunkt seiner Untersuchung (27. September 1984) höchstens noch 1/7 betragen habe.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Hieraus errechnet sich eine Invaliditätsentschädigung in Höhe von 17.200,- DM. Die Beklagte, die diesen Betrag zwischenzeitlich an den Kläger bezahlt hatte, lehnte daher weitere Zahlungen ab. Der Kläger, der der Auffassung ist, die Beeinträchtigung betrage weiterhin mindestens 1/4 hat die Beklagte auf Zahlung einer weiteren Entschädigung in Höhe von mindestens 12.900,- DM, hilfsweise auf Feststellung ihrer Deckungspflicht in Anspruch genommen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat ein schriftliches Gutachten des Leiters der orthopädischen Klinik des ... in ..., eingeholt. Der Sachverständige ist zu dem Ergebnis gekommen, die Gebrauchsfähigkeit des rechten Beines des Klägers sei um 1/10 gemindert, die in dem Gutachten von ... beschriebenen Befunde ergäben auch nach seiner - des Sachverständigen - Überzeugung für September 1984 eine geringere Beeinträchtigung als 1/4.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat daraufhin die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Kläger habe von der Beklagten bereits mehr erhalten, als ihm als Entschädigung zustehe.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, der sein Klageziel in vollem Umfang weiterverfolgen will und dafür um Bewilligung von Prozeßkostenhilfe nachsucht.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger kann Prozeßkostenhilfe nicht bewilligt werden, weil seine Berufung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§§114, 119 Abs. 1 S. 1 ZPO).</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">1.)</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen läßt Fehler in der Tatsachenfeststellung oder in deren medizinischer Bewertung nicht erkennen. Solche Fehler werden auch von der Berufung nicht aufgezeigt. Der Kläger scheint auch nicht in Abrede stellen zu wollen, daß das Ergebnis des Gutachtens für den Zeitpunkt der Begutachtung (10. Dezember 1985) zutreffend ist, denn er wendet lediglich ein, der Sachverständige habe die Frage nach dem Grad der Beeinträchtigung im September 1984 nicht hinreichend beantwortet.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Daran ist richtig, daß das Gutachten insoweit lediglich ausführt, daß der Grad der Beeinträchtigung weniger als 1/4 betragen habe, ohne jedoch einen bestimmten Bruchteil festzusetzen. Darauf wird es jedoch für die Entscheidung voraussichtlich auch nicht ankommen können.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Zahlung einer Invaliditätsentschädigung setzt nach §8 II 1 AUB eine dauernde Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit voraus. Dazu ist die Feststellung erforderlich, daß es sich um eine Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit handelt, deren Dauer nicht mit einiger Bestimmtheit abgesehen werden kann, wobei üblicherweise - auch nach der Rechtsprechung des Senats - ein überschaubarer Zeitraum von etwa 3 Jahren zugrundezulegen ist (vgl. hierzu Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 23. Aufl. 1984, §8 AUB Anm. 4). Diese Feststellung erfordert eine Prognose, also eine vorausschauende Betrachtung, die zu dem Ergebnis führen muß, daß der Versicherungsnehmer innerhalb der nächsten 3 Jahre voraussichtlich nicht oder nicht in vollem Umfang arbeitsfähig sein wird. Es liegt jedoch in der Natur einer solchen vorausschauenden Betrachtung, daß sie sich nachträglich als unzutreffend herausstellen kann. Das kann bei der gerichtlichen Entscheidung, die auf den Kenntnisstand im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen hat, nicht unberücksichtigt bleiben. Es ist daher möglich, daß ein medizinischer Gutachter auf der Grundlage der ihm bekannten Tatsachen zu dem richtigen Ergebnis kommt, die Arbeitsfähigkeit des Versicherungsnehmers sei bis auf weiteres zu einem bestimmten Prozentsatz beeinträchtigt, daß sich dann später im gerichtlichen Verfahren bei einer weiteren Begutachtung aber zeigt, daß sich der Gesundheitszustand des Versicherungsnehmers deutlich gebessert hat und daher eine geringere oder gar keine Arbeitsunfähigkeit mehr anzunehmen ist.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Nicht anders wird der vorliegende Fall voraussichtlich zu beurteilen sein. Es kommt nicht darauf an, wie die Arbeitsunfähigkeit des Klägers im September 1984 zu bewerten war, sondern ob sie voraussichtlich auf Dauer zu mehr als 1/7 beeinträchtigt ist. Diese Feststellung ist nach dem vorliegenden gerichtlichen Gutachten nicht möglich.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">2.)</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Berufung meint, das Landgericht hätte den ersten Gutachter, ..., entsprechend seiner - des Klägers - Anregung hören müssen, um zu klären "wie es dazu kommen könne, daß aus einer Einschränkung der Gebrauchsfähigkeit des Beines um 1/4 am 5. Juli 1983 jetzt eine Beeinträchtigung von nur 1/10 geworden sei". Der Kläger sieht in der unterlassenen Anhörung dieses Gutachters einen Verfahrensfehler.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Auch damit wird die Berufung voraussichtlich keinen Erfolg haben können. Die unterschiedlichen Bewertungen der inzwischen vorliegenden drei Sachverständigengutachten erklären sich nämlich mit großer Wahrscheinlichkeit allein dadurch, daß sich die Gebrauchsfähigkeit des rechten Beins des Klägers im Laufe der Zeit deutlich gebessert hat. Das klingt auch in dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen an, wenn dort auf S. 13 ausgeführt wird, "gegenüber den Vorgutachten (sei) bei der jetzigen Untersuchung die Muskelminderung nahezu ausgeglichen".</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Dem entspricht es, daß der von der Beklagten beauftragte zweite Sachverständige, ..., in seinem Gutachten vom 2. Oktober 1984 auf S. 7 ausgeführt hat, "die im Vorgutachten vom 5. Juli 1983 noch deutliche Einschränkung des oberen Sprunggelenkes (habe) sich ... gebessert ...". Auch dies läßt eine Besserung des Gesundheitszustands des Klägers erkennen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Notwendigkeit der Vernehmung des ersten Gutachters, ... bestand und besteht daher nicht. Sie läßt sich auch nicht daraus herleiten, daß ... einen "Dauerzustand" attestiert habe, was mit den späteren Gutachten nicht vereinbar sei. Denn die Feststellung eines Dauerzustandes bezieht sich nicht auf den Grad der Beeinträchtigung. Diesen hat ... ausdrücklich mit "zur Zeit" 1/4 angegeben. Dies schließt die Möglichkeit einer Veränderung, auch Verbesserung des Beeinträchtigungsgrades ein. Der Hinweis auf einen Dauerzustand betrifft daher den Grund und nicht den Grad der Beeinträchtigung.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">3.)</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die Berufung meint, das Landgericht hätte als gerichtlichen Sachverständigen ... beauftragen müssen. Sie leitet dies aus §§12, 13 AUB her, denen sie entnehmen will, daß zur Feststellung des Grades einer Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit stets derselbe Sachverständige beauftragt, werden müsse. Auch damit wird die Berufung voraussichtlich keinen Erfolg haben können.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">In diesem Zusammenhang kann offenbleiben, ob die Ansicht des Klägers zutreffend ist, daß stets derselbe Sachverständige zu beauftragen sei. Denn dies könnte allenfalls den Versicherer, nicht aber das Gericht binden. Das Gericht ist in der Auswahl des Sachverständigen frei und wird aus naheliegenden Gründen in der Regel keinen Sachverständigen beauftragen, der bereits für eine der Prozeßparteien tätig geworden ist. Ein Verfahrensfehler liegt in der Beauftragung eines weiteren, mit der Sache bislang nicht befaßten Sachverständigen jedenfalls nicht.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">4.)</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Der Kläger meint, die von der Beklagten veranlaßte, auf §13 Abs. 3 a AUB gestützte zweite Begutachtung im Jahre 1984 sei fehlerhaft, weil die Beklagte einen anderen Sachverständigen und nicht ... beauftragt habe und weil sie den Gutachtenauftrag erst am 24. August 1984 und damit so spät erteilt habe, daß die Untersuchung und das Gutachten nicht mehr innerhalb der Frist von 3 Jahren ab dem Unfalltag hätten durchgeführt bzw. vorgelegt werden können.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Ob dieser Rechtsansicht zu folgen ist, wird keiner Entscheidung bedürfen. Denn selbst wenn die zweite Begutachtung fehlerhaft bzw. verspätet gewesen sein sollte, würde daraus entgegen der Auffassung des Klägers nicht die Verbindlichkeit des ersten Gutachtens von ... folgen. Vielmehr bliebe dann die Frage streitig, ob die von ... angenommene Beeinträchtigung um 1/4 richtig sei oder nicht. Das aber ist eine Meinungsverschiedenheit im Sinne von §12 I 1 AUB, die entweder durch Herbeiführung einer Entscheidung des Ärzteausschusses (§12 I 2 S. 1 AUB) oder durch eine gerichtliche Entscheidung (§12 I 2 S. 2 AUB) zu klären ist. Von der zweiten Möglichkeit hat der Kläger Gebrauch gemacht, nachdem die Beklagte die von ihm für richtig gehaltene Leistung mit Schreiben vom 4. Oktober 1984 abgelehnt hatte.</p>
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315,503 | olgham-1986-12-22-15-sbd-1986 | {
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"slug": "olgham",
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"state": 12,
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"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 15 Sbd 19/86 | "1986-12-22T00:00:00" | "2019-03-13T14:57:28" | "2019-03-27T09:42:57" | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1986:1222.15SBD19.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Das Amtsgericht - Grundbuchamt - Stolzenau/Weser ist örtlich zuständig für die weitere Führung des Grundbuchs über das eingangs bezeichnete Grundstück.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Gründe:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Landwirt XXX aus XXX Nr. XXX (Kreis XXX) erwarb das eingangs bezeichnete Grundstück in der Größe von 93,92 ar auf Grund des notariellen Vertrages vom 14. Februar 1951 von dem Landwirt XXX aus XXX</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Nr. XXX . Das Grundstück war damals eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts XXX von XXX Band XXX Blatt XXX später in Band XXX Blatt XXX A. </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Offenbar mit Rücksicht darauf, daß der übrige - landwirtschaftliche - Besitz des Erwerbers im Grundbuch von XXX (jetzt XXX) eingetragen war, erklärte sich das Grundbuchamt auf Anfrage des Grundbuchamts XXX unter dem 12.12.1953 bereit, das erwähnte Grundstück zum Grundbuch von XXX Band XXX Blatt XXX zu übernehmen. Das Grundstück wurde daraufhin aus dem Grundbuch von XXX ausgebucht und im Grundbuch des damaligen Amtsgerichts XXX von XXX Band XXX Blatt XXX unter der laufenden Nr. XXX des Bestandsverzeichnisses eingetragen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Bei Anlegung des Loseblatt-Grundbuchs wurde das Grundbuch von XXX Band XXX Blatt XXX geschlossen und das erwähnte Grundstück in das Grundbuch von XXX Blatt XXX übernommen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">An die Stelle des Amtsgerichts XXX, das aufgelöst wurde, trat später das Amtsgericht XXX. </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Eigentümerin des Grundstücks ist nunmehr die Ehefrau XXX, geb. XXX, wohnhaft in XXX, die es als Erbin ihres Vaters XXX erworben hat.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Rechtspfleger des Grundbuchsamts XXX hat im Juni 1986 den Landwirtschaftsrichter des dortigen Gerichts um Prüfung und Mitteilung gebeten, ob der im Grundbuch von XXX Blatt XXX eingetragene Grundbesitz einen Hof im Sinne der Höfeordnung darstelle. Auf Grund der dazu erteilten Auskunft und einer Mitteilung des Finanzamts XXX vom 24.06.1986, wonach der Einheitswert des im Grundbuch von XXX Blatt XXX eingetragenen Grundbesitzes 43.400,-- DM und der Wirtschaftswert 5.825,-- DM beträgt, hat der Rechtspfleger des Grundbuchamts XXX durch Verfügung vom 27. August 1986 die Wiederaufhebung der Zusammenschreibung des in Rede stehenden Grundstücks mit dem übrigen Grundbesitz der jetzigen Eigentümerin gemäß § 25 Abs. 3 a der Grundbuchverfügung (künftig: GBVfg) eingeleitet und das Amtsgericht - Grundbuchamt - XXX ersucht, das Grundstück wieder im dortigen Grundbuch zu buchen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Das ersuchte Grundbuchamt hat die Übernahme des Grundstücks abgelehnt, weil die Voraussetzungen dafür seiner Auffassung nach nicht gegeben seien.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Unter dem 7. November 1986 hat daraufhin das Amtsgericht XXX die Sache dem Senat vorgelegt zur Entscheidung über die örtliche Zuständigkeit für die Führung des Grundbuchs über das in Rede stehende Grundstück.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat der Grundstückseigentümerin Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben; eine Stellungnahme ist nicht abgegeben worden.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Dem Senat haben außer den Grundakten von XXX Blatt XXX die Akten des Amtsgerichts XXX - Landwirtschaftsgericht - 18 LwH 57/86 und die Grundakten des Amtsgerichts von XXX Band XXX Blatt XXX, in denen das übertragene Grundstück ursprünglich verzeichnet war, vorgelegen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks"><b>1)</b></p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der Senat ist zur Entscheidung über die Vorlage des Amtsgerichts Minden berufen. Das ergibt sich aus § 4 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 GBO in Verbindung mit § 5 FGG. Da das Amtsgericht XXX zum Bezirk des Oberlandesgerichts gehört, wäre an sich der Bundesgerichtshof als das gemeinschaftliche obere Gericht zur Entscheidung berufen. An dessen Stelle tritt aber der Senat, weil das in seinem Bezirk liegende Amtsgericht XXX hier zuerst mit der Sache befaßt worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Allerdings regelt § 4 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 GBO unmittelbar nur den Fall, daß mehrere, bei verschiedenen Grundbuchämtern gebuchte Grundstücke zusammengeschrieben werden sollen; es sind dann also von vornherein mehrere Grundbuchämter beteiligt. Da aber eine bereits erfolgte Zusammenschreibung mehrerer Grundstücke anerkanntermaßen nachträglich wieder aufgehoben werden kann, wenn ihre Voraussetzungen weggefallen sind oder gar von Anfang an nicht vorgelegen haben, bedarf es einer Zuständigkeitsbestimmung in diesen Fällen dann, wenn - wie hier - ein Grundbuchamt ein bei ihm gebuchtes Grundstück an ein anderes Grundbuchamt "abgeben" (ausbuchen) will, das andere Grundbuchamt aber dieses Grundstück nicht in sein Grundbuch übernehmen will.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Notwendigkeit einer Zuständigkeitsbestimmung in derartigen Fällen wird auch nicht dadurch ausgeräumt, daß der Eigentümer des in Rede stehenden Grundstücks Beschwerde und ggf. weitere Beschwerde gegen die "Abgabe" (Ausbuchung) durch das bisherige Grundbuchamt einlegen kann (Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann, Grundbuchrecht 3. Aufl., - künftig KEHE - § 4 GBO Rn. 5 und 7; Haegele/Schöner/Stöber, Grundbuchrecht 8. Aufl., Rn. 568 und 569, mit weiteren Nachweisen). Abgesehen davon, ob die in dem Rechtszuge ergehende Entscheidung bindend ist für dasjenige Grundbuchamt, welches die künftige Führung des Grundbuchs übernehmen soll, besteht ein Bedürfnis für die Zuständigkeitsbestimmung jedenfalls dann, wenn der Grundstückseigentümer - wie hier - das ihm mögliche Beschwerdeverfahren gar nicht betreibt.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks"><b>2)</b></p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">In der Sache selbst war im vorliegenden Falle das Amtsgericht - Grundbuchamt - XXX als örtlich zuständig für die weitere Führung des Grundbuchs über das in Rede stehende Grundstück zu bestimmen. Die Voraussetzungen für die Zusammenschreibung nach § 4 Abs. 2 BGO haben nämlich von Anfang an ersichtlich nicht vorgelegen und sind auch später nicht eingetreten.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Über mehrere Grundstücke desselben Eigentümers, deren Grundbücher von verschiedenen Grundbuchämtern geführt werden, kann nach § 4 Abs. 2 BGO ein gemeinschaftliches Grundbuchblatt geführt werden, wenn die Grundstücke zu einer Reichsheimstätte, einem Erbhof oder einem Familienfideikommiß gehören oder in ähnlicher Weise rechtlich miteinander verbunden sind (z.B. Waldgut, Schutzforst). In diesen Fällen ist, wenn es sich um eine Reichsheimstätte oder einen Erbhof handelt, das Grundbuchamt zuständig, welches das Grundbuch über die Hofstelle führt, im übrigen ist das zuständige Grundbuchamt nach § 5 FGG zu bestimmen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Mit dieser Vorschrift wird die durch Abs. 1 des § 4 GBO gegebene Möglichkeit der Zusammenschreibung mehrerer Grundstücke desselben Eigentümers für Grundstücke, die in bestimmter Weise rechtlich miteinander verbunden sind, erweitert auf Grundstücke, deren Grundbücher von verschiedenen Grundbuchämtern geführt werden. Die hiernach erforderliche rechtliche Verbundenheit setzt eine durch Sonderrecht (z.B. Heimstätten- oder Höferecht) gebundene Wirtschaftseinheit voraus, deren Grundstücke sachenrechtlichen Sondervorschriften unterliegen (zumeist besonderen Beschränkungen hinsichtlich ihrer Veräußerung, Übertragung, Vererbung und Belastung). Es soll möglichst sichergestellt bleiben, daß nicht die sich aus diesen Beschränkungen ergebenden Fragen bei derselben durch Sonderrecht verbundenen Wirtschaftseinheit von verschiedenen Grundbuchämtern verschieden beurteilt werden. Als Sondervorschrift ist § 4 Abs. 2 GBO auf andere als die genannten besonderen Wirtschaftseinheiten nicht ausdehnend anzuwenden. Eine Zusammenschreibung auf einem Grundbuchblatt ist bei der Zuständigkeit verschiedener Grundbuchämter daher nicht schon dann zulässig, wenn nach dem Willen des Eigentümers eine lange Dauer einer sonstigen Zusammengehörigkeit gewährleistet erscheint oder wenn die Grundstücke mit Gesamtrechten belastet sind oder werden sollen. Insbesondere fallen landwirtschaftliche Anwesen, die nicht einem landesrechtlichen Höfe- oder Anerbenrecht unterliegen, nicht unter diese Bestimmungen (allgemeine Ansicht, vgl. z.B. KEHE, § 4 GBO, Rn. 8 und 9; Haegele/Schöner/Stöber, a.a.O., Rn. 570; Horber/Demharter, GBO, 17. Aufl., § 4 Anm. 7, mit weiteren Nachweisen).</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Im vorliegenden Falle ist nichts dafür ersichtlich, daß eine dieser Voraussetzungen bei der Zusammenschreibung des in Rede stehenden Grundstücks mit dem damaligen übrigen Grundbesitz des Erwerbers XXX vorgelegen hat. Aus den vom Senat beigezogenen Grundakten geht insbesondere nicht hervor, daß es sich bei der landwirtschaftlichen Besitzung seinerzeit oder später um einen Hof im Sinne der Höfeordnung gehandelt hätte. Vielmehr ergibt sich aus den Akten des Landwirtschaftsgerichts XXX 18 LwH 57/86, daß der landwirtschaftliche Grundbesitz - für den zu keiner Zeit ein Hofvermerk nach § 1 der HöfeO eingetragen war - am 24.06.1986 einen Wirtschaftswert von nur 5.825,-- DM hatte und damit nach § 1 Abs. 1 der Höfeordnung kein Hof im Sinne dieses Gesetzes sein kann.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Auch eine sonstige rechtliche Verbundenheit der Grundstücke im Sinne des § 4 Abs. 2 GBO ist nicht erkennbar.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Nach einhelliger Ansicht in Rechtsprechung und Schrifttum ist die Zusammenschreibung mehrerer Grundstücke von Amts wegen wieder aufzuheben, wenn ihre Voraussetzungen nicht vorgelegen haben oder nachträglich weggefallen sind (KEHE, § 4 GBO Rn. 6 und 7; Haegele/Schöner/Stöber, a.a.O., Rn. 569; Horber/Demharter, a.a.O., Anm. 4; Meikel/Böttcher, Grundbuchrecht, 7. Aufl., Rn. 44 und 21 ff; mit weiteren Nachweisen). Da es sich hier so verhält, hat das Grundbuchamt XXX zutreffend die Wiederaufhebung der Zusammenschreibung in die Wege geleitet und das dafür geregelte Verfahren nach § 25 Abs. 3 a und 4 der GBVfg. eingehalten. Dabei ist in dem Vermerk über die Abschreibung des Grundstücks die Bezeichnung des Blattes, auf das das Grundstück übertragen wird, zunächst offengelassen worden; sie ist auf Grund einer von dem nunmehr zuständigen Grundbuchamt zu machenden Mitteilung nachzutragen.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Der Wiederaufhebung der Zusammenschreibung steht auch nicht entgegen, daß die bisherige Grundbuchlage über 30 Jahre lang unbeanstandet bestanden hat. Da es nach den angeführten gesetzlichen Bestimmungen nicht im Ermessen des Grundbuchamts steht, eine Zusammenschreibung außerhalb der engen Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 BGO aus bloßen Zweckmäßigkeitsgründen sonstiger Art vorzunehmen, können derartige Gründe es auch nicht rechtfertigen, von einer an sich gebotenen Wiederaufhebung Abstand zu nehmen.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Soweit vom früheren Kammergericht in einer Entscheidung (KGJ 50, A 127 ff) im Rahmen des § 4 GBO Zweckmäßigkeitsgründe als beachtlich angesehen worden sind, hat das Kammergericht nur entschieden, daß derartige Gründe zusätzlich zu den Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 GBO eine <u>Wiederaufhebung</u> der Zusammenschreibung rechtfertigen können. Für eine gegenteilige Bedeutung von Zweckmäßigkeitserwägungen läßt sich daraus nichts herleiten.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Der Senat mußte demnach auf die Vorlage des Grundbuchamts XXX bestimmen, daß das Amtsgericht - Grundbuchamt XXX örtlich zuständig ist für die weitere Führung des Grundbuchs über das eingangs bezeichnete Grundstück.</p>
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315,504 | olgk-1986-12-19-6-u-14186 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 6 U 141/86 | "1986-12-19T00:00:00" | "2019-03-13T14:57:30" | "2019-03-27T09:42:57" | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1986:1219.6U141.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Antragsgegners wird das am 10. Juni 1986 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 81 O 51/86 - abgeändert.</p>
<p>Die einstweilige Verfügung vom 10. April 1986 wird aufgehoben und der auf ihren Erlaß gerichtete Antrag zurückgewiesen.</p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Antragstellerin.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Entscheidungsgründe:</span></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin erwirkte unter dem 10. April 1986 eine Unterlassungsverfügung gegen den Antragsgegner, die diesem untersagte, „…im geschäftlichen Verkehr...folgende Erklärungen ...“ abzugeben:-Es folgten sodann das Rundschreiben des Antragsgegners vom 03.04.1984 als Seite 2 und 3 dieser Beschlußverfügung. Seite 4 und 5 waren die Anlagen zu diesem Rundschreiben, während Seite 6 die Kostenentscheidung, den Streitwert, das Datum der Verfügung und die Unterschrift enthielten -.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Dem Antragsgegner wurde am 14. April 1986 ein Exemplar der Beschlußverfügung im Parteibetrieb zugestellt, das die Seite 2 des Rundschreibens vom 03.04.1986 nicht enthielt. Sein Verfahrensbevollmächtigter erster Instanz hatte die Gerichtsakten dann vom 15.4.1986 bis 2.5.1986 zur Einsichtnahme in seiner Kanzlei. In der Verhandlung vor dem Landgericht hat der Antragsgegner Mängel der Zustellung nicht gerügt. Auf die seiner Ansicht nach mangelhafte Zustellung stützt der Antragsgegner nunmehr seine Berufung gegen das landgerichtliche Urteil,</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">das die einstweilige Verfügung vom 10.April 1986 bestätigt hat.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin tritt der Berufung mit dem Antrag auf Zurückweisung entgegen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die formell unbedenkliche Berufung ist auch sachlich begründet.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Beschlußverfügung des Landgerichts Köln vom 10. April 1986 ist - ohne Rücksicht auf ihre sachliche Rechtfertigung aufzuheben (§§ 927, 936 ZPO), weil die Antragstellerin die Vollziehungsfrist nicht gewahrt hat. Nach §§ 929 Abs. 2, 936 ZPO sind einstweilige Verfügungen innerhalb eines Monats seit ihrer Verkündung zuzustellen, andernfalls sie derAufhebung gemäß § 927 ZPO unterliegen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die am 14.04.1986 vom Gerichtsvollzieher innerhalb der Monatsfrist des § 929 Abs.2 ZPO vorgenommene Zustellung war unwirksam, weil die Seite 2 des mit der Verfügung verbotenen Rundschreibens des Antragsgegners vom 03.04.1986, das wesentlicher inhaltlicher Bestandteil der Beschlußverfügung ist, nicht zugestellt wurde.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Nach fast einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur erfordert die Vollziehung einer Beschlußverfügung auf Unterlassung die Zustellung einer Ausfertigung durch den Antragsteller an den Antragsgegner (vgl. OLG Köln WRP 1979, 819; OLG Frankfurt OLGZ 1982, 346 f. m. N.; Baumbach-Hartmann, ZPO, § 929 Anm. 2 B m. N. - einschränkend OLG Hamburg WRP 1980, 341).</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Dabei ist grundsätzlich die gerichtliche Entscheidung in der ergangenen Form Gegenstand der Zustellung (Mellulis, Wettbewerbsrechtliche Prozeßpraxis,1985, Seite 51 m. N.). An einer solchen Zustellung im Parteibetrieb fehlt es vorliegend, da dem Antragsgegner keine vollständige Ausfertigung der Beschlußverfügung übermittelt und ihm deren Inhalt inhaltlich nicht einwandfrei bekanntgegeben worden ist (vgl. Pastor, Der Wettbewerbsprozeß, Seite 439; OLG Frankfurt WRP 1974, 346; OLG Koblenz WRP 1983, 40 f. = GRUR 1982, 571/572). Die notwendige Vollziehung bezieht sich auf die vollständige gerichtliche Entscheidung. Da das gerichtliche Erkenntnis zur Beschreibung des Verbots und des Umfangs der Unterlassungsverpflichtung ausdrücklich das Rundschreiben des Antragsgegners vom 03.04.1986 vollständig in den Unterlassungstenor einbezogen, es zu dessen Bestandteil gemacht hat, war eine Zustellung auch der Seite 2 des Rundschreibens geboten. Aus dem ihm zugestellten Exemplar der Beschlußverfügung erlangte der Antragsgegner keine zuverlässige Kenntnis darüber, was er zu unterlassen hatte. Die Zustellung auch von Seite 2 war entscheidend für Inhalt und Umfang der einstweiligen Verfügung, zumal sich der Verfügungsantrag vom 9.10.1986 auf Behauptungen in diesem Rundschreiben bezogen hatte, die die Passagen des letzten Absatzes auf Seite 1 und des ersten Absatzes auf Seite 2 betrafen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Ob etwas anderes gilt, wenn das gerichtliche Gebot gleichwohl aus sich heraus verständlich ist, fier seine Auslegung keine Zweifel bestehen und offenkundig ist, daß der Gläubiger von diesem Unterlassungsgebot zur vorläufigen Sicherung Gebrauch macht und er alles in seiner Macht Stehende getan hat, um eine wirksame Zustellung zustandezubringen (vgl. OLG Düsseldorf GRUR 1984, 78 m. N.), kann hier dahinstehen. Der Antragsgegner konnte nämlich der unvollständigen Zustellung nicht mit der erforderlichen Klarheit entnehmen, daß ihm auch Behauptungen auf der 2. Seite seines - ihm an sich bekannten - Rundschreibens untersagt worden waren. Er konnte insbesondere annehmen, daß die Antragstellerin entweder die 2. Seite seines Rundschreibens bewußt wegen seiner dort wiedergegebenen Erklärungen nicht dem Gericht mitvorgelegt oder daß das Gericht dem Unterlassungsbegehren nur teilweise entsprochen hatte.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Bei dieser Sachlage erscheint es auch nicht gerechtfertigt, die innerhalb der Vollziehungsfrist durchgeführte unvollständige Zustellung als ausreichende teilweise Vollziehung anzusehen. Zwar hat die Antragstellerin durch die Zustellung des (unvollständigen) Beschlusses für den Antragsgegner bekundet, daß sie auf der Verfolgung des vom Gericht erlassenen Verbots bestehe und hiermit von der einstweiligen Verfügung Gebrauch mache. Dem Sinn und Zweck der Vollziehungsfrist ist damit jedoch nicht hinreichend Rechnung getragen. Die Beschlußverfügung vom 10.04.1986 läßt nach ihrem Inhalt und Zweck eine teilweise Vollziehung nicht zu. Eine solche war von der Antragstellerin auch nicht gewollt.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Eine Heilung des Zustellungsmangels scheidet aus.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Nach § 187 Satz 1 ZPO kann eine nicht nachweisbar formgerechte oder eine unwirksame Zustellung in dem Zeitpunkt als bewirkt angesehen werden, in dem das zuzustellende Schriftstück dem Beteiligten zugegangen ist, an den dem Gesetz</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">gemäß die Zustellung gerichtet werden konnte. Mit der wohl überwiegenden Meinung hält der Senat eine Anwendung des § 187 Abs. 1 ZPO grundsätzlich auch auf Mängel, die die Vollziehung einer einstweiligen Verfügung betreffen, für möglich (OLG Köln WRP 1980, 226; OLG München MDR 1986, 944 - jeweils m.N.; Spätgens in Handbuch des Wettbewerbsrechts § 86, Rdnr. 20 und Fußnote 37 m. N.).</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Art und Weise, in der im vorliegenden Fall der Antragsgegner möglicherweise durch seinen Prozeßbevollmächtigten Kenntnis von dem Inhalt der Beschlußverfügung erlangt hat, reicht für eine derartige Heilung nicht aus. § 187 Abs. 1 ZPO ist Ausdruck des allgemeinen Grundsatzes der Heilung durch Zweckerreichung (BGH NJW 1978, 426). Die Voraussetzung für eine Heilung des Zustellungsmangels mit der Folge, daß die Zustellung als bewirkt angesehen werden kann, ist somit erst gegeben, wenn der Zweck der verletzten Verfahrensnorm auf andere Weise dennoch eingetreten ist (OLG Hamm WRP 1979, 325; OLG Frankfurt WRP 1979, 799/800; OLG München WRP 1983, 46; Baumgärtel, ZZP 1969, Seite 89 ff. 113). Mag der Antragsgegner durch seinen Anwalt auch innerhalb der Vollziehungsfrist zuverlässige Kenntnis vom Inhalt der Beschlußverfügung erlangt haben, eine Heilung des Zustellungsmangels ist damit jedenfalls nicht eingetreten. Der Begriff des „Zugangs“ im Sinne von § 187 ZPO erfordert nämlich zumindest, daß das zuzustellende Schriftstück auf irgendeine Weise - wenn auch nur vorübergehend - in den <span style="text-decoration:underline">Besitz</span> des Zustellungsempfängers gelangt ist. Das ist im Streitfall nicht dargetan oder erkennbar.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Eine anderweitige Kenntnisnahme ohne Besitzerlangung - hier ggfs.- eine Unterrichtung über den Inhalt der Beschlußverfügung durch den Anwalt nach Akteneinsicht - genügt insoweit nicht (vgl. BGHZ 70, 387; OLG Nurnberg MDR 1982, 238; Stephan in Zöller, ZPO, 14. Aufl. § 187 Rdnr. 5 - jeweils m. N.). Der Zustellungsadressat selbst - nicht eine Ersatzperson ‑ muß durch Übergabe (§ 170 ZPO) das Schriftstück in seinen Herrschaftsbereich bekommen haben ( BHG, Der Betrieb 1981, 368; Stephan in Zöller, ZPO 14. Aufl. § 187 Rdnr. 6 m. N.).</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Erfolglos bleibt schließlich auch der Einwand der Antragstellerin, der Antragsgegner habe durch rügelose Einlassung vor dem Landgericht auf die Wahrung der Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO verzichtet (§ 295 ZPO).</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Durch die Fristversäumung ist die erlassene einstweilige Verfügung - ohne die Möglichkeit einer Heilung oder eines Verzichts durch den Antragsgegner - endgültig wirkungslos geworden. Bei der versäumten Frist handelt es sich nämlich um zwingendes Recht, das die Wirkungen eines Staatshoheitsaktes begrenzt (OLG Koblenz GRUR 1981, 92 m.N.). Es ist daher der Parteidisposition entzogen und kann mangels entsprechender gesetzlicher Bestimmungen auch weder verlängert, noch abgekürzt werden - § 224 Abs. 2 ZPO - (allgemeine Ansicht: RG 1951, 155/157;</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">OLG Koblenz GRUR 1981, 91 f.; OLG Düsseldorf GRUR 1984, 385; OLG Hamm Anwaltsblatt 1986, 35 f.; Baumbach-Hartmann, ZPO, 45. Aufl., § 929 Anm. 2 - jeweils m.N.).</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Da die Antragstellerin die Vollziehungsfrist der §§ 929 Abs. 2, 936 ZPO versäumt hat, muß die einstweilige Verfügung - ohne Rücksicht auf deren sachliche Begründung - aus formellen Gründen als von Anfang an unberechtigt angesehen, der Antrag auf ihren Erlaß nunmehr also zurückgewiesen werden(OLG Köln WRP 1979, 817; Pastor, Der Wettbewerbsprozeß, 3. Aufl., Seite 366).</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Der Antragstellerin sind gemäß § 91 Abs. 1 ZPO auch die Kosten des gesamten Verfahrens aufzuerlegen (vgl. OLG Koblenz GRUR 1981, 91/93 m.N.).</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Das Urteil ist mit der Verkündung rechtskräftig (§ 545 Abs. 2 ZPO).</p>
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315,505 | ag-neuss-1986-12-17-30-c-58486 | {
"id": 713,
"name": "Amtsgericht Neuss",
"slug": "ag-neuss",
"city": 473,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 30 C 584/86 | "1986-12-17T00:00:00" | "2019-03-13T14:57:31" | "2019-03-27T09:42:57" | Urteil | ECLI:DE:AGNE:1986:1217.30C584.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 80,00 DM nebst 7,25 % Zinsen seit dem 14.05.1986 sowie 5,00 DM an vorgerichtlichen Kosten zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>2.</p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.</p>
<p></p>
<p>3.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Tatbestand:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte wurde am 21.10.1985 vom Zahnarzt Dr. med. W behandelt. Dr. W hat der Klägerin seine Gebührenansprüche abgetreten.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Unter dem 14.02.1986 stellte die Klägerin der Beklagten einen Betrag von 248,54 DM in Rechnung. Die Beklagte hat einen Teilbetrag von 168,54 DM gezahlt.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Anlässlich der Behandlung hat Dr. W die Beklagte aufgefordert, ihm ihre vorher herausgefallene defekte Goldkrone zu übergeben. Als die Beklagte bei einem späteren Besuch bei Dr. W die Goldkrone wiederhaben wollte, wurde dies unter Hinweis darauf abgelehnt, dass die Krone weggeworfen worden sei.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat aus diesem Grunde ein Zurückbehaltungsrecht betreffend einen Teilbetrag von 80,00 DM geltend gemacht.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin trägt vor, dass Dr. W seinerzeit die Beklagte aufgefordert habe, ihm die Goldkrone zur Überprüfung und Untersuchung zu übergeben. Dr. W habe beabsichtigt, die Krone bei einem Erhaltungsversuch als provisorische Versorgung weiter zu benutzen. Die Untersuchung der Krone habe jedoch ergeben, dass eine Weiterverwendung der Krone auch als Provisorium nicht möglich gewesen sei. Dr. W habe daraufhin die Krone auf den Behandlungstisch zurückgelegt und im übrigen der Beklagten mitgeteilt, dass die Krone nicht weiter verwendet werden könne. Da die Beklagte bei diesem Termin die Krone nicht zurückverlangt habe, sei diese mit der zusammengeknüllten Papierauflage des Behandlungstisches weggeworfen worden.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">die Beklagte zu verurteilen, an sie 80,00 DM nebst 7,25 % Zinsen seit dem 05.04.1986 sowie 15,00 DM an vorgerichtlichen Kosten zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Sie trägt vor, dass Dr. W verpflichtet gewesen sei, ihr als Eigentümerin der Krone diese auszuhändigen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Bezüglich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die wechselseitigen Schriftsätze und deren Anlagen verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Klage war gem. §§ 631, 632, 398 BGB begründet.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Gegen die Aktivlegitimation der Klägerin bestehen nach Vorlage des schriftlichen Abtretungsvertrages keine Bedenken.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der Beklagten steht auch ein Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem geltend gemachten Rechnungsbetrag von 80,00 DM nicht zu. Die Klägerin hat vorgetragen, dass Dr. W nach Überprüfung der Krone der Beklagten mitgeteilt habe, dass diese nicht weiter verwendet werden könne. Dies ist von der Beklagten nicht ausdrücklich bestritten worden, so dass das Gericht von der Richtigkeit dieses Vorbringens auch ausgehen musste, zumal die Beklagte, da die Krone tatsächlich bei dem fraglichen Behandlungstermin nicht weiter verwendet worden ist, auch von daher davon ausgehen musste, dass eine Weiterverwendung der Krone durch Dr. W nicht mehr vorgesehen war. Es ist auch kein Grund dafür ersichtlich, dass die Beklagte der Meinung hätte sein können, dass die defekte Krone noch für einen anderen Zweck durch Dr. W benötigt werden würde. Es war daher ohne weiteres die Sache der Beklagten, sich um die sofortige Herausgabe der fraglichen Krone zu bemühen. Zwar hätte es Dr. W im Zuge einer kundenfreundlichen Behandlung gut angestanden, die Beklagte ausdrücklich auf ihr Mitnahmerecht betreffend die Krone hinzuweisen; eine entsprechende rechtliche Verpflichtung ist für das Gericht jedoch nicht ersichtlich. Das Gericht verkennt auch nicht, dass in zahlreichen Fällen wie diesen für manchen Zahnarzt die Möglichkeit bestehen mag, über das ihm zustehende Honorar hinaus weitere Einkunftsmöglichkeiten zu erschließen. Es bleibt jedoch letztlich Sache des Patienten, eine nicht mehr benötigte Goldkrone vom Zahnarzt auch tatsächlich herauszuverlangen. Dies hat die Beklagte jedoch zumindest bei dem hier fraglichen ersten Behandlungstermin nicht gemacht.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Soweit die Beklagte vorgebracht hat, insoweit voll auf ihre Zahnbehandlung konzentriert gewesen zu sein und von daher nicht die sofortige Herausgabe verlangt zu haben, ist dem entgegenzuhalten, dass sicherlich auch der Zahnarzt und seine assistierenden Personen bei einer Zahnbehandlung am Patienten voll auf diese Behandlung konzentriert sein dürften, so dass zumindest von daher eine erhöhte Verpflichtung des Arztes, auf die Mitnahme der Goldkrone hinzuweisen, nicht gegeben ist.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Desweiteren ist eine Aufbewahrungspflicht des Zahnarztes betreffend von Patienten zurückgelassener Goldkronen, zumindest soweit es sich um relativ geringwertige Teile handelt, nicht gegeben. Eine entsprechende vertragliche oder gesetzliche Verpflichtung ist nicht ersichtlich. Durch das Zurücklassen der Goldkrone nach dem ersten Besuch verlor die Klägerin zwar nicht ihren Herausgabeanspruch als Eigentümerin, kann einen solchen jedoch nur geltend machen, wenn die fragliche Krone tatsächlich noch bei Dr. W vorhanden wäre. Dies kann das Gericht jedoch nach dem beiderseitigen Vorbringen nicht als erwiesen ansehen. Die Klägerin hat unter Beweisantritt vorgetragen, dass die fragliche Krone zusammen mit der Papierablage des Behandlungstisches weggeworfen worden sei. Auch dieser Umstand ist von der Beklagten nicht ausdrücklich bestritten worden. Soweit die Beklagte dieses Sachvortrag als unglaubwürdig bezeichnet und insoweit Zweifel vorgebracht hat, reicht dies nicht aus, da es eben an einem ausdrücklichen Bestreiten dieses Vorbringens fehlt.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Das Gericht konnte somit letztlich nicht davon ausgehen, dass sich Dr. W noch im C der Krone der Beklagten befand, als diese dann bei einem späteren Behandlungstermin die Krone herausverlangte. Ein Herausgabeanspruch ist von daher nicht gegeben. Da andererseits auch eine Verpflichtung des Dr. W zur Aufbewahrung der Krone für die Beklagte nicht bestand, sind auch Ansprüche der Beklagten wegen Verletzung dieser Verpflichtung durch Dr. W nicht vorhanden. Der Beklagten steht ein Zurückbehaltungsrecht nicht zu.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Es war daher wie erkannt zu entscheiden.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Zinsentscheidung folgt aus §§ 284, 288 Abs. 2 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Dabei war als Zinsbeginn der 14.05.1986 anzusetzen, da die Beklagte durch Schreiben dieses Datums an die Klägerin eine Zahlung abgelehnt bzw. von der Herausgabe der Goldkrone abhängig gemacht hat und im übrigen zu diesem Zeitpunkt im C der Mahnung der Klägerin vom 06.05.1986 war.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Soweit die Klägerin Zinsen bereits ab dem 05.04.1986 verlangt hat, war die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Weder die Rechnung vom 14.02.1986 noch die vermeintliche Zahlungserinnerung vom 19.03.1986 haben einen Verzug der Beklagten begründet.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorgerichtlichen Kosten folgt aus § 286 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Dabei waren der Klägerin lediglich die Kosten für das Mahnschreiben vom 06.05.1986 zu erstatten.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Kosten für bloße Erinnerungsschreiben können nicht verlangt werden, und das weitere formelle Mahnschreiben der Klägerin vom 12.06.1986 war im Hinblick auf das spezifizierte Antwortschreiben der Beklagten vom 14.05.1986 in keiner Weise erforderlich.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Vorgerichtliche Kosten waren daher lediglich in Höhe von 5,00 DM zuzusprechen.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 2, 708 Nr. 11, 713 ZPO.</p>
|
315,506 | lg-dortmund-1986-12-17-6-o-54386 | {
"id": 806,
"name": "Landgericht Dortmund",
"slug": "lg-dortmund",
"city": 407,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 6 O 543/86 | "1986-12-17T00:00:00" | "2019-03-13T14:57:32" | "2019-03-27T09:42:57" | Urteil | ECLI:DE:LGDO:1986:1217.6O543.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt,</p>
<p>die neun ca. 5-jähri-gen Serbischen Fichten und den</p>
<p>ca. 5-Jährigen Urweltmammutbaum, die sie auf ihrem </p>
<p>Grundstück S-Str., E, mit einem</p>
<p>Abstand von weniger als vier Metern zur Grenze zum</p>
<p>Grundstück der Klägerin U-Weg, E,</p>
<p>gepflanzt haben, zu beseitigen.</p>
<p></p>
<p>Die weitergehende Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu</p>
<p>1/11, die Beklagten zu 10/11.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitslei-</p>
<p>stung von 6.900,— DM vorläufig vollstreckbar. Der Klä-</p>
<p>gerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der</p>
<p>Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung</p>
<p>in Höhe von 80,— DM abzuwenden, falls nicht die Beklagten</p>
<p>vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Tatbestand</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien sind Nachbarn. An der gemeinsamen Grenze,</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">(im Lageplan, der mit der Klageschrift eingereicht wurde</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">mit gelb unterlegt, Bl. 5) stehen auf dem Grundstück der</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Beklagten zehn Fichten und ein weiterer von der Klägerin </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">zunächst als Lärche bezeichneter Baum, den die Beklagten </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">-von der Klägerin unbestritten und insoweit v on i h r zueigen </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">gemachte- als Mammutbaum bezeichnen. Dieser Baum</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">steht nach den übereinstimmenden Erklärungen der Parteien</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">im Abstand von einem knappen Meter etwa in der gedachten</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Verlängerungslinie der nördlichen Grenze des Grundstücks</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">der Klägerin in Richtung auf das Grundstück der Beklagten</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">auf dem Grundstück der Beklagten. Die übrigen Bäume stehen</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">in einem Abstand von 0,5 m bis l m von der östlichen Grenze</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">des Grundstücks der Klägerin entfernt auf dem Grundstück</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">der Beklagten. Unstreitig handelt es sich bei neun</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Fichten um serbische Fichten, während eine Fichte, von</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Den Beklagten auch als Tanne bezeichnet, jedenfalls keine </p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">serbische Fichte ist, wie es von der Klägerin im Termin vom</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">17.12.1986 nicht bestritten worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Unstreitig sind die neun serbischen Fichten und der Mammut</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">baum von den Beklagten im Jahre 1981 gepflanzt worden, wo-</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">bei zwischen den Parteien streitig ist, ob es sich hierbei</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">um eine Ersatzpflanzung für Laubbäume handelt.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin ist der Ansicht, es handele sich bei den</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Bäumen auch dann nicht um Hecken, wenn die Beklagten diese</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">auf 2 m herunterschneiden würden. Die Beklagten seien des-</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">halb zur Beseitigung der Bäume verpflichtet, wobei dieses</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Verlangen nach Ansicht der Klägerin in keiner Weise rechts-</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">mißbräuchlich sei.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">die Beklagten als Gesamtschuldner zu</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">verurteilen, die zehn ca. fünfjährigen</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">serbischen Fichten und die ca. fünfjährige</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Lärche (Mammutbaum), die sie auf ihrem</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Grundstück S-Straße, E,</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">mit einend Abstand von weniger als 4 m zur</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Grenze zum Grundstück der Klägerin,</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">U-Weg, E, gepflanzt</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">haben, zu beseitigen.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Sie behaupten, bei einer Fichte, die sie auch als Tanne</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">bezeichnen, handele es sich jedenfalls um einen Baum, der </p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">bereits im Jahre 1974 gepflanzt worden sei.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Der Mammutbaum dürfte wegen seiner Lage nicht mehr erfaßt</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">sein.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Da es sich bei den übrigen Bäumen um eine Ersatzpflanzung</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">für vorher dort angepflanzte Laubbäume handele und die</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Klägerin erstmals im Jahre 1985 Beseitigung der Nadel-</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">bäume verlangt habe, sei ihr Verhalten rechtsmißbräuchlich.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidunqsqründe</u></p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist im wesentlichen begründet.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin kann von den Beklagten gemäß § 1004 BGB Be-</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">seitigung von neun serbischen Fichten und des Mammut-</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">baumes verlangen.</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Denn die Beklagten haben bei der Anpflanzung dieser Bäume</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">nicht den in § 41 Abs. 1 Ziffer 1 a NachbG NW festgelegten</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Grenzabstand eingehalten. Dieser beträgt bei stark wachsenden</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Bäumen, zu welchen die serbischen Fichten und der Mammut-</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">baum zählen (vgl. Schäfer, Nachbarrechtsgesetz für das</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Land Nordrhein-Westfalen, Kommentar, § 41 Anm. 3), vier</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Meter. Diesen nach § 46 NachbG NW von der Mitte des Baum-</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">stammes waagrecht und rechtwinklig zur Grenze zu messende</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Abstand haben die Beklagten unstreitig bei den neun ser-</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">bischen Fichten nicht eingehalten. Entgegen der Ansicht</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">der Beklagten ist dies jedoch, auch bei dem Mammutbaum der</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Fall. Denn auch dieser Baum ist von der nördlichen Grenze</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">des Grundstücks der Klägerin nicht vier Meter entfernt, da</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">dieser Abstand jedenfalls nicht bis zum Schnittpunkt der</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">nördlichen Grenze der Klägerin mit der westlichen Grenze</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">der Beklagten eingehalten ist. Auch dieser Schnittpunkt</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">als Teil einer Linie, auf den rechtwinklig von der Mitte</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">des Baumes aus gemessen werden kann, ist Teil der Grenze</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">der Klägerin. </p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Ansicht der Beklagten handelt es sich bei</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">den Bäumen auch dann nicht um eine Hecke, für die nach</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">§ 42 NachbG NW bei einer Höhe bis zu 2 m lediglich ein</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">Grenzabstand von 0,50 m einzuhalten ist, wenn sie die </p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">Bäume auf 2 m herunterschneiden. Denn bei einer Hecke</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">muß es sich um Bäume oder Sträucher handeln, die be-</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">stimmungsgemäß in einer längeren schmalen Reihe wachsen</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">(vgl. Schäfer, NachbG NW, § 42 Anm. 1). Das trifft aber</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">auf die hier in Rede stehenden Bäume nicht zu, da diese</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">von Anfang an versetzt auf Lücke gepflanzt worden sind</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">und zu keiner Zeit den Eindruck einer Hecke vermitteln</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">sollten.</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">Die neun serbischen Fichten und der Mammutbaum sind von</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">den Beklagten antragsgemäß zu beseitigen, da sie im</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">Jahre 1981 und damit innerhalb der in § 47 Abs. 1 NachbG</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">NW festgelegten Frist von sechs Jahren vor Klageerhebung</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">gepflanzt worden sind.</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">Das Beseitigungsverlangen der Klägerin, das innerhalb</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">der gesetzmäßig festgelegten Frist erfolgt, ist rechtmäßig</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">und auch dann nicht rechtsmißbräuchlich, wenn es sich um</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">eine Ersatzanpflanzung handelt. Denn auch bei einer</p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">Ersatzanpflanzung einer Anpflanzung, deren Beseitigung</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">nicht mehr wegen Fristablauf oder Genehmigung verlangt</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">werden kann, muß gemäß §§ 47 Abs. 2, 45 Abs. 3, 41 NachbG</p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">NW der vorgeschriebene Grenzabstand eingehalten werden.</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks">Selbst wenn die ursprüngliche Anpflanzung seitens des</p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks">Rechtsvorgängers der Klägerin zumindest stillschweigend</p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks">genehmigt worden wäre, ist das nunmehr gestellte Beseitigungs-</p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">verlangen der Klägerin gleichwohl nicht rechtsmißbräuchlich,</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks">da mit der Erstellung der Ersatzanpflanzung der Beseitigungs-</p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">anspruch bei Nichteinhaltung des Grenzabstandes aufs neue</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks">entsteht und wiederum der Ausschlußfrist gemäß § 47 NachbG</p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">NW unterliegt.</p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks">Soweit die Klägerin Beseitigung einer weiteren Fichte</p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks">verlangte, hat sie nicht bewiesen, daß dieser Baum auch</p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks">im Jahre 1981 gepflanzt worden ist. Insoweit haben die</p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks">Beklagten behauptet, der Baum sei bereits im Jahre 1974 </p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks">gepflanzt worden. Für ihre anderweitige Behauptung hat</p>
<span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks">die beweispflichtige Klägerin keinen Beweis angetreten</p>
<span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks">und ist damit beweisfällig geblieben.</p>
<span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO, die Ent-</p>
<span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks">scheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf</p>
<span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks">§§ 709, 708 Nr. 11, 711 ZPO.</p>
|
315,507 | olgham-1986-12-11-4-uf-38086 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 4 UF 380/86 | "1986-12-11T00:00:00" | "2019-03-13T14:57:38" | "2019-03-27T09:42:57" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1986:1211.4UF380.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Klägerin wird das Teilurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Dortmund vom 12. Juni 1986 wie folgt abgeändert.</p>
<p></p>
<p>Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft über den Stand seines Endvermögens per 25. Mai 1983 zu erteilen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Tatbestand</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die am 23. Januar 1928 geborene Klägerin und der am 24. Mai 1924 geborene Beklagte hatten am 2. September 1952 geheiratet. Aus der Ehe stammen die Söhne xxx, geboren am 30. November 1954, und xxx, geboren am 5. Juli 1957. Die Parteien leben seit dem 20. April 1959 getrennt. Eine im Jahre 1959 vom Beklagten erhobene Ehescheidungsklage wurde auf die Berufung der Klägerin durch Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 8. Dezember 1959 abgewiesen (5 R 141/59 LG Dortmund = 6 UF 199/59 OLG Hamm). Inzwischen wurde die Ehe der Parteien durch Urteil des Amtsgerichts Dortmund vom 11. April 1985 (175 F 139/83) geschieden. Das Urteil ist seit dem 13. Juni 1984 rechtskräftig, der Scheidungsantrag ist dem Beklagten am 15. Mai 1983 zugestellt worden.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Mit der bei Gericht am 9. April 1986 eingegangenen Stufenklage hat die Klägerin die Verurteilung des Beklagten dahin begehrt, Auskunft über sein Endvermögen per 25. Mai 1983 zu erteilen und den sich aus der Auskunft ergebenden Zugewinn zu zahlen. Soweit der Beklagte gemeint hat, daß er nur verpflichtet sei, zum Stichtag 31. Dezember 1971 der Klägerin Auskunft zu erteilen, hat sie vorgetragen, daß sie entgegen den Behauptungen des Beklagten vor der Trennung den Haushalt immer versorgt habe. Sie habe auch stets die Rechnungen für das Geschäft geschrieben und in diesem tagsüber Verpflichtungen wahrgenommen. Nach der Trennung, die infolge ihrer Erkrankung erforderlich geworden sei, habe sie sich stets um die Kinder gekümmert. Es könne für eine Vorverlegung des Stichtages auch nicht, so hat sie gemeint eine grobe Unbilligkeit im Sinne des § 1381 BGB auf Grund der langen Trennung angenommen werden, da der Beklagte sich einer anderen Frau zugewandt habe. Nach ihrer Gesundung habe er es abgelehnt, mit ihr die eheliche Gemeinschaft wieder aufzunehmen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat die Abweisung des Auskunftsantrages beantragt (Bl. 10, 34 R d.A.). Er hat vorgetragen, daß die Klägerin während der kurzen Zeit der ehelichen Gemeinschaft ihre wirtschaftlichen Verpflichtungen nicht erfüllt habe. So habe es die Klägerin abgelehnt, nachdem er im Jahre 1953 angefangen habe, sich selbständig zu machen, sich an den Büroarbeiten zu beteiligen. Dies sei auch in der Folgezeit so gewesen, als sein Betrieb sich vergrößert habe. Sie habe auch ihre Haushaltsführungspflichten nicht richtig erfüllt. Nach der Trennung habe sie sich nicht in der erforderlichen Weise um die Kinder gekümmert, so daß der Sohn xxx nicht einmal den Hauptschulabschluß erreicht habe. Die grobe Unbilligkeit des Auskunftsverlangens per 25. Mai 1983 ergebe sich ferner daraus, daß die Trennung bereits im Jahre 1959 erfolgt sei, so daß als Grundlage des Zugewinnausgleichs für die Folgezeit eine gemeinschaftliche Lebensführung nicht gegeben sei. Er ist deshalb der Meinung gewesen, daß die Klägerin Auskunft nur zum Stichtag 31. Dezember 1971 verlangen könne. Auf diesen Zeitpunkt hat er abgestellt, weil die Klägerin nach diesem Stichtag die Kinder - so hat er behauptet - nicht mehr betreut und damit jegliche gemeinschaftliche Lebensleistung aufgegeben habe.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Durch das angefochtene Urteil hat das Amtsgericht den Beklagten verurteilt, Auskunft über sein Endvermögen per 4. Juli 1975 zu erteilen. Es hat unter anderem ausgeführt, angesichts der Tatsache, daß die Parteien bereits seit dem Jahre 1959 getrennt lebten, sei als Endpunkt der Zugewinngemeinschaft hier der Zeitpunkt der Volljährigkeit der Kinder anzunehmen. Ein Anspruch auf Zugewinn über diesen Zeitpunkt hinaus sei grob unbillig, da die Parteien getrennt gelebt und die Klägerin an dem Erwerb des Zugewinns in keiner Weise beteiligt gewesen sei.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Mit der Berufung erstrebt die Klägerin abändernd die Verurteilung des Beklagten zur Auskunftserteilung bezüglich seines Endvermögens, zum Bewertungsstichtag 25. Mai 1983. Sie meint, daß § 1384 BGB nur den Bewertungsstichtag der Zustellung des Ehescheidungsantrages kenne. Einen Ausschluß des Zugewinnausgleichsanspruchs gemäß § 1381 BGB nur für einen bestimmten Zeitraum sei nicht zulässig. Zudem reiche die Tatsache der Trennung allein als Grund für den teilweisen Ausschluß des Zugewinns nicht aus. Sie habe damals wegen ihrer Erkrankung mit Einverständnis des Beklagten diesen verlassen. Mach Wiederherstellung ihrer Gesundheit habe sie zum Beklagten zurückkehren wollen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Dieser habe jedoch die Wiederherstellung der ehelichen Gemeinschaft abgelehnt, da er sich zwischenzeitlich einer anderen Frau zugewandt habe.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Sie beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Teilurteils den Beklagten zu verurteilen, Auskunft über den Stand seines Endvermögens per 25. Mai 1983 zu erteilen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen,</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">und mit der Anschlußberufung, </p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Er macht geltend, daß er noch bereit sei, zum 31. Dezember 1971 Auskunft zu erteilen, da mit Ablauf dieses Jahres der Sohn xxx 14 Jahre alt geworden sei. Jedenfalls nach diesem Zeitpunkt habe die Klägerin sich nicht mehr um die Kinder gekümmert. So habe der Sohn xxx das Abitur nicht erlangt. Sie habe es auch seit 1971 unterlassen, einer Berufstätigkeit nachzugehen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Da die gemeinsame Lebensleistung der Parteien infolge der Trennung fehle, könne dem Zugewinnausgleichsanspruch der Klägerin für die folgende Zeit die Einrede des § 1381 BGB entgegengehalten werden. Dies sei auch im Auskunftsverfahren zu berücksichtigen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der Vortrag der Klägerin zum Scheitern der Ehe sei unzutreffend. Die Ehe sei daran zerbrochen, daß die Klägerin sich tagsüber gegen seinen Willen immer bei ihren Eltern aufgehalten habe. Sie habe sich auch geweigert, für ihn Rechnungen zu schreiben und ihm das Mittagessen zu bereiten. Es sei deshalb grob unbillig, der Klägerin für die gesamte Ehezeit einen Zugewinnausgleich zuzubilligen, einzubeziehen sei allenfalls die Zeit bis Ende 1971. Insoweit werde eine Herabsetzung des Zugewinnausgleichs begehrt.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">die Anschlußberufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des gegenseitigen Parteivorbringens wird auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Im Senatstermin vom 11. Dezember 1986 wurden die Parteien gemäß § 141 ZPO persönlich angehört.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die <u>Klägerin</u> erklärte sie sei 1959 aus der ehelichen Wohnung ausgezogen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Der <u>Beklagte</u> erklärte: Er habe sich zwei Monate vor der Eheschließung selbständig gemacht. Zunächst sei er selbständiger Werksvertreter für eine Tischlerei gewesen. Später habe er dann auch die Materialien geliefert. Damit dieses möglich gewesen sei, habe er einen Kompagnon hinzugenommen, auf dessen Namen die Firma eingetragen gewesen sei. Mit ihm zusammen habe er den Betrieb etwa zwei Jahre geführt. Im Jahre 1957 habe er sich dann von diesem getrennt und habe erneut von vorne angefangen. Diesmal habe sein, des Beklagten, Vater seinen Namen für die Firma gegeben.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe</u></p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die Berufung der Klägerin hat Erfolg. In Abänderung des angefochtenen Urteils ist der Beklagte verpflichtet, an die Klägerin Auskunft über den Stand seines Endvermögens per 25. Mai 1983 zu erteilen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Anschlußberufung des Beklagten, mit der er - wie im ersten Rechtszug - lediglich die völlige Abweisung des Auskunftsantrages ist unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die Verpflichtung des Beklagten, der Klägerin Auskunft über sein Endvermögen zu erteilen, folgt aus § 1379 Abs. 1 BGB. Nach dieser Vorschrift ist jeder Ehegatte verpflichtet, dem anderen Ehegatten über den Bestand seines Endvermögens Auskunft zu erteilen, wenn der Güterstand beendet ist. Für die Berechnung des Zugewinns tritt im Falle der Scheidung der Ehe an die Stelle der Beendigung des Güterstandes der <u>Zeitpunkt der Rechtshängigkeit</u> des Scheidungsantrages. Diesen haben die Parteien übereinstimmend im Senatstermin vom 11. Dezember 1986 mit dem 25. Mai 1983 angegeben; das stimmt mit dem bei den Scheidungsakten 175 F 139/83 AG Dortmund befindlichen Zustellungsnachweis über ein.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Ansicht des Beklagten ist der auf diesen Stichtag gerichtete Auskunftsanspruch der Klägerin auch nicht rechtsmißbräuchlich. Dies könnte der Fall sein, wenn bereits jetzt feststehen würde, daß ein Zugewinnausgleichsanspruch schlechthin gemäß § 1381 BGB ausgeschlossen ist. Nach dieser Bestimmung kann der Zugewinnausgleichsverpflichtete die Erfüllung der Ausgleichsforderung verweigern, soweit der Ausgleich des Zugewinns nach den Umständen des Falles grob unbillig wäre. Grobe Unbilligkeit kann insbesondere dann vorliegen, wenn der Ehegatte, der den geringeren Zugewinn erzielt hat, längere Zeit hin durch die wirtschaftlichen Verpflichtungen, die sich aus dem ehelichen Verhältnis ergeben, schuldhaft nicht erfüllt hat. Diese Einrede kann auch gegenüber dem Auskunftsanspruch durchgreifen, wenn die sich aus der Auskunft ergebenden Umstände für die Berurteilung des Leistungsverweigerungsrechtes unerheblich sind und bereits nach den vorab feststellbaren und festgestellten Sachverhalt nicht zweifelhaft sein kann, daß infolge der nach § 1381 Abs. 1 BGB erhobenen Einrede eine Ausgleichsforderung nicht besteht (vgl. BGH, NJW 1980, 1462).</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">3.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Ansicht der Anschlußberufung kann aber in dem hier zur Entscheidung stehenden Rechtsstreit vor Durchführung des Auskunftverfahrens nicht festgestellt werden, ob und in welchem Umfange ein Zugewinnausgleichsanspruch der Klägerin wegen grober Unbilligkeit ausgeschlossen ist. Unabhängig von der Frage, wie die langjährige Trennung der Parteien sich auf einen Zugewinnausgleichanspruch der Klägerin auswirkt und ob die Klägerin, was zwischen den Parteien streitig ist, jedenfalls teilweise für den Betrieb des Beklagten in der Zeit vor der endgültigen Trennung der Parteien tätig gewesen ist, ist davon auszugehen, daß sie jedenfalls bis zur endgültigen Trennung die beiden Kinder der Parteien betreut und den Haushalt geführt hat. Dementsprechend hat auch der Beklagte im Senatstermin vom 11. Dezember 1986 erklärt, er sei der Meinung gewesen, daß die Klägerin im Hinblick darauf, daß sie die Kinder erzogen hat, bis zu einem gewissen Zeitpunkt am Zugewinn zu beteiligen sei. Der Beklagte persönlich räumt also ein, daß der Klägerin im Hinblick auf ihre in der ehelichen Gemeinschaft für die Kinder erbrachten Leistungen eine Beteiligung an dem von ihm erzielten Zugewinn zustehen müßte.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Ein Ausschluß des Auskunftsanspruches insgesamt kommt jedoch nur in Frage, wenn die Durchführung des Zugewinnausgleichs dem Gerechtigkeitsempfinden in unerträglicher Weise widersprechen würde. Auch bei Beachtung der langjährigen Trennung der Parteien sowie bei Annahme der Behauptung des Beklagten, daß die Klägerin sich geweigert habe, für diesen Betrieb zu arbeiten, widerspräche ein Zugewinnausgleichanspruch, der den Leistungen der Klägerin für die Kinder und im Haushalt Rechnung trüge, nicht der Billigkeit.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Ein völliger Ausschluß des Zugewinnausgleichanspruches gemäß § 1381 Abs. 1 BGB läßt sich daher nicht feststellen.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">4.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts und des Beklagten ist der Bewertungsstichtag (gemäß § 1384 BGB Rechtshängigkeit des Ehescheidungsantrages) auch nicht im Hinblick auf eine teilweise Herabsetzung des Zugewinnausgleichanspruches gemäß § 1381 Abs. 1 BGB auf einen anderen Stichtag zu verlegen. Das Gesetz hat in § 1384 BGB den Stichtag für die Berechnung des Endvermögens mit der Rechtshängigkeit des Ehescheidungsantrags bestimmt. Es hat hierbei frühere Rechtsstreitigkeiten, die <u>nicht</u> zur Ehescheidung geführt haben, außer acht gelassen, dies ohne Rücksicht darauf, ob die Eheleute zu ihrer Lebens- und Wirkungsgemeinschaft zurückgekehrt sind oder die Zerwürfnisse angedauert haben. Maßgeblich ist damit allein die Erhebung der Klage, die <u>den</u> Scheidungsprozeß ausgelöst hat, der zur Beendigung der Ehe und damit des Güterstandes geführt hat (BGH, FamRZ 1967, 138; FamRZ 1979, 905 FamRZ 1980, 699; FamRZ 1983, 350). Es handelt sich um eine generalisierende, streng formal ausgestaltete Regelung, die um der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit willen die Einzelfallgerechtigkeit vernachlässigt. Sie erfaßt <u>alle Fälle</u>, in denen die Zugewinngemeinschaft durch Scheidung der Ehe beendet worden ist (BGH, FamRZ 1983, 350).</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Diese gesetzliche Regelung gilt auch für den hier vorliegenden Fall. Hierbei ist zu beachten, daß der Einwand des Beklagten, daß die Anwendung von Treu und Glauben zu einer Berechnung des Zugewinnausgleichs führen müsse, die auf einen <u>früheren</u> Zeitpunkt abstellt, aus folgenden Überlegungen nicht durchgreifend ist: Zum einen hätte der Beklagte auf Grund der gesetzlichen Regelung über den vorzeitigen Zugewinnausgleich (§§ 1385, 1386 BGB) es nach mindestens dreijähriger jederzeit in der Hand gehabt, auf vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns zu klagen. Dann wäre gem. § 1387 BGB für die Berechnung des Zugewinns der Zeitpunkt der Erhebung der Klage auf vorzeitigen Zugewinn maßgebend gewesen. Zum anderen verkennt der Beklagte, daß er für die <u>Abwägung</u> im Hinblick auf einen Teilausschluß des Zugewinnausgleichsanspruchs gem. § 1381 Abs. 1 BGB erforderlich ist, zunächst die Höhe des Zugewinnausgleichsanspruchs festzustellen, um dann bei Beachtung aller konkreten Umstände des Einzelfalles einschließlich des Wertzuwachses in den Einzelstadien der Trennungszeit evtl. wertend eine Teilherabsetzung zu bestimmen. Hierbei kann der Beklagte durch den Vortrag bezüglich der Höhe seines Zugewinns zu einem früheren Zeitpunkt die Voraussetzungen für die Herabsetzung des Zugewinnausgleichsanspruchs erleichtern. Die umfassende Bewertung aller Umstände erfordert es jedoch, wie es das Gesetz für alle Fälle vorsieht, daß zunächst zum zwingend normierten Bewertungsstichtag Auskunft über das Endvermögen zu erteilen ist.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Ziffer 10 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat die Revision angesichts der Entscheidungen des BGH in FamRZ 1967, 138; 1979, 905; 1983, 350 zur Frage der Verlegung des Bewertungsstichtages nicht zugelassen, da die hier angesprochene Rechtsfrage mehrfach entschieden ist.</p>
|
315,508 | ag-gummersbach-1986-12-10-2-c-16186 | {
"id": 668,
"name": "Amtsgericht Gummersbach",
"slug": "ag-gummersbach",
"city": 428,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 2 C 161/86 | "1986-12-10T00:00:00" | "2019-03-13T14:57:39" | "2019-03-27T09:42:57" | Urteil | ECLI:DE:AGGM1:1986:1210.2C161.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin</p>
<p> 90,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 06. Januar 1986 zu zahlen.</p>
<p></p>
<p> Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p></p>
<p> Die Kosten des Rechtsstreites werden zu 9/10 der Klägerin und zu </p>
<p> 1/10 den Beklagten auferlegt. </p>
<p></p>
<p> Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. </p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Tatbestand</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat für ihren Arbeitnehmer L, der durch einen von dem Beklagten zu 1. verursachten Verkehrsunfall verletzt worden ist, Lohnfortzahlung und Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung von 3.873,80 DM geleistet. Hierauf hat die Beklagte zu 2. 3.153,80 DM gezahlt. Einen Betrag von 630,00 DM hat sie für häusliche Ersparnisse und 90,00 DM für ersparte Fahrtkosten abgezogen. </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beansprucht die restlichen Beträge sowie 172,14 DM vorgerichtliche Anwaltskosten und beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">892,14 DM plus 4 % Zinsen seit dem 06.01.1986 zu zahlen. </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten bitten,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Im einzelnen wird auf die Schriftsätze der Parteien verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe</u></b></p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist nur teilweise begründet. </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte zu 2. hat bei der Geltendmachung der Lohnfortzahlungsansprüche mit Recht einen Abzug von 630,00 DM vorgenommen. Die Schadensersatzansprüche des Herrn L sind nur in der Höhe des tatsächlichen Verdienstausfalles auf die Klägerin übergegangen. Der geschädigte Arbeitnehmer hat, wie die Beklagten zutreffend ausgeführt haben, durch die stationäre Behandlung von 42 Tagen pro Tag 15,00 DM erspart und somit in einer Höhe von 630,00 DM keinen Schaden erlitten. </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Dagegen müssen die Beklagten der Klägerin noch 90,00 DM ersetzen, da sie die angeblich ersparten Fahrtkosten des Geschädigten L nicht näher erläutert haben und somit eine Ersparnis nicht ersichtlich ist. </p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Für die der Klägerin bei der Geltendmachung ihrer Ansprüche entstandenen Kosten von 172,14 DM sind die Beklagten nicht ersatzpflichtig. Diese Kosten sind erst nach dem Rechtsübergang der Lohnfortzahlungsansprüche auf die Klägerin entstanden. Zur Abfassung eines Schreibens, in welchem der Arbeitgeber die Lohnfortzahlungsansprüche bei der Haftpflichtversicherung anmeldet, ist die Hinzuziehung eines Anwaltes nicht erforderlich. Mit Recht weist die Beklagte zu 2. darauf hin, dass ihr zunächst Gelegenheit gegeben werden muss, die begründeten Ansprüche zu befriedigen, was hier umgehend geschehen ist. </p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 und 708 Ziffer 11 ZPO.</p>
|
315,509 | olgham-1986-12-10-4-ss-143486 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
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"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 4 Ss 1434/86 | "1986-12-10T00:00:00" | "2019-03-13T14:57:42" | "2019-03-27T09:42:56" | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1986:1210.4SS1434.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Das angefochtene Urteil wird, soweit es sich im Schuldspruch gegen den Angeklagten L richtet, mit den diesen zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.</p>
<p>Im Rahmen der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Strafkammer des Landgerichts Essen zurückverwiesen.</p>
<p> </p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat den Angeklagten und seinen Bruder ... wegen Diebstahls zu je acht Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Ihre Berufungen hat die Strafkammer mit dem angefochtenen Urteil verworfen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Revision des Angeklagten ... hat der Senat mit gesondertem Beschluß vom heutigen Tage als offenbar unbegründet gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Revision des Angeklagten ... ist indessen offenbar begründet, § 349 Abs. 4 StPO.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Sie muß mit der erhobenen Verfahrensrüge zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führen, soweit der Schuldspruch diesen Angeklagten betrifft. Die Entscheidung beruht auf der Verletzung des § 338 Nr. 5 StPO, weil die Hauptverhandlung in Abwesenheit einer Person stattgefunden hat, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt. Wie vom Angeklagten zurecht gerügt wird, hätte gegen ihn nicht ohne den Beistand eines Verteidigers verhandelt werden dürfen. Dessen Mitwirkung war nach § 140 Abs. 2 StPO notwendig. Das bestimmte sich im vorliegenden Falle jedenfalls aus dem Gesichtspunkt der Schwierigkeit der Sachlage. Auf diese sich vorzubereiten und seine Verteidigung darauf einzurichten, war dem Angeklagten ... ohne Mitwirkung eines Verteidigers kaum möglich. Dieser Angeklagte war nämlich zur Frage seiner Schuldfähigkeit fachärztlich untersucht worden. Hierzu sah sich der Vorsitzende aufgrund des Berichts der Bewährungshelferin vom 17. Dezember 1985 veranlaßt; danach hatte sich der Angeklagte schon seit geraumer Zeit im psychiatrischer und neurologischer Behandlung befunden. Das von der Strafkammer daraufhin veranlaßte Gutachten der Sachverständigen kommt zwar im Ergebnis zur Bejahung der uneingeschränkten Schuldfähigkeit des Angeklagten. Darauf allein war die Frage der notwendigen Verteidigung also nicht abzustellen, sondern darauf, daß ihm eine Kenntnisnahme vom Inhalt des Gutachtens zur Vorbereitung seiner Verteidigung nicht gestattet war. Das Recht zur Akteneinsicht hatte nach § 147 StPO nur ein Verteidiger. Dieses Recht im vorliegenden Falle auch auszuüben, gebot sich vernünftigerweise zur Vorbereitung der Verteidigung schon deshalb, weil die Sachverständige die Beantwortung der Frage; ob der Angeklagte zur Tatzeit schuldfähig war oder nicht vom Ergebnis der Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung abhängig gemacht hatte. Aus diesem Grunde durfte die Berufungsstrafkammer die vom Angeklagten rechtzeitig beantragte Beiordnung eines Verteidigers bereits nicht ablehnen (vgl. BGH LM, § 140, Nr. 18; OLG Celle StV 83, 187; OLG Hamm in GA 71, 25; OLG Köln StV 86, 238). In aller Regel wird vielmehr als schwierige Sachlage anzusehen sein, wenn eine Untersuchung zur Frage der Schuldfähigkeit eines Verfahrens unterworfenen erforderlich ist, zumal hier noch hinzukam, daß der Angeklagte mit diesem erst in der Hauptverhandlung zu klärenden Gesichtspunkt einfach überfordert war.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Sache war nach § 354 Abs. 2 StPO an eine andere (kleine) Strafkammer zurückzuverweisen.</p>
|
315,510 | ovgnrw-1986-12-02-12-a-270085 | {
"id": 823,
"name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen",
"slug": "ovgnrw",
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"state": 12,
"jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": null
} | 12 A 2700/85 | "1986-12-02T00:00:00" | "2019-03-13T14:57:43" | "2019-03-27T09:42:56" | Urteil | ECLI:DE:OVGNRW:1986:1202.12A2700.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils
beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung
Sicherheit in derselben Höhe leistet.</p>
<p></p>
<p>Die Revision wird nicht zugelassen.</p>
<p></p>
<p></p>
<p></p>
<p>
</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"> Tatbestand:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin betreibt einen Vieh- und Fleischhandel. Unter anderem führt sie
lebende Schlachtschweine aus den Niederlanden in die Bundesrepublik ein, die hier
weiterveräußert werden. Der Transport der Tiere erfolgt auf zwei- bis dreistöckigen
Lastkraftwagen niederländischer oder deutscher Spediteure. Die Klägerin übernimmt
die Tiere auf ihrem Betriebsgelände in .... An den im Zuständigkeitsbereich des
Beklagten liegenden Grenzübergängen werden die Viehtransporte aufgrund der
"Verordnung zum Schutz von Tieren beim grenzüberschreitenden Transport" vom 29.
März 1983 durch den Amtstierarzt des Beklagten unter tierschutzrechtlichen
Gesichtspunkten überprüft.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Für entsprechende Untersuchungen im Zeitraum vom 19. August bis zum 30.
September 1983 zog der Beklagte die Klägerin durch einzelne "Gebührennachweise"
zur Zahlung von Verwaltungsgebühren, insgesamt in Höhe von 6.954,- DM, heran. Als
Rechtsgrundlage hierfür war jeweils die Tarifstelle 26.6.2.1.3 der Allgemeinen
Verwaltungsgebührenordnung NW vom 5. August 1980 angegeben.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin erhob gegen sämtliche Gebührenbescheide Widerspruch, den der
Regierungspräsident ... durch Widerspruchsbescheid vom 24. November 1983
zurückwies.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Mit der Klage hat die Klägerin die Aufhebung der Bescheide begehrt und geltend
gemacht: Die Verordnung, in deren Ausführung die Untersuchungen vorgenommen
worden seien, enthalte selbst keine Bestimmung, die eine Gebührenerhebung vorsehe.
Auch die einschlägigen Richtlinien des Rates der Europäischen Gemeinschaften
enthielten keine Rechtsvorschrift, die es den Mitgliedsstaaten gestatte, beim Vollzug
der nationalen Ausführungsbestimmungen Gebühren zu erheben. Die Überprüfung in
tierschutzrechtlicher Hinsicht sei keine selbständige Amtshandlung; sie erfolge, wie
sich aus der Transportbescheinigung ergebe, zugleich mit der viehseuchenrechtlichen
Überprüfung nach der Richtlinie 64/432/EWG, für die ausdrücklich keine Gebühr
erhoben werden dürfe. Auch im übrigen stehe Gemeinschaftsrecht der
Gebührenerhebung entgegen. Sie verstoße gegen das Verbot der Erhebung von
Abgaben mit zollgleicher Wirkung nach Art. 9 Abs. 1, 12 EWGV sowie gegen das in
Art. 95 EWGV enthaltene Verbot, auf Ware aus anderen Mitgliedsstaaten höhere
inländische Abgaben zu erheben als auf gleichartige inländische Waren. Offenbar
versuche der Beklagte, da eine gemeinschaftsrechtliche Ermächtigungsgrundlage nicht
vorhanden sei, auf dem Umweg über die Verordnung zum Schutz von Tieren beim
grenzüberschreitenden Transport in Verbindung mit der Allgemeinen
Verwaltungsgebührenordnung unzulässigerweise doch noch Gebühren einzunehmen.
Indes lägen auch die Voraussetzungen für eine Gebührenerhebung nach den
Tarifstellen der Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung nicht vor. Die von dem
Beklagten angewandten Tarifstellen würden durch die Tarifstelle 26.6.2.1.11
verdrängt, die eine generelle Freistellung von der Gebührenpflicht im
innergemeinschaftlichen Handel anordne. Die Tarifstelle 26.6.2.1.3 könne überdies
schon deshalb nicht angewandt werden, weil die dort für gebührenpflichtig erklärten
amtstierärztlichen Grenzuntersuchungen ihrem Sinn und Zweck nach ausschließlich
den Interessen des Importeurs und dem Interesse des Gesundheitsschutzes dienten.
Die im vorliegenden Falle erhobenen Gebühren seien hingegen durch Amtshandlungen
angefallen, die allein im Interesse der Allgemeinheit zum Zweck des Tierschutzes
vorgenommen worden seien. Im übrigen verstoße die Gebührenerhebung gegen das
Äquivalenz- und gegen das Kostendeckungsprinzip des Gebührenrechts.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">die vom Beklagten im Zeitraum vom 19. August 1983 bis zum 30. September 1983
erlassenen Gebührenbescheide mit den Nrn. 9503, 9507, 9511, 9512, 9514, 9515,
9518, 9535, 9536, 9537, 9542, 9543, 9546, 9551, 9553, 9552, 9572, 9570, 9576,
9579, 9580, 9582, 9583, 9587, 9593, 9605, 9606, 9608, 9615, 9616, 9618, 9619,
9622, 9624, 9637, 9638, 9639, 9644, 9646, 9649, 9650, 4596, 4597, 9666, 9667,
9668, 9676, 9680, 9685, 9683, 9682, 9700 und 9701 sowie den
Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidenten ... vom 24. November 1983
aufzuheben.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Er hat hervorgehoben, daß er die Unterscheidung zwischen gebührenfreien
tierseuchenrechtlichen Untersuchungen und tierschutzrechtlichen Maßnahmen, die
seiner Auffassung nach gebührenpflichtig seien, beachtet habe. Den Ausführungen der
Klägerin zur Unvereinbarkeit der Gebührenerhebung mit Gemeinschaftsrecht ist der
Beklagte unter Bezugnahme auf eine von ihm vorgelegte gutachtliche Stellungnahme
des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 16. Mai 1984
entgegengetreten. Ferner hat er geltend gemacht, die Gebühren seien nicht übersetzt,
da die Untersuchung mit besonderem Arbeitsaufwand verbunden sei. Der zeitliche
Aufwand für die grenztierärztliche Abfertigung eines Tiertransportes sei beträchtlich,
da die Grenzeingangsstellen von ... zwischen 30 und 50 Kilometer entfernt lägen;
zudem müsse der Tierarzt zur Besichtigung des Transports die zwei- bis dreistöckigen
Fahrzeuge besteigen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der Vertreter des öffentlichen Interesses hat sich am Verfahren beteiligt und -
ohne Stellung eines eigenen Antrages - ebenfalls die Auffassung vertreten,
Gemeinschaftsrecht stehe der Gebührenerhebung nicht entgegen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Das Verwaltungsgericht hat durch das angefochtene Urteil der Klage stattgegeben
und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin sei zur Zahlung der
Gebühren und etwaiger Auslagen nicht verpflichtet, weil sie weder Veranlasserin der
Amtshandlungen sei, noch die amtstierärztlichen Untersuchungen der Tiertransporte
unter tierschutzrechtlichen Gesichtspunkten zu ihren Gunsten vorgenommen worden
seien.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der er geltend macht: Die
Klägerin sei deshalb als Veranlasserin der amtstierärztlichen Grenzuntersuchungen
anzusehen, weil die Transporte von den Speditionen für die Klägerin durchgeführt
würden. Insoweit seien die besonderen Bedingungen des Speditionsgeschäfts nach
§§407 ff. HGB und die entsprechenden vertraglichen Verpflichtungen zu
berücksichtigen. Außerdem kämen der Klägerin die Untersuchungen auch zugute, da
sich schlechte Transportbedingungen negativ auf die Qualität des Schlachtfleisches
auswirkten. Im übrigen wiederholt der Beklagte seine Auffassung, daß die
Gebührenpflichtigkeit der Untersuchungen zutreffend auf die Tarifstelle 26.6.2.1.3 der
Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung NW gestützt worden sei, und führt hierzu
ergänzend aus, bei einer Änderung der Verwaltungsgebührenordnung sei unter der
Tarifstelle 26.6.2.1.11 festgelegt worden, daß Untersuchungen nach
tierseuchenrechtlichen Vorschriften im innergemeinschaftlichen Handel gebührenfrei
erfolgten. Daraus werde erkennbar, daß die übergeordnete Tarifstelle 26.6.2 nicht nur
derartige Untersuchungen unter gesundheitlichen Gesichtspunkten, sondern auch
andere Untersuchungs- und Überwachungshandlungen umfasse, die gegen
Gebührenentrichtung abgewickelt würden.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und führt aus: Der Beklagte habe
bislang nicht dargetan, wieso sie Veranlasserin der Tiertransporte im Sinne des §13
des Gebührengesetzes NW sei. Die Transporte würden ausschließlich von dem
holländischen Exporteur oder dem Transporteur beauftragten Zollspedition
durchgeführt. Sie selbst habe bis zur Entgegennahme der Ware am Ablieferungsort
keinen Kontakt mit dem Transporteur und keine Möglichkeit des Einflusses auf den
Transport. Der Hinweis des Beklagten auf §§407 ff. HGB gehe fehl, da sie keinen
Auftrag zur Abfertigung von Grenztransporten in ihrem Namen erteile. Sie werde
lediglich von der Zollspedition als Empfängerin angegeben. Daß der Beklagte
inzwischen eingesehen habe, daß er den Falschen als Gebührenschuldner in Anspruch
genommen habe, belege seine zwischenzeitlich ergangene Anweisung an die
Veterinäre, den Spediteur oder den holländischen Exporteur als Gebührenschuldner
heranzuziehen. Die Klägerin wiederholt und vertieft ihre Auffassung, daß die Tarifstelle
26.6.2.1.3 der Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung NW keine
Ermächtigungsgrundlage für die streitige Gebührenerhebung sei. Sie meint, es sei
nicht erkennbar, warum bei Untersuchungen nach tierseuchenrechtlichen Vorschriften
keine Gebühren erhoben werden dürften, hingegen bei tierschutzrechtlichen
Untersuchungen im innergemeinschaftlichen Warenverkehr zulässig sein sollten. Ferner
weist die Klägerin erneut darauf hin, daß die Gebührenerhebung wegen Verstoßes
gegen Gemeinschaftsrecht und wegen der Unvereinbarkeit der Höhe der Gebühren
mit den Gebührengrundsätzen in §§3, 4 und 9 GebG NW rechtswidrig seien.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der
Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des
Beklagten Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist nicht begründet; das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht
stattgegeben. Die Klägerin ist nicht verpflichtet, die vom Beklagten festgesetzten
Gebühren für amtstierärztliche Untersuchungen von grenzüberschreitenden
Viehtransporten zu entrichten.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Rechtsgrundlage für die Gebührenerhebung sind die Bestimmungen des
Gebührengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (GebG NW) vom 23. November
1971, GV NW 354, in Verbindung mit der Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung in
der Fassung der Zweiten Änderungsverordnung vom 15. Dezember 1981, GV NW
718, und dem Allgemeinen Gebührentarif, der Bestandteil der Gebührenordnung
ist.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Während die aufgrund des §2 Abs. 2 GebG NW erlassene Allgemeine
Verwaltungsgebührenordnung in ihrem Gebührentarif die einzelnen gebührenpflichtigen
Amtshandlungen aufführt, sind die allgemeinen gebührenrechtlichen Regelungen, etwa
hinsichtlich der Entstehung der Kostenschuld oder der Kostengläubiger- und
Kostenschuldnerschaft unmittelbar dem Gebührengesetz zu entnehmen. Steht die
Gebührenerhebung mit den dort geregelten allgemeinen Grundsätzen nicht im
Einklang, kommt es auf die Zuordnung der streitigen behördlichen Maßnahme zu den
Amtshandlungen des Allgemeinen Gebührentarifs nicht an. Ein solcher Fall liegt hier
vor. Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob nach der vom Beklagten angewandten
Tarifstelle 26.6.2.1.3 oder einer anderen Tarifstelle des Allgemeinen Gebührentarifs
Gebühren für amtstierärztliche Untersuchungen nach der Verordnung zum Schutz von
Tieren beim grenzüberschreitenden Transport vom 29. März 1983, BGBl. I 409,
erhoben werden dürfen und, wenn das zu bejahen ist, ob eine derartige Regelung mit
dem europäischen Gemeinschaftsrecht vereinbar ist. Denn eine etwaige
Gebührenpflicht trifft jedenfalls nicht die Klägerin. Sie ist nicht Kostenschuldnerin im
Sinne des §13 Abs. 1 GebG NW.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Nach dieser Vorschrift ist zur Zahlung der Kosten - neben anderen, hier nicht zu
erörternden Fallgestaltungen - verpflichtet, wer die Amtshandlung veranlaßt oder zu
wessen Gunsten sie vorgenommen wird (§13 Abs. 1 Nr. 1 GebG NW). Beides trifft
auf die Klägerin nicht zu.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, daß Veranlasser einer
Amtshandlung im Sinne des §13 Abs. 1 Nr. 1 GebG NW nicht bereits derjenige ist, der
im weitesten Sinne eine Ursache für das behördliche Tätigwerden gesetzt hat, da dies
auf eine bereits mit dem Sprachgebrauch nicht zu vereinbarende inhaltliche
Gleichsetzung der Begriffe der Verursachung und der Veranlassung hinauslaufen
würde. Daraus folgt, daß der Begriff der Veranlassung inhaltlich enger zu fassen ist
als derjenige der Verursachung. Eine derart einschränkende Interpretation kann sich
auf die Erwägungen des Gesetzgebers stützen. In der Begründung zum Entwurf eines
Gebührengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen, vgl. Landtag NW, Drucksache
7/821, zu §13, S. 29,</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">ist dargelegt, daß mit Kosten derjenige nicht belastet werden könne, für den die
Amtshandlung weder Bedeutung, wirtschaftlichen Wert noch sonstigen Nutzen habe
und eine Leistung der Verwaltung daher nicht darstelle. Eine Leistung in diesem Sinne
sei die Amtshandlung nur für den, der sie veranlaßt habe oder dem sie zum Vorteil
gereiche. Dabei werde unter "Veranlassen" nicht schon bloßes "Anlaßgeben", sondern
der Fall verstanden, in dem die Amtshandlungen auf einen Antrag oder ein sonstiges
auf Tätigwerden der Behörde gerichtetes Tun des Beteiligten zurückgehe.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks"> vgl. in diesem engeren Sinne auch OVG NW, Urteil vom 26. Oktober 1967 - III
A 75/67 -, OVGE 23, 263, 265; Burghartz, GebG NW u. VerwKostG, Kommentar,
1972, Erl. 2 zu §13.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Es spricht vieles dafür, daß die vorgenannte Auslegung, um zu sachgerechten
Ergebnissen zu gelangen, auch auf die Fälle ausgedehnt werden muß, in denen
jemand mit seinem Tun nicht auf ein Tätigwerden der Behörde abzielt, dieses unter
Umständen sogar von seiner Interessenlage her für überflüssig hält oder vermeiden
möchte, während der durch das Tun geschaffene Tatbestand die Behörde dennoch zu
einer Amtshandlung veranlaßt. Zu denken ist in diesem Zusammenhang insbesondere
an nicht beantragte Untersuchungen und Überprüfungen, wie sie auch im vorliegenden
Falle vorgenommen worden sind.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks"> vgl. (zur Apothekenaufsicht) OVG Lüneburg, Urteil vom 22. April 1970 - IV
OVG A 150/69 -, OVGE 26, 446; von Dreising, VerwKostG, Kommentar, 1971, Erl.
1.1 zu §13.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Der Gedanke braucht hier nicht weiter vertieft zu werden, denn auch in derartigen
Fällen ist als Korrektiv gegenüber einer ungerechtfertigt weiten Ausdehnung des
Begriffes der Veranlassung erforderlich, daß der Tatbestand, an den angeknüpft wird,
unmittelbarer Anlaß für die Amtshandlung war,</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks"> vgl. OVG Lüneburg, a.a.O., S. 447.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Insofern ist dem Verwaltungsgericht darin zuzustimmen, daß alle diejenigen als
Gebührenschuldner unter dem Gesichtspunkt der Veranlassung ausscheiden, die
lediglich eine vom unmittelbaren Anknüpfungspunkt des behördlichen Tätigwerdens
weiter entfernt liegende Ursache für die gebührenpflichtige Amtshandlung gesetzt
haben. Diese Kennzeichnung trifft hinsichtlich der amtstierärztlichen Untersuchungen
auf die Klägerin zu. Unmittelbarer Anknüpfungspunkt für diese Untersuchungen ist, wie
der Titel der ihr zugrundeliegenden Verordnung vom 29. März 1983 zeigt, der "Schutz
von Tieren beim grenzüberschreitenden Transport". Die Untersuchung beinhaltet
gemäß §3 Abs. 1 der Verordnung zunächst die Feststellung, ob während des
grenzüberschreitenden Transports Mängel vorliegen, die bei den Tieren vermeidbare
Schmerzen, Leiden oder Schäden hervorrufen können. Sie erstreckt sich ferner auf
eine - wiederum "während des grenzüberschreitenden Transports" gegebenenfalls
erforderlich werdende Versorgung der Tiere mit Futter oder Wasser (§3 Abs. 2) und
auf die Einhaltung der die Tiere und das Transportmittel betreffenden Bestimmungen
des Europäischen Übereinkommens vom 13. Dezember 1968 über den Schutz von
Tieren beim internationalen Transport (§§5, 4 Abs. 2).</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Allen genannten Untersuchungsgegenständen steht die Klägerin als Importeur der
Schlachtschweine gleichermaßen fern. Frachtführer und Spediteur, in gewissem
Umfang auch der Exporteur, haben in der genannten Reihenfolge Einfluß auf die
Transportbedingungen. Die Klägerin dagegen stellt weder Fahrzeug noch Personal für
die Transporte zur Verfügung. Die Transportbedingungen kann sie weder vorschreiben
noch kontrollieren. Sie wählt nicht einmal die Speditionsunternehmen aus; dies
geschieht vielmehr, wie die Klägerin überzeugend vorgetragen hat und wie es dem
Senat aus gleichliegenden Verfahren anderer Viehimporteure als üblich bekannt ist,
durch den Exporteur. Schon von daher sind die Vorschriften über das
Speditionsgeschäft (§§407 ff. HGB), auf die der Beklagte abgestellt wissen möchte,
nicht einschlägig. Aber selbst wenn die Klägerin die Speditionsaufträge erteilte, ließe
sich aus den Vorschriften des HGB hinsichtlich der Frage der Veranlassung der
Amtshandlungen keine unmittelbare Beteiligung der Klägerin herleiten. Zwar hat der
Spediteur gemäß §408 Abs. 1 HGB das Interesse des Versenders wahrzunehmen und
dessen Weisungen zu befolgen. Abgesehen davon, daß diese Vorschrift lediglich die
Sorgfaltspflichten des Spediteurs regelt, bleibt dadurch jedoch unberührt, daß der
Spediteur typischerweise die Guterversendung in eigenem Namen mit eigenen
Rechten und Pflichten und lediglich auf Rechnung des Versenders besorgt (§407 Abs.
1 HGB).</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Zu Recht weist das Verwaltungsgericht ferner darauf hin, daß §3 Abs. 2 der
Verordnung die Befugnis des Amtstierarztes oder der sonstigen zuständigen Behörden
regelt, gegenüber "dem Begleiter" der Tiere oder dem "mit ihrer Betreuung
Beauftragten" die zum Schutz der Tiere notwendigen Maßnahmen anzuordnen. Auch
hieraus wird ersichtlich, daß unmittelbarer Anlaß für die Amtshandlungen, die der
Beklagte als gebührenpflichtig ansieht, der Grenzübertritt des Viehtransportes ist und
daß die von der Verordnung vorgesehenen Maßnahmen unmittelbar an das Handeln
oder Unterlassen der Begleiter oder Betreuer der Tiere anknüpfen. Damit hat die
Klägerin in dem erläuterten unmittelbaren Sinne nichts zu tun. Daß die Transporte
letztlich aufgrund der Einkäufe der Klägerin durchgeführt werden, reicht für die
Annahme einer Veranlassung nicht aus.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Die amtstierärztlichen Untersuchungen sind aber auch nicht "zu Gunsten" der
Klägerin erfolgt. §13 Abs. 1 Nr. 1 2. Alt. GebG NW setzt, wie der Senat unter Hinweis
auf den im Abgabenrecht zu beachtenden Grundsatz der Klarheit und Eindeutigkeit
belastender Gebührenbestimmungen entschieden hat,</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks"> vgl. Urteil vom 13. Mai 1986 - 12 A 343/85 -,</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">ebenfalls Unmittelbarkeit - hier zwischen Amtshandlung und Begünstigung -
voraus,</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks"> vgl. Begründung zum Entwurf des GebG NW, a.a.O..</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin ist durch die Untersuchungen nicht unmittelbar begünstigt. Die
Einhaltung der tierschutzrechtlichen Bestimmungen ist kein Belang, der speziell die
Klägerin betrifft und dessen Sicherstellung ihr deshalb einen Vorteil verschaffen
könnte. Es braucht nicht entschieden zu werden, ob die amtstierärztliche Untersuchung
der Tiere beim grenzüberschreitenden Transport, wie das Verwaltungsgericht meint,
ausschließlich im öffentlichen Interesse liegt oder ob daneben auch die Frachtführer
oder Spediteure unter dem Gesichtspunkt unmittelbar begünstigt werden, daß
hierdurch eine ihnen aufgrund spezieller Transport- oder Tierschutzvorschriften
obliegende Verpflichtung erfüllt wird,</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks"> vgl. für den Fall der Gebäudeeinmessung, durch die die Verpflichtung des
Eigentümers aus §10 Abs. 2 VermKatG NW erfüllt wird, Urteil des Senats vom 13.
Mai 1986 - 12 A 2815/84 -.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Jedenfalls ist keine Verpflichtung der Klägerin im Zusammenhang mit dem
Tiertransport ersichtlich, die gleichzeitig mit der Amtshandlung der beamteten
Tierärzte des Beklagten erfüllt würde. Die vom Beklagten in der mündlichen
Verhandlung zusätzlich genannte Verbesserung der Qualität des Schlachtfleisches
durch die Kontrolle der Transportbedingungen ist, falls eine derartige Wirkung
überhaupt feststellbar ist, allenfalls eine entfernte Nebenfolge der tierschutzrechtlichen
Untersuchung und von daher ebenfalls nicht geeignet, der Klägerin einen unmittelbaren
Nutzen zu verschaffen.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf §154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit auf §167 VwGO, §§708 Nr. 10, 711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür (vgl. §132 Abs.
