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---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
315,547 | vg-aachen-1986-06-10-5-k-179285 | {
"id": 840,
"name": "Verwaltungsgericht Aachen",
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"city": 380,
"state": 12,
"jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": null
} | 5 K 1792/85 | "1986-06-10T00:00:00" | "2019-03-13T15:07:34" | "2019-03-27T09:42:50" | Urteil | ECLI:DE:VGAC:1986:0610.5K1792.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>5
</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"> gez. Stamm
Verwaltungsgerichtsangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftstelle</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"> VERWALTUNGSGERICHT AACHEN</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks"> IM NAMEN DES VOLKES</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks"> U R T E I L</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">In dem Verwaltungsrechtsstreit </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">des Herrn Dr. W., L.------straße, 5100 Aachen</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks"> - Kläger - </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks"> g e g e n</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">den Oberstadtdirektor der
Stadt Aachen, Postfach 1210,
5100 Aachen
- Beklagter -</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Beteiligter: Der Vertreter des öffentlichen Interesses beim
^ Verwaltungsgericht Aachen</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">wegen Eintragung in die Denkmalliste
(Aachen, O.----allee 69) </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">hat</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">die 5. Kammer des
VERWALTUNGSGERICHTS AACHEN
aufgrund der mündlichen Verhandlung
vom 3. Juni 1986</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">durch
die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht Stähler,
den Richter am Verwaltungsgericht Domke und
den Richter am Verwaltungsgericht Dabelow
sowie die ehrenamtliche Richterin Friedeberg
und den ehrenamtlichen Richter Frisch</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">für R e c h t erkannt:</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">
Der Bescheid des Beklagten vom 9. Februar 1984
und der Widerspruchsbescheid des
Regierungspräsidenten Köln vom 27. August 1985
werden insoweit aufgehoben, als außer der
Fassade auch das übrige Gebäude Aachen, O.----
allee 69 in die Denkmalliste eingetragen worden
ist.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger zu
3/4 und der Beklagte zu 1/4.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Tatbestand:</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">
Der Kläger ist Eigentümer des Wohnhauses Aachen, O.----allee 69.
Das Haus ist Teil einer zusammenhängenden, in geschlossener
Bauweise errichteten Hausgruppe von sechs Häusern, von denen es im
Westen das letzte ist. Ihm folgen weiter nach Westen zwei neuere
Häuser (Nrn. 71 und 73), und dann wiederum eine Hausgruppe von
Gebäuden, die - wie die erste Hausgruppe - unter Denkmalschutz
gestellt sind.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 25. Februar 1983 teilte der Beklagte dem
Kläger mit, daß das Haus die Voraussetzungen für die Eintragung in
die Denkmalliste der Stadt Aachen erfülle; es sei daher
beabsichtigt, das Haus einzutragen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Der Kläger antwortete mit Schreiben vom 1. März 1983, bei dem Haus handele es sich
offensichtlich nicht um ein schutzwürdiges Denkmal. In Aachen würden Häuser in
umfangreicher Anzahl in die Denkmalliste eingetragen, leider gebe es eben nicht viele
geeignete Denkmäler.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Am 9. Mai 1983 fand ein Ortstermin in Anwesenheit eines
Vertreters des Rheinischen Amtes für Denkmalpflege statt, bei dem
auch das Innere des Gebäudes besichtigt und Stuckdecken im
Erdgeschoß festgestellt wurden. Unter dem 29. August 1983 gab das
Rheinische Amt für Denkmalpflege folgende Stellungnahme ab:</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">"Die O.----allee ist eine Wohnstraße aus dem frühen
20. Jh., die gleichmäßig mit zwei- bis dreigeschossigen
Einfamilienhäusern bebaut wurde. Alle Häuser zusammen
ergeben ein Ensemble, das die Auffassung von Architektur
des bürgerlichen Wohnbaus in Aachen aus dem frühen 20. Jh.
ganz anschaulich widerspiegelt. Das Haus Nr. 69 ist ein
zweigeschossiges Gebäude mit den wesentlichen
Stilelementen seiner Zeit an der Schwelle zwischen
Historismus und Jugendstil. Das Haus ist zweiachsig. Im EG
eine Auslucht links und rechts die Tür, OG links ein
Austritt. Der glatte Verputz ist im EG durch
Quaderandeutung belebt. Die Fenster haben an spätgotische
und Renaissance-Vorbilder gemahnende Gewände; die große
Tür des Austritts ist rundbogig überfangen. Ein
geschwungener Zwerchgiebel überfängt links die Fenster des
Dachgeschosses. Diesem Giebel fehlt heute die Spitze. Auf
der rechten Seite ein Dachfenster in Jugendstilformen. Die
Erhaltung des Gebäudes kann - auch im Innern - durchaus
als gut bezeichnet werden. </p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks"> Das Haus O.----allee 69 ist insbesondere als Teil einer geschlossenen
Baugruppe für die Geschichte Aachens, insbesondere der baulichen
Entwicklung dieser Stadt, von Bedeutung. Für die Erhaltung sprechen
wissenschaftliche, insbesondere architektur- und ortsgeschichtliche sowie
städtebauliche Gründe." </p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Mit Bescheid vom 9. Februar 1984 teilte der Beklagte dem Kläger
mit, daß er das Gebäude nach § 3 Abs. 1 des Denkmalschutzgesetzes
(DSchG) in die Denkmalliste eingetragen habe. Es handele sich bei
dem Gebäude um ein Denkmal im Sinne des § 2 Abs. 1 DSchG, weil es
insbesondere als Teil einer geschlossenen Baugruppe für die
Geschichte Aachens, insbesondere der baulichen Entwicklung der
Stadt, von Bedeutung sei. An der Erhaltung und Nutzung des Hauses
bestehe aus wissenschaftlichen, insbesondere architektur- und
ortsgeschichtlichen sowie städtebaulichen Gründen ein öffentliches
Interesse.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Der Kläger legte unter dem 8. März 1984 Widerspruch ein, mit dem
er ausführte, die Begründung des Unterschutzstellungsbescheides
beziehe sich nur zu einem Teil auf die Frage, weshalb das Haus als
denkmalwürdig betrachtet werde. Nicht jedes Haus sei denkmalwürdig,
das an der Schwelle zwischen Historismus und Jugendstil und mit
weiteren Einzelheiten errichtet sei und bei dem man bei der
Betrachtung an Spätgotik, Renaissance und Jugendstil denken könne.
Das Haus sei einfach gebaut, es sei auch nicht Teil einer
Denkmalgruppe. Die beiden nachfolgenden Häuser seien neueren
Datums.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Der Regierungspräsident Köln wies den Widerspruch mit Bescheid
vom 28. August 1985 zurück. Er führte aus, das Haus gehöre zu einem
Ensemble zu schützender Häuser und sei aus den bereits in dem
Bescheid genannten Gründen denkmalwert. Entsprechend dem weiten
Denkmalbegriff des DSchG könnten nicht nur herausragende, den
Stadtcharakter prägende Einzelbauten städtebaulich bedeutend sein,
sondern auch einfache Bauwerke, sofern sie einen Ort, Ortsteil oder
eine Straße räumlich situativ mit prägten.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Mit der am 15. Oktober 1985 erhobenen Klage beruft sich der
Kläger auf sein Vorbringen im Vorverfahren und macht geltend, er sei
vor der Stellungnahme des Rheinisches Amtes für Denkmalpflege nicht
zugezogen worden. Sachlich würden in Aachen zu viele Gebäude in die
Denkmalliste eingetragen. Die Unterschutzstellung belaste den
Bürger; es sei fraglich, ob bei der Verwaltung die erforderliche
Sachkompetenz vorliege. Es treffe nicht zu, daß in der O.----allee
ein schützenswertes Ensemble vorliege. Das Haus selbst sei nicht
bedeutend im Sinne des DSchG. Allenfalls komme eine
Unterschutzstellung des Dachfensters und der Tür in Betracht.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">den Bescheid des Beklagten vom 9. Februar 1984 und
den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidenten Köln
vom 27. August 1985 aufzuheben.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Er beruft sich auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide und
macht geltend, die Unterschutzstellung erfolge nicht in zu weitem
Umfange. Die Ziele des Denkmalschutzes müßten in einem Land,
dessen Baubestand durch Kriegseinwirkungen erheblich reduziert
sei, anders sein als in Ländern ohne diese Vorgeschichte</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Gemäß Beweisbeschluß vom 7. Juni 1986 hat die Kammer die
Örtlichkeit in Gegenwart eines Vertreters des Rheinischen Amtes für
Denkmalpflege in Augenschein genommen. Wegen des Ergebnisses der
Beweisaufnahme wird auf die darüber gefertigte Niederschrift vom
3. Juni 1986, hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird
auf die Gerichtsakte und die vom Beklagten sowie vom
Regierungspräsidenten Köln vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug
genommen.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">
Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Klage ist nur zu einem Teil begründet.
Der Kläger ist durch die Eintragung seines Hauses O.----allee 69
insoweit in seinen Rechten verletzt, als davon nicht nur die Fassade
des Hauses, sondern auch das gesamte übrige Gebäude betroffen ist.
Was die Eintragung der Fassade angeht, ist der Kläger durch die
angefochtenen Bescheide in seinen Rechten nicht verletzt.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Nach § 3 Abs. 1 des Gesetzes zum Schutz und zur Pflege der
Denkmäler im Lande Nordrhein-Westfalen (Denkmalschutzgesetz - DSchG)
vom 11. März 1980 (GV NW S. 226) mit nachfolgenden Änderungen sind
Baudenkmäler in die Denkmalliste einzutragen; über die Eintragung
ist gemäß § 3 Abs. 3 DSchG ein Bescheid zu erteilen. Steht fest, daß
es sich bei dem Objekt um ein Baudenkmal handelt, so ist es zwingend
in die Denkmalliste einzutragen; ein Ermessensspielraum steht der
Denkmalbehörde insoweit nicht zu,</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">vgl. Gahlen/Schönstein, Denkmalrecht Nordrhein-
Westfalen, § 3 Anm. 2; OVG Berlin, Urteil vom 10. Mai
1985 - OVG 2 B 134.83 - in DVBl 1985, S. 1185 und VGH
Kassel, Urteil vom 28. November 1984 - 11 UE 134/84 -
in NVwZ 1986, S. 237 für die Denkmalschutzgesetze des
jeweiligen Landes.
Ob es sich bei einem Gebäude um ein eintragungspflichtiges
Baudenkmal handelt, bestimmt sich nach § 2 Abs. 1 und 2 DSchG.
Danach sind Baudenkmäler Denkmäler, die aus baulichen Anlagen oder
Teilen baulicher Anlagen bestehen, § 2 Abs. 2 DSchG, und Denkmäler
Sachen, Mehrheiten von Sachen und Teile von Sachen, an deren
Erhaltung und Nutzung ein öffentliches Interesse besteht. Ein
öffentliches Interesse besteht, wenn die Sachen bedeutend für die
Geschichte des Menschen, für Städte und Siedlungen oder für die
Entwicklung der Arbeits- und Produktionsverhältnisse sind und für
die Erhaltung und Nutzung künstlerische, wissenschaftliche,
volkskundliche oder städtebauliche Gründe vorliegen.
Nach dieser Begriffsbestimmung handelt es sich bei der Fassade des
Hauses Aachen, O.----allee 69 um ein Baudenkmal, weil an ihrer
Erhaltung und Nutzung ein öffentliches Interesse besteht.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Worin dieses öffentliche Interesse zu sehen ist, bestimmt sich
nach den Kriterien des § 2 Abs. 1 Satz 2 DSchG. Damit ist
klargestellt, daß unter "öffentliches Interesse" nicht das Interesse
der gesamten Bevölkerung zu verstehen ist, auch nicht das von
aufgeschlossenen Betrachtern, daß andererseits aber auch nicht das
Interesse eines eng begrenzten, aus wirtschaftlichen oder ideellen
Gründen interessierten Kreis von Einzelpersonen ausreicht. Vielmehr
ist ein öffentliches Interesse dann anzunehmen, wenn die Erhaltung
der Sache - unter den Kriterien des § 2 Abs. 1 Satz 2 DSchG - nach
dem Wissensstand eines sachverständigen Betrachters, dessen Urteil
im Zweifel von einem breiteren Kreis von Sachverständigen getragen
wird, für notwendig erachtet wird,</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">vgl. Gahlen/Schönstein, Denkmalrecht, Nordrhein-Westfalen,
1981, § 2 Anm. 8.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Gleichwohl handelt es sich bei dem hiernach konkretisierten
Denkmalbegriff um einen unbestimmten Rechtsbegriff; d. h. der
Verwaltung steht hinsichtlich der Einordnung als Denkmal kein
Ermessensspielraum zu, während die Gerichte - gegebenenfalls mit
Hilfe von Sachverständigen - nachprüfen können, ob ein Gebäude
Denkmaleigenschaft besitzt,</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">vgl. Gahlen/Schönstein, a.a.O., § 2 Anm. 15.
Im vorliegenden Fall ist, wie die Stellungnahme des Rheinischen
Amtes für Denkmalpflege vom 29. August 1983 und die Beweisaufnahme
mit den sachverständigen Erläuterungen des Vertreters des
Rheinischen Amtes für Denkmalpflege ergeben hat, ein öffentliches
Interesse an der Erhaltung und Nutzung der Fassade deshalb gegeben,
weil sie bedeutend für die Geschichte der Stadt Aachen ist und für
ihre Erhaltung architektur- und ortsgeschichtliche sowie
städtebauliche Gründe vorliegen. Dabei ist es nicht erforderlich,
daß die Fassade einzigartig und ohne Vergleich dasteht; um bedeutend
im Sinne des DSchG zu sein, reicht es vielmehr aus, wenn ihr die
besondere Eignung zum Aufzeigen oder Erforschen geschichtlicher
Entwicklungen nicht abzusprechen ist,</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">vgl. OVG NW, Urteil vom 25. Januar 1985
- 11 A 1801/84 -.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Hiernach ergibt sich die besondere Bedeutung der Fassade für die
Geschichte der Stadt Aachen daraus, daß sie wie die der nach Osten
anschließenden Nachbarhäuser ein wohlerhaltenes Beispiel für die von
dem Aachener Architekten vertretene "malerische Richtung" der
Baugesinnung am Ausgang des 19. Jahrhunderts darstellt, die schon in
die Richtung zum Funktionalismus geht, also schon schlichter wird,
ohne schon ganz auf den früher verwendeten Zierat zu verzichten.
Auch wenn die Merkmale dieser Baugesinnung am deutlichsten bei dem
Dachgeschoßfenster und der Haustür zu Tage treten, so ergibt sich
doch überzeugend aus den Ausführungen des Vertreters des Rheinischen
Amtes für Denkmalpflege, daß diese Einzelelemente nicht isoliert
gesehen und, wie der Kläger meint, allein unter Schutz gestellt
werden können. Denn ebenso wie bei den Nachbarfassaden geben diese
Einzelelemente der gesamten Fassade ihr Gepräge, nur in der
Gesamtheit der Fassade ist der Ausdruck der Baugesinnung, die zu dem
Denkmalwert führt, ersichtlich. Hinzu kommt, daß der Denkmalwert
sich nicht aus der hier in Rede stehenden Fassade allein ergibt,
sondern auch im Zusammenhang mit den Nachbarfassaden, die in ihrer
Gesamtheit die Baugesinnung noch eindrucksvoller wiedergeben.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Für die Erhaltung und Nutzung der Fassade liegen auch
wissenschaftliche, nämlich architektur- und ortsgeschichtliche sowie
städtebauliche Gründe vor. Architektur- und ortsgeschichtliche
Gründe ergeben sich daraus, daß die Fassade ein Zeugnis der durch
den Aachener Architekten Henrici vertretenen Baugesinnung wiedergibt
und anschaulich aufzeigt; städtebauliche Gründe ergeben sich daraus,
daß die Fassade gemeinsam mit den benachbarten Fassaden der O.----
allee eine Wohnstraße mit einem Ensemble von bürgerlichen
Wohnhäusern des frühen 20. Jahrhunderts in Aachen noch in weitgehend
geschlossener und gut erhaltener Form vor Augen führt und damit
einen Teil Aachener Stadtentwicklung dokumentiert; diese aufgrund
der sachkundigen Ausführungen von Vertretern des Rheinischen Amtes
für Denkmalpflege festgestellten Gesichtspunkte erneut, wie vom
Kläger vorsorglich beantragt, durch Anhörung des Leiters dieses
Amtes aufzuklären, bedurfte es nicht. Denn mit den bereits
vorliegenden Ausführungen von Vertretern des Amtes liegt bereits die
verbindliche Stellungnahme des Amtes vor, so daß es auf weitere
Ausführungen eben derselben Stelle nicht mehr ankommen kann.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Die mithin vorliegende Denkmaleigenschaft der Fassade führt dazu,
daß diese in die Denkmalliste einzutragen war. Dem steht auch nicht
entgegen, daß diese Eintragung Einschränkungen in der
Dispositionsmöglichkeit des Eigentümers zur Folge hat. Denn ob eine
Sache ein Denkmal - mit der zwingenden Folge der Eintragung - ist,
bestimmt sich allein nach § 2 DSchG. Etwaige im Gesetz geregelte
Beschränkungen und Verpflichtungen des Eigentümers eines Denkmals
haben auf die Denkmalseigenschaft keinen Einfluß. Denn es ist
insofern zu unterscheiden zwischen der Feststellung der
Denkmaleigenschaft und den sich daraus nach dem DSchG ergebenden
Folgen. Eine Abwägung von Interessen findet bei der Eintragung nicht
statt; sie ist vielmehr erst Gegenstand nachfolgender, sich aus
dem DSchG ergebender Fragen,
vgl. OVG Berlin, Urteil vom 10. Mai 1985 - OVG 2 B
134.83 -, a.a.O., OVG Rheinland-Pfalz, Urteil
vom 26. Mai 1983 - 12 A 54/81 - in DÖV 1984,
S. 75.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Dies ergibt sich auch daraus, daß die durch die Eintragung in die
Denkmalliste nach § 3 DSchG hervorgerufenen Folgen noch keine
enteignende Wirkung haben, da die gesetzlichen Bindungen noch
keinen endgültigen Charakter haben.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Die Eintragung wirkt nur insoweit unmittelbar, als sie das
Eigentum einer bestimmten Verfahrenspflicht unterwirft, während
Fragen der Instandhaltung und Veränderung Gegenstand besonderer
Verfahren sind, wobei noch offen ist, inwieweit die Behörde von
den Gebots- und Verbotsvorschriften des DSchG Gebrauch macht,</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">vgl. Gahlen/Schönstein a.a.O., § 33 Anm. 3.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Die Klage war daher insoweit, als eine Eintragung der Fassade des
Hauses O.----allee 69 in die Denkmalliste erfolgte,
abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">
Hingegen hat die Klage insoweit Erfolg, als der Kläger sich gegen
die Eintragung auch des übrigen Gebäudes in die Denkmalliste wendet.
Die angefochtenen Bescheide verletzen ihn insoweit in seinen
Rechten, sie sind daher insoweit aufzuheben.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Nach § 3 Abs. 1, § 2 Abs. l und 2 DSchG sind bauliche Anlagen
oder Teile baulicher Anlagen dann in die Denkmalliste einzutragen,
wenn es sich um Baudenkmäler handelt. Umgekehrt folgt hieraus, daß
eine Eintragung nicht erfolgen kann, wenn es sich bei dem Gebäude
oder Teil des Gebäudes nicht um ein Denkmal handelt. Der Eintragung
eines "Nichtdenkmals" steht nicht nur der Sinn des Gesetzes
entgegen; das Eintragungsverbot ergibt sich auch aus dem Grundrecht
des Eigentumsschutzes (Artikel 14 Abs. 1 und 2 GG), wonach das
Eigentum nicht über seine Sozialpflichtigkeit hinaus beschränkt
werden darf.
Nach diesen Gesichtspunkten durfte eine Eintragung des Gebäudes mit
Ausnahme der Fassade in die Denkmalliste nicht erfolgen, weil
insoweit eine Denkmaleigenschaft im Sinne des § 2 Abs. 1 und 2 DSchG
nicht im einzelnen feststeht. Wie der Vertreter des Amtes für
Denkmalpflege bei der Ortsbesichtigung vorgetragen hat, seien die
festgestellten Stuckdecken im Erdgeschoß erst nachträglich vom
Mieter angebracht worden, so daß insoweit Gründe, das Haus insgesamt
unter Schutz zu stellen, nicht gegeben seien. Andere konkrete Gründe
sind nicht ersichtlich. Daß aufgrund des Alters des Hauses, der
Denkmaleigenschaft seiner Fassade und der Tatsache, daß es nicht
zerstört war, die Wahrscheinlichkeit besteht, daß auch das übrige
Gebäude oder Teile davon Denkmalwert besitzen, reicht für eine (dann
vorsorgliche) Eintragung im Sinne des § 3 DSchG nicht aus. Denn die
- auf der Sozialbindung des Eigentums beruhende - Beschränkung des
Eigentums in Form der Eintragung ist eben nur dann möglich, wenn ein
Sachverhalt vorliegt, der eine Sozialbindung in dieser Form
hervorruft, während eine prophylaktische Sozialbindung nicht denkbar
ist. Geht der Beklagte davon aus, daß die Denkmalseigenschaft
weiterer Teile des Hauses vorliegt, dann ist damit zu rechnen, daß
ein Denkmal in die Denkmalliste eingetragen wird. In diesem Falle
kommt ein vorläufiger Schutz gemäß § 4 DSchG in Betracht. Denn § 4
DSchG soll dazu dienen, ein rasches Eingreifen - und damit einen
vorsorglichen effektiven Schutz - in den Fällen zu bieten, in denen
die Denkmaleigenschaften noch nicht vollständig und in allen
Einzelheiten bekannt sind. Erforschung und Ermittlung aller
Denkmaleigenschaften kann dann nach dieser Anordnung erfolgen.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Vgl.
Gahlen/Schönstein, a.a.O., § 4 Anm. 2.
Dadurch, daß die Rechtsfolgen der vorläufigen Unterschutzstellung
die gleichen (aber eben zeitlich befristet - § 4 Abs. 2 DSchG) sind
wie bei der endgültigen Eintragung, steht der Denkmalbehörde auch
das notwendige Instrumentarium - Auskunftspflicht, Betretungsrecht
bei dringender Erforderlichkeit (§ 28 DSchG) - zur Verfügung, um die
Denkmalseigenschaft im einzelnen abzuklären.
Die Entscheidung über die Kosten ergibt sich aus § 155 Abs. 1 VwGO. Danach sind bei
teilweisem Obsiegen und teilweisem Unterliegen einer Partei die Kosten verhältnismäßig zu
teilen. Hiernach ergibt sich, daß der Kläger die Kosten zu 3/4 zu tragen hat, da er mit seinem
wesentlichen Begehren, jegliche Einschränkung seines Eigentums abzuwehren, nicht
durchgedrungen ist, während nach seinem eigenen Bekunden die Frage, wie weit eine
Unterschutzstellung erfolgt, für ihn von untergeordneter Bedeutung ist. Der Beklagte hat
danach nur 1/4 der Kosten zu tragen.
</p>
|
315,548 | lagham-1986-06-06-176-sa-59486 | {
"id": 794,
"name": "Landesarbeitsgericht Hamm",
"slug": "lagham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": "Arbeitsgerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": null
} | 17(6) Sa 594/86 | "1986-06-06T00:00:00" | "2019-03-13T15:07:36" | "2019-03-27T09:42:50" | Beschluss | ECLI:DE:LAGHAM:1986:0606.17.6SA594.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Rheine vom 23.01.1986 - 1 Ca 903/85 - Wird zurückgewiesen .</p>
<p> Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.</p>
<p>Der Streitwert wird für die Berufungsinstanz auf 8.660,40 DM festgesetzt.</p>
<p>Die Revision wird zugelassen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Tatbestand</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien streiten sich darüber, ob der Kläger für die Zeit vom 01.10.1984 bis 31.10.1985 Gehalt nach der Gehaltsgruppe II nach dem 5. Jahr der Tätigkeit des jeweiligen Gehaltstarifvertrages für alle Unternehmen des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen ( G1 V Einzelhandel NW) verlangen kann und ob ihm deswegen für 1985 eine höhere Sonderzuwendung nach dem Tarifvertrag über Sonderzahlungen (TV-Sonderzahlung Einzelhandel NW) zusteht.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der am 01.08.1928 geborene, verheiratete Kläger behauptet, Ende 1944 die Ausbildung zum Schlosser erfolgreich abgeschlossen zu haben. Belege hierüber kann er jedoch unter Berufung auf die Kriegswirren nicht vorlegen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Von 1948 bis zum 01.10.1960 warer als Schlosser bei einer Maschinenbaufirma, vom Gl. 10,1960 bis 0 2 , 12,1965 war er als selbständiger Handelsvertreter für eine Ro11adenfabrik tätig.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Vom 03.12.1965 bis 30.11.1975 betrieb er selbständig eine Tankstelle mit angeschlossener Reparaturwerkstatt. Hierzu</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">wurde ihm gemäß § 3 Abs. 1 des Gesetzes über die Berufsausübung im Einzelhandel vom 05.08.1957 (BGBl. I S. 1121) die Erlaubnis erteilt, den Einzelhandel mit Waren aller Art, ausgenommen Lebensmittel, Arzneimittel und ärztlicher Hilfsmittel zu betreiben. Der Kläger verkaufte dann auch von Beginn an monatlich ca. 1 50000 Liter an Kraftstoff. Am 2 3.05.1969 wurde die Einzelhandelserlaubnis auf den Einzelhandel mit Kraftfahrzeugen, Tabakwaren und Radiogeräten erweitert. Am 24.07.1969 erfolgte eine weitere Erweiterung der Verkaufserlaubnis auf den Einzelhandel mit Lebensmitteln und Waren aller Art mit Ausnahme des Verkaufs von Arzneimitteln und ärztlichen Hilfsmitteln. Zuvor hatte der Kläger am 3 0.06.1969 erfolgreich eine Fachkundennachweisprüfung im Einzelhandel mit Lebensmitteln vor der Industrie und Handelskammer zu Münster abgelegt.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Kläger vertrieb dann auch ab 1 969 zusätzlich zum Kraftstoff als sogenannter "B-Händler" Fiat-Neufahrzeuge sowie Honda-Motorräder nebst Zubehör, Des weiteren verkaufte er die in Tankstellen üblicherweise angebotenen Lebensmittel, Dabei war seine Ehefrau mit im Betrieb tätig. In der Reparaturwerkstatt waren zwei bis drei Schlosser eingesetzt.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Vom 01.12.1975 bis 07.07.1981 war der Kläger bei einer Holz- und Kunststoffirma als Anlagenführer beschäftigt, danach übte er bei einer anderen Firma bis zum 1 1.03.1983 die Tätigkeit eines Betriebsschlossers aus. Danach war er zunächst arbeitslos.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Am 0 6.06.1984 nahm der Kläger dann die Tätigkeit bei der Beklagten auf, das moderne Bauelement in mehreren Baumärkten an Privatkunden vertreibt. Dabei war der Kläger als Fachverkäufer für den Bereich Holz/Bauelemente zunächst im Baumarkt der Beklagten in Emsdetten, danach bis zur e i n v e r n e h m 1 i c h e n</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 17.03.1986 im Baumarkt in Bergkamen eingesetzt. Hierbei leitete er die ihm zugewiesene Abteilung selbständig. Er war für seinen Bereich alleinverantwortlich, Er hatte dafür zu sorgen, daß ausreichend Ware in seiner Abteilung vorhanden war. Stellte er fest, daß ein Artikel nicht mehr da war, wurde dieser Artikel in eine Bestellliste von ihm aufgenommen.- Nach Gegenzeichnung durch den Marktleiter bestellte er dann diese Ware. Kunden- rek1amationen wurden von ihm entgegengenommen. Er füllte die entsprechenden Belege aus und richtete die Reklamationen selbständig an die zuständigen Firmen., Im Rahmen der Ausbildung durchliefen die Auszubildenden alle Verkaufsbereichs eines Baumarktes der Beklagten*. In der Zeit, in der sie der Abteilung des Klägers zugeteilt waren, gab er seine Kenntnis an die Auszubildenden weiter. Falls kurzfristig ein anderer Fachverkäufer ausfiel, mußte der Kläger dessen Abteilung mitbetreuen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Beide Parteien gehen davon aus, daß der Kläger mit seiner Tätigkeit bei der Beklagten das Tätigkeitsbeispiel des "Ersten Verkäufers" der Gehaltsgruppe II des GTV Einzelhandel NW erfüllte. Die Beklagte zahlte jedoch nur das Gehalt nach dtr Gehaltsgruppe II des GTV Einzelhandel NW für das 1,. und 2. Jahr der Tätigkeit, während der Kläger der Ansicht ist, ihm stehe wegen seiner früheren Tätigkeiten das Gehalt nach der Gehaltsgruppe II nach dem 5, Jahr der Tätigkeit zu.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">In den für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen geltenden Manteltarifverträgen (MTV Einzelhandel NW) vom 13,12,1980, in Kraft seit dem 01.Gl. 1981, bzw. vom 15,05,1985, in Kraft seit dem 01.01.1985 und in den Gehaltstarifverträgen vom</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">1 8.07.1984, in Kraft seit dem 0 1. 04.1984, bzw. 1 5.05. 1985, in Kraft seit dem 01.04.1985, die sämtlich gemäß § 5 Abs. 1 TVG vom zuständigen Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales für das Land Nordrhein-Westfa1en für allgemeinverbindlich erklärt waren bzw. sind und somit gemäß § 5 Abs. 4 auf das zwischen den Parteien bestandene Arbeitsverhältnis Anwendung fanden, war bzw. ist, soweit hier von Bedeutung, übereinstimmend folgendes bestimmt:</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">» § 8 MTV Einzelhandel NW Gehalts- und Lohnregelung</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">(1) Die Festsetzung der Gehälter und Löhne erfolgt in einer besonderen tariflichen Regelung, Der Arbeitnehmer wird in die seiner überwiegend ausgeübten Tätigkeit entsprechende Gehalts oder Lohngruppe eingeordnet.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">(7) Der Arbeitnehmer muß spätestens am Schluß des</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Kalendermonats über sein Entgelt verfügen können.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">§ 20 MTV Einzelhandel NW Verfallklausel</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">(1) Die Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen wie folgt:</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">a)          3 Monate nach Fälligkeit</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Ansprüche auf Abgeltung der Überstunden;</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">b)          spätestens 3 Monate nach Ende des Urlaubsjahres bzw. Beendigung des Arbeitsverhältnisses:</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Ansprüche auf Urlaub, Ur1aubsabge11ung und Sonderzahlungen</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">o) 6 Monate nach Fällig alle übrigen aus Tarif Verhältnis entstanden Sprüche.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">(2)            Die Ansprüche verfallen halb der vorgenannten Geltend gemacht worden sind</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">(3)            Vorstehende Fristen gelt als Ausschlissfristen.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">(4)             ...</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">§§ 2, 3 GTV Einzelhandel NW</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">§ 2 Geha1tsrege1ung</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">(1)             Die Angestellten sind nach der von ihnen tatsächlich verrichteten Tätigkeit in eine der nachstehenden Beschäftigungsgruppen einzugliedern. Die unter den Gehaltsgruppen aufgeführten Beispiele gelten als Richtbeispie1e.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">(2)            Die Gehaltsgruppe I - IV der Beschäftigungsgruppen B des § 3 umfassen die kaufmännischen Tätigkeiten, für die in der Regel eine abgeschlossene kaufmännische Berufsausbildung (zwei- bzw. dreijährige Ausbildungszeit mit Abschlußprüfung) erforderlich ist.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">(3)            Der abgeschlossenen kaufmännischen Berufsausbildung (zweijährige Ausbildungszeit mit Abschlußprüfung "Verkäuferin") werden gleichgesetzt:</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">a)          eine abgeschlossene zweijährige Ausbildung als Büro- oder Gewerbegehilfin mit einem weiteren Jahr kaufmännischer Tätigkeit;</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">b)          eine kaufmännische Berufstätigkeit überwiegend im Verkauf von drei Jahren, im übrigen von vier Jahren;</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">c)          eine andersartige abgeschlossene dreijährige Berufsausbildung. Ist eine Gleichsetzung erfolgt, so werden die in diesem Beruf zurückgelegten Berufs- bzw. Tätigkeitsjahre angerechnet, wenn die Beschäftigung entsprechend dem erlernten Beruf erfolgt.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">(4)            Die festgelegten Gehaltssätze sind Mindestgehälter. Die Vergütung erfolgt in der Gehaltsgruppe I nach Berufsjahren und in den Gehaltsgruppen II - IV nach Tätigkeitsjahren.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">(5)            - (7) ...</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">§ 3 Beschäftigungsgruppen</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">A. Angestellte ohne abgeschlossene kaufmännische Ausbildung</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">(l) Angestellte ohne abgeschloss Ausbildung oder Angestellte, Setzungen des § 2 Abs. 3 a), erfüllen , erhalten</p>
<span class="absatzRechts">41</span><table class="absatzLinks" cellspacing="0" cellpadding="0"><tbody><tr><td><p>im 1.</p>
</td>
<td><p>Jahr der</p>
</td>
<td><p>Tätig</p>
</td>
<td><p>eit</p>
</td>
<td><p>80</p>
</td>
<td><p><em>%</em></p>
</td>
</tr>
<tr><td><p>im 2 .</p>
</td>
<td><p>Jahr der</p>
</td>
<td><p>Tätig</p>
</td>
<td><p>eit</p>
</td>
<td><p>85</p>
</td>
<td><p><em>%</em></p>
</td>
</tr>
<tr><td><p>im 3.</p>
</td>
<td><p>Jahr der</p>
</td>
<td><p>Tätig</p>
</td>
<td><p>eit</p>
</td>
<td><p>90</p>
</td>
<td><p>%</p>
</td>
</tr>
<tr><td><p>im 4.</p>
</td>
<td><p>Jahr der</p>
</td>
<td><p>Tätig</p>
</td>
<td><p>eit</p>
</td>
<td><p>95</p>
</td>
<td><p><em>%</em></p>
</td>
</tr>
<tr><td><p>vor</p>
</td>
<td colspan="2"><p>vollendetem 18.</p>
</td>
<td><p>Lebensjahr</p>
</td>
<td><p>• • •</p>
</td>
<td></td>
</tr>
<tr><td><p>nach</p>
</td>
<td colspan="2"><p>vollendetem 16.</p>
</td>
<td><p>Lebensjahr</p>
</td>
<td><p>• • •</p>
</td>
<td></td>
</tr>
<tr><td><p>nach</p>
</td>
<td colspan="2"><p>vollendetem 25.</p>
</td>
<td><p>Lebensjahr</p>
</td>
<td><p>• • •</p>
</td>
<td></td>
</tr>
</tbody>
</table>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">(2)            Mit Beginn des 4. Tätigkeitsjahres der in § 2 Abs. 3a) und 3 c) genannten Arbeitnehmer bzw. mit Beginn des 4. oder 5 . Tätigkeitsjahres</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">der in § 2 Abs. 3 b) genannten Arbeitnehmer erfolgt die Einstufung ir dasjenige Berufsjahr der Gehaltsgruppe B 1, das dem Berufsjahr folgt, von welchem bei Aufnahme der Tätigkeit die bisherigen Abschläge errechnet wurden. Die Dauer einer abgebrochenen oder nicht durch bestandene Prüfung abgeschlossene Ausbildungszeit wird bei der Berechnung der Tätigkeitsjahre berücksichtigt. Die dieser Bezahlung entsprechenden Berufsjahre gelten als zurückgelegt.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">(3)            - (4) ...</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks"><strong>(2)</strong></p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">B. Angestellte mit abgeschlossener kaufmännischer Ausbildung</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks"><strong>(1) -</strong></p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Gehaltsgruppe I</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Angestellte mit einfacher kaufmännischer Tätigkeit</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Beispieles Verkäufer ...</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Gehaltsgruppe II</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Angestellte mit einer Tätigkeit, die erweiterte Fachkenntnis und eine größere Verantwortung erfordern.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Beispiele: Erster Verkäufer • * •</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Gehaltsgruppe III</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Angestellte mit selbständiger Tätigkeit im Rahmen allgemeiner Anweisungen und mit entsprechender Verantwortung für ihren Tätigkeitsbereich, und zwar in Arbeitsbereichen</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Beispiele: ...</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Erster Verkäufer mit Einkaufsbefugnis</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Gehaltsgruppe IV</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Angestellte in leitender Stellung mit Anweisungsbefugnissen und mit entsprechender Verantwortung für ihren Tätigkeitsbereich, und zwar in Arbeitsbereichen</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Beispiele: Abteilungsleiter Einkäufer ...</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Verkaufsstellenleiter</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Nach dem GTV Einzelhandel NW vom 18.07.1984 betrug das Gehalt der Gehaltsgruppe II vom 01.04.1984 bis 31.03.1985 im 1. und 2. Jahr der Tätigkeit 1.876,-- DM, nach dem 5. Jahr der</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Tätigkeit 2.479,-- DM, was den monatlichen Differenzbetrag von 603,-- DM ergibt.</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Ab dem 01.04.1985 bis zum 31.03.1986 machte das Gehalt der Gehaltsgruppe II nach dem GTV Einzelhandel NW vom 15.05. 1985 im 1. und 2. Jahr der Tätigkeit den Betrag von 1.923,-- DM, nach dem 5. Jahr der Tätigkeit den von 2.541,-- DM aus, was den Differenzbetrag von monatlich 618,-- DM ausmacht.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Mit vorgericht1ichem Schreiben vom 26.04.1985 machte der Kläger zunächst die Geha1tsdifferenzen für die Zeit vom 01.10 1 984 bis 3 1.03. 1985 geltend.</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Nachdem die Beklagte jegliche Zahlung verweigert hatte, hat der Kläger mit der am 24.06.1985 beim Arbeitsgericht Rheine eingegangenen Klage, die am 2 8.06.1985 der Beklagten zugestellt worden ist, die Gehaltsdifferenzen für die Zeit vom 01.10.1984 bis 30.06.1985 geltend gemacht.</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Mit Schriftsatz vom 2 0.12.1 985, der Beklagten am 2 7.12.1 985 zugestellt, hat dann der Kläger die Klage um die Gehaltsdifferenzen für Juli bis Oktober 1985 erweitert. Mit weiterem Schriftsatz vom 09.01.1986, der Beklagten am 1 4.01.1986 zugestellt, hat der Kläger schließlich die tarifliche Sonderzuwendung geltend gemacht, die er auf 1.036,40 DM berechnet hat.</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Bezüglich der Sonderzuwendung ist im Tarifvertrag über Sonder Zahlungen (Urlaubsgeld und Sonderzuwendung) vom 15.05.1985 für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfa1en, der ebenfalls gemäß § 5 Abs, 1 TVG für allgemeinverbindlich erklärt worden ist, unter Teil B bestimmt, daß die tarifliche Sonderzuwendung, fällig spätestens am 30.11. des laufenden Jahres, 40 % des individuell dem anspruchsberechtigten Arbeitnehmer</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">zustehenden Tarifentgeltes beträgt, wobei das am 30.11. des laufenden Kalenderjahres zu zahlende Tarifgehalt maßgebend ist. Die Beklagte hat nur eine Sonderzuwendung von 300,-- DM brutto gezahlt.</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat die Ansicht vertreten, aufgrund seiner 15jähri' gen Tätigkeit als selbständiger Handelsvertreter bzw. Betreiber der Tankstelle sei er bei der Beklagten einem ersten Verkäufer nach dem 5. Jahr der Tätigkeit gleichzustellen. Damit stehe ihm für die Zeit vom 01.10.1984 bis 31.03.1985 eine Gehaitadifferenz von 3.618,-- DM (603,-- DM x 6) und vom 01.G4.1985 bis 31,10.1985 von 4.326,-- DM (618,-- DM x 7) gegenüber der Beklagten zu,</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Als Sonder Zahlung könne er 40 % von 2.541,-- DM brutto von der Beklagten begehren, was den Betrag von 1.036,40 DM brutto ausmache. Unter Anrechnung der von der Beklagten erbrachten 300,-- DM brutto ergebe sich somit die weitere Klageforderung von 736,40 DM brutto.</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat zuletzt beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, an ihn 8.680,40 DM brutto nebst 4 % Zinsen jeweils seit Rechtshängigkeit zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen,</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">Sie hat die Meinung vertreten, es sei schon zweifelhaft, ob der Kläger überhaupt in die Beschäftigungsgruppe B des</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">GTV Einzelhandel NW gehöre, da er keine abgeschlossene Berufsausbildung nachweisen könne. Aus den bisherigen Angaben des Klägers ergebe sich nichts Konkretes über seine früheren tatsächlich verrichteten Arbeiten, weswegen auch insoweit eine Gleichstellung mit einem ausgebildeten Verkäufer nicht in Betracht komme.</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Das Arbeitsgericht Rheine hat mit Urteil vom 23.01.1986 der</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">Klage bis auf einen Betrag von 20,              DM brutto stattgegeben</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">und den Zinsanspruch auf die sich jeweils ergebenden Netto- gehaltsbeträge reduziert. Die Kosten des Rechtsstreits hat es gemäß § 92 Abs. 2 ZPO der Beklagten auferlegt. Zur Begründung ist im wesentlichen ausgeführt:</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">Der Kläger sei schon gemäß § 2 Abs. 3 b) GTV Einzelhandel NW einem ausgebildeten Verkäufer gleichzustellen, da er während seiner Tätigkeit als selbständiger Handelsvertreter von Oktober 1960 bis Dezember 1965 eine kaufmännische Berufstätigkeit von mindestens 4 Jahren ausgeübt habe.</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">Das spätere selbständige Betreiben einer Tankstelle von 1965 bis 1975 habe die in der Gehaltsgruppe II des GTV Einzelhandel NW verlangte Tätigkeit, die erweiterte Fachkenntisse und eine größere Verantwortung erfordern, erfüllt. Der Kläger sei somit bei der Beklagten aus der Gehaltsgruppe II nach dem 5. Jahr der Tätigkeit zu bezahlen. Daß der Kläger bei der Beklagten eine Tätigkeit nach der Gehaltsgruppe B II ausgeübt habe, habe die Beklagte selbst zugestanden. Ausgehend hiervon stünden dem Kläger dann von Oktober 1984 bis einschließlich Oktober 1985 die rechnerisch richtig bezifferten Gehaltsdifferenzen zu.</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">Jedoch könne der Kläger nur eine Sonderzuwendung für 1985</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">in Höhe von 716,40 DK brutto begehren. Denn 40 % von 2.541,-- DM brutto ergebe den Betrag von 1,016,4 0 DM brutto und nicht die vom Kläger eingesetzten 1,036,40 DM brutto. Insofern handele es sich um einen offensichtlichen Rechenfehler des Klägers.</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">Das wegen der sonstigen Einzelheiten hiermit in Bezug genommene Urteil ist der Beklagten am 27.G2.1986 zugestellt worden. Die Beklagte hat hiergegen am 26^03.1986 beim Landesarbeitsgericht Berufung eingelegt, die sie am 16.04.1986 begründet hat.</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">In der mündlichen Verhandlung vom 06.06.1986 vor dem Berufungsgericht ist auf ausdrückliches gerichtliches Befragen weiter unstreitig geworden, daß der Kläger während seiner Tätigkeit als selbständiger Handelsvertreter vom 01.10.1960 bis 02.12. 1965 Rollläden der Firma Homann KG an Bauherren verkauft hat. Er hat die Angebote nach Ausmessung abgegeben. Dabei hat er auch auf eigene Rechnung Untervertreter eingesetzt. Die Tankstelle hat der Kläger von 1965 bis 1970 als sogenannte freie Tankstelle im eigenen Eigentum betrieben. 1970 ist diese Tankstelle vom Kläger an die Westfalen AG verkauft worden, die er dann bi3 1975 von dieser Firma gepachtet hatte. Der Tankstelle ist eine Fiat-Vertragswerkstatt angeschlossen gewesen. Dort hat der Kläger nur dann mitgeholfen, wenn die Mitarbeiter nicht weitergekommen sind. Überwiegend ist der Kläger jedoch im Bereich der Tankstelle tätig gewesen, und zwar mit Arbeiten des Betankens von Fahrzeugen, der Bestellung und des Verkaufs von PKW's, Motorrädern und sontigen Waren.</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte greift das angefochtene Urteil in vollem Umfang an. Sie ist der Auffassung, das erstinstanzliche Gericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dem Kläger stünde das Gehalt der Gehaltsgruppe II GTV Einzelhandel NW nach dem 5. Jahr der Tätigkeit, zu. Denn zum einen gehe der Tarifvertrag davon aus, daß die Tätigkeitsjahre in ihrem Betrieb zurückzulegen seien. Zum anderen würden bei einer Berücksichtigung der früheren Tätigkeiten des Klägers diese die in der Gehaltsgruppe I des GTV Einzelhandel NW aufgeführten Tätigkeiten erfüllen.</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">Im übrigen sei der größte Teil der Klageforderungen nach den tariflichen Ausschlussfristen verfallen.</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">das Urteil des Arbeitsgerichts Rheine vom 23.01.1S86 abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">Der Kläger und Berufungsbek1agte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">Er verteidigt das angefochtene Urteil in allen Punkten. Er ist der Ansicht, aus § 2 Abs. 3 Satz 2 GTV Einzelhandel NW folge, daß die zurückgelegten Berufs- bzw. Tätigkeitsjahre anzurechnen seien. Dabei brauchten die früheren Tätigkeiten nicht den Tätigkeiter. entsprechen, die in der Gehaltsgruppe II des GTV Einzelhandel NW aufgeführt seien.</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">Wegen der sonstigen Einzelheiten auf den vorgetragenen Inhalt der</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">des Parteivorbringens wird in beiden Instanzen gewechsel-</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">ten Schriftsätze und der Terminsprotoko11e verwiesen. Auf den Inhalt der zu den Gerichtsakten gereichten Unterlagen wird Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">Die Berufung der Beklagten ist bereits nach ihrem eigenen Vorbringen unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">Dem Arbeitsgericht ist dahingehend zu folgen, daß der Kläger aufgrund seiner früheren Tätigkeiten als selbständiger Handelsvertreter und Betreiber einer Tankstelle zum einen gemäß § 2 Abs. 3 b) GTV Einzelhandel NW einem ausgebildeten Verkäufer gleichzusetzen ist. Zum anderen nat er in dieser Zeit mindestens Tätigkeiten der Gehaltsgruppe II des GTV Einzelhandel NW ausgeübt, was dazu führt, daß dem Kläger das geltend gemachte Gehalt der Gehaltsgruppe II des GTV Einzelhandel NW nach dem 5. Jahr der Tätigkeit zusteht. Danach sind die vom Kläger geforderten Differenzzahlunqen an Gehalt und Sonderzuwendung begründet, zumal der Kläger entgegen der Ansicht der Beklagten die Verfa11fristen des § 20 MTV Einzelhandel NW gewahrt hat.</p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">a) Für die Auslegung eines Tarifvertrages kommt es in erster Linie auf den Tarifwortlaut und den tariflichen Gesamtzusammenhang an, wobei im Sinne von § 1 > 3 BGB der wirkliche Wille der Tarif Vertragsparteien zu berücksichtigen ist, sofern und soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat (BAG, Urteil vom 09.07.1980 - 4 AZR 56U/78 - AP Nr. 2 zu § 1 TVG Tarifverträge: Seeschiffahrt).</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">b) Danach ist zunächst in § 2 Abs. 1 GTU Einzelhandel NW i.V.m. § 8 Abs. 1 MTV Einzelhandel NW klargestellt, daß die überwiegend ausgeübte Tätigkeit des Angestellten für dessen tarifliche Hi ndestvergütung maßgeblich ist. In § 2 Abs. 2 GTV Einzelhandel NW ist dann bestimmt, daß Voraussetzung für die tarifliche Eingruppierung in die Gehaltsgruppe I bis IV GTV Einzelhandel NW in der Regel eine abgeschlossene kaufmännische Berufsausbildung ist. In § 2 Abs. 3 GTV Einzelhandel NW ist abschließend geregelt, wann eine G1eichsetzung mit der abgeschlossenen Ausbildung zum Verkäufer erfolgt.</p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">Aus § 3 A Abs. 1 GTV Einzelhandel NW folgt, daß die Angestellten, die keine Verkäuferausbi1dung und nicht die Gleichsetzungsvoraussetzungen des § 2 Abs. 3 GTV Einzelhandel NW erfüllen, nach dem Willen der T a r i f ver t r a gs par t e i e n während der ersten vier Jahre ihrer kaufmännischen Tätigkeit nicht einmal Vergütung nach der für sie an sich in Betracht kommenden Gehaltsgruppe erhalten sollen, sondern statt dessen eine Vergütung in niedrigerer Höhe nach näherer tariflicher Spezifizierung (vgl. BAG, Urteil vom 08.02.1984 - 4 AZR 369/83 - AP Nr. 3 zu § 1 TVG Tarifverträge Einzelhandel zu der entsprechenden Regelung im GTV Einzelhandel Rheinland-Pfalz), In § 3 A Abs. 2 Satz 1 GTV Einzelhandel NW ist dann geregelt, wie die in § 2 Abs. 3 GTV Einzelhandel NW genannten Arbeitnehmer zu bezahlen sind.</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks">Dabei ist zwar ausdrücklich nur eine Einstufung in das Berufsjahr der Gehaltsgruppe I GTV Einzelhandel NW aufgenommen. Aus diesem Umstand kann aber entgegen der Auffassung der Beklagten nicht hergeleitet werden, die von den in § 2 Abs. 3 GTV Einzelhandel NW genannten Arbeitnehmer zurückgelegten Tätigkeitsjahre könnten nur bei einer Einstufung in die Gehaltsgruppe I GTV Einzelhandel NW berücksichtigt werden.</p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks">Denn wenn in § 3 A Abs. 2 Satz 1 GTV Einzelhandel NW nur die Einstufung in die Gehaltsgruppe I GTV Einzelhandel NW aufgenommen ist, so beruht das ersichtlich darauf, daß die in § 2 Abs. 3 GTV Einzelhandel NW genannten Arbeitnehmer in der Regel Tätigkeiten ausgeübt haben, die nur einfache kaufmännische Tätigkeiten im Sinne der Gehaltsgruppe I GTV Einzelhandel NW sind. Dafür spricht nämlich der tarifliche Gesamtzusammenhang, da zum einen nach § 3 A Abs. 1 GTV Einzelhandel NW Arbeitnehmer, mögen sie einfache oder höherwertige kaufmännische Tätigkeiten ausüben, nur Anspruch auf eine anteilmäßige Vergütung nach der Gehaltsgruppe I GTV Einzelhandel NW haben. Zum anderen stellen die Tarifvertragsparteien in den Gehaltsgruppen II bis IV GTV Einzelhandel NW im Gegensatz zur Gehaltsgruppe I GTV Einzelhandel NW nicht auf Berufsjahre, also auf die bloße Tätigkeit als Verkäufer, sondern auf Tätigkeitsjahre , also auf Jahre der höherwertigen Tätigkeiten, ab. Je länger der Angestellte die höherwertige Tätigkeit ausgeübt hat, desto höher ist sein Gehalt. Schließlich wird diese hier vertretene Auffassung ausdrücklich durch § 2 Abs. 3 c) GTV Einzelhandel NW gestützt, wonach die nach einer andersartigen abgeschlossenen Berufsausbildung zurückgelegten Berufs- bzw. Tätigkeitsjahre im Einzelhandelsbereich angerechnet werden, wenn die Beschäftigung entsprechend dem erlernten Beruf erfolgt. Danach wäre z.B. bei einem gelernten Buchhalter, der in einem anderen Gewerbezweig nach bestandener Prüfung zunächst tätig war, diese Tätigkeitszeit von Beginn an hinsichtlich der Feststellung der Tätigkeitsjahre bei der Einstellung als Buchhalter im Einzelhandel im Rahmen der Gehaltsgruppe II GTV Einzelhandel NW anzurechnen, wenn er als Erste Kraft in der Buchhaltung eingestellt würde und diese höherwertige Tätigkeit bereits im anderen Gewerbezweig ausgeübt hätte.</p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks">Die Regelung in § 2 Abs. 3 c) GTV Einzelhandel NW bestätigt des weiteren, daß entgegen der Auffassung der Beklagten die Tätigkeitsjahre nach den Gehaltsgruppen II bis I V GTV Einzelhandel NW nicht in ihrem Betrieb zurückgelegt sein müssen.</p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">Dieses wird auch durch § 2 Abs. 3 a) GTV Einzelhandel NW belegt, da die Ausbildung zur Büro- oder Gewerbegehi1fin überwiegend nicht in einem Betrieb des Einzelhandels durchgeführt wird.</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks">2. Ausgehend hiervon ergibt sich vorliegend folgendes:</p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">a) Der Kläger übte bei der Beklagten die Tätigkeit eines Ersten Verkäufers aus und war somit in die Gehaltsgruppe II GTV Einzelhandel NW einzugruppieren.</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks">a a) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind die allgemeinen tariflichen Tätigkeitsmerkmale einer Gehaltsgruppe des GTV als erfüllt anzusehen, wenn ein Angestellter ein in der betreffenden Gehaltsgruppe aufgeführtes Tätigkeit s b e i s p i e 1 erfüllt (BAG, Urteil vom 08.02.1984 - 4 AZR 3 69/8 3 - a.a.O.).</p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">Auf die allgemeinen Tätigkeitsmerkma1e muß allerdings dann zurückgegriffen werden, wenn das Tätigkeitsmerkma1 selbst unbestimmte Rechtsbegriffe enthält, die nicht aus sich heraus ausgelegt werden können (BAG, Urteil vom 08.0 2.1984 - 4 AZR 158/83 - AP Nr. 134 zu § 1 TVG Auslegung).</p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks">Nach diesen Grundsätzen war der Kläger in die Gehaltsgruppe II GTV Einzelhandel NW einzugruppieren, weil er das Tätigkeitsbeispiel dieser Gehaltsgruppe Erster Verkäufer bei der Beklagten erfüllte.</p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks">Zwar folgt dieses nicht bereits daraus, daß die Parteien den Kläger übereinstimmend als Ersten Verkäufer angesehen haben. Denn die Parteien dieses Rechtsstreits können tarifliche Rechtsbegriffe nicht unstreitig stellen (BAG, Urteil vom 22.11.1977 - 4 AZR 395/76 - BAG 29, 364 = AP Nr. 2 zu §§ 22, 23 BAT 1975).</p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks">Aber nach dem unstreitigen Sachverhalt ist der Kläger als Erster Verkäufer anzusehen.</p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks">Dabei ist der Begriff des Ersten Verkäufers allerdings aus sich heraus nicht auslegbar. Der Zusatz "Erster" Verkäufer besagt nur, daß er gegenüber sonstigen Verkäufern eine hervorgehobene Stellung haben muß. Inwiefern er sich aus sonstigen Verkäufern hervorheben muß, wird jedoch durch den Zusatz "Erster" nicht näher bestimmt. Deshalb ist zur näheren Umschreibung des Begriffs "Erster Verkäufer" auf die allgemeinen Tätigkeitsmerkma1e zurückzugreifen. Allgemeines Tätigkeitsmerkmal der Gehaltsgruppe II GTV Einzelhandel NW ist eine "Tätigkeit, die erweiterte Fachkenntnisse und größere Verantwortung erfordert". Demgemäß ist unter einem Ersten Verkäufer ein Verkäufer zu verstehen, dessen Tätigkeit gegenüber sonstigen Verkäufern, die in der Gehaltsgruppe I GTV Einzelhandel NW eingruppiert sind, erweiterte Fachkenntnisse und größere Verantwortung erfordert (BAG, Urteil vom 07.11.1984 - 4 AZR 286/83 -, bisher nicht veröffentlicht).</p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks">Diesen Anforderungen genügten die unstreitigen Tätigkeiten des Klägers bei der Beklagten. Der Kläger war nämlich für den Verkaufsbereich Holz/Bauelemente allein verantwortlich. Er hatte zu kontrollieren, ob Waren nachbestellt werden mussten. Die Bestellungen neuer Waren nahm ei nach allgemeiner Gegenzeichnung des Marktleiters selbst vor. Ebenfalls regelte er Kundenrek1amationen selbständig. Seine Tätigkeit erforderte auch eine erweiterte Fachkenntnis, da er die Preisauszeichnung seines gesamten Sortiments beherrschen musste. Zudem oblag ihm auch noch die Ausbildung der Auszubildenden in seinem Verkaufsbereich,</p>
<span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks">bb) Der Kläger war auch ab Beginn seiner Tätigkeit bei der Beklagten in die Gehaltsgruppe II GTV Einzelhandel NW einzugruppieren, da er bereits gemäß § 2 Abs. 3 b) GTV Einzelhandel NW eine kaufmännische Berufstätigkeit überwiegend im Verkauf von drei Jahren aufwies»</p>
<span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks">Mit dem Arbeitsgericht ist nämlich davon auszugehen, daß hierbei auch Verkaufstätigkeiten zu berücksichtigen sind, die nicht in einem abhängigen Arbeitsverhältnis angefallen sind. Denn § 2 Abs, 3 b) GTV Einzelhandel NW verlangt nur eine kaufmännische Berufstätigkeit. Bei dem Abstellen auf Tätigkeitsjahre soll die Zeit der Ausübung höherwertiger Verkaufstätigkeiten Einfluß haben.</p>
<span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks">Danach hat der Kläger in der Zeit seiner Tätigkeit als selbständiger Handelsvertreter vom 01,10,1960 bis 02,12,1965, dadurch, daß er Rolläden verkauft hat, ausschließlich kaufmännische Berufstätigkeiten im Verkauf ausgeübt. Für die G1eichsetzung mit einem ausgebildeten Verkäufer kommt es dabei im Rahmen des § 2 Abs. 3 b) GTV Einzelhandel NW auf die Schwierigkeit der Verkaufstätigkeit nicht an.</p>
<span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks">b) Der Kläger war von der Beklagten auch aus der Gehaltsgruppe II GTV Einzelhandel NW nach dem 5. Jahr der Tätigkeit zu bezahlen.</p>
<span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks">Da nämlich der Kläger schon aufgrund der Tätigkeit als selbständiger Handelsvertreter einem ausgebildeten Verkäufer gleichzustellen ist, ist die Zeit des Betreibens einer Tankstelle als Tätigkeitszeit bei der Einstufung nach der Gehaltsgruppe II GTV Einzelhandel NW zu berücksichtigen. Denn spätestens seit der Erteilung der Erlaubnis vom 23.05.1969 auf den Einzelhandel mit Kraftfahrzeugen, Tabakwaren und Radiogeräten übte der Kläger eine Tätigkeit aus, die sogar über die in der Gehaltsgruppe II GTV Einzelhandel NW verlangte hinausging. Denn der Kläger war, was letztlich in der Berufungsinstanz unstreitig geworden ist, fast ausschließlich mit dem Verkauf von Kraftstoff, Kraftfahrzeugen, Motorrädern und sonstigen Waren bis zum 30.11.1975, also über sechs Jahre, tätig. Hierbei hatte er auch den Einkauf selbständig und a11einverantwort1ich zu tätigen. Seine Tätigkeit ist damit sogar der eines Verkaufsstellenleiters vergleichbar, die als Tätigkeitsbeispie1 in der Gehaltsgruppe IV GTV Einzelhandel NW aufgenommen ist.</p>
<span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks">c) War der Kläger somit aus der Gehaltsgruppe II GTV Einzelhandel NW nach dem 5. Jahr der Tätigkeit von der Beklagten zu bezahlen, sind die vom Kläger geltend gemachten Gehaltsnachforderungen für die Zeit vom 01.10.1984 bis 31.10.1985, deren Höhe von der Beklagten nicht bestritten werden, begründet. Ebenfalls ist der geltend gemachte Differenzbetrag hinsichtlich der tariflichen Sonderzuwendung begründet, jedoch nur im Umfang des im erstinstanzlichen Urteil zuerkannten Betrages,</p>
<span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks">Soweit die Beklagte sich in der Berufungsinstanz darauf beruft, diese Ansprüche seien wegen Nichtwahrung der tariflichen Ausschluss fristen verfallen, geht dieses Vorbringen ins Leere.</p>
<span class="absatzRechts">124</span><p class="absatzLinks">Denn die Gehaltsnachforderungen sind gemäß § 20 Abs. 1 c) MTV Einzelhandel NW sechs Monate nach Fälligkeit schriftlich geltend zu machen. Danach sind die Differenzansprüche für die Zeit vom 01.10.1984 bis 31.03.1985 durch das Vorgericht liehe Geltendmachungsschreiben vom 26.04.1985, die Gehaltsnachforderungen für die Zeit vom 01.04. bis 30.0 6.1985 durch die Klageschrift und die Gehaltsdifferenzzahlungen für die Zeit vom 01.07. bis 31.10.1985 durch die Klageerweiterung vom 20.12.1985 vom Kläger formgerecht und rechtzeitig gegenüber der Beklagten geltend gemacht worden. Denn auch die Klageerhebung wahrt die schriftliche Geltendmachung.</p>
<span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks">Der Differenzbetrag auf Zahlung der Sonderzuwendung ist innerhalb der dreimonatigen Frist des § 20 Abs. 1 b) MTV Einzelhandel NW durch die Klageerweiterung vom 09. ül. 1986 vom Kläger verlangt worden.</p>
<span class="absatzRechts">126</span><p class="absatzLinks">Der Zinsanspruch ist aus §§ 286, 291 BGB gerechtfertigt.</p>
<span class="absatzRechts">127</span><p class="absatzLinks">3. Die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels hat die Beklagte gemäß § 97 ZPO zu tragen.</p>
<span class="absatzRechts">128</span><p class="absatzLinks">Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG zuzulassen, da die Rechtssache eine Rechtsstreitigkeit über die Auslegung eines Tarifvertrages betrifft, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk des Landesarbeitsgerichts Hamm erstreckt, und zu dessen Auslegung hinsichtlich der Anrechnung von Jahren selbständiger Tätigkeiten bisher das Bundesarbeitsgericht erkennbar nicht Stellung bezogen hat.</p>
|
315,549 | olgham-1986-06-02-8-u-29885 | {
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<p>Auf die Berufung des Klägers wird das am 24.09.1985 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen beim Landgericht Siegen abgeändert.</p>
<p></p>
<p>Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger das Bruttogehalt für Juli 1984 in Höhe von 15.553,-- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 01.08.1984 zu zahlen. Die Widerklage des Beklagten wird - unter Zurückweisung seiner Anschlußberufung - abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Der Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 26.500,-- DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p>
<p></p>
<p>Der Wert der Beschwer für den Beklagten beträgt 46.659,-- DM.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Tatbestand</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger war alleiniger Geschäftsführer der Firma xxx, deren Mitgesellschafter er mit einem Anteil von 1,92 % war. Hauptgesellschafter dieser GmbH ist die Firma xxx mit 96,78 % der Geschäftsanteile. An der xxx, die ihr gesamtes Anlagevermögen der xxx verpachtet hat, ist der Kläger als deren Alleingeschäftsführer mit 47,81 % beteiligt. Die Geschäftsführervergütung des Klägers in der xxx, für die er fast 40 Jahre tätig war, betrug monatlich 15.553,-- DM brutto, was einem Nettoauszahlungsbetrag von 8.269,99 DM entspricht. Der Kläger ist zu 100 % schwerbehindert im Sinne des SchwerbhG. Diese Behinderung hat er sich bei Auftragsverhandlungen für die Firma xxx in xxx zugezogen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Am 29.06.1984 wurde über das Vermögen der Firma xxx durch Beschluß des Amtsgerichts xxx - AZ: 11 N 33/84 AG Siegen - der Konkurs eröffnet, nachdem bereits am 16.05.1984 die Sequestration angeordnet worden war. Konkursverwalter ist der Beklagte. Nach dem derzeitigen Stand des Konkursverfahrens hat der Konkurs einen Ertrag von ca. 8 Mio. DM erbracht, wobei die Konkursquote noch nicht feststeht.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 02.07.1984 kündigte der Beklagte den Geschäftsführervertrag des Klägers mit der Gemeinschuldnerin "mit sofortiger Wirkung". Der Kläger hat der Kündigung durch Schreiben an den Beklagten vom 05.07.1984 widersprochen. Der Konkursverwalter führte die Geschäfte der Gemeinschuldnerin fort. In dieser Zeit kam es zu Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Beklagten und der Verwaltungs-GmbH, die gerichtlich ausgetragen wurden.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat den Beklagten auf Zahlung des Bruttogehalts für Juli 1984 gerichtlich in Anspruch genommen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Er hat geltend gemacht, es habe für die Kündigung kein wichtiger Grund vorgelegen. Weiterhin sei die Kündigung wegen Verstoßes gegen das SchwerbhG unwirksam, insbesondere auch deshalb, weil er sich die Behinderung bei Diensthandlungen für die Gemeinschuldnerin zugezogen habe. Zudem sei er spätestens mit der Konkurseröffnung auch abhängig Beschäftigter i.S.d. SchwerbhG geworden.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Er hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:50px">den Beklagten zu verurteilen, an ihn das Bruttogehalt für Juli 1984 in Höhe von 15.553,-- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 01.08.1984 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:50px">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat behauptet, der Arbeitsplatz des Klägers sei durch den Konkurs weggefallen. Für die Abwicklung des Konkurses hätten ihm genügend sachkundige Mitarbeiter zur Verfügung gestanden (Beweis: Zeugnis des Prokuristen xxx). Er hat die Ansicht vertreten, er habe sich von dem Kläger ohne weiteres trennen können, zumal es infolge der Geschäftsführertätigkeit und der Beteiligung des Klägers an der Verwaltungs-GmbH zu Interessenkollisionen habe kommen können.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es ist der Auffassung, die fristlose Kündigung sei wirksam, weil das SchwerbhG nicht anwendbar sei; für die Kündigung habe ein wichtiger Grund vorgelegen, weil eine Interessenkollision bestanden habe. Auch wegen der Höhe des Gehaltes in einem massearmen Konkurs sei die Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht zumutbar.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Der Kläger wiederholt sein Vorbringen und die Beweisantritte erster Instanz und behauptet, wenn der Beklagte den Kläger ebenso wie andere leitende Angestellte weiterbeschäftigt hätte, wäre ein besseres Konkursergebnis erzielbar gewesen. Der Betrieb sei nach Konkurseröffnung noch monatelang fortgeführt worden.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:43px">das angefochtene Urteil abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an ihn das Bruttogehalt für Juli 1984 in Höhe von 15.553,-- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 01.08.1984 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:43px">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Er behauptet, nach Konkurseröffnung sei lediglich die Abteilung "Walzengießerei" bis Ende August 1984 weitergeführt worden. Von den leitenden Angestellten der Gemeinschuldnerin sei lediglich der Prokurist xxx bis zum 31.07.1984 weiterbeschäftigt worden. Der Beklagte meint, es komme nicht darauf an, ob sich der Kläger zum Zeitpunkt der Kündigung Verletzungen seiner arbeitsrechtlichen Treuepflicht habe zu schulden kommen lassen. Maßgeblich sei vielmehr, ob solche Pflichtverletzungen zu erwarten gewesen seien und zu einer Interessenkollision hätten führen können. Allein die Tatsache der Betriebsaufspaltung bei der Gemeinschuldnerin habe vielfältige Streitigkeiten vorprogrammiert. Diesen Streitigkeiten habe die Kündigung des Klägers vorbeugen sollen und den wichtigen Grund für die Kündigung dargestellt. Überdies habe im Zeitpunkt der Kündigung kein Zweifel daran bestanden, daß der Konkurs massearm sein würde. Nur darauf, nicht aber auf das spätere Ergebnis sei für die Rechtfertigung der Kündigung abzustellen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat im Wege der Anschlußberufung Widerklage erhoben.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Widerklagend beantragt er,</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">festzustellen, daß die Kündigung des Beklagten vom 02.07.1984 das Anstellungsverhältnis des Klägers bei der Gemeinschuldnerin zum 02.07.1984 beendet hat und dem Kläger auch kein Anspruch auf Vergütung der Geschäftsführertätigkeit für die Zeit nach dem 31.07.1984 zusteht.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Anschlußberufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe:</u></p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die Berufung des Klägers hat Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">1. Die Klage ist zulässig. Der Kläger verlangt eine Dienstvergütung für die Zeit nach Eröffnung des Konkurses. Hierbei handelt es sich nicht um eine Konkursforderung i.S. des § 3 KO, was zur Folge hätte, daß der Kläger mit seiner Leistungsklage gegen den beklagten Konkursverwalter ausgeschlossen wäre, weil er seine Forderung dann dem Verfahren nach § 12 i.V.m. §§ 138 f KO unterwerfen müßte, also zur Konkurstabelle anmelden müßte. Zwar stellt § 3 KO nicht darauf ab, wann eine Forderung fällig oder durchsetzbar ist (Kuhn-Uhlenbrock, KO, 10. Aufl., § 3 Rn. 11), sondern läßt es genügen, wenn der Rechtsgrund für eine demnächst fällig werdende Forderung bereits vor Konkurseröffnung gelegt worden war. Obwohl der Dienstvertrag des Klägers bereits vor Konkurseröffnung bestanden hat, die Forderung, die er geltend macht, also dem Grunde nach schon vor Konkurseröffnung entstanden war, liegt keine Konkursforderung i.S.d. § 3 KO vor. Vielmehr gelten Ansprüche auf Dienstvergütungen für die Zeit nach Konkurseröffnung als Masseansprüche i.S.d. § 59 I Nr. 2 KO (Kuhn-Uhlenbrock, a.a.O, § 3 Rn. 26 und § 59 Rn.12i; Böhle-Stamschräder/Kilger, KO, 13. Aufl. 1980, § 3 Rn. 4 b). Es handelt sich insoweit um Ansprüche aus zweiseitigen Verträgen, deren Erfüllung durch die Konkursmasse kraft Gesetzes geschuldet wird. Das ist bei einem Dienstverhältnis der Fall, wenn Kündigungsfristen einzuhalten sind, solange das Dienstverhältnis besteht und nicht etwa fristlos oder gem. § 22 KO wirksam beendet worden ist (RGZ 55, 265). Daß letzteres zwischen den Parteien gerade streitig ist, spielt für die Frage der Zulässigkeit der Klage keine Rolle. Massegläubiger sind nicht gem. § 12 KO gehindert, ihre Ansprüche gegen den Konkursverwalter gerichtlich geltend zu machen. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn feststünde, daß der Konkurs massearm, also zur Befriedigung aller Massegläubiger der jeweiligen Rangklasse nicht ausreichend wäre (Kuhn-Uhlenbrock, § 60 KO, Rn, 3 d). Dies ist aber nach dem Sachverhalt nicht der Fall.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist begründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung des Gehaltes in Höhe von brutto 15.553,-- DM für den Monat Juli 1984 gem. §§ 611, 615 BGB zu. Der Dienstvertrag ist durch die Kündigung des Beklagten nicht schon am 02.07.1984 beendet worden.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">2.1.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Allerdings steht der Wirksamkeit der Kündigung seitens des Beklagten nicht das SchwerbhG entgegen. Dieses Gesetz findet nach einhelliger Auffassung keine Anwendung auf die Organe juristischer Personen, namentlich den Geschäftsführer einer GmbH, da er nicht als Arbeitnehmer i.S. dieser arbeitsrechtlichen Schutzvorschrift gilt (vgl. BGH DB 1978, 878, 879; Wilrodt/Neumann, SchwerbhG, 6. Aufl., § 6 Rn 25, 26, 47; Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG, 14. Aufl., § 35 Rn 97, 99). In seiner Funktion als Geschäftsführer nimmt er vielmehr die Aufgaben eines Arbeitgebers wahr; insbesondere übt er das Direktionsrecht gegenüber den Beschäftigten der GmbH aus; er ist insoweit nicht als weisungsgebundener und damit sozial abhängig Beschäftigter anzusehen. Zwar kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Rahmen des Anstellungsverhältnisses die wirtschaftliche Abhängigkeit, soweit sie nicht in Widerspruch zu seiner Arbeitgeberfunktion steht und die Organstellung des Geschäftsführers es nicht verbietet, dazu führen, arbeitsrechtliche Schutzvorschriften auch auf den Geschäftsführer einer GmbH abzuwenden (vgl. Fleck, WM Beilage Nr. 3, 1981, S. 3 ff m.w.N. zur Rspr.). Dies trifft jedoch nicht auf den Schwerbehindertenschutz zu. Der Kläger wird auch nicht etwa dadurch zum abhängig Beschäftigten i.S. des § 6 und der §§ 12 ff SchwerbhG, daß nunmehr der Konkursverwalter die Verfügungsbefugnis der Gemeinschuldnerin übernommen hat (BAG AP Nr. 3 zu § 612 BGB) und er ab diesem Zeitpunkt den Weisungen des Konkursverwalters unterliegt; seine formale Einordnung als Organ der Gemeinschuldnerin bleibt bestehen (Baumbach/Schulze-Osterloh, a.a.O., § 63 GmbHG, Rn. 37) und wandelt sich nicht in ein dem Arbeitsrecht in vollem Umfang unterworfenes Arbeitsverhältnis um. Auch die Tatsache, daß sich der Kläger diese Behinderung im Rahmen seiner Tätigkeit für die Gemeinschuldnerin zugezogen hat, vermag das Ergebnis nicht zu ändern. Für den Kündigungsschutz nach dem SchwerbhG wäre es ohnedies unerheblich, ob die Behinderung während der Berufstätigkeit für die Firma eingetreten ist (Jung/Cramer § 12 SchwerbhG, Rn 3).</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">2.2.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Die Frage, ob und in welcher Frist dem Kläger gekündigt werden konnte, richtet sich allein nach den Regeln des bürgerlichen Gesetzbuches für freie Dienstverhältnisse. Eine Beendigung nach § 17 KO scheidet aus. Die rechtliche Streitfrage, ob der Konkursverwalter das Dienstverhältnis des Klägers automatisch durch die Ausübung seines Wahlrechtes nach § 17 KO hätte beenden können, oder ob es dazu einer Kündigung gem. § 22 KO bedurfte, ist nach Auffassung des Senats im Sinne der zweiten Alternative zu beantworten. Die in der Literatur vertretene Meinung, im Falle des Konkurses könne der Konkursverwalter den Geschäftsführervertrag gem. § 17 KO ohne Ausspruch einer Kündigung unmittelbar jedenfalls dann lösen, wenn der Geschäftsführer zugleich auch Allein- oder Mehrheitsgesellschafter ("Eigendirektor") ist (so z.B. Heilmann, ZIP 1980, 344, 346 m.w.N.), ist abzulehnen. Selbst für den Alleingesellschafter hält der BGH die Anwendung des § 22 KO auf das Dienstverhältnis des Geschäftsführers für zulässig (BGHZ 75, 209, 211). Der Senat folgt dem. Denn ansonsten würde die Existenz eines Dienstverhältnisses zwischen dem Geschäftsführer und der rechtlich selbständigen GmbH, die privat- wie steuerrechtlich in der Rechtspraxis anerkannt wird, konkursrechtlich praktisch ausgeschlossen (BGHZ a.a.O.). Zum anderen steht dem der eindeutige Wortlaut des § 22 KO entgegen, der ganz allgemein von Dienstverhältnissen i.S. des § 611 BGB spricht und damit sowohl Arbeitsverhältnisse als auch die übrigen Dienstverhältnisse erfaßt. Zudem ist auch dem GmbHG keine Vorschrift zu entnehmen, die es erforderlich macht, den Gesellschafter-Geschäftsführer im Konkurs anders zu behandeln als den Nichtgesellschafter-Geschäftsführer, für den nach ganz h.M. § 22 KO Anwendung findet (Jaeger/Henckel, § 23 KO, Rn 15).</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">War demnach eine automatische Beendigung infolge des Konkurses nicht möglich, so konnte gem. § 22 KO eine Kündigung nur entsprechend den gesetzlichen Fristen erfolgen.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">2.3.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Allerdings schließt § 22 KO eine fristlose Beendigung des Dienstverhältnisses nicht aus. Vielmehr bleibt daneben eine Kündigung gem. § 626 BGB aus wichtigem Grunde möglich. Eine fristlose Kündigung scheitert jedoch am Fehlen der Voraussetzungen des § 626 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Es bestehen schon Bedenken, ob mit der Erklärung des Beklagten der Geschäftsführervertrag solle "vorsorglich mit sofortiger Wirkung" gekündigt sein, hinreichend klar zum Ausdruck gebracht worden ist, daß die Kündigung eine fristlose sein sollte. Maßgeblich ist gemäß §§ 133, 157 BGB die objektive Bewertung der Erklärung, wie also der Kündigungsempfänger bei Würdigung aller ihm bekannten Umstände nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte die Erklärung auffassen mußte. Es ist nicht eindeutig klar, daß der Wille des Beklagten dahin ging, eine fristlose Kündigung auszusprechen und der Kläger diese Erklärung auch so verstanden hat. Das kann aber letztlich offen bleiben.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Die Voraussetzungen für eine fristlos wirksam werdende Kündigung i.S.d. § 626 BGB sind nämlich nicht gegeben.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">2.4.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Der Konkurs als solcher stellt keinen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung dar (vgl. z.B. BAG AP Nr. 1 zu § 22 KO). Das schließt allerdings nicht aus, Umstände, die mit der Konkurseröffnung zusammenhängen, als "wichtige Gründe" zu berücksichtigen, wenn es dem Konkursverwalter mit Rücksicht auf den Konkurszweck unzumutbar wäre, ein Dienstverhältnis fortzusetzen. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts Stade (BB 1963, 859), der auch das Landgericht gefolgt ist, liegt aber ein solcher Umstand nicht schon dann vor, wenn der Konkurs im Zeitpunkt der Kündigung aller Wahrscheinlichkeit nach an Massearmut leiden wird, die Konkursmasse also zur Befriedigung aller Massegläubiger in der jeweiligen Rangklasse nicht als ausreichend erscheint und jeder dieser Massegläubiger nur noch mit einer Quote befriedigt werden kann. Denn die Frage, ob Vergütungen aus Dienstverträgen noch bezahlt werden können, ist zu trennen von der Frage der Auflösung eines Dienstverhältnisses. Letzteres ist eben nur nach Maßgabe des § 22 KO möglich. Dem steht auch nicht der Konkurszweck, möglichst alle Gläubiger gleichmäßig zu befriedigen, entgegen. Denn Ziel des Konkurses ist es auch, Dienstverhältnisse ordnungsgemäß abzuwickeln und daraus resultierende Forderungen aus der Konkursmasse zu begleichen. Wenn die Konkursordnung bei der Abwicklung in bestimmten Fällen bevorrechtigte Gläubiger schafft, so ist eine derartige Bevorzugung als vom Gesetzgeber gewollt zu respektieren. Diese Bevorzugung kann jedoch nicht ohne weiteres durch eine fristlose Kündigung beiseite geschoben werden (BAG a.a.O.).</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">2.5.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Die Kündigung aus wichtigem Grund kann auch nicht darauf gestützt werden, daß der Arbeitsplatz des Klägers weggefallen ist - wie der Beklagte behauptet - und keine geeignete Tätigkeit im Betrieb mehr zu finden war. Dem KO-Verwalter ist es im Regelfall zuzumuten, die Bezüge bis zum Vertragsauslauf nach der gesetzlichen Kündigungsfrist zu zahlen (BGH WM 1978, 319). Schon im allgemeinen rechtfertigen selbst Betriebsstillegungen nicht zur Kündigung von Arbeitsverhältnissen aus wichtigem Grunde (BAG ZIP, 1984, 1517, 1521). Zwar hat das BAG bei Betriebsstillegungen in Fällen tarifvertraglicher Unkündbarkeit von Arbeitsverträgen eine Kündigung aus wichtigem Grunde anerkannt (BAG AP Nr. 86 zu § 626 BGB), hat aber an die Stelle der fristlosen Beendigung die gesetzliche bzw. tarifvertragliche Kündigungsfrist gesetzt. Für den hier zu entscheidenden Fall läßt sich daraus aber nichts herleiten, weil die Kündigung des Dienstvertrages des Klägers eben unter Einhaltung einer gesetzlichen Frist möglich ist und eine Abweichung von dem Grundsatz, daß Betriebsstillegungen selbst und damit auch der Wegfall des Arbeitsplatzes nicht zur Kündigung aus wichtigem Grund berechtigen, nicht erforderlich erscheint. Daß auch im Falle des Konkurses Arbeitsplätze wegfallen, dürfte eher die Regel sein. Daraus aber entgegen der gesetzlichen Norm des § 22 KO, der gerade die konkursbedingte Kündigung nur unter Einhaltung einer Frist zuläßt, einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung herleiten zu wollen, ist nach Auffassung des Senats nicht zu vertreten und daher abzulehnen.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">2.6.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Ein Kündigungsgrund im Sinne des § 626 BGB liegt auch im übrigen nicht vor. Grundsätzlich setzt ein wichtiger Grund in diesem Sinne eine Vertragsverletzung des Dienstverpflichteten voraus. Eine solche hat der Beklagte nicht behauptet.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">In diesem Zusammenhang kann allerdings die Tatsache des Konkurses wiederum eine besondere Rolle spielen. Der Konkursverwalter wirtschaftet in dem zeitweilig fortgeführten Unternehmen ausschließlich im Interesse der Gläubiger. Diesem Zweck werden auch die bestehenden Dienstverhältnisse untergeordnet mit der Folge, daß gerade in einer Zuwiderhandlung gegen diesen Konkurszweck ein wichtiger Grund für eine Kündigung liegen kann.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Die von dem Beklagten befürchtete Interessenkollision, in die der Kläger hineingeraten wäre, wäre sein Dienstverhältnis mit dem Kläger bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortgesetzt worden, vermag aber die fristlose Kündigung nicht zu rechtfertigen. Bei einem derartigen Interessenwiderstreit, wie er vorliegend möglicherweise zutage getreten wäre, kann nicht der Schluß gezogen werden, daß sich der Kläger im Rahmen seines Dienstverhältnisses vertragswidrig verhalten hätte, wäre er weiterbeschäftigt worden. Die Tatsache, daß er in seiner Funktion als gleichzeitiger Geschäftsführer der Besitzgesellschaft bereits zu Beginn des Konkurses Rechtsstreitigkeiten mit dem Beklagten durchgeführt hat, läßt jedenfalls diesen Schluß nicht zu. Es ist vom Beklagten nicht behauptet worden und auch nicht ersichtlich, daß der Kläger mit diesen Prozessen die Absicht verfolgt hat, den Konkurszweck zu gefährden oder auch nur die Abwicklung des Konkursverfahrens zu behindern. Zudem ist es problematisch, im Rahmen des § 626 BGB auf Prognosen über künftiges Verhalten abzustellen, weil § 626 an sich konkret gegebene vertragliche Verfehlungen erfordert. Hierzu ist aber von dem Beklagten auch im übrigen nichts vorgetragen. Selbst wenn aber die mutmaßliche Interessenkollision als wichtiger Grund anerkannt würde, wäre im Rahmen der dann vorzunehmenden Interessenabwägung dem Beklagten die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist durchaus zumutbar gewesen. Denn hier müßte berücksichtigt werden, daß der Kläger bereits seit fast 40 Jahren bei der Gemeinschuldnerin beschäftigt war, ihm während dieser Zeit keinerlei Vertragsverstöße zur Last gelegt worden sind und er sich überdies infolge seines Engagements für die Firma eine 100prozentige Schwerbehinderung zugezogen hat. Außerdem wäre auch die Dauer der Zeitspanne, innerhalb der das Dienstverhältnis ordentlich beendbar war, ein bei der Interessenabwägung zugunsten des Klägers zu berücksichtigender Faktor. Angesichts dieser besonderen Umstände ist das Interesse des Beklagten, sich von dem Kläger ohne Einhaltung der gesetzlichen Frist zu trennen, als nachrangig einzuordnen.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">3.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Nach alledem ist das Dienstverhältnis zu dem Kläger nicht fristlos zum 02.07.1984 beendet worden. Die fristlose Kündigung ist umzudeuten in eine ordentliche Kündigung zu einem späteren Zeitpunkt. In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob die wirksame ordentliche Kündigung das Dienstverhältnis des Klägers mit Ablauf des Monats Juli 1984 nach § 621 BGB oder erst sechs Wochen zum Quartalsende nach § 622 BGB zum Erlöschen bringt. Dem Kläger steht jedenfalls für den Monat Juli 1984 der geltend gemachte Gehaltsanspruch gem. §§ 611, 615 BGB zu.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">4.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 288, 284, 242 BGB. Da der Beklagte die Zahlung des Gehaltes eindeutig und endgültig verweigert hat, war eine Mahnung entbehrlich.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Die Anschlußberufung des Beklagten hat keinen Erfolg. Denn seine Widerklage ist unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Allerdings bestehen keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der Widerklage. Soweit der Beklagte festgestellt wissen will, daß die Kündigung den Dienstvertrag des Klägers fristlos zum 02.07.1984 beendet hat, handelt es sich um eine Zwischenfeststellungsklage i.S. des § 256 II ZPO, die ohne die besonderen Voraussetzungen des § 530 ZPO auch mit Stellung eines Antrags erst in der Berufungsinstanz ohne weiteres zulässig ist (BGHZ 53, 92 f). Entscheidend ist lediglich, ob die Feststellung eines streitigen Rechtsverhältnisses begehrt wird, das hinsichtlich der Hauptklage vorgreiflich ist, das heißt, vom Gericht muß über dieses Rechtsverhältnis im Zusammenhang mit der Hauptsache inzidenter entschieden worden sein. Über die Frage der Wirksamkeit der von dem Beklagten ausgesprochenen fristlosen Kündigung mußte im Zusammenhang mit der geltend gemachten Leistungsklage auf Dienstvergütung gem. § 611 BGB entschieden werden.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Der weitergehende Antrag des Klägers auf Feststellung, daß dem Kläger kein über den 31.07.1986 hinausgehender Anspruch aus dem Dienstverhältnis mehr zusteht, war als Feststellungsantrag nach § 256 I ZPO zu werten, für den unzweifelhaft das Rechtschutzinteresse besteht.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Die Widerklage ist unbegründet. Wie sich aus den Entscheidungsgründen zu Ziffer I ergibt, endete das Dienstverhältnis des Klägers nicht fristlos am 02.07.1984.</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Vielmehr war gem. § 22 KO lediglich eine Kündigung unter Einhaltung der gesetzlichen Frist möglich. Diese Frist richtet sich für das Dienstverhältnis des Klägers nach § 622 BGB. Nach Abs. 1 der Vorschrift war es also mit sechswöchiger Frist zum Schluß des Kalendervierteljahres, d.h. zum 30. September 1984 kündbar. Zwar setzt der Wortlaut des § 622 BGB voraus, daß der Geschäftsführer einer GmbH zu dieser in einem Arbeitsverhältnis steht. Dieses ist wie ausgeführt nicht der Fall. Jedoch kommt vorliegend eine analoge Anwendung des § 622 BGB in Betracht. Von der Rechtsprechung anerkannt ist diese Analogie für den Geschäftsführer einer GmbH jedenfalls dann, wenn dieser an der GmbH nicht beteiligt ist, da er dem Arbeitnehmer vergleichbar wirtschaftlich abhängig sei (BGH ZIP 1981, 368); der Gesetzgeber habe mit dem ersten arbeitsrechtlichen Bereinigungsgesetz nicht beabsichtigt, die bis dahin dem § 622 BGB unterworfenen Anstellungsverhältnisse der Geschäftsführer einer GmbH neu zu regeln, sondern das Recht der Kündigung von Arbeitsverhältnissen zu vereinheitlichen und zu bereinigen. Es handele sich insoweit um ein Redaktionsversehen (BGH a.a.O.). Der Senat hat keine Bedenken, dementsprechend § 622 BGB auch auf das Dienstverhältnis des Klägers entsprechend anzuwenden. Der Kläger ist zwar mittelbar und unmittelbar an der Gemeinschuldnerin beteiligter Gesellschafter, seine Beteiligung liegt jedoch unstreitig insgesamt noch unter der 50 %-Grenze, so daß sein Stimmanteil ihm keine beherrschende Stellung einräumt.</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger steht danach auch über den 31.07.1984 hinaus ein Gehaltsanspruch aus dem Dienstverhältnis zu. Demnach war die Widerklage als unbegründet abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 I, 91, 708 Nr. 10, 713 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Der Wert der Beschwer ist gemäß § 546 Abs. 2 ZPO entsprechend der Summe der dem Kläger noch zustehenden drei Brutto-Monatsgehälter festgesetzt worden.</p>
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} | 2 Wx 11/86 | "1986-06-02T00:00:00" | "2019-03-13T15:07:39" | "2019-03-27T09:42:49" | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1986:0602.2WX11.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der angefochtene Beschluß und der Beschluß des Amtsgerichts Köln vom 6. Januar 1986 (43 VR 4366) werden aufgehoben.</p>
<p></p>
<p>Das Amtsgericht wird angewiesen, den Antrag auf Eintragung der Bestellung von Herrn C. zum besonderen Vertreter gemäß § 30 BGB nicht aus den Gründen der vorgenann­ten Beschlüsse zurückzuweisen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Gründe</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Rechtspfleger des Amtsgerichts hat mit Beschluß vom 6. Januar 1986 den Antrag auf Eintragung eines besonderen Ver­treters gemäß § 30 BGB in das Vereinsregister zurückgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die hiergegen gerichtete, nach Nichtabhilfe als Beschwerde gel­tende Erinnerung des Vereins ist vom Landgericht ebenfalls zu­rückgewiesen worden. In den Gründen ihres Beschlusses vom 3. Februar 1986 hat die Zivilkammer den Standpunkt des Rechts­pflegers bestätigt, die Bestellung eines besonderen Vertre­ters des Vereins sei nicht eintragungsfähig. Sie zähle nicht zu den im Gesetz abschließend aufgezählten Umständen, deren Eintragung zulässig sei.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Verein vertritt demgegenüber mit der weiteren Beschwerde erneut die Ansicht, die Organstellung des besonderen Vertre­ters müsse im Register verlautbart werden. Im einzelnen wird auf die Beschwerdebegründung vom 5. März 1986 verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die weitere Beschwerde ist statthaft (§ 27 FGG) und formge­recht eingelegt (§ 29 Abs. 1 Satz 3 FGG). Ob sie entsprechend den §§ 160 a Abs. 1, 29 Abs. 2 FGG als sofortige Beschwerde fristgebunden ist, wie das Landgericht für seine Instanz an­genommen hat, erscheint zweifelhaft. Das kann aber dahinstehen. Die zweiwöchige Frist des § 22 Abs. 1 FGG ist jedenfalls gewahrt. Schließlich ist der beteiligte Verein auch beschwerde­berechtigt nach § 20 Abs. 1 FGG (vgl. die Ausführungen zu einer gleichen Fallgestaltung in BayObLGZ 1981, 74 f.).</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">In der Sache hat die weitere Beschwerde Erfolg. Der angefoch­tene Beschluß des Landgerichts beruht auf einer Gesetzesverlet­zung im Sinne der §§ 27 FGG, 550 ZPO.</p><span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Meinung der Vorinstanzen ist die satzungsgemäße Bestellung eines besonderen Vertreters gemäß § 30 BGB in das Vereinsregister einzutragen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Ausgangserwägung des Landgerichts, Eintragungen in ge­richtliche Register müßten auf die dafür im Gesetz vorgesehenen Tatsachen beschränkt bleiben, ist zutreffend. Nach der inso­weit einheitlichen veröffentlichen Rechtsprechung ist jedoch durch § 64 BGB über dessen bloßen Wortlaut hinaus auch die Ein­tragung des besonderen Vertreters eines Vereins vorgeschrieben (KG JFG 2, 280; OLG Hamm OLGZ 1978, 26; BayObLGZ 1981, 71 ff.). Der Senat tritt dieser Auffassung bei und macht sich die aus­führliche Begründung der angegebenen Entscheidung des Bayeri­schen Obersten Landesgerichts zu eigen. Die demgegenüber vom Landgericht angeführten Gesichtspunkte vermögen nicht zu über­zeugen:</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die den besonderen Vertreter einbeziehende Auslegung des § 64 BGB steht nicht im Gegensatz zum Sinn der Bestimmung. Sie trägt diesem Sinn vielmehr gerade Rechnung, indem sie die ausdrück­lich vorgesehene Eintragung der Vorstandsmitglieder in einer notwendigen Richtung ergänzt. Kennzeichnend für den besonderen Vertreter gemäß § 30 BGB ist ein Geschäftskreis, "der eine dem Vorstand ähnliche Selbständigkeit bzw. Verantwortlichkeit ver­langt" (BGH NJW 1977, 2260). Da ferner der besondere Vertreter ebenso wie der Vorstand Organ des Vereins ist, wäre es nicht folgerichtig, die beiden Formen organschaftlicher Vertretung bei der Verlautbarung im Vereinsregister unterschiedlich zu behandeln. Die Eintragung beider Formen entspricht zudem dem Sinn des § 30 BGB. Auch diese Vorschrift soll nämlich dem Ver­kehrsschutz dienen (BGH a.a.O.).</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Beschwerdewert: 300,-- DM.</p>
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} | 20 U 181/95 | "1986-05-29T00:00:00" | "2019-03-13T15:07:41" | "2019-03-27T09:42:49" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1986:0529.20U181.95.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Klägers gegen das am 18. Mai 1995 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Kosten der Berufung werden dem Kläger auferlegt.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Mit der im März 1993 erhobenen Klage verlangt der Kläger Befreiung von Anwaltskosten, die er wegen eines geführten Prozesses vor dem Arbeitsgericht aufwenden muß. Die Beklagte hatte den im Januar 1990 nachgesuchten Deckungsschutz mit Schreiben vom 30.03.1990 wegen Vorvertraglichkeit abgelehnt. Das Landgericht hat aus diesem Gesichtspunkt die Klage abgewiesen. Die Berufung hat keinen Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Es kann unerörtert bleiben, ob die Klage auch aus dem vom Landgericht für maßgeblich erachteten Gesichtspunkt des §14 Abs. 3 ARB unbegründet ist. Die Klage kann schon deshalb keinen Erfolg haben, weil die Klageforderung, worauf sich die Beklagte berufen hat, verjährt ist.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Ansprüche aus einem Rechtschutzversicherungsvertrag verjähren nach §12 Abs. 1 VVG in zwei Jahren, beginnend mit dem Schluß des Kalenderjahres, in welchem die Leistung verlangt werden kann. Der Anspruch des Klägers auf Versicherungsschutz konnte, wie zwischen den Parteien auch nicht im Streit ist, 1990 verlangt werden. Der Kläger hat Leistungen auch im Jahre 1990 verlangt. Die Beklagte hat im März 1990 Leistungen endgültig verweigert. Verjährung ist mithin, Klage ist erst 1993 <b>erhoben</b> worden, Ende 1992 eingetreten.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Kläger meint, dies gelte nicht für die Honoraransprüche seiner Anwälte, weil diese erst mit Beendigung des Prozesses vor dem Arbeitsgericht im Jahre 1994 fällig geworden seien. Die Verjährung des Rechtschutzgewährungsanspruches und der aus diesem fließenden einzelnen Zahlungs bzw. Befreiungsansprüche seien gesondert zu beurteilen. Dem kann der Senat in dieser Allgemeinheit nicht folgen. Eine solche Auffassung wird in Rechtsprechung und Litaratur zwar vertreten (Nachweise bei Harbauer, Rechtschutzversicherung, §18 ARB Rdnr. 3 f.; Prölss/Martin §18 ARB, Anm. 2). Der Senat folgt der Auffassung, daß aus einem verjährten Anspruch auf Versicherungsschutz keine einer gesonderten Verjährung zugänglichen Zahlungsansprüche fließen können (insbesondere Harbauer a.a.O. Rdnr. 4). Nach §1 ARB ist der Versicherer nach Eintritt des Versicherungsfalles verpflichtet, für die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des VN zu sorgen und die hierbei entstehenden Kosten zu tragen. Bei der Sorgerechtsverpflichtung handelt es sich nicht nur um einen Programmsatz, der Verpflichtungen nicht begründet und deshalb einer Verjährung nicht zugänglich ist. Anderenfalls ließen sich, wie aber allgemein üblich und zulässig, Deckungsschutzklagen kaum rechtfertigen. Die Kostentragungspflicht ist zwangsläufige Folge des Rechtsschutzgewährungsanspruchs, die hier nach Auffassung des Senats in viel engerer Beziehung zueinander stehen als die Verpflichtung des Haftpflichtversicherers zur Rechtschutzgewährung und ggf. Zahlung. Überzeugend weist Habauer darauf hin, daß der Versicherer die Befreiung von jedenfalls den Verbindlichkeiten verweigern kann, die nach Ablauf der Verjährung des Versicherungsschutzanspruches fällig und klagbar geworden sind.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">So verhält es sich aber hier. Nach eigener Dartellung des Klägers sind die mit der Klage zuletzt noch verfolgten Ansprüche erst 1994, <b>also</b> nach Ablauf der Verjährung, fällig geworden.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§97, 708 Nr. 10 ZPO. Die Beschwer des Klägers beträgt 7.489,58 DM.</p>
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"jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit",
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} | 4 A 399/85 | "1986-05-27T00:00:00" | "2019-03-13T15:07:42" | "2019-03-27T09:42:49" | Urteil | ECLI:DE:OVGNRW:1986:0527.4A399.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Das angefochtene Urteil wird geändert.</p>
<p>Es wird feStgestellt, daß der Kläger berechtigt ist, auf dem Wochenmarkt in U.  in Tüten verpacktes, ausverschiedenen Bestandteilen zusammengesetzes Hundefutter zu verkaufen.</p>
<p>Die Kosten beider Rechtszüge trägt die Beklagte.</p>
<p>Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.</p>
<p>Die Revision wird nicht zugelassen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Der Kläger unterhält seit 1980 auf dem Wochenmarkt in S. einen Stand, an dem er unter anderem in Klarsichttüten verpacktes Hundefutter, unter der Bezeichnung „Superdog" verkauft. Das Futter wird in vier Sorten angeboten:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">1. „Dinner" Alleinfutter für Hunde), knuspriges Flockenfertigfutter mit hochverdaulichem Getreide, Trockenfleisch und Gemüse;</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">2. "Brocken", knackige Leckerbrocken mit viel Fleisch, ohne chemische Farb- und Geschmacksstoffe;</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">3  ".Mix", das ideale Alleinfutter für alle Hunde, enthält Getreide, Trockenfleisch, Gemüse und alle notwendigen Vitamine,</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Mineralien und Spurenelemente;</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">4. "Naturflecks", gutschmeckende Futterflocken, ideal. zum Beimischen zu Frischfleisch, Dosenfutter und Hundewurst.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 6. Juli 1983 teilte die Beklagte dem Kläger mit, das von ihm verkaufte Hundefutter gehöre nicht zu den auf dem Wochenmarkt in zugelassenen Waren. Gegenvorstellungen des Klägers blieben ohne Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Daraufhin hat der Kläger am 1. September 1983 Klage erhoben mit dem Ziel, seine Berechtigung' zum Verkauf des Hundefutters feststellen zu lassen. Dazu hat er vorgetragen, das von ihm angebotene Hundefutter bestehe aus Haferflocken, Maisflocken, Gemüseflocken, Seealgen sowie getrockneten Fleischbrocken. Er hat die Ansicht vertreten, der Ausschluß des Hundefutters vom Wochenmarkt stelle</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">einen unzulässigen Eingriff in den ausgeübten Gewerbebetrieb dar. Hierfür gebe es keinen sachlichen Grund. Dies werde bestätigt durch die Tatsache, daß er das Hundefutter drei Jahre lang unbeanstandet habe anbieten können.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">festzustellen, daß er berechtigt sei, auf dem Wochenmarkt in K. in  Tüten verpacktes, aus verschiedenen Bestandteilen zusammengesetztes Hundefutter zu verkaufen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte, hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Sie hat die Ansicht vertreten, der Verkauf des Hundefutters sei weder nach § 67 Abs. 1 der Gewerbeordnung (GewO) noch aufgrund der ordnungsbehördlichen Verordnung über die zusätzliche Zulassung von Waren des täglichen: Bedarfs auf den Wochenmärkten in der Stadt</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">vom 24. November 1982 zulässig. Die voraufgegangene Verordnung habe HUndefutter ebenfalls nicht aufgeführt. Der Verkauf durch den Kläger sei lediglich vorübergehend stillschweigend geduldet worden.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch das angefochtene Urteil abgewiesen. Dazu hat es ausgeführt, das Hundefutter des Klägers sei kein Produkt des Gartenbaus und der Landwirtschaft, da <em>es</em> durch Vermischung, Beimengung und Verarbeitung aus verschiedenen Urprodukten zu einem eigenständigen Erzeugnis umgewandelt worden sei. Ebenso handle es sich nicht um ein rohes Naturerzeugnis.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Mit der rechtzeitig eingelegten Berufung wiederholt und vertieft der Kläger sein früheres Vorbringen. Außerdem beruft er sich auf BestandsschutZ.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">das angefochtene Urteil zu ändern und nach</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">dem Klageantrag zu erkennen. Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Das vom Kläger vertriebene Hundefutter gehört zu den Waren, deren Verkauf nach § 67 Abs. 1 GewO auf einem Wochenmarkt ohne weiteres zulässig ist.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Das vom Kläger verkaufte Hundefutter gehört zu den in</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">§ 67 Abs. 1 Nr. 2 GewO aufgeführten Produkten des Gartenbaus</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">und der Landwirtschaft. Hierunter fallen nicht nur solche Erzeugnisse, die in ihrer verkaufsfertigen Form durch Betriebe der Landwirtschaft und des Gartenbaus gewonnen worden sind. Die Vorschrift erfaßt vielmehr auch Produkte, die durch Bearbeitung oder Verarbeitung aus den Erzeugnissen der Urproduktion hergestellt worden sind.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">5-</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Vgl Fuhr, Gewerbeordnung, Stand: 2. März 1978, § 67 Bem. 3; Landmann-Rohmer, Gewerbeordnung, 13.. Aufl. § 67 Rdnr. 9.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Diese Auslegung findet ihre Grundlage in einem Vergleich mit der bis 1976 geltenden Bestimmung des § 66 der Gewerbeordnung in der Fassung vom 21. Juni 1869, die seinerzeit die auf einem Wochenmarkt zugelassenen Waren regelte. Unter Ziffer 2 dieser Vorschrift waren aufgeführte Fabrikate, deren Erzeugung mit der Land- und Forstwirtschaft, dem Garten- und Obstbau oder der Fischerei in unmittelbarer Verbindung steht, oder zu den Nebenbeschäftigungen der Landleute der Gegend gehört, oder durch Tagelöhnerarbeit bewirkt wird, mit Ausnahme der geistigen Getränke. Hierunter hatte die Rechtsprechung seit langem auch-solche Erzeugnisse erfaßt, die durch Konservierung leicht verderblicher Erträge der Landwirtschaft sowie des Garten- und Obstbaus in besonderen, nur hierfür bestimmten. Verarbeitungsbetrieben hergestellt würden.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluß vom 21. März 1956 - I<sup>-</sup>B 5.56 - Buchholz, 451.20</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">§ 66 GewO Nr. 1 unter Bezugnahme auf die Recht- sprechung des Preußischen Oberverwaltungsgerichts.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Die Be- oder Verarbeitung in Betrieben, die nicht selbst die Urprodukte erzeugten, war mithin kein Grund, den so gewonnenen Endprodukten die Marktfähigkeit auf Wochenmärkten abzusprechen. Die Neufassung der Vorschrift über den Wochenmarktverkehr sollte</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">an der bis dahin geltenden Regelung keine substantiellen Änderungen vornehmen. Ziel war lediglich, dem modernen Sprachgebrauch Rechnung zu tragen und überholte Bestimmungen zu streichen.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Vgl. Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 7/3859 'Seite 12.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Zu Recht ist daher die Neufassung als BeStätigung der von der Rechtsprechung bereits unter der früheren Fassung der Vorschrift vertretenen Auffassung angesehen worden.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Vgl. Fuhr, a.a.O. § 67 Bem. 3.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Bei der Auslegung des §.67 Abs. 1 Nr. 2 GewO ist weiter zu berücksichtigen, daß Viehfutter auch in be- und verarbeiteter</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Form seit sehr langer Zeit als typischer Gegenstand des Wochenmarktverkehrs angesehen worden ist. Eine preußische Ministerialverfügung vom 26. Dezember 1847 zählte Viehfutter zu den Gegen‑</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">ständen, welche überall auf Wochenmärkten feilgehalten werden dürfen, und erwähnte dabei besonders den Ölkuchen.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Vgl. Landmann-Rohmer, GewO, 11. Aufl. 1956, § 66 Bem. 1.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Angesichts der starken traditionellen Prägung des Marktgeschehens muß davon ausgegangen werden, daß der<sup>.</sup> Gesetzgeber eine seit jeher zum Wochenmarkt gehörende Warengattung ausdrücklich angesprochen hätte, wenn er sie für die Zukunft vom Wochenmarktverkehr hätte ausschließen wollen.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Auf dieser Grundlage muß auch das vom Kläger verkaufte Hundefutter zu den Produkten der Landwirtschaft und des Gartenbaus im Sinne des § 67 Abs. 1 Nr. 2 GewO gerechnet werden.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Es ist im wesentlichen aus Bestandteilen zusammengesetzt, die diesen Zweigen der Urproduktion entstammen. Dazu gehören sowohl das Getreide und das Gemüse als auch die Fleischbrocken. Darüber hinaus hat der Kläger in der Klageschrift als weiteren Bestandteil Seealgen angegeben. Es kann offen bleiben, ob der Anteil dieser Organismen so groß ist, daß ihm überhaupt eine wesentliche Bedeutung für die Beurteilung des Endprodukts zukommt. Selbst wenn dies zutreffen sollte, kann das Ernten der Seealgen jedenfalls dem Bereich der Fischerei zugerechnet werden, die in § .67 Abs, 1 Nr. 2 GewO ebenfalls aufgeführt ist.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Die genannten Ausgangsprodukte sind zwar teilweise einer intensiven Behandlung ausgesetzt und anschließend miteinander vermengt worden, um als Hundefutter Verwendung zu finden. Das schließt jedoch nach den obigen Ausführungen die Feststellung, daß es sich um Produkte der Landwirtschaft und des Gartenbaus handelt, nicht aus. Auch der vom Verwaltungsgericht in den Vordergrund gestellte Gesichtspunkt', daß das Produkt Hundefutter eine andere Qualität habe als seine Bestandteile, weil es so in der Landwirtschaft oder im Gartenbau nicht erzeugt werde, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Auch</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Marmeladen,</span></p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Marmeladen, Konfitüren und Nudeln werden als solche in der Landwirtschaft oder im Gartenbau nicht erzeugt. Gleichwohl steht außer Zweifel, daß es sich um Produkte des Gartenbaus und der Landwirtschaft handelt.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Vgl. Fuhr, a.a.O., § 67 Bem.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">§ 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.</p>
|
315,553 | olgk-1986-05-27-7-w-2586 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 7 W 25/86 | "1986-05-27T00:00:00" | "2019-03-13T15:07:44" | "2019-03-27T09:42:49" | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1986:0527.7W25.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beschwerde der Antragsteller wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.</p>
<p></p>
<p>Im übrigen fallen die Kosten des Beschwerdeverfahrens den Antragstellern zur Last.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">G r ü n d e</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde ist zulässig (§§ 127 Abs. 2 Satz 2, 567 Abs. 1 ZPO). Sie bleibt in der Sache aber ohne Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Mit Recht hat das Landgericht entschieden, daß die von den Antragstellern beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 11 Satz 1 ZPO), weil einem Anspruch aus § 19 Abs. 1 Satz 1 BNotO, der allein in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage, §§ 19 Abs. 1 Satz 3 BNotO, 839 Abs. 3 BGB entgegenstehen. Dies hat das Landgericht in dem angefochtenen Beschluß zutreffend begründet; der Se­nat nimmt auf diese Ausführungen Bezug und macht sie sich zueigen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die in der Beschwerdebegründung vorgetragenen Erwägungen rechtfertigen keine andere Beurteilung. Wer ab Rechtsleben muß dafür Sorge tragen, daß er den sich aus der Rechtsordnung ergebenden Pflichten nachkommt; sollte dies ihm selbst - etwa aus gesundheitlichen Gründen - nicht möglich sein, so muß er sich grundsätzlich der Hilfe anderer Personen versichern. Im übrigen ergibt sich auch aus dem Beschwerdevorbringen nicht mit der hinreichenden Deutlichkeit, daß der Kläger zu 1) infolge Krankheit gehindert war, eingehende Korrespondenz auf ihre Vollständigkeit und Richtig­keit hin zu überprüfen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO, der auch im Beschwerdeverfahren gilt (vgl. Zöller-Schneider, ZPO 14. Aufl. 3 118 23 m.w.N.), und auf § 11 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nr. 1181 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Beschwerdewert : Wert von je drei Gerichts- und Rechtsan­waltsgebühren aus einem Streitwert von 336.000,-DM (36.000-- DM für Antrag zu 1) und 12, 1/2 x 24.000,-- DM für Antrag zu 2) nach § 9 ZPO).</p>
|
315,554 | olgham-1986-05-23-12-uf-31585 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
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"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 12 UF 315/85 | "1986-05-23T00:00:00" | "2019-03-13T15:07:46" | "2019-03-27T09:42:49" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1986:0523.12UF315.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufungen beider Parteien wird unter Zurückweisung beider Rechtsmittel im übrigen das am 15. Oktober 1985 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengerichts - Essen-Steele teilweise abgeändert und insgesamt neu gefaßt:</p>
<p></p>
<p>Der Beklagte wird verurteilt, folgende monatliche Unterhaltsrente (nachehelicher Unterhalt) - fällig am 1. eines jeden Monats - zu zahlen:</p>
<p>für die Zeit vom 01.04. bis 30.09.1985 in Höhe von je 900,-- DM,</p>
<p>für die Zeit vom 01.10.1985 bis zum 31.12.1993 in Höhe von je 200,-- DM.</p>
<p></p>
<p>Die weitergehende Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 3/4 und dem Beklagten zu 1/4 auferlegt.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin, die niederländische Staatsangehörige ist, und der Beklagte waren seit dem 16.05.1975 verheiratet und sind seit dem 29.01.1985 geschieden. Kinder sind aus der Ehe nicht hervorgegangen. Die Klägerin hat jedoch Kinder aus einer früheren Ehe. Die Parteien trennten sich 1983 und lebten zunächst ab April in der Ehewohnung getrennt; im Oktober 1983 verließ die Klägerin die eheliche Wohnung in xxx und zog nach xxx. Im Juni 1985 übersiedelte sie in die Niederlande, wo sie längere Zeit in dem dort stehenden Wohnwagen des Beklagten gelebt hat.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin nachehelichen Unterhalt gegen den Beklagten geltend. Sie selbst arbeitet nicht und hat auch während der Ehe abgesehen von einer kurzzeitigen Tätigkeit zu Beginn der Ehe im Betriebe des Beklagten nicht gearbeitet. Vor der Ehe war sie ca. 5 Jahre lang in den Niederlanden als ungelernte Altenpflegehelferin tätig. Eine Berufsausbildung besitzt sie nicht. Sie behauptet, trotz intensiver Bemühungen habe sie bisher einen Arbeitsplatz weder in Deutschland noch in den Niederlanden finden können. Der Beklagte ist Inhaber eines Dreherei- und Apparatebaubetriebes. Über seine Einkünfte streiten die Parteien.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Durch das angefochtene Urteil hat das Familiengericht der Klägerin monatlichen Unterhalt in Höhe von 496,43 DM seit dem 01.04.1985 zuerkannt. Es ist von einem anrechenbaren Monatseinkommen des Beklagten von 4.835,53 DM ausgegangen. Davon hat es für Krankenkassenbeiträge 552,-- DM und für Lebensversicherungsprämien 325,-- DM abgesetzt. Auf 3/7 der verbleibenden 3.958,33 DM = 1.696,43 DM hat es den Bedarf der Klägerin veranschlagt. Darauf - so das Familiengericht - müsse sich die Klägerin ein von ihr erzielbares Einkommen in Höhe von 1.200,-- DM anrechnen lassen, weil sie sich nicht hinreichend um einen Arbeitsplatz bemüht habe.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Dagegen wenden sich beide Parteien mit der Berufung.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin behauptet weiter, daß sie trotz hinreichender Bemühungen keine Arbeit habe finden können. Außerdem sei von einem anrechenbaren Einkommen des Beklagten von 5.500,-- DM nach Abzug der Vorsorgeaufwendungen auszugehen, so daß ihr selbst monatlich 2.014,28 DM zustünden.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">unter Abänderung des angefochtenen Urteils, den Beklagten zu verurteilen, an sie eine monatliche Unterhaltsrente ab dem 01.04.1985, zahlbar im voraus, in Höhe von 2.014,28 DM zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Berufung der Klägerin zurückzuweisen,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">sowie unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage der Klägerin abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hält einen Unterhaltsanspruch der Klägerin für verwirkt, weil sie einseitig aus der Ehe ausgebrochen sei, um ein intimes Verhältnis mit dem Zeugen xxx einzugehen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte behauptet,</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">die Klägerin hätte Arbeit finden können, wenn sie sich nur hinreichend darum bemüht hätte. Im Mai 1985 sei sie von der Zeugin xxx darauf hingewiesen worden, daß im Familien- und Krankenpflegeverein in xxx Pflegekräfte gesucht würden. Schließlich rügt der Beklagte, daß das Familiengericht seine Einkünfte zu hoch bemessen habe. Insbesondere sei es unzutreffend, daß, wie das Familiengericht gemeint habe, die gesamten steuerlichen Abschreibungen als unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen anzusehen seien. Der Beklagte bittet darum, mit Rücksicht auf die Dauer der kinderlos gebliebenen Ehe um eine zeitliche Beschränkung des Unterhaltsanspruch.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Es ist Beweis erhoben worden durch Vernehmung von Zeugen; insoweit wird auf den Berichterstattervermerk vom 23. Mai 1986 verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens sowie wegen des Inhalts des angefochtenen Urteils wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe</u></b></p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Beide Berufungen haben teilweise Erfolg; im übrigen sind beide Rechtsmittel unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Über das Unterhaltsbegehren der Klägerin ist gemäß EGBGB 17 nach deutschem Recht zu befinden. Der Anspruch auf Unterhalt nach der Scheidung richtet sich nach ganz herrschender Meinung nach dem Scheidungsstatut. Nicht entscheidend ist, nach welchem Recht die Ehe tatsächlich geschieden worden ist, sondern nach welchem Recht sie hätte geschieden werden müssen (Palandt-Heldrich, Anm. 5a EGBGB 17). Da, wie die Parteien erklärt haben, beide Scheidungsantrag gestellt haben, wäre gemäß § 17 EGBGB, da der Beklagte die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, die Ehe nach deutschem Recht zu scheiden gewesen. Deshalb gilt auch für den vorliegenden Unterhaltsrechtsstreit deutsches Recht.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">1.)</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Unterhaltsanspruch zu und zwar aufgrund von § 1573 Abs. 1 BGB für die Zeit, für die ihr eine Erwerbstätigkeit nicht zugerechnet werden kann, und aus § 1573 Abs. 2 ab dem Zeitpunkt, ab dem ihr ein fiktives Erwerbseinkommen anzurechnen ist.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Der Unterhaltsbedarf der Klägerin richtet sich ausschließlich nach dem Einkommen des Beklagten, da die ehelichen Lebensverhältnisse allein durch sein Einkommen bestimmt worden sind. Die Klägerin hat nur zu Beginn der Ehe für kurze Zeit im Betriebe des Beklagten mitgearbeitet; dadurch sind die ehelichen Lebensverhältnisse aber nicht auf Dauer geprägt gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte greift die Berechnung des ihm zuzurechnenden Einkommens durch das Familiengericht darin an, daß das Familiengericht die betrieblichen Abschreibungen dem Gewinn hinzugerechnet habe. Der Beklagte hält dies deshalb für unzutreffend, weil seiner Meinung nach die Abschreibungen in dem Umfang berechtigt sind und deshalb auch unterhaltsrechtlich nicht als Einkommen anzusehen seien, als ihnen Ausgaben für Neuanschaffungen zum Betriebsvermögen gegenüberstehen. In diesem Zusammenhang hat der Beklagte unwidersprochen behauptet, daß in den Jahren 1982 - 1984, die das Familiengericht seiner Einkommensermittlung zutreffend zugrundegelegt hat, der Aufwand für Neuanschaffungen zum Betriebsvermögen nur in den Positionen "Abschreibungen" auf die Jahre verteilt enthalten ist. Der Senat hält die von den Beklagten zu diesem Punkt gemachten Ausführungen für zutreffend, da im Umfange der Neuanschaffungen zum Betriebsvermögen ein gewinnschmälernder Aufwand getätigt worden ist; dies würde keine Berücksichtigung finden, falls die Position Abschreibung ganz als Gewinn angerechnet würde. Die Berechnung des den Beklagten anzurechnenden Einkommens ergibt folgende Beträge:</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Ausweislich der vom Beklagten vorgelegten Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen und Erläuterungen zu beiden betrug im Jahre 1982 der ausgewiesene Gewinn 49.126,44 DM. Die Abschreibungen belaufen sich auf einen Betrag von 19.696,87 DM. Die in diesem Jahre getätigten Aufwendungen betrugen 2.660,-- DM für eine Maschine Iberinex, 7.610,-- DM für einen PKW Renault, 3.120,17 DM für Werkzeuge und 107,08 DM für geringwertige Anlagegüter. Die Positionen Gewinn und Abschreibungen ergeben unter Abzug des getätigten Aufwandes eine Summe von 55.326,06 DM.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Im Jahre 1983 betrug der Gewinn 46.677,45 DM; die Abschreibungen wurden mit 18.094,91 DM in Ansatz gebracht. Abzüglich des im Jahre 1983 getätigten Aufwand in Höhe von 6.141,22 DM für Werkzeuge und 969,69 DM für geringwertige Anlagegüter verbleibt ein anzusetzender Betrag von 57.461,45 DM.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Im Jahre 1984 betrug der Gewinn 54.461,02 DM. Die Abschreibung ist mit 16.668,74 DM in Ansatz gebracht worden. Der Aufwand im Jahre 1984 bestand aus 884,-- DM für Maschinen, 9.819,99 DM für Werkzeuge und 711,75 DM für geringwertige Anlagegüter. Hieraus folgt ein anzurechnender Betrag von 59.714,02 DM.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Der Gesamtgewinn betrug in den Jahren 1982 - 1984 172.501,53 DM, was einem Jahresdurchschnittsgewinn von 57.500,51 DM entspricht. Hiervon sind gemäß § 10 Abs. 2 S. 3 EStG Vorsorgeaufwendungen in Höhe von 3.510,-- DM abzusetzen sowie Spesen in Höhe von 2.000,-- DM. Außerdem sind Verluste aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 2.619,-- DM zu berücksichtigen. Es ergibt sich daraus ein zu versteuerndes Einkommen von 49.371,51 DM.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Für das im vorliegenden Prozeß relevante Jahr 1985 ergeben sich bei Zugrundelegung eines Einkommens in der durchschnittlichen Höhe der Jahre 1982 - 1984 Steuern nach der Grundtabelle in Höhe von 14.786,-- DM und Kirchensteuern in Höhe von 1.330,74 DM. Diese Steuerbeträge sind von dem erzielten Einkommen von 57.500,51 DM abzuziehen. Es verbleiben dann 41.383,77 DM. Dies entspricht einem Monatseinkommen von 3.448,65 DM. Abzuziehen sind davon 552,-- DM für Krankenkassenleistungen und 325,20 DM für Lebensversicherung. Es verbleiben anrechenbar 2.571,45 DM pro Monat.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Für 1986 betragen die Einkommenssteuer 14.235,-- DM und die Kirchensteuer 1.281,15 DM. Zieht man diese Beträge von dem Durchschnittseinkommen von 57.500,51 DM ab, verbleiben 41.984,38 DM. Diese entsprechen einem Monatseinkommen von 3.498,70 DM. Abzüglich der Krankenkassenbeiträge, die im Jahre 1986 monatlich 572,-- DM betragen, und abzüglich der Lebensversicherungsprämien von 325,20 DM ergibt sich ein monatlicher Restbetrag von 2.601,50 DM.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Der Senat bemißt den Bedarf der Klägerin nach den ehelichen Lebensverhältnissen aufgrund der vorstehenden Ausführungen mit ca. der Hälfte des Einkommens des Beklagten und veranschlagt ihn auf 1.300,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin, die bisher eine Arbeitsstelle nicht gefunden hat, muß sich so behandeln lassen, als ob sie durch eigene Erwerbstätigkeit ihren Bedarf teilweise decken könnte bzw. in der Vergangenheit hätte decken können. Die Klägerin war zwar, da sie während der Zeit des Zusammenlebens mit dem Beklagten einer Berufstätigkeit nicht nachgegangen ist, nicht gehalten, unmittelbar nach der Trennung, die räumlich erst im Oktober 1983 erfolgt ist, sich um eine Arbeitstätigkeit zu bemühen. Dieser Grundsatz ist in der Rechtsprechung anerkannt, weil die Aufnahme einer Berufstätigkeit geeignet sein kann, das Zerwürfnis zwischen den Eheleuten zu vertiefen, was eine nicht zu billigende Konsequenz der grundsätzlich in § 1569 BGB normierten Eigenverantwortlichkeit jedes Ehepartners bedeuten würde. Der Senat ist aber der Auffassung, daß die Klägerin jedenfalls nach Ablauf des Trennungsjahres sich um eine Arbeitsstelle hätte bemühen müssen und daß sie eine solche auch mit dem Zeitpunkt der Scheidung im Januar 1985 hätte finden können. Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, daß die im Jahre 1941 geborene Klägerin eine vollzeitige Beschäftigung in relativ kurzer Zeit von nur wenigen Monaten nicht gefunden hätte, auch wenn sie sich ausreichend bemüht hätte. Die Klägerin wäre jedoch bei intensiver Suche sicherlich in der Lage gewesen, etwa durch Aushilfstätigkeiten im hauswirtschaftlichen Bereich und im Bereich der Altenpflege, in der sie über gewisse Erfahrungen verfügt, Beträge bis zur Versicherungsfreigrenze von 400.-- DM zu erzielen. Darüber hinaus hätte die Klägerin etwa ab Oktober 1985, somit zwei Jahre nach der Trennung bei intensiver Arbeitsplatzsuche eine Erwerbsstelle finden können, die sie vollzeitig hätte ausüben können. Die Klägerin hat nicht nachgewiesen, daß sie eine solche Stelle nicht hätte finden können. Sie hat zwar eine Vielzahl von Bewerbungen vorgelegt; wenige davon liegen aber in einem Bereich, der für die Klägerin günstige Erfolgsaussichten bei der Arbeitsplatzsuche versprochen hätte, nämlich auf dem Gebiet der Hauswirtschaftsbetreuung und Altenpflege. Die Klägerin ist zwar auf diesem Gebiet nicht ganz untätig gewesen; den <u>privaten</u> Bereich hat sie aber vollkommen ausgespart. Dabei zeigt die Erfahrung, daß hilfsbedürftige Personen gerade über eine private Vermittlung Personen wie der Klägerin Erwerbschancen bieten. Die Klägerin hat auch nicht einmal behauptet, daß sie den Hinweis der Zeugin xxx nachgegangen ist, die die Klägerin auf Stellenangebote in diesem Bereich aufmerksam gemacht hat. Dieser Umstand läßt Zweifel daran aufkommen, ob die Klägerin überhaupt den ernsthaften Willen besessen hat und besitzt, durch eigene Tätigkeit ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Die Folge unzureichender Arbeitssuche ist, daß der Klägerin ein Einkommen zu unterstellen ist, das sie hätte erzielen können. Der Senat hat in vergleichbaren Fällen mehrfach entschieden, daß im Bereich der privaten Hauswirtschaftshilfe und Altenpflege monatliche Nettoeinkünfte von mindestens 1.100,-- DM zu erzielen sind. Von einem fiktiven Einkommen in dieser Höhe ab dem 01.10.1985 ist deshalb auszugehen. Der von dem Beklagten auszufüllende Restunterhaltsbedarf der Klägerin beträgt daher für die Zeit vom 01.04. bis zum 30.09.1985 900,-- DM und ab dem 01.10.1985 200,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Der Unterhaltsanspruch der Klägerin ist nicht gemäß § 1579 Nr. 6 BGB verwirkt. Die Vernehmung des Zeugen xxx hat zwar ergeben, daß die Klägerin im Oktober 1983 die eheliche Wohnung verlassen hat, um unmittelbar mit dem Zeugen xxx zusammenzuleben, und zwar zunächst bei Freunden und ab etwa Ende Oktober/Anfang November 1983 in einer von beiden gemeinschaftlich allerdings auf den Namen der Klägerin angemieteten Wohnung. Der Zeuge xxx hat ausdrücklich erklärt, er habe ständig in dieser Wohnung mit der Klägerin bis zur Trennung im Februar 1984 gelebt; weder habe er bei seinen Eltern gewohnt, noch habe er eine andere Wohnung gehabt. Die Klägerin hat dies zwar in Abrede gestellt; der Senat glaubt aber dem Zeugen xxx, weil die Klägerin selbst in einem Schriftsatz in einer anderen Sache durch ihren Anwalt hat vortragen lassen, sie habe mit dem Zeugen xxx zusammengelebt. Die Klägerin hat zwar angegeben, von diesem Schriftsatz wisse sie nichts; es kann jedoch nicht zweifelhaft sein, daß der Inhalt dieses Schriftsatzes nur auf der Information durch die Klägerin selbst beruhen kann. Der Senat hält jedoch eine Verwirkung deshalb für nicht gegeben, weil die Ehe der Parteien auch vor der räumlichen Trennung und auch schon zu dem Zeitpunkt, als die Parteien sich im April 1983 in der Ehewohnung trennten, erheblich belastet war. Unter diesen Umständen kann die Aufnahme ehewidriger Beziehungen der Klägerin zu dem Zeugen xxx nicht als so gravierend angesehen werden, als daß dadurch ihr Unterhaltsanspruch verwirkt oder aus Billigkeitsgründen zu kürzen wäre. Beide Parteien haben übereinstimmend erklärt, daß es seit längerem zu gravierenden Unstimmigkeiten im sexuellen Bereich gekommen war. Daß die Klägerin unter dem Verhalten des Beklagten auf diesem Gebiete sehr gelitten hat, zeigt die Art und Weise, wie die Klägerin über diese Dinge im Senatstermin gesprochen hat. Dies konnte dem Beklagten nicht unbekannt geblieben sein. Gleichwohl hat der Beklagte, wie die Klägerin unwidersprochen im Termin angegeben hat, auch nach und trotz psychologischer Behandlung sein von der Klägerin abgelehntes Verhalten nicht geändert. Der Beklagte hat darüber hinaus, aus welchen Gründen auch immer, die Klägerin dadurch verletzt, daß er, wie die Beklagte ebenfalls unwidersprochen angegeben hat, mit fremden Mädchen durch die Stadt gefahren ist. Schließlich hat der Beklagte der Klägerin auch die Schlüssel des von ihr benutzten Pkw genommen, so daß ihr kein Wagen mehr zur Verfügung stand. Gerade der letzte Umstand zeigt, wie sehr das eheliche Verhältnis belastet war und in welcher als kleinlich zu bezeichnenden Weise der Beklagte der Klägerin gegenübergetreten ist. Die Angaben des Beklagten, die Klägerin habe zeitweilig mit ihm überhaupt nicht gesprochen, und die Aussage des Zeugen xxx, in den Sommerferien 1983 seien die Parteien im Urlaub jeweils ihre eigenen Wege gegangen, runden dieses Bild von einer weitgehend gescheiterten Ehe, wie sie schon vor der Trennung bestanden hat, nur noch ab.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">3.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat es im vorliegenden Falle als sachangemessen erachtet, daß der Unterhaltsanspruch der Klägerin gemäß § 1573 Abs. 5 BGB zeitlich bis zum Ende des Jahres 1993 begrenzt wird. Die Ehe der Parteien hat etwa 9 1/2 Jahre gedauert und ist kinderlos geblieben. Unter diesen Umständen erscheint es billig, wenn der über den Zeitpunkt der Scheidung hinausreichende Zeitraum, für den der Beklagte der Klägerin Unterhalt zu gewähren hat, auf einen Zeitraum, der in etwa der Dauer der Ehe entspricht, beschränkt bleibt. Dies erscheint im Hinblick darauf, daß die Klägerin in der Lage ist, ihren Unterhalt selbst zu verdienen, wie ausgeführt worden ist, der Klägerin auch zumutbar.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Ziff. 10 ZPO.</p>
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315,555 | olgham-1986-05-23-20-u-32785 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 20 U 327/85 | "1986-05-23T00:00:00" | "2019-03-13T15:07:47" | "2019-03-27T09:42:49" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1986:0523.20U327.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Beklagten gegen das am 4. Juli 1985 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 9.600,-- DM abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p>
<p></p>
<p>Die Revision wird zugelassen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Tatbestand</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger unterhält seit 1972 bei der Beklagten eine Krankenhaustagegeldversicherung. Dem Versicherungsvertrag liegen die Musterbedingungen des Verbandes der privaten Krankenversicherungen (MB/KK 76) zugrunde, deren § 1 auszugsweise lautet:</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">"1.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">Der Versicherer bietet Versicherungsschutz für Krankheiten, Unfälle und andere im Vertrag genannte Ereignisse.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">Er gewährt im Versicherungsfall</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">a)</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">in der Krankheitskostenversicherung ...</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">b)</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">in der Krankenhaustagegeldversicherung bei stationärer Behandlung ein Krankenhaustagegeld.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">2.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">Versicherungsfall ist die medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen."</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Parteien vereinbarten ein Krankenhaustagegeld von zuletzt 100,-- DM pro Tag.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der Kläger, von Beruf Polizeibeamter, litt nach dem Tod seiner ersten Frau unter Depressionen und begab sich auf Anraten des von ihm konsultierten Polizeiarztes xxx in die Behandlung des xxx in xxx, das eine Fachabteilung für Psychiatrie mit einer sogenannten Tagesklinik unterhält.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Hier wurde der Kläger ab 13.3.1984 an jeweils 5 Tagen der Woche (Montag - Freitag) jeweils von 8.30 bis 16.30 Uhr ärztlich und therapeutisch betreut. Während dieser Zeit befand er sich ununterbrochen in der Klinik und wurde dort auch verpflegt. Den Abend, die Nacht und die Wochenenden verbrachte er hingegen zuhause.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Für insgesamt 59 Tage, an denen er in der Zeit vom 13.3. bis zum 7.6.1984 in der Klinik behandelt wurde (vgl. Einzelaufstellung Seite 3, 4 der Klageschrift) verlangt der Kläger Zahlung des vereinbarten Krankenhaustagegeldes in Höhe von zusammen 5.900,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Er hat nach erfolgloser Zahlungsaufforderung und Fristsetzung bis zum 15.8.1985 beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:28px">die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.900,-- DM nebst 4% Zinsen seit dem 16. August 1984 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:28px">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Sie hat die Auffassung vertreten, der nur stundenweise Aufenthalt in der Klinik erfülle nicht den Begriff der "stationären" Behandlung im Sinne ihrer Bedingungen. Zudem sei diese Art der Behandlung auch nicht medizinisch notwendig gewesen, weil sie ambulant hätte erfolgen können.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat Beweis erhoben darüber, "ob es nach den objektiven medizinischen Befunden vertretbar war, die stationäre Behandlung des Klägers vom 13. März bis 7. Juni 1984 im xxx als notwendig anzusehen", und hierzu ein Sachverständigengutachten des ehemaligen Leitenden Direktors des Westfälischen Landeskrankenhauses xxx eingeholt.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Gestützt auf dieses Gutachten, das die medizinische Notwendigkeit der durchgeführten Behandlung bejaht und eine ambulante Behandlung für nicht ausreichend hält (Bl. 34 bis 48 GA), hat das Landgericht der Klage antragsgemäß stattgegeben und unter anderem ausgeführt:</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Für den Begriff der stationären Behandlung sei nicht allein darauf abzustellen, ob der Patient sich tatsächlich während des ganzen Tages für die Dauer von jeweils 24 Stunden im Krankenhaus aufgehalten habe. Bei der begrifflich notwendigen Abgrenzung zur ambulanten Behandlung komme es vielmehr darauf an, ob und inwieweit eine faktisch und organisatorisch feste Aufnahme des Patienten in den Klinikbetrieb des behandelnden Krankenhauses sowie eine Eingliederung in den über die eigentliche ärztliche Behandlung hinausgehenden Versorgungsbetrieb erfolge. Nach diesen Kriterien habe eine stationäre Behandlung des Klägers vorgelegen, weil der Kläger während der Dauer seiner Behandlung seinen "festen" Platz in der Klinik gehabt habe.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Diese Behandlung in der Klinik sei auch medizinisch notwendig gewesen. Daß eine ambulante Behandlung nicht ausreichend gewesen wäre, habe der Sachverständige überzeugend begründet.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Mit der hiergegen gerichteten Berufung verfolgt die Beklagte ihr Ziel der Klageabweisung weiter. Unter Wiederholung ihrer erstinstanzlichen Ausführungen und unter Hinweis auf Rechtsprechung der Sozial- und Verwaltungsgerichte legt sie mit eingehender Begründung ihre Auffassung dar, daß es sich nicht um eine stationäre Behandlung im Sinne der Versicherungsbedingungen gehandelt habe. Sie bestreitet die Notwendigkeit einer vollstationären Behandlung des Klägers und behauptet, eine ambulante Behandlung wäre ausreichend gewesen. Insoweit hält sie das vom Landgericht eingeholte Sachverständigengutachten für nicht überzeugend.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Sie hat ferner ihre Leistungsfreiheit in zweiter Instanz zunächst auch darauf gestützt, daß es sich bei dem xxx um eine sog. gemischte Anstalt handele (§ 4 Abs. 5 MB/KK 76), daß dort keine Krankengeschichten geführt würden (§4 Abs. 4 MB/KK) und daß der Kläger wegen einer Alkoholsucht behandelt worden sei (§ 5 Abs. 1 b MB/KK 76).</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Diese Einwendungen hat sie jedoch bis zur mündlichen Verhandlung bzw. in der mündlichen Verhandlung fallenlassen.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:28px">unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:28px">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Er verteidigt mit näherer rechtlicher und tatsächlicher Begründung das angefochtene Urteil.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Wegen der Einzelheiten des beiderseitigen Sachvortrags wird auf den Inhalt der Schriftsätze nebst zu den Akten gereichten Anlagen Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe</u></p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger steht für die Tage, in denen er sich in der psychiatrischen Abteilung des xxx in xxx aufgehalten hat, das vereinbarte Krankenhaustagegeld in Höhe von 100,-- DM pro Tag, insgesamt also 5.900,-- DM, zu.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Die Behandlung war medizinisch notwendig im Sinne von § 1 Abs. 2 MB/KK 76. Das hat der vom Landgericht hinzugezogene Sachverständige überzeugend begründet.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Eine Heilbehandlung ist dann medizinisch notwendig, wenn es nach den im Zeitpunkt der ärztlichen Entscheidung vorliegenden ärztlichen Befunden und medizinischen Erkenntnissen zumindest vertretbar war, sie für medizinisch notwendig zu halten (BGH VersR 79, 221; OLG Hamm - Senat - VersR 78, 414). Von dieser Definition sind das Landgericht und der Sachverständige zutreffend ausgegangen, wie die Formulierung des Beweisthemas im Beweisbeschluß vom 8.11.1984 zeigt.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Der Sachverständige hat ausgeführt, der Kläger habe seinerzeit unter einer reaktiven Depression gelitten; angesichts der von ihm geäußerten Selbstmordgedanken wäre eine ambulante Behandlung durch einen niedergelassenen Nervenarzt nicht zu verantworten gewesen, so daß die stationäre Behandlung in einer Abteilung der klinischen Psychiatrie ohne Zweifel erforderlich gewesen sei. Soweit der behandelnde Klinikarzt die Selbstmordgefahr nicht sehr hoch eingeschätzt und den Kläger daher nicht in eine geschlossene Abteilung, sondern in die Tagesklinik aufgenommen habe, um auch die Einbeziehung des Klägers in sein eigenes soziales Milieu therapeutisch zu verwerten, pflichte er dieser Bewertung bei. Die stattgefundene Behandlung in der Klinik sei daher aus seiner Sicht medizinisch notwendig gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">3.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Diese Ausführungen des Sachverständigen überzeugen. Der Sachverständige verfügt als langjähriger Leiter eines großen Landeskrankenhauses über die erforderliche klinische Erfahrung zur Beurteilung des Beweisthemas.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte meint, dem Gutachten sei nicht zu entnehmen, daß die Einweisung in eine vollstationäre Behandlung (geschlossene Abteilung) notwendig gewesen sei. Darauf kommt es nicht an. Entscheidend ist allein, ob die tatsächlich durchgeführte Behandlung als medizinisch notwendig anzusehen war. Diese Frage hat der Sachverständige bejaht.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Eine andere, von dem Sachverständigen nicht zu beantwortende und auch nicht beantwortete Frage ist, ob die jeweils achtstündige Behandlung und Betreuung des Klägers in der Klinik als "stationäre Behandlung" im Sinne von § 1 Abs. 1 b MB/KK 76 anzusehen ist.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Eine Definition des Begriffs "stationäre Behandlung" enthalten die Versicherungsbedingungen nicht. Eine gesetzliche Definition, die den Inhalt des Begriffs umschreibt und gegen andere Behandlungsformen abgrenzt, existiert ebenfalls nicht.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Im allgemeinen Sprachgebrauch werden die Begriffe "stationäre" und "ambulante" Behandlung als Gegensatz verstanden und verwendet. Der eine Begriff schließt den anderen aus. Für den Inhalt des jeweiligen Begriffs ergibt sich daraus jedoch nichts, weil zwar als "stationär" alles das verstanden werden kann, was nicht als "ambulant" anzusehen ist; doch gilt auch die entgegengesetzte Überlegung, daß alles das als "ambulant" angesehen werden kann, was nicht "stationär" ist.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">3.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Eine Behandlung ist zweifellos dann eine stationäre, wenn der Patient ununterbrochen Tag und Nacht im Krankenhaus "bleibt". Das entspricht dem lateinischen Ursprung des Wortes stationär, das sich von stare (stillstehen, bleiben) bzw. von statio (Stillstand, Aufenthaltsort) ableitet. Der Lebensmittelpunkt des Patienten verlagert sich für die Dauer der Behandlung aus seiner gewohnten privaten Umgebung in das Krankenhaus, das er nicht verläßt. Er wird dort "festgehalten", seine gewohnten Aktivitäten kommen weitgehend zum Stillstand.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Die typische ambulante Behandlung (lateinisch ambulare = gehen, umhergehen, wandern) läßt den gewohnten Lebensrhythmus hingegen weitgehend unberührt; der Patient verläßt seinen üblichen Lebensmittelpunkt nicht, er kann seiner Arbeit und seinen sonstigen Verrichtungen nachgehen. Er "geht" zum Arzt bzw. zur Behandlung.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">4.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">In den letzten 15 - 20 Jahren haben sich jedoch Behandlungsformen herausgebildet, die weder der einen noch der anderen typischen Behandlungsform eindeutig zuzuordnen sind, weil sie Elemente von beiden enthalten.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Hierzu gehört die Behandlung in sog. Tageskliniken (der Patient schläft nachts zuhause und ist nur tagsüber in der Klinik) bzw. sog. Nachtkliniken (der Patient verbringt nur die Nacht in der Klinik und geht tagsüber seinen gewohnten Verrichtungen nach), die zum Teil auch als teilstationäre oder halbstationäre Behandlung bezeichnet werden.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Die Verordnung zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Bundespflegesatzverordnung) vom 25.4.1973 (Bundesgesetzblatt I Seite 333 ff) bezeichnet in § 2 Ziffer 5 Krankenhausleistungen als "ärztliche Leistungen, Pflege, Verpflegung, Unterkunft, Nebenleistungen und sonstige stationäre und halbstationäre Leistungen des Krankenhauses". In § 4 Abs. 1 Ziffer 3 sieht sie die Festsetzung besonderer Pflegesätze für allgemeine Krankenhausleistungen in Sondereinrichtungen vor, die ausschließlich oder überwiegend unter anderem "halbstationären Leistungen dienen".</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Der Verordnungsgeber hat damit, ohne den Begriff "halbstationär" näher zu definieren, diese Sonderformen der Krankenhausbehandlung erfassen wollen, bei denen der Patient nicht rund um die Uhr im Krankenhaus zu bleiben braucht.</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Er hat den hierfür gebildeten Begriff von dem Wort "stationär" abgeleitet. Das deutet darauf hin, daß diese besondere Behandlungsform als Unterfall einer stationären Behandlung und nicht als Sonderform einer ambulanten Behandlung gesehen worden ist. Das Motiv für diese Betrachtungsweise mag zwar in der besonderen Problematik der Krankenhausfinanzierung zu suchen sein. Gleichwohl bleibt festzustellen, daß es Formen der nur stundenweisen Behandlung im Krankenhaus gibt, die den Patienten in ähnlicher Weise an der Entfaltung seiner üblichen Lebensgewohnheiten hindern wie ein ununterbrochener (vollstationärer) Krankenhausaufenthalt und die daher eher der "klassischen" stationären Behandlung als der ambulanten Behandlung vergleichbar sind.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Wer wie der Kläger täglich tagsüber acht Stunden ärztlich bzw. therapeutisch betreut und auch im Krankenhaus beköstigt wird, kann beispielsweise seinen Beruf nicht mehr ausüben. Sein Lebensrhythmus wird weitgehend von dem Aufenthalt in der Klinik bestimmt. Es kommt hinzu, daß es bei Behandlungen, wie der Kläger sie erfahren hat, Teil der Therapie ist, den Patienten für einen Teil des Tages und für die Nacht in seinem gewohnten sozialen Milieu zu belassen. Das hat der vom Landgericht zugezogene Sachverständige hier ausdrücklich hervorgehoben.</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Der Patient muß das tagsüber in der Klinik erlernte Verhalten in der klinikfreien Zeit anzuwenden versuchen. Schlägt dieser Versuch fehl, kann die teilstationäre Behandlung in eine vollstationäre übergehen.</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Im Falle des Klägers ergibt sich aus dem Gutachten des Sachverständigen, daß die damalige Freundin und spätere Verlobte des Klägers von der Klinik in die Therapie einbezogen wurde. Das zeigt, daß auch das Freizeitverhalten des Klägers zumindest teilweise noch von der klinischen Betreuung mitbestimmt wurde.</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">5.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Behandlungsformen, die Elemente der ambulanten und der stationären Behandlung enthalten, aber in ihren Auswirkungen auf den Alltag des Patienten eher der "klassischen" stationären Behandlung vergleichbar sind, können unter den Begriff der stationären Behandlung im Sinne von § 1 Abs. 1b MB/KK 76 gefaßt werden. Die Auslegung des nirgendwo eindeutig definierten Begriffs "stationär" läßt dies zu.</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Es steht nicht entgegen, daß der Krankenhausaufenthalt nicht jeweils einen vollen Tag (24 Stunden) dauert. Aus dem Wort Krankenhaustagegeld läßt sich das Gegenteil nicht herleiten. Denn der Begriff "Tag" ist mehrdeutig und bedeutet im Sprachgebrauch nicht notwendig den Zeitraum von 24 Stunden. Die Sprache läßt es vielmehr zu, den Zeitabschnitt von 24 Stunden mit "Tag" und "Nacht" zu umschreiben. Begriffe wie "Arbeitstag" oder "8-Stunden-Tag" machen dies deutlich. </p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Daß der Begriff des Krankenhaustagegeldes nicht notwendig den Zeitabschnitt von 24 Stunden voraussetzt, folgt auch aus den beiden Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (VersR 84, 675 ff, 677 ff), die - für den Fall der sog. Beurlaubung aus (unstreitig) stationärer Behandlung - die Auslegung für möglich halten, daß auch bei nur stundenweisem Aufenthalt in einer Klinik der volle Anspruch auf Krankenhaustagegeld begründet ist.</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">Der Zweck der Krankenhaustagegeldversicherung steht ebenfalls nicht entgegen.</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Die Krankenhaustagegeldversicherung ist keine Schadensversicherung, sondern eine Summenversicherung. Sie dient nicht einer konkreten, sondern einer abstrakten Bedarfsdeckung. Sie soll den Versicherungsnehmer für die Zeit, in der er im Krankenhaus gewissen Einschränkungen unterliegt, über die eigentlichen Behandlungs- und Krankenhauskosten hinaus gewisse Annehmlichkeiten ermöglichen und ggf. die zusätzlichen Kosten abdecken, die stets mit einem Krankenhausaufenthalt verbunden sind (BGH a.a.O.).</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">Solche zusätzlichen Aufwendungen - z.B. für die Beschäftigung einer Haushaltshilfe für Kinderbetreuung oder auch für Gegenstände, mit denen der Aufenthalt im Krankenhaus angenehmer gestaltet werden kann - können auch bei einem nur mehrere Stunden täglich dauernden Klinikaufenthalt entstehen, so daß auch insoweit ein berechtigtes Interesse des Versicherungsnehmers an Versicherungsschutz besteht.</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">6.</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">Die Regelung in § 1 Abs. 1 b MB/KK 76 stellt sich danach als auslegungsbedürftig dar, soweit sie nur den nicht näher bestimmten Begriff der stationären Behandlung verwendet. Gem. § 5 AGBG ist zugunsten des Versicherungsnehmers von der ihm günstigeren Auslegungsmöglichkeit auszugehen, daß darunter auch die sog. halbstationäre Behandlung fällt. Eine klarere Abgrenzung wäre schon bei Formulierung dieser Versicherungsbedingungen möglich und geboten gewesen. Denn die sog. Tages- bzw. Nachtkliniken und das Problem der "teilstationären" Behandlung waren schon bei der Neufassung dieser Musterbedingungen im Jahre 1976 bekannt, wie die Bundespflegesatzverordnung aus dem Jahre 1973 zeigt, die bereits den Begriff der halbstationären Behandlung verwendet. Die Versicherungswirtschaft hätte es daher längst in der Hand gehabt, Bedingungen zu formulieren, die diese Behandlungsform, die Elemente der ambulanten und der stationären Behandlung enthält, erfassen und klar bestimmen, ob für einen Krankenhausaufenthalt von jeweils weniger als 24 Stunden pro Tag kein oder möglicherweise ein gekürztes Krankenhaustagegeld gezahlt wird.</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">Dem Grundsatz der für den Versicherungsnehmer günstigsten Auslegungsmöglichkeit steht nicht entgegen, daß nach der Darstellung der Beklagten im Einzelfall bei Gleichstellung der halbstationären mit der stationären Behandlung der Versicherungsnehmer ungünstiger stehe, nämlich dann, wenn die Krankheitskostenversicherung nicht die vollen Kosten des Krankenhausaufenthalts deckt, während sie alle Kosten einer ambulanten Behandlung decken würde. Solche auf den Einzelfall abgestellten Erwägungen sind im Rahmen von § 5 AGBG nicht statthaft. Sie treffen beispielsweise in all den Fällen nicht zu, in denen der Versicherungsnehmer gesetzlich krankenversichert ist und die Krankenhaustagegeldversicherung nur als private Zusatzversicherung abschließt.</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">III.</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">Die Berufung der Beklagten muß daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO erfolglos bleiben.</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Die weiteren Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Ziffer 10, 711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat die Revision zugelassen (§ 546 ZPO). Die Beschwer der Beklagten beträgt 5.900,-- DM.</p>
|
315,556 | olgham-1986-05-23-20-u-32885 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 20 U 328/85 | "1986-05-23T00:00:00" | "2019-03-13T15:07:49" | "2019-03-27T09:42:49" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1986:0523.20U328.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Klägers wird das am 10. Juli 1985 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Hagen abgeändert.</p>
<p>Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger über die zuerkannten 291,07 DM nebst Zinsen hinaus weitere 10.500,- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 20.12.1984 zu zahlen.</p>
<p>Im übrigen bleibt die Klage abgewiesen.</p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung von 18.000,- DM abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p>
<p>Die Revision wird zugelassen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger, der eine Tankstelle mit Reparaturwerkstatt betreibt, nimmt die Beklagte aus einer seit dem 1.5.1980 bei ihr bestehenden Krankheitskosten- und Krankentagegeldversicherung in Anspruch. Durch die Krankentagegeldversicherung ist ein Tagegeld von 100,- DM versichert, das sich nach 14 Tagen Arbeitsunfähigkeit auf 200,- DM erhöht.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Den Versicherungen liegen die MB/KK- und MB/KT-Bedingungen zugrunde. In §1 MB/KT heißt es:</p>
<br /><span class="absatzRechts">4</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="0">
<tr>
<td> </td>
<td><i>"(1)</i>
<i>Der Versicherer bietet Versicherungsschutz gegen Verdienstausfall als Folge von Krankheiten oder Unfällen, soweit dadurch Arbeitsunfähigkeit verursacht wird. Er gewährt im Versicherungsfall für die Dauer einer Arbeitsunfähigkeit ein Krankentagegeld in vertraglichem Umfang.</i>
<i>...</i>
<i>(3)</i>
<i>Arbeitsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen liegt vor, wenn die versicherte Person ihre berufliche Tätigkeit nach medizinischem Befund vorübergehend in keiner Weise ausüben kann, sie auch nicht ausübt und keiner anderweitigen Erwerbstätigkeit nachgeht."</i>
<i>...</i></td>
</tr>
</table><br />
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">In der Zeit vom 11.7. bis zum 10.8.1984 befand sich der Kläger wegen einer schweren Lumboischialgie mit peripherem Wurzelreizsyndrom in ambulanter Behandlung des Arztes ... in .... Dieser stellte für seine Bemühungen unter dem 9.10.1984 298,20 DM in Rechnung.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">In der Zeit vom 1.10. bis zum 10.12.1984 war der Kläger wegen einer vereiterten Bronchitis krankgeschrieben. Die Beklagte zahlte das versicherte Krankentagegeld nur für die Zeit bis zum 15.10.1984. Weitere Zahlungen lehnte sie auch nach Erhalt des Mahnschreibens des Klägers vom 12.12.1984 ab, da er seine Berufstätigkeit am 16.10.1984 wieder aufgenommen habe.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Mit der Klage begehrt der Kläger die Erstattung der an den Arzt Mains gezahlten Behandlungskosten in Höhe von 298,20 DM sowie die Zahlung von Krankentagegeld in der unstreitigen Höhe von 10.500,- DM für die Zeit vom 16.10. bis zum 10.12.1984.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat behauptet, er habe seine berufliche Tätigkeit in der Zeit vom 1.10. bis zum 10.12.1984 nicht ausgeübt. Seine Tankstelle habe er in dieser Zeit nur zum Tanken aufgesucht. Am 16.10.1984 sei er nicht dort gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, an ihn 10.798,20 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 20.12.1984 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Sie hat die Arbeitsunfähigkeit des Klägers in der Zeit vom 16.10. bis zum 10.12.1984 bestritten und behauptet, er habe seine berufliche Tätigkeit als Inhaber einer Tankstelle und Reparaturwerkstatt am 16.10.1984 wieder aufgenommen. An diesem Tage habe er in seinem Tankstellenbüro hinter dem Schreibtisch gesessen und Vertreter empfangen. Als ihr Mitarbeiter, der Zeuge ..., ihn habe sprechen wollen, sei er plötzlich verschwunden gewesen. Am folgenden Tage habe der Kläger, wie unstreitig ist, von seiner Tankstelle aus den Zeugen ... angerufen. Auch bei diesem Gespräch habe er, so hat die Beklagte behauptet, einen arbeitsfähigen Eindruck gemacht.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen ... und .... Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 5. Juni 1985 (Bl. 43 bis 50 d.A.) Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Durch Urteil vom 10. Juli 1985 hat das Landgericht der Klage nur in Höhe von 291,07 DM zuzüglich Zinsen stattgegeben und dazu in den Entscheidungsgründen, auf die wegen der näheren Einzelheiten verwiesen wird (Bl. 63 bis 66 d.A.), ausgeführt: Der Kläger könne die von dem Arzt ... in Rechnung gestellten Behandlungskosten nur in Höhe von 291,07 DM erstattet verlangen. Ein Anspruch auf Zahlung von Krankentagegeld stehe ihm für die Zeit vom 16.10. bis zum 10.12.1984 nicht zu. Der Kläger habe nicht den ihm obliegenden Beweis erbracht, daß er seine berufliche Tätigkeit in dieser Zeit nicht ausgeübt habe.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil hat der Kläger form- und fristgerecht Berufung eingelegt und begründet. Er behauptet in Wiederholung und Ergänzung seines erstinstanzlichen Vorbringens, während seiner Erkrankung in der Zeit vom 1.10. bis zum 10.12.1984 habe der Zeuge ... die anfallenden Reparaturaufträge ausgeführt und darüber Arbeitskarten angelegt. Die erforderlichen Abrechnungen auch in Bezug auf die Tankstelle habe seine Ehefrau, die auch die Tageseinnahmen abgeholt habe, erledigt. Er habe in seinem Betrieb, in dem Aufsichts- und Verwaltungstätigkeit praktisch nicht anfalle, in der streitigen Zeit auch nicht leitend oder aufsichtführend mitgearbeitet. Für das Gegenteil, so meint der Kläger, sei die Beklagte beweispflichtig. §1 Abs. 3 MB/KT enthalte nämlich eine sogenannte verhüllte Obliegenheit.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">In der streitigen Zeit habe er sich nur ein - bis zweimal wöchentlich für wenige Minuten zum Tanken an seiner Tankstelle aufgehalten. Auch am 16.10.1984 sei er aus diesem Grunde kurz dort gewesen. Der Zeuge ... habe sich währenddessen dort nicht aufgehalten.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an ihn über zuerkannte 291,07 DM nebst Zinsen hinaus weitere 10.500,- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 20.12.1984 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil und behauptet in Wiederholung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens unter Vorlage des Berichts des Zeugen ... vom 16.10.1984 (Bl. 117 d.A.), der Kläger habe seine Berufstätigkeit in der Zeit vom 1.10. bis zum 10.12.1984 zumindest zeitweilig ausgeübt. Er habe Auftragseingänge und Abrechnungen überprüft. Seine häufigen Tankstellenbesuche, die zum Auftanken seines Wagens nicht erforderlich gewesen seien, hätten der Beaufsichtigung seines Mitarbeiters gedient. Auch bei dem Besuch des Zeugen ... am 16.10.1984 habe er sich dort aufgehalten und dann heimlich entfernt.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Daß er seine Berufstätigkeit während der streitigen Zeit nicht ausgeübt habe, müsse, so meint die Beklagte, der Kläger beweisen. Bei der sogenannten negativen Tätigkeitsklausel des §1 Abs. 3 MB/KT handele es sich um eine primäre Risikobegrenzung. Den erforderlichen Beweis habe der Kläger nicht erbracht.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst allen Anlagen und die in den nachstehenden Entscheidungsgründen ergänzend mitgeteilten Tatsachen verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen ... und .... Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Vermerk des Berichterstatters (Bl. 143 bis 147 d.a.) verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die Berufung des Klägers ist zulässig und begründet.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung des versicherten Krankentagegeldes in der unstreitigen Höhe von 10.500,- DM für die Zeit vom 16.10. bis zum 10.12.1984 zuzüglich Zinsen, auf den sich der Streit in der Berufungsinstanz beschränkt, gegen die Beklagte zu. Er war in dieser Zeit arbeitsunfähig im Sinne des wiedergebenen §1 Abs. 1 und 3 MB/KT.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks"><b>1)</b></p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Der Kläger war damals krankgeschrieben und konnte seine berufliche Tätigkeit nach medizinischem Befund des behandelnden Arztes wegen vereiterter Bronchitis in keiner Weise ausüben (§1 Abs. 3 1. Halbsatz MB/KT). Die Beklagte hat die objektive Richtigkeit der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen in erster Instanz zwar bestritten. Damit kann sie jedoch nicht durchdringen.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Gem. §4 Abs. 7 MB/KT, wonach Eintritt und Dauer der Arbeitsunfähigkeit durch Bescheinigung des behandelnden Arztes nachzuweisen sind, genügt der Versicherte der ihm insoweit obliegenden Nachweispflicht durch Vorlage ärztlicher Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung(en). An diese ist der Versicherer gebunden, wenn er nicht gemäß §9 Abs. 3 MB/KT verlangt, daß sich der Versicherte durch einen vom Versicherer beauftragten Arzt untersuchen läßt (vgl. BGH VersR. 1977, 833 (834) und OLG Hamm, VersR, 1976, 554 (555) jeweils für die alten AVB für die Krankentagegeldversicherung; Bach-Moser, MB/KT, §1 Rdnr. 21; §§9, 10, Rdnr. 2, 7).</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Das ergibt sich aus dem Inhalt und Zweck der §§4 Abs. 7 und 9 Abs. 3 MB/KT. Die Frage der Arbeitsunfähigkeit soll danach zwischen den Beteiligten alsbald geklärt werden und nicht etwa bis zur Entscheidung eines künftigen Rechtsstreits in der Schwebe bleiben. Das Krankentagegeld soll den Versicherten gegen Verdienstausfall als Folge von Krankheiten und Unfällen schützen (§1 Abs. 1 MB/KT). Der Zweck, einen Ausgleich für den Ausfall der eigenen Arbeitskraft zu bieten und einem Selbständigen etwa die Einstellung eines Krankheitsvertreters zu ermöglichen, ist nur erreichbar, wenn alsbald geklärt wird, ob der Versicherte mit der Zahlung des versicherten Krankentagegeldes rechnen kann. Die danach erforderliche alsbaldige Klarheit wird nur geschaffen, wenn der Versicherte den Nachweis seiner Arbeitsunfähigkeit nach medizinischem Befund durch unverzügliche Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung erbringen kann und etwaige Zweifel des Versicherers an deren Richtigkeit ebenfalls unverzüglich geklärt werden (BGH VersR. 1977, 833 (834); OLG Hamm, VersR. 1976, 554 (555) jeweils für die alten AVB für die Krankentagegeldversicherung).</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Durch die vom Kläger der Beklagten unstreitig vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen über seine Arbeitsunfähigkeit in der Zeit vom 1.10. bis zum 10.12.1984, deren Richtigkeit die Beklagte erst im vorliegenden Rechtsstreit bestritten hat, wird danach der Nachweis geführt, daß er seine berufliche Tätigkeit damals nach medizinischem Befund in keiner Weise ausüben konnte (§1 Abs. 3 1. Halbsatz MB/KT).</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks"><b>2)</b></p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Die Behauptung der insoweit beweispflichtigen Beklagten, der Kläger habe sine berufliche Tätigkeit als Inhaber einer Reparaturwerkstatt und Tankstelle am 16.10.1984 wieder aufgenommen mit der Folge, daß Arbeitsunfähigkeit im Sinne des §1 Abs. 1 und 3 MB/KT seit diesem Tage bei ihm nicht mehr vorgelegen habe, ist unbewiesen geblieben.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Die Voraussetzung für die Zahlung von Krankentagegeld, daß der nach medizinischem Befund nicht arbeitsfähige Versicherte seine berufliche Tätigkeit "nicht ausübt und keiner anderen Erwerbstätigkeit nachgeht" (§1 Abs. 3 2. Halbs. MB/KT) ist unter dem Gesichtspunkt des Verdienstausfalls und (spiegelbildlich) der Verdiensterzielung sowie der Begrenzung insbesondere des subjektiven Risikos des Versicherers zu sehen. Nach §1 Abs. 1 Satz 1 MB/KT bietet der Versicherer Versicherungsschutz gegen Verdienstausfall als Folge krankheits- oder unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit. Die Zahlung eines Krankentagegeldes ist von diesem Zweck her nicht gerechtfertigt, wenn der Versicherte trotz ärztlich festgestellter Arbeitsunfähigkeit tatsächlich in gewissem Umfang arbeitet und dadurch Einkommen erzielt (vgl. OLG Hamm, VersR. 1976, 554 (556)). Der Grund dafür liegt darin, daß der Versicherer ein berechtigtes Interesse an der Begrenzung insbesondere des subjektiven Risikos hat. Dieses würde sich ganz erheblich erhöhen, wenn der nach medizinischem Befund arbeitsunfähige Versicherte das versicherte Krankentagegeld auch dann verlangen könnte, wenn er seine berufliche Tätigkeit trotzdem voll oder teilweise ausübt. Der Versicherte hat deshalb während der Zeit, in der er Krankentagegeld bezieht oder beansprucht, jede Art von Erwerbstätigkeit zu unterlassen.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Das bedeutet indes nicht, daß er seinen Betrieb in dieser Zeit nicht kurzzeitig aufsuchen, nicht "nach dem Rechten sehen" und sich über den Gang der Geschäfte nicht informieren darf. Es führt auch noch nicht zum Verlust des Anspruchs auf das versicherte Krankentagegeld, wenn er mehr oder weniger sporadisch bei Gelegenheit untergeordnete Hilfstätigkeiten erledigt, etwa Abrechnungsunterlagen kurz sichtet und ordnet oder eingegangene Post oder andere Unterlagen für die Erstellung der erforderlichen Rechnungen abholt. Von einer - teilweisen - Ausübung der beruflichen Tätigkeit kann vielmehr erst dann gesprochen werden, wenn der Versicherte mehr oder weniger regelmäßig Arbeit erledigt, die nach der Verkehrsauffassung als - teilweise - Ausübung der Tätigkeit anzusehen ist, durch die er sein Einkommen erzielt. Die genaue Festlegung dieser Grenze, bei deren Überschreiten das berechtigte Interesse des Versicherers an einer Begrenzung insbesondere des subjektiven Risikos tangiert wird, kann nur im Einzelfall unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände, insbesondere der Art der Berufstätigkeit des Versicherten erfolgen.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Der Kläger, der damals nur den Zeugen ... ständig beschäftigte, erzielt sein Einkommen durch die Ausführung von Reparatur- und Wartungsarbeiten in seiner Reparaturwerkstatt sowie durch das Bedienen von Tankkunden. Die insoweit erforderliche, angesichts der geringen Größe seines Betriebs nicht sehr umfangreiche kaufmännische Tätigkeit, das heißt das Einkaufen von Waren, Ersatzteilen und Material sowie die Verhandlung mit Vertretern, ist ebenso Teil seiner beruflichen Tätigkeit wie die Abrechnung mit Lieferanten und Kunden und der Verkehr mit der Bank oder Sparkasse. Die regelmäßige Erledigung eines nennenswerten Teils dieser kaufmännischen Arbeiten ist nach der Verkehrsauffassung gewöhnlich bereits als teilweise Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit anzusehen und führt zum Verlust des Anspruchs auf das Krankentagegeld. Das gelegentliche kurzzeitige Prüfen von Auftragseingängen und Abrechnungen, das Sichten und Ordnen von Unterlagen sowie ein kurzes Gespräch mit einem Vertreter bei Gelegenheit, etwa wenn sich der Kläger gerade in seinem Betrieb aufhielt, um zu tanken oder "nach dem Rechten" zu sehen, genügt jedoch insoweit noch nicht.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Daß der Kläger, gemessen an diesen Maßstäben, seine berufliche Tätigkeit in der Zeit vom 16.10. bis zum 10.12.1984 ausgeübt hat, läßt sich nicht feststellen. Die Zeugen ... und ... haben übereinstimmend glaubhaft bekundet, daß der Kläger in dieser Zeit auch nicht stundenweise in seinem Betrieb gearbeitet hat. Er habe, so hat der Zeuge ... ausgesagt, keine Reparatur- und Wartungsarbeiten in der Werkstatt ausgeführt und auch keine Fahrzeuge von Tankkunden betankt. Die anfallenden Abrechnungen seien, so hat die Zeugin Andreas bekundet, von ihr und nicht vom Kläger erledigt worden. Die dazu erforderlichen Unterlagen habe sie aus dem Betrieb geholt.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Daß der Kläger in der Zeit vom 16.10. bis zum 10.12.1984 Verhandlungen mit Vertretern geführt hat, läßt sich ebenfalls nicht feststellen. Der Zeuge ... hat dazu nur bekundet, mit Bestellungen und Vertretern habe er nichts zu tun gehabt. Die Verhandlungen mit ihnen hätten der Kläger und seine Ehefrau geführt. Daß der Kläger mit bestimmten Vertretern einmal oder mehrfach in dieser Zeit Verhandlungen geführt hat, hat der Zeuge nicht bekunden können. Für die Zeit der Anwesenheit des Zeugen ... an der Tankstelle hat er dies ausgeschlossen.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Der Zeuge ... hat den Kläger bei seinem Besuch nicht so sicher erkannt, daß er ihn wiedererkennen konnte. Daß der Kläger am 16.10.1984 mit einem Vertreter verhandelt und sich auf ungeklärte Weise heimlich entfernt oder versteckt hat, als er Kenntnis davon erlangte, daß der Zeuge ... im Auftrag der Beklagten eine sogenannten Krankenbesuch durchführen wollte, läßt sich aufgrund er Aussage des Zeugen ... nicht feststellen. Aus der von ihm glaubhaft bekundeten überraschten Reaktion des Vertreters, der Kläger sei nicht mehr da, ergibt sich nur, daß der Vertreter den Kläger vorher an der Tankstelle oder im Betrieb gesehen hat. Daß er mit ihm verhandelt hat, läßt sich daraus nicht schließen. Es steht danach aufgrund der Aussagen der Zeugen ... und ... nur fest, daß der Kläger seinen Betrieb in der Zeit vom 16.10. bis zum 10.12.1984 zwei - bis dreimal wöchentlich aufgesucht hat, um seinen Wagen aufzutanken oder "nach dem Rechten zu sehen" und daß er gelegentlich eingegangene Post und andere Belege mitgenommen, Auftragseingänge, Abrechnungen und Tageseinnahmen überprüft und Abrechnungsunterlagen sortiert und geordnet hat.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Dabei handelt es sich nach der Verkehrsauffassung, soweit sich der Kläger nicht nur über den Gang der Geschäfte unterrichtet hat, um gelegentliche, kurzzeitige, untergeordnete Hilfstätigkeit, und nicht die Tätigkeit, mit der er sein Einkommen als Inhaber einer Reparaturwerkstatt und Tankstelle erzielt. Die weitergehende Behauptung der Beklagten, der Kläger habe seine berufliche Tätigkeit am 16.10.1984 wieder aufgenommen, ist danach unbewiesen geblieben.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">c)</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Dies geht zu Lasten der Beklagten, da sie insoweit beweispflichtig ist.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Der Wortlaut des §1 Abs. 3 MB/KT, wonach Arbeitsunfähigkeit vorliegt, wenn der Versicherte seine berufliche Tätigkeit nach medizinischem Befund vorübergehend in keiner Weise ausüben kann <u>und</u> auch nicht ausübt, kann zwar den Eindruck erwecken, als solle das versicherte Risiko der "Arbeitsunfähigkeit" durch beide Anknüpfungspunkte beschrieben und <u>primär</u> begrenzt werden mit der Folge, daß der Versicherte beide Voraussetzungen nachzuweisen hätte. Das trifft aber (entgegen der Ansicht von Bach-Moser MB/KT §1 Rdnr. 21) nicht zu.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Der Bundesgerichtshof (VersR 1977, 833 f) und der Senat (OLG Hamm VersR 1976, 554 (555)) haben die in den alten AVB für die Krankentagegeldversicherung enthaltene Definition der Arbeitsunfähigkeit, daß der Versicherte seine berufliche Tätigkeit nach objektivem ärztlichen Urteil in keiner Weise ausüben kann und auch nicht ausübt, dahin ausgelegt, daß nur die nach ärztlichem Urteil gegebene krankheits- oder unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit eine primäre Risikobegrenzung ist, während es sich bei dem Umstand, daß der Versicherte tatsächlich nicht arbeitet, um eine "verhüllte" Obliegenheit handelt, für deren Verletzung der Versicherer beweispflichtig ist. Das entscheidende Argument für die Annahme einer "verhüllten" Obliegenheit hat der Bundesgerichtshof a.a.O. S. 834 dem §20 Abs. 4 Satz 1 und 2 f und i der alten AVB für die Krankentagegeldversicherung entnommen, in dem die Verpflichtung des nach medizinischem Befund arbeitsunfähigen Versicherten, keine auf Erwerb gerichteten Handlungen vorzunehmen, ausdrücklich als Obliegenheit bezeichnet war.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Eine entsprechende Argumentation ist auf der Grundlage der der Krankentagegeldversicherung hier zugrundeliegenden MB/KT-Bedingungen zwar nicht ohne weiteres möglich, da §9 MB/KT eine derartig weitreichende Obliegenheit des Versicherten nicht begründet. Er bestimmt insoweit nur, daß der Versicherte alle Handlungen zu unterlassen hat, die der Genesung hinderlich sind (§9 Abs. 4 MB/KT). Dies trifft nicht für jede berufliche Tätigkeit zu, sondern ist je nach der Art des Berufes und der Krankheit sowie der habituellen Konstitution des Versicherten individuell sehr verschieden. An der Beweisbelastung des Versicherers für den Umstand, daß der nach medizinischem Befund arbeitsunfähige Versicherte seine berufliche Tätigkeit trotzdem - jedenfalls in gewissem Umfang - ausgeübt hat, ändert sich dadurch im Ergebnis aber nichts.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Das durch die Krankentagegeldversicherung versicherte, dem Einfluß des Versicherten oft völlig entzogene Risiko ist seine krankheits- oder unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit im medizinischen Sinne. Die Ausübung der beruflichen Tätigkeit - in gewissem Umfang - trotz medizinisch festgestellter Arbeitsunfähigkeit beruht dagegen auf der freien Willensentscheidung des Versicherten. Schon wegen dieser ganz unterschiedlichen Struktur erscheint es nicht angemessen, beide Bestandteile in gleicher Weise als primäre Risikobegrenzung zu werten.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Hinzu kommt entscheidend, daß das Merkmal der Nichtausübung der beruflichen Tätigkeit in der Definition der Arbeitsunfähigkeit in §1 Abs. 3 MB/KT die <u>Funktion</u> hat, die nach dem Zweck der Krankentagegeldversicherung, den Versicherten gegen Verdienstausfall als Folge krankheits- oder unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit zu schützen, zu weit geratene (primäre) Abgrenzung des versicherten Risikos einschränkend zu korrigieren. Der Versicherte soll insbesondere auch zur Begrenzung des subjektiven Risikos des Versicherers das versicherte Tagegeld nur dann erhalten, wenn er seine berufliche Tätigkeit krankheits- oder unfallbedingt tatsächlich nicht ausübt und deshalb aus eigener Tätigkeit kein Einkommen erzielt. Der Definitionsbestandteil Nichtausübung der beruflichen Tätigkeit hat damit die für einen sekundären Risikoausschluß typische Funktion (vgl. Hofmann, Privatversicherungsrecht, 2. Aufl., S. 64).</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Die Beweisbelastung des Versicherers für die Voraussetzungen des danach vorliegenden sekundären Risikoausschlusses entspricht auch den berechtigten, schutzwürdigen Interessen der Parteien. Würde die Beweislast dem Versicherten auferlegt, würde die Krankentagegeldversicherung für ihn deutlich entwertet, da er den Beweis, seine berufliche Tätigkeit während seiner ärztlich bescheinigten Arbeitsunfähigkeit nicht ausgeübt zu haben, eine sogenannte negative Tatsache, häufig nicht erbringen könnte. Um dem berechtigten Interesse des Versicherers an einer Begrenzung insbesondere des subjektiven Risikos Rechnung zu tragen, ist es überdies nicht erforderlich, den Versicherten mit dem Beweis für die Nichtausübung seiner beruflichen Tätigkeit zu belasten. Es reicht vielmehr aus, die Anforderungen an den insoweit vom Versicherer zu führenden Nachweis nicht zu überspannen.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Welche Anforderungen insoweit im einzelnen zu stellen sind, bedarf hier keiner grundsätzlichen Entscheidung. Die nach der durchgeführten Beweisaufnahme erwiesene gelegentliche, kurzzeitige Erledigung untergeordneter Hilfstätigkeiten durch den Kläger ist, wie dargelegt, nicht als Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit im Sinne des §1 Abs. 3 MB/KT anzusehen.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks"><b>3.)</b></p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Der Kläger kann daher auch für die Zeit vom 16.10. bis zum 10.12.1984 Krankentagegeld in der unstreitigen Höhe von 10.500,- DM beanspruchen.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Der geltend gemachte Zinsanspruch ist aus §§286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB begründet.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks"><b>4.)</b></p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Auf die Berufung des Klägers war das angefochtene Urteil daher antragsgemäß abzuändern.</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus. §92 Abs. 2 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§708 Nr. 10, 711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Die Beschwer der Beklagten beträgt 10.500,- DM.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Gemäß §546 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 ZPO war die Revision zuzulassen. Die Sache hat insbesondere, was die Frage der Beweislast für die Ausübung beruflicher Tätigkeit im Sinne des §1 Abs. 3 MB/KT angeht, grundsätzliche Bedeutung.</p>
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111,945 | lg-kiel-1986-05-16-2-o-2686 | {
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<!--hlIgnoreOn-->Tenor<!--hlIgnoreOff-->
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<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p>Die Klage wird abgewiesen.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p>Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 77 vom Hundert, die Beklagte 23 vom Hundert.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p>Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 220,-- DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p>Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 80,-- DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.</p></dd>
</dl>
</div></div>
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<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_1">1</a></dt>
<dd><p>
Der Kläger macht mit der Klage restliche Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall vom 30. Juli 1985 geltend, bei welchem sein Wohnmobil VW LT 28, Baujahr 1977, amtliches Kennzeichen RD... , erheblich beschädigt wurde. Die Ersatzpflicht der Beklagten aus § 839 BGB ist dem Grunde nach zwischen den Parteien unstreitig.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_2">2</a></dt>
<dd><p>
Mit der Klage macht der Kläger restliche Wertminderung in Höhe von 400,-- DM geltend, nachdem die Beklagte lediglich 100,-- DM als Wertminderung erstattet hat. Ferner verlangt der Kläger weiteren Nutzungsausfall für 30 Tage à 95,-- DM, worauf die Beklagte lediglich 75,-- DM pro Tag erstattet hat, wobei die Zahlung für einen Zeitraum von 10 Tagen erst nach Rechtshängigkeit erfolgt ist.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_3">3</a></dt>
<dd><p>
Schließlich verlangt der Kläger über die bereits erstattete Unkostenpauschale in Höhe von 30,-- DM hinaus weitere 10,-- DM.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_4">4</a></dt>
<dd><p>
Der Kläger ist der Meinung, die Wertminderung im Schadensgutachten der DEKRA, die dort mit 100,-- DM ermittelt wurde, sei in Anbetracht des Fahrzeugwertes und des Schadensumfanges zu niedrig. Die Nutzungsausfallentschädigung für das auch für die täglichen Fahrten zur Arbeit benutzte Fahrzeug sei über den für einen Pkw gleichen Typs ohne Wohnwagenausbau angegebenen Betrag hinaus angemessen zu erhöhen. Wegen des Unfalles sei ihm die Nutzungsmöglichkeit des Fahrzeuges im Sommerurlaub 1985 entgangen; statt dessen habe er mit seiner Familie in der näheren Umgebung gezeltet. Schließlich ist der Kläger der Ansicht, dass die Unkostenpauschale von 30,-- DM in Anbetracht der Preissteigerungen unangemessen niedrig sei.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_5">5</a></dt>
<dd><p>
Der Kläger hatte zunächst gegen die Beklagte Klage auf Zahlung von 1.760,-- DM erhoben. Nach Zahlung eines Betrages von 750,-- DM haben die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_6">6</a></dt>
<dd><p>
Der Kläger beantragt nunmehr,
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_7">7</a></dt>
<dd><p style="margin-left:36pt">
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.010,-- DM nebst 4 % Zinsen seit 21. Dezember 1985 zu zahlen.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_8">8</a></dt>
<dd><p>
Die Beklagte beantragt,
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_9">9</a></dt>
<dd><p style="margin-left:36pt">
die Klage abzuweisen.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_10">10</a></dt>
<dd><p>
Sie ist der Auffassung, durch die geleisteten Zahlungen sei die Wertminderung im Hinblick darauf, dass es sich bei dem beschädigten Fahrzeug um ein Wohnmobil handelt und mit Rücksicht auf dessen Alter angemessen berücksichtigt.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_11">11</a></dt>
<dd><p>
Ein abstrakt berechneter Nutzungsausfall sei entsprechend der Rechtsprechung zu Wohnwagen für ein Wohnmobil nicht zu ersetzen; jedenfalls müsse sich eine Nutzungsausfallentschädigung aber lediglich nach dem Wert des Fahrzeuges ohne die wohnmobiltypischen Einbauten berechnen.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_12">12</a></dt>
<dd><p>
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt ihrer Schriftsätze Bezug genommen.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_13">13</a></dt>
<dd><p>
Eine Beweisaufnahme hat nicht stattgefunden.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_14">14</a></dt>
<dd><p>
Das Gericht hat auf Antrag der Parteien das schriftliche Verfahren angeordnet.