2 VwGO) nicht vorliegen.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">
</p>
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315,511 | olgham-1986-11-28-9-u-26381 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
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} | 9 U 263/81 | "1986-11-28T00:00:00" | "2019-03-13T14:57:45" | "2019-03-27T09:42:56" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1986:1128.9U263.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen das am 23. Oktober 1981 verkündete Urteil der Zivilkammer I des Landgerichts Detmold so abgeändert:</p>
<p></p>
<p>Die Ansprüche des Klägers auf Zahlung von 2.230,46 DM, von monatlich 700,-- DM für die Zeit vom 1. Februar 1979 bis zur rechtskräftigen Erledigung dieses Prozesses und von monatlich 850,-- DM für die Folgezeit, längstens jedoch bis zum 30. August 2000, werden dem Grunde nach nebst 4 % Zinsen seit dem 5. August 1981 zu 2/3 für gerechtfertigt erklärt, und zwar vorbehaltlich eines gesetzlichen Anspruchsübergangs.</p>
<p></p>
<p>Es wird festgestellt, daß die Beklagten verpflichtet sind, als Gesamtschuldner dem Kläger die diesen beiden Renten entsprechenden Sozialversicherungsbeiträge nebst 4 % Zinsen seit dem 5. August 1981 zu ersetzen, und zwar vorbehaltlich eines gesetzlichen Anspruchsübergangs.</p>
<p></p>
<p>Die weitergehende Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Der Rechtsstreit wird zur Entscheidung über die Beträge und über die Kosten, auch diejenigen des Berufungsverfahrens im ersten und zweiten Durchgang und des Revisionsverfahrens an das Landgericht zurückverwiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Beschwer des Klägers beträgt 45.726,82 DM, die der Beklagten 109.453,64 DM.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Tatbestand:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche des Klägers wegen Verletzung der Streupflicht durch die Beklagten.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten sind Wohnungseigentümer der Wohnung Nr. 4 im ersten Obergeschoß des Hauses xxx in xxx; sie hatten ihre Wohnung an den Kläger und seine Ehefrau vermietet. Das Haus besteht aus insgesamt drei Etagen mit je drei Eigentumswohnungen. Zum Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft war seit Anfang 1977 der (Mit-)Eigentümer der Wohnung Nr. 3) der Zeuge xxx bestellt. Der (Mit-)Eigentümer der Wohnung Nr. 1, xxx, war als Hauswart tätig.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Am 23. Januar 1979 kam die damals 57-jährige Ehefrau des Klägers gegen 8.00 Uhr auf dem Gehweg vor dem Wohnhaus infolge Glatteis zu Fall und verletzte sich so schwer, daß sie auf dem Transport zum Krankenhaus verstarb. Im Raum Herford war etwa seit 7.00 Uhr, jedenfalls vor 7.30 Uhr, unterkühlter Regen gefallen, der - bis mindestens 10.00 Uhr - auf dem (leicht) gefrorenen Boden sofort zur Bildung von Glatteis führte, also beim Aufprall spontan gefror. Wegen der Einzelheiten insoweit wird Bezug genommen auf die Auskünfte des deutschen Wetterdienstes vom 13.3.1981 (Bl. 17 f. d.A.), vom 26.2.1985 (Bl. 161 ff. d.A.), vom 19.11.1985 (Bl. 220 ff. d.A.) und auf das mündlich erstattete Gutachten des Sachverständigen xxx (Berichterstattervermerk zur Sitzungsniederschrift vom 7. Januar 1936, Bl. 278 - 281 d.A.).</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hatte das Haus gegen 7.50 Uhr (so seine Behauptung) oder 7.55 Uhr (so die Behauptung der Beklagten unter Bezugnahme auf die polizeilichen Feststellungen, Bl. 3 der Beiakten 46 U Js 58/79 StA xxx), verlassen, um zur Arbeit zu gehen. Seine Arbeitsstelle war ca. 600 bis 700 m Fußweg, für den er 5 bis 10 Minuten benötigte, entfernt. In seinem Büro angekommen rief der Kläger seine Ehefrau an und unterrichtete diese von dem von ihm bereits vor dem Haus festgestellten Glatteis. Seine Frau betrat daraufhin gegen 8.00 Uhr den Bürgersteig vor dem Haus, um mit dem von der Wohnungseigentümergemeinschaft bereitgestellten Streusalz den Bürgersteig abzustreuen. Dabei glitt sie aus und erlitt eine tödliche Kopfverletzung. Von diesem Unfall wurde der Kläger telefonisch von der Zeugin xxx zwischen 8.10 Uhr und 8.15 Uhr verständigt.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Durch Ortssatzung der Stadt xxx war die Verpflichtung, Bürgersteige ab 7.00 Uhr zu streuen, auf die Anlieger übertragen. Die von der Wohnungseigentümergemeinschaft beschlossene Hausordnung, die Bestandteil des Mietvertrages der Parteien war, lautete unter anderem: "In den Wintermonaten, also von der Woche ab, in der der 1. November liegt, bis zu der Woche, in der der 30. April liegt, wird der Winterdienst etagenweise durchgeführt, so daß die Bewohner einer Etage im Rahmen der vorstehenden Ordnung den Streu-, Schneeräum- und Kehrdienst zu erledigen haben.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Zugangswege sind nicht nur sauber zu halten, sondern im Winter auch nach Bedarf vom Schnee zu befreien und bei eintretender Glätte vor 7.00 Uhr morgens zu streuen".</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Streumittel waren von der Wohnungseigentümergemeinschaft bereitzustellen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Im Haus hing ein Plan "Schneewochen erste Hälfte 1979" aus, der für die 4. bis 6. Woche (vom 22. Januar bis 11. Februar 1979) den Winterdienst der Wohnungsinhaber des 2. Obergeschosses vorsah. Die Übernahme einer bestimmten Woche blieb der Absprache auf der Etage vorbehalten.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat vorgetragen:</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten hätten ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt. Die "Schneewochen-Regelung" sei zu unbestimmt gewesen und auch nie in die Tat umgesetzt worden, da - unstreitig - bis auf seine Ehefrau und einen 76-jährigen Rentner, den nunmehr verstorbenen xxx alle Hausbewohner berufstätig gewesen seien und das Haus regelmäßig vor 7.30 Uhr verlassen hätten. Auch der Hausverwalter xxx habe seine Aufgaben nie wahrgenommen. Deswegen sei vor dem Hause auch so gut wie nie gestreut worden. Wenn die Beklagten bzw. der Verwalter ihrer Streupflicht nachgekommen wären, hatte seine Frau keinen Anlaß gehabt, sich auf den Bürgersteig zu begeben, um zu streuen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Seine Ehefrau habe für die Haushaltsführung täglich drei Stunden aufgewandt; für eine Hausgehilfin müsse er, der Kläger, bei entsprechendem Arbeitsumfang 900,-- DM brutto aufwenden, auf die er sich 50,-- DM wegen ersparter Aufwendungen für die verstorbene Ehefrau anrechnen lasse. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung verlange er jedoch nur eine Geldrente von 700,-- DM monatlich zuzüglich darauf entfallender Sozialversicherungsbeiträge, da er bis zu diesem Zeitpunkt von seiner Tochter versorgt werde, mit der er ein Entgelt von 700,-- DM monatlich vereinbart habe.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an ihn</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">1. für die Zeit vom 1.2.1979 bis zur Rechtskraft des in dieser Sache ergehenden Urteils monatlich 700,-- DM zuzüglich der gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen,</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">2. ab Rechtskraft des Urteils bis zu seinem Lebensende monatlich 850,-- DM zuzüglich der gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen,</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">3. 2.230,45 DM zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten haben beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Sie haben vorgetragen:</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Klageanträge zu 1) und 2) seien betragsmäßig nicht bestimmt und deshalb unzulässig.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Zur Unfallzeit (8.00 Uhr) habe keine Streupflicht bestanden, da ein Streuen mit abstumpfenden Mitteln wegen des sich ständig erneuernden Glatteises sinnlos gewesen wäre. Außerdem habe die Ehefrau des Klägers selbst zu dem streupflichtigen Personenkreis gehört, auch wenn am Unfalltag eine andere Etage an der Reihe gewesen sei; sie falle daher nicht in den Schutzbereich des § 823 Abs. 2 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Im übrigen habe die Eigentümergemeinschaft mit der Aufstallung des Schneewochenplanes und der Einsetzung des sorgfältig ausgewählten und zuverlässigen Verwalters xxx alles Erforderliche getan, um ihrer Streupflicht zu genügen. Diesem Zeugen habe die Eigentümergemeinschaft die Überwachung und Einhaltung der Streupflicht übertragen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Auch müsse der Kläger sich ein Mitverschulden der Ehefrau entgegenhalten lassen, da diese unmittelbar vor dem Unfall vor dem Glatteis gewarnt worden sei; sie habe den Verwalter anrufen und zum Streuen auffordern müssen, ehe sie selbst den Bürgersteig betrat. Zumindest hätte sie mit dem Streugut, das sie in der Hand gehalten habe, zunächst den Weg vor ihren Füßen begehbar machen können und müssen. Sofern überhaupt eine Haftung der Beklagten in Betracht komme, müsse sie angesichts des überwiegenden Eigenverschuldens der Ehefrau des Klägers zurücktreten.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Zumindest müsse der Kläger sich den Wegfall der Unterhaltspflicht gegenüber seiner nicht berufstätigen Ehefrau anrechnen lassen, die mit mindestens 700,-- DM monatlich anzusetzen sei.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat die Klage ohne Beweisaufnahme abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, es könne dahinstehen, ob zur Unfallzeit eine Streupflicht bestanden habe und ob die Eigentümergemeinschaft alles Erforderliche getan habe, um ihre Streupflicht zu erfüllen. Ansprüche aus Delikt stünden dem Kläger nicht zu, da nicht unter den Schutzzweck der verletzten Norm falle, wer die Verkehrssicherheit des Bürgersteiges im Auftrage des Streupflichtigen oder als Geschäftsführer ohne Auftrag in dessen Interesse erst herstellen wolle. Dies gelte zumindest dann, wenn der freiwillig Streuende nicht in seinem eigenen Interesse tätig werde, etwa weil er selbst das Haus verlassen wolle. Der Kläger habe nicht vorgetragen, daß seine Frau das Haus zu anderen Zwecken als zum Streuen habe verlassen wollen. Auch aus dem Gesichtspunkt des Aufwendungsersatzes (§§ 633, 670 BGB) könne der Kläger nicht Ersatz seines Schadens verlangen. Zum einen sei seine Ehefrau offenbar aufgrund ihrer altersbedingten körperlichen Verfassung nicht in der Lage gewesen, auf dem vereisten Bürgersteig das Gleichgewicht zu halten, so daß es nicht dem wirklichen Interesse des Geschäftsherrn entsprochen habe, daß sie sich selbst in Lebensgefahr begebe. Zum anderen scheitere ein Aufwendungsersatzanspruch daran, daß der Sturz keine den übernommenen Geschäft immanente Gefahr dargestellt habe. Der Streuende könne durch geeignetes Schuhwerk, durch Streuen der unmittelbar vor ihm liegenden Flächen und notfalls durch Rutschen auf den Knien jede Gefahr ausschließen; wenn er dennoch falle, verwirkliche sich nur sein allgemeines Lebensrisiko, nicht aber eine dem übernommenen Geschäft innewohnende besondere Gefahr.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Mit der Berufung verfolgt der Kläger seine ursprünglichen Anträge weiter, beschränkt die begehrte Rente aber auf die Dauer der statistischen Lebenserwartung seiner Ehefrau zum Unfallzeitpunkt und verlangt hinsichtlich der auf die begehrten Renten entfallenden Sozialversicherungsbeiträge nur noch Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Nach Anhörung des Klägers und Vernehmung des Zeugen xxx hat der Senat im ersten Durchgang auf die Berufung des Klägers durch Senatsurteil das angefochtene Urteil des Landgerichts teilweise abgeändert und die Ansprüche des Klägers auf Zahlung von 2.230,46 DM, von monatlich 700,-- DM für die Zeit vom 1. Februar 1979 bis zur rechtskräftigen Erledigung dieses Prozesses und von monatlich 850,-- DM für die Folgezeit, längstens jedoch bis zum 30. August 2000, dem Grunde nach zu 2/3 für gerechtfertigt erklärt, und zwar vorbehaltlich eines gesetzlichen Anspruchsübergangs. Er hat weiter festgestellt, daß die Beklagten verpflichtet sind, als Gesamtschuldner an den Kläger die diesen beiden Renten entsprechenden Sozialversicherungsbeiträge zu ersetzen, und zwar vorbehaltlich eines gesetzlichen Anspruchsübergangs.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Auf die Revision der Beklagten hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 27.11.1984, auf das wegen der Einzelheiten verwiesen wird, das vorgenannte Urteil des Senats aufgehoben, soweit darin zum Nachteil der Beklagten erkannt ist.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Der Kläger verfolgt seine ursprünglichen Berufungsanträge weiter. Er wiederholt sein bisheriges Vorbringen und stützt seine Ansprüche auch darauf, daß die Verletzung der Streupflicht durch die Beklagten zugleich eine positive Vertragsverletzung des Mietvertrages der Parteien darstelle. </p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Ergänzend trägt er vor:</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Wenn der Streupflichtige bei einem Glätteunfall keinen Ersatz verlangen könne, dann nicht etwa, weil er nicht unter den Schutzzweck falle, sondern deshalb, weil es an einer Pflichtverletzung fehle: Gegenüber dem Pflichtigen könne die Pflicht nicht bestehen. Eine Streupflicht bestehe gerade dann im besonderen Maße, wenn sich ausnahmsweise ständig neues Glatteis bildet.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Ein entgegenstehender Wille des Geschäftsherrn sei wegen §§ 633 Satz 2, 679 3GB unbeachtlich, da die Erfüllung der Streupflicht im öffentlichen Interesse gelegen habe.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Ein Mitverschulden seiner Ehefrau sei nicht erwiesen. Sie habe geeignetes Schuhwerk getragen, sei trotz ihres Alters gesund und rüstig gewesen und habe den Sturz trotz aller Sorgfaltspflicht nicht vermeiden können. Er habe seine Ehefrau am Telefon nur vor dem Glatteis gewarnt, welches er bereits beim Verlassen des Hauses sofort bemerkt habe. Zu seiner Firma sei er mehr oder weniger rübergeschlindert. Über ein Abstreuen habe er mit seiner Ehefrau am Telefon nicht gesprochen.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Die Winterwartung sei im Hause nur schlecht praktiziert worden, weil nahezu alle Bewohner berufstätig gewesen seien. Von denen, die zu Hause geblieben seien, sei wohl mal jemand, wenn es in der Zwischenzeit geschneit habe, rausgegangen. Dann sei aber mal wieder nichts passiert. Die anderen Mieter seien vielleicht mal abends rausgegangen und hätten gestreut. Häufig sei trotz Notwendigkeit jedoch nicht gestreut worden. Ob samstags und sonntags gestreut worden sei, daran könne er sich nicht erinnern. Absprachen für die Zeit der Abwesenheit der berufstätigen Bewohner habe es nicht gegeben. Die Berufstätigen hätten etwa in der Zeit von 7.15 Uhr bis 7.45 Uhr das Haus verlassen. Der im Haus lebende Rentner, der verstorbene Herr xxx, der schon alt gewesen sei, habe meistens zusammen mit seiner Ehefrau das Notwendigste gemacht. Er, der Kläger, habe damals schon nach dem Einzug bemängelt, daß die Schneewochenregelung nicht in Ordnung sei. Es sei jedoch nichts geändert worden. Wenn ihre Etage Schneewoche gehabt habe, habe seine Frau das Streuen auch erledigt. Aber auch in diesen Wochen habe es keine Absprache mit den anderen Etagenbewohnern gegeben. Er nehme an, daß die anderen sich darauf verlassen hätten. Eine Absprache sei jedoch nicht erfolgt. Er, der Kläger habe auch schon mal die anderen Eigentümer angesprochen, daß diese auch hätten abstreuen können. Hinterher habe er solche Bemerkungen unterlassen, da er sowieso nur "dumme" Antworten erhalten habe.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt nunmehr,</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung des angefochtenen Urteils</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">1. die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an ihn</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">a) für die Zeit vom 1.2.1979 bis zur Rechtskraft des Urteils in dieser Sache, längstens jedoch bis zur Erreichung des mutmaßlichen Alters der Ehefrau gemäß der maßgeblichen Lebenserwartungstabelle, monatlich 700,-- DM,</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">b) ab Rechtskraft des Urteils bis zur Erreichung des mutmaßlichen Alters der Ehefrau gemäß der</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">maßgeblichen Lebenserwartungstabelle monatlich 850,-- DM zu zahlen,</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">c) 2.230,46 DM zu zahlen,</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">2. festzustellen, daß die Beklagten verpflichtet sind, ihm als Gesamtschuldner die den beiden Renten zu Ziffer 1 a) und b) entsprechenden Sozialversicherungsbeiträge zu ersetzen,</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">und zwar dies alles mit der Maßgabe, daß jeweils nur 2/3 verlangt werde, bzw. eine Quote von 2/3 zugrunde zu legen sei.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">3. Die Beklagten zur Zahlung von 4% Zinsen auf die in den ihren Anträgen zu 1) und 2) genannten Beträge ab 1.2.1979 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Sie verteidigen das angefochtene Urteil und tragen ergänzend vor:</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Die Ehefrau des Klägers sei selbst streupflichtig gewesen. Im Außenverhältnis sei nämlich jeder Wohnungseigentümer gleichermaßen streupflichtig gewesen; an die Stelle der Beklagten seien insoweit kraft der mietvertraglichen Regelung der Kläger und seine Ehefrau getreten. Die in der Hausordnung festgelegte Reihenfolge sei lediglich eine interne Regelung, die für die Frage, wer im Außenverhältnis streupflichtig sei, keine Bedeutung habe. Da die Ehefrau des Klägers streupflichtig gewesen sei, stehe diesem weder ein Anspruch aus unerlaubter Handlung noch ein Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag zu.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Mit Nichtwissen werde bestritten, daß die Glatteisbildung schon um 7.00 Uhr eingesetzt habe. Im Bereich der Unfallörtlichkeit habe es erst kurz vor 8.00 Uhr zu regnen begonnen. Niemand habe also vor dem Unfall der Ehefrau des Klägers streuen können. Im Anschluß an die Auskünfte des deutschen Wetterdienstes und der Polizeistation Herford vom 7.11.1985 (Bl. 214 R d.A.) behaupten die Beklagten weiterhin, daß nicht einmal davon ausgegangen werden könne, daß der Beginn der Eisbildung mit dem Beginn des Niederschlages zusammenfalle. Der Regen könne auch erst später und allmählich in Eisregen übergegangen sein. Außerdem sei in der Zeit vor 8.00 Uhr die Niederschlagsmenge und die Intensität des Regens so niedrig gewesen, daß er nicht einmal als Regen wahrzunehmen gewesen sei. Eine unausgesetzte Beobachtung und Kontrolle des Bürgersteigs könne von einem Streupflichtigen nicht verlangt werden.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Als die berufstätigen Hausbewohner morgens das Haus bis 7.30 Uhr verlassen hätten, sei der Gehweg vor dem Haus eisfrei gewesen. Der Zustand des Gehweges sei auch noch unbedenklich gewesen, als der Kläger um 7.55 Uhr das Haus verlassen habe. Die einsetzende Glättebildung habe er erst auf dem weiteren Weg zur Arbeitsstelle bemerkt. Die Ehefrau des Klägers habe aufgrund des Anrufs des Klägers wegen einer von allen Bewohnern beachteten und praktizierten Übung bzw. Übereinkunft für die abwesenden berufstätigen streupflichtigen Bewohner (damals des zweiten Obergeschosses) streuen wollen. Der Anruf des Klägers sei Ausdruck dieser Übung gewesen. In diesem Zusammenhang beziehen sich die Beklagten auf die Feststellung im Polizeibericht, daß dem Kläger bekannt gewesen sei, daß seine Frau den Gehweg vor dem Hause habe streuen wollen. In der letzten Berufungsverhandlung hat dazu der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten unter Bezugnahme auf den Polizeibericht ausgeführt, es werde bestritten, daß die Ehefrau des Klägers deshalb zum Streuen nach draußen gegangen sei, weil sie gewußt habe, daß keiner streue.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Schließlich behaupten die Beklagten, daß es bis 10.00 Uhr unmöglich gewesen sei, auch nur für kurze Zeit durch Streusalz oder abstumpfende Streumittel eine stumpfe Oberfläche herzustellen. Sie verweisen dazu darauf, daß laut Auskunft des Wetteramtes und zwischen den Parteien unstreitig unterkühlter Regen ("Eisregen") auf gefrorenen Boden gefallen und dort sofort (spontan) gefroren sei. Diese Sachlage sei aber der in den vom 13. Zivilsenat des hiesigen Oberlandesgerichts entschiedenen Fällen vergleichbar, in denen für den 8.1.1979 eine Streupflicht verneint worden sei, was der BGH in einem der beiden Fälle auch gebilligt habe (vgl. dazu BGH VersR 1984, 645).</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Die Überwachung der Einhaltung der Winterwartung habe immer funktioniert. Diese sei dem Hauswart, dem Zeugen xxx anvertraut gewesen und im übrigen durch die im Hause wohnenden Miteigentümer täglich und zwangsläufig erfolgt. Demgemäß habe es auch nie Beanstandungen oder Mißhelligkeiten gegeben.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Letztlich meinen die Beklagten, daß das Eigenverschulden der Ehefrau des Klägers höher anzusetzen sei als mit 1/3. Die Ehefrau des Klägers habe Schuhe mit Kreppsohlen getragen; solche Sohlen veränderten sich mit der Zeit und würden rutschig. Es sei anzunehmen, daß auch die Schuhe der Ehefrau des Klägers unsicher gewesen seien und zum Unfall beigetragen hätten. Von einer völligen Vernachlässigung der Überwachungspflicht durch die Wohnungseigentümer könne zudem keine Regel sein.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird ergänzend Bezug genommen auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat den Kläger erneut angehört und die Zeugen xxx und xxx uneidlich vernommen. Als Sachverständige wurden gehört der Dipl.-Metereologe xxx vom Deutschen Wetterdienst und der Beigeordnete der Stadt xxx. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Berichterstattervermerke vom 7.1.1936 (Bl. 271 bis 281 d.A.) und die Sitzungsniederschrift vom 10.10.1986 (Bl. 306 bis 307 d.A.) Bezug genommen. Wegen der amtlich eingeholten Auskunft der Polizeistation xxx wird Bezug genommen auf Bl. 214 R d.A.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Die Akten 9 C 95/80 AG xxx und 46 U Js 58/79 StA xxx lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist zulässig. Sie hat in der Sache teilweise Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist zulässig, wie der Senat bereits in dem aus anderen Gründen teilweise aufgehobenen Urteil vom 11. Januar 1983 ausgeführt hat und auf das (Seite 11) zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch zum Teil dem Grunde nach gerechtfertigt. Die Beklagten haften dem Kläger aus unerlaubter Handlung auf Ersatz vom 2/3 seines Unterhaltsschadens und der ihm entstandenen Begräbniskosten.</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Daß Ansprüche wegen Verletzung mietvertraglicher Nebenpflichten und ebenfalls Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683, 670 in Verbindung mit §§ 844, 618 Abs. 3 BGB analog) ausscheiden, hat der Senat bereits im einzelnen in dem vorgenannten Urteil auf den Seiten 11 und 12, auf die verwiesen wird, ausgeführt.</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Die Eigentümergemeinschaft haftet dem Kläger jedoch nach §§ 823 I, 831 Abs. 1 Satz 1, 844 Abs. 1 und 2 BGB wegen Verletzung ihrer Pflichten zur Schaffung einer hinreichenden Streuorganisation und ausreichenden Überwachungen der Erfüllung der Streupflicht. Eine Entlastung nach § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB ist nicht erfolgt.</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten haften als Mitglieder dieser Eigentümergemeinschaft dem Kläger gegenüber als Gesamtschuldner, § 840 BGB (vgl. Bärmann-Pick-Merle, WEG, 4. Aufl. 1980, § 16 Rn. 146; Weitnauer WEG, 6. Aufl. 1982, § 27 Rn. 29). Der Kläger muß sich aber gemäß §§ 846, 254 BGB ein Eigenverschulden seiner Ehefrau anrechnen lassen. Dieses kann im Verhältnis zum Verschulden der Eigentümergemeinschaft nicht mit mehr als 1/3 bewertet werden.</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten hatten zusammen mit den übrigen Wohnungseigentümern des Hauses aus § 823 Abs. 1 BGB abgeleitete Verkehrssicherungspflichten zu erfüllen.</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">Aufgrund der Ortsatzung der Stadt xxx waren die Wohnungseigentümer beim Eintritt von Glätte streupflichtig, wie dies der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 27.11.1934 im einzelnen auf den Seiten 5 und 6, auf die verweisend Bezug genommen wird, ausgeführt hat.</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">Wie der Bundesgerichtshof im einzelnen für rechtsfehlerfrei erklärt hat (Seite 6 bis 8 des Revisionsurteils), durfte die Wohnungseigentümergemeinschaft zwar in der von ihr gewählten Art und Weise die ihr durch Ortsatzung übertragene Streupflicht wochenweise auf die Wohnungsinhaber etagenweise übertragen, es oblag ihr, d. h. allen Wohnungseigentümern, jedoch eine streng zu handhabende Überwachungspflicht und zwar auch den Mietern der einzelnen Eigentumswohnungen gegenüber.</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">Dieser Überwachungspflicht ist die Wohnungseigentümergemeinschaft nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht nachgekommen:</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">So hat der damalige Hausverwalter xxx ausgesagt, daß er, der nicht in dem Hause xxx gewohnt hat, sich um den Streudienst und die Hausordnung nicht gekümmert und nichts kontrolliert habe, da dies Sache des damaligen Hauswartes, des Zeugen xxx gewesen sei. Der Zeuge xxx hat bekundet, daß man gemeinsam einen Streuplan erstellt habe. Um das Streuen habe er sich "an und für sich" nicht gekümmert und habe auch nichts überwacht. Wenn auch keine Beschwerden den auswärts wohnenden Wohnungseigentümer wie den Zeugen xxx und xxx gegenüber laut geworden sind, wie dies diese beiden Zeugen bekundet haben, so ist die Streupflicht trotz bestehenden Streuplanes im einzelnen jedoch nur unkoordiniert und mehr oder weniger zufällig und unregelmäßig erfüllt worden, wie sich dies nicht nur aus den Erklärungen des Klägers vor dem Senat, sondern letztlich auch aus der Aussage der Zeugin xxx und des Zeugen xxx ergibt.</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">3.</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">Die Ehefrau des Klägers fiel auch in den Schutzbereich der der Wohnungseigentümergemeinschaft obliegenden Pflichten zur Erfüllung und Sicherstellung der Winterwartung auf dem Gehweg vor dem Hause xxx. Nur dann, wenn die Ehefrau des Klägers der Wohnungseigentümergemeinschaft gegenüber verpflichtet gewesen wäre, streuend tätig zu werden, fiele sie bei wertender Beurteilung aus dem Schutzbereich der Pflichten der Wohnungseigentümergemeinschaft heraus, wie der Bundesgerichtshof auf Seite 8 des Revisionsurteils ausgeführt hat. Eine Verpflichtung der verstorbenen Ehefrau, für die anderen Bewohner des Hauses einzugreifen, ist nach der Beweisaufnahme jedoch nichts festgestellt worden. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat damals allenfalls eine tatsächliche Übung bestanden, daß mal der, mal jener streute und sich darauf offenbar auch alle Bewohner des Hauses verließen. Aus einer tatsächlichen Übung heraus kann jedoch eine Herausnahme der Verstorbenen aus dem Schutzzweckbereich der verletzten Pflichten nicht hergeleitet werden. Es ist nicht begründbar, daß derjenige, der mehrfach, jedoch freiwillig und ohne Verpflichtung und ohne Übernahme einer solchen Verpflichtung tätig wird, sich dann dadurch um eigene Ansprüche bringt, obwohl er rechtlich zu nichts verpflichtet war und auch keinen Ausgleich für seine Risikoübernahme erhält.</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Hiergegen läßt sich auch nicht anführen, daß sich die eigentlichen Streupflichtigen durch das Verhalten des Dritten-, hier der verstorbenen Ehefrau des Klägers, veranlaßt gesehen haben, ihrerseits von den Maßnahmen abzusehen, die sie sonst auf jeden Fall zur eigenen Pflichterfüllung hätten treffen müssen. Sollte der freiwillig tätig werdende Dritte durch sein Verhalten zurechenbar einen Vertrauenstatbestand geschaffen haben, würde er allerdings letztlich die Gefahr für sich selbst geschaffen haben und könnte möglicherweise bei wertender Beurteilung wegen der Schaffung eines Vertrauenstatbestandes den an sich Pflichtigen doch nicht in Anspruch nehmen. Eine solche Schlußfolgerung setzte aber voraus, daß wirklich ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist, der den Pflichtigen tatsächlich von sonst von ihm ergriffenen Maßnahmen abgehalten hat. Ein solcher von der verstorbenen Ehefrau des Klägers den Wohnungseigentümern gesetzter Vertrauenstatbestand konnte jedoch nicht festgestellt werden. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kann insoweit nichts hinreichendes zugunsten der Beklagten der Entscheidungsfindung zugrundegelegt werden. So hat der Zeuge xxx lediglich bekundet, daß er sich um nichts gekümmert hatte, daß keine Beschwerden vorgelegen hätten, daß alles in allem überhaupt keine Probleme vorgelegen hätten. Der Zeuge hat auch nichts darüber gehört, daß die Verstorbenen regelmäßig gestreut habe. Genauso wenig wie man aus dieser Zeugenaussage einen irgendwie gearteten, von der Verstorbenen geschaffenen Vertrauenstatbestand herleiten kann, kann man dies aus der Aussage des Zeugen xxx, der im wesentlichen ähnlich ausgesagt und von Einzelheiten nichts gewußt hat. Auch der Zeuge xxx, der zur damaligen Zeit Hauswart war, hat sich um das Streuen nicht gekümmert. Nach seiner Aussage ist nichts überwacht worden; die Gemeinschaft gut gewesen. Der verstorbene Rentner xxx hat nach der Aussage dieses Zeugen ab und an spontan gestreut. Eine stillschweigende Übereinkunft über das Streuen habe nicht bestanden. Die Zeugin xxx hat bekundet, daß nie versäumt worden sein soll zu streuen; daß sich keiner gedrückt habe und daß der Rentner xxx auch dann gestreut habe, wenn es nicht nötig gewesen sei. Diese Zeugin wußte aber auch nicht, ob die verstorbene Ehefrau tagsüber gestreut hat. Auch war dieser Zeugin nicht bekannt, daß diese ständig gestreut hätte. Es war also auch nach dieser Zeugenaussage nicht so, daß sie sich auf den verstorbenen Rentner xxx und die verstorbenen Ehefrau des Klägers verlassen und diesen (stillschweigend) die Verantwortung für das Streuen übertragen hätte.</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">4.</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">Die verstorbene Ehefrau des Klägers ist auch aufgrund der Pflichtverletzung der Wohnungseigentümer zu ihrem Tätigwerden "herausgefordert" worden, der Unfall mit seinen Folgen daher haftungsrechtlich den Beklagten zuzuordnen.</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">In den Fällen sogenannter psychischer Kausalität, zu denen die sogenannten Herausforderungsfälle zu rechnen sind, geht es um die "rechtliche Zuordnung bzw. Zurechnung" von Verhaltensfolgen (so deutlich: BGH NJW 1981, 570, 571; vgl. auch weiter Münchener Kommentar-Grunsky, Vorbemerkung § 249 Rn. 57 und 59), also um eine wertende Beurteilung. Entscheidend ist danach, ob der Verursacher das Verhalten des Geschädigten voraussehen und bei Einrichtung seines eigenen Verhaltens auch berücksichtigen mußte (BGH a.a.O.). Danach ist Zurechnungsgrund die Schaffung eines gesteigerten Gefahrenzustandes, durch den das Eingreifen eines (opferbereiten) Dritten herausgefordert wird, wobei entscheidend ist, daß der Dritte sich herausgefordert fühlen darf und zwar einmal überhaupt und gegebenenfalls auch in der von ihn gewählten Art und Weise (vgl. z. B. BGH NJW 1976, 569; BGH NJW 1975, 168 f. = BGHZ 63, 189, 192; Senat, Urteil vom 11.5.1984 in 9 U 250/83). Dabei unterscheiden sich die beiden Fallgruppen der sogenannten Nothilfefälle und der Verfolgungs- bzw. Fluchtfälle nur in Modifikationen (vgl. BGH NJW 1964, 1364; vgl. auch Zimmermann JZ 80, 10, 11), nämlich dahingehend, daß bei einem Eingreifen zur Hilfeleistung wegen der Gefahr für Leib und Leben für jemanden das Eingreifen des Dritten nahezu zwangsläufig herausgefordert worden ist und in solchen Fällen grundsätzlich eine Verhältnismäßigkeit ohne weiteres gegeben ist. Aber auch in diesen Fällen darf naturgemäß kein krasses Mißverhältnis zwischen der eingegangenen Gefahr und dem mit der Hilfeleistung angestrebten Erfolg gegeben sein (vgl. dazu Münchener Kommentar-Grunsky vor § 249 Rn. 59). Dagegen muß bei weniger bedrohlichen Situationen differenziert werden, ob sie generell geeignet sind, Hilfeleistungen Dritter überhaupt und gegebenenfalls in der vorliegenden Form hervorzurufen (vgl. BGH a.a.O.). Unerheblich ist dabei, ob eine Pflicht des Dritten zum Eingreifen (etwa gemäß § 330c StGB) besteht, ob die Hilfe einem anderen Opfer des Schädigers oder diesem selbst geleistet wird und ob vor dem Eingreifen des Dritten schon irgend ein haftungsrechtlich relevanter Sachverhalt des Schädigers vorlag (so wohl zu Recht: Münchener Kommentar-Grunsky vor § 249 Rn. 59). Entscheidend ist nur, ob aus der damaligen Sicht, also ex-ante betrachtet (vgl. dazu BGH NJW 1971, 1981 = BGHZ 57, 25, 32 und auch BGH NJW 1981, 571) der Dritte zu seinem Eingreifen berechtigt ist, ob also eine Verhältnismäßigkeit zwischen Zweck und erkennbarem Risiko seiner Aktion vorliegt (s. BGH NJW 1971, 1981; vgl. auch OLG Celle NJW 1979, 723 m.w.N.).</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">Die Ehefrau des Klägers durfte als "Herausgeforderte" auch angesichts der bei Übernahme des Risikos erkennbaren Gefahrenlage überhaupt und in der von ihr gewählten Art und Weise zur fraglichen Zeit tätig werden. Die Wohnungseigentümergemeinschaft auf der anderen Seite mußte das Eingreifen der Ehefrau überhaupt und in der von ihr gewählten Art und Weise zum fraglichen Zeitpunkt voraussehen.</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">aa)</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">Eine Herausforderung der verstorbenen Ehefrau und damit eine wertende Zurechnung der Schadensfolgen zu Lasten der Beklagten scheidet nicht etwa deshalb aus, weil die verstorbene Ehefrau zu früh, d. h. zeitlich gesehen zu einem Zeitpunkt tätig geworden ist, wo die den streupflichtigen Wohnungseigentümern einzuräumende Zeitspanne zur Erfüllung ihrer mit dem Eintritt der Glätte entstandenen Streupflicht (vgl. dazu BGH, Seite 9 des Revisionsurteils zu Ziffer 2 a und Seite 5 zu Ziffer 1 a) noch nicht abgelaufen war. Nach der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme ist zu diesem Punkt der Entscheidungsfindung zugrunde zu legen:</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">Wie der Sachverständige xxx im einzelnen überzeugend dargelegt hat, lag der Beginn des unterkühlten Regens im Bereich des Hauses xxx in xxx, der spontan sofort am Boden gefror bei 7.10 Uhr (+ - 5 Minuten). Es ist jedoch nicht auszuschließen, daß bei erwärmten Boden eine gewisse Verzögerung der Eisbildung vorliegen kann. Hierzu hat der Sachverständige ausgeführt, daß die Geschwindigkeit der Glatteisbildung von Bodenzustand abhängig sein kann und daß von daher gesehen gewisse Zeitunterschiede möglich sind. Deshalb ist z. B. möglich, daß der Zeuge xxx im Bereich der Kfz-Halle, wo vielleicht günstigere Temperatur- und Bodenverhältnisse vorgelegen haben, erst relativ spät eine Glatteisbildung bemerkt hat. Während der Sachverständige die untere Grenze der Glatteisbildung von zwei Minuten korrigiert und dazu ausgeführt hat, daß diese Grenze zu hoch angesetzt ist, hat er zu der oberen Grenze der zeitlichen Verzögerung der Glatteisbildung, die er in seinem schriftlichen Gutachten mit 10 Minuten angegeben hat, nicht korrigiert. Unsicherheiten gehen zu Lasten des beweispflichtigen Klägers. Eine Glatteisbildung vor dem Haus xxx kann mithin frühestens ab 7.25 Uhr bis 7.30 Uhr festgestellt werden. Auch nach der amtlichen Auskunft der Polizeistation xxx sind Glatteisunfälle im Raum xxx ab 7.50 Uhr, also nicht vor 7.25 Uhr registriert worden. Auch der Zeuge xxx hat bekundet, daß es auf seinem Weg zur Arbeit um 7.15 Uhr zu regnen begonnen habe, daß er ca. 10 bis 15 Minuten Fußweg gehabt habe, und daß es auf dem Weg unterwegs glattgeworden sei.</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">Wenn die berufstätigen streupflichtigen Bewohner des Hauses die Glätte schon beim Verlassen des Hauses bemerkt haben sollten, hätten diese sofort tätig werden oder entsprechendes veranlassen müssen. Eine weitere größere Zeitspanne könnte diesen nicht zugebilligt werden. Bis zum Tätigwerden der Verstorbenen, die um ca. 8.00 Uhr nach draußen gegangen ist, hätte etwas geschehen können und müssen. Neben dem Rentner xxx und der Verstorbenen war zumindest noch die Zeugin xxx im Hause, wie diese Zeugin vor dem Senat ausgesagt hat. <u>Daß</u> die Berufstätigen aus dem zweiten Obergeschoß jedoch konkret etwas bemerkt haben, als sie das Haus verlassen haben, ist jedoch zu Lasten der Beklagten positiv nicht feststellbar.</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">Nach <u>allgemeinen</u> Grundsätzen zur Erfüllung der Streupflicht in zeitlicher Hinsicht, d. h. zur Beurteilung der Frage, ob der Streupflichtige die mit der Glättebildung begründete Streupflicht trotz ihm zuzubilligender Frist bis zum Tätigwerden schuldhaft verletzt hat oder nicht, entfiele im vorliegenden Fall eine Schadensersatzpflicht der Beklagten. Ordnungsgemäße Organisation und Überwachung unterstellt, wäre eine erste Kontrolle vor 7.00 Uhr, dem satzungsgemäßen Beginn der Streupflicht, irrelevant, da zu dieser Zeit noch kein Regen fiel und keine Glätte zu verzeichnen war. Derjenige, der bei ordnungsgemäßer Organisation und Kontrolle als beauftragt anzusehen wäre, hätte die Gefahrenlage vor dem Anruf des Klägers und vor dem Tätigwerden der verstorbenen Ehefrau des Klägers auch nicht erkennen und bereits tätig werden müssen. Weder der Kläger noch die Zeugin xxx noch die Verstorbene hatten aus ihren Wohnungen heraus bemerkt, was sich draußen abspielte. Dies ist auch ohne weiteres erklärlich. Hierzu hat der Sachverständige xxx im einzelnen überzeugend ausgeführt:</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">Es herrschte zu dieser Zeit Dämmerung. Der Niederschlag fiel als nur kleintropfiger Regen, der schon fast nur Nieselregen war. Gegen einen dämmerigen Hintergrund derartige Wassertropfen zu sehen, ist ungeheuer schwierig. Auch die ehrenamtlichen Wetterbeobachter haben die Glätte größtenteils erst bemerkt, als sie um 7.30 Uhr zu ihren Beobachtungspunkten nach draußen gingen. Auch die Glätte als solche war vom Hause aus nicht zu sehen. Es wäre auch eine Überspannung der Sorgfalts- und Kontrollpflichten, daß der Streupflichtige das Radio zu hören und das Thermometer zu beobachten gehabt hätte. Daß der Pflichtige vor 8.00 Uhr selbst durch sein eigenes Hinausgehen hätte abkontrollieren müssen, ist deshalb nicht vertretbar. Erst dann, wenn der Regen wahrnehmbar ist und im Zusammenhang mit den dem am Thermometer ablesbaren Minustemperaturen eine Gefahrenlage erkennbar wird, sich dem Streupflichtigen mithin Anhaltspunkte für eine gefährliche Glättebildung darbieten, kann das Unterlassen eines Tätigwerdens als schuldhaft .eingestuft werden. Daß eine solche Fallkonstellation für den gedachten beauftragten sorgfältigen Streupflichtigen vor 8.00 Uhr vorgelegen hat, kann zu Lasten der Beklagten mangels näherer Tatsachen nicht angenommen werden.</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">Gleichwohl besteht eine Haftung der Beklagten im vorliegenden Fall wegen der hier zu beurteilenden <u>besonderen</u> Sachlage. Die Besonderheit liegt darin, daß die Verstorbene nicht wie eine unbeteiligte Passantin den Bürgersteig betreten hat, sondern deshalb nach draußen gegangen ist, weil sie von dem Kläger telefonisch über die Glätte informiert war und <u>abstreuen wollte</u>. Wären die Beklagten und die Wohnungseigentümergemeinschaft ihrer Organisations- und Überwachungspflicht hinreichend nachgekommen, hätte für die Verstorbene kein Anlaß bestanden, tätig zu werden. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, daß in dem Haus xxx Nr. 43 die Streupflicht "locker" gehandhabt wurde und jeder dann und wann streute, wenn er sich "angesprochen" fühlte und tätigwerden konnte. </p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">Unstreitig waren tagsüber alle aus dem Haus mit Ausnahme des verstorbenen Rentners xxx und der verstorbenen Ehefrau des Klägers. Unstreitig war keine Versorge für den Fall tagsüber auftretender Schnee- und/oder Eisglätte getroffen worden und war nicht geregelt, in welcher Weise dann die Streupflichtigen vertreten wurden. Dies alles war - wie der Kläger glaubhaft geschildert hat - ihm und seiner Ehefrau bekannt. Von daher wird auch seine Glatteiswarnung an seine Ehefrau durchaus plausibel. Selbst wenn der Kläger - sein Vorbringen als wahr unterstellt - bei seinem Anruf seine Frau nicht zum Streuen aufgefordert haben sollte, so ist auch diese tätiggeworden in der durch Erfahrung geprägten Erwartung, daß die Streupflichtigen weder selbst noch durch Beauftragte der Streupflicht nachkommen werden würden. Dann kann es aber nicht mehr darauf ankommen, daß die Klägerin vielleicht ein paar Minuten "zu früh" tätig geworden ist, also zu einem Zeitpunkt nach draußen gegangen ist, wo Dritten gegenüber die Wohnungseigentümergemeinschaft erfolgreich hätte einwenden können, ihre Streupflicht noch nicht schuldhaft verletzt zu haben.</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">Soweit der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten im letzten Senatstermin hierzu erklärt hat, es sei nicht unstreitig, daß die Ehefrau des Klägers nach draußen gegangen sei, weil sie gewußt habe, daß keiner streut, so ist diese Behauptung unrichtig. Sie steht einmal im Widerspruch zu dem eigenen Vortrag der Beklagten, wonach der Kläger seine Ehefrau gerade zum Streuen aufgefordert hat und daß die Verstorbene dieser Aufforderung wegen der allgemein praktizierten Übung nachgekommen sei, weil sie sich dazu verpflichtet gefühlt habe. Zum anderen hat die Beweisaufnahme ergeben - wie bereits im anderen Zusammenhang ausgeführt -, daß während der Abwesenheit der berufstätigen Hausbewohner für eine ordnungsgemäße Erfüllung der Winterwartungspflichten keine ausreichende Vorsorge getroffen war.</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">Den oben dargelegten Ausführungen kann nicht erfolgreich entgegengehalten werden, daß der Streupflichtige einem Passanten gegenüber mangels Verschuldens nicht haftet, wenn dieser "zu früh stürzt", und daß der Gestürzte nicht erfolgreich geltend machen kann, daß der Streupflichtige ja sowieso nicht, also auch nicht zu einem späteren Zeitpunkt gestreut hätte, so daß er, der Passant, auch eine Stunde später gefallen wäre. Der Unterschied des vorliegend vom Senat zu beurteilenden Falles zu dieser Konstellation liegt nämlich in folgendem:</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">Im "Passantenfall" liegt eine schuldhafte Pflichtverletzung der Streupflichtigen (noch) nicht vor. Im vorliegenden Falle wurde jedoch durch eine bereits vorliegende schuldhafte Pflichtverletzung der Wohnungseigentümer (mangelhafte Organisation und fehlende Überwachung) das Verhalten der</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">Verstorbenen konkret veranlaßt. Die Verstorbene ist nicht wie ein Passant zufällig und unabhängig von einer schuldhaften Pflichtverletzung der Wohnungseigentümergemeinschaft dahergekommen. Sie hat sich vielmehr nach draußen begeben, weil sie wußte, daß kein anderer, zumindest kein Pflichtiger oder von diesem Beauftragter tätig werden würde, jetzt nicht und auch nicht später vor der Rückkehr der berufstätigen Bewohner des Hauses.</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">Der Senat ist auch nicht gehindert, bei seiner jetzigen Entscheidung von den dargelegten rechtlichen Erwägungen auszugehen. § 565 Abs. 2 ZPO steht nicht entgegen. Wenn auch der Bundesgerichtshof in seinem aufhebenden Urteil (wie auch der Senat in seinem aufgehobenen Urteil vom 11.1.1983) von einer Relevanz des genauen Zeitpunkts des Unfalls der Ehefrau des Klägers und der Bestimmung der angemessenen Zeitspanne zur Erfüllung der Streupflicht durch die Beklagten ausgegangen ist, so begründet dies doch keine Bindungswirkung gemäß § 565 Abs. 2 ZPO. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des BGH (im Anschluß an das Reichsgericht), daß eine Bindung des Berufungsgerichts nur wegen derjenigen Punkte besteht, deren rechtsirrtümliche Würdigung die Aufhebung <u>unmittelbar</u> herbeigeführt hat. Das Berufungsgericht darf die vom Revisionsgericht gerügten Fehler, die zur Aufhebung geführt haben, nicht wiederholen, ist aber im übrigen in seiner Entscheidung frei. Eine andere Auffassung würde eine klare Grenzziehung unmöglich machen und außerdem das Berufungsgericht in der Findung eines gerechten Urteils zu stark einengen (BGHZ 3, 321 (326); BGHZ 6, 76 (79); BGHZ 22, 370 (373)). Wenn das Berufungsurteil nur wegen Verfahrensmängeln aufgehoben wird, ist das Berufungsgericht hinsichtlich der sachlich-rechtlichen Beurteilung überhaupt nicht gebunden (BGHZ 2, 321 (326); BGHZ 6, 76 (79)). So aber liegt der Fall hier. Das Senatsurteil vom 11.1.1983 ist nur wegen Verfahrensfehlern aufgehoben und deswegen die Sache zurückverwiesen worden.</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">Die danach zu erhebenden Beweise sind nunmehr ausgeschöpft worden.</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">bb)</p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten können sich auch nicht erfolgreich darauf berufen, daß ein Streuen in der damaligen Situation völlig sinnlos gewesen sei und daß sich die Ehefrau des Klägers deshalb nicht als "herausgefordert" habe betrachten dürfen. Auf die gebotene ex-ante-Sicht des "Herausforderers" abgestellt, mußten die Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft einrechnen, daß die Ehefrau des Klägers auch in der konkreten Situation für die Streupflichtigen streuen würde. Es lag nicht völlig außerhalb jeder Erfahrung und stellte nicht etwa nur eine ganz unbestimmte Möglichkeit dar, daß die Verstorbene sich mit Auftausalz nach draußen begeben würde. Auch aus der Sicht der "herausgeforderten" Ehefrau des Klägers in der ex-ante-Beurteilung bei Übernahme des Risikos unter Zugrundelegung des Maßstabes eines durchschnittlich sorgfältigen und verständigen Menschen war die Übernahme des Risikos durch ein Abstreuen bei den gegebenen Wetterverhältnissen verhältnismäßig. Hierzu ist durch den Sachverständigen xxx bewiesen, daß ein Abstreuen mit Tausalz, wie es von der Wohnungseigentümergemeinschaft bereitgestellt war und wie es die Verstorbene benutzt hat, nicht sinnlos war. Das Aufbringen minimalster Mengen (1 knapper Eßlöffel pro Quadratmeter) hätte zur Entglättung des Bürgersteiges für 1 Stunde gereicht. Wäre anstelle des gestrichenen Eßlöffels eine größere Salzmenge aufgebracht worden, wie dies erfahrungsgemäß gerade in früheren Jahren häufig und unbedenklich erfolgt ist, hätte der Zeitraum der Entglättung sich entsprechend verlängert. Der Sachverständige hat auch überzeugt ausgeführt und erläutert, daß ein Niederschlag in Form unterkühlten Regens die Auftauwirkung von Salz, die mittels wässeriger Lösung erfolgt, begünstigt.</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">Ist danach schon keine Situation am Unfallmorgen feststellbar, die objektiv ein Abstreuen als sinnlos erscheinen lassen mußte, so kommt hinzu, daß eine Herausforderung desjenigen, der für den Streupflichtigen tätig wird, nach Ansicht des Senats nur dann verneint werden kann, wenn die Streumaßnahme sich für jeden Einsichtigen im Hinblick auf die Wetterlage als völlig nutz- und zwecklos darstellte. Im Zweifel ist Streuen besser als Nichtstreuen. Der Herausgeforderte muß schnell entscheiden, ob er tätigwerden soll und kann nicht erst einen Sachverständigen befragen.</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">Soweit die Beklagten darauf abstellen wollen, daß keine Verpflichtung zum Abstreuen mit Salz bestanden habe und ein Aufbringen von Sand oder anderen bloß abstumpfenden Mitteln sinnlos gewesen sei, ist dies unbeachtlich. Daß Salz als geeignetes Mittel zur Bekämpfung einer Glatteisgefahr anerkannt ist, bedarf keiner Erläuterung (vgl. dazu im einzelnen z. B. Walprecht/Brinkmann, Straßenreinigungsgesetz Nordrhein-Westfalen, 3. Aufl. 1985, Rn. 31 m. w. N.). Wenn bei bestimmten Witterungslagen nur Salz (vorübergehenden) Schutz vor Glättegefahren bringt, so ist auch ein privater Streupflichtiger verpflichtet, Salz zu verwenden, und zwar zumindest dann, wenn er es zur Verfügung hat, wie dies im vorliegenden Fall unstreitig der Fall war. Wenn der Streupflichtige ohnehin zum Abstreuen Salz zu verwenden pflegt, kann er nicht gerade bei extremer Witterungslage, die die Verwendung von Salz als einzig wirksames Streumittel nahelegt, sich darauf zurückziehen, daß andere Streumittel wirkungslos wären.</p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">5.</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks">Ein höheres Eigenverschulden seiner verstorbenen Ehefrau als 1/3 muß sich der Kläger nicht anrechnen lassen. Die vom Senat im Urteil vom 11. Januar 1983 zu den erwiesenen Verursachungsbeiträgen und zu deren Abwägung angestellten Erwägungen werden unter Bezugnahme auf Seite 17 und 18 des vorgenannten Senatsurteils aufrechterhalten. Das weitere Vorbringen der Beklagten gibt zu einer abweichenden Beurteilung keinen Anlaß. Die durchgeführte Beweisaufnahme hat eine erhebliche Vernachlässigung der Organisations- und Überwachungspflichtigen der Wohnungseigentümergemeinschaft ergeben.</p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks"><b>III.</b></p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks">Der Kläger kann die ihm wegen seines Unterhaltsschadens zustehende Rente bis zum 30. August 2000 verlangen, da nach der statistischen Lebenserwartung seiner Ehefrau zum Unfallzeitpunkt davon auszugehen ist, daß sie ohne den Unfall bis zu diesem Zeitpunkt gelebt hätte. Die Ehefrau des Klägers war am 1. August 1921 geboren. Am Unfalltage (23. Januar 1979) war sie somit 57 Jahre alt und hatte nach der allgemeinen Sterbetafel die weibliche Bevölkerung des Bundesgebiets einschließlich Berlin (abgedruckt bei Becker, Kraftfahrzeug-Haftpflichtschäden, 14. Aufl., S. 287 f.) eine statistische Lebenserwartung von noch 21,62 Jahren, d. h. bis etwa Ende August 2000.</p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">Es besteht kein Anlaß, die Unterhaltsschadensrente nicht bis zu dieser statistischen Grenze zu gewähren, da es nicht ungewöhnlich ist, daß auch eine 79-jährige Frau noch einen nennenswerten Beitrag zur Haushaltsführung leisten kann.</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks"><b>IV.</b></p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">Welchen Beitrag die Ehefrau des Klägers zu dessen Unterhalt geleistet hätte und wie dieser zu bewerten ist, war gemäß § 538 Abs. 1 Nr. 3 ZPO dem Betragsverfahren vorzubehalten, da der Rechtsstreit insoweit noch nicht entscheidungsreif ist. Dies gilt auch für die Beurteilung der Frage, ob und inwieweit der Kläger zumindest ab eigener Pensionierung zu einer Mithilfe im Haushalt verpflichtet gewesen wäre.</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks">Gleiches gilt für die Beerdigungskosten, da insoweit noch die Diskrepanz zwischen dem verlangten Betrag und der Summe der eingereichten Belege (Bl. 8 bis 30 d.A.) aufzuklären ist, die selbst dann verbleibt, wenn man die Skontogewährung bei der Rechnung für das Grabdenkmal berücksichtigt.</p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">Der Feststellungsantrag hinsichtlich der Sozialversicherungsbeiträge ist im Rahmen des Tenors begründet, weil der Kläger Anspruch auf Ersatz auf Zahlung der Beträge hat, die erforderlich sind, um sich die entgangenen Unterhaltsleistungen anderweitig zu beschaffen. Dazu gehören auch die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung, soweit eine Ersatzkraft tatsächlich beschäftigt wird und soweit für diese Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung für einen der zu gewährenden Rente entsprechenden Bruttolohn auch abzuführen sind (vgl. dazu BGH NJW 1983, 1425 ff.).</p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks"><b>V.</b></p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks">Der Zinsanspruch ist in dem zuerkannten Umfang begründet gemäß §§ 284 Abs. 1 Satz 2, 288 Abs. 1 BGB. Verzug vor Rechtshängigkeit ist nicht dargelegt. Die Beklagten haben daher ab Rechtshängigkeit die bis dahin fällig gewordenen Rückstände und sodann die danach fällig gewordenen rückständigen Beträge nach den einzelnen Fälligkeitsdaten in der gesetzlichen Höhe zu verzinsen.</p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks">Da es sich bei dem im letzten Senatstermin gestellten Antrag um keine echte Klageänderung handelt, sondern um eine gemäß §§ 264 Nr. 2, 261 Abs. 2 in Verbindung mit § 523 ZPO in der mündlichen Verhandlung zulässige Klageerweiterung in Bezug auf eine Nebenforderung, brauchte den Beklagten keine Einlassungsfrist eingeräumt werden (vgl. dazu Baumbach-Lauterbach-Hartmann, 43. Aufl., § 261 Anm. 4 B). § 520 Abs. 3 ZPO in Verbindung mit § 274 Abs. 3 ZPO sind nicht einschlägig. Eine Schriftsatzfrist gemäß § 283 ZPO entfiel schon mangels Antrags.</p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks"><b>VII.</b></p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO.</p>
|
315,512 | lsgnrw-1986-11-28-l-14-an-12785 | {
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<p>Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 18. April 1985 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Tatbestand:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Beteiligten streiten über die Vormerkung einer Ausfallzeit vom 09.07. bis 09.08.1968.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die am 00.00.1952 geborene Klägerin besuchte bis Juni 1868 eine Realschule in C. Sie erhielt laut Konferenzbeschluß vom 06.06.1968 das Abschlußzeugnis. Es wurde hierin ein Schulbesuch bis zum 15.06 1968 bestätigt. Die Klägerin besuchte anschließend vom 10.08.1968 bis 31.07.1970 die Kaufmännischen Schulen der Industrie- und Handeskammer zu C und legte dort die entsprechende Abschlußprüfung ab.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 11.01,1984 den Antrag der Klägerin auf Vormerkung der Ausbildungszeit vom 01.04 1963 bis 15.06.1968 als Ausfallzeit mit der Begründung ab, diese sei vor Vollendung des 16. Lebensjahres zurückgelegt worden. Sie lehnte ferner die Anerkennung der nachfolgenden Zeit vom 16.06.1968 bis 09.08.1968 als Ausfallzeit ab, weil es sich nicht u eine Ausbildung im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 4 AVG gehandelt habe. Die Klägerin hat hiergegen am 02.02.1984 Widerspruch eingelegt und zu dessen Begründung vorgetragen, die Ferien seien Bestandteil der Schulausbildung, so daß sie sich bei Vollendung des 16. Lebensjahres am 08.07.1968 noch in dieser befunden habe. Das Schuljahr habe nämlich erst am 31.07.1968 geendet. Die Beklagte wies mit Bescheid vom 29.03.1984 den Widerspruch im wesentlichen mit der bisherigen Begründung zurück (abgesandt per Einschreiben am 02.04.1984),</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Hiergegen richtet sich die am 27.04.1984 erhobene Klage. Die Klägerin hat zu deren Begründung im wesentlichen vorgetragen, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) - BSG SozR 2200 § 1259 Nr. 17 - seien die Ferien zur Schulausbildung zu rechnen, so daß sie sich im Juli 1968 in dieser befunden habe. Das Schuljahr habe nach der bundeseinheitlichen Regelung in allen allgemeinbildenden Schulen erst am 31.07. geendet. Der Monat Juli 1968 sei demzufolge als Ausfallzeit anzuerkennen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat die angefochtenen Bescheide für rechtens gehalten.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Das Sozialgericht Dortmund hat mit Urteil vom 18.04.1985 der Klage stattgegeben und die Beklagte verpflichtet, die Zeit vom 09.07. bis 09.08.1968 als Ausfallzeit gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b AVG vorzumerken. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Gegen das am 29.04.1985 zugestellte Urteil richtet, sich die am 28.05.1985 eingelegte Berufung der Beklagten. Sie tragt zu deren Begründung im wesentlichen vor, der Ansicht des Sozialgerichts könne nicht gefolgt werden. Die Bejahung eines Überbrückungstatbestandes: als Ausfallzeit sei nach den Entscheidungen des BSG lediglich dann angenommen worden, wenn sie zwischen zwei anrechenbaren Ausfallzeiten liege. Da im Falle der Klägerin die Schulausbildung vor Vollendung des 16. Lebensjahres beendet worden sei und sie nicht als Ausfallzeit anzurechnen sei, könne die Rechtsprechung des BSG zur Überbrückung nicht angewandt werden.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom.18.04.1985 abzuändern und die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin ist durch Postzustellungsurkunde am 07.11.1986 vom Termin zur mündlichen Verhandlung am 28.11.1986 benachrichtigt worden. Sie hat ihr Nichterscheinen angekündigt und ist auch nicht erschienen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat beim Kultusminister für das Land Nordrhein-Westfalen angefragt, ob bereits 1968 Rechtsvorschriften bestanden haben, nach denen das Ende des Schulverhältnisses festgelegt sei. Auf den Inhalt der am 06.03.1986 erteilten Antwort wird verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach-,und Streitstandes wird auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze sowie die Verwaltungsakte der Beklagten- Az.: 000 - Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat trotz des Nichterscheinens der Klägerin aufgrund einseitiger mündlicher Verhandlung entschieden (vgl. § 124 Abs. 1 SGG; BSG SozR Nr. 5 zu § 110 SGG), nachdem sie in der Terminsbenachrichtigung auf diese Möglichkeit ausdrücklich hingewiesen worden ist, Anlaß zu einer Vertagung hat nicht bestanden; die Klägerin hat eine solche auch nicht beantragt. Sie hatte nur begehrt, die Anordnung ihres persönlichen Erscheinens aufzuheben. Der Senat ist dem nachgekommen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung sind keine neuen Tatsachen vorgetragen worden.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Das Sozialgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Vormerkung des Monats Juli 1968 als Ausfallzeit.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Gemäß § 36 Abs. 1. Ziffer 4 Buchst. b AVG sind Ausfallzeiten u. Zeiten einer nach Vollendung des 16. Lebensjahres liegenden weiteren Schulausbildung. Die Klägerin erfüllt nicht diese Voraussetzung, da sie ihre Schulausbildung bereits vor Vollendung des 16. Lebensjahres beendet hat. Sie hat ausweislich des Abschlußzeugnisses der besuchten Realschule laut Konferenzbeschluß vom 06.06.1968 das Zeugnis am 15.06.1968 - also vor ihrem 16. Geburtstag am 09.07.1968 - erhalten. Mit der Aushändigung unterlag sie damit nicht mehr der Schulpflicht. Es erfolgte auch kein weiterer Schulbesuch über diesen Zeitpunkt hinaus. Der Senat stützt seine Auffassung auf das im Jahre 1968 geltende Schulrecht in Nordrhein-Westfalen (NRW). Es hat zu jener Zeit zwar noch keine ausdrückliche gesetzliche Regelung über die Beendigung des Schulverhältnisses gegeben. Eine solche existiert erst seit Erlaß der Allgemeinen Schulordnung (ASchO) vom 08.11.1978 (GVBl. NW S. 552) in § 7. Danach endet gemäß Abs. 1 Buchst. a das Schulverhältnis, wenn der Schüler den Bildungsgang durchlaufen oder seine Schulpflicht erfüllt hat und ihm ein Abschluß- oder Abgangszeugnis erteilt ist. Der Senat entnimmt aber der damals geltenden Versetzungsordnung für die Realschulen des Landes NRW (RdErl. d. Kultusministers vom 20.07.1967 - III D. 36 - 62/0 - 8680/67 im Amtsblatt d. KM NW 1967, S. 225) in Verbindung mit den Zeugnissen, daß bereits 1968 die Aushändigung bzw. Erteilung eines Abschlußzeugnisses für die Beendigung des Schulverhältnisses maßgebend gewesen ist. So ist in Nr. 12 des Erlasses geregelt, daß das Versetzungszeugnis auf den Tag der. Aushändigung ausgestellt wird. In Nr. 13 ist die Regelung getroffen, wann ein Abschlußzeugnis ausgestellt werden kann. Auch wenn hierin nicht noch einmal ausdrücklich das Aufführen des Aushändigungsdatums genannt ist, ergibt sich aus dem Aufbau der Regelungen, daß auch das Abschlußzeugnis auf den Tag der Aushändigung auszustellen ist. Die beiden Regelungen in Nr. 12 und 13 stehen nämlich im Sachzusammenhang. Der allgemeine Grundgedanke, wie - mit welchem Inhalt - ein Zeugnis auszustellen ist, findet sich in Nr. 12. Nr. 13 enthält dann, weil nicht nur eine Versetzung bescheinigt wird, zusätzlich die Voraussetzungen, wann ein Abschlußzeugnis ausgestellt werden kann. Im übrigen bleibt es bei der Gestaltung der Nr. 12, also mit Aushän.dig ungs datum. Es ist demzufolge - worauf die Auskunft des Kultusministers vom 06.03.1986 zu Recht hinweist - auch im Abschlußzeugnis der Tag des Konferenzbsschlusses und das Aushändigungsdatum erfaßt. Es sollte mithin mit dem Tag der Aushändigung des Abschlußzeugnisses festgelegt werden, daß das SchulVerhältnis beendet war. Diese Auslegung wird durch den Runderlaß.des KM vom 08.11.1978 - Einführung in die Allgemeine Schulordnung - J C 2.30 - 40/0 - 2681/78 in GABI. NW S. 491 - bestätigt. In diesem ist unter Mr. 3 u.a-. dargelegt, daß die ASchO weitgehend an schon geltende Regelungen anschließt und daher nur in geringem Umfang inhaltliche Veränderung für die Praxis der Schulen, Schulträger und Aufsichtsbehörden zur Folge haben werde. Die Vorschrift des §7 Abs. 1 a ASchO gibt daher den bis dahin im Erlaßwege gehandhabten Rechtszustand wieder, daß das Schulverhältnis mit Erteilung des Abschlußzeugnisses endet. - Hieran ändert sich auch nichts durch den Hinweis der Klägerin auf die bundeseinheitliche Festlegung des Schuljahrendes am 31.07. eines jeden Jahres. Die Festlegung des Schuljahres ist auf das Abkommen zwischen den Ländern der Bundesrepublik Deutschland zur Vereinheitlichung auf dem Gebiete des Schulwesens vom 28.10.1964 (Hamburger Abkommen) zurückzuführen. In § 3 ist u. a. geregelt, daß die Ferien in erster Linie nach pädagogischen Gesichtspunkten festgelegt werden. Die Gesamtdauer beträgt während des Schuljahres 75 Werktage. Die Ferienabschnitte werden von den einzelnen Ländern festgelegt. Da sich somit nach diesem Abkommen von Bundesland zu Bundesland Ferienzeiten ergeben, die unabhängig von dem vereinbarten Schuljahr das 01. August bis 31. Juli des folgenden Kalenderjahres gerade im Sommer vor und nach dem 31.07. beginnen und enden, zeigt sich deutlich, daß der 31.07. für die Beendigung des Schulverhältnisses im einzelnen Bundesland - hier NRW - nicht maßgebend sein kann. Die Sommerferien wären sonst anderenfalls völlig zufällig einmal Bestandteil des zurückliegenden Schuljahres, ein anderesmal nicht. - Soweit sich die Klägerin ferner auf die Entscheidung des BSG in BSG SozR 2200 § 1259 Nr. 17 bezieht, ist diese für den vorliegenden Fall nicht einschlägig. Sie betrifft vielmehr den Ablauf und das Ende einer Fachschulausbildung, die durch Prüfungen abgeschlossen wird, nicht aber die Frage t wann eine ( Allgemein) Schulausbildung beendet ist. Der Sachverhalt in jener Entscheidung ist darüber hinaus insofern anders gelagert, als nach dem dargestellten Sachverhalt jenen Schülern noch keine Abschlußzeugnisse ausgehändigt waren. Das letztere ist gerade aber der rechtlich maßgebliche Vorgang im vorliegenden Fall. - Da die Klägerin somit die Schulausbildtmg Vor Vollendung des 16. Lebensjahres beendet hat., stellt die Zeit, vom 16.06.1368 bis 09. 0.8.19 6 8 keine Ausfallzeit i.S.d. § 36 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b AVG dar.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts kann die Zeit auch nicht als sogenannte Überbrückungsausfallzeit zwischen zwei Ausfallzeiten im Sinne der Rechtsprechung des BSG anerkannt werden. Die Beklagte weist zu Recht darauf hin, daß das BSG die Möglichkeit der Anerkennung einer Übergangszeit als Ausfallzeit nur dann erörtert, wenn sie zwischen zwei anrechenbaren Ausbildungs- und Ausfallzeiten liegt (vgl. BSG SozR Nr. 16 zu § 1259 RVO; BSG SozR § 1259 Nr. 66). Es hat hierzu u. a. in der zuletzt genannten Entscheidung insbesondere ausgeführt, erst die gemeinsame Umschließung durch Ausfallzeiten im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 4 AVG könne es letztlich rechtfertigen, auch die unvermeidlich e Zwischenzeit an dem beiderseits gleichen Rechtscharakter der vorangehenden und der nachfolgenden Zeit teilnehmen zu lassen. Es ist damit der Systematik der gesetzlichen Rentenversicherung von der Rechtsprechung Rechnung getragen worden, daß Zeiten, die keinen Bezug zur Rentenversicherung aufweisen, nicht zu berücksichtigen sind. Es muß vielmehr ein solcher durch das Vorliegen sozialrechtlich relevanter Zeiten vor und nach der Überbrückungszeit hergestellt werden. Dies ist - wie oben bereits dargelegt - bei der Klägerin gerade nicht der Fall, weil sie ihre Schulausbildung vor Vollendung des 16. Lebensjahres beendet hat und diese keine Ausfallzeit im Sinne des § 36 AVG darstellt.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat die Revision nicht zugelassen (§ 160 Abs. 1 SGG).</p>
|
315,513 | ag-dusseldorf-1986-11-24-27-c-9686 | {
"id": 653,
"name": "Amtsgericht Düsseldorf",
"slug": "ag-dusseldorf",
"city": 413,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 27 C 96/86 | "1986-11-24T00:00:00" | "2019-03-13T14:57:48" | "2019-03-27T09:42:56" | Teilurteil | ECLI:DE:AGD:1986:1124.27C96.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>hat das Amtsgericht Düsseldorf</p>
<p>auf die mündliche Verhandlung vom 3. November 1986</p>
<p>durch den Richter am Amtsgericht X</p>
<p></p>
<p>für R e c h t erkannt:</p>
<p></p>
<p> Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, </p>
<p> die "Penthouse-Wohnung", gelegen in X,</p>
<p> X-straße , X. Obergeschoss, bestehend aus </p>
<p> zwei Zimmern, Küche, Diele und Bad, mit Ausstattungen</p>
<p> zur Erfassung des Verbrauchs von Heizenergie zu versehen.</p>
<p></p>
<p> Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, wenn die Beklagte </p>
<p> zu 2. Sicherheit durch selbstschuldnerische, unbedingte</p>
<p> und unbefristete Bürgschaft einer deutschen Bank oder </p>
<p> Sparkasse über 3.500,- - DM leistet.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px"><b>T a t b e s t a n d :</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Der Kläger ist Vermieter, die Beklagten sind Mieter der Eigentumswohnung, die im Urteilsausspruch bezeichnet ist. </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Der Kläger macht Nebenkosten geltend, die nicht Gegenstand dieses Teil-Urteils sind. </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Die Beklagte zu 2. begehrt widerklagend den Einbau von Wärmemengen-Meßgeräten.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Die Beklagte zu 2. beantragt hierzu,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">wie geschehen, zu entscheiden.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">die Widerklage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Der Kläger bringt vor:</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Die übrigen Miteigentümer hätten dem Einbau zugestimmt. Außerdem wären die Kosten unverhältnismäßig hoch.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Auf die Akten wird Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px"><b>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :</b></p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Die Widerklage ist begründet.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Der Anspruch rechtfertigt sich aus § 4 Abs. 3 der Heizkostenverordnung (HKVO).</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Die Beklagte zu 2. kann den Anspruch allein geltend machen, da sie nach § 14 Abs. 2 und 4 des Mietvertrages vom Beklagten zu 1. bevollmächtigt ist.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Dem Anspruch steht nicht entgegen, dass der Kläger nur Miteigentümer des Hauses ist. Seine Behauptung, die übrigen Miteigentümer der vier anderen Penthouse-Wohnungen hätten eine Ausstattung ihrer Wohnungen mit Wärmeverbrauchsanzeigern nicht zugestimmt, ist unerheblich, und zwar allein schon deshalb, weil diese Behauptung nicht zum Inhalt hat, dass die übrigen Miteigentümer die Zustimmung verweigert hätten. Selbst eine Weigerung aber stünde dem Anspruch der Beklagten zu 2. nicht entgegen. Der Kläger hätte nämlich gegen die anderen Miteigentümer nach § 21 Abs. 4 WEG ebenfalls einen Anspruch auf den Einbau von Wärmemengen-Meßgeräten (Palandt, BGB, 45. Aufl. 1986, </p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">§ 16 WEG, Anm. 4 baa).</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Der Einbau der Geräte ist nicht im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a, HKV unverhältnismäßig teuer, und zwar weder im Verhältnis der Beklagen zu 1. zum Kläger wie auch im Verhältnis des Klägers zu den übrigen Miteigentümern. Nach der Behauptung des Klägers würde der Einbau für jeden Eigentümer 3.450,28 DM kosten. Dieser Betrag ist in Relation zu sehen einmal zu den Heizungskosten, die der Kläger von der Beklagten zu 2. begehrt, für 1984 von 2.648,13 DM und zum anderen zu dem Nettomietzins, den er aus der Wohnung zieht, jährlich 11.400,-- DM. Bei der Höhe der Heizungskosten insbesondere ergeben sich für die Beklagte zu 1. Einsparmöglichkeiten, die die Kosten des Einbaus der Messgeräte vertretbar erscheinen lassen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 108, 709 ZPO.</p>
|
315,514 | lg-duisburg-1986-11-21-4-s-26886 | {
"id": 807,
"name": "Landgericht Duisburg",
"slug": "lg-duisburg",
"city": 408,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 4 S 268/86 | "1986-11-21T00:00:00" | "2019-03-13T14:57:50" | "2019-03-27T09:42:56" | Urteil | ECLI:DE:LGDU:1986:1121.4S268.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Klägers wird das am 18.06.1986 verkündete Urteil des Amtsgerichts Duisburg - 35 C 498/84 - abgeändert.</p>
<p></p>
<p>Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 21.09.1984 zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreites trägt der Beklagte.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u> <b>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e : </b></u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist zulässig und begründet. Der Kläger kann vom Beklagten in der zuerkannten Höhe die Zahlung eines Schmerzensgeldes gemäß §§ 823, 847 BGB verlangen, denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, daß der Beklagte dem Kläger im Rahmen einer Auseinandersetzung das Endglied des linken Ringfingers abgebissen hat. </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Zeuge x hat ausgesagt, der Kläger und der Beklagte seien in der Wohnung des Klägers mit Fäusten aufeinander losgegangen. Er und andere Zeugen seien dazwischen gegangen, um die Tätlichkeiten zu beenden. Während dieser Tätlichkeiten habe der Kläger geschrien: "Mein Finger ist ab.” Diese Aussage ist glaubhaft. Von den bei der Auseinandersetzung anwesenden Personen sind die Zeugen zwei "Lagern” zuzurechnen. Die Zeugen aus der Familie des Klägers haben eine für diesen günstige Aussage gemacht, während die Zeugen aus der Familie des Beklagten mit Ausnahme des Zeugen x eine für den Beklagten günstige Aussage gemacht haben. Obwohl der Zeuge x als dessen Verwandter dem "Lager” des Beklagten zuzuordnen ist, hat er eine Aussage gemacht, die ungünstig für den Beklagten ist. Dieses Bemühen um Objektivität des Zeugen spricht für den Wahrheitsgehalt der Aussage. Bereits bei seiner Vernehmung im Strafverfahren gegen den Beklagten hat der Zeuge x eine für den Beklagten ungünstige Aussage gemacht, die im Kern mit seiner Aussage im Zivilverfahren übereinstimmt. Irgendwelche Anhaltspunkte dafür, daß der Zeuge x den Beklagten zu Unrecht mit seiner Aussage belasten wollte, sind nicht erkennbar. Der Zeuge hat im Gegenteil im Zivilverfahren eine Erklärung für die Verletzung des Klägers gesucht, die mit der Behauptung des Beklagten, der Kläger habe sich das Fingerendglied an einem Ofen abgeklemmt, übereinstimmt. Diese Möglichkeit ist jedoch ausgeschlossen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Zeuge hat nämlich weiter bekundet, er habe, nachdem der Kläger aufgeschrien habe, auf seine Hand geschaut und gesehen, daß tatsächlich das Fingerendglied abgetrennt gewesen sei und Blut geflossen sei. Da dieser vom Zeugen geschilderte Zeitablauf (Tätlichkeiten-Schrei-Sehen auf die Hand) unmittelbar aufeinander folgt, ist es ausgeschlossen, daß sich der Kläger unabhängig von der Auseinandersetzung mit dem Beklagten das Fingerendglied an einem Ofen abgeklemmt hat. Ebenso ausgeschlossen ist es, daß das Fingerendglied von einer Tür abgeklemmt worden ist. Denn der unmittelbar in der Nähe der Kontrahenten stehende Zeuge x hätte sehen müssen, daß eine Tür zugeschlagen wurde. Wäre der Schrei des Klägers unmittelbar nach dem Zuschlagen einer Tür erfolgt, hätte der Zeuge x diesen Schrei auch zuordnen können. Er hat dies jedoch nicht getan und stattdessen auf die Möglichkeiten des Abtrennens durch den Ofen verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Aussage des Zeugen x wird bestätigt durch die eigene Einlassung des Beklagten im Strafverfahren. Dort hat sich der Beklagte eingelassen, er habe sich mit dem Kläger geschlagen, die x hätten in vom Kläger getrennt und auf den Flur geschoben. Als er auf dem Flur gewesen sei, habe er den Kläger schreien gehört.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte schildert dieses Schrei zeitlich demnach auch im Anschluß an die Auseinandersetzung. Zwar hält er es nach seiner Einlassung für möglich, daß sich der Kläger das Fingerendglied in einer Tür abgeklemmt hat, schildert jedoch keinen Vorgang, der dies möglich macht. Obwohl auch er die Version mit dem Ofen für möglich hält, schildert auch er keinen Vorgang, der diese Version möglich erscheinen läßt. Die Annahme des Beklagten, die Ehefrau des Klägers können diesem das Fingerendglied abgebissen haben, kann nicht ernst genommen werden.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Schrei des Klägers und seine Verletzung sind demnach selbst nach der Einlassung des Beklagten im Strafverfahren der Auseinandersetzung zwischen den Parteien zuzuordnen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Den den Beklagten entlastenden Aussagen der Zeugen x, x und x ist die Kammer dagegen nicht gefolgt. Der Zeuge x hat ausgesagt, es habe keine Handgreiflichkeiten zwischen dem Kläger und dem Beklagten gegeben, die Zeugen x und x haben dagegen bekundet, der Kläger habe dem Beklagten eine Ohrfeige gegeben, danach sei der Beklagte von ihnen aus der Wohnung geschoben worden. Dies wird vom Beklagten selbst nicht behauptet. Er hat vielmehr vorgetragen, er habe sich gewehrt, als der Kläger ihm mit der Faust ins Gesicht geschlagen habe.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Das Abbeißen des Fingers ist nicht durch Notwehr gerechtfertigt, denn es geschah zu einem Zeitpunkt, als sich die Begleiter des Beklagten bereits um eine Schlichtung der Auseinandersetzung bemühten.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes hat die Kammer berücksichtigt, daß der Beklagte dem Kläger vorsätzlich eine Verletzung zugefügt hat, die irreparabel ist. Berücksichtigt hat die Kammer ferner, daß der Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes deshalb eine besondere Bedeutung zukommt, weil das Strafverfahren gegen den Beklagten eingestellt worden ist. Zu berücksichtigen war jedoch auch, daß in der Auseinandersetzung um Liebe und Ehre auch der Kläger nicht die Besonnenheit gezeigt hat, die zur Lösung der Probleme um die Entlobung seiner Tochter angezeigt gewesen wäre. Die Kammer hält unter Berücksichtigung aller Umstände ein Schmerzensgeld von 3.000,00 DM für angemessen. </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Zinsentscheidung rechtfertigt sich aus dem Gesichtspunkt des Verzuges gemäß §§ 288, 291 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Streitwert für beide Instanzen: 3.000,00 DM</p>
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315,515 | lg-duisburg-1986-11-20-2-s-5886 | {
"id": 807,
"name": "Landgericht Duisburg",
"slug": "lg-duisburg",
"city": 408,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 2 S 58/86 | "1986-11-20T00:00:00" | "2019-03-13T14:57:52" | "2019-03-27T09:42:55" | Urteil | ECLI:DE:LGDU:1986:1120.2S58.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Klägers gegen das am 29. Januar 1986 verkündete Urteil des Amtsgerichts Dinslaken wird kostenfällig zurückgewiesen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>T a t b e s t a n d u n d E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger verlangt vom Beklagten vollständigen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall, bei dem er mit seinem Personenwagen am 20.12.1984 auf der Straße in ein auf die Fahrbahn getretenes Rind des Beklagten erfaßt hat und zu Schaden gekommen ist. Er hat seinen Gesamtschaden auf 7.321,55 DM beziffert und darauf von der Haftpflichtversicherung des Beklagten vorgerichtlich 3.000,-- DM erhalten; die Differenz von 4.321,55 DM ist Gegenstand des Rechtsstreits. Der Beklagte hat bestritten seine Aufsichtspflicht verletzt zu haben. Er hat vorgetragen, er habe den Zaun ordnungsgemäß hergerichtet, den Zustand des Zaunes und die Tiere täglich in Augenschein genommen; bis zum Unfalltage habe keines seiner Tiere die an die Straße grenzende Weide verlassen können. Außerdem hat der Beklagte den Klageanspruch zum Teil der Höhe nach bestritten.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat durch Einnahme des Augenscheins von der Unfallörtlichkeit und der Einzäunung der Weide des Beklagten sowie durch Vernehmung von Zeugen </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Beweis erhoben und sodann die Klage abgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Auf die Entscheidungsgründe im einzelnen nimmt die Kammer Bezug.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, der seinen Restschadensersatzanspruch uneingeschränkt weiterverfolgt. Der Kläger beanstandet, daß der Amtsrichter das Beweisergebnis unzutreffend gewürdigt und verkannt habe, daß der Beklagte in dem Falle, daß das Ausbrechen des Rindes aus der Weide des Beklagten nicht hinreichend zu klären sei, der Beklagte sich zu entlasten habe; dies sei dem Beklagten nicht gelungen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Er beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks"> unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilten,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks"> an ihn 4.321,55 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 26.7.1985 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte tritt der Berufung entgegen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Er wiederholt sein Vorbringen, daß er jegliche nur erdenkliche Sorgfalt bei der Sicherung und Verwahrung seiner Weidetiere beobachtet und keine Kenntnis darüber habe, daß vor dem Unfallgeschehen eines seiner Tiere die umzäunte Weide habe verlassen können.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zur mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist zulässig; sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat zutreffend entschieden, daß die Voraussetzungen für eine Haftung des Beklagten gemäß § 833 S. 1 BGB nicht erfüllt seien, weil dem Beklagten der ihm gemäß § 833 S. 2 BGB eröffnete Entlastungsbeweis gelungen sei. Dem schließt sich die Kammer an. Der Beklagte hat vorgerichtlich, wie sich aus dem Schreiben seiner Haftpflichtversicherung vom 27.2.1985 ergibt, als auch im Rechtsstreit vorgetragen, daß eine Überprüfung der Viehweide und ihrer Umzäunung keine Spuren dafür ergeben habe, daß das mit dem Fahrzeug des Klägers kollidierte Rind den Zaun durchbrochen, übersprungen oder an einer schadhaften Stelle der Einzäunung einschließlich des Gatters hätte überwinden können. Der Beklagte hat weiter dargelegt, daß der Zaun aus Holzpfählen, deren Holzart zwischen den Parteien allerdings streitig ist, mit einer festen Stacheldrahtbespannung hergerichtet worden sei und daß bis zum Unfalltrage bei den regelmäßigen Kontrollen der Einzäunung kein Schaden habe festgestellt werden können und zu keinem Zeitpunkt eines seiner Rinder aus der eingezäunten Weide habe entweichen können. Diesem Vortrag ist der Kläger lediglich mit der Behauptung entgegengetreten, die Einzäunung sei nicht hinreichend sicher, weil die Drahtbespannung zu niedrig sei und keinen spannungsführenden Elektrodraht aufweise. Diese Auffassung des Klägers wird von der Kammer nicht geteilt. Das Amtsgericht hat bei der Einnahme des Augenscheins den Zustand des Zaunes überprüft, wobei unstreitig der Zustand im Zeitpunkt der Besichtigung durch das erstinstanzliche Gericht mit dem Zustand im Unfallzeitpunkt im wesentlichen gleich ist. Das Amtsgericht hat zutreffend festgestellt, daß die Einzäunung mit Stahldrähten bis zu einer Höhe von rund 1 m ordnungsgemäß war; diese Art der Einzäunung ist üblich, insbesondere bedarf es nicht einer Kombination eines elektrisch gesicherten Zaunes mit bis auf eine Höhe von 1 m geführten, an festen Holzpfählen befestigten Spanndrähten.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat somit hinreichend dargelegt, daß das am Unfall beteiligte Rind nicht auf eine Weise aus der eingezäunten Weide entwichen sein kann, die dem Beklagten zur Last gelegt werden könnte. Der Beklagte hat aufgrund seiner zum Teil auch vom Amtsgericht im Ortstermin bestätigt gefundenen Schilderung der Einzäunung dargelegt, daß das Rind entweder in nicht vorhersehbarer Weise die ausreichend hohe und ausreichend fest verspannten Drahteinzäunung übersprungen oder durch eine nicht näher aufzuklärende Öffnung des Gatters durch unbefugte Dritte die Weide verlassen hat. Eine weitere Darlegung denkbarer Geschehensabläufe ist dem Beklagten nicht möglich. Dies unterscheidet den hier zur Entscheidung anstehenden Fall von dem dem Urteil des OLG Frankfurt (VersR. 1982, 908) zugrundeliegenden Fall, in dem eine Herde von Kühen geschlossen einen elektrischen Zaun überwunden und eine Autostraße überquert hatte. In dem zitierten Urteil hat das Oberlandesgericht dem Tierhalter zur Last gelegt, daß er sich lediglich zur Ordnungsmäßigkeit der Einzäunung geäußert, im übrigen jedoch nichts dazu vorgetragen hatte, ob den Tieren ein anderweitiger Fluchtweg offengestanden habe oder ob der Ausbruch der Tiere auch bei der erforderlichen Sorgfalt bei der Überwachung hätte abgewendet werden können; der Tierhalter hatte in dem zitierten Fall nicht die Möglichkeit ausgeräumt, daß die entwichenen Kühe aufgrund ihrer körperlichen Kraft ohne weiteres in der Lage waren, den einfachen elektrisch gesicherten Draht zu überwinden, ohne daß ein nicht vorhersehbarer Fall eines plötzlichen Schreckens vorgelegen haben müßte.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Ein derartiger Geschehensablauf ist im vorliegenden Fall ausgeschlossen, da unstreitig die Einzäunung samt Gatter im Unfallzeitpunkt unbeschädigt war und keine Spuren des Ausbruchs eines Tieres aufwies. Die Kammer hält deshalb einen Geschehensablauf, der auf einen Verstoß des Beklagten gegen die ihm abzuverlangende Sorgfalt (vgl. dazu BGH VersR. 1976, 1086 f.) schließen ließe, für ausgeräumt. Der Beklagte hat seine Entlastung hinreichend dargelegt.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Kammer hebt hervor, daß auch die Aussage der Zeugen und keineswegs eine schuldhafte Sorgfaltspflichtverletzung des Beklagten erweisen. Die Zeugin hat nicht zweifelsfrei bekunden können, daß das von ihr etwa 1 Stunde vor dem Unfall an der Straße angetroffene Rind das Rind des Beklagten gewesen ist, das später den Unfall verursachte. Sie hat darüber hinaus nicht zweifelsfrei bekundet, daß sie dieses Rind in die Weide des Beklagten getrieben habe; denn sie hat insofern ausgesagt, daß sie es in eine Weide getrieben habe, deren Tor offengestanden habe und welches sie sodann geschlossen habe. Diese Aussage läßt angesichts des unstreitigen Umstandes, daß in der Weide des Beklagten insgesamt 8 Rinder untergebracht waren, kaum den Schluß zu, daß die Zeugin das Rind in eine Weide getrieben hat, in der sich trotz des geöffneten Gatters eine ganze Reihe weiterer Rinder noch befanden, ohne die Fluchtmöglichkeit zu nutzen. Die Aussage der Zeugin läßt die Möglichkeit offen, daß sich das Rind des Beklagten vielleicht schon einige Stunden außerhalb der eingezäunten Weide befunden hat, dabei jedoch weder der Zeugin noch dem Zeugen aufgefallen ist. Die Aussage des Zeugen , er habe aus einer Entfernung von mehreren 100 m, wie der Beklagte im Berufungsrechtszug unbestritten vorträgt, das in der Nähe des Unfallortes freilaufende Rind als das Rind des Beklagten identifiziert, erscheint der Kammer nicht unbedingt glaubhaft. Es kann nicht als sicher angenommen werden, daß es sich bei dem von der Zeugin angetroffenen Rind um das später verunglückte Rind des Beklagten gehandet hat. Einen zuverlässigen Rückschluß darauf, daß das in den Unfall verwickelte Tier nur infolge eines Sorgfaltsverstosses des Beklagten aus der eingezäunten Weide auf die Straße geraten konnte, ist aufgrund der Aussagen im ersten Rechtszug vernommenen Zeugen nicht möglich.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist deshalb vom Amtsgericht zutreffend abgewiesen worden. Die Berufung ist nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Streitwert des Berufungsrechtszuges: 4.321,55 DM.</p>
|
315,516 | olgham-1986-11-12-20-w-5886 | {
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} | 20 W 58/86 | "1986-11-12T00:00:00" | "2019-03-13T14:57:54" | "2019-03-27T09:42:55" | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1986:1112.20W58.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der angefochtene Beschluß wird abgeändert. Dem Antragsteller wird unter Beiordnung von Rechtsanwalt ... in ... Prozeßkostenhilfe (ohne Ratenzahlung) für die im Schriftsatz vom 18. Februar 1986 angekündigte Klage bewilligt.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Kläger nimmt die Beklagte aus der bei dieser bestehenden Fahrzeugversicherung (Vollkaskoversicherung) auf Ersatz des Neuwertes seines am 30.6.1985 bei einem von ihm selbst verursachten Unfall zu Schaden gekommenen Personenwagens in Anspruch und sucht um Prozeßkostenhilfe für eine auf Zahlung von 30.840,01 DM nebst Zinsen gerichtete Klage nach.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Nach seiner Darstellung, die hinsichtlich des objektiven Geschehensablaufs durch den Inhalt der Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft ... (Az.: 29 Js 772/85) im wesentlichen bestätigt wird, ereignete sich folgendes:</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hatte sich von seiner Ehefrau von der Wohnung zu einem auf Privatgelände liegenden Platz fahren lassen, wo er ein Materiallager unterhielt. Er wollte dort arbeiten. Der Kläger behauptet, er habe seine Ehefrau gebeten, ihn dort nachmittags zwischen 14.30 und 14.45 Uhr wieder abzuholen. Während der Arbeit habe er fünf Flaschen Bier und einige sog. "Kümmerlinge" zu sich genommen. Er habe nicht die Absicht gehabt, sich danach noch an das Steuer seines Wagens zu setzen, weil seine Frau ihn ja habe abholen sollen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Seine Frau habe sich dann allerdings erheblich verspätet und sei erst gegen 16.00 Uhr erschienen. Deshalb sei es zwischen ihnen zu einer heftigen Auseinandersetzung gekommen, in deren. Verlauf er seiner Frau u.a. vorgeworfen habe, sie habe ein Verhältnis mit einem anderen Mann und sei deshalb so spät gekommen. Er sei sehr erregt gewesen, zumal er sich schon vorher darüber geärgert gehabt habe, daß sein Sohn einen Kompressor beschädigt und einen Schaden von mehr als 2.000 DM verursacht habe.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">In heftiger Erregung habe er sich dann auf den Beifahrersitz des Wagens gesetzt, während seine Frau am Steuer gesessen und versucht habe, den Wagen zu wenden. Bei diesem Versuch sei sie auf eine Wiese geraten und mit dem Vorderteil des Wagens hängen geblieben. Bei dem Versuch, wieder freizukommen, habe sich der Wagen immer tiefer in den Morast gewühlt.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Er - der Kläger - sei nunmehr außer sich geraten, es habe eine erneute heftige Auseinandersetzung mit seiner Frau gegeben und er habe sich schließlich selbst ans Steuer seines Wagens gesetzt, um den Wagen aus der Wiese herauszufahren. Dabei habe er in seiner Rage Vollgas gegeben.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Versuch, das Fahrzeug freizubekommen, hatte insoweit Erfolg, daß das Fahrzeug zwar wieder auf die Straße kam, dort aber in einer leichten Rechtskurve geradeaus schoß, ein Brückengeländer durchbrach und in die Ruhr fuhr.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Kläger, der sich selbst befreien konnte, versteckte sich anschließend in einem nahegelegenen Schuppen, wo er erst nach einiger Zeit von einem Polizeihund augestöbert werden konnte.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger wurde gegen 18.05 Uhr eine Blutprobe entnommen, die einen Blutalkoholgehalt von 1,91 % ergab.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Das gegen den Kläger eingeleitete Ermittlungsverfahren wurde wegen geringer Schuld eingestellt, weil nicht ohne weiteres erkennbar gewesen sei, ob es sich bei der Straße, auf der das Fahrzeug bewegt wurde, um eine öffentliche oder um eine private Straße gehandelt habe.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte verweigerte den Versicherungsschutz mit der Begründung, der Kläger habe den Unfall grobfahrlässig (§61 VVG) herbeigeführt.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Der Kläger wendet dagegen ein, ihm sei der Vorwurf grober Fahrlässigkeit nicht zu machen. Denn er habe nicht mehr vorgehabt, in alkoholisiertem Zustand selbst zu fahren. Dazu sei er nur durch die besonderen Umstände veranlaßt worden, als seine Frau den Wagen in die Wiese gefahren habe und aus eigener Kraft nicht freigekommen sei. Zu jenem Zeitpunkt sei er aber nicht mehr schuldfähig gewesen. Zum einen habe sein Blutalkoholgehalt sicherlich noch höher, bei etwa 2,3 %, gelegen als im Zeitpunkt der Entnahme der Blutprobe, zum anderen habe er im Laufe des Vormittags zwei Beruhigungsmittel eingenommen gehabt, die die Alkoholwirkung verstärkt hätten.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Schließlich sei die Auseinandersetzung mit seiner Frau hinzugekommen, die einen Affektstau verursacht habe.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hält diese Einlassung für widerlegt, u.a. durch das nach ihrer Auffassung planmäßige Verhalten des Klägers nach dem Vorfall, durch das er sich polizeilichen Ermittlungen, zu entziehen versucht habe.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht ist der Argumentation der Beklagten gefolgt und hat die beantragte Prozeßkostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussicht verweigert, weil Schuldunfähigkeit, des Klägers nicht anzunehmen sei.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Klägers ist zulässig und begründet (§§127 II 2, 114 ZPO).</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat glaubhaft gemacht, nicht in der Lage zu sein, die Kosten der Prozeßführung aus eigenen Mitteln aufzubringen. Davon geht auch das Landgericht zu Recht aus.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Klage bietet, darüber hinaus aber auch hinreichende Erfolgsaussicht.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks"><b>1.</b></p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Für den Einwand der Leistungsfreiheit wegen vorsätzlicher oder grobfahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls (§61 VVG) ist grundsätzlich der Versicherer, nicht der Versicherungsnehmer beweispflichtig (Prölss-Martin, VVG, 23. Aufl. 1984, §61 Anm. 6). Diese Beweisführung kann durch die äußeren Umstände und die Lebenserfahrung aber erleichtert sein.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Bei einem Kraftfahrer ist bei einem Blutalkoholgehalt von 1,3 %o und mehr ... grundsätzlich absolute Fahruntüchtigkeit anzunehmen. Nach den auf die Lebenserfahrung gestützten Regeln des sogenannten Anscheinsbeweises kann auch davon ausgegangen werden, daß ein im Zustand absoluter Fahruntüchtigkeit verursachter Unfall seine Ursache gerade in dieser Fahruntüchtigkeit gehabt hat. (Stiefel-Hofmann, Kraftfahrtversicherung, 13. Aufl. 1986, §12 AKB Rdn. 100). Insoweit bietet auch der vorliegende Sachverhalt keine Besonderheiten. Daß der Kläger absolut fahruntüchtig war, ist nicht zu bezweifeln, und der Kläger stellt ... selbst nicht in Abrede, daß es die alkoholische Beeinflussung war, die ihn daran gehindert hat, sein Fahrzeug zu beherrschen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks"><b>2.</b></p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Anders ist es mit dem Vorwurf grober Fahrlässigkeit. Zwar ist bei einem Blutalkohlgehalt von mehr als 1,3 %o in der Regel der Vorwurf groben Verschuldens gerechtfertigt, weil der Versicherungsnehmer in diesen Fällen Alkoholmengen zu sich genommen haben muß, die ihm die Gefahr der Fahruntüchtigkeit hätten aufdrängen müssen.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Der Vorwurf grober Fahrlässigkeit setzt aber auch voraus, daß der Versicherungsnehmer die Möglichkeit hätte voraussehen können und müssen, daß er in alkolholisiertem Zustand noch Auto fahren werde.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Einlassung des Klägers, er habe nicht mehr selbst fahren wollen, wird voraussichtlich nicht zu widerlegen sein. Denn nach seiner Darstellung sollte ja seine Ehefrau ihn fahren.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Ausweislich der Ermittlungsakte haben auch der Sohn und die Schwiegertochter des Klägers, die das Geschehen beobachtet haben, die Darstellung des Klägers im wesentlichen bestätigt. Der Sohn hat bekundet, zunächst sei seine Mutter gefahren, aber wohl gegen ein Hindernis geraten, woraufhin sein Vater sich ans Steuer gesetzt habe; die Schwiegertochter hat das Rahmengeschehen bestätigt, daß es einen heftigen Streit gegeben habe. Es wird danach davon auszugehen sein, daß der Kläger den Entschluß, selbst zu fahren, erst gefaßt hat, nachdem seine Frau mit dem Wagen nicht allein wegkam.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Dann gewinnt aber, die Frage an Bedeutung, in welchem Grade der Kläger zu diesem Zeitpunkt in seiner Schuldfähigkeit beeinträchtigt war.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Dabei wird es nicht allein, wie das Landgericht anzunehmen scheint, darauf ankommen, ob der Kläger bereits schuld <u>un</u>fähig war.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Vielmehr kann auch eine, erheblich verminderte Schuldfähigkeit den Vorwurf <u>grober</u> Fahrlässigkeit entfallen lassen. Wer in seiner Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt ist, handelt nicht unbedingt schlechthin, unentschuldbar, wenn er seihe Fahruntüchtigkeit nicht mehr erkennt und sich - obwohl er es vorher ernsthaft nicht vorgehabt hat - dann doch noch ans Steuer setzt.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Die vom Kläger aufgezeigten Umstände lassen dies hier möglich erscheinen, so daß die vom Kläger angebotenen Beweise, insbesondere der Sachverständigenbeweis, zu erheben sein werden.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Für eine zumindest erhebliche Verminderung seiner Schuldfähigkeit spricht einmal der Blutalkoholgehalt, der jedenfalls an der Grenze von 2 %o, möglicherweise auch darüber gelegen hat. Das wird für den Unfallzeitpunkt nur ein Sachverständiger klären können.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Hinzu kommt die behauptete Medikamenteneinnahme, deren Zusammenwirken mit dem Alkohol auch nur ein Sachverständiger klären kann. Schließlich muß die durch die Auseinandersetzung bedingte Erregung des Klägers berücksichtigt werden. Auch hierzu wird ein Sachverständiger Stellung nehmen müssen.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Der Sachverhalt, den der Kläger zu seiner Entlastung vorträgt, erscheint nach Aktenlage nachvollziehbar. Er bedarf der Aufklärung in tatsächlicher Hinsicht, die möglich ist und zu Gunsten des Klägers ausfallen kann. Daher kann die Erfolgsaussicht der Kläger derzeit nicht verneint werden.</p>
|
315,517 | ag-dusseldorf-1986-11-11-253-f-23183 | {
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"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 253 F 231/83 | "1986-11-11T00:00:00" | "2019-03-13T14:57:55" | "2019-03-27T09:42:55" | Urteil | ECLI:DE:AGD:1986:1111.253F231.83.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>hat das Amtsgericht - Familiengericht - Düsseldorf</p>
<p>auf die mündliche Verhandlung vom 28. Oktober 1986</p>
<p>durch die Richterin am Amtsgericht X</p>
<p>für Recht erkannt:</p>
<p></p>
<p> I. Die am 07. September 1978 vor dem Standesbeamten</p>
<p> des Standesamtes XX unter Heiratsregister</p>
<p> Nr.: X geschlossene Ehe der Parteien wird </p>
<p> geschieden.</p>
<p></p>
<p> II. Die elterliche Sorge für M, geb. 04.02.1979</p>
<p> wird der Antragstellerin (Mutter) übertragen.</p>
<p></p>
<p> III. Vom Rentenversicherungskonto des Antragsgegners bei der</p>
<p> Bundesversicherungsanstalt für Angestellte zu VS-Nr.: </p>
<p> XXX werden auf das Rentenversicherungskonto </p>
<p> der Antragstellerin bei der Bundesversicherungsanstalt für</p>
<p> Angestellte zu VS-Nr.: XXX Rentenanwartschaften</p>
<p> in Höhe von monatlich 20,35 DM (i.B. Zwanzig 35/100 Deutsche</p>
<p> Mark), bezogen auf den 31. Dezember 1983, übertragen.</p>
<p></p>
<p> IV. Der Antragsgegner wird verurteilt, der Antragstellerin ab Rechts-</p>
<p> kraft der Scheidung - monatlich im voraus zum 1. eines jeden</p>
<p> Monats, 535,--DM (i.B. Fünfhundertfünfunddreißig Deutsche</p>
<p> Mark) zu zahlen, davon 270,-- DM für die Antragstellerin, 265,-- DM</p>
<p> für den Sohn M.</p>
<p></p>
<p> V. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>T a t b e s t a n d :</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien haben im September 1978 in XX geheiratet.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Aus der Ehe ist der Sohn M hervorgegangen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin hält die Ehe für gescheitert, weil die Parteien bereits seit 1981 getrennt leben.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Sie beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">die am 7.9.1978 vor dem Standesbeamten XXX geschlos-</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">sene Ehe der Parteien zu scheiden,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Antragsgegner stellt gleichfalls Scheidungsantrag.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die elterliche Sorge für M begehrt jede Partei für sich.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin, die eine Halbtagsstellung als Krankenschwester inne hat, beantragt weiterhin:</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">den Antragsgegner zu verurteilen, für sie selbst 270,-- DM an Unterhalt</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">und für M 265,-- DM Unterhalt zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der Antragsgegner beantragt insoweit </p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Klageabweisung.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe:</u></p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks"><u>Zu I:</u></p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Ehe war zu scheiden, denn sie ist gescheitert.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Das wird unwiderlegbar vermutet, weil die Parteien seit mehr als 3 Jahren getrennt leben.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks"><u>Zu II:</u></p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die elterliche Sorge für M war der Mutter zu übertragen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">M ist bei der Mutter gut versorgt.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Bedenken, weil die Mutter "Bhagwan-Anhängerin" ist, bestehen nicht. Insoweit wird auf die Beschlüsse des Amtsgerichts Düsseldorf - 253 F 132/84 vom 28.05.1985 und des OLG Düsseldorf - 10 UF 205/85 - vom 16.10.1985 verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Zwar hat M in der mündlichen Verhandlung vom 27.05.1986 erklärt, dass er, der seit der Trennung bei der Mutter lebt, zum Vater möchte. Als Grund dafür hat er im wesentlichen angegeben, dass beim Vater 2 Katzen wären, die viel Geld kosten; der Vater könne die Katzen nur behalten, wenn er, M, zu ihm komme, denn dazu habe er sonst kein Geld.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Gerade diese Aussage des Jungen spricht indes nicht sehr für den Vater, denn es ist nicht schön, ein 7-jähriges Kind, das offenbar an den Katzen hängt, in dieser Weise unter Druck zu setzen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks"><u>Zu Ziffer III:</u></p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Zum <u>Versorgungsausgleich</u> gilt folgendes:</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Während der Ehezeit ( 01.09.1978 bis 31.12.1983 ) hat die Antragstellerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Versorgungsanwartschaften in Höhe von </p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">121,90 DM</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">erworben;</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">der Antragsgegner solche in Höhe von 158,50 DM.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Außerdem hat der Antragsgegner bei der Zusatzversorgungskasse der Stadt XXX eine auf die Ehezeit entfallende nichtdynamische Rente in Höhe von 43,83 DM erworben, die in eine dynamische Rente in Höhe von 4,10 DM umzurechnen war.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Insgesamt hat also der Antragsgegner Rentenanwartschaften in Höhe von 162,60 DM erworben.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin hat bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder noch keine unverfallbaren Anwartschaften erworben.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Die Differenz der beiden Anwartschaften beträgt 40,70 DM.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks"><u>20,35 DM</u> waren deshalb auf das Rentenkonto der Antragstellerin zu übertragen.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks"><u>Zu Ziffer IV:</u></p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Zum <u>Unterhalt</u> gilt folgendes:</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Der Antragsgegner der als Krankenpfleger ganztägig tätig ist, hat ein anrechenbares Nettoeinkommen von monatlich 2.070,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Danach hat der Sohn M Anspruch auf 265,-- DM ( nämlich 290,-- DM abzüglich 25,-- DM ).</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Es verbleiben noch 1805,-- DM;</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">demgegenüber stehen <u>1127,-- DM</u> bei der Antragstellerin - </p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Die Differenz beträt danach 678,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Der geltendgemachte Anspruch in Höhe von 270,-- DM ist somit berechtigt.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks"><u>Zu V:</u></p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 93 a ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks"><u>Streitwert:</u></p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Ehescheidung 9.000,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">elterliche Sorge 1.500,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Versorgungsausgleich 1.000,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Unterhalt: 6.420,-- DM</p>
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315,518 | olgham-1986-11-07-20-u-37485 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 20 U 374/85 | "1986-11-07T00:00:00" | "2019-03-13T14:57:57" | "2019-03-27T09:42:55" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1986:1107.20U374.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Klägers gegen das am 9. September 1985 verkündete Urteil der 5. Ferienzivilkammer des Landgerichts Dortmund wird zurückgewiesen.</p>
<p>Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 8.500,- DM abzuwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat bei der Beklagten eine Unfallversicherung abgeschlossen. Die Versicherungssumme betrug zuletzt 250.000,- DM. Am 24.06.1982 führte der Kläger seinen Lkw beim ... vor. Da die Feststellbremse dieses Lkws keine hinreichende Wirkung zeigte, wollte der Kläger sie noch einmal kräftig anziehen. Bei dieser Tätigkeit verspürte er plötzlich bei dem dritten Anziehen dieser Feststellbremse, die als Ratschenbremse konstruiert ist, einen starken Schmerz im Kreuz. Später wurde ein Kompressionsbruch des zweiten Lendenwirbelkörpers festgestellt.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Kläger nimmt nun die Beklagte aus der abgeschlossenen Unfallversicherung in Anspruch. In erster Instanz hat er behauptet, eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50 % erlitten zu haben.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Er hat den Antrag gestellt,</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, an ihn 125.000,- DM nebst 14 % Zinsen seit dem 8. Mai 1985 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Sie ist der Auffassung, es liege kein Unfall im Sinne von §2 I AUB vor. Auch die Voraussetzungen des §2 II a AUB seien nicht gegeben.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die näheren Ausführungen des Urteils wird verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil wendet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung. In der Berufungsinstanz wiederholen und vertiefen beide Parteien ihre bisherigen Argumente. Der Kläger hat vor der mündlichen Verhandlung seine Klage ermäßigt und beantragt nunmehr, das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 50.000,- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 8. Mai 1985 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Wegen des weiteren Parteivortrags wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen ... vom 14. Januar 1986. In der Senatssitzung hat der Sachverständige sein Gutachten mündlich erläutert und ergänzt. Zusätzlich ist der Zeuge ... zum Hergang des Vorfalls am 24.06.1982 gehört worden.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Zeuge ... hat bekundet:</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Ich kann mich an den Vorfall erinnern. Ich weiß, daß der Kläger mit einem Lkw kam und ihn mir zur Inspektion vorführte. Die Feststellbremse zeigte nicht genug Wirkung. Ich hatte sie selbst vorher angezogen, sagte dem Kläger aber noch, er sollte es vielleicht einmal selbst versuchen. Der Kläger stieg dann ein und versuchte, die Feststellbremse weiter anzuziehen. Ich hörte dann nur noch ein Stöhnen. Der Kläger sagte: "Jetzt ist irgendetwas im Kreuz kaputt". Und ich kann mich auch noch erinnern, daß es ihm sehr schwerfiel, wieder aus dem Lkw auszusteigen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Das Anziehen einer Feststellbremse kann "unheimlich viel Kraft brauchen". Die Bremse ist bei dem hier fraglichen Lkw als Ratschenbremse ausgebildet. Sie kann dann jeweils bis zum Anschlag durchgezogen werden. Wenn keine weitere Wirkung mehr zu erreichen ist, steht die Bremse fest und kann nicht mehr bewegt werden.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Der Sachverständige ... hat ausgeführt:</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Aus medizinischer Sicht ist davon auszugehen, daß die Wirbelsäule eines Fünfzigjährigen mit Sicherheit irgendwie vorgeschädigt ist. Meines Erachtens ist unter dem Ausdruck "Zerreißung" ein Kompressionsbruch nicht zu verstehen. Aus medizinischer Sicht mag das der Fall sein, wenn Knochenteile (zum Beispiel der Dornfortsatz) eines Wirbelkörpers abgerissen werden. Bei einem Kompressionsbruch ist aber nichts zerrissen, auch nicht die anliegenden Bänder (äußeres oder inneres Längsband). Nach medizinischer Auffassung ist ein Bruch keine Zerreißung.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Allgemein ist zu sagen, daß Kompressionsbrüche (insbesondere bei Frauen) nicht selten sind. Es kommt durchaus vor, daß spontan Einbrüche eines oder mehrerer Wirbelkörpern festzustellen sind. Ein Kompressionsbruch ist damit kein besonders seltener und auffallender Vorgang.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe</b></p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Berufung hat keinen Erfolg. Der Kläger hat den Eintritt eines Versicherungsfalles nicht bewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks"><b>1.</b></p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Er hat bei dem fraglichen Vorfall keinen Unfall im Sinne des §2 I AUB erlitten. Es fehlt an einem "von außen auf seinen Körper wirkenden Ereignis". Das Anziehen einer schon festgezogenen Bremse ist physiologisch nicht anders anzusehen als der Versuch, eine überschwere Last zu heben. Verletzungen, die dabei erlitten werben, sind körperinterne. Vorgänge, bei denen nicht deshalb, weil der Gegenstand der Kraftanstrengung ein beliebiger äußerer Gegenstand ist, dieser Vorgang als äußeres Ereignis zu werten ist (Prölss-Martin, §182 Anm. 3 a). Es bleibt ein innerer Vorgang, solange der Gegenstand einfaches Objekt der Bemühungen bleibt. Daß dies dann anders ist, wenn der Gegenstand beim Heben umstürzt oder wenn der Versicherungsnehmer dabei zu Fall kommt, liegt auf der Hand. Anders könnte es auch dann sein, wenn der Gegenstand dem Versicherungsnehmer abrutscht und er sich beim Festhalten oder Abfangen des Objektes verletzt (LG Bielefeld, VersR 59, 605). In diesen Fällen ist der Gegenstand wegen der beginnenden oder drohenden Eigenbewegung nicht mehr bloßes Einwirkungsobjekt. Bei dem Festziehen einer Bremse liegt jedoch kein diesen Sonderfällen vergleichbarer Sachverhalt vor.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks"><b>2.</b></p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Es besteht auch kein Anspruch nach §2 II a AUB. Dabei kann davon ausgegangen werden, daß der Kläger die Verletzung durch eine Kraftanstrengung beim Anziehen der Bremse erlitten hat. Der Kompressionsbruch ist aber eine keine "Verrenkung, Zerrung oder Zerreißung an der Wirbelsäule". Die Begriffe "Verrenkung" und "Zerrung" scheiden von vornherein aus. Verrenkungen sind nach allgemeinem medizinischem Wortgebrauch die Entfernung von Gelenkflächen voneinander (Bruck/Möller/Wagner, Versicherungsvertragsgesetz, VI 1 "Unfallversicherung", 8. Aufl., Anm. G 105). Zerrungen sind revisible Vorgänge, die nicht zu einer Zerreißung geführt haben. Der Kompressionsbruch war aber auch keine Zerreißung der Wirbelsäule oder an der Wirbelsäule. Nach allgemeinem Sprachgebrauch sind Zerreißungen das Ergebnis zweier auseinanderstrebender Kräfte. Hier handelt es sich nach allgemeinem Sprachgebrauch um eine Stauchung, bei der der Knochen zerbrochen und nicht zerrissen ist. Diesem allgemeinen Sprachgebrauch entspricht nach der Ausführung des Sachverständigen ... auch die medizinische Sicht, die in einem Kompressionsbruch keine Zerreißung sieht (so auch: LG München, VersR 73, 1060; OLG Oldenburg, VersR 85, 35/36). Eine Zerreißung der Wirbelkörper durch eigene Kraftanstrengung liegt allenfalls beim Abriß eines Teils des Wirbelknochens vor (Wagner G 115).</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Nach Auffassung des Senates besteht angesichts des eindeutigen Wortlautes der Bestimmung auch kein Ansatzpunkt für eine extensive Auslegung. Hinzu kommt noch, daß eine solche ausdehnende Anwendung auch deshalb bedenklich wäre, weil §2 II a AUB schon selbst eine Erweiterung des Versicherungsschutzes über die Folgen eines Unfalls hinaus ist (OLG Oldenburg a.a.O.). Außerdem handelt es sich bei dieser Art von Verletzungen der Wirbelsäule nach den Ausführungen des Sachverständigen ... nicht um höchst seltene und kaum zu erwartende Ereignisse. Deshalb kann auch nicht angenommen werden, daß sie als Folgen einer Kraftanstrengung bei der Abfassung der AUB nicht bedacht worden sind. Wie insbesondere aus den Auführungen von Wagner (Anm. G 108 ff.) folgt, sollten diese Folgen vielmehr bewußt von dem Versicherungsschutz nicht erfaßt werden.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Danach war die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks"><b>3.</b></p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die Kosten und die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§97, 708 Ziff. 10, 711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Der Wert der Beschwer beträgt 50.000,- DM.</p>
|
315,519 | olgham-1986-11-06-5-u-10886 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 5 U 108/86 | "1986-11-06T00:00:00" | "2019-03-13T14:57:58" | "2019-03-27T09:42:54" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1986:1106.5U108.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Beklagten wird das am 14. Februar 1986 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Arnsberg abgeändert.</p>
<p></p>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Den Klägern bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 60.000,-- DM abzuwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p>
<p></p>
<p>Die Beschwer der Kläger beträgt 50.000,-- DM.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Tatbestand</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Kläger wenden sich mit der Vollstreckungsgegenklage gegen die Inanspruchnahme wegen Übernahme der persönlichen Haftung für den Betrag einer Grundschuld. Am 30. April 1982 bestellten</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">die Kläger unter Verwendung eines Formulars der Beklagten dieser an dem ihnen gehörenden Grundstück in xxx Grundbuch von xxx eine Grundschuld in Höhe von 50.000,-- DM nebst 15% Zinsen seit Grundschuldbestellung. Die Kläger übernahmen in der notariellen Urkunde zugleich die persönliche Haftung für den Betrag der Grundschuld nebst Zinsen und unterwarfen sich insoweit der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen. In "Weiteren Erklärungen", die nicht mitbeurkundet wurden, aber den Klägern bei der Grundschuldbestellung zur Kenntnisnahme und Unterzeichnung vorlagen, heißt es, die Grundschuld diene zur Sicherung aller bestehenden und künftigen Ansprüche aus der Geschäftsverbindung, insbesondere aus Krediten und Bürgschaften, welche der Beklagten gegen die Firma xxx die Kläger bzw. einen von ihnen zustehen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Xxx, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftführer damals der Kläger war, hatte von der Beklagten umfangreiche Kredite erhalten. Der Kläger hatte hierfür am 18.02.1982 eine Bürgschaft in Höhe von 300.000,-- DM übernommen. Die Forderungen der Beklagten gegen die mittlerweile in Konkurs gegangene xxx GmbH betragen - nach Verwertung verschiedener Sicherheiten und nach Zahlung von 15.587,65 DM durch den Kläger in den Jahren 1983 / 84 - noch über 400.000,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Das Grundstück der Kläger wurde inzwischen zwangsversteigert. Die Grundschuld der Beklagten, der Rechte in Höhe von 277.000,-- DM vorhergingen, ist dabei vollständig ausgefallen. Die Beklagte betreibt nunmehr aus der Urkunde vom 30. April 1982 die Zwangsvollstreckung gegen die Kläger wegen der persönlichen Haftung.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Kläger haben die Ansicht vertreten, sie könnten aus der Urkunde nicht persönlich in Anspruch genommen werden, da die formularmäßige Übernahme der persönlichen Haftung mit dem AGB - Gesetz nicht zu vereinbaren sei.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Kläger haben beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Ausfertigung der Grundschuldbestellungsurkunde vom 30.04.1982 - xxx - zu erklären.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat behauptet, sie habe die Kläger besonders darauf hingewiesen, daß neben der Grundschuld auch die Übernahme der persönlichen Haftung für alle bestehenden Verbindlichkeiten beurkundet werden sollte.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Es hat angenommen, daß die sogenannte erweiterte Zweckerklärung zumindest bezüglich der Klägerin eine überraschende Klausel i. S. von § 3 AGBG sei und daß darüberhinaus die Übernahme der persönlichen Haftung in der Grundschuldbestellungsurkunde einen Verstoß gegen § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG darstelle, und zwar hinsichtlich jedes der beiden Kläger.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses am 14. Februar 1986 verkündete und am 13. März 1986 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 19. März 1986 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 3. Juni 1986 durch einen am letzten Tage dieser Frist beim Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte greift das Urteil des Landgerichts, auf dessen Inhalt auch zur Darstellung des weiteren Sachverhalts Bezug genommen wird, mit Rechtsausführungen an. Außerdem behauptet sie, die erweiterte Zweckbestimmung sei individuell ausgehandelt worden.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Kläger beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">1. die Berufung zurückzuweisen,</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">2. hilfsweise ihnen zu gestatten, Sicherheitsleistung auch durch Bürgschaft einer Großbank oder öffentlichen Sparkasse zu erbringen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Kläger treten dem angefochtenen Urteil aus Rechtsgründen bei. Sie behaupten, ohne Angabe näherer Einzelheiten, die Zahlung von 15.587,65 DM sei auf die Grundschuld erfolgt.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich des Vorbringens der Parteien im einzelnen wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Wegen des genauen Wortlauts der notariellen Urkunde vom 30. April 1982 und der beigefügten "Weiteren Erklärungen" wird auf die Ablichtung Blatt 7 - 12 der Akten Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe:</u></p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Kläger können keine Einwendungen gegen die von der Beklagten beabsichtigten Zwangsvollstreckung in das Vermögen der Kläger auf Grund der Übernahme der persönlichen Haftung in der vollstreckbaren Urkunde vom 30. April 1982 erheben.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">In der Übernahme der persönlichen Haftung liegt ein selbständiges Schuldversprechen gemäß § 780 BGB ( BGH DNotZ 1958, 579 f; BGH NJW 1976, 567 und 1985, 1831 f. ). Die Eingehung einer derartigen Verpflichtung durch die Kläger in der Urkunde vom 30. April 1982 verstößt nicht gegen Bestimmungen des AGB-Gesetzes.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Da die Übernahme der persönlichen Haftung wegen des Betrages der Grundschuld einschließlich der Grundschuldzinsen notariell beurkundet, den Klägern somit vorgelesen und von ihnen genehmigt worden ist, handelt es sich nicht um eine überraschende Klausel im Sinne von § 3 AGBG. Nach § 3 AGBG werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nur dann nicht Vertragsbestandteil, wenn der Vertragspartner sie nicht kannte und mit ihnen auch nicht zu rechnen brauchte. Auf Bestimmungen, die dem Vertragspartner - falls er sie bis dahin noch nicht kennt - durch den Beurkundsvorgang zur Kenntnis gebracht werden, bezieht sich die Vorschrift nicht.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die Übernahme der persönlichen Haftung verstößt auch nicht gegen § 11 Nr. 15 AGBG. Eine Beweislaständerung, die nach dieser Vorschrift nicht Inhalt Allgemeiner Geschäftsbedingungen sein kann, enthalten nur Bestimmungen, die von einer gesetzlichen Beweislastverteilung abweichen ( § 8 AGBG ). Darum handelt es sich im vorliegenden Fall nicht. Dem Wesen des selbständigen Schuldversprechens gemäß § 780 BGB entspricht es, daß der Gläubiger lediglich die formgültige Erteilung des Versprechens zu beweisen hat. Dies gilt auch, wenn das Versprechen, wie im vorliegenden Fall der Sicherung anderer Verbindlichkeiten dient. Der Beweis, daß eine zu sichernde Verbindlichkeit nicht besteht und daher das Schuldversprechen rechtsgrundlos erteilt ist, obliegt dem Schuldner.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Insofern liegt zwar eine dem Schuldner nachteilige Beweislastverteilung vor. Dies allein begründet aber noch nicht die Anwendbarkeit von § 11 Nr. 15 AGBG, denn die Beweislastverteilung stellt keine Änderung gegenüber der gesetzlichen Regelung dar, sondern ergibt sich gerade aus der gesetzlichen Regelung. Ein selbständiges Schuldversprechen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist daher nicht nach § 11 Nr. 15 AGBG unwirksam (ebenso OLG Stuttgart NJW 1979, 222; Wolf / Horn/ Lindacher, §11 Nr. 15 AGBG, Rz 12; Palandt-Heinrichs, 45. Aufl., § 11 AGBG Anm. 15; Wolfsteiner NJW 1982, 2852).</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Es liegt auch kein Verstoß gegen § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG vor, da mit der Übernahme der persönlichen Haftung nicht von wesentlichen Grundgedanken einer gesetzlichen Regelung abgewichen wird. Die gegenteilige Ansicht, die im angefochtenen Urteil sowie in der Entscheidung des OLG Oldenburg NJW 1985, 152 f vertreten wird, beruht auf der Erwägung, daß die Bestellung einer Grundschuld als solche nicht die persönliche Haftung des Grundstückseigentümers begründet. Die Übernahme der persönlichen Haftung stellt aber keine Abweichung von der gesetzlichen Regelung der Grundschuld dar, sondern ein eigenes, von der Bestellung der Grundschuld unabhängiges Geschäft.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Das AGB-Gesetz verbietet nicht die Verbindung verschiedener, für sich allein zulässiger Geschäfte in einer Urkunde. Da die persönliche Haftungsübernahme als solche nicht gegen § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG verstößt, wird sie auch nicht durch die gleichzeitige Bestellung einer Grundschuld zu einem Verstoß gegen die Vorschrift. Die Gründe, auf welche die angeführte Entscheidung des OLG xxx die gegenteilige Ansicht stützt, sind nach Auffassung des Senats im Rahmen des § 9 AGBG nicht</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">ausschlaggebend. Das OLG xxx beruft sich darauf, daß der Wille des Sicherungsgebers, der nicht persönlich Schuldner ist, lediglich auf die Bestellung einer Sicherheit an seinem Grundstück gerichtet sei und der Sicherungsgeber nicht damit zu rechnen brauche, auch die persönliche Haftung zu übernehmen. Das sind indessen Erwägungen, die im Rahmen von § 3 AGBG von Bedeutung sind und dort unter Umständen dazu führen können, die Haftungsübernahme als überraschende Klausel zu qualifizieren. Dabei ist jedoch zu beachten, daß in dem vom OLG xxx entschiedenen Fall die Haftungsübernahme anders als im vorliegenden Fall nicht notariell beurkundet, sondern nur beglaubigt worden war. Dann mag durchaus Raum für die Anwendung des § 3 AGBG sein, weil die bloße Beglaubigung einer Unterschrift unter einer längeren Urkunde keine Gewähr dafür bietet, daß der Unterschreibende den Inhalt der Urkunde zur Kenntnis genommen hat. Im vorliegenden Fall scheidet jedoch die Anwendung des § 3 AGBG aus den oben angegebenen Gründen aus. Überdies hat das Landgericht im angefochtenen Urteil übersehen, daß der Kläger wegen der von ihm übernommenen Bürgschaft bereits Schuldner der Beklagten war und somit nicht lediglich als Dritter, sondern auch für eigene Verbindlichkeiten Sicherheit leistete, so daß auf ihn die Grundsätze der Entscheidung des OLG xxx ohnehin nicht anwendbar waren.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Die von beiden Klägern wirksam übernommene persönliche Haftung ist nicht nachträglich erloschen. Die Übernahme der Haftung für den Betrag der Grundschuld bedeutet keine Erweiterung des Umfangs der Haftung, sondern nur der Vollstreckungsmöglichkeiten.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Da die Beklagte jedoch in der Zwangsversteigerung mit der Grundschuld ausgefallen ist, steht ihrem Vorgehen aus der persönlichen Haftungsübernahme nichts im Wege. Die Behauptung der Kläger, die Zahlung von 15.587,65 DM durch den Kläger sei auf die Grundschuld erfolgt, ist nicht beachtlich. Es kann in diesem Zusammenhang offen bleiben, ob die Bestimmung C. 1. der "Weiteren Erklärungen", die den Klägern bei der Bestellung der Grundschuld vorlagen, wonach alle Zahlungen nur auf die persönliche Forderung der Beklagten verrechnet werden sollten, gültig ist oder gegen § 9 AGBG verstößt. ( Zur Unwirksamkeit formularmäßiger Tilgungsabreden vgl. BGHZ 91, 375 ff. ). Im letzteren Fall wäre die Zahlung gemäß § 6 Abs. 2 AGBG, § 366 Abs. 2 BGB auf den nicht durch die Grundschuld oder die persönliche Haftungsübernahme gesicherten Teil der Bürgschaftsschuld des Klägers zu verrechnen gewesen. Daß der Kläger bei der Zahlung eine anderslautende Tilgungsbestimmung ( § 366 Abs. 1 BGB ) getroffen habe, hätte durch Angaben über die Art und Weise, wie dies der Beklagten gegenüber zum Ausdruck gebracht worden sein soll, substantiiert werden müssen. Insofern haben die Kläger ihrer Darlegungslast nicht genügt. Daher kann die Beklagte aus der notariellen Urkunde vom 30.04.1982 auf jeden Fall noch in Höhe der Grundschuldsumme einschließlich der Grundschuldzinsen vollstrecken.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Demgegenüber können die Kläger nicht einwenden, die Übernahme der persönlichen Haftung sei ohne Rechtsgrund erfolgt. Rechtsgrund der Haftungsübernahme ist die in den "Weiteren Erklärungen" unter B. getroffene Sicherungsvereinbarung. Diese jedenfalls insoweit gültig, als es um die Sicherung der am 30.04.1982 bereits bestehenden Forderungen der Beklagten gegen den Kläger geht. Es kann dahingestellt bleiben, ob die formularmäßige Erstreckung der Sicherungsvereinbarung auf die künftigen Verbindlichkeiten eines mit dem Sicherungsgeber nicht identischen Schuldners nur unter bestimmten Voraussetzungen ( so BGHZ 83, 56 und Senatsurteil vom 12.05-1986 = ZIP 1986, 1547 ) oder stets ( so das angefochtene Urteil und OLG Karlsruhe NJW 1986, 136 f. ) gegen §§ 3 oder 9 AGBG verstößt.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Da der Kläger sich in Höhe von 300.000,-- DM für Verbindlichkeiten der xxx GmbH gegenüber der Beklagten verbürgt hatte, bestanden solche Forderungen mindestens in Höhe der Grundschuldsumme nebst Zinsen. Sie bestehen auch noch. Daß bestehende Verbindlichkeiten des Klägers gesichert werden sollten, war für die Klägerin nicht überraschend. Da sie keine eigenen Verbindlichkeiten gegenüber der Beklagten hatte, wußte sie, daß es um die Sicherung fremder Verbindlichkeiten ging, wobei es keine Rolle spielt, ob sie an Verbindlichkeiten ihres Mannes dachte, was wohl das Nächstliegende für sie war, oder an Verbindlichkeiten der von ihm vertretenden GmbH. Ob § 3 AGBG, wie das angefochtene Urteil meint, im vorliegenden Fall wegen der Erstreckung des Sicherungszwecks auf künftige Verbindlichkeiten der xxx anwendbar ist, ist nicht entscheidungserheblich.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Denn sowohl die Einbeziehung künftiger Verbindlichkeiten als auch die Einbeziehung der Verbindlichkeiten der xxx GmbH überhaupt in den Sicherungszweck stellen inhaltlich und sprachlich abtrennbare Teile der Zweckerklärung dar. Wenn sie nicht Vertragsbestandteil geworden sind, läßt das die Geltung der Zweckerklärung bezüglich der am 30.04.1982 bereits bestehenden Verbindlichkeiten des Klägers unberührt.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Die Vollstreckungsgegenklage ist daher nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Sie mußte in Abänderung des angefochtenen Urteils abgewiesen werden. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger als unterlegene Partei nach § 91 Abs. 1 ZPO zu tragen. Das Urteil ist gemäß § 708 Nr. 10 ZPO vorläufig vollstreckbar. Die Befugnis der Kläger zur Abwendung der Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung ergibt sich aus § 711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Zugleich für den nicht mehr am Oberlandesgericht Hamm tätigen Richter am Landgericht Meiswinkel</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Karl</p>
|
315,520 | lg-duisburg-1986-11-04-5-s-13386 | {
"id": 807,
"name": "Landgericht Duisburg",
"slug": "lg-duisburg",
"city": 408,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 5 S 133/86 | "1986-11-04T00:00:00" | "2019-03-13T14:57:59" | "2019-03-27T09:42:54" | Urteil | ECLI:DE:LGDU:1986:1104.5S133.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Klägers gegen das am 13. Mai 1986 verkündete Urteil </p>
<p> des Amtsgerichts Duisburg - 2 C 755/85 - wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p> Dem Kläger fallen die Kosten des Berufungsrechtszuges zur Last. </p>
<p></p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><u>A.</u></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Berufung des Klägers mußte erfolglos bleiben.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Mit zutreffender Begründung, der die erkennende Kammer ausdrücklich beitritt (§ 543 Abs. 1 ZPO), hat der Erstrichter die Klage schon aus Rechtsgründen abgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die hiergegen gerichteten Angriffe der Berufung des Klägers gehen fehl:</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks"><u>B.</u></p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks"><u>I.</u></p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Aus Anlaß eines Schadensfalles, der einer Versicherung gemeldet wird, steht dem Versicherer ein weiter Beurteilungsspielraum zu, ob und wie er den Schaden zu regulieren gedenkt.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Im Bereich der Pflichtversicherung nach dem Pflichtversicherungsgesetz steht dem Versicherer darüber hinaus das Recht zu, auch zu Lasten des Versicherungsnehmers sich verklagen zu lassen, die Führung des Rechtsstreits zu übernehmen und im Rahmen des Rechtsstreites auch Prozeßhandlungen gegen den ausdrücklich erklärten Willen des Versicherungsnehmers vorzunehmen (§ 10 der Allgemeinen Bedingung für den Kraftverkehr).</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Dieser weitere Berurteilungsspielraum gibt dem Versicherer auch das Recht, ohne es zu einem Rechtsstreit kommen zu lassen, vorgerichtlich den Fall zu regulieren. Lediglich willkürliche Regulierungsmaßnahmen sind dem Versicherer verwehrt. Besteht hingegen ein sachlich vertretbarer Grund für das Verhalten des Versicherers bei der Regulierung, so hat dies der Versicherungsnehmer hinzunehmen (Stiefel/Hoffmann, Kraftfahrtversicherung, 12. Auflage (1983), § 10 AKB Randnummer 26, 27; Pröls-Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 23. Auflage (1984) § 10 AKB Randnummer 5).</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">In diesem Fall steht dem Versicherungsnehmer als Ausgleich für das Regulierungsverhalten des Versicherers ein außerordentliches Kündigungsrecht bei jeder Regulierungsmaßnahme zu.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Als sachlich vertretbare Gründe für eine Regulierung geltend nicht nur rein rechtliche Gesichtspunkte, vielmehr sind hier auch wirtschaftliche Überlegung zu beachten.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks"><u>II.</u></p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Ausgehend hiervon war das Regulierungsverhalten des beklagten Versicherers nicht zu beanstanden: Mit Blick auf die schriftliche Auskunft der Zeugin vom 14. Dezember 1984 (Blatt 16 der Gerichtsakten) durfte der Beklagte davon ausgehen, daß dem Kläger die Ausräumung der allgemeinen Betriebsgefahr des von ihm gesteuerten Personenkraftwagens (§ 7 Abs. 2 Straßenverkehrsgesetz) nicht gelingen werden. Die Zeugin sprach nämlich von einer überhöhten Geschwindigkeit des Klägers, die gerade mit Blick auf die Unfallörtlichkeit den Nachweis des Vorliegens eines unabwendbares Ereignisses seitens des Klägers wenig wahrscheinlich erschienen ließ. Die umsomehr, als die Zeugin darüber hinaus in dem erwähnten Schreiben ihre Einschätzung über die Vermeidung des Verkehrsunfalls dahin wiedergab, daß sich durch eine langsamere Fahrweise des Klägers der Unfall hätte vermeiden lassen können.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Unter derart obwaltenden Umständen durfte der Beklagte regulieren, was die Rückstufung des Klägers zur Folge hatte (Oberlandesgericht Bamberg, in: Versicherungsrecht 1976, Seite 651).</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks"><u>III.</u></p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Als im Berufungsrechtszug Unterlegenem waren dem Kläger auch die Kosten des Berufungsrechtszuges aufzuerlegen (§ 97 Abs. 1 ZPO).</p>
|
315,521 | lagk-1986-10-28-1-sa-42686 | {
"id": 795,
"name": "Landesarbeitsgericht Köln",
"slug": "lagk",
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"state": 12,
"jurisdiction": "Arbeitsgerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": null
} | 1 Sa 426/86 | "1986-10-28T00:00:00" | "2019-03-13T14:58:00" | "2019-03-27T09:42:54" | Urteil | ECLI:DE:LAGK:1986:1028.1SA426.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Beklagten wird das am 18.3.1986 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Aachen - 1 a Ca 461/85 - abgeändert:</p>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.</p>
<p>Streitwert: 9.000,-- DM.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">T a t b e s t a n d</span></strong></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der 19 geborene Kläger war vom 2.11.1983 an beim Beklagten, der in seinem feinblechverarbeitenden Betrieb 1985 ca. 32 Arbeitnehmer beschäftigte, als Angestellter beschäftigt. Das Monatsgehalt betrug DM 3.000,--. Seit März 1984 arbeitete der Kläger als Betriebsassistent zur Unterstützung des Beklagten. Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis am 26.9.1985 zum 31.12.1985 fristgerecht auf mit der Begründung, infolge der schlechten wirtschaftlichen Lage des Betriebes seien personelle Veränderungen unabweisbar. Der Beklagte hatte 1985 im Juli dem Landesarbeitsamt die Entlassung von acht der 32 Mitarbeiter angezeigt.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hatte im Zeitpunkt der Kündigung erhebliche Steuerschulden beim zuständigen Finanzamt (ca. 200.000,-- DM). Auf diese Rückstände zahlte er am 6.8.1986 150.000,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die vom Kläger verrichteten Arbeiten sind im wesentlichen vom Beklagten selbst übernommen worden, teils werden sie von seiner Sekretärin sowie anderen Mitarbeitern übernommen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Beim Beklagten wurde 1985 als Kalkulator der Zeuge</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">P beschäftigt. Dieser hatte im August 1985 gekündigt. Im Oktober schied er aufgrund eigener fristloser Kündigung vorzeitig aus dem Betrieb aus.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die fristgerechte Kündigung sei sozialwidrig gewesen. Der Arbeitsanfall sei in seinem Bereich nicht geringer geworden, für seine Weiterarbeit bestehe: nach wie vor ein Bedürfnis. Zudem habe der Beklagte im Zeitpunkt der Kündigung gewußt, daß der Arbeitsplatz des Zeugen P zum 31.12.1985 frei werde. Auf dieser Stelle habe der Kläger ohne Schwierigkeiten weiter beschäftigt werden können, zumal seine Arbeit nicht vom Umsatz oder vom Auftragseingang unmittelbar betroffen sei. Der Beklagte habe dem Kläger jedoch kein Angebot gemacht.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">1.         festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die beiden Kündigungen des Beklagten vom 26.9.1985 zum 31.12.1985 aufgelöst worden ist,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">2.         den Beklagten zu verurteilen, den Kläger bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Antrages zu Ziffer 1 zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiter zu beschäftigen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Er hat vorgetragen, er befinde sich seit etwa zwei Jahren in ernsten Zahlungsschwierigkeiten. Durch hohe Kredite sei die Zinsbelastung fatal. Auftragseingang und Umsatz seien 1985 um 10 % zurückgegangen. Insgesamt hätten die fälligen Verbindlichkeiten ein Ausmaß von etwa 500.000,-- DM angenommen. Deshalb sei er gezwungen gewesen, Personaleinsparungen vorzunehmen. Unter anderem habe er sich entschlossen, die Stelle des Klägers einzusparen und die Arbeit durch organisatorische Maßnahmen anders zu verteilen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Das <img height="32" width="30" src="1_Sa_426_86_Urteil_19861028_0.png" alt="Die Entscheidung enthält an dieser Stelle ein Bild oder eine Grafik." />Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung Zeugen P . Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Anlage zur Sitzungsniederschrift 4.3.1986 verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks"><img height="35" width="141" src="1_Sa_426_86_Urteil_19861028_1.png" alt="Die Entscheidung enthält an dieser Stelle ein Bild oder eine Grafik." />Durch das am 18.3.1986 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Aachen ist nach den Klageanträgen erkannt worden. Wegen der Gründe wird auf den Inhalt der Entscheidungsgründe Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Gegen das am 22.4.1986 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 20.5.1986 Berufung eingelegt und diese am 20.6.1986 begründet. Die Berufung macht geltend, aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage des Betriebes seien organisatorische Änderungen durchgeführt worden, die zum Wegfall des Arbeitsplatzes: des Klägers geführt hätten. Dem Kläger sei vor der Kündigung der Arbeitsplatz des Zeugen P angeboten worden, jedoch habe er ihn ausgeschlagen. Auch sei dem Kläger, der gelernter Schlosser sei und die Meisterprüfung abgelegt habe, der Arbeitsplatz eines Schlossers angeboten worden, der zur Verfügung gestanden habe. Der Kläger habe dies ebenfalls abgelehnt. Nach der fristlosen Kündigung durch den Zeugen P habe man dem Kläger nochmal dessen Arbeitsplatz als Kalkulator angeboten. Der Kläger sei jedoch nicht bereit gewesen, als Kalkulator im Betrieb zu arbeiten.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der Berufungskläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 18.3.1986</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">- 1 a Ca 461/85 - abzuändern und die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Der Berufungsbeklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Er weist darauf hin, seine Tätigkeit sei nicht vom Umsatz abhängig gewesen. Der Beklagte habe nicht im einzelnen dargelegt, welche Tätigkeiten von wem übernommen worden seien. Zudem habe der Beklagte den freiwerdenden Arbeitsplatz des Zeugen P nicht in der gehörigen Form angeboten und eine Überlegungsfrist von einer Woche eingeräumt. Im August habe der Beklagte überhaupt kein Angebot gemacht. Erst am 24.10., d. h. nach der Kündigung, sei die Stelle mit einem Tag Überlegungsfrist angeboten worden.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Wegen des weiteren Parteivortrages wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie auf die Sitzungsniederschriften vom 26.8. und 28.10.1986, wegen der Anträge der Parteien im Berufungsverfahren auf die Sitzungsniederschrift vom 26.8.1986 Bezug genommen. Das Landesarbeitsgericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluß vom 26.8.1986 durch Vernehmung des Zeugen St . Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Anlage zur Sitzungsniederschrift vom 28.10.1986 verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">E_n_t_s_c_h_e_i_d_u_n_g_s_g_r_ü_n_d_e :</span></strong></p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die nach dem Beschwerdewert an sich statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Beklagten hatte in der Sache Erfolg. Die Klage war abzuweisen, da die ordentliche Kündigung wegen dringender betrieblicher Gründe im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG das Arbeitsverhältnis beendet hat.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Im Berufungsverfahren war, da der Antrag auf Weiterbeschäftigung im Termin am 26.8.1986 zurückgenommen worden ist, nur noch über die Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung vom 26.9. zum 31.12.1985 zu entscheiden.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Nach § 1 Abs. 2 KSchG ist eine Kündigung sozial ungerechtfertigt, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung können sich aus</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">zwei Gründen ergeben: Einmal kann sich der Unternehmer durch <span style="text-decoration:underline">außerbetriebliche Gründe</span> (z. B. Auftragsmangel oder Umsatzrückgang) zur Kündigung veranlaßt sehen oder der Unternehmen begründet die Kündigung mit <span style="text-decoration:underline">innerbetrieblichen Umständen</span> (z. B. Rationalisierungsmaßnahmen oder Umstellung oder Einschränkung der Produktion). Umsatzrückgang, Gewinnverfall oder Unrentabilität des Betriebes führen nicht ohne weiteres zu dringenden betrieblichen Erfordernissen, denn sie können auf den verschiedensten Ursachen beruhen, und sie wirken sich nicht unmittelbar auf die Arbeitsplätze aus (vgl. BAG vom 7.12.1978 - 2 AZR 155/77 - EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 10; vom 24.10.1979 - 2 AZR 940/77 « EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 13). Trotz Unrentabilität des Betriebes kann die Arbeit in einer Abteilung genau denselben Umfang haben wie zu Zeiten mit einer befriedigenden Rentabilität. Dennoch kann dieser außerbetriebliche Umstand eine betriebliche Kündigung rechtfertigen; <span style="text-decoration:underline">dann nämlich</span>, wenn der Unternehmer ihn zum Anlaß nimmt, zum Zwecke der Kostenersparnis durch Rationalisierungsmaßnahmen innerbetriebliche Veränderungen durchzu-</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">führen, durch die die Zahl der Arbeitsplätze verringert wird. Solche Rationalisierungsmaßnahmen können in der Anschaffung von Maschinen bestehen, durch die Arbeitskräfte entbehrlich werden, sie können aber auch in der Veränderung von Arbeitsabläufen bzw. in der Veränderung der Arbeitsorganisation bestehen (BAG EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 10 unter II 1 a der Entscheidungsgründe). Zu solchen Änderungen der Arbeitsorganisation zählen Zusammenlegungen von Arbeitsgebieten (vgl. BAG EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 13).</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Der Arbeitgeber hat in derartigen Fällen darzulegen, welche organisatorischen Maßnahmen er angeordnet hat und wie diese sich auf den Arbeitsplatz des gekündigten Arbeitnehmers auswirken (BAG a.a.O.). Ob die getroffene organisatorische Maßnahme auch tatsächlich notwendig oder ob sie zweckmäßig war bzw. ob die Maßnahme geeignet ist, den mit ihr verfolgten Zweck zu erreichen, braucht der Unternehmer nicht vorzutragen, denn das unterliegt grundsätzlich nicht der Prüfungspflicht der Gerichte für Arbeitssachen im Kündigungsschutzverfahren . Die <span style="text-decoration:underline">Unternehmerentscheidung</span> ist nur dann nicht als bindend hinzunehmen, wenn sie offenbar unsachlich (unvernünftig)</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">oder willkürlich ist (BAG EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 13; vom 30.5.1985 - 2 AZR 321/84 - EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 36). Dabei ist hervorzuheben, daß die im Streit befindliche Kündigung als solche nicht die von den Gerichten hinzunehmende Unternehmerentscheidung sein kann, sie ist allerdings deren Folge (vgl. BAG vom 20.2.1986 - 2 AZR 212/85 - EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 37). Unternehmerentscheidung ist die im betrieblichen Bereich durchgeführte Veränderung in der Arbeitsorganisation. Entschließt sich der Arbeitgeber, Arbeitsplätze zusammenzulegen und führt das zum Wegfall eines Arbeitsplatzes, weil die auf ihm bisher verrichtete Leistung anderen zugewiesen wird, so ist dies eine Änderung der Arbeitsplatzorganisation, die hinzunehmen ist. Ob sie geeignet ist, den mit ihr verfolgten Zweck, Einsparung von Betriebs- bzw. Lohnkosten zu erreichen und damit die Lage des verschuldeten Betriebes zu stabilisieren, haben die Gerichte für Arbeitssachen nicht zu überprüfen. Daß die Entscheidung des Beklagten offensichtlich unsach-</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">lich oder gar willkürlich war, dafür gibt der Sachvortrag des Klägers, dem insoweit die Darlegungs- und Beweislast zufällt (vgl. BAG vom 24.10.1979 - 2 AZR 940/77 - EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 13) nichts her.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat die vom Kläger zu verrichtende Arbeit anders verteilt. Nach dessen Ausscheiden hat er die Arbeit im wesentlichen selbst übernommen, teilweise auf seine Sekretärin und auf andere kaufmännische Kräfte des Betriebes verteilt. Damit ist die Unternehmerentscheidung ausreichend dargelegt.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Schon die Tatsache, daß der Beklagte, wie übrigens auch vor der Betrauung des Klägers mit der Betriebsassistenz, die Arbeiten im wesentlichen wieder selbst ausführte und einen anderen Teil auf seine Sekretärin verlagerte, stellt eine Umstellung der Arbeitsorganisation dar. Diese Umorganisation ist nur eingeschränkt im oben dargestellten Sinne überprüfbar. Zudem hat der Beklagte hohe Steuerschulden dargetan, die eine Willkürmaßnahme ersichtlich ausschließen. Durch diese Änderung der Arbeitsorganisation fiel der Arbeitsplatz des Klägers weg.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Auch wenn der Arbeitsplatz des Klägers durch außer- oder innerbetriebliche Gründe wegfällt, ist die Kündigung nur dann durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt, wenn dem Arbeitgeber eine andere Weiterbeschäftigung nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Das Arbeitsgericht hat das bejaht. Soweit die Parteien im Verfahren darüber gestritten haben, ob der Beklagte dem Kläger einen freien Arbeitsplatz als Schlossen angeboten hat, ist eine Stellungnahme entbehrlich geworden, nachdem der Kläger in der letzten mündlichen Verhandlung selbst erklärt hat, er habe keinen Arbeitsplatz als Schlosser angenommen. Der Beklagte hatte darüber hinaus einen für den Kläger in Betracht kommenden Arbeitsplatz, den des Zeugen P . Dieser Platz war zwar im Zeitpunkt der Kündigung noch nicht frei, jedoch stand fest, daß der Zeuge P zum 31.12.1985 ausschied. Das steht nach der Beweisaufnahme fest; im übrigen wird es vom Beklagten im Berufungsverfahren auch nicht mehr bestritten.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat dem Kläger vor der Kündigung den frei werdenden Arbeitsplatz des Zeugen P nicht angeboten. Das hat die Vernehmung des Zeugen St , den der Beklagte dazu benannt hatte, ergeben. Dieser Zeuge hatte nur Kenntnis von einem Gespräch, das nach dem tatsächlichen Ausscheiden des Zeugen P stattgefunden hat. Damit hat der Beklagte seine Pflicht, nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vor jeder ordentlichen Kündigung mit dem Arbeitnehmer über seine Weiterbeschäftigung auch zu geänderten Bedingungen auf einem freien Arbeitsplatz zu verhandeln, nicht erfüllt. Die neuere Rechtsprechung des BAG hält den Arbeitgeber für verpflichtet, vor jeder Kündigung mit dem Arbeitnehmer zu verhandeln und ihm einen freien Arbeitsplatz auch mit geänderten Bedingungen anzubieten. Der Arbeitgeber müsse klarstellen, daß bei Ablehnung des Änderungsangebots eine Kündigung beabsichtigt ist und ihm eine Überlegungsfrist von einer Woche einräumen. Nimmt der Arbeitnehmer das Änderungsangebot unter Vorbehalt an, so muß der Arbeitgeber eine Änderungskündigung aussprechen. Lehnt der Arbeitnehmer das Änderungsangebot vorbehaltlos ab, so</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">kann der Arbeitgeber eine Beendigungskündigung aussprechen (vgl. BAG vom 27.9.1984 - 2 AZR 62/83 - EzA § 2 KSchG Nr. 5). Im Streitfall kann unentschieden bleiben, ob die Grundsätze dieser Entscheidung des BAG bereits anwendbar sind; denn der Senat hat am Schluß ausdrücklich hervorgehoben, wegen des Vertrauensschutzes dürften die Leitsätze erst künftig angewandt werden, da früher ein derartiges Änderungsangebot des Arbeitgebers nicht verlangt worden wäre.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Da die Entscheidung vom 17.9.1984 datiert und eine Veröffentlichung erst im Betrieb Ende Mai 1985, in der NZA am 20.7.1985 und in der EzA am 23.8.1985 erfolgt ist, erscheint es fraglich, ob sich die betriebliche Praxis in so kurzer Zeit auf die neue Rechtsprechung einstellen mußte, zumal in Betrieben von der Größe des Beklagten. Aber die Kündigung ist selbst dann nicht sozialwidrig, wenn man zugunsten des Klägers von der Entscheidung des BAG vom 27.9.1984 ausgeht. Denn es ist dann davon auszugehen, daß der Beklagte das an sich notwendige Angebot nicht gemacht hat. Damit stellt sich (nach BAG a.a.O.) die weitere Frage, wie sich der Kläger verhalten hätte, wäre ihm das Angebot ge-</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">macht worden. Hätte der Kläger es unter Vorbehalt angenommen? Der Kläger hat das im Verfahren vorgetragen. Er hat geltend gemacht, er sei bereit gewesen, als Kalkulator zu arbeiten. Die Beweisaufnahme vor der Berufungskammer hat ergeben, daß der Kläger ein ihm <span style="text-decoration:underline">nach der Kündigung</span> gemachtes Angebot, als Kalkulator an Stelle des Zeugen P zu arbeiten, abgelehnt hat. Das hat der Zeuge St glaubhaft bekundet. Er hat ausgesagt, Ende Oktober hätten ihm unabhängig voneinander sowohl der Kläger wie auch der Beklagte gesagt, das Angebot sei abgelehnt worden. Der Kläger habe ihm gesagt, die vom Beklagten für die neue Position angebotene Gehaltserhöhung sei ihm zu gering, er fühle sich in der neuen Aufgabe unterbezahlt. Das habe sich mit der Mitteilung des Beklagten im Einklang befunden. Damit steht fest, daß der Kläger jedenfalls nach der Kündigung nicht bereit war, im Betrieb als Kalkulator zu arbeiten, obwohl er in dieser Position sogar mehr verdienen sollte als vorher. Da der Zeuge P im Zeitpunkt des Gesprächs den Betrieb verlassen hatte, hätte sich die angebotene Weiterbeschäftigung zu ge-</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">änderten Bedingungen als Kalkulator, sogar mit höheren Bezügen, nahtlos anschließen können.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Nach den Grundsätzen der Leitentscheidung des BAG vom 27.9.1984 (a.a.O.) bedarf es nun der tat- richterlichen Würdigung, ob der Arbeitnehmer ein entsprechendes Angebot vor der Kündigung unter Vorbehalt angenommen <span style="text-decoration:underline">hätte</span>. Die Berufungskammer hat das verneint. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und der Motivation des Klägers für die Ablehnung des Angebots <span style="text-decoration:underline">nach</span> der Kündigung spricht nichts dafür, daß er das Angebot, abgegeben vor der Kündigung, angenommen <span style="text-decoration:underline">hätte</span>, ggfls. unter Vorbehalt. Die Tätigkeit war ihm bekannt. Das Freiwerden des Arbeitsplatzes und die Bezüge für die neue Tätigkeit waren ihm ebenfalls geläufig. Damit lagen identische Situationen vor und nach der Kündigung vor. Wenn er später ablehnte, so rechtfertigt das nach Auffassung der Berufungskammer den Schluß, daß er das Angebot auch dann abgelehnt hätte, wäre es ihm vor Ausspruch der Kündigung gemacht worden.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Schließlich führt die stets notwendige Interessenabwägung nicht zur Sozialwidrigkeit der Kündigung. Ist nämlich die Kündigung betriebsbedingt im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG, so kann sich die Interessenabwägung nur in seltenen Ausnahme- fällen zugunsten des Arbeitnehmers auswirken.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Das kann nur bei Vorlage besonderer und schwerwiegender Umstände angenommen werden (BAG EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. <span style="text-decoration:underline">13).</span></p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Der Sachvortrag gibt dafür nichts her.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Die ausgesprochene ordentliche Kündigung war somit nicht sozialwidrig. Die Berufungskammer hatte somit, wie schehen, zu entscheiden.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Der Streitwert für das Berufungsverfahren war neu festzusetzen (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Die Festsetzung beruht auf § 12 Abs. 7 ArbGG.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Die Revisionszulassung kam nicht in Betracht. Die Entscheidung beruht auf der Rechtsprechung des BAG. Auf die Möglichkeit der Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde wird hingewiesen.</p>
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315,522 | lg-dusseldorf-1986-10-16-25-t-83386 | {
"id": 808,
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"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
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} | 25 T 833/86 | "1986-10-16T00:00:00" | "2019-03-13T14:58:02" | "2019-03-27T09:42:54" | Beschluss | ECLI:DE:LGD:1986:1016.25T833.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.</p>
<p>Die Beteiligten zu 2) - 4) werden als Notvorstand bestellt, dem aufgegeben wird, eine außerordentliche Mitgliederversammlung einzuberufen, die bis einschließlich 1. Dezember 1986 stattzufinden hat und zu der sämtliche Mitglieder einzuladen sind.</p>
<p>Die Erstattung außergerichtlicher Kosten wird nicht angeordnet.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Gründe :</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Beteiligte zu 1), bei dem es sich um ein Gründungsmitglied des Vereins handelt, beantragte mit Schreiben vom
7.02.1986, einen Notvorstand gemäß § 29 BGB zu bestellen, und schlug als solchen den Assessor O in N vor. In der
Mitgliederversammlung vom 1.03.1986 wurde der Vorstand, der sich gemäß § 6 Nr. 5 der Satzung aus dem Vorsitzenden,
dem stellvertretenden Vorsitzenden und dem Schriftführer zusammensetzt, neu gewählt. Der Beteiligte zu 2) wurde zum
Vorsitzenden, die Beteiligte zu 3) zur stellvertretenden Vorsitzenden und der Beteiligte zu 4) zum Schriftführer gewählt.