</p></dd>
</dl>
</div></div>
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<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_15">15</a></dt>
<dd><p>Die Klage ist nicht begründet.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_16">16</a></dt>
<dd><p>Der Kläger hat über den gezahlten Betrag von 100,-- DM hinaus keinen weiteren Anspruch auf Ersatz der Wertminderung. Ein Ersatz merkantiler Wertminderung kommt nur dann in Betracht, wenn trotz ordnungsgemäßer Reparatur damit gerechnet werden muss, dass der ursprüngliche Zustand nicht wieder hergestellt werden konnte. Mithin entfällt eine Wertminderung in der Regel bei reinen Blechschäden (vgl. Palandt-Heinrichs, § 251 Anm. 4 b) aa) ; Landgericht Köln, VersR 81, 45). Zwar handelt es sich im vorliegenden Fall nicht nur um reine Blechschäden; das vom Kläger vorgelegte Gutachten der DEKRA zeigt jedoch, dass der weit überwiegende Anteil der Reparaturarbeiten und Ersatzteile auf Karosseriearbeiten entfällt, die, wie dem Gutachten zu entnehmen ist, deshalb besonders aufwendig waren, weil für die notwendigen Schweißarbeiten ein großer Teil der Innenausbauten entfernt werden musste. Die Karosseriearbeiten waren mit einem Austausch von Karosserieteilen in nicht unwesentlichem Umfang verbunden, was zur Folge hatte, dass grade solche Fahrzeugteile, die einem zeitabhängigen Verschleiß unterlagen, nämlich die Karosserieteile, nach rund achtjährigem Gebrauch durch Neuteile ersetzt wurden. Schon dies verbietet die Annahme einer Wertminderung. Dem entspricht es, dass die einschlägigen Berechnungsmethoden zur Ermittlung der Wertminderung regelmäßig nur von den minderwerterheblichen Reparaturkosten ausgehen, insbesondere also von solchen Reparaturkosten, die am Fahrgestell und tragenden Teilen des Fahrzeuges vorgenommen wurden. Bei Berechnung der Wertminderung ist ferner zu berücksichtigten, dass das Fahrzeug des Klägers im Zeitpunkt der Reparatur bereits acht Jahre alt war. Bei Fahrzeugen eines solchen Alters kommt eine Wertminderung ohnehin nicht mehr in Betracht, da der Käufer eines Fahrzeuges der Tatsache, dass Unfallschäden beseitigt wurden, keine besondere wertbildende Bedeutung mehr beimisst. Dies gilt insbesondere auch bei Wohnmobilen, da ein Anbietermarkt mit einer Mehrzahl gleich ausgestatteter Fahrzeuge nicht vorhanden ist mit der Folge, dass es nur höchst selten vorkommen kann, dass ein Interessent, dem mehrere Fahrzeuge mit einer Ausstattung, die seinen Vorstellungen entspricht, zur Verfügung stehen, daneben auch noch die Möglichkeit hat, zwischen einem Unfallfahrzeug und einem Wohnmobil, das noch keinen Unfall hatte, zu wählen. Schließlich scheitert die Zuerkennung einer Wertminderung auch daran, dass der Zeitwert des Fahrzeuges, den der Sachverständige mit dem unstreitigen Betrag von 24.561,40 DM (ohne Mehrwertsteuer) ermittelt hat, unter 40 % des Listenpreises liegt, den der Kläger mit 63.000,-- DM (ohne Mehrwertsteuer) angegeben hat.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_17">17</a></dt>
<dd><p>Unter diesen Umständen kann der Kläger jedenfalls keine über den Betrag von 100,-- DM hinausgehende Wertminderung verlangen.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_18">18</a></dt>
<dd><p>Auch Nutzungsausfallentschädigung kann der Kläger nicht beanspruchen. Auf das Wohnmobil des Klägers sind weder die von der Rechtssprechung für privat genutzte Personenkraftwagen entwickelten Grundsätze noch die Erwägungen des Bundesgerichtshofes zur entgangenen Nutzungsmöglichkeit eines Wohnwagens (DAR 1983, 76) uneingeschränkt anzuwenden.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_19">19</a></dt>
<dd><p>Soweit der Kläger, wie er vorgetragen hat, das Wohnmobil insbesondere für seine täglichen Fahrten zur Arbeitsstätte und sonstigen Familienfahrten wie einen gewöhnlichen Pkw benutzt, stellt die Benutzbarkeit des Fahrzeuges einen selbständigen Vermögenswert neben dessen Substanzwert dar; der Vermögenswert besteht in der ständigen Verfügbarkeit des Fahrzeuges, also in der Möglichkeit, es jederzeit aus Bequemlichkeit und zur Zeitersparnis benutzen zu können. Dieser geldwerte Vermögensvorteil rechtfertigt die Zuerkennung eines pauschalen Schadensersatzes im Falle seiner vorübergehenden Entziehung. Diese Erwägungen treffen jedoch nicht zu, soweit der Kläger das Wohnmobil zu Urlaubszwecken benutzt. Insoweit dient das Fahrzeug - wie ein Wohnwagen - nicht den einem Pkw vergleichbaren Zwecken und Einsatzmöglichkeiten. Die Benutzung des Wohnwagens zu Urlaubszwecken dient nicht der Befriedigung allgemeiner und alltäglicher Bedürfnisse, sondern darüber hinausgehenden besonderen Bedürfnissen und Luxusbedürfnissen. Insoweit hat die Fahrzeugnutzung keinen geldwerten Vermögensvorteil; seine vorübergehende Entziehung stellt nicht bereits einen Vermögensschaden dar. Ein Vermögensschaden ist vielmehr nur dann gegeben, wenn die Entziehung der Benutzbarkeit des Wohnmobils zu Wohnzwecken sonstigen vermögenswerte Aufwendungen oder den Verlust sonstiger vermögenswerter Rechte zur Folge hat. Derartige Aufwendungen hätten im vorliegenden Fall etwa dann vorgelegen, wenn der Kläger zur Durchführung des geplanten Urlaubs ein anderes Wohnmobil angemietet hätte oder infolge des vorübergehenden Verlusts seines Fahrzeuges während der Urlaubsreise erhöhte Kosten für Hotelunterkünfte und dergleichen gehabt hätte.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_20">20</a></dt>
<dd><p>Hieraus ergibt sich für den vorliegenden Fall folgendes:</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_21">21</a></dt>
<dd><p>Soweit dem Kläger die Nutzungsmöglichkeit des Wohnmobils für seine täglichen Fahrten zur Arbeit und für sonstige Familienfahrten entgangen ist und soweit ihm überhaupt die Verfügbarkeit des Fahrzeuges als tägliches Transportmittel vorenthalten blieb, hat er Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung. Deren Höhe orientiert sich an den Aufwendungen, die der Kläger hatte, um ein Fahrzeug für seine täglichen Bedürfnisse verfügbar zu haben. Da die den Wohnzwecken dienenden Einbauten im Fahrzeug nicht der Befriedigung dieser täglichen Bedürfnisse dienten, können sie bei der Berechnung der Nutzungsausfallentschädigung keine Berücksichtigung finden. Abzustellen ist vielmehr auf den Wert der Nutzungsmöglichkeit des Fahrzeuges ohne Berücksichtigung der allein Urlaubszwecken dienenden Einbauten. Diesen Wert hat die Beklagte zutreffend anhand der für das Basisfahrzeug (VW LT 28 D) gültigen Tabellensätzen mit 75,-- DM pro Tag ermittelt. Eine höhere Entschädigung für den bloßen Entzug der täglichen Benutzbarkeit des Fahrzeuges kann der Kläger mithin nicht verlangen.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_22">22</a></dt>
<dd><p>Soweit dem Kläger die Benutzung des Fahrzeuges auch für eine geplante Urlaubsreise entgangen ist, war er gehalten, seinen Schaden entsprechend den für Wohnwagen geltenden Grundsätzen konkret zu berechnen. Einen derartigen (über 75,-- DM / Tag hinausgehenden) Schaden hat der Kläger jedoch nicht geltend gemacht.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_23">23</a></dt>
<dd><p>Schließlich hat der Kläger auch keinen Anspruch auf restliche Unkostenpauschale. Die mit dem Schadensereignis verbundenen Vermögensaufwendungen des Klägers für Porto, Telefon und Fahrkosten sind mit dem Betrag von 30,-- DM hinreichend abgegolten ( § 287 ZPO). Die überaus geringen Preissteigerungsraten der vergangenen Jahre rechtfertigen eine Anhebung der von den Gerichten üblicherweise zuerkannten Pauschale um 25 vom Hundert keinesfalls.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_24">24</a></dt>
<dd><p>Danach war die Klage abzuweisen.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_25">25</a></dt>
<dd><p>Die Kostenentscheidung folgt, soweit die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, aus § 91 a ZPO. Es entspricht billigem Ermessen, der Beklagten insoweit die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, da die für die Zuerkennung der Nutzungsausfallentschädigung maßgebliche Reparaturdauer von 30 Tagen zwischen den Parteien unstreitig ist, bislang aber nur eine Nutzungsausfallentschädigung für 20 Tage erstattet worden war.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_26">26</a></dt>
<dd><p>Im übrigen folgen die Nebenentscheidung aus den §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.</p></dd>
</dl>
</div></div>
<br>
</div>
|
315,557 | olgham-1986-05-14-20-u-40185 | {
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} | 20 U 401/85 | "1986-05-14T00:00:00" | "2019-03-13T15:07:52" | "2019-03-27T09:42:48" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1986:0514.20U401.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Klägers gegen das am 4. Oktober 1985 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Arnsberg wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Dem Kläger werden die Kosten der Berufung auferlegt.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Tatbestand:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger unterhält bei der Beklagten seit 1974 eine Unfallversicherung. Am 1. Oktober 1978 erlitt der Kläger einen Verkehrsunfall. Die Beklagte lehnte die geltend gemachte Invaliditätsentschädigung mit Schreiben vom 8. Februar 1979 (Bl. 12 d.A.) ab, weil der Kläger zum Unfallzeitpunkt unter Alkoholeinfluß gestanden habe und die Entschädigungspflicht damit gem. § 3 Abs. 4 der Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen (AU3) entfalle. Bei einer ca. 1 1/2 Stunden nach dem Unfall entnommenen Blutprobe betrug die Blutalkoholkonzentration des Klägers 0,57 ‰. Die Beklagte wiederholte ihre Ablehnung auf die Gegenvorstellungen des Klägers mit Schreiben vom 14. März 1979 (31. 13) und vom 30. Juli 1980 (Bl. 14 d.A.), in denen sie ebenfalls auf die Alkoholbeeinflussung des Klägers Bezug nahm.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Mit der am 14. Juni 1985 eingegangenen und an 23. Juli 1985 zugestellten Klage verlangt der Kläger von der Beklagten 50 %<i> </i>der Invaliditätsentschädigung. Er hat behauptet: Inzwischen liege eine Minderung der Erwerbsfähigkeit infolge des Unfalls in Höhe von 50 %<i> </i>vor. Das sei erst im Jahre 1984 endgültig festgestellt worden. Für den Unfall sei die Blutalkoholkonzentration nicht ursächlich gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, an ihn 30.000,-- DM nebst 4 %<i> </i>Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Sie hat behauptet:</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Unfall sei durch die Alkoholeinwirkung verursacht worden. Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben und vorgetragen, der Kläger habe Ansprüche auf Zahlung einer Invaliditätsentschädigung bereits 1979/1980 geltend gemacht. Zumindest, so hat sie gemeint, seien Ansprüche des Klägers wegen Überschreitung der Frist es § 8 AUB, wonach eine Invalidität als Unfallfolge innerhalb eines Jahres eingetreten und innerhalb weiterer dreier Monate festgestellt und geltend gemacht sein müsse, ausgeschlossen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Durch das angefochtene Urteil, auf das im übrigen Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Klageanspruch sei verjährt. Die zweijährige Verjährungsfrist habe spätestens mit dem letzten ablehnenden Bescheid der Beklagten an 30. Juli 1980 begonnen und sei vor Klageerhebung abgelaufen gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Darauf komme es jedoch nicht endgültig an, weil nach dem eigenen Vortrag des Klägers die Invalidität weder innerhalb eines Jahres nach dem Unfalltag eingetreten noch spätestens innerhalb einer weiteren Frist von drei Monaten ärztlich festgestellt und geltend gemacht worden sei.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit der form- und fristgerecht eingelegten Berufung, mit der er sein erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und dieses wie folgt ergänzt:</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Seine Arbeitsfähigkeit sei infolge des Unfalls auf Dauer um 50 %<i> </i>beeinträchtigt. Die Prognose der Dauerhaftigkeit der Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit sei zwar nicht nach Ablauf des auf den Unfall folgenden Jahres ärztlich festgestellt worden. Die Bestimmung des § 8 Abschnitt II Abs. 1 AUB greife jedoch hier nicht ein. Im übrigen sei die Berufung der Beklagten auf § 8 AUB treuwidrig, weil sie ihre Einstandspflicht in der Vergangenheit ausschließlich nur unter Hinweis auf § 3 Abs. 4 AUB abgelehnt habe. Der Anspruch sei auch nicht verjährt, weil die Fälligkeit erst nach Beendigung der zur Feststellung nötigen Erhebungen im Jahre .1984 eingetreten sei.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 30.000,-- DM nebst 4 %<i> </i>Zinsen seit dem 23. Juli 1985 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Sie wiederholt und ergänzt ihr erstinstanzliches Vorbringen Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der überreichten Anlagen Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe</u></b></p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Der Kläger kann von der Beklagten aufgrund des Unfalles vom 1. Oktober 1978 keine Invaliditätsentschädigung verlangen, weil der Klageanspruch verjährt ist.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die gemäß § 12 Abs. 1 VVG zweijährige Verjährungsfrist beginnt mit dem Schluß des Jahres, in welchem die Leistung verlangt werden kann. Dies ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Fälligkeit. Die Fälligkeit des Anspruchs tritt gemäß § 11 Abs. 1 VVG mit der Beendigung der zur Feststellung des Versicherungsfalls und des Umfangs der Leistung des Versicherers nötigen Erhebungen ein, <u>vor</u> diesem Zeitpunkt jedoch mit dem Zugang der - auch unbegründeten - Ablehnung der Leistung durch den Versicherer (ständige Rechtsprechung des BGH und des Senats, BGH VersR 66, 627; BGH VersR 55, 305, Senat VersR 81, 727 und 82, 1091 sowie Prölss-Martin, 23. Aufl. , § 11 Anm. 1).</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Verjährung begann daher im vorliegenden Fall mit dem Zugang des Schreibens der Beklagten vom 8. Februar 1979. Aufgrund des Anwaltsschreibens des Klägers vom 23. Juli 1980 (Bl. 38 d.A.) und der Antwort der Beklagten vom 30. Juli 1980 (Bl. 14 d.A.) trat allenfalls eine Hemmung der Verjährungsfrist von einer Woche ein. Die Verjährungsfrist war mithin bei Klageerhebung im Jahre 1985 längst abgelaufen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist nicht nach Treu und Glauben gehindert, sich auf Verjährung zu berufen. Das wäre allenfalls dann der Fall, wenn die Beklagte vor Klageerhebung den Eindruck erweckt hätte, daß sie sich nicht auf die Einrede der Verjährung berufen werde. Ausweislich der zu den Akten gereichten Korrespondenz hat diese Beklagte aber zu keiner Zeit einen derartigen Eindruck erweckt. Sie hat den Anspruch des Klägers mit ihren Schreiben vom 8. Februar 1979, 14. März 1979 und vom 30. Juli 1980 stets unter Hinweis auf § 3 Abs. 4<i> </i>AUB abgelehnt. Es mag sein, daß die Anwendbarkeit der § 3 IV AUB zweifelhaft ist und von der Beklagten nicht hätte bewiesen werden können. Entscheidend ist, daß die Beklagte ihre Leistungspflicht eindeutig ablehnte. Diese Ablehnung war nicht auf den Einwand der Alkoholbeeinflussung begrenzt. Die Beklagte war auch nicht verpflichtet, den Kläger auf die drohende Verjährung hinzuweisen. Diese Verpflichtung besteht schon allgemein nicht. Hier kommt hinzu, daß der Kläger zu einem Zeitpunkt, als die Klageforderung noch nicht verjährt war, bereits anwaltlich vertreten war, wie sich aus seinem Anwaltsschreiben vom 23. Juli 1980 (Bl. 38 d.A.) ergibt.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Eines Ausspruchs über die vorläufige Vollstreckbarkeit bedarf es nicht, weil ein Rechtsmittel gegen dieses Urteil unzweifelhaft nicht statthaft ist.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Beschwer des Klägers beträgt 30.000,-- DM.</p>
|
315,558 | ag-blomberg-1986-05-07-3-vi-4286 | {
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"slug": "ag-blomberg",
"city": 391,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 3 VI 42/86 | "1986-05-07T00:00:00" | "2019-03-13T15:07:53" | "2019-03-27T09:42:48" | Beschluss | ECLI:DE:AGLIP:1986:0507.3VI42.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der Antrag der Antragstellerin vom 20.02.1986 auf Erteilung eines Erbscheins, wo-nach sie den Erblasser aufgrund des Erbvertrages vom 12.08.1985 (UR-Nr. 73/85 des Notars G in C) allein beerbt hat, wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Gerichtskosten trägt die Antragstellerin. Die außergerichtlichen Kosten trägt jeder Beteiligte selbst.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Gründe</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Erblasser hat am 09.07.1969 (UR-Nr. 428/69 des Notars Dr. C2 in E) mit der Antragstellerin und dem Antragsgegner, die damals noch verheiratet waren, mittlerweile jedoch seit dem 19.10.1984 geschieden sind, einen Erbvertrag geschlossen, in dem er die beiden Beteiligten jeweils zu einhalb als Erben eingesetzt hat.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Am 12.08.1985 hat der Erblaser mit der Antragstellerin einen weiteren Erbvertrag (UR-Nr. 73/85 des Notars G in C) geschlossen, in dem er die Antragstellerin zu seiner alleinigen Erbin eingesetzt hat.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Mit notarieller Erklärung vom 20.08.1985 (UR-Nr. 74/85 des Notars G in C) ist der Erblasser von dem Erbvertrag vom 09.07.1969 zurückgetreten. Wegen der Einzelheiten des Inhaltes der Erbverträge und der Rücktrittserklärung wird auf die Vertragsunterlagen (13 bis 15 und 16 bis 20 der beigezogenen Akten 3 IV 20/86 Amtsgericht C) verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Rücktrittserklärung des Erblassers vom 20.01.1985 ist dem Antragsgegner in Form einer beglaubigten Fotokopie am 21.08.1985 durch den Gerichtsvollzieher zugestellt worden. Die Zustellung der 1. Ausfertigung der notariellen Verhandlung vom 20.09.1985 (Rücktrittserklärung) ist dem Antragsgegner am 01.04.1986 zugestellt worden.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin ist der Auffassung, dass durch die erfolgte Zustellung der Rücktrittserklärung des Erblassers der Erbvertrag vom 09.07.1969 wirksam widerrufen worden ist und somit ihrem Antrag auf Erteilung des Erbscheins aufgrund des Erbvertrages vom 12.08.1985 zu entsprechen ist.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Antragsgegner beantragt, den Erbscheinsantrag der Antragstellerin zurückzuweisen und ihr die Kosten des Verfahrens einschließlich seiner außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Er ist der Auffassung, dass der Erbvertrag vom 09.07.1969 nicht ordnungsgemäß widerrufen worden ist. Damit sei dieser Erbvertrag noch wirksam mit der Folge, dass der Erbvertrag vom 12.08.1985 unwirksam sei und die Antragstellerin daraus keine Rechte herleiten könne.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Erbscheinsantrag der Antragstellerin vom 20.01.1986 ist zurückzuweisen, da der Erbvertrag vom 12.08.1985 gem. § 2289 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam ist. Der Erblasser war nämlich aufgrund des Erbvertrages vom 09.07.1969, von dem er nicht wirksam zurückgetreten ist, nicht berechtigt, eine weitere Verfügung von Todes wegen in Form eines Erbvertrages zu treffen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Aufgrund des im Erbvertrag vom 09.07.1969 enthaltenen Widerrufsvorbehaltes konnte der Erblasser zwar grundsätzlich von diesem Erbvertrag zurücktreten. Der Rücktritt des Erblassers durch die notarielle Verhandlung vom 20.08.1985 ist dem Antragsgegner jedoch nicht in der gem. § 2296 BGB vorgesehenen Form zugestellt worden. Unstreitig ist dem Antragsgegner lediglich eine beglaubigte Fotokopie der Verhandlung vom 20.08.1985 durch den Gerichtsvollzieher zugestellt worden. Diese Zustellung entspricht nicht den Erfordernissen des § 2296 BGB. Danach ist es nämlich zwingend erforderlich, den Vertragsparteien eines Erbvertrages entweder den Rüciktritt in Form der Urschrift oder einer Ausfertigung zuzustellen. Eine Abschrift genügt auch dann nicht, wenn sie durch einen Rechtsanwalt oder Notar bzw. Gerichtsvollzieher beglaubigt ist (vgl. Palandt § 2296 Anmerkung 1a). Für einen wirksamen Rücktritt ist es gem. § 2296 BGB erforderlich, dass die beurkundete Erklärung dem Empfänger zugeht oder zugestellt wird. Die beurkundete Erklärung liegt in der Urschrift der Beurkundung. Diese wird für den Rechtsverkehr ersetzt durch eine Ausfertigung, die denselben öffentlichen Glauben trägt wie die Urschrift, während eine beglaubigte Abschrift nicht mehr als die Übereinstimmung der Abschrift mit einer Urkunde beweist, also nicht die empfangsbedürftige Erklärung selbst ist (BGHZ 31 Seite 5, 7).</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Auch durch die ordnungsgemäße unstreitige Zustellung der 1. Ausfertigung der Verhandlung vom 20.08.1985 an den Antragsgegner nach dem Tode des Erblassers am 01.04.1986 wird die unwirksame Zustellung vom 21.08.1985 nicht geheilt. Eine unwirksame Zustellung der Rücktrittserklärung kann nach dem Tode des Vertragserben nicht mit heilender Wirkung nachgeholt werden. Hat der Notar zunächst nur eine beglaubigte Abschrift des Rücktritts zustellen lassen, ist aber nach dem Tode des Erklärenden eine Ausfertiung zugestellt worden, um den jetzt erst erkannten Zustellungsmangel abzuhelfen, ist der Rücktritt unwirksam. Dabei kommt es auch nicht darauf an, ob der Erklärende vor seinem Tode alles getan hat, was von seiner Seite aus geschehen musste, damit die Erklärung dem anderen Teil zugeht (vgl. Palandt § 2269 Anmerkung 1a, BGHZ 48, Seite 374, 377 ff.). Die zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofes entspricht insofern der vorliegenden Fallkonstellation als darin die notarielle Widerrufsverhandlung zu Lebzeiten des Widerrufenden dem anderen Ehegatten bei einem gemeinschaftlichen Testament lediglich in beglaubigter Abschrift zugegangen ist und erst nach dem Tode des Widerrufenden in Ausfertigung zugestellt worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Es bleibt somit festzustellen, dass die Rücktrittserklärung des Erblassers dem Antragsgegner nicht zu Lebzeiten gem. der §§ 2296 in Verbindung mit § 130 ff. BGB wirksam zugegangen ist. Die Voraussetzungen des § 130 Abs. 2 BGB liegen nicht vor, da diese lediglich den Fall betreffen, dass sich die Willenserklärung beim Tode des Erklärenden auf dem Weg zum Adressaten befindet und die Zustellung alsbald nachfolgt.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Es bleibt somit festzustellen, dass der Erblasser gegenüber dem Antragsgegner nicht wirksam von dem Erbvertrag vom 09.07.1969 zurückgetreten ist. Dieser Erbvertrag ist somit immer noch wirksam. Hieraus folgt zwingend, dass der Erbvertrag vom 12.08.1985 unwirksam ist. Die Antragstellerin kann somit aus diesem Erbvertrag keine Rechte herleiten. Der Erbscheinsantrag ist daher zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG. Aufgrund des Sachverhaltes kann das Gericht nicht feststellen, dass die Antragstellerin durch die Beantragung des Erbscheins dem Antragsgegner aufgrund groben Verschuldens Kosten verursacht hat. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Antragstellerin vorsätzlich oder unter Außerachtlassung der nach den Umständen erforderlichen Sorgfalt in ungewöhnlich großem Maße unter Nichtachtung dessen, was jedem einleuchten muss, den Erbscheinsantrag gestellt hätte. Ein derartiges grobes Verschulden kann das Nachlassgericht nicht feststellen. Insofern sind die Gerichtskosten der Antragstellerin aufzuerlegen. Die Beteiligten selbst haben ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.</p>
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315,559 | olgham-1986-05-05-22-u-29787 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
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"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 22 U 297/87 | "1986-05-05T00:00:00" | "2019-03-13T15:07:54" | "2019-03-27T09:42:48" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1986:0505.22U297.87.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Beklagten gegen das am 30. September 1987 verkündete Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts xxx wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte mit Ausnahme der Kosten des Streitverkündeten, die dieser selbst zu tragen hat.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Es beschwert die Beklagte in Höhe von 6.042,-- DM.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Tatbestand</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><b><u>und</u></b></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks"><u><b>Entscheidungsgründe</b>:</u></p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Ehemann der Klägerin erwarb durch notariellen Vertrag vom 17.10.1980 von der Beklagten ein Grundstück in xxx in einer Größe von 754 qm. Nach § 4 des Vertrages betrug der Kaufpreis 113.100,-- DM. In § 4 ist darüber hinaus geregelt:</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">In dem Kaufpreis sind die Kosten der Erschließung und Entwässerung enthalten. Die Verkäuferin erklärt, daß diese Beträge bereits an die Gemeinde xxx gezahlt sind.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Übergabe des Grundstücks erfolgte zum 01.11.1980. Die Beklagte hatte das Grundstück durch notariellen Vertrag vom 15.02.1980 von dem Streitverkündeten erworben. In diesem Kaufvertrag befindet sich bezüglich der Erschließungskosten eine gleichlautende Klausel wie in dem Vertrag mit dem Ehemann der Klägerin.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Ehemann der Klägerin hat dieser das Grundstück am 11.08.1981 übertragen. Mit Heranziehungsbescheid der Gemeinde xxx vom 25.11.1986 wurde die Klägerin in Höhe von 6.987,63 DM mit Erschließungskosten in Anspruch genommen. Hiervon hat sie bisher 6.042,-- DM gezahlt.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Mit der Klage verlangt die Klägerin, deren Ehemann ihr seine Ansprüche abgetreten hat, Erstattung der Kosten.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat sich auf Verjährung berufen und die Ansicht vertreten, § 4 des notariellen Vertrages enthalte die Zusicherung einer Eigenschaft im Sinne des § 459 Abs. 2 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung, mit der weiterhin Verjährung geltend gemacht wird. Demgegenüber vertritt die Klägerin die Auffassung, § 4 des Vertrages enthalte eine Garantieerklärung der Beklagten.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin kann nach § 398 BGB in Verbindung mit § 4 Abs. 4 des notariellen Kaufvertrages vom 17. Oktober 1980 Erstattung der von ihr an die Gemeinde xxx entrichteten Erschließungskosten verlangen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Ansicht der Beklagten beinhaltet § 4 Abs. 4 des Vertrages keine Eigenschaftszusicherung im Sinne des § 459 Abs. 2 BGB, sondern eine von der gesetzlichen Regelung der §§ 446, 436, 103 BGB abweichende Bestimmung, wonach die Beklagte als Verkäuferin auch die nach der Übergabe des Grundstücks fällig werdenden Erschließungskosten zu tragen hat. Nach § 436 BGB haftet der Grundstücksverkäufer nicht für die Freiheit von öffentlichen Lasten, wozu auch die Erschließungskosten gehören. Gemäß § 446 in Verbindung mit § 103 BGB hat der Grundstückserwerber vom Übergabetag an die danach zu entrichtenden Lasten zu tragen, wobei es sich nach einhelliger Meinung um die "fälligen" Lasten handelt. Den Parteien ist es jedoch unbenommen, eine von der gesetzlichen Regelung abweichende und ihren Interessen gerecht werdende Vereinbarung zu treffen (vgl. BGH NJW 1982, 1278). Dies haben die Parteien mit der Vereinbarung in § 4 des notariellen Vertrages getan. Nur eine solche Auslegung wird dem übereinstimmenden Parteiwillen und dem Sinn und Zweck der getroffenen Vereinbarung gerecht. Dagegen spricht nicht der Wortlaut der Vereinbarung, der nur deshalb so gewählt wurde, weil die Parteien übereinstimmend davon ausgingen, daß die Erschließungskosten bereits gezahlt seien. Den Parteien ging es jedoch erkennbar darum, im Innenverhältnis den Verkäufer mit den anfallenden Erschließungskosten zu belasten. Der Preis des Grundstückes war danach bemessen worden, daß es sich um erschlossenes Bauland handelte. Danach hat sich aber der Verkäufer den Erschließungsvorteil zunutze gemacht und in die Preisbemessung einbezogen. Von daher entspricht es der Gerechtigkeit, wenn er dann auch für später anfallende Erschließungskosten aufzukommen hat, zumal diese auch Grundlage der Preisvorstellung des Käufers waren. Schließlich spricht auch die Stellung der Bestimmung im Rahmen der vertraglichen Ausgestaltung für die vorgenommene Auslegung. § 4 des notariellen Vertrages betrifft die Zahlung des Kaufpreises, während die Gewährleistungsrechte in § 3 des Vertrages aufgeführt sind. Die Annahme einer Zusicherung im Sinne des § 459 Abs. 2 BGB wurde der Interessenlage der Parteien schon deshalb nicht gerecht, weil, schon wegen der kurzen Verjährungsfrist, die denkbaren Fallgestaltungen damit nicht hinreichend abgedeckt werden konnten. Es liegt auf der Hand, daß es sonst dem Zufall überlassen bliebe, ob die Erschließungskosten gerade noch im Rahmen der kurzen Verjährungsfrist anfallen würden oder nicht. Hier wird die vorgenommene Auslegung mit der Verjährungsfrist von 30 Jahren dem Sinn der getroffenen Vereinbarung, daß Erschließungskosten in den Risikobereich des Verkäufers fallen sollen, besser gerecht.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Aus alledem folgt, daß der Anspruch der Klägerin nicht verjährt ist.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 288, 284 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.</p>
|
315,560 | ag-neuss-1986-04-30-30-c-30385 | {
"id": 713,
"name": "Amtsgericht Neuss",
"slug": "ag-neuss",
"city": 473,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 30 C 303/85 | "1986-04-30T00:00:00" | "2019-03-13T15:07:56" | "2019-03-27T09:42:48" | Urteil | ECLI:DE:AGNE:1986:0430.30C303.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>I.</p>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>II.</p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Beweissicherungsverfahrens tragen die Kläger als Gesamtschuldner.</p>
<p></p>
<p>III.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 1.500,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Tatbestand:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Aufgrund schriftlichen Mietvertrages vom 16.06.84 haben die Beklagten im Hause ..straße in Neuss eine Wohnung von den Klägern angemietet.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten haben ab April 1985 eine monatliche Mietminderung in Höhe von 66,50 DM wegen in der Wohnung befindlicher Feuchtigkeitsschäden vorgenommen. Es fand z wischen den Parteien ein Beweissicherungsverfahren mit der Geschäftsnummer .. statt.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Kläger tragen vor, dass die Feuchtigkeit nicht auf einem Mangel des Bauwerks, sondern darauf beruhe, dass die Beklagten die Wohnung nicht so heizten und lüfteten, wie es die dicht schließenden modernen Fenster verlangten.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Kläger beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 865,15 DM nebst 4 % Zinsen von jeweils 66,55 DM ab 04.04.85, 04.05.85, 04. eines jeden folgenden Monats bis einschließlich 04.04.86 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Sie tragen vor, dass die Feuchtigkeit darauf beruhe, dass das Außenmauerwerk Rissbildungen aufweise und Feuchtigkeit von daher in die Wohnung eindringe.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Es wurde im Rahmen des Beweissicherungsverfahrens Beweis erhoben durch Einholung zweier Sachverständigengutachten; zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die schriftlichen Gutachten der Sachverständigen L... vom 16.08.85 und K... vom 15.01.86 Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Bezüglich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die wechselseitigen Schriftsätze und deren Anlagen verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Klage war mangels eines Anspruchs der Kläger gegen die Beklagten abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten waren gemäß § 537 BGB berechtigt, wegen der in ihrer Wohnung vorhandenen Feuchtigkeitserscheinungen die Miete um monatlich 10 % zu mindern.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Beweisaufnahme hat zur Überzeugung des Gerichts eindeutig ergeben, dass die Feuchtigkeitserscheinungen nicht bzw. nicht durch ein nicht mietvertragsgemäßes Verhalten der Beklagten hervorgerufen worden sind. Das ohne weiteres nachvollziehbare Gutachten des Sachverständigen K... kommt, was die Feuchtigkeit im Schlafzimmer der Beklagten betrifft, zu dem Ergebnis, dass die Feuchtigkeit zumindest in erheblichem Maße durch das Aufbringen einer Styropordämmung zwischen Wand und Tapete hervorgerufen worden ist. Soweit der Sachverständige darüber hinaus, ebenso wie der andere Sachverständige L..., festgestellt hat, dass durch die von den Beklagten aufgestellten Möbel in dem fraglichen Wandbereich nur eine vergleichsweise unzureichende Luftzirkulation möglich war, ist dies nicht den Beklagten als Mietern anzulasten. Die Beklagten haben die Wohnung als Ganzes zur Nutzung gemietet, und zur Nutzung einer Mietwohnung gehört üblicherweise auch das Aufstellen von allgemein gebräuchlichen Möbelstücken, ohne dass ersichtlich wäre, dass der Mieter dabei gehalten wäre, die Möbel in einer bestimmten Weise oder Anordnung aufzustellen. Entsprechendes müsste mietvertraglich ausdrücklich vereinbart werden. Es würde allenfalls ohne ausdrückliche vertragliche Vereinbarung dem Mietvertrag widersprechen, wenn der Mieter etwa vorhandene Fenster oder Lüftungsklappen mit Möbeln zustellen würde oder aber Viertelstäbe und Fußleisten entfernen würde, um Möbelstücke näher an die Wand heranzurücken. Ansonsten muss es einem Mieter jedoch unbenommen sein, seine Möbel nach seinem Gutdünken in der von ihm angemieteten Wohnung aufzustellen, zumal sich im vorliegenden Fall des Schlafzimmers die fragliche Giebelwand insoweit für das Aufstellen des Kleiderschrankes anbietet, als zumindest zwei der anderen Wände dadurch als Stellfläche ausscheiden, dass sie mit einem Fenster, bzw. einer Tür versehen sind. Es ist auch keine Verpflichtung des Mieters ersichtlich, an bestimmten Wänden einen gewissen Mindestabstand beim Aufstellen der Möbel zur Wand zu beachten; auch insoweit bedurfte es einer ausdrücklichen mietvertraglichen Vereinbarung.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Im übrigen ist nicht ersichtlich, dass die Beklagten gegen eine Verpflichtung zur Beheizung und Belüftung des Schlafzimmers verstoßen hätten. So ist von den Klägern im Beweissicherungsverfahren selbst vorgetragen worden, dass die Beklagten geäußert hätten, dass sie auch bei kältesten Außentemperaturen bei geöffneten Fenstern schlafen würden. Inwieweit von daher eine mangelnde Belüftung vorliegen könnte, ist für das Gericht nicht ersichtlich.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Andererseits ist auch eine Verpflichtung der Beklagten, nach dem Einbau von Isolierfenstern im besonderen Maße zu heizen, nicht ersichtlich. Es wäre widersinnig, wärmedämmende Fenster mit der Begründung zur Energiesparung einzubauen, wenn dadurch andererseits vom Mieter ein erhöhtes Heizen der Räume verlangt würde, um die Bildung von Kondenswasser zu verhindern. Zumindest ist ein solches nicht ohne entsprechende vertragliche Vereinbarung möglich. Im übrigen kann es auch nicht Sache des Mieters sein, im einzelnen herauszufinden, welches Maß der Belüftung und Beheizung bei den einzelnen von ihm gemieteten Räumen nun erforderlich ist. Vielmehr obliegt es ohne weiteres dem Vermieter, seinem Mieter von vornherein entsprechende Anhaltspunkte zu vermitteln. Dass dies im vorliegenden Falle geschehen wäre, ist nicht ersichtlich. Es geht grundsätzlich nicht an, den Mieter mit dem Risiko zu belasten, dass nach dem Einbau von Isolierfenstern Feuchtigkeitserscheinungen auftreten.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Was die Feuchtigkeitsbildung im Badezimmer betrifft, so hat der Gutachter K... in überzeugender Weise dargelegt, dass diese eindeutig auf einer mangelnden Wärmedämmung des Sturzes über dem Badezimmerfenster beruhen. Des weiteren liegt es auf der Hand, dass bei Benutzung der sanitären Einrichtungen in einem Badezimmer erhöhte Luftfeuchtigkeit auftritt, ohne dass ersichtlich wäre, dass ein Mieter verpflichtet wäre, die genannten Einrichtungen nur in einem bestimmten Umfang zu nutzen. Im übrigen ist im Hinblick auf das Gutachten des Sachverständigen L... nicht ersichtlich, inwieweit durch den von den Beklagten installierten Kunststoffvorhang eine erhöhte Feuchtigkeit im Bereich des Fensters auftreten sollte. Der Sachverständige hat den Vorhand fotografiert, als dieser geöffnet war, und es ist für das Gericht nicht ersichtlich, dass dieser Vorhand üblicherweise geschlossen ist, sondern nur dann, wenn hinter ihm, wie es seiner Zweckbestimmung entspricht, geduscht wird. Dass durch die Schließung des Kunststoffvorhangs, die ja allenfalls für Minuten stattfindet, im fraglichen Bereich erhöhte Feuchtigkeit auftreten sollte, ist für das Gericht nicht nachvollziehbar. Es ist weiterhin für das Gericht unverständlich, was der Sachverständige L... unter der "ungewöhnlichen Badegepflogenheit" der Beklagten verstanden hat; soweit der Sachverständige damit das Anbringen des Kunststoffvorhanges an der Badewanne meint, ist darauf hinzuweisen, dass es heutzutage durchaus nicht unüblich ist, bei Wohnungen ohne separate Dusche die Badewanne mit einem solchen Vorhang zu versehen, damit auch in einer Badewanne stehend geduscht werden kann. Zumindest stellt eine solche Maßnahme nicht ohne weiteres einen vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache dar.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Schließlich ist das Gericht der Auffassung, dass selbst dann, wenn die Beklagten eine gewisse Mitverantwortung für die Feuchtigkeitserscheinungen träfe, in Anbetracht der durch die Sachverständigengutachten und die Fotos belegten tatsächlichen Schäden und die zumindest überwiegende Verantwortlichkeit der Kläger eine 10 %ige Mietminderung durchaus angemessen wäre.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Klage war daher abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.</p>
|
315,561 | lg-duisburg-1986-04-29-7-s-36585 | {
"id": 807,
"name": "Landgericht Duisburg",
"slug": "lg-duisburg",
"city": 408,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 7 S 365/85 | "1986-04-29T00:00:00" | "2019-03-13T15:07:57" | "2019-03-27T09:42:48" | Urteil | ECLI:DE:LGDU:1986:0429.7S365.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Beklagten zu 1.) wird das am 29. August 1985 verkün-</p>
<p> dete Urteil des Amtsgerichts Wesel teilweise abgeändert und insgesamt</p>
<p> wie folgt neu gefaßt:</p>
<p></p>
<p> Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p> Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz trägt der Kläger.</p>
<p></p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>T a t b e s t a n d u n d E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Berufung des Beklagten zu 1.) ist erfolgreich. Die Kammer ist der Auffassung, daß zwischen den Parteien nicht zwei völlig unabhängige, sondern <u>ein</u> Mischmietverhältnis vorliegt. Deswegen war die Kündigung des Mietverhältnisses über die vom Beklagten angemietete Garage als Teilkündigung unwirksam.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Zwar spricht zunächst der äußere Anschein der Vertragsgestaltung für zwei isolierte Mietverhältnisse, die auch zu unterschiedlichen Zeiten begonnen haben. Doch darf nicht übersehen werden, daß eine frühere Vermietung der Garage an den beklagten Ehemann nicht möglich war, weil die Garagen erst unmittelbar vor Abschluß des Garagenmietvertrages fertiggestellt worden sind. Auch der Umstand, daß in dem Garagenmietvertrag eine besondere Kündigungsfrist für dieses Mietverhältnis vereinbart worden ist, vermag letztlich bei der Wertung nicht den Ausschlag zu geben; denn es sprechen auf der anderen Seite ganz gewichtige Gründe dafür, daß bei Abschluß des Garagenmietvertrages von beiden Parteien - wenn auch nicht ausdrücklich - eine Bezugnahme auf den Wohnungsmietvertrag gewollt war. Wichtiges Indiz dafür ist der Umstand, daß nach dem unwidersprochenen Vortrag des Beklagten vor der Vermietung der Garagen im Jahre 1968 ein ähnliches Schreiben wie das vom 16.08.1984 an die Mieter der Hauses in Wesel gerichtet worden ist, aus dem sich das eigene Interesse des Klägers daran ergibt, diese Garagen an Personen zu vermieten, mit denen er bereits Wohnungsmietverhältnisses hatte. Bereits dadurch, aber auch durch die räumliche Nähe besteht eine so enge innere Verknüpfung zwischen diesen beiden Mietverträgen, daß es nach Auffassung der Kammer eines ausdrücklichen Hinweise in dem schriftlichen Garagenmietvertrag bedurft hätte, der klarstellte, daß dieses Mietverhältnis völlig unabhängig von den Wohnraumietverhältnis zwischen den Parteien geschlossen werden und bestehen sollte. Da aber alles in allem sichere Anhaltspunkte dafür fehlen, daß die Vertragsparteien damals einen <u>selbständigen </u>Vertrag über die Garage schließen wollten, liegt wegen der verbleibenden Zweifel eine nachträgliche Einbeziehung der Garage in den Wohnungsmietvertrag im Wege der Vertragsergänzung vor (vgl. OLG Karlsruhe, Rechtsentscheid vom 30.03.1983 in NJW 1983, 1499).</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Wegen Unzulässigkeit der Teilkündigung ist die Kündigung insgesamt unwirksam und die Klage deswegen unbegründet, so daß das angefochtene Urteil entsprechend abzuändern war.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Als Unterlegener hat der Kläger die Kosten des gesamten Rechtsstreits zu tragen, § 91 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Streitwert: 720,00 DM.</p>
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315,562 | lg-bonn-1986-04-28-6-s-34285 | {
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"name": "Landgericht Bonn",
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"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
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} | 6 S 342/85 | "1986-04-28T00:00:00" | "2019-03-13T15:07:58" | "2019-03-27T09:42:48" | Urteil | ECLI:DE:LGBN:1986:0428.6S342.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Klägerin gegen das am 30.07.1985 verkündete Urteil des Amtsgerichts Bonn - 6 C 680/84 - wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Feststellungsklage wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Berufungsklägerin auferlegt.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Tatbestand</span></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat den Beklagten, mit dem sie einen Mietvertrag über eine mit öffentlichen Mitteln geförderte Altenwohnung geschlossen hat, auf Mietzinszahlung in Anspruch genommen, und zwar 273,42 DM als Nachzahlung aufgrund einer für das Jahr 1980 erteilten Nebenkostenabrechnung, in der neben einem - unstreitigen - Betrag von 230,46 DM für Heizkosten restliche 42,96 DM aus einer Umlagenabrechnung vom 23.11.1981 enthalten sind, welche einen Ansatz für "Hausmeister/Hausreinigung" aufweist. Die Klägerin hat ferner einen Betrag von 120,87 DM verlangt, den sie mit Mieterhöhungsverlangen vom 11.06.1982 gem. § 8 a Abs. 4 WoBindG aufgrund eines Genehmigungsbescheides der Stadt C vom 05.04.1982 mit Rückwirkung ab Mietbeginn berechnet hat. Sie hat schließlich für die Zeit von Mai 1983 bis Juni 1984 eine in § 3 Abs. 4 des Mietvertrages vereinbarte monatliche Vorauszahlung in Höhe von 30,--DM, insgesamt 420,-- DM, als Vergütung für Betreuungsleistungen im Sinne von § 9 Abs. 6 WoBindG i. V. m. , § 27 NMV geltend gemacht, ferner Rückbelastungskosten von 15,-- DM sowie 5,-- DM vorgerichtliche Kosten.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Wegen der Darstellung des Sachvortrages der Parteien sowie der Einzelheiten der Begründung wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses ihr am 12.08.1985 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit der am 09.04.1985 eingelegten und am 11.10.1985 begründeten Berufung. Sie tritt den Rechtsausführungen des angefochtenen Urteils entgegen und beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">unter Aufhebung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an sie 829,29 DM zuzüglich 5,-- DM vorgerichtlicher Kosten nebst 4 % Rechtshängigkeitszinsen zu zahlen,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">festzustellen, daß die Anhebung der Grundmiete ab dem 01.07.1982 gem. Mietänderungserklärung vom 11.06.1982 wirksam geworden ist.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Es ist Beweis erhoben worden durch Zeugenvernehmung.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 07.04.1986 Bezug genommen. Wegen des Vortrages der Parteien im übrigen wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Entscheidungsgründe</span></p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die hinsichtlich ihrer Förmlichkeit nicht zu beanstandende Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die im Berufungsverfahren erhobene Feststellungsklage ist ebenfalls unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung einer erhöhten Miete - welche für die Zeit bis Juni 1982 mit dem Betrag von 120,87 DM, für die Zeit ab Juli 1982 mit der Feststellungsklage geltend gemacht wird - aufgrund der Mietänderungserklärung vom 11.06.1982. Diese Mietänderungserklärung ist unwirksam, weil sie nicht die nach § 10 WoBindG erforderliche Erläuterung enthält. Sie lässt nämlich nicht erkennen, aufgrund welcher Veränderung einzelner Kostenpositionen die Mieterhöhung eingetreten ist. Daß eine den Anforderungen des § 10 WoBindG genügende Erläuterung vorliegt, meint auch die Klägerin nicht.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Auffassung der Berufung sind die Voraussetzungen des § 10 WoBindG jedoch auch im hier vorliegenden Falle der erstmalig endgültigen Festsetzung einer zunächst nur vorläufigen Kostenmiete gemäß § 8 a Abs. 4 WoBindG einzuhalten. Denn auch im Falle der zulässigen Vereinbarung einer zunächst nur vorläufigen Miete ist der Mieter bis zur endgültigen Festsetzung gem. § 8 a WoBindG entsprechend dem Wortlaut von § 10 WoBindG nur zur Entrichtung "eines niedrigeren als des nach diesem Gesetz zulässigen Entgelts" verpflichtet gewesen. Die sich aufgrund des Genehmigungsbescheides der Bewilligungsstelle ergebende neue Miete mit der - nicht erläuterungsbedürftigen - vertraglichen Eingangsmiete gleichzustellen, verbietet sich schon deswegen, weil eine rückwirkende Erhöhung nur unter bestimmten Voraussetzungen und innerhalb bestimmter zeitlicher Grenzen möglich ist und durchaus nicht immer bis zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zurückreicht.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Daß § 10 WoBindG einzuhalten ist, folgt nach Auffassung der Kammer auch aus der dem § 8 a Abs. 4 WoBindG entsprechenden Regelung in § 4 Abs. 2 NMV, für die die Vorschrift des § 10 WoBindG ausdrücklich in Bezug genommen wird (§ 4 Abs. 8 NMV). Die in Bezug auf die aus § 4 NMV zu ziehenden Folgerungen abweichende Auffassung der Klägerin überzeugt nicht. Daß in § 4 Abs. 8 NMV ausdrücklich auf § 10 WoBindG Bezug genommen wird, während dies in § 8 a WoBindG nicht der Fall ist, erklärt sich dadurch, daß die NMV, die im übrigen gem. § 28 Abs. 1 WoBindG die näheren Durchführungsvorschriften zur Ermittlung der Kostenmiete als dem nach §§ 8 - 8 b WoBindG zulässigen Entgelt enthält, keine dem § 10 WoBindG entsprechende Regelung enthält, während für Mietänderungen nach dem WoBindG dessen § 10 unmittelbar einschlägig ist. Daß § 4 Abs. 8 NMV anders als § 8 a Abs. 4 WoBindG nur für Mietanhebungen <span style="text-decoration:underline">nach</span> endgültiger Festsetzung der Kostenmiete maßgeblich sein soll, wie die Klägerin meint, ist den genannten Vorschriften nicht zu entnehmen. Das Gesetz unterscheidet nicht zwischen sogenannten vorläufigen und endgültigen Kostenmieten, sondern unterwirft lediglich solche Mietänderungen, die aufgrund Erhöhung laufender Aufwendungen vor Anerkennung der Schlussabrechnung, spätestens jedoch vor Ablauf von zwei Jahren nach Bezugsfertigung eintreten, dem Erlaubnisvorbehalt der Bewilligungsbehörde.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Da die Kammer sich, was die Anwendbarkeit von § 10 WoBindG angeht, soweit ersichtlich in Übereinstimmung mit Literatur und Rechtsprechung befindet (vgl. Fischer-Diskau/Pergande/Schwender, § 8 a WoBindG, Anm. 3.1, § 10 WoBindG, Anm. 1; LG Bochum WUM 84, 332; LG Kiel WUM 84, 333), sah sie keine Veranlassung, einen Rechtsentscheid zu dieser Frage einzuholen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Bezahlung der in § 3 Abs. 4 des Mietvertrages vereinbarten Vergütung für die dort als "Sonderleistung der Vermieterin (Hausmeister und Reinigung)" bezeichnete Nebenkostenposition, für die für die Zeit von Mai 1983 bis Juni 1984 die vereinbarten monatlichen Vorauszahlungen von 30,-- DM geltend gemacht werden und die in der Umlagenrechnung für 1980 mit einem Betrag abgerechnet worden sind, der die aus dieser Rechnung noch geltend gemachte Forderung von 42,96 DM übersteigt.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die diesbezügliche vertragliche Vereinbarung ist wegen Verstoßes gegen § 20 NMV in der bis zum 30.04.1984 geltenden Fassung unwirksam, da Hausmeister- und Reinigungskosten nicht zu den dort bezeichneten, neben der Einzelmiete umlagefähigen Betriebskosten zählen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Vereinbarung ist nicht gem. § 9 Abs. 6 WoBindG, § 27 S. 2 NMV wirksam, wonach für Leistungen zur persönlichen Betreuung und Versorgung eine Vergütung mit Genehmigung der zuständigen Behörde verlangt werden kann. Als solche einer besonderen Vergütung zugängliche Sonderleistung des Vermieters können nur Tätigkeiten in Betracht kommen, die über die in der Anlage 3 zu § 27, 2. BRV bezeichneten und als Betriebskosten in der Kostenmiete zu berücksichtigende Leistungen hinausgehen. Dazu gehören die Leistungen, deren gesonderte Vergütung mit einer Vorauszahlung von 30,-- DM in § 3 Abs. 4 des Mietvertrages vereinbart worden ist, entgegen der Auffassung der Klägerin nicht. Die Kammer geht - wie bereits in ihrem Urteil vom 27.06.1985 in dem Verfahren 6 S 104/85 dargelegt - nicht davon aus, daß im Rheinland eine übliche Regelung hinsichtlich der Reinigung der von allen Mietern gemeinsam benutzten Gebäudeteilen (Treppen, Flure, Keller etc.) des Inhalts besteht, daß die Reinigungstätigkeit von den Mietern ausgeführt wird. Wenn überhaupt von einer Üblichkeit gesprochen werden kann, so geht diese nach der Erfahrung der Kammer jedenfalls bei solchen Objekten, die eine größere Zahl von Mietwohnungen umfassen, eher dahin, daß die Hausreinigung durch eine vom Vermieter bestellte Reinigungskraft ausgeführt und die dadurch entstehenden Kosten als Nebenkosten abgerechnet werden.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Daß die Parteien im vorliegenden Fall über die Leistungsbeschreibung des Mietvertrages hinaus die Erbringung weitergehender Leistungen vereinbart haben, die als Betreuungstätigkeit qualifiziert werden könnten, hat die Klägerin nicht bewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die Aussage der Zeugin Q gibt für den hier in Frage stehenden Mietvertrag schon deswegen nichts her, weil die Zeugin sich an ein konkretes Vermietungsgespräch mit den Beklagten nicht erinnern konnte. Daß die Gewährleistung von Hilfestellung und Betreuung in Notfällen jeglicher Art für viele Mietinteressenten ein sie zum Vertragsschluß bestimmender Moment gewesen sein mag, kann unterstellt werden. Daß dies auch bei dem Beklagten so gewesen ist, ist lediglich eine Vermutung. Abgesehen davon, daß auch die Zeugin die Hausreinigung in Wiederholung der mietvertraglichen Beschreibung der Sonderleistung als Betreuungstätigkeit in erster Linie ansprach, was dafür sprechen könnte, daß auch nur diese Tätigkeit in den Vermietungsgesprächen -entsprechend dem schriftlichen Vertragstext - im Vordergrund gestanden hat, reichen die allgemeinen Ausführungen der Zeugin, selbst wenn sie auch gegenüber dem Beklagten geäußert worden sein sollten, kaum aus, um entgegen der ausdrücklichen Leistungsbeschreibung im Mietvertrag Übereinstimmende Willenserklärungen beider Parteien bezüglich weiterer von der Vergütungsvereinbarung umfasster Leistungen annehmen zu können.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, daß dem Beklagten wegen der von ihm in der Zeit von September 1980 bis April 1983 monatlich geleisteten Vorauszahlungsbeträgen von 30,-- DM, insgesamt 930,-- DM, ein Rückzahlungsanspruch gem. § 8 Abs. 2 WoBindG zusteht, mit dem er gegenüber den unstreitigen Ansprüchen der Klägerin auf Bezahlung von Heizkosten in Höhe von 230,46 DM und auf Zahlung von 15,-- DM für Rückbelastungskosten aufgerechnet hat. Diese Forderungen sind daher gem. §§ 387, 389 BGB erloschen.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 91 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Streitwert für das Berufungsverfahren:</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">1.144,68 DM (829,29 DM + 315,39 DM = (80 % von 0,81 x 40,56 x 12)).</p>
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315,563 | ag-dusseldorf-1986-04-18-41-c-986 | {
"id": 653,
"name": "Amtsgericht Düsseldorf",
"slug": "ag-dusseldorf",
"city": 413,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 41 C 9/86 | "1986-04-18T00:00:00" | "2019-03-13T15:07:59" | "2019-03-27T09:42:48" | Urteil | ECLI:DE:AGD:1986:0418.41C9.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>hat das Amtsgericht Düsseldorf</p>
<p>auf die mündliche Verhandlung vom 7. März 1986</p>
<p>durch die Richterin am Amtsgericht Z</p>
<p>für Recht erkannt:</p>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"> <span style="text-decoration:underline">Tatbestand</span></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger unterhält bei der Beklagten eine Verkehrsrechtschutzversicherung nach § 21 ARB. Mit der Klage verlangt der Kläger Deckungsschutz für ein Strafverfahren vor dem Amtsgericht Neuss – 2 X/85 – in dem der Kläger wegen fahrlässiger Tötung in erster Instanz verurteilt worden ist. Der gegen den Kläger gerichtete Strafvorwurf beinhaltet, dass der Kläger vor dem Einsatz des Kranes nicht für eine hinreichende Standsicherheit gesorgt habe und infolge des umgekippten Kranwagens den Tod eines Bauarbeiters auf einer Baustelle verursacht habe.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 19.08.1985 verweigerte die Beklagte den Deckungsschutz mit der Begründung, der Unfall sei nicht beim Betrieb des Kranwagens entstanden.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist der Ansicht, er sei in seiner Eigenschaft als Fahrer des Kranwagens betroffen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">1)      in Höhe der Gebühren der Rechtsanwälte Dr. M. pp. aus X in Höhe von DM 953,04 für die Verteidigung in dem Strafverfahren vor dem         Amtsgericht Neuss (Aktenzeichen 2 X/85 bzw. Y/85) freizustellen,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">2)      ihn von allen weiteren Rechtsanwalts- und Gerichtskosten aus dem genannten Verfahren freizustellen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">              die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline"> E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e</span></p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Kläger kann von der Beklagten nicht aus unstreitig abgeschlossenem Verkehrsrechtsschutzversicherungsvertrag (§ 21 ARB) Deckungsschutz fordern. Entgegen der Auffassung des Klägers ist in seiner Person der Versicherungsfall (§§ 14, 21 ARB) nicht eingetreten. Denn der Kläger genießt Versicherungsschutz lediglich als „Fahrer von Fahrzeugen“ (§ 21 Abs. 1 S. 1 letzte Alt. ARB). Sicherlich war der Kläger der Fahrer des umgestürzten Kranwagens. Der Unfall hat sich jedoch nicht in einem funktionellen Zusammenhang mit dem Fahrvorgang des Kranwagens ereignet. Denn das Umstürzen des Fahrzeuges beim Anheben einer Last ist auf Bedienungsfehler bei der Ausführung des Hebevorgangs zurückzuführen und hat mit dem Fahrvorgang nichts zu tun. Sinn und Zweck des Verkehrsrechtsschutzes ist, den Versicherungsnehmer kostenmäßig von Rechtskosten freizuhalten, die ihren Entstehungsgrund in der Beteiligung an Verkehrsvorgängen haben. Ein derartiger Verkehrsvorgang ist bei einem Kranwagen sicherlich gegeben, wenn das Fahrzeug von einer Baustelle zur anderen fährt. Dabei gehört sicherlich das Abstellen des Kranwagens noch zum Verkehrsvorgang. Stürzt ein Kranwagen etwa auf einer Baustelle dadurch um, dass er in eine Baugrube fährt, so ist ein funktioneller Zusammenhang zum Fahrvorgang gegeben. Etwas anderes gilt jedoch, wenn der Kranwagen infolge des Ruhens einer Last umstürzt. Dann liegt der Fall nicht anders, als wenn ein auf der Baustelle befindlicher, nicht mobiler Kran infolge eines Bedienungsfehlers umstürzt. Dieser Vorgang steht in keinem Funktionszusammenhang mit der Mobilität des Fahrzeuges.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.</p>
|
315,564 | ag-dusseldorf-1986-04-11-41-c-67085 | {
"id": 653,
"name": "Amtsgericht Düsseldorf",
"slug": "ag-dusseldorf",
"city": 413,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 41 C 670/85 | "1986-04-11T00:00:00" | "2019-03-13T15:08:01" | "2019-03-27T09:42:47" | Urteil | ECLI:DE:AGD:1986:0411.41C670.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>hat das Amtsgericht Düsseldorf</p>
<p>auf die mündliche Verhandlung vom 14. Februar 1986</p>
<p>durch die Richterin am Amtsgericht X</p>
<p></p>
<p>für R e c h t erkannt:</p>
<p></p>
<p> Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 675,-- nebst</p>
<p> 4 % Zinsen seit dem 05.04.1985 zu zahlen.</p>
<p></p>
<p> Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.</p>
<p></p>
<p> Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px"><u>T a t b e s t a n d :</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Unstreitig haftet der hinter der Beklagten stehende Haftpflichtversicherer für den Schaden, der anlässlich eines Verkehrsunfalls am 11.03.1985 am gewerblich genutzten PKW – Mercedes der Klägerin entstanden war. Mit der Klage verlangt die Klägerin von der Beklagten die Zahlung einer Nutzungsentschädigung in Höhe von DM 675,--.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">die Beklagte zu verurteilen, an sie DM 675,-- nebst 4 % Zinsen</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">seit dem 05.04.1985 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Die Beklagte ist der Ansicht, bei einem gewerblich genutzten Fahrzeug sei grundsätzlich nur eine konkrete Ausfallberechnung zulässig. </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px"><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e : </u></p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Die Klage ist begründet.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Unstreitig kann die Klägerin von der Beklagten dem Grunde nach Schadensersatz aus Verkehrsunfall fordern.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Der Höhe nach kann die Klägerin DM 675,-- Nutzungsentschädigung verlangen. Zu Unrecht meint die Beklagte ein Nutzungsausfallschaden der Klägerin komme nicht in Betracht, weil es sich bei dem verunfallten Fahrzeug der Klägerin um ein gewerbliches Fahrzeug gehandelt habe, bei welchem ein Ausfallschaden generell nur konkret und nicht abstrakt berechnet werden könne. Die Rechtsauffassung der Beklagten ist nur für gewerbliche Fahrzeuge zutreffend, die dem Hauptzweck des ausgeübten Gewerbes unmittelbar dienen, etwa im Falle eines Taxi – oder Leihwagenbetriebes oder bei sonstiger gewerblicher Personen- oder Güterbeförderung. In diesem Fall bemisst sich der Nutzungsausfall nach dem Entgang des gewerblichen Gewinns. Etwas anderes gilt aber bei Fahrzeugen, die zwar zum Betriebsvermögen eines Gewerbebetriebes gehören, aber nicht den Hauptzweck des Gewerbes ausmachen, sondern nur als Hilfsmittel die Ausübung der gewerblichen Tätigkeit erleichtern. </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">In diesem Falle hängt der erwirtschaftete Gewinn von der gewerblichen Haupttätigkeit ab, im Falle der Klägerin von der Lieferung und Montage von Fassadenverkleidungen. Die Benutzung des Kraftfahrzeuges durch den technischen Leiter zum Besuch der Baustelle erleichtert diesem ledigliche seine berufliche Aufgabe, er könnte diese aber auch bei einer Anfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln, wenn auch in unpraktischer Form, ausüben, ohne dass hierdurch der Gewinn des Gewerbetriebes beeinflusst würde. Ebenso gut könnte er die Baustelle auch mit einem privat gehaltenen PKW anfahren. Letzteres zeigt aber, dass zwischen dem Nutzungsausfall eines privaten Fahrzeuges und einem Firmenfahrzeug, welches nicht unmittelbar zur gewerblichen Gewinnerzielung eingesetzt wird, kein Unterschied besteht. Ebenso wie durch richterliche Rechtsfortbildung einem privaten Autohalter im Falle des Nutzungsausfalles ein abstrakter Schadensersatz zuerkannt worden ist, hat dies auch für gewerblich oder freiberuflich gehaltene Fahrzeuge zu gelten, wenn diese nicht dem Hauptzweck des Gewerbes dienen, sondern nur Hilfsfunktionen erfüllen. </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Der Zinsanspruch stützt sich auf §§ 288, 284 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Die Kostenentscheidung ergeht nach § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollsteckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.</p>
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315,565 | lagk-1986-04-10-8-sa-133885 | {
"id": 795,
"name": "Landesarbeitsgericht Köln",
"slug": "lagk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": "Arbeitsgerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": null
} | 8 Sa 1338/85 | "1986-04-10T00:00:00" | "2019-03-13T15:08:02" | "2019-03-27T09:42:47" | Urteil | ECLI:DE:LAGK:1986:0410.8SA1338.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom .25.1o.1985 - 14 Ca 8476/85 - wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.</p>
<p>Gegenstandswert: unverändert.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Tatbestand</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin in einem Arbeitsverhältnis auf der Basis von 8 Wochenstunden oder - wie die Klägerin meint - in einem Umfang von 20 Wochenstunden von der Beklagten zu beschäftigen ist.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin ist seit November 1975 bei der Beklagten als Sprecherin und Übersetzerin beschäftigt. Bis März 1978 erhielt sie ein monatliches Pauschalhonorar zwischen 2.000,--DM und 2.200,--DM für eine Arbeitsleistung von 258 Sendeminuten für Übersetzen und 25,8 Sendeminuten für Sprechen. Ab 1.4.78 erhielt sie Honorare auf Grund von Honorarscheinen. Nach einer von der Klägerin im Berufungsverfahren vorgelegten Aufstellung haben die. Honorare im Jahre 1979 19.912,-- DM, 1980 23.204.--DM, 1981 15.664,—DM und 1982 9.512,-- DM betragen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Nachdem die Beklagte der Klägerin am 17.3.83 mitgeteilt hatte, daß das freie Mitarbeiterverhältnis mit sofortiger Wirkung beendet sei, haben die Parteien einen Rechtsstreit geführt, in dem rechtskräftig festgestellt wurde, daß die Klägerin sich bei der Beklagten in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis befindet (vgl. LAG Urteil - 1 Sa 647/83 = Bl. 13 ff d.A.). Die Frage des Beschäftigungsumfanges wurde in diesem Rechtsstreit nicht entschieden.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Da die zwischen den Parteien geführten Verhandlungen über die Arbeitszeit der Klägerin keinen Erfolg hatten, hat die Klägerin am 23.9.85 Klage erhoben und den Abschluß eines Arbeitsvertrages auf der Grundlage von 20 Wochenstunden begehrt. Sie hat die Auffassung vertreten, daß bei der Berechnung des Arbeitsumfanges auf die Gesamtdauer der Beschäftigung einschließlich der Pauschalistenzeit abgestellt werden müsse.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich ihres Vorbringens im einzelnen wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Bezug genommen (Bl. 63-70 d.A.).</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat demgemäß beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, mit ihr rückwirkend am 7.4.1983 einen Arbeitsvertrag als Sprecherin und Übersetzerin auf der Grundlage von 20 Wochenstunden abzuschließen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Sie hat die Auffassung vertreten, daß sie den Beschäftigungsumfang der Klägerin zutreffend berechnet habe. Selbst wenn man einen Zeitraum von 1 1/2 Jahren vor Erhebung der Statusklage berücksichtige, sei ihr Angebot auf den Abschluß eines Arbeitsvertrages auf der Basis, von. 8 Wochenstunden großzügig. Es bestehe unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt das Erfordernis, über den Zeitraum von 2 Jahren seit Erhebung der Statusklage in die Vergangenheit zu gehen .</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Auf den Vortrag der Beklagten im einzelnen wird Bezug genommen (Bl.71-72 d.A.).</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Das Arbeitsgericht hat die Klage durch Urteil vom 25.10.85 abgewiesen, die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin auferlegt und den Streitwert auf 42.165,--DM festgesetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt, daß die Klägerin keinen Anspruch darauf habe, einen Arbeitsvertrag über 20 Wochenstunden zu erhalten. In den Jahren 1979 bis 1981 habe der Beschäftigungsumfang auch nach den Berechnungen der Klägerin pro Woche nur 10,02 Stunden, 11,32 und 6,8 Stunden betragen. Die Einbeziehung der erheblich höheren Beschäftigungszeiten in den Jahren vor 1979 sei nicht gerechtfertigt, da in arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzungen, in denen es um den Status oder Bestand eines Arbeitsverhältnisses gehe, allgemein nur der jeweilige aktuelle Besitzstand berücksichtigt werde. Entsprechend sei in den Nachfolgeprozessen nach gewonnenen Statusrechtsstreitigkeiten stets nur ein Referenzzeitraum von maximal 2 Jahren vor Erhebung der Statusklage zugrunde gelegt worden. Dieser Zeitraum erscheine angemessen, um den aktuellen Besitzstand einschließlich saisonaler Schwankungen oder sonstiger Zufälligkeiten objektiv zu erfassen. Selbst wenn man aber zugunsten der Klägerin eine Beschäftigungszeit seit 1979 zugrunde lege, ergebe sich eine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 7,64 Stunden, so daß das Klagebegehren nicht gerechtfertigt sei.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat gegen das ihr am 29.11.85 zugestellte Urteil am 23.12.85 Berufung eingelegt, die nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 21.2.86 mit einem an diesem Tag eingereichten Schriftsatz begründet worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin vertritt die Auffassung, daß der sonst nach der Rechtsprechung zugrunde zu legende Referenzzeitraum von 2 Jahren für sie deshalb nicht maßgend sei, da ihr 1978, als die Beklagte nicht mehr bereit gewesen sei, ihr Pauschalhonorare von zuletzt 2.200,--DM zu zahlen, mitgeteilt worden sei, daß sie zur Wahrung des seit November 1975 erworbenen sozialen Besitzstandes unabhängig <em>vom</em> Beschäftigungsumfang das gleiche Honorar erhalten werde. Auch in einem Gespräch mit der zuständigen Sachbearbeiterin der Honorar- und Lizenzabteilung habe ihr diese versichert, daß sich in Zukunft der Umfang der Tätigkeit bis zu 50% reduziere, aber der bisherige finanzielle Besitzstand gewahrt werde, indem sie in Zukunft eine erhöhte Vergütung pro geleisteter Sendeminute erhalten werde. Diese Zusage sei auch bis September 1981 eingehalten worden, so daß sie keine Veranlassung gehabt habe, ihren Besitzstand klageweise durchzusetzen. Das habe sie auch dann nicht getan, als sich nach September 1981 eine erhebliche Reduzierung der Vergütung ergeben habe. Bei allen Gesprächen mit dem Redaktionsleiter K   sei ihr nämlich immer wieder zugesichert worden, daß sich die finanzielle Situation wieder ändere. Herr K   habe insbesondere in Aussicht gestellt, daß mit dem Jahresetat 1983 erneut eine ausreichende Finanzierungsmöglichkeit gegeben sei, um ihr bis September 1981 ein monatliches Honorar von ca. 2.200,--DM zu bezahlen. Unter Berücksichtigung dieser Umstände könne im vorliegenden Verfahren deshalb nicht auf die beiden Jahre vor Erhebung der Statusklage abgestellt werden. Es sei vielmehr auch der Beschäftigungsumfang in den Jahren 1976 und 1977 von 29,08 Wochenstunden und die Höhe der trotz Reduzierung des Beschäftigungsumfanges gezahlten Honorare zu berücksichtigen. Danach ergebe sich eine durchschnittliche Wochenstundenzahl von 23,67. Auf die Einzelberechnung der Klägerin im Schriftsatz vom 21.2.86 (81.89 -100 d.A. wird Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Das Arbeitsgericht habe auch zu Unrecht die von ihr zu erbringenden Wartezeiten nicht berücksichtigt. Es sei zwar richtig, daß Wartezeiten in dem im Verfahren 2 Sa 685/84 entwickelten Umrechnungsschlüssel bereits enthalten seien.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Bei ihr seien die Verhältnisse aber anders als in dem damals entschiedenen Fall. Trotz der genau vereinbarten Zeit habe sie fast immer aus organisatorischen Gründen noch 2 Stunden warten müssen, da der von ihr zu übersetzende Text noch nicht fertiggestellt gewesen sei. Es sei auch vorgekommen, daß Texte verspätet oder überhaupt nicht zur Verfügung gestanden hätten, so daß sie unverrichteter Dinge wieder habe hach Hause fahren müssen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin ab 7.4.1383 als Sprecherin und Übersetzerin auf der (Grundlage eines Arbeitsvertrages mit 20 Wochenstunden nach Vergütungsgruppe VI Stufe 4 der Vergütungsordnung der Beklagten zu beschäftigen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Sie beanstandet zunächst die von der Klägerin vorgenommene Klageänderung. Im übrigen verteidigt sie die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils und bestreitet, daß der Klägerin mitgeteilt worden sei, sie solle zur Wahrung des seit November 1975 erworbenen Besitzstandes fortlaufend Honorare von 2.000,--DM - 2.200,--DM erhalten. Abgesehen davon, daß die von der Klägerin benannten Zeugen K   und K   keinerlei Vollmacht gehabt hätten, derartige Zusagen zu machen, seien entsprechende Erklärungen auch nicht abgegeben worden. Im übrigen seien die von der Klägerin behaupteten Erklärungen der Zeugen auch nicht geeignet, den Klageantrag, zu rechtfertigen, da es der Klägerin um die Zahlung für bestimmte Wochenstunden, nicht aber um die Durchsetzung einer Vergütungszusage gehe. Im übrigen bestreitet die Beklagte, daß die Klägerin aus organisatorischen Gründen noch 2 Stunden habe warten müssen oder unverrichteter Dinge wieder nach Hause habe gehen müssen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Entscheidungsgründe</span></p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die Berufung der Klägerin ist statthaft. Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die von der Klägerin im Termin vom 10.4.86 vorgenommene Neuformulierung ihres Antrages stellt keine Klageänderung, sondern lediglich eine präzisere Fassung des Klagebegehrens dar, dem - wie im erstinstanzlichen Verfahren - der Streit über den Beschäftigungsumfang zugrunde liegt. Selbst wenn jedoch eine Klageänderung vorläge, wäre dieser als sachdienlich zuzulassen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Berufung hat jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht ist mit zutreffender Begründung, der sich das Landesarbeitsgericht anschließt, zu der Auffassung gekommen , daß die Klägerin keinen Anspruch darauf hat, auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages mit 20 Wochenstunden beschäftigt zu werden, weil sich selbst bei Berücksichtigung des Beschäftigungsumfanges seit 1878 nur eine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 7,64 Stunden ergibt.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Der Vortrag der Klägerin im Berufungsverfahren rechtfertigt keine Abänderung der Entscheidung. Die Klägerin meint zwar, der von der Rechtsprechung in Nachfolgeprozessen angenommene Referenzzeitraum von 2 Jahren könne deshalb nicht maßgebend sein, weil ihr nach Einstellung der Zahlung von Pauschalhonoraren im Jahre 1978 mitgeteilt worden sei, daß sie zur Wahrung des seit November 1375 erworbenen sozialen Besitzstandes unabhängig von dem bisherigen Beschäftigungsumfang das gleiche Honorar erhalten würde, was dann auch bis September 1981 geschehen sei . Auch die Sachbearbeiterin der Honorar- und Lizenzabteilung habe ihr in einem Gespräch 1978 versichert, daß sich ihre Tätigkeit in Zukunft bis zu 50 % reduzieren werde, aber der bisherige finanzielle Besitzstand gewahrt werde, indem sie in Zukunft eine höhere Vergütung pro geleistete Sendeminute erhalte.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Abgesehen davon, daß die Klägerin nicht substantiiert vorgetragen hat, wer außer der Sachbearbeiterin K   ihr gegenüber entsprechende Erklärungen abgegeben hat, sind auch die von ihr behaupteten Äußerungen der Zeugin K   nicht geeignet, den Klageantrag zu rechtfertigen.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die Beschäftigungspflicht der Beklagten für die Zukunft richtet sich nicht nach der Hohe der gezahlten Vergütung und den insoweit gemachten Zusagen, sondern allein danach, welchen tatsächlichen Umfang die Tätigkeit der Klägerin in dem Zeitraum hatte, der nach der Rechtsprechung als repräsentativ zugrunde zu legen ist. Etwas anderes wäre allenfalls dann anzunehmen, wenn der Beschäftigungsumfang lediglich <span style="text-decoration:underline">vorübergehend</span> reduziert worden wäre und die Klägerin auf Grund von Zusagen durch Bevollmächtigte der Beklagten hätte davon ausgehen können, daß ihre Tätigkeit ab einer bestimmten, ein vernehmlich festgelegten Zeit wieder den vor März 1978 bestehenden Umfang erreichen würde. Entsprechende <span style="text-decoration:underline">Zusagen</span> durch bevollmächtigte Vertreter der Beklagten hat die Klägerin jedoch nicht behauptet. Sie liegen weder in der von ihr angegebenen Äußerung der Sachbearbeiterin der Honorar- und Lizenzabteilung, nach in den Erklärungen des Redaktionsleiters K    , der in Aussicht gestellt habe, daß mit dem Jahresetat 1983 erneut eine ausreichende Finanzierungsmöglichkeit gegeben werde, um der Klägerin bis September. 1981 ein monatliches Honorar in Höhe von ca. 2.200,--DM zu bezahlen. Abgesehen davon ist auch nicht recht verständlich, aus welchen Gründen sich auf Grund des Jahresetats 1983 Finanzierungsmöglichkeiten für an die Klägerin bis September 1981 zu zahlende Honorare von ca. 2.200,--DM ergeben sollen. Darüber hinaus ist nach dem Vertrag der Klägerin auch nicht erkennbar, ob die von der Klägerin benannten Zeugen überhaupt bevollmächtigt gewesen wären, der Klägerin verbindliche Zusagen hinsichtlich des in Zukunft anfallenden Beschäftigungsumfanges zu erteilen.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Es trifft nach dem Vorbringen der Klägerin auch nicht zu, daß die Beklagte nach Umstellung der Vergütung auf Einzelhonorare trotz eines erheblichen Rückgangs der wöchentlichen Arbeitszeit das gleiche Honorar gezahlt hat wie 1978. Das Gegenteil ergibt sich aus der eigenen Zusammenstellung der Klägerin, die für 1979 lediglich Honorarzahlungen von 19.912,--DM (das sind monatlich durchschnittlich 1.659,--DM.) und für 1980 solche von 23.204,--DM (das sind monatlich durchschnittlich 1.933,--DM) ausweist. Auch bis September 1981 ergeben sich nach der eigenen Aufstellung der Klägerin lediglich Honorarzahlungen von durchschnittlich 1.470,--DM monatlich. Es kann deshalb keine Rede davon sein, daß die Klägerin auch aufgrund der ihr bis 1981 gezahlten Vergütung davon ausgehen konnte, daß der Beschäftigungsumfang aus der Zeit bis Anfang 1978 wieder erreicht werden würde.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Es muß nach alldem dabei verbleiben, daß bei der Frage, in welchem Umfang die Klägerin zu beschäftigen und zu vergüten ist, der vom Arbeitsgericht angenommene Referenzzeitraum zugrunde zu legen ist. Hiernach ergibt sich jedoch keine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit, die die von der Beklagten angenommene Zeit von 8 Stunden überschreitet. Soweit die Klägerin im. Berufungsverfahren erneut auf Wartezeiten hingewiesen hat, die nach ihrer Auffassung den Wochenarbeitsstunden zuzurechnen sind, kann ebenfalls auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts verwiesen werden. Die Klägerin hat im Berufungsverfahren nicht substantiiert vorgetragen, daß bei ihr Wartezeiten angefallen sind, die das Maß überschreiten, das bereits im Umrechnungsschlüssel einkalkuliert ist.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die Berufung war deshalb mit der Kostenfolge des §. 97 ZPO zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Der Gegenstandswert hat sich im Berufungsverfahren nicht geändert.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Rechtsmittelbelehrung</span>: Die Revision wurde nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen hierfür (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nach Auffassung der Kammer nicht vorliegen. Deshalb ist ein</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Recntsmitt</span>el diese Entscheidung nicht gegeben (.§ 9 Abs. 5 ArbGG.).</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">              :</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde nach §§ 72, 72a ArbGG als <span style="text-decoration:underline">Rechtsbehelf</span> wird verwiesen.</p>
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315,566 | olgham-1986-04-08-3-wf-50885 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 3 WF 508/85 | "1986-04-08T00:00:00" | "2019-03-13T15:08:04" | "2019-03-27T09:42:47" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1986:0408.3WF508.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Verfügungsbeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Bochum vom 28. August 1985 abgeändert.</p>
<p></p>
<p>Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung vom 31- Juli 1985 wird abgelehnt.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Verfügungsklägerin zu 1) zu 11/12 und der Verfügungskläger zu 2) zu 1/12.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Tatbestand</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Von der Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen (§ 543 Abs. I ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe</u></b></p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung des Beklagten hat in vollem Umfange Erfolg. In Abänderung des angefochtenen Urteils des Amtsgerichts Bochum vom 28. August 1985 war der Antrag auf Erlaß der einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Unterhalt kann im Wege einstweiliger Verfügung geltend gemacht werden, wenn und soweit eine einstweilige Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder aus anderen Gründen nötig</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">erscheint (§ 940 ZPO). Der Unterhaltsberechtigte kann deshalb auf diesem Wege in aller Regel nur für eine begrenzte Zeit den Notunterhalt verlangen, wenn und soweit dieser nicht auf</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">eine andere Weise gedeckt ist.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Eine einstweilige Verfügung auf Zahlung von Unterhalt darf jedoch nur unter den besonderen, für eine einstweilige Verfügung nach §§ 940, 936, 920 ZPO bestimmten Voraussetzungen erlassen werden. Nach § 920 ZPO muß der Antragsteller den Verfügungsanspruch d.h. den Unterhaltsanspruch, und den Verfügungsgrund, d.h. den Grund für die Dringlichkeit der Regelung, darlegen und beide Voraussetzungen glaubhaft machen. An Darlegung und Glaubhaftmachung sind strenge Anforderungen zu stellen, denn die einstweilige Verfügung auf Zahlung von Unterhalt führt zur Befriedigung des Gläubigers und greift daher besonders stark in die Rechte des Schuldners ein. Auf keinen Fall darf durch eine einstweilige Verfügung der Schuldner überrumpelt und in seiner Verteidigung beschränkt werden. Zudem ist die einstweilige Verfügung auf den Notbedarf beschränkt, deshalb darf nur der Betrag zugebilligt werden, der zur Befriedigung der grundlegenden Lebensbedürfnisse an Nahrung, Kleidung und Wohnung dringend erforderlich ist (u.a. Senatsurteile vom 04. Februar 1986-3 UF 383/85 - und vom 24. September 1985 - 3 UF 499/84 -; Baumbach/Hartmann, ZPO, 44. Aufl., 1986, § 940 Anm. 3 B Stichwort "Ehe, Familie"; Thomas - Putzo -, 13. Aufl., 1984, § 940 Anm. a ferner Nr. 48 der "Hammer Leitlinien zum Unterhaltsrecht," FamRZ 1984, 963). Für den Notbedarf gelten die Bedarfssätze der "Hammer Leitlinien" grundsätzlich nicht; er hat sich eher an den Sozialhilfesätzen zu orientieren. Für die Darlegung und Glaubhaftmachung der Anspruchsvoraussetzungen in Unterhaltssachen " ist ferner zu beachten, daß die Unterhaltstatbestände auf komplexen Sachverhalten beruhen, die im allgemeinen eine umfassende Schilderung der gesamten persönlichen, beruflichen und wirtschaftlichen Situation des Unterhaltsgläubigers und des Unterhaltsschuldners erforderlich machen. Das bedeutet praktisch, daß eine einstweilige Verfügung auf Zahlung von Unterhalt im allgemeinen nur bei einfachen und klaren Sachverhalten in Betracht kommt. Die einstweilige Verfügung ist - worauf der Senat bereits mehrfach hingewiesen hat - für die abschließende Klärung eines Unterhaltsanspruchs nicht geeignet; hierfür ist der ordentliche Prozeß vorgesehen, der bei zügiger Durchführung - die entscheidend von der Mitwirkung der Parteien abhängt - ebenso schnell zum Abschluß gebracht werden kann, wie ein einstweiliges Verfügungsverfahren. Die vielfach zu beobachtende Neigung, im Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung zweifelhafte Rechtsfragen und streitige Sachverhalte abklären zu lassen und gar mit der Entscheidung des Hauptverfahrens bis zur Entscheidung in der Rechtsmittelinstanz Zuzuraten, ist deshalb zu mißbilligen. Auch die unnötige Verursachung von Kosten (2 Verhandlungen, 4 Anwälte, Wahrnehmung der Termine durch die Parteien), mit denen fast regelmäßig im Wege der Prozeßkostenhilfe die Staatskasse belastet sind, ist nicht gerechtfertigt.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Im vorliegenden Fall durfte die beantragte einstweilige Verfügung nicht erlassen werden. Bezüglich der Verfügungsklägerin zu 1) sind Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund nicht hinreichend dargetan und glaubhaft gemacht. Hier bedarf es der Abklärung im Hauptverfahren, ob die Verfügungsklägerin zu 1) zur Aufgabe ihrer Arbeitsstelle berechtigt war und ob sie nicht durch eigene Erwerbstätigkeit ihren nach den ehelichen Lebensverhältnissen bestehenden Unterhaltsbedarf in der hier fraglichen Zeit von August 1985 bis Januar 1986 hätte abdecken können. Denn hätte die Verfügungsklägerin zu 1) ihre Arbeitsstelle verantwortungslos oder zumindest leichtfertig aufgegeben oder hätte sie es - im Falle einer noch abzuklärenden Erwerbspflicht - unterlassen<b>, geeignete</b> Schritte zu unternehmen, um einen zumutbaren Arbeitsplatz zu finden und sich bietende Erwerbsmöglichkeiten auszunutzen, so müßten ihr fiktive Einkünfte zumindest in Höhe des Notbehelfs angerechnet werden. Für die hier zu treffende Entscheidung ist es wegen des besonderen Charakters des Verfahrens auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung auch nicht von Bedeutung, ob der Verfügungsklägerin zu 1) letztlich (im Hauptverfahren) Unterhalt in der erstrebten Höhe zugesprochen wird. Es kann in diesem Verfahren auch nicht überprüft werden, in welchem Umfange und aus welchen Gründen die Einkünfte des Verfügungsbeklagten gesunken sind, jedenfalls hat die Verfügungsklägerin zu 1) nicht glaubhaft gemacht, daß der Verfügungsbeklagte mutwillig veranlaßt hat, daß er nunmehr niedrigere Einkünfte erzielt. Im übrigen ist auch der Verfügungsgrund nicht hinreichend glaubhaft gemacht, weil die Verfügungsklägerin zu 1) in dem Verfügungszeitraum durch Arbeitslosenhilfe (ab 14. Mai 1985 wöchentlich 134,40 DM = 582,40 DM monatlich und ergänzende Sozialhilfe wöchentlich 36,-- DM = 156,-- DM monatlich) zunächst über monatlich rund 740 ,-- DM verfügen konnte. Zudem sind ihr im</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">August 1985 vom Finanzamt Bochum im Lohnsteuerjahresaus- gleich für das Jahr 1984 insgesamt 1.477,-- DM zugeflossen, die monatlich zu einer Verbesserung des Einkommens für den hier fraglichen Zeitraum von weiteren rund 245,-- DM führen. Die Verfügungsklägerin zu 1) könnte deshalb allenfalls noch einen geringen zusätzlichen Betrag vom Verfügungsbeklagten .verlangen, der aus den oben genannten Gründen ihr in diesem Verfahren jedenfalls nicht zugesprochen werden kann. Einer näheren Auseinandersetzung mit den Einkünften der Parteien (Miteigentum an der Grundbesitzung in ) bedarf es aus den angeführten Gründen deshalb nicht mehr, auch diese Fragen sind im Hauptverfahren abzuklären.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der Notbedarf des Verfügungsklägers zu 2) liegt jedenfalls nicht über dem ihm nach der Unterhaltstabelle zu Ziffer 18 der "Hammer Leitlinien" zustehenden Mindestunterhaltsatz der untersten Einkommensstufe und somit nicht über (Altersstufe 3 = 327,-- DM zuzüglich der Differenz zur Altersstufe 2 von 51,-- DM) 378,-- DM. Der Verfügungskläger zu 2) erhält jedoch eine monatliche Ausbildungsvergütung von 591,-- DM brutto im Grundbetrag, so daß ihm selbst nach Berücksichtigung sämtlicher Abzüge monatlich 387,-- DM verbleiben. Auch hier kommt es letzlich nicht darauf an, ob der Verfügungskläger zu 2) in einem Hauptverfahren zu einem Unterhaltsanspruch von weiteren 80,-- DM gelangen kann.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 10 ZPO.</p>
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315,567 | olgham-1986-04-02-15-w-17286 | {
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"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 15 W 172/86 | "1986-04-02T00:00:00" | "2019-03-13T15:08:05" | "2019-03-27T09:42:47" | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1986:0402.15W172.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.</p>
<p>Auf die erste Beschwerde der Beteiligten vom 18. Februar 1986 wird die Verfügung des Amtsgerichts Bünde - Rechtspfleger - vom 16. Januar 1986 ebenfalls aufgehoben.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Gründe:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks"><b>Die Gesellschaft ist seit dem 18. Januar 1978 auf der Grundlage des Gesellschaftsvertrages vom 9. Januar 1978 mit einem Stammkapital von 50.000.-- DM im Handelsregister des Amsgerichts Bünde eingetragen. Ihr alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer ist der Kaufmann xxx</b></p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks"><b>Nachdem das Registergericht von den Geschäftsführer die für Altgesellschaften mit einem Stammkapital von 50.000.-- bis 100.000.-- DM nach Art. 12 § 1 Abs. 2 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung und anderer handelsrechtlicher Vorschriften vom 4. Juli 1980 (BGBl. I S. 836; GmbH-Novelle) abzugebende Versicherung verlangt hatte, daß auf das Stammkapital mindestens 25.000.-- DM eingezahlt seien, gab der Geschäftsführer unter dem 11. Dezember 1985 die Versicherung in einfacher Schriftform ab. Der Rechtspfleger des Registergerichts sandte sie ihm nach telefonischer Rücksprache am 16. Dezember 1985 mit der Aufforderung zurück, sie in notariell beglaubigter Form abzugeben. Der Geschäftsführer widersprach in seinem Schreiben vom 23. Dezember 1985 mit der Begründung, eine besondere Form für seine Versicherung, daß er die Stammeinlage in drei Teilbeträgen am 13. Februar 1973 von 15.000.-- DM, am 15. Februar 1978 von 25.000.-- DM und am 15. März 1973 von 10.000.-- DM eingezahlt habe, sei nicht erforderlich.</b></p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks"><b>Daraufhin hat das Registergericht - Rechtspfleger - mit Verfügung vom 16. Januar 1986 dem Geschäftsführer mitgeteilt, daß die Gesellschaft mit Ablauf des 31. Dezember 1985 aufgelöst sei, weil die Versicherung nicht in der richtigen Form eingereicht worden sei. Der Geschäftsführer ist aufgefordert worden, die Auflösung der Gesellschaft und die Liquidatoren oder aber die Fortsetzung unter Nachholung des Versäumten binnen vier Wochen anzumelden; ihm ist gleichzeitig für den Fall des ergebnislosen Fristablaufs die Einleitung eines Zwangsgeldverfahrens und die Festsetzung eines Zwangsgeldes von 500.-- DM angedroht worden.</b></p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks"><b>Gegen die am 21. Januar 1986 zugestellte amtsgerichtliche Verfügung hat die Beteiligte "Erinnerung" vom 18. Februar 1986, beim Amtsgericht eingegangen am 19. Februar 1986, eingelegt und sich gegen die angenommene Auflösung der Gesellschaft und die Formbedürftigkeit der Versicherung gewandt. Rechtspfleger und Richter des Amtsgerichts haben diesen Rechtsbehelf als Durchgriffserinnerung behandelt und ihr nicht abgeholfen.</b></p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks"><b>Das Landgericht hat die Erinnerung als Beschwerde gegen die Feststellung über die Auflösung der Gesellschaft aufgefaßt und das Rechtsmittel durch Beschluß von 18. März 1986 zurückgewiesen.</b></p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks"><b>Gegen die landgerichtliche Entscheidung wendet sich die Beteiligte mit ihrer weiteren Beschwerde vom 7. April 1986.</b></p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks"><b>Die weitere Beschwerde der Beteiligten ist statthaft, in rechter Form und Frist eingelegt und auch sonst zulässig (§§ 27, 29, 20 FGG). Die Beschwerdebefugnis der Beschwerdeführerin folgt schon daraus, daß ihre erste Beschwerde ohne Erfolg geblieben ist (Keidel/Kuntze/Winkler - KKW -, FG, 11. Aufl., Rz. 10 zu § 27 FGG).</b></p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks"><b>Das somit zulässige Rechtsmittel ist auch begründet, weil die angefochtene Beschwerdeentscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§ 27 FGG). Das Landgericht hat die besonderen Verfahrensvorschriften der §§ 132 ff. FGG zur Erzwingung von Handlungen auf dem Gebiet des Handelsregisters verkannt.</b></p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks"><b>1) Sobald das Registergericht von einem sein Einschreiten u.a. nach § 14 HGB rechtfertigenden Sachverhalt glaubhafte Kenntnis erhält, hat es dem Beteiligten unter Androhung eines Zwangsgeldes aufzugeben, innerhalb einer bestimmten Frist seiner gesetzlichen Verpflichtung nachzukommen oder die Unterlassung mittels Einspruchs gegen die Verfügung zu rechtfertigen (§ 132 Abs. 1 FGG). Die Verfügung des Rechtspflegers vom 16. Januar 1986 kann ihre Grundlage allein in dieser Norm haben. Der Anwendungsbereich dieser Bestimmung ist ausdrücklich auf die Nichterfüllung einer Anmeldepflicht zum Handelsregister gemäß § 14 HGB erstreckt, wie sie dem Geschäftsführer einer GmbH nach §§ 39, 65, 67, 78 GmbHG obliegt (KKW, Rz. 5 zu § 132 FGG). Der Rechtspfleger hat dem Geschäftsführer der Beteiligten aufgegeben, entweder die Auflösung der Gesellschaft und die Liquidatoren oder aber die Fortsetzung der Gesellschaft unter Nachholung der Versicherung über die Mindesteinzahlung des Stammkapitals zum Handelsregister anzumelden. Inhaltlich bedeutet dies ein Anhalten zur Erfüllung gesetzlicher Anmeldepflichten, wie sie durch die genannten Bestimmungen in Verbindung mit Art. 12 § 1 Abs. 2 der GmbH-Novelle ausgelöst werden. Diese gerichtlichen Auflagen beschwerten den Geschäftsführer, weil an sie Zwangsgeldandrohungen geknüpft sind. Soweit der Rechtspfleger eingangs seiner Verfügung ausführt, mit Ablauf des 31. Dezember 1985 sei die Gesellschaft aufgelöst, ist dies keine feststellende oder gestaltende Entscheidung, sondern nur der Hinweis auf eine von ihm angenommene, jedoch kraft Gesetzes in Art. 12 § 1 Abs. 2 GmbH-Novelle bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen eintretende Rechtsfolge und somit nur auf die Kenntniserlangung von einem sein Einschreiten rechtfertigenden Sachverhalt.</b></p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks"><b>2) Mit der Vorschrift des § 132 Abs. 1 FGG steht die an den Geschäftsführer erlassene Verfügung nicht im Einklang. Die nach dieser Bestimmung ergehenden Verfügungen müssen nach der ständigen Rechtsprechung des Kammergerichts (vgl. z.B. CLG 5, 27-; Recht 1906 Nr. 93), der beizupflichten ist, genau den Vorschriften des Gesetzes angepaßt sein, weil sie die Grundlage für eine demnächstige Zwangsgeldfestsetzung gegen den Beteiligten sind. Dieser hat ein Recht darauf, daß die für seine Belastung mit Zwangsgeld maßgebende Verfügung nur so ergeht, wie das Gesetz dies vorschreibt. Um ein ordnungsmäßiges Zwangsgeldverfahren einzuleiten, muß daher die Alternativandrohung "entweder der betreffenden Verpflichtung nachzukommen <u>oder</u> die Unterlassung mittels Einspruchs zu rechtfertigen" in der amtsgerichtlichen Verfügung enthalten sein. Fehlt - wie hier - der Hinweis auf die Möglichkeit des Einspruchs, so ist die Verfügung mangelhaft, so daß sie nicht zu einer Zwangsgeldfestsetzung führen kann (Jansen, FGG, 2. Aufl., Rz. 51 zu § 132 FGG; KKW, Rz. 25 zu § 132 FGG), Wie wesentlich die genaue Alternativandrohung auch in Bezug auf den Einspruch ist, zeigt nicht zuletzt das vorliegende Verfahren, weil der Einspruch vom 18. Februar 1986 nicht die auf vier Wochen bestimmte Frist wahrt und seine Ergänzung durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 137 FGG herausgefordert wird.</b></p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks"><b>Die Verfügung des Registergerichts ist daher schon aus diesem formellen Grunde aufzuheben.</b></p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks"><b>3) Das Landgericht würde zudem § 132 Abs. 2 FGG verletzt haben, wenn einmal eine gerichtliche Aufforderung nach Absatz 1 dieser Vorschrift mit dem notwendigen Inhalt unterstellt wird.</b></p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks"><b>Gegen die einleitende Verfügung des § 132 Abs. 1 FGG findet lediglich der Einspruch an das Registergericht statt; die Beschwerde ist unzulässig, wie Absatz 2 dieser Bestimmung zu entnehmen ist. Auch wenn der Rechtspfleger die Verfügung erlassen hat, ist die Durchgriffserinnerung nicht gegeben.</b></p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks"><b>Dieses eigenartige Verfahren, das bei rechtzeitig erhobener Einspruch, der sich nicht ohne weiteres als begründet anweist, zu einem mündlichen Erörterungstermin führt (§ 134 Abs. 1 FGG), dient im wesentlichen öffentlichen Interessen. Es darf daher vom Registergericht weder aus eigenem Antrieb noch auf Wunsch der Beteiligten anders gestaltet oder durch Einschlagen eines anderen Verfahrens umgangen werden. Durch den besonderen Verfahrensablauf wollte der Gesetzgeber erhöhte Garantien für eine gründliche, schleunige und durchgreifende Erledigung derartiger Streitigkeiten schaffen. Das zeigt sich namentlich dadurch, daß die Abhaltung eines Erörterungstermins vorgeschrieben, als Rechtsmittel nur die sofortige Beschwerde zugelassen und durch § 135 Abs. 2 FGG den Gericht der ungesäumte Erlaß der Zwangsgeldfestsetzung aufgegeben wurde. An diesen wichtigen Garantien würde es fehlen, wenn das Gericht dazu übergehen könnte, über einen Streit zur Anmeldepflicht außerhalb des förmlichen Zwangsgeldverfahrens im gewöhnlichen Beschwerdeverfahren zu entscheiden (HGJ 37 A-131 Jansen, Rz. 55 zu § 132 FGG). Durch diese Regelung wird zudem erreicht, daß in einem einheitlichen Verfahren über das Bestehen der Verpflichtung und die Zwangsgeldfestsetzung verhandelt und entschieden wird, so daß die Zwangsgeldfestsetzung nicht so lange hinausgeschoben ist, bis eine rechtskräftige Entscheidung im Instanzenzuge über das Bestehen der zu erzwingenden Verpflichtung vorliegt.</b></p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks"><b>Lediglich in dem Ausnahmefall, daß das Zwangsgeldverfahren von vornherein unzulässig war, weil einer der in § 132 FGG genannten Fälle nicht vorgelegen hat und das Registergericht somit ohne gesetzliche Ermächtigung eingeschritten ist, ist § 132 Abs. 2 FGG nicht anzuwenden; vielmehr ist die Beschwerde dann unbeschränkt zulässig (Beschluß des Senats vom 25. Oktober 1978 - 15 II 144/78 - = OLGZ 1979, 1; Jansen, a.a.O.; KKV, Rz. 28 zu § 132 FGG). Hier liegt jedoch ein Anwendungsfall des § 132 FGG vor, wie bereis erörtert worden ist.</b></p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks"><b>Wäre die registergerichtliche Verfügung nicht schon aus formellen Gründen aufzuheben, dann hätte das Landgericht die "Erinnerung" vom 18. Februar 1986 in den allein zulässigen Rechtsbehelf des Einspruchs umdeuten müssen, da allenfalls auf diesem Wege das eigentliche Sachanliegen - Formfreiheit der Versicherung nach Art. 14 § 1 Abs. 2 GmbH-Novelle hätte überprüft werden können. Es hätte die Sache zur Entscheidung über diesen Rechtsbehelf, der wegen seiner Verspätung einer Ergänzung durch einen Wiedereinsetzungsantrag gemäß § 137 FGG bedurfte, an das dafür allein funktionell zuständige Registergericht zurückverweisen müssen.</b></p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks"><b>4) Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten, die dem vom Landgericht eingeschlagenen Instanzenzuge folgen mußte, ist die Beschwerdeentscheidung daher aufzuheben, weil sie auf der erörterten Gesetzesverletzung des Landgerichts beruht. Die Erstbeschwerde führt zur Aufhebung der amtsgerichtlichen Verfügung, weil sie die erforderliche Alternativandrohung nicht vollständig enthält.</b></p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks"><b>Eine Entscheidung über außergerichtliche Kosten das Verfahrens der weiteren Beschwerde gemäß § 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG ist ebensowenig veranlaßt wie eine Wertfestsetzung des Senats gemäß §§ 131 Abs. 2, 30 KostG.</b></p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks"><b>5) Der Geschäftsführer der GmbH wird zu überlegen haben, da er es mit Rücksicht auf die ihm bekanntgewordene gewichtige Ansicht des Beschwerdegerichts und die herrschende Auffassung zur Formdürftigkeit der Versicherung erneut zu einem Zwangsgeldverfahren kommen läßt.</b></p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks"><b>Dr. Kuntze</b></p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks"><b>Kamps</b></p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks"><b>Arps</b></p>
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} | Ss 168/86 | "1986-04-01T00:00:00" | "2019-03-13T15:08:07" | "2019-03-27T09:42:47" | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1986:0401.SS168.86.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Das angefochtene Urteil wird mit seinen Feststellungen aufgehoben.</p>
<p></p>
<p>Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Köln zurückverwiesen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat den Angeklagten wegen Diebstahls (§§ 242, 243 Abs. 1 Nr. 1, 52 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die Sprungrevision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Das Rechtsmittel hat mit der Verfahrensrüge der Verletzung des § 338 Nr. 5 StPO i.V.m. §§ 140 Abs. 2, 145 StPO (vorläufigen) Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Revisionsgrund des § 338 Nr. 5 StPO setzt voraus, daß die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat. Gesetzlich vorgeschrieben ist die Anwesenheit eines Pflichtverteidigers nach §§ 14 c Abs. 2, 145 StPO auch dann, wenn wegen der Schwere der Tat oder wegen der Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage die Mitwirkung eines Verteidigers geboten erscheint oder Wenn ersichtlich ist, daß sich der Beschuldigte nicht selbst verteidigen kann. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Tatrichter hatte dem Angeklagten einen Pflichtverteidiger bestellen müssen und nur in dessen Anwesenheit verhandeln dürfen. Zwar verlangen die in § 140 Abs. 2 StPO verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe teilweise eine Ermessensentscheidung des Tatrichters. Diese ist jedoch nach allgemeinen Grundsätzen revisibel und führt zum Eingreifen des Revisionsgerichts, wenn das Ermessen - wie in vorliegenden Fall - rechtsfehlerhaft oder irrtümlich ausgeübt worden ist (vgl. BGH St. 15, 307; SenE vom 3. Oktober 1975 - Ss 277/75 -). Die Schwere der Tat beurteilt sich unter Berücksichtigung der eigenen Verteidigungsfähigkeit des Beschuldigten hauptsächlich nach der zu erwartenden Rechtsfolgenentscheidung (vgl. BGH St. 6, 199, 201 = NJW 1954, 1415; KG StV 1982, 412; 1983, 186; OLG Frankfurt StV 1983, 497; 1984, 370; OLG Hamburg StV 1984, 370 = NStZ 1984, 281 = MDR 1984, 689 = AnwBl 1984, 509; OLG Stuttgart StV 1981, 611 = KStZ 1981, 490 = AnwBl 1982, 33 ... = Justiz 1981, 446; OLG Koblenz vistra 1983, 122; SenE NJW 1972 1432; KK-Laufhütte, StPO, Rdn. 21 zu § 140; Kleinknecht/Meyer, StPO, 37. Aufl., Rdn. 17 zu § 140). Da der Angeklagte bereits in April 1983 sowie im Mai 1985 wegen versuchten Diebstahls im besonders schweren Fall zu Freiheitsstrafen von fünf und sechs Monaten verurteilt worden war, deren Vollstreckung das Gericht (nach Teilverbüßung der letzten Strafe) zur Bewährung ausgesetzt hatte, drohte ihm nunmehr wegen der ihm zur Last gelegten Diebstahlstat vom 3. November 1985 eine Freiheitsstrafe von deutlich nehr als sechs Monaten ohne Strafaussetzung zur Bewährung, deren Bewilligung im Falle der Überführung des Angeklagten wegen dessen zweifachen Bewährungsversagens aller Voraussicht nach nicht in Betracht gekommen wäre. Ist die zu erwartende Rechtsfolge schon für sich genommen einschneidend, so tritt hier noch erschwerend hinzu, daß aus Gründen, die in der Person des Angeklagten liegen, nicht sicher gewährleistet ist, daß er in der Lage ist, der Verhandlung zu folgen und alle seiner Verteidigung dienenden Handlungen vorzunehmen. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts ist der am 3. April 1950 geborene Angeklagte türkischer Staatsangehöriger, der in der Bundesrepublik Deutschland Asyl erhalten hat und seit etwa zwei Jahren Sozialhilfe von der Stadt K. bezieht. Diese - allerdings spärlichen - Angaben zur Person sprechen eher dafür, daß der in einem anderen Kulturkreis aufgewachsene Angeklagte dem deutschen Rechtswesen weitgehend fremd gegenübersteht. Hinzu kommt, daß der Angeklagte die deutsche Sprache nicht oder zumindest nicht in hinreichendem Maße beherrscht, wie der Umstand zeigt, daß der Tatrichter zur Hauptverhandlung einen Dolmetscher hinzugezogen hat. Bei solchen Gegebenheiten ist regelmäßig davon auszugehen, daß sich der Beschuldigte nicht selbst verteidigen kann (vgl. OLG Hamm AnwBl 1980, 31; KK-Laufhütte, a.a.O., Rdn. 24 zu § 140). Schließlich ist die Mitwirkung eines Pflichtverteidigers auch wegen der Schwierigkeit der Sachlage erforderlich. Als schwierig ist die Sachlage u.a. dann zu bewerten, wenn die Hauptverhandlung ohne Aktenkenntnis nicht umfassend vorbereitet werden kann. Da nur ein Verteidiger Akteneinsicht erhält (§ 147 StPO), würde die Nichtbeiordnung eines Verteidigers in solchen Fällen dem Gebot eines fairen Verfahrens widersprechen (vgl. BGH LM § 140 StPO Nr. 18; OLG Celle StV 1983, 187; OLG Hamm GA 1971, 25; zur "Schwierigkeit" allgemein; OLG Hamm StV 1984, 66; OLG Düsseldorf StV 1984, 66, 67; OLG Koblenz MDR 1976, 776). Das gilt erst recht, wenn der Beschuldigte als Ausländer Verständigungsschwierigkeiten hat (BVerfGE 64, 135, 150 = NJW 1983, 2762, 2764 m.w.N.).</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Im vorliegenden Fall gehört die Akteneinsicht bei verständiger Betrachtung zur sachdienlichen Vorbereitung und Durchführung der Verteidigung. Insoweit ist von Bedeutung, daß sich in den Akten zwei schriftliche Sachverständigengutachten befinden. Das eine enthält den Untersuchungsbefund über die Blutalkoholbestimmung der dem Angeklagten entnommenen Blutprobe, das andere betrifft die Identifizierung und Zuordnung der an den Tatobjekten gefundenen Blutspuren. Da der Beklagte einerseits behauptet, zur Tatzeit völlig betrunken gewesen zu sein, so daß er sich an nichts mehr erinnern könne, andererseits aber leugnet, mit den ihm zur Last gelegten PKW-Aufbrüchen etwas zu tun zu haben, sind die schriftlichen Gutachten und die darin gewonnenen Ergebnisse für ihn insofern bedeutsam, als er sie vorab kennen muß, um in der Hauptverhandlung sachgerechte Vorhalte machen zu können (Kleinknecht/Meyer, a.a.O., Rdn. 18 zu § 140). Ohne die Unterstützung eines Pflichtverteidigers wäre dem Angeklagten als einem Ausländer mit Verständigungsschwierigkeiten diese Verteidigungsmöglichkeit verschlossen. Damit wäre sein Rechtsanspruch auf ein faires Verfahren verletzt. Der Tatrichter wäre somit verpflichtet gewesen, dem Angeklagten gem. § 140 Abs. 2 StPO einen Pflichtverteidiger zu bestellen, Der entgegen § 34 StPO nicht mit Gründen versehene (vgl. dazu: KK-Maul, a.a.O., Rdn. 7 und 9 zu § 34) Beschluß des Amtsgerichts vom 29. November 1985, durch den der Antrag des Angeklagten auf Bestellung eines Pflichtverteidigers abgelehnt wurde, ist hiernach rechtsfehlerhaft. Der Pflichtverteidiger, der vom Tatrichter zu bestellen gewesen wäre, hätte - wie aus § 145 StPO folgt - in der Hauptverhandlung vom 22. und 29. November 1985 anwesend sein müssen. Da diese Hauptverhandlung jedoch ohne Mitwirkung eines Pflichtverteidigers stattgefunden hat, liegt ein Verstoß gegen die Verfahrensvorschrift des § 338 Nr. 5 StPO vor. Dabei handelt es sich um einen der absoluten Revisionsgründe, bei denen das Beruhen des Urteils auf der Gesetzesverletzung unwiderlegbar vermutet wird.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Das angefochtene Urteil ist demzufolge aufzuheben, ohne daß es der Erörterung weiterer Verfahrensrügen (unterbliebene Ladung des Verteidigers zum Fortsetzungstermin am 29. November 1985, Ablehnung des Aussetzungsantrages ohne Bezeichnung der Gründe) bedarf. Die Sache ist zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Köln zurückzuverweisen. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf folgendes hin:</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Bei der Würdigung eines Sachverständigengutachtens, dem sich der Tatrichter anschließt, müssen in der Regel, sofern es sich (wie hier) nicht um einfach gelagerte Fälle handelt, die Anknüpfungstatsachen, die Ausführungen des Sachverständigen und die eigenen Erwägungen des Gerichts in den Urteilsgründen dargelegt werden, damit das Revisionsgericht in die Lage versetzt wird nachzuprüfen, ob das Gutachten auf eine rechtlich einwandfreie Basis gegründet ist und die Vorinstanz ihm mit rechtsfehlerfreien Erwägungen zugestimmt hat (vgl. BGH St. 12, 311, 314; BGH StV 1982, 210). Das gilt namentlich für Sachverständigengutachten über die Bestimmung des Blutalkoholgehalts einschließlich seiner Rückrechnung. Auch hier sind alle wesentlichen Anknüpfungstatsachen des Gutachtens und die daraus gezogenen Schlüsse soweit mitzuteilen, als sie zum Verständnis des Gutachtens und Urteils erforderlich sind (vgl. BGH VRS 31, 107; OLG Köln BA 1970, 76 und 159; 1971, 240; VRS 64, 294; 65, 367; NJW 1982, 2613; OLG Düsseldorf VRS 64, 208; OLG Hamburg MDR 1979, 693; OLG Hamm DAR 1971, 274; OLG Koblenz, VRS 51, 115; 56, 360; DAR 1974, 134; OLG Bremen VRS 48, 272; Hentschel/Born, Trunkenheit im Straßenverkehr, 3. Aufl., Rdn. 120). Solche Anknüpfungstatsachen sind z.B. das Ergebnis einer Blutuntersuchung, der Zeitpunkt der Blutentnahme, der Rückrechnungsfaktor, das Trinkende, die Trinkmenge, das Körpergewicht des Angeklagten usw.</p>
|
315,569 | ag-neuss-1986-03-27-36-c-74585 | {
"id": 713,
"name": "Amtsgericht Neuss",
"slug": "ag-neuss",
"city": 473,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 36 C 745/85 | "1986-03-27T00:00:00" | "2019-03-13T15:08:09" | "2019-03-27T09:42:47" | Urteil | ECLI:DE:AGNE:1986:0327.36C745.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Es wird festgestellt, dass die Hauptsache erledigt ist.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Den Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 500,00 DM abzuwenden, wenn nicht die Kläger vorab in gleicher Höhe Sicherheit leisten.</p>
<p>Die Sicherheitsleistung kann auch durch die selbstschuldnerische Bürgschaft einer westdeutschen Großbank oder Sparkasse erbracht werden.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Tatbestand:</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten waren Mieter einer Wohnung der Kläger in L, Danziger T-Str.. Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagten verpflichtet waren, einen von den Klägern geplanten Austausch zweier Fenster im Wohnraum der Wohnung bis zu ihrem Auszug zu dulden.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Nachdem die Kläger zunächst beantragt hatten, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, zu dulden, a) dass in ihrer Wohnung zwei Fensteranlagen im Wohnzimmer in der Zeit von 08.00 bis 17.00 Uhr ausgetauscht werden und b) dass zur Durchführung der unter a) genannten Arbeiten die Kläger und die beauftragte Firma Y zu ihrer Wohnung in der Zeit von 08. bis 17.00 Uhr erhalten, sofern die Durchführung der Arbeiten den Beklagten zwei Wochen vorher schriftlich angekündigt werde,</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">beantragen die Kläger nunmehr festzustellen, dass die Hauptsache erledigt sei.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten tragen u.a. vor, die von den Klägern vorgesehene Maßnahme sei für sie unzumutbar gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Wegen der näheren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze vom 11.11.1985 (Bl. 1 ff. d.A.), 23.12.1985 (Bl. 13 ff d.A.), 23.01.1986 (Bl. 22 ff d.A.), 12.02.1986 (Bl. 65 ff d.A.), 03.03.1986 (Bl. 78 ff d.A.) und 19.02.1986 (Bl. 85 ff d.A.) verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe:</u></p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die nunmehr auf Feststellung der Erledigung der Hauptsache gerichtete Klage ist begründet. Die von den Klägern erhobene Duldungsklage hat sich nach Rechtshängigkeit erledigt. Die Erledigung ist vorliegend durch die Beendigung des Mietverhältnisses der Parteien zum 28.02.1986, dem Tag der mündlichen Verhandlung, eingetreten. Da die Beklagten die Kündigung fristgerecht zum 28.02.1986 ausgesprochen hatten, endigte das Mietverhältnis an diesem Tage, § 564 Abs. 1 BGB. Mit der rechtlichen Beendigung des Mietverhältnisses ist aber ein den Klägern gegen die Beklagten zustehender Duldungsanspruch entfallen, §§ 275 Abs. 1, 541 a BGB, ohne dass es vorliegend darauf ankommt, dass das Mietverhältnis erst mit Ablauf des 28.02.1986 (§ 188 BGB) endete, denn bereits zur angesetzten Terminsstunde stand den Klägern mindestens faktisch gegen die Beklagten kein durchsetzbarer Duldungsanspruch mehr zu. Dieser Rechtslage haben die Kläger - da die Beklagten einer Erledigungserklärung widersprochen haben - durch den Wechsel von der Duldung - auf die Feststellungsklage in zulässiger Weise Rechnung getragen. Soweit die Beklagten demgegenüber die Auffassung vertreten, das Mietverhältnis sei bis zum 15.03.1986 verlängert worden, ist ihnen nicht zu folgen. Da infolge der Gestaltungswirkung der Kündigung die Beendigung des Mietverhältnisses zum 28.02.1986 eingetreten ist, konnte eine "Verlängerung" nur durch den Abschluss eines neuen Mietvertrages bewirkt werden. Hierzu hätte es eines auf den Abschluss eines "Verlängerungs"-Mietvertrages gerichteten Vertragsangebots der Beklagten und einer entsprechenden Annahmeerklärung der Kläger bedurft, §§ 145 ff BGB. Dem Vorbringen der Beklagten lässt sich nicht entnehmen, dass zwischen den Parteien in diesem Sinne ein "Verlängerungs"-Mietvertrag zustandegekommen ist. Sie haben weder ein entsprechendes Vertragsangebot, noch eine auf den Abschluss eines weiteren (befristeten) Mietvertrages gerichtete Annahmeerklärung der Kläger schlüssig dargelegt. Aus der Vorkorrespondenz (vergl. Schreiben der Kläger vom 22.08.1985) geht vielmehr eindeutig hervor, dass die Kläger den Beklagten lediglich - wie es in derartigen Fällen üblich ist und der Lebenswirklichkeit entspricht - eine Räumungsfrist eingeräumt haben. Selbst wenn aber der Auffassung der Beklagten zu folgen sein sollte, so ist die Erledigung der Hauptsache im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung eingetreten, denn im Hinblick auf den vom Gericht mitgeteilten Verkündungstermin bestand bereits zu diesem Zeitpunkt faktisch für die Kläger kein realisierbarer Anspruch auf Duldung der geplanten Fensterarbeiten mehr. Dies reicht aber für die Annahme der Erledigung des Rechtsstreits aus.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Klage war auch bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses aus § 541 a BGB begründet. Danach hat der Mieter von Räumen Einwirkungen auf die Mietsache zu dulden, die zur Erhaltung der Mieträume erforderlich sind. Erhaltungsmaßnahmen sind solche, die zur Erhaltung des ursprünglichen Zustandes der Mietsache notwendig sind, sei es, dass sie der Wiederherstellung oder der Haltung der Substanz dienen, hierunter fällt insbesondere die Ausbesserung oder Erneuerung schadhafter Teile (vergl. MieWo-Wetekamp, 1985, § 541 a Randnr. 8 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Der von den Klägern vorgesehene Austausch der Fenster im Wohnzimmer der den Beklagten vermieteten Wohnung war --ungeachtet etwaiger steuerlicher Auswirkungen - zur Erhaltung der Substanz des Wohnzimmers erforderlich. Hiervon ist nach dem unstreitigen Sachverhalt auszugehen, denn beide Parteien tragen übereinstimmend vor, dass beide Fenster undicht und mängelbehaftet gewesen seien. Nach dem gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden und unstreitig anzusehenden Sachvortrag der Kläger, wies das an das Fenster an der Wetterseite angrenzende Mauerwerk darüberhinaus erste Feuchtigkeitserscheinungen auf und ließ sich das Fenster nicht mehr ohne Gefahr öffnen und schließen. Dass bei einem derartigen Sachverhalt der Austausch der Fenster ein im Sinne des § 541 a BGB erforderliche Maßnahme darstellt, liegt auf der Hand (§ 287 ZPO). § 541 a BGB legt dem Mieter grundsätzlich eine unbegrenzte Duldungspflicht für sämtliche im Zusammenhang mit der Durchführung der Erhaltungsmaßnahmen notwendigerweise eintretenden Einschränkungen und Behindungerungen in dem vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache auf. Diese dem Mieter obliegende uneingeschränkte Duldungspflicht stellt das notwendige Korrelat für die aus § 536 BGB folgende Verpflichtung des Vermieters dar, die Mietsache jederzeit in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten. Dementsprechend ist es auch ohne Bedeutung, wie der zu beseitigende Schaden entstanden ist oder wie lange er schon besteht (vgl. T ZMR 1965, 193, 194). Aus der umfassenden Duldungspflicht folgt zugleich, dass der Mieter die Vornahme der Arbeiten - anders als in § 541 b BGB - nicht von der vorherigen Erklärung des Vermieters, er werde für etwaige Schäden aufkommen bzw. die Kosten der Wiederherstellung übernehmen - abhängig machen kann (vergl. T a.a.O.; Ermann-T, 7. Auflage, § 541 a Randnr. 12; BGB-RGRK-Gelhaar, 12. Auflage, § 541 a (A.F.), Randnr. 4-, LG G ZMR 68, 141, 142, 172). Stand den Beklagten danach aber kein Recht zu, den Fensteraustausch bis zur Abgabe etwaiger --die Beseitigung von Schäden und die Übernahme von Kosten betreffender Gegenerklärungen durch die Kläger zu verweigern, so kann es dahinstehen, ob den Beklagten nach Durchführung der Arbeiten ein Anspruch aus § 537 BGB oder 538 BGB zugestanden hätte bzw. in welchem Umfang die Kläger verpflichtet gewesen wären, den ursprünglichen Zustand der Mieträume wieder herzustellen. Wegen des Fehlens eines Zurückbehaltungsrechts bedarf es auch keiner Entscheidung, ob und in welchem Umfang die Beklagten bei der Durchführung der Arbeiten zur Mitwirkung verpflichtet gewesen wären. Darüberhinaus hatte der Kläger zu 1) - wie die Beklagte zu 2) im Verhandlungstermin eingeräumt hat - den Beklagten angeboten, die Arbeiten selbst zu beaufsichtigen und etwaige Reinigungsarbeiten zu übernehmen. Dieses Angebot der Kläger haben die Beklagten nicht angenommen. Es mag dahinstehen, ob Zumutbarkeitsgesichtspunkte im Rahmen des § 541 a BGB (anders § 541 b BGB) überhaupt Berücksichtigung finden können, jedenfalls war die Durchführung der Fensterarbeiten für die Beklagten nicht unzumutbar. Der Fensteraustausch hätte nach den Angaben der Kläger innerhalb eines halben Tages vorgenommen werden können. Dies entspricht bei der sich aus der vorgelegten Skizze eingebenden Größe des Wohnraums dem gewöhnlichen M4 der Dinge (§ 287 ZPO). Konkrete Angaben zu einer wesentlich längeren Dauer der Arbeiten enthält das Vorbringen der Beklagten nicht. Die angesichts des Umfangs und der voraussichtlichen Dauer der Arbeiten eintretende Beeinträchtigung hätte sich auf ein Zimmer beschränkt und muss angesichts der Größe der Wohnung (4 Zimmer, Küche, Diele, Bad) als unwesentlich angesehen werden. Eine ausdrückliche Erklärung der Kläger, den Handwerkerschmutz und die Reinigung betreffend, war, wie ausgeführt, nicht erforderlich, im übrigen haben sich die Kläger nach dem Inhalt der vorgelegten Korrespondenz auch nie geweigert, derartige Arbeiten durchzuführen bzw. durchführen zu lassen. Zu einer schriftlichen Zusage waren sie nach § 541 a BGB nicht verpflichtet. Die Beklagten berufen sich auch zu Unrecht auf Sternel II 201 und die dort zitierte Rechtsprechung. Die Ausführungen von Sternel betreffen allein die Durchführung von Verbesserungsmaßnahmen nach § 541 a Abs. 2 a.F. BGB (nunmehr § 541 b BGB), nicht aber § 541 a bzw. § 541 a ABs. 1 a.F. BGB. Eine Unzumutbarkeit war im Hinblick auf die nach Klageerhebung verbleibende Restmietzeit aber auch deshalb nicht gegeben, weil die Beklagten diese "Unzumutbarkeit" durch ihre Hinhaltetaktik und unberechtigte Weigerung, die gleichzeitig eine positive Vertragsverletzung darstellte, selbst herbeigeführt haben. Wie sich aus der vorgelegten Korrespondenz ergibt, haben sich die Kläger seit August 1985 vergeblich bemüht, die Zustimmung der Beklagten zu dem geplanten Fensteraustausch zu erlangen. Hätten die Beklagten, wozu sie verpflichtet waren, den Arbeiten bereits zu diesem Zeitpunkt zugestimmt so wäre für die Annahme einer Unzumutbarkeit wegen des bevorstehenden Mietendes gleichfalls kein Raum gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Streitwert: 2.000,00 DM.</p>
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315,570 | ag-neuss-1986-03-21-36-c-73785 | {
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"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 36 C 737/85 | "1986-03-21T00:00:00" | "2019-03-13T15:08:10" | "2019-03-27T09:42:47" | Urteil | ECLI:DE:AGNE:1986:0321.36C737.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 400,00 DM abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vorab in gleicher Höhe Sicherheit leistet.</p>
<p></p>
<p>Die Sicherheitsleistung kann auch durch die selbstschuldnerische Bürgschaft einer westdeutschen Großbank oder Sparkasse erbracht werden.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Tatbestand:</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hatte die Vertretung der Klägerin in einem Kündigungsschutzverfahren vor dem Arbeitsgericht E übernommen. In Abwesenheit der Klägerin schloss der Beklagte am 06.10.1981 einen Vergleich, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird (Blatt 4 d.A. a) - e)).</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Mit der vorliegenden Klage nimmt die Klägerin den Beklagten auf Schadensersatz in Anspruch.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Sie trägt vor, der Beklagte habe sie über den Inhalt des Vergleichs falsch beraten. Hierdurch sei ihr ein Schaden in Höhe von 1893,80 DM entstanden.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 31.10.1985 (Bl. 1 ff d.A.) und 25.02.1986 (Bl. 72 ff d.A.) verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 1.893,80 DM nebst 4 % Zinsen seit Klageerhebung zu zahlen,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">hilfsweise,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">der Klägerin nachzulassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung - auch Bank- oder Sparkassenbürgschaft - abzuwenden.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung. Im übrigen bestreitet er, dass der Klägerin infolge einer unrichtigen Mitteilung des Vergleichsinhaltes ein Schaden entstanden sei.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Wegen der näheren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 30.01.1986 (Bl. 33 d.A.) Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe:</u></p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Ein Anspruch auf Zahlung von 1.893,80 DM steht der Klägerin gegen den Beklagten nicht zu.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Etwaige aus dem Mandatsverhältnis der Parteien herrührende Schadensersatzansprüche der Klägerin sind jedenfalls verjährt, §§ 222 BGB, 51 BRAO. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 51 BRAO war im Zeitpunkt der Klageerhebung bereits abgelaufen. Gemäß § 51 BRAO verjähren Schadensersatzansprüche des Auftraggebers gegen den REchtsanwalt in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Anspruch entstanden ist, spätestens jedoch in drei Jahren nach der Beendigung des Auftrages. Vorliegend war der von der Klägerin behauptete Schaden, die Richtigkeit ihres Sachvortrages unterstellt, mit Rechtskraft des Vergleichs vom 06.10.1981, die am 17.10.1981 eintrat, dem Grunde nach entstanden, denn die in dem Vergleich niedergelegten Daten waren, wie die Sozialgerichtsprozesse gezeigt haben, Grundlage für die Bemessung des Arbeitslosen- und Rentenversicherungsentgeltes. Stellt man demgegenüber auf die Beendigung des Mandats ab, so war auch hier die dreijährige Verjährungsfrist im Zeitpunkt der Klageerhebung abgelaufen, denn wie die Klägerin einräumt, war das Mandat spätestens im März 1982 beendet. Die Klägerin kann die von dem Beklagten erhobene Verjährungseinrede auch nicht mit einem sogenannten "sekundären" Schadensersatzanspruch zu Fall bringen. Die Gläubigerin eines aus Verletzung des Mandatsvertrages haftenden Anwalts erlangt gegen diesen einen sogenannten Sekundäranspruch darauf, dass die Einrede der Verjährung nach § 51 BRAO nicht erhoben werde, wenn der Anwalt ein während des Laufs der Verjährungsfrist des § 51 BRAO bestehendes Mandatsverhältnis erneut dadurch schuldhaft verletzt, dass er trotz gegebenen Anlasses seine Auftraggeberin nicht auf seine Verpflichtung, sie im Wege des Schadensersatzes von ihren Verbindlichkeiten zu befreien, hinweist und nicht über die Verjährung dieses gegen ihn gerichteten Anspruchs zutreffend belehrt. Auf diese erneuten Pflichtverletzungen muss der Eintritt der Verjährung nach § 51 BRAO beruhen, anderenfalls entsteht der Schadensersatzanspruch auf Unterlassung der Einrede nicht (vgl. BGH NJW 1986, 583, 582). Diese Voraussetzung kann nur dann erfüllt sein, wenn der Mandant innerhalb der Verjährungsfrist des Primäranspruchs überhaupt keine ausreichende rechtliche Belehrung erhält und ihm im übrigen die Haftung des Anwalts auch sonst unbekannt ist. So entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass sich der Anwalt trotz vorheriger Versäumung des Hinweises auf das Leistungsverweigerungsrecht des § 222 BGB berufen kann, wenn die Gläubigerin durch einen anderen Rechtsanwalt über seine Haftung beraten wird. Das Gleiche muss aber auch dann gelten, wenn die Gläubigerin aus einer gerichtlichen Entscheidung entnehmen muss, dass der Anwalt von dem ihm erteilten Auftrag zu Ungunsten seines Mandanten abgewichen ist und sich dementsprechend die Annahme einer Haftung auch für einen Laien geradezu aufdrängen muss. So liegt der Fall hier. Der Klägerin war spätestens seit dem Urteil des Sozialgerichts E vom 19.08.1983 und dem dieses Urteil bestätigenden Urteil des Landessozialgerichts vom 06.06.1984 bekannt, dass der Beklagte entgegen der von ihr behaupteten Anweisung in dem Vergleich vom 06.10.1981 nicht die von ihr angegebenen Tariferhöhungen ab dem 01.05.1981 berücksichtigt hatte und ihr deswegen ein geringeres Arbeitslosengeld und Rentenversicherungsentgelt zuerkannt worden war. Die Klägerin hat demnach noch innerhalb der Verjährungsfrist des § 51 BRAO von einem möglichen Fehler des Beklagten Kenntnis erlangt. Der Klägerin war aufgrund der Entscheidung des Sozialgerichts E vom 19.08.1983 auch eine Haftung des Beklagten bewusst. Dies ergibt sich eindeutig aus dem Schreiben vom 28.05.1984. Wenn es darin am Ende heißt: "....dürfte der schriftlich abgefasste Vergleich vor dem Arbeitsgericht im Wortlaut falsch sein. Für diesen Fall darf ich Sie bitten, den eingetretenen Schaden Ihrer Haftpflichtversicherung anzuzeigen.", so kann dies nur bedeuten, dass der Klägerin eine Haftung des Beklagten bewusst und sie dementsprechend nicht mehr im Sinne der vorgenannten BGH-Rechtsprechung belehrungsbedürftig war. Dementsprechend kann sich der Beklagte trotz vorheriger Versäumung des Hinweises auf eine etwaige eigene Haftung auf das Leistungsverweigerungsrecht des § 222 BGB berufen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.</p>
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315,571 | lg-bonn-1986-03-17-6-s-48285 | {
"id": 804,
"name": "Landgericht Bonn",
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"city": 394,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 6 S 482/85 | "1986-03-17T00:00:00" | "2019-03-13T15:08:11" | "2019-03-27T09:42:46" | Urteil | ECLI:DE:LGBN:1986:0317.6S482.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Bonn vom 23. Oktober 1985 - 5 C 509/84 - abgeändert. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 549,95 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 26. Oktober 1984 zu zahlen. </p>
<p>Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p>Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen. </p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits tragen zu 24 % die Klägerin, zu 76 % die Beklagten als Gesamtschuldner. </p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Ohne Tatbestand gemäß § 543 ZPO ,</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:</u></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg. </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten schulden der Klägerin noch restliche Nebenkosten aus der Abrechnung vom 25.02.1983 betreffend den Zeitraum 1.12.1981 bis 31.5.1982 in Höhe von 549,95 DM. Diese Abrechnung, die mit Ausnahme der Heizungskosten unstreitig ist und mit einem mit der Klage geltend gemachten Nachzahlungsbetrag von 724,13 DM endet, ist bei dem verbrauchsabhängig berechneten Heizkostenanteil um 174,18 <i>DM </i>zu kürzen, weil in dieser Höhe die auf der Grundlage der Zwischenablesung vom <i>24.11.1981 </i>vorgenommene Verteilung der Kosten zwischen dem Vormieter der Beklagten und den Beklagten zu deren Ungunsten unrichtig ist. Die Verteilung der Verbrauchskosten nach den abgelesenen Werten (62,3 Einheiten von insgesamt 63 Einheiten für die Beklagten) berücksichtigt nicht die nach DIN 4713 Teil 2, 4.3 bei Heizkostenverteilern nach Verdunstungsprinzip erforderliche sogenannte Kaltverdunstungsvorgabe, durch die die auch in den heizfreien Zeiträumen aufgrund der Raumtemperatur stattfindende Verdunstung berücksichtigt werden soll und die im vorliegenden Fall ausschließlich dem Vormieter zugute gekommen ist. </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Kammer ist mit dem Amtsgericht und dem Sachverständigen T folgend der Auffassung, daß bei Zwischenablesungen infolge Nutzerwechsels jedenfalls dann eine Umrechnung vorzunehmen ist, wenn die Zwischenablesung gegen Anfang oder Ende des Abrechnungszeitraumes vorgenommen wird, weil in diesem Fall die Verteilung allein anhand der abgelesenen Skalenwerte zu große Ungenauigkeiten zu Lasten eines der Nutzer mit sich bringt (so auch Böttcher/Memmert, Verbrauchsabhängige Wärmekostenabrechnung, Beuth Kommentare, i. Auflage 1981, Seite 82, letzter Absatz). Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass die vorliegend verwandten, nach dem Verdunstungsprinzip arbeitenden Heizkostenverteiler der DIN 4713 Teil 2-4 genügen und deswegen als vom Gesetzgeber in § 5 der Heizkostenverordnung zugelassenes System für die Aufteilung von Heizkosten anzusehen sind mit der Folge, daß systemimmanente Ungenauigkeiten von vornherein hinzunehmen wären. Die Heizkostenverordnung soll, um das Verbraucherverhalten im Hinblick auf Energieersparnis zu beeinflussen, eine möglichst gerechte Berücksichtigung des tatsächlichen Energieverbrauchs bei der Heizkostenverteilung ermöglichen. Daß die nach dem Verdunstungsprinzip arbeitenden Heizkostenverteiler nach der Vorstellung des Gesetzgebers dazu geeignet. sind, besagt jedoch für die im vorliegenden Fall zu entscheidende Frage noch nichts. Denn die VO zielt in erster Linie auf eine möglichst gerechte Verteilung der Heizkosten zwischen mehreren Wohnungen in identischen Zeiträumen ab. Ungenauigkeiten in der Verbrauchserfassung durch Nichtberücksichtigung der Kaltverdunstungsvorgabe können dabei nicht auftreten, da diese Kaltverdunstungsvorgabe für alle Wohnungen gleichermaßen gewährleistet ist. Für die Frage, ob die Zwischenablesung der Heizkostenverteiler eine für die Feststellung des Verbrauches bei Mieterwechsel geeignete Grundlage liefern kann, ist dadurch noch nichts gewonnen. Damit scheidet die Zwischenablesung nach Auffassung der Kammer zwar nicht grundsätzlich als ein brauchbares Mittel der Verbrauchserfassung bei Mieterwechsel aus. Steht jedoch - wie es vorliegend aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen T der Fall ist - fest, daß im Einzelfall die Zwischenablesung zu einem grob unrichtigen Ergebnis führt, so kann sie nicht, jedenfalls nicht ohne Korrektur Grundlage einer Abrechnung sein. </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts führt dies jedoch noch nicht zur Abweisung der Klage mangels Fälligkeit. Die Heizkostenabrechnung vom 28.1.1983 enthält ausreichende Angaben um notfalls im Wege der Schätzung gemäß. § 287 Abs. <i>2 </i>ZPO die Verbrauchskosten der Beklagten zu ermitteln. Als angemessener Verteilungsschlüssel bei Mieterwechsel kommt - neben der Zwischenablesung - noch die Verteilung nach Gradtagszahlen in Betracht, wie sie für die sogenannten Grundkosten der Heizung in der streitigen Heizkostenabrechnung vorgenommen worden ist. </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Zumindest in dieser Höhe hätte auch der Verbrauchskostenanteil berücksichtigt werden müssen. Unabhängig davon hat jedoch der Sachverständige T unter Berücksichtigung der Kaltverdunstungsvorgabe und des Ergebnisses der Zwischenablesung die Verbrauchsanteile mit 30 <i>% </i>für den Vormieter und 70 <i>% </i>für die Beklagten geschätzt. Die Kammer macht sich diese Schätzung, die im Bereich einer Verteilung der Kosten nach Gradtagszahlungen liegt, zu eigen. 70 % der Verbrauchskosten bezogen auf 63 abgelesene Einheiten sind 44,1 Einheiten; multipliziert mit 9,57056 DM/Einheit ergeben sich Verbrauchskosten in Höhe von 422,06 DM als von den Beklagten geschuldet. In Höhe des Differenzbetrages von 174,18 DM zu den in der Heizkostenabrechnung eingestellten Verbrauchkosten von <i>596,24 </i>DM war die Klage abzuweisen. </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Zinsforderung beruht auf § 291, 288 BGB. </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92, 97 ZPO. </p>
|
315,572 | olgham-1986-03-14-4-u-19785 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
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} | 4 U 197/85 | "1986-03-14T00:00:00" | "2019-03-13T15:08:12" | "2019-03-27T09:42:46" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1986:0314.4U197.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Klägers wird - unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten - das am 9. Mai 1985 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund im Kostenpunkt und insoweit abgeändert, als es die Klage abgewiesen hat.</p>
<p></p>
<p>Die Beklagte wird auch verurteilt, es zu unterlassen, die nachfolgende Bestimmung in ihren Leasinggeber-Vertragsbedingungen mit Nichtkaufleuten aufzunehmen:</p>
<p></p>
<p>"Der Leasingnehmer stimmt zu, daß der Leasinggeber nach den Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes seine personenbezogene Daten speichern, an entsprechende Auskunftsstellen übermitteln, verändern oder löschen kann (Datenverarbeitung)".</p>
<p></p>
<p>Die in dem angefochtenen Urteil ausgesprochene Androhung von Ordnungsmitteln für den Fall einer Zuwiderhandlung gilt auch für das vorstehende Verbot.</p>
<p></p>
<p>Dem Kläger wird die Befugnis zugesprochen, auch die Formel der vorstehenden Verurteilung mit der Bezeichnung der Verwenderin auf Kosten der Beklagten im xxx im übrigen auf eigene Kosten bekannt zu machen</p>
<p></p>
<p>Die gesamten Kosten des Rechtsstreites trägt die Beklagte.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe eines Betrages von 30.000,-- DM vorläufig vollstreckbar, wenn nicht die Beklagte vor Beginn der Zwangsvollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p>
<p></p>
<p>Die Sicherheitsleistungen können auch durch Beibringung einer unbefristeten selbstschuldnerischen Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Großbank, öffentlichen Sparkasse oder Genossenschaftsbank erbracht werden.</p>
<p></p>
<p>Die Revision wird zugelassen.</p>
<p></p>
<p>Die Beschwer der Beklagten beträgt 24.000,-- DM</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Tatbestand</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger, xxx verfolgt unter Ausschluß eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes den Zweck, die Interessen der Verbraucher durch Aufklärung und Beratung wahrzunehmen und zu fördern. In Ziffer 2 seiner Satzung heißt es hierzu: </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">...</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">2. Zweck und Ziel</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">2.1. Der Verein hat insbesondere die Aufgabe</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">a)</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">sich bei den für Gesetzgebung, Verwaltung und Wirtschaftsorganisation zuständigen Stellen sowie bei den Anbietern für die Interessen der Verbraucher unter Berücksichtigung des wirtschaftlichen Allgemeinwohles einzusetzen (Verbrauchervertretung);</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">b)</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">der Allgemeinheit und Einzelpersonen zu sachlicher und unabhängiger Beratung, Unterrichtung und Information über alle den Verbraucher und seinen Haushalt angehenden Fragen zu verhelfen (Verbraucheraufklärung);</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">c)</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">darauf hinzuwirken, daß sich Verbraucher auf kommunaler Ebene zu Vereinigungen mit derselben Zielsetzung zusammenschließen, und deren Arbeit zu unterstützen (Verbraucherorganisierung);</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">d)</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Rechte der Verbraucher wahrzunehmen und bei der Vertretung von Verbraucherinteressen mitzuwirken (Verbraucherunterstützung).</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Auf den übrigen Inhalt der Satzung (vgl. Bl. 15 ff. Gerichtsakten) wird wegen der Einzelheiten verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Kläger geht gerichtlich und außergerichtlich unter anderem gegen von ihm für unzulässig gehaltene allgemeine Geschäftsbedingungen vor, die gegenüber Nichtkaufleuten verwendet werden.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte schließt mit Kaufleuten und Nichtkaufleuten Leasingverträge für vielfältige Gegenstände, unter anderem für Rechenanlagen, Kraftfahrzeuge, Maschinen und Ausrüstungen ab. Sie verwendet dabei auch im Geschäftsverkehr mit Nichtkaufleuten ihre "Leasinggeber-Vertragsbedingungen", die sie unter anderem dem Leasingvertrag vom 03. Mai 1984 mit xxx zugrundelegte (vgl. Ablichtungen Bl. 18 bis 20 Gerichtsakten).</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Zu diesen "Leasinggeber-Vertragsbedingungen" gehören unter anderem folgende Klauseln:</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">In § 1 ist folgende Klausel enthalten</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">"Der Leasingnehmer ist an seinen Antrag 2 Monate ab Eingang beim Leasinggeber gebunden (im folgenden <u>Klausel a)</u>.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Weiter lautet § 1:</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">Der Vertrag kommt zustanden, wenn der Leasinggeber die Annahmeerklärung innerhalb dieses Zeitraumes zur Post gibt. Der Leasingnehmer verzichtet auf den Zugang der Annahmeerklärung" <u>(Klausel b).</u></p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">c)</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">In § 4 Abs. 2 heißt es:</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">"im Falle des Zahlungsverzuges schuldet der Leasingnehmer dem Leasinggeber Zinsen auf Rückstände bzw. Schadenersatzansprüche in Höhe von 1% im Monat zuzüglich Mehrwertsteuer auf den jeweiligen kontokorrentmäßig ermittelten Rückstand. Als Mahngebühren werden dem Leasingnehmer ferner in Rechnung gestellt bei Rückständen:</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">bis 100,-- DM = 5,-- DM/ bis 250,-- DM = 10,-- DM </p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">bis 500,- DM = 15/bis 1.000,-- DM = 20,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">Über 1.000,-- DM = 25,-- DM zuzüglich Mehrwertsteuer. Die Geltendmachung darüber hinausgehender Mahnkosten bleibt vorbehalten <u>(Klausel c).</u></p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">d) Unter § 8 Abs. 2 ist ausgeführt:</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">"Der Leasinggeber kann die Höhe der Mietraten angemessen anpassen, wenn sich solche der Preiskalkulation zugrundeliegenden Faktoren gegenüber dem Stand bei Vertragsabschluß ändern, auf deren Bildung der Leasinggeber keinen Einfluß hat, wie z.B. die Zinssätze auf dem Geld- und Kapitalmarkt <u>(Klausel d)</u>.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">e) § 9 Abs. 1 lautet unter anderem:</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">"Der Vertrag endet mit Ablauf der vereinbarten Leasingdauer. Der Leasinggeber kann jedoch den Leasinggegenstand sicherstellen oder den Vertrag fristlos kündigen oder bei Maßnahmen zusammen ergreifen, wenn:</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">a. der Leasinggegenstand gepfändet wird,</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">b. ein Vergleichs- oder Konkursantrag gestellt wird,</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">c. eine wesentliche Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Leansingnehmers zu befürchten ist,</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">d. eine Wohn - bzw. Firmensitzverlegung ins Ausland oder eine Betriebsauflösung geplant ist.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">Bei fristloser Kündigung ist der Leasinggeber berechtigt, Schadensersatz gemäß § 4, 3 zu verlangen"</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">§ 4 Abs. 3 der Bedingungen lautet:</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">"Ist der Leasingnehmer mit mindestens 2 Raten im Rückstand, ist der Leasinggeber berechtigt, den Leasingvertrag fristlos zu kündigen. In diesem Falle kann der Leasinggeber als Schadensersatz die nach der Barwertmethode abgezinsten Leasingraten vom Kündigungszeitpunkt bis zum Ende der vereinbarten Laufzeit - berechnet auf den 84. Monat - verlangen, abzüglich des von dem Leasinggeber eventuell erzielte Netto-Verwertungserlöses. Darüberhinausgehende Schadensersatzansprüche bleiben unberührt."</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">(<u>Klausel e</u>)</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">f) </p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Auf der Vorderseite des formularmäßigen Vertragstextes heißt es unter Ziffer 7 unter der Überschrift "Kündbare Leasingdauer"</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">"Er beantragt, ihm den Leasinggegenstand während der genannten Leasingdauer im Rahmen eines Leasingvertrages zu den hier und umstehend aufgeführten Leasinggeber-Vertragsbedingungen, von denen er Kenntnis genommen und die er hiermit anerkannt hat, zu überlassen." <u>(Klausel f).</u></p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">g) </p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Ebenfalls auf der Vorderseite des formularmäßigen Vertragstextes heißt es unter Ziffer 8 (Kündigungsfristen):</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">".... Die Kündigung verpflichtet den Leasingnehmer zu Restzahlungen (Finanzierungs-Aufwandsanteil des Leasingnehmers an der Restforderung, da der Vertrag mit einer Laufzeit von 84 Monaten kalkuliert ist), die am Kündigungstermin zahlbar sind. Die Restzahlungen berechnen sich - unter Berücksichtigung einer bereits erteilten Zinsgutschrift auf die Restlaufzeit - wie folgt:</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Zum Ablauf des 24. Monats = 87%</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">30. Monats = 81%</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">36. Monats = 74%</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">42. Monats = 66%</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">48. Monats = 58%</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">54. Monats = 49%</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">60. Monats = 40%</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">66. Monats = 31%</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">72. Monats = 21%</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">78. Monats = 11%</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">84. Monats = 0%</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">jeweils vom Nettoanschaffungswert zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer unter Anrechnung von 75% des Verwertungserlöses des Leasingobjektes (maximal bis zur Höhe der Restzahlung) abzüglich der Verwertungskosten des Leasinggebers."</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks"><u>(Klausel g)</u></p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">h)</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Schließlich ist auf der Vorderseite unter Ziffer 11 in Fettdruck aufgeführt:</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">"Der Leasingnehmer stimmt zu, daß der Leasinggeber nach den Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes seine personenbezogene Daten speichern, an entsprechende Auskunftsstellen übermitteln, verändern oder löschen kann (Datenverarbeitung). <u>(Klausel h)</u></p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hält die vorgenannten Klauseln zu a) bis h) wegen Verstoßes gegen die Regeln des AGB-Gesetzes für unwirksam. Mit Schreiben vom 24.07.1984 hat er die Beklagte aufgefordert, die beanstandeten Bedingungen nicht mehr zu verwenden und eine strafbewehrte Unterlassungserklärung zu unterzeichnen. Mit Schreiben vom 10.08.1984 hat die Beklagten dem Kläger mitgeteilt, daß sie die Bedingungen weiter verwenden werde.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat mit der Klage sein Unterlassungsbegehren weiterverfolgt und beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Beklagte zu verurteilen, bei Vermeidung eines Ordnungsgeldes, bis zur Höhe von 500.000,-- DM oder von Ordnungshaft, nachfolgende Bestimmungen in ihren Leasinggeber-Vertragsbedingungen im Verkehr mit Nichtkaufleuten nicht mehr aufzunehmen:</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">a)</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">Der Leasingnehmer ist an seinen Antrag zwei Monate ab Eingang bei dem Leasinggeber gebunden.</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">b)</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">Der Vertrag kommt zustande, wenn der Leasinggeber die Annahmeerklärung innerhalb dieses Zeitraumes zur Post gibt. Der Leasingnehmer verzichtet auf den Zugang der Annahmeerklärung.</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">c)</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">Im Falle des Zahlungsverzuges schuldet der Leasingnehmer dem Leasinggeber Zinsen auf Rückstände bzw. Schadensersatzansprüche in Höhe von 1% pro Monat, zuzügl. MWSt auf den jeweiligen kontokorrentmäßig ermittelten Rückstand. Als Mahngebühren werden dem Leasingnehmer ferner in Rechnung gestellt bei Rückständen:</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">bis DM 100,-- = 5,-- DM / bis 250,-- DM = 10,-- DM / bis DM 500,-- = 15,-- DM / bis DM 1.000,-- = 20,-- DM / über 1.000,-- DM = 25,-- DM zuzügl. MWSt. Die Geltendmachung darüberhinausgehender Mahnkosten bleibt vorbehalten.</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">d)</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">Der Leasinggeber kann die Höhe der Mietraten angemessen anpassen, wenn sich solche der Preiskalkulation zugrundelegenden Faktoren gegenüber dem Stand bei Vertragsabschluß ändern, auf deren Bildung der Leasinggeber keinen Einfluß hat, wie z.B. die Zinssätze auf dem Geld- und Kapitalmarkt.</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">e)</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">Der Leasinggeber kann jedoch den Leasinggegenstand sicherstellen oder den Vertrag fristlos kündigen, oder beide Maßnahmen zusammenergreifen, wenn:</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">…</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">Bei fristloser Kündigung ist der Leasinggeber berechtigt, Schadensersatz gem. § 4, 3) zu verlangen.</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">f)</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">Er beantragt, ihm den Leasinggegenstand während der genannten Leasingdauer im Rahmen eines Leasingvertrages zu den hier und umstehend aufgeführten Leasinggeber-Vertragsbedingungen, von denen er Kenntnis genommen und die er hiermit anerkannt hat, zu überlassen.</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">g)</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">Die Kündigung verpflichtet den Leasingnehmer zu Ratenzahlungen (Finanzierungs-Aufwandsteil des Leasingnehmers an der Restforderung, da der Vertrag mit einer Laufzeit von 84 Monaten kalkuliert ist), die am Kündigungstermin zahlbar sind. Die Restzahlungen berechnen sich - unter Berücksichtigung einer bereits erteilten Zinsgutschrift auf die Restlaufzeit - wie folgt:</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">Zum Ablauf des 24. Monats = 87%</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:106px">30. Monats = 81%</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:106px">36. Monats = 74% ...</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">jeweils vom Netto-Anschaffungswert zuzügl. gesetzl. MWSt unter Anrechnung von 75% des Verwertungserlöses des Leasingobjektes (max. bis zur Höhe der Restzahlung) abzügl. der Verwertungskosten des Leasinggebers.</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">h)</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">Der Leasingnehmer stimmt zu, daß der Leasinggeber nach den Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes seine personenbezogenen Daten speichern, an entsprechende Auskunftsstellen übermitteln, verändern oder löschen kann (Datenverarbeitung).</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">Ferner hat der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">ihm die Befugnis zuzusprechen, die Urteilsformeln mit der Bezeichnung der verurteilten Verwenderin auf Kosten der Beklagten im Bundesanzeiger, im übrigen auf eigene Kosten bekanntzumachen.</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">Sie hat die Auffassung vertreten, der Antrag des Klägers sei schon deshalb in einem gewissem Umfange überholt, weil sie, die Beklagte, nach dem Abmahnungsschreiben vom 24. Juli 1984 die verwendeten "Leasinggeber-Vertragsbedingungen" teilweise abgeändert habe und weil sie in Zukunft dieses neue Formular verwende. Im übrigen hat die Beklagte die Beanstandungen des Klägers an ihren ursprünglich verwendeten Leasinggebervertragsbedingungen für unberechtigt gehalten.</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat der Klage im wesentlichen stattgegeben.