Durch Beschluß des Amtsgerichts Düsseldorf - Rechtspfleger - vom 23.04.1986 wurde der Antrag des Beteiligten zu 1 )
zurückgewiesen. Gegen den Beschluß hat der Beteiligte zu 1) Erinnerung eingelegt und ausgeführt, die Vorstandswahl vom
1.03.1986 sei ungültig, weil er und andere Mitglieder des Vereins zu der Mitgliederversammlung vom 1.3.1986 nicht
eingeladen worden seien. Daß der Beteiligte zu 1) zu der Mitgliederversammlung vom 1.3.1986 nicht eingeladen worden
sei, bestätigte der Beteiligte zu 4) mit Schreiben vom 26.09.1986. Der Rechtspfleger hat der Erinnerung nicht abgeholfen.
Die Amtsrichterin hat sie der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Erinnerung gilt als Beschwerde (§ 11 Abs. 2 Satz 4 und 5 RpflG), die zulässig (§§ 19, 20, 21 FGG) und begründet
ist.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Antrag des Beteiligten zu 1), einen Notvorstand gemäß § 29 BGB zu bestellen, ist zulässig und begründet. Da es sich
bei dem Beteiligten zu 1) um ein Vereinsmitglied handelt, steht ihm als solchem die Befugnis zu, den Antrag gemäß §29 BGB
zu stellen (BayObLG BayObLGZ 1985, 26 m.w.N.; KG OLGZ 1971, 480). Der Beteiligte zu 1) ist Vereinsmitglied, weil einer
der Tatbestände, der gemäß § 3 Nr. 3 der Satzung die Mitgliedschaft erlöschen läßt, nicht vorliegt. Die Verwirkung ist
nicht in der Satzung als ein zum Erlöschen der Mitgliedschaft führender Sachverhalt vorgesehen. Wenn ein Mitglied sich
jahrelang um nichts gekümmert und keine Mitgliedsbeiträge gezahlt hat, so könnte dies allenfalls Anlaß zu der Überlegung
geben, ob solches Verhalten den Ausschluß rechtfertige. Ohne den Ausschluß verursacht dieses Verhalten als solches
jedenfalls noch nicht das Erlöschen der Mitgliedschaft.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die sachliche Voraussetzung der Bestellung eines Notvorstandes ist das Fehlen mindestens eines nach der Satzung für
die Beschlußfassung oder Vertretung erforderlichen Vorstandsmitgliedes, wobei eine tatsächliche oder eine rechtliche
Verhinderung in Betracht kommt. Vorliegend ist hinsichtlich sämtlicher Mitglieder des am 1.3.1986 gewählten Vorstandes
der Tatbestand der rechtlichen Verhinderung erfüllt, denn die Vorstandswahl vom 1.3.1986 ist nichtig. Die Nichtigkeit
wurde durch die Tatsache bewirkt, daß jedenfalls der Beteiligte zu 1) zu der Mitgliederversammlung vom 1.3.1986 nicht
eingeladen worden ist. Ein Vereinsbeschluß oder eine Wahl ist grundsätzlich nichtig, wenn nicht alle Mitglieder in der
durch die Satzung bestimmten Weise zu der Mitgliederversammlung eingeladen worden sind (RG JW 1912, 741 = Recht 1912
Nr. 1995; RG Seuff Arch 77 Nr. 53; BGH BGHZ 59, 373; OLG Hamm OLGZ 1965, 68; RGRK-Steffen, BGB, § 32 Rdnr. 16). Allerdings
führt ein Einberufungsmangel dann nicht zur Nichtigkeit, sofern einwandfrei und ohne jeden Zweifel feststeht, daß zwischen
ihm und der Entschließung der Mitglieder ein ursächlicher Zusammenhang nicht besteht. Es muß auszuschließen sein, daß
diese auf dem Einberufungsmangel beruhen könnte. Diese Annahme verbietet sich dann, wenn sich nicht ausschließen läßt,
daß die nicht eingeladenen Mitglieder, wären sie erschienen, durch ihren Einfluß auf die anderen erschienen Mitglieder
ein anderes als das ohne ihr Erscheinen zustande gekommenes Abstimmungsergebnis herbeigeführt hätten (BGH a.a.O.; KG
a.a.O.). Da vorliegend nicht auszuschließen ist, daß der Beteiligte zu 1), wäre er in der Mitgliederversammlung vom
1.3.1986 erschienen, die Stimmabgabe auch der anderen Mitglieder derart beeinflußt hätte, daß die Vorstandswahl ein
anderes Ergebnis gehabt hätte, ist die Nichtigkeit der Vorstandswahl vom 1.3.1986 zu bejahen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Wäre nur die ordnungsgemäße Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung zum Zweck der rechtswirksamen
Wahl eines Vorstandes dringlich, könnte die Bestellung eines Notvorstandes entbehrlich sein, da der am 1.3.1986 gewählte
Vorstand in das Vereinsregister eingetragen ist und diese Eintragung ihm unabhängig davon, ob seine Wahl rechtswirksam
ist, die Befugnis gibt, eine Mitgliederversammlung einzuberufen, was aus der sinngemäßen Anwendung des § 121 Abs. 2 Satz 2
AktG folgt (BayObLG a.a.O.; KG a.a.O.). Jedoch hat der Verein noch sonstige wichtige Angelegenheiten zu wahren, was es
nicht vertretbar sein läßt, ihn auch nur in der Zeitspanne, die bis zur Neuwahl eines Vorstandes verstreichen würde, ohne
vertretungsberechtigte Organe zu belassen. Dies schließt die Kammer aus dem Protokoll der Vorstandssitzung vom 4.2.1986.
Hiernach ist die weitere Nutzung des Ateliers in der Kunstakademie zu sichern (vgl. auch Vermerk vom 20.02.1986 des
Rechtsanwaltes G über sein Gespräch mit der Ministerialrätin U, Bl. 162 d. A.). Ferner ist dringlich das Projekt
7000 F, in Z1. Dieserhalb muß der Vorstand außer der Sicherstellung der eigentlichen Pflanzarbeiten Kontakt mit der
Stadtverwaltung in Z1, insbesondere mit dem Oberbürgermeister der Stadt Z1 und seinen zuständigen Mitarbeitern, halten.
Da das Registergericht unter den Voraussetzungen des § 29 BGB über die Vollzähligkeit des Vereinsvorstandes zu wachen hat
(BayObLG Recht 1914 Nr. 735; LG II Berlin JW 1929, 2172), ist dem Antrag des Beteiligten zu 1) auf Bestellung eines
Notvorstandes stattzugeben.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Was die Person des Notvorstandes anbelangt, ist die Kammer nicht an den Vorschlag des Beteiligten zu 1) gebunden. Den
von dem Beteiligten zu 1) vorgeschlagenen Assessor O zum Notvorstand zu bestellen, erscheint schon deshalb untunlich,
weil Assessor O nicht in Düsseldorf, sondern nicht unerheblich entfernt davon in N wohnt. Die Kammer hält es vielmehr für
sachgerecht, die Beteiligten zu 2) - 4) als Notvorstand zu bestellen. Sie sind mit dem Verein und seinen Verhältnissen
vertraut. Anhaltspunkte dafür, die sie als Notvorstand ungeeignet erscheinen lassen könnten, sind weder dargetan noch
sonst ersichtlich. Der Beteiligte zu 1 ) hat gegen die Beteiligten zu 2) -4) als Personen keine Einwände erhoben.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Dem von der Kammer bestellten Notvorstand obliegen die Aufgaben des Vorstandes nach § 26 BGB. In erster Linie aber ist
es seine Aufgabe, unverzüglich eine außerordentliche Mitgliederversammlung einzuberufen, die bis einschließlich 1.12.1986
stattzufinden hat und in der ein neuer Vorstand rechtsgültig zu wählen ist. Hierzu ist es notwendig, daß entsprechend dem
Gebot des § 32 BGB in Achtung ihres Mitgliedrechtes <u>sämtliche</u> Mitglieder unter Angabe der Tagesordnung und Wahrung
der in § 5 Nr. 3 der Satzung bezeichneten Einberufungsfrist von 2 Wochen eingeladen werden. Auf das Erfordernis der
Einladung <u>sämtlicher</u> Mitglieder sei abschließend nachhaltig hingewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlaßt.</p>
|
315,523 | lg-bonn-1986-10-13-10-o-15386 | {
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} | 10 O 153/86 | "1986-10-13T00:00:00" | "2019-03-13T14:58:03" | "2019-03-27T09:42:54" | Urteil | ECLI:DE:LGBN:1986:1013.10O153.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger Schmerzensgeld in Höhe von 4.646,08 DM zu zahlen. </p>
<p></p>
<p>Es wird festgestellt, daß die Beklagten zu 1) und zu 2) als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger allen ihm aus dem Unfall vom 22. Oktober 1984 in Zukunft erwachsenen materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht von Gesetzes wegen auf Dritte übergegangen sind bzw. übergehen werden. </p>
<p></p>
<p>Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. </p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten zu 1/12, der Kläger zu 11/12. </p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 6000,-- DM, für die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 7.200,-- DM. </p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Tatbestand</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger nimmt die Beklagten aus einem Verkehrsunfall in Anspruch, bei dem er und der Beklagte zu 1), der bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversichert ist, beteiligt waren. </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Am Abend des 22. Oktober 1984 befuhr der Beklagte zu 1) mit seinem PKW, G F, mit dem amtlichen Kennzeichen $$-&& ### die Mstraße aus Richtung T kommend in Richtung U. An der Kreuzung Mstraße/Sstraße wollte er nach links in die Sstraße abbiegen. Nachdem er einen entgegenkommenden PKW hatte vorbeifahren lassen bog er ab und stieß mit dem Kläger der sich zusammen mit der Zeugin L auf seinem Mofa Marke I ebenfalls an der Kreuzung befand, zusammen. Der Kläger und die Zeugin L wurden erheblich verletzt und ins Krankenhaus T gefahren, wo sie stationär verblieben. Der Kläger erlitt eine komplette offene Unterschenkelfraktur links nebst weiteren kleineren Verletzungen. Nach dem Unfall befand er sich bis Januar 1986 in stationärer Behandlung, wobei ihm eine Platte in den linken Unterschenkel eingesetzt wurde. Aufgrund eines Umknicktraumas kam es am 8. Februar 1985 zu einem Plattenbruch, so daß der Kläger erneut ca. 3 Monate stationär in Behandlung gehen musste. Es folgte ein weiterer Krankenhausaufenthalt von 3 Monaten ab dem 8. Juli 1985. Im Januar 1986 musste der Kläger erneut ins Krankenhaus. Während der Behandlung wurde dem Kläger ein Fixateur an dem Bein angebracht. Insgesamt musste sich der Kläger bislang acht operativen Eingriffen unterziehen. </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte zu 2) zahlte dem Kläger nebst Verdienstausfall bis August 1985 einen Vorschuss in Höhe von insgesamt 22.000,-- DM. Im September 1985 bis April 1986 erhielt der Kläger von der J T Krankengeld in Höhe von 675,49 DM monatlich. Seit Mai 1986 bezieht er Sozialhilfe, die für den Monat Mai 347,-- DM, für den Monat Juni 580,34 DM und für den Juli 589,34 DM betrug. </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Bis zu dem Unfall war der Kläger im zweiten Ausbildungsjahr als Maurer bei der Bauunternehmung H in B tätig. Die Ausbildung war bis zum 21. August 1985 vorgesehen. </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Kläger behauptet, er habe die Mstraße aus U kommend in Gegenrichtung zu dem Beklagten zu 1) befahren. Im Kreuzungsbereich Mstraße/Sstraße habe der Beklagte zu 1) beim Abbiegen seine Vorfahrt missachtet und dadurch den Unfall verursacht. Er ist der Ansicht, daß ihm neben dem Schmerzensgeld in geltend gemachter Höhe auch ein Anspruch auf Verdienstausfall für die Monate September 1985 bis April 1986 zustehe. Er habe nach regelmäßigem Gang der Dinge die Prüfung im August 1985 bestanden. Ab Ende August 1985 habe ihm dann der tarifliche Stundenlohn für einen Hochbaufacharbeiter im ersten Gesellenjahr zugestanden bei einem Bruttoeinkommen von ca. 2.345,60 DM. Unter Berücksichtigung der Abzüge ergebe sich ein Nettoeinkommen in Höhe von 1.929,25 DM, von dem bis April 1985 die monatlichen Krankenzahlungen in Höhe von 675,49 DM abzuziehen seien. Daraus resultiere der geltend gemachte Verdienstausfall in Höhe von 10.030,08 DM. Für die Zeit ab Mai 1986 stehe ihm der Bruttolohn zu. </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Im Prozesskostenhilfeverfahren hat der Kläger zunächst beantragt:</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">1. Die Beklagten zu 1) und zu 2) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld zu zahlen aus dem Unfallereignis vom 22.10.1984, mindestens 100.000,-- DM; </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">2. die Beklagten zu 1) und zu 2) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger eine in das Ermessen des Gerichts gestellte Schmerzensgeldrente aus dem Unfallereignis vom 22.10.1984 zu zahlen beginnend ab 1.11.1984, mindestens monatlich 500,-- DM; </p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">3. festzustellen, daß die Beklagten zu 1) und zu 2) als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger allen ihm aus dem Unfall vom 22.10.1984 in Zukunft erwachsenen materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen; </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">4. die Beklagten zu 1) und zu 2) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 10.030,08 DM als Verdienstausfall für die Monate September 1985 bis April 1986 zu zahlen; </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">5. die Beklagten zu 1) und zu 2) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger ab Mai 1986 monatlich 2.345,60 DM im Voraus als Verdienstausfall zu zahlen, und zwar bis zur Beendigung der Arbeitsunfähigkeit des Klägers.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Mit Beschluss vom 4. Juli 1986 ist dem Kläger Prozesskostenhilfe für die Anträge zu Ziffer 3), 4) und 5) in vollem Umfang gewährt worden. Bezüglich des Antrags zu Ziffer 1) ist die Prozesskostenhilfe nur in dem Umfang gewährt worden, soweit der Kläger Schmerzensgeld in Höhe von 20.000,-- DM begehrt hat. Im Übrigen ist die Prozesskostenhilfe nicht bewilligt worden.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Im Termin vom 20. August 1986 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers erklärt, im Wege der Klage lediglich die Anträge aus der Antragsschrift insoweit zu verfolgen, als dem Antragsteller die Prozesskostenhilfe bewilligt sei, bezüglich des Klageantrags zu 1) jedoch wegen eines Mindestschmerzensgeldbetrages in Höhe von 50.000,-- DM. Im Termin vom 15. September 1986 hat der Kläger Bezug genommen auf die Anträge aus dem Termin vom 20. August 1986, jedoch unter Berücksichtigung der von dem Beklagten abgegebenen Verrechnungserklärungen. </p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten verrechnen die unstreitig gezahlten 22.000,-- DM zu einem Teilbetrag in Höhe von 17.000,-- DM auf den Schmerzensgeldanspruch, sowie einen weiteren Teilbetrag in Höhe von 3.000,-- DM auf,<i> </i>den Verdienstausfallersatzanspruch des Klägers für die Zeit von September 1985 bis April 1986 und zu einem Teilbetrag in Höhe von 2.000,-- DM auf den weiteren Verdienstausfallersatzanspruch des Klägers </p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:28px">1) </p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:28px">die Beklagten zu 1) und zu 2) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld zu zahlen aus dem Unfallereignis vom 22.10.1984, mindestens jedoch 50.000,-- DM, unter Berücksichtigung der von dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten erklärten Verrechnung eines Betrages von 17.000,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:28px">2)</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:28px">festzustellen, daß die Beklagten zu 1) und zu 2) als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger allen ihm aus dem <i> Unfall vom 22.10.1984 in Zukunft erwachsenen materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, </i></p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:28px">3) </p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:28px">die Beklagten zu 1) und zu 2) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 10.030,08 DM als Verdienstausfall für die Monate. September 1985 bis April 1986 zu zahlen, unter Berücksichtigung der von dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten erklärten Verrechnung eines Betrages in Höhe von 3.000,00 DM </p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:28px">4) </p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:28px">die Beklagten zu 1) und zu 2) als Gesamtschuldner zu verurteilen an ihn ab Mai 1986 monatlich 2.345,60 DM im Voraus als Verdienstausfall zu zahlen, und zwar bis zur Beendigung seiner Arbeitsunfähigkeit, unter Berücksichtigung der von dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten erklärten Verrechnung eines Betrages in Höhe von 2.000,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:28px">die Klage abzuweisen. </p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten behaupten, der Kläger sei nicht aus der entgegengesetzten Fahrtrichtung gekommen. Der Beklagte zu 1) sei äußerst vorsichtig in den Kreuzungsbereich hineingefahren und habe zunächst gewartet, bis alle Fahrzeuge des Gegenverkehrs die Kreuzung überquert hätten. Erst danach sei er nach links in die Sstraße abgebogen. Den Kläger habe er nicht gesehen. </p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Es sei möglich, daß der Kläger auf dem Bürgersteig der Mstraße bzw. der Sstraße gefahren sei. Ferner sei der Kläger ohne Beleuchtung gefahren. Auch habe die Ampelanlage des Klägers wahrscheinlich rot gezeigt, denn der Beklagte zu 1) habe längere Zeit warten müssen, bis er habe abbiegen können. </p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten sind weiterhin der Ansicht, daß eine Haftung entfiele, da der Kläger schneller als 25 km/h gefahren sei und eine Beifahrerin auf dem Mofa mitgenommen habe. Ferner tragen sie vor, daß das Umknicktrauma nicht nur durch den Unfall bedingt sei. Auch ein Verdienstausfall des Klägers bestehe nicht, da er von seinem Arbeitgeber nicht übernommen worden wäre. Sie tragen weiter vor, daß bei Berechnung des Erwerbsschadens die Bundeswehrzeit nicht außer Acht gelassen werden dürfte. Es sei davon auszugehen, daß der Kläger bei der Bundeswehr hätte dienen müssen. </p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Bezüglich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. </p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Das Gericht hat Beweis erhoben aufgrund Beschluss vom 20. August 1986 durch Vernehmung der Zeugen L und X. Bezüglich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift der Sitzung vom 15. September 1986 Bezug genommen. Die Strafakte der Staatsanwaltschaft C ## Js ####/## (## Cs ####/##) ist zu Beweiszwecken herangezogen worden. </p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks"><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:</u></p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist im stattgegebenen Umfang gem. § 823 Abs. 1 BGB, für den Schmerzensgeldanspruch i.V.m. § 847 BGB begründet. Die Beklagte zu 2) haftet dem Kläger gegenüber unmittelbar aufgrund von § 3 Abs. 1. PflVG. </p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Eine Haftung aus § 823 Abs. 1 BGB liegt dem Grunde nach vor. Der, Beklagte zu 1) verletzte den Kläger, als er ihn im Kreuzungsbereich anfuhr. Aufgrund dieser Verletzungshandlung erlitt der Kläger eine komplette offene Unterschenkelfraktur. Der Beklagte zu 1) handelte auch schuldhaft, indem er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht ließ. Nach Überzeugung des Gerichts steht es fest, daß der Beklagte zu 1) die Vorfahrt des Klägers im Kreuzungsbereich nicht hinreichend beachtete. Gem. § 9 Abs. 3 StVO muss derjenige, der abbiegen will, den entgegenkommenden Verkehr durchfahren lassen. Auch wenn die Zeugin L sich an den Unfallhergang nicht hat erinnern können und insoweit ihre Aussage unergiebig war, sieht es das Gericht aufgrund der Strafakte als erwiesen an, daß der Kläger aus der entgegengesetzten Richtung kam. In der Verkehrsunfallanzeige wird der Unfallhergang "nach Angaben der Beteiligten" dahingehend beschrieben, daß der Beklagte zu 1) links abbiegen wollte und einen entgegenkommenden PKW vorbeifahren ließ. Dann sei er zum gleichen Zeitpunkt abgebogen, als der Kläger auf der gleichen Straße aus der Gegenrichtung entgegengekommen sei. In seiner ersten Vernehmung hat der Beklagte zu 1) nicht ausgesagt, der Kläger sei nicht aus der entgegengesetzten Richtung gekommen. Er hat nur bekundet, der Kläger habe kein Licht angehabt. Dieser Vortrag wiederholt sich im Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 1) vom 8.11.1984 im Rahmen des Strafverfahrens (Bl. 20der Strafakte). Soweit die Prozessbevollmächtigten der Beklagten nunmehr bestreiten, der Kläger sei aus der Gegenrichtung auf der Mstraße gekommen, so ist dieser Vortrag angesichts der Darstellung in der Strafakte sowie der eigenen Einlassung des Beklagten zu 1) in dem Strafverfahren lediglich als Vermutung bzw. Erklärung ins Blaue hinein anzusehen. Offensichtlich hat der Beklagte zu 1) den Kläger nicht gesehen. Aus diesem Umstand lässt sich aber nicht folgern, der Kläger sei nicht aus der entgegengesetzten Richtung gekommen. Vielmehr sprechen die Feststellungen der Polizei aufgrund der Strafakte unmittelbar nach dem Unfall dafür, daß sich der Unfall so ereignet hat, wie der Kläger dies vorträgt. </p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Auch die Behauptung der Beklagten, der Kläger sei ohne Licht gefahren, sieht das Gericht aufgrund der Strafakte nicht als erwiesen an. Denn die Polizei hat ausweislich der Strafakte -nachdem das Mofa auf das Polizeigelände verbracht worden war- bei dem Starten des Fahrzeugs festgestellt, daß das Licht aufflackerte. </p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Auch die haftungsbegründende sowie die haftungsausfüllende Kausalität liegen vor. Insbesondere entfällt die haftungsausfüllende Kausalität zwischen Verletzungen und möglichem Schaden nicht im Hinblick auf das Umknicktrauma. Denn bei einem Unterschenkelbruch stellt ein Umknicktrauma eine adäquate Folge der Verletzung dar. Bei einem offenen Unterschenkelbruch muss damit gerechnet werden, daß der Verletzte infolge des Bruches mit dem Bein umknicken kann. </p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger ist aufgrund des Unfalles ein immaterieller Schaden in Höhe von 25.000,-- DM entstanden, auf den zunächst entsprechend der Verrechnung die Zahlung von 17.000,-- DM anzurechnen ist (vergl. § 36 Abs. 1 BGB), so daß ein Zahlungsanspruch in Höhe von 8.000,-- DM verbleibt. Bei der Höhe des Schmerzensgeldes war zum einen zu berücksichtigen, daß der Kläger über 7 Monate mit Unterbrechungen aufgrund des Unfalls im Krankenhaus verbringen musste und mehrfach operiert wurde. Außerdem, bedurfte er sogar noch während der mündlichen Verhandlung eines Fixateurs, der ihn in seiner Beweglichkeit erheblich einschränkte. <i>Bereits diese </i>Umstände begründen eine erhebliche seelische Beeinträchtigung als immateriellen Schaden. Zum anderen bedarf besonderer Hervorhebung, daß der Kläger im Hinblick, auf die Unfallfolgen seine berufliche Laufbahn aufgeben musste. Dieser Umstand trifft einen jungen Menschen, der mitten in seiner Ausbildung steht, und zwar in einem Beruf, den er gerne ausübt, besonders hart. Denn er ist infolge des Unfalls gezwungen, sich auf eine gänzlich neue Lebenssituation einzustellen. Unter Berücksichtigung dieses Umstandes und der erlittenen Verletzungen und Beeinträchtigungen ist ein Schmerzensgeld in Höhe von 25.000,-- DM angemessen.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Eine Minderung des Anspruchs unter dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens (§ 254 BGB) kommt nicht in Betracht. Die Anrechnung eines Mitverschuldens setzt voraus, daß der Geschädigte für die Schädigung mit ursächlich geworden ist. Die nicht unter Beweis gestellte Behauptung der Beklagten, der Kläger sei schneller als 25 km/h gefahren, ist nicht geeignet, eine Mitursächlichkeit für den Unfall zu begründen. Der Beklagte zu 1) musste beim Abbiegen damit rechnen, daß ein Fahrzeug mit zulässiger Geschwindigkeit von 50 km/h entgegenkommen könnte so daß eine mögliche Geschwindigkeitsüberschreitung des Klägers, die jedenfalls im Hinblick auf die Konstruktion des Fahrzeugs unter 50 km/h liegen musste, sich nicht auf den Unfallhergang hat auswirken können. Eine andere Betrachtungsweise könnte sich nur dann ergeben, wenn der Beklagte die Geschwindigkeit des Mofas falsch eingeschätzt hätte. Dies wird indes nicht vorgetragen. </p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Auch der Umstand, daß die Zeugin L hinten auf dem Mofa saß, hat auf den Unfallhergang keinen Einfluss, denn der Beklagte zu 1) hätte den Kläger in gleichem Maße verletzt, wenn die Zeugin L nicht hinten auf dem Mofa gesessen hätte. Ferner handelt es sich ebenfalls bei dem Vortrag, der Kläger sei bei Rot über die Ampel gefahren, lediglich um eine Vermutung, die von den insoweit beweisbelasteten Beklagten nicht unter Beweis gestellt wurde.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Bezüglich des Klageantrags zu 3) ist dem Kläger zwar ein Schaden in Gestalt des Verdienstausfalls entstanden, dieser ist aber im Hinblick auf die Verrechnung (vergl. § 366 Abs. 1 BGB) bereits erfüllt. Gem. § 249 ff. BGB umfasst der Schadensersatzanspruch auch den entgangenen Verdienst als Schaden. Auszugehen ist dabei von einer hypothetischen Beurteilung der Erwerbstätigkeit sowie des Entgelts. Im Rahmen dieser Prognose kommt es ausschlaggebend auf die innere Einstellung und persönliche Willensrichtung des Verletzten an (vgl. OLG Köln NJW 1972,59; Staudinger-Medicus, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 12. Aufl., § 252 Rdn. 55). Das Gericht geht im Rahmen einer Prognose bezüglich der Zukunft des Klägers davon aus, daß er die Prüfung bestanden hätte und ins dritte Ausbildungsjahr gekommen wäre. Dies ergibt sich bereits aus den durchschnittlichen bis guten Leistungen des Klägers ausweislich der Zeugnisse. Darüber hinaus hat der Zeuge X, Prokurist des früheren Arbeitgebers des Klägers, glaubhaft bekundet, der Kläger hätte nach seiner Beurteilung die Prüfung bestanden und wäre ins dritte Lehrjahr gekommen. Für diese Beurteilung spricht auch der vom Zeugen X bekundete Umstand, daß von den sieben Auszubildenden bei dem Betrieb nur einer die Firma verlassen hätte. </p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Die Kammer berechnet den Verdienstausfall entsprechend der modifizierten Nettomethode (vgl. BGHZ 87, 186; Palandt Heinrichs, Kommentar zum BGB, 45. Aufl. § 249 Anm. 2e m. w. N.)</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Bei dieser Methode ist für die Berechnung des Schadens<i> </i>der Nettolohn zugrundezulegen. Zu addieren bleibt die verbleibende Steuer- und Abgabenbelastung. Nach dieser Methode ergibt sich folgende Rechnung: </p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hätte in 8 Monaten jeweils 1.250,-- DM verdient, wie es sich aus der glaubhaften Bekundung des Zeugen X ergibt. Von diesem Betrag hätte er laut Lohnsteuertabelle 1985 127,70 DM Lohnsteuer sowie 10,21 DM Kirchensteuer im Monat bezahlt, was einer Prozentzahl von ca. 11% an Steuern entspricht. Die Sozialabgaben sind auf ca. 18,5 % des Bruttoeinkommens zu schätzen. Damit ergibt sich ein Abzug von insgesamt 29.5 %, bezogen für den Gesamtzeitraum auf 10.000,-- DM also 7.050,-- DM. Einen weiteren Abzugsposten bildet das erhaltene Krankengeld laut Klägervortrag 8 X 675,49 DM = 5.403,92 DM, so daß ein Betrag von 1.646,08 DM verbleibt (7.050,-- minus 5.403,92 DM). Auf diesen Betrag sind grundsätzlich die von dem Kläger zu leistenden Steuern und Abgaben anzurechnen. </p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger jedoch sind keine Steuer und Abgabenverpflichtungen entstanden. Die Krankengeldzahlungen sind nicht zu versteuern. Demgegenüber unterliegt zwar die Unterhaltsrente grundsätzlich gem. § 22 Abs. 1 UStG der Versteuerung. Es bleibt aber zu berücksichtigen, daß der monatliche Rentenanspruch des Klägers für die Monate September 1985 bis April 1986 unterhalb der Besteuerungsgrenze liegt. Denn bei einer Verteilung der geschuldeten Unterhaltsrente für den gesamten Zeitraum in Höhe von 1.646,08 DM auf 8 Monate ergibt sich ein monatlicher Rentenbetrag von 205,16 DM. Dieser Betrag ist im Rahmen der Lohnsteuerklasse 1 steuerfrei. Damit verbleibt es für den Kläger insoweit bei einem Betrag in Höhe von, 1.646,08 DM. Da die Beklagte zu 2) auf diese Forderung 3.000,- DM verrechnet hat, verbleibt (rechnerisch) zugunsten der Beklagten ein Betrag von 1.353.92 DM. Ein Zahlungsanspruch des Klägers entfällt insoweit. </p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Soweit der Kläger einen Anspruch aus Verdienstausfall ab Mai 1986 verlangt, liegt zurzeit jedenfalls kein Schaden vor. Im Rahmen der Prognose über die künftige Entwicklung des Erwerbsschadens muss der Geschädigte die reale oder absehbare hypothetische Schadensentwicklung gegen sich gelten lassen (vgl. etwa Stürner JZ 1984, 461). Im Hinblick auf die allgemeine Wehrpflicht ist davon auszugehen, daß der Kläger, der 1967 geboren wurde, nach Abschluss des dritten Lehrjahres im April 1986 eingezogen worden wäre. Dies muss er sich im Rahmen der Schadensprognose anrechnen lassen. </p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Gleichwohl steht dem Kläger ein Anspruch auf Ersatz des Wehrsoldes nicht zu. Es erscheint bereits fraglich, ob der Wehrsold einen ersatzfähigen Schaden darstellt oder ob es sich insoweit nicht um eine Art Aufwandsentschädigung handelt, die der Ersatzpflicht nicht unterliegt. Aber selbst wenn ein Anspruch bestünde, wäre er auf den Träger der Sozialhilfe übergegangen (§§ 116 Abs. 1 SGB X i.V.m. § 90 Abs. 4 S. 2 BSHG), da der Kläger seit Mai 1986 Sozialhilfe empfängt. Der Betrag der Sozialhilfe übersteigt den Wehrsold. Der Wehrsold beträgt im Rahmen der Wehrsoldgruppe 1 gem. des Wehrsoldgesetzes vom 20. Februar 1978 ( BGBl I S 265) in der Fassung vom 23. Juli 1984 <i>(BGBl I S 1004</i>) pro Tag 8,50 DM, monatlich also ca. 255,-- DM. Bereits im Mai aber erhielt der Kläger 347,-- DM als Sozialhilfe.<b> </b></p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Unter Berücksichtigung der ausdrücklich erklärten Verrechnungen gem. § 366 Abs. 1 BGB steht dem Kläger mithin noch ein Zahlungsanspruch für Schmerzensgeld ( rechnerisch ) in Höhe von 8.000,-- DM zu. Auf der anderen Seite ergibt sich aus den obigen Verrechnungen ein überschießender Restbetrag von (rechnerisch) 3.353,92 DM (2000,-- DM + 1.353,92 DM ), der zur Verrechnung offensteht. Unter Berücksichtigung des Parteiwillens und bei vernünftiger Würdigung des Tilgungsinteresses ist auch insoweit eine Verrechnung vorzunehmen. </p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Auf den Schmerzensgeldanspruch ist entsprechend § 366 Abs. 2 BGB der verbleibende, von der Beklagten zu 2) gezahlte Betrag wie folgt anzurechnen. Im Hinblick auf den Antrag zu 2) handelt es sich um eine Summe in Höhe von 1.353,92 DM, bezüglich des Antrages zu 4) um einen Betrag von 2.000,-- DM, so dass insgesamt auf das Schmerzensgeld noch ein Betrag von 3.353,92 DM zu verrechnen bleibt. Insgesamt steht dem Kläger mithin noch ein Betrag in Höhe von 4.646,08 DM (8.000,-- DM minus 3.353,92 DM) an Schmerzensgeld zu.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Auch der Feststellungsantrag ist begründet. Da die Behandlung noch nicht abgeschlossen ist, können Folgeschäden nicht ausgeschlossen werden. Allerdings kann der Kläger nur diejenigen Ansprüche in Zukunft von dem Beklagten verlangen, die nicht im Wege der cessio legis auf Dritte übergegangen sind bzw. noch übergehen werden. </p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Der Antrag des Klägers, die Anträge aus dem Termin vom 20. August 1986 zu stellen, jedoch unter Berücksichtigung der von den Beklagten abgegebenen Verrechnungserklärungen ist als einseitige Erledigungserklärung auszulegen, bei dem eigentlich die Feststellung begehrt wird, das erledigende Ereignis sei eingetreten. Jedoch liegen die Voraussetzungen der Begründetheit des entsprechenden Antrages nicht vor. </p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Eine Erledigung ist gegeben, wenn die Klage zur Zeit des erledigenden Ereignisses zulässig und begründet gewesen wäre. Auch ohne die Verrechnungserklärung hätten die Zahlungen entsprechend § 366 Abs. 2 BGB bereits vor der Klageerhebung auf die geltend gemachte Forderung angerechnet werden müssen. Damit aber ist die Erledigung bereits vor der Klageerhebung erfolgt, so daß insoweit die Entscheidung zu Lasten des Klägers zu ergehen hat. </p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 709 ZPO. </p>
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315,524 | lg-duisburg-1986-10-10-4-s-20086 | {
"id": 807,
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"slug": "lg-duisburg",
"city": 408,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 4 S 200/86 | "1986-10-10T00:00:00" | "2019-03-13T14:58:04" | "2019-03-27T09:42:54" | Urteil | ECLI:DE:LGDU:1986:1010.4S200.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Klägers wird das am 17. April 1986 verkündete</p>
<p> Urteil des Amtsgerichts Wesel - 5 C 38/86 - abgeändert.</p>
<p></p>
<p> Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.669,40 DM nebst 4 %</p>
<p> Zinsen seit dem 31. August 1985 zu zahlen.</p>
<p></p>
<p> Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p></p>
<p> Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p> Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e : </u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist zulässig und bis auf die geltend gemachten vorgerichtlichen Kosten begründet. Der Kläger kann den geltend gemachten Betrag vom Beklagten gemäß Art. 15 § 9 Abs. 3 Preußisches Ausführungsgesetz zum BGB (PrAGBGB). der gemäß Art. 96 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch als Landesrecht gültiges Recht geblieben ist, verlangen. Der Frau nach dem notariellen Vertrag vom 30. September 1976 zustehende Anspruch auf Pflege sowie das Wohnrecht sind in einen Anspruch auf Zahlung einer Geldsumme umgewandelt worden, der dem Kläger nach rechtskräftiger Überleitung der Ansprüche der Frau </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">zusteht.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Ist der Berechtigte eines Altenteilsvertrages aus gesundheitlichen Gründen genötigt, das Grundstück dauernd zu verlassen, so hat ihm der aus dem Altenteilsvertrag Verpflichtete gemäß Art. 15 § 9 Abs. 2 PrAGBGB eine Geldrente zu gewähren, die nach billigem Ermessen dem Wert der Vorteile entspricht, welche er durch die Befreiung von der Pflicht zur Gewährung der Wohnung und zu Dienstleistungen erlangt.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der notarielle Vertrag vom 30. September 1976 ist ein Altenteilsvertrag im Sinne des Art. 15 § 9 Abs. 3 PrAGBGB. Für Frau war es aus gesundheitlichen Gründen angezeigt, das Grundstück zu verlassen. Ihr Gesundheitszustand hatte sich in der Zeit unmittelbar vor dem Verlassen des Grundstücks so stark verschlechtert, daß der Beklagte sie nicht mehr ordnungsgemäß betreuen konnte und somit ein Heimaufenthalt erforderlich wurde. Das Verlassen ist auch auf Dauer erfolgt. Für die Annahme eines Verlassens auf Dauer genügt es, wenn beim Verlassen feststand, daß die Trennung jedenfalls längere Zeit dauern würde und daß eine Rückkehr nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten war. Da sich die Krankheit von Frau in einem fortgeschrittenen Stadium befand und eine nachhaltige Besserung des Zustandes nicht mehr zu erwarten war, stand auch fest, daß Frau mit großer Wahrscheinlichkeit nicht mehr in die Wohnung zurückkehren würde.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Da die Geldrente gemäß Art. 15 § 9 Abs. 2 PrAGBGB dem Wert der Vorteile, welche der Verpflichtete durch die Befreiung von seinen Verpflichtungen erlangt, entsprechen soll, ist ausschließlich auf die Ersparnisse des Verpflichteten bzw. auf die durch den anderweitigen Einsatz der an sich dem Altenteiler geschuldeten Dienstleistung erzielten Vorteile abzustellen (vgl. BayObLG Z 1974,386, 392; OLG Hamm Rdl 1960, 98 f.; Crusen-Müller, PrAGBGB, 1901, Art. 15 § 9 Anm. I. 2). Vorliegend ist dies der gewonnene Freizeitwert.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Nach § 7 des Notariellen Vertrages vom 30. September 1976 hatte der Beklagte seine Mutter zu pflegen und ihr die Wohnräume, die Kleidung und die Wäsche in Ordnung zu halten. Ferner hatte er ihr das Essen zuzubereiten. Der Beklagte hatte seiner Mutter mithin die Wohnung sauberzuhalten, die Wäsche zu waschen und zu bügeln sowie das Essen zu Kochen und alle Dinge zu erledigen, die mit diesen Tätigkeiten zusammenhängen. Diese Leistungen können nach Auffassung der Kammer in zwei Stunden am Tage abgewickelt werden, es ist allgemein bekannt, daß mit der Zahl der Esser auch der Zeitaufwand für die Zubereitung des Essen steigt. Es bedarf deshalb keiner weiteren Ausführungen dazu, daß der Beklagte durch die Befreiung von der Verpflichtung, für seine Mutter zu kochen, Freizeit gewonnen hat. In diesem Zusammenhang soll auch nicht unerwähnt bleiben, daß angenommen werden muß, daß die Mutter des Beklagten zumindest ab und zu ihr eigenes Essen haben wollte, andernfalls ist nicht zu verstehen, was sie mit einer eigenen Küche wollte. Den Stundensatz hat die Kammer in vergleichbaren Fällen in der Vergangenheit regelmäßig mit 7,00 DM angesetzt. Von dieser Rechtsprechung abzuweichen sieht sie derzeit keine Veranlassung. Der Wert des durch den Wegfall der Pflegeleistung erlangten Vorteils beträgt mithin monatlich 425,60 DM (30,4 x 14,00 DM). </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Entscheidend für den Rentenanspruch für das Wohnrecht ist ebenso wie beim Rentenanspruch für die Pflegeleistungen, welche Vorteile der Beklagte durch die Befreiung von der Pflicht zur Wohnungsgewährung erlangt hat. Der Beklagte nutzt nach seinem eigenen Vortrag die Wohnräume seiner Mutter nur deshalb nicht, weil er bisher kein Geld zur Renovierung der Räume hatte. Dies ist für die Frage, ob der Beklagte durch den Wegfall des Wohnrechts Vorteile erlangt hat, jedoch unerheblich. allein die Möglichkeit einer anderweitigen Nutzung der Räume stellt einen Vorteil dar, der berechenbar ist. Es ist für die Qualität des Hauses ein Unterschied, ob nur die unteren Räume genutzt werden können oder ob auch die erste Etage (renoviert oder nicht) genutzt werden kann. Lediglich dann, wenn der Beklagte die Räume freihielte, weil er mit der Rückkehr seiner Mutter rechnet oder weil er seiner Mutter durch die anderweitige Nutzung nicht zeigen will, daß eine Rückkehr ausgeschlossen wäre, hätte er keine Vorteile aus dem Wegfall des Wohnrechts erlangt. Diese Gründe hat der Beklagte aber nicht angeführt. </p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Wert dieses Vorteils ist nach Auffassung der Kammer monatlich mit 200,00 DM anzusetzen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Für die Zeit vom 01. Juli 1984 bis 31. Dezember 1984 beträgt die Geldrente</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">aus dem Pflegeanspruch 2.553,60 DM</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">aus dem Wohnrecht 1.200,00 DM.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Da der Kläger nur 2.669,40 DM verlangt, ist die Klage begründet.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Zwar ergebe der monatliche Gesamtrentenanspruch auf das Jahr hochgerechnet einen Betrag, der den im Vertrag vom 30. September 1976 festgesetzten Jahreswert der Wohn- und Pflegeleistungen übersteigt, die durch die Befreiung von der Verpflichtung zur Wohnungsgewährung und Verpflichtung zur Pflegeleistung erlangten Vorteile werden aber nicht durch den in diesem Vertrag festgesetzten Jahreswert der Wohn- und Pflegeleistungen begrenzt. Abgesehen davon, daß sich der im Vertrag vom 30. September 1976 festgesetzte Jahreswert nicht ohne weiteres nachvollziehen läßt, ist die Geldrente nach dem tatsächlichen Wert der Vorteile zu bemessen und gerade nicht nach dem fiktiven Wert der Wohn- und Pflegeleistungen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus dem Gesichtspunkt des Verzuges gemäß §§ 284 Abs. 2, 288 BGB. Der Beklagte befand sich seit Rechtskraft des Widerspruchsbescheides des vom 26. Juli 1985 in Verzug. Die Rechtskraft war am 31. August 1985, dem Zeitpunkt, ab dem der Kläger Verzugszinsen verlangt, eingetreten.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Vorgerichtliche Kosten kann der Kläger jedoch nicht verlangen, da er nicht schlüssig dargelegt hat, wie diese Kosten entstanden sind.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 92 Abs. 2 ZPO. Die Abweisung der Klage wegen der vorgerichtlichen Kosten ist für die Kostenentscheidung ohne Bedeutung. </p>
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315,525 | lg-duisburg-1986-10-10-4-s-22986 | {
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"slug": "lg-duisburg",
"city": 408,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 4 S 229/86 | "1986-10-10T00:00:00" | "2019-03-13T14:58:05" | "2019-03-27T09:42:54" | Urteil | ECLI:DE:LGDU:1986:1010.4S229.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Klägers gegen das am 9. September 1985</p>
<p> verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Wesel</p>
<p> - 17 F 190/85 - wird, soweit über diese Berufung nicht bereits</p>
<p> durch Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 29. April</p>
<p> 1986 - 6 UF 182/85 - entschieden ist, zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p> Der Kläger hat die restlichen Kosten des Rechtsstreits zu tragen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="h2 absatzLinks">T a t b e s t a n d :</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger und die Mutter der am 12. Dezember 1982 geborenen Beklagten waren seit 1974 verheiratet; die Ehe ist seit 9. Juli 1984 rechtskräftig geschieden, die Mutter der Beklagten ist inzwischen wieder verheiratet, die Beklagte ist einbenannt.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Eine mit Rücksicht auf die Kinderlosigkeit der Ehe im Jahre 1977 durchgeführte Untersuchung des Klägers hatte ergeben, daß dieser höchstwahrscheinlich unfruchtbar ist.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Am 7. November 1980 unterschrieben die Eheleute in der Privatklinik eine Vereinbarung zur Herbeiführung einer Schwangerschaft durch Fremdinsemination. Die Mutter der Beklagten wurde in der Folgezeit 12 mal mit Samen eines oder mehrerer unbekannter Spender inseminiert.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Nach der Geburt der Beklagten trennten sich die Eheleute.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte und ihre Mutter erhoben am 31. März 1983 gegen den Kläger Unterhaltsklage vor dem Amtsgericht Wesel - 17 F 77/83 -. Am 24. August 1984 schlossen die Parteien einen Vergleich, in dem sich der Kläger verpflichtete, für die Beklagte einen monatlichen Unterhalt von 195,- DM zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Im Dezember 1984 erhob der Kläger Ehelichkeitsanfechtungsklage gegen die Beklagte (Amtsgericht Wesel - 4 C 665/84 -). Das Amtsgericht Wesel stellte durch rechtskräftiges Urteil die Nichtehelichkeit der Beklagten fest.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">In dem vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger Fortfall seiner durch Vergleich vom 24. August 1984 titulierten Unterhaltsverpflichtung ab August 1985 begehrt.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat widerklagend Zahlung eines monatlichen Unterhalts von 215,-- DM ab Antragstellung begehrt sowie Zahlung rückständigen Unterhalts von 76,-- DM für die Monate März bis Juli 1985.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht - Familiengericht - hat durch Urteil vom 9. September 1985 (Blatt 38 bis 42 der Akten) die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens im ersten Rechtszug und der dort gestellten Anträge wird auf das angefochtene Urteil verwiesen (Blatt 38 bis 42 der Akten).</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung zum Oberlandesgericht Düsseldorf eingelegt, mit der er seine erstinstanzlichen Anträge weiter verfolgt hat.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Das Oberlandesgericht hat durch Urteil vom 29. April 1986 (6 UF 182/85) das Urteil des Amtsgerichts Wesel hinsichtlich der Klage und teilweise zu den Kosten abgeändert. Es hat der Klage stattgegeben und der Beklagten 45 % der bis zu dieser Entscheidung angefallenen Kosten auferlegt. Im übrigen hat sich das Oberlandesgericht zur Entscheidung über die Berufung zur Widerklage für unzuständig erklärt und die Sache an die Kammer verwiesen. Zur Begründung hat das Oberlandesgericht im wesentlichen ausgeführt: Bei dem mit der Klage angegriffenen Titel handelt es sich um eine Familiensache, die die gesetzliche Unterhaltspflicht gegenüber einem ehelichen Kind betrifft; damit ist die erstinstanzliche Zuständigkeit des Amtsgerichts - Familiengerichts - und die zweitinstanzliche Zuständigkeit des Oberlandesgerichts gegeben. In der Sache ist durch das Statusurteil das die Nichtehelichkeit der Beklagten festgestellt hat, rückwirkend zum Zeitpunkt der Geburt der Beklagten nicht nur deren vom Gesetz unterstelltes Verwandtschaftsverhältnis zum Kläger, sondern auch der Rechtsgrund der nach §§ 1601 ff. BGB erbrachten Unterhaltsleistungen des Klägers an die Beklagte entfallen, so daß der Titel, der lediglich die gesetzliche Unterhaltsverpflichtung zum Gegenstand hatte, nicht fortbestehen konnte. Gegenstand der Widerklage ist demgegenüber ein von der Klage trennbarer allgemeiner zivilrechtlicher Anspruch. Da das Familiengericht übersehen hat, daß der mit der Widerklage erhobene Gegenanspruch nicht in seine Zuständigkeit fällt, mußte insoweit die Verweisung an die Kammer erfolgen. Wegen weiterer Einzelheiten der Entscheidung des Oberlandesgerichtes Düsseldorf wird auf das Urteil ( Blatt 171 bis 186 der Akten) verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks"><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :</u></p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die im Rahmen der Zurückverweisung durch das Oberlandesgericht allein noch anhängige Berufung des Klägers gegen die Verurteilung aufgrund der Widerklage ist zulässig, aber nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat den Kläger im Ergebnis zu Recht zur Zahlung monatlichen Unterhalts in Höhe von 215,-- DM ab 22. August 1985 und eines Unterhaltsrückstandes von 76,- DM für die Monate März bis Juli 1985 verurteilt.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Der Anspruch der Beklagten findet seine Rechtsgrundlage in einem zwischen dem Kläger und der Mutter der Beklagten am 7. November 1980 abgeschlossenen berechtigenden Vertrag zugunsten Dritter gemäß § 328 Abs. 1 BGB, nämlich zugunsten der Beklagten. Die Frage, ob in Fällen heterologer Insemination nach erfolgreicher Anfechtung der Ehelichkeit, und damit nach Wegfall der gegenseitigen familienrechtlichen Unterhaltspflicht zwischen Ehemann und Kind, die finanzielle Verantwortlichkeit für das Kind aufgehoben worden ist, ist, soweit ersichtlich, von der Rechtsprechung noch nicht beantwortet worden, vom BGH in der lediglich die Statusfrage der heterologen Insemination betreffenden Entscheidung vom 7. April 1983 (NJW 1983, 2073 ff., JZ 83, 549 ff) allerdings ausdrücklich offengelassen worden. In der Literatur ist diese Frage in neuester Zeit von Coester-Waltjen in dem zivilrechtlichen Gutachten zum 56. Deutschen Juristentag, 2. Teil, B 56, 57 (dieselbe bereits früher NJW 1983, 2059) unter Bezugnahme auf Dölle, in Festschrift für Rabel, Band 1, Seite 187, 204 ausdrücklich verneint worden. Danach wird in der Zustimmung des Ehemanns zur Insemination die vertragliche Übernahme der Unterhaltspflicht gesehen. Wer als Ehemann die heterologe Insemination seiner Ehefrau akzeptiert, übernimmt damit die Verantwortung für das in seine Ehe hineingeborene Kind. Die Kammer folgt diesen überzeugenden Darlegungen und sieht mit Coester-Waltjen den Grundvertrag zwischen Versprechendem (Ehemann) und Versprechensempfängerin (Ehefrau) als einen Vertrag besonderer Art mit personenrechtlichen Elementen an, nämlich auch als Vereinbarung über die Zeugung eines Kindes.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Frage, ob ein solcher Vertrag bereits dann anzunehmen ist, wenn ein Ehemann lediglich der ihm bekannten heterologen Insemination nicht ausdrücklich widerspricht (so Coester-Waltjen a.a.O.), kann hier dahinstehen. Der Kläger hat in der am 7. November 1980 unterzeichneten Vereinbarung unter anderem folgende Erklärung durch seine Unterschrift bestätigt:</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">"Das Ehepaar ist entschlossen und verpflichtet sich hiermit gegen-</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">seitig, das durch die therapeutische Befruchtung entstehende Kind</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">in jeder Beziehung - also einander, der Umwelt und dem Kind selbst </p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">gegenüber - als ihr eheliches Kind anzusehen und zu erziehen, weil</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">es aus ihrem gemeinsamen Wunsch und auch ihrer übereinstimmenden</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Entscheidung entstanden ist."</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Mit ihrer Geburt ist die Beklagte Inhaberin des zu ihren Gunsten begründeten Forderungsrechtes gegen den Kläger geworden.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Es ist in Rechtsprechung ( RGZ 65, 280 - OLG Hamm, Versicherungsrecht, 73, 810) und Literatur (vgl. u. a. Palandt-Heinrichs, § 328 Anmerkung 1) anerkannt, daß der Dritte, für den das Forderungsrecht begründet wird, bei Vertragsabschluß noch nicht vorhanden, nicht einmal erzeugt zu sein braucht; es genügt, daß er bestimmbar ist.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Inhaber der Unterhaltsforderung gegen den Kläger sollte das Kind werden, das nach erfolgreich durchgeführter Insemination geboren wurde.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Dieses Kind ist die Beklagte. In erster Instanz war die Tatsache, daß die Beklagte aufgrund einer in der Privatklinik Schaad durchgeführten Insemination zur Welt kam, unstreitig. Ernsthafte Zweifel an dieser Tatsache bestehen auch für die Kammer nicht. Zwar hat der Kläger in der Berufungsbegründung vortragen lassen, er habe Ähnlichkeiten der Beklagten mit einem weiteren Kind der Mutter aus deren jetziger Ehe festgestellt, so daß sich ihm die Vermutung aufdränge, beide Kinder hätten nicht nur dieselbe Mutter, sondern auch denselben Vater. Dieser den Bereich der Vermutungen nicht verlassende Vortrag enthält jedoch weder konkrete Tatsachenbehauptungen, noch Beweisantritte, die die getroffene Feststellung über die Abstammung der Beklagten erschüttern könnten.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">c)</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Die am 07. November 1980 getroffene Vereinbarung ist wirksam geblieben; sie ist weder vom Kläger mit Erfolg widerrufen, noch aufgrund der vom Kläger vorgetragenen Umstände hinfällig geworden.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">aa) Es kann zugunsten des Klägers in tatsächlicher Hinsicht als richtig unter-</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">stellt werden, daß er nur mit der Fremdinsemination einverstanden war,</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">weil er an der Ehe festhalten wollte, und die Mutter der Beklagten erklärt</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">hatte, sie käme erst zurück, wenn er der Fremdinsemination zustimme.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Selbst wenn man in rechtlicher Hinsicht es für wirksam halten würde, die</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Zustimmung zur Fremdinsemination der Ehefrau unter die Bedingung des</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Fortbestandes der Ehe zu stellen - insoweit hegt die Kammer bereits </p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">schwere Zweifel - so ist eine solche Bedingung jedenfalls nicht in die Ver-</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">einbarung vom 7. November 1980 aufgenommen worden. Auch hat der</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Kläger zu keinem Zeitpunkt vor der Geburt der Beklagten eine der in der </p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">dortigen Vereinbarung getroffenen Erklärungen widerrufen.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Auch die Voraussetzungen eines Anfechtungsrechts nach den §§ 119, </p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">123 BGB - wenn man diese grundsätzlich für den Fall der Zustimmung</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">zur Fremdinsemination für zulässig hält, was die Kammer ebenfalls ernst-</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">haft bezweifelt - sind nicht dargelegt, insbesondere waren die Anfech-</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">tungsfristen des § 121 BGB (unverzügliche Anfechtung hinsichtlich eines </p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">etwaigen Irrtums) und des § 124 BGB (ein Jahr nach Entdeckung der </p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Täuschung bzw. nach Beendigung der Zwangslage im Falle einer Dro-</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">hung) schon verstrichen, als der Kläger erstmals 1984 in dem Unter-</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">haltsprozeß seine Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Beklagten mit </p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">dem Hinweis auf die Fremdinsemination bestritt.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">bb) Die erfolgreiche Anfechtung der Ehelichkeit nach den §§ 1593, 1594 </p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">BGB und der damit einhergehende Wegfall der gesetzlichen Unterhalts-</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">pflicht ist - wie bereits das OLG ausgeführt hat - für die Frage einer auf-</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">grund allgemeinen Zivilrechts begründeten Verpflichtung ohne Belang.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Die dort entwickelten und vom BGH (a.a.O.) vertieften Kriterien zum Be-</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">stand statusrechtlicher Erklärungen sind auf die hier vorliegenden all-</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">gemeinen rechtsgeschäftlichen Willenserklärungen nicht übertragbar.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">cc) Schließlich kann sich der Beklagte auch nicht auf einen Wegfall der Ge-</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">schäftsgrundlage berufen. Für den Bestand der vertraglich übernom-</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">menen Verpflichtung des Ehemannes, für das durch Fremdsamenbe-</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">fruchtung der Ehefrau zu erzeugende Kind aufzukommen, ist es ohne </p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Belang, ob die Ehe weiterhin bestehen bleibt und auch ob sich zwischen</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">dem Kind und dem Ehemann, das kraft Gesetzesvermutung als sein </p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Kind geboren wird, eine familiäre Vater-Kind-Beziehung entwickelt. </p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Der Ehemann hat durch seine Zustimmung zur Fremdinsemination die</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Zeugung des Kindes geduldet; ohne seine Zustimmung wäre diese </p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">künstliche Befruchtung durch den Arzt nicht vorgenommen worden; das</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Kind "verdankt" somit ihm seine Geburt. Die Kammer ist daher mit </p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">Coester-Waltjen (a.a.O). der Auffassung, daß mit der Duldung der </p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">Fremdinsemination durch den Ehemann die Verpflichtung, für das Kind</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">aufkommen zu müssen, unauflösbar einhergeht. Das dem Ehemann </p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">statusmäßig die Lösung aus der vom Gesetz vermuteten Zuordnung er-</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">laubt wird, steht dem nicht entgegen, da statusmäßig, wie der BGH </p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">a.a.O.dargelegt hat, andere Interessen berührt sind als auf der finanziel-</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">len Ebene ( so auch Coester-Waltjen a.a.O.).</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">d)</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">Auch der unter Bezugnahme auf die Stellungnahmen der Autoren und vorgetragene Einwand des Klägers, die Beklagte könne sich an den Samenspender als ihren natürlichen Erzeuger halten, kann nicht durchgreifen.</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">Selbst wenn - was bei der in vielen Fällen den Samenspendern zugesicherten Anonymität fraglich erscheint (die Zulässigkeit solcher Zusicherungen wird allerdings zunehmend in Zweifel gezogen, vgl. Coester-Waltjen, NJW 1983, 2060 m.w.N.) - das Kind die Person des Samenspenders erfährt und diesen aufgrund gesetzlicher Unterhaltspflicht in Anspruch nimmt, läßt dies die Verpflichtung des aufgrund Vertrages haftenden Ehemannes unberührt. Es kommen allenfalls Ausgleichsansprüche gemäß § 426 BGB zwischen den aufgrund Vertrages (Ehemann) und aufgrund Gesetzes Leistenden (Samenspender) in Betracht.</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">Der Höhe nach umfaßt das Forderungsrecht der Beklagten den Unterhalt, den der Ehemann dem Kind bei Aufrechterhaltung des Vater-Kind-Verhältnisses geschuldet hätte.</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">Diesen hat das Amtsgericht aufgrund des Sachvortrages der Parteien anhand der Düsseldorfer Tabelle auf 215,- DM monatlich ab 22. August</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">1985 festgesetzt. Dem schließt sich die Kammer (§ 543 Abs. 1 ZPO).</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">3.</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 97 Abs. 1, 91 ZPO. Nach diesen Vorschriften waren die restlichen Kosten, über die die Kammer nach dem Urteil des Oberlandesgerichts noch zu entscheiden hatte, dem Kläger aufzuerlegen, weil er insoweit hinsichtlich seiner Berufung und auch hinsichtlich der Widerklage unterlegen ist.</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">Streitwert für das Verfahren vor dem Landgericht: 5.300,-- DM.</p>
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315,526 | ag-dusseldorf-1986-09-30-98-x-b-30689 | {
"id": 653,
"name": "Amtsgericht Düsseldorf",
"slug": "ag-dusseldorf",
"city": 413,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 98 X B 30689 | "1986-09-30T00:00:00" | "2019-03-13T14:58:07" | "2019-03-27T09:42:53" | Beschluss | ECLI:DE:AGD:1986:0930.98X.B30689.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Gemäß § 1632 Abs. 4 BGB wird angeordnet, dass das Kind bei den Beteiligten zu </p>
<p>1) (Pflegeeltern) verbleibt.</p>
<p> Die Kosten des Verfahrens (einschließlich des Beschwerdeverfahrens) sowie diejenigen Kosten der Beteiligten zu 1), die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendig waren, haben die Beteiligten zu 2) zu tragen bzw. den Beteiligten zu 1) zu erstatten.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:21px"><u>Gründe:</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:21px">Auf die Entscheidung des Amtsgerichts Düsseldorf vom 15.7.1986 wird Bezug genommen. </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:21px">Es liegt gemäß § 1632 Abs. 4 BGB im wohlverstandenen Interesse des Kindes, zunächst bei den Pflegeeltern zu bleiben. Das Kind befindet sich hier seit dem 22.2.1986 und damit "seit längerer Zeit" in Familienpflege. Da § 1632 Abs. 4 BGB eine Schutzbestimmung zu Gunsten des in Familienpflege befindlichen Kindes ist, kann sie auch von den Pflegeeltern gegenüber dem Jugendamt als Vormund geltend gemacht werden (vergl. Palandt Diederichsen Anm. 3 b cc am Ende).</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:21px">Unter Berücksichtigung des körperlichen, geistigen und seelischen Wohles des Kindes sowie der Dauer des Aufenthaltes des Kindes bei den Pflegeeltern (jetzt ca. 7 Monate) würde die Herausnahme des Kindes aus der Pflegefamilie eine Gefährdung des Kindeswohls bedeuten. </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:21px">Die Beteiligten zu 1) beabsichtigen seit langem, ein Kind zu adoptieren. Sie haben sich deshalb bemüht, beim Jugendamt der Stadt XXX eine Pflegeerlaubnis gemäß § 28 JWG zu erhalten. Dies ist ihnen bisher mit der Begründung versagt worden, dass sie als Pflegeeltern wegen ihrer Mitgliedschaft in der Scientology-Church ungeeignet seien. Zwischen den Beteiligten zu 1) und 2) schwebt deshalb ein Rechtsstreit vor dem Verwaltungsgericht in Düsseldorf.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:21px">Die Beteiligten zu 1) sind mit der Großmutter des Kindes seit 6 oder 7 Jahren bekannt. Diese ist ebenfalls Mitglied der Scientology-Church. Die Großmutter des Kindes hat - zunächst ohne Zustimmung der Kindesmutter – X Anfang 1986 bei den Beteiligten zu 1) in Pflege gegeben. Inzwischen ist die Kindesmutter damit einverstanden, dass das Kind im Haushalt der Beteiligten zu 1) lebt. Sie wünscht auch, dass es von ihnen adoptiert wird. Eine entsprechende notariell beurkundete Einwilligungserklärung liegt vor. </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:21px">Die Beteiligten zu 1) haben den Antrag auf Ausspruch der Adoption gestellt. Das Jugendamt hat dem widersprochen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:21px">Das Jugendamt der Stadt XXX vertritt die Auffassung, dass eine Adoption des Kindes durch die Beteiligten zu 1) nicht in Betracht komme. Sie begründen dies im wesentlichen damit, dass die Beteiligten zu 1) praktizierende Mitglieder der Scientology-Church seien. Die Adoption des Kindes durch solche "hochrangige" Mitglieder der Scientology-Church liege nicht im wohlverstandenen Kindesinteresse. Von daher könne auch ein weiterer Verbleib des Kindes in der Familie der Beteiligten zu 1) nicht seinem Wohl dienen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:21px">Ferner sei der Aufenthalt des Kindes bei den Beteiligten zu 1) rechtswidrig, da diese keine Pflegeerlaubnis besäßen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:21px">Die scientologische Kindeserziehung würde von allgemein anerkannten Regeln unserer Gesellschaft abweichen. Das Kind solle lernen, Gefühle zu kontrollieren und sein Handeln rein rational zu bestimmen. In diesem Zusammenhang sollten Kinder von Personen, die sich nicht in diesem Sinne verhalten würden, ferngehalten werden. Dazu gehörten z.B. auch die Großeltern des Kindes.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:21px">Scientologisch erzogene Kinder würden sich auch in ihrem Denk- und Sprachverhalten von anderen Kindern stark unterscheiden. Dies würde z.B. in der Schule zu Problemen führen. Auch die Abgrenzung von Nichtscientologen führe zu einer Behinderung des Sozialverhaltens der Kinder.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:21px">Dem gegenüber haben die Beteiligten zu 1) bei der persönlichen Anhörung am 9.9.1986 vorgetragen, es sei im Grunde genommen nicht richtig, dass bei der Erziehung durch Scientologen ein Emotionsabbau stattfinde. Nur wenn bei Kindern Wut oder Aggressionen hochkämen, werde versucht, sich über die Ursachen klar zu werden und diese abzubauen. </p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:21px">Konkrete Beispielsfälle für Fehlentwicklungen bei Kindern infolge scientologischer Erziehung konnte das Jugendamt der Stadt XXX im Raum XXX nicht angeben. Die Scientology-Church ist seit ca. 6 Jahren hier vertreten.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:21px">§ 1632 Abs. 4 BGB ist ein Schutzrecht zu Gunsten des Kindes. Die Vorschrift findet auch Anwendung, wenn die Pflegeeltern das Kind ohne eine Pflegeerlaubnis in Sachen der §§ 27 ff JWG betreuen. Es kommt lediglich darauf an, dass das Kind sich eine längere Zeit in der Pflegefamilie aufhält. Dies ist hier der Fall. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Kind gerade 2 Jahre alt geworden ist. Nach über einem halben Jahr in einer Pflegefamilie sind hier bereits Bindungen entstanden, deren Lösung zu erheblichen Nachteilen für eine gedeihliche Entwicklung des Kindes führen würde. Insofern liegt eine Herausnahme des Kindes aus der Familie der Pflegeeltern nicht in seinem wohlverstandenen Interesse und würde gemäß § 1666 BGB sein körperliches, geistiges und seelisches Wohl beeinträchtigen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:21px">Dabei ist weiter zu berücksichtigen, dass eine Adoption des Kindes von vornherein nicht als ausgeschlossen erscheint. Im Falle einer Adoption wäre eine Herausnahme des Kindes aus der Pflegefamilie jetzt nicht sinnvoll. Falls die Adoption abgelehnt wird, besteht immer noch die Möglichkeit, nach einer abschließenden Entscheidung in dieser Frage das Kind in einem geordneten Verfahren anderen Pflegeeltern zuzuführen. Dies gilt umsomehr deshalb, weil die von dem Jugendamt vorgetragenen nachteiligen Entwicklungen bei dem Kind erst im Laufe der Zeit, nach mehreren Jahren eintreten. </p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:21px">Insofern das Jugendamt vorgetragen hat, die Beteiligten zu 1) würden z.B. den Verkehr des Kindes mit den Großeltern unterbinden ist dem die Stellungnahme der Pflegeeltern bei der Anhörung am 9.9.1986 entgegen zu halten.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:21px">Sie haben glaubhaft dargelegt, dass sie gegen einen Kontakt des Kindes mit Frau XX nichts einzuwenden hätten, da sie schließlich die Großmutter sei.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:21px">Bei der Entscheidung verkennt das Gericht nicht, dass durch den Verbleib des Kindes möglicherweise ein ordnungswidriger Zustand gemäß §§ 28, 88 Abs. 1 Nr. 1 JWG festgeschrieben wird. In diesem Zusammenhang ist jedoch zu beachten, dass die Frage, ob das Jugendamt der Stadt Düsseldorf den Annahmewilligen die Pflegeerlaubnis zu Recht vorenthalten hat, nicht abschließend geklärt ist. Immerhin berufen sich die Kindeseltern auf Artikel 3 Abs. 3 Grundgesetz. Nach dieser Vorschrift darf niemand wegen seines Glaubens und seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Dabei kann hier zunächst dahinstehen, ob es sich bei Scientology-Church um eine Glaubensgemeinschaft handelt oder, wie das Jugendamt vorträgt, eine im wesentlichen wirtschaftlich und kaufmännisch orientierte Gruppierung ist, die hauptsächlich Erwerbszwecken dient und gewinnorientiert ist. </p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:21px">Unter diesen Umständen liegt es jedenfalls im wohlverstandenen Interesse des Kindes, vorläufig bei den Pflegeeltern zu bleiben.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:21px">Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 13 a FGG. Die Beteiligten stehen sich im anhängigen Verfahren als streitende Parteien gegenüber und es ist daher billig, der unterliegenden Partei die Kosten aufzuerlegen. Dabei ist davon auszugehen, dass das Jugendamt der Stadt XXX Beteiligter im Sinne von § 13 a FGG an dem Verfahren ist (vergl. Rand Nr. 10 bis 12 zu § 13 a in Keitel-Kunze-Winkler, freiwillige Gerichtsbarkeit).</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:21px">Düsseldorf, den 30.9.86</p>
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315,527 | olgham-1986-09-24-20-u-6286 | {
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"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 20 U 62/86 | "1986-09-24T00:00:00" | "2019-03-13T14:58:08" | "2019-03-27T09:42:53" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1986:0924.20U62.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Beklagten gegen das am 7. Januar 1986 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Kosten der Berufung werden der Beklagten auferlegt.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Jedoch wird der Beklagten nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 16.000,- DM abzuwenden, soweit nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p>
<p>Die Beklagte kann Sicherheit durch Bankbürgschaft der Westdeutschen Landesbank erbringen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Der Kläger begehrt von der Beklagten Deckungsschutz aus einer Feuerversicherung für einen am 19.10.1984 eingetretenen Brandschaden an landwirtschaftlichen Geräten. Die Beklagte wendet Leistungfreiheit wegen Rücktritts vom Versicherungsvertrag, arglistiger Täuschung insbesondere über die schlechte wirtschaftliche Lage des Klägers und seiner Ehefrau sowie vorsätzliche Herbeiführung des Versicherungsfalls durch den Kläger oder einen Repräsentanten ein.</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Seit den Jahren 1979/1980 betrieb die Firma ... Viehvermarktung GmbH, an der der Kläger und sein Sohn, der Zeuge ... als Gesellschafter beteiligt waren, auf dem Grundstück des Klägers in ... Str. ... einen Viehhandel. Die Gesellschaft geriet in den folgenden Jahren in wirtschaftliche Schwierigkeiten, so daß der Kläger als Geschäftsführer der GmbH am 22.03.1984 für diese die eidesstattliche Offenbarungsversicherung abgeben mußte.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Im Jahr 1984 betrieb der Kläger unter der Bezeichnung " ... Landwirtschaft" weiterhin einen Viehhandel insbesondere mit tragenden Zuchtsauen. Gegen ihn erging am 23.01.1984 ein Haftbefehl zur Erzwingung der Abgabe der eidesstattlichen Offenbarungsversicherung. Zur Abgabe der Versicherung kam es nicht, da der Kläger mit der die Zwangsvollstreckung betreibenden Gläubigerin eine einverständliche Regelung treffen konnte.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">In den Jahren 1980/1981 errichtete die Ehefrau des Klägers auf dem ihr gehörenden Nachbargrundstück in ... im Hinblick auf einen Mietvertrag mit der Firma ... GmbH und Co. Verpackungen KG eine große Halle zum Betrieb einer Wellpappen- und Kunststoffproduktion. Die Finanzierung erfolgte zu einem wesentlichen Teil mit Hilfe eines Darlehns der ... AG in ... über insgesamt 2,3 Mill. DM. Die Mieterin fiel bereits am 21.04.1982 unter Hinterlassung von Mietrückständen in Konkurs. Wegen des dadurch bedingten Mietausfalls konnte die Ehefrau des Klägers ihren Zins- und Tilungsverpflichtungen gegenüber der ... AG nicht mehr nachkommen. Sie mußte deshalb am 1.12.1982 die eidesstattliche Offenbarungsversicherung abgeben. Außerdem wurde am 31.5.1983 die Zwangsversteigerung ihres vorbezeichneten Grundstücks auf Betreiben der ... AG angeordnet. Diese überwies am 2.12.1982 zur Aufrechterhaltung des Feuerversicherungsschutzes für die der Ehefrau des Klägers gehörenden Gebäude die Versicherungsprämie in Höhe von 12.119,40 DM an die ...-Versicherung, der der Versicherungsmakler ... im Zusammenhang mit Prämienrückständen bereits mit Schreiben vom 4.11.1982 mitgeteilt hatte, er glaube nicht, daß sich die wirtschaftliche Lage des Klägers und seiner Ehefrau über kurz oder lang erheblich besserten.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Im Rahmen des Zwangsversteigerungsverfahrens, in dem ein - später aufgehobener - Versteigerungstermin auf den 12.12.1984 bestimmt war, wurde für das Grundstück der Ehefrau des Klägers ein Wertgutachten erstellt. In die Wertbegutachtung wurde die von der in Konkurs gefallenen Firma ... GmbH & Co. ... KG in den genannten Hallen zurückgelassene technische und kaufmännische Betriebseinrichtung einbezogen, da die Ehefrau des Klägers daran wegen rückständiger Miete ein Vermieterpfandrecht geltend machte. Der Sachverständige Dipl.-Ing. ... bezifferte den Zeitwert der vorgenannten Betriebseinrichtung in seinem am 27.6.1984 für das Amtsgericht Paderborn erstellten Wertgutachten auf 935.730,- DM.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Nach Vorlage dieses Wertgutachtens beauftragten der Kläger und seine Ehefrau den ihnen seit langem bekannten Versicherungsmakler ..., für die vorbezeichnete ehemalige technische und kaufmännische Betriebseinrichtung der in Konkurs gefallenen Firma ... GmbH & Co. ... KG eine Feuerversicherung zu vermitteln. Der Zeuge ... wandte sich darauf hin an die Filialdirektion der Beklagten in ... Entsprechend seiner Bitte erteilte dieser am 21.8.1984 ohne vorherige Besichtigung des Objekts, ohne Kontaktaufnahme mit dem Kläger und seiner Ehefrau und vor Stellung ... eines Versicherungsantrags eine auf zwei Monate befristete vorläufige Deckungszusage für die Versicherung der vorgenannten Betriebseinrichtung mit einer Versicherungssumme von 1,2 Mill. DM gegen Feuer nach Maßgabe der Allgemeinen Feuerversicherungsbedingungen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">In der Folgezeit bat der Kläger den Zeugen ..., eine Feuerversicherung unter anderem für die in den vorbezeichneten Hallen seiner Ehefrau untergestellten, bisher nicht versicherten landwirtschaftlichen Geräte seines Betriebs mit einer Versicherungssumme von 300.000,- DM sowie eine Feuer- und Sturmversicherung für seine bisher anderweitig feuerversicherten landwirtschaftlichen Gebäude in ... Str. ..., zu vermitteln. Der Zeuge ... bot auch dieses Risiko der Filialdirektion der Beklagten in ... an und bat in einem persönlichen Gespräch vom 5.9.1984 deren Mitarbeiter, die Zeugen ... auch insoweit um Erteilung einer vorläufigen Deckungszusage. Diese wurde am 6.9.1984 befristet bis zum 5.11.1984 von der Filialdirektion der Beklagten nach Maßgabe der Allgemeinen Feuerversicherungsbedingungen erteilt.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Am 16.10.1094 unterzeichnete der Zeuge ... in Vertretung des Klägers einen schriftlichen Antrag auf Abschluß einer landwirtschaftlichen Feuerversicherung für das lebende und tote Inventuar mit Versicherungssummen über je 300.000,- DM sowie über 100.000,- DM für landwirtschaftliche Vorräte. Sämtliche Fragen des mehrseitigen Antragsformulars, das keine Fragen nach der wirtschaftlichen und finanziellen Situation des Antragstellers enthält, ließ er offen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">In der Nacht vom 18. auf den 19.10.1984 kurz vor 2.30 Uhr morgens wurde in der älteren, an die große Lagerhalle angrenzende Werkstatt- und Produktionshalle der Ehefrau des Klägers, deren Türen verschlossen waren, u.a. mit Hilfe von Brandbeschleunigungsmitteln an zwei voneinander durch feuerhemmende Türen und Brandwände getrennten Stellen ein Brand gelegt. Im östlichen Teil der Halle, der Produktionshalle, waren sämtliche Türen und Fenster geschlossen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Durch den Brand wurden die vorbezeichnete Produktions- und Werkstatthalle sowie die darin befindlichen Maschinen und Vorräte zur Wellpappenherstellung weitgehend zerstört. In den angrenzenden Teilen der großen Lagerhalle verhinderte die dort installierte Sprinkleranlage einen großflächigen Übergriff des Feuers. Zerstört wurde jedoch die aus Kunststoffteilen bestehende Lichtfront dieser Halle. Inwieweit auch die in der großen Lagerhalle untergestellten zum landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers gehörenden Maschinen, u.a. ein Mähdrescher, eine Korntrocknungsanlage, ein Traktor und eine Fräse durch Einwirkungen des Brandes sowie des Löschwasser, insbesondere aus der Sprinkleranlage beschädigt wurden und welchen Zeitwert die beschädigten Maschinen hatten, ist zwischen den Parteien streitig.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Im Zuge der gegen den Kläger und seine Ehefrau eingeleiteten Ermittlungen wegen Brandstiftung stellte der von der Kriminalpolizei mit der Begutachtung des Brandschadens beauftragte Sachverständige Brandschutzingenieur ... bei der Besichtigung des Brandortes am 19.10.1984 auf dem Fußboden vor einem beim Brand nicht geschlossenen Fenster der nicht völlig zerstörten Werkhalle vier Brandsätze in Form von mit Feuchtigkeit getränkten, um Kalksandsteinreste gewickelten Lappen sowie Öllachen fest.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Kriminalpolizei überprüfte die Alibis des Klägers, seiner Ehefrau und seines Sohnes. Die Ehefrau des Klägers gab an, sie und ihre Tochter ... hätten zur Zeit des Brandausbruchs in dem in unmittelbarer Nähe des Brandortes gelegenen Wohnhaus geschlafen. Ihr Mann und ihr Sohn, der Zeuge ... seien am Abend des 18.10.1984 mit einem Lkw zur Auslieferung tragender Sauen gegen 20.00 oder 20.30 Uhr nach ... gefahren. Die Kriminalpolizei ließ die Diagrammscheiben des Fahrtenschreibers des Lkw's überprüfen und befragte mehrere Kunden des Klägers. Der der Autobahnabfahrt ... der Bundesautobahn A ... gab ... an, der Kläger und sein Sohn seien etwa zwischen und 22.00 Uhr und Mitternacht bei ihm gewesen, um 6 Sauen auszuliefern. Der Landwirt ... in ... an der Bundesstraße 207 nahe ... in ... sagte aus, der Kläger und sein Sohn hätten ihn am 19.10.1984 gegen 6.15 Uhr morgens aufgesucht, um 2 gekaufte Sauen zu bringen. Über die beiden Geschäfte mit den Zeugen ... und ... liegen Belege ... vor. Wegen der weiteren Einzelheiten der polizeilichen und staatsanwaltlichen Ermittlungen, insbesondere wegen des Ergebnisses der Auswertung der Diagrammscheiben wird auf den Inhalt der beigezogenen Ermittlungsakten 25 Js 453/84 StA Paderborn verwiesen. Am 3.6.1985 stellte die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren ein, da für eine Brandstiftung durch den Kläger oder seine Ehefrau keine geeigneten Beweismittel vorhanden seien.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Nach Besichtigung der Brandstelle am 23.10.1984 durch Vertreter und beauftragte Sachverständige der Beklagten trat diese mit Schreiben vom 20.11.1984 von der gegebenen vorläufigen Deckungszusage zurück und focht diese gleichzeitig wegen arglistiger Täuschung an. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger habe ihr seine wirtschaftlichen Verhältnisse und das gegen seine Ehefrau anhängige Zwangsversteigerungsverfahren arglistig verschwiegen. Gleichzeitig versagte sie ihm Deckungsschutz für den Brandschaden vom 19.10.1984.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat behauptet, dem Versicherungsmakler und den Angestellten der Filialdirektion der Beklagten in ... seien alle wesentlichen Umstände bei Erteilung der vorläufigen Deckungszusage bekannt gewesen. Wirtschaftliche Schwierigkeiten seien, was nicht verheimlicht worden sei, zwar vorhanden gewesen. Er, der Kläger, sei 1984 aber keineswegs finanziell am Ende gewesen, sondern habe einen Viehhandel mit Gewinn betrieben. Die fälligen Versicherungsprämien seien durchweg pünktlich bezahlt worden. Die Überweisung der Versicherungsprämie in Höhe von 12.119,40 DM durch die ... AG an die ... Versicherung für seine Ehefrau habe zu einer Überzahlung geführt. Von einer Täuschung über seine finanziellen Verhältnisse könne überhaupt keine Rede sein.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Nach Vorschäden und Vorversicherungen hätten die Mitarbeiter der Beklagten vor Erteilung der vorläufigen Deckungszusage vom 6.9.1984 nicht gefragt. Überdies hätte die Beklagte die vorläufige Deckungszusage auch bei Kenntnis der beiden Vorschäden, unstreitig eines Sturmschadens aus dem Jahre 1982 in Höhe von etwa 10.000,- DM und eines Brandschadens aus dem Jahre 1983 in Höhe von etwa 16.000,- DM erteilt. Die Beklagte sei deshalb, so hat der Kläger gemeint, weder zum Rücktritt noch zur Anfechtung der vorläufigen Deckungszusage berechtigt.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Mit der Brandstiftung hätten er und seine Familienangehörigen nichts zu tun. Denkbar sei, daß der Brand durch den Inhaber der in Konkurs gegangenen Firma ... GmbH & Co. ... KG, einen Konkurrenten, einen Feind oder einen "Feuerteufel" gelegt worden sei.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Der Höhe nach sei eine Bezifferung des Brandschadens noch nicht möglich. Insoweit müsse noch das Sachverständigenverfahren durchgeführt werden.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, den ihm durch den Brand auf dem Grundstück ... Str. ..., am 19.10.1984 entstandenen Brandschaden hinsichtlich der in seinem Eigentum stehenden landwirtschaftlichen Einrichtungsgegenstände nach deren Zeitwert bis zur Höhe von 300.000,- DM zu ersetzen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Sie hat die Ansicht vertreten, die erhobene Feststellungsklage sei unzulässig, da der Kläger bereits auf Leistung klagen könne. Die Klageforderung lasse sich inzwischen beziffern.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Der Kläger und seine Ehefrau hätten, so hat die Beklagte behauptet, ihre wahren wirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere das anhängige Zwangsversteigerungsverfahren, arglistig verschwiegen. Nicht nur seine Ehefrau, sondern auch der Kläger selbst sei im Verlaufe des Jahres 1984 finanziell völlig am Ende gewesen. Wegen Prämienrückstands habe für seine landwirtschaftlichen Gebäude kein Feuerversicherungsschutz mehr bestanden. Bei Kenntnis der wahren wirtschaftlilchen Verhältnisse hätte sie die vorläufige Deckungszusage nicht erteilt. Sie lehne die Versicherung von Objekten, über die ein Zwangsversteigerungsverfahren anhängig sei, wegen des schlechten subjektiven Risikos ab.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Außerdem seien die von ihren Mitarbeitern vor Erteilung der vorläufigen Deckungszusage ausdrücklich gestellten Fragen nach Vorschäden und Vorversicherungen nicht zutreffend beantwortet worden. Bei Kenntnis der unstreitigen Vorschäden hätte sie bei den Vorversicherern Rücksprache genommen und die vorläufige Deckungszusage dann nicht erteilt.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Der Brand sei vom Kläger selbst, seinem Sohn oder seiner Ehefrau als seinen Repräsentanten vorsätzlich gelegt worden, um die sehr schlechte wirtschaftliche Lage zu verbessern. Dafür sprächen, so hat die Beklagte gemeint, nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises die großen finanziellen Schwierigkeiten des Klägers und seiner Ehefrau, die trotzdem fristgemäße Bezahlung der Versicherungsprämie an die ... für die bei ihr für die Gebäude der Ehefrau des Klägers bestehende Feuerversicherung und die Beauftragung des Versicherungsmaklers ... mit der Vermittlung einer Feuerversicherung für die technische und kaufmännische Betriebseinrichtung der ehemaligen Firma ... GmbH & Co. Verpackungen KG sowie die in der Lagerhalle der Ehefrau des Klägers untergestellten, bisher nicht versicherten, angeblich dem Kläger gehörenden landwirtschaftlichen Geräte kurze Zeit vor Ausbruch des vorsätzlich gelegten Brandes. Die Voraussetzungen des Versicherungsfalles, von dem nur der Kläger und seine Familienangehörigen einen Vorteil haben könnten, seien planmäßig geschaffen worden. Hinzu komme, daß sich der Kläger und seine Ehefrau vor dem Brand vom 19.10.1984 wiederholt beim Zeugen ... erkundigt hätten, ob ausreichender Versicherungsschutz bestehe.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Aufgrund der Aussagen der Zeugen ... und ... vor der Polizei hätten der Kläger und sein Sohn kein unerschütterliches Alibi. Es sei durchaus denkbar, daß einer von ihnen zwischen den Besuchen der beiden Zeugen mit einem bereitgestellten Pkw nach Hause gefahren sei, den Brand gelegt habe und dann hinter dem Lkw hergefahren sei. Da sämtliche Türen und Fenster des östlichen Hallenteils geschlossen gewesen seien, komme als Brandstifter nur jemand in Betracht, der im Besitze passender Schlüssel gewesen sei.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat die Ermittlungsakten 25 Js 453/84 StA Paderborn und die Zwangsversteigerungsakten 15 K 94/83 AG Paderborn beigezogen und Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen ... und .... Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 3.12.1985 (Bl. 170-173 d.A.) verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Durch Urteil vom 7.1.1986 hat das Landgericht der Klage stattgegeben und dazu in den Entscheidungsgründen, auf die wegen der näheren Einzelheiten verwiesen wird (Bl. 185-192 d.A.), ausgeführt, der Kläger habe ein Interesse an der erhobenen Feststellungsklage, da ihm die Erhebung einer Leistungsklage wegen der Berufung der Beklagten auf das Sachverständigenverfahren noch nicht möglich sei. Die Beklagte habe die erteilte vorläufige Deckungszusage nicht wirksam angefochten und sei davon auch nicht wirksam zurückgetreten. Es liege weder ein Anfechtungs- noch ein Rücktrittsgrund vor. Die Beklagte sei nicht arglistig getäuscht worden. Ihre Mitarbeiter hätten weder nach Vorschäden noch nach Vorversicherungen noch nach wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Kläger gefragt. Dieser sei nicht verpflichtet gewesen, die Beklagte darüber von sich aus aufzuklären.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Aufgrund der unstreitigen und von der Beklagten behaupteten Umstände und Indizien lasse sich im Rahmen der gebotenen Gesamtschau und Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände des Falles auch nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen, daß der Kläger selbst oder ein Repräsentant den Brand vorsätzlich oder grob fahrlässig gelegt hätten. Insbesondere wegen der erheblichen finanziellen Schwierigkeiten des Klägers und seiner Ehefrau sowie des nahen zeitlichen Zusammenhangs zwischen den erteilten Deckungszusagen und dem Ausbruch des Brandes und der Tatsache, daß der Kläger, sein Sohn und seine Ehefrau keine eindeutigen Alibis hätten, bestünden zwar Verdachtmomente gegen die Familie des Klägers. Diese reichten jedoch nicht aus, um den der Beklagten obliegenden Beweis einer Brandstiftung durch den Kläger oder einen Repräsentanten als geführt ansehen zu können. Denkbar sei auch eine Legung des Brandes durch andere Personen.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil richtet sich die fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten. Sie vertritt in Wiederholung, Ergänzung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens die Ansicht, der Kläger habe ihr die Vorschäden, Vorversicherungen und die außerordentlich angespannte finanzielle Lage seiner Familie, insbesondere das anhängigen Zwangsversteigerungsverfahren gegen seine Ehefrau und die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung für die Firma ... Viehvermarktung GmbH ... im März 1984 ungefragt offenbaren müssen, da es sich, wie die Brandstiftung zeige, um risikorelevante Umstände handele. Über die gesamten Umstände seiner wirtschaftlichen Lage habe der Kläger, so behauptet die Beklagte, auch den Zeugen ... völlig im Unklaren gelassen. Diesen habe er nur eingeschaltet, um nicht unmittelbar befragt zu werden und nicht selbst ... Antragsvordrucke ausfüllen zu müssen. Der Zeuge ... habe vor Erteilung der vorläufigen Deckungszusage über Unregelmäßigkeiten bei der Erfüllung der Prämienansprüche der ... Versicherung durch den Kläger nichts mitgeteilt (Beweis: Zeugnis der Herren ... und ...). Im Falle der Unterrichtung über die unstreitigen beiden Vorschäden hätte ihre ... Zweigniederlassung weitere Ermittlungen und Nachfragen gegebenenfalls auch bei dem Vorversicherer angestellt (Beweis: Zeugnis des Prokuristen ... in ...).</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Der Brand sei entweder von dem Kläger selbst oder von einem von ihm angestifteten Täter gelegt worden. Dafür sprächen, so meint die Beklagte, zahlreiche Indizien, insbesondere die erstmalige Versicherung der landwirtschaftlichen Betriebsgegenstände des Klägers kurz vor dem Brand, die wiederholten Anrufe beim Zeugen ..., ob ausreichender Versicherungsschutz bestehe, die sorgfältige Durchführung der Brandstiftung sowie der Umstand, daß andere Personen als Mitglieder der Familie des Klägers an einer Brandstiftung kein ersichtliches Interesse gehabt hätten. Der Inhaber der in Konkurs gegangenen Firma ... GmbH & Co. Verpackungen KG komme als Brandstifter schon deshalb nicht in Betracht, weil er ebenso wie seine Mitarbeiter zu der in Brand gesetzten Halle keinen Schlüssel besessen habe (Beweis: Zeugnis des Herrn ...). Der äußere Sachverhalt lasse deshalb unter Berücksichtigung der äußerst schwierigen wirtschaftlichen Lage des Klägers und seiner Familie auf eine Brandstiftung durch ihn oder einen von ihm angestifteten Täter schließen.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Er vertritt in Wiederholung, Ergänzung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens die Ansicht, er sei nicht verpflichtet gewesen, ungefragt seine sowie finanziellen Verhältnisse seiner Familienangehörigen, insbesondere das gegen seine Ehefrau anhängige Zwangsversteigerungsverfahren sowie Vorversicherungen und Vorschäden zu offenbaren. Die finanzielle Lage des Versicherungsnehmers sei kein gefahrerheblicher Umstand. Das ergebe sich bereits aus der Tatsache, daß das von der Beklagten beim Abschluß von Feuerversicherungen verwendete Antragsformular Fragen danach nicht enthalte. Die Beklagte sei deshalb nicht berechtigt, die erteilte vorläufige Deckungszusage wegen arglistiger Täuschung anzufechten oder davon zurückzutreten.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Sie sei auch nicht wegen vorsätzlicher Herbeiführung des, Versicherungsfalles leistungsfrei geworden. Die von ihr ... aufgeführten Umstände seien keine Indizien, sondern bloße Spekulationen. Einen Anscheinsbeweis für eine Brandstiftung durch den Versicherungsnehmer gebe es nicht.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst allen Anlagen und die in der nachstehenden Entscheidungsgründen ergänzend mitgeteilten Tatsachen Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat die Ermittlungsakten 25 Js 453/84 StA Paderborn, auf deren Inhalt verwiesen wird, beigezogen und Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen ... und .... Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Vermerk des Berichtserstatters (Bl. 256-259 d.A.) verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand:</b></p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Die vom Kläger erhobene Feststellungsklage ist zulässig. Er hat ein Interesse an der Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, den am 19.10.1984 an seinen bei ihr gegen Feuer versicherten landwirtschaftlichen Einrichtungsgegenständen entstandenen Brandschaden zu regulieren (§256 Abs. 1 ZPO).</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Die von der Beklagten insoweit erhobenen Bedenken sind unbegründet. Das Feststellungsinteresse des Klägers ist selbst dann gegeben, wenn er bereits die Möglichkeit hätte, eine bezifferte Leistungsklage zu erheben. Es ist nämlich davon auszugehen, daß eine Versicherungsgesellschaft einen Schaden auf ein rechtskräftiges Feststellungsurteil hin in gleicher Weise reguliert wie bei einem Leistungsurteil über den Grund (vgl. OLG Hamm VersR 1972, 967).</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Überdies hat der Kläger gem. §15 Abs. 1 AFB das Recht, zur Höhe zunächst die Durchführung eines Sachverständigenverfahrens zu verlangen. Sein Vorbringen in der Klageschrift sowie in dem Schriftsatz vom 2.9.1985 deutet darauf hin, daß er dieses anstrebt. Jedenfalls kann er angesichts seines Rechts, die Feststellung der Höhe des Schadens durch Sachverständige zu verlangen, nicht auf die Möglichkeit der Erhebung einer bezifferten Leistungsklage verwiesen werden.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Die erhobene Feststellungsklage ist auch begründet. Aufgrund der erteilten vorläufigen Deckungszusage ist die Beklagte zur bedingungsgemäßen Regulierung des am 19.10.1984 entstandenen Brandschadens an den bei ihr gegen Feuer versicherten landwirtschaftlichen Einrichtungsgegenständen zum Zeitwert bis zur Höhe von maximal 300.000,- DM verpflichtet (§1 Abs. 1 a AFB). Bei der erteilten vorläufigen Deckungszusage handelt es sich um einen eigenständigen Versicherungsvertrag, dem die Allgemeinen Feuerversicherungsbedingungen zugrundeliegen.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks"><b>1.</b></p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist von ihrer am 6.9.1984 erteilten vorläufigen Deckungszusage durch Schreiben vom 20.11.1984 nicht wirksam zurückgetreten. Ihr steht ein Rücktrittsrecht gem. §16 Abs. 2 VVG nicht zu. Der Kläger und der von ihm mit der Vermittlung einer Feuerversicherung für seine landwirtschaftlichen Geräte beauftragte Versicherungsmakler Wibbe haben vor Erteilung der vorbezeichneten vorläufigen Deckungszusage keine Anzeigepflicht verletzt (§§16 Abs. 1, 19 VVG).</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Der Kläger selbst hat mit der Beklagten vor Erteilung der vorläufigen Deckungszusage unstreitig nicht verhandelt. Der Zeuge ... war nicht verpflichtet, <u>ungefragt</u> die unstreitigen beiden Vorschäden, d.h. einen Sturmschaden über etwa 10.000,- DM und einen Brandschaden über etwa 16.000,- DM, die Vorversicherungen und die außerordentlich angespannte finanzielle Lage insbesondere der Ehefrau des Klägers von sich aus zu offenbaren (§16 Abs. 1 Satz 1 und 2 VVG).</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Die unstreitig sehr schlechte wirtschaftliche Lage der Ehefrau des Klägers, die damals in dem anhängigen Zwangsversteigerungsverfahren sowie der Abgabe der eidesstattlichen Offenbarungsversicherung Ausdruck gefunden hatte, sowie die finanziellen Verhältnisse des Klägers selbst, die unter anderem durch die Abgabe der eidesstattlichen Offenbarungsversicherung durch ihn für die ... Viehvermarktungs GmbH sowie den Erlaß eines Haftbefehls zur Erzwingung der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung durch den Kläger persönlich Anfang des Jahres 1984 gekennzeichnet waren, sind keine für die Übernahme der Gefahr im Sinne des §16 Abs. 1 Satz 1 VVG erheblichen Umstände. Insoweit kommt es nur auf die Brand- und Betrugsgefahr, nicht aber auf die Prämiengefahr an (vgl. OLG Hamm VersR 1981, 954; Prölss-Martin, VVG, 23. Aufl., §§16, 17 Anm. 1 b). Das Prämienrisiko gehört nicht zu den vom Versicherer übernommenen Gefahren.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Daß sich bei sehr schlechter wirtschaftlicher Lage, die durch ein laufendes Zwangsversteigerungsverfahren gegen die Ehefrau und Verfahren auf Abnahme der eidesstattlichen Offenbarungsversicherung gekennzeichnet ist, die Gefahr einer Brandstiftung durch den Eigentümer erfahrungsgemäß derart vergrößert, daß insoweit von einem gefahrerheblichen Umstand gesprochen werden kann, läßt sich nicht feststellen. Dagegen spricht wesentlich, daß die sorgfältig ausgearbeiteten Antragsformulare der Beklagten - wie auch anderer Versicherer - für den Abschluß einer Feuerversicherung Fragen nach der wirtschaftlichen Lage des Versicherungsnehmers oder gar seiner Ehefrau <u>nicht</u> enthalten. Angesichts dieses Umstands brauchte die prekäre finanzielle Situation vor Erteilung der auf <u>nur zwei Monate</u> befristeten vorläufigen Deckungszusage auch unter Berücksichtigung von Treu und Glauben gemäß §242 BGB <u>erst recht</u> nicht offenbart zu werden.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Das gilt besonders, wenn der Versicherer wie hier nicht mit dem künftigen Versicherungsnehmer selbst, sondern einem von ihm beauftragten Versicherungsmakler verhandelt. Von diesem kann der Versicherer grundsätzlich ohne Nachfrage keine Auskunft über die wirtschaftliche Lage des künftigen Versicherungsnehmers und gar seiner Ehefrau erwarten. Häufig wird der Versicherungsmakler darüber gar nicht unterri <u>chtet</u> sein. Entsprechendes behauptet die Beklagte von dem Zeugen den der Kläger nach ihrem Vorbringen über die gesamten Umstände der wirtschaftlichen Lage seiner Familie völlig im Unklaren gelassen hat.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Wenn die Beklagte der finanziellen Lage des Klägers und seiner Ehefrau hier anders als beim Abschluß der endgültigen Feuerversicherung Bedeutung beimaß, hätte sie danach fragen müssen. Dies ist unstreitig nicht geschehen. Ob der Zeuge ... wie er bekundet hat, vor Erteilung der vorläufigen Deckungszusage durch die Beklagte gegenüber dem damaligen Filialdirektor der Beklagten in ..., dem Zeugen ..., Unregelmäßigkeiten bei der Bezahlung der Prämienrechnungen des Vorversicherers durch den Kläger und seine Ehefrau nebenbei von sich aus erwähnt hat, ist deshalb nicht entscheidungserheblich. Auf die durch die Zeugen ... und ... unter Beweis gestellte Behauptung der Beklagten, dies sei nicht geschehen, kommt es deshalb nicht an.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Zumindest fehlt es bezüglich der unterbliebenen Offenbarung der schlechten finanziellen Situation an einem Verschulden des Klägers und des Zeugen ... (§16 Abs. 3 VVG). Beide brauchten mangels Nachfrage der Beklagten nicht zu erkennen, daß diese eine schlechte wirtschaftliche Lage des Klägers und seiner Ehefrau als gefahrrelevanten Umstand im Sinne des §16 Abs. 1 VVG betrachtete. Nach der wirtschaftlichen Lage des künftigen Versicherungsnehmers wird nicht einmal im Antrag auf Abschluß der Feuerversicherung gefragt. Wenn der Versicherer diese für die Erteilung einer auf zwei Monate befristeten vorläufigen Deckungszusage für bedeutsam hält, darf der künftige Versicherungsnehmer und erst recht ein Versicherungsmakler, der für diesen die Verhandlungen führt, darauf vertrauen, daß seitens des Versicherers danach gefragt wird.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">c)</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Auch den unstreitigen Sturmschaden in Höhe von etwa 10.000,- DM aus dem Jahre 1982 sowie den unstreitigen Brandschaden über etwa 16.000,- DM aus dem Jahre 1983 sowie bestehende Vorversicherungen brauchte der Zeuge ..., der für den Kläger die Verhandlungen geführt hat, der Beklagten <u>ungefragt</u> nicht anzuzeigen (§16 Abs. 1 Satz 1 und 2 VVG). Beide Vorschäden hatten angesichts des Umfangs des zu versichernden Risikos sowie der zu erwartenden Prämienhöhe nur untergeordnete Bedeutung.</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Daß auch nach derartigen Vorschäden vor Erteilung der vorläufigen Deckungszusage gefragt worden ist, ist zumindest unbewiesen geblieben. Der Zeuge ..., der das Gespräch mit dem Zeugen ... maßgeblich geführt hat und für die Erteilung der vorläufigen Deckungszusage verantwortlich war, hat bei seiner Vernehmung insoweit bekundet, daß über den Kläger und seine Ehefrau keinerlei Fragen gestellt worden seien. Es sei auch nicht nach Vorschäden gefragt worden.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Aus der Aussage des Zeugen ... ergibt sich nichts Gegenteiliges. Er hat bekundet, er wisse nicht, ob nach Vorschäden gefragt worden sei. Er könne dies nur vermuten da er dies immer tue. Da das Gespräch jedoch von dem Zeugen ... mit dem Zeugen ... geführt worden sei, sei er sich insoweit nicht sicher.</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Eine ausdrückliche Frage nach Vorschäden ist danach zumindest unbewiesen geblieben, zumal der Zeuge ... bekundet hat, er habe die Vorschäden von sich aus gegenüber dem Zeugen ... ganz kurz angesprochen. Dies geht zu Lasten der insoweit beweispflichtigen Beklagen.</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">d)</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Hinzu kommt insoweit auch noch, daß die von der Beklagten behauptete Nichtanzeige der beiden Vorschäden ausweislich der Aussage des Zeugen ... für die Erteilung der vorläufigen Deckungszusage vom 6.9.1984 nicht kausal geworden ist. Er hat insoweit glaubhaft bekundet, die Kenntnis der beiden Vorschäden sei für ihn kein Hinderungsgrund gewesen, die vom ihm erteilte Deckungszusage zu verweigern. Die Vorschäden waren danach keine gefahrerheblichen Umstände. Auf die durch den Zeugen ... unter Beweis gestellte Behauptung der Beklagten, ihre ... Zweigniederlassung hätte bei Unterrichtung über die Vorschäden weitere Ermittlungen und Nachfragen angestellt, kommt es schon deshalb nicht an, weil die Zweigniederlassung der Beklagten mit der Sache und der vorläufigen Deckungszusage nicht befaßt war, sondern diese durch die Filialdirektion der Beklagten in erteilt worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Zumindest fehlt es auch insoweit an einem Verschulden des Zeugen ... und des Klägers, da sie die Gefahrerheblichkeit nicht erkennen mußten (§16 Abs. 3 VVG).</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Der von der Beklagten am 20.11.1984 erklärte Rücktritt greift daher mangels eines Rücktrittsgrundes nicht durch.</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks"><b>2.</b></p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat die von ihr erteilte vorläufige Deckungszusage auch nicht wirksam angefochten (§§22 VVG, 123 BGB).</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">Eine arglistige Täuschung der Beklagten durch den Zeugen ... liegt nicht vor. Er hat gegenüber der Beklagten unstreitig keine falschen Angaben gemach. Eine Verpflichtung, <u>ungefragt</u> die unstreitigen Vorschäden, die Vorversicherungen und die schlechte wirtschaftliche Lage insbesondere der Ehefrau des Klägers zu offenbaren, bestand, wie dargelegt, vor Erteilung der vorläufigen Deckungszusage vom 6.9.1984 nicht. Deshalb kommt auch eine arglistige Täuschung durch Unterlassen nicht in Betracht.</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Außerdem fehlt es auch an der Arglist des Zeugen .... Daß dieser Angaben verschwiegen hat, um auf die Entscheidung der Beklagten über die Erteilung der vorläufigen Deckungszusage Einfluß zu nehmen, behauptet diese selbst nicht. Nach ihrem Vorbringen in der Berufungsbegründung war der Zeuge ... über die wirtschaftliche Lage des Betriebs des Klägers und seiner Ehefrau vielmehr völlig im Unklaren. Damit fehlt beim Zeugen ... bereits die Basis für arglistiges Handeln.</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">Auch eine arglistige Täuschung der Beklagten durch Unterlassen unter Benutzung des Zeugen ... als gutgläubiges Werkzeug des Klägers ist nicht gegeben. Es fehlt, wie dargelegt, auch insoweit bereits an einer Verpflichtung zur <u>ungefragte</u>n Offenbarung der schlechten wirtschaftlichen Lage sowie der Vorschäden und Vorversicherungen.</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">Außerdem läßt sich auch nicht feststellen, daß der Kläger arglistig gehandelt, d.h. ... als gutgläubiges Werkzeug mit dem Willen eingesetzt hat, der Beklagten die Vorschäden und die schlechte wirtschaftliche Lage insbesondere seiner Ehefrau zu verheimlichen, um die Entscheidung der Beklagten über die vorläufige Deckungszusage zu beeinflussen. Die Vorschäden und Vorversicherungen kannte der Zeuge ... als langjähriger Bekannter und Berater der Familie des Klägers in Versicherungsangelegenheiten genau. Das hat er bei seiner Vernehmung durch den Senat glaubhaft bekundet.</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">Darüber hinaus war ihm entgegen der Behauptung der Beklagten auch die prekäre finanzielle Lage der Familie des Klägers keineswegs völlig unbekannt. Nach seinen glaubhaften Bekundungen vor dem Senat wußte er von den schleppenden Prämienzahlungen an die Vorversicherung. Er hatte dieser bereits mit Schreiben vom 4.11.1982 mitgeteilt, er glaube nicht, daß sich die wirtschaftliche Lage der Familie des Klägers über kurz oder lang erheblich bessere. Als ... gutgläubiges Werkzeug des Klägers zur arglistigen Täuschung der Beklagten kommt er deshalb nicht in Betracht.</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks"><b>3.</b></p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist auch nicht wegen vorsätzlicher Herbeiführung des Versicherungsfalles durch den Kläger oder einen Repräsentanten gemäß §§61 VVG, 16 AFB leistungsfrei geworden. Es ist nicht bewiesen, daß der Kläger selbst, ein von ihm angestifteter Täter oder ein Repräsentant des Klägers am 19.10.1984 den Brand in der Produktions- und Werkstatthalle seiner Ehefrau gelegt hat.</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">Die Grundsätze des Anscheins- oder Anzeichenbeweises greifen entgegen der Ansicht der Beklagten zu ihren Gunsten nicht ein. Es gibt keinen typischen Geschehensablauf und keinen allgemeinen Erfahrungssatz, daß Brandstifter oder Anstifter eines vorsätzlich gelegten Brandes bei äußerst angespannter wirtschaftlicher Lage der Eigentümer der versicherten Gegenstände oder ein Repräsentant ist. Der Beklagten obliegt insoweit vielmehr der mit Hilfe von Indizien zu führende volle Beweis (BGH VersR 1982, 689).</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">Dieser ist nicht geführt. Die für eine Brandstiftung durch den Kläger, einen angestifteten Täter oder ein Mitglied seiner Familie vorgetragenen unstreitigen und von der Beklagten unter Beweis gestellten Indizien reichen insoweit nicht aus. Sie lassen weder einzeln noch im Rahmen der gebotenen Gesamtschau und Gesamtwürdigung (vgl. BGH VersR 1982, 689) einen hinreichend sicheren Schluß auf eine Brandstiftung gerade durch den Kläger einen angestifteten Täter oder einen Repräsentanten zu, wenngleich Verdachtsmomente insoweit durchaus vorliegen.</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">Sicherlich haben der Kläger, seine Ehefrau und seine Familienangehörigen für die Brandstiftung ein Motiv, die Abwendung oder zumindest Verzögerung des gegen die Ehefrau des Klägers anhängigen Zwangsversteigerungsverfahrens sowie die Aufbesserung der sehr bedrängten finanziellen Situation der Familie mit Hilfe eines Versicherungsbetruges.</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">Es ist auch nicht ersichtlich, daß der Brand der Produktions- und Werkstatthalle der Ehefrau des Klägers sowie die Vernichtung bzw. Beschädigung der darin und in der angrenzenden großen Lagerhalle befindlichen Geräte und Maschinen für einen anderen als den Kläger und seine Ehefrau Vorteile hat.</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">Auch ist der Beklagten zuzugeben, daß es schon recht merkwürdig ist, daß die bisher nicht versicherten landwirtschaftlichen Maschinen des Klägers sowie die kaufmännische und technische Betriebseinrichtung der ehemaligen Firma ... GmbH & Co. Verpackungen KG in der Produktions- und Werkstatthalle seiner Ehefrau durch Brandstiftung betroffen werden, nachdem die Beklagte kurze Zeit zuvor insoweit vorläufige Deckungszusagen erteilt hat. Dabei kommt noch hinzu, daß der Brand zwei Tage vor Ablauf der der Ehefrau erteilten vorläufigen bis zum 21.10.1984 befristeten vorläufigen Deckungszusage gelegt worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">Auch die objektiven Umstände lassen eine Brandstiftung durch ein Mitglied der Familie des Klägers durchaus als möglich erscheinen. Der Täter ist bei der Legung des Brandes recht sorgfältig und umsichtig vorgegangen. Er hat das Feuer gleichzeitig in zwei verschiedenen Räumen, die durch feuerhemmende Türen und Brandwände voneinander getrennt waren, gelegt. In beiden Räumen war anders als in der großen Lagerhalle der Ehefrau des Klägers keine Sprinkleranlage installiert. Die Fenster und Türen der Produktionshalle waren außerdem ge- bzw. verschlossen.</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">Dies spricht allerdings nicht zwingend dafür, daß der Täter über einen Schlüssel für die Produktions- und Werkstatthalle verfügt haben muß. In der Werkstatthalle war nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen ... im Zeitpunkt des Ausbruchs des Brandes ein Fenster nicht geschlossen. Es ist nicht auszuschließen, daß der oder die Täter durch dieses Fenster in die Werkstatthalle eingestiegen und von dort in die Produktionshalle gelangt sind. Beide Hallenteile sind durch einen Zwischenbau und Türen miteinander verbunden. Hinzu kommt, daß die von dem Sachverständigen ... in der Werkstatthalle vorgefundenen Brandsätze durchaus von außen durch das vorgenannte geöffnete Fenster geworfen worden sein können. Angesichts dieser Umstände ist die unter Beweis gestellte Behauptung der Beklagten, der Inhaber der Firma ... und deren Mitarbeiter hätten über keinen Schlüssel zur Werkstatt- und Produktionshalle verfügt, nicht erheblich. Einer Vernehmung des von ihr benannten Zeugen ... bedarf es deshalb nicht.</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">Kein wesentliches Indiz für eine Legung des Brandes durch den Kläger oder seine Ehefrau oder mit ihrem Wissen ergibt sich auch aus den vom Zeugen ... bekundeten mindestens zwei Nachfragen, ob für die später durch Brand vernichteten Maschinen Versicherungsschutz bestehe. Die beiden Fragen lassen sich auch zwanglos damit erklären, daß es für jemandem, der mit dem Versicherungsrecht nicht besonders vertraut ist, ungewöhnlich erscheinen mag, daß Versicherungsschutz ohne Prämienzahlung besteht. Hinzu kommt, daß nach der Aussage des Zeugen ... nicht auszuschließen ist, daß sich einmal der Kläger und ein weiteres Mal seine Ehefrau ohne Kenntnis der Frage des anderen beim Zeugen ... nach dem Bestehen von Versicherungsschutz erkundigt haben. Jedenfalls dann sind beide Nachfragen zumindest nicht mehr derart auffällig, daß sich daraus ein Rückschluß auf eine Beteiligung des Klägers und seiner Ehefrau an der Legung des Brandes ziehen läßt.</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">Gegen eine Brandstiftung durch den Kläger selbst oder seinen Sohn sprechen überdies die Bekundungen der Zeugen ... und ... gegenüber der Polizei sowie die Auswertung der Diagrammscheibe des Fahrtenschreibers des Lkw durch die Firma .... Aufgrund der entsprechenden Aussagen der Zeugen ... und ... steht unter Berücksichtigung der Diagrammscheibenauswertung zur Überzeugung des Senats fest, daß sich der Kläger und sein Sohn am 18.10.1984 bis kurz vor 24.00 Uhr in ..., etwa 130 km vom späteren Brandort entfernt, aufgehalten haben und daß sie gegen 6.00 Uhr morgens gemeinsam beim Zeugen ... in ... bei ... in ... erschienen sind. Beide scheiden deshalb für die Legung des kurz vor 2.30 Uhr ausgebrochenen Brandes aus, wenn sie sich nach dem Verlassen des Zeugen ... nicht getrennt haben und gemeinsam weitergefahren sind. Davon ist der Senat aufgrund der entsprechenden Aussage des Zeugen ... überzeugt. Zwar hat dieser als Sohn des Klägers ein erhebliches Interesse am Ausgang des Rechtsstreits. Der Senat hat nach dem gezeigten Aussageverhalten jedoch keinen Anlaß zu der Annahme, daß er sich davon hat leiten lassen und eine vorsätzlich falsche Aussage gemacht hat. Der Senat trägt deshalb keine Bedenken, seinen Bekundungen zu folgen.</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">Kein Verdachtsmoment gegen den Kläger und seine Ehefrau ergibt sich entgegen der Ansicht der Beklagten auch aus der Tatsache, daß sie beide jeweils nur eine Feuerversicherung gewünscht haben. Insoweit hat der Kläger, wie bereits das Landgericht in vollem Umfang zutreffend ausgeführt hat, nachvollziehbar darauf verwiesen, daß Sturmschäden an Einrichtungsgegenständen sehr selten und die Prämie für eine Sturmversicherung relativ hoch sei. Im übrigen bezieht sich die von der Beklagten erteilte Deckungszusage vom 6.9.1984, was die landwirtschaftlichen Gebäude des Klägers angeht, auch auf Sturmschäden.</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">Die vorstehend aufgeführten sowie alle anderen relevanten Umstände des Falles, auch soweit sie von den Parteien angesprochen worden sind, lassen weder einzeln noch im Rahmen der gebotenen Gesamtschau und Gesamtwürdigung (BGH VersR 1982, 689) mit hinreichender Sicherheit den Schluß zu, daß der Kläger, seine Ehefrau, ein Repräsentant oder ein von ihm angestifteter Täter den Brand vom 19.10.1984 vorsätzlich gelegt hat. Das gilt auch unter Berücksichtigung der Tatsache, daß die Ehefrau des Klägers und seine Tochter kein unerschütterliches Alibi hatten. Sie erlauben lediglich die Feststellung, daß mehr für eine Brandstiftung durch ein Mitglied der Familie des Klägers oder auf dessen Veranlassung spricht als für eine Legung des Brandes durch einen Dritten ohne sein Zutun. Letzteres ist jedoch keineswegs mit der erforderlichen Sicherheit auszuschließen. Es ist vielmehr durchaus denkbar, daß der Brand von einem Dritten ohne jede Beteiligung des Klägers, seiner Ehefrau oder eines anderen Familienmitglieds gelegt worden ist. In Betracht kommt insoweit sowohl eine Brandstiftung durch persönliche Feinde des Klägers oder seiner Ehefrau aus Rache als auch durch Gläubiger, um die Chancen der Befriedigung ihrer Forderungen zu verbessern.</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">Eine Legung des Brandes durch den Kläger, seine Ehefrau, einen Repräsentanten oder einen angestifteten Dritten läßt sich daher nach alledem auch bei der gebotenen Gesamtschau aller relevanten Umstände des Falles nicht mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewißheit (vgl. BGH NJW 1978, 1919 f.) feststellen. Dies geht zu Lasten der Beklagten, die die Voraussetzungen der §§61 VVG, 16 AFB zu beweisen hat.</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks"><b>III.</b></p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">Die Berufung der Beklagten konnte daher nach alledem keinen Erfolg haben und war mit der Kostenfolge aus §97 Abs. 1 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §708 Nr. 10, 711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">Die Beschwer der Beklagten beträgt 100.000,- DM.</p>
|
315,528 | olgham-1986-09-17-20-w-4686 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
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} | 20 W 46/86 | "1986-09-17T00:00:00" | "2019-03-13T14:58:10" | "2019-03-27T09:42:53" | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1986:0917.20W46.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beschwerde wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Kosten der Beschwerde trägt der Antragsteller nach einem Beschwerdewert von 2.400,- DM.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die nach §127 Abs. II S. 2 ZPO zulässige Beschwerde gegen den Beschluß, mit dem das Landgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussicht der beabsichtigten Klage zurückgewiesen hat, ist unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Dem Antragsteller steht ein fälliger Zahlungsanspruch gegen die Antragsgegnerin aus der Bootskaskoversicherung noch nicht zu. Nach Ziffer 7.2 der unstreitig vereinbarten Allgemeinen Bedingungen für die Kasko-Versicherung von Wassersportfahrzeugen (AVB Wassersportfahrzeuge 1976) kann der Versicherer die Zahlung der Entschädigung bis zum Abschluß einer aus Anlaß des Versicherungsfalls gegen den Versicherungsnehmer eingeleiteten behördlichen Untersuchung verweigern.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Diese Regelung entspricht der Regelung in vergleichbaren Sparten der Sachversicherung, z.B. in §17 Abs. 2 b AFB.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Danach ist die Entschädigung nicht fällig, solange beispielsweise noch polizeiliche oder staatsanwaltschaftliche Ermittlungen gegen den Versicherungsnehmer geführt werden, etwa wegen des Verdachts des Betruges.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Solche Ermittlungen werden hier aber noch gegen den Antragsteller geführt. Seine Behauptung, das Ermittlungsverfahren sei inzwischen eingestellt, trifft nicht zu. Das von ihm mitgeteilte Aktenzeichen ... bezieht sich, wie schon das Landgericht in seiner Nichtabhilfeentscheidung vom 27. Mai 1986 ausgeführt hat, auf ein anderes, mit dem Versicherungsfall nicht in Zusammenhang stehendes Ermittlungsverfahren. Die Ermittlungen im Zusammenhang mit dem streitigen Versicherungsfall werden unter dem Aktenzeichen ... geführt und sind, wie der Senat nach Beiziehung der Akten festgestellt hat, noch nicht abgeschlossen, sondern - nach Übernahme von der Staatsanwaltschaft ... - im Juli 1986 von der jetzt zuständigen Staatsanwaltschaft erst aufgenommen worden.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Dem Antragsteller steht auch kein fälliger Anspruch auf Zahlung eines Abschlags auf die Gesamtentschädigung zu. Denn vor rechtskräftigem Abschluß der behördlichen Ermittlungen im Sinne von Ziff. 7.2 AVB Wassersport 1976 werden ebenso wie im Falle des §17 Abs. 2 b AFB auch Abschlagszahlungen nicht fällig (vgl. Prölss-Martin, VVG, 23. Aufl. 1984, §17 AFB Anm. 2). Die gemäß §15 a VVG grundsätzlich nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abdingbare Bestimmung des §11 Abs. 2 VVG steht dem nicht entgegen. Denn §11 Abs. 2 VVG setzt die Feststellung eines Entschädigungsbetrages voraus, der "mindestens zu zahlen" ist. Ein solcher Mindestbetrag ist jedoch nicht feststellbar, solange die Möglichkeit besteht, daß die behördlichen (staatsanwaltschaftlichen) Ermittlungen zur Feststellung eines Sachverhalts führen, der die völlige Leistungsfreiheit des Versichers begründet.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde muß daher mit der gesetzlichen Kostenfolge aus §49 GKG in Verbindung mit Nr. 1181 des Kostenverzeichnisses erfolglos bleiben. Der hierfür festzusetzende Beschwerdewert entspricht den überschlägig ermittelten Kosten, die der Antragsteller bei Durchführung des Rechtsstreits auf eigene Kosten aufzuwenden hätte.</p>
|
315,529 | ag-koln-1986-09-17-315-f-10685 | {
"id": 686,
"name": "Amtsgericht Köln",
"slug": "ag-koln",
"city": 446,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 315 F 106/85 | "1986-09-17T00:00:00" | "2019-03-13T14:58:11" | "2019-03-27T09:42:53" | Urteil | ECLI:DE:AGK:1986:0917.315F106.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>1.) Die am 19.1.1973 vor dem Standesbeamten in Longerich Heir.Reg.Nr.4/1973 geschlossene Ehe der Parteien wird geschieden.</p>
<p>2.) Von dem Konto Nr. 00000000 X 000 des Antragstellers bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte werden auf das Konto Nr. 00000000 Y 000 der Antragsgegnerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 125,64 DM, bezogen auf den 31.5.1985, übertragen.</p>
<p>III. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bezüglich des Unterhalts und die Klage der Antragsgegnerin auf nachehelichen Unterhalt werden kostenpflichtig zurückgewiesen.</p>
<p>Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin darf die Zwangsvollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 2.000,--DM abwenden, wenn nicht der Antragsteller zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p>
<p>IV. Im übrigen werden die Kosten gegeneinander aufgehoben.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"> J.Scheidung:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Tatbestand und Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die kinderlos gebliebene Ehe der deutschen Parteien <em>war</em></p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">auf Antrag des Antragstellers gemäß §§ 1565 Abs.l, 1566 Abs.2 BGB zu scheiden:</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Wie die gerichtliche Anhörung der Parteien ergeben hat, leben diese seit Mai 1982, also länger als drei Jahre getrennt, so daß das Scheitern der Ehe unwiderlegbar zu vermuten ist.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">II.Versorgungsausgleich:</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Tatbestand:</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Parteien haben am 19.1.1973 geheiratet.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Scheidungsantrag ist am 20.6.1985 zugestellt worden.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Antragsteller ist am 29.4.1941, die Antragsgegnerin</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">ist am 26.4.1948 geboren. Während der gemäß § 1587 Abs.2</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">BGB maßgeblichen Ehezeit vom 1.1.1973 bis 31.5.1985 haben</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">die Parteien nach den eingeholten Auskünften folgende nach</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">     1587 a Abs.2 BGB zu bewertende Versorgungsanwartschaften</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">erworben:</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der Antragsteller:</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Renten‑</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">anwartschaften in Höhe von monatlich 675,20 DM.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Antragsgegnerin:</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 369,30 DM,</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">bei der Firma C. Anwartschaften auf eine unverfallbare</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">zeitlich nicht begrenzte, noch nicht laufende, nicht voll‑</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks"><img height="20" width="16" src="315_F_106_85_Urteil_19860917_0.png" alt="Die Entscheidung enthält an dieser Stelle ein Bild oder eine Grafik." />dynamische Arbeitgeberrente für Alter und Invalidität,</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">die zu einer Jahresrente bei Errechnung des 65. Lebensjahres</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">in Höhe von</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">398,04 DM</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">+4867,32 DM</span></p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">5.265,36 DM führen werden.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Wegen des Inhaltes der Auskünfte im einzelnen wird auf die Akten Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Anhaltspunkte für Unvollsträndigkeiten oder Unrichtigkeiten der Auskünfte sind nicht ersichtlich.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Zwischen den Parteien ist der Versorgungsausgleich gemäß §§ 1587 ff BGB durchzuführen.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Von den im öffentlich-rechtlichen Wertausgleich zu berück-</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">sichtigenden Anwartschaften steht der Antragsgegnerin die Hälfte des Wertunterschiedes zu (S 1587 a Abs.1 8.2. <em>4GB).</em></p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Ausgleichspflichtig ist der Ehegatte mit den werthöheren Anwartschaften. Die zu dynamisierende Anwartschaft auf eine unverfallbare Betriebsrente ist nur auf Seiten des berechtigten Ehegatten in den Wertausgleich einzubeziehen.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Zur Dynamisierung der statischen Anwartschaft von 5.265,36 DM ist der Barwert nach Maßgabe der Barwertverordnung vom 24.6.1977 (BGBl. I.S.1014) zu errechnen und der gerundete Barwert in eine Anwartschaft der gesetzlichen Rentenversicherung nach Maßgabe der Bekanntmachung der Rechengrößen für 1983 zur Durchführung des Versorgungsausgleichs in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 17.12.1982 (BAnz. Nr.239) umzurechnen. Dies ergibt eine Anwartschaft von:</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Statischer Monatsbetrag 438,78 x 12= 5265,36 Jahresbetrag, x 2 Faktor der Tabelle 1 der Barwertverordnung bei einem Lebensalter von 37 vollen Jahren= 10530,72 gerundeter Barwert; x 0,01606222 x 0,32288750 (Faktoren der Tabelle 5 und 2 der a.a. Bekanntmachung bezogen auf das Ende der Ehezeit 31.5.1985) = 54,61 dynamisierte Rentenanwartschaft.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Gemäß § 1587 b Abs.l BGB in Verbindung mit § 1304 a RVO/ § 83 a AVG ist die Hälfte des Wertunterschiedes der beiderseitigen in der gesetzlichen Rentenversicherung erworbenen Anwartschaften einschließlich der sonstigen Anwartschaften des berechtigten Ehegatten zu übertragen.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Die Anwartschaft des verpflichteten Ehegatten in der gesetz‑</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">lichen Rentenversicherung beträgt:              675,20 DMDie Anwartschaften des berechtigten</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Ehegatten betragen:</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">in der gesetzlichen Rentenversicherung 369,30 DM</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">auf die dynamisierte Anwartschaft:s.o. + 54 61 DM</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">423, 1 DM <span style="text-decoration:underline">-423,91 DM</span></p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Differenz:              251,29 DM</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">geteilt durch 2(Splittingsbetrag)              <span style="text-decoration:underline">=125<sub>,</sub>64 DM</span></p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">III. Unterhalt:</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Tatbestand:</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Die Parteien leben seit dem 1.5.1982 getrennt.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Der Ehemann ist damals aus der Ehewohnung ausgezogen.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Bei der Antragsgegnerin lebt noch deren vorehelicher Sohn</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Mirco, der nicht vom Antragsteller stammt.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Am 4.5.1982 haben die Parteien eine privatschriftliche Ver‑</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">einbarung geschlossen, unter deren Ziffer 1) es heißt:</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">"Ein monatlicher Unterhalt für meine Ehefrau von 500,--DM</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">bis zu einer eventuellen Scheidung.Ein endgültiger <em>Ab‑</em></p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks"><em>schluß</em> der Eheangelegenheit sollte jedoch nach 1 Jahr getätigt</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">werden (auf B1.11 des UE-Verfahrens wird insoweit Bezug</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">genommen).</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Der Antragsteller hat bis einschließlich April 1986 an die</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Antragsgegnerin monatlich 500,--DM gezahlt, wobei er meint, dies</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">freiwillig insbesondere im Hinblick auf das Kind Mirco, an</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks"><em>dem</em> er hänge, getan zu haben.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Nach den vorgelegten Verdienstbescheinigungen hat die Antrags‑</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">gegnerin ein monatliches durchschnittliches Nettoeinkommen</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">von 2157,--DM (vgl. 81.9 des UE-Verfahrens); der Antragsteller</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">ein solches von 2.979,47 DM (vgl. 81.32,33 der Scheidungsakte).</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Die Antragsgegnerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks"><strong>1.)</strong>            den Antragsgegner zu verurteilen, an die Antragstellerin zum 22.eines jeden Monats , beginnend mit dem 22.5.1986, für die Zeit bis zur rechtskräftigen Scheidung monatlich 500,--DM Unterhalt zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks"><strong>2.)</strong>            den Antragegegner zu verurteilen, an die Antragetellerin zum l.eines jeden Monats, beginnend nach dem Monatsersten, der der rechtskräftigen Scheidung folgt, einen monatlichen Unterhalt von 500,--DM zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">Der Antragsteller beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">die jeweiligen Anträge zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">Wegen weiterer Einzelheiten, insbesondere wegen der jeweils geltend gemachten Abzüge und Belastungen wird auf die Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">Sowohl der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">bezüglich Unterhalts (§ 620 Ziffer 6 ZPO) als auch die Klage auf nachehelichen Unterhalt sind nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Ein vertraglicher Anspruch scheidet nach Auffassung des</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">Gerichts aus. Der Vereinbarung der Parteien vom 4.5.1982 kann nicht entnommen werden, daß der Antragsteller sich unbe‑</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">grenzt einer Unterhaltspflicht von 500,--DM unterwerfen wollte (vgl. Bl. 11 der Akte UE). Vielmehr gingen die Parteien davon aus, daß ein Scheidungsverfahren bereits anhängig war und in ca. 1 Jahr abgeschlossen sein würde (vgl. auch B1.20 der Scheidungsakte).</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">Auch nach §§ 1361 bzw.1569 ff BGB bestehen keine Unterhaltsansprüche.</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">Die Antragsgegnerin hat insoweit ihre Bedürftigkeit nicht dargetan.Nach ihrer eigenen Einlassung hat sie ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von 2.157,--DM.</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">Zieht man hiervon die -für eine Person viel zu hohe- Miete von 900,-- DM feste Kosten von 200 DM und Darlehnsrückzahlung an die Eltern in Höhe von 250,--DM ab (vgl. Bl.8 der UE-Akte), so verbleiben immer noch 807,--DM.</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">Dies ist ein Betrag, von dem z.B.Studenten den <span style="text-decoration:underline">gesamten</span> Lebens‑bedarf zu bestreiten haben.</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">Die Antragsgegnerin hat in keiner Weise dargetan, inwieweit sie mit diesem Betrag nicht auskommen kann. Das nichteheliche Kind Mirco muß insoweit dem Antragsteller gegenüber außer Betracht bleiben.</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">Selbst wenn die Antragsgegnerin insoweit ihre Bedürftigkeit dargetan hätte, ist zumindest für den nachehelichen Unterhalt eine Anspruchsgrundlage nicht erkennbar.</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">Die Voraussetzungen für einen Unterhaltsanspruch wegen Krankheit (§ 1572 BGB) sind nicht substantiiert und schlüssig dargetan. Die diesbezüglichen Äußerungen auf B1.20 der UE-Akte bewegen sich nach Auffassung des Gerichts im Bereich der anwaltlichen Polemik.</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">In Betacht käme allenfalls ein Anspruch auf "Aufstockungsunterhalt" nach § 1573 Abs.2 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">Voraussetzung ist auch hier nach dem Gesetz, daß die "eigenen Einkünfte.... zum vollen Unterhalt" nicht ausreichen.</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">Die'J'ist nicht dargetan.</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">Ferner sind im Rahmen des § 1573 Abs.2 BGB die Gesamtumstände</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">zu berücksichtigen.</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">Entscheidend ist hierbei auch das Einkommengefälle.</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">Wenn dies wie im vorliegenden Fall bei:</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">              bereinigtes Einkommen Ehemann:              2545,50 DM</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">              Ehefrau:              <span style="text-decoration:underline">2157,2— DM</span></p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">388,50 DM</span></p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">liegt, erscheint die Zusprechung eines Aufstockungsunterhalts kaum angemessen.</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">Zumindest sind erhöhte Anforderungen an die Darlegung der Bedürftigkeit zu stellen.</p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">IV. Die Nebenentscheidungen folgen aus § 91,93 s <sub>2</sub>708 Nr.11, 711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">Streitwerte:</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">Scheidung: 15.408,--DM</p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">VA: 1.507,68 DM EA UE: 3.000,--DM JE: 6.000,--DM</p>
|
315,530 | lg-dortmund-1986-09-10-6-o-49683 | {
"id": 806,
"name": "Landgericht Dortmund",
"slug": "lg-dortmund",
"city": 407,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 6 O 496/83 | "1986-09-10T00:00:00" | "2019-03-13T14:58:13" | "2019-03-27T09:42:53" | Urteil | ECLI:DE:LGDO:1986:0910.6O496.83.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger</p>
<p>31.078,76 DM (i. W. ; einunddreißiqtausendacht-</p>
<p>undsiebzig 76/100 Deutsche Mark) nebst 8,5 %</p>
<p>Zinsen seit dem 13.Mai 1984 zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits werden dem</p>
<p>Beklagten auferlegt.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung</p>
<p>in Höhe von 41.600.--DM vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>T a t best a n d :</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Kläger haben mit notariellem Kaufvertrag vom 26.11.1982</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">dem Beklagten ihr bebautes Grundstück in D,</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">S-kamp zum Kaufpreis von 31o.ooo,--DM verkauft. Der</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Kaufpreis sollte bis zum 15.1.1983 auf das Notaranderkonto</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">gezahlt werden; mit dieser Summe sollten noch bestehende</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Grundpfandrechte abgelöst werden. Die Übergabe des Objekts</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">erfolgte schon zum 15.12.1982. Der Beklagte begann auch</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">schon, Umbaumaßnahmen vorzubereiten.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte konnte den Kaufpreis nicht zahlen, da er</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">vermögenslos war und auch ein Versuch, durch Fälschungen von</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Banken Geld zu bekommen, fehl schlug. Im Strafverfahren 67 Ls</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">50 Js 324/83 STA Dortmund ist er wegen seines Verhaltens</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">gegenüber den Banken zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1o</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Monaten auf Bewährung verurteilt worden.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte ist nicht als Eigentümer in das Grundbuch</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">eingetragen worden.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 31.1.1983 haben die Kläger durch ihre</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">damaligen Bevollmächtigten den Vertrag wegen arglistiger</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Täuschung angefochten. Sie machen in der vorliegenden Klage</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">folgende Schadenspositionen geltend:</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">20.ooo,--DM verlangen sie mit der Behauptung, sie hätten das</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Objekt an andere Interessenten ebenfalls für 310.ooo,--DM</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">verkaufen können; später hätten sie lediglich trotz aller</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Bemühungen einen Kaufpreis von 290.ooo,--DM erzielt. Auch</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">wegen der zwischenzeitlich von dem Beklagten an dem Gebäude</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">vorgenommenen Änderungen sei ihnen ein Schaden von 20.000,--</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">DM entstanden.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">8.617,62 DM verlangen sie als Zinsschaden aus dem Gesichts-</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">punkt, daß die Kaufpreissumme nicht am 15.1.1983 einging,</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">sondern der Nachfolgekäufer den Kaufpreis in Höhe von</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">290.ooo,--DM erst am 15.6.1983 zahlte und die Grundpfand-</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">rechte demgemäß erst später abgelöst worden konnten.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">2.461,14 DM machen sie als Schadensersatz aus dem Gesichts-</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">punkt geltend, daß sie selbst in dem Vertrauen darauf, daß</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">der Beklagte den Kaufpreis rechtzeitig zahlen werde, ein</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">anderes Kaufobjekt für 145.ooo,--DM erworben hatten und</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">infolge der Nichtzahlung des Kaufpreises die nach Ablösung</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">der Grundpfandrechte überschüssige Summe von 37.313,28 DM</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">vom 1.3.1983 bis zum 18.9.1983 zwischenfinanzieren mußten.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Die Kläger beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">den Beklagten zu verurteilen, an sie als</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Gesamtgläubiger 31.078,76 DM nebst 8,5 % Zinsen</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">seit dem 13.Mai 1984 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Er bestreitet den eingetretenen Schaden der Höhe nach nicht,</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">sondern behauptet nur, er habe die Kläger bei Abschluß des</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Vertrages nicht arglistig getäuscht; er sei vielmehr gewillt</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">gewesen, den Betrag finanzieren zu lassen und habe darauf</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">vertraut, daß seine zukünftige Ehefrau mitunterschreiben</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">werde. Er bestreitet den geltend gemachten Zinsanspruch.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Wegen des Parteivorbringens im einzelnen wird auf die</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">vorbereitenden Schriftsätze sowie die dazu überreichten</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Anlagen Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe:</u></p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist in vollem Umfang begründet.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Die Klageforderung steht den Klägern als Schadensersatz-</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">anspruch aus culpa in contrahendo bzw. gemäß § 823 Abs. II BGB</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">in Verbindung mit § 263 StGB oder aber gemäß § 326 BGB als</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu.</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Nach dem Vorbringen der Kläger hat der Beklagte in Kenntnis</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">seiner Zahlungsunfähigkeit die Kaufpreisverpflichtung unter</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Täuschung der Kläger übernommen und damit sowohl eine</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">vorvertragliche Pflicht verletzt als auch ihnen gegenüber</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">einen Betrug im Sinne des § 263 StGB, begangen.</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Nach diesen Vorschriften hat der Beklagte den Klägern das</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">negative Interesse zu ersetzen, d.h. er muß sie so stellen,</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">als wenn sie den Kaufvertrag mit ihm nicht abgeschlossen</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">hätten. Daß die Kläger in diesem Falle ebenfalls einen</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Kaufinteressenten zu den gleichen Bedingungen zu dem gleichen</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">Kaufpreis gehabt hätten, hat der Beklagte nicht bestritten,</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">ebenso wenig wie die Tatsache, daß die Kläger das Haus später</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">nur für 290.000,--DM verkaufen konnten und ihnen dieser</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">Kaufpreis erst am 15.6.1983 zur Verfügung stand. Den</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">Differenzbetrag in Höhe von 20.000,--DM bezüglich des</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">letztlich erzielten Kaufpreises können die Kläger als</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Schadensersatz verlangen, ebenso wie den Zinsschaden, der</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">ihnen dadurch entstanden ist, daß sie nicht mit dem zahlungs-</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">fähigen Dritten den Kaufvertrag abgeschlossen haben und ihnen</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">ebenfalls am 15.1.1983 der Kaufpreis in Höhe von 310.000,--DM</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">zur Ablösung ihrer Grundpfandrechte und zur teilweisen</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">Verwendung zur Finanzierung ihres im Hinblick auf den Verkauf</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">neu erworbenen Eigenheims zur Verfügung stand. Wegen der Höhe</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">des Zinsanspruches im einzelnen, der von den Klägern durch</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">Abrechnungsschreiben nachgewiesen worden ist, wird auf die</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">ausführlichen Darlegungen in dem Beschluß vom 16.Mai 1986</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">unter Ziffer 2.) und 3.) Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">Das Vorbringen des Beklagten, er habe die Kläger nicht über</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">seine Zahlungswilligkeit und Zahlungsfähigkeit arglistig</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">getäuscht, da er auf eine Finanzierung durch die Banken und</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">die Mithaftung seiner künftigen Ehefrau vertraut habe, ist</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">nicht geeignet, den Schadensersatzanspruch der Kläger zu Fall</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">zu bringen. Am 15.1.1983 befand sich der Beklagte in Verzug</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">mit der Zahlung des Kaufpreises; eine Nachfristsetzung mit</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">Ablehnungsandrohung war in diesem Fall entbehrlich, da die</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">Zahlungsunfähigkeit des Beklagten zu diesem Zeitpunkt</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">feststand. In diesem Fall hätten die Kläger gegen den</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">Beklagten einen Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichter-</p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">füllung gem. § 326 BGB, der zumindest den mit der Klage</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">zugesprochenen Schaden abdeckt.</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">Der zugesprochene Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288</p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">Abs.II BGB.</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks">Die Kläger haben insoweit nachgewiesen, daß sie zur Finan-</p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks">zierung ihres neuen Eigenheims Kreditmittel in Anspruch</p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks">nehmen, die die Klageforderung übersteigen. Die Kammer</p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">schätzt den Zinssatz gem. § 287 ZPO auf 8,5 %.</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.</p>
|
315,531 | lg-dusseldorf-1986-09-09-4-o-32079 | {
"id": 808,
"name": "Landgericht Düsseldorf",
"slug": "lg-dusseldorf",
"city": 413,
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"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 4 O 320/79 | "1986-09-09T00:00:00" | "2019-03-13T14:58:14" | "2019-03-27T09:42:53" | Schlussurteil | ECLI:DE:LGD:1986:0909.4O320.79.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der Rechtsstreit ist insoweit in der Hauptsache erledigt, als der Kläger beantragt hat, die Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung von Ordnungsmitteln zu unterlassen,</p>
<p> 1.</p>
<p>1.</p>
<p>ein Verfahren zur fortlaufenden Herstellung von auf beiden Seiten mit einer dünnen, biegsamen Folie kaschierten Platten aus Polyurethan-Hartschaum, bei dem die Reaktionskomponenten nach ihrer Vereinigung auf eine der sich mit einer der Reaktionsgeschwindigkeit entsprechenden Geschwindigkeit fortbewegenden Folien aufgebracht und aufgeschäumt werden, die Ränder der kaschierten Bahn beschnitten werden und die Bahn auf Länge geschnitten wird,</p>
<p>in Verkehr zu bringen, feilzuhalten oder zu gebrauchen,</p>
<p>bei dem</p>
<p>a)</p>
<p>die Ränder der unabhängig von der oberen, breiteren Folie seitlich frei bewegbaren unteren, schmaleren Folie vor dem Aufbringen der vereinigten Reaktionskomponenten mit je einem schmalen Randstreifen unterlegt werden, die Randstreifen hochgefaltet werden uns beide Folien mit den Randstreifen während des Aufschäumens seitlich frei beweglich und überflüssigen Schaumstoff seitlich zwischen den Randstreifen und der oberen Folie frei entweichen lassend geführt werden,</p>
<p>oder</p>
<p>b)</p>
<p>die unabhängig von der oberen Folie seitlich frei bewegbare untere Folie seitlich hochgefaltete Randstreifen aufweist und im waagerechten Bereich schmaler ist als die obere Folie und beide Folien während des Aufschäumens seitlich frei beweglich und überflüssigen Schaumstoff seitlich zwischen dem hochgefalteten Randstreifen und der oberen Folie frei entweichen lassend geführt werden;</p>
<p></p>
<p>2.</p>
<p>zur Durchführung des zu I. 1. bezeichneten Verfahrens geeignete Vorrichtungen mit zwei einander gegenüber angeordneten Förderbändern, deren einander zugekehrte, durch Platten abgestützte Abschnitte den Raum begrenzen, innerhalb dessen der Hartschaum aufgeschäumt wird,</p>
<p>feilzuhalten oder in den Verkehr zu bringen,</p>
<p>bei denen über den Rändern des unteren Förderbandes und im Abstand vom oberen Förderband Stollen derart angeordnet sind, daß die obere Folie im Abstand von den Stollen nach außen geführt werden kann, bei Anwendung des zu I. 1. a) bezeichneten Verfahrens die Stollen sich im Abstand von den Rändern der unteren Folie befinden und an dem Stollen die Randstreifen hochgefaltet werden können und bei Anwendung des zu I. 1. b) bezeichneten Verfahrens die Stollen sich im Abstand von dem waagerechten Abschnitt der unteren Folie befinden und an dem Stollen die Randstreifen der unteren Folie hochgefaltet werden können,</p>
<p></p>
<p>ohne ihre Abnehmer zu verpflichten, mit diesen Vorrichtungen das zu I. 1. bezeichnete Verfahren nicht auszuüben,</p>
<p>oder derartige Vorrichtungen zur Ausübung des zu I. 1. bezeichneten Verfahrens zu gebrauchen.</p>
<p></p>
<p>II.</p>
<p>Im übrigen wird die Klage, soweit über sie nicht durch Teilurteil der Kammer vom 11. November 1982 erkannt worden ist, abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>III.</p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.</p>
<p></p>
<p>IV.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="h2 absatzLinks">T a t b e s t a n d</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger war Inhaber des deutschen Patents X, das auf einer Anmeldung vom 22. Juli 1965 beruhte und im Verlaufe des Rechtsstreits durch Zeitablauf erloschen ist. Das Klagepatent betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur fortlaufenden Herstellung von kaschierten Platten aus Polyurethan-Hartschaum. Der Kläger hat die Beklagten aus diesem Patent zunächst auf Unterlassung, Rechnungslegung und Schadensersatz in Anspruch genommen. Er begehrt nunmehr die Feststellung, daß sein Unterlassungsbegehren durch Ablauf der Schutzdauer des Klagepatents in der Hauptsache erledigt ist, die Verurteilung der Beklagten zur Rechnungslegung und die Feststellung ihrer Verpflichtung, ihm allen durch die geltend gemachte Patentverletzung entstandenen Schaden zu ersetzen. Dabei streiten die Parteien im wesentlichen um die Wirksamkeit eines zwischen ihnen am 9. April 1968 geschlossenen Vergleichs, in dem unter anderem der Kläger den Beklagten eine nicht ausschließliche Freilizenz mit dem Recht zur Vergabe von Unterlizenzen am Klagepatent erteilte, ferner um die Frage, ob die Beklagten das erfindungsgemäße Verfahren benutzt haben sowie um die Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Umfange den Beklagten an dem erfindungsgemäßen Verfahren und/oder der erfindungsgemäßen Vorrichtung ein privates Vorbenutzungsrecht zusteht. Die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche 1 und 2 des Klagepatents lauten wie folgt:</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">"1.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Verfahren zur fortlaufenden Herstellung von auf beiden Seiten mit einer dünnen, biegsamen Folie kaschierten Platten aus Polyurethan-Hartschaum, bei dem die Reaktionskomponenten nach ihrer Vereinigung auf eine der sich mit einer der Reaktionsgeschwindigkeit entsprechenden Geschwindigkeit fortbewegenden Folien aufgebracht und aufgeschäumt werden, die Ränder der kaschierten Bahn geschnitten werden und die Bahn auf Länge geschnitten wird, dadurch gekennzeichnet, daß die Ränder der unabhängig von der oberen, breiteren Folie seitlich frei bewegbaren, unteren schmaleren Folie vor dem Aufbringen der vereinigten Reaktionskomponenten mit je einem schmalen Randstreifen unterlegt werden, die Randstreifen hochgefaltet werden und beide Folien mit den Randstreifen während des Aufschäumens seitlich frei beweglich und überflüssigen Schaumstoff seitlich zwischen den Randstreifen und der oberen Folie frei entweichen lassend geführt werden.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1 mit zwei einander gegenüber angeordneten Förderbändern, deren einander zugekehrte, durch Platten abgestützte Abschnitte den Raum begrenzen, innerhalb dessen der Hartschaum aufgeschäumt wird, dadurch gekennzeichnet, daß im Abstand von den Rändern der unteren Folie (19) über den Rändern des unteren Förderbandes (12) und im Abstand von der oberen Folie (21) Stollen (28) angeordnet sind, an welchen die Randstreifen (24, 25) hochgefaltet sind."</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Dem gegenwärtigen Rechtsstreit gingen bereits mehrere Auseinandersetzungen zwischen den Parteien oder zwischen dem Kläger und einer der beiden Beklagten voraus. Die Beklagte zu 2. stellt unter anderem Anlagen zur fortlaufenden Herstellung von harten Schaumstoffplatten und -bahnen auf Polyurethan-Basis her. Die Beklagte zu 1. liefert Rohstoffe zur Herstellung dieser Platten. Seit Mitte 1968 ist die Beklagte zu 1. alleinige Gesellschafterin der Beklagten zu 2. Schon in den Jahren davor arbeiteten die Beklagten jedoch eng zusammen. Anfang des Jahres 1967 kam es zu gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2., weil der Kläger die Beklagte zu 2. sowie Abnehmer der Beklagten zu 2. aus dem Gebrauchsmuster X verwarnt hatte. Die Ansprüche 1 - 5 dieses wie das Klagepatent am 22. Juli 1965 angemeldeten Gebrauchsmusters lauteten wie folgt:</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">"1.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Vorrichtung zur fortlaufenden Herstellung von auf beiden Seiten mit einer dünnen, biegsamen Folie kaschierten Platten aus PU-Hartschaum zwischen zwei einander gegenüber angeordneten Förderbändern, deren einander zugekehrte, durch Platten abgestützte Abschnitte den Raum begrenzen , innerhalb dessen der Hartschaum aufgeschäumt wird, dadurch gekennzeichnet, daß auf den zwei Rändern des unteren Förderbandes (12) je ein schmaler Streifen (24, 25) aufliegt und die" untere Folie (19) mit ihren Rändern auf den schmalen Streifen aufliegt, daß beide Folien (19, 21) und die Randstreifen zwischen zwei an beiden Seiten mit der unteren Stützplatte (16) fest verbundenen Stollen,(28) während des Aufschäumens frei beweglich und zwischen den Stollen und dem oberen Förderband (13) ausweichbar geführt sind, daß die Ränder der kaschierten Bahn geschnitten sind und die Bahn in an sich bekannter Weise auf Länge geschnitten ist.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß zwischen den Stollen (28) und dem oberen Förderband (13) ein schmaler Spalt freigelassen ist.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">3.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Vorrichtung nach Anspruch 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, daß die untere Folie (19)zwischen den Stollen (28) mit Spiel angeordnet ist.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">4.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Vorrichtung nach Anspruch 1 - 3 dadurch gekennzeichnet, daß die obere Folie (21) breiter als die untere Folie (19) ist.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">5.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Vorrichtung nach Anspruch 1-4, dadurch gekennzeichnet, daß die Stollen (28) zur Einstellung verschiedener Plattenbreiten verschiebbar und zur Einstellung verschiedener Plattenhöhen auswechselbar angeordnet sind."</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 30. Januar 1967 (Anlage W 11), von dem er Abnehmern der Beklagten zu 2. Kopien zuleitete, bezichtigte der Kläger die Beklagte zu 2., sie habe eine in seinem Werk besichtigte Plattenbandanlage nachgebaut. In dem Schreiben heißt es weiter:</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">"Da Ihre Maschinen alle wesentlichen Merkmale, worauf es ankommt, nämlich</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">seitlich starre oder mit laufende Begrenzungen, die einen Spalt zu den Druckplatten haben,</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">starre Seitenbegrenzungen, die auswechselbar und verschiebbar sind, zur Herstellung von Platten in verschiedenen Dicken und Breiten,</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">aufweisen, verwarnen wir Sie heute letztmalig, keine Maschinen mehr zu bauen oder anzubieten, die die vorgenannten Merkmale besitzen."</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">In einem bei der Kammer unter dem Aktenzeichen 4 Q 14/67 anhängig gemachten Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung sowie in dem gleichzeitig anhängig gemachten Hauptsacheverfahren - 4 0 -14/67 - machte die Beklagte zu 2. u.a. geltend, die von ihr hergestellte und vertriebene Maschine mache von den Merkmalen der Ansprüche 1 und 4 des Gebrauchsmusters keinen Gebrauch, da ein Spalt im Sinne des Schutzrechts nicht vorhanden sei. Außerdem stehe ihr ein privates Vorbenutzungsrecht zu. Mit Urteil vom 30. März 1967 (Anlage W 15) untersagte die Kammer dem Kläger die Abnehmerverwarnung mit der Begründung, der Beklagte zu 2. habe glaubhaft gemacht, daß die von ihr hergestellten und vertriebenen Vorrichtungen von den nur in Kombination vom Kläger als schutzfähig beanspruchten Merkmalen der Ansprüche 1 und 4 des Gebrauchsmusters keinen Gebrauch machten. Die Beklagte zu 2. stelle, wie sich aus der eidesstattlichen Versicherung ihres Prokuristen X vom 21. März 1967 (Anlage W 17 b) ergebe, die Vorrichtung so ein, daß zwischen den Stollen und der oberen Folie lediglich ein schmaler Spalt entstehe, der ausschließlich zur Vermeidung einer Friktion zwischen der Oberseite der Stollen, des sich bewegenden oberen Förderbandes, der oberen Folie und der über die Oberseite der Stollen abgewinkelt nach außen geführten unteren Folie diene. Die Breite des Spaltes werde von der Beklagten zu 2. absichtlich so schmal gewählt, daß ein seitlicher Materialaustritt vermieden werde. Ein etwaiger Überdruck werde durch eine besondere Gegendrucksteuerung ausgeglichen, weshalb die Beklagte zu 2. auch nicht damit rechnen brauche, daß ihre Abnehmer die Vorrichtung auf einen Spalt im Sinne des Gebrauchsmusters einstellten.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil legte der Kläger Berufung ein. In der Berufungsinstanz gab er eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, woraufhin das Verfahren von den Parteien übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt wurde. Mit Beschluß vom 28. Juli 1967 (Anlage W 16) legte das Oberlandesgericht Düsseldorf die Kosten des Verfahrens dem Kläger auf. Zur Begründung führte das Oberlandesgericht aus, die Beklagte zu 2. sei kraft eines Vorbenutzungsrechts befugt, diejenige Merkmalskombination, die in der von ihr vor Anmeldung des Gebrauchsmusters entwickelten Maschine verkörpert gewesen sei, auch weiterhin zu benutzen. Da diese Merkmalskombination die in dem beanstandeten Verwarnungsschreiben bezeichneten Merkmale mitumfasse, sei die Verwarnung - zumindest in der geschehen allgemeinen Fassung - zu Unrecht erfolgt. Der Senat habe nicht zu prüfen gehabt, ob der Kläger im Verhältnis zu der Beklagten zu 2. ungeachtet des dieser zustehenden Vorbenutzungsrechts ein Ausschließlichkeitsrecht hinsichtlich einer besonderen Bemessung und Funktion des zwischen den Seitenbegrenzungen und dem oberen Transportband befindlichen Spalts in Anspruch nehmen könne. Die beanstandeten Verwarnungsschreiben hätten auf ein derartiges - beschränktes - Recht der Beklagten zu 2. nicht Bedacht genommen, sondern vor der Benutzung des Merkmals "Spalt zwischen Seitenbegrenzung und Druckplatten" schlechthin gewarnt. In dem Hauptsacheverfahren stellte die Kammer mit Urteil vom 28. November 1967 die Verpflichtung des Klägers zum Ersatz des der Beklagten zu 2. entstandenen Schadens fest.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Inzwischen war am 17. August 1967 die Anmeldung des Klagepatents bekannt gemacht worden. Hiergegen hatten unter dem 15. November 1967 sowohl die Beklagte zu 1. (Anlage B 1) als auch die Beklagte zu 2. (Anlage B 2) Einspruch erhoben. In ihrem Einspruch führte die Beklagte zu 1. aus, beim gegebenen Stand der Technik stellten die anspruchsgemäßen Einzelmerkmale sowohl des Verfahrensanspruchs als auch des Vorrichtungsanspruchs technische Selbstverständlichkeiten dar. Außerdem berief sich die Beklagte zu 1. auf eine offenkundige Vorbenutzung. Im August 1963 sei ihr von der Beklagten zu 2. eine Anlage zur kontinuierlichen Herstellung von Hartschaumplatten in Papierformen geliefert worden, bei der mit vier Papierbahnen gearbeitet worden sei. In der Folgezeit habe eine große Zahl von Firmen ein Angebot zur Lieferung einer Vorrichtung zur Durchführung des in Rede stehenden Verfahrens erhalten. Zur Zeit der Angebote hätten eine Reihe von Interessenten von der Möglichkeit, die Vorrichtung im Stillstand und Betrieb zu besichtigen, Gebrauch gemacht, u.a. die Firma X aus Israel am 2. Oktober 1964, die Firma X aus Viersen am 13. Januar 1965 und die X AG am 14. Oktober und 12. Dezember 1963. Als Zeuge für diesen Sachvortrag wurde der Abteilungsvorstand der anwendungstechnischen Abteilung K der Beklagten zu 1., benannt.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Der Einspruch der Beklagten zu 2. ist ausschließlich auf offenkundige Vorbenutzung gestützt. In ihm heißt es, die Beklagte zu 2. habe bereits im Jahre 1963 eine Vorrichtung zur fortlaufenden Herstellung von auf beiden Seiten mit einer dünnen, biegsamen Folie kaschierten Platten aus Hartschaum aus zwei einander gegenüber angeordneten Förderbändern geliefert, bei der im Abstand von den Rändern der unteren Folie über den Rändern des unteren Förderbandes und im Abstand von der oberen Folie Stollen angeordnet gewesen seien, an welchen Randstreifen hätten hochgefaltet werden können. Die Stollen zur Begrenzung des Schäumraumes seien mit dem unteren endlosen Förderband fest verbunden gewesen. Ende September/Anfang Oktober 1964 sei die Vorrichtung bei der Beklagten zu 1. in der Weise umgebaut worden, daß anstelle der mit dem unteren Förderband fest verbundenen seitlichen Stollen ortsfest angeordnete, auswechselbare und seitenverstellbare Stollen vorgesehen gewesen sind. Die Vorrichtung sei von der Beklagten zu 1. zum Zwecke des Verkaufs im Stillstand und im Betrieb einer größeren Anzahl von interessierten Firmen vorgeführt und noch einer größeren Anzahl von Firmen zum Verkauf angeboten worden. Diese Angebote hätten bei den Firmen X, X GmbH, X GmbH und X. teilweise vor, teilweise nach dem Tage der Patentanmeldung zu Kaufabschlüssen geführt. Durch das Feilhalten und Vorführen der Vorrichtung sei auch das in Anspruch 1 unter Schutz gestellte Verfahren neuheitsschädlich vorweggenommen worden. Die Beklagte zu 2. verwies in diesem Zusammenhang auf die Werkstattzeichnung 13/465.02 vom 2. Juni 1965 (Anlage K 22 zur Anlage MvF 18). Aus der Zeichnung ergebe sich, daß zwischen Oberkante der Stollen und der Unterseite des oberen Bandes bewußt ein größerer Spalt von etwa 4 mm vorgesehen sei. Dieser Spalt zwischen den Stollen und der Unterseite des oberen Bandes diene neben der Vermeidung von Friktionen zwischen diesen Teilen zum Hindurchführen der oberen Abdeckfolie und eines beispielsweise 2-förmig, gefalteten Seitenstreifens; Es heißt sodann weiter:</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">"Bei dem Feilhalten und der Vorführung der offenkundig vorbenutzten Vorrichtung wurden dem interessierten Kunden auch die verschiedensten Möglichkeiten zur Benutzung einer derartigen Vorrichtung zur Herstellung von Hartschaumplatten erörtert und erläutert. Hierbei wurde insbesondere auch wiederholt eine Arbeitsweise erläutert, bei der die Ränder der unabhängig von der oberen breiteren Folie seitlich bewegbaren schmaleren Folie vor dem Aufbringen der Hartschaummasse mit je einem schmalen Randstreifen unterlegt wurden, die Randstreifen hochgefaltet wurden und beide Folien mit den Randstreifen des Aufschäumens seitlich frei beweglich geführt wurden. Falls bei der Aufgabe des Schaumstoffes die Menge des zugeführten in durchaus unerwünschter Weise überdosiert würde, könnte der überflüssige Schaumstoff, solange er sich noch im flüssigen Zustand befand, auch seitlich zwischen den Randstreifen und der Unterseite der oberen Folie frei heraustreten.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Beispielsweise sei darauf hingewiesen, daß bei dem Feilhalten der offenkundig vorbenutzten Vorrichtung in Deutschland gegenüber der Firma X. eine derartige Arbeitsweise mit zwei seitlichen, zwischen dem oberen Rand der Stollen und der Unterseite der oberen Folie</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">nach außen hindurchtretenden Seitenstreifen, das sogenannte Vier-Bahnen-System, als mit zu der. Arbeitsweise der feilgehaltenen Vorrichtung gehörig erörtert wurde."</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Diesen Tatbestand stellte die Beklagte zu 2. unter Beweis durch das Zeugnis der Herren X und X. Wegen der weiteren Einzelheiten des Einspruchsvorbringens wird auf die Anlagen B 1 und B 2- verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Im April 1968 schlossen die Parteien den bereits erwähnten Vergleich (Anlage W 19) der wörtlich wie folgt lautet:</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">"1.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">X erteilt X und/oder X eine nichtausschließliche Freilizenz mit dem Recht zur Vergabe von Unterlizenzen an die Abnehmer von X und/oder X gelieferten Doppeltransportband-Anlagen unter dem aus der Anmeldung vom 22.07.1965 hervorgegangenen Gebrauchsmuster Nr. X und dem gegebenenfalls daraus hervorgehenden Deutschen Patent (heute DAS X). X erteilt X und/oder X eine nicht ausschließliche kostenpflichtige Lizenz unter den entsprechenden ausländischen Gegenstücken zu angemessenen Bedingungen mit dem Recht zur Vergabe von Unterlizenzen an die Abnehmer von X und/oder X gelieferten Doppeltransportband-Anlagen.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">X und/oder X verpflichten sich, die Löschungsklage gegen aas Gebrauchsmuster X sowie die Einsprüche gegen DAS X zurückzuziehen. X und/oder X verzichten auf direkte oder indirekte weitere Angriffe gegen die genannten Schutzrechte bzw. Patentanme1dungen.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">3</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">X erteilt X auf das DBP X eine nicht-ausschließliche und nicht-übertragbare Lizenz zur Herstellung von Schaumstoffplatten. Die Lizenzgebühr beträgt 3 % vom Nettoverkaufserlös der von X hergestellten Schaumstoffplatten. Als Nettoverkaufserlös gilt der von X in Rechnung gestellte Preis abzüglich der üblichen und tatsächlich gewährten Skonti, Rabatte zuzüglich Umsatzsteuer. Soweit X für die Herstellung von Schaumstoffplatten Isocyanate direkt oder indirekt von X bezieht und einsetzt, gilt die Zahlung des Kaufpreises für diese Isocyanate als Entrichtung der obigen Lizenzgebühr. X wird im Falle des Direktbezuges X die Isocyanate zu Marktpreisen anbieten.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">4.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">X verzichtet, aus der Verletzung dieses Schutzrechtes durch X in der Vergangenheit Ansprüche gegen X und seine Kunden geltend zu machen.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">5.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">X verzichtet auf alle eventuellen ihr nach dem Urteil 4 0 46/67 vom 28.11.1967 des Landgerichts Düsseldorf zustehenden weiteren Schadensersatzansprüche.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">6.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Wegen der Kosten der Verfahren 4 Q 14/67 Landgericht Düsseldorf bzw. 2 .U.59/67 Oberlandesgericht Düsseldorf und 4 0 46/67 Landgericht Düsseldorf verbleibt es bei der von den Gerichten festgesetzten Regelung.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">7.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">X verzichtet in dem Verfahren 4 0 46/67auf Rechtsmittel.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">8.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Jede Partei trägt ihre Kosten selbst, soweit Kosten aus diesem Vergleich entstehen."</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">In der Folgezeit kam es zu Streitigkeiten zwischen den Parteien über die Frage der Lizenzzahlungen für das Ausland. Der Kläger vertrat die Auffassung, alle von den Beklagten in die Länder, in denen ihm ein dem Klagepatent entsprechendes Patent erteilt worden sei, gelieferten Anlagen wiesen zumindest die geschützten Vorrichtungsmerkmale auf und seien damit lizenzpflichtig; es sei nicht unbedingt erforderlich, daß mit diesen Vorrichtungen auch nach dem geschützten Verfahren produziert werde. Die Beklagten vertraten die Auffassung, hinsichtlich der Auslandslieferungen komme eine Lizenzgebührenpflicht nur in Betracht, soweit ihre Kunden von einem im Ausland bestehenden Patentschutz Gebrauch machten; ihre Abnehmer benutzten nach ihrer Kenntnis jedoch die für den Kläger geschützte Arbeitsweise nicht. In einem unter dem Aktenzeichen 4 O 215/69 bei der Kammer anhängig gemachten Rechtsstreit begehrten die Beklagten u.a. die Feststellung, daß der Kläger nach dem Vergleich vom 9. April 1968 Ansprüche auf Zahlung von Lizenzgebühren nicht geltend machen könne für die von ihnen, den Beklagten, an ihre Auslandskunden gelieferten oder zu liefernden Vorrichtungen zur fortlaufenden Herstellung von kaschierten Platten aus Polyurethan-Hartschaum, die zwei aneinander gegenüber angeordnete Förderbänder aufweisen, deren einander zugekehrte, durch Platten abgestützte Abschnitte den Raum begrenzen, innerhalb dessen Hartschaum aufgeschäumt wird, wobei im Abstand von den Rändern der unteren Folie über den Rändern des unteren Förderbandes und im Abstand von der oberen Folie Stollen angeordnet sind, an welchen Folienstreifen hochgefaltet sind, wenn der Abstand der Stollen zu der oberen Folie nur als Friktionsspalt ausgebildet ist, der überflüssigen Schaumstoff seitlich nicht frei entweichen läßt. Landgericht und Oberlandesgericht (Urteil vom 28. November 1972 - 20 U 10/72) wiesen das Fest stellungsbegehren ab. Das Oberlandesgericht vertrat die Auffassung, nach dem von den Parteien abgeschlossenen Vergleich bestehe die Lizenzzahlungspflicht nicht nur dann, wenn die ausländischen Abnehmer der Beklagten das dem Kläger geschützte Verfahren benutzten, sondern bereits bei der Lieferung von Vorrichtungen in das patentgeschützte Ausland, bei denen die Größe aes Friktionsspaltes variiert werden könne. Mit Urteil vom 25. Januar 1977 (Anlage B 3) hob der Bundesgerichtshof das Urteil des Oberlandesgerichts auf und verwies die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück. In seinem Urteil führte der Bundesgerichtshof aus, über die Lizenzzahlungspflicht der Beklagten könne erst nach weiterer Sachaufklärung entschieden werden; wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die als Anlage B 3 überreichte Urteilsabschrift Bezug genommen. Der an das Berufungsgericht zurückverwiesene Rechtsstreit ist dort von den Parteien bislang nicht wieder aufgenommen worden.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Nach Erlaß des Berufungsurteils nahm der Kläger die Beklagten vor der Kammer auf Auskunft und Zahlung hinsichtlich der Auslandslieferungen in Anspruch (4 O 139/73)- Mit Schreiben vom 11. Januar 1974 (Anlage W 21) sprach er gegenüber den Beklagten die Kündigung des Vergleichs vom 9- April 1968 aus wichtigem Grund aus. Zur Begründung führte er an, die Tatsache, daß im Rahmen des Vertragsverhältnisses jede offene Frage zwischen den Parteien gerichtlich geklärt werden müsse, zeige, daß ihm ein Festhalten am Vertragsverhältnis nicht mehr zuzumuten sei. Durch die mangelnde Bereitschaft, mit ihm in einer unter Vertragspartnern üblichen Weise zusammenzuwirken, hätten die Beklagten die für ein Vertragsverhältnis erforderliche Vertrauensgrundlage erschüttert. Die Beklagten wiesen die Kündigungserklärung des Klägers zurück.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Unterdessen hatte im Jahre 1972 die Firma X Leichtbauplatten-Werk X gegen das Klagepatent Nichtigkeitsklage erhoben. In der mündlichen Verhandlung vom 30. Mai 1974 vernahm das Bundespatentgericht den von der Firma X als Zeugen benannten Abteilungsvorstand im Ressort PUA der Beklagten zu 1., X. In seiner Aussage erklärte der Zeuge u.a., die Beklagte zu 2. habe der Beklagten zu 1. im Jahre 1963 eine Doppeltransportbandanlage geliefert, diese Anlage sei im Oktober 1964 derart umgebaut worden, daß die am unteren Transportband aufgeschraubten Winkel durch verschiebbare Seitenleisten ersetzt worden seien. Die Anlage sei vor und nach dem Umbau verschiedenen Interessenten vorgeführt worden, wobei den Interessenten keine Geheimhaltungsverpflichtungen auferlegt worden seien. Vor dem Umbau sei in dem aurch.aas untere Band und die Winkel geformten Trog eine Folie hineingelegt worden, die zunächst an den durch das Band und die Winkel gebildeten Ecken, sodann noch einmal an der obersten Stelle der Winkel perforiert gewesen sei, damit sie an den Perforierungslinien habe umgefaltet werden können, und zwar so, daß die obere Umfaltung nach innen verlief. Nach dem Umbau sei die untere Folie in gleicher Weise wie vor dem Umbau verlaufen, nunmehr allerdings nicht entlang der Winkel, sondern entlang der verschiebbaren Seitenleisten. Die Folie des oberen Bandes habe unter Umständen bis in den Bereich der Seitenleisten hineinragen können. Zwischen den Seitenleisten und der Folie des oberen Bandes sei ein schmaler Spalt verblieben, der notwendig gewesen sei, um eine Friktion zu vermeiden. Durch diesen Spalt sei aber kein Stoff ausgetreten, es sei denn, es wäre etwas nicht ordnungsgemäß verlaufen. Wenn er in einer eidesstattlichen Erklärung vom 20. Juli 1967 (Anlage W 41) gesagt habe, daß die Faltung der Ränder der Materialbahn auch Z-förmig nach außen möglich gewesen sei, so habe er damit zum Ausdruck bringen wollen, daß die außenliegende Perforation der unteren Folie auch nach außen hätte umgeschlagen werden können. Er wisse nicht, daß mit einer Z-förmigen Folie gearbeitet worden sei, könne dies aber nicht ausschließen; damit meine er den Zeitraum von 1963 bis 1965. Bei den-Versuchen sei auch mit nicht faltbaren Materialien (als Folien) gearbeitet worden, und er könne nicht ausschließen, daß bei diesen Versuchen auch einmal Randstreifen unter die Ränder einer solchen unteren Folie angefügt worden seien. Ihm sei nicht bekannt, daß Interessenten ein derartiges Verfahren vorgeführt worden sei. Er könne auch nicht bestätigen, daß Angebote mit der Schilderung eines derartigen Verfahrens an Interessenten versandt worden seien.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Mit Urteil vom .30. Mai 1974 (Anlage W 22) wies das Bundespatentgericht die Nichtigkeitsklage ab. In den Urteilsgründen wird ausgeführt, der Zeuge X habe nicht die Behauptung der Klägerin X bestätigen könne, daß bei der von der Beklagten zu 2. an die Beklagte zu 1. gelieferten Maschine die untere Folie an ihren Enden in einer Z-ähnlichen Form nach außen umgeschlagen worden sei. Der aus der Werkstatt Zeichnung 13/465.02 ersichtliche Spalt sei deshalb nur als Friktionsspalt anzusehen, aus dem Schaummasse nicht austreten solle. Die Anlage sei damit nicht zur Durchführung des vom Klagepatent beanspruchten Verfahrens geeignet gewesen. Die Berufung der Firma X gegen dieses Urteil wies der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 11. Mai 1978 (Anlage W 6) zurück.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Vor Erlaß des Berufungsurteils erklärte der Kläger gegenüber den Beklagten mit Schreiben vom 26. Mai 1975 (Anlage W 23) die Anfechtung des Vergleichs vom 9. April 1968 wegen arglistiger Täuschung. In dem Anwaltsschreiben heißt es:</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Unsere Mandantin ist zum Abschluß der Vereinbarung vom 09.04.1968 ersichtlich durch die von Ihnen aufgestellte Behauptung bestimmt worden, Ihnen stünde an dem Verfahren, das Gegenstand des DBP X ist, ein Vorbenutzungsrecht zu. Diese Behauptung ist Ihrerseits in dem Rechtsstreit 4 Q 14/67 und 4 0 46/67 LG Düsseldorf aufgestellt und durch Herrn X glaubhaft gemacht worden.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Demgegenüber mußten unsere Mandanten im Termin vom 30.05.1974 vor dem Bundespatentgericht zur Kenntnis nehmen, daß Herr X aus eigenem Wissen nicht bekunden konnte, daß Ihrerseits mit einer Z-förmigen Folie gearbeitet worden ist. Auch aus der übrigen Aussage des Herrn X ergab sich nichts zu einer Benutzung des Verfahrens, das Gegenstand aes vorgenannten DBP ist.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Unsere Mandanten waren also durch sachlich unrichtige Angaben zu der Überzeugung gebracht worden, das genannte Verfahren sei tatsächlichbei Ihnen vorbenutzt worden."</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Mit der vorliegenden, am 17. Januar 1980 erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, der Lizenzvertrag zwischen den Parteien sei unwirksam. Ihm sei durch den Prozeßvortrag in dem 1967 vor der Kammer und dem Oberlandesgericht anhängigen Verfahren und die dort vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen ein tatsächlich nicht bestehendes Vorbenutzungsrecht der Beklagten vorgetäuscht worden, indem gesagt worden sei, daß vorbekannt Randstreifen Z-förmig abgebogen und im Spalt geführt worden seien. Er sei damit arglistig getäuscht worden. Durch diese arglistige Täuschung sei er zum Abschluß des Vergleichs vom April 1968 bestimmt worden. Im Schriftsatz vom 29. Dezember 1980 (Bl. 121 - 123 d.A.) hat der Kläger weiterhin geltend gemacht, die Beklagten hätten im Einspruchsverfahren gegen das Klagepatent im Jahre 1967 beide ein umfassendes Vorbenutzungsrecht für sich in Anspruch genommen; dabei habe die Beklagte zu 2. durch die Benennung der Herren X und X als Zeugen deutlich gemacht, daß diese die Erklärungen inhaltlich wiederholen würden, die bereits Gegenstand von vor der Kammer und dem Oberlandesgericht vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen gewesen seien. Nach einem Hinweis der Kammer (Bl. 181/182 d.A.), daß eine Täuschungshandlung der Beklagten allenfalls in der Darstellung des Einspruchs der Beklagten zu 2. zur Erläuterung von Vorrichtung und Arbeitsweise der bei der Beklagten zu 1. vorhandenen Doppeltransportanlage gegenüber der Firma X gesehen werden könne, hat der Kläger mit Schriftsatz vom -16. April 1981 ergänzend geltend gemacht, der gesamte Sachvortrag betreffend die Firma X sei unrichtig gewesen und erneut die Anfechtung des Vergleichs vom 9. April 19.68 wegen arglistiger Täuschung erklärt (Bl. 198 -200 d.A.). Der Kläger hat weiterhin geltend gemacht, der Vergleich vom April 1968 sei jedenfalls durch Kündigung wirksam beendet worden. Die Kündigungserklärung vom 11. Januar 1974 sei bereits deshalb gerechtfertigt, weil die Beklagten entgegen der Nichtangriffsabrede im Vergleich die Nichtigkeitsklägerin X unterstützt hätten. Da die Beklagten das Klagepatent benutzten, seien sie zur Unterlassung, Rechnungslegung und zum Schadensersatz verpflichtet.</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">die Beklagten zu verurteilen,</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">es bei Meidung von Ordnungsmitteln zu</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">unterlassen,</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Verfahren zur fortlaufenden Herstellung von auf beiden Seiten mit einer dünnen biegsamen Folie kaschierten Platten aus Polyurethan-Hartschaum, bei dem die Reaktionskomponenten nach ihrer Vereini-gung auf eine der sich mit einer der Reaktionsgeschwindigkeit entsprechenden Geschwindigkeit fortbewegenden Folien aufgebracht und aufgeschäumt werden, die Ränder der kaschierten Bahn beschnitten werden und die Bahn auf Länge geschnitten wird,</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">in Verkehr zu bringen, feilzuhalten und/oder-zu gebrauchen,</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">bei dem</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">aa)</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">die Ränder der unabhängig von der oberen, breiteren Folie seitlich frei bewegbaren unteren, schmaleren Folie vor dem Aufbringen der vereinigten Reaktionskomponenten mit je einem schmalen Randstreifen unterlegt werden, die Randstreifen hochgefaltet werden und beide Folien mit den Randstreifen während des Aufschäumens seitlich frei beweglich und überflüssigen Schaumstoff seitlich zwischen den Randstreifen und der oberen Folie frei entweichen lassend geführt werden,</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">und/oder</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">bb)</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">die unabhängig von der oberen breiteren Folie seitlich frei bewegbare untere Folie seitlich hochgefaltete Randstreifen aufweist und im waagerechten Bereich schmaler ist als die obere Folie und beide Folien während des Aufschäumens seitlich frei beweglich und überflüssigen Schaumstoff seitlich zwischen den hochgefalteten Randstreifen und der oberen Folie frei entweichen lassend geführt werden;</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">Vorrichtungen zur Durchführung des Verfahrens nach Antrag I 1. a) mit zwei einander gegenüber angeordneten Förderbändern, deren einander zugekehrte, euren Platten abgestützte Abschnitte den Raum begrenzen, innerhalb dessen der Hartschaum aufgeschäumt wird, gewerbsmäßig herzustellen, feilzuhalten, in Verkehr zu bringen und/oder zu gebrauchen,</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">bei denen</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">aa)</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">im Abstand von den Rändern der unteren Folie über den Rändern des unteren Förderbandes- und im Abstand von der oberen Folie Stollen angeordnet sind, an welchen die Randstreifen hochgefaltet sind,</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">und/oder</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">bb)</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">im Abstand von den horizontalen Abschnitten der unteren Folie über den Rändern des unteren Förderbandes und im Abstand von der oberen Folie Stollen angeordnet sind, an welchen die Randstreifen der unteren Folie hochgefaltet sind;</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">ihm darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfange sie die im Klageantrag I 1. bezeichneten Handlungen begangen haben, und zwar unter Angabe der Liefermengen, -zeiten, -preise sowie Namen und Anschriften der Abnehmer, der Angebote und Angebotsempfänger, von Art und Umfang der Werbung und der Gestehungskosten, wobei die Angaben nach Bundesländern und Kalendervierteljahren sowie nach Werbeträgern und Auflage der Werbeträger aufzuschlüsseln seien;</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">festzustellen,</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">daß die Beklagten verpflichtet seien, ihm allen Schaden zu ersetzen, der ihm durch die im Klageantrag I 1. bezeichneten Handlungen der Beklagten entstanden sei und noch entstehen werde;</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">daß der Lizenzvertrag zwischen den Parteien vom 9. April 1968 unwirksam sei, hilfsweise, durch Schreiben vom 11. Januar 1974 mit Wirkung vom 15. Januar 1974 wirksam gekündigt worden sei.</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten haben beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">Sie haben vorgetragen, das Vorbringen in den 1967 vor der Kammer und dem Oberlandesgericht anhängigen Verfahren ebenso wie in den Einsprüchen vom 15. November 1967 sei richtig gewesen, darüberhinaus sei dieses Vorbringen für den Entschluß des Klägers, den Vergleich abzuschließen, nicht ursächlich gewesen. Die Kündigungserklärung des Klägers sei unbegründet. Schließlich könnten die Klageansprüche auch deshalb keinen Erfolg haben, weil sie das Klagepatent nicht benutzten. Die Kammer hat nach Beweisaufnahme durch Teilurteil vom 11. November 1982 festgestellt, daß der Lizenzvertrag zwischen den Parteien vom 9. April 1968 unwirksam ist. Der Kläger sei zu dem Vergleich durch eine arglistige Täuschung der Beklagten zu 2., die die Beklagte zu 1. gekannt habe oder habe kennen müssen, bestimmt worden und habe den Vergleich mit Schreiben vom 26. Mai 1975 fristgerecht angefochten. Mit ihrem Vorbringen unter III im Einspruch vom 15. November 1967 betreffend die Firma X. habe die Beklagte zu 2. einen Vorbenutzungstatbestand vorgetragen, dessen Unrichtigkeit die Kammer auf Grund der überreichten Unterlagen und der Aussagen des hierzu vernommenen Zeugen X für erwiesen erachte. Die Beklagte zu 2. habe mit diesem Vorbringen dem Kläger Tatsachen vorgespiegelt, die bei ihm zu einem entsprechenden Irrtum geführt hätten, der mitursachlich für den vereinbarten Inhalt des Vergleichs vom 9. April 1968 gewesen sei. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf das Teilurteil vom 11. November 1982 (Bl. 596 bis 663 d. A.) verwiesen. Gegen dieses Urteil haben die Beklagten Berufung eingelegt. Im Verlaufe des Berufungsverfahrens, und zwar erstmalig mit Schriftsatz vom 6. Juli 1983 hat sich der Kläger auch darauf berufen, daß die Nichtangriffsabrede in Nr. 2 des Vergleichs vom 9. April 1968 gegen Artikel 85 Abs. 1 und 2 des EWG-Vertrages verstoße, mit der Folge, daß nach § 139 BGB der gesamte Vertrag unwirksam sei. Mit Urteil vom 19. Juni 1984 (Anlage K 3 zur Anlage MvF 18) hat das Oberlandesgericht die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil der Kammer vom 11. November 1982 zurückgewiesen. Dabei hat das Oberlandesgericht die Frage, ob der Vergleich wegen arglistiger Täuschung wirksam angefochten worden ist, offengelassen und ausgeführt, der Vergleich sei von Anfang an unwirksam, weil die in Nr. 2 vereinbarte Nichtangriffsklausel, soweit Schutzrechte in der EWG betroffen seien, wegen Verstoßes gegen Art. 85 Abs. 1 EWGV nach Art. 85 Abs. 2 EWGV nichtig sei und die Nichtigkeit dieses Teils des Rechtsgeschäfts gemäß § 139 BGB die Nichtigkeit des gesamten Vertrages zur Folge habe. Gegen dieses Urteil haben die Beklagten Revision eingelegt. Über die Revision ist noch nicht entschieden; der Bundesgerichtshof hat eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs zu der vom Oberlandesgericht Düsseldorf entschiedenen Kar-tellrechtsfrage erbeten.</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">Der Kläger trägt vor:</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten hätten das Klagepatent schuldhaft verletzt. Dies ergebe sich schon daraus, daß die Beklagten mit an die Hersteller von Polyurethan-Hartschaum-Platten gerichteten Rundschreiben uneingeschränkt eine Freilizenz am Klagepatent für sich in Anspruch genommen und im Markt die Bereitschaft verbreitet hätten, wem immer und wann immer Unterlizenzen am Klagepatent zu erteilen. Die Beklagten hätten außerdem patentverletzende Vorrichtungen an die Firmen X AG, X-Werke, X, X, X und X geliefert; diese Maschinen arbeiteten nach dem erfindungsgemäßen Vier-Bahnen-System sowie nach dem patentrechtlich glatt äquivalenten Zwei-Bahnen-System (Klageantrag I 1. a) bb)). Wegen der Einzelheiten des Vortrags zu den- einzelnen Verletzungshandlungen wird insbesondere auf den Schriftsatz des Klägers vom 29. Dezember 1980 (Bl. 140 - 155 d.A.) verwiesen. Ein privates Vorbenutzungsrecht stehe den Beklagten nicht zu; sie seien zum Prioritätszeitpunkt des Klagepatents nicht im Erfindungsbesitz gewesen. Die Beklagten hätten mit einem geschlossenen Kanal gearbeitet, der jeden Schaumaustritt zu verhindern bestimmt gewesen sei. Dabei sei die untere Papierbahn C-förmig zunächst senkrecht nach oben und dann nach innen gefaltet worden. Entsprechend seien Vorrichtung und Arbeitsweise auch Interessenten angeboten worden. Das Prinzip eines kontrollierten Schaumaustritts zwischen Oberfolie und Z-förmig nach außen gefalteten Seitenstreifen bei gleichzeitiger freier Beweglichkeit hätten die Beklagten nicht gekannt und nicht beherrscht.</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">Nach Ablauf der Schutzdauer des Klagepatents hat der Kläger den Klageantrag I 1. für in der Hauptsache erledigt erklärt. Im übrigen beantragt der Kläger,</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">nach den Klageanträgen I 2. und II 1. zu erkennen.</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten haben der Erledigungserklärung widersprochen und beantragen, die Klage abzuweisen,</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">hilfsweise:</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">die Verhandlung bis zur Erledigung des das Teilurteil der Kammer vom 11. November 1982 betreffenden Revisionsverfahrens durch den Bundesgerichtshof auszusetzen.</p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten tragen vor, die Beklagte zu 2. habe im Jahre 1963 der Beklagten zu 1. eine Doppeltransportbandanlage mit auf dem unteren Transportband aufgeschraubten Winkeln geliefert, die im Jahre 1964 dahingehend umgebaut worden sei, daß anstelle der Winkel seitenverstellbare, nicht mit Umlaufende Seitenleisten angebracht worden seien. Schon vor dem Umbau seien auf dem Doppeltransportband verschiedene, in der Anlage K 8 zur Anlage MvF 18 dargestellte Betriebsweisen gefahren worden, darunter auch solche mit Z-Faltung der unteren Folie, einem lichten Spalt zwischen Winkeln und Oberband und Schaumaustritt aus dem Spalt, freier Seitenbeweglichkeit der Oberfolie und freier Seitenbeweglichkeit der Unterfolie. Sie, die Beklagten, seien damit im Besitz einer Doppeltransportanlage gewesen, die wortlautgemäß dem Vorrichtungsanspruch aes Klagepatents entsprochen habe. Im Zusammenhang mit Vorführungen oder Erörterungen dieser Maschine sei ebenfalls das Vier-Bahnen-System umfassend erörtert worden, so mit der Firma X und im Rahmen der Auftragsverhandlungen und Auftragsabwicklung mit der Firma X. Damit stehe ihnen sowohl hinsichtlich des Zwei-Bahnen-Systems als auch hinsichtlich aes Vier-Bahnen-Systems mit Z-Faltung ein privates Vorbenutzungsrecht zu; zugleich seien diese Verfahrens-weisen damit für das Klagepatent neuheitsschädlich vorweggenommen. In den Schutzbereich des Klagepatents falle indessen weder das Zwei-Bahnen-Systems noch ein Vier-Bahnen-System, bei dem starre Deckschichten benutzt werden. Darüberhinaus müsse der Spalt geeignet sein, überflüssigen Schaumstoff seitlich zwischen den Randstreifen und der oberen Folie frei entweichen zu lassen; hierfür könne ein Friktionsspalt, der stets 2 - 4 mm groß sei, nicht ausreichen. Selbst bei einem Spalt von 8 mm könne von einem freien Entweichenlassen überflüssigen Schaumstoffs noch keine Rede sein. Der Kläger habe jedoch zu keinem Zeitpunkt dargetan, daß Abnehmer von Doppeltransportanlagen der Beklagten zu 2. einen Spalt, der größer als 5 mm sei, benutzt hätten. Darüberhinaus betreibe die überwiegende Zahl der Abnehmer der Beklagten zu 2. die Maschine nach einem Zwei-Bahnen-System. Sofern ein Vier-Bahnen-System in Rede stehe, werde es mit starren Deckschicht en betrieben. Sie, die Beklagten, hätten überdies in ihren Verlautbarungen gegenüber ihren Kunden immer wieder darauf abgestellt, daß die Kunden die ihnen gelieferten Anlagen lediglich mit einem Friktionsspalt, nicht jedoch mit einem Ventilspalt fahren sollten. Auch nach Abschluß des Vergleichs vom 9. April 1968 hätten sie darauf Bedacht genommen, ihren Abnehmern lediglich solche Verfahrensweisen vorzuschlagen, die. eindeutig nicht unter den Verfahrensanspruch des Klagepatents fallen. Alle von ihnen gelieferten Anlagen seien mit einem Gegendrucksystem versehen, so daß die Nutzung des Spalts als Ventilspalt von vornherein nicht in Betracht komme. Selbst wenn man eine Patentverletzung bejahen wolle, hätten sie, die Beklagten, jedenfalls ohne Verschulden gehandelt. Sie hätten auf den Fortbestand der Vereinbarung vom 9. April 1968 vertrauen können und nicht mit dem vom Kläger erst zwei Wochen vor Ablauf der Schutzdauer des Klagepatents erhobenen Kartellrechtseinwand rechnen müssen. Insbesondere hätten sie auch nicht damit rechnen müssen, daß das Oberlandesgericht Düsseldorf die Nichtangriffsabrede über ihren Wortlaut hinaus auf die ausländischen Schutzrechte und Schutzrechtsanmeldungen des Klägers erstrecken werde. Der vom Oberlandesgericht angenommenen Unwirksamkeit des Vergleichs dürfe auch keine Wirkung vom Zeitpunkt des Vergleichsschlusses an zugemessen werden. Der Kläger habe in Durchführung der Vereinbarung vom 9. April 1968 sämtliche ihm nach dieser zustehenden Leistungen erhalten, er sei infolgedessen gehindert, nunmehr ihnen gegenüber eine Patentverletzung geltend zu machen. Vorsorglich berufen sich die Beklagten schließlich gegenüber dem Schadensersatzanspruch des Klägers auf Verjährung.</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">Nach Erlaß des Urteils des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 19. Juni 1984 (Anlage K 3 zur Anlage MvF 18) haben die Beklagten gegen das Klagepatent Nichtigkeitsklage erhoben. Mit Urteil vom 14. November 1985 (Anlage MvF 19 zum Schriftsatz der Beklagten vom 17. Januar 1986) hat das Bundespatentgericht die Nichtigkeitsklage abgewiesen. Gegen dieses Urteil haben die Beklagten Berufung eingelegt. Mit Rücksicht hierauf beantragen sie weiterhin hilfsweise, die Verhandlung bis zur rechtskräftigen Erledigung der unter dem Aktenzeichen X ZR 25/86 beim Bundesgerichtshof anhängigen Nichtigkeitsklage auszusetzen.</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">die Aussetzungsanträge zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks">Er ist der Auffassung, weder die Revision gegen das Urteil des Oberlandesgerichts vom 19. Juni 1984 noch die Berufung gegen das Urteil des Bundespatentgerichts vom 14. November 1985 versprächen im Ergebnis Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks">Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf deren Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks">Die Kammer hat erneut Beweis durch Zeugenvernehmung erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschriften der Sitzungen vom 11. und 13. März 1986 (Bl. 1160 ¦- 1229 j d.A.) und vom 2. ¦- 5. Juni 1986 (Bl. 1316 - 1520 d. A.) verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="h2 absatzLinks">E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist nur teilweise begründet.</p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger standen bis zum Ablauf der Schutzdauer des Klagepatents die geltend gemachten Unterlassungsansprüche überwiegend zu. Die Beklagten haben der Vorschrift des § 6 Patentgesetz (PatG) 1968 zuwider den Gegenstand des Verfahrensanspruchs des Klagepatents benutzt und konnten daher vom Kläger nach § 47 Abs. 1 PatG 1968 auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Zur Benutzung des Gegenstands des Vorrichtungsanspruchs (Anspruch 2) des Klagepatents waren die Beklagten dagegen grundsätzlich berechtigt, da ihnen insoweit ein privates Vorbenutzungsrecht zur Seite stand. Die Beklagten durften jedoch unter dem Gesichtspunkt der mittelbaren Patentverletzung die Vorrichtungen nicht in den Verkehr bringen, ohne ihre Abnehmer zu verpflichten, die Vorrichtungen nicht nach dem erfindungsgemäßen Verfahren zu betreiben.</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks">Ein Schadensersatzanspruch nach § 47 Abs. 2 PatG 1968 steht dem Kläger nicht zu, da die Beklagten das Klagepatent nicht schuldhaft verletzt haben. Die Beklagten mußten weder die Kartellrechtswidrigkeit des Vergleichs vom 9. April 1968 erkennen noch aus anderen Gründen von einer Unwirksamkeit des Vergleichs ausgehen. Die vom Kläger geltend gemachten Kündigungsgründe waren nicht geeignet, die Vereinbarung vom April 1968 wirksam zu beenden. Schließlich hat der Kläger nach dem jetzigen Ergebnis der Beweisaufnahme auch nicht den Nachweis geführt, daß die Beklagten ihm vor Abschluß des Vergleichs arglistig einen unzutreffenden Vorbenutzungstatbestand vorgespiegelt haben und aus diesem Grunde die Vernichtbarkeit des Vergleichs vom 9. April 1968 kannten. Ein danach allein noch in Betracht kommender Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB steht dem Kläger gleichfalls nicht zu, da eine Rückabwicklung der von den Parteien praktizierten Vereinbarung vom April 1968 im Hinblick auf den Kartellrechtsverstoß nicht in Betracht kommt.</p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks">Das Klagepatent betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur fortlaufenden Herstellung von auf beiden Seiten mit einer dünnen, biegsamen Folie kaschierten Platten aus Polyurethan-Hartschaum, bei dem die Reaktionskomponenten nach ihrer Vereinigung auf eine der sich mit einer der Reaktionsgeschwindigkeit entsprechenden Geschwindigkeit fortbewegenden Folien aufgebracht und aufgeschäumt werden, die Ränder der kaschierten Bahn beschnitten werden und die Bahn auf Länge geschnitten wird.</p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks">Bei der Auseinandersetzung mit dem Stand der Technik</p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks">schildert die Klagepatentschrift zunächst das aus dem deutschen Patent 842267 (sogenanntes X-Patent, Anlage W 3) bekannte Verfahren zur fortlaufenden Herstellung von endlosen Platten, Bahnen oder Folien aus aufschäumbaren Stoffen, insbesondere solchen auf Polyurethan-Basis. Die Klagepatentschrift führt hierzu aus, bei dem bekannten Verfahren würden die Reaktionskomponenten nach ihrer Vereinigung auf eine sich mit einer der Reaktionsgeschwindigkeit entsprechenden Geschwindigkeit fortbewegende Unterlage aufgebracht und aufgeschäumt. Dabei bestehe die bewegliche Unterlage aus zwei einander gegenüber angeordneten Transportbändern, deren einander zugekehrte, durch Platten abgestützte Trume den Raum begrenzten, in dem sich die Aufschäumung vollziehe. Die Ausdehnung in der Breite werde durch beiderseits der Schaumstoff bahn eingelegte Gummibänder oder Streifen begrenzt. An den Innenseiten der Transportbänder würden von Vorratsrollen ablaufende Gewebebahnen aus Textil- oder anderen Faserstoffen mitgeführt, die mit dem sich bildenden Schaumstoff verklebten, so daß ein beidseits mit Stoffbahnen kaschiertes Schaumstofferzeugnis entstehe. Mit diesem Verfahren könnten beidseitig kaschierte Schaumstoffplatten jedoch noch nicht einwandfrei hergestellt werden, weil das Kaschiermaterial immer wieder Falten werfe. Bei dem Versuch, diese Faltenbildung durch starkes Pressen des Schaumstoffes zwischen den Abstützplatten zu vermeiden, würden die Falten lediglich zerquetscht und der Schaumstoff verdichtet, so daß er ein Raumgewicht bis zu 90 kg/m3 und mehr erhalte, wogegen nicht verpreßter Schaumstoff ein Raumgewicht von nur 25 kg/m3 habe; außerdem sei der Verschleiß höher und ein größerer Aufwand an Material und Antriebsleistung notwendig.</p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks">Die Klagepatentschrift schildert ferner das aus dem deutschen Patent X(Anlage W 4) bekannte Verfahren zur kontinuierlichen Herstellung von porösen Formkörpern und führt hierzu aus, bei diesem bekannten Verfahren könne die zu treibende Masse zwischen Begrenzungsbändern aus Papier, Gewebe oder Gummi durch eine Abfüllvorrichtung und anschließend durch eine Heizkammer geführt werden. Dabei könne die untere Bahn breiter sein als die obere Bahn und auf beiden Seiten um die obere Bahn umgeschlagen werden, so daß nach dem Treiben der Masse die obere Bahn an die umgefaltete Bahn zum Liegen komme. Auch mit diesem Verfahren könnten beidseitig kaschierte Schaumstoffplatten noch nicht einwandfrei hergestellt werden, weil das Kaschiermaterial immer wieder Falten werfe. Durch das Umschlagen der unteren, breiteren Bahn auf beiden Seiten um die obere, schmalere Bahn habe die treibende Masse keine Möglichkeit mehr seitlich auszuweichen. Sie werde deshalb zwischen den Wanderformplatt en verdichtet, so daß sie ein höheres Raumgewicht erhalte als von derartigen Formplatten erwartet werde; außerdem seien der Verschleiß der Vorrichtung und der Aufwand an Material und Antriebsleistung größer.</p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks">Schließlich geht die Klagepatentschrift noch auf die aus dem Gebrauchsmuster X (Anlage W 5) bekannte Vorrichtung zur Herstellung von Bahnen, Platten oder flächigen Gebilden aus Schaumkunststoffen ein. Bei dieser Vorrichtung werde die schaumbildende Mischung auf ein umlaufendes Band mit seitlichen Begrenzungsvorrichtungen aufgebracht, wobei der aus dem umlaufenden Band und den seitlichen Begrenzungsvorrichtungen gebildete Trog nach oben offen sei. Zur besseren Abdichtung des unteren Randes der seitlich mitlaufenden Bänder auf dem Umlaufband seien an den seitlichen Bändern elastische Streifen aus biegsamen Werkstoff befestigt. Diese Streifen könnten aber die über die untere Abdeckfolie hinausragenden Ränder des unteren Förderbandes gegen Aufspritzen von Schaumstoff nicht schützen.</p>
<span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks">Ausgehend von diesem Stand der Technik ist die der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe in der Klagepatentschrift dahin formuliert, ein Verfahren und eine Vorrichtung zu schaffen, mit der beidseitig kaschierte Platten aus Polyurethan-Hartschaum ohne Faltenbildung des Kaschiermaterials und mit einem möglichst geringen Raumgewicht von nur 25 kg/m3 fortlaufend hergestellt werden können. Diese Formulierung der Aufgabe haben im wesentlichen auch die Urteile des Bundespatentgerichts vom 30. Mai 1974 (Anlage W 22) und vom 14. November 1985 (Anlage MvF 19) und das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 11. Mai 1978 (Anlage W 6) übernommen. Der Bundesgerichtshof hat den zweiten Teil der Aufgabe dahin umschrieben, ein Verfahren zu schaffen, mit dem beidseitig kaschierte Hartschaumplatten ohne die geschilderte, durch Pressen oder Verdichten bewirkte Erhöhung des Schaumstoffraumgewichts über die für nicht verpreßten Schaumstoff übliche Höhe von 25 kg/m3 fort laufend hergestellt werden könnten (Seite 7 des genannten Urteils). Dabei versteht es sich für den Fachmann, daß das gewünschte Raumgewicht der Platten in erster Linie durch eine richtige Dosierung des Schaumstoffs erreicht werden soll. Die Aufgabe, zusätzliche Mittel zur Wahrung aes gewünschten Raumgewichts bereitzustellen, stellt sich nur insoweit, als zum einen - wie im Zusammenhang mit dem Moroni-Patent in Spalte 39 - 46 der Klagepatentschrift erörtert wird, ein absichtliches Pressen des Schaumstoffs zur Vermeidung von Faltenbildung verhindert werden soll und zum anderen - wie in Spalte 2, Zeilen 34 bis 40 im Zusammenhang mit dem deutschen Patent 859122 erörtert wird - vermieden werden soll, daß eine Verdichtung der Schaumstoffplatte durch überflüssigen, d. h. überdosierten, Schaumstoff eintritt. Diese Aufgabe soll dadurch gelöst werden, daß die Ränder der unabhängig von der oberen, breiteren Folie seitlich frei bewegbaren unteren, schmaleren Folie vor dem Aufbringen der vereinigten Reaktionskomponenten mit je einem schmalen Randstreifen unterlegt werden, die Randstreifen hochgefaltet werden und beide Folien mit den Randstreifen während des Aufschäumens seitlich frei beweglich und überflüssigen Schaumstoff seitlich zwischen den Randstreifen und der oberen Folie frei entweichen lassend geführt werden. Die Lösung besteht mithin aus einer Merkmalskombination die sich - wiederum in Übereinstimmung mit den genannten Urteilen des Bundespatentgerichts und des Bundesgerichtshofs wie folgt darstellen läßt:</p>
<span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks">1. Es handelt sich um ein Verfahren zur fortlaufenden Herstellung von Platten aus Polyurethan-Hartschaum.</p>
<span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks">2. Die Platten werden zwischen zwei (mit ihren Flächen einander gegenüber angeordneten) dünnen, biegsamen Folien hergestellt, von denen</p>
<span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks">2.1 die untere Folie schmaler ist als die obere und</p>
<span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks">2.2 die untere Folie unabhängig von der oberen Folie frei beweglich ist.</p>
<span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks">3. Die Ränder der unteren Folie werden mit je einem schmalen Randstreifen unterlegt.</p>
<span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks">4. Die Randstreifen werden hochgefaltet.</p>
<span class="absatzRechts">124</span><p class="absatzLinks">5. Sodann werden die Reaktionskomponenten (des Polyurethans) nach ihrer Vereinigung auf die untere Folie aufgebracht und aufgeschäumt;</p>
<span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks">5.1 diese Folie bewegt sich mit einer der Reaktionsgeschwindigkeit entsprechenden Geschwindigkeit fort.</p>
<span class="absatzRechts">126</span><p class="absatzLinks">6. Während des Aufschäumens werden beide Folien mit</p>
<span class="absatzRechts">127</span><p class="absatzLinks">den Randstreifen</p>
<span class="absatzRechts">128</span><p class="absatzLinks">6.1 seitlich frei beweglich und</p>
<span class="absatzRechts">129</span><p class="absatzLinks">6.2 überflüssigen Schaumstoff seitlich zwischen den Randstreifen und der oberen Folie frei entweichen lassend geführt.</p>
<span class="absatzRechts">130</span><p class="absatzLinks">7. Die Ränder der (durch die Folien) kaschierten Bahn werden beschnitten.</p>
<span class="absatzRechts">131</span><p class="absatzLinks">8. Die Bahn wird auf Länge geschnitten.</p>
<span class="absatzRechts">132</span><p class="absatzLinks">Zu den Vorteilen dieser Merkmalskombination führt die Klagepatentschrift aus, durch die voneinander unabhängige freie Beweglichkeit der beiden Abdeckfolien und der Randstreifen könnten sich die Folien und Streifen der Bewegung des aufschäumenden Schaumstoffs anpassen, D. h. sich so bewegen, wie sich der Schaumstoff bewege. Dadurch träten keine Relativbewegungen zwischen Schaumstoff und Kaschiermaterial auf, so daß sich keine Falten mehr bilden könnten. Durch die Ausweichmöglichkeit des Schaumstoffes zwischen den Randstreifen und der oberen Abdeckfolie werde ein starkes Zusammenpressen aes Schaumstoffes vermieden und ein geringes Raumgewicht erzielt. Bei der erfindungsgemäßen Lösung sollen somit die Merkmale 2.2 und 6.1 der Faltenbildung des Kaschiermaterials entgegenwirken. Wesentlich ist zum einen, daß die Bewegung der unteren Folie unabhängig von den Bewegungen der oberen Folie erfolgen kann, und zum anderen die freie Seitenbeweglichkeiten beider Folien. Daraus ergibt sich für den Fachmann, daß anstelle von Randstreifen auch eine breitere untere Folie verwendet werden kann, deren Randbereiche hochgeschlagen werden. Hinsichtlich der voneinander unabhängigen Beweglichkeit von Ober- und Unterfolie ergibt sich insoweit kein Unterschied. Aber auch die freie Seitenbeweglichkeit kann erhalten bleiben, sofern nur die Unterfolie nicht derart eng an den Begrenzungen des Schäumraums entlanggeführt wird, daß ihr kein Spiel für eine Seitenbewegung mehr verbleibt. Die Kammer hält daher an ihrer bisherigen Beurteilung, die sie etwa in dem als Anlage K 30 zum Nichtigkeitsverfahren überreichten Urteil vom 28. Dezember 1984 in der Sache 4 0 5/83 vertreten hat, fest, daß auch mit einem Zwei-Bahnen-System eine in den Schutzbereich des Klagepatents fallendes Verfahren ausgeübt werden kann.</p>
<span class="absatzRechts">133</span><p class="absatzLinks">Die nach den Merkmalen 3 und 4 zu unterlegenden und hochzufaltenden Randstreifen dienen dem Zweck, ein Ankleben des Schaumstoffes an dem unteren Förderband und der seit liehen Begrenzung des Schäumraums zu verhindern. Aus dieser Zweckbestimmung in Verbindung mit dem Vorschlag, überflüssigen Schaumstoff zwischen den Randstreifen und der oberen Abdeckfolie seitlich frei entweichen zu lassen, folgt, wie der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 11. Mai 1978 bereits ausgesprochen hat, daß die Randstreifen mit ihrem freien oberen Ende über den oberen Rana der seitlichen Begrenzungsstollen hinweg mit Abstand von der oberen Abdeckfolie dergestalt nach außen hin verlaufen müssen, daß sie eine Z-ähnliche Form bilden, wie sie der nachstehend wiedergegebenen Figur 3 der Zeichnung der Klagepatentschrift zu entnehmen ist. Bei Anwendung eines Zwei-Bahnen-Systems muß die untere Folie dementsprechend Z-förmig verlaufen. Entscheidende Bedeutung kommt dabei dem zwischen Oberfolie und Randstreifen oder zwischen Oberfolie uno Z-förmig nach außen gefalteter Unterfolie entstehenden Spalt zu, durch den entsprechend dem Merkmal 6.2 überflüssiger Schaumstoff frei entweichen können soll. Der Bundesgerichtshof hat hierzu in seinem Urteil vom 11. Mai 1978 (Anlage W 6, Seiten 11/12) folgendes ausgeführt:</p>
<span class="absatzRechts">134</span><p class="absatzLinks">"Allerdings darf die Angabe der Streitpatentschrift, durch die Ausweichmöglichkeit werde ein starkes Zusammenpressen des Schaumstoffs vermieden und ein geringes Raumgewicht erzielt (Spalte 3, Zeilen 37 - 41), nicht dahin mißverstanden werden, mit dem seitlich entweichenden Schaumstoff sei der gesamte beim Aufschäumprozeß etwa entstehende Schaumüberschuß gemeint, so daß auch ein etwa in der Mitte des Aufschäumraumes entstehender Überschuß seitlich abgeführt würde. Die Lehre des Streitpatents geht auch nicht davon aus, mit einem anfänglich hohen Schaumdruck zu arbeiten, der sodann durch das seitliche Abführen überschüssigen Schaums wieder verringert werden müßte. Vielmehr ist für den Fachmann erkennbar, daß bei sinnvoller und zweckdienlicher Anwendung des Verfahrens der Schaumdruck durch entsprechende Abstimmung des Reaktionsgemischs, des Treibmittels und der Bandgeschwindigkeit von vornherein in solchen Grenzen gehalten wird, daß einerseits der Schaumstoff zwar den Aufschäumraum mit Sicherheit ausfüllt, andererseits aber auch ein Zuviel an Schaumstoff nach Möglichkeit vermieden wird. Daraus folgt, daß im normalen Betrieb, d. h. bei richtiger Dosierung aes Reaktionsgemischs und des Treibmittels und bei richtiger Einstellung der Bandgeschwindigkeit, eine unerwünschte Verdichtung der Schaumstoffmasse in der Regel nicht eintritt. Es ist indessen nicht auszuschließen, daß infolge sowohl vermeidbarer als auch vor allem unvermeidbarer Unregelmäßigkeiten des Aufschäumprozesses oder infolge von Bedienungsfehlern ein Überdruck entsteht, der eine entsprechende Verdichtung der Schaumstoffmasse zur Folge hat. Dann aber - und insoweit besteht wiederum Einigkeit zwischen den Parteien - entweicht in jedem Fall ein Teil des unter Überdruck stehenden überschüssigen Schaumstoffes durch die seitlichen Spalten nach außen und in diesem Umfang tritt zwangsläufig eine Entlastung des Überdrucks und eine entsprechende Minderung der Schaumstoffdichte ein. Ob dabei die angestrebte Schaumstoffdichte und das gewünschte Raumgewicht über die gesamte Ausdehnung der Schaumstoffplatte erzielt werden oder ob sich diese Wirkungen im wesentlichen auf die den Seitenspalten benachbarten Bereiche beschränken, kann dahinstehen. Jedenfalls ist der nach außen entweichende Teil des Schaumstoffüberschusses nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen nicht so gering, daß er für den mit dem streitpatent gemäßen Verfahren verfolgten Zweck nicht mehr ins Gewicht fiele. Für die technische Brauchbarkeit genügt es aber, wenn die angestrebte technische Wirkung in einem praktisch nicht ganz unerheblichen Maße erreicht wird."</p>
<span class="absatzRechts">135</span><p class="absatzLinks">Richtig ist hiernach, daß, wie der Kläger betont, auch nach dem erfindungsgemäßen Verfahren aas seitliche Entweichen von Schaumstoff nach Möglichkeit verhindert werden soll. Die Aufgabe der Erfindung setzt aber erst an dem Punkt an, an dem die Dosierung des Schaumstoffs nicht optimal gelingt. In diesem Fall soll, wie es das Bundespatentgericht in seinem Urteil vom 14. November 1985 (Anlage MvF 19, Seite 13) ausgedrückt hat, der bei der kontinuierlichen Fertigung an sich als nachteilig anzusehende Schaumaust ritt nicht nur in Kauf genommen werden, sondern gezielt zur Vermeidung von Dichteschwankungen eingesetzt werden. Das erfindungsgemäße Verfahren wird somit nicht durch jeden Schaumaustrieb in den Bereich zwischen Oberfolie und Z-förmig gefalteten Randstreifen oder Z-förmig nach außen gefalteter Unterfolie verwirklicht. Vielmehr kommt es darauf an, daß der seitliche Spalt so ausgebildet ist, daß im Falle eines Überdrucks so viel Schaumstoff seitlich abgeführt werden kann, daß eine stärkere Verdichtung der Hartschaumplatte durch die Überdosierung noch in einem praktisch ins Gewicht fallenden Maße vermieden wird.</p>
<span class="absatzRechts">136</span><p class="absatzLinks">Zur Durchführung eines derartigen Verfahrens schlägt das Klagepatent in Anspruch 2 eine Vorrichtung mit zwei einander gegenüber .angeordneten Förderbändern vor, deren einander zugekehrte, durch Platten abgestützte Abschnitte den Raum begrenzen, innerhalb dessen der Hartschaum aufgeschäumt wird, bei der im Abstand von den Rändern der unteren Folie über den Rändern des unteren Förderbandes und im Abstand von der oberen Folie Stollen angeordnet sind, an denen die Randstreifen hochgefaltet sind. Für die Eignung der Vorrichtung zur Ausübung des erfindungsgemäßen Verfahrens ist dabei wesentlich, wie es der Bundesgerichtshof formuliert hat (Anlage W 6, Seite 26), daß bei der Vorrichtung ein von Anfang an vorhandener und beibehaltener merklicher lichter Abstand zwischen den von den Randstreifen überdeckten Stollenoberseiten und der oberen Abdeckfolie besteht • Die Vorrichtung selbst muß daher so ausgebildet sein, daß der Abstand zwischen Stollenoberseite und Oberband so groß ist, daß auch nach Durchführung der oberen Folie noch ein hinreichend großer Abstand zwischen Randstreifen und oberer Abdeckfolie besteht. Die weiteren Angaben im Vorrichtungsanspruch, daß die Stollen im Abstand von den Rändern der unteren Folie angeordnet werden sollen und daß ferner an den Stollen die Randstreifen hochgefaltet sind, betreffen letztlich das auf der Vorrichtung durchzuführende Verfahren und sind dementsprechend für die erfindungsgemäße Ausbildung der Vorrichtung nur insoweit erheblich, als die Vorrichtung eine entsprechende Folienführung und Führung der Randstreifen ermöglichen muß; das letztgenannte Merkmal hat dementsprechend schon das Bundespatentgericht in seinem Urteil vom 30. Mai 1974 (Anlage W 22, Seite 27) als Verfahrensmerkmal überflüssig bezeichnet. Entsprechend bereinigt läßt sich der Vorrichtungsanspruch in folgende Merkmalskombination auflösen:</p>
<span class="absatzRechts">137</span><p class="absatzLinks">1. Es handelt sich um eine Vorrichtung zur Durchführung eines Verfahrens mit allen Merkmalen des Anspruchs 1.</p>
<span class="absatzRechts">138</span><p class="absatzLinks">2. Die Vorrichtung weist zwei einander gegenüber angeordnete Förderbänder auf</p>
<span class="absatzRechts">139</span><p class="absatzLinks">2.1 mit einander zugekehrten Abschnitten;</p>
<span class="absatzRechts">140</span><p class="absatzLinks">2.2 diese Abschnitte sind durch Platten abgestützt und</p>
<span class="absatzRechts">141</span><p class="absatzLinks">2.3 begrenzen den Raum, innerhalb dessen der Hartschaum aufgeschäumt wird.</p>
<span class="absatzRechts">142</span><p class="absatzLinks">3. An der Vorrichtung sind Stollen angeordnet</p>
<span class="absatzRechts">143</span><p class="absatzLinks">3.1 über den Rändern des unteren Förderbandes;</p>
<span class="absatzRechts">144</span><p class="absatzLinks">3.2 im Abstand vom oberen Förderband;</p>
<span class="absatzRechts">145</span><p class="absatzLinks">3.3 derart, daß (bei Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1) die obere Folie im Abstand von den Stollen (nach außen) geführt werden kann, die Stollen sich im Abstand von den Rändern der unteren Folie befinden und an den Stollen die Randstreifen hochgefaltet werden können.</p>
<span class="absatzRechts">146</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">147</span><p class="absatzLinks">Das Unterlassungsbegehren des Klägers war bis zum Ablauf der Schutzdauer des Klagepatents nach § 47 Abs. 1 PatG 1968 überwiegend begründet. Die Beklagten haben sowohl den Gegenstand des Verfahrensanspruchs als auch den Gegenstand aes Vorrichtungsanspruchs des Klagepatents benutzt. Zu dieser Benutzung waren sie nicht auf Grund des Vergleichs vom 9. April 1968 berechtigt, da dieser Vergleich, wie auf Grund des Teilurteils der Kammer vom 11. November 1982 und der Zurückweisung der Berufung der Beklagten gegen dieses Teilurteil durch das Urteil aes Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 19. Juni 1984 bindend feststeht (§ 318 ZPO) , unwirksam war. Ein die Benutzung gleichwohl rechtfertigendes privates Vorbenutzungsrecht stand den Beklagten nur hinsichtlich des Vorrichtungsanspruchs des Klagepatents zu. Auf Grund der Eignung der von den Beklagten feilgehaltenen und in den Verkehr gebrachten Vorrichtungen zur Durchführung des geschützten Verfahrens durften die Beklagten diese Vorrichtungen nicht in den Verkehr bringen, ohne ihre Abnehmer zu verpflichten, auf diesen Vorrichtungen das geschützte Verfahren nicht auszuüben.</p>