</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">Es hat den Kläger gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 des AGB-Gesetzes für klagbefugt gehalten. Es hat unberücksichtigt gelassen, daß die Beklagte einzelne der beanstandeten Klauseln in ihren neugefaßten Leasinggebervertragsbedingungen geändert habe, weil die Beklagte nicht vorgetragen und unter Beweis gestellt habe, daß sie die ursprünglich mit der Klage angegriffenen Klauseln endgültig nicht mehr verwende insbesondere nicht dargetan habe, daß sie sich auch bei der Abwicklung der unter Geltung der alten Vertragsbedingungen ausgehandelten Verträge auf diese Leasinggebervertragsbedingungen nicht mehr berufen wolle. Im übrigen hat das Landgericht ausgeführt, die eingangs unter a) wiedergegebene Klausel verstoße gegen § 10 Nr. 1 des ABG-Gesetzes, weil die von der Beklagten zuungunsten des Leasingnehmers festgesetzte Frist unangemessen lang sei. Die unter b) dargestellte Klausel verstoße gegen § 9 Abs. 2 Nr. 1 und 2 des ABG-Gesetzes, weil der Kunde hierdurch in seiner wirtschaftlichen Disposition unangemessen lange beschnitten werde. Die unter c) wiedergegebene Klausel verstoße gegen § 11 Nr. 5 b des AGB-Gesetzes, weil es hierbei um eine Pauschalierung eines Schadensersatzanspruches der Beklagten gehe; nach dem Wortlaut der Bestimmung werde dem Kunden der Nachweis abgeschnitten, daß tatsächlich ein geringerer Schaden als der pauschalierte eingetreten sei. Darüberhinaus verstoße die Staffelung der Mahngebühren nach der Höhe der geschuldeten Beträge gegen § 11 Nr. 5 a des ABG-Gesetzes. Schließlich sei die Bestimmung, wonach für Rückstände Verzugszinsen von 1% pro Monat vorgesehen seien, wegen Verstoßes gegen § 11 Nr. 5 b des AGB-Gesetzes unwirksam. Die unter d) wiedergegebene Klausel verstoße gegen §§ 3,9 des AGB-Gesetzes, weil die Beklagte hierdurch ihr Unternehmensrisiko für Marktpreisschwankungen in vollem Umfange auf den Kunden abgewälzt habe, ohne dem Kunden die Möglichkeit zu geben, sich vom Vertrage zu lösen; im übrigen sei die Klausel nach der Art ihrer Anordnung überraschend. Die unter e) wiedergegebene Bestimmung verstoße gegen § 9 Abs. 1 des AGB-Gesetzes, denn die Kumulation von fristloser Kündigung, Rücknahmerecht und Schadensersatz bei Vertragsbeendigung stelle eine einseitige Interessenregelung der Beklagten dar und benachteilige den Kunden unangemessen. Die eingangs mit f) bezeichnete Klausel verstoße als überraschende Klausel gegen § 3 des AGB-Gesetzes, was selbst unter Berücksichtigung der Tatsache gelten müsse, daß diese Bestimmung in dem Vertragstext teilweise drucktechnisch deutlich herausgehoben sei.</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">Die eingangs mit g) bezeichnete Klausel verstoße gegen § 9 Abs. 1 des AGB-Gesetzes, weil sich die Beklagte Restzahlung für die Zeit nach der ausgesprochenen Kündigung in bestimmter Höhe vorbehalte, darin liege entweder die Vereinbarung, daß trotz wirksamer Kündigung des Vertrages entweder Nutzungsentschädigung oder Miete weiter zu zahlen sei, obwohl der Gegenstand vom Leasinggeber sofort zurückgenommen werden könne, oder aber die Beklagte wolle den ihr etwa verbleibenden Schaden in der genannten Höhe pauschalieren. In beiden Fällen liege eine unangemessene Benachteiligung des Kunden vor; zudem schneide diese Regelung dem Kunden den Nachweis eines geringeren Schadens ab.</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat die Klage lediglich insoweit abgewiesen, als es um die eingangs unter h) wiedergegebene Klausel geht, und hierzu ausgeführt, diese Bestimmung verstoße nicht gegen wesentliche Grundgedanken des Datenschutzgesetzes. Die beanstandete Klausel sei drucktechnisch hervorgehoben und befinde sich unmittelbar oberhalb der Stelle, an der der Kunde seine Unterschrift anzubringen habe. Eine überraschende Klausel liege dann aber nicht vor.</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">Auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils wird auch wegen des übrigen Vorbringens der Parteien im ersten Rechtszuge Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil richten sich die wechselseitigen Berufungen der Parteien.</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">Der Kläger verfolgt mit seiner Berufung sein früheres Klagbegehren zu der Klausel zu h) weiter; die Beklagte erstrebt insgesamt Klagabweisung.</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">Zur Begründung seiner Berufung wiederholt der Kläger sein früheres Vorbringen, das er wie folgt ergänzt: Das Landgericht sei auf den Inhalt der in dem Klagantrag zu h aufgenommenen Klausel nicht eingegangen; es habe sich nicht mit der Frage befaßt, ob und welche Daten in der Klausel genannt seien müßten, und ob nicht der Adressat, an den die Daten weitergegeben würden, mit Namen und Anschrift genau zu bezeichnen sei. Die praktisch uneingeschränkte Fassung der Klausel - ohne die im Rahmen des § 24 Abs. 1 Satz 1 des Bundesdatenschutzgesetzes gebotenen Interessenabwägung - mache sie wegen fehlender inhaltlicher Bestimmheit unwirksam; insbesondere lasse sich die Rechtmäßigkeit der Klausel nicht aus § 3 des Bundesdatenschutzgesetzes herleiten, da - entgegen der Auffassung des Landgerichts - der für die Einwilligung erforderliche besondere schriftliche Hinweis fehle. Daran ändere auch die Plazierung der Klausel unmittelbar über den für die Unterschrift des Kunden vorgesehen Freiraum nichts. Wenn der Kunde unterschreibe, richte sich sein Augenmerk nicht auf die darüberstehende Klausel.</p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">abändernd die Beklagte zu verurteilen, bei Vermeidung eines Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 500.000,-- DM oder von Ordnungshaft auch die nachfolgende Bestimmung in ihren Leasinggeber-Vertragsbedingungen im Verkehr mit Nichtkaufleuten nicht mehr aufzunehmen:</p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">Der Leasingnehmer stimmt zu, daß der Leasinggeber nach den Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes seine personenbezogenen Daten speichern, an entsprechende Auskunftsstellen übermitteln, verändern oder löschen kann (Datenverarbeitung).</p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Berufung des Klägers zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil, soweit es die Klausel zu h) für wirksam gehalten und die Klage abgewiesen hat. Die Klausel sei nicht zu beanstanden, denn der Kunde habe hiernach Gelegenheit, die Einwilligung mit der Weitergabe der Daten schriftlich zu erteilen. Nichts anderes werde hier gehandhabt. Das Bundesdatenschutzgesetz verlange keinesfalls einen gesonderten schriftlichen Hinweis außerhalb des Vertragstextes. Die beanstandete Klausel befinde sich - das habe das Landgericht zutreffend herausgearbeitet - an hervorgehobener Stelle unmittelbar über der vom Kunden zu leistenden Unterschrift, sei außerdem grafisch deutlich hervorgehoben und folglich gar nicht zu übersehen.</p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">Im übrigen aber greift die Beklagte das landgerichtliche Urteil an, wiederholt hierzu ihr früheres Vorbringen, das sie wie folgt ergänzt:</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks">Die beanstandete Klausel zu a) verstoße schon deshalb nicht gegen § 10 Nr. 1 des AGB-Gesetzes, weil die Bindungsfrist von 2 Monaten nicht unangemessen lang sei. Zu Unrecht habe das Landgericht zugrundegelegt, daß die Vereinbarkeit der Klausel mit dem AGB-Gesetz daran zu prüfen sei, ob die Klausel auch für das geringwertigste Leasinggut angemessen sei. Das könne nicht richtig sein. Sie, die Beklagte, lege die Leasinggebervertragsbedingungen bei allen Leasinggeschäften zugrunde. Bei Leasinggeschäften mit erheblichem Geschäftvolumen müsse sie, die Beklagte, notwendigerweise vorher die Bonität der Leasingnehmer prüfen; das brauche Zeit. Der Kläger habe als Verbraucherschutzverband keine Befugnis, hier die Benutzung der Vertragsbedingungen auch für diese Fälle zu untersagen. Wenn eine Bindungsfrist von 2 Monaten wegen der Geringwertigkeit des Leasinggutes, die Bonitätsprüfung und Refinanzierungsverhandlungen weitestgehend überflüssig mache, im Einzelfall nicht angemessen sein sollte, sei den Gesichtspunkten des Verbraucherschutzes ausreichend Rechnung getragen, wenn im konkreten Einzelfall die Unangemessenheit der Klausel festgestellt werde.</p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">Auch die beanstandete Klausel zu b) hält die Beklagte für wirksam. Ein Verstoß gegen § 9 des AGB-Gesetzes sieht sie nicht. Von einer Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Dispositionsfreiheit der Kunden könne keine Rede sein. Der Kunde habe es in der Hand, sich durch Rückfragen bei der Beklagten über die Annahme seines Angebotes Klarheit zu verschaffen. Schutzwürdige Interessen des Kunden würden nicht berührt, denn ihm werde, sobald die Refinanzierung sichergestellt sei, die Annahme des Leasingvertrages mitgeteilt. Gleichzeitig werde der Händler, bei dem sie, die Beklagte, das Leasingobjekt gekauft habe, informiert, daß der Vertrag angenommen worden sei und die Sache ausgeliefert werden könne. Der Kunde habe bei Auslieferung des Leasingobjektes eine Übernahmebestätigung zu unterzeichnen und wisse doch spätestens dann, daß der Leasingvertrag zustande gekommen sei.</p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks">Soweit das Landgericht bezüglich der Klausel zu c) die pauschalierten Mahnkosten in Abhängigkeit von der Höhe der rückständigen Beträge für unwirksam erklärt habe, werde das Urteil allerdings nicht angefochten. Die weitergehende Klausel sei - so meint die Beklagte - indes nicht zu beanstanden. Nach dem Wortlaut dieser Klausel werde dem Kunden der Nachweis eines geringeren Schadens nicht abgeschnitten; eine Verpflichtung zur Erteilung eines solchen Hinweises bestehe nicht. Die Formulierung der Klausel besage nur, daß sie, die Beklagte, im gegebenen Fall die pauschalierten Beträge geltend machen werde, sie besage jedoch nichts darüber, daß der Einwand eines geringeren Schadens ausgeschlossen sein solle. Das Landgericht habe im übrigen zu Unrecht den Verzugszinsschaden von 1% pro Monat beanstandet.</p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks">Auch die zu d) beanstandete Klausel habe das Landgericht zu unrecht für unwirksam erklärt. Eine etwaiger Verstoß gegen § 3 des AGB-Gesetzes wäre im Bereich der Verbandsklage ohnehin unbeachtlich, denn nach dem klaren Wortlaut des § 13 des AGB-Gesetzes seien im Rahmen einer Verbandsklage lediglich Verstöße gegen §§ 9 bis 11 des AGB-Gesetzes zu prüfen. Im übrigen komme es darauf auch nicht an, denn tatsächlich handele es sich hier nicht um eine überraschende Klausel. Der vom Landgericht hervorgehobenen Umstand, daß die Klausel vom flüchtigen Leser leicht übersehen werden könne, mache die Klausel noch nicht zu einer überraschenden. Preisanpassungsklauseln seien gerade bei längerfristigen Leasingverträgen üblich. Das gelte insbesondere, wenn es - wie im vorliegenden Fall - ihr, der Beklagten, keineswegs erlaubt sei, ihr Unternehmensrisiko für Marktpreisschwankungen in vollem Umfange auf den Kunden abzuwälzen. Eine solche Preisanpassung komme bei dem insoweit eindeutigen Wortlaut der Klausel nur in Betracht, wenn sich solche der Preisbildung zugrundeliegenden Faktoren nach Vertragsschluß ändern, auf die sie, die Beklagte, keinen Einfluß habe. Wenn man ihr diesen Weg versperre, würde dies dazu führen, daß sie, die Beklagte, bereits bei der Ursprungskalkulation etwa bezüglich der unvermeidbaren Zinsschwankungen bei den von ihr zur Refinanzierung aufgenommenen Krediten von der ungünstigsten Zinsentwicklung ausgehen und den Kunden damit von vornherein wesentlich höhere Leasingraten aufbürden müßte. Schließlich habe das Landgericht auch verkannt, daß die Klausel nur eine angemessene Anpassung der Leasingraten gestatte, wodurch von vornherein eine unangemessene Benachteilung des Kunden ausgeschlossen sei. Soweit das Landgericht beanstandet habe, daß dem Kunden insoweit keine Lösungsmöglichkeit vom Vertrage eingeräumt werde, habe es verkannt, daß das beanstandete Leasingvertragsformular sich ohnehin nur auf kündbare Leasingverträge beziehe, wobei eine Kündigungsmöglichkeit allerdings frühestens nach Ablauf von 24 Monaten möglich sei. Fraglich sei deshalb, ob das Landgericht nicht allenfalls die Verwendung der Klausel ohne Kündigungsmöglichkeit hätte verbieten dürfen.</p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks">Zu Unrecht habe schließlich das Landgericht die Klausel zu e) beanstandet. Der Leasinggeber sei berechtigt, im Falle des Zahlungsverzuges des Leasingnehmers den Vertrag zu kündigen, die Leasingsache zurückzunehmen und auch Schadensersatz zu verlangen. Folge der Kündigung des Mietvertrages sei auch nach dem Leitbild der gesetzlichen Regelung, daß die Sache zurückzugeben sei. Auch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stehe dem Leasinggeber ein Schadensersatzanspruch zu, wenn er infolge des Verhaltens des Leasingnehmer zur fristlosen Kündigung berechtigt sei. Für diesen Fall sei in § 9 Abs. 1 der Leasinggebervertragsbedingungen auf Ziffer 4 Abs. 3 verwiesen, wonach ausdrücklich eine Abzinsung nach der Barwertmethode sowie Anrechnung der Nettoverkaufserlöse vorgesehen sei.</p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks">Auch das nach den Bedingungen bestehende Kündigungsrecht im Falle einer zu befürchtenden Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Leasingnehmers sei nicht zu beanstanden, denn ihr, der Beklagten, könne nicht zugemutet werden, abzuwarten und ihre vertraglichen Verpflichtungen zu erbringen, obwohl nach den Umständen davon auszugehen sei, daß der Leasingnehmer wegen Verschlechterung seiner Vermögensverhältnisse sich nicht vertragstreu verhalten werde.</p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks">Auch die Klausel zu f) habe das Landgericht zu unrecht beanstandet. Abgesehen davon, daß die Voraussetzungen einer Verbandsklage insoweit nicht vorlägen, sei die Klausel schon wegen der Art ihrer Plazierung nicht überraschend.</p>
<span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks">Schließlich halte das landgerichtliche Urteil einer Überprüfung auch nicht stand, soweit es die Klausel zu g) als unwirksam angesehen habe. Auch in allgemeinen Geschäftsbedingungen seien grundsätzlich Vereinbarungen über die vom Leasingnehmer bei vorzeitiger Vertragsbeendigung weiter zu erbringenden Leistungen grundsätzlich zulässig. Aus dem Wortlaut der hier beanstandeten Klausel ergebe sich im übrigen mit aller Eindeutigkeit auch für den Leasingnehmer, daß der dem Leasinggeber entstandene Aufwand nicht allein durch die bewußt niedrig gehaltenen Raten für die Grundmietzeit von 24 Monaten abgedeckt sei; die Klausel berücksichtige in angemessener Weise die durch die vorzeitige Beendigung des Vertrages entstehenden Vorteile. Im übrigen werde dem Leasingnehmer nicht nur eine Zinsgutschrift erteilt; ihm werde auch 75% des Verwertungserlöses des Leasingobjektes abzüglich der Verwertungskosten gutgeschrieben. Schon deshalb seien die in dieser Klausel aufgeführten Prozentsätze nicht zu beanstanden.</p>
<span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt deshalb,</p>
<span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">unter teilweise Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage auch insoweit abzuweisen, als sie verurteilt worden ist, in ihren Leasinggebervertragsbedingungen im Verkehr mit Nichtkaufleuten die im Tenor des landgerichtlichen Urteils im einzelnen aufgeführten Bestimmungen nicht mehr zu verwenden.</p>
<span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks">Er verteidigt das landgerichtliche Urteil - soweit es seiner Klage stattgegeben hat - und wiederholt sein früheres Vorbringen, das er wie folgt ergänzt:</p>
<span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks">Nach seiner Auffassung verstößt die Klausel zu a) gegen § 10 Nr. 1 des AGB-Gesetzes. Es komme nicht darauf an, ob der unterschiedliche Wert des Leasinggutes verschiedene Bindungsfristen überhaupt rechtfertige. Auszugehen sei davon, daß auch bei einem Leasingvertrag über ein geringwertiges Leasinggut die zweimonatige Bindungsfrist gelte. Das werde beanstandet. Auf die Möglichkeit der Feststellung der Unangemessenheit im Einzelfall - wie die Beklagte argumentiere - könne es nicht ankommen.</p>
<span class="absatzRechts">124</span><p class="absatzLinks">Im übrigen sie eine zweimonatige Bindungsfrist auch bei hochwertigen Leasinggütern unangemessen lang. Die Beklagte könne die Frage der Kreditwürdigkeit eines Kunden und der Refinanzierung notfalls telefonisch klären; wenn sie nicht in der Lage sei, aufgrund der so gewonnenen Erkenntnisse abschließend zu entschieden, müsse sie eben mit dem Vertragsabschluß zuwarten.</p>
<span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks">Die Klausel zu b) verstoße gegen § 9 des ABG-Gesetzes; das habe das Landgericht zutreffend festgestellt. Im übrigen verstoße die Klausel nach seiner, des Klägers, Auffassung auch gegen § 10 Nr. 1 ABG-Gesetz, weil der Kunde den Fristbeginn nicht wahrnehmen könne, es dem Kunden aber auch nicht zumutbar sei, sich bei der Beklagten zu erkundigen, ob das Angebot angenommen worden sei. Es sei Sache der Beklagten, auf das Angebot des Kunden zu reagieren.</p>
<span class="absatzRechts">126</span><p class="absatzLinks">Die Klausel zu c) verstoße gegen § 11 Nr. 5 a, Nr. 5 b des AGB-Gesetzes. Das Landgericht habe das zutreffend festgestellt. Die Klausel werde von dem Kunden so verstanden, daß er auf jeden Fall ohne die Möglichkeit eines Gegenbeweises den pauschalierten Schadensersatz zu zahlen habe. Bei der Auslegung der Klausel sei insbesondere deren dritter Satz bemerkenswert. Mit der Formulierung, daß die Geltendmachung darüberhinausgehender Mahnkosten vorbehalten bleibe, weise die Beklagte darauf hin, daß sie von den pauschalierten Kosten auf keinen Fall nach unten abweichen wolle. Im übrigen sei die Klausel auch wegen Verstoßes gegen § 9 Abs. 1 des AGB-Gesetzes zu beanstanden, denn der Kunde werde wegen der Schadenspauschalierung in aller Regel nichts versuchen, einen geringeren Schaden nachzuweisen und sich auf diese Weise eigener Rechte begeben. Zudem sei der erste Satz der Klausel unverständlich, so daß die Beklagte die Klausel beliebig auslegen und dadurch ihre Kunden unangemessen benachteiligen könne. Es sei nicht ersichtlich, von welchen Beträgen der Kunde 1% Monatszinsen schulde, insbesondere sei nicht klar, ob der kontokorrentmäßige Rückstand einschließlich oder zuzüglich Mehrwertsteuer zu zahlen sei.</p>
<span class="absatzRechts">127</span><p class="absatzLinks">Die Klausel zu d) verstoße gegen § 9 AGB; entgegen der Auffassung der Beklagten sei er, der Kläger auch im Rahmen einer Verbandsklage insoweit klagbefugt. Das Landgericht habe im übrigen die Klausel zu recht für unwirksam erklärt. Die Beklagte habe hierdurch das gesamte unternehmerische Risiko auf den Kunden verlagert. Das dem Kunden erst nach 24 Monaten zustehende Kündigungsrecht werde durch die in der Klausel zu g) aufgeführten Restzahlungen teuer erkauft und genüge insoweit den Kundeninteressen nicht.</p>
<span class="absatzRechts">128</span><p class="absatzLinks">Die Klausel zu e) sei vom Landgericht zutreffend für unwirksam erklärt worden; dieses Ergebnis leite sich nicht nur aus der unzulässigen Kumulation von Kündigungsrecht, Rücknahmerecht und Schadensersatzanspruch her, sondern ergebe sich schon aus dem Recht der Beklagten, den Leasinggegenstand sicherzustellen. Hierdurch sei der Kunde in seiner wirtschaftlichen Dispositionsfreiheit eingeschränkt. Während der Kunde aufgrund einer wirksamen fristlosen Kündigung verpflichtet werde, den Leasinggegenstand endgültig zurückzugeben, würde die Beklagten den Kunden im Rahmen einer bloßen Sicherstellung beliebig lange hinhalten und am Vertrage festhalten können, bis sich z.B. die wirtschaftliche Situation des Kunden gebessert habe. Der Kunde wäre z.B. daran gehindert, sich mit Hilfe des ihm nun entzogenen Leasinggegenstandes das Kapital zur Tilgung seiner Schulden zu erarbeiten.</p>
<span class="absatzRechts">129</span><p class="absatzLinks">Die Klausel zu f) sei vom Landgericht zutreffend für unwirksam erklärt worden; sie verstoße gegen § 9 AGB-Gesetz, weil sie überraschend sei; und diesen Gesichtspunkt habe das Landgericht zutreffend herausgearbeitet.</p>
<span class="absatzRechts">130</span><p class="absatzLinks">Schließlich verstoße die Klausel zu g) nicht nur - wie das Landgericht gemeint habe - gegen § 9 des AGB-Gesetzes, sondern sei auch mit § 10 Nr. 7 a des AGB-Gesetzes nicht zu vereinbaren. Die Verpflichtung zu gestaffelter Restzahlung sei zu beanstanden, weil die Nutzungsvergütung, die die Beklagte dann erhalte, unangemessen hoch sei. Im übrigen liege bereits in der beanstandeten Klausel, soweit der Kunde lediglich 75 % des Verwertungserlöses angerechnet würden, ein Verstoß nach § 10 Nr. 7 des AGB-Gesetzes vor. Wenn die Beklagte davon noch einmal die Verwertungskosten abziehen wolle, so verlange sie praktisch doppelten Aufwendungsersatz, was den Kunden besonders belaste.</p>
<span class="absatzRechts">131</span><p class="absatzLinks">Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der im zweiten Rechtszuge gewechselten Schriftsätze verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">132</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe</u></b></p>
<span class="absatzRechts">133</span><p class="absatzLinks">Beide Berufungen sind zulässig.</p>
<span class="absatzRechts">134</span><p class="absatzLinks">Während die Berufung der Beklagten, die hiermit ihre Verurteilung durch das Landgericht bekämpft, unbegründet ist, war auf die begründete Berufung des Kläger der Beklagten die Verwendung auch der - vom Landgericht nicht beanstandeten - Klausel zu h) zu untersagen und auch insoweit die Befugnis zur Veröffentlichung auszusprechen.</p>
<span class="absatzRechts">135</span><p class="absatzLinks">Im einzelnen gilt hinsichtlich der streitgegenständlichen Klauseln, die im Folgenden unter Verwendung der von beiden Parteien benutzten Bezeichnungen a) - h) abgehandelt sind, folgendes:</p>
<span class="absatzRechts">136</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">137</span><p class="absatzLinks"><u>Berufung der Beklagten</u></p>
<span class="absatzRechts">138</span><p class="absatzLinks">Die Berufung der Beklagten mußte ohne Erfolg bleiben.</p>
<span class="absatzRechts">139</span><p class="absatzLinks">Das landgerichtliche Urteil ist, soweit es auf Unterlassung der Verwendung der von dem Kläger im einzelnen gerügten Klauseln erkannt hat, nicht zu beanstanden. Alle hiergegen von der Beklagten mit ihrer Berufung geführten Angriffe gehen fehl.</p>
<span class="absatzRechts">140</span><p class="absatzLinks"><u>1.Klagebefugnis</u></p>
<span class="absatzRechts">141</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist klagbefugt (§ 13 AGB-Gesetz), er ist im Vereinsregister eingetragen und verfolgt satzungsgemäß das Ziel, die Interessen der Verbraucher wahrzunehmen, d.h. die Verbraucher aufzuklären und zu beraten.</p>
<span class="absatzRechts">142</span><p class="absatzLinks"><u>2. Wiederholungsgefahr</u></p>
<span class="absatzRechts">143</span><p class="absatzLinks">Soweit die Beklagte im ersten Rechtszuge - allerdings ohne nähere Substantiierung - darauf hingewiesen hat, daß sie einige der Klauseln nicht mehr verwende (diesen Gesichtspunkt hat sie im zweiten Rechtszuge nicht weiter vertieft), und damit die Frage der Wiederholungsgefahr angesprochen ist, brauchte der Senat dieser Frage nicht weiter nachzugehen. Abgesehen davon, daß ohnehin nicht deutlich wird, ob die Beklagte auch die hier streitgegenständlichen "Leasinggebervertragsbedingungen für - nach 24 Monaten - kündbare Leasingverträge" neugefaßt und einige Klauseln nicht mehr aufgenommen hat, ist diese Darstellung für die Frage der Wiederholungsfall ohne Belang. Ähnlich wie bei Wettbewerbsverstößen besteht bei der Verwendung von allgemeinen Geschäftsbedingungen, die unzulässige Klauseln enthalten, eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr. Es liegt im Wesen allgemeiner Geschäftsbedingungen, daß sie in einer Vielzahl von Fällen, also wiederholt verwendet werden (§ 1 des AGB-Gesetzes). An die Beseitigung der Wiederholungsgefahr sind, wie im Wettbewerbsrecht, strenge Anforderungen zu stellen. Ob nun, wie in der Literatur teilweise angenommen wird (zu vergleichen Löwe in BB 1979, 707 m.w.N.) (auch) in Verfahren nach § 13 des AGB-Gesetzes die Wiederholungsgefahr regelmäßig nur durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden kann oder aber, wie auch bei Wettbewerbsverstößen, Ausnahmefälle möglich sind, in denen die Wiederholungsgefahr ohne Übernahme einer derartigen Verpflichtung beseitigt werden kann (BGHZ 81, 221, 224 m.w.N), kann dies im Ergebnis hier offen bleiben. Eine solche Sachlage läge auch nach der dargestellten Rechtsprechung des BGH, der sich der Senat in ständiger Rechtsprechung angeschlossen hat, nur vor, wenn sich ein solcher Ausnahmefall unter Berücksichtigung der tatsächlichen Umstände des Einzelfalles aus dem gesamten Verhalten des Verwenders der allgemeinen Geschäftsbedingungen auf deren Beanstandung durch den klagenden Verband hin darstellt. Maßgeblich ist, ob der Verwender nach diesem seinem im Zusammenhang gewürdigten Verhalten selbst hinreichend Gewähr dafür bietet, und auch genügend dafür getan hat, daß es zu weiterer Verwendung der beanstandeten allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht mehr kommt (zu vgl. BGHZ a.a.O.). Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor. Die Beklagte hat nicht vorgetragen, geschweige denn unter Beweis gestellt, daß sie sich im Falle der Abwicklung von sogenannten "Altverträgen", d.h. Verträgen, denen die hier streitgegenständlichen "Leasinggebervertragsbedingungen" mit den hier beanstandeten Klauseln zugrunde liegen, nicht mehr auf diese (beanstandeten) Klauseln berufen wird.</p>
<span class="absatzRechts">144</span><p class="absatzLinks">3.</p>
<span class="absatzRechts">145</span><p class="absatzLinks"><u>Überprüfung der Klauseln zu a) bis g)</u></p>
<span class="absatzRechts">146</span><p class="absatzLinks">Zu Recht hat das Landgericht die Klauseln zu a) bis g) für unwirksam erklärt.</p>
<span class="absatzRechts">147</span><p class="absatzLinks"><u>a. Klausel a)</u></p>
<span class="absatzRechts">148</span><p class="absatzLinks">Diese Klausel ist wegen Verstoßes gegen § 10 Nr. 1 des AGB-Gesetzes unwirksam. Soweit hiernach eine formularmäßige Vertragsklausel unwirksam ist, durch die sich der Verwender unter anderem eine unangemessen lange Frist für die Annahme oder Ablehnung eines Angebotes vorbehält, soll hierdurch sichergestellt werden, daß der Kunde durch formularmäßige Ausgestaltung der Frist zur Annahme des Angebotes nicht unangemessen benachteiligt wird (zu vgl. Löwe - von Westfalen, Kommentar zum AGB-Gesetz, 2. Aufl., 1985, § 10 Nr. 1 Rdn. 11; Ulmer - Brandner - Hensen, Kommentar zum ABG-Gesetz, 4. Aufl., 182, § 10 Rdn. 4). Wann dies zutrifft, ist nach dem Inhalt und der wirtschaftlichen Bedeutung des Vertrages und der Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen und der Verkehrsanschauung zu entscheiden. Nach Auffassung des Senats hat das Landgericht die beanstandete Klausel hiernach zurecht für unwirksam angesehen. Denn auch soweit es hier um die Verwendung dieser Klausel in Verträgen mit Nichtkaufleuten geht - nur dies ist Antragsgegenstand -, benachteiligt sie die Kunden in ihrer wirtschaftlichen Dispositionsfreiheit unangemessen. Bei der Beurteilung derartiger Fristen ist zunächst - bezogen auf das Angemessenheitsurteil - auf die gesetzliche Wertung des § 147 BGB zurückzugreifen. Die dort bemessene Frist ist sehr kurz; sie wird nicht ohne weiteres den Besonderheiten eines arbeitsteilig organisierten AGB-Verwenders gerecht. Eine maßvolle Überschreitung der in § 147 BGB verankerten Regelfrist verstößt - für sich allein genommen - nicht gegen § 10 Nr. 1 des ABG-Gesetzes (zu vgl. Löwe - von Westfalen a.a.O.). Es sind deshalb insbesondere auch - als unmittelbare Konsequenz des jeweiligen Vertragsgegenstandes - der Umfang der organisatorischen Vorkehrungen bei der Wertung gemäß § 10 Nr. 1 AGB-Gesetz zu berücksichtigen, welche der AGB-Verwender vor Abschluß des Vertrages berechtigterweise anstellen muß, z.B. Einholung von Auskünften und dergleichen. Dies darf allerdings nicht dahin mißverstanden werden, daß dem AGB-Verwender eine nachlässige Arbeitsweise gestattet wird (zu vgl. Löwe - von Westfalen a.a.O. Rdn. 12). Das Vorliegen eines sachlich gerechtfertigen Grundes, die Regelfrist des § 147 BGB im Interesse des AGB-Verwenders zu überschreiten und damit die Dispositionsfreiheit des Kunden einzuschränken, erfordert folglich eine den Umständen nach ausreichende Organisation des Arbeitsablaufes des AGB-Verwenders und eine zügige, rasche Erledigung aller dem AGB-Verwender zugehenden, mit einer Vorbehaltsfrist ausgestatteten Angebote eines AGB-Kunden (zu vgl. Ulmer - Brandner - Hensen, a.a.O. § 10 Nr. 1 Rdn. 5). Die Beklagte hat nun schon nicht substantiiert dargelegt, wie die übliche geschäftliche Behandlung derartiger Angebote ihrer Leasingkunden abläuft, insbesondere welcher Zeitaufwand zur Bearbeitung gerechtfertigter Recherchen und Refinanzierungsverhandlungen üblicherweise erforderlich ist. Nach Auffassung des Senats weicht aber zudem die hier formularmäßig vereinbarte <u>zweimonatige</u> Bindungsfrist in jedem Fall von der Regelfrist des § 147 BGB derartig weit ab und schränkt die Dispositionsfreiheit des Kunden so stark ein, daß sie auf jeden Fall gemäß § 10 Nr. 1 des AGB-Gesetzes unwirksam ist, denn auch der Kunde, der - wie hier - Gebrauchsgüter des täglichen Lebens least, kann nicht über einen Zeitraum von 8 Wochen im Unklaren gelassen werden, ob sein Angebot angenommen wird oder nicht.</p>
<span class="absatzRechts">149</span><p class="absatzLinks"><u>b. Klausel b)</u></p>
<span class="absatzRechts">150</span><p class="absatzLinks">Zu Recht hat das Landgericht auch diese Klausel für unwirksam gehalten und sich - auch nach Auffassung des Senats insoweit - zutreffend auf § 9 Abs. 2 Nr. 1 des AGB-Gesetzes gestützt. Hiernach ist eine Klausel unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt, insbesondere wenn sie mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Klausel b) regelt, daß der Vertrag (bereits) zustande kommt, wenn der Leasinggeber die Annahmeerklärung (innerhalb der zweimonatigen Frist der Klausel zu a) zur Post gibt; der Leasingnehmer verzichtet auf den Zugang der Annahmeerklärung. Diese Klausel weicht entscheidend von der Regelung der §§ 147, 148, 151 BGB ab, die nach Auffassung des Senats zu den wesentlichen Grundgedanken des allgemeinen Vertragsrechts gehören. Das Vertragsangebot bedarf der Annahme; die Annahmeerklärung ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Auch nach § 151 Abs. 1 BGB kommt ein Vertrag nur durch Annahme des Antrages zustande, wenn auch die Annahmeerklärung hier nicht zugehen muß, u.a. sofern der Antragende auf sie verzichtet hat. Der gesetzliche Grundgedanke der §§ 147, 148, 151 BGB besteht nun darin, daß der Vertragspartner über die Vertragserklärungen des Gegners informiert sein soll, deshalb geht auch § 151 BGB im Grundsatz davon aus, daß ein Vertrag durch die Annahme des Antrages zustande kommt; von diesen dargestellten gesetzlichen Grundgedanken (des § 147, 148 BGB) macht § 151 BGB (nur) insoweit eine Ausnahme, als nämlich der Zugang der Annahmeerklärung gegenüber dem Antragenden lediglich dann nicht erforderlich ist, wenn eine solche Annahmeerklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende auf sie verzichtet hat. Die Beklagte trägt nun selbst nicht vor, daß nach der Verkehrssitte der Zugang ihrer Annahmeerklärung von den Kunden nicht erwartet werde. Ihr Hinweis auf die Praxis der Aushändigung der Leasinggüter ist hier ohne Belang; es kann unterstellt werden, daß die Kunden (nachdem die Vorprüfungen der Beklagten hinsichtlich der Bonität und Refinanzierung abgeschlossen sind) von dem Lieferanten des Leasinggutes darüber informiert werden, daß das Leasinggut abgeholt werden könne; auch wird der Kunde bei Unterzeichnung der Übernahmeerklärung in aller Regel (vernünftigerweise) davon ausgehen, daß (hiermit) sein Vertragsangebot angenommen ist. Allein durch diesen tatsächlichen Ablauf - der zeitlich von der Beklagten ohnehin nicht präzisiert wird - ist den Erfordernissen der §§ 147, 148, 151 BGB indessen nicht Rechnung getragen; da eine solche Handhabung doch wohl (noch) nicht auf eine Verkehrssitte schließen läßt, nach der der Zugang der Annahmeerklärung in diesem Fall nicht erforderlich ist, ist folglich allein entscheidend, ob der in der Klausel zu b enthaltene formularmäßige Verzicht auf den Zugang der Annahmeerklärung mit § 9 des AGB-Gesetzes zu vereinbaren ist. Das ist zu verneinen. Selbst wenn nämlich im Einzelfall auf den Zugang der Annahmeerklärung verzichtet werden kann, dieser unter Umständen sogar stillschweigend erfolgen, sich insbesondere aus den Umständen ergeben kann, stellt dies doch den gesetzlichen Ausnahmefall dar. Eine formularmäßige Erhebung dieses Ausnahmefalls zum Regelfall verstößt gegen § 9 des AGB-Gesetzes. Die Vertragsklausel zu b) nötigt dem Kunden einen generellen Verzicht auf den Zugang der Annahmeerklärung ab; selbst wenn nun die Beklagte - wie sie auch im zweiten Rechtszuge vorträgt - tatsächlich bemüht ist, sicherzustellen, daß der Kunde gleichwohl in jedem Fall Kenntnis von ihrer Annahmeerklärung erlangt, ändert dies nichts an der Tatsache, daß der Kunde nach den Vertragsbedingungen rechtlich an den Vertrag gebunden ist, ohne Kenntnis von der Annahmeerklärung der Beklagten zu erlangen. Das ist zu beanstanden. Der Kunde muß gerade in Anbetracht der langen und eingehenden Prüfung der Beklagten mit der Möglichkeit rechnen, daß sein Antrag abgelehnt wird; er ist damit - ohne Kenntnis von dem Stand der Entscheidung des Leasinggebers zu erhalten - in seiner wirtschaftlichen Dispositionsfreiheit gleichsam neutralisiert, wohingegen der Leasinggeber (der wirtschaftlich tatsächlich erst betroffen ist, wenn er das Leasinggut finanziert) während dieses Zeitraumes in seiner (sonst üblichen) wirtschaftlichen Betätigung ungehindert fortfahren kann, ohne vertraglich zur besonderer Eile verpflichtet zu sein.</p>
<span class="absatzRechts">151</span><p class="absatzLinks"><u>c. Klausel c)</u></p>
<span class="absatzRechts">152</span><p class="absatzLinks">Ohne Erfolg greift die Beklagte mit ihrer Berufung das landgerichtliche Urteil weiter insoweit an, als ihr die Verwendung der Klausel c) untersagt wurde. Ohnehin wendet sich die Beklagte nicht (mehr) gegen das Verbot, diese Klausel zu benützen, soweit darin die Berechnung der gestaffelten Mahngebühren je nach Höhe der Rückstände geregelt ist. Dieses Verbot hat die Beklagte akzeptiert.</p>
<span class="absatzRechts">153</span><p class="absatzLinks">Die Berufung hat aber auch keinen Erfolg, soweit die Beklagte das Verbot der Benutzung der Klausel in der verbliebenen Fassung angreift. Soweit hiernach der Kunde im Falle des Zahlungsverzuges dem Leasinggeber Zinsen auf Rückstände bzw. Schadensersatzansprüche in Höhe von 1 % pro Monat zuzüglich Mehrwertsteuer auf die jeweiligen kontokorrentmäßig ermittelten Rückstände schuldet, handelt es sich, wovon auch das Landgericht ausgeht, um eine Pauschalierung des Verzugsschadens der Beklagten. Solche Abreden über eine Pauschalierung des Schadensersatzes können zwar grundsätzlich in Formularverträgen getroffen werden (zu vgl. BGHZ 63, 256; NJW 1983, 1542). Derartige Klauseln vermögen jedenfalls dann der erleichterten Abwicklung eines Anspruchs auf Ersatz des Verzugsschadens zu dienen, wenn sich die Höhe des pauschalierten Ersatzes an dem geschätzten Ausmaß des typischer Weise entstehenden Schadens orientiert (BGH NJW 1983, 1542 m.w.N.).</p>
<span class="absatzRechts">154</span><p class="absatzLinks">Nach § 11 Nr. 5 b des AGB-Gesetzes ist aber unter anderem die Vereinbarung eines pauschalierten Anspruches des Verwenders auf Schadensersatz unwirksam, wenn dem anderen Teil der Nachweis abgeschnitten wird, ein Schaden sei überhaupt nicht oder wesentlich niedriger entstanden als die Pauschale. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Zwar verlangt der Wortlaut des § 11 Nr. 5 b des AGB-Gesetz nicht, daß der Verwender dem anderen Teil das Recht zu Gegenbeweis ausdrücklich vorbehalten muß (zu vgl. BGH WM 1982, 907); andererseits genügt es, daß der nicht rechtskundige Vertragspartner des Verwenders nach der Fassung der Bestimmung davon ausgehen muß, daß er sich auf einen im Einzelfall wesentlich niedrigeren Schaden nicht mehr berufen kann (OLG Hamburg NJW 1981, 2420). Die beanstandete Bestimmung ist in diesem Sinne zu verstehen. Hierfür spricht schon - wie das Landgericht zutreffend herausgearbeitet hat -, daß der Verzugsschaden nach dem AGB-Text "geschuldet" und daß er "in Rechnung gestellt" wird. Wenn damit auch die Auslegung, daß der Schaden, der nur pauschal auf 1 % pro Monat festgesetzt ist, weniger betragen kann, noch nicht ausgeschlossen sein mag, so ist diese Auslegung für den nicht rechtskundigen Leasingnehmer jedenfalls nicht deutlich genug erkennbar. Soweit nun die Beklagte im zweiten Rechtszuge die Frage aufgeworfen hat, ob die Rückführung dieser Klausel auf einen zulässigen Inhalt in Betracht gezogen werden könne in der Weise, daß dem Kunden die Möglichkeit des Nachweises eines geringeren Schadens eingeräumt werde, kommt die von der Beklagen hiermit erstrebte geltungserhaltende Reduktion der Klausel auf einen zulässigen Inhalt nicht in Betracht (BGH BB 1983, 19 m.w.N). Es ist ausschließlich Sache des Verwenders, bedenkenfreie allgemeine Geschäftsbedingungen vorzulegen und zu verwenden.</p>
<span class="absatzRechts">155</span><p class="absatzLinks"><u>d. Klausel d)</u></p>
<span class="absatzRechts">156</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat diese Klausel zu recht für unzulässig gehalten. Alle hiergegen von der Berufung geführten Angriffe sind unbeachtlich.</p>
<span class="absatzRechts">157</span><p class="absatzLinks">Nach Auffassung des Senats verstößt die beanstandete Klausel gegen § 9 Abs. 2 Nr. 1, 2 des AGB-Gesetzes, weil sie die Kunden unangemessen benachteiligt. Klauseln, die den Verwendern einseitige Preiserhöhungen nach freiem Belieben gestatten, ohne dem Kunden die Möglichkeit einer Lösung vom Vertrage einzuräumen, sind unwirksam (zu vgl.: BGH NJW 1983, 1604). Nach dem Wortlaut der Klausel kann der Leasinggeber die Höhe der Raten "angemessen" anpassen, wenn sich solche der Preiskalkulation zugrundeliegenden Faktoren gegenüber dem Stand des Vertragsschlusses ändern, auf deren Bildung der Leasinggeber keinen Einfluß hat. Es wird schon nicht deutlich, auf welche Preisbildungsfaktoren der Leasinggeber keinen Einfluß hat; wenn er damit lediglich den Kapitalmarktzins meint - wie es die Beklagte im zweiten Rechtszuge vorträgt -, hätte es nahegelegen, diese Tatsache eindeutig und unmißverständlich in den formularmäßigen Vertragstext aufzunehmen und nicht lediglich insoweit einen Beispielsfall zu bilden, der - jedenfalls aus der Sicht des Kunden - eine Anwendung auf andere Sachverhalte möglich erscheinen läßt. Die Klausel verweist generell auf die mögliche Erhöhung von Preisbildungsfaktoren einer dem Kunden ohnehin nicht mitgeteilten oder offengelegten Kalkulation, so daß es hiernach auch möglich wäre, bei Veränderung anderer Faktoren als Geld- oder Kapitalmarktzinsen eine Erhöhung der Leasingraten zu verlangen. Der Kunde - dem die Einzelheiten der Kalkulation des Leasinggebers, wie gesagt, verborgen bleibt - ist bei einem solchen Ausgangspunkt aber unangemessen benachteiligt, weil ihm keine Möglichkeit gegeben ist, sich von dem Vertrag zu lösen; die vom Beklagten insoweit in Bezug genommene Kündigungsmöglichkeit nach 24 Monaten ist insoweit kein geeignetes Aequivalent.</p>
<span class="absatzRechts">158</span><p class="absatzLinks"><u>e. Klausel e)</u></p>
<span class="absatzRechts">159</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat auch die Klausel zu e) zu Recht wegen Verstoßes gegen § 9 Abs. 2 Nr. 1 des AGB-Gesetzes für unwirksam erklärt. Soweit der Leasinggeber hiernach den Leasinggegenstand sicherstellen oder den Vertrag fristlos kündigen oder beide Maßnahmen zusammen ergreifen kann, wenn der Leasinggegenstand gepfändet, Vergleich- oder Konkursantrag gestellt wird, eine wesentliche Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Leasingnehmers zu befürchten ist oder eine Wohn- bzw. Firmensitzverlegung ins Ausland oder eine Betriebsauflösung geplant ist, und der Leasinggeber bei fristloser Kündigung (sogar) berechtigt ist, Schadensersatz gemäß § 4 Abs. 3 der Leasinggebervertragsbedingungen zu verlangen, hält diese Klausel jedenfalls in ihrer <u>Gesamtheit</u> einer Überprüfung nach dem AGB-Gesetz nicht stand.</p>
<span class="absatzRechts">160</span><p class="absatzLinks">(1.) Es entspricht allerdings anerkannten Rechts, daß der Leasinggeber als Konsequenz der fristlosen Kündigung des Leasingvertrages das Leasinggut zur Sicherstellung an sich nehmen kann, um dann vom Leasingnehmer weiterhin Erfüllung des Vertrages zu verlangen, verbunden freilich mit der eindeutigen Festlegung, daß der Leasingnehmer dann wieder gegenüber dem Leasinggeber zur Gebrauchsbenutzung des Leasinggutes berechtigt ist, wenn und soweit er die rückständigen Raten entrichtet hat (BGH WM 1978, 406). Ebenso wurde eine formularmäßige Klausel, durch die eine fristlose Kündigung des Leasinggebers bei Zwangsvollstreckung in das Leasingnehmervermögen berechtigt ist, nicht beanstandet (zu vgl.: BGH ZIP 1984, 185; NJW 1984, 871); denn die berechtigten Belange des Leasinggebers können bei solcher Fallgestaltung durch Zwangsvollstreckungsakte nachhaltig beeinträchtigt werden; kommt es zu Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Leasingnehmer, so ist das regelmäßig ein Anzeichen dafür, daß er selbst titulierten Leistungspflichten nicht (mehr) nachkommt, Soweit eine fristlose Kündigung berechtigterweise ausgesprochen wurde, kann der Leasinggeber den konkreten Nichterfüllungsschaden geltend machen (zu vgl.: BGH ZIP 1985, 8868; BB 1985, 1730).</p>
<span class="absatzRechts">161</span><p class="absatzLinks">(2)</p>
<span class="absatzRechts">162</span><p class="absatzLinks">Soweit in der Klausel zu e) aber bereits bei "Befürchtung des Eintritts wesentlicher Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Leasingnehmers" der Leasinggeberin das Recht auf Sicherstellung und/oder fristloser Kündigung und/oder Schadensersatz gemäß § 4 Ziffer 3 der Leasinggebervertragsbedingungen eingeräumt wird, ist allerdings fraglich, ob diese Klausel einer Inhaltskontrolle noch standhält. Denn diese Klausel steht mit der gesetzlichen Regelung des § 321 BGB nicht in Einklang. Nach § 321 BGB kann der Gläubiger zwar bei wesentlicher Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Schuldners die ihm obliegende Leistung so lange verweigern, bis die Gegenleistung bewirkt oder Sicherheit dafür geleistet wird; soweit hiernach die Vorleistungspflicht des Gläubigers eingeschränkt wird, ist dies nach dem gesetzlichen Leitbild des § 321 BGB aber nur unter der Voraussetzung der Fall, daß die wesentliche Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Schuldners sich (im Rahmen des § 321 BGB) <u>dokumentiert</u> hat, sei es z.B. durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in das Vermögen des Schuldners; bei Leasingverträgen ist hierzu regelmäßig erforderlich, daß der Leasingnehmer die Zahlungen der Leasingraten einstellt (zu vgl. OLG Frankfurt, NJW 1977, 200). Bei dem - dargestellten - Wortlaut der Klausel zu e) bleibt nun aber schon unklar, ob die Beklagte hier (lediglich) an die in § 321 BGB geforderten tatsächlichen Voraussetzungen anknüpfen will. Der Fall des Verzuges des Leasingnehmers mit der Zahlung der Leasingraten ist in § 4 Abs. 3 der Leasinggebervertragsbedingungen geregelt; dieser Fall kann hier folglich nicht gemeint sein. Im übrigen aber ist der Wortlaut dieser Klausel aus der Sicht des Kunden so zu verstehen, daß der Beklagten die hierdurch eingeräumten Rechte (Sicherstellung, Kündigung, Schadensersatz) schon zustehen bei der bloßen <u>Befürchtung</u>, d.h. bei der bevorstehenden allenfalls drohenden Gefahr einer Vermögensverschlechterung, die sich - entgegen der Regelung des § 321 BGB - noch nicht tatsächlich dokumentiert haben müßte. Eine solche Regelung würde aber dem gesetzlichen Leitbild der Vorleistungspflicht des Gläubigers im Rahmen des Leasingvertrages entgegenstehen. Die diese Vorleistungspflicht einschränkende Vorschrift des § 321 BGB ist als Ausnahmetatbestand zu werten; im Gegensatz hierzu würde nun aber nach dem Wortlaut der Klausel zu e) die dort geschilderten Rechte des Leasinggebers (auch) schon dann entstehen, wenn der Leasingnehmer zwar die Leasingraten weiter zahlt, folglich sich vertragstreu verhält, er sich aber (andererseits) in solchen finanziellen Schwierigkeiten befindet, die die Befürchtung einer (bevorstehenden) wesentlichen Verschlechterung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse rechtfertigen könnten. Eine solche Regelung erscheint aus der Sicht des vertragstreuen Kunden unangemessen. Die Frage, ob die Klausel zu e) unter diesem Gesichtspunkt einer Inhaltskontrolle standhält, brauchte aber nicht abschließend entschieden zu werden.</p>
<span class="absatzRechts">163</span><p class="absatzLinks">(3) Jedenfalls hält nämlich die Klausel zu e) einer Inhaltskontrolle gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 des AGB-Gesetzes schon deshalb nicht stand, weil sie kumulativ das Recht auf Sicherstellung, das Recht zur fristlosen Kündigung und das Recht auf Geltendmachung von Schadensersatz (gemäß § 4 Abs. 3 der Leasinggebervertragsbedingungen) für den Leasinggeber aufzählt und den Leasingnehmer damit unangemessen benachteiligt. Es entspricht gefestigter Rechtsprechung (zu vgl.: BGH BB 1982, 1078; ZIP 1985, 2063; DB 1985, 1730), daß der Leasinggeber nicht berechtigt ist, im Falle der fristlosen Kündigung des Leasingvertrages das Leasinggut zurückzunehmen und gleichzeitig alle künftig anfallenden Leasingraten zur Zahlung fällig zu stellen. Nach der in der Klausel zu e) in Bezug genommenen Vertragsbedingung des § 4 Abs. 3 (Schadensersatz) soll der Leasinggeber aber berechtigt sein, als Schadensersatz die nach der Barwertmethode abgezinsten Leasingraten vom Kündigungszeitpunkt bis zum Ende der vereinbarten Laufzeit, berechnet auf den 84. Monat, zu verlangen, abzüglich eines etwaigen Nettoverwertungserlöses. Diese Regelung ist mit dem Leitbild des Mietvertrages auch in der Sonderform des Leasingvertrages unvereinbar (zu vgl.: BGHZ 71, 196; WM 1980, 150).</p>
<span class="absatzRechts">164</span><p class="absatzLinks"><u>f. Klausel f)</u></p>
<span class="absatzRechts">165</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat diese Klausel zu Recht gemäß § 3 des AGB-Gesetzes beanstandet. Hiernach werden Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrages so ungewöhnlich sind, daß der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil. Durch hier beanstandete Klausel zu f), die sich auf dem Deckblatt des fomularmäßigen Vertragsentwurfes unter der Überschrift "kündbare Leasingdauer" im Fließtext (zwar in der grafischen Gestaltungsform des Fettdruckes) befindet, erkennt der Leasingnehmer unter anderem an, daß er "umstehende Leasingbedingungen" zur Kenntnis genommen hat und anerkennt. Dies ist als überraschende Klausel zu beanstanden. Denn nach § 2 des ABG-Gesetzes werden allgemeine Geschäftsbedingungen nur dann Bestandteil des Vertrages, wenn der Verwender bei Vertragsschluß unter anderem ausdrücklich darauf hinweist (und die andere Partei mit ihrer Geltung einverstanden ist).</p>
<span class="absatzRechts">166</span><p class="absatzLinks">Dieser Hinweis kann mündlich oder schriftlich erfolgen (BGH NJW 1983, 817); er kann auch in einem vom Verwender vorformulierten Vertragsangebot enthalten sein. Der Hinweis muß aber - wegen der gesetzlich geforderten Ausdrücklichkeit - so angeordnet und gestaltet sein, daß er von einem Durchschnittskunden auch bei flüchtiger Betrachtung nicht übersehen werden kann. Diesen Anforderungen wird die beanstandete Klausel hier keineswegs gerecht. Zwar ist die Klausel grafisch in Fettdruck gestaltet; sie befindet sich aber - ohne daß insoweit ein besonderer, ausdrücklicher blickfangmäßiger Hinweis erfolgt ist - im Fließtext der Regelung, die sich mit der Grundmietzeit unter der Überschrift "kündbare Leasingdauer" befaßt. Unter dieser Klausel erwartet der flüchtige Leser nicht auch die Vereinbarung von allgemeinen Geschäftsbedingungen als Vertragsinhalt.</p>
<span class="absatzRechts">167</span><p class="absatzLinks">Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang die Frage aufwirft, ob der Kläger im Rahmen einer Klage gemäß § 13 ABG-Gesetz nicht lediglich Verstöße gegen §§ 9 bis 11 des AGB-Gesetzes geltend machen kann, geht der Senat davon aus, daß Sinn und Zweck des AGB-Gesetzes insoweit eine erweiterte Auslegung zugunsten des Verbandes rechtfertigt (zu vgl. ebenso Palandt-Heinrichs Kommentar zum BGB, 45. Aufl., AGB-Gesetz § 13 Anm. 2 b m.w.N.).</p>
<span class="absatzRechts">168</span><p class="absatzLinks"><u>g. Klausel g)</u></p>
<span class="absatzRechts">169</span><p class="absatzLinks">Die Klausel zu g) verstößt gegen § 9 Abs. 1 Nr. 1 des AGB-Gesetzes und ist deshalb unwirksam. Nach dem Wortlaut der Klausel ist der Leasingnehmer im Falle der von ihm ausgehenden Kündigung - die vertragsgemäß nach Ablauf von 24 Monaten (Grundmietzeit) erstmals vorgesehen ist - verpflichtet, eine sogenannte Restzahlung zu leisten, die für den Fall der Kündigung z.B. nach 24 Monaten mit 87 % des Nettoanschaffungswertes unter Berücksichtigung einer bereits erteilten Zinsgutschrift auf die Restlaufzeit zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer unter Anrechnung von 75 % des Verwertungserlöses, maximal bis zur Höhe der Restzahlung abzüglich der Verwertungskosten des Leasinggebers berechnet werden soll. Diese Klausel benachteiligt in der vorliegenden Fassung den Leasingnehmer in unangemessener Weise und ist deshalb unwirksam. Erkennbar hat der Leasinggeber bei dem hier streitgegenständlichen Leasingvertrag die Amortisation seines Kapitaleinsatzes über eine Vertragsdauer von 84 Monaten kalkuliert. Werden nun - wie hier - Finanzierungsleasingverträge abgeschlossen, bei denen die fest vereinbarte Vertragsdauer (Grundmietzeit) nicht mit der vom Leasinggeber kalkulierten Amortisationszeit für das vom Leasinggeber eingesetzte Kapital übereinstimmt, so kann das zur Folge haben, daß eine volle Amortisation diese Kapitals innerhalb der tatsächlichen Laufzeit des Finanzierungsleasingvertrages nicht erreicht werden kann. Die Frage ist, wer das Risiko des teilweise Amortisationsausfalls zu tragen hat, wenn es an einer ausdrücklichen vertraglichen Regelung fehlt, die dazu bestimmt ist, bei derartigen Teilarmotisationsverträgen im Ergebnis die Vollarmortisation herbei zu führen.</p>
<span class="absatzRechts">170</span><p class="absatzLinks">Ist nun, wie im vorliegenden Streitfall, eine vertragliche <u>individuell</u> ausgehandelte Absprache nicht getroffen, müßten die Parteien des Leasingvertrages auf die hier im Streit befindliche vorformulierte Klausel zurückgreifen. Die hierfür vorgesehene Klausel zu g), die durch die vorgesehene Restzahlung den Leasingnehmer mit dem Armortisationsrisiko belastet, ist aber unwirksam (BGHZ 82, 121, 130).</p>
<span class="absatzRechts">171</span><p class="absatzLinks">Der Senat geht mit dem BGH (<u>zu vgl.:</u> BGH DB 1985, 1730, 1731) davon aus, daß die Unwirksamkeit dieser Klausel daraus folgt, daß die Regelung für den Leasingnehmer nicht hinreichend durchschaubar ist. Der Leasingnehmer kann nicht erkennen, welche Ausfälle und Nachteile die Beklagte in ihre Berechnung einbezogen und ob sie auch die ihr durch eine ordentliche, vertraglich vorgesehen Kündigung der Verträge durch den Leasingnehmer entstehenden Vorteile berücksichtigt hat; Vorteile und Nachteile sind (lediglich) in Prozentsätzen vom Anschaffungswert des Leasingobjektes ausgedrückt, die mit fortschreitender - störungsfreier - Vertragsdauer gegen null gehen. Auf welcher tatsächlichen Grundlage sie ermittelt worden sind, bleibt dem Leasingnehmer verborgen. Insbesondere kann sich der Leasingnehmer keine Gewißheit darüber verschaffen, ob die jeweiligen Restzahlungen ihn stärker belasten, als eine konkrete Berechnung des Erfüllungsinteresses des Leasinggebers. Er kann keinerlei Vergleichsrechnungen anstellen. Er kann zwar feststellen, wieviel Leasingraten beim Wirksamwerden der ordentlichen Kündigung noch zu diesem Zeitpunkt ausstehen, an dem die Restzahlung anfallen würde, kennt aber weder die anzuwendende Abzinsungsmethode noch deren Ergebnis.</p>
<span class="absatzRechts">172</span><p class="absatzLinks">Dasselbe gilt, soweit in dieser Klausel zu g) lediglich die Anrechnung von 75 % des Verwertungserlöses auf die Restzahlung vorgesehen ist. Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 24.01.1985 (4 U 384/83 - bislang nicht veröffentlicht -) ausgesprochen, daß die Anrechnung eines Verwertungserlöses lediglich in dieser Höhe den Leasingnehmer unangemessen benachteiligt. Auch der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung (DB 1985, 1730) - unter Hinweis auf diese Senatsentscheidung - zu der hier entscheidenden Problematik ausgeführt, daß der Leasingnehmer gerade ein Interesse an einer vollen Anrechnung hat. Er mag allerdings darauf bedacht sein, sich bei der Abwicklung des Vertrages nach ordentlicher Kündigung den steuerlichen Vorteil des Geschäfts zu erhalten, d.h. daß es bei der Zuordnung des Leasingobjektes als wirtschaftlichem Eigentum des Leasinggebers bleibt. Der Teilarmortisationserlaß des Bundesministers der Finanzen vom 22.12.1975 gewährleistet das bei einer Anrechnung von 90 % des Veräußerungserlöses. Die in jenem Erlaß in Bezug genommene Abschlußzahlung besteht aber aus den durch Zahlung von Leasingraten nicht gedeckten <u>Gesamtkosten</u> des Leasinggebers, während in dem Formularvertrag des vorliegenden Rechtsstreites die Restzahlung vom <u>Anschaffungswert des Leasingobjektes</u> berechnet wird. Der Sinn dieser - nicht erlaßkonformen - Regelung ist nicht erkennbar. Nicht ersichtlich ist auch, ob diese hier gewählte Vertragsgestaltung zu einem für den Leasingnehmer günstigeren Ergebnis führt; jedenfalls hat die Beklagten für einen solchen Ausgangspunkt keinerlei Tatsachen vorgetragen.</p>
<span class="absatzRechts">173</span><p class="absatzLinks"><u>II. Berufung des Klägers</u></p>
<span class="absatzRechts">174</span><p class="absatzLinks">Die Berufung des Kläger ist begründet.</p>
<span class="absatzRechts">175</span><p class="absatzLinks">Das landgerichtliche Urteil war abzuändern. Der Beklagten war - unter Aufrechterhaltung der Ordnungsmittelandrohung - auch die Verwendung der Klausel zu h) zu untersagen.</p>
<span class="absatzRechts">176</span><p class="absatzLinks">Soweit der Leasingnehmer in dieser Klausel zustimmt, daß der Leasinggeber nach den Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes seine - des Leasingnehmers - personenbezogenen Daten speichern, an entsprechende Auskunftstellen übermitteln, verändern oder löschen kann, verstößt diese Klausel gegen § 9 Abs. 2 Nr. 1 des AGB-Gesetzes.</p>
<span class="absatzRechts">177</span><p class="absatzLinks">Die Verarbeitung personenbezogener Daten, d.h. deren Speicherung, Übermittlung, Veränderung und Löschung ist grundsätzlich verboten, es sei denn, sie ist gesetzlich erlaubt oder durch Einwilligung des Betroffenen gestattet. Soweit nun die beanstandete Klausel eine Einwilligung des Leasingnehmers in die Speicherung, Übermittlung, Veränderung und Löschung der personenbezogenen Daten gemäß § 3 Satz 1 Nr. 2 des Bundesdatenschutzgesetzes enthält, kommt es für einen Unterlassungsanspruch nach § 13 des AGB-Gesetzes nicht (entscheidend) darauf an, ob die Klausel die förmlichen Voraussetzungen des § 3 Satz 2 des Bundesdatenschutzgesetzes erfüllt. Wenn der dort vorgeschriebene besondere Hinweis hier fehlt - worauf der Kläger aufmerksam macht - , so macht das allein die Klausel noch nicht materiell unangemessen im Sinne des § 9 des AGB-Gesetzes (zu vgl. BGH NJW 1936, 46). Formelle Mängel, die ohne inhaltliche Änderung durch eine andere äußere Gestaltung der allgemeinen Geschäftsbedingungen behoben werden können, rechtfertigen nicht das inhaltsbezogene uneingeschränkte Klauselverbot nach § 17 des AGB-Gesetzes (BGH NJW 1986, 46, 47). Andererseits wird die Klausel aber auch dadurch, daß sie aufgrund der gegenwärtigen Formulargestaltung bereits wegen Verstoßes gegen § 3 Satz 3 des Bundesdatenschutzgesetzes unwirksam sein könnte, nicht der abstrakten Kontrolle nach §§ 9, 13 AGB-Gesetz entzogen und kann wegen der bestehenden Gefährlichkeit für den Rechtsverkehr Gegenstand einer Klage aus § 13 AGB-Gesetz bleiben (BGH NJW 1986, 46, 47).</p>
<span class="absatzRechts">178</span><p class="absatzLinks">Materiell führt die streitige Klausel, da sie dem Leasingnehmer eine pauschale Einwilligung in die Speicherung, Weitergabe, Löschung und Änderung aller personenbezogener Daten abverlangt, zu einer unangemessenen Benachteiligung im Sinne des § 9 des AGB-Gesetzes. Eine solche Klausel läßt sich im Anwendungsbereich des Bundesdatenschutzgesetzes mit wesentlichen Gedanken dieses Gesetzes nicht vereinbaren. Das Bundesdatenschutzgesetz hat sich nun einmal für den grundsätzlichen Schutz aller personenbezogenen Daten entschieden. Es untersagt die Verwendung derartigen Daten zwar nicht schlechthin, macht die Verwendung aber in den §§ 24, 32 des Bundesdatenschutzgesetzes von einer Abwägung der berechtigten Interessen aller Beteiligten abhängig. Selbst wenn nun - was allerdings nicht ohne weiteres ersichtlich ist - ein Interesse der Leasinggeberin an der Verarbeitung von Daten des Leasingnehmers (überhaupt) anerkannt würde, kann der Senat nicht sehen, nach welchen Gesichtspunkten die Datenverarbeitung der Leasing<u>geberin</u> (der Beklagten) hier erfolgen soll, insbesondere welche Kriterien die Wahrung der berechtigten Interessen des Leasing<u>nehmers</u> sicherstellen und gegenüber den Interessen der Beklagten in die Waagschale geworfen werden. Das gilt um so mehr, als die "entsprechenden Auskunftsstellen", an die die Übermittlung erfolgen soll, nicht identifizierbar benannt sind.</p>
<span class="absatzRechts">179</span><p class="absatzLinks">Alternativ sieht das Bundesdatenschutzgesetz in § 3 Satz 1 Nr. 2 allerdings auch die Einwilligung des Betroffenen als uneingeschränkte Rechtfertigung jeder Datenverarbeitung vor. Zweifelhaft ist jedoch, wie weit eine solche Einwilligung formularmäßig, in allgemeinen Geschäftsbedingungen, erteilt werden kann. Wenn die Verwender den Abschluß bestimmter Verträge generell von der formularmäßigen Einwilligung abhängig machen, besteht in Fällen, in denen der Kunde auf den Vertragsschluß angewiesen ist, die Gefahr, daß ihm grundsätzlich eine echte eigene Entscheidung verwehrt ist und seine Einwilligung zur reinen Formalität absinkt (BGH NJW 1986, 46; Löwe - von Westfalen, Kommentar zum AGB, a.a.O. Bd. 3 laufende Nr. 38.15 Rdn.6 ). Eine unangemessene Benachteiligung des Leasingnehmers liegt nach Auffassung des Senats jedenfalls vor, wenn - wie im Streitfall - sich die formularmäßige Einwilligung nicht auf die Verarbeitung bestimmter personenbezogener Daten beschränkt, sondern <u>pauschal</u> sämtliche Gestaltungsmöglichkeiten der Datenverarbeitung (nämlich Speicherung, Übermittlung, Veränderung und Löschung) umfaßt und dem Leasingnehmer damit praktisch das Verfügungsrecht über diese Daten im Einzelfall gänzlich entzogen wird.</p>
<span class="absatzRechts">180</span><p class="absatzLinks"><u>III. Nebenentscheidungen</u></p>
<span class="absatzRechts">181</span><p class="absatzLinks">Bei dieser Sachlage war wie geschehen zu entscheiden und dem Kläger auch hinsichtlich der Klausel zu h) zu gestatten, die Urteilsformel mit der Bezeichnung der verurteilten Verwenderin auf Kosten der Beklagten im Bundesanzeiger, im übrigen auf eigene Kosten bekannt zu machen (§ 18 des AGB-Gesetzes).</p>
<span class="absatzRechts">182</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 91, 97 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">183</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 712 ZPO.</p>
|
315,573 | lg-dusseldorf-1986-03-07-21-s-29285 | {
"id": 808,
"name": "Landgericht Düsseldorf",
"slug": "lg-dusseldorf",
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} | 21 S 292/85 | "1986-03-07T00:00:00" | "2019-03-13T15:08:14" | "2019-03-27T09:42:46" | Urteil | ECLI:DE:LGD:1986:0307.21S292.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das am 11. Juni 1985 verkündete Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf - 37 C 608/84 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt:</p>
<p>Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 551,22 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 25.7.1984 zu zahlen.</p>
<p>Der Kläger wird verurteilt, an den Beklagten zu 2) 711,20 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 8.1.1985 zu zahlen.</p>
<p>Im übrigen werden Klage und Widerklage abgewiesen.</p>
<p>Die Kosten des gesamten Rechtsstreits werden wie folgt verteilt:</p>
<p>Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) trägt der Kläger 8/10. Die außergerichtlichen Kosten der Widerbeklagten zu 2) trägt der Beklagte zu 2) in vollem Umfang. Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner 14/100; der Beklagte zu 2) trägt weitere 12/100. Von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) trägt der Kläger 74/100. Im übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.</p>
<p>Von den Gerichtskosten trägt der Kläger 74/100, die Beklagten zu 1) und 2) tragen als Gesamtschuldner 14/100, der Beklagte zu 2) trägt weitere 12/100.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Die Berufung der Beklagten ist, nachdem sie die Berufung gegenüber der Widerbeklagten zu 2) zurückgenommen haben, in vollem Umfang zulässig. Sie ist zum Teil begründet.</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">Dem Kläger steht gegenüber den Beklagten ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 551,22 DM zu; auf die Widerklage hin ist der Kläger zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 711,20 DM an den Beklagten zu 2) zu verurteilen, §§ 7, 17, 18 StVG, 3 PflVG.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">Die Beklagten haften grundsätzlich für den dem Kläger durch den Unfall entstandenen Schaden gemäß § 7 Abs. 1 StVG, § 3 PflVG. Denn es steht nicht fest, daß der Unfall für den Beklagten zu 2) durch ein unabwendbares Ereignis verursacht worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:3px">Allerdings folgt die Kammer der Aussage der Zeugin Q, daß der Beklagte zu 2) sein Fahrzeug nur leicht abgebremst hat. Die Zeugin hat eine detaillierte Aussage gemacht und insbesondere zwischen eigenen Wahrnehmungen, Informationen durch den Beklagten zu 2) und Schlußfolgerungen unterschieden, so daß keine Veranlassung besteht, der Zeugenaussage nicht zu folgen. Soweit die Zeugin ausgesagt hat, sie sei bei dem Bremsen nicht "gegen den Gurt geschleudert worden", hat sie damit anschaulich geschildert, daß der Beklagte zu 2) das Fahrzeug nur leicht abgebremst hat. Eine allgemeine Lebenserfahrung dahin, daß einer Zeugenaussage der Ehefrau des an dem Unfall beteiligten Fahrers, die in dem Fahrzeug zur Zeit des Unfalls gesessen hat, keine Aussagekraft zukommt, gibt es nicht. Zwar mag die Zeugin am Ausgang des Rechtsstreits interessiert sein, doch macht allein dies die detaillierte Aussage der Zeugin nicht unglaubhaft.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:3px">Allerdings ist dem Beklagten zu 2) anzulasten, daß er wegen des, die Straße überquerenden Hasens oder Kaninchens - wenn auch nur leicht - gebremst hat, ohne sich zuvor zu vergewissern, daß dadurch ein nachfolgendes Fahrzeug nicht gefährdet wurde. Daß dieses Bremsen notwendig war, um eine eigene Gefährdung auszuschließen, ist angesichts des kleinen Tieres nicht überzeugend. Soweit die Beklagten in zweiter Instanz vortragen, ein Bremsen sei schon wegen der örtlichen Gegebenheiten erforderlich gewesen, überzeugt das nicht. Zum einen betrug die zulässige Geschwindigkeit am Unfallort 60 km/h und nicht weniger. Zum anderen waren für den Beklagten zu 2) nach seinem Vorbringen und seiner Bekundung in dem Termin vor dem Amtsgericht am 24.5.1985 nicht die örtlichen Gegebenheiten, sondern das die Straße überquerende Tier, Anlaß für das Abbremsen seines Fahrzeugs.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">Dieser dem Beklagten zu 2) anzulastende Umstand ist jedoch im Hinblick auf die gem. § 17 StVG vorzunehmende Abwägung gegenüber den, zu Lasten des Klägers zu berücksichtigenden unfallursächlichen Umständen derart geringfügig, daß die Kammer eine Schadensquotelung von 10 zu 90 für angemessen hält.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:2px">Zu Lasten des Klägers ist eine erhebliche Betriebsgefahr zu berücksichtigen. Denn dieser hat den erforderlichen Sicherheitsabstand nicht eingehalten, so daß es trotz des nur leichten Abbremsens des Pkw's des Beklagten zu 2) zu dem Unfall kam.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:2px">Das Amtsgericht hat zu Gunsten des Klägers einen Schaden in Höhe von 5.512,19 DM, zu Gunsten des Beklagten in Höhe von 4.711,32 DM berücksichtigt. Das ist von den Parteien nicht angegriffen worden.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:2px">Der Kläger kann damit von den Beklagten die Zahlung von 10 % <i> </i>= 551,22 DM verlangen. Der Beklagte zu 2) kann vom Kläger 90 <i>% </i>= 4.267,19 DM erstattet verlangen. Der Beklagte zu 2) hat bereits von der Widerbeklagten zu 2) 3.555,99 DM erhalten, so daß ihm noch eine Forderung in Höhe von 711,20 DM zusteht.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">Die Zinsentscheidung folgt aus §§ 286, 288, 291 BGB. Daß dem Beklagten zu 2) eine Zinsforderung bereits seit dem 25.5.1984 (Datum des Unfalltages) zusteht, hat er nicht schlüssig dargelegt.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:2px">Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92, 515 Abs. 3 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:2px">Der <u>Streitwert</u> wird wie folgt festgesetzt:</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:2px">I. Instanz</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:2px">Zwischen dem Kläger und der</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:2px">Beklagten zu 1) 2.917,35 DM,</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:2px">zwischen dem Kläger und dem</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:2px">Beklagten zu 2) 4.112,68 DM,</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:3px">(Klage und Widerklage)</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:2px">zwischen dem Beklagten zu 2)</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:2px">und der Widerbeklagten zu 2) 1.195,33 DM,</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:2px">II. Instanz</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">zwischen dem Kläger und der</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Beklagten zu 1) 2.756,10 DM,</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">zwischen dem Kläger und der</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Beklagten zu 2) 3.951,43 DM,</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:2px">(Klage und Widerklage)</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">zwischen dem Beklagten zu 2)</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">und der Widerbeklagten zu 2) 1.195,33 DM.</p>
|
315,574 | ag-essen-1986-03-06-12-c-227_85 | {
"id": 657,
"name": "Amtsgericht Essen",
"slug": "ag-essen",