<span class="absatzRechts">148</span><p class="absatzLinks">1.Die Beklagten haben Vorrichtung und Verfahren benutzt. Sie haben Vorrichtungen feilgehalten und in den Verkehr gebracht, die sämtliche drei Merkmale des vorstehend zu I analysierten Vorrichtungsanspruchs aufwiesen. Das haben die Beklagten zwar mit der Begründung in Abrede gestellt, die von ihnen verkauften Vorrichtungen dienten nicht zur Durchführung eines Verfahrens mit allen Merkmalen des Anspruchs 1 des Klagepatents und wiesen von Anfang an nur einen schmalen Friktionsspalt zwischen den Seitenleisten und dem oberen Transportband auf. Die Vorrichtungen seien damit gerade nicht dafür vorgesehen und auch noch nicht einmal dafür geeignet, das patentgegenständliche Verfahren auszuüben. Dies trifft jedoch nicht zu. Denn die von den Beklagten feilgehaltenen und in Verkehr gebrachten Vorrichtungen weisen sämtliche der Merkmale 1-3.2 des vorstehend zu I auf gegliederten Vorrichtungsanspruchs auf. Da die Vorrichtungen der Beklagten überdies höhenverstellbar sind, kann die Seitenbegrenzung so im Abstand vom oberen Förderband angeordnet werden, daß die obere Folie im Abstand von den Seitenbegrenzungen und von an den Seitenbegrenzungen hochgefalteten Randstreifen geführt werden kann. Ebensowenig steht im Wege, in den Vorrichtungen eine untere Folie derart zu führen, daß sich die Ränder der Folie im Abstand von den Seitenbegrenzungen befinden. Damit weisen die Vorrichtungen sämtliche erfindungsgemäßen Merkmale auf. Darüberhinaus haben die Beklagten aber auch das erfindungsgemäße Verfahren feilgehalten und in den Verkehr gebracht. Das ergibt sich bereits aus den im Rechtsstreit vorgelegten Schreiben der Beklagten zu 1. an Abnehmer der von der Beklagten zu 2. hergestellten Doppeltransportbandanlagen.</p>
<span class="absatzRechts">149</span><p class="absatzLinks">So wird in dem mit dem Anlagenkonvolut W 61 vorgelegten Schreiben der Beklagten zu 1. vorn 17. Juli 1974 darauf hingewiesen, daß der Vergleich zwischen den Parteien bekanntlich den Beklagten eine Freilizenz unter dem "deutschen X-Patent" eingeräumt habe. Die Beklagten hätten ferner das Recht erhalten, Unterlizenzen an die Abnehmer von Doppeltransportbandanlagen zu gewähren. Es heißt sodann weiter, auf Grund fehlerhafter Auslegung aes Vergleichs durch den Kläger sei die Frage streitig geworden, ob die von der Beklagten zu 2. in aas Ausland gelieferten Doppeltransportbandanlagen einer Lizenzzahlungspflicht auf Grund des Vergleichs unterlägen. Man stehe nach wie vor auf dem Standpunkt, daß die im Vergleichstext erwähnte Lizenzzahlungspflicht unter den ausländischen X-Patenten natürlich nur bei Benutzung der Patentansprüche durchgreife. Es heißt dann weiter:</p>
<span class="absatzRechts">150</span><p class="absatzLinks">"Genausowenig wie wir können unseres Erachtens Sie lizenzpflichtig sein, wenn Sie mit den Doppeltransportbandanlagen von X so produzieren, wie sie geliefert wurden, d. h. ohne Inanspruchnahme des X-Verfahrens im Ausland bzw. im Inland für den Export."</p>
<span class="absatzRechts">151</span><p class="absatzLinks">Schließlich wird in dem Schreiben auf das Urteil des Bundespatentgerichts vom 30. Mai 1974 (Anlage W 22) Bezug genommen und ausgeführt:</p>
<span class="absatzRechts">152</span><p class="absatzLinks">"Das eingangs erwähnte Urteil des Bundespatentgerichts über die Rechtsgültigkeit des deutschen X-Patentes verändert von der Sache her unsere Situation nicht, weil unser Vergleich mit X ohnehin von der Gültigkeit des deutschen X-Patentes ausgeht, unter dem X und X eine Freilizenz haben. Insofern hat das deutsche X-Patent X und X nie behindert und konnte auch nicht störend für die X-Kunden sein. In dieser Hinsicht ist die Stellung von X und X auf jeden Fall günstiger zu beurteilen, als die des Wettbewerbs. ...</p>
<span class="absatzRechts">153</span><p class="absatzLinks">Sie als Abnehmer einer X-Doppeltransportbandanlage werden indessen Ihr Augenmerk auf die ausländischen X-Schutzrechte wegen der (neben den Vorrichtungsansprüchen) dort enthaltenen Verfahrensansprüche richten müssen, soweit Sie im X patentgeschützten Ausland produzieren oder ins patentgeschützte Ausland liefern (ausländische X-Schutzrechte siehe Anlage 1). Zwischen X und uns bestehen große Meinungsunterschiede darüber, welche Ausführungsformen des Doppeltransportbandverfahrens von den X- Verfahrensansprüchen umfaßt werden. Sie sollten davon ausgehen, daß ein Vier-Bahnen-System mit z-förmig gefalteten Seitenstreifen, wobei Schaumstoff zwischen den seitlichen Begrenzungsstollen und der oberen Abdeckfolie austreten kann, durch die X-Verfahrensansprüche geschützt wird. Unzweifelhaft ist andererseits, daß eine Reihe von anderen Verfahrensformen, bei denen ein Schaumaustritt durch Spalten zwischen den Seitenstollen und dem Oberband, genauer gesagt zwischen oberer und unterer Abdeckfolie, verhindert wird, nicht in den Schutzbereich der X-Verfahrensansprüche fallen, Beispiele für derartige patentfreie Ausführungsformen werden in der Anlage 2 gegeben. Wir empfehlen nach wie vor, mit der X-Maschine diese Ausführungsformen zu benutzen."</p>
<span class="absatzRechts">154</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten haben damit zum Ausdruck gebracht, daß die Abnehmer von Doppeltransportbandanlagen der Beklagten zu 2. kraft des ihnen eingeräumten Rechts, Unterlizenzen an die Abnehmer von Doppeltransportbandanlagen zu gewähren, zur Benutzung des geschützten Verfahrens berechtigt seien und insoweit ausdrücklich auf die gegenüber dem Wettbewerb günstigere Stellung der Kunden der Beklagten zu 2. hingewiesen. Sie haben damit das geschützte Verfahren in den Verkehr gebracht, indem sie für sich die Befugnis in Anspruch nahmen und ausübten, die Abnehmer zur Benutzung des geschützten Verfahrens zu ermächtigen. Soweit es in dem Schreiben heißt, man empfehle nach wie vor, mit der X-Maschine patentfreie Ausführungsformen zu benutzen, beziehen sich diese Aussagen auf Abnehmer von Doppeltransportanlagen, die im Ausland oder im Inland für den Export produzieren. Das ergibt sich ohne jeden Zweifel aus dem Zusammenhang dieser Ausführungen mit den dort jeweils erwähnten ausländischen Schutzrechten des Klägers. Entsprechend ist auch das als Anlage W 26 überreichte Schreiben vom 28. Juli 1977 an die Abnehmer von Doppeltransportbandanlagen der Beklagten zu 2. zu verstehen, in dem ausdrücklich auf das Schreiben vom 17. Juli 1974 Bezug genommen wird und wiederum auf die Freilizenz der Beklagten am Klagepatent mit dem Recht, Unterlizenzen an die Abnehmer von Doppeltransportanlagen der Beklagten zu 2. zu gewähren, hingewiesen wird.</p>
<span class="absatzRechts">155</span><p class="absatzLinks">Schließlich wird auch in dem als Anlage W 27 über-reichten Schreiben vom 4. Oktober 1978 auf das Schreiben vom 17. Juli 1974 verwiesen und wiederum ausgeführt, daß die Bestätigung der Rechtsbeständigkeit des Klagepatents nunmehr auch durch den Bundesgerichtshof von der Sache her "unsere Situation", d. h. die Situation der Beklagten und ihrer Abnehmer, nicht verändere, weil der Vergleich mit dem Kläger ohnehin von der Gültigkeit des X-Patentes ausgehe, unter dem die Beklagten eine Freilizenz hätten. Insofern habe das deutsche X-Patent die Beklagten nie behindert und auch nicht störend für die Kunden der Beklagten zu 2. sein können. Folglich wird auch in diesem Schreiben auf die Berechtigung der Abnehmer der Beklagten zu 2., das Klagepatent zu benutzen, hingewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">156</span><p class="absatzLinks">Zugleich haben die Beklagten so ihre Bereitschaft zum Ausdruck gebracht, auch künftigen Abnehmern von Doppeltransportbandanlagen der Beklagten zu 2. die Benutzung des Klagepatents zu gestatten und das geschützte Verfahren daher feilgehalten. Damit steht es in Einklang, daß die Beklagte zu 1. Interessenten eine Unterlizenz am Klagepatent auch ausdrücklich angeboten hat. So ist in dem Urteil des Oberlandesgerichts vom 19. Juni 1984 ein Schreiben der Beklagten zu 1. an die Firma X vom 15. Mai 1968 zitiert (Anlage K 3 zur Anlage MvF 18, Seite25), indem es u.a. heißt:</p>
<span class="absatzRechts">157</span><p class="absatzLinks">"Gemäß einer zwischen uns und der Firma X & Co. KG, Düsseldorf, bestehenden Vereinbarung sind wir in der Lage, Ihnen, sollten Sie von uns oder der Firma Maschinenfabrik X eine Doppeltransportband-Anlage beziehen, eine Unterlizenz (auch Freilizenz) unter dem aus der Anmeldung vom 22.07.1965 hervorgegangenen Gebrauchsmuster Nr. X und dem gegebenenfalls daraus hervorgehenden deutschen Patent (heute DAS X) zu gewähren."</p>
<span class="absatzRechts">158</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten haben somit sowohl den Gegenstand des Vorrichtungsanspruchs des Klagepatents als auch den Gegenstand des Verfahrensanspruchs benutzt.</p>
<span class="absatzRechts">159</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">160</span><p class="absatzLinks">Zur Benutzung des Vorrichtungsanspruchs waren die Beklagten auf Grund eines privaten Vorbenutzungs-rechts berechtigt, weil sie zur Zeit der Anmeldung bereits im Inland die erfindungsgemäße Vorrichtung in Benutzung genommen hatten (§ 7 Abs. 1 PatG 1968).</p>
<span class="absatzRechts">161</span><p class="absatzLinks">Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, daß die Beklagte zu 1. seit August 1963 über eine von der Beklagten zu 2. gelieferte Doppeltransportbandanläge zur fortlaufenden Herstellung kaschierter Hartschaumplatten verfügte, wie sie aus der als Anlage K 9 zur Anlage MvF 18 überreichten Fotographie ersichtlich und bereits in der Aussage des Zeugen X vor dem Bundespatentgericht vom.30. Mai 1974 (Anhang zur Anlage W 22) beschrieben worden ist. Diese Anlage wies ein unteres endloses Transportband auf, dem ein schmaleres oberes, ebenfalls endloses Transportband zugeordnet war. Diese beiden umlaufend antreibbaren Transportbänder begrenzten einen Aufschäumraum, der seitlich durch auf das untere Transportband aufgeschraubte Winkel begrenzt wurde. Die Höhe dieser Winkel betrug, wie sich aus der als Anlage MvF 29 überreichten Zeichnung H 295 d 650-1 ergibt, 100.mm. Das obere Transportband war mit Hilfe von Gewindespindeln höhenverstellbar und konnte zwischen die auf dem unteren Transportband aufgeschraubten Winkel eintauchen. Schließlich waren Abrolleinrichtungen für eine obere und untere Kaschierbahn vorgesehen. Die Existenz dieser Vorrichtung haben die Zeugen X (Protokoll vom 11. März 1986, Bl. 1177 - 1184 a.A.), X (Protokoll vom 13. März 1986, Bl. 1194, 1201 - 1205 a.A.), X (Protokoll vom 13. März 1986, Bl. 1215 - 1218 a.A.), X(Protokoll vom 2. Juni 1986, Bl. 1317 -1325 a.A.), X (Protokoll vom 3. Juni 1986, Bl. 1382 - 1384 d.A.), X (Protokoll vom 4. Juni 1986, Bl. 1449 - 1452 d.A.), X (Protokoll vom 4. Juni 1986, Bl. 1462 - 1464 d.A.), X (Protokoll vom 5. Juni 1986, Bl. 1483/1484 a.A.), X (Protokoll vom 5. Juni 1986, Bl. 1491 - 1493 a.A.) übereinstimmend bestätigt; Bedenken gegen die Richtigkeit der Aussagen sind insoweit nicht ersichtlich. Auf Grund der Aussagen der Zeugen X, X und X sowie der überreichten Unterlagen, insbesondere der als Anlage MvF 30 überreichten Zeichnung H 295 a 810 steht weiterhin fest, daß das Oberband der Doppeltransportanlage soweit nach oben verstellt werden konnte, daß sich zwischen Untertrum des Oberbandes und Obertrum des Unterbandes ein Abstand von 120 mm ergab. Zwar sah das unter dem 2. März 1964 von der Beklagten zu 2. der Beklagten zu 1. nach der Lieferung unterbreitete Angebot (Anlage W 76 a) eine Einstellung des Abstands zwischen den beiden Transportbändern auf eine gewünschte Hartschaum-Plattenstärke von 10 bis 100 mm, somit lediglich einen Höchstabstand von 100 mm vor. Der Zeuge X hat jedoch anhand der Anlage MvF 30 einleuchtend erläutert, daß die Spindeln des Doppeltransportbandes eines Verschiebung des Oberbandes um weitere 20 mm nach oben gestatteten (Protokoll vom 11. März 1986, Bl. 1183/1184 a.A.). Der Zeuge X hat dies in seiner Aussage bestätigt und bekundet, daß durch eine Verlängerung der Antriebskette ein maximaler Abstand zwischen Untertrum des Oberbandes und Obertrum des Unterbandes von 120 mm erreicht worden sei (Protokoll vom 3. Juni 1986, Bl. 1383, 1403/1404 a.A. sowie die von dem Zeugen gefertigte Skizze Anlage 8 zum Protokoll vom 3. Juni 1986, Bl. 1424 a.A.).In Übereinstimmung mit dem Zeugen X hat auch der Zeuge X eine Höhenverstellbarkeit des Oberbandes bis 120 mm bestätigt (Protokoll vom 5. Juni 1986, Bl. 1492 d.A.).</p>
<span class="absatzRechts">162</span><p class="absatzLinks">Die Kammer sieht keine durchgreifenden Bedenken gegen die Glaubhaftigkeit dieser Zeugen und die Glaubwürdigkeit ihrer Aussagen. Der Zeuge X hat eine einleuchtende Darstellung seines Wissens um die in Rede stehenden, mehr als 20 Jahre zurückliegenden Vorgänge gegeben. Seine Darstellung wird in weiten Teilen durch dem Gericht und den Prozeßbeteiligten vorliegende Unterlagen und Zeichnungen gestützt. Der Zeuge hat gleich eingangs seiner Vernehmung offengelegt, daß er zur Auffrischung seiner Erinnerung die Unterlagen der Beklagten über Entwicklung und Verkauf der Doppeltransportbandanlage eingesehen hat. Er hat insbesondere auch deutlich gemacht, wo er lediglich Rückschlüsse aus derartigen Unterlagen und aus ihm aus technischer Sicht einleuchtend erscheinenden Erwägungen gezogen hat. Die Einwände, die der Kläger gegen die Richtigkeit der Aussage des Zeugen X erhebt, sind nicht begründet. Zu Unrecht beanstandet der Kläger zunächst die Aussage des Zeugen, er sei im Jahre 1963 bei der Beklagten zu 2. als Geschäftsführer eingetreten und habe sich in dieser Eigenschaft mit dem Verkauf und der Entwicklung neuer Anlagen beschäftigt. Dazu habe auch die Entwicklung der hier in Rede stehenden Doppeltransportbandanlage gehört (Protokoll vom 11. März 1976, Bl. 1176 d.A.). Damit wollte der Zeuge erkennbar nicht zum Ausdruck bringen, die Doppel-transportbandanlage sei von ihm entwickelt worden, sondern lediglich seine Tätigkeit bei der laufenden Fortentwicklung der bereits vorhandenen Doppeltransportanlage ansprechen. Die Kammer vermag auch keinen Widerspruch zwischen der Aussage des Zeugen, er habe vor dem Umbau der Maschine persönlich Versuchen bei der Beklagten zu 1. mit dem Doppeltransportband nicht beigewohnt (Protokoll vom 11. März 1986, Bl. 1180 u. 1184 d.A.), und der als Anlage W 8? vorliegenden eidesstattlichen Versicherung des Zeugen vom 3. März 1967 zu sehen. Wenn es in dieser eidesstattlichen Versicherung heißt, bei der Erprobung in Leverkusen habe sich die (ergänze: noch nicht umgebaute) Maschine als einwandfrei brauchbar erwiesen, so kann dem nicht die Aussage entnommen werden, der Zeuge habe die Brauchbarkeit der Maschine durch Teilnahme an Versuchen bei der Beklagten zu 1. persönlich festgestellt. Noch weniger ist ein Widerspruch zwischen der Zeugenaussage und der Bekundung in der eidesstattlichen Versicherung zu sehen, nachdem die Maschinen gemäß seiner Konstruktion zunächst in Betracht kommenden Interessenten durch die Beklagte zu 1. angeboten worden seien, sei im November 1965 vereinbart worden, daß der Verkauf an die Kundschaft unmittelbar durch die Beklagte zu 2. vorgenommen werden solle. Diese Passage in der eidesstattlichen Versicherung weist keinerlei Bezug zu der Frage auf, ob der Zeuge X vor dem Umbau der Vorrichtung Versuchen bei der Beklagten zu 1. beigewohnt hat.</p>
<span class="absatzRechts">163</span><p class="absatzLinks">Es trifft auch nicht zu, daß, wie der Kläger meint, zwischen der Aussage des Zeugen X vom 11. März 1986 zur Größe des Spalts zwischen Winkel und Oberband (Bl. 1182 d.A.) und der Aussage des Zeugen zu diesem Thema bei seiner erneuten Vernehmung am 2. Juni 1986 (Bl. 1329/1330 d.A.) ein Widerspruch besteht. Der Zeuge hat bei seiner ersten Vernehmung aus den Zeichnungen H 295 b 650 und H 295 b 750 (Anlagen zum Verfahren 4 Q 14/67) abgeleitet, daß sich rechnerisch auf beiden Seiten ein Spalt von 2 mm ergebe und daß auf Grund von Fertigungstoleranzen auf beiden Seiten je ein Spalt von 2,5 bis 3 mm zu erwarten sei. Ein Spalt von 7 mm erscheine ihm unter der Voraussetzung, daß zeichnungsgerecht gearbeitet worden sei, nicht wahrscheinlich. In seiner Aussage vom 2. Juni 1986 hat der Zeuge X auf Vorhalt der Aussage des Zeugen X lediglich erklärt, die Aussage des Zeugen X, daß die in der Zeichnung H 295 b 750 mit der Bezugszahl 1 bezeichnete Lasche entfernt worden sei, sei in seinen Augen eine schlüssige Erklärung für den von den Beklagten angegebenen größeren Spalt von 7 mm. Ausgehend von der Richtigkeit der Aussage des Zeugen X hat der Zeuge X dann erklärt, es sei somit offensichtlich nicht zeichnungsgerecht gearbeitet worden. Zugleich hat er bekundet, sich persönlich an diese Einzelheiten nicht erinnern zu können. Ein Widerspruch zwischen den beiden Aussagen ist damit schlechterdings nicht erkennbar.</p>
<span class="absatzRechts">164</span><p class="absatzLinks">Die Kammer vermag auch nicht zu sehen, warum die Aussagen des Zeugen zum im übrigen im vorliegenden Zusammenhang nicht näher interessierenden Komplex X "in hohem Maße bedenklich" sein sollen. Wenn der Zeuge in diesem Zusammenhang (Protokoll vom 11. März 1986 (Bl. 1185/1186 d.A.) mehrfach deutlich gemacht hat, daß es sich bei seiner Aussage im wesentlichen um eine Rekonstruktion aus den ihm vorliegenden Unterlagen handele, so spricht dies nicht gegen den Zeugen, sondern für die Gewissenhaftigkeit seiner Aussage. Dies gilt auch für die vom-Kläger gesondert beanstandete Ergänzung des Zeugen zu diesem Komplex anläßlich seiner Aussage vom 2. Juni 1986 (Bl. 1332 d.A.). Schließlich sind auch aus der Aussage des Zeugen zur sogenannten X-Anlage keine durchgreifenden Bedenken gegen seine Glaubwürdigkeit abzuleiten, da diese Aussage, wie an anderer Stelle noch darzulegen sein wird, im wesentlichen mit den Aussagen der Zeugen X, X und X zu dem betreffenden Tatsachenkomplex übereinstimmt.</p>
<span class="absatzRechts">165</span><p class="absatzLinks">Ebensowenig wie die Aussage des Zeugen X geben die Aussagen der Zeugen X und X zu Bedenken Anlaß. Dem Umstand, daß der Zeuge X eingangs seiner Vernehmung am 03.06.1986 (Bl. 1381 d.A.) in allgemeiner Form erklärt hat, vor Erhalt seiner Ladung sei er von Seiten aer Beklagten nicht auf die heute zu diskutierenden Fragen angesprochen worden und später auf Befragen eine Erörterung des Gegenstandes seiner Vernehmung mit der Patentabteilung der Beklagten zu 1. im April 1983 eingeräumt hat (Bl. 1400/1401 d.A.), mißt die Kammer keine Bedeutung bei, da der Zeuge auf Grund des zeitlichen Abstands zu seiner erstmaligen Ladung am 7. September 1985 diese Unterredung bei seiner erstgenannten Aussage nicht in Betracht gezogen haben mag. Ähnliches gilt für den Zeugen X, zwischen dessen Aussage, er sei im Jahre 1980 oder 1981 von dem in der Patentabteilung der Beklagten zu 1. tätigen Diplom-Ingenieur X angesprochen worden (Protokoll vom 5. Juni 1986, Bl. 1490 d.A:)und der weiteren Aussage, er habe nach Erhalt der Ladung mit niemandem über die Themen des Beweisbeschlusses gesprochen (Protokoll vom 5. Juni 1986, Bl. 1489 d.A.), kein Widerspruch besteht. Schließlich ist auch nicht ersichtlich, daß die Aussage des Zeugen X, er sei nicht Maschinenführer am Doppeltransportband gewesen, im Widerspruch zu dem als Anlage G 48 im Nichtigkeitsverfahren in Fotokopie vorgelegten Journal und der Erklärung des Zeugen X anläßlich seiner polizeilichen Vernehmung (Anlage G 47 zum Nichtigkeitsverfahren) stünde, die Abkürzung "Ne 636" in dem Journal bedeute "X 636". In der polizeilichen Aussage hat der Zeuge X zu der Eintragung vom 23. September 1964 in dem Journal Anlage G 8 weiterhin erklärt, die Abkürzung "D.T. Band Kl." bedeute "Doppeltransportband Kl.: Abkürzung für den Maschinenführer, das war an dem Tag Herr X." Das zeigt, daß. die Abkürzung "X" gerade nichts über den Maschinenführer aussagen sollte und steht im Einklang mit der Bekundung des Zeugen X sowohl bei seiner polizeilichen Einvernahme (Anlage G 47), als auch vor der Kammer, er sei nicht Maschinenführer, sondern Vorarbeiter gewesen. Die Schlußfolgerungen des Klägers zur Unrichtigkeit der Aussage des Zeugen X entbehren daher der Grundlage. Auf Grund der Aussagen der Zeugen X und X steht ferner zur Überzeugung der Kammer fest, daß die in der Zeichnung H 295 b 750 mit der Bezugszahl 1 versehenen und von dem Zeugen X als "Abschlußplatten" oder "Distanzplatten" bezeichneten, ursprünglich an den Seiten des Oberbandes vorhandenen Bleche nach der Lieferung der Doppeltransportbandanlage von der Beklagten zu 2. an die Beklagte zu 1. von der Beklagten zu 1. demontiert wurden, so daß sich beidseitig ein Spalt von etwa 7 mm zwischen den Begrenzungswinkeln aes Unterbandes und dem Oberband ergab. Der Zeuge X hat hierzu anschaulich geschildert (Protokoll vom 2. Juni .1986, Bl. 1317 - 1324 Q.A.), daß die Abschlußplatten bei der Lieferung der Doppeltransportbandanlage an die Beklagte zu 1. falsch montiert gewesen seien, daß eine Korrektur bei der Beklagten zu 2. nicht mehr möglich gewesen sei, da die Anlage bereits zum Abtransport bereitgestanden habe, daß die Beklagte zu 1. sich bereit erklärt habe, die Ummontage selbst vorzunehmen und daß er schließlich bei einem späteren Besuch bei der Beklagten zu 1. festgestellt habe, daß die Abschlußplatten nicht ummontiert, sondern demontiert worden seien. Es ist ohne weiteres nachvollziehbar, daß dem Zeugen, der als Konstruktionsleiter der Beklagten zu 2. die Anlage konstruiert hatte, dieser besondere Sachverhalt in Erinnerung geblieben ist. Der Zeuge hat auch eine plausible Erklärung der Funktion der Distanzplatten gegeben, indem er ausgeführt hat, er habe sich bei der Konstruktion Gedanken darüber gemacht, wie weit der Spalt zwischen den seitlichen Begrenzungen des Ober- und des Unterbandes sein müsse, um die beiden Papierbahnen ohne Schwierigkeiten hindurchzuführen und ohne daß zuviel Schaum aus dem Spalt nach oben ausbrechen könne. Die Distanzplatten sollten dem Verfahrenstechniker die Möglichkeit geben, daß "Spiel" zwischen seitlicher Begrenzung des Oberbandes und den Winkeln des Unterbandes zu bestimmen, indem er gegebenenfalls Bleche schmalerer Dicke anschraubte. Bei Fehlen der Distanzplatten ergibt sich unter Berücksichtigung der aus der Zeichnung H 295 b 750 ersichtlichen Breite der Platten der von den Zeugen X (Protokoll vom 2. Juni .1986, Bl. 1 3 1 8 d.A.) und X (Protokoll vom 3. Juni 1986 (Bl. 1393/1394 d.A.) übereinstimmend bekundete Spalt von etwa 7 mm. </p>
<span class="absatzRechts">166</span><p class="absatzLinks">Der Zeuge X hat zu diesem Punkt lediglich -zutreffend - auf die Plausibilität der Aussage des Zeugen X hingewiesen. Ihrer Glaubhaftigkeit steht nicht im Wege, daß verschiedentlich, beispielsweise von dem Zeugen X anläßlich seiner Vernehmung vor dem Bundespatentgericht, von einem "schmalen" Spalt zwischen den Seitenleisten und der Folie des oberen Bandes die Rede ist. Auch ein Spalt von 7 mm ist ein schmaler Spalt. Bei der Aussage aes Zeugen X stand im Vordergrund, daß der Spalt lediglich Friktionsspalt sein sollte; nichts anderes hat aber auch der Zeuge X bekundet, wenn er erklärt hat, durch den Spalt hätten die beiden Papierbahnen ohne Schwierigkeiten hindurchgeführt werden können sollen, ohne daß zu viel Schaum aus dem Spalt nach oben ausbrechen konnte.</p>
<span class="absatzRechts">167</span><p class="absatzLinks">Nach alledem verfügte aber die Beklagte zu 1. mit der von der Beklagten zu 2. gelieferten Anlage bereits vor deren Umbau über eine Vorrichtung, mit der sämtliche der in der Anlage K 8 zur Anlage MvF 18 dargestellten Betriebsweisen gefahren werden konnten. Allein auf diese Eignung der Vorrichtung kommt es im vorliegenden Zusammenhang an. Damit besaßen die Beklagten eine Vorrichtung, die die Merkmale 1 und 2 des Vorrichtungsanspruchs aufwies und fernerhin "Stollen" hatte, die über den Rändern aes unteren Förderbandes (Merkmal 3-1) und im Abstand vom oberen Förderband (Merkmal 3.2) angeordnet waren, und zwar derart, daß die in Merkmal 3-3 in Bezug genommene Folienführung möglich war. Die Anlage entsprach damit Wortlaut gemäß dem Vorrichtungsanspruch.</p>
<span class="absatzRechts">168</span><p class="absatzLinks">Um diese Feststellung treffen zu können, bedurfte es nicht der Vernehmung der im Schriftsatz des Klägers vom 16. April 1986 (Bl. 1276 - 1290 d.A.) benannten weiteren Zeugen. Der dort benannte X ist lediglich als Zeuge für Rechtsbehauptungen des Klägers benannt, daß die Beklagten für ein bestimmtes Verfahren bzw. eine bestimmte Vorrichtung "kein Vorbenutzungsrecht geltend machen" könnten. Ein derartiger Beweisantritt ist unerheblich. Soweit sich der Kläger auf den Seiten 6-14 des genannten Schriftsatzes Vorbringen der Beklagten in Schriftsätzen aus den Jahren 1970 und 1972 unter Übernahme der dortigen Beweisantritte zu eigen macht, ist sein Vorbringen unschlüssig, da das dortige Vorbringen der Beklagten die von ihnen nach der Anmeldung des Klagepatents in den Verkehr gebrachten Vorrichtungen betraf, mit dem - wie vorstehend zu II 1. dargelegt, zu Unrecht - dargetan werden sollte, daß diese Vorrichtungen zur Ausübung des geschützten Verfahrens nicht geeignet waren. Soweit schließlich der Vorstandsvorsitzende der Beklagten zu 1. als Zeuge dafür benannt wird, daß die Anlagen der Beklagten vor Anmeldung des Klagepatents nicht zur Anwendung des geschützten Verfahrens geeignet gewesen seien und von den Merkmalen des Vorrichtungsanspruchs keinen Gebrauch gemacht hätten, ist dieses Vorbringen zum einen unsubstantiiert, zum anderen scheidet die allein in Betracht kommende Parteivernehmung deshalb aus, weil die Kammer, wie vorstehend dargelegt, das Gegenteil für erwiesen erachtet (§ 445 Abs. 2 ZPO). Die vorstehenden Darlegungen gelten entsprechend für die Doppeltransportbandanlage, wie sie von der Beklagten zu 1. seit dem Herbst 1964 benutzt worden ist. Insoweit steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest, daß bei einem Umbau Ende September, Anfang Oktober 1964, soweit im vorliegenden Zusammenhang von Interesse, bei der bereits vorhandenen Doppeltransportbandanlage lediglich die auf dem unteren Transportband aufgeschraubten, mitumlaufenden Winkel durch feststehende, seitenverstellbare Seitenleisten ersetzt worden sind. Dies haben die Zeugen X (Protokoll vom 2. Juni 1986, Bl. 1330 - 1332 d.A., unter Bezugnahme auf seine als Anlage W 8? vorliegende eidesstattliche Versicherung vom 3. März 1967), X (Protokoll vom 4. Juni 1986, Bl. 1452 d.A.), X (Protokoll vom 4. Juni 1986, Bl. 1464/1465 d.A., und Protokoll vom 5. Juni 1986, Bl. 1479/1480 d.A.), X (Protokoll vom 5. Juni 1986, Bl. 1485/1486 d.A., unter Bezugnahme auf seine Zeugenaussage vor dem Bundespatentgericht, Anhang zur Anlage W 22) und X (Protokoll vom 5. Juni 1986, Bl. 1493 d.A.) übereinstimmend bekundet. Darüberhinaus haben auch die bei dem Umbau tätigen Zeugen X (Protokoll vom 3. Juni 1986, Bl. 1378 - 1380 d.A., unter Bezugnahme auf seine als Anlage W 82 a vorliegende eidesstattliche Versicherung vom 20. März 196?) und X (Protokoll vom 3. Juni 1986, Bl. 1410 - 1412 d.A.) den Umbau der Seitenbegrenzungen bestätigt. Der Zeuge X hat zwar gemeint, umgebaut worden sei nicht die in der Fotographie Anlage K 9 zur Anlage MvF 18 dargestellte Anlage, sondern vielmehr eine bereits hydraulisch arbeitende Doppeltransportbandanlage. Da jedoch das gesamte übrige Ergebnis der Beweisaufnahme dafür spricht, daß die aus dem Foto Anlage K 9 zur Anlage MvF 18 ersichtiche Anlage umgebaut worden ist, ist die Kammer davon überzeugt, daß der Zeuge X, der nach seiner eigenen Aussage zum damaligen Zeitpunkt "viel auf Montage war", insoweit einer Verwechslung zwischen der älteren, bei der Beklagten zu 1. vorhandenen Anlage und späteren hydraulisch betriebenen Anlagen unterlegen ist. Es liegt nahe, daß die jüngeren, hydraulisch arbeitenden Anlagen dem Zeugen besser im Gedächtnis geblieben sind als die ältere Anlage, die noch mit Spindeln in ihrer Höhe verstellbar war. Daß seine Erinnerung den Zeugen insoweit ohne weiteres täuschen kann, zeigt auch der Umstand, daß der Zeuge auf die Fragen des Prozeßbevollmächtigten des Klägers, ob eine "kleine Anlage", wie aus dem Foto Anlage K 9 zur Anlage MvF 18 ersichtlich, oder eine "große Anlage", wie aus der Anlage K 22 zur Anlage MvF 18 ersichtlich, umgebaut worden sei, zur Antwort gegeben hat: "Normalerweise müßte es die größere gewesen sein, weil an dieser Anlage die Hydraulik angebracht war". Dies zeigt, daß der Zeuge auch über keine bestimmte Größenvorstellung von der umgebauten Anlage mehr verfügte, sondern lediglich versuchte, die Anlage in eine von zwei ihm vorgegebene Kategorien einzuordnen. Dementsprechend hat er dann auch auf die zweimal gestellte Frage des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten, wie lang die umgebaute Doppeltransportanlage gewesen sei, beim ersten Mal zur Antwort gegeben, sie müsse normalerweise länger gewesen sein als die aus dem Foto Anlage K 9 zur Anlage MvF 18 ersichtliche Anlage, weil bei der umgebauten die Hydraulikzylinder vorhanden gewesen seien, und beim zweiten Mal, wenn die Anlage nach der Zeichnung gemäß Anlage K 22 zur Anlage MvF 18 gefertigt worden sei, dann sei sie länger als diejenige gewesen, die aus der Anlage K 9 zur Anlage MvF 18 ersichtlich sei.</p>
<span class="absatzRechts">169</span><p class="absatzLinks">Veranlassung, den Zeugen X zu vereidigen (§ 391 ZPO), bestand indessen nicht. Die Kammer ist davon überzeugt, daß der Zeuge X nach bestem Wissen ausgesagt und sich in seiner Erinnerung insoweit, was nach 20 Jahren ohne weiteres verständlich erscheint, getäuscht hat. Danach ergibt sich, daß die Beklagten sowohl vor als auch nach dem Umbau über eine Doppeltransportbandanlage verfügten, auf der das Verfahren nach dem Klagepatent ausgeübt werden konnte. Da die Beklagten diese Anlage, wie zwischen den Parteien auch nicht streitig ist, sowohl vor als auch nach dem Umbau Interessenten vorgeführt und auch angeboten haben, waren sie grundsätzlich auch nach der Bekanntmachung aes Klagepatents dazu berechtigt, diese Anlage feilzuhalten und in den Verkehr zu bringen.</p>
<span class="absatzRechts">170</span><p class="absatzLinks">3.</p>
<span class="absatzRechts">171</span><p class="absatzLinks">Dagegen stand den Beklagten ein Vorbenutzungsrecht an dem erfindungsgemäßen Verfahren nicht zu. Dabei mag dahinstehen, ob sich die Beklagten vor dem Prioritätstage des Klagepatents im Erfindungsbesitz befanden. Jedenfalls hatten sie die Erfindung weder in Benutzung genommen noch die dazu erforderlichen Veranstaltungen getroffen (§ 7 Abs. 1 Satz 1 PatG 1968). Das ergibt bereits der eigene Sachvortrag der Beklagten. Denn die Beklagten haben stets betont, sie hätten einen Schaumaustritt durch den Spalt zwischen Oberband und Seitenbegrenzung als nachteilig erachtet und diesen Spalt weder vor noch nach dem Prioritätstage des Klagepatents als Ventilspalt einsetzen wollen. Ohne den Einsatz eines hinreichend großen Spaltes als Regulativ bei zu hohem Schaumdruck kann es aber eine Benutzung des Erfindungsgedankens des Verfahrensanspruchs nicht geben. Für eine derartige Funktion des Spalts bei Benutzungshandlungen der Beklagten vor Anmeldung des Klagepatents hat im übrigen auch die Beweisaufnahme keine Anhaltspunkte ergeben. Vielmehr haben verschiedene Zeugen, wie etwa der Zeuge X (Protokoll vom 11. März 1986, Bl. 1184/1185 d.A.) betont, der Spalt zwischen den Kaschierungsbahnen habe so klein wie möglich sein sollen, um kostspielige Materialver¬luste zu vermeiden. Insbesondere die Zeugen X (Protokoll vom 11. März 1986, Bl. 1186 d.A.) und X(Protokoll vom 5. Juni 1986, Bl. 1477/1478 d.A.) haben erläutert, warum bei dieser Zielvorstellung überhaupt eine Z-förmig gefaltete Folie verwandt worden ist, nämlich um bei der Verwendung "edler Deckschichten", wie etwa Aluminium, Linoleum oder auch Dachpappe eine Haftung zwischen Schaum und oberer Deckschicht über die gesamte Plattenbreite zu erreichen, ohne die Platte in Seitenbereichen mit mangelhafter Haftung abschneiden zu müssen. Wenn infolge dessen zur Erreichung einer Haftung der Deckschicht über die gesamte Breite der Platte ein gewisser Schaumaustrieb in den Bereich zwischen Oberfolie und Z-förmig nach außen gefalteter Unterfolie oder entsprechenden Randstreifen in Kauf genommen worden ist, so hat dies mit dem erfindungsgemäßen Verfahren eines freien Schaumaustritts zur Druckregulierung nichts zu tun. Auch soweit andere Zeugen, wie beispielsweise der Zeuge X (Protokoll vom 13. März 1986 , Bl. 1195 d.A.) von einem stärkeren Schaumaustritt gesprochen haben, haben sie diesen Schaumaustritt als "ungelöstes Problem" oder, so der Zeuge X wörtlich, "große Schweinerei" wahrgenommen. Für einen bewußten Einsatz des Spalts als Ventilspalt durch die Beklagten gibt dies nichts her. Damit erledigt sich zugleich der hilfsweise vorgebrachte Einwand der Beklagten, der Kläger habe das erfindungsgemäße Verfahren anläßlich seiner Besuche bei der Beklagten zu 1. widerrechtlich entnommen.</p>
<span class="absatzRechts">172</span><p class="absatzLinks">4.</p>
<span class="absatzRechts">173</span><p class="absatzLinks">Da die Beklagten somit zwar grundsätzlich die er-findungsgemäße Vorrichtung, nicht aber das erfindungsgemäße Verfahren feilhalten und in den Verkehr bringen durften, unterlag auch das Recht der Beklagten, die Vorrichtung zu benutzen, denjenigen Schranken, die zum Tatbestand der mittelbaren Patentverletzung im Sinne des Patentgesetzes 1968 entwickelt worden sind.</p>
<span class="absatzRechts">174</span><p class="absatzLinks">Nach allgemeiner Auffassung stellt die (heute in § 10 PatG 1981 geregelte) mittelbare Patentverletzung auch einen Verstoß gegen § 6 PatG 1968 dar (siehe BGH, GRUR 1969, 148, 151 - Schießbolzen; BGH, GRUR 1982, 166 - Rick - sowie die Nachweise bei Benkard, Patentgesetz, 6. Auf 1., § 6 Rdnr. 50 und 53) • Eine mittelbare Patentverletzung kommt in Betracht, wenn ein erfindungsfunktionell individualisierter Gegenstand gewerbsmäßig in den Verkehr gebracht wird und der Vertreiber weiß oder wissen muß, daß der Gegenstand vom Abnehmer in patentverletzender Weise benutzt wird oder benutzt werden kann (vgl. BGH, GRUR 1961, 627 - Metallspritzverfahren). Sind diese Voraussetzungen gegeben, so hängt es von den Umständen des Einzelfalles ab, unter welchen Voraussetzungen der erfindungsfunktionell individualisierte Gegenstand in den Verkehr gebracht werden darf. Grundsätzlich ist der Vertrieb zulässig, wenn der Lieferant dem Abnehmer die patent verletzende Nutzungsmöglichkeit bekannt gibt und durch geeignete Maßnahmen Vorsorge gegen eine patentverletzende Benutzung trifft (BGH, a.a.O.).</p>
<span class="absatzRechts">175</span><p class="absatzLinks">Die von den Beklagten vertriebenen Vorrichtungen waren, wie bereits ausgeführt, zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens geeignet. Es kann dahinstehen, ob grundsätzlich die Ausrüstung einer derartigen Vorrichtung mit einem Gegendrucksystem bereits ausgereicht hätte, um hinreichende Vorsorge gegen eine patent verletzende Benutzung der Vorrichtung durch die Abnehmer zu treffen. Im vor-liegenden Fall reichte diese Maßnahme jedenfalls deswegen nicht aus, weil die Beklagten, wie vor-stehend zu II 1. dargelegt, ihre Abnehmer ausdrücklich darauf hingewiesen haben, daß sie auch berechtigt seien, auf den Vorrichtungen das erfindungsgemäße Verfahren auszuüben. Damit haben die Beklagten die von ihnen selbst getroffenen Vorkehrungen gegen eine Benutzung des Verfahrensanspruchs selbst wieder aufgehoben. Hierdurch hatten die Beklagten aber eine derart hohe Gefahr der Verletzung des Verfahrensanspruchs des Klagepatents geschaffen, daß der Kläger bis zum Ablauf der Schutzdauer des Klagepatents von den Beklagten verlangen konnte, die Vorrichtungen künftig nur noch dann in den Verkehr zu bringen, wenn sie ihre Abnehmer ausdrücklich verpflichteten, auf diesen Vorrichtungen das erfindungsgemäße Verfahren nicht auszuüben. Nur mit dieser Einschränkung durften die Beklagten auch die erfindungsgemäßen Vorrichtungen weiter feilhalten. Diese Einschränkung ihrer Betätigungsfreiheit war den Beklagten auch zuzumuten, weil sie durch ihr vorheriges Verhalten die Gefahr einer Patentverletzung durch ihre Abnehmer selbst gesteigert hatten. Insgesamt ist hiernach der Antrag des Klägers, die Erledigung seines Unterlassungsbegehrens festzustellen, überwiegend begründet.</p>
<span class="absatzRechts">176</span><p class="absatzLinks">III.</p>
<span class="absatzRechts">177</span><p class="absatzLinks">Dagegen steht dem Kläger ein Schadensersatzanspruch aus § 47 Abs. 2 PatG 1968 nicht zu, da nicht festgestellt werden kann, daß die Beklagten aas Klagepatent s c h u 1 d h a f t der Vorschrift des § 6 PatG 1968 zuwider benutzt haben. Im Vergleich vom 9. April 1968 (Anlage W 19) hatte der Kläger den Beklagten eine nicht ausschließliche Freilizenz am Klagepatent mit dem Recht zur Vergabe von Unterlizenzen an die Abnehmer der von den Beklagten gelieferten Doppeltransportbandanlagen eingeräumt. Auf Grund dessen durften sich die Beklagten für berechtigt halten, das Klagepatent auch über den Umfang ihres privaten Vorbenutzungsrechts hinaus zu benutzen. Eine schuldhafte Verletzung des Klagepatents käme nur dann in Betracht, wenn die Beklagten gewußt hätten oder jedenfalls hätten wissen müssen, daß der Vergleich entweder von Anfang an unwirksam oder aber</p>
<span class="absatzRechts">178</span><p class="absatzLinks">nachträglich wirksam beendet worden war. Weder das eine noch das andere hat der insoweit beweispflichtige Kläger nachgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">179</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">180</span><p class="absatzLinks">Eine schuldhafte Patentverletzung kann nicht mit dem Vorwurf begründet werden, die Beklagten hätten den vom Oberlandesgericht angenommenen Verstoß der in Abs. 2 des Vergleichs vereinbarten Nichtangriffsklausel gegen Art. 85 Abs. 1 EWG-Vertrag und die hieraus abgeleitete Gesamtnichtigkeit des Vertrages gekannt oder kennen müssen. Daß die Beklagten die Unwirksamkeit des Vertrages positiv gekannt hätten, ist nicht dargetan. In Betracht kommt daher nur der Vorwurf, die Beklagten hätten bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt die Kartellrechtswidrigkeit des Vertrages erkennen können. Damit kann ein Verschulden der Beklagten jedoch nicht begründet werden. Soweit ersichtlich, haben sich Rechtsprechung und Literatur noch nicht näher mit der Frage befaßt, ob die Benutzung eines Patents durch den Lizenznehmer auf Grund eines aus kartellrechtlichen Gründen unwirksamen Lizenzvertrages eine schuldhafte Patentverletzung darstellt. Ohne nähere Begründung hat Bruchhausen (in GRUR 1963t 561, 562) die Benutzung der Erfindung in einem derartigen Fall als nicht schuldhaft bezeichnet; im Anschluß an seine Ausführungen bezeichnen auch Benkard-Rogge (Patentgesetz, 7. Aufl., § 139 Rdnr. 10) die Benutzung einer Erfindung auf Grund eines nichtigen Lizenzvertrages als in der Regel nicht schuldhaft. Osterloh (in GRUR 1985, 707) hat zum Patentgesetz 1981 die Auffassung vertreten, in einem derartigen Falle fehle es an einer Benutzung der geschützten Lehre "ohne Zustimmung des Patentinhabers" (§ 9 Abs. 1 Satz 2 PatG 1981), weil die Zustimmung im Sinne dieser Vorschrift die rein tatsächliche Einwilligung in die Benutzung sei, die in ihrer Wirksamkeit von dem rechtlichen Bestand des ihr zugrundeliegenden Vertrages unabhängig sei. Die Kammer schließt sich jedenfalls für den hier vorliegenden Fall der Auffassung von Bruchhausen und Rogge an.</p>
<span class="absatzRechts">181</span><p class="absatzLinks">Dabei bedarf keiner Erörterung, ob die Beklagten, was sie in Abrede stellen, hätten erkennen können, daß die Nichtangriffsabrede sich auch auf ausländische Schutzrechte des Klägers erstreckte. Es kann auch dahinstehen, ob die Beklagten nicht jedenfalls seit 1972 auf Grund der veröffentlichten Entscheidungspraxis der Kommission der Europäischen Gemeinschaften die kartellrechtlichen Bedenken gegen die Nichtangriffs¬klausel hätten erkennen können. Selbst wenn man dies annimmt, sind die Beklagten dem Kläger aus diesem Grunde nicht zum Schadensersatz verpflichtet.</p>
<span class="absatzRechts">182</span><p class="absatzLinks">Eine fahrlässige Patentverletzung setzt einen Verstoß des Verletzers gegen die im Verkehr erforderliche Sorgfalt C.§ 276 BGB) voraus. Bei der Verletzung gewerblicher Schutzrechte stellt die Rechtsprechung in der Regel hohe Anforderungen an die Sorgfaltspflichten eines Gewerbetreibenden und legt ihm umfängliche Nachforschungs- und Prüfungspflichten auf. Bei Bestehen eines -unerkannt unwirksamen -Lizenzvertrages liegt der Sachverhalt jedoch anders als in den sonstigen Fällen von Schutzrechtsverletzungen. Hier geht es nicht um die Sorgfaltspflichten eines Gewerbetreibenden gegenüber einer prinzipiell offenen Zahl möglicher Schutzrechtsinhaber, sondern um das Verhältnis der Pflichten zweier faktisch in vertragliche Beziehungen getretenen Parteien zueinander. Die im Verkehr erforderliche Sorgfalt, die einem Lizenznehmer, wie es die Beklagten auf Grund des Vergleichs vom 9. April 1968 (auch) waren, gegenüber dem Lizenzgeber obliegt, ist danach zu bemessen, welche Rücksicht auf Rechte und Interessen des Lizenzgebers vom Lizenznehmer billigerweise erwartet werden muß. Mit der Lizenzvergabe hat aber der Lizenzgeber der Benutzung der geschützten Lehre durch den Lizenznehmer tatsächlich zugestimmt. Gegenüber dem Lizenzgeber darf der Lizenznehmer damit in die Benutzung eintreten, ohne sich ihrer Rechtmäßigkeit nochmals versichern zu müssen, sofern er nicht etwa, was hier jedoch nicht nachgewiesen ist (unten zu III 4.), die Zustimmung aes Lizenzgebers in unlauterer Weise erwirkt hat. Es ist demgegenüber Sache des Lizenzgebers, auf Bedenken hinzuweisen, die hinsichtlich der Wirksamkeit der Benutzungsgestattung von Anfang an obwalten oder nachträglich auftreten, soweit sich hiermit der Vorwurf einer dem Lizenzgeber gegenüber schuldhaften Verletzung aes lizensierten Schutzrechts durch den Lizenznehmer verbindet und die Bedenken für den Lizenzgeber so gut wie für den Lizenznehmer erkennbar sind. Erhebt der Lizenzgeber derartige Bedenken - bewußt oder weil auch er nicht auf sie gestoßen ist - nicht, kann er hieraus auch nicht gegenüber dem Lizenznehmer den Vorwurf einer fahrlässigen Schutzrechtsverletzung ableiten. Denn es erscheint mit einer angemessen Verteilung der Pflichten zwischen den Vertragspartnern nicht vereinbar, vom Lizenznehmer aus patentrechtlichen Gründen (§§ 47 Abs. 2 PatG 1968, 139 Abs. 2 PatG 1981) zugunsten des Lizenzgebers die Überprüfung des von diesem durch Mitwirkung an dem Vertragsschluß gesetzten Rechtsscheins einer wirksamen Benutzungsgestattung zu verlangen.</p>
<span class="absatzRechts">183</span><p class="absatzLinks">Im vorliegenden Fall hat aber auch der Kläger erstmalig mit Schriftsatz vom 6. Juli 1983 und damit erst gute 2 Wochen vor Ablauf der Schutzdauer des Klagepatents geltend gemacht, daß die Nichtangriffs-abrede in Nr. 2 der Vereinbarung vom 9. April 1968 gegen Art. 85 Abs. 1 EWG-Vertrag verstoße. Erst von diesem Zeitpunkt an kommt gegenüber den Beklagten der Vorwurf in Betracht, sie hätten die Kartellrechtswidrigkeit der Nichtangriffsabrede nicht nur erkennen können, sondern auch erkennen müssen. Daß die Beklagten indessen im Zeitraum zwischen dem 6. und dem 22. Juli 1983 noch patentverletzende Handlungen begangen hätten, ist nicht dargetan.</p>
<span class="absatzRechts">184</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">185</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten haben das Klagepatent auch nicht deshalb schuldhaft verletzt, weil sie davon ausgehen mußten, daß der Vergleich vom 9. April 1968 jedenfalls durch die Kündigungserklärung des Klägers vom 11. Januar 1974 beendet worden war. Denn die vom Kläger angeführten Kündigungsgründe waren nicht geeignet, die von ihm ausgesprochene Kündigung zu rechtfertigen. Der Vergleich vom 9. April 1968 begründete durch die gegenseitige Lizenzvergabe ein Dauerschuldverhältnis zwischen den Parteien. Ein derartiger Vertrag kann zwar wie jedes Dauerschuldverhältnis aus wichtigem Grund gekündigt werden (BGH, GRUR 1959, 616, 617 -Metallabsatz). Die Anforderungen an einen die Kündigung rechtfertigenden Grund sind jedoch unter-schiedlich, je nach dem, ob es sich um ein gesellschaftsähnliches Rechtsverhältnis, einen langfristigen Lizenzvertrag, der ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen den Vertragsparteien begründet oder um einen bloßen Leistungsaustauschvertrag handelt (siehe hierzu Benkard-Ullmann, Patentgesetz, 7. Aufl., § 15 Rdnr. 113 ff m.w.N.). Die Vereinbarung vom 9. April 1968 gehört in die letztere Kategorie, da sie weder ein gesellschaftsähnliches Rechtsverhältnis zwischen den Parteien begründete, noch ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen ihnen voraussetzte. Ein derartiger Vertrag kann nur dann durch eine außerordentliche Kündigung beendet werden, wenn seine Grundlagen durch das Verhalten eines Vertragspartners so schwer erschüttert worden sind, daß der anderen Vertragspartei das Festhalten am Vertrag auch unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles nicht zuzumuten ist. Die vorzeitige Kündigung kommt nur als ultima ratio in Betracht, wenn der Kündigende alle Mittel, zu einem verständigen Ausgleich der widerstreitenden Interessen der Vertragspartner zu gelangen, ausgeschöpft hat (Benkard-Ullmann, a.a.O., § 15 Rdnr. 116).</p>
<span class="absatzRechts">186</span><p class="absatzLinks">Die Weigerung der Beklagten, die vom Kläger beanspruchten Lizenzzahlungen für Auslandsgeschäfte zu leisten, ist nicht geeignet, die Kündigung des Vertragsverhältnisses zu rechtfertigen. Denn wie sich aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 25. Januar 1977 (Anlage B 3) ergibt, sind die zwischen den Parteien insoweit streitigen Fragen nach wie vor ungeklärt. Der Kläger hat weder dieses, nach Aufhebung des Urteils des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 28. November 1972 wieder beim Oberlandesgericht anhängige Verfahren noch das von ihm selbst unter dem Aktenzeichen 4 0 139/73 bei der Kammer anhängig gemachte und auf Antrag des Klägers vom 21. Mai 1974 zum Ruhen gebrachte Verfahren wieder aufgenommen. Diese Möglichkeiten mußte der Kläger jedoch vor einer Kündigung des Lizenzvertrages aufgreifen. Denn Streitigkeiten über den Umfang der beiderseitigen Rechte und Pflichten aus einem Lizenzvertrag berechtigen grundsätzlich nicht ohne weiteres zur Kündigung, sondern sind von den Vertragsparteien zunächst auf den von der Rechtsordnung hierfür zur Verfügung gestellten Wegen auszutragen. Nur wenn ein derartiges Bemühen keinerlei Erfolg verspricht oder einem Vertragspartner nicht mehr zuzumuten ist, kommt eine Kündigung des Lizenzvertrages in Betracht. Weder für die eine noch für die andere Voraussetzung ist hier etwas ersichtlich.</p>
<span class="absatzRechts">187</span><p class="absatzLinks">3.</p>
<span class="absatzRechts">188</span><p class="absatzLinks">Ebensowenig kann die Kündigungserklärung vom 11. Januar 1974 durch den im Rechtsstreit nachträglich vorgebrachten Kündigungsgrund, die vom Kläger behauptete Unterstützung der Nichtigkeitsklägerin X durch die Beklagten, gerechtfertigt werden.</p>
<span class="absatzRechts">189</span><p class="absatzLinks">Zwar läßt die Rechtsprechung ein derartiges Nach-schieben von Kündigungsgründen grundsätzlich zu. Voraussetzung hierfür ist jedoch, daß der nachträglich geltend gemachte Kündigungsgrund im Zeitpunkt der Kündigung bereits bestand, wenn er dem Kündigenden auch noch nicht bekannt war (BGHZ 27, 220, 223; BGHZ 40, 13). Der Kläger hat jedoch für eine Unterstützung der Nichtigkeitsklägerin X durch die Beklagten vor dem 11. Januar 1974 nichts substantiiertes vorgetragen. Seine an die als Anlage W 24 überreichte, unter dem 21. März 1974 nochmals unterzeichnete gutachtliche Äußerung des Herrn X vom 4. Juli 1967 anknüpfende Annahme, nach der Lebenserfahrung reiche die Zusammenarbeit der Beklagten und der Nichtigkeitsklägerin in die Zeit vor dem 11. Januar 1974 zurück, ist eine bloße, nicht näher begründete Spekulation, der sich ein konkreter Sachvortrag über ein Zusammenwirken der Beklagten mit der Firma X nicht entnehmen läßt.</p>
<span class="absatzRechts">190</span><p class="absatzLinks">Soweit der Kläger geltend macht, die Beklagten hätten die Firma X durch die gutachtliche Äußerung vom 21. März 1974 (Anlage W 24) sowie durch Einflußnahme auf das in dem durch die Firma X angestrengten Nichtigkeitsverfahren in der Berufungsinstanz überreichte Privatgutachten des Herrn Dr. X unterstützt, kann hierin lediglich eine erneute Kündigungserklärung gesehen werden, die vom Kläger gegenüber den Beklagten mit Zustellung der Klageschrift am 7. Januar 1980 abgegeben worden ist. Denn die Geltendmachung von Kündigungsgründen, die zum Zeitpunkt der erklärten Kündigung-., noch nicht bestanden und mit dem damals erklärten Kündigungsgrund in keinem Zusammenhang stehen, vermag die erklärte Kündigung nicht nachträglich zu rechtfertigen, sondern kann lediglich als neue Kündigung angesehen werden (BGH, NJW 1961, 307).</p>
<span class="absatzRechts">191</span><p class="absatzLinks">Die Kündigungserklärung vom 7. Januar 1980 konnte aber die Vereinbarung vom 9. April 1968 schon deshalb nicht beenden, weil sie nicht rechtzeitig erfolgte. Nach allgemeiner Auffassung muß eine Kündigung aus wichtigem Grund, wenn auch nicht sofort, so doch in angemessener Frist erklärt werden (BGH NJW</p>
<span class="absatzRechts">192</span><p class="absatzLinks">1951, 836; BGH WM 1967, 516, 517; BGHZ 71, 206, 211; Staudinger-Schmidt, BGB, 12. Aufl., §242 Rdnr. 1164); unter Umständen kann für die Länge der Frist § 626 Abs. 2 BGB einen Anhalt geben (Palandt-Heinrichs, BGB, 45. Aufl., § 242 Anm.. 4 F). Zum Zeitpunkt der (zweiten) Kündigungserklärung war dem Kläger nicht nur die gutachtliche Äußerung vom 21. März 1974, die nach seinem Vorbringen im Nichtigkeitsverfahren vorgelegt wurde, lange bekannt. Er hatte auch ausweislich der als Anlage W 20 d vorgelegten Niederschrift einer Besprechung vom 27. Oktober 1977 seit langem Kenntnis von der von ihm behaupteten Einflußnahme der Beklagten zu 1. auf das Gutachten des Herrn X, das mit Schriftsatz vom 8. September 1977 (Anlage W 20 a) in das Nichtigkeitsverfahren eingeführt worden war. Schließlich waren mehr als 1 1/2 Jahre vergangen, nachdem der Bundesgerichtshof die Nichtigkeitsklage der Firma X mit Urteil vom 11. Mai 1978 endgültig abgewiesen hatte. Ein derartiges Zuwarten kann nicht mehr als Kündigung innerhalb einer angemessen Frist angesehen werden. Dies gilt zumal in Anbetracht des Umstandes, daß das Gutachten X für das Nichtigkeitsverfahren offenbar keine erhebliche Bedeutung gewonnen hatte und die Aussage des Herrn X gerade entscheidend dazu beigetragen hatte, daß sowohl Bundespatentgericht als auch Bundesgerichtshof eine offenkundige Vorbenutzung des Gegenstands des Klagepatents verneint hatten. Wenn der Kläger gleichwohl auf die von ihm behauptete Unterstützung der Nichtigkeitsklage durch die Beklagten eine außerordentliche Kündigung des Lizenzvertrages stützen wollte, so durfte er damit nicht mehr als 1 1/2 Jahre warten. Es kann daher dahinstehen, ob das Vorbringen des Klägers, seine von den Beklagten bestrittene Richtigkeit unterstellt, geeignet gewesen wäre, eine fristlose Kündigung des Lizenzvertrages zu rechtfertigen. Da der Kläger eine derartige Kündigung nicht binnen angemessener Frist erklärte hatte, brauchten die Beklagten auch aus diesem Grunde nicht von einer Beendigung des Lizenzvertrages auszugehen.</p>
<span class="absatzRechts">193</span><p class="absatzLinks">4.</p>
<span class="absatzRechts">194</span><p class="absatzLinks">Nach dem nunmehrigen Ergebnis der Beweisaufnahme vermag die Kammer auch nicht mehr die Überzeugung zu gewinnen, daß die Beklagten den Kläger bei Abschluß des Vergleichs vom 9. April 1968 arglistig getäuscht haben (§ 123 BGB).</p>
<span class="absatzRechts">195</span><p class="absatzLinks">Die Kammer hat bereits in ihrem Hinweisbeschluß vom 17. Februar 1981 (Bl. 181, 182 d.A.) darauf hingewiesen, daß eine die Anfechtung des Vergleichs wegen arglistiger Täuschung rechtfertigende Täuschungshandlung der Beklagten allenfalls in der Darstellung der Beklagten zu 2. in der Einspruchsbegründung vom 15. November 1967 (Anlage B 2) auf den Seiten 7 und 8 gesehen werden könnte. Sie hat damit zum Ausdruck gebracht, daß dem vom Kläger zunächst in erster Linie angeführten Vorbringen der Beklagten zu 2. in den Rechtsstreiten 4 Q 14/67 und 4 0 46/67 eine arglistige Täuschung des Klägers nicht zu entnehmen sei; hieran ist festzuhalten. In der vom Kläger zur Stützung seiner Behauptung, ihm sei ein umfassendes Vorbenutzungsrecht vorgespiegelt worden, herangezogenen Klageschrift vom 7. März 1967 (Anlage W 13) wird lediglich die Überlassung der Doppeltransportbandanlage von der Beklagten zu 2. an die Beklagte zu 1. und der Umbau der Seitenbegrenzungen dieser Anlage Ende September/Anfang Oktober 1964 vorgetragen; dieser Vortrag war, wie oben zu II 2 dargelegt, richtig. Ebenso zutreffend war der Vortrag zu dem Feilhalten dieser Anlage gegenüber Drittfirmen. Die Antragsschrift in dem Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung (Anlage W 14) enthält kein weitergehendes Vorbringen.</p>
<span class="absatzRechts">196</span><p class="absatzLinks">Die in dem Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung in zweiter Instanz vorgelegte gutachtliche Äußerung des Herrn X vom 14. Juli 1967 (Anlage W 17 a) war bereits deshalb nicht geeignet, den Kläger über Bestehen oder Umfang eines Vorbenutzungsrechts der Beklagten zu täuschen, weil sich die gutachtliche Äußerung mit einer völlig anderen Frage befaßt, nämlich mit Versuchen zur technischen Brauchbarkeit der Lehre des Gebrauchsmusters X (Anlage W 2). Dementsprechend ist die gutachtliche Äußerung mit Schriftsatz der Beklagten vom 11. Juli 1967 auch im Zusammenhang mit der Darlegung der Beklagten zu 2. überreicht worden, daß die Teilaufgabe des Gebrauchsmusters, Platten mit möglichst geringem Raumgewicht herzustellen, vernünftigerweise mit dem Spalt zwischen Stollen und oberem Förderband (Schutzanspruch 2 des Gebrauchsmusters) nicht gelöst werden könne (Anlage W 18 e, Seiten 7 - 9). Soweit schließlich in der Berufungserwiderung (Anlage W 18 e) unter Bezugnahme auf die jetzt als Anlage K 22 zur Anlage MvFJl8 überreichte Zeichnung 13/465.02 davon die Rede ist die umgebaute vorbenutzte Anlage habe einen Friktionsspalt zwischen Stollen und Oberband von 4 mm aufgewiesen, der der Vermeidung von Friktionen gedient habe und weiter zur Hindurchführung der oberen Folie sowie der gefalteten Seitenfolie bestimmt gewesen sei, diese Maschine sei bestimmt gewesen für ein Verfahren ohne seitlichen Schaumaustritt, es seien verschiedene Folienführungen möglich gewesen, auch vierbahnige mit Z-förmigen Seitenstreifen und in flüssigem oder teigigem Zustand habe die Schaumstoffmasse auch durch den an sich nur zur Vermeidung von Friktion und für die Durchführung der Folien bestimmten Spalt von 4 mm nach der Werkstattzeichnung 13/465.02 durchtreten können (Seiten 10, 11, 13 und 15 der Anlage W 18 e), hat die Beklagte zu 2. zunächst wiederum zutreffende Ausführungen zu Merkmalen der vorbenutzten Vorrichtung gemachten, die deren Eiggung zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahren betreffen. Soweit in dem Schriftsatz darüberhinaus von einer Z-Faltung der Seitenstreifen gesprochen wird, wird damit noch kein Sachverhalt vorgetragen, der ein Vorbenutzungsrecht an dem erfindungsgemäßen Verfahren begründen könnte. Im übrigen ist, wie im Zusammenhang mit dem Einspruchsvorbringen der Beklagten zu 2. noch darzulegen sein wird, nicht nachgewiesen, daß die Beklagten vor dem Prioritätstag des Klagepatents nicht über eine Verfahrensweise mit Z-förmig nach außen geführten Seitenstreifen verfügten. Gerade durch die diesbezügliche Behauptung der Beklagten zu 2. will der Kläger aber getäuscht worden sein, wenn er in der Klageschrift vorträgt, er sei bewußt und planmäßig in den Glauben versetzt worden, es sei vorbekannt gewesen, den Randstreifen Z-förmig in den Spalt hineinragen zu lassen und derart von den wesentlichen Merkmalen der Erfindung Gebrauch zu machen (Bl. 24 d.A.). Auch in dem vom Kläger weiterhin angeführten Schriftsatz der Beklagten zu 2. vom 25. Oktober. 1967 (Anlage W 76) ist mit Bezug auf die an die Firma X gelieferte Maschine lediglich davon die Rede, daß die untere Folie Z-förmig nach außen gefaltet worden sei und obere Folie wie Seitenfolie zwischen der feststehenden Seitenbegrenzung und dem Oberband in einem Spalt gelaufen seien, dessen Bemessung von Anfang an so eingestellt worden sei, daß die Durchbiegung des oberen Bandes im Stillstand sowie die Friktion berücksichtigt worden seien. Es wird somit wiederum - nunmehr bezogen auf eine bestimmte Lieferung - die Z-förmige Folienfaltung in den Spalt behauptet, auf die vorstehend bereits eingegangen wurde. Schließlich enthält der Einspruch der Beklagten zu 1. (Anlage B 1) - nunmehr zum Tatbestand der offenkundigen Vorbenutzung - außer der Schilderung der vorbenutzten Vorrichtung keine Einzelheiten zu dem auf dieser Vorrichtung ausgeübten Verfahren, schon gar nicht solche Einzelheiten, die über das Vorbringen im Einspruch der Beklagten zu 2. (Anlage B 2) hinausgingen. Im Hinblick auf die Erörterung des Einspruchs der Beklagten zu 2. erübrigt sich daher ein näheres Eingehen auf den Einspruch der Beklagten zu 1. </p>
<span class="absatzRechts">197</span><p class="absatzLinks">Entscheidend kommt es somit darauf an, ob die Beklagten mit dem Einspruchsvorbringen der Beklagten zu 2. dem Kläger arglistig einen unzutreffenden Vorbenutzungstatbestand vorgespiegelt haben. Nach dem Gesamtergebnis der Beweisaufnahme vermag sich die Kammer hiervon nicht mehr zu überzeugen. Im Lichte des jetzigen Beweisergebnisses kann an der Beurteilung dieser Frage im Teilurteil vom 11. November 1982 nicht mehr festgehalten werden.</p>
<span class="absatzRechts">198</span><p class="absatzLinks">Dabei darf bei der Beurteilung der Frage, ob die Beklagten dem Kläger arglistig einen unzutreffenden Sachverhalt vorgespiegelt haben, der im Tatbestand wiedergegebene Vortrag zum Feilhalten der offenkundig vorbenutzten Vorrichtung gegenüber der Firma X. nicht isoliert gesehen werden. Der Fall der Firma X ist in dem Einspruch exemplarisch genannt als ein Fall der Vorführung und des Feilhaltens der bei der Beklagten zu 1. vorhandenen Doppeltransportbandanlage und der auf dieser Anlage ausgeübten "verschiedensten Möglichkeiten zur Benutzung einer derartigen Vorrichtung zur Herstellung von Hartschaumplatten" (Anlage B 2, Seite 7). In dem im zeitlichen Zusammenhang damit stehenden Vorbringen in den Rechtsstreiten vor der Kammer und dem Oberlandesgericht sind dementsprechend auch andere Sachverhalte, wie der Auftrag der Firma X, angesprochen worden. Die Frage, ob die Beklagten dem Kläger bewußt einen unrichtigen Sachvorhalt vorgespiegelt haben, ist deshalb unter Berücksichtigung aes gesamten bei den Beklagten vorhandenen und Interessenten vorgeführten Standes der Technik zu prüfen, da sich hieraus Folgerungen für die Beurteilung der Frage ergeben können, ob die Beklagten bei der Darstellung eines Einzelfalles bewußt eine unrichtige Darstellung gegeben haben.</p>
<span class="absatzRechts">199</span><p class="absatzLinks">Insoweit ist folgendes zu berücksichtigen: Verschiedene Zeugen haben bekundet, daß die Beklagte zu 1. bereits vor dem Umbau der Doppeltransportbandanlage auf dieser eine Verfahrensweise praktiziert hat, bei der die untere Papierbahn Z-förmig über die Winkel hinaus nach außen gefaltet wurde. So hat der Zeuge X bekundet, es sei zu Beginn seiner Tätigkeit als Maschinenführer eine Betriebsweise praktiziert worden, bei der eine Z-förmig gefaltete untere Materialbahn etwa 20 mm über die seitlich auf dem Unterband aufgeschraubten Winkel hinausgereicht habe (Protokoll vom 3. Juni 1986, Bl. 1385 d.A.). Der Zeuge hat diese Betriebsweise in der als Anlage 9 zum Protokoll vom 3. Juni 1986 genommenen Zeichnung (Bl. 1425 d.A.) dargestellt und weiterhin ausgeführt, der Grund für diese Anordnung sei gewesen, daß die zu gewinnende Schaumstoffplatte eine möglichst mit scharfen Kanten versehene Rechteckform habe aufweisen sollen (Bl. 1385 d.A.). Von dieser Arbeitsweise sei man jedoch schnell wieder abgegangen, weil die Platten nachträglich hätten besäumt werden müssen (Bl. 1386 d.A.). Der Zeuge X hat in Übereinstimmung hiermit berichtet, es sei ihm als Betriebsingenieur der X bei der Beklagten zu 1. eine Betriebsweise vorgeführt worden, bei der an der Außenseite der Winkel zwei Papierbahnen in Erscheinung getreten seien und bei dem die untere Papierbahn an der Innenseite des Winkels hoch- und nach außen gefaltet worden sei (Protokoll vom 11. März 1986, Bl. 1195 -1199 d. A. ) . Diese Betriebsweise hat der Zeuge insbesondere in der als Anlage 6 zum Protokoll genommenen Zeichnung (Bl. 1229 d d.A.) dargestellt und als Betriebsweise 2 der Anlage K 8 zur Anlage MvF 18 identifiziert (Bl. 1200 d.A.). Auch der Zeuge X hat bestätigt, daß auf der noch mit Winkeln versehenen Doppeltransportanlage mit einer Z-förmig gefalteten unteren Folie gearbeitet worden sei (Protokoll vom 4. Juni 1986, Bl. 1451 d.A., sowie die Darstellung in der Anlage 7 zum Protokoll vom 4. Juni 1986 unter Nr. 2, Bl. 1474 d.A.). Der Zeuge X, der zum damaligen Zeitpunkt bei der Firma X tätig war, hat gleichfalls eine Z-förmige Faltung der unteren Folie mit über die Winkel überstehender oberer und unterer Folie geschildert (Protokoll vom 5. Juni 1986, Bl. 1502/1503 d.A. und die Darstellung in der Anlage 5 zum Protokoll, Bl. 1520 d.A.). Die Beweisaufnahme hat ferner Anhaltspunkte dafür ergeben, daß die Beklagte zu 1. vor dem Prioritätstage des Klagepatents auch über ein Vier-Bahnen-System mit Z-förmig nach außen gefalteten Randstreifen verfügte. Der Zeuge X hat bekundet, daß von den Beklagten im Zusammenhang mit der Ausführung des von der Beklagten zu 1. mit Schreiben vom 20. Juli 1964 (Anlage B 11.7 b) gegenüber der X bestätigten Auftrags der X das Vier-Bahnen-System mit Z-Faltung erörtert worden sei, das der dem Aktenvermerk vom 26. Oktober 1964 (Anlage B 13) beigefügten Skizze unter dem Buchstaben d zu entnehmen ist und das der Zeuge X in der Anlage 2 zum Protokoll vom 11. März 1986 (Bl. 1189 b d.A.) nochmals dargestellt hat. Der Zeuge hat sodann weiterhin bekundet (Protokoll vom 2. Juni 1986? Bl. 1332 -1336 d.A.), daß im Rahmen des von der Beklagten zu 2. unter dem 7. April 1965 (Anlage MvF 6 a) bestätigten Auftrags der Firma X das in den Anlagen 2 und 3 zum Protokoll vom 2. Juni 1986 (Bl. 1359, 136O d.A.) dargestellte Vier-Bahnen-System mit Z-Faltung besprochen worden sein müsse, nachdem festgestellt worden sei, daß die Aluminiumfolien, die zur Kaschierung der unteren Bahn verwendet werden sollten, nicht in einer solcher Breite zur Verfügung standen, daß sie Z-förmig aufgekantet werden konnten. Daß sich die Beklagte zu 2. und die Firma X vor der Lieferung der Vorrichtung darüber einig waren, daß ein Vier-Bahnen-System eingesetzt werden sollte, ist nicht zweifelhaft; dies ergibt sich etwa ausdrücklich aus dem Schreiben der Firma X vom 26. Mai 1965 (Anlage K 16 zur Anlage MvF 18). Die in dem Aktenvermerk vom 12. Mai 1965 (Anlage K 15 zur Anlage MvF 18) angegebene Breite der für die Kaschierung der Oberseite der Platte vorgesehenen Dachpappe von 1070 mm und damit mit einem überstand von 45 mm über die Plattenbreite spricht darüberhinaus dafür, daß die vorgesehenen Randstreifen auch Z-förmig gefaltet werden sollten. Denn bei einer derartigen Breite der Dachpappe konnte der Randstreifen nicht oberhalb der Pappe nach innen gefaltet werden. Bei einer Innenfaltung unterhalb der Dachpappe wäre aber die Haftung zwischen Schaumstoff und Dachpappe beeinträchtigt worden. Hiermit steht es auch im Einklang, wenn der Zeuge X(Protokoll vom 11. März 1986, Bl. 1170 - 1172 d.A.) auf Befragen durch die Prozeßbevollmächtigen der Beklagten erklärt hat, er meine, daß sich bei einer überstehenden oberen Kaschierungsschicht eine Faltung der Seitenstreifen in Z-Form anbieten würde, weil es keinen Sinn haben würde, nach innen zu falten und dadurch Kaschierungsmaterial zu verlieren, und auf weiteres Befragen, bei einer Besäumung der Platten, wie sie in seinem Falle vorgesehen gewesen sei, sei es zweckmäßig, den Streifen nach außen zu falten.</p>
<span class="absatzRechts">200</span><p class="absatzLinks">Gegen die Annahme, die Vertragsparteien hätten vor der Lieferung der Doppeltransportbandanlage an die Firma X ein Vier-Bahnen-System mit Z-förmig gefalteten Randstreifen vorgesehen, läßt sich auch nichts Entscheidendes aus den Aussagen der Zeugen X, X und X über die Einfahrphase der schließlich im November 1965, d. h. nach Anmeldung des Klagepatents, gelieferten Maschine herleiten. Zwar haben die Zeugen X (Protokoll vom 11. März 1986, Bl. 1161 d.A.), X (Protokoll vom 3. Juni 1986, Bl. 1368 d.A.) und X (Protokoll vom 4. Juni 1986, Bl. 1439 d.A.) bekundet, das Oberband sei anfangs über die Seitenleisten gescheuert. Klarstellend hat der Zeuge X(Bl. 1439 d.A.) und im Prinzip auch der Zeuge X (81. .1368 d.A.) jedoch erklärt, daß dieses Scheuern nur im "Leerlauf" der Maschine, d. h. in der Einlaufphase, bevor der Schaumstoff in den Schäumraum geführt worden sei, aufgetreten sei. Der Zeuge X hat ferner ausgesagt, daß das Scheuern durch die von allen drei Zeugen übereinstimmend bekundete Maßnahme des Abhobelns der Seitenleisten "ja schnell beseitigt" worden sei (Protokoll vom 11. März 1986, Bl. 1174 d.A.). Das erscheint auch einleuchtend-, weil das Scheuern des Oberbandes über die Seitenleisten unabhängig von der Folienführung einem ordnungsgemäßen Betrieb der Vorrichtung entgegenstand und daher schwerlich von den Vertragsparteien vorgesehen gewesen sein kann. Dementsprechend hat der Zeuge X denn auch weiterhin erklärt, es sei "von Anfang an" die Papierfaltung nach außen benutzt worden (Protokoll vom 11. März 1986, Bl. 1162 d.A.) und an anderer Stelle, es sei mit einer Z-förmigen Faltung der Seitenstreifen gefahren worden, als die Anlage -seiner Erinnerung nach Anfang 1966 - richtig in Betrieb genommen worden sei (Bl. 1164 sowie 1174 d.A.). Der Zeuge X hat eine Faltung der Seitenstreifen nach innen und nach außen als seinerzeit praktizierte Alternativen dargestellt (Protokoll vom 4. Juni 1986, Bl. 1437 d.A. sowie die Darstellung in den Anlagen 1 - 3, Bl. 1468 - 1470 d.A.); ob es eine bevorzugte Verfahrensweise bei der Führung der Papierseitenstreifen gegeben habe, wisse er nicht mehr (Bl. 1440 d.A.). Schließlich hat der Zeuge X erklärt, es sei zunächst mit einer U-förmigen Faltung der seitlichen Papierstreifen gearbeitet worden, später sei dann eine Z-förmige Faltung gewählt worden, die sich als besser heraus-gestellt habe; wenn nach der Aussage des Zeugen X die Z-Faltung möglicherweise schon relativ früh zum Einsatz gekommen sei, so könne er dies gar nicht abstreiten (Protokoll vom 3. Juni 1986, Bl. 1366, 1368, 1370, 1372 d.A.). In "ihrer Gesamtheit sprechen diese Aussagen somit nicht gegen die Annahme, daß die Vertragsparteien bereits vor der Lieferung der Vorrichtung eine Z-Faltung der Seitenstreifen vorgesehen hatten.</p>
<span class="absatzRechts">201</span><p class="absatzLinks">Es bestand daher auch keine Veranlassung, den Zeugen X zu vereidigen, dessen Aussage die Kammer für durchaus glaubhaft hält, der aber zu den Lieferung vorausgegangenen Erörterungen nichts sagen konnte, weil er seine Tätigkeit bei der Firma X erst aufgenommen hatte, als die Verhandlungen mit der Beklagten zu 2. bereits abgeschlossen waren (Protokoll vom 3. Juni 1986, Bl. 1364 d.A.). Die Vernehmung des im Termin vom 5. Juni 1986 (Bl. 1511 d.A.) vom Kläger als Zeugen benannten Herrn X war bereits deshalb nicht geboten, weil der Zeuge vom Kläger nur "vorsorglich gegenbeweislich zu dem Beweisthema des Beweisbeschlusses vom 12. Mai 1986" (Bl. 1307/1308 d.A.) benannt worden ist und es auf die Bejahung der dortigen Beweisfrage im vorliegenden Zusammenhang nicht ankommt. Die Aussage des Zeugen X, zu dem Herr X als "Gegenzeuge" benannt worden ist, ist nur insofern von Bedeutung, als sie - wie dargelegt - neben anderen gegen die Feststellung spricht, die Beklagte zu 1. habe die Z-Faltung nicht praktiziert. Bereits in Anbetracht dieses nicht widerlegten Sachverhalts läßt sich aber die Feststellung nicht treffen, dem Kläger sei, wie er geltend macht, bewußt wahrheitswidrig vorgespiegelt worden, es sei vorbekannt gewesen, Randstreifen vorzusehen und diese Z-förmig in den Spalt zwischen Oberband und Seitenbegrenzungen hineinragen zu lassen. Darüberhinaus läßt sich aber auch nicht ausschließen, daß die Beklagte zu 1. eine derartige Betriebsweise auch mit Vertretern der Firma X. als zu der Arbeitsweise der feilgehaltenen Vorrichtung gehörig erörtert hat. Dies haben sowohl der Zeuge X bei seiner Einvernahme vor dem Amtsgericht Düsseldorf (Protokoll vom 13. April 1983t Anlage B 22) als auch der Zeuge X bei seiner Vernehmung durch die Kammer (Protokoll vom 4. Juni 1986, Bl. 1447, 1452 d.A. sowie die Darstellung in der Anlage 6 zum Protokoll unter Nr. 7, Bl. 1473 d.A.) bekundet. Wenn der Zeuge X zu seinem und seines Bruders X anderweitig dokumentierten Besuch bei der Beklagten zu 1. am 24. Januar 1964 (Anlagen B 11.1, 11.2 und 11.3) ausführt, ihm sei die Doppeltransportbandanlage im Betrieb vorgeführt worden, die Möglichkeiten zur Herstellung von Platten mit starren und flexiblen Deckschichten seien besprochen worden und es sei auch die Z-förmige Faltung von Randstreifen besprochen worden, die bei den Erörterungen eigentlich das zunächst naheliegende gewesen sei, so ist die letztere Bekundung entgegen der Auffassung des Klägers nicht unplausibel. Denn die Beweisaufnahme hat, wie bereits an anderer Stelle erwähnt, bestätigt, daß die Z-Faltung von den damit befaßten Fachleuten dann als naheliegend angesehen wurde, wenn es darum ging, eine ausreichende Verklebung zwischen Schaumstoff und einer starren Deckschicht zu gewährleisten. Es kann dahinstehen, ob die Aussagen der Zeugen X und X ausreichen würden, um der Kammer die Überzeugung zu vermitteln, daß die von diesen Zeugen geschilderte Betriebsweise bei dem Besuch der Herren X im Januar 1964 bei der Beklagten zu 1. tat sächlich erörtert worden ist. Denn jedenfalls vermag die Kammer in Anbetracht dieser Aussagen und des übrigen, bereits dargestellten Ergebnisses der Beweisaufnahme zu dem bei der Beklagten zu 1. vorhandenen Stand der Technik nicht zu der Überzeugung zu gelangen, daß die geschilderte Betriebsweise nicht erörtert worden ist. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Aussage des Zeugen X und der Gesamtheit der schriftlichen Unterlagen, die zu dem Auftrag der Firma X. vorliegen. Denn durch die Auftragsunterlagen kann nicht ausgeschlossen werden, daß zwischen den Vertragsparteien mündlich auch Arbeitsweisen erörtert worden sind, die in dem Angebot, so wie es unterbreitet wurde, und in dem Auftrag, so wie er erteilt wurde, keinen Niederschlag gefunden haben. Hinsichtlich der Z-Faltung hat bereits der Zeuge X bekundet, daß diese Verfahrensweise von ihm als für die Zwecke der Firma X. nicht geeignet angesehen worden sei (Anlage B 22, Seite 3)- Ebensowenig läßt die Aussage des Zeugen X zu den Erörterungen anläßlich seines Besuches am 23. September 1964 einen Rückschluß darauf zu, daß die von den Zeugen X und X bekundeten Erörterungen am 24. Januar 1964 nicht stattgefunden haben können. Es sei daher nur am Rande vermerkt, daß es Bedenken erwecken muß, wenn der Zeuge X als Fazit seines Besuchs bekundet hat, man sei nicht in Details gegangen, weil ihm von der Beklagten zu 1. gesagt worden sei, daß es sich bei der Maschine noch um einen Prototyp handele und die endgültige Arbeitsweise der Maschine noch nicht feststünde, und er habe nach seiner Rückkehr nach Israel seinem Chef gesagt, daß noch zu viele Fragen bestünden und es zu früh sei, sich über eine Produktion auf dieser Maschine zu unterhalten (Protokoll vom 24. September 1981, Bl. 283/284 d.A.). Sowohl mit dem übrigen Ergebnis der Beweisaufnahme zu dem bei der Beklagten zu 1. vorhandenen Verfahrenswissen als auch mit dem Umstand, daß die Beklagte zu 1. der Firma X AG bereits unter dem 17. Juli 1964 die als Anlage B 11.7 a überreichte Pro-forma-Rechnung und unter dem 20. Juni 1964 die als Anlage B 11.7 b überreichte Auftragsbestätigung betreffend eine Anlage für die kontinuierliche Herstellung von Laminaten aus Polyurethan-Schaumstoff übersandt hatte, ist diese Aussage nur schwer zu vereinbaren.</p>
<span class="absatzRechts">202</span><p class="absatzLinks">Soweit schließlich in dem Einspruch der Beklagten zu 2. im Zusammenhang mit der behaupteten Vorführung der vorbenutzten Vorrichtung und der erörterten Arbeitsweise davon die Rede ist, "falls bei der Aufgabe des Schaumstoffes die Menge des zugeführten in durchaus unerwünschter Weise überdosiert würde, könnte der überflüssige Schaumstoff auch seitlich zwischen den Randstreifen und der Unterseite der oberen Folie frei heraustreten" (Anlage B 2, Seite 8), kann dem nicht entnommen werden, die Beklagten hätten dem Kläger vorspiegeln wollen, bei der Vorführung der Vorrichtung sei auch das erfindungsgemäße Verfahren des freien Entweichens von überflüssigem Schaumstoff zur Druckregulierung als zu der Arbeitsweise der feilgehaltenen Vorrichtung gehörig erörtert worden. Allerdings vermag sich die Kammer nach wie vor nicht der Beurteilung der Beklagten im Schriftsatz vom 8. Mai 1981 (Bl. 212 d.A.) anzuschließen, aus der Formulierung dieses Satzes im Konjunktiv ergebe sich, daß es sich nicht um eine Aussage darüber gehandelt habe, was mit den Kunden erörtert worden sei, sondern ausschließlich um eine Beurteilung dessen, was sich beim Betrieb der erörterten Vorrichtung ergeben könnte, falls Schaumstoff im Überschuß eingeführt werde. Eine einleuchtende Begründung für die teils konjunktivische, teils indikativische Fassung des Satzes stellt dies nicht dar; eine sprachlich schlüssige Erklärung hierfür läßt sich aber auch nicht finden. Dem nächstliegenden Verständnis dürfte es entsprechen, den Satz im Anschluß an den vorhergehenden Hauptsatz ("hierbei wurde insbesondere auch wiederholt eine Arbeitsweise erläutert") so zu lesen, es sei erläutert worden, falls bei der Aufgabe aes Schaumstoffes die Menge des zugeführten Schaumstoffs in durchaus unerwünschter Weise überdosiert werde (oder würde), könne (oder könnte) der überflüssige Schaumstoff auch seitlich zwischen den Randstreifen und der Unterseite der oberen Folie frei heraustreten. Das besagt aber trotz der Verwendung des Adjektivs "überflüssig" noch nicht, daß der Schaumaustritt als Regulativ erörtert worden sei, sondern enthält zunächst nur einen Hinweis auf den bei Z-förmig nach außen gefalteten Randstreifen oder einer entsprechend gefalteten unteren Folie unvermeidlichen Schaumstoffaustritt im Falle einer Überdosierung, Einen anderen Sinn konnten vernünftigerweise weder die Beklagten diesem Satz unterlegen wollen noch der Kläger ihm entnehmen in Anbetracht des Umstandes, daß die Beklagte zu 2. in dem Rechtsstreit 4 Q 14/67 stets vorgetragen hatte, es treffe zu, daß bei ihren Maschinen ein Spalt zur Vermeidung der Friktion vorhanden sei; es sei aber unrichtig, daß dieser Spalt als Druckausgleich für überflüssigen Schaumstoff diene und geeignet sei (Schriftsatz vom 11. Juli 1967, Anlage W 18 e, Seite 9) und an anderer Stelle, in flüssigem oder teigigem Zustand könne also die Schaumstoffmasse auch durch den an sich nur zur Vermeidung von Friktion und für die Durchführung der Folien bestimmten Spalt von etwa 4 mm nach der Werkstattzeichnung 13/465.02 durchtreten, dieser Durchtritt von Schaumstoff habe nicht die Aufgabe und Wirkung eines Druckausgleichs, sondern trete eben auf, weil jede Flüssigkeit und jeder Teig durch einen Spalt nach außen austreten könne (Anlage W 18 e, Seite 15). Eine arglistige Täuschung des Klägers ist hiernach nicht bewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">203</span><p class="absatzLinks">5.</p>
<span class="absatzRechts">204</span><p class="absatzLinks">Schließlich sind ebensowenig wie eine arglistige Täuschung seitens der Beklagten die Voraussetzungen eines Anspruchs des Klägers auf Rückgängigmachung des Vergleichs vom 9. April 1968 unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluß bewiesen. Denn auch hierzu wäre die Feststellung erforderlich, daß die Beklagten dem Kläger bei Abschluß des Vergleichs vorsätzlich oder doch zumindest fahrlässig einen unzutreffenden Vorbenutzungstatbestand vor-gespiegelt haben. Diese Feststellung läßt sich jedoch aus dem vorstehend zu III 4. dargelegten Gründen nicht treffen. Es verbleibt hiernach dabei, daß eine schuldhafte Verletzung aes Klagepatents durch die Beklagten nicht nachgewiesen ist, so daß ein Schadensersatzanspruch des Klägers aus § 47 Abs. 2 PatG 1968 nicht besteht.</p>
<span class="absatzRechts">205</span><p class="absatzLinks">IV.</p>
<span class="absatzRechts">206</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger steht auch kein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB) wegen der Benutzung aes Verfahrensanspruchs des Klagepatents durch die Beklagten zu. Ein derartiger Anspruch würde sich, unabhängig davon, ob man ihn rechtlich als Leistungskondiktion (§ 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative) oder als Eingriffskondiktion (§ 812 Abs. 1 Satz 1 2. Alternative) qualifiziert, sachlich als Rückabwicklung der den Beklagten im Vergleich vom 9. April 1968 eingeräumten Freilizenz am Klagepatent darstellen. Denn erlangt im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB ist bei der widerrechtlichen Benutzung eines Schutzrechts der Gebrauch des immateriellen Schutzgegenstandes. Er kann selbst nicht herausgegeben werden, weshalb denn in einem derartigen Fall nach § 818 Abs. 2 BGB Wertersatz durch Zahlung einer angemessenen Lizenz zu leisten ist (BGH GRUB 1982, 301, 303 -Kunststoffhohlprofil II). Die Beklagten würden also die nach dem Vergleich unentgeltlich erlangte Benutzung der geschützten Lehre nunmehr zu vergüten haben. Dem steht jedoch entgegen, daß eine Rückabwicklung der auf Grund des Vergleichs beiderseits erbrachten Leistungen nach dem Grundsatz von Treu und Glauben CS 242 BGB) nicht in Betracht kommt, die beiderseitigen Leistungen vielmehr als gegeneinander ausgeglichen anzusehen sind. Zu diesem Ergebnis gelangt die Kammer auf Grund folgender Erwägungen:</p>
<span class="absatzRechts">207</span><p class="absatzLinks">In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, daß es sich bei dem Bereicherungsrecht um eine dem Billigkeitsrecht angehörende Ausgleichsordnung handelt, deren Auslegung im Einzelfall in besonderem Maße unter dem Grundsatz von Treu und Glauben im Rechtsverkehr steht (BGHZ 36, 232, 235? BGHZ 55, 128, 134). Dabei können sich aus dem Zweck der Norm, die die Anwendung des Bereicherungsrechts anordnet oder zur Folge hat, Folgerungen für die Ausgestaltung des Bereicherungsausgleichs ergeben (BGH, NJW 1978, 1970, 1972 und BGH, NJW 1979, 1597, 1599 zu einem wegen Verstoßes gegen § 56 Abs. 1 Nr. 1 Gewerbeordnung nichtigen Darlehensvertrag; BGH, NJW 1980, 452 zu einem nach Art. 1 § 9 Nr. 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz unwirksamen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag). Im vorliegenden Falle gebietet die Vorschrift des Art. 85 Abs. 2 EWG Vertrag die Rückabwicklung der nichtigen Vereinbarung vom 9. April 1968 nicht. Die in der Vereinbarung einer unzulässigen Nichtangriffsklausel liegende, gegen Art. 85 Abs. 1 EWG-Vertrag verstoßende Wettbewerbsbeschränkung läßt sich für d i e V e r-g a n g e n h e i t nicht rückgängig machen; ein auf Grund der Nichtangriffsabrede unterbliebener Angriff auf das Schutzrecht kann nicht r ü c k-w i r k e n d nachgeholt werden. Selbst wenn es nach der Feststellung der Unwirksamkeit einer Nichtangriffsabrede noch zum Angriff auf das Schutzrecht kommt, ändert dies nichts mehr an den eingetretenen Markt Verhältnissen, zumal die Verpflichtung von Lizenznehmern zur Zahlung der vereinbarten Lizenzgebühren auch bei einer nachträglichen Vernichtung des Schutzrechtes nicht ex tunc entfällt (ständige Rechtsprechung; siehe nur BGH, GRUR 1961, 466, 468 -Gewinderollkopf; BGH, GRUR 1967, 378, 381 -Schweißbolzen; BGH, GRUR 1969, 677, 678 - Rüben-Verladeeinrichtung - m.w.N.). Für den kartellrechtlichen Zweck der Nichtigkeitsnorm ist somit mit einer Rückabwicklung der Gesamtvereinbarung nichts gewonnen. Berührt werden allein die - über § 139 BGB trotz ihrer kartellrechtlichen Unbedenklichkeit der Nichtigkeit anheimfallenden - übrigen Bestimmungen des Vergleichs vom 9. April 1968. Daß die Gesamtnichtigkeit eines Vertrages auf Grund der Kartellrechtswidrigkeit einzelner Bestimmungen nicht notwendig die Aufrechterhaltung einzelner Leistungsabreden hindert, hat auch der BGH bereits anerkannt. In der Entscheidung GRUR 1969, 701 -Auto-Lok; siehe auch BGH, NJW 1972, 2180, . 2183) hat er die Berufung der dortigen, auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung einer Abnahmeverpflichtung in Anspruch genommenen Beklagten auf die Nichtigkeit des gesamten Vertrages als unzulässige Rechtsausübung angesehen, weil zwischen der möglicherweise gegen Art. 85 EWG-Vertrag oder § 20 GWB verstoßenden - Bezugsbindung der Beklagten und der Nichterfüllung der Abnahmeverpflichtung kein Zusammenhang bestehe, der die Berufung der Beklagten auf die Nichtigkeit jener Bestimmung als zulässige Rechtsausübung erscheinen lasse.</p>
<span class="absatzRechts">208</span><p class="absatzLinks">Hinzu kommt folgendes:</p>
<span class="absatzRechts">209</span><p class="absatzLinks">Wollte man eine Rückabwicklung der Vereinbarung vom 9. April 1968 durchführen, müßte grundsätzlich eine Saldierung der beiderseitigen Leistungen stattfinden. Denn es entspricht ständiger Rechtsprechung, daß bei der Abwicklung eines gegenseitigen Vertrages von vornherein nur ein einheitlicher Anspruch auf Ausgleich der beiderseitigen Vermögensverschiebungen besteht, der auf Herausgabe bzw. Wertersatz aes Überschusses der Aktiv- über die Passivposten (Saldo) gerichtet ist und derjenigen Vertragspartei zusteht, die den "Überschuß" erbracht hat (BGHZ 1, 75, 81; BGH, NJW 1963, 1870; BGHZ 53, 144, 145/146; BGH, WM 1972, 564).</p>
<span class="absatzRechts">210</span><p class="absatzLinks">Für eine Rückabwicklung der Vereinbarung vom 9. April 1968 bedürfte es daher einer Bewertung der beiderseits auf Grund des Vertrages erbrachten Leistungen. Auf Seiten der Beklagten wären dabei zu berücksichtigen:</p>
<span class="absatzRechts">211</span><p class="absatzLinks">1. die Rücknahme der Löschungsklage gegen das Gebrauchsmuster 1942725 und der Einsprüche gegen das Klagepatent (Nr. 2 Satz 1 des Vergleichs),</p>
<span class="absatzRechts">212</span><p class="absatzLinks">2. der Verzicht auf direkte und indirekte Angriffe auf diese und ausländische Parallelschutzrechte (Nr. 2 Satz 2 des Vergleichs),</p>
<span class="absatzRechts">213</span><p class="absatzLinks">3. der Verzicht auf Unterlassungsansprüche auf Grund des am 20. Dezember 1968 ablaufenden X-Patentes.(Nr. 3 Satz 1 des Vergleichs),</p>
<span class="absatzRechts">214</span><p class="absatzLinks">4. der Verzicht auf Schadensersatzansprüche für die Vergangenheit wegen Verletzung des X-Patents (Nr. 4 des Vergleichs),</p>
<span class="absatzRechts">215</span><p class="absatzLinks">5. der Verzicht auf Schadensersatzansprüche auf Grund des Urteils vom 28. November 1967 in der Sache 4 0 46/67 (Nr. 5 des Vergleichs).</p>
<span class="absatzRechts">216</span><p class="absatzLinks">Schon die Bewertung der beiden ersten Punkte er-scheint kaum möglich. Ihr Wert hängt nicht allein davon ab, welche Erfolgsaussichten eine Fortsetzung des Angriffs bzw. weitere Angriffe gegen das Klagepatent (Nichtigkeitsklage) und gegen die ausländischen Parallelschutzrechte objektiv gehabt hätten. Berücksichtigt werden muß auch das für den Kläger damals subjektiv nicht überschaubare Risiko einer Vernichtung seiner Schutzrechte. Was die Erfolgsaussichten anbelangt, so erscheint aus heutiger Sicht zumindest eine Vernichtung des Vorrichtungsanspruchs wahrscheinlich (oben II 2.). Eine zuverlässige Beurteilung der Rechtsbeständigkeit des Verfahrensanspruchs unter dem Gesichtspunkt der Erfindungshöhe bei gedachten früheren Angriffen ist dagegen schon deshalb nicht möglich, weil es in Anbetracht des inzwischen verstrichenen Zeitraums von fast 20 Jahren durchaus denkbar erscheint, daß zu einem früheren Zeitpunkt mehr uno Detaillierteres zum Fachwissen und -können vor dem Prioritätszeitpunkt des Klagepatents vorgetragen und unter Beweis hätte gestellt werden können, als dies heute noch der Fall ist. Der Wert der Nichtangriffsabrede kann auch nicht im Hinblick auf die vom Kläger behauptete Unterstützung der Nichtigkeitsklägerin X außer Betracht bleiben. Zum einen bleiben hiervon die ausländischen Schutzrechte unberührt. Zum anderen haben die Beklagten, selbst wenn man die Richtigkeit der Behauptungen des Klägers insoweit unterstellt, der Firma X nicht annähernd das Material geliefert, das sie nunmehr selbst in dem von ihnen angestrengten Nichtigkeitsverfahren vorbringen (siehe insbesondere die Anlagen MvF 18 und MvF 41). Vielmehr hat, wie bereits erwähnt, die Aussage des Zeugen X gerade zum Mißerfolg der Nichtigkeitsklage beigetragen, weil die Nichtigkeitsklägerin mit ihr eine offenkundige Vorbenutzung nicht beweisen konnte. Der Kläger ist damit bis zum Ablauf der Schutzdauer des Klagepatents in den Genuß der Nichtangriffsklausel gekommen und hat dementprechend sein Schutzrecht auch jedenfalls zeitweise verwerten können (siehe die Ausführungen auf Seite 25 des Urteils des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 19. Juni 1984, Anlage K 3 zur Anlage MvF 18). Ebenso schwer bewertbar sind die Punkte 3, 4 und 5. Das Oberlandesgericht hat zwar zu Recht darauf hingewiesen, daß eine Verletzungsklage gegen den Kläger bis zum Ablauf des X-Patentes schwerlich zu einem Unterlassungstitel geführt hätte. Gleichwohl hätten aber die Beklagten auf Grund dieses Patentes (z.B. durch Abnehmerverwarnungen) das Geschäft des Klägers gerade in seiner Anfangsphase empfindlich beeinträchtigen und den Kläger durch Schadensersatzansprüche möglicherweise in finanzielle Schwierigkeiten bringen können. Die Auswirkungen eines derartigen Vorgehens lassen sich heute nicht mehr abschätzen. Ebensowenig wird sich heute noch feststellen lassen, in welcher Höhe überhaupt Schadensersatzansprüche der Beklagten gegen den Kläger in Betracht kamen. Dabei kann nicht zweifelhaft sein, daß der Beklagten zu 1. auf Grund des X-Patentes Ansprüche zustanden. Aus der Sicht des X-Patentes stellt sich das Klagepatent als abhängige Erfindung dar, da das deutsche Patent 842267 nach seinem Anspruch 1 ein Verfahren zur fortlaufenden Herstellung von endlosen Platten, Bahnen oder Folien aus aufschäumbaren Stoffen, insbesondere solchen auf Polyurethan-Basis betrifft, bei dem die Reaktionskomponenten nach ihrer Vereinigung auf eine sich mit einer der Reaktionsgeschwindigkeit entsprechenden Geschwindigkeit fortbewegende Unterlage aufgegossen oder aufgedüst und dann zum Aufschäumen gebracht werden; eben dies geschieht auch bei dem Verfahren nach dem Klagepatent. Davon sind ersichtlich auch die Parteien bei Abschluß des Vergleichs ausgegangen, wie sich aus der Vereinbarung einer Lizenzgebühr in Nr. 3 des Vergleichs ergibt.</p>
<span class="absatzRechts">217</span><p class="absatzLinks">Die hiernach am Beispiel der Leistungen der Beklagten gezeigte praktische Unmöglichkeit einer zuverlässigen Bewertung der beiderseitigen Leistungen ließe sich letztlich nur durch einen Rückgriff auf die Vorstellungen der Parteien bei Vertragsschluß auflösen. Regelmäßig ist indessen davon auszugehen, daß die Parteien bei Abschluß eines gegenseitigen Vertrages die beiderseitigen Leistungen als ausgewogen angesehen haben. Sind die beiderseitigen Leistungen aber ausgewogen, ergibt sich weder für die eine noch für die andere Seite ein positiver Saldo.</p>
<span class="absatzRechts">218</span><p class="absatzLinks">Dieses Ergebnis erscheint auch deshalb sachgerecht, weil die dargelegten Schwierigkeiten des Bereicherungsausgleichs sich vornehmlich daraus ergeben, daß die Vereinbarung vom 9. April 1968 auf die Begründung eines Dauerschuldverhältnisses zwischen den Parteien angelegt war. Gerade wegen dieser Schwierigkeiten kann aber ein in Vollzug gesetzter Dauervertrag zumindest bei Leistungsstörungen, die während des Laufes der Vertrages eintreten, nur in entsprechender Anwendung der für bestimmte Dauerschuldverhältnisse geltenden Bestimmungen der §§ 542, 554 a, 626, 723 BGB fristlos mit Wirkung für die Zukunft gekündigt werden (BGH, WM 1972, 625, 628 m.w.N.). In der eben genannten Entscheidung hat der BGH ausgeführt, für diese Art der Beendigung eines Vertragsverhältnisses bei Leistungsstörungen spreche, daß im allgemeinen den Parteien nicht daran gelegen sei, das Vertragsverhältnis auch für die vergangene Zeit, in der es durch Leistung und Gegenleistung abgewickelt worden sei, aufzulösen, und daß eine Rückabwicklung des ganzen Vertragsverhältnisses, auch für die Zeit, in der der Vertrag durchgeführt worden sei, häufig beträchtliche Schwierigkeiten bereiten würde. Auch diesem Grundsatz kann bei einem von Anfang an unwirksamen Dauervertrag dadurch Geltung verschafft werden, daß für den Bereicherungsausgleich die beiderseits in der Vergangenheit erbrachten Leistungen als ausgeglichen angesehen werden.</p>
<span class="absatzRechts">219</span><p class="absatzLinks">Der Kläger kann nach alledem für die vor Geltendmachung der Kartellrechtswidrigkeit des Vergleichs liegenden Benutzungshandlungen der Beklagten auch keine Ansprüche auf Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr geltend machen. Damit scheiden zugleich auch Rechnungslegungsansprüche gegenüber den Beklagten aus.</p>
<span class="absatzRechts">220</span><p class="absatzLinks">V.</p>
<span class="absatzRechts">221</span><p class="absatzLinks">Eine Aussetzung der Verhandlung nach § 148 ZPO ist weder im Hinblick auf die Revision der Beklagten gegen aas Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 19. Juni 1984 noch im Hinblick auf die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Bundespatentgerichts vom 14. November 1985 veranlaßt.</p>
<span class="absatzRechts">222</span><p class="absatzLinks">1. Der Revision gegen das Urteil des Oberlandesgerichts vermag die Kammer keine derartigen Erfolgsaussichten beizumessen, daß eine Aussetzung der Verhandlung geboten wäre. Das Oberlandesgericht hat ausführlich begründet, warum die Nichtangriffsabrede eine Einschränkung und Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezweckte und geeignet war, den Wettbewerb innerhalb des Gemeinsamen Marktes und den Handel zwischen den Mitgliedstaaten in spürbarer Weise zu beeinträchtigen. Die nach Schluß der mündlichen Verhandlung als Anlage MvF 42 eingereichte Stellungnahme der EG-Kommission gegenüber dem Europäischen Gerichtshof in dem Vorabentscheidungsverfahren stellt diese Beurteilung an sich nicht in Frage, sondern setzt ihr lediglich die Erwägung entgegen, bei einer im Rahmen eines Vergleichs vereinbarten Nichtangriffsabrede kollidiere das öffentliche Interesse an der Beseitigung zu Unrecht verliehener Ausschließlichkeitsrechte mit dem öffentlichen Interesse an der Beendigung von Prozessen durch Vergleich. Ob dieser auf seinen dogmatischen Stellenwert nicht näher untersuchte Gesichtspunkt eine Anwendung des Artikels 85 EWG-Vertrag ausschließen kann, scheint der Kammer eine noch weitgehend ungeklärte Frage, deren Beurteilung durch den Europäischen Gerichtshof offen bleiben muß, zumal eine Stellungnahme des Generalanwaltes bislang nicht vorliegt.</p>
<span class="absatzRechts">223</span><p class="absatzLinks">2.Im Hinblick auf eine gegen das Klagepatent erhobene</p>
<span class="absatzRechts">224</span><p class="absatzLinks">Nichtigkeitsklage ist ein Patentverletzungsrechtsstreit nach ständiger Rechtsprechung der Kammer und des Oberlandesgerichts nur unter engen Voraussetzungen auszusetzen. Im vorliegenden Fall ist das Klagepatent im Hinblick auf den druckschriftlichen Stand der Technik bereits zweimal vom Bundespatentgericht und einmal vom Bundesgerichtshof überprüft worden. Fraglich kann daher nur noch sein, ob eine Vernichtung des Klagepatents im Hinblick auf das Vorbringen der Beklagten zur offenkundigen Vorbenutzung eine Vernichtung des Klagepatents wahrscheinlich erscheinen läßt. Dabei kommt es auf die Frage, ob die Vorrichtung offenkundig vorbenutzt worden ist, nicht an, da die Klage insoweit ohnehin erfolglos geblieben ist. Hinsichtlich des Verfahrensanspruchs aes Klagepatents kann aber in Anbetracht des Umstandes, daß die Beklagten insoweit jedenfalls kein privates Vorbenutzungsrecht erworben haben (oben II 3.) eine die Aussetzung rechtfertigende hohe Wahrscheinlichkeit der Vernichtung des Klagepatents auch unter dem Gesichtspunkt mangelnder Erfindungshöhe nicht bejaht werden.</p>
<span class="absatzRechts">225</span><p class="absatzLinks">VI.</p>
<span class="absatzRechts">226</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">227</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.</p>
|
315,532 | ovgnrw-1986-09-05-2-a-314083 | {
"id": 823,
"name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen",
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} | 2 A 3140/83 | "1986-09-05T00:00:00" | "2019-03-13T14:58:16" | "2019-03-27T09:42:52" | Urteil | ECLI:DE:OVGNRW:1986:0905.2A3140.83.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Klägers wird auf seine Kosten zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Revision wird nicht zugelassen.</p>
<p></p>
<p></p>
<p></p>
<p>
</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"> Tatbestand:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks xxx, xxxStraße xxx, auf dem sich
sein landwirtschaftlicher Betrieb mit Wohn- und Wirtschaftsgebäuden befindet.
Durch Bescheid vom 11. April 1982 zog ihn der Beklagte zu kommunalen
Benutzungsgebühren für die Ableitung von Niederschlagswasser in die städtische
Entwässerungsanlage heran und zwar in Höhe von 384,-- DM für das Jahr 1981 und
in Höhe von 416,-- DM für das Jahr 1982. Dieser Heranziehung zur
Niederschlagswassergebühr liegt der Maßstab der bebauten oder befestigten
Grundstücksfläche zugrunde, die beim Kläger 640 qm beträgt. Nach den
Feststellungen des Beklagten umfassen die bebaute Fläche 360 qm und die
befestigte Hoffläche 280 qm. Der Gebührensatz beläuft sich für 1981 auf 0,60 DM
und für 1982 auf 0,65 DM je qm.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 10. Mai 1982 bat der Kläger, ihm die auf die befestigte
Hoffläche entfallende Niederschlagswassergebühr "im Zuge einer
Billigkeitsentscheidung" zu erlassen und machte geltend: Als Folge des
Straßenausbaues (Anlegen eines erhöhten Gehweges zwischen seinem
Hofgrundstück und der Straßenfahrbahn) sei das zuvor vorhandene natürliche
Gefälle seiner Hoffläche zur Straße beseitigt worden; er sei gezwungen gewesen,
auf eigene Kosten durch Installieren eines Einlaufschachtes auf seinem Grundstück
die Abflußmöglichkeit zum Straßensammelkanal wieder herzustellen. Von höher
gelegenen Hofflächen der Nachbargrundstücke, die auch jetzt noch natürliches
Gefälle zur Fahrbahn hätten, fließe das Niederschlagswasser weiterhin in die
öffentliche Kanalisation, ohne daß der Beklagte hierfür (hinsichtlich der Hoffläche)
Benutzungsgebühren erhebe. Seine Gebührenheranziehung sei daher eine unbillige
Benachteiligung.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 25. Mai 1982 lehnte der Beklagte diesen Antrag ab, wobei er
ausführte, die Veranlagung sei gemäß der für die Ableitung von Niederschlagswasser
anzuwendenden Satzungsregelung (§ 2 Abs. 7 der Gebührensatzung) erfolgt; eine
Unbilligkeit liege somit nicht vor.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Aufgrund eines weiteren Schreibens des Klägers vom 5. Juni 1982, in dem
dieser um einen "rechtsmittelfähigen Bescheid" bat, erließ der Beklagte am 7.
September 1982 einen Widerspruchsbescheid, mit dem er den "Widerspruch vom 5.
Juni 1982" zurückwies. Zur Begründung führte der Beklagte im wesentlichen aus:
Der nach der Gebührensatzung auf die Niederschlagswasserableitung
anzuwendende Maßstab der bebauten oder befestigten Fläche sei ein nach § 6 Abs.
3 Satz 2 KAG gültiger Wahrscheinlichkeitsmaßstab. Befestigte Fläche im Sinne dieser
Satzungsregelung seien die Flächen, auf denen das Niederschlagswasser nicht
versickere, sondern durch entsprechende Leitungen dem städtischen Kanalnetz
zugeführt werde. Bei Grundstücken, von denen infolge ihres Gefälles zur Straße das
Niederschlagswasser auf die Straße abfließe und (erst) dort dem städtischen
Kanalnetz zugeführt werde, sei dieser satzungsmäßige Gebührentatbestand nicht
erfüllt. Die Tatsache, daß bei diesen Grundstücken andere Gefälleverhältnisse
vorlägen, begründe keine Gebührenbefreiung für den Kläger.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Mit der daraufhin erhobenen Klage hat der Kläger in seiner Klageschrift begehrt,
den Bescheid des Beklagten vom 25. Mai 1982, sowie den Widerspruchsbescheid
vom 7. September 1982 aufzuheben. Das Verwaltungsgericht hat das
Klagebegehren so aufgefaßt, daß der Kläger beantragt hat,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">den Grundbesitzabgabenbescheid des Beklagten vom 11. April 1982 betreffend
Regenwassergebühren für 1981 und 1982 sowie den Widerspruchsbescheid vom 7.
September 1982 aufzuheben.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Er hat geltend gemacht: Nachbarn des Klägers, bei deren Hofflächen noch
natürliches Gefälle zur Straße bestehe, so daß das Niederschlagswasser ungehindert
abfließe, könne er nicht zur Niederschlagswassergebühr bezüglich dieser Flächen
heranziehen. Denn in diesen Fällen sei der satzungsmäßige Gebührentatbestand
nicht verwirklicht, weil es an einer abwassertechnischen Verbindung
(Grundstücksanschlußleitung) für das Ableiten des Niederschlagswassers der
Hofflächen fehle. Solange dies der Fall sei, bestehe kein Benutzungsverhältnis und
damit auch kein gebührenpflichtiger Tatbestand, der das Einleiten von
Niederschlagswasser der Hoffläche in den städtischen Straßensammelkanal zum
Gegenstand habe.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Durch das dem Kläger am 14. Oktober 1983 zugestellte Urteil, auf dessen Inhalt
verwiesen wird, hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Hiergegen richtet sich die Berufung, zu deren Begründung der Kläger u.a.
vorträgt: Das der streitigen Heranziehung zugrunde liegende Ortsrecht sei ungültig.
Der Beklagte habe nämlich zu Unrecht bei der der Ermittlung des Gebührensatzes
(0,60 und 0,65 DM) zugrunde liegenden Kalkulation die Niederschlagswassermenge
derjenigen Anlieger nicht berücksichtigt, deren Niederschlagswasser infolge
bestehenden natürlichen Gefälles ohne Grundstücksanschlußleitung in den
Straßensammelkanal fließe. Diese Anlieger nähmen jedoch in gleicher Weise die
öffentliche Abwasseranlage in Anspruch. Sie leiteten faktisch ihre
Niederschlagswasser ein; infolgedessen bestehe im Ergebnis kein Unterschied zu
ihm, dem Kläger, der nur infolge Erhöhen des Gehweges einen Einlaufschacht habe
herstellen müssen, um das Niederschlagswasser wie zuvor dem
Straßensammelkanal zuleiten zu können. Ein Einbeziehen der befestigten Flächen
dieser das natürliche Gefälle nutzenden Anlieger in die Gebührenkalkulation hätte
einen niedrigeren Gebührensatz zur Folge gehabt. Wegen dieser unterschiedlichen
gebührenrechtlichen Behandlung von entwässerungstechnisch gleichgelagerten
Sachverhalten verstoße die streitige Heranziehung auch gegen Art. 3 Abs. 1
GG.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Seine Anfechtungsklage richte sich gegen die rechtswidrige Heranziehung als
solche; nur hilfsweise rüge er außerdem eine in der Heranziehung liegende sachliche
Unbilligkeit.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">1. das Urteil des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 30. September 1983
abzuändern und den Grundbesitzabgabenbescheid des Beklagten vom 11. April 1982
betreffend Regenwassergebühren für 1981 und 1982 sowie den
Widerspruchsbescheid vom 7. September 1982 aufzuheben;</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">2. hilfsweise, das Urteil des Verwaltungsgerichts Arnsberg abzuändern und den
Beklagten zu verpflichten, dem Kläger die Regenwassergebühren in Höhe von 384,--
DM für 1981 und in Höhe von 416,-- DM für 1982 zu erlassen sowie den
Widerspruchsbescheid vom 7. September 1982 aufzuheben.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Er trägt vor, daß er das Begehren so aufgefaßt habe, daß der vom Kläger
gestellte Antrag auf Erlaß der Niederschlagswassergebühr gegen den
Heranziehungsbescheid als solchen gerichtet und nicht nur als Antrag auf Erlaß
wegen sachlicher Unbilligkeit aufzufassen gewesen sei. Sowohl im Heranziehungs-
als auch im Widerspruchsverfahren sei allerdings zugleich geprüft worden, ob ein
Anspruch auf Gebührenerlaß wegen sachlicher Unbilligkeit bestehe. Er, der Beklagte,
habe daher die Klage als Anfechtungsklage gegen die Heranziehung aufgefaßt. Das
klageabweisende Urteil sei zu Recht ergangen, so daß die Berufung keinen Erfolg
haben könne. Bei Aufstellen der Gebührenbedarfsberechnung (Kalkulation) seien nur
die Abwassermengen der bebauten und befestigten Flächen berücksichtigt worden,
die über eine unmittelbare abwassertechnische Verbindung Niederschlagswasser in
den Straßensammelkanal einleiten. Das sei bei dem Kläger bezüglich der Hofflächen
der Fall. Bei den vom Kläger erwähnten Nachbargrundstücken fließe jedoch wegen
des auch jetzt noch bestehenden natürlichen Gefälles das Niederschlagswasser der
Hoffläche über den angrenzenden Gehweg auf die Fahrbahn ab. Diese Grundstücke
seien insoweit (Entwässern der befestigten Hoffläche) nicht mit einer eigenen
abwassertechnischen Verbindung (Grundstücksanschluß an den
Straßensammelkanal) angeschlossen. Diese Entwässerungssituation habe vor
Anlegen des Gehweges auch beim Kläger bestanden; deshalb werde er nunmehr
erstmalig zur Benutzungsgebühr bezüglich der befestigten Hoffläche
herangezogen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Der Vertreter des öffentlichen Interesses hat zu der Streitsache nicht Stellung
genommen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Sämtliche Beteiligte haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche
Verhandlung einverstanden erklärt.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts, insbesondere des
Parteivorbringens in beiden Rechtszügen wird auf die Gerichtsakten, ferner auf die
beigezogenen Verwaltungsvorgänge und Satzungsunterlagen des Beklagten Bezug
genommen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung, über die der Senat gemäß §§ 101 Abs. 2, 125 Abs. 1
Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist
unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die in erster Linie erhobene Anfechtungsklage ist zulässig.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Allerdings hat der anwaltlich vertretene Kläger in der Klageschrift vom 6.
Oktober 1982 lediglich beantragt, den (nur) einen Billigkeitserlaß ablehnenden
Bescheid vom 25. Mai 1982 sowie den hierzu ergangenen Widerspruchsbescheid
vom 7. September 1982 aufzuheben. Eine Änderung des Klageantrages im ersten
Rechtszug ist den Akten nicht zu entnehmen. Wenn das Verwaltungsgericht
gleichwohl das Klagebegehren dahin deutete, daß der Grundbesitzabgabenbescheid
vom 11. April 1982 hinsichtlich der Regenwassergebühr angefochten werden sollte,
hätte es nahegelegen, auf eine entsprechende Berichtigung des Klageantrages
hinzuwirken (§ 86 Abs. 3 VwGO). Der Kläger hat jedoch im Berufungsverfahren
ausdrücklich (auch) beantragt, den Grundbesitzabgabenbescheid vom 11. April 1982
betreffend Regenwassergebühren für 1981 und 1982 aufzuheben. Hierin liegt eine
Klageänderung in Form der Klageerweiterung, die zulässig ist, weil ihr der Beklagte
jedenfalls mit seinem Schriftsatz vom 25. Juli 1985 zugestimmt hat (§ 91 Abs. 1
VwGO). Mit diesem Schriftsatz hat der Beklagte ferner vorgetragen, er habe den
Antrag des Klägers auf Erlaß der Kanalbenutzungsgebühren aus Billigkeitsgründen
auch als Widerspruch gegen den Heranziehungsbescheid angesehen. Damit hat der
Beklagte den Widerspruchsbescheid vom 7. September 1982 jedenfalls nachträglich
dahin ergänzt, daß (auch) der (angenommene) Widerspruch des Klägers gegen den
Heranziehungsbescheid vom 11. April 1982 zurückgewiesen werden sollte. Das nach
§ 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO erforderliche Vorverfahren ist somit durchgeführt
worden.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die Anfechtungsklage ist jedoch unbegründet, weil die durch den Bescheid vom
11. April 1982 erfolgten Heranziehungen zur Regenwassergebühr für 1982 und 1983
rechtmäßig sind.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Rechtsgrundlage dieses Heranziehungsbescheides für 1982 und 1983 ist die
Satzung der Stadt xxx über die Erhebung von Gebühren für die Entwässerung von
Grundstücken vom 17. Dezember 1980 in der Fassung der 1. Änderungssatzung vom
17. Dezember 1981 - EGS -. Gegen die Gültigkeit dieser Satzung bestehen im
Hinblick auf ihre hier anzuwendenden Bestimmungen weder formelle noch
materielle Bedenken. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 EGS erhebt die Stadt xxx für die
Inanspruchnahme ihrer öffentlichen Grundstücksentwässerungsanlage
(Abwasseranlage) Benutzungsgebühren, und zwar für die Ableitung von
Schmutzwasser und Niederschlagswasser jeweils getrennte Gebühren.
Gebührenmaßstab für die Schmutzwasserableitung ist die dem Grundstück
zugeführte Frischwassermenge (Frischwasser- oder Wasserverbrauchsmaßstab). Die
hier allein streitige Gebühr für die Ableitung von Niederschlagswasser
(Regenwasser) bemißt sich gemäß § 2 Abs. 7 EGS nach dem Maßstab der bebauten
und befestigten Grundstücksfläche "von der Niederschlagswasser in die öffentliche
Abwasseranlage gelangt (angeschlossene Grundstücksfläche)." Die Gebühr beträgt
je qm angeschlossene Grundstücksfläche ab 1. Januar 1981 0,60 DM und ab 1.
Januar 1982 0,65 DM. Mit der durch die Satzung vom 17. Dezember 1980 erfolgten
Einführung einer getrennten Maßstabsregelung (Schmutzwasser einerseits,
Niederschlagswasser andererseits) anstelle des bis dahin auch auf die
Niederschlagswassereinleitung angewandten Wasserverbrauchsmaßstabes sind
etwaige früher bestehende Zweifel an der Gültigkeit des auf die
Niederschlagswasserbeseitigung anzuwendenden Gebührenmaßstabes von
vornherein ausgeräumt.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Gegen die Ermittlung der Gebührensätze von 0,60 und 0,65 DM für die
Bemessung der Niederschlagswassergebühr bestehen keine rechtlichen Bedenken.
Wie sich aus der der Beschlußfassung durch den Rat zugrunde liegenden
Berechnungsgrundlage (Gebührenkalkulation) ergibt, sind von den Gesamtkosten
der Niederschlagswasserbeseitigung etwa 32% für die Ableitung des
Niederschlagswassers von öffentlichen Verkehrsflächen in Abzug gebracht worden;
die zur Niederschlagswassergebühr herangezogenen Grundstückseigentümer werden
daher mit diesem Kostenanteil nicht belastet.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Die Ermittlung der für die Bemessung der Niederschlagswassergebühr
festgesetzten Gebührensätze (0,60 und 0,65 DM) ist auch im übrigen
rechtsfehlerfrei. Zwar war im Zeitpunkt der Kalkulation des Gebührensatzes von 0,60
DM die Summe der an die städtische Entwässerungsanlage angeschlossenen
bebauten und befestigten Grundstücksflächen noch nicht ermittelt. Die vom
Beklagten versandten Fragebögen, in denen der Grundstückseigentümer seine an
die städtische Entwässerungsanlage angeschlossenen bebauten und befestigten
Flächen anzugeben hatte, gingen erst im Laufe des Jahres 1981 beim Beklagten ein,
so daß er bis dahin auf verhältnismäßig grobe Schätzungen, sowie auf
Erfahrungswerte von benachbarten Städten angewiesen war, was die
Gebührenkalkulation für das Jahr 1981 mit einem nicht unerheblichen
Unsicherheitsfaktor belastete; denn der Ortsgesetzgeber muß bei Kalkulation des
Gebührensatzes die für seine eigene Gemeinde maßgeblichen örtlichen Verhältnisse
ermitteln. Im Zusammenhang mit dem Kostenüberschreitungsverbot (§ 6 Abs. 1
Satz 3 KAG) kommt es zwar auf die Verhältnisse bei der Billigung der
Gebührenkalkulation durch den Rat einschließlich der zu dieser Zeit bestehenden
Unsicherheitsfaktoren an und nicht auf spätere Erkenntnisse.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Vgl. Urteil des Senats vom 26. Februar 1982 - 2 A 1667/79 -, Gemeindehaushalt
(Gemht) 1983, 113 = Hessische Städte- und Gemeindezeitung (HSGZ) 1982, 268 =
Städte- und Gemeinderat (StGR) 1982, 240 = Zeitschrift für kommunale Finanzen
(ZKF) 1983, 112.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Gleichwohl empfiehlt es sich für den Regelfall bei Umstellung des
Bemessungssystems auf getrennte Maßstäbe zunächst das Vorliegen verläßlicher
Unterlagen abzuwarten. Hier hatte der Beklagte bei der für die Beschlußfassung
durch den Rat angefertigten Gebührenkalkulation für das Jahr 1981 jedoch nicht nur
das Zahlenmaterial von Nachbargemeinden mit im wesentlichen gleichgelagerten
örtlichen Verhältnissen zur Verfügung, sondern auch Unterlagen, die einigen
Aufschluß über die eigenen örtlichen Verhältnisse gaben, wie etwa Datenmaterial
über die Kosten der Regenwasserableitung und den prozentualen Anteil dieser
Kosten an den Gesamtkosten der Abwasserbeseitigung. Dieses Datenmaterial
reichte insgesamt aus, um in einer den Anforderungen des § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG
genügenden Weise den Gebührenbedarf und das Gebührenaufkommen für 1981
veranschlagen zu können. Dies wird auch durch die Gebührenkalkulation für das Jahr
1982 bestätigt. Hiernach stimmen nämlich die im Jahre 1981 von den
Grundstückseigentümern übermittelten Flächenangaben mit der im Vorjahr (Ende
1980) vom Beklagten veranschlagten Größe der angeschlossenen bebauten und
befestigten Flächen des Stadtgebietes im wesentlichen überein.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Ebensowenig bestehen rechtliche Bedenken gegen die Festsetzung des ab 1.
Januar 1982 geltenden höheren Gebührensatzes von 0,65 DM/qm für die
Niederschlagswassergebühr. Die Anhebung um 0,05 DM beruht darauf, daß der
Beklagte bei Aufstellen der Gebührenbedarfsberechnung für 1982 den für 1981
zugrunde gelegten Zinssatz von 6% (kalkulatorischer Zins für das aufgewandte
Kapital) als zu niedrig erachtete und ihn deshalb auf 7% angehoben hat, was im
Hinblick auf das allgemeine Zinsniveau des Jahres 1981 unbedenklich
erscheint.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Vgl. zum Ansatz eines solchen einheitlichen kalkulatorischen Zinses für das
aufgewandte Kapital: Urteil des Senats vom 26. Februar 1982 - 2 A 1667/79 -, aaO;
Bauernfeind/Zimmermann, KAG NW, 2. Aufl., § 6 Rdnr. 27.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Der Senat übersieht nicht, daß sich nach Auswertung sämtlicher von den
Grundstückseigentümern zurückgesandten Fragebögen Daten ändern können, die
der Gebührenkalkulation 1982 zugrunde gelegen haben. Das wird zwar den Rat der
Stadt xxx veranlassen, die dann anstehende Gebührenbedarfsberechnung daraufhin
zu überprüfen. Sollten sich erhebliche Abweichungen ergeben, berührt dies aber
nicht die Rechtmäßigkeit der Festsetzung des Gebührensatzes für das Jahr 1982.
Denn die Rechtmäßigkeit der Veranlagung der voraussichtlichen Kosten und der
Maßstabseinheiten, sowie des aus ihnen ermittelten Gebührensatzes richtet sich -
wie bereits ausgeführt - nach den Erkenntnissen im Zeitpunkt der
Veranschlagung.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Entgegen den Einwendungen des Klägers in seiner Berufungsbegründung
ergeben sich auch nicht deshalb Bedenken gegen die Gebührenkalkulation, weil bei
einigen Grundstückseigentümern das Niederschlagswasser der befestigten Hoffläche
nicht über eine Grundstücksanschlußleitung zum Straßensammelkanal, sondern über
das natürliche Gefälle zur Straße abfließt und dort über Straßengullies in die
Fahrbahnentwässerung gelangt, die über denselben Mischwasserkanal erfolgt, der
auch die Grundstücksabwässer (Schmutz- und Niederschlagswasser) aufnimmt. Wie
der Beklagte hierzu unwiderlegt und glaubhaft vorgetragen hat, ist die Summe der
befestigten Flächen, die im Stadtgebiet auf diese Weise mittels natürlichen Gefälles
über die Straßenentwässerung ihr Niederschlagswasser in Straßensammelkanäle
abfließen lassen, so gering, daß auch deren Berücksichtigung die Höhe des
Gebührensatzes nicht hätte beeinflussen können. Davon abgesehen hat der
Beklagte mit einem Anteil von 32% für das Entwässern der öffentlichen
Verkehrsflächen diesen Kostenanteil, der den Gebührenhaushalt nicht belastet, so
reichlich bemessen, daß Kosten der Beseitigung des von einigen Hofgrundstücken
auf die Fahrbahn abfließenden Niederschlagswassers hierbei mit erfaßt sind. Die zur
Niederschlagswassergebühr herangezogenen Grundstückseigentümer werden
infolgedessen mit diesen Kosten keinesfalls belastet.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Im übrigen wäre der Beklagte auch nicht verpflichtet, das über die
Fahrbahnentwässerung abfließende Niederschlagswasser angrenzender Hofflächen
in die Gebührenkalkulation einzubeziehen und damit von einer größeren zu
entwässernden Gesamtfläche des Gemeindegebietes auszugehen. Mit seinem
gegenteiligem Vorbringen übersieht der Kläger, daß der in seiner Straße
(Dxxxstraße des Ortsteils xxx) verlegte Mischwasserkanal rechtlich zwei voneinander
zu unterscheidenden Einrichtungen dient und infolgedessen verschiedenen Zwecken
gewidmet ist.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Einmal dient der Kanal der Fahrbahnentwässerung und ist insoweit rechtlich
Bestandteil des Straßenkörpers der Dxxxstraße (§ 2 Abs. 2 Ziff. 1 a Straßen- und
Wegegesetz des Landes NW - StrWG - jetzt gültig in der Fassung der
Bekanntmachung vom 1. August 1983, GV NW 306). Die hierdurch entstehenden
Kosten für Unterhaltung des Kanals und Beseitigung des
Fahrbahnoberflächenwassers werden aus allgemeinen Haushaltsmitteln finanziert,
somit nicht durch das Aufkommen aus der von den Grundstückseigentümern zu
entrichtenden (hier allein streitigen) Niederschlagswassergebühr. Diese
Fahrbahnentwässerungskosten sind nach dem bereits Ausgeführten bei der
Gebührenkalkulation in Höhe von 32% der Gesamtkosten für die
Niederschlagswasserbeseitigung berücksichtigt worden.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Zum anderen ist der in der Straße vor dem Grundstück des Klägers liegende
Mischwassersammelkanal Bestandteil der städtischen
Grundstücksentwässerungsanlage im Sinne von § 1 Abs. 1, 2 der Satzung der Stadt
xxx über die Entwässerung der Grundstücke und den Anschluß an die öffentliche
Entwässerungsanlage vom 21. Dezember 1971 Entwässerungssatzung - ES -.
Insoweit ist der in der Straße verlegte Kanal als Folge dieser ortsrechtlichen
Regelung zugleich für die Zwecke der Entwässerung angrenzender, an die städtische
Entwässerungsanlage angeschlossener Grundstücke gewidmet. Die der Stadt durch
Betreiben ihrer Grundstücksentwässerungsanlage entstehenden Kosten sind nach §
6 Abs. 1 und 2 KAG bei Ermittlung und Festsetzung des Gebührensatzes für die
Niederschlagswassergebühr zugrunde zu legen. Da das veranschlagte
Gebührenaufkommen die voraussichtlichen Kosten der städtischen
Grundstücksentwässerungsanlage (i.S. von § 1 ES) in der Regel decken soll (§ 6 Abs.
1 Satz 1 und 3 KAG), hat die Stadt xxx den Gebührensatz so zu bemessen, daß die
Gesamtheit der Gebührenpflichtigen diese Kosten trägt.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Gebührenpflichtig sind jedoch nur Benutzer der städtischen
Entwässerungsanlage; das sind diejenigen, deren Grundstücksabwasserleitungen in
einer den Anforderungen des Ortsrechts entsprechenden Weise an den der
Entwässerung angrenzender Grundstücke bestimmten Straßensammelkanal
(leitungsmäßig) angeschlossen sind und über diese leitungsmäßige Verbindung
Abwasser (Niederschlags- oder Schmutzwasser) einleiten. Hierzu gehört der Kläger
(auch) mit seinen Hofflächen, die über den auf dem Grundstück von ihm installierten
Einlaufschacht entwässert werden. Solange das auf der Hoffläche des Klägers
niedergehende Regenwasser infolge des natürlichen Gefälles auf die Straße lief und
dort zusammen mit dem auf der Straße niedergehenden Niederschlagswasser über
Straßenabläufe (Straßengullies) in den in der Straße verlegten Kanal gelangte, war
der Kläger nicht im Rechtssinne an die städtische Entwässerungsanlage
angeschlossen. Es fehlte nämlich an einer abwassertechnischen Verbindung
zwischen dem Grundstück und der städtischen Entwässerungsanlage, d.h. einer
Verbindung, die ihrer Funktion und Bestimmung nach dem Transport von
Grundstücksabwässern zur gemeindlichen Abwasseranlage diente.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Vgl, Urteil des Senats vom 14. Juli 1975 - II A 502/73 -, OVGE 31, 162 (163) =
Recht der Landwirtschaft (RdL) 1976, 52.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger kamen lediglich das ohnehin vorhandene Gefälle seiner Hoffläche
und die Straßenoberfläche zugute. Unter diesen Umständen handelte es sich seiner
Zeit auch nicht um einen mittelbaren Anschluß, d.h. um eine abwassertechnische
Verbindung des Grundstücks mit der städtischen Entwässerungsanlage durch die
Mitbenutzung einer fremden Anschlußleitung (§ 10 Abs. 2 ES).</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Vgl. das o.a. Urteil des Senats vom 14. Juli 1975, aaO.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Die Entwässerungssituation war vielmehr dadurch gekennzeichnet, daß
Regenwasser von einem nicht angeschlossenen Grundstück ohne eine hierzu
bestimmte Vorrichtung auf ein angeschlossenes Grundstück (hier: das
Straßengrundstück) lief. Eine solche Situation braucht in der Gebührenkalkulation
nicht - weder bei der Ermittlung der Kosten der Regenwasserbeseitigung noch bei
der Ermittlung der für die Gebührenbemessung maßgeblichen bebauten und
befestigten Grundstücksflächen - berücksichtigt zu werden.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Daß sich die Entwässerungssituation des klägerischen Grundstückes infolge des
Ausbaus der Straße verändert hat, ist für die Entscheidung des vorliegenden
Gebührenrechtsstreits unerheblich. Entscheidend ist vielmehr, daß das
Niederschlagswasser seiner Hoffläche nunmehr mittels einer leitungsmäßigen
Verbindung vom Grundstück zum städtischen Straßensammelkanal abgeleitet wird,
die auf jeden Fall die Voraussetzungen des § 10 ES erfüllt. Ob der Kläger zum
Anlegen des Einlaufschachtes wegen des unterbrochenen Gefälles gezwungen war,
ist rechtlich bedeutungslos. Das für das Benutzungsgebührenrecht maßgebliche
Tatbestandselement der Willentlichkeit der Benutzung stellt nicht auf die Motivation
des Willens ab, sondern nur darauf, daß eine (bewußte) Inanspruchnahme der
Leistung der gemeindlichen Einrichtung vorliegt (hier Entwässern der Hoffläche
durch die städtische Grundstücksentwässerungsanlage).</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Nach alledem hat der Kläger im hier streitigen Veranlagungszeitraum (1981 und
1982) den Gebührentatbestand (Niederschlagswasserbeseitigung) auch unter
Zugrundelegen der befestigten Hoffläche von 280 qm erfüllt, so daß die
Gebührenheranziehung bezüglich dieser Fläche rechtmäßig ist. Seine mit dem
Hauptantrag erhobene Anfechtungsklage bleibt daher erfolglos.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist auch mit dem hilfsweise gestellten Antrag unbegründet. Denn der
Beklagte ist nicht verpflichtet, die streitige Gebühr ganz oder teilweise aus
Billigkeitsgründen zu erlassen. Nach § 12 Abs. 1 Nr. 4 b KAG in Verbindung mit § 163
Abgabenordnung 1977 (AO 1977) können Abgaben niedriger festgesetzt werden,
wenn die Erhebung der Abgabe nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Eine
solche Unbilligkeit kann sich aus der Person des Abgabepflichtigen (z.B.
Existenzgefährdung infolge der Abgabenerhebung) oder aus der Natur der Sache
ergeben, d.h. dann wenn die Abgabenerhebung in einem Einzelfall, der einen
gesetzlichen Abgabentatbestand erfüllt, mit dem Sinn und Zweck des
Abgabengesetzes unvereinbar ist und dadurch den Wertungen des Gesetzgebers
zuwiderläuft. Gründe für eine persönliche Unbilligkeit sind hier nicht geltend
gemacht und in Anbetracht des verhältnismäßig niedrigen Abgabenbetrages auch
nicht anzunehmen, so daß nur eine sogenannte sachliche Unbilligkeit in Betracht
kommen könnte. Der Beklagte hat jedoch ermessensfehlerfrei das Vorliegen einer
sachlichen Unbilligkeit verneint. Nach dem Vorbringen des Klägers sieht dieser eine
Unbilligkeit darin, daß er - anders als Nachbarn, die ihre Hoffläche ohne
Grundstücksanschlußleitung mittels vorhandenen natürlichen Gefälles entwässern -
zur Niederschlagswassergebühr herangezogen wird. Hierin liegt jedoch keine den
Wertungen des Gesetzgebers zuwiderlaufende oder dem Sinn und Zweck, der hier
angewandten Gebührenvorschriften widersprechende Abgabenbelastung. Den
Wertungen des Gesetzgebers - des Landesgesetzgebers und des Ortsgesetzgebers -
entspricht es nicht, daß ein Grundstückseigentümer, der den Gebührentatbestand
verwirklicht, die Gebühr deshalb nicht zahlt, weil er ohne eine
Straßenbaumaßnahme der Gemeinde die öffentliche Einrichtung nicht hätte in
Anspruch nehmen müssen. Die Ursachen für die Notwendigkeit eines
Regenwasseranschlusses mögen im Hinblick auf etwaige Entschädigungsansprüche
gegenüber dem Träger der Straßenbaulast von Bedeutung sein; sie beeinflussen
jedoch nicht das Gebührenschuldverhältnis zwischen dem angeschlossenen
Grundstückseigentümer und dem Träger der Abwasseranlage. Die Heranziehung des
Klägers zur Niederschlagswassergebühr ist somit sachlich nicht unbillig.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Die Berufung war daher mit der sich aus § 154 Abs. 2 VwGO ergebenden
Kostenentscheidung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür nach §§ 132
Abs. 2, 137 VwGO nicht vorliegen.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">
</p>
|
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<p>Das angefochtene Urteil wird teilweise geändert.</p>
<p></p>
<p>Die Klage wird wegen eines weiteren Betrages in Höhe von 1.266,64 DM
abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des ersten Rechtszuges werden dem Kläger auferlegt. Die Kosten des
Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 9/10 und der Beklagte zu 1/10.</p>
<p></p>
<p>Die Revision wird nicht zugelassen.</p>
<p></p>
<p></p>
<p></p>
<p>
</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"> Der Kläger, der Eigentümer des Grundstücks Gemarkung ... in ... ist, wendet sich
gegen seine Heranziehung zu einem Straßenbaubeitrag für den Ausbau des F.
Weges.</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der F. Weg verläuft zwischen dem U. Weg und der A.straße von Südosten nach
Nordwesten. Bis zum Jahre 1979 wies er eine zwischen 4 m und 4,50 m breite
Fahrbahn auf, die mit einer leichten Asphaltdecke auf einem geringen Unterbau
befestigt war. Die Randstreifen waren lediglich mit Dolomit und ähnlichen Materialien
abgedeckt. Eine Straßenentwässerung war nicht vorhanden. Im Anschluß an die
Verlegung eines Schmutzwasserkanals und eines Regenwasserkanals wurde der F.
Weg im Jahre 1979 ausgebaut. Die Fahrbahn wurde durchgehend auf 5 m erweitert
und erhielt einen frostsicheren Unterbau, auf den eine Asphaltfeinbetondecke
aufgebracht wurde. Auf der westlichen Seite wurde ein durchgehender Gehweg von
1,5 m Breite angelegt, der ebenfalls eine Asphaltfeinbetondecke erhielt. Auf der
östlichen Seite wird die Fahrbahn durch ein 50 cm breites Schrammbord begrenzt. Die
Straßenentwässerung wurde an den Regenwasserkanal angeschlossen und die an
Freileitungsmasten angebrachte Straßenbeleuchtung durch eine größere Anzahl von
Beleuchtungskörpern, die erdverkabelt sind, ersetzt.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Durch Heranziehungsbescheid vom 22. April 1982 zog der Beklagte den Kläger zu
einem Straßenbaubeitrag in Höhe von 3.872,80 DM heran. Den hiergegen eingelegten
Widerspruch des Klägers wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 3. Juni
1982 als unbegründet zurück.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Zur Begründung seiner beim Verwaltungsgericht erhobenen Klage hat der Kläger
im wesentlichen vorgetragen: Es sei rechtsmißbräuchlich, daß die Satzung der Stadt
... über die Erhebung von Beiträgen nach § 8 KAG für straßenbauliche Maßnahmen
vom 29. Mai 1979 (Beitragssatzung) erst nach Beginn der Bauarbeiten verabschiedet
worden sei. Außerdem seien die Arbeiten am F. Weg lediglich als
Instandsetzungsarbeiten einzustufen. Wegen des Kanalbaus sei die Straße
aufgerissen und anschließend wieder instand gesetzt worden. Beitragsfähige
Verbesserungen seien dadurch nicht vorgenommen worden. Der Beklagte habe
außerdem den F. Weg zu Unrecht als Anliegerstraße eingestuft. Die Straße weise
erheblichen Durchgangsverkehr auf, da sie zur Umgehung der Kreuzung
A.straße/V.straße/L. Straße benutzt werde.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">die Bescheide des Beklagten vom 22. April 1982 und 3. Juni 1982
aufzuheben.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat im wesentlichen ausgeführt, daß die Ausbaumaßnahmen zu einer
nachhaltigen Verbesserung der Straße geführt hätten. Die Fahrbahn sei verbreitert
und mit einer Frostschutzschicht versehen worden; erstmals habe die Straße einen
durchgehenden Gehweg und eine ordnungsgemäße Straßenentwässerung erhalten.
Die Beleuchtung sei verbessert worden. Die Straße sei zu Recht als Anliegerstraße
eingestuft worden. Der ihrer Verkehrsbedeutung entsprechende Ausbauzustand lasse
erheblichen Durchgangsverkehr nicht zu. Im übrigen entspreche die Einstufung als
Anliegerstraße der Einstufung im Straßenreinigungsplan und im Beleuchtungsplan der
Stadt.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Durch das angefochtene Urteil, auf dessen Begründung Bezug genommen wird,
hat das Verwaltungsgericht die Bescheide des Beklagten insoweit aufgehoben, als der
Kläger darin zu einem Beitrag von mehr als 2.448,09 DM herangezogen worden ist. Im
übrigen hat es die Klage abgewiesen. Es hat im wesentlichen ausgeführt: Die
Beitragspflicht sei dem Grunde nach entstanden, da die Ausbaumaßnahmen zu einer
Verbesserung an Fahrbahn, Gehweg, Straßenentwässerung und Beleuchtung geführt
hätten. Die Höhe der Forderung sei aber teilweise unberechtigt. Der Beklagte habe
bei der Straßenentwässerung einen zu hohen Betrag angesetzt und insbesondere die
Straße zu Unrecht als Anliegerstraße eingestuft. Der F. Weg sei eine
Haupterschließungsstraße, da er den Verkehr aus einem nahe gelegenen
Gewerbegebiet, aus dem C.weg und einer noch anzulegenden Straße aufnehmen
müsse.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Mit der dagegen eingelegten Berufung begehrt der Beklagte die vollständige
Abweisung der Klage. Zur Begründung trägt er im wesentlichen vor: Die Einstufung als
Haupterschließungsstraße sei nicht gerechtfertigt. Erheblichen Durchgangsverkehr aus
anderen Straßen müsse die Straße nicht aufnehmen. Die Straße "A." sei eine
Sackgasse, die lediglich wenige Wohngrundstücke erschließe. Sie stelle keine
Verbindung zu dem östlich gelegenen Gewerbegebiet her, da der Bebauungsplan
insoweit lediglich eine fußläufige Verbindung vorsehe. Ob die im Bebauungsplan
vorgesehene weitere Erschließungsstraße gebaut werde, sei im gegenwärtigen
Zeitpunkt völlig unklar. Vom C.weg gehe ebenfalls kein nennenswerter
Durchgangsverkehr aus, da die Straße vor allem zur A.straße hin orientiert sei. Die an
ihr gelegene Schule sei eine Grundschule für den Bereich des Ortsteiles S..
Erheblicher Fahrzeugverkehr werde durch sie nicht ausgelöst.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Kosten für die Anlage der Straßeneinläufe seien zu Recht in vollem Umfang in
die Berechnung eingestellt worden. Der Meinung des Verwaltungsgerichts, daß diese
Kosten nur in Höhe von 50 % anzusetzen seien, könne nicht gefolgt werden. § 3 Abs.
3 der Beitragssatzung, der vorsehe, daß bei Entwässerungsanlagen, die auch der
Grundstücksentwässerung dienen, nur 50 % der Kosten beitragsfähig seien, erfordere
keine Herabsetzung. Denn die Straßeneinläufe dienten allein der Straßenentwässerung
nicht dagegen der Grundstücksentwässerung, so daß die Sonderregelung des § 3
Abs. 3 der Beitragssatzung nicht eingreife.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Er verweist nochmals darauf, daß der Durchgangsverkehr, insbesondere zu den
Straßen C.weg und "A." erheblich sei.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der
Beteiligten im übrigen wird auf den Inhalt der Verfahrensakten und der vom Beklagten
vorgelegten Verwaltungsvorgänge verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung hat in Höhe von 1.266,64 DM Erfolg. Das angefochtene
Urteil war teilweise zu ändern und die Klage auch in Höhe dieses Betrages
abzuweisen. Nur im übrigen war in Höhe von 158,14 DM die Berufung zurückzuweisen.
Denn der Heranziehungsbescheid des Beklagten vom 22. April 1982 und dessen
Widerspruchsbescheid vom 3. Juni 1982 sind nur in Höhe des Restbetrages von
158,14 DM rechtswidrig. Nur insoweit verletzen sie den Kläger in seinen Rechten (vgl.
§ 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Rechtsgrundlage für die Heranziehung des Klägers zu einem Straßenbaubeitrag
für den Ausbau des F. Weges ist § 8 des Kommunalabgabengesetzes für das Land
Nordrhein-Westfalen - KAG - in Verbindung mit der rückwirkend zum 1. Januar 1974 in
Kraft getretenen Satzung über die Erhebung von Beiträgen nach § 8 KAG für
straßenbauliche Maßnahmen in der Stadt ... vom 23. Mai 1979 (Beitragssatzung). Die
Beitragssatzung ist formell und jedenfalls für die Abrechnung der im Streit befindlichen
Maßnahme auch materiell gültiges Ortsrecht. Sie erfaßt auch den Zeitpunkt des
Entstehens der Beitragspflicht für das Grundstück des Klägers, da diese erst mit der
technischen Herstellung der Anlage Ende 1979 und damit nach Erlaß der Satzung
entstanden ist.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Auf der Grundlage dieser Beitragssatzung ist die Heranziehung des Klägers zu
einem Straßenbaubeitrag dem Grunde nach gerechtfertigt.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die vom Beklagten vorgenommenen Maßnahmen stellen eine Verbesserung im
Sinne des § 1 Abs. 1 der Beitragssatzung und des § 8 Abs. 2 KAG dar. Eine
Verbesserung liegt unter anderem vor, wenn sich der Zustand nach dem Ausbau vom
ursprünglichen, im Rahmen der erstmaligen Herstellung erreichten Zustand durch eine
höherwertige Ausstattung vorteilhaft unterscheidet. Eine solche Verbesserung kann
sich auf den Straßenkörper insgesamt oder auf einzelne Teileinrichtungen der Straße
erstrecken. Dabei kann die Verbesserung der Teileinrichtung darin bestehen, daß
diese von Grund auf höherwertig hergestellt wird oder nur einzelne Bestandteile
(Unterbau, Deckenbefestigung) verbessert werden.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks"> Vgl. Urteile des Senats vom 31. Januar 1984 - 2 A 795/82 -, und vom 23.
Januar 1985 - 2 A 1077/83 -.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die vom Beklagten durchgeführten Maßnahmen an Fahrbahn, Gehwegen,
Straßenentwässerung und Beleuchtung haben zu einer derartigen Verbesserung des
F. Weges geführt. Insoweit wird auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts Bezug
genommen.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Den Eigentümern werden auch durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der
verbesserten Anlage die gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 KAG geforderten wirtschaftlichen
Vorteile geboten. Diese sind gegeben, wenn sich die Erschließungssituation der durch
die Straße erschlossenen Grundstücke infolge der Verbesserung vorteilhaft verändert,
so daß der Gebrauchswert der Grundstücke maßnahmebedingt - wenn auch nicht
meßbar - steigt.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks"> So die ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Urteil vom 23. Januar 1985,
a.a.O., mit weiteren Nachweisen.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Derartige Vorteile für die Grundstücksnutzung ergeben sich durch die verbesserte
Fahrbahn, die einen ungestörten, reibungsloseren Verkehr zuläßt, durch die Trennung
von Fußgänger- und Fahrzeugverkehr, der eine gefahrlose Benutzung ermöglicht,
durch die einen schnelleren Ablauf des Wassers bietende Straßenentwässerung und
durch die bessere Ausleuchtung der Straße, die bei Dunkelheit eine größere Sicherheit
gewährleistet.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die in die Berechnung einbezogenen Grunderwerbskosten sind geringfügig
herabzusetzen. Beitragsfähig sind für den Gehweg nur Kosten in Höhe von 8.317,34
DM (minus 191,57 DM) und für die Fahrbahn Kosten in Höhe von 21.416,22 DM
(minus 428,86 DM). Denn nur in dieser Höhe sind die Grunderwerbskosten vor dem
Zeitpunkt der endgültigen Herstellung, der im November 1979 erfolgten Abnahme,
angefallen. Die Grunderwerbskosten, die auf Grund von nach diesem Zeitpunkt
abgeschlossenen Kaufverträgen entstanden sind, sind nicht beitragsfähig. Das wäre
nur dann der Fall, wenn der Grunderwerb zum Bauprogramm gehört hätte.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks"> Vgl. zu dieser Voraussetzung für die Beitragsfähigkeit von
Grunderwerbskosten: Urteil des Senats vom 13. März 1978 - II A 1049/76 - und
Urteil vom 21. April 1975 - II A 769/72 -, insoweit nicht veröffentlicht; Driehaus,
Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 1984, Rdnr. 789.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Hierfür bestehen jedoch keine Anhaltspunkte. Ein entsprechender Beschluß des
Rates oder des dafür zuständigen Ausschusses liegt nicht vor.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Die Straßenbaukosten für die Fahrbahn in Höhe von 154.371,53 DM sind um einen
Betrag von 13.600,- DM auf 140.771,53 DM zu mindern. Zwar sind die vom Beklagten
angesetzten Ausbaukosten in Höhe von 154.371,53 DM insgesamt angefallen.
Dennoch ist die angegebene Reduzierung aus folgenden Gründen erforderlich: Die
Straßenbaumaßnahme ist mit der Kanalbaumaßnahme in der Weise verbunden
worden, daß nach dem Verlegen des Kanals nicht die Fahrbahn in ihrem früheren
Zustand wiederhergestellt worden ist. Vielmehr ist sogleich der Neuausbau der
Fahrbahn entsprechend dem Bauprogramm in Angriff genommen worden. Diese
Verbindung der Bauvorhaben war sinnvoll, da dadurch die Kosten erspart wurden, die
bei getrennter Durchführung für die Wiederherstellung der Fahrbahn nach Abschluß
der Kanalbauarbeiten hätten aufgewandt werden müssen. Diese Kosten hatten den
Aufwand für den Kanalbau erhöht. Da der Beklagte die für den Fahrbahnausbau
angefallenen Kosten sämtlich, auch hinsichtlich der Kanaltrasse dem Straßenbau
zugerechnet hat, ist die durch die Verbindung der Baumaßnahmen eingetretene
Ersparnis allein dem Kanalbau zugute gekommen. Diese einseitige Bevorzugung der
Kanalbaumaßnahme ist nicht gerechtfertigt.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Werden Baumaßnahmen von Kostenträgern aus verschiedenen
Aufgabenbereichen derart miteinander verbunden, daß dadurch Kosten eingespart
werden, so darf diese Ersparnis nicht nur bei einer Baumaßnahme berücksichtigt
werden, sondern muß auf alle Baumaßnahmen verteilt werden. Weil die
Kostenersparnis in der gemeinsamen Durchführung der Maßnahmen begründet ist,
wäre es willkürlich, die Ersparnis nur bei einer der Maßnahmen zu berücksichtigen und
dadurch lediglich einen der Kostenträger zu entlasten. Vielmehr muß der
wirtschaftliche Erfolg der gemeinsamen Durchführung jedem der Kostenträger zugute
kommen.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks"> Vgl. zu einer ähnlichen Situation bei Anlage eines gemeinsamen Kanals für die
Grundstücks- und die Straßenentwässerung: BVerwG, Urteil vom 9. Dezember 1983
- 8 C 112.82 -, BVerwGE 68, 249 (255).</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Dies gilt auch für die Verbindung der erstmaligen Anlage oder Erneuerung eines
Kanals mit Straßenbaumaßnahmen. Denn die Kosten für den Kanalbau werden nicht
ebenso wie die Straßenbaukosten von den Eigentümern der durch die Straße
erschlossenen Grundstücke erhoben. Die Kanalbaukosten werden vielmehr durch
Anschlußbeiträge und/oder Kanalbenutzungsgebühren finanziert, die nicht nur für die
einzelnen Kanäle sondern für die Einheit oder Anlage "Entwässerung" von allen
dadurch begünstigten Grundstückseigentümern erhoben werden.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks"> Vgl. hierzu Urteil des Senats vom 17. November 1975 - 2 A 203/74 -, OVGE
31, 252 ff. = KStZ 1976, 229.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Die Höhe der eingetretenen Ersparnis und den auf jede Baumaßnahme
entfallenden Anteil der Beklagte geschätzt.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Das erscheint gerechtfertigt. Denn eine pfenniggenaue Ermittelung sowohl der bei
getrennter Durchführung der Maßnahmen entstandenen Kosten als auch des jeder
Maßnahme zuzurechnenden Anteils ist nicht möglich. Es handelt sich dabei um fiktive
Kosten, die nur annähernd errechnet und deshalb letztlich geschätzt werden
müssen.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks"> Vgl. zu den Voraussetzungen einer verwaltungsbehördlichen Schätzung:
BVerwG, Urteil vom 9. Dezember 1983, a.a.O. und Urteil vom 27. Juni 1985 - 8 C
124.83 -, KStZ 1986, 31 ff.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Die vom Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vorsorglich
vorgenommene Schätzung, die zu einer Minderung des Aufwandes für den Straßenbau
von 13.600,- DM geführt hat, ist nicht zu beanstanden.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat die durch die Verbindung der Baumaßnahmen eingetretene
Gesamtersparnis auf 27.200,- DM geschätzt. Diesen Betrag hat er in der Weise
ermittelt, daß er zunächst auf Grund der Ausschreibungsunterlagen die Fläche
festgestellt hat, die für den Kanalbau ausgeschachtet werden mußte. Die Kosten für
die Wiederherstellung dieser Fläche sind auf der Grundlage der Einheitspreise, die in
dem Angebot für den Straßenbau enthalten waren, errechnet worden. Dabei hat der
Beklagte nur die Kosten für die bituminöse Tragschicht, Asphaltbinder und
Asphaltfeinbeton zu Grunde gelegt, was den Betrag von 27.200,- DM ergab. Die
Kosten für die Frostschutzschicht sind dagegen nicht angesetzt worden. Dies ist nicht
zu beanstanden, da die alte Fahrbahnbefestigung keine Frostschutzschicht aufwies,
sondern nur eine Teerdecke auf einem unzureichenden Unterbau.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Die so ermittelte Gesamtersparnis von 27.200,- DM hat der Beklagte ebenfalls im
Wege der Schätzung je zur Hälfte jeder Baumaßnahme gutgeschrieben. Auch dies ist
nicht zu beanstanden. Denn eine andere Aufteilung des eingesparten Betrages drängt
sich nicht auf.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Gegen den Ansatz der übrigen Kosten bestehen keine Bedenken. Insbesondere
hat der Beklagte die Kosten der Straßenentwässerung in Höhe von insgesamt
97.254,65 DM richtig ermittelt. Von den Kosten des Regenwasserkanals, der sowohl
der Straßenentwässerung als auch der Entwässerung der anliegenden Grundstücke
dient, hat der Beklagte gemäß § 3 Abs. 3 der Beitragssatzung zu Recht lediglich 50 %
angesetzt. Abweichend von § 2 Abs. 4 der Beitragssatzung, der die Ermittlung der
tatsächlichen Kosten vorsieht, läßt § 3 Abs. 3 der Beitragssatzung eine pauschale
Ermittlung der Aufwendungen für den Kanalbau zu, in dem 50 % der tatsächlichen
Kosten anzusetzen sind. Gegen diese Regelung bestehen bei der Anlage einer
Trennkanalisation keine Bedenken. Dabei geht der Senat von dem Grundsatz aus, daß
bei einer Anlage, die sowohl der Grundstücksentwässerung als auch der
Straßenentwässerung dient, die Kosten in dem Verhältnis zu verteilen sind, indem bei
getrennten Anlagen die Kosten der beiden Anlagen sich zueinander verhalten
würden.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks"> Vgl. zu diesem Problem: BVerwG, Urteil vom 27. Juni 1985 - 8 C 124.83 -,
a.a.O. und Urteil vom 9. Dezember 1983 - 8 C 112.82 -, a.a.O.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Bei einem Regenwasserkanal, der der Aufnahme des Niederschlagswassers
sowohl von den Grundstücken als auch von der Straße dient, erscheint eine
gleichmäßige Verteilung des Gesamtaufwandes auf die Grundstücksentwässerung
und die Straßenentwässerung angemessen und ausreichend. Denn es ist davon
auszugehen, daß in der Regel die Kosten für zwei getrennte Kanäle im wesentlichen
gleich hoch sein werden, da die Verlegungstiefe und der Rohrdurchmesser nicht
erheblich voneinander abweichen werden. Etwas anderes könnte allenfalls dann
gelten, wenn die befestigten Grundstücksflächen um ein Vielfaches größer wären als
die zu entwässernde Straßenfläche und deshalb die Grundstücksentwässerung eine
wesentlich größere Dimensionierung des Kanals erfordern würde, die kostenmäßig
erheblich wäre.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks"> Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Dezember 1983, - 8 C 112.82 -, a.a.O..</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Hierfür bestehen bei den nur locker bebauten Grundstücken am F. Weg keine
ausreichenden Anhaltspunkte.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat auch den Betrag von 13.896,23 DM, der für die Straßenabläufe
angefallen ist, zu Recht in vollem Umfang bei den Kosten der Straßenentwässerung
eingesetzt. Eine Reduzierung um 50 % gemäß § 3 Abs. 3 der Beitragssatzung war
hierfür nicht erforderlich. Denn diese Bestimmung bezieht sich nur auf die
Entwässerungsanlagen, die auch der Grundstücksentwässerung dienen. Dies trifft
allein auf den Kanal selbst zu. Die Straßeneinläufe dienen dagegen ausschließlich der
Straßenentwässerung und nicht der Grundstücksentwässerung. Sie werden daher von
der Ausnahmeregelung des § 3 Abs. 3 der Beitragssatzung nicht erfaßt.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Die sich danach ergebenden Gesamtkosten für die Anlage von Gehweg,
Fahrbahn, Beleuchtung und Straßenentwässerung in Höhe von 188.891,75 DM hat der
Beklagte richtiger Weise entsprechend den Anteilssätzen des § 3 Abs. 4 Nr. 1 der
Beitragssatzung auf die Grundstücksanlieger verteilt. Denn der Beklagte hat den F.
Weg zu Recht als Anliegerstraße im Sinne dieser Vorschrift angesehen und nicht als
Haupterschließungsstraße gemäß § 3 Abs. 4 Nr. 2 der Beitragssatzung
angesehen.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Die richtige Einstufung einer Straße in eine bestimmte Straßenkategorie ist eine
Tat- und Rechtsfrage, die der vollen gerichtlichen Nachprüfung unterliegt. Nach der
Rechtsprechung des Senats sind für die Funktion einer Straße die Verkehrsplanung
der Gemeinde, der auf entsprechender Planung beruhende Ausbauzustand und die
straßenverkehrsrechtliche Einordnung maßgebend. Daneben können auch die
tatsächlichen Verkehrsverhältnisse von Bedeutung sein.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks"> Vgl. Urteile des Senats vom 12. Dezember 1985 - 2 A 3363/83 - und vom 23.
Januar 1985 - 2 A 1077/83 -.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Nach seiner Lage im Verkehrsnetz, seinem Ausbauzustand und der
straßenverkehrsrechtlichen Einstufung dient der F. Weg überwiegend der
Erschließung der angrenzenden Grundstücke (§ 3 Abs. 5 a der Beitragssatzung).
Demgemäß kommt ihm keine Bedeutung für den Verkehr innerhalb von Baugebieten
oder Ortsteilen (Haupterschließungsstraße gemäß § 3 Abs. 5 b der Beitragssatzung)
zu. Verbindungsfunktionen wegen des Anschlusses anderer Straßen erfüllt der F. Weg
nur in geringem Umfang. Er nimmt den Verkehr aus der Straße "A." auf, da diese
Sackgasse nur über den F. Weg zu erreichen ist. Die Straße "A." erschließt jedoch nur
wenige Wohngrundstücke. Sie vermittelt dagegen keine für Kraftfahrzeuge befahrbare
Verbindung zu dem östlich liegenden Gewerbegebiet. Dieses ist tatsächlich und auch
nach der gemäß dem Bebauungsplan Nr. 8 der Gemeinde ... bestehenden Planung nur
über einen Fußweg von der Straße "A." zu erreichen.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Allerdings sieht dieser Bebauungsplan eine weitere Stichstraße vor, die von dem
F. nach Osten abzweigen und eine erhebliche Zahl von Wohngrundstücken erschließen
soll. Diese Straße ist jedoch bisher nicht angelegt worden. Nach den Angaben des
Beklagten ist auch nicht absehbar, ob sie überhaupt und ggf. wann ausgebaut werden
soll, da der derzeitige Zustand des F. Weges die Anbindung einer weiteren Straße
wegen der damit verbundenen Zunahme des Verkehrs nicht zulasse.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Da im Zeitpunkt der Fertigstellung des Ausbaus des F. Weges im Jahre 1979
diese weitere Straße noch nicht angelegt worden war und deren Ausbau auch nicht
absehbar war, ist bei der Bewertung der Verkehrsfunktion des F. Weges diese Straße
nicht zu berücksichtigen. Denn die mögliche Anlage der Straße hat sich auf die
Ausbaumaßnahme am ... Weg nicht ausgewirkt. Der F. Weg hat nicht im Hinblick auf
zusätzlichen Durchgangsverkehr eine besondere Ausbauqualität erhalten. Sollte die
Straße in Zukunft einmal angelegt werden und dies einen weiteren Ausbau des F.
Weges verursachen, so könnten die dann entstehenden Straßenbaukosten
möglicherweise nicht auf die Anliegen umgelegt werden.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks"> Vgl. Urteil des Senats vom 25. Oktober 1982 - 2 A 1817/80 -, DVBl 83, 228 =
KStZ 83, 139.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Durchgangsverkehr auf dem F. Weg ruft allerdings die C.straße hervor, die vom F.
Weg nach Westen abzweigt und zur A.straße verläuft. Die hierdurch entstehende
Belastung des F. Weges ist aber nur gering. Denn die C. Straße erschließt ebenfalls
nur wenige Grundstücke. Sie besitzt außerdem eine Anbindung an die A.straße, so
daß ein Teil des Verkehrs den F. Weg nicht benutzen muß. Das gilt auch für den
Kraftfahrzeugverkehr, der durch die an der C. Straße liegende Grundschule verursacht
wird. Der Einzugsbereich der Grundschule erfaßt den gesamten Ortsteil S.. Da
mindestens die Hälfte des Ortsteiles nördlich und westlich der C. Straße liegt, fließt
ein wesentlicher Teil des Schulverkehrs nach Westen ab, ohne den F. Weg zu
benutzen.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Auch nach der sonstigen Verkehrsplanung der Stadt kommt dem F. Weg keine
Verbindungsfunktion zu, wie der Beklagte unter Hinweis auf die Überlegungen für
einen Generalverkehrsplan ausgeführt hat.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Der überwiegenden Erschließungsfunktion für die angeschlossene Grundstücke
entspricht der durchgeführte Ausbau des F. Weges. Die Fahrbahnbreite von 5 m ohne
gesonderte Parkmöglichkeiten entspricht dem für eine Anliegerstraße üblichen. So
sieht § 3 Abs. 4 Nr. 1 a der Beitragssatzung für Fahrbahnen von Anliegerstraßen in
Wohngebieten eine maximale Breite von 5,50 m vor. Dasselbe gilt für den einseitigen
Gehweg von 1,50 m Breite.</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Auch die straßenverkehrsrechtliche Einordnung des F. Weges deutet auf eine
untergeordnete Verkehrsfunktion hin. Der F. Weg ist gegenüber den einmündenden
Straßen "A." und "C. Straße" nicht bevorrechtigt; es gilt die Regel rechts vor links. An
der Einmündung des F. Weges in die A.straße, der L., ist das Zeichen 205, Vorfahrt
gewähren (§ 41 Abs. 2 Nr. 1 b) der Straßenverkehrsordnung (- StVO -) und an der
A.straße das Zeichen 306, Vorfahrtsstraße (§ 42 Abs. 2 StVO) angebracht. An der
Einmündung des F. Weges in den U. Weg besteht keine besondere Vorfahrtsregelung,
es gilt auch hier die Regel rechts vor links.</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Eine andere Verkehrsbedeutung des F. Weges ergibt sich auch nicht aus den
tatsächlichen Verkehrsverhältnissen im Zeitpunkt der Entstehung der
Beitragspflicht.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks"> Vgl. dazu Urteil des Senats vom 23. Januar 1985, a.a.O.</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat insoweit vorgetragen, der F. Weg werde von zahlreichen
Kraftfahrern zur Umgehung der Kreuzung A.straße/Le. Straße/V. Straße benutzt. Auf
der V. Straße bildeten sich bei den Linksabbiegern in Richtung ... morgens häufig
lange Schlangen. Deshalb werde versucht, diesen Punkt durch Abbiegen in den U.
Weg und den F. Weg zu umgehen, um von letzterem in die A.straße einzubiegen.
Gegen die Benutzung dieser Ausweichmöglichkeit durch zahlreiche Fahrzeuge spricht,
daß die Fahrzeuge vom F. Weg nach links in die A.straße einbiegen müßten. Dies
dürfte bei starkem Verkehr wegen des Vorranges der A.straße mit erheblichen
Schwierigkeiten verbunden sein, so daß schon aus diesem Grunde diese Möglichkeit
nur für wenige Fahrzeuge in Betracht kommt. Es liegen auch keine sonstigen
Anhaltspunkte vor, die auf eine starke Benutzung des F. Wegs durch den
Durchgangsverkehr hindeuten. Die vom Kläger angeregte Beweiserhebung durch
Augenscheinseinnahme brauchte der Senat nicht durchzuführen. Eine solche
Beweiserhebung ist nicht geeignet, die Frage der tatsächlichen Verkehrsbelastung des
F. Weges zu klären. Denn im Rahmen einer nur kurze Zeit dauernden
Augenscheinseinnahme können keine sicheren und ausreichenden Erkenntnisse über
die regelmäßig bestehende Verkehrsbelastung gewonnen werden.</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Aufgrund der Einstufung als Anliegerstraße haben die Anlieger von den Kosten der
Fahrbahn, Entwässerung und Beleuchtung 50 % und von den Kosten des Gehweges
60 % zu tragen. Danach ergibt sich ein von den Anliegern zu zahlender Gesamtbetrag
von 167.030,90 DM.</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Dieser ist auf die insgesamt erschlossenen Grundstücksflächen zu verteilen, die
der Beklagte mit 32.063,00 Flächeneinheiten richtig ermittelt hat. Danach errechnet
sich pro qm beitragspflichtiger Grundstücksfläche ein Betrag von 5,21 DM. Für das
Grundstück des Klägers, das im übrigen zutreffend in die Abrechnung einbezogen
worden ist, ergibt sich daraus, der Betrag von 3.714,73 DM. In dieser Höhe erweist
sich der angefochtene Bescheid als rechtmäßig. Die vom Beklagten eingelegte
Berufung ist daher nur in Höhe eines Betrages von 158,14 DM als unbegründet
zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 und 3 VwGO.</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür gemäß § 132
Abs. 2, § 137 VwGO nicht vorliegen.</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">
</p>
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<p>Der Antrag wird abgelehnt.</p>
<p></p>
<p>
</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"> G r ü n d e :</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">
I.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Antragsteller, Vorsitzender des Personalrats beim Munitionsdepot M1. , befand sich vom 22. Juli 1985 bis zum 29. August 1985 im Jahresurlaub. Mit Schreiben vom 6. August 1985 lud der stellvertretende Vorsitzende des Personalrats den Antragsteller zur Personalratssitzung am 8. August 1985 ungeachtet dessen ein, daß für diese Sitzung ein Ersatzmitglied zur Verfügung stand. Der Antragsteller nahm an der Personalratssitzung vom 8. August 1985 teil und beantragte beim Beteiligten unter dem 14. Oktober 1985, den Tag der Sitzung nicht als Urlaubstag anzurechnen. Diesen Antrag lehnte der beteiligte Kommandant mit Schreiben vom 31. Januar 1986 unter Hinweis darauf ab, daß der Antragsteller für die Dauer seiner (zeitweiligen) Verhinderung durch Urlaub durch ein Ersatzmitglied vertreten worden sei, das an seiner Stelle zu der Sitzung am 8. August 1985 hätte geladen werden müssen; ein Freizeitausgleich für den Antragsteller, der an diesem Tage nicht im Dienst gewesen sei, sei somit nicht möglich. </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Mit dem am 2. April 1986 bei Gericht eingegangenen Antrag begehrt der Antragsteller,</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">festzustellen, daß der Beteiligte verpflichtet ist, ihm für die Teilnahme an der Personalratssitzung am 8. August 1985 einen Tag Freizeitausgleich zu gewähren.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Er ist der Auffassung, daß sich sein Anspruch aus § 46 Abs. 2 Satz 2 des Bundespersonalvertretungsgesetzes vom 15. März 1974, BGBl I 693 (BPersVG) ergebe, wonach Personalratsmitgliedern, die durch die Erfüllung ihrer Aufgaben über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus beansprucht werden, Dienstbefreiung in entsprechendem Umfang zu gewähren ist. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift seien in seinem Falle gegeben, da er an der Personalratssitzung am 8. August 1985 teilgenommen habe. Ob diese seine Teilnahme nicht notwendig gewesen wäre, weil - was er im übrigen nicht gewußt habe - ein Ersatzmitglied zur Verfügung gestanden hätte, sei nicht ausschlaggebend. Entscheidend sei vielmehr ob er selber seine Teilnahme für notwendig habe halten dürfen. Das aber sei der Fall der gewesen, weil in der Sitzung vom 8. August 1985 zum einen eine sehr problematische Personalangelegenheit, zum anderen ein Depotbefehl des Beteiligten, betreffend Alkoholverbot, behandelt worden sei. Die Behandlung beider Angelegenheiten sei sehr dringlich gewesen, zudem sei er, der Antragsteller, in der Personalangelegenheit derjenige gewesen, der über die notwendigen Kenntnisse hierbei verfügt habe.
Im übrigen verweist der Antragsteller darauf, daß der Beteiligte ihm im September 1983 bereits einmal Freizeitausgleich für im Urlaub erledigte Personalratsangelegenheiten gewährt habe.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">
Der Beteiligte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks"> den Antrag abzulehnen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Er führt aus, dem Antragsteller stehe Freizeitausgleich in Form eines dienstfreien Tages deshalb nicht zu, weil er nicht zur Erfüllung seiner Aufgaben als Personalratsmitglied über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus beansprucht worden sei. Seine Teilnahme an der Sitzung am 8. August 1985 habe nämlich deshalb nicht zu seinen Aufgaben gehört, weil er als ein zeitweilig verhindertes Personalratsmitglied für die Dauer seiner Verhinderung gemäß § 31 Abs. 1 Satz 2 BPersVG von dem gewählten Ersatzmitglied, d.h. im konkreten Fall: des Angestellten I. F. , vertreten worden sei. Im Hinblick auf diese gesetzliche Regelung, die Herrn F. die volle Rechtsstellung eines Personalratsmitgliedes zuweise, habe es nicht im Ermessen des Antragstellers gelegen, darüber zu befinden, ob er während seines Erholungsurlaubs an einer Personalratssitzung teilnehme oder nicht. Dementsprechend sei es auch unerheblich, ob er davon gewußt habe, daß für die Sitzung am 8. August 1985 ein Ersatzmitglied zur Verfügung gestanden habe. Im Hinblick auf diese eindeutige gesetzliche Regelung liege es nicht im Ermessen eines Personalratsmitgliedes, darüber zu befinden, ob er während seines Erholungsurlaubs an Personalratssitzungen teilnehmen wolle oder nicht. Diese Rechtsauffassung vertrete auch der Bundesminister der Verteidigung. Wenn dem Antragsteller in der Vergangenheit einmal Freizeitausgleich gewährt worden sei, sei dies darauf zurückzuführen, daß ihm, dem Beteiligten, diese Rechtsauffassung des Ministers noch nicht bekannt gewesen sei.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Wegen des Vortrags der Beteiligten im einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die von den Beteiligten dazu überreichten ergänzenden Schreiben Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Antrag ist zulässig gemäß § 83 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG, jedoch nicht begründet; der Beteiligte hat zu Recht die Gewährung des begehrten Freizeitausgleichs abgelehnt.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Für die rechtliche Beurteilung des vom Antragsteller geltend gemachten Anspruchs ist auszugehen von § 46 Abs. 2 Satz 2 BPersVG. Danach ist Personalratsmitgliedern Dienstbefreiung in entsprechendem Umfang zu gewähren, wenn sie "durch die Erfüllung ihrer Aufgaben über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus beansprucht" werden; diese Voraussetzungen treffen im vorliegenden Fall auf den Antragsteller nicht zu.
Wie zwischen den Beteiligten nicht streitig ist, befand sich der Antragsteller vom 22. Juli 1985 bis zum 29. August 1985, und damit auch zum Zeitpunkt der Personalratssitzung vom 8. August 1985 in Urlaub. Damit aber war er</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">vgl. Dietz/Richardi, Kommentar zum Bundespersonalvertretungsgesetz, 2. Auflage 1978, 1. Band, § 31, Rdnr. 8; Lorenzen/Haas/Schmitt, Kommentar zum Bundespersonalvertretungsgesetz, 4. Auflage 1986, § 31 Rdnr. 9</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 2 BPersVG "zeitweilig verhindert" mit der Folge, daß -
gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 BPersVG - für ihn ein Ersatzmitglied, hier: der Angestellte I. F. , hätte eintreten müssen. Entgegen der Auffassung des Antragstellers stand es nicht in seinem Belieben, diese gesetzliche Vertretungsregelung eigenmächtig außer Kraft zu setzen, indem er anstelle von Herrn F. an der Sitzung teilnahm. Während der Verhinderungszeit eines Personalratsmitgliedes kann nämlich nur dessen Stellvertreter seine Aufgaben erfüllen, ohne daß die Möglichkeit gegeben wäre, daß neben ihm oder statt seiner auch das verhinderte Personalratsmitglied tätig wird. Daraus folgt, daß ein Personalratsmitglied, das - wie vorliegend der Antragsteller durch Urlaub - an der Ausübung seines Amtes zeitweilig gehindert ist, nicht berechtigt ist, an der Personalratssitzung teilzunehmen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Dietz/Richardi, a.a.O., Rdr. 34.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Bei dem auch nur vorübergehenden Eintritt von Ersatzmitgliedern in den Personalrat handelt es sich weder um eine echte Stellvertretung, noch ist diese lediglich zulässig. Der Eintritt von Ersatzmitgliedern in den Personalrat ist nämlich bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 BPersVG zwingend vorgeschrieben.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Vgl. Havers, Kommentar zum Landespersonalvertretungsgesetz Nordrhein-Westfalen, 6. Auflage 1985, in Kommentierung des mit § 31 Abs. 1 BPersVG im wesentlichen inhaltsgleichen § 28 Abs. 1 des nordrhein-westfälischen Landespersonalvertretungsgesetzes, Anm. 4.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Aus dem Vorstehenden folgt, daß auch noch so dringende persönliche Gründe, die nach Auffassung des Antragstellers dessen Teilnahme an der Personalratssitzung am 8. August 1985 erforderlich erscheinen ließen, keinen Anlaß dafür boten, daß er statt des Ersatzmitgliedes I. F. zu dieser Sitzung geladen wurde und auch an ihr teilnahm. Wenn der Antragsteller diese seine Teilnahme für absolut notwendig hielt und halten mußte, hätte nur eine Möglichkeit dazu bestanden, ohne daß § 31 Abs. 1 BPersVG verletzt worden wäre - eine Möglichkeit, auf die auch der Beteiligte ausdrücklich hingewiesen hat: Er hätte bei ihm, dem Beteiligten, förmlich um eine Urlaubsunterbrechung aus dienstlichen Gründen nachsuchen müssen. Falls diese alsdann gewährt worden wäre, wäre der Antragsteller am 8. August 1985 nicht zeitweilig verhindert gewesen, so daß auch Herr F. statt seiner nicht (vorübergehend) in den Personalrat eingetreten wäre.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Dem Umstand, daß der Beteiligte zu früherer Zeit dem Antragsteller einmal in einer möglicherweise vergleichbaren Situation Freizeitausgleich gewährt hat, kommt keinerlei rechtliche Bedeutung zu. Denn eine derartige Gewährung wäre rechtswidrig </p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">gewesen; auf Wiederholung oder Fortsetzung eines rechtswidrigen Verwaltungshandelns besteht jedoch grundsätzlich kein Rechtsanspruch.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Eine Kostenentscheidung entfällt im arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">
</p>
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315,535 | ovgnrw-1986-08-26-15-b-189486 | {
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"jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": null
} | 15 B 1894/86 | "1986-08-26T00:00:00" | "2019-03-13T14:58:20" | "2019-03-27T09:42:52" | Beschluss | ECLI:DE:OVGNRW:1986:0826.15B1894.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der angefochtene Beschluß wird geändert.</p>
<p>Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.</p>
<p>Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.</p>
<p>Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 4.000,- DM festgesetzt.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Durch den angefochtenen Beschluß hat das Verwaltungsgericht den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet,</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">dem Antragsteller die Benutzung des städtischen Festplatzes " ..." zum Zwecke der Durchführung von Zirkusvorstellungen in der Zeit vom 27. bis zum 31. August 1986 zu gestatten.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die dagegen eingelegte Beschwerde des Antragsgegners hat Erfolg. Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung ist abzulehnen, denn der Antragsteller hat nicht gemäß § 123 Abs. 3 VwGO, § 920 Abs. 2, § 294 ZPO glaubhaft gemacht, daß ihm ein die erstrebte Anordnung rechtfertigender Anspruch auf Zulassung zur Benutzung des Festplatzes " ..." zusteht.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Festplatz " ..." ist eine öffentliche Einrichtung der Stadt ... i.S.v. § 18 Abs. 1 GO NW. Die Benutzung einer solchen Einrichtung kann - gleichviel, ob der Anspruch auf § 18 Abs. 2 GO NW oder auf Art. 3 Abs. 1 GG gestützt wird - nur in den Grenzen der ihr von der Gemeinde jeweils beigegebenen Zweckbestimmung beansprucht werden, die hier mangels einer ortsrechtlichen Regelung oder eines sonstigen förmlichen Rechtsakts aus der bisherigen Verwaltungspraxis zu schließen ist. Wie der Antragsgegner glaubhaft vorgetragen hat, steht der Festplatz " ..." bereits seit dem Jahre 1980 nur für zwei Zirkusgastspiele jährlich (je ein Gastspiel in einem Halbjahr) zur Verfügung. Da auf diesem Platz im ersten Halbjahr 1986 ein Zirkusgastspiel stattgefunden hat und der Antragsgegner durch Bescheid vom 15. Januar 1986 - lange vor dem Zulassungsantrag des Antragstellers - dem Zirkus " ..." aus ... ein weiteres Gastspiel im Oktober 1986 gestattet hat, ist die Kapazität des Platzes für Zirkusveranstaltungen bis zum Jahresende erschöpft. Daher kann der Antragsteller seine Zulassung für den von ihm genannten Zeitraum nicht verlangen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Begrenzung der Platznutzung auf zwei Zirkusgastspiele jährlich ist rechtlich nicht zu beanstanden. Da die Gemeinde bei der Schaffung von öffentlichen Einrichtungen und der Festlegung der Zweckbestimmung solcher Einrichtungen in ihren Entschlüssen frei ist, ist sie insbesondere auch berechtigt, die Nutzung eines zu Veranstaltungszwecken geschaffenen Platzes hinsichtlich der Art und Zahl der Veranstaltungen einzuschränken.</p>
<br /><span class="absatzRechts">7</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="0">
<tr>
<td> </td>
<td><i>Vgl. OVG NW, Urteil vom 16. September 1975 - III A 1279/75 -, NJW 1976, 820; Urteil des Senats vom 22. September 1978 - XV A 1389/76 -.</i></td>
</tr>
</table><br />
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die hier vorgenommene Einschränkung der Zahl der Veranstaltungen beruht auf sachgerechten Erwägungen; denn sie entspricht der Zweckbestimmung des Festplatzes als einer - möglichst attraktiven - Unterhaltungsstätte. Sie trägt dem Umstand Rechnung, daß das Bedürfnis des örtlichen Publikums nach Unterhaltung durch Zirkusdarbietungen begrenzt ist. Dieser Umstand bewirkt, daß sich Zirkusgastspiele für die Unternehmen nur dann finanziell lohnen, wenn die Gastspiele in der jeweiligen Gemeinde zeitlich nicht zu dicht aufeinanderfolgen. Hieraus ergibt sich ein berechtigtes Interesse der Gemeinde daran, durch eine Beschränkung der Zahl der Veranstaltungen zu gewährleisten, daß auf jedes Gastspiel eine hinreichende Nachfrage entfällt. Denn bei einem örtlichen Überangebot von Zirkusveranstaltungen besteht die Gefahr, daß gerade besonders erfolgreiche Unternehmen mit attraktiven Darbietungen auf Plätze ausweichen, auf denen sie eine größere Zahl von Besuchern erwarten können. Die Begrenzung der Zahl von Zirkusveranstaltungen dient mithin</p>
<br /><span class="absatzRechts">9</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="0">
<tr>
<td> </td>
<td><i>- entgegen der Ansicht des VG Sigmaringen, Beschluß vom 25. April 1985 - 7 K 625/85 -, GewArch 1985, 371 -</i></td>
</tr>
</table><br />
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">nicht einem mit Art. 12 GG unvereinbaren Konkurrenzschutz oder einer gleichfalls verfassungsrechtlich fragwürdigen Bedarfslenkung, sondern der Sicherung eines attraktiven Unterhaltungsangebots. Dieses Ziel darf die dem örtlichen Gemeinwohl verpflichtete Gemeinde ähnlich wie bei der Zulassung von Schaustellern zu Jahrmärkten</p>
<br /><span class="absatzRechts">11</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="0">
<tr>
<td> </td>
<td><i>- vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 27. April 1984 - 1 C 24.82 -, DVBl 1984, 1071; BayVGH, Beschluß vom 11. September 1981 - Nr. 4 CE 81 A. 1921 -, BayVBl 1982, 656; Widera, VR 1986, 17 (20); Roth, Wirtschaft und Verwaltung 1985, 46 (52) -</i></td>
</tr>
</table><br />
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">auch bei der Überlassung von Plätzen an Zirkusunternehmen unbedenklich verfolgen. Eine unzulässige Diskriminierung kleinerer Zirkusunternehmen ist mit der streitigen Zulassungspraxis nicht verbunden, weil der Antragsgegner solche Unternehmen bei rechtzeitiger Anmeldung in gleicher Weise berücksichtigt wie andere Unternehmen. Der von ihm mit Bescheid vom 15. Januar 1986 zugelassene Zirkus " ..." ist ein kleineres Unternehmen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 20 Abs. 3, § 13 Abs. 1 GKG.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Dieser Beschluß ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 25 Abs. 2 Satz 2 GKG).</p>
|
315,536 | lg-dusseldorf-1986-08-20-5-o-51979 | {
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"name": "Landgericht Düsseldorf",
"slug": "lg-dusseldorf",
"city": 413,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 5 O 519/79 | "1986-08-20T00:00:00" | "2019-03-13T15:07:17" | "2019-03-27T09:42:52" | Urteil | ECLI:DE:LGD:1986:0820.5O519.79.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>In dem Rechtsstreit</p>
<p></p>
<p>hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 16. Juli 1986 durch die Vorsitzenden Richter am Landgericht x und x und den Richter am Landgericht x</p>
<p></p>
<p>für Recht erkannt:</p>
<p>Der Beklagte wird verurteilt, an den Klager 100.000,- DM sowie folgende Zinsen zu zahlen:</p>
<p></p>
<p>7,5 % Zinsen auf 100.000,- DM vom 08.09.1979 bis 31.12.1979,</p>
<p>8 % Zinsen auf 100.000,- DM vom 01.04. bis 14.04.1980,</p>
<p>9,25 % auf 100.000,- DM vom 15.04.1980 is 30.06.1980,</p>
<p>9,25 % auf 100.000,- DM vom 01.07. bis 30.09.1980,</p>
<p>8,75 % auf 100.000,- DM vom 01.10.1980 bis 31.12.1980,</p>
<p>8,75 % auf 100.000,- DM vom 01.01.1981 bis 31.03.1981,</p>
<p>8,75 % auf 100.000,- DM vom 01.04.1981 bis 30.04.1981,</p>
<p>9,5 % auf 100.000,-DM vom 01.05.1981 bis 30.06.1981,</p>
<p>9,5 % auf 100.000,- DM vom 01.07.1981 bis 31.09.1981,</p>
<p>9,5 % auf 100.000,- DM vom 01.10.1981 bis 31.10.1981,</p>
<p>10 % auf 100.000,- DM vom 01.11.1981 bis 31.12.1981,</p>
<p>10 % auf 98.994,- DM vom 01.01.1982 bis 31.03.1982,</p>
<p>10 % auf 97.345,- DM vom 01.04.1982 bis 31.05.1982,</p>
<p>9,5 % auf 97.345,- DM vom 01.06.1982 bis 30.06.1982,</p>
<p>9,5 % auf 95.695,- DM vom 01.07.1982 bis 30.09.1982,</p>
<p>9,5 % auf 93.989,- DM vom 01.10.1982 bis 30.11.1982,</p>
<p>9 % auf 93.989,- DM vom 01.12.1982 bis 31.12.1982,</p>
<p>9 % auf 92.324,- DM vom 01.01.1983 bis 28.02.1983,</p>
<p>8,5 % auf 92.324,- DM vom 01.03.1983 bis 31.03.1983,</p>
<p>8,5 % auf 90.612,- DM vom 01.04.1983 bis 30.04.1983</p>
<p>8 % auf 90.612,- DM vom 01.05.1983 bis 30.06.1983,</p>
<p>8 % auf 89.083,- DM vom 01.07.1983 bis zum 30.09.1983 sowie</p>
<p>4 % auf 100.000,- DM seit dem 01.10.1983.</p>
<p></p>
<p>Die weitergehende Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 51,24 % und der Beklagte zu 48,76 % mit Ausnahme der Kosten der Klageerhebung vor dem unzuständigen Landgericht Essen, die der Kläger allein zu tragen hat.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 118.000,00 DM und für den Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 12.000,00 DM vorläufig vollstreckbar. Bank- oder Sparkassenbürgschaft ist zulässig.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline;">T a t b e s t a n d :</span></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger und der Beklagte sind zwei von vier Söhnen des während des Rechtsstreits verstorbenen Dr. Dr. x. Der Kläger führt als Testamentsvollstrecker der Erbengemeinschaft nach seinem Vater den von diesem gegen den Beklagten begonnenen Rechtsstreit fort. Mit der am 07.06.1979 bei dem Landgericht Essen rechtshängig gemachten Klage hat Dr. Dr. x einen Anspruch auf Herausgabe eines </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Perserteppichs und zwei Zahlungsansprüche in Höhe von 110.000,- DM und 9.269,- DM, jeweils nebst Zinsen, geltend gemacht. Nach Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht Düsseldorf hat die Kammer den Anspruch auf Herausgabe des Teppichs durch Teilurteil vom 19.03.1980 abgewiesen. Die vom Kläger hiergegen eingelegte Berufung ist durch Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 25.03.1981 zurückgewiesen worden.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich des Anspruches auf Zahlung von 110.000,- DM ist unstreitig, daß der Beklagte im Jahre 1970 bei der X, Essen, ein Darlehen in Höhe von 110.000,- DM aufgenommen hatte,das durch Aktien der x gesichert war. Bie Aktien stammten aus dem Nachlaß der Großeltern der Parteien und Eltern des Dr. Dr. X, der Eheleute x. Diese hatten sich durch gemeinschaftliches Testament vom 18.03.53 gegenseitig zu befreiten Vorerben und die Söhne des Dr. Dr. X zu Nacherben eingesetzt. Sie hatten weiter bestimmt, daß nach dem Tode des Erstversterbenen jeder der Enkel vorab 20.000,- DM und Dr. Dr. X 30.000,- DM erhalten sollte. Dr. Dr. X sollte es überlassen bleiben, zu bestimmen, welche Vermögenswerte nach Maßgabe der jeweiligen Steuerwerte für diese Summen in Frage kommen sollten. Die Erblasser hatten ferner verfügt, daß Dr. Dr. X der Nießbrauch an der Erbmasse und deren Verwaltung zustehen sollte. Der Kläger behauptet, der Beklagte habe die ererbten Aktien an die X verpfändet gehabt. Da er seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachgekommen sei, habe sich die X an Dr. Dr. X gewandt und diesen aufgefordert, zur Vermeidung einer Verwertung der Aktien den Kredit abzulösen. Dr. Dr. X habe daraufhin am 24.11.1971 einen Teilbetrag in Höhe von 100.000,- DM auf das Konto des Beklagten bei der X überwiesen - dies ist unstreitig - sowie bis spätestens um 22.12.1971 weitere 100.000,- DM in Teilbeträgen von 3.000,- und 7.000,- DM zur Ablösung des Kredits gezahlt. Die X habe ihm sodann ihre Forderung gegen den Beklagten abgetreten. Der Beklagte habe den gesamten Zahlungsanspruch wiederholt anerkannt. Den geltend gemachten Zinsanspruch stützt der Kläger auf die Inanspruchnahme eines Bankkredits.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:2px">Hinsichtlich des Betrages von 9.269,- DM hat der Kläger zunächst vorgetragen, Dr. Dr. X habe nach dem Tode der Frau x im Jahre 1965 auf Wunsch des Beklagten bei der X, Essen, ein auf den Name des Beklagten lautendes Sparguthaben in Höhe von 5.000,- angelegt. Hiervon habe dem Beklagten ein Teilbetrag in Hohe von 3 .277,57 DM aus dem Nachlaß der Frau x zugestanden, den Restbetrag habe Dr. Dr. x aus eigenen Mitteln aufgefüllt. Mit Schriftsatz vom 22.03.1985 hat der Kläger vorgetragen, bei dem Betrag von 5.000,- DM habe es sich um einen Teil- oder Restbetrag der Summe von 20.000,- DM gehandelt, die der Beklagte nach dem Testament der Eheleute x vom 18.03.1953 als Vermächtnis erhalten sollte.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Klager hat ferner vorgetragen, der Beklagte sei nicht in der Lage gewesen, den Betrag aus eigenen Mitteln anzulegen. Daraus, daß - unstreitig - Dr. Dr. X im Besitz des Sparbuches gewesen sei, ergebe sich, daß das Sparbuch zum Nachlaß gehört habe. Unstreitig wurde das Sparguthaben einschließlich der aufgelaufenen Zinsen in Höhe von insgesamt 9.269,- DM von dem Beklagten aufgelöst. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, daß Dr. Dr. X nach dem Testament der Eheleute x vom 18.03.1953 ein Nießbrauchsrecht an dem Sparguthaben zugestanden habe und daß der Beklagte daher verpflichtet gewesen sei, den Betrag in Höhe von 5.000,- DM erneut anzulegen und die Zinsen an Dr. Dr. X auszuzahlen. Nach dem Tode des Dr. Dr. X haben die Parteien den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks"> an ihn 110.000,- DM nebst 8 % Zinsen auf 110.000,- DM vom 24.11.1971 bis 31.12.1972</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks"> 8,5 % Zinsen auf 110.000,- DM vom 01.01. bis 31.05.1973,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks"> 9 % Zinsen auf 110.000,- DM vom 01.06.1973 bis 30.06.1973,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks"> 9, 5 % Zinen auf 110.000,- DM vom 01.07.1973 bis 30.06.1975,</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks"> 8, 5 % Zinsen auf 110.000,- DM vom 01.07.1975 bis 31.03.1976,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks"> 8 % Zinsen auf 110.000,- DM vom 01.04.1976 bis 30.06.1977,</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks"> 7, 5 % Zinsen auf 110.000,- DM vom 01.07.1977 bis 30.11.1977</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks"> 7 % Zinsen auf 110.000,- DM vom 01.12.1977 bis 31.03.1978,</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks"> 6,5 % Zinsen auf 110.000,- DM vom 01.04.1978 bis 31.05.1979,</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks"> 7 % Zinsen auf 110.000,- DM vom 01.06.1979 bis 31.08.1979,</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks"> 7,5 Zinsen auf 110.000,- DM vom 01.09.1979 bis 31.12.1979,</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks"> 8 % Zinsen auf 108.998,- DM vom 01.04.1980 bis 14.04.1980,</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks"> 9,25 % Zinsen auf 108.998,- DM vom 15.04.1980 bis 30.06.1980,</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks"> 9,25 % auf 107.649,- DM vom 01.07.1980 bis 30.09.1980,</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks"> 8,75 % auf 106.290,- DM vom 01.10.1980 bis 31.12.1980,</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks"> 8,75 % auf 104.990,- DM vom 01.01.1981 bis 31.03.1981,</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks"> 8,75 % auf 103.630,- DM vom 01.04.1981 bis 30.04.1981,</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks"> 9,5 % auf 103.630,- DM vom 01.05.1981 bis 30.06.1981,</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks"> 9,5 % auf 102.120,- DM vom 01.07.1981 bis 30.09.1981,</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks"> 9,5 % auf 100.609,- DM vom 01.10.1981 bis 31.10.1981,</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks"> 10 % auf 100.609,- DM vom 01.11.1981 bis 31.12.1981,</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks"> 10 % auf 98.994,- DM vom 01.01.1982 bis 31.03.1982,</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks"> 10 % auf 97.345,- DM vom 01.04.1982 bis 31.05.1982,</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks"> 9,5 % auf 97.345,- DM vom 01.06.1982 bis 30.06.1982,</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks"> 9,5 % auf 95.695,- DM vom 01.07.1982 bis 30.09.1982,</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks"> 9,5 % auf 93.989,- DM vom 01.10.1982 bis 31.11.1982,</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks"> 9 % auf 93.989,- DM vom 01.12.1982 bis 31.12.1982,</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks"> 9 % auf 92.324,- DM vom 01.01.1983 bis 31.03.1983, </p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks"> 8,5 % auf 90.612,- DM vom 01.04.1983 bis 30.04.1983, </p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks"> 8 % auf 90.612,- DM vom 01.05.1983 bis 30.06.1983,</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks"> 8 % auf 89.083,- DM vom 01.07.1983 bis zum 30.09.1983 sowie</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks"> 4 % seit dem 01.10.1983 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks"> die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich des Betrages von 110.000,- DM bestreitet der Beklagte, daß Dr. Dr. x mehr als 100.000,- DM zur Ablösung des Kredits gezahlt habe.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">Er trägt vor:</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Die Aktien der x hätten sich in einem Depot der X befunden. Dr. Dr. X habe aufgrund einer von ihm, dem Beklagten, erteilten Generalvollmacht regelmäßig vor den Hauptversammlungen der x die Umbuchung der Aktien auf sein Depot veranlaßt, um über größere Stimmanteile verfügen zu können. Nachdem er, der Beklagte, bei x einen weiteren Kredit aufgenommen und zur Sicherheit einen Teil der Aktien verpfändet gehabt habe. Bei Dr. Dr. x zu einer Umbuchung nicht mehr in der Lage gewesen. Dies habe Dr. Dr. X veranlaßt, ihm, dem Beklagten, zu erklären, er werde die 110.000,- DM an die X zurückzahlen, sofern er, der Beklagte, den Kredit bei der x auflöse. Unmittelbar danach habe er, der Beklagte, den Kredit bei der X abredegemäß getilgt. In der Folgezeit habe Dr. Dr. X ihm die Rückzahlung des Betrages von 110.000,- DM schenkweise erlassen. Im übrigen habe hiervon ein Teilbetrag in Höhe von etwa 30.000,- DM als Unterhaltsleistung eu gelten, da er, der Beklagte, diesen Betrag zusätzlich zu den von Dr. Dr. X gezahlten Unterhaltsbeiträgen für die Durchführung seines Studiums benötigt habe.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">Hinsichtlich der verlangten Zinsen beruft sich der Beklagte auf Verjährung, soweit Zinsbeträge bis zum 31.12.1974 entstanden sein sollten.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:2px">Hilfsweise erklärt der Beklagte die Aufrechnung mit Gegenansprüchen, die er aus folgendem Sachverhalt herleitet:</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Nach dem Tode des x übertrug Frau x aufgrund des notariellen Vertrages vom 23.12.1957 Grundbesitz, u.a. das Objekt "A" auf Dr. Dr. X. Der Vertrag wurde von dem Pfleger der vier minderjährigen Nacherben, dem Prokuristen x, und dem Vormundschaftgericht genehmigt. Den Grundbesitz "A'' übertrug Dr. Dr. X in der Folgezeit auf den Bruder x der Parteien.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte trägt vor, die Übertragung des Grundbesitzes von Frau x auf Dr. Dr. X sei unentgeltlich erfolgt. Dr. Dr. X habe die 81jährige Erblasserin unter Ausnutzung ihres Alters und ihrer Unerfahrenheit unter Hinweis auf die ihm im Testament vom 18.03.53 eingeräumte Befugnis, die Art der Erfüllung der Vorausvermächtnisse zu bestimmen, veranlaßt, ihm nahezu den gesamten Grundbesitz zum Einheitswert su übertragen. Der von Dr. Dr. X abhängige Prokurist x habe bei der Erteilung der Genehmigung des Vertrages die Zusammenhänge nicht erkennt oder die Beeinträchtigung der Rechte der Nacherben bewußt in Kauf genommen. Der Wert des Grundbesitzes "Sicking Mühle" belaufe sich auf mintdestens 800.000,- DM. Durch der arglistig herbeigeführten Verlust des Eigentums an diesem Objekt sei ihm daher ein Schaden in Höhe von zumindest 200.000,- DM entstanden, für den der Nachlaß nach Dr. Dr. X hafte.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte erklärt ferner hilfsweise die Aufrechnung gegenüber der Klageforderung mit seinen Pflichtteilansprüchen am Nachlaß des Dr. Dr. x.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">Der Beklagte rechnet weiter hilfsweise mit einem Schadensersatzanspruch auf, der sich seiner Ansicht nach daraus ergibt, daß Dr. Dr. X die Erfüllung des Vermächtnisanpruches in Höhe von 20.000,- DM gemäß dem Testament der Eheleute x vom 18.03.1953 vereitelt hat. Der Beklagte meint, diese Forderung sei nunmehr mindestens in Höhe der Klageforderung berechtigt.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:2px">Der Kläger tritt den Hilfsauf rechnungen des Beklagten entgegen und beruft sich insoweit insbesondere auf die im Vertrag vom 23.12.1957 übernommenen Gegenleistungen.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">Wegen des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen. Gemäß Beweisbeschlüssen vom 12.12.1979, 19.03.1980 und 13.06.1984 in Verbindung mit den Beschlüssen vom 18.09.1985 und 18.12.1985 ist durch Zeugenvernehmung und Beiziehung der Grundakten von Marl Blatt 1224 Beweis erhoben worden. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der vorbezeichneten Grundakten sowie die Sitzungsniederschriften vom 10.02.1980 und 25.02.1986 verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px"><span style="text-decoration:underline;">Entscheidungsgründe</span></p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist, soweit sie nicht durch das rechtskräftige Teilurteil der Kammer vom 19.09.1980 und übereinstimmende Erledigungserklärungen der Parteien erledigt ist, überwiegend begründet.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">Den Erben des Dr. Dr. X steht gegen den Beklagten ein von dem Kläger als Testamentsvollstrecker geltend zu machender Anspruch auf Darlehensrücksahlung gem. §§ 607, 1922, 2212 BGB in Höhe von 100.000,- DM zu.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">In der Person des Dr. Dr. X ist eine Darlehensforderung gegen den Beklagten entstanden. Dr. Dr. X und der Beklagte haben einen Darlehensvertrag geschlossen. Zwar ist die Zahlung zur Ablösung des Kredits bei der X nach dem Vortrag des Klägers lediglich aufgrund einer entsprechenden Aufforderung der X erfolgt , um eine Verwertung der Aktien der x zu vermeiden. Jedoch hat der Kläger der Darstellung des Beklagten, Dr. Dr. X habe ihm erklärt, er werde den Betrag von 100.000,- DM an die X zurückzahlen, sofern der Beklagte den Kredit bei der x zurückführe, nicht substantiiert widersprochen. Unstreitig hat sodann der Beklagte den Kredit bei der X getilgt und hat Dr. Dr. X zur Ablösung des Darlehens bei der X an den Beklagten jedenfalls einen Betrag in Höhe von 100.000,- DM überwiesen. Nach den Umständen ist davon auzugehen, daß Dr. Dr. X und der Beklagte bei der Überweisung des Betrages von 100.000,- DM sich darüber einig waren, daß der Betrag von 100.000,- DM dem Beklagten darlehensweise zur Verfügung stehen sollte. Daß ihm dieser Betrag von Anfang an schenkweuse zugewandt worden sei, hat auch der Beklagte nicht behauptet. Soweit er die Ansicht vertreten hat, ein Großteil des Betrages von 100.000,- DM habe als Leistung des Dr. Dr. x für seinen Unterhalt während seiner Ausbildung zu gelten, kann dem nicht gefolgt werden. Denn abgesehen davon, daß der Beklagte nicht substantiiert dargetan hat, daß und aus welchem Grunde Dr. Dr. x über die von ihm gezahlten Unterhaltsbeiträge hinaus zur Leistung von Unterhaltszahlungen in Höhe weiterer "etwa 30.000,- DM" verpflichtet gewesen sein soll, hat er selbst nicht behauptet, daß dieser Gesichtspunkt bei der Vereinbarung mit Dr. Dr. X über die Ablösung des Kredits bei der X eine Rolle gespielt hat. Zudem spricht auch der Umstand,daß Dr. Dr. X nach dem Vortrag des Beklagten nachträglich auf den Rückzahlungsanspruch von 110.000,- DM verzichtet haben soll, dafür, daß die Parteien bei der Hingabe des Betrages von einer Verpflichtung des Beklagten zur Erstattung in voller Höhe ausgegangen sind. Daß Dr. Dr. X die Ablösung des Kredites möglicherweise zugleich auch im Hinblick auf eine Mehrung seiner Stimmrechtsanteile in den Hauptversammlungen vorgenommen hat, steht der Annahme eines Darlehens nichts entgegen.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Die Darlehensforderung ist jedoch nur in Höhe der unstreitigen Überweisung von 100.000,- DM entstanden»</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich der behaupteten Auszahlung weiterer 10.000,- DM in Teilbeträgen von 3.000,- DM und 7.000,- DM ist der Kläger beweisfällig geblieben. Er hat insoweit trotz des Bestreitens des Beklagten keinen Beweis angetreten. Die Tatsache, daß vom Konto des Dr. Dr. X ausweislich der vorgelegten Kontoauszüge weitere 10.000,- in Teilbeträge 3.000,- Dm und 7.000,- DM abgebucht worden sind und daß nach dem eigenen Vortrag des Beklagten Dr. Dr. X sowohl von sich aus die Ablösung dos Kredites von 110.000,- DM angeboten und später einen Betrag von 110.000,- DM erlassen haben soll, rechtfertigt noch nicht die Annahme, daß die auf dem Konto des Dr. Dr. X abgebuchten Beträge zur Ablösung des Kredits bei der x verwendet worden sind. Hiergegen spricht zudem der Umstand, daß ausweislich der von dem Beklagten eingereichten Kostenbelege die von dem Kläger geltend gemachten weiteren Zahlungen in dem fraglichen Zeitraum jedenfalls nicht auf dem Konto des Beklagten gutgeschrieben worden sind, auf das die Überweisung des Betrages von 100.000,- DM erfolgt ist.</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Ein Anspruch auf Rückzahlung weiterer 10.000,- DM ergibt sich ferner nicht aus von dem Kläger behaupteten wiederholten Anerkenntniserklärungen des Beklagten hinsichtlich des Gesamtanspruches. Denn auch insoweit hat der Kläger trotz des Bestreitens des Beklagten keinen Beweis angetreten.</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Die danach begründete Darlehensanforderung in Höhe von 100.000,- DM ist nicht nachträglich erloschen. Einen nach der Auszahlung des Darlehensbetrages auf das Konto des Beklagten durch Dr. Dr. X erklärten schenkweisen Erlaß der Forderung hat der Beklagte nicht bewiesen. Die hierzu vernommene Zeugin x und dem Beugen x ist nach ihren Angaben die vorliegend streitige Forderung nicht bekannt gewesen. Sie haben ferner bekundet, daß der Kläger auch nur im Zusammenhang mit der Ausbildung des Beklagten und den Aufwendungen für dessen erste Ehe davon gesprochen habe, daß ein Betrag in Höhe von 100.000,- DM längst vergessen und damit geschenkt sei. Im Hinblick darauf, daß an die Feststellung eines auf einen Erlaß gerichteten Willens strenge Anforderungen zu stellen sind (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 45. Aufl., § 397 Anm. 2a), kann vorliegend von einem Verzicht des Dr. Dr. X auf die Darlehensrückzahlungsforderung nicht ausgegangen werden,</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Da für die Rückerstattung des Darlehens mangels abweichender Anhaltspunkte eine Zeit nicht bestimmt war, ist das Darlehen durch die Klageerhebung gekündigt worden. Fälligkeit ist danach seit dem 08.09.1979 eingetreten (§ 6o9 II BGB)</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Die Darlehensrückzahlungeforderung ist nicht durch die hilfsweise Aufrechnung des Beklagten erloschen (§§ 389, 387 BGB).</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:2px">Soweit der Beklagte die Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch wegen der Übertragung des Grundbesitzes von Frau x auf Dr. Dr. X aufgrund des Vertrages vom 23.12.1957 erklärt hat, greift die Aufrechnung nicht durch. Insoweit kann dahinstehen, ob der Beklagte als einer von vier der Erbengemeinschaft angehörigen Nacherben überhaupt allein durch Aufrechnung über einen der Erbengemeinschaft etwa zustehenden Schadensersatzanspruch verfügen kann. Denn jedenfalls ist der Beklagte hinsichtlich der tatsächlichen Voraussetzungen des geltend gemachten deliktischen Schadensersatzanspruches gemäß §§ 823, 826 BGB beweisfällig geblieben. Der hierzu vernommene Zeuge x hat das von dem Besagten behauptete pflichtwidrige Verhalten des damaligen Pflegers x bei Genehmigung des Übertragungevertrages vom 23.12.1957 nicht bestätigt. Weiteren Beweis hat der insoweit beweisbelastete Beklagte nicht angeboten.</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">Keinen Erfolg hat ferner die von dem Beklagten zur Aufrechnung gestellte Schadensersatzforderung wegen der behaupteten Vereitelung der Erfüllung des ihm nach dem Testament der Eheleute x vom 18.03.1953 zustehenden Vermächtnisanspruches in Höhe von 20.000,- DM. Insoweit hat der Beklagte weder ein zum Schadensersatz verpflichtendes Verhalten des Di Dr. X noch die Höhe des geltend gemachten Anspruches substantiiert dargetan und unter Beweis gestellt. Der Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens reicht hierzu nicht aus. Zudem hat der Beklagte nicht dargelegt, weshalb die Durchsetzung des Anspruches gegen das Nachlaßvermögen seiner Großeltern nicht mehr möglich sein soll.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Schließlich bleibt auch der Aufrechnung des Beklagten mit seinen Pflichtteilsansprüchen am Nachlaß des Dr. Dr. X ein Erfolg versagt. Insoweit fehlt es an jeglicher näherer Darlegung.</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">Verzugszinsen kann der Kläger erst ab dem 08.09.1979 beanspruchen. Erst zu diesem Zeitpunkt ist das Darlehen durch die Zustellung der Klageschrift am 07.06.1979 fälliggestellt worden. Gleichzeitig ist infolge der vorangegangenen Klageerhebung Verzug eingetreten, § 284 I BGB. Die über den gesetzlichen Zinsfuß hinaus zugesprochenen Zinsen sind aus dem Gesichtspunkt des Schuldnerverzuges gerechtfertigt, §§ 286, 288 BGB. Der Kläger hat den Zinsschaden durch die vorgelegten Zinsänderungsmitteilungen und Bestätigungsschreiben der x hinreichend belegt. Der Beklagte ist dem nicht mehr entgegengetreten. </p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">Soweit die Parteien hinsichtlich des Teilbetrages in Höhe von 9.269,- DM den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, waren die Kosten gemäß § 91 a ZPO dem Kläger aufzuerlegen, da er insoweit voraussichtlich unterlegen wäre. Bereits nach dem eigenen - wechselnden - Vortrag kann nicht davon ausgegangen werden, daß der ursprünglich auf dem Sparkonto angelegte Betrag in Höhe von 5.000,- DM aus dem Nachlaßvermögen der Eheleute x stammte. Jedenfalls hat der Kläger insoweit auch keinen Beweis angetreten. Der Umstand allein, daß sich das Sparbuch im Besitz des Klägers befunden hat und daß der Beklagte nach dem Vortrag des Klägers zur Anlage eines Betrages in dieser Höhe aus eigenem Vermögen nicht in der Lage gewesen sein soll, rechtfertigt nicht den Schluß, daß der angelegte Betrag zum Nachlaßvermögen der Eheleute x gehörte.</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Die durch die Anrufung des unzuständigen Landgerichts Essen verursachten Kosten hat allein der Kläger zu tragen (§ 281 III ZPO), die Kosten im übrigen waren entsprechend dem Obsiegen in der Hauptsache zu verteilen (§ 92 I ZPO).</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 709, 108 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">Streitwert:</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">für den Antrag zu Ziff. 1 der Klageschrift vom 18.04.1979: 100.000,- DM,</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">für den Antrag zu Ziff. 2 der Klageschrift vom 18.04.1979: 110.000,- DM,</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">für den Antrag zu Ziff. 3 der Klageschrift vom 18.04.1979: 9.269,- DM</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">Der Gegenstandswert der drei zur Aufrechnung getellten Gegenansprüche beträgt jeweils 100.000,- DM </p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">(§ 19 III GKG)</p>
|
315,537 | lg-dusseldorf-1986-08-11-38-o-kart-7085 | {
"id": 808,
"name": "Landgericht Düsseldorf",
"slug": "lg-dusseldorf",
"city": 413,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 38 O (Kart.) 70/85 | "1986-08-11T00:00:00" | "2019-03-13T15:07:18" | "2019-03-27T09:42:52" | Urteil | ECLI:DE:LGD:1986:0811.38O.KART70.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>1.)</p>
<p>Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.743.133,90 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 20.11.1983 von 786.474,75 DM zu zahlen, davon einen Betrag in Höhe von 500.000,-- DM nebst 15 % Zinsen seit dem 30.5.1980 an die C Bank, Niederlassung der E Bank Aktiengesellschaft, C, juristischer Sitz G, gesetzlich vertreten durch den Vorstand, dieser vertreten durch die Direktoren C und I.</p>
<p>Die weitergehende Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>2.)</p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 5/14 und die Beklagte zu 9/14.</p>
<p></p>
<p>3.)</p>
<p>Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung, die auch durch die selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland gelegenen Großbank oder Sparkasse erbracht werden kann, in Höhe von 4.650.000,-- DM vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte unterhält einen Tiefkühl-Heimdienst und beliefert Endverbraucher in der Bundesrepublik
Deutschland einschließlich West-Berlins mit Tiefkühlkost. Der Vertrieb erfolgt über unselbständige
Niederlassungen und selbständige Gewerbetreibende, mit denen Franchise-Verträge abgeschlossen werden.</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin klagt aus abgetretenem Recht der P GmbH & Co. KG P, beide vertreten durch den Kaufmann W. Herr
W hatte zunächst per 13.6.1980 zwei Franchise-Verträge, und zwar für den Bereich M und für den Bereich
P persönlich unterzeichnet. Anschließend hat er mit Zustimmung der Beklagten für den Bereich M die
Einzelhandelsfirma O1 für das Gebiet M gegründet, dessen alleiniger Gesellschafter er war. Für den
Bereich P hat der Zeuge W eine Firma gegründet unter dem Namen U GmbH an der zunächst ein weiterer
Gesellschafter - Herr C - beteiligt war, der nach einem Jahr wieder aus dem Unternehmen ausgeschieden ist.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Im November 1983 geriet der ehemalige Franchise-Nehmer W in finanzielle Schwierigkeiten. Die Klägerin trägt
vor, am 18., 19. und 21.11.1983 hätten Gespräche stattgefunden. Gegen die Zusage des Geschäftsführers
der Beklagten für die Kundenliste des Herrn W 500.000,-- DM aus privaten Mitteln zur Verfügung zu stellen, habe
dieser die Kundenliste und weitere Unterlagen übergeben. Die Beklagte habe zunächst die Lkw's an sich genommen,
dann jedoch wieder zur Verfügung gestellt. Sie habe Mietverträge für die beiden Lager abgeschlossen, in
denen sich die Tiefkühlware der Beklagten befunden habe; die Verträge jedoch kurzfristig wieder gekündigt.
Sie habe schließlich Verträge mit den bisherigen Verkaufsfahrern des Herrn W abgeschlossen und die bisherigen
Kunden mit den bisherigen Verkaufsfahrern mit ihren Produkten weiter beliefert. Der Betrag von 500.000,-- DM sei nicht
gezahlt worden. Am 21.11.198.3 habe die Beklagte die fristlose Kündigung des Franchise-Vertrages ausgesprochen .</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin trägt vor, die von der Beklagten geforderten Umsätze hätten die Franchise-Partner zu
erheblichen Investitionen gezwungen, ihnen aber nicht den Spielraum gelassen, diese Finanzierung durch die
"Gewinnspanne" zu tragen. Infolge dessen habe sich die Verlustsituation wie folgt entwickelt:</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Für das Gebiet M</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">im Jahre 1979 einen Verlust von 149.746,49 DM,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">im Jahre 1980 einen Verlust von 118.899,26 DM,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">im Jahre 1981 einen Verlust von 38.160,04 DM</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">und im Jahre 1982 einen Verlust in Höhe von 30.783,51 DM.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Für das Gebiet P</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">im Jahre 1979 einen Verlust in Höhe von 139.095,57 DM</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">im Jahre 1980 einen Verlust in Höhe von 38.759,74 DM</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">im Jahre 1981 einen Verlust in Höhe von 16.450,74 DM</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">und im Jahre 1982 einen Gewinn in Höhe von 18.797,38 DM</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin trägt weiter vor, obwohl die Beklagte habe wissen müssen, daß der von ihr geforderte
Umsatz nur mit einer hohen Verschuldung habe erreicht werden können, habe sie nicht nur nichts getan, sondern es habe
ihrer Absicht entsprochen, andere Gewerbetreibende für sich arbeiten zu lassen bis zu dem Zeitpunkt, in dem sie bei
einem Konkurs des Franchise-Partners das Unternehmen zu den Steuerbilanzwerten habe übernehmen können.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin begehrt zunächst die Feststellung der Unwirksamkeit des Franchise-Vertrages. Sie meint, daß
der Vertrag nichtig sei, weil er die Franchise-Partner in ungewöhnlicher Weise rechtlos stelle und sie
zwangsläufig in eine fortschreitende wirtschaftliche Abhängigkeit führe. Die Klägerin hebt insbesondere
folgende Vertragsbedingungen hervor:</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">§ 4 Punkt 2:</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Nach dieser Vorschrift werde der Franchise-Nehmer gehindert, das Geschäft im Rahmen einer Kapitalgesellschaft,
insbesondere mit weiteren Gesellschaftern zu führen, wodurch er bei der Kapitalaufnahme behindert werde.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">§ 4 Punkt 3</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Nach dieser Vorschrift werde eine persönliche, unmittelbare und unbeschränkte Haftung des Franchise-Nehmers
gegenüber dem Franchise-Geber festgeschrieben, und zwar auch dann, wenn die Geschäfte über eine
Kapitalgesellschaft abgewickelt würden.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">§ 4 Punkt 4 räume dem Franchise-Geber, wenn dieser die Zustimmung zu einer Kapitalgesellschaft erteilt habe,
die Möglichkeit ein, dieses Recht zu widerrufen, wenn der Franchise-Geber "Anlaß zu der Annahme" habe,
der Franchise-Nehmer erfülle seine Verpflichtungen nicht ordnungsgemäß.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">§ 6 Punkt 1 sehe Umsatzsteigerungen vor, die nur unter enormen Investitionen möglich seien. Gemäß
Vertrag vom 13.6.1980 waren für P folgende Mindestumsätze vorgesehen:</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">- 1.800.000,-- DM, </p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">- 2.700.000,-- DM,</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">- 4.000.000,-- DM, </p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">- 6.000.000,-- DM, </p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">- 8.000.000,-- DM </p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">und danach jährlich mindestens 8.000.000,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Für den Bereich M waren folgende Mindestumsätze vorgesehen:</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">1979 500.000,-- DM,</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">- 1.300.000,-- DM,</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">- 2.600.000,-- DM,</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">- 4.800.000,-- DM,</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">- 8.000.000,-- DM und danach jährlich</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">mindestens 8.000.000,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin weist ferner auf § 6 Punkt 2 hin, demgemäß der Franchise-Nehmer bereits bei
Vertragsbeginn erhebliche Investitionen tätigen muß. Er muß zu Vertragsbeginn und für die Dauer
des Vertrages auf seine Kosten Tiefkühllagermöglichkeiten, Büroräume, Spezial-Tiefkühlfahrzeuge
sowie alle mit der Lagerung von Tiefkühlspezialitäten und deren Vertrieb erforderlichen Ausstattungen und
Einrichtungen sowie Betriebsmittel funktionstüchtig und in einwandfreien gepflegtem Zustand zur Verfügung
stellen.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hält die in § 6 Punkt 4 vorgesehene Regelung der AIleinbezugsverpflichtung für ein
wesentliches Mittel zur wirtschaftlichen Knebelung des Franchise-Nehmers. Sie weist darauf hin, daß den
Franchise-Nehmern unter anderem auch in der Präambel des Vertrages einmalige Einkaufsvorteile zugesagt worden
seien und zwar gegenüber dem freien Markt (§ 5 Punkt 2), so daß diese davon hätten ausgehen
können, unter günstigen Umständen einen Vertrieb der Tiefkühlspezialitäten aufnehmen zu
können. Tatsächlich habe sich jedoch herausgestellt, daß die von der Beklagten berechneten Bezugspreise
erheblich ungünstiger seien als die freien Marktpreise, also die Preise, die der Franchise-Nehmer zu zahlen
hätte wenn er auf dem freien Großmarkt einkaufen würde.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin trägt vor, die Beklagte sei wiederholt aufgefordert worden, die Preise zurückzunehmen.
Sie habe dies jedoch unter Hinweis auf § 5 Ziffer 2, 3 und 4 zurückgewiesen. Sie habe erklärt, daß
sie die Preise berechnet habe, die sie selbst ihren eigenen Niederlassungen gewähre. Hierbei wird jedoch nach
Meinung der Klägerin übersehen, daß die eigenen Niederlassungen keine Franchise-Gebühren zu zahlen
haben. Die Klägerin weist ferner auf § 9 Abs. 1 und § 11 hin. Sie sieht eine besondere Arglist der
Beklagten darin, daß der "Rohgewinn", nach dem sich die Franchise-Gebühr richtet, nicht der
tatsächlich erzielte Rohgewinn sein soll, sondern die Differenz zwischen dem Gesamtumsatz nach Maßgabe der
"empfohlenen C2 Bruttoverkaufspreise und den C2 Niederlassungspreisen andererseits". Das bedeute im Ergebnis,
daß der Franchise-Nehmer seine Preise nicht frei bestimmen könne, weil er an die festgeschriebene
Franchise-Gebühr auf der Grundlage eines willkürlich festgesetzten höheren Preises gebunden sei. Er sei,
schon um die Franchise-Gebühr zu erwirtschaften, an den überhöhten Richtpreis gebunden.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Die Franchise-Gebührenstaffel sieht gemäß dem Vertrag für P wie folgt aus:</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Bis 29,9 % Rohgewinn 2 % des Gesamtumsatzes,</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">ab 30 % 2,50 %,</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">ab 30,5 % 2,75 %,</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">ab 31 % 3 %,</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">ab 31,5 % 3,25 %,</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">ab 32 % 3,50 % zuzüglich Mehrwertsteuer.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Die Franchise-Gebührenstaffel für den Bereich M sieht die gleichen Gebührensätze vor.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hält die Abhängigkeit der Franchise-Gebühr von den vorgegebenen Verkaufspreisen
für rechtsmißbräuchlich und sieht darin einen Verstoß gegen § 15 GWB. Sie meint, die Bindung
werde auch dadurch verstärkt, daß die Franchise-Nehmer sehr weitgehend in den Werbemaßnahmen beschränkt
seien (§ 5 Abs. 2 und § 6 Ziffer 6). Dies habe zur Folge, daß durch kurzfristige Neufassung und Auslieferung
von Werbeunterlagen mit vorgegebenen und aufgedruckten Verkaufspreisen letztlich die Abgabe nur zu diesen Verkaufspreisen
möglich sei. Hinzu komme, daß zwar nach § 9 Abs. 1 des Franchise-Vertrages die C2 Bruttoverkaufspreise
für den Franchise-Partner lediglich empfohlene Verkaufspreise seien, die Programme der Beklagten für ihre
Franchise-Nehmer und die Endverbraucher aus den Jahren 1979 bis 1984/85 bis einschließlich des Sommerprogramms 1982
keinen einzigen Hinweis auf irgendeine Preisempfehlung enthielten und in der Folgezeit lediglich auf der ersten Seite
einen kleinen Hinweis auf empfohlene Preise. Die Beklagte habe im übrigen unmißverständlich deutlich gemacht,
daß sie von allen Franchise-Nehmern die strikte Einhaltung der Preise verlange. Es liege daher ein Verstoß gegen
§ 15 GWB mit der Folge vor, daß das gesamte Vertragswerk nichtig sei.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin meint, ein weiteres Beispiel für die Knebelung des Franchise-Nehmers sei die Gestaltung der
Einkaufspreise. Die Einkaufspreise der Franchise-Nehmer sollten denen entsprechen, die den C2 Niederlassungen berechnet
werden. Die Klägerin weist zunächst darauf hin, daß die Nachprüfung der richtigen Ermittlung dieser
Preise von einer unzumutbar hohen Schranke abhängig gemacht werde, weil die Beklagte nur "auf begründetes
Verlangen" des Franchise-Nehmers verpflichtet sei, den Nachweis dafür anzutreten, daß die C2-eigenen
Niederlassungen ebenfalls auf Basis der C2 Niederlassungspreise beliefert würden. Die C2-Preise sollten selbst dann
noch gerechtfertigt sein, wenn die nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten arbeitenden C2-eigenen Niederlassungen mit
diesen Preisen zurechtkämen, selbst, wenn diese Preise gegenüber dem sonst allgemein üblichen Preisniveau
überhöht seien. Da die C2-eigenen Niederlassungen nicht den Zwängen ausgesetzt seien, denen die
Franchise-Partner durch die Beklagte ausgesetzt seien und demgemäß zum Beispiel im Falle einer ausreichenden
eigenen Kapitaldecke eine ganz andere Kalkulation durchführen könnten als die Franchise-Partner, sei die
Vergleichsbasis für die Ermittlung angemessener Preise willkürlich zu Gunsten der Beklagten angenommen und
benachteilige in schwerstem Maße den Franchise-Partner, besonders dann, wenn man in Betracht ziehe, daß zu den
C2-Preisen noch die Frachtkosten hinzu kämen (§ 5 Abs. 3 des Vertrages). Darüber hinaus sei den
Franchise-Partnern durch die Alleinbezugsverpflichtung eine Ausweichmöglichkeit auf andere Bezugsquellen genommen.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin trägt weiter vor, durch die Vorschrift des § 16 werde der Franchise-Nehmer nach
Vertragsbeendigung faktisch rechtlos gestellt. Ein Vorerwerbsrecht des Franchise-Gebers sei zwar grundsätzlich
zulässig. In hohem Maße mißbräuchlich sei aber bereits, daß der Franchise-Geber berechtigt sein
solle, "nach seiner Wahl entweder den gesamten Betrieb oder einzelne Aktiva und Passiva zu übernehmen". Er
könne hierdurch willkürlich einzelne, ihm wichtige Gegenstände aus dem Betrieb herauslösen und den
Betrieb in einer im übrigen veräußerungsunfähigen Einheit zurücklassen. Mißbräuchlich
sei auch, daß die Übernahme lediglich zu Werten zu erfolgen habe, die sich gemäß Übernahmebilanz
nach ertragssteuerlichen Grundsätzen aus der Steuerbilanz ergäben. Diese Steuerbilanzwerte entsprächen
nicht den tatsächlichen Wertverhältnissen, so daß hier bei entsprechenden Abschreibungen erhebliche
Wertminderungen, wenn nicht gar der vollständige Wertverlust durch den Franchise-Nehmer hinzunehmen sei. Der
Franchise-Nehmer müsse daher, obwohl er hohe Investitionen vorgenommen habe, mit seinem dann bei ihm verbleibenden
Restgeschäftsbetrieb, den er nicht zu nutzen in der Lage sei, wirtschaftlich zusammenbrechen.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Auch das dem Franchise-Nehmer gemäß § 16 Ziffer 1.6 auferlegte Wettbewerbsverbot sei sittenwidrig,
weil es schon bei Übernahme nur geringwertiger Wirtschaftsgüter durch den Franchise-Geber in Kraft trete.
Unwirksam sei auch die Entschädigungsregelung gemäß Ziffer 1.7. Die im Aufbau befindlichen
Franchise-Nehmer-Betriebe seien ohne jeden Gewinn, so daß 50 % des zu versteuernden Jahresgewinnes nicht zum
Tragen kämen und daher lediglich 5 % des Jahresumsatzes gezahlt würden. Bei den Gesellschaften des
Herrn W würde diese Karenzentschädigung etwa 250.000,-- DM bzw. 150.000,-- DM entsprechen. Da diese
- unausgesprochen - eine Abfindung für den Kundenstamm bedeute, weil letztlich die Ausübung des
Wettbewerbsverbotes die Wertlosigkeit des Kundenstammes zur Folge habe, sei die Vereinbarung sittenwidrig, denn im Falle
der Gesellschaften des Herrn W müsse die Abfindung insgesamt über 2,5 Millionen DM betragen. Der Übergang
des Kundenstammes auf den Franchise-Geber ergebe sich aus den Vertragsklauseln über das Ankaufsrecht des
Franchise-Gebers und das Wettbewerbsverbot des Franchise-Nehmers. Hieraus folge wirtschaftlich ein Übergang der
Kunden auf den Franchise-Geber. Der Franchise-Geber könne das Vertragsgebiet ungehindert und kostenlos
übernehmen.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin meint, daß die Beklagte den Kundenstamm so zu bewerten habe, wie sie ihn selbst bei
Übertragung von Kunden an ihre Franchise-Nehmer bewerte. Im Falle des Franchise-Nehmers T habe die Beklagte bei
Abschluß des Franchise-Vertrages 1.700 Kundenanschriften zur Verfügung gestellt. Die Beklagte habe 249.000,-- DM
verlangt; das bedeute 146,47 DM pro Kunde. Später seien Verhandlungen über den Rückkauf einiger dieser
Kunden erfolgt. Die Beklagte habe pro Kunde nur 25,-- DM zahlen wollen. Da der Franchise-Nehmer T hiermit nicht
einverstanden gewesen sei, habe die Beklagte pro abgegebenen Kunden einen neuen Kunden in dem Gebiet des Franchise-Nehmers
T geworben und auf diesen übertragen.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin trägt weiter vor, im Jahre 1984 sei die Beklagte interessiert gewesen, von dem Franchise-Nehmer
M (Raum T) Kundenanschriften zu erhalten, aus einem Gebiet, das nicht zum Kerngebiet dieses Franchise-Nehmers gehört
habe. Hierbei habe man sich auf eine Kundenbewertung von 75,-- DM je Kunde geeinigt.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin trägt weiter vor, Grundlage für die Bewertung eines Kunden sei eine Hochrechnung, die
die Beklagte in ihrem eigenen Hause durchgeführt habe:</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Danach koste ein Tiefkühl-Lkw die Beklagte monatlich ca. 7.000,-- DM. Ein mit einem solchen Tiefkühl-Lkw
bestückter Akquisiteur koste daher pro Tag 7.000,--DM : 20 = 350,-- DM. Im Durchschnitt erwerbe ein guter Akquisiteur
täglich 4,2 Kunden. Damit koste jeder Kunde mindestens 83,33 DM. Ein schlechter Akquisiteur erreiche in einem
schwierigen Vertriebsgebiet nur 1 bis 2 Kunden pro Tag, dadurch verdoppelten sich die Kosten. Eine Kundenanschrift werde
daher im Hause der Beklagten mit 83,33 DM (niedrigster Wert) bis zu 186,66 DM (höchster Wert) bewertet, d.h.
gehandelt.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin weist ferner darauf hin, daß nach § 16 Ziffer 1.9 des Vertrages das Vorerwerbsrecht im
Falle der ordentlichen Kündigung spätestens 6 Wochen vor der Vertragsbeendigung und im Falle der fristlosen
Kündigung innerhalb von 2 Wochen nach Ausspruch der Kündigung auszuüben ist. Das Wettbewerbsverbot sei ein
"bedingtes Wettbewerbsverbot", weil es von einer kurz vor oder sogar erst nach Vertragsbeendigung stattfindenden
Entschließung der Beklagten abhänge, ob sie ein Vorerwerbsrecht ausübe und damit ein Wettbewerbsverbot in
Kraft setze. Ein solches bedingtes Wettbewerbsverbot sei knebelnd und daher nichtig.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin weist darüber hinaus darauf hin, daß nach der ihrer Meinung nach zutreffenden Ansicht
des Landgerichts Wuppertal ein Wettbewerbsverbot für die Dauer von 2 Jahren auch unter Berücksichtigung
der berechtigten Interessen der Beklagten als zu lang erscheine. Die Beklagte habe die Möglichkeit, durch den Wegfall
des Franchise-Partners in das von diesem erschlossene Verkaufsgebiet einzudringen und im Zeitraum eines Jahres eine Stellung
aufzubauen, die für den ehemaligen Franchise-Partner unangreifbar sei. Die Klägerin vertritt darüber hinaus
die Meinung, das wesentliche Bestimmungen des Franchise-Vertrages gegen das gemeinschaftsrechtliche Kartellverbot des
Artikels 85 Abs. 1 EWG-Vertrag verstießen und diese Bestimmungen auch nicht von diesem Verbot nach Artikel 85 Abs. 3
EWG-Vertrag freigestellt seien. Diese Auffassung werde nunmehr durch die "Pronuptia "-Entscheidung des
Europäischen Gerichtshofes bestätigt.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Ausgehend von der Nichtigkeit des Franchise-Vertrages macht die Klägerin aus abgetretenem Recht folgende
Ansprüche geltend:</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">1.)</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Rückzahlung sine causa geleisteter Franchise-Gebühren,</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">2.)</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">bereicherungsrechtliche Ansprüche wegen Ausnutzung des Alleinbelieferungsrechtes zu Überpreisen,</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">3.)</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Vergütung für den von der Beklagten übernommenen Kundenstamm.</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Die Gesellschaften des Herrn W haben während der Vertragszeit Lizenzgebühren in Höhe von 1.209.963,02 DM
gezahlt. Die Klägerin trägt vor, der Rückzahlungsanspruch ergebe sich bereits aus der Nichtigkeit des
gesamten Vertrages. Er wäre der Höhe nach gemindert, wenn der Zahlung von Lizenzgebühren echte
Gegenleistungen gegenüberstünden, weil der Lizenznehmer um diese Leistungen des Lizenzgebers bereichert
wäre (Stumpf: "Der know-how-Vertrag", Seite 52 ff.).</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Die Leistungen der Beklagten sind in § 5 des Vertrages niedergelegt, gemäß Ziffer 1.1 Beratung in allen
mit dem optimalen Aufbau eines Tiefkühlheimdienstes nach dem C2-System und bei seiner Durchführung auftretenden
Fragen, nach Ziffer 1.2 Beratung in betriebswirtschaftlichen und steuerlichen Fragen sowie Versicherungsangelegenheiten;
nach Ziffer 2.2 die Lieferung der notwendigen Produkte und Leistungen zu günstigeren Preisen und Konditionen
entsprechend den den firmeneigenen Niederlassungen in Rechnung gestellten Preisen, gemäß Ziffer 2.1 die
Möglichkeit des Einkaufs des gesamten Sortiments bei der C2-Zentrale. Gemäß Ziffer 2.2 stellt die
Beklagte Werbekataloge und Prospekte, Rechnungsblocks sowie Werbe- und Druckschriften zur Verfügung; diese sind
jedoch von dem Franchise-Partner zu bezahlen. Die C2-Niederlassungspreise beinhalten nicht die Frachtkosten für
die Anlieferung; diese hat der Franchise-Partner zu tragen. Alle etwaigen weiteren Lieferungen und Leistungen sind
nach Ziffer 6 besonders zu vereinbaren und zu vergüten.</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin trägt vor, eine echte Beratung vor Unterzeichnung des Vertrages oder eine
Wirtschaftlichkeitsberechnung habe die Beklagte bisher bei keinem Franchise-Nehmer erbringen können.