"city": 417,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 12 C 227_85 | "1986-03-06T00:00:00" | "2019-03-13T15:08:15" | "2019-03-27T09:42:46" | Urteil | ECLI:DE:AGE1:1986:0306.12C227.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 500,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 22.04.1985 zu zahlen; die weitergehende Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Tatbestand:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger fordert restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 19.12.1984 etwa um 11.50 Uhr in Essen. Damals verursachte ein bei der Beklagten gegen die Folgen der gesetzlichen Haftpflicht pflichtversicherter Pkw allein einen Schaden am Pkw des Klägers. Am Pkw des Klägers wurde die Front mit Schwerpunkt links beschädigt, zur Reparatur sind laut einem in den Einzelwerten bis auf den Minderwert zwischen den Parteien nicht streitigen Gutachten vom 21.12.1984 Netto 5597,98 DM, Brutto 6381,70 DM erforderlich. Im vorliegenden Rechtsstreit streiten die Parteien nur noch um die Höhe des eingetretenen Minderwertes. In dem vom Kläger vorprozessual eingeholten Gutachtens bezifferte der Gutachter den Minderwert auf 800,00 DM. Die Beklagte bezahlte vorprozessual 500,00 DM. Beim Pkw des Klägers handelt es sich um einen ###, erstzugelassen am 03.08.84, zum Unfallzeitpunkt gelaufen 15.500 km, in erster Hand und unfallfrei. Zum Zeitpunkt des Unfalles hatte der Pkw einen Wert von 25000,00 DM.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Kläger behauptet, an seinem Pkw sei ein Minderwert von mindestens </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">1000,00 DM, eher 1500,00 DM oder 1650,00 DM, eingetreten, nämlich 5 % der Summe von Fahrzeugwert und Reparaturkosten.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Mit der am 22.04.85 zugestellten Klage begehrte der Kläger zunächst weitere </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">300,00 DM, nunmehr beantragt er,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:85px">die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger eine in das Ermessen des Gerichts (§ 287 ZPO) gestellte Wertminderung zu zahlen, mindestens aber einen Betrag von 1000,00 DM, abzüglich gezahlter 500,00 DM, nebst 4 % Zinsen seit dem Tage der Zustellung, </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">hilfsweise,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:85px">die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 500,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem Tage der Klagezustellung zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:85px">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hälft dafür, ein höherer Minderwert als 500,00 DM, nämlich der bezahlte Betrag, sei am Pkw des Klägers nicht eingetreten.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholen eines schriftlichen Gutachtens der Sachverständigen Q, für dessen Ergebnis auf Blatt 69 ff. der Akte Bezug genommen wird. Beide Parteien haben es trotz Auflage des Gerichtes unterlassen, etwa vorhandene Lichtbilder des beschädigten Pkw zur Akte zu reichen, oder eine Reparaturrechnung vorzulegen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist im wesentlichen begründet.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte schuldet gemäß §§ 7 StVG, 3 Pflichtversicherungsgesetz, 249 Satz 2, 849, 246 BGB, 287 ZPO Zahlung noch weiterer 500,00 DM Minderwert nebst der Zinsen in gesetzlicher Höhe aus § 849 BGB. Denn das Gericht schätzt, dass insgesamt am Pkw des Klägers ein Minderwert in Höhe von 1000,00 DM durch den Unfall eingetreten ist, § 287 Absatz 1 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Das Gericht sah sich nicht in der Lage, den Minderwert anhand eines bestimmten Rechenmodells bestimmen zu können.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">a) </p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Der BGH hat zurecht, was danach aber näherer Begründung nicht mehr bedarf, die Rechenmodelle des 13. Verkehrsgerichtstages bzw. die Schweizer Formel der Minderwertberechnung verworfen, BGH Versicherungsrecht 1980, 46, 47.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Demgegenüber hat zwar der BGH die Methoden Ruhkopf/Sahm bzw. die Methode Halbgewachs als geeignet bezeichnet, bei Pkw-Schäden "eine brauchbare Bewertungsgrundlage" abzugeben (BGH aaO). Diese Auffassung des BGH ist irrig, wie das Oberlandesgericht Hamburg überzeugend nachgewiesen hat (Versicherungsrecht 81, 1186). Denn beide in dem gleichen Satz vom BGH als geeignet, eine brauchbare Bewertungsgrundlage zu erbringen, bezeichneten Methoden ergeben bei ihrer Anwendung auf denselben Fall höchst unterschiedliche, um hunderte von Prozenten voneinander abweichende Ergebnisse. Das kann nicht gut brauchbar genannt werden. Auch der vom Gericht bestellte Sachverständige hat nach Diskussion einiger weiterer Verfeinerungen der vorgenannten Theorien ausgeführt, dass nach seiner langjährigen Erfahrung " es im Prinzip keine festgeschriebene Methode oder Formel gibt, die bei jedem Kraftfahrzeugschaden zur Ermittlung des Minderwerts herangezogen werden" könne. Diese Auffassung teilt das erkennende Gericht. Das Gericht ist seit einer Vielzahl von Jahren in einer entsprechenden Spezialabteilung mit Unfallsachen befasst und hat aus der Vielzahl von entsprechenden Fällen, die es inzwischen zu entscheiden hatte, den Schluß gezogen, dass eine einheitliche, für alle Fälle brauchbare Methode nicht aufgestellt werden kann. Es scheint vielmehr so zu sein, dass seit den beiden oben erwähnten Entscheidungen des BGH und des Oberlandesgerichts Hamburg nicht mehr ernsthaft versucht wird, eine Theorie der Minderwertbestimmung aufzustellen. Zumindest ist die Beschreibung von Heinrichs (Palandt-Heinrichs, 45. Auflage, § 251 Anmerkung 4 ) zutreffend, dass sich eine "allgemein anerkannte Schätzungsmethode noch nicht durchgesetzt hat". Vielmehr werden in der Praxis in den verschiedenen Gerichtsbezirken unterschiedliche Methoden mit unterschiedlichem Ausformulierungsgrad und unterschiedlicher Effizienz angewandt.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Im vorliegenden Fall besteht zwischen den Parteien kein Streit darüber, dass der eingetretene Unfallschaden wertrelevant ist. Es handelt sich mit Sicherheit nicht um einen Bagatellunfall oder einen der sonstigen Fälle, für die in der Rechtsprechung erörtert wird, dass überhaupt kein Minderwert eintreten könne. Zwischen den Parteien besteht auch kein Streit darüber, dass die Wertminderung sofort mit dem Unfall (BGHZ 35, 396) eingetreten ist. Weiter sind sich die Parteien darüber einig, dass die vom Gutachten vorgeschlagene Reparatur zu einer technisch vollständigen Schadensbeseitigung führt. Es verbleibt daher nur eine merkantile Wertminderung. Schon nach dem Begriff dieser Art der Wertminderung handelt es sich um eine solche, die auf den Verkaufswert des Fahrzeugs abstellt. Ein konkreter Verkauf hat nicht stattgefunden, so dass nur eine Schätzung der Wertminderung in Betracht kommt. Jede theoretische Berechnung eines solchen Minderwertes kann allenfalls annähernde, aber notwendigerweise eben nur irreale Werte durch ein allenfalls in sich stimmiges Schema errechnen. Wirklich geeignet wäre dem Begriff der Wertminderung nach nur eine Marktanalyse durch eine Meinungsumfrage. Der vom Gericht bestellte Gutachter hat die Kosten einer solchen Umfrage auf über </p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">10.000,00 DM veranschlagt. Beide Parteien haben gemäß Erörterung in der letzten mündlichen Verhandlung keinen Wert darauf gelegt, dass ein solches – allein geeignetes – Marktforschungsgutachten in Auftrag gegeben wird. </p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">3.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Das Gericht hatte aber gemäß der Leitlinie des BGH (Versicherungsrecht 1980, 46, 48) mit sachverständiger Hilfe versucht, den Minderwert für den konkreten Fall zu ermitteln. Der BGH hält dies "im allgemeinen" für geboten, "gelegentlich wohl auch durch Zuziehung eines Gebrauchtwagenhändlers". Der vom Gericht beauftragte Sachverständige für Kraftfahrzeuge hat das Einschalten eines Gebrauchtwagenhändlers für ungeeignet gehalten: Der Handel werde sich unter Umständen " zu sehr von eigenen kaufmännischen Interessen leiten lassen", seine Auskünfte könnten eventuell nicht mehr objektiv sein. Andererseits hat der Sachverständige auch bezweifelt, dass eine Meinungsumfrage sinnvoll sei. Insbesondere hat der Sachverständige dafürgehalten, die Befragten würden immer nur fiktive Werte angeben können, es sei ein unrealistisches Antwortverhalten zu erwarten. Das ist zwar sicherlich zu Teilen richtig, verkennt aber, dass die ausgefeilte Technik moderner Umfragen doch zu soweit brauchbaren Ergebnissen führen wird, dass sie Grundlage einer Schätzung nach § 287 ZPO ohne weiteres sein können. Das ist in anderen Rechtsgebieten, beispielsweise im gewerblichen Rechtsschutz, nicht zweifelhaft. Auch dort sind Umfragen anzustellen, die in gewissem Sinne irreal sind, weil es bei den Umfragen nicht zu konkreten Geschäftsabschlüssen oder ähnlichen konkreten Vorfällen kommt.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">4.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Im vorliegenden Fall schätzt das Gericht unter Würdigung aller Umstände den eingetretenen Minderwert auf 1000,00 DM.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Der vorprozessual vom Kläger eingeschaltete Gutachter hat den Minderwert mit 800,00 DM veranschlagt. Der Gutachter hat hierzu angegeben, dass er nach der Entschließung des 13. Verkehrsgerichtstages rechnerisch 516,81 DM berechnet habe, dass jedoch diese Formel nicht alle erforderlichen Faktoren berücksichtige und nur eine Rechenhilfe sei. Unter Berücksichtigung des örtlichen Marktes und der Einschätzung des Gesamtschadens halte er beim Wiederverkauf den Minderwert von 800,00 DM für realistisch.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Demgegenüber hat offenbar die Beklagte präzise den Betrag zugrunde gelegt, da sich aus der vom Gutachter des Klägers erwähnten rein rechnerischen Berechnung ergab.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">c)</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Der vom Gericht beauftragte Sachverständige wiederum hat nach längerer Diskussion der Untauglichkeit aller Theorien im einzelnen untersucht, welche der Schadenspositionen "wertminderungsrelevant" seien und sodann ohne rechnerisch nähere Darlegung ausgeführt, dass der Minderwert durch den Frontschaden "unter Berücksichtigung aller beeinflussenden Faktoren" 650,00 DM betrage.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Diese Ausführung des Gutachters haben das Gericht, wie es mit den Parteien erörtert hat, nicht überzeugen können. Es fehlt jede nachvollziehbare Bestimmung des Wertes. Es werden allein die Umstände aufgezählt, die tatsächlich vorliegen, die auch zwischen den Parteien so nicht streitig sind, und danach wird, ohne argumentativ erkennbare Verknüpfung, ein Minderwert angegeben. Dieses Verfahren ist nicht geeignet, dem Gericht nachvollziehbar die Bestimmung eines Minderwertes auch nur schätzungsweise zu erlauben.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Es war nicht angemessen, nunmehr noch durch weitere Anhörung des Gutachters oder ergänzendes Gutachten weitere Kosten zu verursachen. Das wäre nicht mehr verhältnismäßig im Sinne des § 287 ZPO gewesen. Erst recht gilt dies angesichts der relativen Untauglichkeit aller Wertminderungsbestimmungstheorien.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">d)</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Das Gericht sah sich daher gezwungen, den Minderwert selbst zu schätzen. Hierbei war folgendes maßgebend. In den Reparaturarbeiten sind erhebliche Rückverformungsarbeiten der Front enthalten. Diese Arbeiten wie auch die zur Schadensbeseitigung erforderlichen Eingriffe in das selbsttragende Karosseriegefüge an der Front (Radhaus und Abschlussblech) bedeuten, zusammenhängend mit der Notwendigkeit, das Fahrzeug zu richten und zu vermessen, einen erheblichen Eingriff. Nach dem Gutachten sind Schäden an Gelenkwelle, Lenkgetriebe, Motor und Achse aufgetreten. Insgesamt handelt es sich danach doch um einen ganz erheblichen Schaden. Bei der notwendigen Offenbarung im Verkaufsfalle, von der alle Parteien und die Gutachter übereinstimmend zu Recht ausgehen, muss dies im Vergleich mit unbeschädigten Fahrzeugen zu einem erheblichen Nachlass führen, wenn der Pkw noch verkaufbar sein soll. Es ist weiter zu bedenken, dass der Fahrzeugtyp dem Kaufpreis und Wert nach im oberen Bereich angesiedelt ist. Bei Preisen gebrauchter Pkw von rund 25.000,00 DM können Käufer sehr wählerisch sein und unter einem breiten Angebot aussuchen. Gebrauchtwagenkäufer werden sich bei den Verhandlungen über den Minderwert auch nicht daran orientieren, was die "minderwertrelevanten" Arbeiten sind. Eine solche, von den Verkehrssachverständigen leider inzwischen allgemein geübte Einschätzungspraxis verkennt grundlegend, dass der Gebrauchtwagenmarkt nicht auf den Handel unter Sachverständigen beschränkt ist. Die üblichen Schadensgutachten erlauben dem normal informierten Gebrauchtwagenkäufer diese Unterteilung überhaupt nicht. Die Gutachten sind nämlich für den nicht mit ihnen vertrauten Normalbürger relativ unleserlich. Es handelt sich um ein Computerprogramm, das mit einer Vielzahl von Abkürzungen und verwirrend vielen Zahlen arbeitet. Dem Gericht ist aus einer Anzahl von Vernehmungen bekannt, dass bei der Abwicklung von Verkäufen beschädigter Fahrzeuge regelmäßig nur das Vorblatt mit den Ergebnissen berücksichtigt wird. allenfalls in Einzelfällen könnte ein gut argumentierender Verkäufer es erreichen, dass einzelne Schadenspositionen bei der Minderwertschätzung unberücksichtigt bleiben. Das setzt aber eine gewisse Marktgängigkeit des Fahrzeugs voraus. Demgegenüber wird nämlich der Käufer nicht unverständlich darauf hinweisen, dass auch Arbeiten, die sich auf den Einbau neuer Ersatzteile beschränken, in den ordnungsgemäßen Verbund der ursprünglichen Ganzheit des Autos eingegriffen haben und dass – je mehr solche Eingriffe vorliegen – um so höher ein gewisses Restrisiko zu veranschlagen ist, selbst wenn sich technisch nach Ausführung der Reparatur ein Minderwert nicht ergibt. Außerdem ist bei der Minderwertberechnung nach Einschätzung des Gerichtes nicht etwa von den Nettokosten auszugehen, sondern von den hier auf rund 6400,00 DM zu veranschlagenden Bruttokosten der Reparatur. Selbst wenn hiervon die Lackierung abgezogen wird, verbleibt ein Betrag von rund 5000,00 DM. Das Gericht schätz nach alledem, dass 20 % dieses Betrages der eingetretene Minderwert ist.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Wegen der Abweisung des weitergehenden Ermessensantrages beruht die Kostenentscheidung auf § 92 Absatz 2 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.</p>
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315,575 | lg-bonn-1986-02-21-17-0-24484 | {
"id": 804,
"name": "Landgericht Bonn",
"slug": "lg-bonn",
"city": 394,
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"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 17 0 244/84 | "1986-02-21T00:00:00" | "2019-03-13T15:08:16" | "2019-03-27T09:42:46" | Urteil | ECLI:DE:LGBN:1986:0221.17.0.244.84.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 2.512,84 DM nebst 4 % Zinsen aus 1.318,82 DM seit dem 31.10.1984 und aus weiteren 1.194,02 DM seit , dem 01.01.1985 zu zahlen. </p>
<p>Die Beklagten sind als Gesamtschuldner verpflichtet, dem Kläger allen zukünftig entstehenden materiellen Schäden aus dem Unfallereignis vom 21.12.1982, soweit, die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen sind, zu 3/4 zu ersetzen, die Beklagte zu 1) jedoch nur im Rahmen der Haftungssumme aus dem Versicherungsvertrag Nr. ### ####. </p>
<p></p>
<p>Die Beklagten zu 1) und 3) sind als Gesamtschuldner verpflichtet, dem Kläger allen zukünftig entstehenden immateriellen Schaden aus dem Unfallereignis vom 21.12.1982 unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens von 1/4 zu ersetzen, die Beklagte zu 1) jedoch nur im Rahmen der Haftungssumme aus dem Versicherungsvertrag Nr. ### ####. </p>
<p></p>
<p>Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. </p>
<p></p>
<p>Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 87 %, die Beklagten 13 %. </p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 3.000,-- DM, für die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 6.500,-- DM vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Sicherheitsleistung auch durch eine selbstschuldnerische Bürgschaft einer westdeutschen Großbank oder Sparkasse erbringen. </p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Tatbestand:</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger verlangt Ersatz des vollen Schadens, den er bei einem Verkehrsunfall am 21.12.1982 gegen ##:## Uhr erlitten hat. Er befuhr mit seinem Pkw I B im Gebiet der Stadt C die vorfahrtsberechtigte L ### in Richtung J und stieß mit einem von links aus der Dstraße in die Fahrtrichtung des Klägers einbiegenden Lkw zusammen. </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten zu 2) und 3) sind die Halterin bzw. der Fahrer des Lkw, die Beklagte zu 1) deren Haftpflichtversicherer. </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hatte bei dem Unfall den Sicherheitsgurt nicht angelegt und stand unter Alkoholeinwirkung. Eine knapp drei Stunden später entnommene Blutprobe ergab einen Blutalkoholwert von 1,36 0/00 im Mittelwert. </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Bei der Kollision der Fahrzeuge erlitt der Kläger folgende Verletzungen: </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Trümmerfraktur der rechten Hüfte mit Ausrenkung des Hüftkopfes, Fraktur der 8. Rippe, Radiusfraktur, Herzquetschung, Gehirnerschütterung, stumpfes Bauchtrauma, HWS-Schleudertrauma, Knieprellung. </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Er befand sich wiederholt in stationärer Behandlung, und zwar vom ##.##.1982 bis ##.##.1983 im Q-Krankenhaus in E sowie vom ##.##. bis ##.##.1984, vom ##.##. bis ##.##.1984 und vom ##.##. bis ##.##.1984 im F-Krankenhaus in L. Anfang des Jahres 1984 wurde ihm dort eine zementlose Judet-Protese implantiert. Wegen unzureichender Stabilität der Hüftpfanne erfolgte postoperativ eine Ruhigstellung im Beckenbeingips und später die Anlegung einer Gipshose, die erst nach dem ##.##.1984 abgenommen werden konnte. Auch heute leidet der Kläger insbesondere bei Kälte unter belastungsabhängigen Schmerzen der rechten Hüfte bis zum Knie. Abends kommt es häufig zu einem Anschwellen des rechten Fußes. Als Dauerschäden werden vor allem ein Beckenschiefstand mit Beinverkürzung rechts um knapp 2 cm, eine Einschränkung der Hüftbeweglichkeit, eine Hyposensibilität an der Lateralseite des rechten Ober- und Unterschenkels und der Innenseite des linken Fußes, eine Großzehenheberschwäche rechts sowie Schmerzen bei Wetterumschwung verbleiben. Der Kläger war bis zum 04.01.1985 zu 100 % erwerbsunfähig. Ab diesem Zeitpunkt beträgt die Erwerbsunfähigkeit 60 %. </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichten ärztlichen Gutachten, insbesondere die Stellungnahmen des Dr. med. T vom ##.##.1984 (Bl. 9 d.A.) und vom ##.##.1984 (Bl. 182 d.A.) sowie das den Erstbefund im Q-Krankenhaus betreffende Attest vom ##.##.1985 (Bl. 196 d.A.) verwiesen. </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Wegen der erlittenen Verletzungen machte der Kläger gegenüber den Beklagten zu 1) und 3) ein angemessenes Schmerzensgeld von nicht unter 20.000,-- DM geltend. Darüber hinaus verlangt er von allen Beklagten Erstattung der durch den Unfall verursachten materiellen Schäden und der sonstigen Folgekosten in einer Gesamthöhe von 35.640,-- DM gemäß Aufstellung Bl. 2 und 3 der Klageschrift. Außerdem wird für die Zeit ab dem ##.##.1983 ein Erwerbsschaden geltend gemacht. </p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Kläger war bis zum Unfall bei einer Maler- und Anstreicherfirma tätig. Er bezog im Jahre 1982 entsprechend der zu den Akten gereichten Lohnbescheinigung (BI. 44 d.A.) unter Einschluss einer Prämie und des Weihnachtsgelds ein Nettogehalt von 20.960,43 DM. Ab dem ##.##.1983 erhielt der Kläger folgende Leistungen der LVA bzw. des Arbeitsamtes: Für die Zeit vom ##.##.1983 bis ##.##.1984 bezog er eine Erwerbsunfähigkeitsrente von insgesamt 27.178,20 DM (vgl. Schreiben LVA vom ##.##.1984 und ##.##.1985 (Bl. 45, 201 d.A.». In der Zeit vom ##.##.1985 bis zum ##.##.1985 bezog er ein Arbeitslosengeld von 234,60 DM wöchentlich (vgl. Bewilligungsbescheid BI. 97 d.A.). Seit dem ##.##.1985 nimmt er an einer Umschulung zum Bürokaufmann teil und erhält von der LVA ein kalendertägiges Übergangsgeld, das bis zum ##.##.1985 pro Tag 46,42 DM, vom ##.##.1986 bis ##.##.1986 kalendertägig 49,51 DM und ab dem ##.##.1986 kalendertägig 51,-- DM beträgt. </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten haben vor Rechtshängigkeit Abschlagzahlungen in Höhe von 16.500,-- DM und nach Rechtshängigkeit weitere 5.000,-- DM gezahlt, die der Kläger sich auf die vorstehenden Ansprüche anrechnen lässt. </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Kläger behauptet, der Beklagte zu 3) habe bei dem Unfall trotz Dunkelheit die Scheinwerfer nicht eingeschaltet gehabt. Das Nicht- anlegen der Sicherheitsgurte und der Alkoholgenuss habe sich bei dem Unfall nicht ausgewirkt, weil bei Benutzung der Gurte die gleichen Verletzungen aufgetreten wären und ein nüchterner Fahrer den Unfall nicht hätte vermeiden können. </p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 24.456,-- DM ( Verdienstausfall vom 22.06.1983 bis 31.12.1984 sowie Sachschaden) nebst 4 % Zinsen ab Rechtshängigkeit zu zahlen; </p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 1.620,-- DM (Verdienstausfall Januar und Februar 1985) sowie ab März 1985 bis zum Ende der auf den Unfallverletzungen vom 21.12.1982 beruhenden Arbeitslosigkeit des Klägers alle zwei Wochen jeweils 405,-- DM zu zahlen; </p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">3. die Beklagten zu 1) und 3) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 4 % Zinsen ab 21.12.1983 zu zahlen; </p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">4. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner, die Beklagte zu 1) jedoch nur im Rahmen der Haftungssumme aus dem Versicherungsvertrag Nr. ### ####, verpflichtet sind, dem Kläger allen zukünftig entstehenden materiellen Schaden aus dem Unfallereignis vom 21.12.1982 zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen sind; </p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">5. festzustellen, dass die Beklagten zu 1) und 3) als Gesamtschuldner, die Beklagte zu 1) jedoch nur im Rahmen der Haftungssumme aus dem Versicherungsvertrag Nr. ### ####, verpflichtet sind, dem Kläger allen zukünftig entstehenden immateriellen Schaden aus dem Unfallereignis vom 21.12.1982 zu ersetzen. </p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten beantragen, </p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen und Sicherheitsleistungen auch durch Bankbürgschaft erbringen zu dürfen. </p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Sie bestreiten für einen Teil der geltend gemachten materiellen Schäden die Unfallursächlichkeit. Insoweit wird auf die Ausführungen in der Klageerwiderung Bl. 37-39 d.A. Bezug genommen. Im Übrigen sind sie der Ansicht, infolge des Mitverschuldens des Klägers und der erbrachten Zahlungen seien die Ansprüche bereits ausgeglichen. </p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beschluss vom 05.03.1985. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen R vom 08.05.1985 (Bl. 122 d.A.), das Gutachten des Prof. Dr. K vom 12.08.1985 (Bl. 162 d.A.) sowie die mündlichen Erläuterungen des Dr. X in der mündlichen Verhandlung vom 01.10.1985 (Bl. 192 d.A.) Bezug genommen. </p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und Anlagen verwiesen. </p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks"><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :</u></p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist nur zu einem geringen Teil begründet. </p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger stehen gegenüber dem Beklagten zu 3) Schadensersatzansprüche zu gemäß §§ 823 I, 11 BGB i.V.m. § 8 StVO, sowie gemäß §§ 7, 17, 18 StVG. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Beklagte zu 3) den Unfall durch die Vorfahrtsverletzung schuldhaft verursacht hat. </p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Für die darüber hinaus behauptete fehlende Beleuchtung am Lkw ist der Kläger hingegen beweisfällig geblieben. </p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Auch den Kläger trifft am Unfall jedoch ein Verschulden, weil er infolge des vorangegangenen Alkoholkonsums fahruntüchtig war und deshalb zu spät reagiert hat, während ein nüchterner Fahrer sein Fahrzeug noch rechtzeitig angehalten hätte. Aufgrund der überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen R in seinem Gutachten vom 08.05.1985 (BI. 122 d.A.) steht für die Kammer fest, dass der Kläger den Unfall durch eine um 0,6 sec. frühzeitigere Reaktion hätte vermeiden können, da sein Fahrzeug dann noch vor dem Lkw zum Stand gekommen wäre. Die tatsächliche Reaktion lag jedoch erst 1,89 sec. bzw. 2,06 sec. vor dem Anstoß, wobei die Reaktionszeit mit 0,8 sec. berücksichtigt ist. Als Folge hiervon konnte die Geschwindigkeit nicht mehr ausreichend abgebaut werden. </p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Der Sachverständige R hat sich allerdings aufgrund seiner Feststellungen nicht dazu äußern können, ob der Lkw zu dem Zeitpunkt, zu dem eine Reaktion hätte erfolgen müssen, für den Kläger bereits erkennbar war. Gleichwohl bedarf es keiner weiteren Untersuchungen im Rahmen der vom Sachverständigen vorgeschlagenen Fahrversuche. Der Sachverständige Dr. X hat bei seiner Vernehmung in der mündlichen Verhandlung vom 01.10.1985 (BI. 193 d.A.) nachvollziehbar dargelegt, dass sich ab einer Blutalkoholkonzentration von 1 0/00 aufwärts die ". Reaktionszeit um mindestens 40 bis 50 % verschlechtert. Eine noch größere Bedeutung misst der Sachverständige dem Umstand zu, dass ein alkoholisierter Fahrer das Gefahrenmoment einer Verkehrssituation erheblich später erkennt als ein nüchterner Fahrer. Diese Feststellungen sind für den vorliegenden Fall anwendbar, weil die Rückrechnung des festgestellten Blutalkoholwertes auf die Unfallzeit nach den Ausführungen des Sachverständigen einen Wert von mindestens 1,43 0/00 ergibt. Zu der Reaktionszeit von 0,8 sec., die der Sachverständige R als Erfahrungswert für einen nüchternen Fahrer zugrundegelegt hat, ist somit eine weitere Reaktions- bzw. Wahrnehmungszeit von etwa gleicher Länge hinzuzurechnen, die der Kläger infolge der alkoholbedingten Verlangsamung zusätzlich benötigt hat, um die festgestellten Bremsspuren verursachen zu können. Das sich aus den Spuren ergebende Bremsmanöver wäre also nicht möglich gewesen, wenn der Kläger das Fahrzeug nicht bereits weitere 0,8 sec. vor dem vom Sachverständigen R errechneten Reaktionszeitpunkt gesehen hätte. Diese zusätzliche Zeitspanne hätte für einen nüchternen Fahrer jedoch ausgereicht, um den Unfall zu vermeiden. </p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Ein weiteres Mitverschulden im Hinblick auf die Verletzung der Anschnallpflicht trifft den Kläger hingegen nicht. Nach den Ausführungen des medizinischen Sachverständigen im schriftlichen Gutachten vom 12.08.1985 (Bl. 162 ff d.A.) und den hierzu gegebenen mündlichen Erläuterungen im Termin vom 01.10.1985 (B1. 193 d.A.) steht für die Kammer fest, dass gleichschwere Verletzungen auch bei angelegtem Sicherheitsgurt aufgetreten wären. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Hüftverletzung. Die Kammer hält es aufgrund der aus den Lichtbildern ersichtlichen Fahrzeugschäden und den Feststellungen im polizeilichen Unfallbericht, nach denen der Kläger in seinem Fahrzeug auf dem Fahrersitz eingeklemmt war, für erwiesen, dass das Armaturenbrett in den Fahrzeugraum hineingedrückt worden ist. Es wäre auch bei einem angegurteten Fahrer zu einem derart starken Anprall auf das Knie und zu einer entsprechenden Kraftübertragung auf die Hüfte gekommen, dass das Hüftgelenk dieser Belastung nicht standgehalten hätte. </p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die somit erforderliche Abwägung nach §§ 17, 18 Abs. 3 StVG, § 254 BGB führt zu einer Quote von 1/4:3/4 zugunsten des Klägers. Die Nichtbeachtung der Vorfahrt trotz des im Einmündungsbereich der Dstraße aufgestellten Stoppschildes stellt ein besonders grobes verkehrswidriges Verhalten des Beklagten zu 3) dar. Hinzu kommt die gegenüber einem normalen Pkw gesteigerte Betriebsgefahr des Lkw. Der Ursachenbeitrag und das Verschulden des Klägers infolge der verspäteten Bremsreaktion tritt dahinter zurück. </p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Neben dem Beklagten zu 3) haftet die Beklagte zu 2) als Halterin des Pkw im gleichen Umfang (§§ 7, 17 StVG), wobei die immateriellen Schäden jedoch ausgeklammert sind. Die Beklagte zu 1) haftet jeweils als Gesamtschuldner mit den Beklagten zu 2) bzw. 3) gemäß § 3 Nr. 1, 2 PflVersG als deren Haftpflichtversicherer. </p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich der Höhe des sich daraus ergebenden Schadensersatzanspruchs gilt folgendes: </p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">1. Von den geltend gemachten Sach- und Vermögensschäden (ohne Verdienstausfall) ist nur ein Teilbetrag in Höhe von 13.758,42 DM berücksichtigungsfähig. Unter Einbeziehung der Haftungsquote (3/4) ergibt sich ein Betrag von <u>10.318,82 DM</u>. Es sind dabei aus der Schadensaufstellung BI. 2/3 d.A. die Positionen 1. bis 4. und 13. mit einem Betrag von 9.214,82 DM unstreitig. Ebenfalls begründet sind die Positionen 5. bis 8., 10., 14. und 17. mit dem geltend gemachten Gesamtbetrag von 2.586,60 DM (Kleiderschaden, Fahrtkosten, Orthopädische Schuhe, Zusatzaufwand Krankenhausaufenthalt, Treueprämie). Bei der Schwere der vom Kläger erlittenen Verletzungen entspricht es dem normalen Verlauf, dass die in diesen Positionen aufgeführten Aufwendungen anfallen. </p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Bei Position 9. (Ehebett) und Position 11. (Pkw) kommt lediglich ein Teilbetrag von 200,-- DM bzw. 1.000,-- DM in Ansatz, weil der Kläger nur die unfallbedingten Mehrkosten verlangen kann, hier also die Kosten für einen zusätzlichen Lattenrost für das Bett und den Aufpreis für eine Getriebeautomatik. Insoweit hat das Gericht von der Möglichkeit der Schadensschätzung gem. § 287 ZPO Gebrauch gemacht. </p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Bei Position 12. (weitere Fahrtkosten der Ehefrau) ist lediglich ein Teilbetrag von 257,-- DM belegt. Die übrigen Beträge betreffen Fahrten des Klägers, die in Position 7. geltend gemacht werden und dort voll in Ansatz kommen. </p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Bei Position 15. (Stornogebühr) ist der Ursachenzusammenhang mit dem Unfall nicht gegeben. Wenn der Kläger, wie er vorträgt, auf etwa 8 Monate im Voraus eine Urlaubsreise gebucht hat in der Hoffnung, bei Reiseantritt gesundheitlich wieder hergestellt zu sein, so geschah dies ausschließlich auf eigenes Risiko. </p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Bei Position 16. ist lediglich das Weihnachtsgeld 1983 in Höhe von 500,-- DM anzusetzen, weil der Anspruch für das Jahr 1982 gemäß § 4 LFZG auf den Arbeitgeber übergegangen ist. Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Beklagten hat der Kläger von seinem Arbeitgeber 1982 ein Weihnachtsgeld von 500,-- DM erhalten. </p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Die angeführten Einzelbeträge ergeben den oben angeführten Betrag von 13.758,42 DM, von dem die Mithaftquote abzusetzen ist. </p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">2. Bei dem Erwerbsschaden kommt lediglich ein Rückstand für das Jahr 1985 in Höhe von 1.194,02 DM in Ansatz. Im Übrigen, insbesondere auch für die überschaubare Zukunft, ist der Schaden durch die Leistungen der Sozialversicherungsträger ausgeglichen. </p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Die Einkommenseinbußen des Klägers sind auf der Basis des Nettolohnes zu berechnen. Die Ersparnisse an Sozialabgaben und Steuern sind abzusetzen, weil der Erwerbsschaden zu einem großen Teil durch Leistungen der Sozialversicherung abgedeckt ist, die nicht einkommenssteuerpflichtig sind. Darüber hinaus braucht der Kläger zur Zeit keine eigenen Sozialabgaben zu tragen. Würden diese Ersparnisse nicht berücksichtigt und stattdessen das ungekürzte Bruttoeinkommen zugrundegelegt, - würde der Kläger entgegen dem Grundsatz des § 249 S. 1 BGB unangemessen begünstigt (vgl. BGH NJW 80, 1788, VersR 1983, 149). </p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Weiterhin sind die erbrachten Renten- bzw. Arbeitslosengeldzahlungen in voller Höhe vom Anspruch des Klägers abzusetzen, weil insoweit ein Forderungsübergang auf die Sozialversicherungsträger erfolgt ist. Es handelt sich bei dem im Jahre 1982 erfolgten Unfall um einen "Altschaden", bei dem statt des § 116 SGB X die Vorschriften der §§ 127 AFG i.d.F. des Gesetzes vom 22.12.1981 bzw. § 1542 RVO und das darin geregelte Quotenvorrecht Anwendung findet. </p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Der Jahresnettolohn des Klägers betrug im Jahre 1982 20.960,43 DM. Dies entspricht einem durchschnittlichen monatlichen Nettolohn von 1.746,70 DM. Für die weitere Schadensberechnung legt die Kammer für die Vergangenheit eine jährliche Steigerung des Nettolohns von 3 % zugrunde (§ 287 ZPO). Dieser Satz entspricht der allgemein bekannten Entwicklung der Arbeitslöhne, wie sie etwa auch in den Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamts ihren Niederschlag findet (vgl. z.B. Fachserie 16 Ziffer 312). Eine darüber hinausgehende Einkommenssteigerung - etwa auf Grund einer zusätzlichen beruflichen Qualifikation -, hat der Kläger nicht dargelegt. Insbesondere reicht das Vorbringen im Schriftsatz vom 23.01.1986, das ohnehin gemäß § 296 a ZPO als verspätet zurückzuweisen ist, hierfür nicht aus. </p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Für das Jahr 1983 gilt nach alledem folgendes: Der anzusetzende Monatsnettolohn beträgt 1.800,-- DM. Für die Zeit vom 22.06. bis 31.12.1983 (6 1/4 Monate) folgt hieraus ein Betrag von 11.250,-- DM. Für das Jahr 1984 beträgt der anzusetzende Monatslohn 1.854,-- DM. Der zu erwartende Jahresnettolohn betrug 22.248,-- DM. Der Gesamtverlust bis zu diesem Zeitpunkt belief sich damit auf 33.498,-- DM. Unter Berücksichtigung der Mithaftquote (1/4) verbleibt der Betrag von 25.123,50 DM. Tatsächlich erhalten hat der Kläger jedoch 27.178,20 DM (18.079,80 DM + 9.098,40 DM). </p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Im Jahre 1985 betrug der anzusetzende Monatslohn 1.910,-- DM. Dies entspricht einem Jahresnettolohn von 22.920,-- DM. Nach Abzug des Mitverschuldensanteils verbleibt ein Betrag von 17.190,-- DM. Erhalten hat der Kläger für die Zeit vom 01.01. bis 17.03.1985 2.580,60 DM (11 x 234,60 DM) und für die Zeit vom 18.03. bis 31.12.1985 13.415,38 DM (289 x 46,42 DM) somit insgesamt 15.995,98 DM. Es verbleibt ein Erwerbsschaden von <u>1.194,02 DM. </u></p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Für das Jahr 1986 beträgt der anzusetzende Monatslohn 1.967,--DM. Bei der vom Kläger verlangten zweiwöchigen Zahlungsweise ergibt sich die Summe von 917,93 DM (1.967 : 30 x . 14). Unter Berücksichtigung des Mitverschuldens verbleibt ein Betrag von 688,45 DM. Der Kläger erhielt bis zum 18.02.1986 pro </p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Tag 49,51 DM und damit für den 14-Tages-Zeitraum 693,14 DM. Der Erwerbsschaden ist damit voll ausgeglichen. Ab dem 01.03.1986 liegen die Zahlungen der LVA sogar noch höher, so dass auch für die Zeit danach kein Anspruch verbleibt. </p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">3. Der Schmerzensgeldanspruch des Klägers ist bei Berücksichtigung aller Umstände auf den Betrag von <u>12.500,-- DM</u> zu bemessen. Besonderes Gewicht hatte dabei die Schwere der vom Kläger erlittenen Verletzungen. Der Kläger musste sich wiederholt langandauernden stationären Behandlungen unterziehen. Das Hüftgelenk musste prothetisch versorgt werden. Es sind erhebliche Dauerschäden zurückgeblieben, insbesondere eine Bewegungseinschränkung der Hüfte sowie eine Schädigung des Nervus-Ischiadicus. Der Kläger ist bis heute nicht schmerzfrei. </p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Er muss sich einer beruflichen Umschulung unterziehen, wobei die spätere Wiedereingliederung in das Berufsleben noch offen ist. </p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Von den weiteren für die Bemessung des Schmerzensgeldes maßgebenden Gesichtspunkten hat die Kammer insbesondere der vom Beklagten zu 3) begangenen groben Vorfahrtsverletzung besonderes Gewicht beigemessen. Andererseits war zu berücksichtigen, dass der Kläger das Fahrzeug in absolut fahruntüchtigem Zustand geführt hat und dass ein nüchterner Fahrer den Unfall vermieden hätte. </p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Bei den vorstehenden Erwägungen hat die Kammer die Verletzungsfolgen so berücksichtigt, wie sie sich zum Schluss der mündlichen Verhandlung darstellen. Abgegolten sind damit insbesondere auch die Schmerzen und Beeinträchtigungen, unter denen der Kläger zu leiden haben wird, wenn keine Verschlechterung des Gesundheitszustandes eintritt. Insoweit war eine zeitliche Beschränkung des Anspruchs nicht möglich, weil der Kläger die Kenntnis, dass die heute vorhandenen Schmerzen noch in der Zukunft fortdauern werden, nicht aus seinem Bewußtsein verdrängen kann. Darüber hinaus würde eine ins freie Belieben des Klägers gestellte zeitliche Beschränkung des Schmerzensgelds im Ergebnis zu einer im vorliegenden Fall nicht gerechtfertigten Schmerzensgeldrente führen können. </p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Nicht in das Schmerzensgeld eingeflossen ist hingegen die Möglichkeit, dass in der Zukunft eine Verschlechterung des Zustands eintreten kann. Zwar mag auch insoweit bereits die Möglichkeit für eine medizinische Prognose gegeben sein, so dass an sich auch die möglicherweise zu erwartenden zukünftigen Beeinträchtigungen grundsätzlich mit hätten einbezogen werden können. Nach dem im Zivilprozess herrschenden Verfügungsgrundsatz bleibt es dem Kläger jedoch insoweit unbenommen, die Möglichkeit von Folgeschäden auszuklammern und damit die weitere Entwicklung abzuwarten. </p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Nach alledem ergibt sich insgesamt ein Zahlungsanspruch des Klägers in Höhe von 24.012,84 DM (10.318,82 + 1.194,02 + 12.500,--). Hiervon sind die geleisteten Zahlungen in Höhe von 21.500,-- DM abzusetzen, so dass ein Betrag von 2.512,84 DM verbleibt. </p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich der Verrechnung dieser Zahlungen ist zu berücksichtigen, dass die Beklagten keine Bestimmungen getroffen haben und dass die vom Kläger getroffene Bestimmung einer Verrechnung vornehmlich auf den Erwerbsschaden nicht wirksam ist, weil der Erwerbsschaden nur zu einem geringen Teil gegeben ist und dies auch erst in einem nach Zahlungseingang liegenden Zeitpunkt. </p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Die Verrechnung erfolgt daher vornehmlich auf das Schmerzensgeld und danach auf die Sachschäden. Dies führt dazu, dass hinsichtlich des Restbetrages eine gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten verbleibt. </p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Die Feststellungsanträge sind mit der Maßgabe begründet, dass der Kläger 1/4 der zukünftigen Schäden selbst zu tragen hat. Da der weitere Heilungsverlauf noch nicht feststeht, ist das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für die Anträge gegeben. </p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Der Zinsanspruch des Klägers ist begründet gem. §§ 284, 286, 288 BGB. Hinsichtlich eines Teilbetrags von 1.194,02 DM (Erwerbsschaden) war jedoch zu berücksichtigen, dass dieser erst im Jahre 1985 entstanden ist. </p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO. Hier hatte die Kammer zu berücksichtigen, dass ein Teilbetrag von 5.000,-- DM erst nach Rechtshängigkeit gezahlt worden ist, und dass die Beklagten ohne diese Zahlung insoweit unterlegen wären. </p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO. </p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Streitwert: 113.870,64 DM (24.456,-- + 54.414,64 + 20.000,-- + " 10.000,-- + 5.000,--) </p>
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315,576 | olgk-1986-02-13-5-u-18385 | {
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} | 5 U 183/85 | "1986-02-13T00:00:00" | "2019-03-13T15:08:18" | "2019-03-27T09:42:46" | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1986:0213.5U183.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Unter Abweisung der Klage im übrigen wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger 23.712,40 DM nebst 10 % Zinsen von 31.606,04 DM vom 9.10. bis 15.11.1984 und von 23.712,40 DM ab dem 16.11.1984 zu zahlen, im übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.</p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Entscheidungsgründe:</span></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die in formeller Hinsicht bedenkenfrei Berufung ist auch sachlich begründet.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist gemäß §§ 1, 49 VVG, § 1 (1) a AFB verpflichtet, dem Kläger wegen des Brandschadens vom 27.8.1984 eine Entschädigung in der zuerkannten Höhe zu leisten. Der Brandschaden vom 27.8.1984 an dem von der Beklagten versicherten Gebäude des Klägers ist unstreitig. Auch die Höhe des Schadens und damit die zu erbringende Entschädigung sind nicht in Streit. Die Beklagte verweigert die Zahlung des über 7.893,64 DM hinausgehenden Entschädigungsbetrages lediglich unter Berufung auf § 67 Abs. 1 Satz 3 VVG mit der Begründung, der Kläger habe seinen Schadensersatzanspruch gegen das Dachdeckerunternehmen S, dessen Mitarbeiter den Brand fahrlässig verursacht haben sollen, durch Erlaß oder Verzicht aufgegeben. Dieser auch vom Landgericht geteilten Auffassung vermag sich der Senat indes nicht anzuschließen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Es ist allerdings zuzugeben, daß im Einzelfall die vorbehaltlose Zahlung einer Vergütung für die Schadensbeseitigung an den Schädiger den Erklärungswert eines Verzichts auf die Schadensersatzforderung oder eines Erlasses der selben haben kann. So hat es sich offensichtlich in dem Falle verhalten, der der von der Beklagten herangezogenen Entscheidung des OLG Köln (VersR 1958 Seite 620 f) zugrunde lag. Ein solcher Erklärungswert liegt aber in der Regel dann nicht vor, wenn der Schädiger haftpflichtversichert ist. Gerade unter juristischen Laien herrscht allgemein die Vorstellung vor, daß die Ersatzleistung in einem solchen Schadensfalle auf der Ebene der Haftpflichtversicherung und des Geschädigten erfolgt, mag auch der Haftungsprozeß zwischen Schäder und Geschädigten zu führen sein.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Auch im vorliegenden Falle war die Fa. S, wie der Kläger unwidersprochen vorgetragen hat, haftpflichtversichert und waren sich S und der Kläger darüber einig, daß die Schadensersatzleistung durch den Haftpflichtversicherer im Benehmen mit dem Feuerversicherer, also der Beklagten, erfolgen solle. Der Kläger hat die Fotokopie eines Schreibens seiner M Anwälte vom 11.3.1985 vorgelegt, wonach er auch seinerseits Ansprüche bei dem Haftpflichtversicherer, der J Vers.-AG, geltend gemacht hat. Glaubten er und S aber, der Haftpflichtversicherer werde - eventuell in Absprache mit der Beklagten - den Schaden regulieren, ist nicht erkennbar, inwiefern der Kläger dann auf einen Schadensersatzanspruch verzichtet oder ihn erlassen hat. Vielmehr hat der Kläger sich der Beklagten gegenüber durchaus loyal verhalten und ist seiner Verpflichtung zur Schadensminderung nachgekommen. Es war den Umständen nach zweckmäßig, die Fa. S mit den Instandsetzungsarbeiten zu beauftragen. Dieses Unternehmen war ortsansässig, schnell zur Stelle, bereits am Hause des Klägers tätig gewesen, kannte die Verhältnisse und mußte bestrebt sein, weitere Schäden zu vermeiden: es erlaubte dem Kläger, der dadurch Kosten sparen konnte, seinerseits drei Hilfskräfte für die Arbeiten zur Verfügung zu stellen. Daß ein anderes Unternehmen besser oder preiswerter gearbeitet hätte, hat die Beklagte nicht vorgetragen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Kläger war dagegen der Beklagten gegenüber nicht verpflichtet, die Fa. S zur Naturalrestitution zu veranlassen, um der Beklagten die Ersparung einer Entschädigungszahlung zu ermöglichen. Auf eine solche Naturalrestitution hätte sich die Fa. S, gerade, weil sie haftpflichtversichert war, nicht eingelassen und sich ihrem Haftpflichtversicherer gegenüber gemäß § 5, 5 Nr. 5 AHB auch nicht ohne dessen Zustimmung einlassen dürfen (Verbot der Befriedigung ohne Zustimmung des Versicherers). Um diese Schwierigkeiten zu beheben und die Fa. S zur vergiftungslosen Reparatur zu veranlassen, wäre zumindest so viel Zeit vergangen, daß der Kläger gegen seine der Beklagten gegenüber gemäß § 13 (1) b AFB bestehende Schadensminderungspflicht verstoßen hätte: Nach dem Brand des Dachstuhls mußten Witterungsschäden durch baldige Reparaturarbeiten verhindert werden.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Nicht überzeugend ist auch der Hinweis der Beklagten, der Kläger habe durch sein Verhalten die Durchsetzung eines Regreßanspruchs gegen die Fa. S erschwert. Der regreßnehmende Versicherer ist nie davor gefeit, daß der Schädiger in einem Prozeß offensichtlich unbegründete Einwendungen erhebt und kann dafür den Versicherungsnehmer nicht verantwortlich machen. Um solche Einwendungen würde es sich aber handeln, wenn die Fa. S sich in einem Regreßprozeß auf Verzicht oder Erlaß seitens des Klägers berufen würde.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Nach alledem ist die Klage bezüglich des Hauptanspruchs begründet. Der Zinsanspruch - auch bezüglich der ursprünglichen Forderung von 31.606,04 DM - ist aus dem Gesichtspunkt des Verzuges gemäß §§ 286 Abs. 1, 288 BGB gerechtfertigt. Die in § 17 AFB geregelte Fälligkeitsverzinsung schließt die Geltendmachung eines Verzugsschadens nicht aus (vgl. Prölss-Martin, VVG, 23. Aufl., § 11 Anm. 7 bezüglich § 94 VVG). Nach § 17 AFB ist die Versicherungsleistung zwei Wochen nach ihrer vollständigen Feststellung fällig. Das war im vorliegenden Falle spätestens am 21.9.1984, als der dem Grunde nach unstreitige Versicherungsfall auch der Höhe nach durch Sachverständigenschätzung festgestellt war. Durch anwaltliches Schreiben vom 1.10.1984 mit Fristsetzung zum 8.10.1984 geriet die Beklagte mit Ablauf des zuletzt genannten Tages in Verzug. Ihre unzutreffende Rechtsauffassung berechtigt sie nicht, die Zahlung zu verweigern. Daß der Kläger bezüglich der Klageforderung während des Verzugszeitraums Bankkredit in Höhe von mindestens (der eingeklagten) 10 % in Anspruch genommen hat, ist durch Bankbescheinigung, deren Richtigkeit von der Beklagten nicht angezweifelt wird, dargetan.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen über die Kosten und die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 92 Abs. 2, 708 Nr. 10, 713 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Streitwert für das Berufungsverfahren und Wert der Beschwer der Beklagten: 23.793,52 DM.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Wert der Beschwer des Klägers: 8,78 DM.</p>
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"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 22 U 159/85 | "1986-02-04T00:00:00" | "2019-03-13T15:08:19" | "2019-03-27T09:42:45" | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1986:0204.22U159.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Beklagten zu 1) wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 26.April 1985</p>
<p>- 5 0 22/84 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt:</p>
<p>Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger 2.938,36 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 16.12.1983 zu zahlen.</p>
<p>Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p>Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden wie folgt verteilt: Die Gerichtskosten tragen der Kläger zu 43 % und die Beklagte zu 1) zu 57 %.              Dieaußergerichtlichen Kosten des Klägers tragen zu</p>
<p>40 % dieser selbst und zu 60 % die Beklagte zu 1); die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) tragen zu 60 % diese selbst und zu 40 % der Kläger. Über die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) ist im ersten Rechtszug bereits gesondert entschieden.</p>
<p>Die Kosten der Berufung tragen die Kläger zu 1/3 und die Beklagte zu 2) zu 2/3.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Entscheidungsgründe:</span></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">(ohne Tatbestand gemäß § 543 I ZPO)</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung ist nur teilweise begründet.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger steht wegen des Verkehrsunfalls vom 06.08.1983 gemäß §§ 7 I, 17 I StVG gegen die Beklagte zu 1) ein Anspruch auf Ersatz von 2/3 des ihm entstandenen Schadens zu.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">I.               § 7 I StVG findet auch gegenüber einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft Anwendung, weil neben einer etwaigen Amtshaftung aus § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG die Haftung nach dem Straßenverkehrsgesetz konkurrierend eingreift (vgl. BGHZ 29, 44 und Drees-Kuckuk-Werny, Straßenverkehrsrecht, 5. Auflage 1985, § 7 StVG Rdn. 7 m.w.N.). Dabei wird § 7 StVG auch nicht durch das Verweisungsprivileg des § 839 I 2 BGB verdrängt (BGH NJW 79, 2043; vgl. auch Palandt-Thomas, BGB, 45. Aufl. 1986, § 839 Anm. 7 a).</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">II.             Bei der nach § 17 I StVG gebotenen Abwägung, inwieweit der Schaden durch den einen oder anderen Teil verursacht worden ist, ergibt sich zum einen, daß der Unfall für keinen der Beteiligten ein unabwendbares Ereignis darstellte, zum anderen, daß auf beiden Seiten ein die Betriebsgefahr erhöhendes schuldhaftes Verhalten der Fahrer der Kraftfahrzeuge vorlag, wobei aber das Verschulden des Fahrers des der Beklagten zu 1) gehörenden Q-LKW deutlich überwog.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">1. Zur Unfallbeteiligung des Fahrzeugs des Beklagten zu 1) stehtnicht nur fest, daß für diese kein unabwendbares Ereignis</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">i. S. des § 7 II StVG vorlag. Es ist vielmehr auch bewiesen, daß dem früheren Beklagten zu 2), dem Zeugen G,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">ein Verstoß gegen § 7 IV 1 StVO zur Last fällt, der für den Zusammenstoß der Fahrzeuge ursächlich war. Insoweit hat das Landgericht das Ergebnis der Beweisaufnahme zutreffend gewürdigt.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">a) Zwar sind die Aussagen der Zeugen L und C zum eigentlichen Unfallhergang letztlich nicht ergiebig. Auch das Gutachten des Sachverständigen T hat weder das Vorbringen des Klägers noch das der Beklagten zum Unfallgeschehen positiv bestätigt, da es nach den nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen in technischer Sicht ungeklärt bleibt, ob die streifende Kollision beider Fahrzeuge bei einem Einscheren des PKW auf die Fahrbahn oder bei einem Fahrbahnwechsel des LKW vom linken auf den rechten Fahrstreifen erfolgte.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">b) Die Richtigkeit der Darstellung des Klägers zum Unfallgeschehen ergibt sich aber aus der Bekundung des Zeugen M, welcher der Senat (unter gleichzeitiger Würdigung der entgegenstehenden Aussage des Zeugen G) ebenso wie das Landgericht folgt.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Zeuge M hat bekundet, daß der Q-LKW die B Straße in L2 auf der linken Fahrbahn befahren habe, als der PKW des Klägers vom Parkstreifen auf die rechte Fahrbahn einfuhr , daß dann aber der LKW - als er sich etwa auf gleicher Höhe mit dem PKW befand - von der linken auf die rechte Fahrspur herüberlenkte und dabei den PKW erfaßte.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der Senat glaubt diesem Zeugen, dessen erstinstanzlich protokollierte Aussage detailliert und in sich schlüssig ist. DerZeuge hat als unbeteiligter Fußgänger eine neutrale Stellunginne. Seine Glaubwürdigkeit ist auch nicht schon deswegen in Frage gestellt, weil der Kläger nach dem Berufungsvorbringen mit dem Zeugen M vor dessen Vernehmung gesprochen hat; auch der mögliche Beeinflussungsversuch des Klägers gegenüber dem Zeugen L (der inhaltlich im übrigen auch eine richtige Aussage zum Ziel gehabt haben kann) hat in Bezug auf die Person des Zeugen M keine durchgreifende Bedeutung. In sachlicher Hinsicht spricht für die Richtigkeit der Bekundung des Zeugen M, daß dieser das Geschehen von einer (nach den Messungen des Sachverständigen T 170 m entfernten) Fußgängerbrücke aus verfolgte, von wo aus er einen guten Blick auf die Unfallstelle hatte; das ergibt sich so deutlich aus der Fotografie des Sachverständigen T von der Örtlichkeit (81. 80 d.A.), daß auch eine Augenscheinseinnahme durch den Senat entbehrlich ist. Es ist auch nachvollziehbar, daß der Zeuge den Verkehr auf der Fahrbahn beobachtete, da er beim Überqueren der Fußgängerbrücke innegehalten und sich an das Brückengeländer gestellt hatte. Daß ihm schwindelig gewesen sei, hat der Zeuge entgegen dem Vorbringen der Berufung nicht gesagt, sondern nur, daß er meinte, die Brücke würde wegen starken Windes schwanken. Auch das in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erörterte Argument, Passanten würden erst nach einem Unfall durch den Knall auf das Geschehen aufmerksam werden, greift im vorliegenden Fall nicht: Der Zeuge M hat nun einmal ausdrücklich ausgesagt, daß er den Verkehr bereits beobachtet habe, als der PKW den Parkstreifen verließ und der LKW von weiter hinten angefahren kam. Weiterhin vermag der Senat auch nicht dem Vorbringen der Berufung dazu zu folgen, der Zeuge M müsse wegen einer leichten Biegung in der Fahrbahn der B Straße einer "optischen Täuschung" erlegen sein. Gerade weil nämlich - wie sich wiederum aus den Fotos des Sachverständigen T anschaulich ergibt - der Knick der Fahrbahnen erst (aus Fahrtrichtung der beteiligten Fahrzeuge gesehen) nach der Kollisionsstelle liegt, spricht nichts für einen Irrtum des Zeugen hinsichtlich seiner Beobachtungen zu den Vorgängen, die sich noch vor dem betreffenden Knick abspielten, vor allem hinsichtlich seiner Bekundung, der Q-LKW sei schon "weiter hinten" auf der linken Fahrbahn gefahren. Schließlich erscheint es gegenüber der im Kerngeschehen präzisen Aussage des Zeugen M auch nicht bedeutsam, daß der Zeuge in einer Einzelheit vom unstreitigen Vortrag der Parteien abweicht: Daß nämlich der LKW den PKW mit seinem Trittbrett erfaßt habe (statt: Mit dem Kotflügel). Zum einen liegen Kotflügel und Trittbrett so nahe beieinander, daß eine Verwechslung durch den Zeugen aus 170 m Entfernung verständlich ist.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">c) Den Bekundungen des Zeugen M steht im Ergebnis auch nicht die Aussage des Zeugen G entgegen. Diese begegnet nämlich ihrerseits so erheblichen Zweifeln, daß ihr der Senat - wie schon das Landgericht - keinen durchgreifenden Beweiswert beizumessen vermag.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Zeuge G hat zwar bei seiner Vernehmung so ausgesagt, wie es dem Vortrag der Beklagten zu 1) entspricht. Es ist aber nicht zu verkennen, daß der Zeuge entgegen der Ansicht der Berufung keine neutrale Stellung gegenüber den Parteien einnimmt. Auch wenn ihm seitens der Beklagten zu 1) kein Regreß droht und wenn auch die Klage gegen ihn zurückgenommen worden ist, so war er doch Unfallbeteiligter und ist Arbeitnehmer der Beklagten zu 1). Auch kann die Beklagte zu 1) ihre Darstellung vom Unfallgeschehen, die sie zum Vorbringen im Rechtsstreit macht, ihrerseits nur aus den Angaben des Zeugen G bezogen haben; bei dem Zeugen ist daher sehr wohl - anders als bei dem unbeteiligten Zeugen M - eine gewisse Zwangslage bei seiner späteren gerichtlichen Vernehmung nicht auszuschließen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Letztlich braucht allerdings Bedenken gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen - die nach den zu § 398 1 ZPO entwickelten Grundsätzen nicht etwa zwingend dessen erneute Vernehmung erforderlich machen würden, weil das Erstgericht die Glaubwürdigkeit gar nicht erörtert hat und somit der Senat von dessen etwaiger Beurteilung nicht abweichen würde (vgl. BGH NJW 72, 584) - nicht weiter nachgegangen zu werden. Denn auch inhaltlich versteht der Senat die protokollierte Aussage des Zeugen G nicht anders als das erstinstanzliche Gericht (hierzu: BGH NJW 82, 1052). Es ist mit dem Landgericht festzuhalten, daß die Aussage des Zeugen G in einem entscheidungserheblichen Punkt nicht richtig sein kann und damit insgesamt in ihrer Verwertbarkeit erschüttert ist.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Der Zeuge will eine Vollbremsung getätigt haben, als er den PKW des Klägers aus einem Abstand von ca. 3 m zum ersten Mal als aus dem Parkstreifen herauskommend wahrgenommen haben will. Diese zwei Angaben - 3 m Abstand einerseits, Vollbremsung andererseits - sind aber nach den überzeugenden Ausführungen des Gutachters T miteinander unvereinbar, da der LKW noch während der Reaktionszeit des Fahrers 14 - 17 m zurückgelegt haben muß. Entgegen dem Berufungsvorbringen findet sich für diesen Widerspruch auch keine zureichende Erklärung darin, daß sich der Zeuge mit der Entfernungsangabe von ca. 3 m verschätzt haben könne. Denn auch eine Abstandsangabe von z. B. 5 m oder 10 m wäre angesichts der erforderlichen Reaktionszeit mit der behaupteten Vollbremsung nicht zu vereinbaren; ein noch weiterer Abstand hingegen wäre mit einem Abstand von nur 3 m nicht zu verwechseln gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Auch hat der Zeuge G - wie aus der Aussage des Zeugen Rechtsanwalt H hervorgeht - diese Abstandsangabe von ca. 3 m mehrfach, auch schon als Zeuge im Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen den Kläger, bekundet; es kann daher nicht davon ausgegangen werden, daß er sich im Zivilprozeß lediglich verschätzt habe. Andererseits hat er aber - gleichfalls nach der Bekundung des Zeugen Rechtsanwalt H - im Ordnungswidrigkeitsverfahren von einer mehrfachen Vollbremsung gesprochen, während es nach der Aussage vor dem Landgericht nur eine gewesen sein soll. Auch hieruas erwachsen Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Zeugen G, die sich - gerade weil eine unrichtige Aussage in Rede steht - nicht mit dem Hinweis der Berufung auf eine logische Unvereinbarkeit solcher Zeugenangaben beheben lassen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Bekundungen des Zeugen Rechtsanwalt H wiederum zu dem früheren Aussageverhalten des Zeugen G - insbesondere, daß er als Verteidiger des Klägers im Ordnungswidrigkeitsverfahren schon damals die Widersprüche aufgegriffen und dem Zeugen G vorgehalten habe - sind derart bestimmt gewesen, daß auch bei diesem Zeugen gemäß § 398 I ZPO eine erneute Vernehmung durch den Senat nicht erforderlich ist; für das von der Berufung vermutete Mißverständnis oder unzureichende Erinnerungsvermögen ergeben sich bei dem Zeugen H keine Anhaltspunkte.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Kommt nach alledem der Aussage des Zeugen G kein durchgreifender Beweiswert zu, so bedeutet dies allerdings keineswegs, daß der Zeuge - wie es in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angeklungen ist - vorsätzlich die Unwahrheit gesagt haben muß und daß dem der Senat erneut nachgehen müsse. Es ist gängige Erfahrung gerade in Verkehrsunfallsachen, daß sich in einem Beteiligten schon an Ort und Stelle ein vermeintlich richtiges, die eigene Verantwortlichkeit scheinbar minderndes Bild einprägen kann, das sich bei späteren Aussagen noch verfestigt.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">2. Auch für den Kläger stellt sich allerdings das Unfallgeschehen nicht als unabwendbares Ereignis i.S. des § 7 II StVG dar. Vielmehr erfährt auch bei ihm die Betriebsgefahr seines PKW eine Erhöhung.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">a) Selbst ungeachtet des zweitinstanzlichen Vortrags zur Betätigung des Fahrtrichtungsanzeigers ist dem Kläger - was das Landgericht nicht erörtert hat - der Entlastungsbeweis nach § 7 II StVG nicht gelungen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Den - im Rahmen des § 7 II StVG ihm obliegenden - Nachweis, daß er als Führer seines Fahrzeugs jede ihm obliegende Sorgfalt beobachtet hat, hat der Kläger in Ansehung der besonderen Anforderungen des § 10 StVO nicht führen können. Dabei ist zu berücksichtigen, daß einerseits der Parkstreifen, von dem der Kläger angefahren war, als "anderer Straßenteil" i.S. des § 10 S. 1 StVO gilt (Jagusch-Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 28. Auflage, § 10 StVO Rdn. 6) und daß andererseits die Sorgfaltspflichten des Einfahrenden räumlich erst dann enden, wenn jegliche Einflußnahme des Anfahrvorgangs auf das weitere Verkehrsgeschehen ausgeschlossen ist. Der Anfahrende muß mit der Möglichkeit eines Fahrstreifenwechsels eines Fahrzeugs, das er im Rückspiegel auf der Überholspur wahrnimmt, stets rechnen. Der Zusammenhang zwischen dem Einfahren auf die rechte Fahrspur und der - wenn auch auf einem Fahrbahnwechsel des Q-LKW beruhenden - Kollision ist nicht etwa deswegen aufgehoben, weil der Kläger nach den Aussagen der Zeugen M und L nachgewiesenermaßen eine gewisse Strecke zurückgelegt hatte (nach seinen eigenen Angaben: etwa 10 - 15 m), ehe es zum Zusammenstoß kam. Die Strecke von 10 - 15 m ist nämlich in Ansehung der Beschleunigung eines anfahrenden PKW derart kurz, daß der räumliche und zeitliche Zusammenhang mit dem Verlassen des Parkstreifens schon deswegen zu bejahen ist, weil auch der Fahrbahnwechsel durch den Q-LKW nicht rechtwinkelig verlief, sondern schräg erfolgte, wie sich aus den anschließenden Kollisionsbild ergibt.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">b)        Die durch den Vorgang des Einfahrens vom Parkstreifen auf die rechte Fahrspur schon erhöhte Betriebsgefahr des PKW erfährt noch eine weitere Steigerung dadurch, daß der Kläger entgegen § 10 S. 2 StVO den Fahrtrichtungsanzeiger nicht betätigte.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Der diesbezügliche zweitinstanzliche Vortrag ist unbestritten geblieben (wobei es ohnehin schon in erster Instanz im Hinblick auf die Darlegungslast zu § 10 II StVG dem Kläger ablegen hätte, eine etwaige tatsächliche Betätigung des Blinkers zu behaupten).</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Eine weitere, über die Erhöhung der Betriebsgefahr hinausgehende Bedeutung unter Verschuldensgesichtspunkten kommt allerdings dem Nichtsetzen des Blinkers nicht zu. Die Beklagte zu 1) hat nicht dargelegt, welche Auswirkungen der nicht erkennbare Fahrtrichtungsanzeiger auf den Fahrer des Q-LKW hatte.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">c)         Ein etwaiger weiterer Verstoß des Klägers gegen § 10 S. 1 StVO deswegen, weil er den Umfang des bevorrechtigten Verkehrs beim Verlassen des Parkstreifens verkannt hätte, ist zu verneinen.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Zwar hat die Berufung darin recht, daß sich der Vorrang des fließenden Verkehrs auch auf den linken Fahrstreifen einer mehrspurigen Fahrbahn erstreckt. Da aber der PKW nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht bis auf die linke Fahrbahn gefahren ist, kommt dem hier keine Bedeutung zu.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">3. Die vorstehend festgestellten Verursachungsanteile beider Seiten führen zu folgender Abwägung bei der Ermittlung der Haftungsquote nach § 17 I StVG.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Die Haftung der Beklagten zu 1) wird schon aus der Betriebsgefahr des Q-LKW begründet. Diese erfuhr schon abstrakt eine Erhöhung dadurch, daß von einem LKW mit Anhänger eine höhere Gefährlichkeit ausgeht als etwa von einem PKW. Zusätzlich aber wurde die Betriebsgefahr noch erheblich gesteigert nicht nur durch den ohnehin schon nicht risikolosen Fahrstreifenwechsel als solchen, sondern insbesondere durch das konkrete Verkehrsverhalten des Zeugen G, der den Fahrbahnwechsel unter Verstoß gegen § 7 IV 1 StVO vornahm.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Zu Lasten des Klägers wirkt sich demgegenüber zwar aus, daß auch in Ansehung der besonderen Sorgfaltsgrundsätze des § 10 StVO die Betriebsgefahr des PKW bei und unmittelbar nach dem Anfahren auf die rechte Fahrbahn erhöht war, wobei zusätzlich die Betätigung des Fahrtrichtungsanzeigers entgegen dem Gebot des § 10 S. 2 StVO unterblieb.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Das bei weitem überwiegende Verursachungselement lag aber in dem auf das Einfahren des PKW in die Fahrbahn erst nachfolgenden Verhalten des Fahrers des Q-LKW. Dieser setzte die größere Ursache für den Zusammenstoß, indem er unter Mißachtung des § 7 IV 1 StVO den Fahrstreifen wechselte.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Demgemäß muß der Haftungsanteil der Beklagten zu 1) des, des Klägers deutlich übersteigen. Angemessen ist bei Abwägung aller Umstände eine Quotierung von 1/3 zu 2/3 zu Lasten der Beklagten zu 1).</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">III.                 Zur Höhe der Klageforderung ist zweitinstanzlich nur noch von dem Betrag von 4.407,54 DM auszugehen, der nach dem angefochtenen Urteil den Gesamtschaden des Klägers ausmacht. 2/3 hiervon sind 2.938,36 DM.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Dieser dem Kläger zustehende Betrag ist gemäß § 288 I 1 BGB mit 4 % zu verzinsen. Der Zeitpunkt des Verzugsbeginns wird mit der Berufung nicht angegriffen.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">IV.               Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Il, 269 III 2 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Gegenstandswert</span> der Berufung: 4.407,54 DM</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Beschwer des Klägers              1.469,18 DM</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Beschwer des Beklagten              2.938,36 DM</p>
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315,578 | olgham-1986-01-22-5-uf-27983 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
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"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 5 UF 279/83 | "1986-01-22T00:00:00" | "2019-03-13T15:08:22" | "2019-03-27T09:42:45" | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1986:0122.5UF279.83.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Beschwerde des Antragstellers wird das am 25. Mai 1983 verkündete Urteil des Amtsgerichts Lünen zu Ziffer II abgeändert.</p>
<p>Vom Versicherungskonto des Antragstellers bei der Bundesknappschaft XXX, VersNr. XXX, werden monatliche Rentenanwartschaften in Höhe von 704,21 DM, bezogen auf den 30. November 1982, auf das Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der Landesversicherungsanstalt XXX, VersNr. XXX, übertragen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.</p>
<p></p>
<p>Die weitere Beschwerde wird zugelassen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Gründe</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Parteien haben am 29. August 1953 geheiratet. Aus der Ehe sind keine Kinder hervorgegangen. Der Scheidungsantrag des am 2. Juli 1932 geborenen Ehemanns (Antragstellers) ist der am 28. Mai 1936 geborenen Ehefrau (Antragsgegnerin) am 16. Dezember 1982 zugestellt worden.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Ehemann hat in der Ehezeit eine Anwartschaft aus der knappschaftlichen Rentenversicherung von monatlich 2.068,63 DM sowie eine Anwartschaft im Sinne des § 1587 a Abs. 2 Nr. 4 c BGB aus der knappschaftlichen Rentenversicherung, die nicht den gesetzlichen Rentenanpassungen unterliegt, in Höhe von monatlich 0,07 DM erworben.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Ehefrau bezog zum Ende der Ehezeit eine Erwerbsunfähigkeitsrente in Höhe von 656,90 DM monatlich bei der Landesversicherungsanstalt XXX. Sie erhielt außerdem - wie im Beschwerdeverfahren festgestellt worden ist - am Ende der Ehezeit von der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder in XXX eine dynamische Versorgungsrente in Höhe von 267,-- DM monatlich; der Anspruch auf diese Rente ist unverfallbar.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Nach der für die Ehefrau erteilten Auskunft der Landesversicherungsanstalt XXX beläuft sich die Rentenanwartschaft der Ehefrau auf monatlich 448,70 DM und deren - zusätzliche - Anwartschaft im Sinne des § 1587 a Abs. 2 Nr. 4 c BGB auf monatlich 3,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Auf die gemäß §§ 629 a Abs. 2 Satz 1, 621 e Abs. 1, Abs. 3, 621 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zulässige Beschwerde war die angefochtene Entscheidung des Amtsgerichts hinsichtlich der Regelung des Versorgungsausgleichs abzuändern.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Auf seiten des Antragstellers ist ein Betrag von 2.068,65 DM - statt, wie vom Amtsgericht angenommen, von 2.068,63 DM - in den Versorgungsausgleich einzustellen. Zu der Anwartschaft auf ein Altersruhegeld in der knappschaftlichen Rentenversicherung von 2.068,63 DM ist der Wert der Höherversicherung von 0,02 DM zu addieren. Die Umrechnung der nicht dynamischen Anwartschaft auf 0,07 DM in eine dynamische Rente hat mit Hilfe der Barwertverordnung und der Rechengrößenbekanntmachung zu erfolgen. Bei einem Alter des Ehemanns von 50 Jahren am Ende der Ehezeit beträgt der Faktor gemäß Tabelle 1 der Barwertverordnung 3,9. Die Multiplikation mit dem Jahresbetrag der Höherversicherung von 0,84 DM ergibt einen Barwert von 3,16 DM. Dieser Barwert ist mit den Faktoren des Jahres 1982 der Tabellen 5 und 2 der Rechnengrößenbekanntmachung umzurechnen: 3,16 DM x 0,01884197 (Tabelle 5) x 0,4067452 (Tabelle 2) = 0,02 DM.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Auf seiten der Ehefrau ist zunächst die Erwerbsunfähigkeitsrente mit einem Zahlbetrag von 459,40 DM zu berücksichtigen. Das fiktive Altersruhegeld ist im vorliegenden Fall für die Berechnung des Versorgungsausgleichs nicht maßgebend. Bei der Frage, ob dann, wenn ein Ehegatte am Ende der Ehezeit Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bezieht, die von dem fiktiv errechneten Altersruhegeld abweicht, die tatsächlich bezogene Erwerbsunfähigkeitsrente oder der fiktive Rentenbetrag für die Wertberechnung maßgebend ist, ist auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen. Ist die Erwerbsunfähigkeitsrente geringer, ist grundsätzlich das fiktive Altersruhegeld maßgeblich, weil der Versicherte mit der Erfüllung der Voraussetzungen für ein Altersruhegeld einen Anspruch auf Umwandlung der Erwerbsunfähigkeitsrente in ein Altersruhegeld erlangt, § 1254 Abs. 2 RVO (BGH FamRZ 84, 673). Ist dagegen die bezogene Rente - wie hier - höher, so hängt ihre Berücksichtigung zunächst davon ab, ob von einem Fortbestehen des Anspruchs auf diesen Rentenbetrag ausgegangen werden kann. Wenn der Bezieher der Erwerbsunfähigkeitsrente kurz vor Vollendung des 65, Lebensjahres steht, ist jedenfalls - abweichend vom Wortlaut der §§ 1587 a Abs. 2 Nr. 2 BGB, 1304 Abs. 1 RVO - der tatsächliche Zahlbetrag maßgebend (BGH FamRZ 82, 33; BGH FamRZ 84, 673). In diesen Fällen ist mit einem Entzug der Erwerbsunfähigkeitsrente nicht mehr zu rechnen. Das Altersruhegeld wird jedenfalls nicht niedriger als die Erwerbsunfähigkeitsrente sein. Kommt es nach § 1254 Abs. 3 Satz 1 RVO zur Umwandlung der Erwerbunfähigkeitsrente in ein Altersruhegeld, so ist aufgrund der nach § 1254 Abs. 2 Satz 2 RVO entsprechend anwendbaren Besitzstandsregelung des § 1253 Abs. 2 Satz 5 RVO gewährleistet, daß das Altersruhegeld nicht niedriger ist als die bisherige Erwerbsunfähigkeitsrente.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Im vorliegenden Fall war die Ehefrau am Ende der Ehezeit zwar erst 46 Jahre alt, stand also nicht unmittelbar vor Erreichen des 65. Lebensjahres. Diesem Altersunterschied kann jedoch keine entscheidende Bedeutung zukommen. Aus dem vom Senat eingeholten ärztlichen Gutachten ergibt sich, daß die Erwerbsfähigkeit der Ehefrau mit Sicherheit nicht wieder hergestellt werden wird; sie wird erwerbsunfähig bleiben und somit die Erwerbsunfähigkeitsrente nicht mehr verlieren können. Da insoweit eine eindeutige Prognose möglich ist, ist der Fall nicht anders zu behandeln, als stünde sie unmittelbar vor dem Erreichen des 65. Lebensjahres; entscheidend ist allein, ob noch mit einem Wegfall der einmal bezogenen Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gerechnet werden muß. Da dies nicht der Fall ist, besteht auch für die Ehefrau ein Anspruch auf Wahrung des Besitzstandes gemäß § 1254 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 1253 Abs. 2 Satz 5 RVO; danach ist der errechnete Betrag des fiktiven Altersruhegeldes ggf. bei Erreichung des 65. Lebensjahres auf den tatsächlichen Zahlbetrag anzuheben.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Allerdings ist nicht die bei Ende der Ehezeit tatsächlich bezogene Erwerbsunfähigkeitsrente in den Versorgungsausgleich einzustellen, sondern nur ein Anteil dieser Rente mit den Wertanteilen, die auf die Ehezeit entfallen. Gemäß § 1260 RVO enthält die tatsächlich bezogene Rente deshalb, weil die Ehefrau am Ende der Ehezeit noch nicht das 55. Lebensjahr erreicht hatte, eine Zurechnungszeit, nämlich die Zeit vom ursprünglichen Versicherungsfall bis zur Vollendung des 55. Lebensjahres. Diese Zurechnungszeit kann nicht in vollem Umfang übernommen werden, weil sonst Zeiten berücksichtigt wurden, die nach dem Ende der Ehezeit liegen. Nach § 1304 Abs. 1 RVO ist deshalb die zu übernehmende Zurechnungszeit auf die Zeit bis zum Versicherungsfall für das fiktive Altersruhegeld - Ende der Ehezeit - zu begrenzen. Die genannten Besitzschutzvorschriften - § 1254 Abs. 2 in Verbindung mit § 1253 Abs. 2 Satz 5 RVO - sind auf diesen Fall nicht anzuwenden; andernfalls würde eine Zurechnungszeit, die nach § 1304 Abs. 1 RVO auf die Zeit bis zum Vormonat der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags zu begrenzen ist, voll über den besitzgeschützten Zahlbetrag in das Altersruhegeld einfließen (Maier, Versorgungsausgleich in der Rentenversicherung, § 83 AVG Anm. 2.1.5; Bastian/Roth-Stielow-Schmeiduch, 1. EheRG, § 1304 RVO Rdn. 24).</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der Gedanke des § 1304 Abs. 1 Satz 1 RVO, wonach eine Zurechnungszeit auf die Ehezeit beschränkt sein soll, ist deshalb dadurch zu verwirklichen, daß nur die Werteinheiten einzusetzen sind, die auf die Ehezeit entfallen (Soergel/Schmeiduch § 1587 a BGB Rdn. 41 c; vgl. auch BGH FamRZ 82, 36, 41). Dies ist hier der Betrag von 459,40 DM.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Soweit das Oberlandesgericht Karlsruhe in einem ähnlich gelagerten Fall (FamRZ 85, 611) ausgeführt hat, daß in Fällen, in denen zum Zeitpunkt des Ehezeitendes, der eine Erwerbsunfähigkeitsrente beziehende Ausgleichspflichtige noch nicht das 55. Lebensjahr vollendet hat, für die Ermittlung des Wertunterschiedes im Rahmen des Versorgungsausgleichs nicht von seinem tatsächlichen Rentenzahlbetrag, sondern nur von seinem fiktiv errechneten Altersruhegeld ausgegangen werden könne, geht der Senat davon aus, daß diese Auffassung darauf beruht, daß nachdem genannten Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt nicht feststand, ob die Erwerbsunfähigkeit bis zum Erreichen des 65. Lebensjahrs mit Sicherheit andauern würde. Insoweit liegt der hier zu entscheidende Fall anders.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Auf seiten der Ehefrau ist weiter die tatsächlich gezahlte Versorgungsrente der VBL in die Berechnung des Versorgungsausgleichs einzustellen, und zwar mit dem Ehezeitanteil (vgl. BGH FamRZ 82, 33, 35); dies ist der Betrag von 200,83 DM.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der Gesamtbetrag der auf seiten der Ehefrau zu berücksichtigenden Renten errechnet sich folglich mit 660,23 DM.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Der Unterschiedsbetrag zwischen den auf beiden Seiten errechneten Beträgen beläuft sich auf 1.408,42 DM. Gemäß § 1587 b Abs. 1 BGB sind monatliche Rentenanwartschaften in Höhe der Hälfte des Wertunterschiedes auf den Ehegatten zu übertragen, der geringerwertige Anwartschaften innerhalb der Ehezeit erworben hat. Demnach sind monatliche Rentenanwartschaften in Höhe von 704,21 DM vom Versicherungskonto des Ehemanns auf das Versicherungskonto der Ehefrau zu übertragen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks"><b>III. </b></p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 93 a ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat die weitere Beschwerde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen, §§ 621 e Abs. 2 Satz 1, 546 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZPO.</p>
|
315,579 | olgham-1986-01-17-20-u-18385 | {
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} | 20 U 183/85 | "1986-01-17T00:00:00" | "2019-03-13T15:08:23" | "2019-03-27T09:42:45" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1986:0117.20U183.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Beklagten wird das am 21. März 1985 verkündete Urteil der Zivilkammer III des Landgerichts ... abgeändert.</p>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p>Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung rückständiger Versicherungsprämien für eine Feuerversicherung in Anspruch.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Versicherungsnehmer der Klägerin war seit Januar 1962 eine Firma ..., die später als ... firmierte und ab Oktober 1977 in den Akten der Klägerin als ... geführt wurde.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Unter dem 16.6.1980 erteilte die Klägerin - unter derselben Versicherungsnummer wie bisher - einen neuen Versicherungsschein, der auf die ... ausgestellt wurde und in dem aus nicht mehr aufklärbaren Gründen nachträglich der Firmenzusatz ... handschriftlich in ... abgeändert wurde. In der Folgezeit korrespondierte die Klägerin mit der Firma ... der Beklagten, und stellte unter dem 13.4.1983 - wiederum unter derselben Versicherungsnummer - anläßlich eines von der ... - so die Bezeichung in der Akte der Klägerin - gestellten Antrags auf Änderung der Versicherungssummen einen auf die Beklagte lautenden, als Nachtrag Nummer 1 bezeichneten neuen Versicherungsschein aus. Dieser sah mit Wirkung vom 23.3.1983 eine geänderte Versicherungssumme und eine entsprechend geänderte Prämie vor, während die gegenseitigen Rechte und Pflichten im übrigen "wie bisher" gelten sollten. Die Versicherung sollte mit dem 10.1.1984 ablaufen, was der Handhabung seit 1961 entsprach, wonach das Versicherungsjahr jeweils am 10.1. eines jeden Jahres ablief.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Unstreitig ist, daß neben der beklagten GmbH die ... weiterbesteht, wobei die Beklagte als sogenannte Produktionsgesellschaft und die KG als sogenannte Besitzgesellschaft fungieren.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 29.9.1983 kündigte die Beklagte den Feuerversicherungsvertrag "zum nächstmöglichen Termin, dem 10.1.1984". Die Klägerin hält diese Kündigung für unwirksam und verlangt die Versicherungsprämie für das mit Ablauf des 10.1.1984 beginnende Versicherungsjahr in Höhe von 13.863,20 DM. Sie stützt diesen Anspruch auf ihre Versicherungsbedingungen, die "bei mindestens einjähriger Dauer" die stillschweigende Verlängerung des Vertrages "von Jahr zu Jahr" vorsehen, "wenn er nicht spätestens drei Monate vor dem Ablauf schriftlich gekündigt wird".</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich der Frage der Wirksamkeit der Kündigung ist folgendes unstreitig:</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die ... hatte in den Jahren 1977 bis 1980 mehrere der zur Betriebseinrichtung gehörenden und mit dieser bei der Klägerin versicherten Maschinen an Kreditgeber zur Sicherheit übereignet. Die Klägerin hatte dafür sogenannte Sicherungsscheine und in einem Fall eine sogenannte Sicherungsbestätigung erteilt. Hierbei handelt es sich um zwei Sicherungsscheine vom 12.10.1977 und vom 20.7.1978 zugunsten der Volksbank ..., einen Sicherungsschein vom 25.6.1979 zugunsten der Volksbank ... und um die Sicherungsbestätigung vom 2.7.1980 zugunsten der Städtischen Sparkasse ..., wobei in allen Fällen Formulartexte der Klägerin verwendet wurden.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Sicherungsscheine und die Sicherungsbestätigung enthalten auf ihrer Vorderseite jeweils den vom Versicherungsnehmer zu unterschreibenden Antrag an den Versicherer auf Erteilung des Sicherungsscheins bzw. der Sicherungsbestätigung. Dieser Antrag umfaßt neben der Beschreibung der sicherungsübereigneten Maschine zunächst die Erklärung, daß der Kreditgeber darauf verzichte, gemäß §69 VVG in den Versicherungsvertrag einzutreten, und daß der Versicherungsnehmer (unter Abweichung von §§12 AFB, 76 VVG) nicht befugt sein solle, über die dem Kreditgeber aus dem Versicherungsvertrag zustehenden Rechte im eigenen Namen zu verfügen. Im Anschluß daran heißt es - in allen Fällen gleichlautend -:</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">"3.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der Versicherungsnehmer darf die Versicherung nicht aufheben, sie auch nicht in ihrem Betrage mindern und muß sie unvermindert fortsetzen, solange nicht der Kreditgeber schriftlich in ein hiervon abweichendes Verfahren einwilligt und der Versicherungsnehmer diese Einwilligungserklärung dem Versicherer eingereicht hat, was mindestens einen Monat vor Ablauf geschehen sein muß, um gültig zu sein. Der Kreditgeber ist zur Zahlung der fälligen Versicherungsprämie befugt."</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Es folgt die Erklärung des Kreditinstituts, daß es auf den Eintritt in den Versicherungsvertrag verzichte, und im Anschluß daran die Erklärung des Versicherers (der Klägerin), daß der Sicherungsschein bzw. die Sicherungsbestätigung "zu den umseitigen Bedingungen" erteilt werde.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Diese auf der Rückseite des Formulars abgedruckten Bedingungen sind unterschiedlich formuliert.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">In den drei Sicherungsscheinen aus den Jahren 1977, 1978 und 1979 heißt es auszugsweise:</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">"4.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Wir haben dem Kreditinstitut unverzüglich Mitteilung zu machen, wenn eine Folgeprämie nicht rechtzeitig gezahlt und dem Versicherungsnehmer die im Versicherungsvertragsgesetz und in den Allgemeinen Heuerversicherungs-Bedingungen vorgeschriebene Frist für die Zahlung der Prämie bestimmt ist. Das gleiche gilt, wenn das Vertragsverhältnis nach dem Ablauf der Frist wegen unterbliebener Prämienzahlung gekündigt wird ...</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Wir sind verpflichtet, die Versicherung der Sachen für das Interesse des Kreditinstituts unvermindert fortzusetzen, wenn das Kreditinstitut dies bis zum Ablauf der im ersten Absatz genannten Frist bei uns schriftlich beantragt und sich zugleich zur Zahlung der Prämie verpflichtet ...</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">5.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Eine Kündigung, ein Rücktritt, ein Ablauf oder eine sonstige Tatsache, welche die Beendigung des Versicherungsverhältnisses zur Folge hat, ferner eine Vereinbarung zwischen uns und dem Versicherungsnehmer, durch welche die Versicherungssumme oder der Umfang der Gefahr, für die wir haften, eine Minderung erfährt, wirkt gegenüber dem Kreditinstitut erst mit Ablauf von einem Monat, nachdem die Beendigung oder die Minderung und sofern diese noch nicht eingetreten waren, der Zeitpunkt der Beendigung oder der Minderung dem Kreditinstitut durch uns mitgeteilt worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Bestimmung der zweiten Absatzes von Ziff. 4 findet entsprechende Anwendung ..."</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Auf der Sicherungsbestätigung vom 2.7.1980 befindet sich auf der Rückseite - auszugsweise - folgender Text:</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks"><i>"Der Kreditgeber erhält außerdem:</i></p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">eine Kopie des an den Versicherungsnehmer gerichteten gesetzlichen Mahnschreibens gemäß §39 VVG im Falle nicht rechtzeitiger Prämienzahlung,</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">eine Mitteilung, wenn das Versicherungsverhältnis ganz oder teilweise gekündigt wird, abläuft oder aus sonstigem Grunde vorzeitig endigt, soweit nicht schon gemäß Ziffer 3. der Anzeige bei Aufhebung der Versicherung durch den Versicherungsnehmer die schriftliche Einwilligung des Kreditgebers eingegangen ist und, im Falle der Maschinenversicherung, die Selbstbeteiligung oder sonstige dem Vertrage zugrundeliegende Bedingungen - mit Ausnahme der Prämien - sich ändern ..."</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Nach Erhalt der Kündigung vom 29.9.1983 schrieb die Klägerin mit Formularschreiben vom 4.10.1983 die ... an und bestätigte "das Erlöschen des Vertrages vorbehaltlich Zustimmung des Kreditgebers mit Wirkung vom 10.1.1984". Weiter heißt es dort:</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks"><i>"Die Zustimmung muß bis spätestens 1 Monat vor Ablauf bei uns eingegangen sein. Erfolgt sie später oder garnicht, müssen wir Sie an den Vertrag gebunden halten."</i></p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Mit ebenfalls an die ... gerichtetem Schreiben vom 23.11.1983 erinnerte die Klägerin an die Erledigung ihres Schreibens vom 4.10.1983 und wies darauf hin, daß sie sich an den Vertag gebunden halte, wenn die Zustimmung der Kreditgeber nicht bis spätestens 10.12.1983 vorlägen.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Nachdem innerhalb dieser Frist keine Zustimmungserklärungen eingegangen waren, teilte die Klägerin mit Schreiben vom 28.12.1983, das sie wiederum an die ... richtete, dessen Erhalt die Beklagte aber ebensowenig bestreitet wie den der beiden vorangegangenen Schreiben, mit, sie müsse an dem Vertrag festhalten und werde in Kürze die Prämienrechnung schicken.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Ende Dezember 1983 ging dann die Zustimmung eines der Kreditgeber ein, der im November 1984 eine zweite Zustimmungserklärung eines anderen Kreditgebers folgte.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte, die seit dem 10.1.1983 bei einem anderen Versicherer versichert ist, zahlte die angeforderten Prämien nicht und reagierte auch nicht auf die Mahnung der Klägerin vom 4.9.1983.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin ist der Auffassung, die Zustimmung der Kreditgeber sei Voraussetzung für die Wirksamkeit der Kündigung der Beklagten. Die Kündigung der Beklagten sei mangels dieser Zustimmung unwirksam, so daß sich der Vertrag um ein Jahr verlängert habe.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, an sie 13.868,20 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 20.10.1984 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Sie hat die Auffassung vertreten, die Zustimmung der Kreditgeber sei nicht Voraussetzung für die Wirksamkeit der Kündigung. Sofern der Versicherungsvertrag ohne diese Zustimmung gekündigt werde, liege im Verhältnis zum Kreditgeber allenfalls eine u.U. zum Schadensersatz berechtigende Vertragsverletzung vor. Auf den Versicherungsvertrag habe das aber keinen Einfluß. Jedenfalls seien die von der Beklagten formulierten Bedingungen der Sicherungsscheine und der Sicherungsbestätigung nicht eindeutig, so daß Unklarheiten zu Lasten der Klägerin gingen.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 13.863,20 DM nebst den beantragten Zinsen stattgegeben und die Klage im übrigen wegen 5 DM vorgerichtlicher Mahnkosten abgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Zur Begründung hat es ausgeführt, die Zustimmung der Kreditgeber sei Voraussetzung für die Wirksamkeit der Kündigung. Jedenfalls aus der Sicherungsbestätigung vom 2.7.1980 ergebe sich das mit der erforderlichen Klarheit, während bei den älteren Bedingungstexten möglicherweise Zweifel hieran begründet seien.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Mit der hiergegen gerichteten Berufung verfolgt die Beklagte das Ziel der Klageabweisung weiter. Unter Wiederholung und Vertiefung ihrer erstinstanzlichen Rechtsausführungen bestreitet sie nunmehr, daß sie Versicherungsnehmerin der Klägerin sei, und hält hilfsweise einen Schadensersatzanspruch gegen die Klägerin für begründet, weil diese ihrerseits die Kreditnehmer nicht von der Kündigung unterrichtet habe.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Sie verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung ihrer erstinstanzlichen Rechtsausführungen das angefochtene Urteil und widerspricht der hilfsweise erklärten Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Wegen der Einzelheiten des beiderseitigen Vorbringens wird auf den den Parteien bekannten Inhalt der Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen und im übrigen auf die in den nachstehenden Entscheidungsgründen ergänzend mitgeteilten Tatsachen verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe</b></p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Die Berufung der Beklagten hat Erfolg und führt zur Abweisung der Klage als unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Es mag bereits zweifelhaft sein, ob die Beklagte Versicherungsnehmerin der Klägerin geworden ist und ob auch für sie die Regelung gegolten hat, daß der Versicherungsvertrag sich bei mindestens einjähriger Dauer mangels rechtzeitiger Kündigung automatisch um ein Jahr verlängere, obwohl nach dem letzten vorliegenden Versicherungsschein zwischen Versicherungsbeginn und Ablauf der Versicherung weniger als ein Jahr lag. Allerdings spricht einiges dafür, daß die Beklagte anstelle der ... Versicherungsnehmerin geworden ist und die vertraglichen Rechte und Pflichten so übernommen hat, wie sie seit 1962 mit der Klägerin vereinbart waren. Darauf deutet die Beibehaltung der ursprünglichen Versicherungsschein-Nummer ebenso hin wie die Tatsache, daß die Beklagte selbst es gewesen ist, die die Kündigung ausgesprochen hat, und daß sie bis zur Berufungsverhandlung auch nicht in Abrede gestellt hat, Versicherungsnehmerin gewesen zu sein.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Einer Entscheidung dieser Fragen bedarf es jedoch nicht, weil die Beklagte den Versicherungsvertrag jedenfalls fristgerecht und wirksam zum 10.1.1984 gekündigt hat, so daß der Klägerin weitere Versicherungsprämien nicht zustehen.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin kann nicht mit Erfolg einwenden, die Kündigung sei mangels Zustimmung der Kreditgeber unwirksam. Denn die von der Klägerin verwendeten Texte der Sicherungsscheine bzw. der Sicherungsbestätigung lassen nicht mit der gebotenen Klarheit erkennen, ob die Zustimmung Wirksamkeitserfordernis sein soll oder nicht. Diese Unklarheit muß gemäß §5 AGBG zu Lasten der Klägerin gehen, weil die von ihr verwendeten vorformulierten Sicherungsscheine bzw. -bestätigungen für eine Vielzahl von Verträgen bestimmt waren und damit als allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne von §1 I AGBG zu behandeln sind.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks"><b>1.</b></p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Nach §69 I VVG tritt mit der Veräußerung der versicherten Sache grundsätzlich der Erwerber anstelle des Versicherungsnehmers in den Versicherungsvertrag ein. Diese Rechtsfolge kann jedoch durch entsprechende Vereinbarung ausgeschlossen werden. Dies ist üblicherweise bei Sicherungsübereignungen der Fall. Diese Handhabung führt dann dazu, daß der Versicherungsnehmer im Verhältnis zum Versicherer weiterhin aus dem Versicherungsvertrag verpflichtet bleibt, daß aber das Eigentümerinteresse des Kreditgebers (und Sicherungsnehmers) versichert ist. Die Versicherung wird dadurch zur Versicherung für fremde Rechnung im Sinne der §§74 ff VVG (vgl. Bruck-Möller, VVG, 8. Aufl. 1980, §49 Rdn. 98 ff).</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Auch in den hier verwendeten Sicherungsscheinen und in der Sicherungsbestätigung hat der Kreditgeber jeweils durch ausdrückliche Erklärung auf sein Eintrittsrecht nach §69 VVG verzichtet.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks"><b>2.</b></p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Im Falle der Versicherung für fremde Rechnung stehen dem Versicherten - im Falle der Sicherungsübereignung also dem Kreditgeber - nach §75 I VVG zwar grundsätzlich die Rechte aus dem Versicherungsvertrag zu. Darüber hinaus ist hier in den von der Klägerin verwendeten Sicherungsscheinen bzw. Sicherungsbestätigungen auch noch ausdrücklich vereinbart worden, daß - abweichend von §76 I VVG - der Versicherungsnehmer über diese Rechte nicht im eigenen Namen verfügen dürfe. Unter den Rechten aus dem Versicherungsvertrag im Sinne der §§75, 76 VVG sind jedoch nur die Rechte zu verstehen, die mit dem Versicherungsfall oder der Entschädigung zusammenhängen, im wesentlichen also die Deckungs- und Leistungsansprüche (Bruck-Möller (Sieg) a.a.O. §§75, 76 Rdn. 2, 3; Prölss-Martin, VVG, 23. Aufl. 1984, §75 Anm. 2). Alle übrigen, den Bestand und den Inhalt des Versicherungsvertrages betreffenden Rechte - z.B. Kündigungsrecht, Rücktrittsrecht - verbleiben daher dem Versicherungnehmer (Bruck-Möller (Sieg) a.a.O. Rdn. 54; Prölss-Martin a.a.O. §74 Anm. 2).</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Grundsätzlich kann daher der Versicherungsnehmer auch im Falle der Versicherung für fremde Rechnung den Versicherungsvertrag selbst durch Erklärung gegenüber dem Versicherer kündigen, und zwar ohne daß es dazu der Zustimmung des Versicherten (Kreditgebers) bedürfte.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks"><b>3.</b></p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Eine hiervon abweichende Vereinbarung zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer mit dem Inhalt, daß die Kündigung nur wirksam sein solle, wenn der Kreditgeber zuvor seine Zustimmung erklärt habe, ist denkbar, hier aber in den von der Klägerin verwendeten Formulartexten nicht eindeutig zum Ausdruck gebracht worden.</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Die Verwendung des Wortes "einwilligt" in Ziff. 3 auf der Vorderseite der Sicherungsscheine und der Sicherungsbestätigung deutet zwar möglicherweise darauf hin, daß damit entsprechend der gesetzlichen Definition in §183 BGB die vorherige Zustimmung des Kreditgebers, gemeint sein soll, die nach §182 BGB Voraussetzung für die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts sein kann. Andererseits würde damit in bestimmten Fällen die Wirksamkeit der Kündigung von einem im Zeitpunkt der Kündigungserklärung noch Ungewissen künftigen Ereignis - der Zustimmungserklärung - abhängig gemacht. Denn die Kündigung war hier spätestens drei Monate vor Ablauf der Versicherung zu erklären, während die Zustimmung erst spätestens einen Monat vor dem Ablauf der Versicherung vorliegen mußte. In diesem Fall wäre die Kündigung bis zum Vorliegen der Zustimmung schwebend unwirksam, und es läge allein im Belieben des Versicherungsnehmers, ob er die Zustimmungserklärung noch beibringen und damit den Eintritt der Bedingungen herbeiführen will oder nicht.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Das widerspräche dem Grundsatz, daß rechtsgestaltende Rechtsgeschäfte, wie z.B. die Kündigung, im Interesse der Rechtsklarheit und -sicherheit bedingungsfeindlich sind (Palandt-Heinrichs, BGB, 44. Aufl. 1985, Anm. 5 b vor §158).</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Es ist zwar nicht ausgeschlossen, daß die Parteien etwas anderes vereinbaren und der Kündigungsempfänger damit einverstanden ist, daß die Wirksamkeit der ihm zu erklärenden Kündigung noch von einem Ungewissen Ereignis abhängen soll. Dies bedürfte jedoch einer klagen und eindeutigen Regelung.</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Das Versicherungsvertragsgesetz enthält in seinem §106 I eine Bestimmung, wonach in bestimmten Fällen die Kündigung eines Feuerversicherungsvertrages durch den Versicherungsnehmer davon abhängig gemacht wird, daß die Zustimmung der Hypothekengläubiger spätestens einen Monat vor Ablauf des Vertrages nachgewiesen wird. Der Wortlaut dieser Vorschrift besagt aber auch unzweideutig, daß die Kündigung nur "wirksam" ist, wenn die Zustimmung fristgerecht beigebracht wird.</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">c)</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">Der Wortlaut der Sicherungsscheine und der Sicherungsbestätigung ("Der Versicherungsnehmer darf die Versicherung nicht aufheben, sie nicht in ihrem Betrage mindern und muß sie unverändert fortsetzen, solange nicht ...") läßt diese Deutlichkeit vermissen. Er kann als lediglich schuldrechtliche Verpflichtung ("darf nicht") zugunsten des Kreditgebers (§328 BGB) verstanden werden.</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Bei dieser Auslegung wäre die gegenüber dem Versicherer erklärte Kündigung unbedingt wirksam und würde, falls der Kreditgeber nicht zugestimmt hat, allenfalls Schadensersatzansprüche des Kreditgebers auslösen können. Was hier gewollt gewesen ist und welche Auslegung danach die zutreffende ist, läßt sich jedoch nicht sicher feststellen.</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">d)</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">Für die Annahme, die Zustimmung solle Wirksamkeitsvoraussetzung für die Kündigung sein, könnte es sprechen, wenn dadurch die Interessen des Kreditgebers besser gewahrt würden als bei Annahme einer allenfalls Schadensersatzansprüche auslösenden schuldrechtlichen Verpflichtung gegenüber dem Kreditgeber, weil solche Schadensersatzansprüche u.U. weniger Sicherheit bieten als der mangels wirksamer Kündigung fortbestehende Versicherungsvertrag. Die Interessen des Kreditgebers werden jedoch auch im Falle der ohne seine Zustimmung wirksamen Kündigung dadurch hinreichend gewahrt, daß der Versicherer sich in dem Text auf der Rückseite der Sicherungsscheine verpflichtet hat, den Kreditgeber von der Kündigung und den anderen den Bestand oder den Inhalt des Versicherungsvertrages betreffenden Vorgängen zu unterrichten und ihm damit die Möglichkeit zu geben, den Versicherungsvertrag auf eigene Kosten im ursprünglichen Umfang fortzusetzen.</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">Der Schutz des Kreditgebers ist daher kein geeigneter Gesichtspunkt, aus dem sich sichere Schlüsse darauf ziehen lassen, welche Rechtsfolgen die fehlende Zustimmung zur Kündigung haben soll.</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">e)</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">Der Text auf der Rückseite der Sicherungsscheine und der Sicherungsbestätigung regelt zwar in erster Linie nur die Rechtsbeziehungen zwischen Versicherer und Kreditgeber. Er ist jedoch zur Auslegung des auf der Vorderseite abgedruckten Textes ergänzend heranzuziehen, weil er Rückschlüsse auf das Gewollte zulassen kann.</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">Der Text der Ziffer 5 auf der Rückseite der Sicherungsscheine geht erkennbar von einer gegenüber dem Versicherer wirksamen Kündigung (oder anderweitigen Vertragsbeendigung bzw. Inhaltsänderung) aus.</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Die dort vorgesehene Unterrichtung des Kreditgebers durch den Versicherer wäre aber in den Fällen entbehrlich, in denen die Kündigung mangels Zustimmung des Kreditgebers unwirksam wäre. Denn entweder hat der Kreditgeber die Zustimmung erteilt, dann ist seine nochmalige Benachrichtigung nicht erforderlich, oder er hat die Zustimmung verweigert; in diesem Fall bedarf es seiner Unterrichtung nicht, weil der Versicherungsvertrag fortbesteht.</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">Der Text auf der Rückseite der Sicherungsbestätigung vom 27.[xxxxx] ist nur scheinbar konsequenter, indem er die Benachrichtigung</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">des Kreditgebers durch den Versicherer nur für den Fall vorsieht, daß dem Versicherer nicht bereits die Einwilligung des Kreditgebers vorliegt. Denn wenn die Kündigung mangels Einwilligung des Kreditgebers nicht wirksam geworden ist, braucht der Kreditgeber nicht über die Kündigung unterrichtet zu werden, weil der Vertrag unverändert bleibt und der Versicherungsschutz fortdauert. Gerade der Text der Sicherungsbestätigung deutet daher darauf hin, daß die fehlende Zustimmung keinen Einfluß auf die Wirksamkeit der Kündigung haben soll.</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks"><b>4.</b></p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">Die Zweifel, ob die Zustimmung des Kreditgebers Wirksamkeitsvoraussetzung der Kündigung ist oder nicht, werden dadurch verstärkt, daß ausweislich eines von der Beklagten vorgelegten Schreibens eines anderen Sachversicherers aus dem Jahre 1977 auch auf Seiten der Versicherer die Auffassung vertreten worden ist, die Zustimmung sei nicht Wirksamkeitsvoraussetzung; eine Kündigung ohne Zustimmung löse allenfalls Schadensersatzansprüche des Kreditgebers aus.</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">Auch das von der Klägerin vorgelegte Schreiben des Verbandes der Sachversicherer vom 30.7.1984 geht davon aus, daß in den älteren Formulartexten der Tatbestand "nicht so klar geregelt" war. Inzwischen sind daher auch andere Formulare eingeführt worden, die auf der Rückseite den zusätzlichen Text enthalten:</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks"><i>"Eine Kündigung der Versicherung durch den Versicherungsnehmer ist nur wirksam, wenn dieser mindestens einen Monat vor Ablauf des Versicherungsvertrages nachgewiesen hat, daß das Kreditinstitut der Kündigung zugestimmt hat ..."</i></p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">Durch diesen Zusatz ist eine Annäherung an die Formulierung des §106 I VVG erreicht worden, so daß in den Fällen, in denen diese Bedingung vereinbart ist, jedenfalls für den Fall der Kündigung von einer Wirksamkeitsvoraussetzung ausgegangen werden mag. (Was hinsichtlich der Fälle, in denen Versicherungsnehmer und Versicherer den Versicherungsvertrag einverständlich aufheben oder inhaltlich ändern - auch das "darf" der Versicherungsnehmer weiterhin nicht -, gelten soll, ist allerdings immer noch nicht klargestellt worden.)</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks"><b>III.</b></p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus §91 ZPO. Eines Ausspruchs über die Vollstreckbarkeit bedarf es nicht, weil ein Rechtsmittel gegen dieses Urteil nicht statthaft ist. Die Beschwer der Klägerin beträgt 13.868,20 DM.</p>
|
315,580 | olgham-1986-01-16-1-vas-9485 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 1 VAs 94/85 | "1986-01-16T00:00:00" | "2019-03-13T15:08:25" | "2019-03-27T09:42:45" | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1986:0116.1VAS94.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Es wird festgestellt, daß die Hinzuziehung von Angestellten der ... bei der Durchsuchung der Geschäftsräume der ... am 15. August 1985 rechtswidrig war.</p>
<p>Die Staatskasse trägt die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen.</p>
<p>Der Geschäftswert wird auf 20.000,- DM festgesetzt.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Am 29. April 1985 erstattete die Firma ... gegen den Betroffenen Strafanzeige wegen eines Vergehens nach §142 Abs. 1 Ziffer 1 PatG. Sie trug unter näherer Darlegung vor, der Betroffene habe im Rahmen der von ihm geleiteten und wirtschaftlich beherrschten Firma ... ein Herbizid mit der Bezeichnung ... unter Verletzung eines der Firma ... zustehenden Patents entwickelt, herstellen lassen und in den Verkehr gebracht.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Staatsanwaltschaft Köln leitete daraufhin ein Ermittlungsverfahren gegen den Betroffenen ein. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft Köln erließ das Amtsgericht Kerpen am 28. Mai 1985 einen Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluß, in dem das Gericht die Durchsuchung der Wohnräume des Beschuldigten und der Geschäftsräume der Firma ... in ... anordnete zum Zwecke der Auffindung und gegebenenfalls Beschlagnahme folgender Unterlagen:</p>
<br /><span class="absatzRechts">4</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="1">
<tr>
<td>a)</td>
<td>Belege über die Zusammensetzung von ... sowie etwa vorhandene Unterlagen betreffend das Patent der Firma ... insbesondere die Patentschrift,</td>
</tr>
<tr>
<td>b)</td>
<td>Belege betreffend die Herstellung des Pflanzenschutzmittels, die durch die Firma ... erfolgen soll (Bl. 3 d.A.) d.h. Aufträge, Lieferscheine, Rechnungen, Schriftwechsel,</td>
</tr>
<tr>
<td>c)</td>
<td>Belege über den Absatz des Pflanzenschutzmittels (Auträge, Lieferscheine, Rechnungen, Schriftwechsel),</td>
</tr>
<tr>
<td>d)</td>
<td>Buchführungsunterlagen (Sachkonten, Gewinn- und Verlustrechnungen, Bilanzen, evtl. Summen- und Saldenlisten),</td>
</tr>
<tr>
<td>e)</td>
<td>Unterlagen der Konten des Beschuldigten bei der Kreissparkasse ... und der Raiffeisenbank in ... (vgl. Bl. 2 d.A.).</td>
</tr>
</table><br />
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Auf die Beschwerde des Betroffenen Hin hob das Landgericht Köln mit Beschluß vom 16. Juli 1985 den angefochtenen Beschluß hinsichtlich der Unterlagen zu d) und e) auf, wies aber im übrigen die Beschwerde zurück.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Am 15. August 1985 führten Beamte der Kreispolizeibehörde ... im Auftrag der Staatsanwaltschaft Köln den Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluß aus, durchsuchten die Geschäftsräume der Firma ... in ... und beschlagnahmten zahlreiche Geschäftsunterlagen, insbesondere Kundenlisten, Lieferantenlisten, verschiedene Prozeßakten, Akten über Verfahren betreffend der Zulassung neuer Chemikalien, Buchhaltungsunterlagen, Kundenkorrespondenz, Steuerunterlagen und ein Telefonverzeichnis. Da die Kriminalbeamten nicht die erforderlichen Fachkenntnisse hatten, um die Verfahrenserheblichkeit der vorgefundenen Unterlagen zu erkennen, zogen sie im Einverständnis mit dem zuständigen Dezernenten der Staatsanwaltschaft Köln sachkundige Angestellte der Firma ... und zwar die Herren ... und ... hinzu. Nach den dienstlichen Äußerungen der die Durchsuchung ausführenden Beamten, Kriminalhauptkommissar ... und Kriminaloberkommissar ..., beschränkte sich die Tätigkeit der sachkundigen Herren der Firma ... darauf, daß sie bei der Durchsicht der vielen vorgefundenen Aktenordner die Beamten dahingehend kundig machten, welcher Teil der Unterlagen mit der Produktion und dem Vertrieb der Chemikalie ... zusammenhängt. Dabei habe sich nicht vermeiden lassen, daß hin und wieder auch ein Ordner durchgesehen worden sei, der nichts über Produktion und Vertrieb enthalten habe.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Betroffene trägt darüber hinaus unter Beweisantritt vor, die Herren der Firma ... hätten sich anläßlich der Untersuchung eifrig Notizen gemacht. Das haben die Kriminalbeamten nach ihrer dienstlichen Äußerung nicht gesehen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Auf Antrag der Firma ... hat das Landgericht Düsseldorf am 27. August 1985 im Wege der einstweiligen Verfügung der Firma ... untersagt, die Durchsuchung und Beschlagnahme dazu auszunutzen, sich Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse der Firma ... und Geschäftsunterlagen zu verschaffen und/oder zu verwerten (4 O 255/85).</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Betroffene beantragt mit anwaltlichem Schriftsatz vom 16. September 1985, festzustellen, daß die Hinzuziehung der Angestellten der Firma ... bei der Durchsuchung der Geschäftsräume der Firma ... in ... rechtswidrig gewesen sei.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die an das Oberlandesgericht Köln gerichtete Antragsschrift ist von dort an das nach §25 Abs. 2 EGGVG in Verbindung mit dem nordrhein-westfälischen Gesetz vom 8.11.1960 (GVBl. NW S. 352) zuständige Oberlandesgericht Hamm weitergeleitet und hier am 18. September 1985 eingegangen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der Antrag ist zulässig. Für die begehrte Feststellung ist der Rechtsweg zum Oberlandesgericht im Verfahren nach den §§23 ff. EGGVG eröffnet. Da in diesem Verfahren zulässigerweise nur die Überprüfung von Justiz <u>verwaltungs</u>akten auf ihre Rechtmäßigkeit hin begehrt werden kann, kann zwar der Senat die Rechtmäßigkeit der Durchsuchung und Beschlagnahme als solcher nicht überprüfen, da es sich bei ihnen um sogenannte Prozeßhandlungen handelt, denen ausschließlich die Rechtsmittel der Strafprozeßordnung zugeordnet sind. Nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung kann jedoch im Verfahren nach §§23 ff. EGGVG die Art und Weise der Durchführung einer Durchsuchung der gerichtlichen Überprüfung zugänglich gemacht werden (vgl. Senatsbeschlüsse vom 12. Juli 1984 - 1 VAs 86/84 - und vom 20. Juni 1985 - 1 VAs 16/85 - m.H. auf die Rechtsprechung). Da der Betroffene die Hinzuziehung bestimmter Personen zur Durchsuchung rügt, wendet er sich in diesem Sinne gegen die Ausgestaltung der Durchsuchung.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Art und Weise der Durchsuchung ist nicht nur insoweit der Überprüfung im Verfahren nach §§23 ff. EGGVG unterworfen, als es sich um eine Maßnahme der Staatsanwaltschaft Köln handelt, sondern auch, soweit sie eine Maßnahme der Polizeibehörde ... ist. Da die Polizei hier materiell als Strafverfolgungsbehörde tätig geworden ist, ist sie nach der maßgeblichen funktionalen Betrachtungsweise insoweit auch als Justizbehörde i.S.v. §23 Abs. 1 Satz 1 EGGVG anzusehen (Kleinknecht/Meyer, StPO, 37. Aufl., §23 EGGVG Rdn. 2).</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der Antrag ist als rechtzeitig gestellt anzusehen. Nach §26 Abs. 1 EGGVG muß der Antrag auf gerichtliche Entscheidung bei dem Oberlandesgericht binnen eines Monats nach Zustellung oder schriftlicher Bekanntgabe des Bescheides über die beanstandete Maßnahme eingehen. Diese Frist ist hier nicht durch die Übergabe des Durchsuchungsbeschlusses am 15. August 1985 in Lauf gesetzt worden, da dieser Beschluß die Durchsuchung als solche anordnet, diese aber im vorliegenden Verfahren nicht angegriffen wird. Die Art und Weise der Durchsuchung, gegen die sich der Betroffene wendet, stellt einen sogenannten Realakt dar, der die Monatsfrist des §26 Abs. 1 EGGVG nicht in Lauf setzt (Senatsbeschluß vom 1. September 1983 - 7 VAs 17/83 - in MDR 1984, 165; NStZ 1984, 136), so daß auch noch am 18. September 1985 der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ohne Fristversäumnis gestellt werden konnte.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen für einen Feststellungsantrag nach §28 Abs. 1 Satz 4 EGGVG sind gegeben. Die beanstandete Maßnahme hat sich insoweit erledigt, als die Durchsuchung unter Zuziehung der sachkundigen Angestellten der Firma Schering AG abgeschlossen ist. Ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit hat der Betroffene jedenfalls deshalb, weil Wiederholungsgefahr besteht (Kleinknecht/Meyer, a.a.O., §28 EGGVG Rdn. 6). Die Firma ... hat unter dem 26. August 1985 ihren Strafantrag erweitert und bei der Staatsanwaltschaft Köln Anzeige wegen einer angeblichen weiteren Patentverletzung durch den Betroffenen erstattet. Es ist nicht auszuschließen, daß die Staatsanwaltschaft Köln oder in ihrem Auftrag Kriminalpolizeibeamte wegen dieses neuen Vorwurfs Räume der Firma ... durchsuchen und, mangels chemischer Fachkenntnisse, wiederum sachkundige Angestellte der Firma ... beiziehen werden.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Antrag ist auch begründet.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Nach den Bestimmungen der Strafprozeßordnung ist der Kreis der Personen, die bei einer Durchsuchung zugegen sein dürfen, nicht abschließend fest umrissen. Daß aber im vorliegenden Fall keine Angestellten der Firma ... als sachkundige Helfer von den Ermittlungsbehörden herangezogen werden durften, ergibt sich aus Aufgabe und Stellung, die diesen Behörden im gesetzlich geordneten Ermittlungs- und Strafverfahren zukommt. Gemeinsam mit den Gerichten erfüllt die Staatsanwaltschaft die Aufgabe der Justizgewährung, in deren Rahmen sie an das Legalitätsprinzip gebunden ist (BVerfGE 9, 223 ff, 228). Aus dieser Stellung folgt, daß die Staatsanwaltschaft zur Unparteilichkeit verpflichtet ist (Löwe-Rosenberg (Gollwitzer) StPO, 23. Aufl., §303 Rdn. 1). Es ist von ihr zu fordern, daß sie nicht nur dieses Gebot der Unparteilichkeit nicht verletzt, sondern ihr Handeln auch so einrichtet, daß beim Bürger kein nachvollziehbarer Verdacht dahingehend entstehen kann, die Staatsanwaltschaft habe gegen das Gebot der Unparteilichkeit verstoßen. Beauftragt die Staatsanwaltschaft die Polizei, für sie Ermittlungshandlungen vorzunehmen, hat das Handeln der Polizei den gleichen Anforderungen zu genügen. Erforderlichenfalls hat die Staatsanwaltschaft die Polizei in diesem Sinne anzuleiten, darf aber keineswegs einem geplanten polizeilichen Handeln zustimmen, das den Verdacht der Parteilichkeit aufkommen lassen kann. Hierbei ist insbesondere auch noch zu berücksichtigen, daß sie nach der Wertsetzung des mit Verfassungsrang ausgestatteten Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes die berechtigten Belange eines Betroffenen so schonend zu behandeln hat, wie sich das mit dem Zweck der Ermittlungshandlung verträgt.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Im vorliegenden Fall haben die Ermittlungsbehörden diesem Gebote nicht Genüge getan.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Indem die Kriminalpolizei mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft Köln vier sachkundige Angestellte der Firma ... bei der Durchsuchung der Räume der Firma ... hinzugezogen hat, konnte bei dem Betroffenen der verständliche Verdacht entstehen, die Ermittlungsbehörden nähmen in einem frühen Stadium des Verfahrens, ohne daß er schuldig gesprochen sei, Stellung zugunsten der Anzeigeerstatterin gegen ihn. Der Betroffene mußte um so mehr daran Anstoß nehmen, daß vier Angestellte der Firma ... an der Durchsuchung teilgenommen hatten, als seine Firma ... und die Firma ... Mitbewerber auf dem Chemikalienmarkt sind und die sachkundigen Angestellten seiner Mitbewerberin bei Durchsicht seiner Geschäftsunterlagen möglicherweise Geschäftsgeheimnisse, die für die Firma ... von Interesse sind, wahrnehmen konnten.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Ermittlungsbehörden mußten um so mehr vermeiden, den Anschein zu erwecken, sie würden zum Schaden der Firma ... der Firma ... zu Erkenntnissen über ihre Mitbewerberin verhelfen, als in der Rechtsprechung und rechtswissenschaftlichen Literatur anerkannt ist, daß die Unternehmensfreiheit und der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb unter dem besonderen Schutz der Rechtsordnung stehen. Die allgemeine wirtschaftliche Grundfreiheit oder "Unternehmenfreiheit" (Maunz-Dürig, Grundgesetz, Art. 2 Abs. 1 Rdn. 46) ist ein Ausfluß des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes nach Art. 2 Abs. 1 GG. Eine ihrer Erscheinungsformen ist die "Wettbewerbsfreiheit", die somit grundrechtlich gewährleistet ist (Maunz-Dürig a.a.O., Rdn. 48). Die Eigentumsgarantie i.S. des Art. 14 GG erfaßt auch das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (BVerfGE 1, 264 ff, 276; Maunz-Dürig, a.a.O., Art. 14 Rdn. 96).</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Der Senat verkennt nicht, daß mitunter bei Durchsuchungen die Zuziehung des Anzeigeerstatters oder von ihm beauftragter Personen nicht nur statthaft, sondern auch geboten ist. Das kann insbesondere der Fall sein, wenn Diebesgut identifiziert werden muß.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Im vorliegenden Fall bestand jedoch eine solche Notwendigkeit nicht. Wenngleich die fehlende Sachkunde der Ermittlungsbehörden auf chemischem Gebiet zweifellos die Hinzuziehung sachkundiger Personen erforderte, brauchten die Ermittlungsbehörden jedoch nicht auf Angestellte der Firma ... zurückgreifen. Die Ermittlungsbehörden hätten hinreichend andere Möglichkeiten gehabt, Sachverständige für die Teilnahme an der Durchsuchung zu gewinnen. Naheliegend wäre beispielsweise gewesen, auf Personal des ... - Chemische und Biologische ... - zurückzugreifen, das in diesem Verfahren bereits ein Gutachten erstattet hatte. Die Begründung der Staatsanwaltschaft für die Nichtbeiziehung von Sachverständigen dieses Instituts, die dahingeht, daß man die Schaffung von Befangenheitsgründen habe vermeiden wollen, um ihre Mitwirkung an der Hauptverhandlung nicht in Frage zu stellen, hat durchaus Gewicht. Die Argumente, die gegen die Mitwirkung von Angestellten der Anzeigeerstatterin sprechen, wiegen indessen deutlich schwerer. Möglicherweise hätten auch weitere Sachverständige beauftragt werden können. Der Fahndungserfolg wäre dann auch keineswegs dadurch gefährdet gewesen, daß diese sich möglicherweise erst in die Materie hätten einarbeiten müssen. Es kam nicht darauf an, durch überraschenden Zugriff den Betroffenen daran zu hindern, Beweismittel zu beseitigen. Wie aus der Beschwerde des Betroffenen vom 21. Juli 1985 gegen den Beschluß des Amtsgerichts Herten vom 28. Mai 1985 ersichtlich ist, wußte der Betroffene bereits mehrere Wochen vor der Durchsuchung, daß diese Ermittlungsmaßnahme geplant war. Er hätte also reichlich Zeit zur Beseitigung von Beweismitteln gehabt, wenn er dieses gewollt hätte.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Da nach Ansicht des Senats bereits die Hinzuziehung der sachkundigen Angestellten der Firma ... bei der Durchsuchung und erst recht die ihnen eingeräumte Möglichkeit, Geschäftsunterlagen der Firma ... durchzusehen, rechtswidrig war, konnte im Rahmen dieses Verfahrens dahingestellt bleiben, ob sich diese Personen bei der Durchsuchung Notizen gemacht haben. Deswegen konnte von der Erhebung der angebotenen Beweise Abstand genommen werden.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Demgemäß war antragsgemäß festzustellen, daß die Zuziehung der vier sachkundigen Angestellten der Firma ... bei der Durchsuchung der Geschäftsräume der Firma ... rechtswidrig war.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Der Senat weist darauf hin, daß noch aus weiteren Gründen Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Durchsuchung bestehen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Nach §105 Abs. 2 Satz 1 StPO sind bei einer Durchsuchung, die ohne Beisein eines Richters oder Staatsanwalts stattfindet, nach Möglichkeit ein Gemeindebeamter oder zwei sonstige Zeugen beizuziehen. Das ist nach dem Durchsuchungs- und Beschlagnahmeprotokoll nicht geschehen. Zugegen war in den Geschäftsräumen des Betroffenen nur seine Chefsekretärin Frau ..., die nicht seine Vertreterin im Rechtssinne ist.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die Zuziehung von Durchsuchungszeugen ist eine wesentliche Förmlichkeit für die Rechtmäßigkeit der Durchsuchung (BayObLG JR 81, 28 mit Anm. Thiele). Es kommt nicht darauf an, ob der Beschuldigte oder sein befugter Vertreter - sofern sie nicht wirksam darauf verzichtet haben - die Zuziehung von Zeugen wünschen. Vielmehr hat der durchsuchende Beamte nach pflichtgemäßem Ermessen über die Zuziehung zu entscheiden (Kleinknecht/Meyer, a.a.O., §105 Rdn. 5). Insbesondere kann er davon absehen, wenn sonst der Erfolg der Durchsuchung gefährdet ist oder der Hinzuziehung von Zeugen erhebliche Schwierigkeiten entgegenstehen. Dafür, daß die durchsuchenden Kriminalbeamten eine solche Ermessensentscheidung getroffen haben, gibt das Protokoll nichts her.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Schließlich ist rechtlich bedenklich, daß die Kriminalbeamten nach ihren dienstlichen Äußerungen mit Hilfe der sachkundigen Angestellten der Firma ... die vorgefundenen Papiere durchgesehen haben. Nach §110 Abs. 1, 2 StPO steht die Durchsicht nur der Staatsanwaltschaft, anderen Beamten hingegen nur zu, wenn der Inhaber die Durchsicht genehmigt. Dafür, daß eine solche Genehmigung erteilt worden ist, sprechen weder der Inhalt des Protokolls noch der der dienstlichen Äußerungen der Kriminalbeamten. Der Senat verkennt nicht, daß hier der Zweck der Durchsuchung es erforderte, die Papiere an Ort und Stelle durchzusehen, sofern man vermeiden wollte, weitgehend das gesamte vorgefundene Schriftgut zu beschlagnahmen. Dieser vor der Durchsuchung bekannte Umstand hätte es nahegelegt, daß der Staatsanwalt die schwierige Durchsuchung selber durchgeführt hätte.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen folgen aus §§30 EGGVG, 30, 130 KostO.</p>
|
315,581 | olgham-1986-01-08-20-u-21385 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 20 U 213/85 | "1986-01-08T00:00:00" | "2019-03-13T15:08:26" | "2019-03-27T09:42:45" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1986:0108.20U213.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Klägers gegen das am 6. März 1985 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.</p>
<p>Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Kläger war Halter eines beim Beklagten unter anderem gegen Diebstahl versicherten Kraftfahrzeugs (Teilkaskoversicherung). Mit der Behauptung, das Fahrzeug - ein VW-Bus mit dem amtlichen Kennzeichen ... - sei ihm am 29.5.1983 vor dem Autokino in ... entwendet worden, nimmt er den Beklagten auf Ersatz des Zeitwertes des am 8.2.1980 erstmals zum Straßenverkehr zugelassenen Fahrzeugs in Höhe von 12.000,- DM nebst Zinsen in Anspruch. Der Beklagte bestreitet den Diebstahl und hält sich außerdem wegen Verletzung vertraglicher Obliegenheiten für leistungsfrei.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat die Klage nach Beweisaufnahme mit der Begründung abgewiesen, der Eintritt des Versicherungsfalls sei nicht bewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung, mit der der Kläger seinen Klageanspruch in vollem Umfang weiterverfolgt, hat keinen Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Es bedarf keiner Entscheidung, ob der Kläger den behaupteten Diebstahl nachgewiesen hat. Denn der Beklagte ist gemäß §7 I 2 Satz 3, V 4 AKB in Verbindung mit §6 Abs. 3 VVG von seiner Verpflichtung, den Schaden zu regulieren, freigeworden.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks"><b>1.</b></p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Nach §7 I 2 Satz 3 AKB ist der Versicherungsnehmer unter anderem verpflichtet, alles zu tun, was zur Aufklärung des Tatbestandes dienlich sein kann. Die Verletzung dieser Obliegenheit, an der Aufklärung des Versicherungsfalls mitzuwirken, führt gemäß §7 V 4 AKB in Verbindung mit §6 Abs. 3 VVG zur Leistungsfreiheit des Versicherers, wenn der Versicherungsnehmer nicht nachweist, daß seine Obliegenheitsverletzung weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit beruht.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks"><b>2.</b></p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat seine versicherungsvertraglichen Obliegenheiten verletzt.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Am 18.1.1984 suchte der Sachbearbeiter des Beklagten den Kläger auf, um ergänzende Informationen über den Versicherungsfall zu erhalten. Der Verlauf und der Inhalt des Gesprächs sind in Einzelheiten streitig. Vom Kläger nicht bestritten wird jedoch die Behauptung des Beklagten, er - der Kläger - habe bei dieser Gelegenheit angegeben, er sei zur Zeit des Diebstahls mit einem Bekannten zusammengewesen, mit dem gemeinsam er dann auch den Diebstahl entdeckt habe. Danach habe er eine Bekannte angerufen, die sie beide mit ihrem Wagen abgeholt habe. Die Namen der beiden Bekannten habe der Kläger aber nicht angegeben.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Aufgrund dieses Gesprächs schrieb der Beklagte dem Kläger unter dem 20.1.1984 unter anderem folgendes:</p>
<br /><span class="absatzRechts">14</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="0">
<tr>
<td> </td>
<td><i>"Gemäß §7 der AKB sind Sie verpflichtet, zur Aufklärung alles zu tun, was notwendig ist. Dazu gehört es auch, Zeugen, die gegebenenfalls Ihre Aussagen bestätigen können, bekanntzugeben. Dieses haben Sie gegenüber unserem Mitarbeiter verweigert. Wir fordern Sie innerhalb von 14 Tagen auf, die Zeugen namentlich mit Anschrift zu benennen ..."</i></td>
</tr>
</table><br />
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Hierauf reagierte der Kläger nicht.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Im Rechtsstreit hat der Kläger dann zunächst vortragen lassen, er könne keinen Zeugen benennen. Dann hat er den Zeugen ... benannt und behauptet, er habe diesen nach der Tat angerufen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht hat der Kläger angegeben, er habe den Zeugen ... nach dem Diebstahl getroffen, was der Zeuge dann auch bestätigt hat.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Mit der Berufungsbegründung hat der Kläger schließlich fünf weitere Zeugen benannt, die ihn und sein Fahrzeug vor der Tat vor dem Autokino in ... gesehen haben sollen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hätte auf das Schreiben des Beklagten vom 20.1.1984 reagieren müssen. Er hätte entweder die Zeugen, von denen er dem Sachbearbeiter des Beklagten gesprächsweise erzählt hatte, benennen oder - falls er der Auffassung gewesen sein sollte, der Sachbearbeiter habe ihn mißverstanden - klarstellen müssen, inwiefern seine Angaben gegenüber dem Sachbearbeiter richtigzustellen seien. Auf jeden Fall hätte er die Zeugen, die er dann später im Verlaufe des Rechtsstreits benannt hat, namhaft machen können und müssen. Die mit dem Hinweis auf die versicherungsvertragliche Aufklärungspflicht verbundene Aufforderung des Beklagten zur Benennung von Zeugen war unmißverständlich.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks"><b>3.</b></p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Nach §6 Abs. 3 VVG wird vermutet, daß der Kläger die Benennung der Zeugen vorsätzlich unterlassen hat. Diese Vermutung ist nicht widerlegt, denn der Kläger hat nichts zur Erklärung seines Verhaltens vorgetragen. Die Möglichkeit, dies in der mündlichen Verhandlung nachzuholen, hat er nicht genutzt. Der Senat hatte sein persönliches Erscheinen zum Senatstermin angeordnet. Der Kläger ist jedoch ohne Angabe von Gründen zum Termin nicht erschienen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks"><b>4.</b></p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Im Falle einer vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob diese auf die Feststellung des Versicherungsfalls oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers Einfluß gehabt hat (§6 Abs. 3 Satz 2 VVG).</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Über diese Rechtsfolge ist der Kläger bereits im Schadensanzeigeformular des Beklagten ausdrücklich, belehrt worden.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Unabhängig davon hat die unterlassene Benennung von Zeugen aber auch Einfluß auf die Feststellung des Schadensfalles gehabt.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">In der Diebstahlsversicherung kann der Eintritt des Versicherungsfalls in der Regel nicht unmittelbar, d.h. durch Benennung und Überführung des Diebes nachgewiesen werden. Es muß vielmehr grundsätzlich genügen, daß der Versicherungsnehmer Indizien anführt und nachweist, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluß auf den behaupteten Diebstahl zulassen (BGH VersR 84, 29 ff.). Unter Umständen müssen und können weitgehend oder sogar allein die Angaben des Versicherungsnehmers, wenn sie glaubhaft erscheinen, zum Nachweis des Versicherungsfalls ausreichen.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Das zeigt, daß in der Diebstahlsversicherung der persönlichen Glaubwürdigkeit des Versicherungsnehmers erhebliches Gewicht zukommt. Es ist daher für die Entscheidung des Versicherers, ob er den Versicherungsfall als mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen ansehen kann, auch von Bedeutung, ob es Zeugen gibt, die jedenfalls das Rahmengeschehen des behaupteten Diebstahls bestätigen und damit die Überzeugungskraft der Darstellung des Versicherungsnehmers stützen können.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Aus der Sicht des Versicherers sind dann aber berechtigte Zweifel an dem behaupteten Diebstahlsgeschehen angebracht, wenn seine Behauptung, der Versicherungsnehmer habe Zeugen angegeben, sich aber geweigert, ihre Namen zu nennen, unwidersprochen bleibt und der Versicherungsnehmer auf die ausdrückliche Aufforderung, die Zeugen namhaft zu machen, nicht reagiert, sondern erst im Verlaufe des nachfolgenden Rechtsstreits die Namen von Zeugen angibt. Solche berechtigten Zweifel beeinflussen die Feststellung des Versicherungsfalls.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks"><b>III.</b></p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Wegen der Erfolglosigkeit der Berufung folgt die Kostenentscheidung aus §97 Abs. 1 ZPO. Eines Ausspruchs über die Vollstreckbarkeit bedarf es nicht, weil ein Rechtsmittel gegen dieses Urteil unzweifelhaft nicht statthaft ist. Die Beschwer des Klägers wird auf 12.000,- DM festgesetzt.</p>
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315,582 | ovgnrw-1985-12-17-20-a-83183 | {
"id": 823,
"name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen",
"slug": "ovgnrw",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": null
} | 20 A 831/83 | "1985-12-17T00:00:00" | "2019-03-13T15:08:27" | "2019-03-27T09:42:45" | Urteil | ECLI:DE:OVGNRW:1985:1217.20A831.83.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Das angefochtene Urteil wird geändert.</p>
<p></p>
<p>Der Beklagte wird unter Aufhebung seines Bescheides vom 8. Dezember 1980
und des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidenten xxx vom 9. April 1981
verpflichtet, die Klägerin auf deren Anträge vom 9. April 1980 unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden. Im übrigen wird die Berufung
zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Klägerin und der Beklagte tragen die Kosten des Verfahrens beider
Rechtszüge je zur Hälfte.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige
Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder
Hinterlegung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der
jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung entsprechend Sicherheit
leistet.</p>
<p></p>
<p>Die Revision wird nicht zugelassen.</p>
<p></p>
<p></p>
<p></p>
<p>
</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"> Tatbestand</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin ist Eigentümerin mehrerer Wohnkomplexe in xxx mit etwa 850
Wohnungen. Seit 1935 versorgt sie die Bewohner - heute etwa 2.400 - mit
Trinkwasser aus eigenen Brunnenanlagen, die sich auf den Grundstücken Rxxx Straße
1 und 2, Gxxxweg 1 und 21 sowie Vxxx Straße 198 befinden.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Auf entsprechende Anträge vom 20. Juni 1966 erteilte ihr der Beklagte durch
Bescheide vom 7. September 1967 die bis zum 31. Dezember 1980 die befristete
Erlaubnis, mittels Rohrfilterbrunnen unterirdisches Wasser als Trink- und
Brauchwasser auf den genannten Grundstücken zutagezufördern. Mit Schreiben vom
9. April 1980 beantragte die Klägerin die unbefristete Verlängerung dieser
Erlaubnisse. Dies lehnte der Beklagte durch Bescheid vom 8. Dezember 1980 mit
der Begründung ab, die Trinkwasserversorgung könne zweckmäßigerweise aus dem
öffentlichen Netz sichergestellt werden; nur die ständig überwachte öffentliche
Wasserversorgung könne stets hygienisch einwandfreies Wasser garantieren. Den
Widerspruch der Klägerin wies der Regierungspräsident xxx durch Bescheid vom 9.
April 1981 zurück: Es könne offenbleiben, ob von der beabsichtigten
Gewässerbenutzung eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit zu erwarten
sei; die im Ermessen der Wasserbehörde stehende Erlaubnis sei abzulehnen, weil
angesichts der Erfahrungen früherer Jahre - in denen sich das von der Klägerin
geförderte Trinkwasser nicht immer als einwandfrei erwiesen habe - sowie der im
Fördergebiet bestehenden erheblichen Umweltbelastungen der Bezug von Wasser
aus dem öffentlichen Trinkwassernetz sicherer sei.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Am 8. Mai 1981 hat die Klägerin Klage erhoben und vorgetragen: § 6 des
Gesetzes zur Ordnung des Wasserhaushalts in der Fassung der Bekanntmachung
vom 16. Oktober 1976, BGBl. I S. 3017 (Wasserhaushaltsgesetz - WHG -) stehe der
Erteilung der beantragten Erlaubnisse nicht entgegen, da diese Bestimmung
angebliche Gefahren, die sich erst aus der späteren Verwendung des geförderten
Wassers ergäben, nicht erfasse. Die Verwendung des in ihren Brunnen geförderten
Grundwassers als Trinkwasser weise keine größeren Risiken auf als der Bezug von
Trinkwasser aus dem Netz der Gas-, Elektrizitäts- und Wasserwerke xxx AG
(GEW).</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat sinngemäß beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 8. Dezember 1980
sowie des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidenten xxx vom 9. April
1981 zu verpflichten, ihr entsprechend ihren Anträgen vom 9. April 1980
wasserrechtliche Erlaubnisse zu erteilen,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">hilfsweise,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">den Beklagten zu verpflichten, sie auf ihre Anträge vom 9. April 1980 unter
Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">weil die Gefahr einer Grundwasserverschmutzung nicht auszuschließen, der
Bezug von Wasser aus dem öffentlichen Trinkwassernetz sicherer sei.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Vertreter des öffentlichen Interesses hat die Auffassung vertreten, die
Versagung der begehrten Erlaubnisse sei auch aufgrund der nicht auszuschließenden
Gefahr einer Gesundheitsbeeinträchtigung bei der Nutzung des Grundwassers als
Trinkwasser gerechtfertigt.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch das angefochtene Urteil
abgewiesen, das der Klägerin am 18. Januar 1983 zugestellt worden ist und auf
dessen Inhalt Bezug genommen wird.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Hiergegen hat die Klägerin am 9. Februar 1983 Berufung eingelegt. Sie vertieft
ihr erstinstanzliches Vorbringen und weist insbesondere darauf hin, daß gegen die
Verwendung des in ihren Brunnen geförderten Grundwassers als Trinkwasser
Bedenken aus hygienischer Sicht nicht bestünden.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">unter Änderung des angefochtenen Urteils nach dem Klageantrag zu
erkennen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Er führt ergänzend aus, Gesundheitsgefahren für die Benutzer des Trinkwassers
seien in die Entscheidung über die Erlaubniserteilung einzubeziehen. Das
Grundwasser, dessen Förderung die Klägerin beabsichtige, sei mit einem hohen
Gefährdungsrisiko behaftet, da ihre Brunnen inmitten eines Stadtgebietes mit
vielfach belastetem Boden lägen und zudem Änderungen der Fließrichtung des
Grundwassers, wie sie bei Hochwasserführung des Rheins aufträten, die Förderung
verschmutzten Wassers begünstigten.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Mit Beschluß vom 25. November 1983 - ergänzt durch Beschluß vom 8. Januar
1985 - hat der Senat ein Sachverständigengutachten zu der Frage eingeholt, ob das
von der Klägerin in den in ihren Anträgen bezeichneten Brunnen geförderte
Grundwasser den in der Verordnung über Trinkwasser und über Brauchwasser für
Lebensmittelbetriebe (Trinkwasser-Verordnung) vom 31. Januar 1975, BGBl. I S. 453
an die Beschaffenheit von Trinkwasser gestellten Anforderungen entspricht.
Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die von Prof. Dr. xxx,
Direktor des Hygiene-Instituts der Universität xxx, unter dem 22. Juni 1984 und 11.
Juni 1985 erstellten schriftlichen Gutachten verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des
Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Akten 14 L
1751/81 (Verwaltungsgericht Köln) sowie der vom Beklagten und dem
Regierungspräsidenten xxx vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug
genommen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist zum Teil begründet. Die angefochtenen Bescheide sind
rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten; allerdings ist die Sache
nicht spruchreif, so daß der Beklagte nur zu verpflichten ist, die Klägerin auf deren
Anträge vom 9. April 1980 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu
bescheiden (§ 113 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Das Vorhaben der Klägerin, Grundwasser in eigenen Brunnen zutagezufördern,
bedarf gemäß §§ 2 Abs. 1, 3 Abs. 1, Nr. 6 i.V.m. § 7 WHG einer Erlaubnis. § 33 Abs.
1 Nr. 1 WHG macht die Erlaubnis nicht entbehrlich, weil er nur den eigenen Haushalt
des Entnehmenden, nicht aber die Entnahme zur Bedarfsdeckung mehrerer
Haushalte freistellen will.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Vgl. Gieseke-Wiedemann-Czychowski, WHG, Komm., 4. Aufl., § 33 WHG, Rdn.
4; Sieder-Zeitler-Dahme, WHG, Komm., Loseblattsammlung, Stand Januar 1985, §
33 WHG, Rdnr. 8.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Den hiernach erforderlichen Erlaubnissen stehen zwingende Versagungsgründe
nicht entgegen.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Nach § 6 WHG ist eine Erlaubnis zu versagen, soweit von der beabsichtigten
Benutzung eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere eine
Gefährdung der öffentlichen Wasserversorgung zu erwarten ist, die nicht durch
Auflagen verhütet oder ausgeglichen wird. Zu den Beeinträchtigungen des Wohls der
Allgemeinheit, denen diese Vorschrift begegnen will, gehören jedoch nur
Beeinträchtigungen der Wasserwirtschaft.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerfG, Beschluß vom 15. Juli 1981 - 1 BvL 77/78 -, NJW 1982, 745, 752;
BVerwG, Urteil vom 10. Februar 1978 - 4 C 25.75 -, BVerwGE 55, 220, 229 und
Beschluß vom 22. November 1979 - 4 B 162.79 -, NJW 1980, 1406; Urteil des Senats
vom 30. April 1985 - 20 A 1331/82 -.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">§ 6 WHG schließt die Erteilung der Erlaubnis aus, wenn von der beabsichtigten
Benutzung Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit zu erwarten sind. Als
Benutzung umschreibt das Wasserhaushaltsgesetz in § 7 nur die unmittelbare
Einflußnahme auf ein Gewässer. Diese erfaßt mögliche Beeinträchtigungen nicht, die
sich erst aus der weiteren Verwendung des durch die Benutzung gewonnenen
Wassers ergeben können. Bei einer Auslegung, die diese weitere Verwendung in
seinen Anwendungsbereich einbezöge, überschritte § 6 WHG die dem
Bundesgesetzgeber eingeräumte Gesetzgebungskompetenz, die nur die Ordnung
des Wasserhaushalts umfaßt (vgl. Art. 75 Nr. 4 des Grundgesetzes); damit ist die
Bewirtschaftung des in der Natur vorhandenen Wassers nach Menge und Güte
gemeint.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerfG, Urteil vom 30. Oktober 1962 - 2 BvF 2/60 u.a. -, BVerfGE 15, 1, 15
und Beschluß vom 15. Juli 1981 - 1 BvL 77/78 -, aaO.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Angesichts dessen betrifft § 6 WHG diejenigen Beeinträchtigungen des Wohls
der Allgemeinheit nicht, die sich aus der beabsichtigten Nutzung geförderten
Wassers als Trinkwasser ergeben können. Hierfür gilt vielmehr der zwingende
Versagungsgrund des § 47 des Wassergesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen
(Landeswassergesetz - LWG -) vom 4. Juli 1979, GV NW S. 488; danach dürfen
Entnahmen von Wasser, das unmittelbar der öffentlichen Trinkwasserversorgung
dienen soll, nur erlaubt werden, wenn das Wasser den jeweils geltenden
hygienischen und chemischen Anforderungen entspricht. Diese Vorschrift steht mit
Bundesrecht in Einklang. § 6 WHG erfaßt - wie dargelegt - die Abwehr von
Beeinträchtigungen aus einer beabsichtigten Benutzung von Wasser als Trinkwasser
nicht; angesichts dessen ist der Landesgesetzgeber nicht gehindert,
wasserrechtliche Bestimmungen außerhalb des von § 6 WHG geregelten Bereichen
der Wasserwirtschaft zu erlassen, die seuchen- und gesundheitspolizeilichen
Gesichtspunkten Rechnung tragen (vgl. § 11 des Gesetzes zur Verhütung und
Bekämpfung übertragbarer Krankheiten beim Menschen - Bundes-Seuchengesetz -
BSeuchenG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Dezember 1979, BGBl. I
S. 2262).</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Vgl. auch Gieseke-Wiedemann-Czychowski, aaO., § 6 WHG, Rdn. 22.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Das von der Klägerin geförderte Wasser wird der "öffentlichen
Trinkwasserversorgung" im Sinne des § 47 Abs. 1 LWG zugeführt, da es dem
allgemeinen Gebrauch dienen soll (§ 48 Abs. 1 Satz"1 LWG). Hierfür reicht es aus,
wenn im Gegensatz zu einer privaten und betrieblichen Eigenversorgung (z.B. durch
Haus- oder Fabrikbrunnen) Dritte mit Wasser versorgt werden; ist dies der Fall, sind
Größe und Bedeutung des Versorgungsgebietes ebenso unerheblich wie die die
Rechtsform der Belieferung.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Vgl. BayVGH, Urteil vom 9. Januar 1967 - Nr. 169 VIII 65 -, BayVBl. 1967, 241,
242; Sieder-Zeitler-Dahme, aaO., § 6 WHG, Rdnr. 14 und § 19 WHG, Rdn. 10;
Gieseke-Wiedemann-Czychowski, aaO., § 6 WHG, Rdn. 38.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">§ 47 Abs. 1 LWG ist Ausdruck einer Risikoabwägung, die auf eine Prüfung der
Wasserbeschaffenheit nur dort verzichtet, wo sich eine Gefahr aufgrund der Güte
des geförderten Wassers lediglich beim Entnehmenden selbst verwirklichen kann.
Da jedoch die Klägerin mit dem von ihr geförderten Wasser etwa 2400 Personen
versorgen will, muß dieses Wasser "den jeweils geltenden hygienischen und
chemischen Anforderungen" (§ 47 Abs. 1 LWG) entsprechen. Ob dies der Fall ist, die
begehrten Erlaubnisse also schon aus Rechtsgründen nicht erteilt werden dürfen, ist
aufgrund der Sachlage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zu
beurteilen.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. November 1981 - 1 C 69.78 -, DVBl. 1982, 304, 305
m.w.N.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Danach sind die geltenden hygienischen und chemischen Anforderungen im
Sinne des § 47 Abs. 1 LWG der Trinkwasser-Verordnung in der Fassung der
Verordnung vom 1. August 1984 (Mineral- und Tafelwasser-Verordnung), BGBl. I S.
1036 zu entnehmen. Dem stehen Richtlinien des Rates der Europäischen
Gemeinschaften nicht entgegen.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Die Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 16. Juni 1975
über die Qualitätsanforderungen an Oberflächenwasser für die
Trinkwassergewinnung in den Mitgliedstaaten (Amtsblatt der Europäischen
Gemeinschaften Nr. L 194/34 vom 25. Juli 1975) bezieht sich nicht auf die Förderung
von Grundwasser (Art. 1 der Richtlinie). Die Richtlinie des Rates vom 15. Juli 1980
über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (Amtsblatt der
Europäischen Gemeinschaften Nr. L 229/11 vom 30. August 1980) erfaßt hingegen
auch Grundwasser, soweit es - wie hier - für den menschlichen Gebrauch verwandt
wird (Art. 2). Nach Art. 7 der Richtlinie legen die Mitgliedstaaten die für Wasser für
den menschlichen Gebrauch geltenden Parameterwerte gemäß Anhang I der
Richtlinie fest; dabei müssen u.a. die von den Mitgliedstaaten festzulegenden Werte
den in der Spalte "Zulässige Höchstkonzentration" aufgeführten Werten (Tabellen A
bis E des Anhangs I) entsprechen oder darunter liegen. In Art. 18 der Richtlinie ist
vorgesehen, daß die Mitgliedstaaten die erforderlichen Verwaltungs- und
Rechtsvorschriften in Kraft setzen, um der Richtlinie und ihren Anhängen binnen
zwei Jahren nach ihrer Bekanntgabe nachzukommen; die erforderlichen
Maßnahmen, damit die Qualität des Wassers für den menschlichen Gebrauch der
Richtlinie entspricht, sollen sie binnen fünf Jahren nach ihrer Bekanntgabe treffen
(Art. 19). Dem ist die Bundesrepublik Deutschland bislang nicht nachgekommen; die
am 4. Dezember 1985 im Bundeskabinett behandelte Neufassung der Trinkwasser-
Verordnung, die noch der Zustimmung durch den Bundesrat bedarf, soll erst am 1.
Oktober 1986 in Kraft treten. Dies bedeutet jedoch nicht, daß bei der Beurteilung,
ob den beantragten Erlaubnissen ein zwingender Versagungsgrund im Sinne des §
47 Abs. 1 LWG entgegensteht, bereits jetzt die in den Tabellen A bis E des Anhangs
I der Richtlinie vom 15. Juli 1980 enthaltenen Grenzwerte zugrunde zu legen
wären.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Nach Art. 189 Abs. 3 des EWG-Vertrages ist eine Richtlinie für die
Mitgliedstaaten, an die sie gerichtet wird, hinsichtlich des Ziels verbindlich; sie
überläßt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel. Der
Inhalt der Richtlinie ist demgemäß für die Rechtssubjekte in den Mitgliedstaaten
kein unmittelbar geltendes Recht; vielmehr wird durch die Richtlinie lediglich der
jeweilige Mitgliedstaat verpflichtet, ihren Inhalt in nationales Recht
umzusetzen.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Beschluß vom 24. Mai 1984 - 3 C 12.82 -; Bleckmann,
Europarecht, 4. Aufl., S. 67, 68.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Gleichwohl kann den EG-Richtlinien Außenwirkung zukommen: Es entspricht der
ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes, der sich auch das
Bundesverwaltungsgericht angeschlossen hat, daß es in Fällen, in denen ein
Mitgliedstaat seiner Verpflichtung zur Umsetzung des Inhalts einer EG-Richtlinie in
nationales Recht nicht nachgekommen ist, diesem Mitgliedstaat ungeachtet des Art.
189 Abs. 3 des EWG-Vertrages verwehrt ist, eine mit der Richtlinie in Widerspruch
stehende nationale Vorschrift zum Nachteil eines Betroffenen anzuwenden; der
Betroffene kann sich vielmehr in Ermangelung von fristgemäß erlassenen
Durchführungsmaßnahmen des Mitgliedstaates auf Bestimmungen einer Richtlinie,
die inhaltlich als unbedingt und hinreichend genau erscheinen, gegenüber allen
innerstaatlichen, nicht richtlinienkonformen Vorschriften berufen.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Vgl. EuGH, Urteile vom 19. Januar 1982 - Rs 8/81 -, NJW 1982, 499, 500 und
vom 10. April 1984 - Rs 14/83 -, NJW 1984, 2021, 2022; BVerwG, Beschluß vom 24.
Mai 1984 - 3 C 12.82 -; s. ferner Everling, Zum Vorrang des EG-Rechts vor
nationalem Recht, DVBl. 1985, 1201, 1203, 1204; Klein, Neuere Entwicklungen des
Rechts der Europäischen Gemeinschaften, DÖV 1985, 900, 909 sowie Groeben-
Boeckh-Thiesing-Ehlermann, Komm. zum EWG-Vertrag, 2. Band, 3. Aufl., Art. 189,
Rdn. 23.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Um eine derartige Außenwirkung geht es jedoch im vorliegenden Fall nicht. Die
Klägerin beruft sich nicht auf Bestimmungen der Richtlinie des Rates vom 15. Juli
1980, sondern ist der Ansicht, daß die begehrten Erlaubnisse aufgrund der geltenden
Trinkwasser-Verordnung zu erteilen sind, die jedenfalls hinsichtlich einzelner
Parameter für sie günstigere Grenzwerte enthält als in der EG-Richtlinie vorgesehen
(z.B. im Hinblick auf Nitrat). Die in der EG-Richtlinie enthaltenen strengeren
Grenzwerte können aber vor der - gegenwärtig nicht erfolgten - Umsetzung der
Richtlinie in nationales Recht nicht entgegen der vorgenannten Rechtsprechung zu
ihren Lasten heran gezogen werden.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Vgl. auch BVerwG, Beschluß vom 24. Mai 1984 - 3 C 12.82 -; Seidel, Die Direkt-
oder Drittwirkung von Richtlinien des Gemeinschaftsrechts, NJW 1985, 517, 520 ff.;
Everling, Zur direkten innerstaatlichen Wirkung der EG-Richtlinien: Ein Beispiel
richterlicher Rechtsfortbildung auf der Basis gemeinsamer Rechtsgrundsätze, in:
Festschrift für Karl Carstens, 1984, S. 95, 108.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Da die vom Europäischen Gerichtshof entwickelte begrenzte Befugnis eines
Betroffenen, sich auf eine noch nicht innerstaatlich umgesetzte Richtlinie zu berufen,
im Fäll der Klägerin nicht einschlägig ist und eine weitere Außenwirkung der
Richtlinie vom 15. Juli 1980 nicht in Rede steht, kann die - streitige - Frage, ob eine
solche Außenwirkung im innerstaatlichen Recht der Bundesrepublik Deutschland
überhaupt anzuerkennen ist, offenbleiben.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Verneinend BFH, Urteil vom 25. April 1985 - V R 123/84 -, NJW 1985, 2103; vgl.
dazu Everling, aaO., DVBl. 1985, 1204; Magiera, Die Rechtswirkungen von EG-
Richtlinien im Konflikt zwischen Bundesfinanzhof und Europäischem Gerichtshof,
DÖV 1985, 937 ff. sowie Scheuing, Rechtsprobleme bei der Durchsetzung des
Gemeinschaftsrechts in der Bundesrepublik Deutschland, EuR 1985, 229, 264 ff
(insb. Fußnote 236a).</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Die sonach für die Zulassung der Wasserförderung der Klägerin maßgeblichen
hygienischen und chemischen Anforderungen der geltenden Trinkwasser-Verordnung
ergeben keinen zwingenden Versagungsgrund.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Nach den Feststellungen des vom Senat eingeholten Gutachtens vom 22. Juni
1984 bestehen - gemessen an den Anforderungen der geltenden Trinkwasser-
Verordnung - auf Grund der mikrobiologischen und physikalisch - chemischen
Befunde keine Bedenken gegen die Verwendung des in den Brunnen der Klägerin
geförderten Wassers als Trinkwasser. Die in § 1 der Trinkwasser-Verordnung an die
Hygiene des Wassers gestellten Anforderungen sind erfüllt. Die gemäß § 3 Satz 1
der Trinkwasser-Verordnung in Verbindung mit der Anlage 1 festgesetzten
Grenzwerte für chemische Stoffe sind lediglich bei den Brunnen Gxxxweg 1 und 21 in
bezug auf Sulfate überschritten; dies sieht der Gutachter jedoch als unbedenklich
an: Der Grenzwert für Sulfate nach der Anlage 1 zur Trinkwasser-Verordnung gelte,
wie sich aus der Fußnote zur Anlage ergebe, nicht für Wasser aus
calciumsulfathaltigem - d.h. gipshaltigem - Untergrund; die Wasserproben ergäben
jedoch, daß das Sulfat als Gips vorliege, während eine gesundheitliche
Beeinträchtigung durch anderen Ionen zugeordnetes Sulfat ausgeschlossen sei. Das
Gutachten ist nachvollziehbar und in sich schlüssig. Es entspricht den seit 1966
vorgenommenen Untersuchungen der Wasserqualität der Brunnen seitens des
Hygiene-Institutes der Universität xxx sowie des Institutes für Lebensmittel- und
Wasseruntersuchungen der Stadt xxx und stimmt in seiner Bewertung mit der
Einschätzung des Gesundheitsamtes der Stadt xxx vom 6. Januar 1982 überein. Der
Senat macht sich das Gutachten zu eigen.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Die vom Beklagten gegen das Gutachten erhobenen Einwände führen nicht zu
einem anderen Ergebnis. Soweit er vorträgt, die starken Schwankungen in den
Konzentrationen der Wasserinhaltsstoffe seien bedenklich, ist dies nicht geeignet,
die Feststellungen des Gutachtens zu erschüttern; die Inhaltsstoffe werden seit fast
20 Jahren regelmäßig untersucht, ohne daß sich aus ihrer schwankenden
Konzentration durchgreifende Bedenken gegen die Verwendungsfähigkeit des
Wassers ergeben hätten. Im übrigen hat der Gutachter hierzu unter dem 11. Juni
1985 - vom Beklagten unwidersprochen - ergänzend ausgeführt, die Schwankungen
der gemessenen Werte seien für sich gesehen nicht auffällig; sie entsprächen auch
der Situation bei anderen xxx Brunnen. Soweit der Beklagte die fehlende Ermittlung
des Inhaltsstoffes Hydrogenkarbonat sowie des pH-Wertes und der Leitfähigkeit des
Wassers durch den Gutachter, dessen Heranziehung von Werten aus
unterschiedlichen Probenreihen und die Nichtangabe der vom Gutachter gewählten
Analyseverfahren bemängelt, hat der Gutachter hierzu unter dem 11. Juni 1985 -
nach Auffassung des Senats überzeugend - Stellung genommen; der Beklagte setzt
dem nichts entgegen. Auch die Bedenken des Beklagten hinsichtlich der erhöhten
Sulfatwerte in zwei Brunnen greifen nicht durch. Unabhängig davon, ob diese
erhöhten Werte auf das Vorhandensein calciumsulfathaltigen Untergrundes - so der
Gutachter unter dem 15. August 1984 und das Institut für Lebensmittel- und
Wasseruntersuchungen der Stadt xxx (Beiakte 7 Blatt 14 Rückseite) - oder auf
anthropogene Einflüsse (z.B. durch Abfallstoffe) - so der Beklagte - zurückzuführen
ist, kann nicht angenommen werden, daß sich aus ihnen ein zwingender
Versagungsgrund im Sinne des § 47 Abs. 1 LWG ergibt. Der Gutachter hat unter dem
22. Juni 1984 ausgeführt, daß das Sulfat als Gips vorliege und demgemäß - in
Übereinstimmung mit der Fußnote in der Anlage 1 zur Trinkwasser-Verordnung -
nicht gesundheitsschädlich sei; dies hat er unter dem 11. Juni 1985 bestätigt. Seine
Ansicht wird vom Gesundheitsamt der Stadt xxx uneingeschränkt geteilt; dieses hält
die Grenzwertüberschreitung bei Sulfat hinsichtlich der Anlage 1 zur Trinkwasser-
Verordnung für zulässig, weil es sich offensichtlich um in gesundheitlicher Hinsicht
unbedenkliches Calciumsulfat (Gips) handele. Aus den Ausführungen des Beklagten
ergibt sich hingegen nicht, welche gesundheitlichen Risiken sich aus den
festgestellten Sulfatwerten gleichwohl ergeben sollen. Soweit er auf einen im Jahre
1982 angeblich aufgetretenen Fall einer Durchfallerkrankung nach Genuß von
Wasser aus einem Brunnen der Klägerin hinweist, kann dies, wie der Gutachter
zutreffend ausführt, die verschiedensten Ursachen gehabt haben; im übrigen liegen
die Sulfatwerte des betreffenden Brunnens gerade nicht oberhalb des generellen
Grenzwertes für Sulfat nach der geltenden Trinkwasser-Verordnung.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Eine Überschreitung des Grenzwertes für Nitrat nach der Trinkwasser-
Verordnung in der geltenden Fassung ließ sich in den Brunnen, für die die Klägerin
eine Fördererlaubnis begehrt, nicht feststellen. Ein zwingender Versagungsgrund im
Sinne des § 47 Abs. 1 LWG folgt auch nicht allein daraus, daß der Nitratgehalt in
einzelnen Brunnen innerhalb des Grenzwertes der Anlage 1 zur Trinkwasser-
Verordnung (90 mg/l) recht konstant relativ hohe Werte erreicht (50 mg/l). Zwar ist
in der bereits genannten EG-Richtlinie vom 15. Juli 1980 für Nitrat eine zulässige
Höchstkonzentration von 50 mg/l vorgesehen; dieser Grenzwert soll auch in die
geplante Neufassung der Trinkwasser-Verordnung - jedenfalls grundsätzlich -
übernommen werden. Dies bedeutet jedoch nicht, daß der gegenwärtig noch
geltende und für das Gericht maßgebliche Grenzwert von 90 mg/l nach der
Trinkwasser-Verordnung nicht zugrunde gelegt werden dürfte. Die Trinkwasser-
Verordnung ist zu § 11 Abs. 1 Satz 1 BSeuchenG vom 18. Juli 1961, BGBl. I S. 1012,
1300 ergangen; danach mußte Trinkwasser so beschaffen sein, daß durch seinen
Genuß oder Gebrauch die menschliche Gesundheit nicht geschädigt werden kann.