Sie sei hierzu auf Grund des ihr zur Verfügung stehenden Personals gar nicht fähig. Es sei aber
ihre Pflicht gewesen, darauf hinzuweisen, daß ein Franchise-Nehmer ein Mindesteigenkapital haben müsse
und nicht ohne Eigenkapital mit Hilfe von Banken ein Franchise-Unternehmen vom ersten Tag an fremdfinanzieren
lassen könne. Die Beklagte habe auch die in § 5 Ziffer 2 angegebenen Leistungen nicht erbracht. Es sei
zwar richtig, daß sie zentral einkaufe. Sie gebe die ihr selbst gewährten Einkaufsvorteile jedoch nicht
weiter. Die Klägerin meint, sie müßte sich auch nicht etwa eine Warenzeichenlizenz in Höhe von
0,5 % vom Nettoumsatz anrechnen lassen, weil die Beklagte überregional überhaupt keine Werbung betreibe
und deshalb der Bekanntheitsgrad des Warenzeichens nicht gefördert werde. In den jeweiligen Gegenden, in denen
die Beklagte die Zusammenarbeit mit Franchise-Nehmern begonnen habe, sei sie völlig unbekannt gewesen. Es seien
vielmehr die Franchise-Nehmer, die durch die Erschließung des Gebietes die Beklagte erst bekannt machten.</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin trägt weiter vor, die Beklagte habe nicht etwa ihren Franchise-Nehmern marktübliche Preise
in Rechnung gestellt, d.h. ihre Produkte zu denjenigen Preisen geliefert, die zumindest der Großhandel den
Einzelhändlern in Rechnung stellen würde, sondern sie habe zusätzlich im Durchschnitt 16 % abgeschöpft,
d.h. sich um diese 16 % ungerechtfertigt bereichert. Hierbei müsse man berücksichtigen, daß die Beklagte
ebenso wie die anderen Großhändler mit einer Marge von mindestens 30 % arbeite. Hinzu kämen noch
Sonderrabatte und Rückvergütungen. Es sei daher davon auszugehen, daß die Beklagte neben der Marge von 30
bis 38 % des normalen Großhändlers auf Kosten der Franchise-Nehmer mindestens weitere 16 % kassiert habe. Durch
den Abnahmezwang sei den Franchise-Nehmern ein Ausweichen auf andere Lieferanten verwehrt gewesen, weil sie andernfalls
eine fristlose Kündigung riskiert hätten. Die Klägerin berechnet den Bereicherungsanspruch wie folgt:</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">Es seien folgende Umsätze getätigt worden</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">a) in den Jahren 1979 bis zum Ende im Bereich P 12.780.478,-DM,</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">b) in den Jahren 1979 bis 1982 in M 23.887.561,-DM</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">Gesamtumsatz: 36.668.039,- DM</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">abzüglich 14 % Mehrwertsteuer <u> 5.133.525,40 DM</u></p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">Nettoumsatz: 31.534.514,60 DM</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin macht zunächst nur Überpreise in Höhe von 10 % geltend. Dies macht aus einen Betrag von</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">3. 153.451 ,46 DM.</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Sie bringt in Abzug die unstreitige Gegenforderung in Höhe von 312.819,12 DM,</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">so daß 2.840.632,34 DM</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">verbleiben.</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin trägt hierzu weiter vor, soweit sich die Beklagte darauf berufe, daß die von ihr angegebenen
Preise mit denen anderer Großhändler nicht vergleichbar seien, sei dies unrichtig. Die Beklagte sei selbst nur
ein Handelsunternehmen in Form eines Großhändlers und kein Fertigungsbetrieb.</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">3.</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin verweist hinsichtlich der Bewertung der von der Beklagten übernommenen Kunden auf ihre obigen
Ausführungen und berechnet pro Kunde einen Betrag von 100,-- DM, so daß sich eine Gesamtforderung in Höhe
von 2.545.900,-- DM ergibt.</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin begehrt darüber hinaus Feststellung der Nichtigkeit der Franchise-Verträge sowie Verurteilung
der Beklagten zur Auskunft darüber, welchen Gewinn sie aus dem rechtswidrigen Besitz des Kundenstammes des ehemaligen
Franchise-Nehmers W in der Zeit vom 20.11.1983 bis zur Klagezustellung gezogen habe. Zur Begründung verweist die
Klägerin darauf, daß die Beklagte - wie sie oben dargelegt habe - durch Täuschung in den Besitz der
Kundenadressen gekommen sei und der Besitz daher rechtswidrig sei. Sie ziehe daher auch in rechtswidriger Weise Nutzungen
hieraus.</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat zunächst Klage erhoben mit dem Antrag,</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin eine angemessene Entschädigung, mindestens 1.913.975,-- DM Zug
um Zug gegen Übertragung des Eigentums an dem Kundenstamm für die Bereiche M und P zu zahlen;</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, Auskunft zu erteilen, welchen Gewinn sie aus dem rechtswidrigen Besitz des Kundenstammes
des ehemaligen Franchise-Nehmers W gemäß Klageantrag zu 1) in der Zeit vom 20.11.1983 bis zur Klagezustellung
gezogen habe;</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">3.</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">festzustellen, daß die Franchise-Verträge zwischen der Beklagten und ihrem ehemaligen Franchise-Nehmer W
für die Ortschaften M und P vom 13.6.1980 unwirksam sind;</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">hilfsweise, daß die Vorschriften der beiden Franchise-Verträge, nämlich die §§ 4.2, 4.3, 4.4,
6.1, 6.2, 6.4, 9.1, 11 und 12 unwirksam seien;</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">4.</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin die gesamten Franchise-Gebühren für die Bereiche P und M in
Höhe von insgesamt 1.209.963,02 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 20.11.1983 zurückzuzahlen.</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat ihren Antrag mit Schriftsatz vom 1.4.1985 dahin geändert, daß sie nunmehr beantragt
hat,</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin eine angemessene Entschädigung, mindestens 2,4 Millionen DM Zug
um Zug gegen Übertragung des Eigentums an dem Kundenstamm für die Bereiche M und P zu zahlen;</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, Auskunft zu erteilen, welchen Gewinn sie aus dem rechtswidrigen Besitz des Kundenstammes
des ehemaligen Franchise-Nehmers W gemäß Klageantrag zu 1) in der Zeit vom 20.11.1983 bis zum Zeitpunkt der
letzten mündlichen Verhandlung gezogen hat;</p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">3.</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">festzustellen, daß die Franchise-Verträge zwischen der Beklagten und ihrem ehemaligen Franchise-Nehmer W
für die Ortschaften M und P vom 13.6.1980 unwirksam sind;</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">hilfsweise, daß die Vorschriften der beiden Franchise-Verträge, nämlich die §§ 4.2, 4.3, 4.4,
6.1, 6.2, 6.4, 9.1., 11 und 12 unwirksam sind;</p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">4.</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin die gesamten Franchise-Gebühren für die Bereiche P und M in
Höhe von insgesamt 1.209.963,02 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 20.11.1983 zurückzuzahlen;</p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks">5.</p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 500.000,-- DM Schadensersatz zu zahlen, für die Belieferung von
Produkten während der Dauer ihrer Geschäftsbeziehung zu Überpreisen .</p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt nunmehr,</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, an sie - die Klägerin - einen Kaufpreis in Höhe von 2.545.900,-- DM Zug um Zug
gegen Übertragung des Eigentums an dem Kundenstamm für die Bereiche M und P zu zahlen;</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks">hilfsweise begehrt sie eine Verurteilung ohne den Zug-um-Zug-Vorbehalt;</p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, Auskunft zu erteilen, welchen Umsatz sie mit dem rechtswidrigen Besitz an dem Kundenstamm
des ehemaligen Franchise-Nehmers W gemäß Klageantrag zu 1) in der Zeit vom 20.11.1983 bis zur Übertragung
des Eigentums an dem Kundenstamm bezogen hat;</p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks">3.</p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks">festzustellen, daß die Franchise-Verträge zwischen der Beklagten und ihrem ehemaligen Franchise-Nehmer W
für die Ortschaften M und P vom 13.6. 1980 unwirksam sind;</p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks">hilfsweise, daß die Vorschriften der beider, Franchise-Verträge, nämlich die §§ 4.2, 4.3,4.4,
6.1, 6.2, 6.4, 9.1, 15 und 16 unwirksam sind;</p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks">4.</p>
<span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin die gesamten Franchise-Gebühren für die Bereiche P und M in
Höhe von insgesamt 1.209.963,02 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 20.11.1983 zurückzuzahlen;</p>
<span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks">5.</p>
<span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere 2.840.632,34 DM Schadensersatz zu zahlen für die
Belieferung von Produkten zu ungerechtfertigten Überpreisen während der Dauer ihrer Geschäftsbeziehungen.</p>
<span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen,</p>
<span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks">hilfsweise ihr nachzulassen, die Zwangsvollstreckung eventuell gegen Sicherheitsleistung (Bürgschaft einer
westdeutschen Großbank oder Sparkasse) abzuwenden.</p>
<span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte bestreitet zunächst die Aktivlegitimation der Klägerin. Sie bestreitet insbesondere eine wirksame
Abtretung der Ansprüche des Herrn W bzw. seiner Gesellschaften an die Klägerin. Sie weist darauf hin, daß
nach ihrer Kenntnis das Konkursverfahren nicht abgeschlossen sei und daher die behauptete Abtretung nach § 7 KO
schlechthin unwirksam sei. Im übrigen seien sämtliche Ansprüche durch Pfändungs- und
Überweisungsbeschluß des Amtsgerichts M vom 30.11.1983 - Aktenzeichen 8 M 9996/83 - von der E Bank
Aktiengesellschaft/C gepfändet und dieser zur Einziehung überwiesen worden. Soweit Ansprüche bestünden,
seien diese an die E Bank zu leisten.</p>
<span class="absatzRechts">124</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte meint, es fehle ein Feststellungsinteresse. Ein solches fehle immer dann, wenn eine Klage auf Leistung
möglich und zumutbar sei. Die Klägerin könne die von ihr behaupteten Schadensersatzansprüche im Wege
der Leistungsklage geltend machen.</p>
<span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte meint weiter, ein Anspruch auf Auskunftserteilung bestehe nicht. Eine Anspruchsgrundlage sei nicht
ersichtlich, weil im Einverständnis und mit Zustimmung von Herrn W die Betriebe und Kunden von der Beklagten
übernommen worden seien. Ein Anspruch aus offensichtlich behauptetem unrechtmäßigem
Eigentümer-Besitzerverhältnis sei mithin unbegründet. Die Beklagte sei rechtmäßige Besitzerin
und Eigentümerin der Kundenkartei und Kundeninformationen. Diese seien ihr von Herrn W bei Übergabe des Betriebes
zur freien Vergütung übereignet worden.</p>
<span class="absatzRechts">126</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist der Meinung, daß der C2 Franchise-Vertrag wirksam sei.</p>
<span class="absatzRechts">127</span><p class="absatzLinks">Sie halte ihn entgegen der Auffassung der Kläger für kartellrechtlich unbedenklich. Sie trägt vor, ein
Verstoß gegen das Preisbindungsverbot (§ 15 GWB) sei nicht gegeben, weil die Klägerin in der Freiheit der
Gestaltung von Preisen und Geschäftsbedingungen gegenüber ihren Abnehmern völlig frei gewesen sei. In dem
Franchise-Vertrag vom 13.6.1980 und in den Lieferbedingungen sei ausdrücklich festgehalten, daß es sich bei den
von der Beklagten gegenüber den Franchise-Nehmern genannten Endabnehmer-Preisen um unverbindliche Preisempfehlungen
handele. Rechtlicher oder wirtschaftlicher Druck gegenüber dem Franchise-Partner, diese unverbindlichen
Preisempfehlungen einzuhalten, sei nie ausgeübt worden. In der Praxis sei es vielmehr wiederholt so gewesen, daß
einzelne Franchise-Nehmer besondere Preislisten für ihre Bedürfnisse bei der Beklagten hätten erstellen
lassen. Die Franchise-Nehmer seien in der Praxis auch wiederholt von den unverbindlichen Preisempfehlungen der Beklagten
abgewichen.</p>
<span class="absatzRechts">128</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist weiterhin der Meinung, daß ein Verstoß gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag nicht vorliege.
Diese Bestimmung erfasse nur solche Vereinbarungen, die den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten der Europäischen
Gemeinschaften zu beeinträchtigen geeignet seien. Der C2 Franchise-Vertrag sei hierzu nicht geeignet. Die
Geschäftstätigkeit sowohl der Beklagten als auch diejenige ihrer Franchise-Nehmer beschränke sich auf
Teile der Bundesrepublik Deutschland. Eine grenzüberschreitende Bedeutung des C2 Franchise-Systems und mithin eine
Anwendbarkeit des Artikels 85 Absatz 1 EWG-Vertrag sei ausgeschlossen.</p>
<span class="absatzRechts">129</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte trägt vor, das C2 Franchise-System sei darauf angelegt, mit wirtschaftlichem Erfolg für den
Franchise-Nehmer gefahren zu werden. Es sei betriebswirtschaftlich erfolgreich praktizierbar, wie die Beispiele der
Franchise-Nehmer B, L, G, L1, A und N zeigten. Die tatsächliche Handhabung des Franchise-Vertrages durch die Beklagte
widerlege den Vorwurf eines permanenten Mißbrauchs. Die konkrete Handhabung des Vertrages zeige, daß die Beklagte
den Vertrag außerordentlich flexibel gehandhabt habe und regelmäßig auf Wünsche der Franchise-Nehmer
eingegangen sei.</p>
<span class="absatzRechts">130</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte trägt weiter vor:</p>
<span class="absatzRechts">131</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht Wuppertal und das Oberlandesgericht Zweibrücken hätten in ihren Entscheidungen nicht beachtet,
daß maßgeblich für die Auslegung der Verträge der Grundsatz der interessengerechten Auslegung sei. Die
Beklagte meint weiter, die Klägerin berücksichtige bei ihren Angriffen gegen den Franchise-Vertrag die Tatsache
nicht hinreichend, daß Herr W ein im kaufmännischen Geschäftsverkehr gewandter und erfahrener
Geschäftsmann gewesen sei und noch sei. Es handele sich bei den Franchise-Nehmern nicht um im Geschäftsverkehr
unerfahrene Letztverbraucher oder mit den wirtschaftlichen und rechtlichen Folgen von vertraglichen Bindungen nicht
vertrauten Konsumenten. Eine konkrete Schutzbedürftigkeit der Vertragspartner liege daher nicht vor.</p>
<span class="absatzRechts">132</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte trägt weiter vor, das Landgericht Wuppertal und das Oberlandesgericht Zweibrücken
berücksichtigten nicht die Tatsache, daß die Interessen des Franchise-Gebers und des Franchise-Partners in
entscheidenden Punkten, insbesondere in Bezug auf den Absatz der Produkte an den Endverbraucher identisch seien. Sehe
man das "weitgehend gleich gerichtete" Interesse der Beklagten und ihrer Franchise-Partner im Absatz der Produkte
an den Endverbraucher, so würde die Beklagte durch eine ihr von der Klägerin unterstellte knebelnde Handhabung
des Vertrages ihr Hauptinteresse gefährden.</p>
<span class="absatzRechts">133</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte meint, die Bestimmungen der Franchise-Verträge verstießen nicht gegen § 9 AGB-Gesetz, denn
bei dem Franchise-Vertrag handele es sich nicht um einen Formularvertrag im Sinne des § 1 AGB-Gesetz. Es liege vielmehr
eine Individualabrede vor. Dies sei auch dann der Fall, wenn der Verwender von Vertragsformularen zur Abänderung
seiner Bedingunger. bereit sei und der Geschäftspartner dies bei der. Vertragsverhandlungen wisse, und zwar auch
dann, wenn die vorformulierten Bedingungen unverändert Vertragsinhalt würden. Die Beklagte trägt vor,
die Franchise-Partner hätten ausreichend Zeit und Gelegenheit zu einer Prüfung der Verträge gehabt. Die
Beklagte habe hierzu eingehende Erläuterungen gegeben. Sie sei auch stets zur Änderung der wesentlichen
Bestimmungen des von ihr ursprünglich vorgeschlagenen Vertragstextes bereit gewesen. Auf Wunsch der Franchise-Partner
seien z.B. die §§ 4, 5 Ziff. 5 und 4, § 6 Ziff 1, § 6 Ziff. 4 und § 7 Ziff. 2 überarbeitet
und abgeändert worden; ferner auch § 14 des Vertrages. Entsprechend der mit den Franchise-Partnern erzielten
Einigung sei § 15 komplett überarbeitet worden. Es sei vereinbart worden, daß die Abgeltung des Firmenwertes
aus Gründen einer steueroptimalen Gestaltung dem Wettbewerbsverbot zugewiesen werden sollte.</p>
<span class="absatzRechts">134</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist der Meinung, daß keine Nichtigkeit einzelner Bestimmungen des Vertrages festgestellt werden
könne. Der Zustimmungsvorbehalt des Franchise-Gebers in § 1 Ziff. 2 des Vertrages gebe nur deklaratorisch den
schon nach allgemeinem Vertragsrecht zu beachtenden Grundsatz wieder, daß die Identität der Vertragspartner
gewahrt bleiben müsse. Darüber hinaus folge aus der Natur des Franchise-Vertrages zwangsläufig die
entscheidende Bedeutung der Person des Franchise-Partners für den Franchise-Geber. § H Ziffer 3 des Vertrages,
der den Fortbestand der persönlichen Haftung des Franchise-Partners festlegt, bringe nur das zum Ausdruck, was nach
der gesetzlichen Normallage nach BGB und HGB ohnehin gelte. Die Beklagte trägt weiter vor, sie vermöge nicht zu
erkennen, daß die in § 4 Ziffer 4 vorbehaltene Möglichkeit zum Widerruf der Zustimmung zur Änderung
der Rechtsform des Franchise-Nehmers unzulässig sein solle. Sie habe, wie dargelegt, wenn sie die Zustimmung zur
Änderung der Rechtsform erteile, mehr konzediert als der Franchise-Nehmer beanspruchen könne. Der Widerruf
dürfe ihr deshalb nicht von vornherein verwehrt sein. Das Widerrufsrecht der Beklagten sei auf wichtige Gründe
beschränkt. Die in § 4 Ziff. 4 der Beklagten eingeräumte Widerrufsmöglichkeit für den Fall,
daß die Gesellschaft in kaufmännischer und finanzieller Weise der Beklagten Anlaß zu der Annahme gebe,
daß Verpflichtungen aus dem Vertrag durch die Gesellschaft nicht ordnungsgemäß erfüllt werden
können habe schon deshalb wirksam vereinbart werden können, weil die Beklagte die ordnungsgemäße
Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Vertrag auch von dem ursprünglichen Franchise-Partner habe verlangen
können. Die nicht ordnungsgemäße Erfüllung vertraglicher Pflichten durch den Franchise-Partner sei
im übrigen im Sinne des Gebotes der interessengerechten Auslegung dahingehend zu verstehen, daß sie geeignet
sein müsse, die Erfüllung des ursprünglich mit dem Franchise-Partner persönlich ausgehandelten
Vertrages in Frage zu stellen. Dieser interessengerechten Auslegung entspreche auch die konkrete Handhabung der
vertraglichen Bestimmungen durch die Beklagte. Sie habe trotz erheblicher Schwierigkeiten von ihrem Widerrufsrecht weder
in diesem Fall noch in anderen Fällen Gebrauch gemacht.</p>
<span class="absatzRechts">135</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte trägt weiter vor, rechtlich wirksam vereinbart seien auch die in § 6 Ziffer 1 des Vertrages
vereinbarten Mindestumsätze. Diese seien realistisch. Sie seien auf Grund ausführlicher Marktanalysen für
die jeweiligen Franchise-Gebiete erstellt worden. Auf Grund dieser Marktanalysen, die an sich ein höheres
Umsatzpotential ergeben hätten, hätten die Vertragspartner gemeinsam in vorsichtiger Einschätzung der
Situation zurückhaltende Umsatzvorgaben formuliert. Die Mindestumsätze hätten sich in der Praxis als
zutreffend erwiesen. Lediglich in drei Fällen anderer Franchise-Partner seien die Umsatz vorgaben nicht erreicht
worden. Alle anderen Franchise-Partner hätten die vereinbarten Mindestumsätze erreicht und zum Teil weit
überschritten.</p>
<span class="absatzRechts">136</span><p class="absatzLinks">Die Umsatzsteigerungen der Franchise-Partner W und M hätten bei 241,8 bzw. 237 % über den vereinbarten
Mindestumsätzen gelegen. Das Kündigungsrecht bestehe auch nur bei einer sehr signifikanten Unterschreitung
der Mindestumsätze in Höhe von 20 %. Sie, die Beklagte, habe im übrigen in keinem Fall mit Ausnahme des
Franchise-Partners Q auf die Unterschreitung der vereinbarten Mindestumsätze eine Kündigung gestützt. Bei
dem Franchise-Partner N habe sie, die Beklagte, auf dessen Wunsch die Umsatzvorgaben gesenkt. Die Mindestumsatzvorgaben
seien Ausdruck des berechtigten Interesses der Beklagten an der Leistungsfähigkeit des Franchise-Partners, die sie
um so mehr habe erwarten dürfen, als für eine Zeit von 6 Jahren ein exklusives Franchise-Recht für das
Vertragsgebiet ohne die Möglichkeit der ordentlichen Kündigung eingeräumt worden sei.</p>
<span class="absatzRechts">137</span><p class="absatzLinks">§ 15 GWB erfasse neben rechtlichen zwar auch wirtschaftliche Bindungen, dies jedoch nur dann, wenn sie sich aus
dem <u>Ers</u>tvertrag ergäben. Wirtschaftliche Beschränkungen seien nur dann anzunehmen, wenn die aus dem
Erstvertrag folgenden Nachteile einer bestimmten Ausübung der Gestaltungsfreiheit objektiv geeignet seien, den
Vertragspartner zum Verzicht auf diese Gestaltungsmöglichkeit zu bestimmen. Derartige Bindungen ergäben sich
nicht aus dem C2 Franchise-Vertrag. Nach § 9 Ziff. 1 Satz 2 des Vertrages seien die Bruttoverkaufspreise für
den Franchise-Partner lediglich unverbindlich empfohlene Verkaufspreise. Die Verpflichtung des Franchise-Partners nach
§ 9 Ziff. 2 Satz 1 des Vertrages, die von der Beklagten veranstalteten Werbemaßnahmen zu übernehmen,
stelle lediglich eine Selbstverständlichkeit zwischen Franchise-Partnern klar, nämlich das einheitliche
werbliche Auftreten der Franchise-Partner in der Öffentlichkeit. Im übrigen stelle die Beklagte ihren
Franchise-Partnern auf Wunsch auch Werbematerial zur Verfügung, das keine eingedruckten unverbindlichen
Preisempfehlungen enthalte oder abweichende Preise, die der Franchise-Partner wünsche. Eine abweichende Beurteilung
ergebe sich auch nicht insoweit, als die Beklagte ihre Preisempfehlungen nicht gem. § 38 a GWB als unverbindliche
Preisempfehlungen entsprechend den Vorstellungen des Bundeskartellamtes gekennzeichnet habe. Andernfalls würde jede
fehlerhafte Kennzeichnung in den Regelungsbereich von § 15 GWB fallen. Die Konsequenz wäre, daß durch
bloßes tatsächliches Verhalten eines Vertragspartners ein Vertrag nichtig werden könnte.</p>
<span class="absatzRechts">138</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte trägt weiter vor, das Verfahren zur Berechnung der Franchise-Gebühr nach § 11 Ziff. 1 des
Franchise-Vertrages sei nicht zu beanstanden. Die Staffelung diene vor allem der Sicherheit des Franchise-Partners.
Wenn der Rohgewinn unter 32 % sinke, sinke auch die Franchise-Gebühr. Diese Situation sei jedoch seit Abschluß
der Verträge noch nicht annähernd eingetreten. Die Rohgewinnsituation habe sich im Gegenteil seit Abschluß
der Verträge um ca. 5 % verbessert, während sich die Franchise-Gebühr überhaupt nicht erhöht habe.
Die empfohlenen C2 Bruttoverkaufspreise, aus denen sich die Größe "Rohgewinn" zum Teil zusammensetze,
seien keine beliebig manipulierbaren Größen. Preise würden ausschließlich durch externe Faktoren
diktiert, nämlich die Wettbewerbsverhältnisse auf dem Markt. Ebensowenig sei die zweite Bestimmungsgröße
zur Berechnung der prozentualen Höhe der Franchise-Gebühr, die C2 Niederlassungspreise, eine beliebig
manipulierbare Größe. Die Kalkulation werde so vorgenommen, daß das Unternehmensprinzip des Hauses C2 jede
Niederlassung mit Gewinn zu fahren, verwirklicht werden könne.</p>
<span class="absatzRechts">139</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte trägt weiter vor, auch die in § 15 des Franchise-Vertrages geregelte Ausübung des
Vorerwerbsrechts/Wettbewerbsverbots sei nicht zu beanstanden. Die Ausübung des Vorerwerbsrechts durch die Beklagte
stelle rechtlich einen Unternehmenskauf dar. Dies sei das übereinstimmend ausdrücklich erklärte
Verständnis und der gemeinsame Wille der Vertragsparteien gewesen. Die Beklagte kaufe nach Beendigung des Vertrages
den Betrieb des Franchise-Partners. Beim Unternehmenskauf seien zwei Formen des Erwerbs zu unterscheiden, die Übernahme
eines handelsrechtlichen Gesamthandvermögens zum einen und die Übernahme von Aktiva und Passiva zum anderen.</p>
<span class="absatzRechts">140</span><p class="absatzLinks">Unter letzterem werde auch die Übernahme von nicht bilanzierungsfähigen Aktiva wie etwa dem Goodwill des
Unternehmens verstanden. Sinn der Vorerwerbsregelung sei die Erhaltung des Betriebes als Bestandteil des gesamten
Franchise-Systems. Nach dem Wortlaut und vom Zweck der Regelung bei interessengerechter Auslegung könne ein
willkürliches Herauslösen einzelner isolierter Betriebsteile unter Zerreißen ihres Zusammenhangs und
Hinterlassung eines wertlosen Restbestandes nicht verstanden werden. Die Tatsache, daß bei Abfassung der Verträge
neben dem primär beabsichtigen Erwerb des gesamten Unternehmens sekundär auch ein Recht hinsichtlich der
Übernahme einzelner Aktiva und Passiva eingeräumt worden sei, sei daraus zu erklären, daß vielfach
der Betrieb des Franchise-Partners nicht nur das C2 Geschäft umfasse, sondern kombiniert sei mit anderen
Geschäften des Franchise-Nehmers. Selbst wenn man dieser interessengerechten Auslegung nicht folgen wollte,
stünde der Franchise-Partner einer unbilligen Ausübung des Bestimmungsrechtes der Beklagten nicht schutzlos
gegenüber. Das Bestimmungsrecht sei nämlich nach billigem Ermessen im Sinne des § 315 III BGB auszuüben.
Der selbst geschaffene Goodwill und Kundenstamm des Unternehmens des Franchise-Partners werde nicht ohne angemessene
Gegenleistung übernommen. Diese Gegenleistung sei aus Gründen einer steueroptimalen Gestaltung in das Entgelt
für das Wettbewerbsverbot gem. § 15 Ziff. 1.7 des Vertrages einbezogen. Der Goodwill des Unternehmens und der
Kundenstamm würden also mit einer Abfindung von 5 % des letzten Jahresumsatzes zuzüglich 50 % des
letztjährigen Gewinnes abgegolten. Es handele sich mithin nicht um eine Buchwertabfindung. Diese Abfindung entspreche
der Realität des Unternehmenskaufs. Der Franchise-Partner bekomme aber nicht nur eine sehr beachtliche
Entschädigung, er werde auch von allen wesentlichen Verbindlichkeiten befreit, die mit seinem Franchise-Betrieb
zusammenhingen. Die wesentlichen Verbindlichkeiten des Franchise-Partners ergäben sich aus den
Anstellungsverträgen mit den Mitarbeitern, seinem Fahrzeugpark, seinem Warenlager und den Tiefkühleinrichtungen.
§ 90 a HGB lasse sich auf die vorliegende Fallgestaltung eines Unternehmenskaufes nicht anwenden. Nach ständiger
Rechtsprechung des Reichsgerichts und des BGH werde eine gesonderte Vergütung für ein Wettbewerbsverbot im
Zusammenhang mit einem Unternehmenskauf nicht geschuldet. Die analoge Anwendung des § 90 a I HGB sei auch wegen
fehlender Schutzbedürftigkeit des Franchise-Partners ausgeschlossen. Selbst wenn die Abfindungsvereinbarung unwirksam
wäre, sei im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung eine angemessene Abfindung zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">141</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte meint, auch die Länge des Wettbewerbsverbotes von zwei Jahren sei nicht zu beanstanden. Im Rahmen
des Unternehmenskaufs sei sowohl nach GWB als auch nach Europäischem Kartellrecht die Zulässigkeit eines
Wettbewerbsverbotes von 5 Jahren Dauer allgemein anerkannt. Selbst wenn man § 90 a HGB für analog anwendbar
hielte, ergebe sich daraus, daß eine Dauer von zwei Jahren nach Beendigung des Vertragsverhältnisses für
ausdrücklich zulässig erklärt werde. Selbst wenn Bedenken bestünden, hätte eine unangemessen
lange Dauer nicht etwa die Nichtigkeit der Bestimmung zur Folge, sondern deren Reduktion auf ein für zulässig
gehaltenes Maß.</p>
<span class="absatzRechts">142</span><p class="absatzLinks">Zu dem Recht zur außerordentlichen Kündigung nach § 14 des Franchise-Vertrages trägt die Beklagte
vor:</p>
<span class="absatzRechts">143</span><p class="absatzLinks">Auch insoweit komme es auf die konkrete Handhabung des Vertrages an. Keineswegs habe die Beklagte von dem ihr zustehenden
Kündigungsrecht in der Weise Gebrauch gemacht, wie ihr der Vertrag dazu eigentlich die Möglichkeit gegeben habe.
Nicht nachvollziehbar ist nach Meinung der Beklagten auch eine angebliche Nichtigkeit des § 6 Ziff. 10 des Vertrages,
der Bestimmungen über die Franchise- und Organisationsrichtlinien der Beklagten enthält. Die Beklagte weist darauf
hin, daß derartige Klauseln nahezu jeder Franchise-Vertrag enthalte. Sie seien für die Verwirklichung des
Franchise-Systems unverzichtbar.</p>
<span class="absatzRechts">144</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte meint, daß wenn wesentliche Teile des Vertragswerkes nicht unwirksam seien, eine Unwirksamkeit des
Vertrages auch nicht aus einem ineinandergreifenden Zusammenspiel der behandelten Klauseln folge. Die von dem Landgericht
Wuppertal angenommene Knebelung des Franchise-Partners werde schon durch § 14 Ziff. 2 des Franchise-Vertrages
verhindert, demgemäß jeder Vertragspartner das Vertragsverhältnis mit einer Frist von drei Monaten zum
Monatsende kündigen kann, wenn eine wesentliche Änderung der Vertragsgrundlage eintritt. Da § 6 Ziff. 1
des Vertrages selbst von "erreichbaren Bruttoumsätzen" spreche, habe sich die Vertragsgrundlage
geändert, wenn die Erreichbarkeit nicht mehr gegeben sei. Zusammenfassend sei festzustellen, daß wenn die
Umsatzvorgaben realistisch seien, die angeblich knebelnde Abhängigkeitskette schon gar nicht in Gang komme.</p>
<span class="absatzRechts">145</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte meint, es bestehe auch kein auffälliges Mißverhältnis der von den Vertragsparteien
geschuldeten Leistung und Gegenleistung. Bei der gegenteiligen Auffassung des Landgerichts Wuppertal werde übersehen,
daß dem Franchise-Partner für die von ihm zu erbringenden Leistungen sehr wohl eine angemessene Gegenleistung
erbracht werde. Dem Franchise-Nehmer komme im Franchise-System der Beklagten in vollem Umfang die Leistung der Beklagten
beim Aufbau des Franchise-Systems zugute. Zu den über eine bloße Warenzeichenlizenz hinausgehenden Leistungen
des Franchise-Gebers gehöre zum Beispiel die Sicherung der Bezugsquellen für gleichbleibend hohe Qualität,
die Zusammenstellung und ständige Kontrolle eines marktgängigen Sortiments, die Beratung bei Errichtung und
Ausstattung eines Tiefkühllagers, die Erstellung geeigneter Werbeunterlagen etc.. Es bestehe schließlich auch
kein Mißverhältnis von Leistung und Gegenleistung durch in Rechnungstellung überhöhter Preise.</p>
<span class="absatzRechts">146</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte weist schließlich darauf hin, daß die Parteien ihren Willen, auch bei Unwirksamkeit einzelner
Bestimmungen des Vertrages die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts im übrigen aufrechtzuerhalten, mit der Bestimmung
des § 16 unzweifelhaft zum Ausdruck gebracht hätten.</p>
<span class="absatzRechts">147</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte meint, daß selbst bei unterstellter Nichtigkeit des Vertrages keine Ansprüche der Klägerin
bestünden. Ansprüche könnten allenfalls für die Zukunft geltend gemacht werden. Es sei anerkannt,
daß die Parteien eines Dauerschuldverhältnisses die Unwirksamkeit des Vertrages nicht für die Vergangenheit
geltend machen könnten. Diese zum Gesellschafts- und Arbeitsrecht entwickelten Grundsätze müßten auch
auf das hier vorliegende Franchise-Verhältnis wegen dessen Rechtsähnlichkeit angewendet werden. Durch den
Franchise-Vertrag werde ein enges Netz von gegenseitigen Rechten und Pflichten begründet, in dem es den
Vertragsschließenden wie in Gesellschafts- und Arbeitsverträgen insbesondere auf die Person des jeweiligen
Vertragspartners ankomme. Der Franchise-Vertrag sei daher nicht lediglich als Mischform aus einem Lizenzvertrag und einem
Belieferungsvertrag anzusehen. Der Franchise-Vertrag begründe vielmehr ein Dauerschuldverhältnis aus Pacht-,
Dienst-, Werk-, Kauf-, Lizenz- und Gesellschaftsvertrag. Auch die personale Struktur des Franchise-Verhältnisses
gebiete zwingend die Rechtsprechung des BGH und BAG zu den faktischen Vertragsverhältnissen auf den vorliegenden
Franchise-Vertrag anzuwenden.</p>
<span class="absatzRechts">148</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte meint, daß Ansprüche der Klägerin aus ungerechtfertigter Bereicherung und auf Schadensersatz
nicht bestünden. Eine Rückforderung der Franchise-Gebühr scheide schon deshalb aus, weil das
Dauerschuldverhältnis allenfalls für die Zukunft vernichtbar sei. Die Lizenzgebühren könnten aber
auch deshalb nicht zurückgefordert werden, weil der Franchise-Nehmer eine faktisch vorrangige Stellung in Anspruch
genommen habe. Die Beklagte verfüge über eine bekannte Marke. Die Beklagte habe in jahrelanger Entwicklung ein
flächendeckendes Versorgungssystem für die Bundesrepublik Deutschland geschaffen und dadurch den Namen C2
bundesweit bekannt gemacht. Sie trete unter Einschluß der Franchise-Nehmer mit einheitlichem Namen und einheitlicher
Werbung in der gesamten Bundesrepublik auf. Jeder Franchise-Nehmer profitiere dabei in entscheidendem Maße von dem
Bekanntheitsgrad der Beklagten auch in den angrenzenden Gebieten. Die Klägerin habe daher unter Benutzung des
Firmennamens der Beklagten ihren Umsatz in weit schnellerem und größerem Maße steigern können als
dies mit einer völlig unbekannten Marke möglich gewesen wäre. Hinzu kämen die ständigen
Beratungsleistungen der Beklagten sowie für intensive Markt- und Absatzforschungen, die die Beklagte im Interesse
der Franchise-Partner betreibe. Bezahlt werde die Franchise-Gebühr ferner für die umfangreichen laufenden
Investitionen auf dem Gebiet der indirekten Kundenwerbung. Im Rahmen einer bereicherungsrechtlichen Abwicklung
müßte daher die wertmäßige Leistung der Beklagten nach § 818 II BGB berücksichtigt werden.</p>
<span class="absatzRechts">149</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte bestreitet, weit überhöhte Abgabepreise berechnet zu haben. Die Beklagte behauptet, die von ihr
vertriebene Tiefkühlkost sei nicht vergleichbar. Dies gilt für die Auswahl der Produkte, deren Zusammensetzung,
der Rezeptur, der Art der Verpackung der der Größe der Verpackung. Ein Preis könne auch nur dann als
marktüblich angesehen werden, wenn er für Leistungen gleicher Art und Güte sowie gleichen Umfangs allgemein
am Markt gezahlt werde. Daraus folge, daß ein Vergleich überhaupt nur zulässig sei mit Preisen von anderen
hochwertigen Markenartikeln. Der hohe und gleichbleibende C2 Qualitätsstandard folge aus gezielter Marktforschung,
Verbraucherbefragung und Verbrauchertests, Aufbau eines spezifischen Produkt-know-hows, speziellen Rezepturen,
Qualitätsgarantien, Markenimagepflege durch gleichbleibend hohen Qualitätsstandard. Bei der Ermittlung der
Marktüblichkeit sei weiter zu berücksichtigen, daß die Beklagte in der Lage sei, den Franchise-Partnern
ein umfassendes Warensortiment von mehr als 250 Artikeln ständig anzubieten. Aus der Möglichkeit, auch
Kleinstmengen abrufen zu können, entstünden den Franchise-Partnern erhebliche Vorteile. Die aus der zentralen
Lagerhaltung resultierenden Vorhaltungs- und Lagerkosten müßten bei dem Vergleich der C2 Preise mit den Preisen
anderer Anbieter Berücksichtigung finden. Bei einem Vergleich mit einem Markenartikelhersteller, der ähnliche
Aufwendungen für seine Produkte und ähnliche Kosten zu verkraften habe, ergebe sich, daß die
Franchise-Partner bei einem Einkauf bei eines; anderen Markenartikelhersteller mindestens einen Einkaufsnachteil von
9,449 % gehabt haben würden.</p>
<span class="absatzRechts">150</span><p class="absatzLinks">Zu den einzelnen Ansprüchen trägt die Beklagte folgendes vor:</p>
<span class="absatzRechts">151</span><p class="absatzLinks">Sie hält die Berechnung des Wertes der einzelnen Kunden für vollkommen unzutreffend.</p>
<span class="absatzRechts">152</span><p class="absatzLinks">Insbesondere falsch seien die der Aquisition angeblich zuzurechnenden monatlichen Kosten. Diese betrügen für
ein Tiefkühlfahrzeug nicht 7.000,-- DM, sondern allenfalls 6.200,-- DM. Ein Aquisiteur fahre das Fahrzeug nicht an
höchstens 20 Tagen des Monats, sondern an mindestens 21 Tagen. Schließlich werbe ein Aquisiteur durchschnittlich
pro Tag nicht nur 4,2 sondern bis zu 6,5 neue Kunden. Unter Berücksichtigung dieser Zahlen ergebe sich ein Betrag von
45,42 DM pro Kunde. Nicht berücksichtigt sei bei dieser Berechnung, daß die getätigten Umsätze mit den
Neukunden einen nicht unerheblichen Deckungsbeitrag erbrächten. Dieser müsse in Abzug gebracht werden, so
daß sich ein Betrag pro Kunde von 25,--DM ergebe. Im übrigen würden 50 bis 60 % aller Neukunden durch die
Werbung von Mund zu Mund geworben. Die Werbungskosten für einen solchen Kunden betrügen lediglich eine Dose
Gratiseis im Werte von ca. 5,--DM.</p>
<span class="absatzRechts">153</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich des Rückforderungsanspruches in Bezug auf die Franchise-Gebühr macht die Beklagte geltend, ein
Bereicherungsanspruch der Klägerin aus § 812 I BGB bestehe nicht, weil das durch den Franchise-Vertrag
begründete Dauerschuldverhältnis allenfalls für die Zukunft vernichtbar sei. Im übrigen hätten
die Franchise-Partner tatsächlich sämtliche Vorteile des Franchise-Systems genutzt. Die Beklagte bestreitet,
daß die Franchise-Gebühr vor allem für die Weitergabe der Vorteile aus einem zentralen Einkauf gezahlt
werde. Die Franchise-Gebühr sei primär die Gegenleistung dafür, daß der Franchise-Partner die Vorteile
des von der Beklagten in jahrzehntelanger Entwicklung aufgebauten Franchise-Systems zu seinen Gunsten nutzen konnte. Dazu
gehöre die Berechtigung, den Namen als auch das Markenzeichen C2 zu führen, die exklusive Zusicherung eines
Vertriebsgebietes und die in § 5 Ziffer 1 umfassend beschriebene Beratung durch die Beklagte.</p>
<span class="absatzRechts">154</span><p class="absatzLinks">Zu dem geltend gemachten Anspruch wegen überhöhter Abgabepreise macht die Beklagte geltend, die Behauptung,
sie habe weit überhöhte Abgabepreise berechnet, sei unzutreffend. Ein Preis könne nur dann als
marktüblich angesehen werden, wenn er für Leistungen gleicher Art und Güte sowie gleichen Umfangs allgemein
am Markt gezahlt werde. Daraus folge, daß ein Vergleich überhaupt nur zulässig sei mit Preisen von anderen
hochwertigen Markenartikeln. Bei der Ermittlung der Marktüblichkeit sei weiter zu berücksichtigen, daß die
Beklagte in der Lage sei, den Franchise-Partnern ein umfassendes Warensortiment von mehr als 250 Artikeln mit dem C2
eigenen Qualitätsstandard ständig anzubieten. Ferner müßten die aus der zentralen Lagerhaltung
resultierenden Vorhaltungs- und Lagerkosten bei dem Vergleich der C2-Preise mit den Preisen anderer Anbieter
Berücksichtigung finden. Dann ergebe sich aber, daß die Klägerin bei Einkauf bei einem anderen
Markenartikelhersteller mindestens einen Einkaufsnachteil von 9,449 % gehabt haben würde.</p>
<span class="absatzRechts">155</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte macht folgende Gegenansprüche geltend: </p>
<span class="absatzRechts">156</span><p class="absatzLinks">Aus offenstehenden Lieferungen und Leistungen 317. 115,64 DM</p>
<span class="absatzRechts">157</span><p class="absatzLinks">verauslagte anwaltliche Beratungskosten 34.800,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">158</span><p class="absatzLinks">gewährte Überbrückungsdarlehen an Arbeitnehmer im</p>
<span class="absatzRechts">159</span><p class="absatzLinks">Rahmen des Konkurses 2. 197,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">160</span><p class="absatzLinks">Stillstandskosten auf Grund einstweiliger Verfügungsmaßnahmen 2.917,- DM</p>
<span class="absatzRechts">161</span><p class="absatzLinks">Zinsen auf offenstehende Lieferforderungen in Höhe von </p>
<span class="absatzRechts">162</span><p class="absatzLinks">317.115,64 DM für die Zeit vom 1. Januar 1984 bis 31.8. 1984 21.141,04 DM</p>
<span class="absatzRechts">163</span><p class="absatzLinks">Anzeigenkampagnen zur Überleitung der Franchise-Betriebe 2.039,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">164</span><p class="absatzLinks">besondere Personalabstellung und Aufwendungen auf </p>
<span class="absatzRechts">165</span><p class="absatzLinks">Grund der Konkurssituation 17.042,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">166</span><p class="absatzLinks">Gewinnausfälle auf Grund der Zahlungseinstellung der W-Gruppe 232.243,-- DM, </p>
<span class="absatzRechts">167</span><p class="absatzLinks">Es ist Beweis erhoben worden gemäß Beweisbeschluß vom 14.10.1985 (Bl. 401 ff. GA). Auf die Niederschrift
vom 21.2.1986 (Bl. 622 ff. GA) wird verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">168</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich des Parteivorbringens im einzelnen und der überreichten Unterlagen wird auf den Akteninhalt Bezug
genommen.</p>
<span class="absatzRechts">169</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe :</u></p>
<span class="absatzRechts">170</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist zum Teil begründet.</p>
<span class="absatzRechts">171</span><p class="absatzLinks">Der Feststellungsantrag ist unzulässig. Es fehlt ein besonderes Feststellungsinteresse, weil bei Prüfung der
von der Klägerin geltend gemachten Leistungsansprüche die Frage der Nichtigkeit der Franchise-Verträge als
Vorfrage zu klären ist.</p>
<span class="absatzRechts">172</span><p class="absatzLinks">Der Auskunftsanspruch ist nicht begründet. Der Auskunftsanspruch ist darauf gerichtet, bis zu einer rechtswirksamen
Übertragung des Kundenstammes eine Nutzungsentschädigung von der Beklagten zu erhalten. Der Bereicherungsanspruch
ist jedoch durch die für die Kunden zu zahlende Vergütung abgegolten. Ein Bestandteil für die Ermittlung
des Wertes des Kundenstammes ist - wie unten noch darzulegen sein wird - der aus dem Kundenstamm während eines
bestimmten Zeitraumes zu erzielende Gewinn. Der Anspruch auf Herausgabe des Gewinnes für einen bestimmten Zeitraum
ist daher bereits Bestandteil der Vergütung für den Kundenstamm. Er kann nicht zusätzlich verlangt werden.
Der Anspruch der Klägerin ist nämlich beschränkt auf die tatsächliche Bereicherung.</p>
<span class="absatzRechts">173</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Gemäß Abtretungserklärung vom 30.8.1983 haben die P und die U
GmbH, beide vertreten durch den Kaufmann W, die Forderungen an die Beklagte aus den Franchise-Verträgen an die
Klägerin abgetreten.</p>
<span class="absatzRechts">174</span><p class="absatzLinks">Die Forderung der C Bank über 500.000,-- DM nebst 15 % Zinsen seit dem 30.5.1980 gemäß Pfändungs-
und Überweisungsbeschluß vom 30.11.1983 kann von der Klägerin im eigenen Namen mit der Maßgabe,
daß Zahlung an die C Bank zu erfolgen hat, geltend gemacht werden. Dies ergibt sich aus der Bestätigung der C
Bank, Niederlassung der E Bank, vom 13.8.1985.</p>
<span class="absatzRechts">175</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin ist auch nicht etwa durch Konkurs der beiden Gesellschaften des Herrn W gehindert, Ansprüche
geltend zu machen. Die Konkursanträge in Bezug auf beide Gesellschaften wurden durch Beschlüsse vom 24.1.1984
bzw. 25.1.1984 abgewiesen, weil eine die Kosten des Verfahrens deckende freie Masse nicht festzustellen war.</p>
<span class="absatzRechts">176</span><p class="absatzLinks">Die Leistungsanträge sind zum Teil begründet und ergeben sich aus ungerechtfertigter Bereicherung, weil die
Franchise-Verträge unwirksam sind.</p>
<span class="absatzRechts">177</span><p class="absatzLinks">Es steht nunmehr fest, daß der Franchise-Vertrag auch aus kartellrechtlichen Gründen unwirksam ist. Der
Vertrag verstößt gegen Artikel 85 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 EWG-Vertrag. Diese Bestimmung findet auf
solche Vereinbarungen zwischen Unternehmen Anwendung, die den Handel zwischen Mitgliedsstaaten zu beeinträchtigen
geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des gemeinsamen
Marktes bezwecken oder bewirken.</p>
<span class="absatzRechts">178</span><p class="absatzLinks">Der Franchise-Vertrag enthält unter § 13 Ziffer 2 folgende Regelung:</p>
<span class="absatzRechts">179</span><p class="absatzLinks">Sollte C2 auf dem Gebiet des Heimdienstes in den angrenzenden Nachbarstaaten tätig werden, so verpflichtet sich
der FP, ein dieser Ausdehnung entsprechend räumlich erweitertes Wettbewerbsverbot einzugehen.</p>
<span class="absatzRechts">180</span><p class="absatzLinks">Nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 28.1.1986 - 161/84 - sind Verträge über
Vertriebsfranchising, die Bestimmungen zur Aufteilung der Märkte zwischen Franchise-Gebern und Franchise-Nehmern
oder unter den Franchise-Nehmern enthalten, auch dann geeignet, den Handel zwischen Mitgliedsstaaten zu
beeinträchtigen, wenn sie zwischen Unternehmen mit Sitz in demselben Mitgliedsstaat geschlossen worden sind, sofern
sie die Franchise-Nehmer daran hindern, in einem anderen Mitgliedsstaat eine Niederlassung zu errichten. Es handelt sich
dann um Einschränkungen des Wettbewerbs im Sinne von Artikel 85 Abs. 1 EWG-Vertrag. Wie in dem Teilurteil bereits
festgestellt liegt auch die Möglichkeit einer spürbaren Beeinträchtigung vor, weil Vertragspartner mit
einem Umsatzvolumen von 75 bis 100 Millionen DM an einer grenzüberschreitenden geschäftlichen Tätigkeit
gehindert werden. Eine Gruppenfreistellung auf Grund der Verordnung Nr. 67/67 ist zu verneinen, weil der Europäische
Gerichtshof in der zitierten Entscheidung festgestellt hat, daß diese Verordnung auf Verträge über
Vertriebsfranchising nicht anwendbar ist. Der Franchising-Vertrag ist daher unwirksam.</p>
<span class="absatzRechts">181</span><p class="absatzLinks">Es kann nicht festgestellt werden, daß ein Verstoß gegen <u>§ 15 GWB</u> vorliegt. Es kann daher
dahingestellt bleiben, ob eine etwaige Nichtigkeit nach § 15 GWB nur einzelne Bestimmungen des Vertrages ergreifen
würde, weil der Vertrag in seinem wesentlichen Charakter hiervon nicht betroffen würde, oder ob ein Verstoß
die Nichtigkeit des gesamten Vertrages zur Folge haben würde (so das LG München, NJW 1985, 1906 f.). Nach §
15 GWB sind Verträge zwischen Unternehmen nichtig, soweit sie einen Vertragsbeteiligten in der Freiheit der Gestaltung
von Preisen bei solchen Verträgen beschränken, die er mit Dritten über die gelieferten Waren schließt.
Diese Voraussetzungen liegen auch dann vor, wenn sich aus dem Erstvertrag wirtschaftliche Beschränkungen ergeben,
die dann anzunehmen sind, wenn die hieraus folgenden Nachteile einer bestimmten Ausübung der Gestaltungsfreiheit
objektiv geeignet sind, den Vertragspartner zum Verzicht auf die Gestaltungsmöglichkeiten hinsichtlich der Preise
zu bestimmen.</p>
<span class="absatzRechts">182</span><p class="absatzLinks">Derartige wirtschaftliche Nachteile könnten sich aus § 11 des Franchise-Vertrages ergeben, der die
Franchise-Gebühren regelt. Der Prozentsatz des Bruttoumsatzes, von dem die Franchise-Gebühren zu zahlen sind,
richtet sich nach § 11 Ziffer 1.2 des Vertrages nach dem "Rohgewinn". Dieser Rohgewinn errechnet sich
jedoch nicht etwa nach der tatsächlichen Spanne zwischen Ein- und Verkaufspreisen, sondern nach den "empfohlenen
C2 Bruttoverkaufspreisen" einerseits und den "C2 Niederlassungspreisen" andererseits. Das bedeutet,
daß der Franchise-Nehmer, wenn er zu niedrigeren als den empfohlenen Preisen verkauft, eine relativ höhere
Franchise-Gebühr zu zahlen hat. Das Bundeskartellamt meint hierzu zwar in seiner bereits zitierten Stellungnahme,
es bleibe dem Vertragspartner gleichwohl überlassen, eine eigene unternehmerische Entscheidung dahin zu treffen,
bei Unterschreiten der empfohlenen Preise und der damit verbundenen relativen Steigerung der Gebühren, diese
Einbuße durch einen erhöhten Umsatz auszugleichen. Insofern handele es sich bei den Franchise-Gebühren
nur um einen Kostenfaktor, der wie andere Gestehungskosten von jedem Vertragspartner in seine eigene und freie Kalkulation
einbezogen werden müsse. Es ist richtig, daß dem Vertragspartner insoweit die unternehmerische Freiheit in der
Gestaltung des Preises verbleibt. Trotzdem ist festzustellen, daß in jedem Fall ein Nachteil verbleibt. Ohne Anwendung
dieser Bestimmung würde bei Umsatzsteigerungen ein größerer Gewinn verbleiben.</p>
<span class="absatzRechts">183</span><p class="absatzLinks">Ein weiterer Gesichtspunkt könnte für die Bindung des Franchise-Partners an den vorgegebenen empfohlenen
Verkaufpreis der Beklagten sprechen. Die Franchise-Partner sind sehr weitgehend in ihren Werbemaßnahmen
beschränkt. Nach § 5 Ziffer 2 stellt die Beklagte Werbekataloge, Prospekte, Rechnungsblocks sowie andere
Werbe- und Druckschriften zur Verfügung. Nach § 6 Ziffer 6 sind Werbemaßnahmen mit der Beklagten
abzustimmen. Der Franchise-Partner ist verpflichtet, insofern den Weisungen der Beklagten im Interesse eines gemeinsamen
Systemimages zu folgen. Diese vertraglichen Regelungen im Zusammenhang mit der Tatsache, daß die Programme der
Beklagten für die Franchise-Nehmer und die Endverbraucher aus den Jahren 1979 bis 1984/85 bis einschließlich
des Sommerprogramms 1982 keinen Hinweis auf irgendeine Preisempfehlung und in der Folgezeit lediglich auf der ersten
Seite einen kleinen Hinweis auf empfohlene Preise enthalten, sprechen zumindest für eine tatsächliche Bindung.
Dem Franchise-Partner würde praktisch die Möglichkeit genommen, zu höheren Preisen zu verkaufen, als zu
den Preisen, die in den dem Endverbraucher zugegangenen Programmen enthalten sind. Insoweit würde § 9 Abs. 1
des Franchise-Vertrages, demgemäß die C2 Bruttoverkaufspreise für den Franchise-Partner lediglich empfohlene
Verkaufspreise sein sollen, durch die tatsächliche Handhabung eingeschränkt.</p>
<span class="absatzRechts">184</span><p class="absatzLinks">Es kann jedoch dahingestellt bleiben, ob - wie die Beklagte behauptet - in der Praxis einzelne Franchise-Nehmer
besondere Preislisten für ihre Bedürfnisse bei der Beklagten haben erstellen lassen und Franchise-Nehmer
tatsächlich wiederholt von den unverbindlichen Preisempfehlungen der Beklagten abgewichen sind oder ob vielmehr -
wie die Klägerin behauptet - die Beklagte unmißverständlich deutlich gemacht habe, daß sie von allen
Franchise-Nehmern die strikte Einhaltung der empfohlenen Verkaufspreise verlange. Das Werbematerial ohne Hinweis auf eine
Unverbindlichkeit der Preisempfehlung als auch eine etwaige Einflußnahme auf strikte Einhaltung der empfohlenen
Verkaufspreise, könnten eine Durchsetzung höherer Preise zwar praktisch vereiteln. Es würde sich hierbei
jedoch um außervertragliche Momente handeln, die bei der Beurteilung der Wirksamkeit des Vertrages aus dem
Gesichtspunkt des § 15 GWB außer Betracht zu bleiben haben. Die Berechnung der Franchise-Gebühr, die zur
Folge hat, daß bei Unterschreitung der Preise die Gewinnspanne negativ beeinflußt würde, ist für sich
allein gesehen nicht so gravierend, daß hieraus eine Preisbindung hergeleitet werden könnte. Dies könnte
zwar im Zusammenhang mit einer außervertraglichen Einflußnahme auf strikte Einhaltung der Preise angenommen
werden, sie wäre dann jedoch nicht Ergebnis einer aus dem Franchise-Vertrag resultierenden Bindung, sondern eines
tatsächlichen Verhaltens der Beklagten. Ein solches tatsächliches, außerhalb des Vertrages liegendes
Verhalten ist jedoch nicht geeignet, die Nichtigkeit des Vertrages oder einzelner Vorschriften zu bewirken .</p>
<span class="absatzRechts">185</span><p class="absatzLinks">Die fehlende Kennzeichnung der Preisempfehlung als unverbindlich in den Programmen der Beklagten stellt zwar einen
Verstoß gegen § 38 a GWB dar, der jedoch bei den hier interessierenden Voraussetzungen des § 15 GWB
nicht zu berücksichtigen ist.</p>
<span class="absatzRechts">186</span><p class="absatzLinks">Der Franchise-Vertrag ist nach <u>§ 138 BGB</u> wegen <u>sittenwidriger</u> <u>Knebelung</u> des Franchise-Partners
<u>unwirksam.</u> Die Kammer schließt sich der Beurteilung in der bereits zitierten Entscheidung des Landgerichts
Wuppertal an. Der Vertrag enthält bedenkliche Einzelbestimmungen, die im Zusammenhang mit der Vorerwerbsregelung des
§ 15 des Vertrages den Franchise-Partner in derart unangemessener Weise benachteiligen und seine wirtschaftliche
Bewegungsfreiheit in einem Maße einengen, daß das gesamte Vertragswerk als gegen die guten Sitten verstoßend
anzusehen ist. Die Beklagte hat bei der Vertragsgestaltung - wie das Landgericht Wuppertal zutreffend ausgeführt hat -
die Interessen des Franchise-Partners völlig außer acht gelassen und unter Ausnutzung ihrer wirtschaftlich
stärkeren Stellung bei der Vertragsgestaltung um jeden Preis den eigenen Vorteil gesucht.</p>
<span class="absatzRechts">187</span><p class="absatzLinks">Im einzelnen:</p>
<span class="absatzRechts">188</span><p class="absatzLinks">Eine erhebliche Einschränkung der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit des Franchise-Partners enthält
die unter § <u>4 Nr. 2 FV</u> getroffene Regelung, die den Franchise-Nehmer verpflichtet, sein Unternehmen in der
Rechtsform einer Einzelfirma zu betreiben. Die Gründung einer Personenhandels- oder einer Kapitalgesellschaft wird
von der Zustimmung der Beklagten abhängig gemacht, die diese nach den Unterpunkten 2.1 bis <u>2.3</u>
regelmäßig nur erteilt, wenn der Franchise-Partner nächste Familienangehörige oder den Ehegatten
in die Gesellschaft aufnimmt und selbst als alleinvertretungsberechtigter gesetzlicher Vertreter die
Geschäftstätigkeit der Gesellschaft kontrolliert. Die Beklagte hat zwar zutreffend auf den personenbezogenen
Charakter des Franchise-Systems hingewiesen. Daraus folgt ein Interesse an der Beibehaltung der personellen
Verhältnisse auf Seiten der Franchise-Partner. Dies führt jedoch zu einem Interessengegensatz zu dem
Franchise-Partner als selbständigem Unternehmer, dem seine personelle Entscheidungsfreiheit nicht genommen werden
darf. Wie das Oberlandesgericht Zweibrücken zutreffend ausgeführt hat, darf eine Lösung dieses
Interessengegensatzes nicht allein den Belangen der Beklagten Rechnung tragen. Selbst wenn man daher ein berechtigtes
Interesse der Beklagten an der Beibehaltung der personellen Verhältnisse und der Beibehaltung der einmal
begründeten persönlichen Haftung des Franchise-Partners bejaht, erscheint die Einschränkung (§ 4
Ziffer 2.2), daß keine Dritten, sondern lediglich Ehegatten und/oder Familienangehörige <u>ersten Grades</u>
an der Gesellschaft beteiligt sein sollen, nicht durch irgendwelche Interessen der Beklagten gerechtfertigt. Der
Franchise-Partner wird vielmehr erheblich in seiner Möglichkeit, anderweit Kapital aufzunehmen, eingeschränkt.
Bedenklich erscheint auch die weitere Vorschrift des <u>§ 4 Ziff. 4</u>. dergemäß die Beklagte die
Zustimmung widerrufen kann, wenn sie "Anlaß zu der Annahme" hat, daß die Gesellschaft in
persönlicher, kaufmännischer und finanzieller Weise Verpflichtungen aus diesem Vertrag "nicht
ordnungsgemäß" erfüllen werde. Diese Klausel ist zu weit und unscharf gefaßt. Selbst wenn im
Rahmen einer nachfolgenden gerichtlichen Entscheidung eine interessengerechte Auslegung erfolgen würde, könnten
schon nicht mehr rückgängig zu machende Konsequenzen eingetreten sein. In diesem Zusammenhang ist auch zu sehen,
daß die Beklagte, falls der Franchise-Partner dem Widerruf der Zustimmung nicht schnellstens durch Auflösung
der Gesellschaft Folge leistet, nach Abmahnung zur Kündigung des Vertrages berechtigt wird (§ 14 Ziffer 1.2.2
FV). Im Zusammenhang mit der unten noch zu erörternden Vorerwerbsregelung des § 15 FV verlöre damit der
Franchise-Partner die wesentlichen Grundlagen seiner Existenz.</p>
<span class="absatzRechts">189</span><p class="absatzLinks">Die Bestimmung des <u>§ 6.1 FV</u> dergemäß der Franchise-Partner verpflichtet ist, die in Anlage D
zu den Vertrag genannten Mindestumsätze zu erbringen, erhält durch die an das Nichterreichen geknüpfter.
Folgerungen knebelnde Wirkung. Der Beklagten ist einzuräumen, daß in den vier der Kammer zur Entscheidung
vorliegenden Fällen – S, M, W, und Q - nur im Falle Q die Umsatzvorgaben nicht erreicht wurden, während
die anderen Franchise-Partner die Umsatzvorgaben zum Teil überschritten haben. Alle vier Franchise-Partner
scheiterten allerdings; hohe Überschuldung bzw. Konkurs führten zur Vertragsbeendigung. Die hohen Umsatzvorgaben
im Zusammenhang mit der Kündigungsmöglichkeit und der sich daran anknüpfenden Vorerwerbsregelung stellen
eine Knebelung des Franchise-Partners dar. Liegt nämlich der Franchise-Partner in einem Kalenderjahr mit 20 % oder
mehr unter dem Mindestumsatz, so ist die Beklagte berechtigt, mit einer Frist von vier Wochen das Vertragsverhältnis
zum 30. April des nachfolgenden Kalenderjahres zu kündigen; im günstigsten Fall verbleibt daher ein Zeitraum
von vier Monaten nach dem Jahresende bis zur Vertragsbeendigung. Die weiteren Konsequenzen ergeben sich aus dem § 15
FV über die Vertragsbeendigung und -abwicklung, die den Franchise-Partner in völlig unangemessener Weise
benachteiligen.</p>
<span class="absatzRechts">190</span><p class="absatzLinks">Entscheidend für die Beurteilung des Vertrages als sittenwidrig ist die in dieser Bestimmung begründete
<u>Möglichkeit</u> der Knebelung des Vertragspartners.</p>
<span class="absatzRechts">191</span><p class="absatzLinks">Die tatsächliche Handhabung beweist, daß den Franchise-Nehmern unrealistische - auf einer Fehleinschätzung
beruhende - Umsatzvorgaben gemacht wurden.</p>
<span class="absatzRechts">192</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist zum Beispiel in der Sache N bei der Errechnung der Umsatzvorgaben von Werten ausgegangen, die im
Jahre 1973 auf Landesebene (Baden-Württemberg) und bundesweit stichprobenweise ermittelt wurden, und zwar der
prozentuale Anteil an Tiefkühltruhen in Haushalten von 1, 2, 3 4 sowie 5 und mehr Personen. Sie hat auf Grund dessen
die Gesamtzahlen an Kundenpotential getrennt nach Land- und Stadtkreisen ermittelt. Sie ist bei Landkreisen von einer
15%igen Durchdringung und bei Stadtkreisen von einer 7,5 %igen Marktdurchdringung ausgegangen und hat auf diese Weise
23.660 Kunden ermittelt und den von M mit diesen Kunden zu verwirklichenden Umsatz mit 16.568.300,-- DM bezeichnet.
Daraus folgt, daß sie von einem durchschnittlichen Jahresumsatz pro Kunde von 700,-- DM ausgegangen ist. Es kann
dahingestellt bleiben, ob dieser Jahresumsatz im Jahre 1973 realistisch gewesen ist. Er war es jedenfalls nicht mehr
während der Laufzeit der den Gericht vorliegenden Franchise-Verträge in Sachen T, M, Q und W. Aus den von der
Beklagten selbst erstellten Unterlagen geht hervor, daß ein derartiger Jahresumsatz pro Kunde nicht erzielbar war.
Während der durchschnittliche Jahresumsatz 1980 noch bei 542,16 DM lag, ergab sich in den folgenden Jahren ein
ständiger Rückgang; im Jahre 1984 betrug der Durchschnittsumsatz 435,48 DM. In keinem der Kammer vorliegenden
Fälle wurde ein höherer Durchschnittsumsatz erzielt. Damit sind die Umsatzvorgaben schon im Ansatz falsch. Die
Umsatzvorgabe von 700,-- DM pro Kunde liegt um 265,-- DM höher als der tatsächlich erzielbare Umsatz im Jahre
1984. Dies würde bei einer Rohgewinnspanne von etwa 30 % einen höheren Rohgewinn pro Kunde in Höhe von
etwa 90,-- DM im Jahr ergeben. Diese Berechnung kann jedoch vernachlässigt werden, weil sie utopisch ist. Die
Belastung des Franchise-Partners ergibt sich aus folgender Überlegung: Wenn ein Kunde nicht 700,-- DM
Jahresdurchschnittsumsatz erbringt, sondern nur 435,-- DM, muß das Jahresumsatzsoll mit einer größeren
Anzahl an Kunden erzielt werden. Dies erfordert die Anschaffung weiterer Tiefkühl-Lkw's und Einstellung weiterer
Fahrer mit den entsprechenden Folgekosten. Dies sei an einem Beispiel erläutert: Nach den unrealistischen Vorgaben
der Beklagten hätte ein Umsatz von 700.000,-- DM mit 1.000 Kunden erzielt werden können. Tatsächlich
waren ca. 1.600 Kunden bei einem Jahresdurchschnittsumsatz von 435,-- DM erforderlich, um diesen Umsatz von 700.000,-- DM
zu erzielen. Aus einer vorgelegten Unterlage der Beklagten geht hervor, daß diese es für erforderlich hält,
daß für etwa 550 bis 600 Kunden ein Tiefkühl-Lkw mit Fahrer zur Verfügung steht. Legt man diese Zahl
zugrunde, würden zur Erzielung eines Umsatzes von 700.000,-- DM bei einem -unrealistischen - Jahresdurchschnittsumsatz
pro Kunde von 700,-- DM zwei Tiefkühl-Lkw's und zwei Fahrer notwendig sein, bei dem tatsächlich erzielbaren
Jahresdurchschnittsumsatz von 435,-- DM jedoch drei Tiefkühl-Lkw's und drei Fahrer, also <u>um 50 %</u> erhöhte
Investitionen.</p>
<span class="absatzRechts">193</span><p class="absatzLinks">§ <u>15 FV</u>, der die Vertragsbeendigung und -abwicklung regelt, stellt eine - wie schon das Oberlandesgericht
Zweibrücken hervorgehoben hat -" ganz einseitig und in nahezu unerträglicher Weise belastende Regelung"
für den Franchise-Partner dar. Nach § 15 Ziffer 1.1 FV ist die Beklagte bei Vertragsbeendigung berechtigt, nach
ihrer Wahl entweder den gesamten Betrieb oder einzelne Aktiva und Passiva einschließlich etwaig bestehender
Verträge im Zusammenhang mit dem Betrieb zu übernehmen. "Art und Umfang der zu übernehmenden Aktiva
und Passiva nebst Verträgen steht im Ermessen von C2". Die Beklagte hat danach die Möglichkeit lediglich
die ihr vorteilhaft erscheinenden Bestandteile des Betriebes zu übernehmen, während dem Franchise-Partner
einzelne, auch im Hinblick auf das an die Übernahme durch die Beklagte geknüpfte Wettbewerbsverbot nicht mehr
verwertbare Teile verbleibe. Die Beklagte hat sich auch tatsächlich in den der Kammer zur Entscheidung vorliegenden
Fällen - T, N, Q und W - entsprechend den in dieser Bestimmung liegenden Möglichkeit verhalten.</p>
<span class="absatzRechts">194</span><p class="absatzLinks">In der vorliegenden Sache hat sie sich die komplette Kundenliste aushändigen lassen und zunächst den
Lkw-Bestand übernommen sowie das Tiefkühllager angemietet und die Verträge mit den Verkaufsfahrern
übernommen. Sie hat nach wenigen Tagen die Mietverträge fristlos gekündigt und die Lkw's wieder zur
Verfügung gestellt, wobei sie geltend macht, hierzu durch Sicherungsübereignungen bzw. Pfändungen
gezwungen gewesen zu sein. Sie hat letztlich nur die für sie interessanten Teile, den Kundenstamm und die
Verkaufsfahrer, übernommen. In der Sache Q hat sie darüber hinaus die Tiefkühlzelle und die
Tiefkühlfahrzeuge übernommen.</p>
<span class="absatzRechts">195</span><p class="absatzLinks">In keinem Fall wurde von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, den gesamten Betrieb zu übernehmen. Der
Restbestand - Grundstück, Lagerräume und Verkaufsfahrzeuge (außer im Falle Q) -verblieben bei dem
Franchise-Partner. Sie sind, weil sie speziell auf den Vertrieb von Tiefkühlprodukten angelegt sind, kaum anders
nutzbar und können -falls nicht wie in den Fällen- S, M, Q und W unter Berufung auf die Nichtigkeit des
Franchise-Vertrages versucht wird, den gesamten Betrieb an ein Konkurrenzunternehmen zu veräußern - unter
Umständen nur mit Verlust veräußert werden. In allen dem Gericht bekannten Fällen waren die
Franchise-Partner bei Vertragsende mit enorm hohen Verbindlichkeiten belastet, die im wesentlichen im Laufe des
Franchise-Verhältnisses entstanden sind. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, daß sämtliche
Investitionen von dem Franchise-Partner zu erbringen waren. Der Franchise-Partner hat nach § 6 Ziffer 2 des Vertrages
dafür Sorge zu tragen, daß zu Vertragsbeginn und für die Dauer des Vertrages nach Maßgabe der jeweils
gültigen Franchise-Richtlinien auf seine Kosten Tiefkühllagermöglichkeiten und Büroräume,
spezielle Tiefkühlfahrzeuge sowie alle mit der Lagerung von Eiskrem und Tiefkühlspezialitäten und deren
Vertrieb erforderlichen Ausstattungen und Einrichtungen sowie Betriebsmittel funktionstüchtig und in einwandfrei
gepflegtem Zustand zur Verfügung standen. Darüber hinaus hat der Franchise-Partner unter Einsatz seiner
Arbeitskraft und Aufbringung der laufenden Aufwendungen unter anderem für Personal und Kraftfahrzeugunterhaltung
den Kundenstamm aufgebaut, der das wertvollste Ergebnis seiner Tätigkeit ist, ohne daß er hierfür einen
angemessenen Ausgleich erhält.</p>
<span class="absatzRechts">196</span><p class="absatzLinks">In unerträglicher Weise benachteiligt ist auch die Entgeltsregelung für den Fall der Ausübung des
Vorerwerbsrechts. Die Beklagte ist für den Fall, daß sie einzelne Teile des Unternehmens übernimmt nur
verpflichtet, ein Entgelt zu zahlen, daß sich nach ertragssteuerlichen Grundsätzen richtet, das bedeutet
zunächst, daß der Vertrag - jedenfalls nach seinem Wortlaut, nach dem sich die Auslegung zu richten hat -
für Unternehmensbestandteile, die in einer Ertragssteuerbilanz nicht ansatzfähig sind, überhaupt keinen
Wertansatz vorsieht. Dies gilt in erster Linie für den wertvollen Kundenstamm, den der Franchise-Partner aufgebaut
hat und darüber hinaus in geringerem Maße auch für das übernommene Verkaufspersonal, das im
Vertragsgebiet eingeführt ist und die Kontinuität der Belieferung des Kundenstammes mitgewährleistet.
Die Beklagte kann im übrigen wertvolle Unternehmensteile einschließlich der stillen Reserven - wie das
Landgericht Wuppertal zutreffend ausgeführt hat - zu Bedingungen übernehmen, die ihr von Dritten, mit denen
sie nicht in vertraglichen Beziehungen steht, kaum eingeräumt würden.</p>
<span class="absatzRechts">197</span><p class="absatzLinks">Die Entgeltregelung in § 15 Ziffer 1.7 FV betrifft nach dem Wortlaut des Vertrages die Gegenleistung für ein
zweijähriges Wettbewerbsverbot, das an das Vorerwerbsrecht geknüpft ist. Dieses soll 50 % des ertragssteuerlichen
Jahresüberschusses des letzten vollen Geschäftsjahres vor Vertragsbeendigung zuzüglich 5 % des
Jahresumsatzes des letzten vollen Geschäftsjahres laut ertragssteuerlicher Gewinn- und Verlustrechnung betragen.
Ein Gewinn dürfte in der Aufbauphase kaum anfallen und ist auch tatsächlich in allen der Kammer zur Entscheidung
vorliegenden Fällen in dem letzten Jahr vor Vertragsbeendigung nicht entstanden. Damit ist dieser Teil der
Entschädigungsregelung praktisch bedeutungslos. 5 % des Jahresumsatzes würden im Fall der Klägerin einer
Karenzentschädigung von ca. 460.000,-- DM entsprechen. Eine derartige Karenzentschädigung wäre unangemessen,
wenn sie gleichzeitig -unausgesprochen - eine Abfindung für den Kundenstamm bedeuten würde. Der eigentliche
Franchise-Vertrag (abgesehen von dem Wechselkreditvertrag) enthält <u>keine Regelung</u> für den Übergang
des <u>Kundenstammes</u>. Er wird auch nicht von den etwa zu übernehmenden "Aktiva und Passiva" erfaßt,
weil er -abgesehen von einem etwa gegen Entgelt bei Vertragsbeginn übernommenen Kundenstamm - nicht zu aktivieren
ist. Der Franchise-Partner verliert den Kundenstamm infolge des Wettbewerbsverbotes, das bei Ausübung des
Vorerwerbsrechts in Kraft tritt. Dadurch, daß der Franchise-Partner durch das Wettbewerbsverbot gehindert ist, seine
bisherigen Kunden weiter zu betreuen und zu beliefern, verliert er diese, und zwar schon - insoweit sind die Parteien
einig - innerhalb von Tagen oder wenigen Wochen. Die Beklagte kann, da sie einen Anspruch auf Herausgabe der Informationen
über den Kundenstamm hat, diesen ungehindert übernehmen und für sich nutzen.</p>
<span class="absatzRechts">198</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat hierzu vorgetragen, die Ausübung des Vorerwerbsrechts stelle rechtlich einen Unternehmenskauf dar,
der sowohl dann vorliege, wenn die Übernahme eines handelsrechtlichen Gesamthandvermögens gewollt sei als auch
dann, wenn die Übernahme von nur einzelnen Aktiva und Passiva gewollt sei. Die Gegenleistung sei aus Gründen
einer steueroptimalen Gestaltung in das Entgelt für das Wettbewerbsverbot einbezogen worden. Der Vereinbarung kann
ein derartiger Sinn nicht gegeben werden, weil dieser durch den Wortlaut des Vertrages nicht gedeckt ist, sondern eine
hiervon völlig abweichende Vereinbarung darstellen würde. Der Vertrag regelt weder den Übergang des
Kundenstammes noch eine hierfür zu zahlende Vergütung. Der Vertrag enthält insoweit eine <u>Lücke</u>.
Vereinbarungen der Vertragspartner zur Ergänzung hätten der Schriftform bedurft.</p>
<span class="absatzRechts">199</span><p class="absatzLinks">Bei Übernahme hätte die Beklagte daher den vollen Wert des Kunden zu vergüten, bei dessen Ermittlung nach
verschiedenen Methoden vorgegangen werden Kann. Es kann nach Erfahrungssätzen der Aufwand an Betriebsmitteln und
Personalkosten ermittelt werden, die notwendig sind, um einen Kunden zu werben, der künftig regelmäßig
jährlich einen bestimmten Umsatz macht. Es können die Gesamtinvestitionen herangezogen werden, die die
Klägerin gehabt hat, um den Kundenstamm aufzubauen. Der Wert des Kunden kann schließlich auf der Grundlage
des von ihm zu erwartenden Umsatzes und des daraus resultierenden Gewinns bewertet werden.</p>
<span class="absatzRechts">200</span><p class="absatzLinks">Eine unangemessene Benachteiligung des Franchise-Partners ergibt sich weiterhin aus § 15 Ziffer 1.9. Das
Vorwerbsrecht kann danach im Falle der ordentlichen Kündigung nach § 14 des Vertrages spätestens 6 Wochen
vor Vertragsbeendigung und im Falle einer fristlosen Kündigung innerhalb von zwei Wochen <u>nach</u> Ausspruch der
Kündigung ausgesprochen werden. Der Franchise-Partner weiß daher im Fall der ordentlichen Kündigung im
ungünstigsten Fall erst 6 Wochen vor Vertragsbeendigung, wie sich seine künftige geschäftliche Existenz
gestalten wird. Wird ein Vorerwerbsrecht ausgeübt, muß er sich innerhalb kürzester Zeit darauf einstellen,
eine völlig neue geschäftliche Existenz zu gründen, im Falle einer Kündigung aus wichtigem Grund bleibt
er noch zwei Wochen nach Vertragschluß darüber im Ungewissen. Auch diese völlig unerträgliche Regelung
trägt zur Beurteilung des Vertrages als sittenwidrig bei, es kann daher die Frage dahingestellt bleiben, ob die
für den Fall des Handelsvertreters in § 90 a II HGB getroffene Regelung entsprechend anzuwenden wäre.
Dies würde bedeuten, daß ein bedingtes Wettbewerbsverbot, wie es der Franchise-Vertrag vorsieht unwirksam
wäre (§ 90 a IV HGB). Der Unternehmer kann danach nur für die Zukunft und mit einer Frist von 6 Monaten
auf ein Wettbewerbsverbot verzichten. Der Unternehmer kann sich dagegen nicht im Vertrag vorbehalten, ob er von dem
Wettbewerbsverbot Gebrauch macht oder nicht.</p>
<span class="absatzRechts">201</span><p class="absatzLinks">Ergänzend ist noch festzustellen, daß das Wettbewerbsverbot, falls es im übrigen wirksam wäre,
jedenfalls eine unzulässig lange Zeitdauer vorsieht. Diese wäre allerdings im Wege der ergänzenden
Vertragsauslegung auf ein angemessenes Maß zu reduzieren. Eine unangemessen lange Dauer würde für sich
allein gesehen daher die Wettbewerbsabrede nicht unwirksam machen. Ein zweijähriges Wettbewerbsverbot ist zwar nicht
grundsätzlich unzulässig (§ 90 a I HGB), seine Länge ist jedoch unter Berücksichtigung der
beiderseitigen Interessen der Vertragspartner zu bestimmen. Wie das Landgericht Wuppertal zutreffend ausgeführt hat,
ist den Interessen der Beklagten hier mit einem Wettbewerbsverbot von der Dauer von höchstens einem Jahr genüge
getan. Die Beklagte hat die Möglichkeit, durch den Wegfall des Franchise-Partners in das von diesem erschlossene
Verkaufsgebiet einzudringen und im Zeitraum von einem Jahr eine Stellung aufzubauen, die für den ehemaligen
Franchise-Partner unangreifbar ist. Dies ergibt sich schon aus der unstreitigen Tatsache, daß der Kundenstamm für
den Franchise-Partner verloren ist, wenn dieser von ihm auch nur kurze Zeit nicht beliefert wird.</p>
<span class="absatzRechts">202</span><p class="absatzLinks">Die Sittenwidrigkeit folgt auch aus einem <u>auffälligen Mißverhältnis </u>zwischen <u>Leistung</u> und
<u>Gegenleistung</u>.</p>
<span class="absatzRechts">203</span><p class="absatzLinks">Der Franchise-Partner trägt das volle unternehmerische Risiko. Er hat - wie dargelegt - auf seine Kosten
Tiefkühllagermöglichkeiten, Büroräume, Spezialtiefkühlfahrzeuge sowie alle erforderliche
Ausstattungen und Einrichtungen sowie Betriebsmittel zur Verfügung zu stellen. Er trägt das Risiko von Verlusten
und haftet persönlich und unbeschränkbar. Eine unternehmerische Entscheidungsfreiheit besitzt der Franchise-Nehmer
dagegen fast nicht. Zu der Gründung einer Kapital- oder Handelsgesellschaft bedarf er der Zustimmung, die
regelmäßig nur erteilt wird, wenn Ehegatten oder Familienangehörige <u>ersten Grades</u> beteiligt werden
sollen. Er ist dadurch an der Kapitalaufnahme durch Beteiligung Dritter behindert. Der zu erzielende Umsatz ist ihm
vorgegeben. Er muß - wie oben dargelegt - erhebliche Umsatzsteigerungen erzielen, ohne daß er die Möglichkeit
hat, die Umsatzsteigerungen der individuellen finanziellen Verhältnisse seines Unternehmens anzupassen, denn bei
einem Unterschreiten der Mindestumsätze um 20 % muß er mit einer Kündigung und mit an die Vorerwerbsregelung
geknüpften praktischen Verlust seines Betriebes rechnen. Er wird sich daher in jedem Fall bemühen, die
Umsatzsteigerungen zu erreichen, um dieses Ergebnis zu verhindern, auch wenn durch die damit verbundenen Investitionen
seine finanziellen Möglichkeiten überfordert werden.</p>
<span class="absatzRechts">204</span><p class="absatzLinks">Er hat praktisch keine Möglichkeit, die <u>Rohgewinnmarge</u> selbst zu bestimmen. Die Beklagte bestimmt die
Einkaufspreise und praktisch im Ergebnis weitgehend die Verkaufspreise. Die Einkaufspreise sind in § 5 Ziffer 2
geregelt. Es wird der Eindruck erweckt, daß der Einkauf bei C2 zu günstigeren Preisen erfolgen könne,
denn es heißt: "Es ist das Ziel von C2, die für einen jeden C2 Franchise-Betrieb notwendigen Produkte und
Leistungen zentral einzukaufen bzw. anzubieten. Hierdurch werden Einkaufsvorteile gegenüber dem freien Markt für
alle Partner erreicht ...". Es heißt weiter, daß C2 den Franchise-Partner zu denselben Preisen und
Bedingungen beliefern wird, wie die firmeneigenen Niederlassungen. Hinsichtlich dieser C2 Niederlassungspreise wird
ausgeführt, daß C2 sich bei der Festlegung von Wirtschaftlichkeitsgesichten leiten lassen wird. Frachtkosten
sind gesondert zu zahlen. Es kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß es sich bei diesen
Niederlassungspreisen um für den Franchise-Partner günstige Preise handelt. Die Niederlassungen brauchen keine
Franchise-Gebühr zu zahlen und können daher anders kalkulieren; darüber hinaus würden
überhöhte Niederlassungspreise für die Beklagte lediglich eine Gewinnverschiebung zur Muttergesellschaft
bedeuten.</p>
<span class="absatzRechts">205</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich der Verkaufspreise wird auf die Ausführungen zu § 15 GWB Bezug genommen. Ein überschreiten
der empfohlenen Verkaufspreise, auch wenn diese den Zusatz "unverbindlich" tragen, dürfte praktisch kaum
durchsetzbar sein, während ein Unterschreiten Nachteile zur Folge hat, weil die Franchise-Gebühr nicht von dem
tatsächlich erzielten, sondern von dem empfohlenen Verkaufspreis berechnet wird.</p>
<span class="absatzRechts">206</span><p class="absatzLinks">Die Einschätzung, daß die Beklagte faktisch die Rohgewinnmarge bestimmt, wird bestätigt durch das eigene
Schreiben der Beklagten vom 1.3.1983, in dem es u.a. heißt:</p>
<span class="absatzRechts">207</span><p class="absatzLinks">"Als Anlage erhalten Sie eine Vorabinformation über die ab 1.3.1983 gültigen Rohgewinne je Artikel,
auf Grund der gefällten Marketing-Entscheidung, die Verkaufspreise gegenüber dem bestehenden Winterprogramm
nicht zu verändern, haben sich die Rohgewinnsätze verschoben ...".</p>
<span class="absatzRechts">208</span><p class="absatzLinks">Der Franchise-Partner unterliegt darüber hinaus weitgehenden Kontrollen. Er muß innerhalb von vier Monaten
nach Ende des Geschäftsjahres die testierte Jahresbilanz einschließlich Gewinn- und Verlustrechnung seines
Betriebs abschriftlich zur Verfügung stellen. Bleibt der Franchise-Partner mit einer Zahlung nach schriftlicher
Mahnung durch Einschreiben gegen Rückschein und Hinweis auf die nachfolgenden Befugnisse länger als 14 Tage
weiterhin in Verzug, ist C2 berechtigt, in den Geschäftsräumen des Franchise-Partners eine Kassen- und
Buchprüfung vorzunehmen.</p>
<span class="absatzRechts">209</span><p class="absatzLinks">Die Gegenleistungen der Beklagten treten demgegenüber - wie das Landgericht Wuppertal zutreffend ausgeführt
hat - völlig in den Hintergrund. Die Beklagte stellt ein Vertragsgebiet zur Verfügung, in dem jedoch der
Kundenstamm erst noch aufzubauen ist. Die Leistung der Beklagten bestand darin, in dem Vertragsgebiet nicht selbst
tätig zu werden und nicht andere Franchise-Partner dort einzusetzen. Sie stellt den Markennamen und das know-how
des Vertriebs zur Verfügung. Das Markenzeichen wird aber zugleich durch die Aufbautätigkeit des Franchise-Partners
in seinem Bekanntheitsgrad gefördert. Die Beklagte stellt schließlich ihr Einkaufssystem zur Verfügung, das
für den Franchise-Partner organisatorische Einkaufsvorteile bietet; er kann sämtliche Bestellungen bei einem
Partner aufgeben, der jederzeit auch für kleine Bestellmengen lieferbereit ist. Die Preisgestaltung bot keinen Vorteil;
es wurden im Gegenteil - wie unten noch darzulegen sein wird -überhöhte Preise verlangt. Darüber hinaus
werden durchsetzbare Rechte kaum begründet. Die Beratungsleistungen betreffen alle mit dem optimalen Aufbau eines
Tiefkühlheimdienstes durch das C2-System und bei seiner Durchführung auftretende Fragen, insbesondere bei</p>
<span class="absatzRechts">210</span><p class="absatzLinks">- Errichtung und Ausstattung des Tiefkühllagers</p>
<span class="absatzRechts">211</span><p class="absatzLinks">- Aufbau und Organisation der Verwaltung</p>
<span class="absatzRechts">212</span><p class="absatzLinks">- Einrichtung und Ausstattung des Verkaufsbüros</p>
<span class="absatzRechts">213</span><p class="absatzLinks">- Einstellung und Schulungen der C2-Verkäufer mit Stellenbeschreibungen nach dem C2-System</p>
<span class="absatzRechts">214</span><p class="absatzLinks">- Ankauf und Ausstattung der Spezialtiefkühlfahrzeuge und deren Aufbau etc., ferner in der Beratung in
betriebswirtschaftlichen und steuerlichen Fragen sowie Versicherungsangelegenheiten.</p>
<span class="absatzRechts">215</span><p class="absatzLinks">Es bleibt nach § 5 Ziffer 1 jedoch überlassen, wo und durch wen die Beratung erteilt wird. Alle sonstigen
Beratungen und Leistungen bedürfen nach § 5 Ziffer 6 einer besonderen Vereinbarung einschließlich der
jeweils festzusetzenden Vergütungen, zum Beispiel Nachweis bzw. Beschaffung von gewerblichen Räumen, Beschaffung
von Urlaubsvertretungen, Beschaffung von Personal im Krankheitsfalle etc. sowie bei der Anschaffung von
Tiefkühllägern und Lagereinrichtungen, von Tiefkühlfahrzeugen, deren Aufbauten und Ausstattung, wobei
nicht erkennbar ist, wo die Grenze zu den nach § 5 Ziffer 1 des Vertrages zu erbringenden Beratungsleistungen liegt.</p>
<span class="absatzRechts">216</span><p class="absatzLinks">Eine einseitige Benachteiligung des Franchise-Nehmers zeigt sich schließlich auch bei der Regelung der
Kündigungsmöglichkeiten. Während die Beklagte das Vertragsverhältnis schon bei einem
verhältnismäßig geringfügigen Zahlungsverzug des Franchise-Partners kündigen kann, steht diesem
ein Kündigungsrecht wegen Lieferverzuges der Klägerin nur nach vorheriger Abmahnung und darüber hinaus
nur dann zu, wenn die Klägerin "mit mehr als einer kompletten Warengruppe (ihrer) Lieferpflicht innerhalb von
vier Wochen nicht nachkommt" (§ 14 Ziffer 2.2.2). Für den Fall der Schlechtlieferung kann der
Franchise-Partner nach Ziffer 2.2.3 erst nach vorheriger Abmahnung und nur dann kündigen, wenn die Klägerin
"mehrfach schuldhaft Ware erheblich geminderter Qualität liefert und die Schlechtlieferung nicht auf bloße
leichte Fahrlässigkeit zurückzuführen ist". Lediglich im Falle des Franchise-Partners M ist diese
Bestimmung geändert worden und zwar dahin, daß die Kündigungsmöglichkeit nicht erst dann eintritt,
wenn die Beklagte mit einer "kompletten Warengruppe" ihrer Lieferpflicht nicht nachkommt, sondern schon dann,
wenn diese mit mehr als 20 % ihrer Warengruppe ihrer Lieferpflicht nicht nachkommt.</p>
<span class="absatzRechts">217</span><p class="absatzLinks">Insgesamt ist festzustellen, daß der Franchise-Partner unter Einsatz seines Kapitals und seiner Arbeitskraft das
Vertriebssystem der Beklagten weiter ausbaut, einen Kundenstamm aufbaut mit der fast sicheren Gewißheit, daß ihm
bei Beendigung des Vertragsverhältnisses bei Ausübung des Vorerwerbsrechts durch die Beklagte das Ergebnis dieser
Aufbauarbeit verloren geht, während die Beklagte ohne eigene Investitionen und ohne eigenes Risiko - wie das
Landgericht Wuppertal ausgeführt hat - die wertvollen Unternehmensteile in ihr eigenes Unternehmen eingliedern kann,
um ihre eigene Marktstellung zu festigen und auszubauen.</p>
<span class="absatzRechts">218</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte wendet ein, bei der gebotenen interessengerechten Auslegung der Franchise-Verträge ergäbe sich
keine Benachteiligung der Franchise-Partner. Diese Ansicht mag zutreffen, wenn es nur um die Auslegung von einzelnen
Vorschriften geht. Der Bundesgerichtshof (WM 1984, 1537 (1538)) hatte sich auch nur mit der Regelung des
außerordentlichen Kündigungsrechtes im Rahmen eines Franchise-Vertrages zu befassen. Für eine
interessengerechte Auslegung ist jedoch dann kein Raum mehr, wenn - wie dargelegt - das Vertragswerk in seiner
Gesamtkonzeption auf eine Benachteiligung eines Vertragspartners angelegt ist. Die Beklagte wendet ferner ein, daß
die Klägerin ein erfahrener Kaufmann sei. Es fehlt daher eine konkrete Schutzbedürftigkeit, die für die
Reichweite der zulässigen Vertragsgestaltung eine maßgebliche Rolle spiele. Bei der Prüfung der Wirksamkeit
von Vereinbarungen, seien nicht die gleichen strengen Maßstäbe anzulegen wie im nicht kaufmännischen Verkehr.
Eine praktische kaufmännische Erfahrung besagt jedoch nichts darüber, ob jemand auch in der Lage wäre, ein
so kompliziertes Vertragswerk, wie den Franchise-Vertrag der Beklagten, in allen seinen Konsequenzen zu übersehen.
Wie schwierig die rechtliche Beurteilung mit ihren Auswirkungen ist, zeigen die Ergebnisse der verschiedenen Prozesse mit
ihren unterschiedlichen juristischen Bewertungen.</p>
<span class="absatzRechts">219</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte macht schließlich geltend, es sei zu berücksichtigen, daß die Interessen des Franchise-Gebers
und des Franchise-Partners in entscheidenden Punkten, insbesondere in Bezug auf den Absatz der Produkte an den
Endverbraucher, identisch seien. Diese gleich gerichteten Interessen sprächen für die Zulässigkeit der
zwischen den Parteien vereinbarten Vertragsgestaltung. Diese in Bezug auf den Absatz an Endverbraucher gleich gerichteten
Interessen schließen jedoch nicht aus, daß im Innenverhältnis zwischen den Vertragsparteien ein
Ungleichgewicht besteht, wie es oben im einzelnen dargestellt wurde.</p>
<span class="absatzRechts">220</span><p class="absatzLinks">Soweit sich die Beklagte im Hinblick auf das Vorerwerbsrecht darauf beruft, daß das Bestimmungsrecht nach billigem
Ermessen im Sinne des § 315 III BGB auszuüben sei, mit der Folge, daß die getroffene Bestimmung für
den anderen Teil nur verbindlich ist, wenn sie der Billigkeit entspricht, ist die Kammer mit dem Landgericht Wuppertal
der Auffassung, daß für die Anwendung dieser Vorschrift kein Raum ist, weil schon die Tatsache, daß
überhaupt einzelne Vermögensteile übernommen werden können und der Vorerwerb nicht auf die
Übernahme des gesamten Betriebes beschränkt ist, regelmäßig eine Betriebsstillegung zur Folge haben
wird. In dem zu entscheidenden Fall hat die Beklagte darüber hinaus zum Ausdruck gebracht, daß sie ihr
Vorerwerbsrecht nicht in billiger Weise auszuüben beabsichtige.</p>
<span class="absatzRechts">221</span><p class="absatzLinks">Sie hat letztlich nur den Kundenstamm und die Verkaufsfahrer übernommen. Das Oberlandesgericht Zweibrücken
hat darüber hinaus zutreffend darauf hingewiesen, daß die Einbeziehung des Rechtsgedankens aus § 315 BGB
zur Auslegung zu weit gefaßter vertraglicher Befugnisse schon vom Grundsatz her an der Unwirksamkeit etwa zu weit
gefaßter Klauseln nichts zu ändern vermöge (BGH WM 1984, 314; 1985, 127, 128). Denn die
<u>Einräumung</u> zu weitgehender und deswegen sittenwidriger vertraglicher Befugnisse verliere nicht deshalb ihre
Unangemessenheit, weil ihre <u>Ausübung</u> an die Einhaltung billigen Ermessens gebunden sei.</p>
<span class="absatzRechts">222</span><p class="absatzLinks">§ 16 des Vertrages sieht für den Fall der Unwirksamkeit einzelner Bestimmungen folgendes vor:</p>
<span class="absatzRechts">223</span><p class="absatzLinks">"Sollten einzelne Bestimmungen des Vertrages oder Teile von Bestimmungen, aus welchem Grunde auch immer, nichtig
oder rechtsunwirksam sein, so bleiben alle übrigen getroffenen Vereinbarungen davon unberührt. Im Zweifelsfalle
sind Formulierungen so auszulegen, daß sie rechtswirksam bleiben und dem angestrebten Ziel des Systems als
Gemeinschaft zwischen C2 und allen anderen Franchise-Partnern Rechnung tragen.</p>
<span class="absatzRechts">224</span><p class="absatzLinks">Gegebenenfalls werden die Parteien unwirksame Bestimmungen durch eine andere Regelung ersetzen, durch die der angestrebte
Zweck in rechtlich einwandfreier Weise erreicht werden kann."</p>
<span class="absatzRechts">225</span><p class="absatzLinks">Durch diese Klausel soll die gesetzliche Regel des § 139 BGB, demgemäß das ganze Rechtsgeschäft im
Zweifel nichtig ist, wenn ein Teil des Rechtsgeschäfts nichtig ist, abbedungen werden. Wie sowohl das Landgericht
Wuppertal als auch das Oberlandesgericht Zweibrücken zutreffend dargelegt haben, ist eine derartige salvatorische
Klausel einschränkend auszulegen und nicht anzuwenden, wenn Vertragsbestimmungen von grundlegender Bedeutung nichtig
sind. Wie oben dargelegt, knebelt der Franchise-Vertrag den Franchise-Nehmer nicht nur in einzelnen Bestimmungen, sondern
in seiner Gesamtkonzeption. Zur Aufrechterhaltung des Vertrages mit einem noch zulässigen Inhalt bedürfte es
nicht lediglich der Korrektur einzelner Bestimmungen. Einen billigenswerten Inhalt könnte das Vertragswerk - wie
das Oberlandesgericht Zweibrücken zutreffend dargelegt hat - vielmehr nur bei weitgehender Umgestaltung erlangen,
wobei zweifelhaft wäre, ob diese Umgestaltung vom Parteiwillen, insbesondere der Beklagten noch getragen würde.
Die Beklagte hat die Franchise-Vertrage hinsichtlich ihrer juristischen Auswirkungen - wie die Verträge von 1977,
1980 und 1981 zeigen - im Laufe der Jahre zum Nachteil der Franchise-Partner verändert. In dem Vertrag von 1977 (M)
ist die Zustimmung zu der Gründung einer neuen Firma mit eigener Rechtspersönlichkeit nicht beschränkt auf
die Beteiligung von Eheleuten und Verwandten ersten Grades; eine Widerrufsmöglichkeit ist nicht vorgesehen (§
13-3 FV). An. die Nichterreichung des Mindestumsatzes ist keine Kündigungsmöglichkeit geknüpft (§ 2.2
FV). Die Beklagte lieferte die Produkte zu Selbstkostenpreisen zuzüglich Fracht (§ 1.3 FV). Die
Franchise-Gebühr wurde nach dem tatsächlichen Umsatz berechnet (§ 8.1 FV). Eine Vorerwerbsregelung war
nicht vorgesehen. § 11.3 FV sah ein wechselseitiges Wettbewerbsverbot bei gleichen Bedingungen vor. Eine
Rückgängigmachung der von der Beklagten bewußt vorgenommenen Benachteiligungen der Franchise-Partner
würde daher kaum ihrem Willen entsprechen. Es ist daher davon auszugehen, daß das gesamte Vertragswerk trotz
einer Teilwirksamkeitsklausel nichtig ist.</p>
<span class="absatzRechts">226</span><p class="absatzLinks">Es bedarf - im Gegensatz zu der Auffassung der Beklagten - zur Feststellung der Unwirksamkeit auch nicht etwa weiterer
Klärung des Sachverhalts. Die vertraglichen Bestimmungen beinhalten - wie dargelegt - ein derartiges Ungleichgewicht
der gegenseitigen Rechte und Pflichten, daß dem Franchise-Partner eine eigene Entscheidungsfreiheit nicht verblieb.
Schon die <u>Möglichkeit</u>, daß die Beklagte von ihren weitgehenden Rechten Gebrauch machen könnte,
brachte den Franchise-Partner in einen unzumutbaren Zustand der Ungewißheit. Er mußte mit der Möglichkeit
einer Kündigung und damit dem Verlust seiner Existenz rechnen, wenn er den Weisungen der Beklagten nicht nachkam.
Selbst wenn die Beklagte in einzelnen Fällen Franchise-Gebühren reduzierte oder dem Franchise-Partner durch
Gebietaufteilungen entgegenkam oder bei Zahlungsrückständen nicht schon dann die Kündigung erklärte,
wenn es nach dem Vertrag möglich gewesen wäre, ist festzustellen, daß es jedenfalls nach der
Vertragsgestaltung im Belieben der Beklagten stand, ob sie von ihren Rechten Gebrauch machte oder nicht. Die rechtliche
Wirksamkeit kann daher nicht von der tatsächlichen Handhabung durch die Beklagte abhängen, dies insbesondere
nicht im Hinblick auf § 15 FV. Die Wirksamkeit des Vertrages würde dann von einem Verhalten der Beklagten bei
Vertragsende abhängen. Welche Folgen damit verbunden sind, zeigen die Rechtsstreite in den Fällen der
Franchise-Nehmers T und M die wegen der Berechtigung hinsichtlich des Kundenstamnes geführt werden bzw. wurden.
Die Wirksamkeit des Vertrages kann auch nicht etwa dadurch bewiesen werden, daß geprüft würde, ob
Franchise-Nehmer in anderen Fällen mit diesen vertraglichen Voraussetzungen erfolgreich gewesen seien, was zwischen
den Parteien streitig ist.</p>
<span class="absatzRechts">227</span><p class="absatzLinks">Es ist daher <u>festzustellen</u>, daß die mit den Gesellschaften des Herrn W abgeschlossenen
Franchise-Verträge unwirksam sind.</p>
<span class="absatzRechts">228</span><p class="absatzLinks">Die Folgen der <u>Nichtigkeit</u> treten <u>ex tunc</u> ein. Eine Nichtigkeit nach § 138 BGB ergreift
grundsätzlich rückwirkend das gesamte Vertragsverhältnis,. In Rechtsprechung und Lehre sind zwar zu
Dauerschuldverhältnissen in Gesellschafts- und Arbeitsrecht Grundsätze entwickelt worden, nach denen die
Unwirksamkeit des Vertrages nicht für die Vergangenheit geltend gemacht werden könne. Diese Grundsätze
können auf das hier vorliegende Franchise-Verhältnis nicht angewendet werden. Abgesehen davon, daß sie
entgegen der gesetzlichen Regelung entwickelt wurden und schon deshalb Bedenken gegen eine weitere Abweichung von der
gesetzlichen Regelung bestehen, liegt eine Rechtsähnlichkeit, die eine gleichartige Behandlung erfordern würde,
nicht vor. Die Notwendigkeit der rechtlichen Anerkennung eines tatsächlich geschaffenen Gemeinschaftsverhältnisses
lag darin begründet, daß bei einem später zu Tage tretenden Nichtigkeitsgrund nicht ohne weiteres der bis
dahin bestehende tatsächliche Zustand als nicht geschehen betrachtet werden konnte, weil dies zu unbefriedigenden
und unvertretbaren Folgerungen geführt haben würde.</p>
<span class="absatzRechts">229</span><p class="absatzLinks">Für <u>Gesellschaftsverhältnisse</u> wurde angenommen, daß die Nichtigkeitsfolgen des Bürgerlichen
Rechts wegen ihrer Rückwirkung auf den Abschluß des Rechtsgeschäfts im allgemeinen nicht passen, weil es
sich um eine auf Dauer angelegte und tatsächlich vollzogene Leistungsgemeinschaft handele, für die die
Beteiligten Beiträge erbracht und Werte geschaffen, die Gewinnchancen genutzt und vor allem gemeinschaftlich das
Risiko getragen haben. Diese tatsächlichen Verhältnisse können nicht mit rückwirkender Kraft aus
dem Rechtsleben gestrichen und so behandelt werden, als ob sie niemals bestanden hätten (BGHZ 3» 285 ff.; 55,
5 ff.).</p>
<span class="absatzRechts">230</span><p class="absatzLinks">Bei einem <u>Arbeitsverhältnis</u> wäre es zwar denkbar die Rechtsfolgen so zu gestalten, als ob das
Rechtsverhältnis von Anfang an nicht bestanden hätte. Es wird jedoch hier ebenso wie beim
Gesellschaftsverhältnis angenommen, daß die besondere Natur des Arbeitsverhältnisses als eines
personenrechtlichen Gemeinschaftsverhältnisses die Nichtigkeit ex tunc im allgemeinen ausschließt, weil eine
Rückwirkung zu sozial unbilligen Folgen führen könnte.</p>
<span class="absatzRechts">231</span><p class="absatzLinks">Das Franchise-Verhältnis ist hinsichtlich der Gesichtspunkte, die im Gesellschafts- und Arbeitsrecht für
eine Aufrechterhaltung des Vertragsverhältnisses, das faktisch bestanden hat, sprechen, mit diesen
Vertragsverhältnissen nicht vergleichbar. Wie die Klägerin zutreffend hervorgehoben hat, war die Beklagte an
dem Unternehmen der Franchise-Nehmer weder mit Kapital beteiligt noch nahm sie an dem wirtschaftlichen Risiko teil.
Während eine Rückabwicklung nach § 812 BGB bei dem Gesellschaftsverhältnis deshalb Schwierigkeiten
bereitet, weil die Gesellschafter ihre Einlagen nicht einander, sondern in das Gesellschaftsvermögen geleistet haben,
sie für das Vermögen Schulden eingegangen sind, aus diesem Zahlungen geleistet und empfangen haben, sie mittels
des von ihnen gebildeten Gesellschaftsvermögens und durch ihre gemeinsame Tätigkeit Gewinn erzielt haben, der
wiederum dem gemeinsamen Vermögen zufloß, ist der Franchise-Vertrag - worauf die Klägerin ebenfalls
zutreffend hingewiesen hat - eine Mischform von zwei Vertragstypen, nämlich dem Lizenzvertrag und dem
Belieferungsvertrag. Der Franchise-Vertrag verneint im übrigen ausdrücklich das Bestehen eines Gesellschafts-
oder gesellschaftsähnlichen Verhältnisses. Es heißt in § 1 Ziffer 1 wie folgt:</p>
<span class="absatzRechts">232</span><p class="absatzLinks">"Auf Grund dieses Vertrages wird ein Gesellschafts- oder gesellschaftsähnliches Verhältnis zwischen FP
und C2 sowie den übrigen FP nicht begründet."</p>
<span class="absatzRechts">233</span><p class="absatzLinks">Die Franchise-Nehmer haben auch keine einem Arbeitnehmer vergleichbare rechtliche Stellung. Die Beklagte hat zwar
zutreffend darauf hingewiesen, daß durch den Franchise-Vertrag ein enges Netz von gegenseitigen Rechten und Pflichten
begründet werde, in dem es den Vertragsschließenden insbesondere auf die Person des jeweiligen Vertragspartners
ankomme. Sie haben Gross/Skaupy, Franchising in der Praxis, Seite 283 zitiert, in dem ausgeführt wird:</p>
<span class="absatzRechts">234</span><p class="absatzLinks">"Die Verknüpfung der Vertragspartner, die sich über gewisse Zeiträume erstreckt und häufig
sogar langfristige Bindungen beinhaltet, führt zu erhöhten gegenseitigen Verpflichtungen, die über das
rein schuldrechtliche Verhältnis in ein personenrechtliches Verhältnis hinreichen . "</p>
<span class="absatzRechts">235</span><p class="absatzLinks">Die Personenbezogenheit des Vertrages hinsichtlich der Stellung des Franchise-Nehmers bedeutet im Idealfall ein
Vertrauensverhältnis, das bei der Auslegung der gegenseitigen Rechte und Pflichten zu berücksichtigen ist,
begründet jedoch keine einem Arbeits- (Dienst-) Verhältnis entsprechende rechtliche Stellung. Der
Franchise-Nehmer nimmt den Vertrieb der Tiefkühlkost durch ein eigenes Unternehmen vor und trägt das
unternehmerische Risiko selbst; er ist im Einsatz seiner Arbeitskraft frei. Umstände, die ähnlich wie bei
einem Arbeitsverhältnis eine Rückabwicklung als sozial unbillig erscheinen lassen würden, liegen nicht
vor. Bei einem Arbeitsverhältnis würde die rückwirkende Nichtigkeit zum Beispiel zur Folge haben, daß
Beiträge zur Rentenversicherung entfielen, eine Rückabwicklung der Beiträge zur Krankenversicherung und
deren Leistungen nicht nur schwierig wäre, sondern auch den Arbeitnehmer in hohem Maße belasten könnten
und sich ferner die Nichtigkeitsgründe auch auf den Inhalt eines Zeugnisses auswirken würden. Vergleichbare
Umstände bei einem Franchise-Nehmer liegen nicht vor.</p>
<span class="absatzRechts">236</span><p class="absatzLinks">Es kann dahingestellt bleiben, welchen Inhalt die Vereinbarung vom 19.11.1983 hatte, die zur Übergabe der
Kundenkarteikarten und Informationen führte. Im Hinblick auf die Unwirksamkeit der Franchise-Verträge wären
die darauf beruhende Vereinbarung vom 19.11.1983 und die in Ausführung dieser Vereinbarung übergebenen
Vermögenswerte ohnehin kondizierbar (§ 812 BGB).</p>
<span class="absatzRechts">237</span><p class="absatzLinks">Zu den Leistungsansprüchen im einzelnen ist folgendes festzustellen:</p>
<span class="absatzRechts">238</span><p class="absatzLinks">1.) Rückzahlung der Franchise-Gebühren.</p>
<span class="absatzRechts">239</span><p class="absatzLinks">Die gezahlten Franchise-Gebühren sind rückforderbar, soweit ihnen eine Gegenleistung nicht
gegenübergestanden hat. Nur insoweit Gegenleistungen erbracht worden wären, wäre der Lizenznehmer
(Franchise-Nehmer) um die Leistungen des Lizenzgebers bereichert. Als verbleibender Vorteil sind zu werten, die
Zurverfügungstellung eines Verkaufsgebietes, die Benutzung des Namens C2 und damit verbunden die Möglichkeit
des Vertriebs von Waren gleichbleibender Qualität. Der Name des Marktführers auf dem Gebiet der Tiefkühlkost
C2 ist in der Bundesrepublik Deutschland bekannt. Selbst wenn die Waren der Beklagten in dem Vertriebsgebiet der
Gesellschaften des Herrn W erst eingeführt wurden, wurde die Einführung erleichtert durch die Bezugnahme auf die
Waren des Marktführers und die Gewißheit für die Endverbraucher, Waren von gleichbleibender Qualität
zu erhalten. Als verbleibender Vorteil kann auch bewertet werden, die Beratung in allen mit dem optimalen Aufbau eines
Tiefkühlheimdienstes nach dem C2-System und bei seiner Durchführung auftretenden Fragen. Nicht erbracht wurde
eine in § 5 des Vertrages vorgesehene wesentliche Leistung -wie im folgenden noch darzulegen sein wird -, nämlich
Lieferung der notwendigen Produkte und Leistungen zu günstigeren Preisen und Konditionen, entsprechend den den
firmeneigenen Niederlassungen in Rechnung gestellten Preisen. Die Beklagte hat vielmehr den Franchise-Nehmern
überhöhte Preise in Rechnung gestellt und damit nicht die zugesagten "günstigeren Preise". Sie
hat nämlich - wie unter Ziffer 2) noch auszuführen sein wird - Überpreise in Höhe von mindestens 10 %
berechnet. Eine Beratung in betriebswirtschaftlichen Fragen ist nicht effektiv erfolgt, wie die Entwicklung der
Gesellschaften des Herrn W zeigt. Das System war vielmehr - wie oben dargelegt - darauf angelegt, zum Nachteil des
Franchise-Nehmers zu wirken. Eine Beratungsleistung kann daher als Begründung für die Zahlung einer
Franchise-Gebühr nicht herangezogen werden. Die gewährten Leistungen rechtfertigen nach Meinung der Kammer
einen Anteil von 35 % der tatsächlich gezahlten Franchise-Gebühren. Diese sind im übrigen
zurückzuzahlen. Gezahlt wurden insgesamt 1.209.963,02 DM. Zurückzuzahlen sind daher 786.475,95 DM.</p>
<span class="absatzRechts">240</span><p class="absatzLinks">2.) Rückforderung von 10 % des Warenumsatzes wegen Zahlung von Überpreisen.</p>
<span class="absatzRechts">241</span><p class="absatzLinks">Soweit die Beklagte Warenlieferungen erbracht hat und dafür Vergütung gezahlt wurde, sind die beiderseitigen
Leistungen nach § 812 BGB rückabzuwickeln. Die Beklagte ist darlegungs- und beweispflichtig für den Wert
der von ihr gelieferten Waren. An dieser Darlegungs- und Beweislastregelung ändert sich nichts dadurch, daß die
ursprünglich ungleichartigen wechselseitigen Leistungen dadurch, das an Stelle der Waren nunmehr deren Wert getreten
ist, sich als gleichartige Ansprüche gegenüberstehen. Darüber hinaus ergibt sich die Darlegungs- und
Beweislastpflicht der Beklagten auch aus einem anderen Gesichtspunkt. Die Beklagte behauptet nämlich, daß
die von ihr vertriebene Tiefkühlkost einzigartig sei, und zwar sowohl hinsichtlich der Auswahl der Produkte, deren
Zusammensetzung, der Rezeptur, der Art der Verpackung und der Größe der Verpackung. Es gäbe daher keinen
marktüblichen Preis für ihre Produkte.</p>
<span class="absatzRechts">242</span><p class="absatzLinks">Eine derartige Behauptung aber bedarf der Substantiierung hinsichtlich jedes einzelnen Produktes. Dies ist nicht
geschehen. Die Beklagte hat lediglich in Erwiderung auf die von der Klägerin vorgelegten Listen A, B, C, D und E die
Zusammensetzung folgender Produkte dargelegt:</p>
<span class="absatzRechts">243</span><p class="absatzLinks">Rinderschmorbraten, Bihun-Suppe, Truthahnleber, Poulardenschnitzel "Cordon bleu", Hähnchenschenkel,
Kohlrouladen, Rindsrouladen, Apfelrotkohl, Pariser Karotten, feine Gemüsebeilage, Porree geschnitten, Hirschgulasch
und Schweinerouladen.</p>
<span class="absatzRechts">244</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat ihrerseits durch die Listen A, B, C und D, die von den Zeugen M, E und W bestätigt wurden,
die Angemessenheit der Preise der Beklagten hinreichend substantiiert bestritten und entsprechend ihrem Vortrag eine
tatsächliche Vermutung dafür begründet, daß die Beklagte zusätzlich zu den Preisen die der
Großhandel den Einzelhändlern in Rechnung stelle, im Durchschnitt mindestens um 16 % erhöhte Preise in
Rechnung gestellt habe, wovon die Klägerin einen Teilbetrag von 10 % geltend macht.</p>
<span class="absatzRechts">245</span><p class="absatzLinks">Bei der Beweisaufnahme durch Zeugenvernehmung, die zum Teil nicht zu Ende geführt wurde, hat sich herausgestellt,
daß eine Klärung nur durch ein Sachverständigengutachten möglich sein würde. Die Kammer hielt es
jedoch nicht für durchführbar und zulässig, es einem Sachverständigen zu überlassen, zu ermitteln,
welche Produkte vergleichbar sein könnten und eigene Ermittlungen durch Einholung von Auskünften bei Herstellern
einzuholen. Es wurde daher in der Sitzung vom 21.2.1986 in einer sehr eingehenden Erörterung die weitere
Verfahrensweise zur Ermittlung der angemessenen Preise festgelegt. Das Ergebnis hat in der Verfügung vom 12.3.1986
seinen Niederschlag gefunden. Diese Verfügung hat folgenden Wortlaut:</p>
<span class="absatzRechts">246</span><p class="absatzLinks">"1.</p>
<span class="absatzRechts">247</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte möge möglichst in Form einer Liste, die dem Sachverständigen übergeben werden soll,
folgende Angaben machen:</p>
<span class="absatzRechts">248</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">249</span><p class="absatzLinks">Die von ihr vertriebenen ca. 250 Produkte,</p>
<span class="absatzRechts">250</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">251</span><p class="absatzLinks">Hersteller der Produkte,</p>
<span class="absatzRechts">252</span><p class="absatzLinks">c)</p>
<span class="absatzRechts">253</span><p class="absatzLinks">die wesentlichen Qualitätsmerkmale,</p>
<span class="absatzRechts">254</span><p class="absatzLinks">d)</p>
<span class="absatzRechts">255</span><p class="absatzLinks">prozentualer Anteil der einzelnen Produkte am Gesamtumsatz,</p>
<span class="absatzRechts">256</span><p class="absatzLinks">e)</p>
<span class="absatzRechts">257</span><p class="absatzLinks">die Produkte, die mit anderen am Markt befindlichen identisch sind (M2-J) </p>
<span class="absatzRechts">258</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">259</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin möge ebenfalls in Form einer</p>
<span class="absatzRechts">260</span><p class="absatzLinks">Liste darlegen,</p>
<span class="absatzRechts">261</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">262</span><p class="absatzLinks">welche Konkurrenzprodukte mit den ca. 250</p>
<span class="absatzRechts">263</span><p class="absatzLinks">Produkten der Beklagten vergleichbar sind,</p>
<span class="absatzRechts">264</span><p class="absatzLinks">bzw. welche Produkte identisch sind,</p>
<span class="absatzRechts">265</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">266</span><p class="absatzLinks">der prozentuale Anteil der einzelnen Produkte</p>
<span class="absatzRechts">267</span><p class="absatzLinks">der Beklagten am Gesamtumsatz.</p>
<span class="absatzRechts">268</span><p class="absatzLinks">3-</p>
<span class="absatzRechts">269</span><p class="absatzLinks">Die Parteien mögen dazu Stellung nehmen, ob der Sachverständige eventuell nur solche Produkte untersuchen
soll, die den wesentlichen Umsatzanteil ausmachen, damit der Prozeßstoff begrenzt gehalten werden kann.</p>
<span class="absatzRechts">270</span><p class="absatzLinks">Im übrigen wird darauf hingewiesen, daß beabsichtigt ist, durch den Sachverständigen zunächst nur
die Vergleichbarkeit bzw. Identität begutachten zu lassen. Es wird dann Sache der Parteien sein, die Preise
während der jeweiligen Dauer der Franchise-Verhältnisse darzulegen, worüber dann eventuell weitere
Beweiserhebungen notwendig sein werden."</p>
<span class="absatzRechts">271</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist dieser Auflage nicht nachgekommen. Die Ausführungen zur Begründung ihrer Weigerung
überzeugen nicht. Es sollten nur die wesentlichen Qualitätsmerkmale dargelegt werden, d.h. solche Merkmale,
die in der Weise objektivierbar sind, daß sie den Endverbraucher bei seiner Kaufentscheidung beeinflussen. Es war
nicht darzulegen, z.B. der Ursprung der Produkte oder die Herstellungsart, die das Ergebnis bewirkt hat. Die Weigerung
der Beklagten könnte auch in einem Umstand begründet sein, der von der Klägerin behauptet wird,
nämlich das lediglich wenige Artikel exklusiv für die Beklagte hergestellt würden, während alle
übrigen Artikel -abgesehen von Art und Größe der Verpackung - identisch seien mit anderen am Markt
befindlichen Artikeln, daß die Beklagte also lediglich von anderen großen Herstellern beziehe.</p>
<span class="absatzRechts">272</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist durch die Weigerung der Auflage nachzukommen, ihrer Darlegungslast nicht nachgekommen. Der Beklagten
kann nicht darin gefolgt werden, daß zu vergleichen sein soll lediglich das Gesamtsortiment unter Berücksichtigung
des gewichteten Umsatzes anderer Hersteller bzw. Vertreiber. Sie hat sich insoweit unter anderem auf M2- J und F berufen.
Die Franchise-Nehmer, die auf Grund eines nichtigen Franchise-Vertrages Waren bezogen haben, sind nämlich nicht zu
vergleichen mit Franchise-Nehmern in einem anderen Franchise-System, sondern mit selbständigen Gewerbetreibenden,
die nicht an bestimmte Lieferanten gebunden sind, sondern von den jeweils günstigen Angeboten Gebrauch machen
können. Im übrigen würde auch zum Beispiel ein Vergleich der Rohgewinnspannen der Franchise-Nehmer der
Beklagten und der Franchise-Nehmer der Firma F zu einem unzutreffenden Ergebnis führen, weil diese Franchise-Nehmer
eine unterschiedliche wirtschaftliche Stellung haben, die das Ergebnis unabhängig von der Rohgewinnspanne
beeinflußt. Während nämlich die Franchise-Nehmer der Beklagten selbst investieren müssen und das
volle wirtschaftliche Risiko tragen, müssen die Franchise-Nehmer der Firma F selbst nicht investieren, sondern
bekommen die notwendigen Einrichtungen zur Verfügung gestellt, wenn auch gegen laufende Entgelt Zahlungen. Bei der
Ermittlung der Angemessenheit der Preise der Beklagten ist nicht zu berücksichtigen die "Lagerhaltung"
für die Franchise-Partner. Diese zusätzliche Leistung der Beklagten für die Franchise-Partner wird durch
die Franchise-Gebühr abgegolten. Ebensowenig ist die Frage der Weitergabe von Einkaufsvorteilen in diesem Zusammenhang
von Bedeutung. Auch dies ist eine Leistung, die durch die Franchise-Gebühr abgegolten wird. Die Frachtkosten zahlen
die Franchise-Nehmer der Beklagten selbst, während sie diese bei anderen Lieferanten zum Teil nicht gesondert in
Rechnung gestellt erhalten. </p>
<span class="absatzRechts">273</span><p class="absatzLinks">Da demnach die Beklagte ihrer Darlegungslast nicht nachgekommen ist, muß sie 10 % des Warenumsatzes mit den
Gesellschaften des Herrn W zurückzahlen. Der von der Klägerin genannte Betrag von 31.534.514,60 DM betrifft die
Gesamterlöse. Zutreffend ist jedoch der Gesamt Warenumsatz zugrunde zulegen; das sind 19.993.081,13 DM. 10 % hiervon
betragen 1.999.308,11 DM. Hiervon hat die Klägerin die Gegenforderung in Höhe von 312.819.12 DM in Abzug gebracht,
so daß verbleiben 1.686.488,99 DM.</p>
<span class="absatzRechts">274</span><p class="absatzLinks">3.) Vergütung für die Übernahme des Kundenstammes.</p>
<span class="absatzRechts">275</span><p class="absatzLinks">Es gibt keine allgemeinen Erfahrungssätze für die Bewertung eines Kunden im Tiefkühlheimdienstsystem.
Erfahrungen von Konkurrenzunternehmen der Beklagten können wegen der unterschiedlichen Organisations- und
Kostenstruktur nicht herangezogen werden. Der Wert eines Kunden ist daher nach § 287 ZPO zu schätzen. Bei der
Ermittlung des Schätzwertes kann nach verschiedenen Methoden vorgegangen werden.</p>
<span class="absatzRechts">276</span><p class="absatzLinks">Es können die Gesamtinvestitionen herangezogen werden, die der Franchise-Nehmer gehabt hat, um den Kundenstamm
aufzubauen. Man könnte also in Relation setzen den jährlichen Mehraufwand mit der Steigerung des Kundenstammes.
Bedenken gegen diese Methode bestehen zunächst schon deshalb, weil der Aufwand sich nicht nur auf die Erweiterung des
Kundenstammes, sondern auch auf die Bearbeitung des bisherigen Kundenstammes bezieht und sich der Aufwand hierfür
nicht trennen läßt. Darüber hinaus sind auch die hierbei ermittelten Ergebnisse so unterschiedlich, daß
sie nicht geeignet erscheinen, hieraus allgemeine Erfahrungssätze abzuleiten. Die Gesellschaften des Herrn W haben zum
Beispiel ausgehend von einem Umsatz von 4.176.350,-- DM 1980 in M einen Gesamtaufwand von 2.592.034,-- DM gehabt und 1981
ausgehend von einem Gesamtumsatz von 5.484.481,-- DM und einem Rohgewinn von 1.974.148,--DM einen Gesamtaufwand von
3.510.333,-- DM. Dies ergibt einen Mehraufwand in M zwischen 1980 und 1981 in Höhe von 918.299,-- DM. Im gleichen
Zeitraum wurde der Kundenstamm um 2.165 Kunden erweitert. Hieraus würde sich ein Aufwand pro Kunde von 424,--DM
ergeben. Demgegenüber ergab sich in P 1980 bei einem Umsatz von 1.950.030,-- DM und einem Rohgewinn von 665.985,-- DM
ein Gesamtaufwand von 1.284.045,-- DM und im Jahre 1981 bei einem Umsatz von 2.797.047,-- DM und einem Rohgewinn von
1.045.769,-- DM ein Gesamtaufwand von 1 .751 .278,--DM. Der Mehraufwand in 1981 gegenüber 1980 betrug 467.233,-- DM.
In dem gleichen Zeitraum wurde der Kundenstamm um 715 Kunden erweitert. Dies würde einem Aufwand pro Kunde von 653,--
DM entsprechen .</p>
<span class="absatzRechts">277</span><p class="absatzLinks">Sofern man nur die Kosten eines Tiefkühl-Lkw' s und die eines Aquisiteurs berücksichtigt, haben die Parteien
unterschiedliche Berechnungsarten aufgestellt. Die Klägerin geht aus von einem monatlichen Aufwand von 7.000,-- DM und
20 Arbeitstagen des Aquisiteurs. Danach ergibt sich ein Betrag von 350,-- DM pro Tag. Sie meint, im Durchschnitt erwerbe
ein guter Aquisiteur täglich 4,2 Kunden. Damit koste jeder Kunde mindestens 83,33 DM. Die Beklagte stellt dem
gegenüber, daß die Kosten lediglich 6.200,-- DM betrügen und der Aquisiteur mindestens 21 Tage im Monat
fahre. Er erwerbe auch nicht durchschnittlich pro Tag 4,2 Kunden, sondern bis zu 6,5 neue Kunden. Unter
Berücksichtigung dieser Zahlen ergebe sich ein Betrag von 45,42 DM pro Kunde. Auch diese Berechnungen können
allenfalls als Indiz herangezogen werden. Die Kunden werden nämlich nicht ausschließlich durch Aquisiteure
geworben, sondern auch von den Verkaufsfahrern. Schließlich läßt sich nicht eindeutig ermitteln, wieviel
bleibende Kunden ein Aquisiteur tatsächlich wirbt.</p>
<span class="absatzRechts">278</span><p class="absatzLinks">Die Parteien selbst gehen von sehr unterschiedlichen Bewertungen aus. Im Falle T übernahm dieser im Raum B 1.700
Kunden von der Beklagten. Er mußte den der Beklagten bis dahin entstandenen Verlust von ca. 250.000,-- DM erstatten.
Er hat damit pro Kunde einen Betrag von etwa 146,-- DM gezahlt.</p>
<span class="absatzRechts">279</span><p class="absatzLinks">Der Franchise-Nehmer E hat nach seinem Kostenaufwand den Wert seiner Kunden mit 128,-- DM berechnet. Bei
Übernahmeverhandlungen hinsichtlich der Kunden zwischen dem Franchise-Nehmern M und der Beklagten war ein Betrag von
75,-- DM im Gespräch. Die Beklagte hat in anderen Fällen nur 25,-- DM pro Kunde angeboten.</p>
<span class="absatzRechts">280</span><p class="absatzLinks">Es erscheint als die angemessene Methode, den Wert des Kunden auf der Grundlage des von ihm zu erwartenden Umsatzes und
des daraus resultierenden Gewinnes vorzunehmen. Die Problematik besteht darin, daß der Kunde losgelöst von einem
Unternehmen übertragen wird, der von ihm zu erwartende Umsatz jedoch abgesehen von dem bisherigen Umsatz entscheidend
von der Unternehmensführung abhängt und zu prüfen ist, welche Unkosten abzusetzen sind, um den Ertrag zu
ermitteln. Da es sich um die künftigen Gewinnerwartungen handelt, kommt es entscheidend für den Wert des Kunden
auf das übernehmende Unternehmen an. Würden zum Beispiel die Kunden von einem Konkurrenzunternehmen erworben,
ist ihr Wert für dieses Unternehmen geringer, weil damit gerechnet werden muß, daß bei der Umstellung der
Kunden auf andere Produkte Kunden verloren gehen. Bei der Übernahme durch die Beklagte selbst haben die Kunden den
optimalen Wert. Sie werden mit den gleichen Produkten beliefert wie bisher und jedenfalls in den Fällen W und Q von
den bisherigen Verkaufsfahrern. Der Kunde wird den Unternehmenswechsel kaum bemerken. Darüber hinaus ist für
den Ertragswert auf die Kostensituation bei der Beklagten abzustellen. Selbst wenn man für die Beklagte von dem nach
ihrer Darstellung im Normalfall für einen Franchise-Nehmer zu erwartenden Gewinn von 2 bis 3 %, also durchschnittlich
2,5 %, ausgeht, muß jedenfalls zusätzlich berücksichtigt werden, daß die Beklagte keine
Franchise-Gebühr zu zahlen hat. Bei ihren Niederlassungen ist die Franchise-Gebühr nur ein Rechnungsposten,
der jedoch jedenfalls als Gewinn bei der Beklagten verbleibt. Der Gewinn der Beklagten erhöht sich also um diesen
Betrag. Wenn man von einer durchschnittlichen Franchise-Gebühr in Höhe von 3,5 % ausgeht, ergibt sich ein
weiterer Prozentsatz von 3.5 %, insgesamt also 6 % Gewinnerwartung. In dem Gutachten der Wirtschaftsprüfer Dr. X ,
Dr. F (Ergänzungsgutachten , Seite 32 ff.), das als Parteivortrag der Beklagten gewertet wird, wird für den
Firmenwert von dem Vierfachen des Jahresgewinnes ausgegangen. Dieser für den Wert des Franchise-Unternehmens als
angemessen bezeichnete Zuschlag ist auch für den Kundenstamm als Teil des Unternehmens heranzuziehen. Diese
Überlegungen führen dazu, daß ein Kunde mit 24 % des von ihm im letzten Jahr vor der Übertragung
erzielten Umsatzes zu bewerten ist. Der Umsatz pro Kunde betrug im jeweils letzten Jahr des Franchise-Verhältnisses
in Sachen M 399,-- DM, in Sachen T für 10 Monate 295,-- DM und damit für ein Jahr etwa 355,--DM, in Sachen Q.
365,-- DM und in der vorliegenden Sache W für 10 Monate für die Bereiche M und P gemeinsam 318,-- DM, für
ein Jahr dementsprechend 382,-- DM. 24 % hiervon betragen in Sachen M ca. 100,-- DM und Q 91,25 DM, in Sachen T 88,75 DM
und in Sachen W 95,50 DM. Da die Zahlen schwanken und die Kammer von der Mindestgewinnerwartung ausgeht, erscheint es
angemessen, den Wert eines Kunden generell auf 90,--DM festzusetzen. Für 25.459 Kunden ergibt sich daher ein
Gesamtanspruch von 2.291-310,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">281</span><p class="absatzLinks">Der Zinsanspruch ergibt sich aus dem Gesichtspunkt des Verzuges.</p>
<span class="absatzRechts">282</span><p class="absatzLinks">Von den Gegenansprüchen hat die Klägerin einen Anspruch für Warenlieferungen in Höhe von 317.115,64
DM bereits berücksichtigt. Darüber hinaus sind in Abzug zu bringen die Zinsen für diesen Anspruch in
Höhe von 21.141,04 DM. Damit ergibt sich ein Gesamtanspruch in Höhe von 4.743.133,90 DM. Weitere
Gegenansprüche, mit denen sie die Aufrechnung erklären könnte, stehen der Beklagten nicht zu. Sie hat
keinen Anspruch auf Erstattung von Kosten im Zusammenhang mit dem Konkurs der Gesellschaften W und der Übernahme des
Betriebes. Entsprechend der Rechtsprechung zu sittenwidrigen Ratenkreditverträgen (OLG Hamburg vom 12.7.1985,
Aktenzeichen 14 U 114/84 und OLG Hamm vom 11.9.1985, Aktenzeichen 11 U 298/84) ist bei sittenwidrigen Verträgen
lediglich der Leistungsaustausch rückgängig zu machen, ohne daß der Vertragspartner, der den Vorteil aus
dem sittenwidrigen Vertrag gezogen hat, eigene Kosten in Abzug bringen kann.</p>
<span class="absatzRechts">283</span><p class="absatzLinks">Nach Schluß der mündlichen Verhandlung eingereichte Schriftsätze wurden nicht berücksichtigt, weil
Schriftsatzfristen nicht nachgelassen waren.</p>
<span class="absatzRechts">284</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit
aus § 709 ZPO.</p>
|
315,538 | lg-duisburg-1986-08-05-7-s-2186 | {
"id": 807,
"name": "Landgericht Duisburg",
"slug": "lg-duisburg",
"city": 408,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 7 S 21/86 | "1986-08-05T00:00:00" | "2019-03-13T15:07:20" | "2019-03-27T09:42:51" | Urteil | ECLI:DE:LGDU:1986:0805.7S21.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Beklagten wird das am 06. Dezember 1985 verkündete </p>
<p> Urteil des Amtsgerichts Wesel abgeändert.</p>
<p></p>
<p> Die Klage wird, soweit der Rechtsstreit nicht in der Hauptsache erledigt ist,</p>
<p> abgewiesen.</p>
<p></p>
<p> Die Kosten des ersten Rechtszuges tragen die Kläger zu 7/8 sowie der Be-</p>
<p> klagte zu 1/8.</p>
<p></p>
<p> Die Kosten des zweiten Rechtszuges tragen die Kläger.</p>
<p></p>
<p>Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e : </u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Berufung hat Erfolg. Die Kläger haben das Mietverhältnis mit dem Beklagten nicht durch eine wirksame Kündigung beendet.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Kündigung mit Schreiben vom 06.01.1985 hat das Mietverhältnis nicht gemäß § 553 BGB beendet. Die Kläger haben nicht bewiesen, daß dem Beklagten zuvor eine Abmahnung im Hinblick auf sein vertragswidriges Verhalten unterstellt, die Kläger waren mit der Aufstellung des Kohleofens nicht einverstanden - zugegangen ist. Der Beklagte hat bestritten, das dahingehende Schreiben der Kläger vom 10.12.1984 erhalten zu haben. Beweis für den Zugang dieses Schreibens beim Beklagten haben die Kläger nicht angeboten.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Es kann dahinstehen, ob die Klageschrift vom 14. Mai 1985 auch als materiell-rechtliche Kündigungserklärung der Kläger zu werten ist. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist nämlich davon auszugehen, daß der Beklagten den von den Klägern beanstandeten Kohleofen jedenfalls etwa Mitte Mai 1985 nicht mehr benutzt hat. Auch die Kläger machen im Schriftsatz vom 11.03.1986 (s. 3) nur geltend, der Beklagte habe den Kohleofen bis Mitte Mai 1985 weiter benutzt. Die Klageschrift ist dem Beklagten am 31.05.1985 zugestellt worden. Damit hat der Beklagte den Kündigungsgrund zwar nach Abmahnung, aber noch vor Zugang der Kündigung beseitigt mit der Folge, daß die Kündigung nicht mehr wirksam werden konnten (vgl. Sternel, Mietrecht, 2. Aufl. 1979, Teil IV. Rdnr. 261 mit weiteren Nachweisen; Emmerich-Sonnenschein, Miete, 3. Aufl. 1986, § 553, Rdnr. 4). Diese Berurteilung erscheint der Kammer sachgerecht: Aufgabe der Abmahnung gemäß § 553 BGB ist es, den Mieter zu veranlassen, den vertragswiderigen Gebrauch, welcher den Vermieter nicht unerheblich beeinträchtigt, aufzugeben. Dieses Ziel ist erreicht, wenn der Mieter z.B. unter dem Eindruck der Abmahnung die Vertragsverletzung aufgibt. Ein Bedürfnis für den Vermieter, das Mietverhältnis fristlos zu beenden, da dem Vermieter angesichts der Schwere des Verstosses eine Vertragsbeendigung durch ordentliche Kündigung nicht mehr zugemutet werden kann, ist in dieser Situation nicht mehr gegeben (zu diesem Gesichtspunkt Sternel, a.a.O., Rdnr. 252 am Ende).</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Klageschrift läßt sich auch nicht als fristgerechte Kündigung nach § 564 b Abs. 2 Nr. 1 BGB umdeuten. Zum einen ergibt sich auch hier die bereits oben dargelegte Frage, inwieweit einer Prozeßerklärung - auch - der Inhalt einer materiell-rechtlich einseitigen Willenserklärung (Kündigung) beizulegen ist. Im übrigen ist nichts dafür vorgetragen, daß bei der Wohnsituation des Beklagten eine "Wiederholungsgefahr" im Hinblick auf den früher vorgenommenen Vertragsverstoß zu befürchten ist (s. dazu Palandt, § 564 b, Anm. 6 b cc).</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 91 a ZPO. Soweit die Parteien den Rechtsstreit in der ersten Instanz teilweise übereinstimmend für erledigt erklärt haben, hat die Kammer keine Veranlassung, die erstinstanzliche Kostenentscheidung insoweit abzuändern.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Streitwert für den Berufungsrechtszug: 3.120,00 DM (12 x 260,00 DM).</p>
|
315,539 | lg-dusseldorf-1986-08-01-21-s-48185 | {
"id": 808,
"name": "Landgericht Düsseldorf",
"slug": "lg-dusseldorf",
"city": 413,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 21 S 481/85 | "1986-08-01T00:00:00" | "2019-03-13T15:07:21" | "2019-03-27T09:42:51" | Urteil | ECLI:DE:LGD:1986:0801.21S481.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Klägers wird das am 17. Dezember 1985 verkündete Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf – 23 C 476/85 – unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst :</p>
<p>Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger und dessen Ehefrau … 1.049,07 DM nebst 4 % Zinsen von 2.037,12 DM für die Zeit vom 03.09. bis 31.12.1985 und von 1.049,07 DM ab 1. Januar 1986 zu zahlen.</p>
<p>Im Übrigen wird die Klage abgewiesen, soweit der Rechtsstreit nicht in der Hauptsache erledigt ist (Räumungsanspruch).</p>
<p>Die in der Berufungsinstanz erweiterte Klage wird ebenfalls abgewiesen.</p>
<p>Die Kosten des I. Rechtszuges fallen zu 32/100 dem Kläger, zu 68/100 der Beklagten zur Last.</p>
<p>Von den Kosten des Berufungsrechtszuges tragen der Kläger 57/100, die Beklagte 43/100.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Entscheidungsgründe:</span></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">De Berufung des Klägers ist zulässig und teilweise begründet. Die in der Berufungsinstanz erweiterte Klage bleibt dagegen ohne Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><ul class="absatzLinks">
<li>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">I. Berufung</p>
</li>
</ul>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Mit der Berufung verfolgte der Kläger zunächst seinen abgewiesenen Zahlungsanspruch in vollem Umfang weiter. Es handelte sich um den Mietzins bzw. Nutzungsentschädigung für die Zeit von Juli bis einschließlich September 1985 in Höhe von 3 x 679,04 DM = 2.037,12 DM. Sodann hat der Kläger die Berufung in Höhe von 464,05 DM zurückgenommen und im Wege der Berufung nur noch einen Anspruch in Höhe von 1.573,07 DM geltend gemacht. In Höhe von 464,05 DM hat der Kläger die Aufrechnung mit dem Kautionsrückzahlungsanspruch anerkannt, (988,05 DM ./. 524,- DM Schadenersatz für eine beschädigte Tür). In entsprechender Anwendung von § 366 Abs. 2 BGB war die Restkaution von 464,05 DM auf die älteste Forderung, nämlich die Julimiete 1985 anzurechnen, so dass die Klageerweiterung unberührt bleibt.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Statt 1.573,07 DM hat die Beklagte jedoch lediglich für die Monate Juli bis einschließlich September 1985 an Miete bzw. Nutzungsentschädigung nur noch 1.049,07 DM nachzuzahlen. Die ursprüngliche Nachforderung von 2.037,12 DM ist nämlich nicht nur in Höhe eines Kautionsrestbetrages, sondern in Höhe des vollen Kautionsbetrages einschließlich Zinsen von unstreitig 988,05 DM erloschen (§§ 387, 389 BGB).</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Das Mietobjekt stand Anfang Oktober 1985 dem Kläger wieder zur Verfügung, nachdem das Mietverhältnis durch die fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzuges mit den Mieten für Juli und August 1985 vom 08.08.1985 beendet worden ist. Ab Januar 1986 war daher  die Kaution zur Rückzahlung fällig. Bis zu diesem Zeitpunkt hätte der Kläger über die Kaution abrechnen können und müssen. Die Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen, die erst mit Schriftsatz vom 17. April 1986 (Bl. 45 d. A.) erfolgte, ging ins Leere, weil die Beklagte ihrerseits bereits wirksam mit Schriftsatz vom 17. Februar 1986 (Bl. 36 d. A.) die Aufrechnung mit dem fälligen Kautionsrückzahlungsanspruch erklärte hatte.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Zur Mietminderung ist die Beklagte dagegen nicht berechtigt. Da es sich um eine rückwirkende Minderung handeln soll, hätte die Beklagte substantiiert darlegen müssen, wann genau der Kläger von etwaigen Mängeln Kenntnis erhalten hat und wie sie den behaupteten Vorbehalt bei der Mietzahlung ab Januar 1985 geltend gemacht hat.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Unterrichtung nur des Hausmeisters reicht nicht aus, denn der Hausmeister ist nicht Vertreter des Klägers. Ebensowenig genügt die pauschale Behauptung, ab Januar 1985 habe sie – die Beklagte – die Miete nur noch unter Vorbehalt gezahlt, was der Kläger bestreitet.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Minderung ist daher unwirksam, so dass die Beklagte zur Nachzahlung von Miete bzw. Nutzungsentschädigung in Höhe von 1.409,07 DM zu verurteilen war.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><ul class="absatzLinks">
<li>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">II. Erweiterte Klage</p>
</li>
</ul>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die in der Berufungsinstanz um 679,04 DM erweiterte Klage ist nicht begründet. Bei diesem Betrag handelt es sich um Mietausfallentschädigung für den Monat Oktober 1985. Eine Nutzungsentschädigung ist nicht mehr geschuldet, da die Beklagte die Wohnung Anfang Oktober 1985 zurückgegeben hat.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat nicht schlüssig dargelegt, dass ein etwaiger Mietausfall von der Beklagten verursacht worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Wie die Beklagte unwidersprochen vorgetragen hat, war ihre Wohnung ab 1. Oktober 1985 an den Hausmeister … vermietet. Unter diesen Umständen hätte der Kläger darlegen müssen, warum es zum Bezug der Wohnung durch den Hausmeister im Monat Oktober 1985 nicht gekommen ist.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><ul class="absatzLinks">
<li>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">0.</p>
</li>
</ul>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Der Zinsanspruch beruht auf §§ 284, 288 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidungen folgen aus §§ 92, 271 III., 91 a. 97 und 515 III. ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Den Antrag, die Beklagte für die Zeit, die sie noch in der Wohnung verbleibt, zur Zahlung eines Betrages in Höhe des monatlichen Mietzinses zu verurteilen, hat der Kläger zwar rechtshängig gemacht, aber in der mündlichen Verhandlung nicht gestellt. Insoweit ist von einer Klagerücknahme auszugehen, für die der Kläger gemäß § 271 III. ZPO die Kosten zu tragen hat.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Soweit der Kläger mit Zustimmung der Beklagten den Räumungsrechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt hat, entspricht es billigem Ermessen, unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes, die Kosten dem Kläger aufzuerlegen. Der Kläger war zwar nicht alleiniger Inhaber des Räumungsanspruchs, sondern nur gemeinsam mit seiner Ehefrau. Wäre der Rechtsstreit jedoch fortgeführt worden, so hätte das Amtsgericht auf eine richtige Antragstellung hinwirken müssen. Der Mangel wäre dann dadurch behoben worden, dass der Kläger Räumung und Herausgabe an sich und seine Ehefrau verlangt hätte. Dass der Anspruch aufgrund der fristlosen Kündigung vom 08.08.1985 berechtigt war, wurde bereits dargelegt (§ 554 Abs. 1, I. alt. BGB ). Die Beklagte hat daher nach billigem Ermessen die Kosten zu tragen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Für die Kosten der Berufungsrücknahme in Höhe von 464,05 DM haftet dagegen der Kläger gemäß § 515 III. ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Streitwert für die I. Instanz : DM 10.864,64</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">(Räumung 12 x 679,04 DM =                     8.148,48 DM</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Zahlung                                                       2.037,12 DM</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Zukünftige Zahlung                                         679,04 DM)</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">ab 20.11.1985: DM 2.037,12.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks"> </p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Streitwert für die Berufungsinstanz : DM 2.716,16</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">(Berufung:                                        2.037,12 DM</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Klageerweiterung:                                 679,04 DM.)</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">ab 18.04.1986 : DM 2.252,11.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">                            …                                                                       …                                          …</p>
|
315,540 | lg-duisburg-1986-07-11-4-s-12686 | {
"id": 807,
"name": "Landgericht Duisburg",
"slug": "lg-duisburg",
"city": 408,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 4 S 126/86 | "1986-07-11T00:00:00" | "2019-03-13T15:07:22" | "2019-03-27T09:42:51" | Urteil | ECLI:DE:LGDU:1986:0711.4S126.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Klägers wird das am 18.2.1986 verkündete Urteil des Amtsgerichts Mülheim (Ruhr) - 11 C 500/85 - abgeändert und wie folgt neu gefaßt:</p>
<p></p>
<p> Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.361,25 DM nebst</p>
<p> 4 % Zinsen seit dem 30.8.1985 zu zahlen.</p>
<p></p>
<p> Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p></p>
<p> Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p> Die Kosten des Rechtsstreites tragen die Beklagte zu 2/3, der Kläger zu 1/3.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist zulässig und zum Teil begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 1 BGB wegen schuldhafter Verletzung der ihr obliegenden Verkehrssicherungspflicht. Denn die Beklagte hätte Maßnahmen ergreifen müssen, um den Kläger vor der von ihrem Haus ausgehen-den Gefahr zu schützen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Ob und gegebenenfalls welche Maßnahmen ein Hauseigentümer zur Verhütung eines Dachlawinenschadens treffen muß, bestimmt sich nach objektiven Maßstäben, nämlich danach "was der normale und gesunde Verkehr" erfordert (vgl. BGH NJW 1955, 300). Dabei ist davon auszugehen, daß es grundsätzlich dem Passanten </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">- Fußgänger oder Kraftfahrer - obliegt, sich und sein Eigentum vor Schäden durch herabfallende Schneemassen zu schützen (so bereits das Reichsgericht DR 1942, 1759). Für ihn ist es nämlich erheblich leichter, sich vor Schäden zu bewahren, als es für den Eigentümer ist, geeignete Maßnahmen zur Schadensverhütung zu</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">ergreifen. Es ist dem Fußgänger beispielsweise zuzumuten, hin und wieder den Blick nach oben zu wenden um zu sehen, ob das Herabstürzen von Schneemassen droht. Er kann der Gefahr auch ausweichen, indem er dicht an den Hauswänden vorbeigeht. Der Hauseigentümer ist deshalb grundsätzlich nicht verpflichtet, in schneearmen Gebieten Sicherungsmaßnahmen gegen Dachlawinen zu treffen (vgl. OLG Köln VersR. 1980, 878; Landgericht Krefeld VersR. 1981, 544). Die Kammer hat sich in zwei früheren Entscheidungen (4 S 198/85 und 4 S 327/85) dieser Meinung angeschlossen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Anders ist der Fall jedoch zu beurteilen, wenn besondere Umstände des Einzelfalles dem Hauseigentümer Veranlassung zu Schutzmaßnahmen gegen eine bestehende Dachlawinengefahr geben müssen. Das ist dann der Fall, wenn sich etwa eine Dachlawine durch Schneeüberhang an der Dachschräge ankündigt oder das Dach besonders steil ist und es deshalb überdurchschnittlich häufig zum Herabfallen von Schneemassen kommt. Dies gilt erst recht, wenn durch den baulichen Zustand des Hauses oder Maßnahmen des Hauseigentümers die allgemeine Aufmerksamkeit der Passanten, die von ihnen grundsätzlich erwartet werden kann, abgelenkt wird. So verhält es sich vorliegend.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Das Haus weist eine so ungewöhnlich steile Dachneigung auf, daß in einer ungewöhnlich schneereichen Zeit wie im Januar 1985 die Gefahr des Abrutschens von Schneemassen besonders groß ist. Hinzu kommt, daß die Beklagte in diesem Haus eine Metzgerei betreibt. Dieses Geschäft bringt es nicht nur mit sich, daß eine erheblich größere Anzahl von Passanten das Haus aufsucht als ein normales Wohnhaus. Die Aufmerksamkeit der Passanten wird auch durch die Auslagen im Schaufenster der Metzgerei von der vom Dach drohenden Gefahr abgelenkt.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Aufgrund dieser besonderen Umstände ist die Beklagte verpflichtet, anders als der Hauseigentümer eines Wohnhauses mit durchschnittlicher Dachneigung, Schutzmaßnahmen gegen eine bestehende Dachlawinengefahr zu treffen. Zwar ist sie nicht verpflichtet, Schneefanggitter anzubringen - dieser Verpflichtung trifft nur einen Hauseigentümer in schneereichen Gebieten -, sie ist wegen der bestehenden hohen Eigengefahr auch nicht verpflichtet, das Dach selbst von Schneemassen zu räumen. Es kann von ihr auch nicht verlangt werden, das Dach von Fachkräften räumen zu lassen, da dies wegen des dazu notwendigen Aufstellens eines Gerüstes einen hohen Kostenaufwand erfordert. Es ist ihr aber zuzumuten, nach starkem Schneefall durch das Anbringen von Warntafeln Dritte von der von ihrem Dach ausgehenden Gefahr zu warnen. Dies hat die Beklagte im Januar 1985 unterlassen. Dieses Unterlassen führt zu einem Schadensersatzanspruch des Klägers wegen schuldhafter Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch die Beklagte.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Kläger muß sich jedoch ein Mitverschulden am Zustandekommen des Schadens gemäß § 254 BGB anrechnen lassen. Denn es war seinem Sohn zuzumuten, sich zu vergewissern, daß dem Fahrzeug des Klägers an der Stelle, wo er es abgestellt hatte, keine Gefahr drohte. Dazu gehörte in einem schneereichen Winter auch, daß man prüft, ob das Fahrzeug nicht durch herabfallende Schneemassen gefährdet wird. In diesem Zusammenhang ist es allerdings ohne Belang, ob das Fahrzeug im eingeschränkten Halteverbot stand oder nicht, denn das eingeschränkte Halteverbot dient nicht dem Schutz der Beklagten, sondern dem Verkehrsfluß auf der .</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Das Mitverschulden des Klägers ist mit 1/3 anzurechnen. Da die Höhe des Schadens unstreitig ist, hat der Kläger gegen die Beklagte demnach einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 1.361,25 DM.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus dem Gesichtspunkt des Verzuges gemäß </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">§ 284 Abs. 2, 288 BGB. Der Kläger hat unwidersprochen vorgetragen, daß er die Beklagte mit Schreiben vom 21.8.1985 zur Zahlung bis zum 29.8.1985 aufgefordert hat. Die Beklagte befand sich demnach seit dem 30.8.1985 in Verzug.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO.</p>
|
315,541 | ovgnrw-1986-07-01-12-a-251184 | {
"id": 823,
"name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen",
"slug": "ovgnrw",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": null
} | 12 A 2511/84 | "1986-07-01T00:00:00" | "2019-03-13T15:07:24" | "2019-03-27T09:42:51" | Urteil | ECLI:DE:OVGNRW:1986:0701.12A2511.84.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Das angefochtene Urteil wird geändert.</p>
<p></p>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.</p>
<p></p>
<p>Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils
beizutreibenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung
Sicherheit in derselben Höhe leistet.</p>
<p></p>
<p>Die Revision wird nicht zugelassen.</p>
<p></p>
<p></p>
<p></p>
<p>
</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"> Tatbestand:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Kläger schlossen am 5. Oktober 1982 einen notariellen Kaufvertrag über
den Ankauf des Grundstücks Gemarkung xxx, Flur 15, 15, Flurstück 669 in xxx. Im
Kaufvertrag wurde der beurkundende Notar beauftragt, unter anderem die
erforderlichen behördlichen Genehmigungen bzw. Negativbescheinigungen
einzuholen. Die Kosten hierfür sollten die Kläger übernehmen. Unter dem 8. Oktober
1982 beantragte der Notar beim Beklagten die Prüfung hinsichtlich etwaiger
zustehender Vorkaufsrechte. Unter dem 21. Oktober 1982 stellte der Beklagte ein
Zeugnis darüber aus, daß ein Vorkaufsrecht nach § 24 Abs. 1 Satz 1 des
Bundesbaugesetzes (BBauG) bestehe, die Ausübung nach § 24 Abs. 2 Nr. 1 bis 4
bzw. Abs. 3 BBauG jedoch ausgeschlossen sei. Weiterhin bestätigte er, daß das
Grundstück weder im Sanierungsgebiet noch im Entwicklungsbereich gelegen sei
und kein Vorkaufsrecht nach dem Denkmalschutzgesetz bestehe. Nachdem der
Beklagte für die Ausstellung dieses Zeugnisses zunächst eine Gebühr über 30,-- DM
geltend gemacht hatte, erhob er mit Bescheid vom 5. Oktober 1983 unter
Aufhebung seines früheren Bescheides eine Gebühr von 15,-- DM zuzüglich 0,80 DM
Porto. Den Widerspruch der Kläger vom 31. Oktober 1983 wies der Beklagte mit
Bescheid vom 14. November 1983 zurück.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Mit der am 13. Dezember 1983 erhobenen Klage haben die Kläger geltend
gemacht: Die Einräumung und Ausübung von Vorkaufsrechten liege ausschließlich
im öffentlichen, nicht aber in ihrem eigenen privaten Interesse. Deshalb könne für
die Ausstellung von Negativattesten keine Gebühr erhoben werden. Hinzu komme,
daß aufgrund der Feststellung, die Voraussetzungen für die Ausübung des
Vorkaufsrechts seien nicht gegeben, eine Einschränkung der Privatautonomie nicht
zulässig sei. In diesem Fall dürfe der Bürger auch nicht über eine Verwaltungsgebühr
belastet werden.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Kläger haben beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">die Bescheide des Beklagten vom 5. Oktober 1983 und 14. November 1983
aufzuheben.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Das Verwaltungsgericht hat der Klage durch das angefochtene Urteil
stattgegeben und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, daß für die Erteilung
von Zeugnissen der hier gegebenen Art keine Gebühr erhoben werden dürfe. Diese
Tätigkeit werde nicht im wesentlichen im Interesse einzelner, sondern ausschließlich
im öffentlichen Interesse vorgenommen, das Vorkaufsrecht dürfe nämlich nur
ausgeübt werden, wenn das Wohl der Allgemeinheit dies rechtfertige.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Hiergegen richtet sich die - vom Verwaltungsgericht zugelassene - Berufung des
Beklagten.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Kläger beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der
Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten dieses Verfahrens sowie des
Verfahrens VG Düsseldorf 13 K 1044/83 und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge
ergänzend Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Berufung des Beklagten ist begründet. Die Klage ist abzuweisen. Die
angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren
Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Rechtsgrundlage für die Heranziehung der Kläger zu Gebühren für die
Ausstellung der Bescheinigung über die der Stadt zustehenden Vorkaufsrechte vom
21. Oktober 1982 ist die Verwaltungsgebührenordnung der Stadt xxx vom 26. Januar
1971 in Verbindung mit § 5 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-
Westfalen vom 21. Oktober 1969 (GV NW S. 712). Nach § 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 dieser
Verwaltungsgebührenordnung werden für Amtshandlungen, die auf Veranlassung
der Beteiligten von städtischen Organen im Interesse einzelner vorgenommen
werden, Gebühren nach Maßgabe des zugehörigen Tarifs erhoben. Dieser sieht nach
seiner Nr. 1 für die Ausstellung von Zeugnissen vorliegender Art einen
Gebührenrahmen von 1,00 bis 30,00 DM vor. Die damit etwa in der Mitte des
vorgesehenen Gebührenrahmens liegende Gebühr ist weder dem Grunde noch der
Höhe nach zu beanstanden.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Zunächst unterliegt es keinem Zweifel, daß die Ausstellung der maßgeblichen
Bescheinigung eine Amtshandlung in Selbstverwaltungsangelegenheiten darstellt
mit der Folge, daß das Gebührengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen vom 23.
November 1971 (GV NW S. 354) i.V.m. der Allgemeinen
Verwaltungsgebührenordnung nicht anwendbar ist. Die in der Bescheinigung des
Beklagten liegende Erklärung, daß ein Vorkaufsrecht entweder nicht besteht oder
nicht ausgeübt wird, fällt in den eigenen Wirkungskreis der Gemeinde. Das im
vorliegenden Rechtsstreit im Vordergrund stehende gemeindliche Vorkaufsrecht
nach dem Bundesbaugesetz dient u.a. der Sicherung der Bauleitplanung. Die
Entscheidung der Stadt, ob sie dieses Recht ausüben will, ist Teil ihrer zum
Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung gehörenden Planungshoheit. Diese
Selbstverwaltungsangelegenheiten nimmt das Gebührengesetz gemäß seinem § 1
Abs. 2 Satz 1 Nr. 2.1 ausdrücklich von seiner Geltung aus.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Nach den genannten Vorschriften ist eine Amtshandlung gebührenpflichtig, wenn
sie von dem als gebührenpflichtig Herangezogenen beantragt worden ist bzw. diesen
unmittelbar begünstigt. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Im Hinblick auf die Vereinbarungen im notariellen Kaufvertrag vom 5. Oktober
1982 ist davon auszugehen, daß der beurkundende Notar die Erteilung der
Negativatteste auch im Auftrag der Kläger beantragt hat. Darüber hinaus werden
die Kläger durch die erteilten Zeugnisse unmittelbar begünstigt. Die Erteilung einer
Bescheinigung nach § 24 Abs. 5 Satz 3 BBauG erfolgt nämlich entgegen ihrer Ansicht
jedenfalls auch zum Vorteil der am Kaufvertrag über ein Grundstück Beteiligten.
Dies folgt bereits daraus, daß nach § 24 Abs. 5 Satz 2 BBauG das Grundbuchamt bei
Veräußerungen den Erwerber nur dann in das Grundbuch eintragen darf, wenn ihm
die Nichtausübung oder das Nichtbestehen des Vorkaufsrechts nachgewiesen ist.
Dieser Nachweis wird gegenüber dem Grundbuchamt durch das von der Gemeinde
auszustellende Zeugnis erbracht, das als Verzicht auf die Ausübung des
Vorkaufsrechts gilt.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Ebenso VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22. Mai 1981 - 2 S 1/80 -, BWNotZ
1982, 175; dazu kritisch Haiduk, BayVBl 1983, 76 ff.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Diese unmittelbare Begünstigung der Kläger wird auch nicht dadurch in Frage
gestellt, daß die der Erteilung eines Zeugnisses nach § 24 Abs. 5 Satz 3 BBauG
vorgeschaltete Prüfung der Gemeinde, ob ein Vorkaufsrecht besteht und ob sie
dieses ggf. ausüben will, überwiegend der Sicherung der gemeindlichen
Bauleitplanung dient. Dieses mit dem Einsatz des Instruments des Vorkaufsrechts
verfolgte Ziel der Sicherung und Durchführung der Planung, der Baulandbeschaffung,
der Verhinderung von Bodenpreissteigerungen und Bodenspekulation sowie der
Vermeidung von Enteignungen stellt nämlich nicht die gebührenpflichtige
Amtshandlung dar. Diese ist vielmehr ausschließlich die auf Antrag erfolgte Erteilung
des Zeugnisses über die Nichtausübung der Vorkaufsrechte. Die Erteilung dieser
Bescheinigung ist nicht Teil der Prüfung und Entscheidung über die Ausübung des
Vorkaufsrechts, wenn sich auch das Ergebnis der Prüfung in dem Zeugnis
niederschlägt. Dies ergibt sich schon daraus, daß § 24 Abs. 5 Satz 3 BBauG nunmehr
die Gemeinde ausdrücklich verpflichtet, auf Antrag ein Zeugnis auszustellen,
während § 24 BBauG in der Fassung vom 23. Juni 1960 eine entsprechende
Regelung noch nicht enthielt. Aus diesem Grund können sich die Kläger auch nicht
auf das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom
26. Oktober 1967</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">- 3 A 75/67 -, OVGE 23, 263 ff. = KStZ 1968, 97 ff.,</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">berufen, ganz abgesehen davon, daß diesem Urteil noch eine
Gebührenpflichtigkeit nach § 6 PrKAG zugrunde gelegen hat, wonach eine
Gebührenpflicht nur für Amtshandlungen begründet werden konnte, die im
wesentlichen im Interesse einzelner erfolgten.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Vgl. Bauernfeind-Zimmermann, Kommunalabgabengesetz für das Land Nordrhein-
Westfalen, 2. Aufl., 1979, § 5 Rdnr. 7.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Hinzu kommt schließlich, daß einer Gebührenerhebung ganz allgemein nicht
entgegensteht, daß die gebührenpflichtige Amtshandlung überwiegend oder gar
ausschließlich im öffentlichen Interesse erfolgt.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Urteil vom 7. November 1980 - 1 C 46.77 -, Buchholz 401.8 Nr. 10;
VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22. Mai 1981, a.a.O..</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die auch im übrigen keinen durchgreifenden Bedenken unterliegende Gebühr ist
auch hinsichtlich der - von den Klägern nicht gerügten - Höhe nicht zu beanstanden.
Insbesondere entspricht der erhobene Betrag von 15,-- DM dem für die
Konkretisierung einer Rahmengebühr maßgeblichen Äquivalenzprinzip</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">vgl. OVG NW, Urteil vom 7. April 1978 - 2 A 98/76 -.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Angesichts des entstandenen Verwaltungsaufwandes dürfte der Beklagte unter
Berücksichtigung des Umstandes, daß das Zeugnis vom 21. Oktober 1982 zwei für
die Kläger bedeutsame und jeweils gebührenpflichtige Erklärungen ausweist, eine
Gebühr von annähernd der Hälfte des vorgesehenen Gebührenrahmens
anfordern.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 VwGO, die
Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 10,
711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür (§§ 132 Abs.
2, 137 Abs. 1 VwGO) nicht vorliegen.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">
</p>
|
315,542 | olgham-1986-06-27-20-u-6886 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 20 U 68/86 | "1986-06-27T00:00:00" | "2019-03-13T15:07:25" | "2019-03-27T09:42:51" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1986:0627.20U68.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Beklagten wird das am 31. Januar 1986 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Arnsberg abgeändert.</p>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p>Auf die Widerklage des Beklagten wird festgestellt, daß der Unfallversicherungsvertrag vom 27.6.1983, Versicherungsschein Nr. ... rechtswirksam ist und durch die Erklärungen der Klägerin im Schreiben vom 11. Juli 1985 nicht aufgehoben worden ist.</p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger nimmt den Beklagten auf Rückzahlung von Leistungen aus einer Unfallversicherung in Anspruch.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Unter dem 15.6.1983 beantragte der Beklagte durch Vermittlung des Versicherungsvertreters ... eine Familien-Unfallversicherung, durch die er - der Beklagte -, seine Ehefrau und die drei Kinder gegen Unfallfolgen (Invalidität/Todesfall) versichert sein sollten. Außerdem sollte bei stationärer Behandlung ein Krankenhaustagegeld zu zahlen sein, und zwar im Falle des Beklagten selbst in Höhe von 150,- DM pro Tag.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">In dem Antragsformular, das der Beklagte und seine Ehefrau unterzeichneten, war auch nach Vorversicherungen gefragt. Die Frage: "Für mich besteht/bestand eine Unfallversicherung bei folgendem Versicherer" wurde mit einem Strich versehen; bei der nachfolgenden Frage: "Die Versicherung besteht noch" wurde die Antwort "nein" angekreuzt.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Diese Angaben waren unzutreffend, denn der Beklagte war bei drei anderen Versicherungen gegen Unfallfolgen versichert. In einem Fall handelte es sich um eine Kraftfahrzeug-Insassenunfallversicherung, die der Beklagte, der von Beruf Transportunternehmer ist, für seine Fahrzeuge abgeschlossen hatte.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Kläger nahm den Versicherungsantrag unverändert an.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Am 23.3.1984 erlitt der Beklagte einen Autounfall und wurde anschließend stationär behandelt. Er zeigte dem Kläger den Unfall mit Schadensanzeige vom 29.5.1984 an. Die Ausfüllung der Schadensanzeige überließ er seiner Ehefrau, die die Anzeige auch selbst unterschrieb.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Ehefrau des Klägers versah die in dem Anzeigeformular gestellten Fragen:</p>
<br /><span class="absatzRechts">9</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="0">
<tr>
<td> </td>
<td><i>"Welche Krankheiten/Gebrechen oder Kriegsdienstbeschädigungen bestanden vor dem Unfall;</i>
<i>Daten früherer Unfälle</i>
<i>Körperschäden</i>
<i>Von welcher Stelle wird Rente bezogen?</i>
<i>Andere Unfallfversicherungsverträge bei:"</i>
<i>mit einem Schrägstrich.</i></td>
</tr>
</table><br />
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die folgende Frage</p>
<br /><span class="absatzRechts">11</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="0">
<tr>
<td> </td>
<td><i>"Name und Anschrift der Krankenversicherung"</i></td>
</tr>
</table><br />
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">beantwortete sie mit "privat" und die weitere Frage:</p>
<br /><span class="absatzRechts">13</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="0">
<tr>
<td> </td>
<td><i>"Name und Anschrift der Berufsgenossenschaft"</i></td>
</tr>
</table><br />
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">mit der Antwort "nicht versichert".</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Kläger zahlte daraufhin bedingungsgemäß Krankenhaustagegeld und Genesungsgeld in Höhe von zusammen 10.080,- DM.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Nachträglich erfuhr der Kläger spätestens Ende Februar 1985 über einen der anderen Unfallversicherer, daß der Beklagte weitere Unfallversicherungen unterhielt.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Daraufhin erklärte der Kläger mit Schreiben vom 11.7.1985 den Rücktritt vom Versicherungsvertrag und die Anfechtung des Versicherungsvertrages wegen arglistiger Täuschung, weil in dem Versicherungsantrag die anderweitigen Unfallversicherungen verschwiegen worden seien. Außerdem berief er sich auf Leistungsfreiheit wegen schuldhafter Obliegenheitsverletzung, weil die anderen Versicherungen auch in der Schadensanzeige nicht angegeben worden seien, und forderte den Beklagten zur Rückzahlung der erbrachten Versicherungsleistungen auf.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Mit derselben Begründung hat der Kläger Klage erhoben und beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">den Beklagten zu verurteilen, an ihn 10.080,- DM nebst 7,5 % Zinsen seit dem 31.7.1985 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Er hat behauptet:</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Bei Antragstellung habe seine Ehefrau den Versicherungsvertreter ... darauf hingewiesen, daß er - der Beklagte - schon anderweitig unfallversichert sei. ... habe jedoch geantwortet, eine umfassende Familienversicherung bestehe dort ja noch nicht. Daher sei die Antragsfrage nach Vorversicherungen zu verneinen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">In der Schadensanzeige seien dann keine falschen Angaben gemacht worden, weil auf weitere "private" Versicherungen hingewiesen worden sei.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Im übrigen hat der Beklagte bestritten, daß noch drei weitere Unfallversicherungen bestanden hätten; es seien nur zwei gewesen. Von deren Existenz habe der Kläger aber schon im Zeitpunkt der Versicherungsleistungen gewußt.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat Widerklage erhoben mit den Anträgen:</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">festzustellen,</p>
<br /><span class="absatzRechts">28</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="1">
<tr>
<td> </td>
<td>1.</td>
<td>daß der Unfallversicherungsvertrag vom 27.06.1983 zu Versicherungs-Schein-Nr.: ... rechtswirksam sei und durch Kündigung vom 11.07.1985, eingegangen am 15.07.1985, nicht aufgehoben worden sei und</td>
</tr>
<tr>
<td> </td>
<td>2.</td>
<td>der Rückerstattungsanspruch gemäß Kündigung vom 11.07.1985 nicht bestehe.</td>
</tr>
</table><br />
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">die Widerklage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Er hat bestritten, daß der Versicherungsvertreter ... auf die anderen Versicherungen hingewiesen worden sei.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat durch Teilurteil der Klage in Höhe von 10.080,- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 31.7.1985 stattgegeben und den Widerklageantrag zu 2. abgewiesen. Im übrigen hat es den Rechtsstreit (wegen des Widerklageantrags zu 1.) im Hinblick auf den Parallelrechtsstreit 2 O 393/85 Landgericht Arnsberg, in dem der Kläger einen der anderen Unfallversicherer auf Leistung in Anspruch genommen hat, gemäß §148 ZPO ausgesetzt.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Beklagte habe sich einer positiven Vertragsverletzung schuldig gemacht, weil er in der Schadensanzeige die anderen Versicherungen verschwiegen habe. Daher stehe dem Kläger ein Schadensersatzanspruch auf Rückzahlung der Versicherungsleistungen zu. Die Widerklage zu 2. sei zulässig, aber unbegründet, weil dem Kläger ein Rückzahlungsanspruch zustehe.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, der unter Wiederholung und Ergänzung seines erstinstanzlichen Sachvortrags geltend macht:</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Die Schadensanzeige sei allein von seiner Ehefrau ausgefüllt worden. Deren mögliches Verschulden habe er sich nicht zurechnen zu lassen. Zudem seien die Fragen in der Schadensanzeige auch äußerst unglücklich formuliert und daher mißverständlich. Jedenfalls sei eine mögliche Obliegenheitsverletzung durch Nichtangabe der anderen Unfallversicherungen aber folgenlos geblieben, weil sie weder auf die Feststellung des Versicherungsfalls noch auf die Feststellung der zu zahlenden Versicherungsleistungen Einfluß gehabt haben könne.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat zunächst auch seinen Widerklageantrag zu 2. wiederholt, in der mündlichen Verhandlung insoweit die Widerklage aber zurückgenommen.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Beide Parteien haben sich, nachdem der Rechtsstreit 2 O 393/85 Landgericht Arnsberg in zweiter Instanz vor dem erkennenden Senat (Aktenzeichen 20 U 4/86) durch Prozeßvergleich vom 18.6.1986 erledigt worden ist, ihr Einverständnis erklärt, daß über den vom Landgericht im Hinblick auf jenen Rechtsstreit ausgesetzten Teil des Verfahrens mitentschieden werde.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt nunmehr,</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung des angefochtenen Urteils</p>
<br /><span class="absatzRechts">40</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="1">
<tr>
<td> </td>
<td>1.</td>
<td>die Klage abzuweisen;</td>
</tr>
<tr>
<td> </td>
<td>2.</td>
<td>festzustellen, daß der Unfallversicherungsvertrag vom 27.06.1983 zu Versicherungs-Schein-Nr.: ... rechtswirksam sei und durch Kündigung vom 11.07.1985, eingegangen beim Kläger am 15.07.1985, nicht aufgehoben worden sei.</td>
</tr>
</table><br />
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Er verteidigt unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Sachvortrags das angefochtene Urteil und trägt ergänzend vor:</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte habe nicht nur die anderen Versicherungen verschwiegen, sondern auch fünf frühere Unfälle nicht angegeben. Hiervon habe er - der Kläger - im Zeitpunkt der Erbringung der Versicherungsleistungen noch nichts gewußt.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Wenn die Ehefrau des Beklagten die Schadensanzeige ausgefüllt und die Frage nach den Vorversicherungen falsch beantwortet habe, müsse der Beklagte sich das zurechnen lassen, weil seine Ehefrau als seine Repräsentantin im versicherungsrechtlichen Sinne anzusehen sei.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der beiderseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen und auf die in den nachstehenden Entscheidungsgründen ergänzend mitgeteilten Tatsachen verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Ehefrau des Beklagten, der Zeugin ..., des Zeugen ... und des Zeugen .... Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Vermerk des Berichterstatters über den Senatstermin vom 27.6.1986 (Blatt ...) Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Die Berufung des Beklagten ist begründet und führt zur Klageabweisung. Die Widerklage des Beklagten hat Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist unbegründet. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Rückzahlung der Versicherungsleistungen nicht zu, weil der Kläger diese Leistungen nicht ohne Rechtsgrund (§812 Abs. 1 BGB) erbracht hat. Der Kläger war vielmehr aus dem Versicherungsvertrag verpflichtet, das vereinbarte Krankenhaustagegeld und Genesungsgeld zu bezahlen.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks"><b>1.)</b></p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Es bedarf an dieser Stelle noch keiner abschließenden Entscheidung, ob der Kläger wirksam von dem Versicherungsvertrag zurückgetreten ist (§§16, 17, 20 VVG). Selbst wenn dem Beklagten vorzuwerfen wäre, daß er bei Antragstellung die anderen Unfallversicherungen verschwiegen hat, und wenn aus diesem Grund der Kläger zum Rücktritt berechtigt gewesen wäre, bliebe die Leistungspflicht gemäß §21 VVG bestehen. Denn die Nichtangabe der Unfallversicherungen ist ohne Einfluß auf den späteren Unfall des Beklagten gewesen. Das Unfallgeschehen ist außer Streit. Der Kläger hat auch nie behauptet, der Unfall könne seitens des Beklagten in irgendeiner Weise manipuliert worden sein, um sich die Leistungen aus den verschiedenen Unfallversicherungen zu erschleichen.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks"><b>2.)</b></p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Auch die im Schreiben vom 11.7.1985 erklärte Anfechtung des Versicherungsvertrages wegen arglistiger Täuschung (§§123 BGB, 22 VVG) ist unbegründet und beseitigt die Leistungspflicht des Klägers nicht. Denn es ist nicht bewiesen, daß der Beklagte die anderen Unfallversicherungen bei Antragstellung vorsätzlich verschwiegen hat.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Die Behauptung des Beklagten, dem Versicherungsvertreter ... seien die anderen Unfallversicherungen bei Antragstellung genannt worden, ist nicht widerlegt.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Zwar hat der Zeuge ... bekundet, ihm seien die Unfallversicherungen nicht angezeigt worden. Auch haben sich keine Bedenken gegen die Glaubwürdigkeit dieses Zeugen ergeben. Gleichwohl steht der Aussage des Zeugen die Aussage der Ehefrau des Beklagten entgegen, die nicht weniger überzeugend erscheint. So ist es durchaus nachvollziehbar, daß die Ehefrau des Beklagten Bedenken wegen der Kosten der neu abzuschließenden Versicherung angemeldet hat, weil schon Unfallversicherungen zugunsten des Beklagten bestünden. Überdies hat der Zeuge ... auch auf Vorhalt des Beklagten eingeräumt, daß die Ehefrau des Beklagten anläßlich der Antragsunterzeichnung noch ergänzende Angaben zu den Geburtsdaten der Kinder gemacht hat. Auch das zeigt, daß die Mitwirkung der Ehefrau des Beklagten bei der Antragstellung sich nicht auf die bloße Unterschriftsleistung beschränkte, sondern daß die Ehefrau des Beklagten auch Angaben zur Sache gemacht hat. Daher erscheint es auch nicht unwahrscheinlich, daß sie bei gleicher Gelegenheit die anderen Unfallversicherungen erwähnt hat.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Auch die von dem Beklagten behauptete, von seiner Ehefrau als Zeugin bestätigte Äußerung des Zeugen ... die Familien-Versicherung sei doch etwas ganz anderes als die schon bestehenden Unfallversicherungen des Beklagten, klingt vor dem Hintergrund der Werbung für eine neu abzuschließende Unfallversicherung durchaus plausibel.</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat daher keinen begründeten Anlaß, der Aussage des Zeugen ... mehr Glauben zu schenken als der Aussage der Zeugin .... Die Möglichkeit, daß dem Zeugen ... im Laufe der Zeit Einzelheiten des Gesprächs anläßlich der Antragstellung entfallen sind - vielleicht, weil er ihnen seinerzeit keine besondere Bedeutung beigemessen hat -, ist nicht auszuschließen.</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Damit kann nicht festgestellt werden, daß bei Antragstellung die anderen Unfallversicherungen bewußt verschwiegen worden sind.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks"><b>3.)</b></p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Der Kläger kann Leistungsfreiheit auch nicht aus einer schuldhaften Obliegenheitsverletzung des Beklagten herleiten.</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Nach §15 II 4 AUB ist der Versicherungsnehmer u.a. verpflichtet, nach einem Versicherungsfall die Schadensanzeige sorgfältig auszufüllen und alle sachdienlichen Fragen zu beantworten. Die Verletzung dieser vertraglichen Obliegenheit führt gem. §17 AUB, der §6 III VVG entspricht, grundsätzlich zur Leistungsfreiheit des Versicherers, wenn der Versicherungsnehmer sich nicht von dem Vorwurf vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verhaltens entlastet oder nachweist, daß die Obliegenheitsverletzung auf die Feststellung des Versicherungsfalls oder der Höhe der Versicherungsleistung keinen Einfluß gehabt hat.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Ob die Frage nach anderweitigen Versicherungen in der Schadensanzeige bei Unfallversicherungen sachdienlich und daher vom Versicherungsnehmer wahrheitsgemäß zu beantworten ist, ist zweifelhaft und streitig. Denn die Unfallversicherung ist keine Schadensversicherung, so daß das Bereicherungsverbot des §55 VVG nicht gilt und auch keine Überversicherung (§51 VVG) oder eine nach §59 VVG abzuwickelnde Doppelversicherung eintreten kann. Der Versicherungsnehmer kann vielmehr grundsätzlich unbegrenzt viele Unfallversicherungen nebeneinander unterhalten. Der Abschluß mehrerer Unfallversicherungen nebeneinander kann aber Rückschlüße auf das subjektive Risiko zulassen, weil die Kumulation mehrerer Unfallversicherungen mit entsprechenden Krankenhaustagegeldansprüchen einen Anreiz bilden kann, Unfälle zu fingieren oder Unfallfolgen zu übertreiben, um in den Genuß der Versicherungsleistung zu kommen.</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Unter diesem Gesichtspunkt hat der Bundesgerichtshof (VersR 82, 182) die Sachdienlichkeit der Frage nach weiteren Unfallversicherungen in der Schadensanzeige bejaht, während der erkennende Senat (VersR 85, 469) sie - unter Zulassung der Revision, über die noch nicht entschieden worden ist - verneint hat. Der Senat neigt nämlich dazu, die Sachdienlichkeit dieser Frage allenfalls dann zu bejahen, wenn der Versicherer bereits bei Antragstellung nach anderen Unfallversicherungen gefragt und damit zu erkennen gegeben hat, daß es ihm für die Beurteilung des zu übernehmenden Risikos auf diesen Gesichtspunkt entscheidend ankommt.</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Im vorliegenden Fall bedarf die Frage im Ergebnis keiner Entscheidung, weil der Kläger auch dann nicht leistungsfrei geworden ist, wenn man die Sachdienlichkeit bejaht, weil der Kläger schon im Antragsformular nach anderen Unfallversicherungen gefragt hatte.</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">aa)</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">Die Ehefrau des Klägers hat die Frage nach den anderen Unfallversicherungen verneint, indem sie sie mit einem Strich versehen hat. Die Antwort "private" bezieht sich nur auf die Frage nach Krankenversicherungen, nicht auf die Frage nach Unfallversicherungen. Daß die Beantwortung der Fragen so gemeint worden war, hat die Ehefrau als Zeugin auch selbst bestätigt.</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Die Vermutung (§§17 AUB, 6 III VVG), daß die Ehefrau die Frage vorsätzlich wahrheitswidrig verneint hat, ist nicht widerlegt. Denn sie hat als Zeugin bestätigt, daß sie die Unfallversicherungen bewußt nicht angegeben hat. Die Erklärung, die sie dafür gegeben hat - sie habe geglaubt, der Kläger wolle sich an den Unfallgegner halten, um dort Rückgriff zu nehmen; einen Unfallgegner habe es aber nicht gegeben, daher habe sie die Frage unbeantwortet gelassen - ist nicht nachvollziehbar. Ein den Vorsatz ausschließender Irrtum kann daher nicht festgestellt werden.</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">bb)</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte muß sich die schuldhaft falsche Beantwortung der Fragen durch seine Ehefrau auch zurechnen lassen, denn er hat seiner Ehefrau die Ausfüllung der Schadensanzeige zur selbständigen Bearbeitung übertragen, und er hat ihr darüber hinaus nach eigenem Vortrag "üblicherweise" den "Schriftkram" mit den Versicherungen überlassen. Damit war seine Ehefrau entweder seine Repräsentantin im versicherungsrechtlichen Sinn oder aber seine Wissenserklärungsvertreterin, deren Verschulden er sich entsprechend §166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen muß (vgl. hierzu BGH VersR 52, 428; 67, 343, 344; 81, 948, 950).</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">cc)</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">Das Verschweigen der anderweitigen Unfallversicherungen hat auf die Feststellung des Versicherungsfalls oder der Versicherungsleistungen allerdings keinen Einfluß gehabt. Denn der Versicherungsfall ist unstreitig, die zu erbringenden Versicherungsleistungen ergeben sich unmittelbar aus dem Versicherungsvertrag und sind in ihrer Höhe unabhängig von den Leistungen der anderen Unfallversicherer, weil die Unfallversicherung keine Sachversicherung ist. Bei vorsätzlichen Obliegenheitsverletzungen tritt Leistungsfreiheit grundsätzlich aber auch dann ein, wenn die Obliegenheitsverletzung ohne Einfluß auf die Feststellung des Versicherungsfalls oder der Versicherungsleistung geblieben (§17 AUB, §6 III VVG). Die nach der Rechtsprechung erforderliche Belehrung über diese Rechtsfolge (Prölss-Martin, Ververtragsgesetz, 23. Auflage 1984, §34 Anm. 3 C) ist in der Schadensanzeige enthalten. Denn dort heißt es unmittelbar vor der Zeile für die Unterschrift des Versicherungsnehmers: "Durch bewußt unwahre oder unvollständige Angaben verliert der Versicherungsnehmer auch dann den Versicherungsschutz, wenn dem Versicherer kein Nachteil entsteht".</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">Nach den von der Rechtsprechung hierzu entwickelten Grundsätzen muß die vorsätzliche, folgenlose Obliegenheitsverletzung allerdings für die Schadensregulierung "relevant" geworden sein, um die Leistungsfreiheit des Versicherers zu begründen. Das setzt voraus, daß das Verschulden des Versicherungsnehmers schwer wiegt und daß berechtigte Interessen des Versicherers ernsthaft gefährdet worden sind (Prölss-Martin a.a.O. §17 AUB Anm. 2; BGH VersR 82, 182, 183). Beides läßt sich hier jedoch nicht feststellen.</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">Der gemäß §§17 AUB, 6 III VVG vermutete Vorsatz der Ehefrau des Beklagten ist nicht widerlegt. Die Überlegungen, die die Ehefrau des Beklagten angestellt haben will, entschuldigen sie zwar nicht, weil sie nicht ohne weiteres nachvollziehbar sind. Andererseits zeigen diese Überlegungen aber, daß die Ehefrau des Beklagten den Sinn der Fragestellung erkennbar nicht voll erfaßt hatte. Sie hat als Zeugin zudem glaubhaft bekundet, sie habe angenommen, der Kläger werde sich schon melden, wenn ihm die Beantwortung der Fragen nicht ausreiche.</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Anhaltspunkte dafür, daß sie die anderen Versicherungen planmäßig verschwiegen hat, um die Auszahlung der Versicherungsleistung durch den Kläger zu beeinflussen, sind nicht ersichtlich. Das Unfallgeschehen ist unstreitig und vom Kläger nie in Zweifel gezogen worden. Ein Motiv für eine bewußte Verschleierung der tatsächlich bestehenden weiteren Versicherungen ist daher nicht erkennbar. Zudem ist auch nicht festzustellen, daß die anderen Unfallversicherungen schon bei Antragstellung bewußt verschwiegen worden wären. Auch insoweit deutet daher nichts darauf hin, daß der Kläger planmäßig im unklaren gelassen werden sollte.</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">Darüber hinaus sind auch berechtigte Interessen des Klägers nicht ernsthaft gefährdet worden.</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">In der Unfallversicherung ist der gleichzeitige Abschluß mehrerer Versicherungsverträge bei verschiedenen Gesellschaften nicht verboten und hat auch keinen Einfluß auf die Höhe der jeweiligen Versicherungsleistung. Das Bestehen mehrerer Versicherungsverträge berechtigt den Unfallversicherer daher nicht zur Leistungsverweigerung. Es kann daher für ihn nur insoweit von Interesse sein, als es möglicherweise Rückschlüsse auf das subjektive Risiko zuläßt und unter Umständen Anlaß geben kann, die gesetzlich vermutete Unfreiwilligkeit des vom Versicherungsnehmer behaupteten Unfallgeschehens (§180 a I VVG) näher zu überprüfen.</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat jedoch auch nach Bekanntwerden der weiteren Unfallversicherungen das vom Beklagten behauptete Unfallgeschehen nie in Zweifel gezogen. Er trägt zudem auch nicht vor, daß und gegebenenfalls welche weiteren Erhebungen er veranlaßt hätte, wenn er schon mit der Schadensanzeige auf die anderen Unfallversicherungsverträge hingewiesen worden wäre. Der Kläger selbst geht somit nach wie vor von einem echten Unfall aus, so daß seine Leistungspflicht nach wie vor außer Zweifel steht. Daraus folgt, daß das berechtigte Interesse des Klägers an wahrheitsgemäßen Angaben, daß ihn vor ungerechtfertigter Inanspruchnahme schützen soll, hier jedenfalls <u>nicht ernsthaft</u> gefährdet worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks"><b>4.)</b></p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">Der Kläger kann seine Leistungsfreiheit auch nicht darauf stützen, daß - so sein Vortrag zweiter Instanz - der Beklagte fünf frühere Unfälle nicht angegeben habe.</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">Rücktritt oder Anfechtung des Versicherungsvertrages kann er hierauf schon deshalb nicht stützen, weil in dem Versicherungsantrag nach früheren Unfällen nicht gefragt worden war und für arglistiges Verschweigen der Unfälle, von denen nicht einmal die Daten mitgeteilt worden sind, nichts ersichtlich ist (§18 VVG). Im Antragsformular war lediglich nach Unfallfolgen gefragt worden. Daß solche bestanden hätten und verschwiegen worden wären, wird nicht behauptet.</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">Soweit es um die Beantwortung der Frage nach den Daten früherer Unfälle in der Schadensanzeige geht, fehlt es an tatsächlichem Vortrag des Klägers, welcher Art die Unfälle gewesen und wann sie sich ereignet haben sollen. Damit läßt sich bereits objektiv nicht feststellen, ob es sich um offenbarungspflichtige Unfälle oder möglicherweise um Bagatellunfälle gehandelt haben kann, die nicht ohne weiteres angegeben werden müssen. Zudem ist dem Beklagten durch den unsubstantiierten Vortrag, es seien fünf Unfälle nicht angegeben worden, auch die Möglichkeit genommen, sich sachgerecht gegen den gesetzlich vermuteten Vorwurf vorsätzlichen und grob fahrlässigen Verschweigens der Vorunfälle zu verteidigen.</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">Die Widerklage, mit der der Beklagte Feststellung des Fortbestehens des Versicherungsverhältnisses begehrt, ist zulässig (§256 ZPO) und auch begründet.</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks"><b>1.</b></p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">Das Feststellungsinteresse des Beklagten folgt daraus, daß der Kläger das Versicherungsvertragsverhältnis aufgrund seiner Erklärungen im Schreiben vom 11.07.1985 als beendet ansieht.</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks"><b>2.</b></p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">Der Antrag ist begründet.</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">Die im Schreiben vom 11.7.1985 erklärte Anfechtung des Versicherungsvertrages ist unbegründet, weil - wie ausgeführt - nicht bewiesen ist, daß der Beklagte den Kläger bei Antragstellung arglistig getäuscht hat.</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">Der auf §§16, 17, 20 VVG gestützte Rücktritt vom Versicherungsvertrag ist unbegründet, weil er nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von einem Monat ab Kenntnis des Versicherers von der Anzeigepflicht Verletzung erklärt worden (§20 Abs. 1 VVG). Aus dem Schreiben des Klägers vom 1.3.1985 ergibt sich nämlich, daß der Kläger spätestens Ende Februar 1985 von den anderweitigen Unfallversicherungen wußte und auch die Namen der Versicherer erfahren hatte. Damit stand bereits zu diesem Zeitpunkt fest, daß die Antragsfrage nach anderweitigen Unfallversicherungen objektiv falsch beantwortet worden war. Der Rücktritt ist dann jedoch mehr als sechs Monate später, nämlich mit Schreiben vom 11.7.1985, erklärt worden.</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks"><b>III.</b></p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus §91 ZPO. Der in zweiter Instanz zurückgenommene Widerklageantrag zu 1) hat besondere Kosten nicht ausgelöst, weil die damit begehrte Feststellung, daß ein Rückzahlungsanspruch des Klägers nicht bestehe, bereits in dem Antrag auf Klageabweisung enthalten gewesen ist und daher den Streitwert nicht erhöht hat.</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">Eines Ausspruchs über die Vollstreckbarkeit bedarf es nicht, weil ein Rechtsmittel gegen dieses Urteil nicht statthaft. Die Beschwer des Klägers wird auf 14.580,- DM festgesetzt.</p>
|
315,543 | olgk-1986-06-26-1-u-1286 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
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} | 1 U 12/86 | "1986-06-26T00:00:00" | "2019-03-13T15:07:26" | "2019-03-27T09:42:51" | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1986:0626.1U12.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Beklagten wird das am 10. Dezember 1985 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 82 0 163/82 ‑</p>
<p></p>
<p>abgeändert und insgesamt neu gefaßt wie folgt:</p>
<p></p>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Tatbestand:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin, eine Aktiengesellschaft französischen Rechts mit Sitz in Q. geht gegen die Beklagte aus abgeleitetem Recht vor. Die Klägerin ist eine berufs­ständische Vereinigung französischer Konfektionsher­steller. Zu ihren Anschlußfirmen gehört die derzeit in Konkurs befindliche Firma K., eine Herstellerin von Damenbekleidung.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat 1978 von Firma K. deren Herbstkollek­tion bezogen. Die betreffenden Bestellungen wurden auf Formularsätzen Fa. K.              erteilt, die auf ihrer Vorderseite jeweils auf die rückseitig abgedruckten Allgemeinen Geschäftsbedingungen verweisen, welche in französischer Sprache gehalten sind, sich in ihrem Art. 1 auf Verkaufsbedingungen des französischen Ver­bandes der Damenbekleidungsindustrie beziehen und auf Art. 1583 des Code Civil Bezug nehmen, welcher auch im Wortlaut wiedergegeben wird. Für Rechtsstreitigkeiten vor ordentlichen Gerichten soll das Gericht am Sitz des Verkäufers, der Firma K., zuständig sein, sofern diese es nicht vorzieht, am Geschäftsort des Käufers zu klagen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Für die betreffenden Lieferungen steht ein Betrag von gut 52.000 FF offen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Unter dem 11. Juni 1979 schlossen die Klägerin, die sich als Factoringgesellschaft bezeichnet, und Firma K. einen "Inkassoabtretungsvertrag", wonach auch die For­derungen gegen die Beklagte "zum Zwecke der Einziehung abgetreten" wurden. In Punkt 6 dieses Vertrages war be­stimmt, die Abtretung solle deutschem Recht unterliegen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Im vorliegenden Rechtsstreit macht die Klägerin die ge­nannten offen stehenden Kaufpreisforderungen der Firma K. geltend. Sie hält sich dazu aufgrund des genannten Inkassoabtretungsvertrages für aktivlegitimiert. Die betreffende Abtretung sei deutschem Recht unterstellt worden, um die Schwerfälligkeit von Abtretungen nach französischem Recht gemäß Art. 1690 Code Civil zu vermei­den. Danach nämlich wäre die Mitteilung der Abtretung durch den Gerichtsvollzieher an den Schuldner oder die Anerkennung der Abtretung durch den Schuldner in einem "authentischem Akt" notwendig, woran es - unstreitig - vorliegend fehlt. - Jedenfalls aber liege ein Rechtserwerb nach Art. 1249 ff Code Civil, sog. Subrogation, vor.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte bestreitet die Aktivlegitimation der Klägerin. Die Abtretung hält sie wegen Verstoßes gegen französiche Rechtsvorschriften für unwirksam und wendet sich gegen die Berechtigung der streitigen Forderungen auch unter Berufung auf Mängel der gelieferten Ware.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Im ersten Rechtszug war von den Parteien übereinstimmend die materielle Berechtigung der eingeklagten Forderungen unter Zugrundelegung deutscher Rechtsvorschriften er­örtert worden.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat der Klage im wesentlichen stattge­geben.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Hiergegen hat die Beklagte frist- und formgerecht Be­rufung eingelegt, mit der sie weiterhin Klageabweisung begehrt. Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den vorgetragenen Inhalt der ausgetauschten Schriftsätze und die zur Akte gereichten Unterlagen, die sämtlich Gegenstand der münd­lichen Verhandlung waren.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg. Denn die Klägerin hat den ihr obliegenden Nach­weis nicht führen können, Inhaberin der Forderung zu sein.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat sich in erster Linie darauf gestützt, sie habe die Klageforderung durch den Abtretungsvertrag vom 11.6.1979 mit Firma K. erworben.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Nach Wertung des Senates hat dieser Vertrag einen Über­gang der streitigen Forderungen auf die Klägerin jedoch nicht zur Folge gehabt. Denn zum damaligen Zeitpunkt hätte eine Abtretung nach französischem Recht erfolgen müssen, womit die Anforderungen von Art. 1690 Code Civil zu wahren gewesen wären. Daran aber fehlt es.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Nach allgemeiner Auffassung, die der Senat für zutref­fend hält, ist die Abtretung einer Forderung grundsätz­lich nach dem Privatrecht zu beurteilen, dem die abge­tretene Forderung selbst unterliegt (vgl. Kegel, Internationales Privatrecht, 5. Aufl., S. 428; Gerth, WM 1984, 793; BGHZ 87, 19 = WM 83, 411; BGH WM 57, 1574 und RGZ 65, 357 für deutsch-/französischrechtlichen Fall).</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Demnach war am 11.06.1979 die Abtretung der Kaufpreis­forderungen nach den Anforderungen derjenigen Rechts­ordnung zu beurteilen, der die Forderungen selbst damals unterlagen. Dies ist, wie noch auszuführen sein wird, französisches Privatrecht.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Von dieser Regelung, wonach die Abtretung nach dem Recht zu beurteilen ist, von dem die abgetretene Forderung beherrscht wird, ist auch nicht etwa deshalb eine Ausnahme zu machen, weil die Klägerin mit Firma K. am 11.06.1979 vereinbart hatte, ihre Abtretung solle deutschem Recht unterliegen. - Grundsätzlich ist zwar im schuldrechtlichen Bereich, zu dem sich auch die Abtretung zählen läßt, der Parteiwille für die Rechtswahl bedeutsam. Diese von der Rechtsordnung res­pektierte Privatautonomie gilt aber nur in dem Be­reich, der der eigenen Disposition unterliegt. Somit können nur die an einer schuldrechtlichen Vereinbarung beteiligten Vertragsparteien selbst deren privatrecht­liche Einordnung bestimmen. Dritten Personen aber ist dies verwehrt, da man ihnen sonst erlaubte, zu Lasten Dritter Bestimmungen zu treffen. Hieraus folgt, daß der Alt- und der Neugläubiger eines Abtretungsvertrages zwar das Recht haben, zwischen sich festzulegen, nach welchem Privatrecht sie das Geschäft regeln wollen, das Anlaß für die Abtretung gibt, wie z. B. Kauf, Schenkung oder Inkassoauftrag, das sog. Grundgeschäft. Die eigentliche Abtretung dürfen sie aber nicht willkürlich einer anderen Rechtsordnung unterstellen, als der für die abgetretene For­derung geltenden. Hierdurch nämlich würden sie regelnd in einen ihrer Disposition nicht unterstehenden Bereich eingrei­fen. Grundsätzlich nämlich soll die für ein Rechtsver­hältnis maßgebliche Ordnung auf dieses in jeder Hinsicht angewandt werden. Die betreffende Rechtsordnung bestimmt über Entstehung, Untergang, Übergang einschließlich Ab­tretung udgl. (Vgl. zu diesem allgemeinen Grundsatz Kegel, aa0, S. 373). Die Parteien des ursprünglichen Rechtsge­schäftes, hinsichtlich dessen eine Forderung abgetreten werden soll, haben zu bestimmen gehabt, wie und nach welcher Privatrechtsordnung diese Behandlung erfolgen sollte. Ihnen würde man vielleicht sogar das Recht zuge­stehen, von vornherein zwischen sich zu bestimmen, eine demnächstige Abtretung dürfe gemäß einer zweiten Privat­rechtsordnung als der des Ursprungsgeschäfts vorgenommen werden (sog. Nebenstatut, vgl. Palandt-Heldrich, Anm. 2 a aa vor Art. 12 EGBGB). Dritte aber dürfen in diesen Bereich nicht hineinregieren(vgl. hierzu auch Gerth in WM 1984, 793 ff, 794 mit Hinweisen auf die franz. Rechtsprechung). Dies aber würde man Alt- und Neugläubigern zugestehen, wollte man ihnen erlauben, allein durch Vereinbarung zwischen sich die maßgebliche Rechtsordnung für die Abtretung einer bestehenden Forderung abweichend von dem für diese geltenden Privatrecht festzulegen. Dies könne auch durchaus schwerwiegende Folgen haben, wie der vorliegende Fall zeigt. Denn das französische Recht sieht für die Abtretung in erheblichem Maße schuldnerschützende For­malien vor, die dem deutschen Recht fremd sind. Um diesen Schutz darf der Schuldner nicht ohne seine Zu­stimmung gebracht werden. - Die Verabredung zwischen der Klägerin und Firma K. vom 11.06.1979, die Abtretung der französischem Recht folgenden Forderung dem deutschtem Recht zu unterstellen, hatte somit keine Wirkung.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Vielmehr ist es bei dem Grundsatz verblieben, daß die damalige Abtretung nach der an diesem Tag für die For­derung geltenden Privatrechtsordnung zu beurteilen war. Dies ist französisches Privatrecht.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Es handelt sich nämlich um einen Kaufvertrag über be­wegliche Sachen, die von Frankreich nach Deutschland grenzüberschreitend geliefert werden sollten. - Gleich­wohl ist das einheitliche Gesetz über den internationalen Kauf beweglicher Sachen - EKG - nicht anwendbar. Denn nach der in Deutschland geltenden Fassung (vgl. Dölle, Komm. zum EKG, Rdnr. 13 zu Art. 1) gilt es nur für Ge­schäfte, bei denen Käufer und Verkäufer beide in Vertragsstaaten des betreffenden Haager Abkommens sitzen. Frankreich gehört aber nicht dazu, da es das EKG gerade ablehnt (vgl. Kegel, aa0 S. 392, s. auch Aufzählung der am Abkommen betei­ligten Länder bei Palandt-Putzo, Anm. 5 b vor § 433 BGB).</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Das für die kaufvertraglichen Beziehungen zwischen Firma K. und der Beklagten maßgebliche Privatrecht ist so­mit nach deutschen international-privatrechtlichen Grundsätzen zu ermitteln. Dieses sieht bei schuldrecht­lichen Verträgen vor, daß grundsätzlich das von den Par­teien ausdrücklich oder stillschweigend vereinbarte Recht oder dasjenige gilt, welches bei Fehlen einer realen Verabredung dem hypothetischen Parteiwillen ent­spricht.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Eine ausdrückliche Vereinbarung über die Anwendung eines bestimmten nationalen Privatrechts zwischen Firma K. und der Beklagten bei Kaufvertragsschluß ist nicht be­hauptet und auch nicht ersichtlich.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Eine solche Vereinbarung ergibt sich aber als still­schweigende aus dem gesamten, als Indiz zu wertenden Umständen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Derartige Indizien sind u. a. Verweisungen auf Normen eines bestimmten Rechtsgebietes in den Verabredungen der Parteien. Dies ist vorliegend in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Firma K. hinsichtlich französischen Rechtes der Fall. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Firma K. sind für die betreffenden Kaufverträge verbindlich vereinbart gewesen, da die Be­stellungen auf Formularen erfolgten, die darauf ver­wiesen und rückseitig die AGB enthielten. Damit sind die Voraussetzungen für eine Einziehung dieser AGB im kaufmännischen Verkehr gegeben gewesen (vgl. dazu BGH in NJW 1983, 523; Palandt-Heinrichs, Anm. 6 zu § 2 AGBGB). - Weiterhin ist es bedeutsam, wenn die Abreden zwischen den Parteien auf Handelsbräuche oder Regelungswerke verweisen, die einen erkennbaren Bezug zu einem bestimmten Rechtskreis aufweisen. Dies ist in den AGB der Firma K. der Fall, da dort auf Richtlinien der französischen Damenbekleidungsindustrie verwiesen wird, die ihrerseits im französischen Rechts­gebiet ihre Basis haben. - Ganz allgemein wird auch die Akzeptierung von AGB des Vertragsgegners, die in dessen Sprache gehalten sind und auf sein Rechtssystem Bezug nehmen, als Hinweis für eine stillschweigende entspre­chende Rechtswahl zu werten sein (vgl. BGH in NJW 1983, 523). - Ein weiteres bedeutsames Indiz ist die Verein­barung eines einheitlichen Gerichtsstands für beide Teile im betreffenden Rechtsgebiet. Dies ist vorliegend der Fall, weil für beide Vertragsteile Rechtsstreitig­keiten grundsätzlich am Sitz der Verkäuferin ausgetra­gen werden sollten. Nur diese besaß das Recht, sich auch ans Wohnsitzgericht des Käufers zu wenden.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Aus den genannten Umständen ist eine stillschweigende Wahl des französischen Rechts bereits zu bejahen. -</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Im übrigen wäre jedenfalls anzunehmen, daß die Heran­ziehung französischen Privatrechts wenigstens dem hypo­thetischen Parteiwillen entsprochen hätte. Hierauf hätten wiederum die genannten Indizien gedeutet sowie die Tatsache, daß die Erfüllung der vertragstypischen Leistung, nämlich die Lieferung der Kaufsache am Sitz der Verkäuferin, der Firma K., einer Gewerbetreibenden, zu erfolgen hatte. Nach allgemeiner Auffassung im deutschen Privatrecht, die der Senat teilt, entspricht bei grenzüberschreitenden Kauf­verträgen die Heranziehung des Rechts am Sitz des Verkäufers grundsätzlich dem hypothetischen Parteiwillen (vgl. Kegel, aa0 S. 338; Gerth..; WM 1984, 793; Palandt-Heldrich, Anm. 2 a cc vor Art. 12 EGBGB).</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Ergebnis spricht nicht, daß die Parteien im ersten Rechtszug die materielle Berechtigung der Ansprüche unter Betrachtung deutscher Rechtsnormen diskutiert haben. Solche Berufung auf Sätze eines bestimmten Rechtes im Prozeß kann im Regelfall Indizwirkung dafür haben, die Parteien hätten von Anfang an ihre Rechtsbeziehungen dem betreffenden Rechtskreis unterstellen wollen.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Dies ist vorliegend aber nicht der Fall, da die Klägerin nicht Partei der ursprünglichen Kaufvertragsvereinbarung ist und ihr jetziges Verhalten somit keine Indizwirkung besitzt. Die Berufung der Beklagten auf deutsche Rechts­sätze in der ersten Instanz reicht wiederum für sich als Indiz angesichts der zahlreichen und von der Bedeutung her überwiegenden anderen Gesichtspunkte, die oben genannt wurden, nicht aus, um anzunehmen, Firma K. und die <em>Be­klagte </em>hätten die Kaufverträge deutschem Recht unter­stellen wollen.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die Berufung der Prozeßparteien auf Normen eines be­stimmten Privatrechts kann neben der genannten Indiz­wirkung aber nach einhelliger, vom Senat geteilter Auf­fassung grundsätzlich auch eine wirksame, stillschweigende, nachträgliche und rückwirkende Vereinbarung beinhalten, die streitige Forderung solle der Rechtsordnung unterstellt werden, zu der die im Verfahren angesprochenen Normen ge­hören. Eine solche Abrede wäre dann auch über die Instanz hinaus bindend (vgl. BGH in NJW 1981, 1606; Schack, NJW 1984, 2736/7 mit weiteren Nachweisen; Kegel, aa0, S. 381 und Palandt-Heldrich, Anm. 2 a aa vor Art. 12 EGBGB). Vorliegend stellte das Verhalten der Parteien in der ersten Instanz aber keine derartige nachträgliche Abrede über die Heranziehung deutschen Privatrechtes dar.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Einmal nämlich ist eine solche stillschweigende Rechtswahl durch prozessuales Verhalten dann nicht der Fall, wenn die Diskussion deutscher Rechtsvorschriften möglicher­weise nur darauf beruht, daß die Parteien irrig davon ausgehen, deutsches Recht sei ohnehin aufgrund früherer ausdrücklicher, stillschweigender oder hypo­thetischer Wahl oder wegen des Erfüllungsortes an‑wendbar (vgl. BGH in NJW 1959, 1873; RGZ 151, 193 ff, 199 und Schack, NJW 1984, 2738). - Dies war vorliegend der Fall. Denn, wie der Akteninhalt zeigt, ging die Diskussion deutscher Rechtsvorschriften im ersten Rechts­zuge erkennbar nur darauf zurück, daß die Klägerin in einem Schriftsatz die Auffassung vertreten hatte, es müsse deutsches Recht deshalb angewandt werden, weil sich dieses mangels entsprechender anders lautender Vereinbarung von selbst allein aus dem Erfüllungsort für die Zahlung der Kaufpreisschuld ergebe (BI. 4 GA).</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Selbst wenn man im letzten Punkt anderer Auffassung wäre, bliebe das Verhalten der Parteien im ersten Rechtszug aber bedeutungslos für die privatrecht­liche Einordnung der Kaufpreisverbindlichkeit. Derar­tige nachträgliche Abreden nämlich können nur zwischen den Parteien erfolgen, die Inhaber der betreffenden schuldrechtlichen Beziehungen sind. Andernfalls würde man dritten Personen gestatten, regelnd in fremde Rechts­verhältnisse einzugreifen, also zu lasten Dritter Ver­einbarungen zu treffen. - Vertragspartei für den Kaufver­trag waren Firma K. und die Beklagte. Da die Klägerin nicht durch Abtretung bereits Inhaberin der betreffenden Forderungen ist, besitzt sie keine Legitimation, die privatrechtliche Einordnung dieser Ansprüche nachträglich abweichend von den ursprünglichen Parteiabreden dem deutschen Recht zu un­terstellen. Eine solche nachträgliche Abrede ist der Beklagten und Firma K. vorbehalten.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Nach somit anzuwendenden französischen Recht ist die am 11.6.1979 vorgenommene Abtretung aber unwirksam ge­wesen, da weder die nach Art. 1690 Code Civil erforderliche Benachrichtigung der Beklagten durch den Gerichts­vollzieher erfolgt ist nach die Beklagte die Abtretung in einem authentischen Akt anerkannt hat.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, sie sei neben der genannten Abtretung auch durch einen anderen Vorgang, nämlich die sog. Subrogation nach Art. 1249 ff Code Civil Gläubigerin geworden. - Das französische Recht kennt allerdings einen Rechtserwerb in Form der cessio/legis durch Zahlung der Schuldsumme an den Altgläubiger (vgl. Ferid, Französisches Zivilrecht, Band 1, S. 566 ff, 570 ff). - Die Klägerin hat aber nicht den Nachweis geführt, daß sie tatsächlich die Schuldsumme der streitigen Kaufpreisforderungen entgegen dem Bestreiten der Beklagten an Firma K. gezahlt hätte.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Für ihren diesbezüglichen Vortrag der Berufungserwiderung hat sie Beweis nicht angetreten. Die Behauptung, die Zahlung ergebe sich schon daraus, daß in Frankreich nur sog. echtes Factoring vorkomme, bei dem eine Zahlung anden Altgläubiger erfolge, reicht nicht aus. Selbst wenn dies so seit sollte, hätte es der Klägerin oblegen, Be­weise dafür anzutreten, daß sie derart vorliegend tätig geworden wäre. Irgendwelche nachvollziehbaren und unter Beweis gestellten Einzelheiten dafür sind nicht vorgebracht. Die bisher vorgetragenen Umstände und Unterlagen sprechen vielmehr sogar dagegen. So ist nicht verständ­lich, weshalb die Klägerin sich auf diese Umstände nicht früher berufen hätte, wenn sie zutreffen würden, und weshalb sie noch in ersten Instanz ausdrücklich geltend gemacht hat, man habe die Abtretung nach deutschem Recht gewollt, daß die französische Abtretung zu umständlich sei. Gegen den jetzigen Vortrag der Klägerin spricht im übrigen, daß Firma K. in einem Verfahren des Herrn Matt gegen Firma K. auf Provisionszahlung ausweislich eines vorliegenden Teilstücks eines Urteils des Handelsgerichts Lyon noch 1982 versucht hat, mit den jetzt eingeklagten Forderungen aufzurechnen (vgl. Hülle Bl. 306 GA). Bei einer bloßen Inkassoabtretung zugunsten der Klägerin wäre dies vorstellbar; mit einer Subrogation verein­barte es sich hingegen schwerlich.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Es ist für den Senat auch nicht ersichtlich, daß die Voraussetzungen für eine Abtretung vorliegend durch die Bestimmungen der sog. Loi Dailly vom 02.01.1981 er­leichtert worden wären (vgl. dazu die Angaben bei Gert, WM 1984, 793 in Fußnoten 7 und 16 a). Abgesehen davon, daß die Loi Dailly vom 2.1.1981 jünger ist als der hier fragliche Abtretungsvertrag vom 11.6.1979 wäre Voraus­setzung, daß es sich um eine Abtretung zur Erleichterung der Kreditgewährung gehandelt hätte und eine bestimmte Aufstellung abgetretener Forderungen, ein sog. bordereau aufgestellt und dem Kreditinstitut übergeben worden wäre. Für all' dies ist nichts ersichtlich und von den Par­teien auch nichts vorgetragen. Jedenfalls ist, wie be­reits dargelegt, nicht unter Beweis gestellt, daß die Klägerin irgendwelche Zahlungen oder Kredite an Firma K. geleistet hätte.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Nach alledem ist die Klägerin derzeit nicht aktivlegi­timiert. Die Klage war daher abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Angesichts dessen bedarf es keiner weiteren Ausführun­gen dazu, ob der Senat dem materiellen Ergebnis des angefochtenen Urteils ohne weiteres zu folgen bereit wäre oder ob hier erst, wofür manches sprechen könnte, ergänzende und wiederholte Beweiserhebungen erforder­lich wären.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 91 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Wert der Berufung und Beschwer für die Klägerin: 18.754,60 DM.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Beschwer für die Beklagte: 0,-- DM.</p>
|
315,544 | olgham-1986-06-23-18-u-16685 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
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"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 18 U 166/85 | "1986-06-23T00:00:00" | "2019-03-13T15:07:28" | "2019-03-27T09:42:50" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1986:0623.18U166.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Beklagten wird das am 22. März 1985 verkündete Schlußurteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts xxx abgeändert.</p>
<p></p>
<p>Die Klage wird in dem noch anhängigen Umfange abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des ersten Rechtszuges werden gegeneinander aufgehoben.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,-- DM abzuwenden, sofern nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p>
<p></p>
<p>Die Sicherheitsleistung kann durch unbefristete selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Bank oder eines öffentlich-rechtlichen Kreditinstitutes erbracht werden.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil beschwert die Klägerin um 42.750,-- DM.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Tatbestand</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin verlangt von der Beklagten Maklerprovision für die Vermittlung eines Grundstücks mit einer Wohnanlage xxx.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Xxx, die frühere Eigentümerin, hatte der Klägerin einen Vermittlungsauftrag erteilt. Als Verkäuferprovision waren 1,5 % der Verkaufssumme zuzüglich Mehrwertsteuer vereinbart. Die Klägerin bot dieses Objekt der Beklagten an und vereinbarte dabei für den Fall des Kaufabschlusses eine Provision von 3 % zuzüglich Mehrwertsteuer. Bei einer gemeinsamen Besichtigung einigten sich die Grundstückseigentümerin und die Beklagte darauf, die ursprüngliche Kaufpreisforderung von 2.600.000,-- DM um 100.000,- DM zu reduzieren; die Beklagte verpflichtete sich, auch die von der Grundstückseigentümerin zu entrichtende Maklerprovision in Höhe von 1,5 % zuzüglich Mehrwertsteuer zu übernehmen. Am 8. Juni 1984 wurde der notarielle Kaufvertrag zwischen der Beklagten und xxx abgeschlossen. § 18 des notariellen Kaufvertrages enthält folgende Regelung:</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">"Erwerberin zahlt an die xxx eine Maklerprovision von 3% zuzüglich Mehrwertsteuer vom vereinbarten Kaufpreis von 2.500.000,-- DM nach erfolgter Eigentumsumschreibung."</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Xxx zahlte, nachdem die Beklagte bis dahin keine Provision an die Klägerin entrichtet hatte, an diese eine Provision von 1,5% zuzüglich Mehrwertsteuer, deren Erstattung die Beklagte inzwischen in einem Verfahren vor dem Landgericht xxx (12 O 526/84) anerkannt hat.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Im vorliegenden Rechtsstreit hat die Klägerin Zahlung der mit der Beklagten als Erwerberin vereinbarten Maklerprovision von 3 % zuzüglich Mehrwertsteuer in Höhe von insgesamt 85.000,-- DM nebst 10% Zinsen seit dem 15. August 1984 beantragt. Durch Teilurteil vom 5. Dezember 1984 ist der Klage in Höhe von 42.750,-- DM zuzüglich 5 % Zinsen seit dem 15. August 1984 bereits stattgegeben worden (Bl. 43 der Akten).</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, an sie 85.500,-- DM nebst 10% Zinsen seit dem 15. August 1984 abzüglich des durch Teilurteil vom 5. Dezember 1984 ausgeurteilten Betrages zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Sie hat behauptet, zwischen der Klägerin und ihr sei vereinbart worden, daß die zu entrichtende Gesamtprovision, d.h. die Provision einschließlich der von xxx übernommenen Provision 3 % des Kaufpreises zuzüglich Mehrwertsteuer betragen solle. Dies habe der Inhaber der Klägerin, xxx, auch in einem Telefonat gegenüber dem beurkundenden Notar bestätigt. Daraufhin sei die Regelung des § 18 in den notariellen Kaufvertrag aufgenommen worden.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme mit dem Schlußurteil vom 22. März 1985 der Klage in vollem Umfang stattgegeben.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Es hat gemeint:</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe die Beklagte nicht den Beweis erbracht, daß die ursprüngliche Provisionsabrede von 3% zuzüglich Mehrwertsteuer nachträglich abgeändert worden sei. Die vernommenen Zeugen hätten eine derartige Abrede nicht bestätigt.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, richtet sich die Berufung der Beklagten. Diese behauptet erneut, daß es sich bei der in § 18 des notariellen Kaufvertrages umschriebenen Provision um die insgesamt anfallende Provision der Käufer- und Verkäuferseite handele und nicht etwa nur um die von ihr als Käuferin zu zahlende Provision neben einer weiteren, ursprünglich von der früheren Eigentümerin zu entrichtenden Courtage. Dies ergebe sich bei richtiger Würdigung der erstinstanzlichen Beweisaufnahme insbesondere aus der Aussage der Zeugin xxx, der Sekretärin und rechten Hand des Inhabers der Klägerin, der Aussage der xxx und dem Schreiben der xxx vom 27. Juni 1984 (Bl. 64, 65, 19, 20 der Akten). Hinsichtlich der Beweislast ist die Beklagte der Auffassung, daß nicht sie eine Abänderung der ursprünglichen Provisionsabrede beweisen müsse; vielmehr müsse die Klägerin beweisen, daß von vornherein mehr als 3 % geschuldet sein sollten. Für diese Auffassung spreche, daß die Klägerin gegenüber den xxx nicht die übliche Provision von 3 %, sondern lediglich 1,5 % geltend gemacht habe. Den Gesamtbetrag von 3 % zuzüglich Mehrwertsteuer habe die Klägerin erhalten, nämlich 1,5 % von der xxx und weitere 1,5 % durch das rechtskräftige Teilurteil vom 15. August 1984. Zudem sei der Provisionsanspruch verwirkt, weil die Klägerin versucht habe, ihren Provisionsanteil zu erhöhen. Xxx habe nämlich dem Inhaber der Klägerin erklärt, daß die Beklagte bereit sei, die Verkäuferprovision von 3 % zu übernehmen. Daraufhin habe dieser erklärt, daß statt der bisher vereinbarten 1,5 % 3 % Verkäuferprovision gelten sollten, zumal der Kaufpreis um 100.000,-- DM ermäßigt worden sei. Die Verkäuferin sei damit einverstanden gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen, soweit ihr durch das Schlußurteil vom 22. März 1985 stattgegeben worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Ihrer Auffassung nach berührt der von xxx eingeräumte Preisnachlaß und die dadurch veranlaßte Übernahme der Verkäuferprovision nicht das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien, wonach eine Käuferprovision von 3 % geschuldet sein sollte. Ein Provisionsnachlaß sei in der Folgezeit nicht vereinbart worden. Mit der Beklagten habe sie überhaupt nicht verhandelt. Was sich der Notar dabei gedacht habe, als er die Vereinbarung in § 18 des notariellen Kaufvertrages protokolliert habe, könne sie nicht beurteilen. Vieles spreche dafür, daß damit nur die Verkäuferprovision gemeint sein sollte. Ihr Inhaber habe nämlich gegenüber dem Notar von einer Verkäuferprovision von 3 % gesprochen, weil er davon ausgegangen sei, daß er gegenüber der die Verkäuferprovision übernehmenden Beklagten nicht zu einer Reduzierung der 3 %igen Verkäuferprovision verpflichtet sei. Dieser Standpunkt sei zwar nicht gerechtfertigt gewesen. Er könne daher nicht dazu führen, daß sich die Gesamtprovision auf 3% zuzüglich Mehrwertsteuer reduziert habe.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze und vorgelegten Urkunden Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist zulässig und begründet.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat sich zwar aufgrund ihres eigenen Provisionsversprechens verpflichtet, der Klägerin eine Provision von 3 % zuzüglich Mehrwertsteuer für den Nachweis oder die Vermittlung des erworbenen Objektes zu zahlen. Die Klägerin hat jedoch diesen Provisionsanspruch entsprechend § 654 BGB verwirkt, da der Inhaber der Klägerin nach der Übernahme der Verkäuferprovision durch die Beklagte versucht hat, die Verkäuferprovision zu erhöhen. Der Inhaber der Klägerin hat im Senatstermin selbst eingeräumt, daß Frau xxx gesagt habe, die Beklagte sei bereit, eine Verkäuferprovision von 3 % zu übernehmen. Daraufhin habe er erklärt, daß die bisher vereinbarte Verkäuferprovision von 1,5 % auf 3 % erhöht werden sollte, zumal der Kaufpreis um 100.000,-- DM ermäßigt worden sei. Die Verkäuferin sei damit einverstanden gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Mit diesem Verhalten hat die Klägerin ihren Provisionsanspruch entsprechend § 654 BGB verwirkt. Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob die Parteien nach Abschluß des Maklervertrages den ursprünglichen Provisionssatz noch verändert haben. Der BGH steht in ständiger Rechtsprechung auf dem Standpunkt, daß der Makler seinen Provisionsanspruch entsprechend § 654 BGB verwirkt, wenn er arglistig, zumindest aber in einer dem Vorsatz nahekommenden grob fahrlässigen Weise seine Treuepflichten verletzt (BGHZ 36, 323, BGH WM 1981, 1084). Dies gilt für alle subjektiv schwerwiegenden Treuepflichtverletzungen. Das Gewicht der dem Makler vorzuwerfenden Pflichtverletzung bemißt sich danach nicht so sehr nach der objektiven Seite (Ausmaß der Folgen des Verstoßes), sondern nach der subjektiven Vorwerfbarkeit der Treuepflichtverletzungen (BGH WM 1981, 1084). Diese Grundsätze sollen freilich nicht gelten, wenn der Makler seine Treuepflichten nach Abschluß des Hauptvertrages verletzt (BGH WM 1984, 1536). Ob dieser einschränkenden Rechtsprechung zu folgen ist, kann hier dahingestellt bleiben, da die Treuepflichtverletzung sich vor Abschluß des notariellen Kaufvertrages ereignet hat.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Eine schwerwiegende Treuepflichtverletzung liegt im vorliegenden Zusammenhang sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht vor. Der Inhaber der Klägerin hat mit seinem Verhalten versucht, die Beklagte als seine Auftraggeberin hinter ihrem Rücken zu schädigen, indem er die Verkaufskonditionen zu deren Lasten zu verändern suchte. Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob immer dann, wenn der Makler für den Verkäufer als Vermittlungs- und für den Käufer als Nachweismakler tätig wird, die Treuepflicht im Rahmen des Nachweismaklervertrages nur eingeschränkte Geltung beanspruchen kann.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Der Makler muß nämlich stets weiterhin die Interessen des Auftraggebers wahrnehmen. Spiegelt z. B. der Makler vor, daß die Verkäuferin einen höheren Kaufpreis verlange, so liegt schon darin eine schwere Treuepflichtverletzung, da die Höhe des Kaufpreises, den der Verkäufer fordert, für jeden Kaufinteressenten von Bedeutung ist (BGH WM 1985, 1276). Ein besonders unredliches Gebaren liegt vor, wenn der Makler zusammen mit dem Verkäufer verdeckt eine Verschlechterung der Verkaufskonditionen anstrebt. Gerade so hat sich der Inhaber der Klägerin mit seinem Erhöhungsverlangen hinsichtlich der Verkäuferprovision verhalten. Die Berufung mußte daher Erfolg haben.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 546 Abs. 2, 711 ZPO.</p>
|
315,545 | ag-neuss-1986-06-20-36-c-58585 | {
"id": 713,
"name": "Amtsgericht Neuss",
"slug": "ag-neuss",
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} | 36 C 585/85 | "1986-06-20T00:00:00" | "2019-03-13T15:07:29" | "2019-03-27T09:42:50" | Teilurteil | ECLI:DE:AGNE:1986:0620.36C585.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, an die Klägerin 25.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 31.05.1985 zu zahlen, Y um Y gegen Rücknahme des 1976 geborenen Reitpferdes "K" Geschlecht: Wallach, Farbe: dunkelbraun, Zuchtland: Belgien, eingetragen in die Liste für Turnierpferde der Deutschen Reiterlichen Vereinigung in X2 unter der Nr. #####/####.</p>
<p></p>
<p>Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte bezüglich der Rücknahme des Pferdes in Annahmeverzug befindet.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 27.000,00 DM vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Die weiteren Entscheidungen bleiben dem Schlussurteil vorbehalten.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Tatbestand:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Am 31.05.1985 kaufte die Klägerin von der Beklagten zu 2) das im Tenor genannte Pferd zum Preis von 25.000,00 DM.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Für die Klägerin verhandelte deren Ehemann, auf seiten der Beklagten verhandelte überwiegend der Beklagte zu 1) im Beisein der Beklagten zu 2). Die Klägerin nahm das Pferd mit Einwilligung der Beklagten bereits am 21.05.1985 probeweise zu sich. Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin die Rückzahlung des Kaufpreises.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin behauptet, die Beklagten hätten ihr bei den Kaufverhandlungen die von dem Zeugen Dr. D im November 1984 bei dem Pferd durchgeführte Kehlkopfoperation verschwiegen. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 19.08.1985 (Blatt 1 ff d.A.) verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">die Beklagten als Gesamtschuldner wie tenoriert zu verurteilen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten behaupten, es sei bei dem Pferd nur eine Fistel entfernt worden. Es habe sich um die Beseitigung eines Schönheitsfehlers gehandelt. Bei diversen Gesprächen hätten sie wiederholt erklärt, dass das Pferd eine Operation hinter sich habe. Jedenfalls habe der Beklagte zu 1) die nach der ersten Untersuchung genannte Diagnose des Veterinärs dahin verstanden, dass nur eine Fistel am Kehlkopf entfernt werden müsse, wobei Art und Umfang des Eingriffes ihm unbekannt geblieben seien.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich des weitergehenden Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Das Gericht hat Beweis erhoben.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Auf das Vernehmungsprotokoll vom 18.03.1986 (Blatt 37, 38 der Akten) wird Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Da die Klage bereits teilweise entscheidungsreif ist, kann insoweit gem. § 301 ZPO durch Teilurteil entschieden werden. Die Beklagte zu 2) ist gem. §§ 812, 818 Abs. 2, 123, 142 Abs. 1, 143 BGB zur Rückzahlung des Kaufpreises von 25.000,00 DM an die Klägerin verpflichtet, denn sie hat ihn ohne Rechtsgrund erlangt. Der Kaufvertrag vom 31.05.1985 ist durch die Anfechtung der Klägerin vom 22.07.1985 gem. §§ 123, 142 Abs. 1 BGB als von Anfang an nichtig anzusehen. Die Beklagte zu 2) hat die Klägerin durch arglistige Täuschung zum Kaufe des Pferde Wotan bewegt, denn sie hat ihr bei den Kaufverhandlungen verschwiegen, dass an dem Pferd in der Tierklinik Wattenscheid am 24.11.1984 eine Ventrikellectum Operation nach Hopdale vorgenommen und anschließend eine Kehlkopfplastik nach Mecki Smith eingesetzt worden ist. Der Zeuge Dr. D hat diesbezüglich bekundet, er habe am 19.11.1984 im Beisein des Beklagten zu 1) bei dem Pferd eine Larungoskopie durchgeführt und diesem seine Feststellungen im einzelnen erläutert. Er habe ihm zur Durchführung einer Operation geraten. Als Laie habe er ihm kaum die Einzelheiten der beiden Methoden erläutern können, er habe ihn aber über die Technik der Operation aufgeklärt, darüber, dass eine Plastik seitlich fixiert und ein Stimmband herausgenommen werde. Aufgrund dieser Aussage des behandelnden Tierarztes steht fest, dass dem Beklagten zu 1) vor Abschluss des Kaufvertrages Art und Ausmaß der Operation bekannt waren. Diese Kenntnis des Beklagten zu 1), der nach dem nicht substantiiert widersprochenen Sachvortrag der Klägerin für die Beklagte zu 2) die Vertragsverhandlungen geführt hat (§ 138 Abs. 3 ZPO), muss sich die Beklagte zu 2) gem. §§ 166, 278 BGB zurechnen lassen. Die Beklagte zu 2), vertreten durch den Beklagten zu 1), war auch verpflichtet, die Klägerin über den tatsächlichen Umfang der Operation aufzuklären. Der Verkäufer eines Pferdes ist jedenfalls dann, wenn wie hier Gespräche über die Gesundheit eines Pferdes geführt werden, gehalten, dem Kaufinteressenten alle ihm bekannten Umstände mitzuteilen, die die Tauglichkeit des Pferdes betreffen und die geeignet sind, seinen auf Erwerb des Pferdes gerichteten Willen zu beeinflussen. Erfahrungsgemäß ist es für den Käufer eines Pferdes von maßgeblicher Bedeutung, ob dieses lediglich einen altersgemäßen Zustand aufweist oder ob Eingriffe, z.B. eine Operation, von außen stattgefunden haben. Die Freiheit von Operationen spielt im Pferdehandel eine beträchtliche Rolle für den Wert eines Pferdes, auch dann, wenn die Operation gut verlaufen und die sich auslösende Erkrankung behoben ist (§ 287 ZPO). Die Offenbarungspflicht der Beklagten zu 2) erforderte danach nicht nur den allgemeinen Hinweis auf einen operativen Eingriff, sondern auch nähere Angaben über Art und Ausmaß der Operation. Dieser Offenbarungspflicht ist die Beklagte zu 2) nicht nachgekommen. Ihre Behauptung, sie, die Beklagten, hätten wiederholt erklärt, in der Klinik Dr. D sei eine Fistel am Kehlkopf operativ beseitigt worden, ist bereits zeitlich nicht nachvollziehbar. Dem angebotenen Zeugenbeweis ist nicht nachzugehen, da dies auf eine prozessrechtlich nicht zulässige Ausforschung hinausliefe. Selbst wenn man aber davon ausgeht, die Beklagte zu 2) hätte die Klägerin auf die operative Entfernung einer Fistel hingewiesen, so hat die Beklagte zu 2) gleichwohl ihre vertragliche Aufklärungspflicht verletzt. Gerade weil die Parteien vor Abschluss des Kaufvertrages über den Gesundheitszustand des Pferdes gesprochen hatten, durfte die Beklagte zu 2) sich nicht auf den Hinweis beschränken, bei dem Pferd sei eine Fistel entfernt worden, zumal dies nicht ihrem Erkenntnisstand entsprach. Sie hätte die Klägerin vielmehr darüber unterrichten müssen, dass nach der hier bekannten Erklärung des Tierarztes Dr. D bei dem Pferd eine Stimmbandentfernung vorgenommen und eine seitliche Kehlkopfplastik eingesetzt worden ist. Macht der Verkäufer nämlich - wie hier die Beklagte zu 2) - Angaben über den Gesundheitszustand des Pferdes, so kann der Käufer im redlichen Geschäftsverkehr davon ausgehen, dass der Verkäufer seine Erklärung nicht unvollständig und ins Blaue hinein abgibt. Der die Arglist begründende Vorwurf gegenüber dem Verkäufer liegt in einem solchen Fall in dem Umstand, dass er die für ihn erkennbare Vorstellung des Käufers über den mitgeteilten Gesundheitszustand ausnutzt. Dass der Beklagte zu 1) die Erklärung des Tierarztes dahingehend verstanden haben will, dass nur eine Fistel am Kehlkopf entfernt werden müsse, ist angesichts der eindeutigen Aussage des Zeugen Dr. D unverständlich, entlastet den Beklagten zudem nicht, da diese Schlussfolgerung aus dem ihm mitgeteilten und bekannten Operationsumfang eine Erklärung ins Blaue hinein darstellt. Die Arglist des Beklagten zu 1), die sich die Beklagte zu 2) zurechnen lassen muss, liegt nicht in der falschen Schlussfolgerung, sondern darin, dass dieser die ihm erläuterte Operationstechnik verschwiegen und dementsprechend eine Erklärung ins Blaue abgegeben hat. Da die Anfechtung gem. § 123 BGB auch nicht durch die Sonderregelung der §§ 481 ff BGB verdrängt wird, ist die Beklagte zu 2) zur Rückzahlung des Kaufpreises verpflichtet. Dass der Klägerin Art und Ausmaß der Operation aufgrund der Untersuchung des Tierarztes Dr. T bekannt waren, behauptet die Beklagte selbst nicht.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Zinsanspruch folgt aus § 849 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte befindet sich in Annahmeverzug, da sie die Rücknahme des Pferdes mit Schreiben vom 26.07.1985 abgelehnt hat.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich der Haftung des Beklagten zu 1) ist noch eine weitere Sachaufklärung erforderlich.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Geldmacher</p>
|
315,546 | lg-essen-1986-06-13-3-o-21186 | {
"id": 809,
"name": "Landgericht Essen",
"slug": "lg-essen",
"city": 417,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 3 O 211/86 | "1986-06-13T00:00:00" | "2019-03-13T15:07:33" | "2019-03-27T09:42:50" | Urteil | ECLI:DE:LGE:1986:0613.3O211.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>hat die 3. Zivilkammer des Landgerichts Essen auf die mündliche Verhandlung vom </p>
<p>13. Juni 1986 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht L., den Richter </p>
<p>am Landgericht X. und den Richter am Landgericht T.r</p>
<p>für R e c h t erkannt:</p>
<p></p>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung der Beklagten in Höhe von </p>
<p>2.300,00 DM vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Tatbestand:</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien streiten um die Höhe des zu leistenden Schadensersatzes aus Anlaß des Verkehrsunfalles vom 31. Januar 1986 auf der Westerholter Straße in Gelsenkirchen-Buer, der allein schuldhaft durch den bei der Beklagten haftpflichtversicherten LKW der Firma HGmbH verursacht wurde. Der Kläger ist dabei der Ansicht, daß auf Neuwagenbasis abzurechnen sei, während die Beklagte dem vorsteuerabzugsberechtigten Kläger lediglich die Nettoreparaturkosten zuzüglich eines Betrages für merkatile Wertminderung gezahlt hat.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Kläger war aufgrund des Leasingvertrages Leasingnehmer des im Klageantrag näher bezeichneten PKW, der bei dem obengenannten Verkehrsunfall beschädigt wurde, und berechtigt sowie verpflichtet, unfallbedingte Fahrzeugschäden außergerichtlich und gerichtlich geltend zu machen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Das Fahrzeug war am 30.Januar 1986 erstmals zum öffentlichen Straßenverkehr zugelassen worden und zum Unfallzeitpunkt, einen Tag später, ca. 340 km gelaufen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Reparaturkosten für den beschädigten PKW wurden durch den Sachverständigen C. in seinem Gutachten vom 03. Februar 1986 mit netto<b> </b>4.064,45 DM festgestellt und eine merkatile Wertminderung von 900,-- DM ermittelt. Den Restwert des Fahrzeugs kalkulierte der Sachverständige in seinem Ergänzungsgutachten vom 20. März 1986 mit 20.000,-- DM. Der Neupreis eines vergleichbaren Fahrzeugs beträgt netto unstreitig 30.638,97 DM.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Kläger nimmt Bankkredit in der geltend gemachten Höhe in Anspruch und hat die Beklagte mit Schreiben vom 06. Februar 1986 und 17. Februar 1986 zur Abrechnung auf Neuwagenbasis aufgefordert, was die Beklagte mit Schreiben vom 27. Februar 1986 endgültig ablehnte.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">die Beklagte zu verurteilen, an ihn 25.673,92 DM nebst 9,5 % Zinsen seit dem 01. März 1986 zu zahlen Zug-um-Zug gegen Übereignung und Übergabe des PKW Ford Scorpio CL, amtliches Kennzeichen xxx, Fahrgestell-Nr.: </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Sie ist der Ansicht, daß die Voraussetzungen für eine Abrechnung auf Neuwagenbasis nicht vorliegen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe:</u></p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Ob dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf der Basis einer Neuwagenabrechnung zusteht, hängt davon ab, ob es sich bei dem beschädigten Fahrzeug um ein neues oder zumindest neuwertiges, d.h. einem neuen Fahrzeug gleichzustellendes, handelt diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall unstreitig - und die Beschaffung eines Neuwagens unter Zurverfügungstellung des Unfallfahrzeugs nicht einen unverhältnismäßig hohen Aufwand für den Schädiger bedeuten würde (vgl. BGH NJW 1976, 1202 (1203); OLG Hamm NJW 1981, 827; OLG München NJW 1982, 52 (54). Letzteres wird - orientiert an den in §§ 251 Abs. 2, 242 BGB enthaltenen Grundsätzen - danach zu bewerten sein, ob dem Geschädigten eine Reparatur und Zuzahlung eines Betrages für den verbleibenden Minderwert anstelle der Anschaffung eines Neuwagens zuzumuten ist (vgl. Geigel-Schlegelmilch, Haftpflichtprozeß 19. Aufl., Kapitel 4 Rdnr. 52 und 56; Sanden/Völtz Sachschadensrecht des Kraftverkehrs 4. Aufl. Rdnr. 115; OLG Hamm NJW 1981, 827).</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Beantwortung der zuletzt genannten Frage hängt von einer Reihe anhand des unstreitigen Sachverhalts zu bewertender Gesichtspunkte ab, die darauf hinauslaufen, ob eine erhebliche Beschädigung vorliegt. Denn bei geringfügigen Schäden stellt</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">die Reparatur die dem § 249 BGB entsprechende Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands dar. Die Grenze will das OLG München unter anderem dort ziehen, wo beim Wiederverkauf auch ohne Frage des Käufers eine Offenbarungspflicht des Verkäufers über Art und Umfang von Unfallschäden rechtlich gefordert ist (OLG München NJW 1982, 52 (53), d.h. bei solchen Beschädigungen, die ihrer Art nach beim Käufer deshalb für den Kaufentschluß maßgebend sind, weil sie das Risiko unfallbedingter unentdeckter oder unzureichend reparierter Mangel erhöhen. Dabei ist eine technisch einwandfreie Reparatur nicht maßgebend dafür, ob auf Neuwagenbasis abgerechnet werden kann, da nicht der tatsächliche objektive Zustand des Fahrzeugs nach der Reparatur von Unfallschäden für die Verkehrsanschauung über den Wert des Fahrzeugs bestimmend ist, sondern die Befürchtung etwaiger fortbestehender Unfallschäden (OLG München NJW 1982, 52 (54)).</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Soweit sich die Beklagte deshalb darauf beruft, bei den:Schäden an dem streitigen PKW handele es sich im wesentlichen um Blechschäden, die durch den Ersatz von Neuteilen ausgeglichen werden, die nach dem heutigen Stand der Reparaturtechnik eine fehlerfreie Wiederherstellung erlauben, kann sie damit nicht die Offenbarungspflicht wegen dieses Unfallschadens in Zweifel ziehen, da die Befürchtung eventuell unzureichend reparierter Mängel bei einem potentiellen Käufer auch nach Offenbarung des Unfallschadens verbleibt. Allerdings ist der Beklagten zuzugeben, daß diese Befürchtung umso weniger anzunehmen ist, als es sich in dem vorliegenden Fall um die Reparatur reiner Blechschäden handelt und konstruktive Teile des Fahrzeugs nicht berührt waren.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">In diesem Zusammenhang ist auch auf einen Vergleich der Reparaturkosten im Verhältnis zum Anschaffungspreis abzustellen. Dabei hat das OLG München (allerdings ohne Minderwert und ohne Lackierungskosten) jedenfalls dann eine Abrechnung auf Neuwagenbasis gebilligt, wenn die Reparaturkosten mehr als 30 % der Anschaffungskosten ausmachen (vgl. OLG München NJW 1982, 52 (54)). Das OLG Hamm dagegen hat in einem obiter dictum eine Abrechnung auf Neuwagenbasis verneint, wenn die Reparaturkosten nur etwa 16 % des Neuwagenpreises ausmachten (OLG Hamm NJW 1981, 827). Im vorliegenden Fall machen die Reparaturkosten nur etwa 13 % des Neuwagenpreises aus.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Will man nicht schon deshalb die Abrechnung auf Neuwagenbasis verneinen, ist sie aber deshalb ausgeschlossen, weil diese Abrechnungsart die Beklagte, in einer den Grundsätzen von Treu und Glauben widerstreitenden Weise belasten würde. (vgl. OLG München NJW 1982, 52 (54); OLG Hamm NJW 1981 827; BGH NJW 1976, 1202 (1203)).</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Denn bei Abrechnung auf Neuwagenbasis müßte die Beklagte unter Berücksichtigung eines Neuwagenpreises von 30.638,27 DM und eines Restwertes des zur Verfügung gestellten beschädigten PKW von 20.000,-- DM letztlich 10.638,27 DM zur Schadensregulierung aufwenden, der bei Abrechnung auf Reparaturkostenbasis Aufwendungen von 4.964,45 DM einschließlich merkatilen Minderwerts gegenüberstünden.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Eine solche Mehrbelastung von 114 % steht aber in keinem Verhältnis zu dem damit erlangten Vorteil, der darin besteht, daß ein Neuwagen einen höheren Verkaufswert hat als ein fast neuwertiger, aber unfallgeschädigter Wagen des gleichen Typs, zumal im vorliegenden Fall zu berücksichtigen ist, daß es sich bei dem unfallgeschädigten Fahrzeug nicht um ein privat genutztes, sondern um ein geleastes Fahrzeug gehandelt hat. (vgl. auch OLG NJW 1981, 827; OLG München NJW 1982, 52 (54); grundsätzlich BGH NJW 1976, 1202 (1203)).</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §<b> </b>91 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkejt aus § 709 ZPO</p>
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