Dementsprechend sind die Grenzwerte in Anlage 1 der Trinkwasser-Verordnung so
festgesetzt, daß auch bei lebenslangem Gebrauch des Wassers eine Schädigung der
menschlichen Gesundheit nicht zu besorgen ist (Bundesratsdrucksache 695/74 zu §
3 der Trinkwasser-Verordnung), so daß sie zugleich § 11 Abs. 1 Satz 1 BSeuchenG in
der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Dezember 1979 entsprechen; bei der
Festsetzung der Grenzwerte ist insbesondere auf die - in der Stellungnahme des
Gesundheitsamtes der Stadt xxx vom 6. Januar 1982 angesprochenen - Gefahren
abgestellt worden, die sich aus einer zu hohen Nitratkonzentration des Trinkwassers
für Säuglinge ergeben können.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Vgl. Petri, Nitrate und die Trinkwasser-Verordnung, in: Die Trinkwasser-
Verordnung, Einführung und Erläuterungen für Wasserversorgungsunternehmen und
Überwachungsbehörden, 1976, S. 75, 85.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Der vom Gericht beauftragte Gutachter führt in seiner Stellungnahme vom 11.
Juni 1985 aus, daß die in dem Wasser aus den Brunnen der Klägerin festgestellten
Nitratwerte auch nach den derzeit vorliegenden wissenschaftlichen Daten nicht die
Feststellung rechtfertigten, der lebenslange Genuß dieses Wassers werde zu
Gesundheitsschäden führen. Die Existenz gegenteiliger wissenschaftlicher
Erkenntnisse, aus denen sich ergäbe, daß bis zum Inkrafttreten der neuen
Trinkwasser-Verordnung am 1. Oktober 1966 die geltenden Nitratgrenzwerte nicht
mehr zugrunde gelegt werden dürften, hat der Beklagte nicht behauptet. Auch die
geplante Neuregelung der Trinkwasser-Verordnung geht davon aus, daß es bis zum
1. Oktober 1986 bei dem gegenwärtig geltenden Nitratgrenzwert bleiben soll. Die
Überschreitung des Chromgrenzwertes für den Brunnen Gxxxweg 1 war hingegen ein
einmaliges, offenbar auf eine Grundwasserverunreinigung durch ein benachbartes
Unternehmen zurückzuführendes Ereignis, aus dem sich zwingende
Versagungsgründe im Sinne des § 47 Abs. 1 LWG ebenfalls nicht herleiten lassen.
Auch die Erreichung des Grenzwertes für Zink im Brunnen Gxxxweg 21 im Jahre
1981 hat sich offensichtlich nicht wiederholt; im übrigen ist Zink mit den hier in Rede
stehenden Werten nach den Ausführungen des Gutachters nicht
gesundheitsschädlich.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Überschreitungen sonstiger Grenzwerte der Anlagen 1 zur Trinkwasser-
Verordnung hat der Gutachter nicht festgestellt. Andere als in der Anlage 1
aufgeführte Stoffe darf das Trinkwasser nicht in solchen Konzentrationen enthalten,
bei denen feststeht, daß sie in diesen Konzentrationen bei Dauergenuß
gesundheitsschädlich sind (§ 3 Satz 2 der Trinkwasser-Verordnung). Der Beklagte
führt zwar aus, daß derartige Stoffe in seiner Ansicht nach erhöhten Konzentrationen
vorlägen, trägt jedoch nicht vor, daß und in welchem Umfang insoweit eine
Gesundheitsschädigung zu besorgen sei. Auch soweit er auf die in der näheren und
weiteren Umgebung der Brunnen der Klägerin seiner Ansicht, nach vorhandenen
Gebiete verunreinigten Bodens sowie auf die Lage der Brunnen inmitten eines dicht
besiedelten, mit Gewerbegebieten durchsetzten Stadtgebietes verweist, ist sein
Vortrag nicht geeignet, die Feststellungen des Gutachters in Frage zu stellen; diese -
durchgehend langjährig bestehenden - Gesichtspunkte haben sich auf die
Wasserqualität der Brunnen nicht in einer Weise ausgewirkt, die einen
Versagungsgrund im Sinne des § 47 Abs. 1 LWG ergäbe.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Eine andere Einschätzung der gutachtlichen Feststellungen folgt auch nicht aus
dem Einwand der Beklagten, der Gutachter habe seinen Untersuchungen keine
Werte zugrunde legen können, die für die Wasserqualität repräsentativ seien; es sei
zu berücksichtigen, daß die Fließrichtung des Grundwassers nicht einheitlich sei und
insbesondere im Zusammenhang mit Hochwassern des Rheins Veränderungen
erfahre, die Auswirkungen auf die Wasserqualität haben könnten. Der Senat ist
diesem Einwand nachgegangen und hat den Gutachter mit weiteren Untersuchungen
in der vom Beklagten als hochwasserträchtig bezeichneten Zeit beauftragt; diese
Untersuchungen rechtfertigen nach den Feststellungen des Gutachters keine
abweichende Beurteilung gegenüber dem Ergebnis seines ersten Gutachtens vom
22. Juni 1984. Hiergegen wendet der Beklagte zwar ein, es habe im Zeitraum dieser
weiteren Untersuchungen kein nennenswertes Hochwasser des Rheins gegeben, das
eine Änderung der Grundwasserfließrichtung zur Folge hätte haben können. Selbst
wenn dies zutreffend sein sollte, sieht der Senat keinen Anlaß, weitere
Untersuchungen zu einem - im übrigen nicht näher bestimmbaren - Zeitpunkt zu
veranlassen, zu dem der Rhein Hochwasser eines Ausmaßes führt, das eine
weitergehende Richtungsveränderung der Grundwasserströme zur Folge hat. Der
Beklagte hat keine substantiierten Angaben dazu gemacht, daß eine solche
Veränderung eine Wahrscheinlichkeit dafür begründet, daß das Wasser aus den
Brunnen der Klägerin die Anforderungen der Trinkwasser-Verordnung nicht mehr
erfüllen wird. Konkrete Tatsachen hat er hierfür nicht vorgetragen; sein Hinweis, die
dargestellte Folge sei nicht ausgeschlossen, reicht nicht aus, um seinem Einwand
weiter nachgehen zu können. Aus den im Umfeld der Brunnen vorhandenen
Altlasten bzw. Boden- und Grundwasserverunreinigungen und Gewerbebetrieben
ergibt sich aus den bereits dargestellten Gründen auch in diesem Zusammenhang
nichts. Der Gutachter hat hierzu unter dem 11. Juni 1985 angemerkt, daß aufgrund
gelegentlicher Änderungen der Grundwasserfließrichtung potentiell von Altlasten
ausgehende "Verschmutzungsfahnen" jeden Brunnen im Stadtgebiet xxx aus allen
Himmelsrichtungen bedrohen. Diese - denkbare - Beeinträchtigung führt ihn jedoch
nicht zu der Annahme, gegenüber der Trinkwasserförderung aus den Brunnen der
Klägerin seien gesundheitliche Bedenken angebracht; er weist vielmehr darauf hin,
daß bemerkenswert sei, wie selten in den Brunnen der Klägerin bislang drastische
Meßwertunterschiede oder Grenzwertüberschreitungen beobachtet worden seien. In
Ansehung dessen vermag der Hinweis des Beklagten auf die mögliche Änderung der
Grundwasserfließrichtung die Annahme eines zwingenden Versagungsgrundes im
Sinne des § 47 Abs. 1 LWG oder das Anstellen weiterer Ermittlungen um so weniger
zu rechtfertigen, als eventuellen Gefahren aus einer solchen Änderung
gegebenenfalls durch Auflagen (z.B. häufigere Wasserproben in der
hochwasserträchtigen Jahreszeit; Einbau von Warnanlagen) entgegengetreten
werden könnte.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Sind nach alledem zwingende Versagungsgründe nicht gegeben, steht die
Erteilung der beantragten Erlaubnisse im Ermessen des Beklagten.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Vgl. Sieder-Zeitler-Dahme, aaO., § 6 WHG, Rdn. 2 m.w.N.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Die Ausübung des Ermessens darf das Gericht nur unter den einschränkenden
Voraussetzungen des § 114 VwGO überprüfen, wobei es grundsätzlich die Sach- und
Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung zugrunde zu legen
hat.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. November 1981, aaO.</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Einer solchen Kontrolle halten die angestellten Ermessenserwägungen nicht
Stand. Die Überlegung des Beklagten, die Klägerin könne ihren Bedarf
"zweckmäßigerweise" aus dem öffentlichen Trinkwassernetz decken, trägt die
Ablehnung für sich allein nicht. Wie § 19 Satz 1 der Gemeindeordnung für das Land
Nordrhein-Westfalen (GO NW) zeigt, besteht kein genereller Vorrang der
gemeindlichen Wasserversorgung; ein solcher ist auch § 47 LWG nicht zu
entnehmen.</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Vgl. auch Gieseke-Wiedemann-Czychowski, aaO., § 6 WHG, Rdn. 33
m.w.N.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Tragfähig wird diese Überlegung auch nicht im Zusammenhang mit dem
Hinweis, der Bezug von Trinkwasser aus dem öffentlichen Trinkwassernetz sei
sicherer. Der rechtsstaatliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet, daß eine
Behörde, bevor sie eine beantragte Erlaubnis vollständig versagt, zunächst prüft, ob
die der Erteilung entgegenstehenden Hinderungsgründe durch Nebenbestimmungen
(§ 36 des Verwaltungsverfahrensgesetzes - VwVfG -) ausräumbar sind.</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Vgl. Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht, Band 1, 9. Aufl., § 49 II b; Kopp, VwVfG,
Komm., 3. Aufl., § 36 Rdn. 16 m.w.N.; Sieder-Zeitler-Dahme, aaO., § 4 WHG, Rdn.
1.</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hätte in Ansehung dessen Anlaß zu der Prüfung gehabt, ob nicht
auch bei den Brunnen der Klägerin den von ihm angenommenen Gefahren begegnet
und ein - aus seiner Sicht - vergleichbares Maß an Sicherheit, wie er es beim
öffentlichen Trinkwassernetz annimmt, gewährleistet werden kann. Hierzu hätte ihm
neben dem Instrumentarium des § 48 LWG auch die Möglichkeit weiterer Auflagen
zur Verfügung gestanden; zu denken wäre hier neben den bereits erwähnten
Warnanlagen und häufigeren Entnahmen von Stichproben in der
hochwasserträchtigen Jahreszeit auch der - von der Klägerin angebotene - Einbau
von Aktivkohlefiltern oder die sofortige Einstellung der Wasserentnahme bei
Ölunfällen oder ähnlichen Vorkommnissen in der Umgebung des Brunnens. Das
Unterlassen solcher Erwägungen führt zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen
Bescheide.</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Anhaltspunkte für eine Ermessensbindung dahin, daß die beantragten
Erlaubnisse - gemäß dem Hauptantrag - zu erteilen wären, bestehen nicht. Sie
ergeben sich nicht aus der bloßen Tatsache, daß die Klägerin bereits jahrzehntelang
Wasser aus den Brunnen gefördert hat; ferner ist nicht vom vornherein
ausgeschlossen, daß der Beklagte bei erneuter Ermessensausübung die Möglichkeit
einer Erlaubniserteilung auch unter Nebenbestimmungen mit sachgerechten
Gründen verneinen kann. Ebensowenig kann jedoch von einer Ermessensbindung im
Hinblick auf eine Versagung der Erlaubnisse ausgegangen werden, nachdem die
Klägerin ihre Mieter bereits seit 50 Jahren ohne größere Beanstandungen mit
Trinkwasser aus ihren Brunnen versorgt. Der Beklagte hat daher die Anträge der
Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats, daß der
Zutageförderung von Grundwasser in eigenen Brunnen zwingende
Versagungsgründe (derzeit) nicht entgegenstehen, eine pauschale Verweisung der
Klägerin auf den Anschluß an die öffentliche Wasserversorgung nicht zulässig ist und
eine Ermessensbindung weder im Hinblick auf eine Erteilung noch auf eine
Versagung der Erlaubnisse besteht, erneut zu bescheiden.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht - unter teilweiser Übernahme der
erstinstanzlichen Kostenentscheidung zu Lasten der Klägerin - auf § 155 Abs. 1 Satz
1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 2
VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozeßordnung (ZPO).</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Die Revision ist nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen der §§ 132 Abs. 2,
137 Abs. 1 VwGO nicht vorliegen.</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">
</p>
|
315,583 | olgk-1985-12-13-ss-75685 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | Ss 756/85 | "1985-12-13T00:00:00" | "2019-03-13T15:08:29" | "2019-03-27T09:42:44" | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1985:1213.SS756.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Das angefochtene Urteil wird mit den getroffenen Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an das Amtsgericht Köln zurückverwiesen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen einer vorsätzlichen Ordnungswidrigkeit gemäß §
18 Abs. 2 StVO zu einer Geldbuße von 300,- DM verurteilt. Mit der Rechtsbeschwerde rügt der Betroffene
Verletzung formellen und materiellen Rechts.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die auf eine Verletzung des § 338 Nr. 8 StPO gestützte Verfahrensrüge greift durch. Die Rüge
ist ordnungsgemäß erhoben. Daß das Protokoll noch nicht fertiggestellt war, als die Verfahrengrügen
erhoben wurden, berührt die Zulässigkeit der Rüge nicht (vgl. OLG Karlsruhe NJW 1980, 716). Solange das
Protokoll nicht fertiggestellt war, durfte das Urteil nach § 273 Abs. 4 StPO nicht zugestellt werden: eine gleichwohl
erfolgte Zustellung konnte die Rechtsbeschwerdebegründungsfrist nicht in Gang setzen (vgl. BGHSt 27, 80 = NJW 1977,
541). Eine vor Fristbeginn formgerecht vorgenommene Rechtsbeschwerdebegründung bleibt aber wirksam (vgl.
Kleinknecht/Meyer, StPO, 37. Aufl., § 345 Rdnr. 3).</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Rechtsbeschwerdebegründung entspricht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO. Sie trägt
auch - was bei der Rüge der Verletzung des § 338 Nr. R StPO notwendig ist, (BGH bei Spiegel DAR 1982, 206)
- Tatsachen vor, aufgrund welcher die Möglichkeit des Beruhens geprüft werden kann.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Bei der Beurteilung der Verfahrensrüge ist allerdings - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde - nicht
von dem Wortlaut des Protokolls auszugehen, den die Protokollführerin zunächst gewählt hatte, sondern
von der berichtigten Form des Protokolls, da die Sitzungsniederschrift erst in dieser Form fertiggestellt wurde. Die
Sitzungsniederschrift ist nicht fertiggestellt, wenn der Vorsitzende den vom Protokollführer verfaßten und
unterschriebenen Entwurf erst unterzeichnet, nachdem er seinerseits ohne Abstimmung mit dem Protokollführer und
ohne dessen Wissen daran eine sachliche Änderung vorgenommen hat (BayObLG VRS 69, 139). Bei Änderungen oder
Ergänzungen des vom Urkundsbeamten gefertigen Protokollentwurfs durch den Vorsitzenden ist deren Genehmigung durch
den Urkundsbeamten herbeizuführen: erst wenn diese Genehmigung, die nach Inhalt und Zeitpunkt aktenkundig gemacht
werden muß, erfolgt ist, ist das Protokoll fertiggestellt (vgl. OLG Köln, 3. Strafsenat, Beschl. v. 9.6.1980
- 3 Ss. 398-399/80 -, Beschl. v. 17.8.1982 - 3 Ss 588/82 - und Beschl. v. 30.11.1982 - 3 Ss 272/82). Folglich wurde
im vorliegenden Fall die Sitzungsniederschrift erst mit der Genehmigung der Änderungen durch den Protokollführer
am 5.9.1985 fertiggestellt.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">In der fertiggestellten Sitzungsniederschrift heißt es: "Rechtsanwalt O. möchte den Beweisantrag zu
Protokoll diktieren.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks"><i>b.u.v.</i></p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Beweisantrag zu Protokoll des Gerichts wird vom Gericht nicht entgegen genommen. Der Verteidiger wird darauf
hingewiesen, daß eine Beweisanregung mündlich gestellt werden kann."</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Diese Verfahrensweise des Amtsgerichts war rechtsfehlerhaft und stellte eine unzulässige Beschränkung
der Verteidigung i.S.d. § 338 Nr. 8 StPO dar. Eine unzulässige Beschränkung der Verteidigung kann auch
vorliegen, wenn keine den Schutz des Angeklagten bezweckende besondere Norm des Strafverfahrensrechts verletzt wurde
(OLG Köln NJW 1980, 302). Zwar hat der Verteidiger keinen Anspruch darauf, einen Beweisantrag in das Protokoll
der Hauptverhandlung zu diktieren (OLG Hamm JMBINW 1970, 251; BayObLG bei Rüth DAR 1979, 240:
Alsberg/Nüse/Meyer, Der Beweisantrag im Strafprozeß, 5. Aufl., Seite 400: Gollwitzer in Löwe-Rosenberg,
StPO, 23. Aufl., § 244 Rdnr. 82; KMR - Paulus, § 244 Rdnr. 377: Dahs-Dahs, Die Revision im Strafprozeß,
3. Aufl., Rdnr. 248). Das Amtsgericht hat aber nicht nur abgelehnt, den Beweisantrag in das Protokoll diktieren zu
lassen; es hat vielmehr durch Beschluß abgelehnt, einen Beweisantrag zu Protokoll des Gerichts entgegen zu nehmen,
und darauf hingewiesen, daß lediglich eine Beweisanregung mündlich gestellt werden könne. Die Ablehnung
der Entgegennahme eines mündlich vorzutragenden Beweisantrags durch Gerichtsbeschluß ist eine unzulässige
Beschränkung der Verteidigung, und zwar in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt, also ein
Revisionsgrund i.S.d. § 338 Nr. B StPO (OLG Hamm a.a.O.). Grundsätzlich werden Beweisanträge in der
Hauptverhandlung mündlich gestellt (Gollwitzer a.a.O.; KMR-Paulus a.a.O.). Das Gericht darf zwar auf eine
schriftliche Formulierung des Beweisantrags hinwirken (Dahs-Dahs a.a.O.). Es darf aber die Entgegennahme eines
Beweisantrags nicht von einer schriftlichen Formulierung abhängig machen (BayObLG a.a.O.; KK - Herdegen,
§ 244 Rdnr. 52). Es hat den Beweisantrag mit seinem vollen Inhalt zu protokollieren (Alsberg/Nüse/Meyer
a.a.O.).</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Gegen diese Grundsätze hat das Amtsgericht verstoßen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß das
Urteil auf diesem Fehler beruht, da der Verteidiger möglicherweise - wie er in der Rechtsbeschwerdebegründung
vorgetragen hat - andernfalls einen Beweisantrag zu Protokoll gegeben hätte, der zu anderen Feststellungen
geführt haben könnte.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Für die neue Hauptverhandlung wird darauf hingewiesen, daß der Tatrichter, wenn er zu Lasten des
Betroffenen Voreintragungen verwertet, nähere Angaben zu den Vorverurteilungen machen muß, damit das
Rechtsbeschwerdegericht ihre Verwertbarkeit im Hinblick auf eine mögliche Tilgungsreife und einen prognostischen
Aussagewert überprüfen kann (vgl. OLG Düsseldorf VRS 63, 469; 64, 61, 68, 65; OLG Koblenz VRS 64, 215;
OLG Köln, 3. Strafsenat, Beschl. v. 31.8.1983 - 3 Ss 518/83).</p>
|
315,584 | olgham-1985-12-10-15-w-22685 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 15 W 226/85 | "1985-12-10T00:00:00" | "2019-03-13T15:08:30" | "2019-03-27T09:42:44" | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1985:1210.15W226.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Beteiligte zu 1) hat die dem Beteiligten zu 2) im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.</p>
<p></p>
<p>Der Gegenstandswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 5.150,-- DM festgesetzt.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Gründe</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Mit Schriftsatz ihrer erstinstanzlichen Verfahrensbevollmächtigten vom 16. März 1983 hat die Beteiligte zu 1) beantragt, eine vom Beteiligten zu 2) getroffene Unterhaltsbestimmung vormundschaftsgerichtlich dahingehend zu ändern, daß der Beteiligte zu 2) der Beteiligten zu 1) rückwirkend ab 3. Mai 1982 Unterhalt in Form einer monatlichen Geldrente zu gewähren habe. Der Antrag ist am 17. März 1983 beim Amtsgericht eingegangen und auf Grund einer Verfügung vom gleichen Tage dem Beteiligten zu 2) formlos übermittelt worden. Mit Beschluß des Rechtspflegers vom 20. Dezember 1983 hat das Amtsgericht diesem Antrag in vollem Umfang entsprochen. Auf das dagegen gerichtete Rechtsmittel des Beteiligten zu 2), dem Rechtspfleger und Richter des Amtsgerichts nicht abgeholfen haben, hat das Landgericht die erstinstanzliche Entscheidung dahingehend geändert, daß Unterhalt in Form einer Geldrente erst ab dem 20. März 1983 zu leisten sei; im übrigen hat es die Beschwerde zurückgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Gegen den landgerichtlichen Beschluß vom 21. Februar 1985 wendet sich die Beteiligte zu 1) mit ihrer weiteren Beschwerde, mit der sie die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung erstrebt.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Das zulässige Rechtsmittel ist unbegründet, weil die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§ 27 FGG). Zu Recht hat das Landgericht die gerichtliche Änderung der vom Beteiligten zu 2) getroffenen Unterhaltsbestimmung auf die Zeit seit der Übermittlung der Antragsschrift beschränkt.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Daß einer auf § 1612 Abs. 2 Satz 2 BGB gestützten Entscheidung des Vormundschaftsgerichts, die eine Bestimmung des Unterhaltspflichtigen ändert, grundsätzlich keine Rückwirkung zukommt, entspricht zumindest der ganz überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur (BayObLG, Recht 1909, Nr. 3091; Köhler in Münchener Kommentar, BGB, Rn. 20; Soergel-Lange, BGB, 11. Aufl., Rn. 17; Staudinger-Gotthardt, BGB, 10./11. Aufl., Rn. 36, jeweils zu § 1612). Gegen eine Rückwirkung der Entscheidung, die mit gestaltender Kraft die vom Unterhaltspflichtigen getroffene Bestimmung ändert, nicht etwa ihre Unwirksamkeit feststellt, spricht bereits der Wortlaut des § 1612 Abs. 2 Satz 2 BGB; das Gesetz spricht von einer Änderung, nicht etwa einer Aufhebung der getroffenen Bestimmung. Auch die Voraussetzungen, an die eine Ersetzungsbestimmung geknüpft ist, zeigen, daß das Gesetz ihr grundsätzlich keine rückwirkende Kraft beimessen will; § 1612 Abs. 2 Satz 2 BGB knüpft an das Vorliegen besonderer Umstände zum Zeitpunkt der vormundschaftsgerichtlichen Entscheidung, nicht etwa an irgendwelche ursprünglichen rechtlichen Mängel der Unterhaltsbestimmung an. Neben diesen Erwägungen sprechen auch die schutzwürdigen Interessen der unterhaltspflichtigen Eltern gegen die Annahme einer grundsätzlichen Rückwirkung. Wenn ihnen das Gesetz in § 1612 Abs. 1 Satz 1 BGB die Möglichkeit einräumt, die auf Zahlung einer Geldrente gerichtete Verpflichtung durch eine eigene Bestimmung über die Art und den Entrichtungszeitraum umzugestalten, so müssen sie sich bis zur Änderung dieser Bestimmung durch das Gericht auch darauf einrichten und verlassen können, daß sie den Unterhalt in der von ihnen bestimmten Form leisten dürfen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Kommt der ändernden Entscheidung des Vormundschaftsgerichts somit grundsätzlich keine Rückwirkung zu, so schließt das nach Auffassung des Senats doch nicht aus, daß das Gericht ihr im zeitlichen Rahmen des gerichtlichen Verfahrens rückwirkende Kraft durch eine ausdrückliche zeitliche Bestimmung beimißt. Mit Einleitung des Verfahrens unterliegt die Unterhaltsbestimmung der Eltern der Prüfung und Änderungsbefugnis des Vormundschaftsgerichts. Wie viel Zeit bis zur erstinstanzlichen Entscheidung vergeht, wird vielfach von Umständen abhängen, auf die das unterhaltsberechtigte Kind keinen oder nur geringen Einfluß nehmen kann. Gerade in denjenigen Fällen, in denen besonders schwerwiegende Gründe für eine gerichtliche Änderung der elterlichen Unterhaltsbestimmung vorhanden sind, wird es dem unterhaltsberechtigten Kind oft schlechthin unzumutbar sein, während der Dauer des erstinstanzlichen Verfahrens noch Naturalunterhalt in Anspruch zu nehmen. Vielfach wird es die Zeit bis zur Erlangung von Geldunterhalt mit anderweitiger Hilfe überbrücken müssen. Es wäre deshalb in hohem Maße unbillig, dem unterhaltsberechtigten Kind die Möglichkeit, für die Zeit zwischen Einleitung des gerichtlichen Verfahrens und erstinstanzlicher Entscheidung im nachhinein Barunterhalt zu erlangen, von vornherein zu versagen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Entscheidend tritt hinzu, daß mit der Übermittlung der Antragsschrift - bzw. ihrer zu empfehlenden Zustellung - der Unterhaltspflichtige von der gerichtlichen Prüfung seiner Unterhaltsbestimmung Kenntnis erhält und sich auf deren etwaige Änderung durch das Vormundschaftsgericht einrichten kann und muß. Für eine ähnliche Interessenlage bestimmt § 323 Abs. 3 ZPO, daß ein rechtskräftiges Urteil für die Zeit nach Erhebung einer darauf gerichteten Klage abgeändert werden kann. Dieser Rechtsgedanke kann, mag auch ansonsten die Durchbrechung der Rechtskraft gerichtlicher Entscheidungen mit der gerichtlichen Änderung der elterlichen Bestimmungserklärung nicht ohne weiteres vergleichbar sein, auf das Verfahren nach § 1612 Abs. 2 Satz 2 BGB übertragen werden. Er ermöglicht es dem Vormundschaftsgericht, wenn dies beantragt wird und die vom Gesetz geforderten besonderen Gründe bereits bei Einleitung des Verfahrens vorliegen, ausdrücklich auszusprechen, daß die gerichtliche Änderung der elterlichen Unterhaltsbestimmung bereits ab Übermittlung bzw. Zustellung der Antragsschrift wirkt (so auch BayObLG, FamRZ 1985, 515 f; KG, FamRZ 1970, 415 ff; Göppinger, Unterhaltsrecht, 4. Aufl., Rn. 3286). Dem steht die eingangs genannte Entscheidung des Bayrischen Obersten Landesgerichts (Recht 1909, Nr. 3091) nicht entgegen, da im dort entschiedenen Fall das Vormundschaftsgericht eine ausdrückliche Anordnung der Rückwirkung gerade nicht ausgesprochen hatte.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Anordnung einer weitergehenden Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Eingangs der Antragsschrift bei Gericht in entsprechender Anwendung des § 270 Abs. 3 ZPO kommt dagegen nach Auffassung des Senats nicht in Betracht. Diese Vorschrift will vor den irreparablen und oft schwerwiegenden Folgen bestimmter Fristversäumnisse schützen. Sie paßt nicht, wenn es lediglich darum geht, die Verbindlichkeit einer Regelung von einem bestimmten Zeitpunkt an zu beseitigen. Eben deshalb wird von der ganz herrschenden Meinung auch die entsprechende Anwendung des § 270 Abs. 3 ZPO im Verfahren nach § 323 Abs. 1 bis 3 ZPO abgelehnt (Baumbach-Hartmann, ZPO, 43. Aufl., Anm. 4 B zu § 323 m.w.N.; Rosenberg-Schwab, ZPO, 13. Aufl., § 159 VI 4 Fn. 35). Im vormundschaftsgerichtlichen Verfahren nach § 1612 Abs. 2 Satz 2 BGB, in dem der umgehenden Übermittlung oder Zustellung der eingegangenen Antragsschrift in der Regel nichts im Wege stehen dürfte, kommt eine entsprechende Anwendung der Vorschrift erst recht nicht in Betracht.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 13 a Abs. 1 S. 2 FGG und den §§ 131 Abs. 2, 30 KostO.</p>
|
315,585 | lg-dortmund-1985-12-04-4-o-13785 | {
"id": 806,
"name": "Landgericht Dortmund",
"slug": "lg-dortmund",
"city": 407,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 4 O 137/85 | "1985-12-04T00:00:00" | "2019-03-13T15:08:31" | "2019-03-27T09:42:44" | Urteil | ECLI:DE:LGDO:1985:1204.4O137.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>1. Die Beklagte wird verurteilt, an die</p>
<p>Klägerin ein Schmerzensgeld von 8.000,- DM</p>
<p>(i.W. achttausend Deutsche Mark) zu zahlen.</p>
<p></p>
<p></p>
<p>2. Es wird festgestellt, daß die Beklagte ver-</p>
<p>pflichtet ist, sämtliche der Klägerin noch</p>
<p>entstehenden Schäden aus dem Unfall vom</p>
<p>11.07.1983 zu 2/5 zu ersetzen, soweit diese</p>
<p>Ansprüche nicht auf öffentliche Versicherungs-</p>
<p>träger oder sonstige Dritte übergehen oder</p>
<p>übergegangen sind.</p>
<p></p>
<p></p>
<p>Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p></p>
<p></p>
<p>Von den Kosten des Verfahrens trägt die</p>
<p>Klägerin 2/5 und die Beklagte 3/5.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar,</p>
<p>für die Klägerin aber nur gegen Sicherheits-</p>
<p>leistung von 10.000,—DM.</p>
<p>Die Klägerin kann die Vollstreckung der</p>
<p>Beklagten gegen sich durch Sicherheitsleistung</p>
<p>oder Hinterlegung von 1.200,—DM abwenden, wenn</p>
<p>nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicher-</p>
<p>heit in gleicher Höhe leistet.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>T a t b e s t a n d</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist Eigentümerin des Grundstücks W-weg # in</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">E, das mit einem Mehrfamilienhaus bebaut ist,</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">in dem die Eltern der am ##.##.#### geborenen Klägerin eine</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Wohnung von der Beklagten gemietet hatten.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Den nördlichen Grundstücksteil bildet eine Wiese, auf der</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">häufig die in dem Haus lebenden Kinder unter anderem auch die</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Klägerin spielten. Auf der Wiese befindet sich in ca. 8 m</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Entfernung zu der nördlichen Grundstücksgrenze ein Sand-</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">kasten, in den allerdings seit längerer Zeit kein Sand mehr</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">eingefüllt wurde.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Nach Norden hin grenzen Gleisanlagen der E Eisenbahn</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">GmbH an das Grundstück W-weg # ebenso wie an die Nach-</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">bargrundstücke. Die Gleisanlagen dienen einer langsam</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">fahrenden Werksbahn. Zwischen dem Grundstück der Beklagten</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">und den Nachbargrundstücken einerseits und den Gleisanlagen</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">ist ein Zaun errichtet. Streitig zwischen den Parteien ist,</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">ob der Zaun noch auf dem Grundstück der Beklagten steht oder</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">bereits auf dem Grundstück der E Eisenbahn GmbH.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Unbekannt ist auch, von wem der Zaun aufgestellt wurde. Als</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">die Beklagte das Hausgrundstück vor einigen Jahren erwarb,</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">war er bereits vorhanden.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Der Zaun wies etwa seit Sommer 1982 ein Loch auf, durch das</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">manchmal spielende Kinder ungehindert von dem Grundstück der</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Beklagten auf das Bahngelände gelangten, um hierneben den</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Wagons herzulaufen oder auf diese aufzuspringen.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Am 11.7.1983 spielte die Klägerin, die damals 9 Jahre und 10</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Monate alt war, zusammen mit anderen Kindern auf der Wiese am</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Haus W-weg #. Als ein Werkszug vorbeifuhr, liefen die</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Kinder auf das Bahngelände. Die Klägerin folgte ihnen</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">zusammen mit ihrer Freundin A, die im selben Haus</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">wohnte. Ob sie dabei durch das Loch im Zaun gingen, ist unter</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">den Parteien streitig. Die Klägerin und ihre Freundin wollten</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">auf einen der Wagons des langsam fahrenden Werkszugs steigen.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Zu diesem Zweck liefen sie auf dem mit Schotter belegten</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Bahndamm ein Stück neben dem Zug her. Dabei stolperte die</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Klägerin, fiel hin und geriet mit ihrem rechten Fuß auf die</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Schiene. Ein Wagenrad überrollte ihn und trennte die vordere</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Hälfte des Fußes ab, das Sprunggelenk blieb aber noch</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">unversehrt. Die Klägerin kam sofort in ein Krankenhaus, wo</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">der Fuß ärztlich versorgt wurde. Sie mußte ca. 2 Monate in</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">der Klinik bleiben und konnte sich zunächst nur mit einem</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Rollstuhl fortbewegen. Danach lernte sie mit einer Krücke zu</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">gehen. Diese benötigt sie heute noch außerhalb des Hauses.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Außerdem muß sie speziell angefertigte orthopädische Schuhe</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">tragen. Ihr Gang ist stark hinkend. Die Wunde ist nunmehr</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">abgeheilt, jedoch leidet die Klägerin noch an Wetter-</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">fühligkeit. In der Schule mußte die Klägerin wegen des langen</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Krankenhausaufenthaltes ein Schuljahr wiederholen.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin behauptet, der Zaun stehe auf dem Grundstück der</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Beklagten. Durch das Loch darin sei sie auf das Bahngelände</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">gelangt. Die Klägerin ist der Ansicht, daß die Beklagte ihrer</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Verkehrssicherungspflicht im Hinblick auf die Spielwiese</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">nicht nachgekommen sei, indem sie das Loch nicht wieder</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">repariert habe. Die Beklagte sei daher für den Unfall mit</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">verantwortlich.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">1) die Beklagte zu verurteilen, an sie</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">ein angemessenes Schmerzensgeld,</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">mindestens 10.000,00 DM, zu zahlen,</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">2) festzustellen, daß die Beklagte</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">verpflichtet ist, sämtliche der Klägerin</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">noch entstehende Schäden aus dem Unfall</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">vom 11.7.1983 zu ersetzen, soweit diese</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Ansprüche nicht auf öffentlich-</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">rechtliche Versicherungsträger über-</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">gegangen sind.</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte behauptet, der Zaun stehe auf dem Bahngrund-</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">stück. Sie bestreitet mit Nichtwissen, daß die Klägerin vor</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">dem Unfallgeschehen durch das Loch dorthin gelangt sei. Im</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">übrigen ist sie der Ansicht, daß es nicht zu ihren Ver-</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">kehrssicherungspflichten gehöre, ihr Grundstück gegenüber den</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">Gleisanlagen abzuschirmen.</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im einzelnen wird</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">Bezug genommen auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">nebst Anlagen sowie auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift.</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">Das Gericht hat Beweis erhoben über den Hergang des Unfalls</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">durch Vernehmung der Schülerin A als Zeugin.</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">genommen auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">4.12.1985.</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks"><b><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e</u></b></p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist teilweise begründet.</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist gem. § 847 BGB verpflichtet, an die Klägerin</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">ein Schmerzensgeld von 8.000,00 DM zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat schuldhaft die ihr obliegende Verkehrs-</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">sicherungspflicht bezüglich der auf ihrem Grundstück be-</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">findlichen Spielwiese verletzt und dadurch den Unfall der</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">Klägerin mitverursacht. Zwar besteht für einen Grund-</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">stückseigentümer grundsätzlich keine Verpflichtung, sein</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">Grundstück einzuzäunen, wie die Beklagte richtig ausführt.</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">Hier gilt aber wegen der Spielfläche auf dem Grundstück und</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">der angrenzenden Werksbahn etwas anderes. Indem die Beklagte</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">duldete, daß die Kinder auf der Wiese ständig spielten und</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">auch die Sandkiste weiter dort beließ, stellte sie den</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">Kindern diesen Grundstücksteil in tatsächlicher Hinsicht nach</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">wie vor als Spielfläche zur Verfügung, auch wenn sie dies</p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">möglicherweise nicht mehr beabsichtigte. Allein die Nicht-</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">befüllung des Sandkastens mit Sand reicht nach außen hin als</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">erkennbare Funktionsaufhebung nicht aus. Die Beklagte war</p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">demnach weiter für diese von ihr zur Verfügung gestellte</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks">Spielwiese verkehrssicherungspflichtig (vgl. BGH NJW 78,</p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks">1628). Der Inhalt der Verkehrssicherungspflicht bei einer</p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks">Spielfläche beschränkt sich aber nicht auf die Verhütung von</p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">Gefahren, die von dem Grundstück oder seinen Einrichtungen</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks">selbst ausgehen. Vielmehr gehört dazu auch die zumutbare</p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">Abwehr von Gefahren, die für die Benutzer, also spielende</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks">Kinder, aus der Lage der Spielfläche zu sonstigen Gefahren-</p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">quellen entstehen (vgl. BGH NJW 77, 1965). Das Ausmaß dieser</p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks">Sicherungspflicht bestimmt sich dabei nach der jeweiligen</p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks">Sachlage. Die Spielfläche grenzte hier unmittelbar an ein</p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks">Bahngelände für Werksbahnen. Dies übt auf spielende Kinder,</p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks">auch noch im Alter von etwa 10 Jahren, erfahrungsgemäß eine</p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks">besondere Anziehung aus, zumal die Züge hier nur langsam</p>
<span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks">verkehren und daher für die Kinder einerseits nicht so</p>
<span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks">gefährlich und andererseits leicht zugänglich erscheinen.</p>
<span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks">Hinzu kommt die Faszination, die ein Bahnbetrieb schlechthin</p>
<span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks">auf Kinder hat.</p>
<span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist daher im Rahmen ihrer Verkehrssicherungs-</p>
<span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks">pflicht für die von ihr zur Verfügung gestellte Spielfläche</p>
<span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks">gehalten, Vorkehrungen zu treffen, daß Kinder in ihrem</p>
<span class="absatzRechts">124</span><p class="absatzLinks">Spieltrieb nicht ungehindert die ungefährliche Spielwiese</p>
<span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks">verlassen und ihr Spiel auf den gefahrvollen Gleisanlagen</p>
<span class="absatzRechts">126</span><p class="absatzLinks">fortsetzen können. Zwar brauchte die Beklagte so lange nicht</p>
<span class="absatzRechts">127</span><p class="absatzLinks">einzugreifen, wie von dritter Seite ausreichende Schutz-</p>
<span class="absatzRechts">128</span><p class="absatzLinks">maßnahmen vorlagen, z.B. durch den vorhandenen Zaun. Die</p>
<span class="absatzRechts">129</span><p class="absatzLinks">Beklagte war aber gehalten, laufend zu überprüfen, ob diese</p>
<span class="absatzRechts">130</span><p class="absatzLinks">Maßnahmen noch bestanden und ausreichend waren, um sie ggf.</p>
<span class="absatzRechts">131</span><p class="absatzLinks">durch eigene zu ergänzen oder zu ersetzen. Dagegen hat die</p>
<span class="absatzRechts">132</span><p class="absatzLinks">Beklagte verstoßen. Sie ist nämlich nicht tätig geworden,</p>
<span class="absatzRechts">133</span><p class="absatzLinks">obwohl der von dritter Seite aufgestellte Zaun seit langem</p>
<span class="absatzRechts">134</span><p class="absatzLinks">ein großes Loch aufwies, durch das Kinder leicht hindurch</p>
<span class="absatzRechts">135</span><p class="absatzLinks">konnten. Der Beklagten war zumutbar, nunmehr einen eigenen</p>
<span class="absatzRechts">136</span><p class="absatzLinks">Zaun zu errichten, jedenfalls soweit, daß die spielenden</p>
<span class="absatzRechts">137</span><p class="absatzLinks">Kinder das Loch nicht mehr ungehindert passieren konnten.</p>
<span class="absatzRechts">138</span><p class="absatzLinks">Wäre dies geschehen, so kann davon ausgegangen werden, daß es</p>
<span class="absatzRechts">139</span><p class="absatzLinks">nicht zu dem Unfall gekommen wäre. Die Klägerin ist nämlich</p>
<span class="absatzRechts">140</span><p class="absatzLinks">durch das Loch auf das Bahngelände gelangt, wie die Be-</p>
<span class="absatzRechts">141</span><p class="absatzLinks">kundungen der Zeugin A ergeben haben. Anhaltspunkte</p>
<span class="absatzRechts">142</span><p class="absatzLinks">dafür, daß sich die Klägerin auch bei einem intakten Zaun auf</p>
<span class="absatzRechts">143</span><p class="absatzLinks">die Gleisanlagen begeben hätte, bestehen nicht und werden</p>
<span class="absatzRechts">144</span><p class="absatzLinks">auch von der Beklagten nicht vorgetragen.</p>
<span class="absatzRechts">145</span><p class="absatzLinks">Die fehlenden eigenen Sicherungsmaßnahmen der Beklagten, für</p>
<span class="absatzRechts">146</span><p class="absatzLinks">die von ihr in den Verkehr gebrachte Spielfläche sind somit</p>
<span class="absatzRechts">147</span><p class="absatzLinks">ursächlich für den Unfall. Bei Anwendung der erforderlichen</p>
<span class="absatzRechts">148</span><p class="absatzLinks">Sorgfalt hätte die Beklagte die Erforderlichkeit solcher</p>
<span class="absatzRechts">149</span><p class="absatzLinks">Maßnahmen auch erkennen können.</p>
<span class="absatzRechts">150</span><p class="absatzLinks">Diesem Verschulden steht aber ein erhebliches Mitverschulden</p>
<span class="absatzRechts">151</span><p class="absatzLinks">(§ 254 BGB) der Klägerin und ihrer Eltern gegenüber. Zwar war</p>
<span class="absatzRechts">152</span><p class="absatzLinks">die Klägerin zum Unfallzeitpunkt erst 9 Jahre und 10 Monate</p>
<span class="absatzRechts">153</span><p class="absatzLinks">und von daher noch einem besonders starken Spieltrieb und</p>
<span class="absatzRechts">154</span><p class="absatzLinks">einer leichten Beeinflussung durch die Anziehung der Bahn</p>
<span class="absatzRechts">155</span><p class="absatzLinks">unterworfen. Andererseits aber wußte sie als normal ent-</p>
<span class="absatzRechts">156</span><p class="absatzLinks">wickeltes Kind in diesem Alter auch schon - § 828 BGB gilt</p>
<span class="absatzRechts">157</span><p class="absatzLinks">hier entsprechend (Palandt, 44. Aufl., § 254 Anm. 3 a bb) -</p>
<span class="absatzRechts">158</span><p class="absatzLinks">daß von dem Bahngelände besonders große Gefahren ausgingen</p>
<span class="absatzRechts">159</span><p class="absatzLinks">und daß das Laufen neben dem fahrenden Zug und das Auf-</p>
<span class="absatzRechts">160</span><p class="absatzLinks">springen auf einen solchen besonders risikoreich ist. Ferner</p>
<span class="absatzRechts">161</span><p class="absatzLinks">haben die Eltern ihre Aufsichtspflicht ( §1626 BGB) erheblich</p>
<span class="absatzRechts">162</span><p class="absatzLinks">verletzt. Sie haben die Klägerin unbeaufsichtigt auf der</p>
<span class="absatzRechts">163</span><p class="absatzLinks">Spielwiese gelassen, obwohl seit langem das Loch im Zaun war</p>
<span class="absatzRechts">164</span><p class="absatzLinks">und zumindest andere Kinder hierdurch hin und wieder auf das</p>
<span class="absatzRechts">165</span><p class="absatzLinks">Bahngelände gingen, wie die Zeugin A bekundet hat.</p>
<span class="absatzRechts">166</span><p class="absatzLinks">Dieses Mitverschulden der Eltern muß sich die Klägerin auch</p>
<span class="absatzRechts">167</span><p class="absatzLinks">im Verhältnis zu der Beklagten anrechnen lassen (vgl. BGHZ 9,</p>
<span class="absatzRechts">168</span><p class="absatzLinks">316), da zwischen der Klägerin und der Beklagten bereits vor</p>
<span class="absatzRechts">169</span><p class="absatzLinks">dem Schadensereignis schuldrechtliche Beziehungen bestanden,</p>
<span class="absatzRechts">170</span><p class="absatzLinks">weil die Klägerin in den Schutz des damals zwischen ihren Eltern und</p>
<span class="absatzRechts">171</span><p class="absatzLinks">der Beklagten bestehenden Mietverhältnisses miteinbezogen war</p>
<span class="absatzRechts">172</span><p class="absatzLinks">(vgl. BGHZ NJW 68, 1323).</p>
<span class="absatzRechts">173</span><p class="absatzLinks">Unter Abwägung all der genannten Umstände erscheint das</p>
<span class="absatzRechts">174</span><p class="absatzLinks">Verschulden der Klägerin und ihrer Eltern schwerwiegender als</p>
<span class="absatzRechts">175</span><p class="absatzLinks">die fahrlässige Pflichtverletzung der Beklagten. Nach Ansicht</p>
<span class="absatzRechts">176</span><p class="absatzLinks">der Kammer stehen die verschiedenen Beiträge im Verhältnis</p>
<span class="absatzRechts">177</span><p class="absatzLinks">von 3/5 zu 2/5 zueinander.</p>
<span class="absatzRechts">178</span><p class="absatzLinks">Bei Berücksichtigung dieses Mitverschuldens und den bei dem</p>
<span class="absatzRechts">179</span><p class="absatzLinks">Unfall erlittenen Verletzungen und dessen Folgen erscheint</p>
<span class="absatzRechts">180</span><p class="absatzLinks">ein Schmerzensgeld von 8.000,00 DM angemessen. Dabei hat das</p>
<span class="absatzRechts">181</span><p class="absatzLinks">Gericht auch besonders berücksichtigt, daß die Klägerin stets</p>
<span class="absatzRechts">182</span><p class="absatzLinks">auf Hilfsmittel wie Stock oder orthopädische Schuhe an-</p>
<span class="absatzRechts">183</span><p class="absatzLinks">gewiesen sein wird und daß ihr Gang stets stark hinkend</p>
<span class="absatzRechts">184</span><p class="absatzLinks">bleibt. Gerade dies aber stellt für ein Kind eine erhebliche</p>
<span class="absatzRechts">185</span><p class="absatzLinks">Beeinträchtigung der Lebensfreude dar. Hinzu kommt noch der</p>
<span class="absatzRechts">186</span><p class="absatzLinks">erfolgte lange ''Krankenhausaufenthalt.</p>
<span class="absatzRechts">187</span><p class="absatzLinks">Aus den oben genannten Gründen ist auch dem Feststellungs-</p>
<span class="absatzRechts">188</span><p class="absatzLinks">antrag in dem dargelegten Umfang stattzugeben. Hinzu kommt</p>
<span class="absatzRechts">189</span><p class="absatzLinks">dabei, daß neben dem Anspruch nach § 823 Abs. 1 BGB auch noch</p>
<span class="absatzRechts">190</span><p class="absatzLinks">eine Verpflichtung der Beklagten nach § 538 BGB zum</p>
<span class="absatzRechts">191</span><p class="absatzLinks">Schadensersatz besteht, weil die Klägerin in die Schutz-</p>
<span class="absatzRechts">192</span><p class="absatzLinks">wirkungen des Mietvertrages ihrer Eltern mit der Beklagten</p>
<span class="absatzRechts">193</span><p class="absatzLinks">einbezogen war. Zu der Mietsache, für deren Mängel die</p>
<span class="absatzRechts">194</span><p class="absatzLinks">Beklagte nach § 538 BGB einzustehen hat, gehört nicht allein</p>
<span class="absatzRechts">195</span><p class="absatzLinks">die Wohnung, sondern auch die damit zur Verfügung gestellten</p>
<span class="absatzRechts">196</span><p class="absatzLinks">gemeinsam nutzbaren Sachen, wie die Spielwiese. Daß diese</p>
<span class="absatzRechts">197</span><p class="absatzLinks">mangelhaft war und die Beklagte ihrer Mängelbeseitigungs-</p>
<span class="absatzRechts">198</span><p class="absatzLinks">pflicht insoweit nicht nachkam, wurde bereits oben dargelegt.</p>
<span class="absatzRechts">199</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO,</p>
<span class="absatzRechts">200</span><p class="absatzLinks">die über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Ziff.</p>
<span class="absatzRechts">201</span><p class="absatzLinks">11, 709, 711 ZPO.</p>
|
315,586 | olgham-1985-12-02-2-u-6285 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 2 U 62/85 | "1985-12-02T00:00:00" | "2019-03-13T15:08:32" | "2019-03-27T09:42:44" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1985:1202.2U62.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen das am 9. Januar 1985 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Münster abgeändert.</p>
<p></p>
<p>Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 890,-- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 25.7.1984 zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 61/70 und der Beklagte zu 9/70.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Die Beschwer der Klägerin beträgt 6.056,-- DM, die des Beklagten 890,-- DM.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Berufung der Klägerin ist teilweise begründet.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks"><b>A.</b></p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat gegen den Beklagten aus abgetretenem Recht der xxx einen Kaufpreisanspruch für Longdrinks, Cocktails, Kaffee und Zigaretten in Höhe von 890,-- DM (§§ 305, 433 II, 398 BGB).</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Zwischen der xxx, die in xxx den xxx betreibt, und dem Beklagten sind im Juli 1984 bei einem xxx des Beklagten Bewirtungsverträge zustandegekommen. Die Sachbefugnis der Klägerin folgt aus den vorgelegten Abtretungsurkunden ohne Datum (Bl. 140 d.A.) und vom 12.8.1985 (Bl. 122, 143 d.A.).</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat - außer Sekt und Champagner (hierzu vgl. B) - folgende Getränke sowie Zigaretten bestellt:</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">13 Longdrinks a 15,-- DM 195,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">37 Cocktails a 25,-- DM 925,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">5 Kännchen Kaffee a 10,-- DM 50,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">5 Päckchen Zigaretten a 4,-- DM <u>______ 20,-- DM</u></p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">insgesamt 1.190,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Unstreitige Zahlung <u>300,-- DM</u></p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Restforderung 890,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Höhe der Bestellungen und die von der Klägerin vorgelegten Einzelbelege werden von dem Beklagten, der über den Gesamtverzehr einen Scheck in Höhe von 7.200,-- DM ausgestellt hat, nicht substantiiert bestritten.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">3.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Willenserklärungen des Beklagten sind nicht wegen hochgradiger depressiver Persönlichkeitsstruktur (§ 105 I in Verbindung mit § 104 Nr. 2 BGB; § 105 II BGB) nichtig. Ob am 24./25.7.1984 eine Störung der Geistestätigkeit vorlag, als der Beklagte durch die Volksbank entlassen worden war und einen Suicid-Versuch unternommen hatte, kann dahinstehen. Wie unstreitig geworden ist, war der xxx des Beklagten spätestens am 10.7.1984; daß schon in diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen gemäß § 105 I, II BGB vorlagen, ist nicht ersichtlich. Für eine hochgradige Trunkenheit bei dem xxx sind ebenfalls keine Anhaltspunkte gegeben. Der Beklagte hat einen hohen Alkoholkonsum nur unsubstantiiert behauptet, weshalb die von ihm hierzu angebotenen Beweise nicht zu erheben waren. Er trägt im einzelnen nicht vor, welche alkoholischen Getränke er in welcher Menge vor dem xxx und während seines Aufenthalts in der xxx getrunken hat. Die von der xxx berechneten Getränke geben hierüber keinen Aufschluß, weil der Beklagte die Getränke nicht allein, sondern gemeinsam mit Animierdamen verzehrt hat.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">4.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Verträge über die Bestellung von Longdrinks, Cocktails, Kaffee und Zigaretten sind nicht wegen Wuchers (§ 138 II BGB) nichtig, weil die berechneten Einzelpreise (Nr. 2) nicht in einem auffälligen Mißverhältnis zu den Warenwerten und den Nutzungsmöglichkeiten verschiedener Einrichtungen - Sauna, Schwimmbad, Solarium, Sonnenbank, Hot-Whirlpool - stehen. Eine Sittenwidrigkeit gemäß § 138 I BGB ist ebenfalls zu verneinen, da in dem Getränkepreis für Longdrinks, Cocktails und Kaffee kein Dirnenlohn enthalten war. Verzehrverträge in einer xxx sind nicht schon deswegen sittenwidrig, weil der Inhaber des Betriebes xxx beschäftigt und Separees eingerichtet hat (BGH WM 1980, 903).</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">5.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Der zuerkannte Zinsanspruch folgt aus §§ 452, 246 BGB. Die Zinsmehrforderung ist nicht begründet (§ 286 I BGB). Die Klägerin hat einen eigenen Zinsschaden durch Inanspruchnahme von Bankkredit nicht nachgewiesen. Ebenso besteht kein weitergehender Zinsanspruch aus abgetretenem Recht der xxx (§§ 286 I, 398 BGB). Ob die xxx Bankkredit in Anspruch genommen hat - hierfür sprechen die vorgelegten Zinsbescheinigungen der Kreissparkasse xxx vom 7.11. und 26.11.1985 -, ist unerheblich, weil insoweit ein Ursachenzusammenhang zwischen Schuldnerverzug und Zinsschaden fehlt. Nach dem Vorbringen der Klägerin und dem Inhalt der Bestätigung der xxx vom 12.8.1985 (Bl. 122 d.A.) liegt die Annahme nahe, daß die Abtretung bereits vor Anhängigkeit des Mahnverfahrens und vor der Weigerung des Beklagten vom 25.7.1984, den streitigen Anspruch zu erfüllen, erfolgt war. Jedenfalls hat die Klägerin die Voraussetzungen des Schuldnerverzuges im Zeitpunkt der Abtretung nicht dargetan. Auch bei rechtzeitiger Zahlung war die xxx infolgedessen nicht in der Lage, ihren Bankkredit zu verringern. Unter diesen Umständen kommt ein Zinsschaden der xxx nur in Frage, wenn sie aufgrund ihres Rechtsverhältnisses mit der Klägerin an diese zusätzliche Zinsen zahlen muß, die bei rechtzeitiger Befriedigung der Klägerin nicht angefallen wären. Hierzu hat die Klägerin jedoch keine ausreichenden Tatsachen vorgetragen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks"><b>B.</b></p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte ist nicht verpflichtet, den Preis für 10 Flaschen Sekt von 2.500,-- DM (10 x 250,-- DM) und für 7 Flaschen Champagner von 3.500,-- DM (7 x 500,-- DM) - insgesamt 6.000,-- DM - zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks"><b>1.</b></p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat insoweit keinen Kaufpreisanspruch (§§ 433 II, 398 BGB), weil die zugrundeliegenden Bewirtungsverträge nichtig sind. Die Frage, ob Wuchergeschäfte (§ 138 II BGB) vorliegen (BayObLG NJW 1985, 873), kann offenbleiben. Jedenfalls verstoßen die Verträge über die Bestellung von Sekt und Champagner wegen der damit verbundenen Vereinbarung über sexuelle Handlungen gegen die guten Sitten. Verträge über den Getränkeverzehr in einer Separée-xxx sind sittenwidrig, wenn der Kaufpreis nicht nur Gegenleistung für die Getränke und die Separée-Benutzung (hierzu vgl. BGH WM 1980, 903), sondern auch die Gegenleistung für den sexuellen Verkehr mit Bardamen, also Dirnenlohn ist. Rechtsgeschäfte, die gegen die herrschende Auffassung der Sexualmoral verstoßen, sind gemäß § 138 I BGB nichtig; allerdings ist bei der Feststellung dessen, was gegen die guten Sitten verstößt, auf den Wandel in den Anschauungen Rücksicht zu nehmen (Krüger-Nieland/Zöller, BGB-RGRK, 12. Aufl. 1982, § 138 Rz. 191). Sittenwidrig ist hiernach ein Vertrag, durch den sich eine Prostituierte zur Gewährung des Geschlechtsverkehrs gegen Entgelt verpflichtet (BGHZ 67, 119, 122, 125; Krüger-Nieland/Zöller a.a.O., § 138 Rz. 193; Mayer-Maly, Münchener Kommentar, 2. Aufl., 1984, § 138 Rz. 50). Die gewerbsähnliche geschlechtliche Hingabe gegen Bezahlung macht in entwürdigender Weise Intimbereiche zur Ware, die aus moderner psychologischer Sicht mit dem Kern der Persönlichkeit auf’s Engste verknüpft sind (BGH a.a.O.). Dies gilt unabhängig davon, ob die Zahlung des Dirnenlohns durch den Freier unmittelbar an die Prostituierte oder über eine Mittelsperson - hier die xxx als xxxinhaberin - erfolgt (vgl. LG Düsseldorf MDR 1975, 661). Die veränderte Einstellung weiter Bevölkerungskreise zu sexualen Fragen läßt zwar Verträge, die mit Bezug auf die Prostitution abgeschlossen sind, als sittlich wertneutral erscheinen, wenn nur die Lieferung oder Bereitstellung sachlicher Mittel gegen ein Entgelt vorgenommen wird. Voraussetzung ist aber, daß das Entgelt nicht durch seine Überhöhung eine Partizipierung an dem spezifischen Unzuchtserwerb erkennen läßt (BGHZ 67, 124 f.). Ein xxxinhaber handelt sittenwidrig, wenn er ein überhöhtes Entgelt für Getränke deswegen fordert, weil sich die Gäste mit den bereitgehaltenen Bardamen in den Separees in geschlechtsbezogener Weise betätigen können (Senat, Urteil vom 9.4.1981 - 2 U 275/80 -; OLG Nürnberg WRP 1978, 314 = MDR 1977, 1016). Das ist hier der Fall. Die Bardamen erhalten vom Sekt- und Champagnerumsatz eine "Umsatzbeteiligung" zwischen 30 % und 50 % je nach Getränkepreis. Hierdurch erklärt sich der verhältnismäßig hohe Verkaufspreis für eine Flasche Sekt, der je nach Marke 200,-- DM - Einkaufspreis zwischen 6,-- DM und 6,80 DM - und 250,-- DM - Einkaufspreis 13,50 DM - beträgt. Für eine Flasche Champagner, die nach dem Vortrag der Klägerin im Einkauf 112,-- DM kostet, berechnet die xxx 500,-- DM. Die Tatsache, daß neben dem Dirnenlohn noch andere kostenerhöhende Umstände, wie die Bereitstellung von Sauna, Schwimmbad, Solarium, Sonnenbank, Hot-Whirlpool, den Getränkepreis beeinflussen, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Jedenfalls ist die "Umsatzbeteiligung" der Bardamen bei der Kalkulation des Sekt- und Champagnerpreises von Bedeutung und führt zu einer wesentlichen Preiserhöhung, wie das Landgericht zutreffend dargelegt hat. Die "Umsatzbeteiligung" ist Entgelt für die Bereitschaft der Bardamen, mit dem jeweiligen Gast sexuell zu verkehren und damit Dirnenlohn. Ob diese Bereitschaft stets sexualbezogene Handlungen zur Folge hat, ob also der Gast von der ihm gebotenen Möglichkeit Gebrauch macht, ist nicht entscheidend (Senat a.a.O.), da es nur auf die Sittenwidrigkeit des Vertrages ankommt. Daher kann dahinstehen, ob die Behauptung der Klägerin zutrifft, der Beklagte habe während seines Barbesuchs keine intimen Zärtlichkeiten mit Bardamen ausgetauscht. Die Sittenwidrigkeit führt zur Nichtigkeit der Verzehrverträge über die Bestellung von Sekt und Champagner.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks"><b>2.</b></p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Ein Bereicherungsanspruch aus § 817, 1 BGB oder aus § 812 I, 1 BGB in Verbindung mit § 398 BGB ist gemäß § 817, 2 BGB ausgeschlossen, weil nicht nur der Beklagte, sondern auch die xxx gegen die guten Sitten verstoßen hat. § 817, 2 BGB gilt auch im Rahmen des § 812 I, 1 BGB (Lieb, Münchener Kommentar, 1980, § 817 Rz. 10) und findet auch bei Vorleistungen Anwendung.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks"><b>3.</b></p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte ist auch nicht aus Art. 12, 40 SchG in Verbindung mit § 398 BGB zur Zahlung verpflichtet, obwohl er unstreitig über die Getränkerechnung in Höhe von 7.200,-- DM unter dem 10.7.1984 einen Scheck unterzeichnet und der xxx gegeben hat. Der Anspruch setzt die rechtzeitige Vorlegung des Schecks voraus (Art. 40 SchG). Wird der Scheck nicht fristgemäß vorgelegt, verliert der Inhaber den Rückgriff gegen den Aussteller (Baumbach/Hefermehl, Wechsel und Scheckgesetz, 14. Aufl., 1984, Art. 29 SchG Rz. 5). Die xxx hat die Vorlegungsfrist von 8 Tagen versäumt (Art. 29 I, IV SchG). Die Vorlegungsfrist begann mit dem Tag des Ausstellungsdatums, am 10.7.1984, zu laufen, da unabhängig von dem tatsächlichen Ausstellungszeitpunkt der in dem Scheck genannte Ausstellungstag maßgeblich ist (vgl. Baumbach/Hefermehl a.a.O. Art. 29 SchG Rz. 3). Die Vorlage des Schecks am 25.7.1984 war infolgedessen verspätet.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks"><b>4.</b></p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat auch keinen Anspruch aus Art. 58 SchG in Verbindung mit § 398 BGB. Die Vorschrift des Art. 58 SchG erfordert, daß sich der Aussteller mit Schaden des Inhabers bereichert hat. Diese Voraussetzung ist nicht gegeben. Es fehlt an einer Bereicherung des Beklagten. Für die Bereicherung des Ausstellers entscheidet die materielle Rechtslage, nämlich das der Scheckbegebung zugrundeliegende Rechtsverhältnis (Baumbach/Hefermehl a.a.O. Art. 89 WG Rz. 6). Nach dem Rechtsverhältnis zwischen der xxx und der Beklagten war dieser weder aus § 433 II BGB noch aus § 812 I, 1 oder aus § 817, 1 BGB verpflichtet (Nr. 2).</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks"><b>C.</b></p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat der Klägerin auch nicht die entstandenen Scheckunkosten von 46,-- DM zu ersetzen. Ein Anspruch aus Art. 45 Nr. 3, 12, 40 SchG in Verbindung mit § 398 BGB ist wegen der verspäteten Scheckvorlegung nicht gegeben. Auch ein - abgetretener - (§ 398 BGB) Anspruch aus positiver Verletzung der Verzehrverträge, soweit diese wirksam sind (A), ist zu verneinen, da der Beklagte auch nach den Verzehrverträgen nicht verpflichtet war, den erfüllungshalber gegebenen Scheck (§ 364 II BGB) nach Ablauf der scheckrechtlichen Vorlegungsfrist einzulösen. Er hatte das Recht, den Scheck zu widerrufen (Art. 32 I SchG).</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks"><b>D.</b></p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus den Vorschriften der §§ 92 I, 97 I, 546 II, 708 Nr. 10 ZPO.</p>
|
315,587 | olgham-1985-11-26-27-u-14484 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 27 U 144/84 | "1985-11-26T00:00:00" | "2019-03-13T15:08:34" | "2019-03-27T09:42:44" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1985:1126.27U144.84.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Klägerin gegen das am 9. Februar 1984 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Essen wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsmittels werden der Klägerin auferlegt.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Es beschwert die Klägerin in Höhe von 13.581,67 DM.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Mit der Klage hat die Klägerin die Beklagten auf Unzulässigkeitserklärung der Zwangsvollstreckung
in eine Be- und Entlüft sowie eine Kühlanlage auf dem Gaststätten- und Kegelcentergrundstück
in ... in Anspruch genommen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die im Baukastensystem erstellte Be- und Entlüftungsanlage befindet sich im Restaurant, in der Küche
und im Kegelcenter, die Kühlanlage in einem gesonderten Raum hinter der Küche des Restaurants. Die
Klägerin hatte zunächst behauptet, sie habe die Anlagen durch Vertrag vom 19.11.1979 von dem
Eigentümer ... erworben. Auf den Inhalt dieses Vertrages (Bl. 6 d.A.) wird Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Im Laufe des Rechtsstreits hat die Klägerin sodann ihren Vortrag geändert und behauptet, sie habe
die Anlagen nicht von dem Kaufmann ... sondern von der Firma ... erworben und zwar durch einen weiteren Vertrag
vom 19.11.1979. Auf den Inhalt dieses Vertrages (Bl. 81 d.A.) wird ebenfalls Bezug genommen. Die Klägerin
hat weiter behauptet, die Firma ... ihrerseits habe die Anlagen im Jahre 1978 von dem Kaufmann ... gekauft.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten haben die Zwangsvollstreckung in das dem Geschäftsführer der Klägerin, dem Kaufmann
... gehörende Gaststättengrundstück betrieben. Mit Beschluß vom 17.03.1981 hat das Amtsgericht
... die Zwangsversteigerung angeordnet und die Beschlagnahme zu Gunsten der Beklagten ausgesprochen. Inzwischen ist
die Zwangsversteigerung durchgeführt und das Grundstück der Stadt ... zugeschlagen worden.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte zu 2) hat dem Geschäftsführer der Klägerin ein Darlehen gewährt, das durch eine
am 14.11.1978 im Grundbuch eingetragene Grundschuld über 500.000,- DM gesichert worden war. Dem Beklagten zu 1)
stehen zwei Sicherungshypotheken vom 25.10.1979 an dem oben bezeichneten Gaststättengrundstück zu.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Unter Berufung auf ihr Eigentum hat die Klägerin beantragt,</p>
<br /><span class="absatzRechts">8</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="0">
<tr>
<td>1.</td>
<td>die Zwangsvollstreckung für unzulässig zu erklären bezüglich der Be- und
Entlüftungsanlage im Restaurant, in der Küche und im Kegelcenter auf dem Grundstück ...,
eingetragen im Grundbuch von ... Blatt ... und</td>
</tr>
<tr>
<td>2.</td>
<td>bezüglich der Kühlanlage im gesonderten Raum hinter der Küche des Restaurants auf
dem vorgenannten Grundstück.</td>
</tr>
</table><br />
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten haben beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten haben die Auffassung vertreten, daß es sich bei den Anlagen um wesentliche Bestandteile
des Grundstücks handle, die danach sonderrechtsunfähig seien. Sie haben im übrigen die Ansicht
vertreten, daß es sich in jedem Fall um Zubehör des Grundstücks handle, das der Hypothekenhaftung
der §§ 1120, 1121 BGB unterliege. Sie haben im übrigen bestritten, daß es zwischen dem
Kaufmann ... der Klägerin und der Firma ... am 19.11.1979 zu der Bl. 81 d.A. vorgelegten Vereinbarung
gekommen sei.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Durch das am 9.2.1984 verkündete Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Zur Begründung ist im wesentlichen ausgeführt:</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Der Klägerin stehe kein die Veräußerung hinderndes Recht im Sinne von § 771 ZPO zu. Sie
könne über die ... bezüglich der Be- und Entlüftungsanlage im Restaurant, der Küche und
im Kegelcenter kein Eigentum erworben haben. Die Be- und Entlüftungsanlage sei wesentlicher Gebäudebestandteil
im Sinne von § 94 Abs. 2 BGB und damit sonderrechtsunfähig. Bei der Kühlanlage handle es sich um
Zubehör im Sinne von § 97 Abs. 1 BGB. Daß die Klägerin Eigentümerin dieser Anlage geworden
sei, könne nicht als bewiesen angesehen werden. Die Beklagten hätten die Echtheit der vorgelegten Urkunden
vom 19.11.1979 bestritten, ohne daß dem die Klägerin mit substantiierten Darlegungen und Beweisantritten
entgegengetreten sei.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 543 ZPO).</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin. Im Hinblick darauf, daß die Zwangsversteigerung
des Grundstücks ... inzwischen abgeschlossen ist, hält sie den Rechtsstreit in der Hauptsache für
erledigt. Sie wiederholt im übrigen ihr Vorbringen erster Instanz und führt ergänzend dazu aus:</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Klage sei bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses begründet gewesen. Die Be- und Entlüftungsanlage
sei nicht wesentlicher Bestandteil des Gebäudes und damit auch nicht wesentlicher Bestandteil des Grundstücks.
Selbst wenn die Voraussetzungen des § 94 BGB erfüllt sein sollten, handle es sich in jedem Fall nur um
einen Scheinbestandteil im Sinne des § 95 BGB, da die Anlage nur zu einem vorrübergehenden Zweck in das
Gebäude gelangt sei. Eine Einbeziehung der Be- und Entlüftungsanlage wie auch der Kühlanlage in die
Zwangsvollstreckung des Grundstücks sei unter dem Gesichtspunkt des Zubehörs nicht möglich gewesen.
Bei den genannten Gegenständen handle es sich nicht um Zubehör, weil sowohl die Be- und Entlüftungsanlage,
wie auch die Kühlanlage nicht dazu bestimmt gewesen seien, dem wirtschaftlichen Zweck der Hauptsache auf Dauer
zu dienen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung des angefochtenen Urteils,</p>
<br /><span class="absatzRechts">20</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="0">
<tr>
<td>1.</td>
<td>den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt zu erklären,</td>
</tr>
<tr>
<td>2.</td>
<td>den Beklagten die Kosten des gesamten Verfahrens aufzuerlegen.</td>
</tr>
</table><br />
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Sie wiederholen ihr Vorbringen erster Instanz und verteidigen das angefochtene Urteil. Sie vertreten insbesondere
die Ansicht, daß keine Erledigung der Hauptsache eingetreten sei, weil die Klage von Anfang an unbegründet
gewesen sei.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird Bezug genommen auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten
Schriftsätze.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Akten 27 U 81/84 OLG Hamm waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe</b></p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung ist sachlich nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat im Ergebnis zutreffend die Klage abgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat nicht nachzuweisen vermocht, daß ihr an der Be- und Entlüftungsanlage sowie an
der Kühlanlage des Gaststätten- und Kegelcentergrundstücks ... ein die Veräußerung hinderndes
Recht im Sinne von § 771 ZPO zusteht.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Soweit die Be- und Entlüftungsanlage in Frage steht, ist mit dem Landgericht davon auszugehen, daß diese
Anlage als wesentlicher Bestandteil (§ 94 Abs. 2 BGB) des Gaststätten- und Kegelcentergrundstücks
anzusehen und damit sonderrechtsunfähig ist.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Ob eine Sache "zur Herstellung" des Gebäudes eingefügt ist, hängt vom Willen des
Einfügenden ab. Der Herstellungswille genügt jedoch allein nicht, es muß sich vielmehr um Sachen
handeln, die dem Gebäude ein bestimmtes Gepräge, eine bestimmende Eigenart geben. Dies ist nach der
Verkehrsauffassung bei natürlicher Auffassung über das Wesen, den Zweck und die Beschaffenheit des
Gebäudes zu beurteilen (vgl. BGHZ 53, 325). Ohne eine leistungsfähige Be- und Entlüftungsanlage
ist ein Gaststättengroßbetrieb und ein Kegelcentrum, wie es hier in Frage steht, nach der Verkehrsauffassung
nicht fertig. Eine solche Anlage bestimmt jedenfalls die Eigenart eines solchen Betriebes entscheidend mit. Darauf,
ob sie zwingend notwendig ist - wofür bei den Kegelbahnen alles spricht, da der vorgelegte Grundriß für
die im Kellergeschoß gelegene Kegelanlage keine natürlichen Belüftungsmöglichkeiten wie etwa
Fenster erkennen läßt -, kommt es nicht entscheidend an (vgl. Reichsgericht 90, 201; 150, 26). Auch eine
feste Verbindung ist nicht nötig (BGHZ 36, 50). Es spielt deshalb keine Rolle, daß die Anlage nach der
Behauptung der Klägerin im Baukastensystem erstellt worden ist. Die Lichtbilder Bl. 95 ff. d.A. im Zusammenhang
mit dem Grundriß (Anlage) zeigen deutlich, daß bei natürlicher Betrachtungsweise die Anlage zu dem
Gaststätten- und Kegelcenterbetrieb gehört und ihn erst zu einem solchen macht (vgl. dazu u.a. auch OLG
Stuttgart NJW 58, 1684). Der beantragten Ortsbesichtigung bedurfte es nicht, da die überreichten Pläne
und Lichtbilder eine hinreichend sichere Beurteilungsgrundlage liefern.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Der Herstellungswille des Einfügenden kann im Hinblick auf die Aufnahme der entsprechenden Kosten in die
Aufstellung Bl. 38 ff. d.A. nicht zweifelhaft sein.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Die Anlage ist auch nicht nur Scheinbestandteil im Sinne von § 95 BGB. Eine Verbindung zu einem
vorübergehenden Zweck liegt nur vor, wenn der Wegfall der Verbindung von vornherein beabsichtigt oder nach
der Natur des Zwecks sicher ist. Es genügt nicht, daß nach den Vorstellungen der Beteiligten eine
Trennung nicht ausgeschlossen ist (vgl. BGHZ 26, 232). Es kommt vielmehr auf den vom Einfügenden erwarteten
normalen Lauf der Dinge an (vgl. BGH NJW 70, 896). Danach aber ist im Streitfall schon im Hinblick auf die Dauer
des Pachtvertrages (10 Jahre mit automatischer Verlängerung um jeweils 1 Jahr) sowie im Hinblick auf die
Höhe der Investitionen davon auszugehen, daß die Anlage auf Dauer angelegt war.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Aber auch soweit es die Kühlanlage angeht, hat die Klägerin den ihr obliegenden Beweis nicht zu
erbringen vermocht, an der Anlage - unbelastetes - Eigentum erworben zu haben und damit der Zwangsvollstreckung
der Beklagten mit Erfolg widersprechen zu können.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Schon der von der Klägerin behauptete Eigentumserwerb ist im Hinblick auf den Wechsel der von ihr dazu
gegebenen Darstellungen mehr als zweifelhaft. Die Klägerin will nunmehr nur noch den - zweiten - Vertrag vom
19.11.1979 (vgl. das Original Bl. 81 d.A.) gegen sich gelten lassen. Der mit der Klageschrift ursprünglich
überreichte Vertrag vom selben Tage ist von ihr ausdrücklich als inhaltlich unrichtig und unwirksam
bezeichnet worden.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Eine an Treu und Glauben und der Verkehrssitte (§§ 133, 157 BGB) orientierte Auslegung könnte
bereits ergeben, daß dem - zweiten - Vertrage jedenfalls nicht mit der von einem dinglichen
Übereignungsgeschäft zu fordernden Bestimmtheit die Übereignung der Kühlanlage entnommen
werden kann. Die Anlage ist in diesem Vertrage nicht ausdrücklich aufgeführt. Eine Ziffer 2, unter
Punkt 2 des Vertrages gibt es nicht. Die Vertragsbestimmung unter Punkt 2 ist unvollständig und für
sich gesehen unverständlich. Es ist höchst zweifelhaft und im Ergebnis wohl abzulehnen, daß zur
Auslegung auf den nach dem ausdrücklichen Vortrag der Klägerin ungültigen - ersten - Vertrag vom
1.9.11.1979 zurückgegriffen werden könnte. Die Klägerin hat diesen Vertrag selbst als inhaltlich
unrichtig bezeichnet. Er wird im zweiten Vertrage auch in keiner Weise in Bezug genommen. Es wird durch keinerlei
Hinweise deutlich, daß er etwa den ersten Vertrag abändern, ergänzen oder ersetzen sollte. Unklarheiten
aber gehen zu Lasten der darlegungs- und beweispflichtigen Klägerin. Nur eine sehr wohlwollende Auslegung
könnte dazu kommen, daß der - zweite - Vertrag lediglich unvollständig abgeschrieben worden ist
und bis auf die Vertragsparteien inhaltlich mit dem ersten Vertrag übereinstimmen sollte.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Unter diesen Umständen ist die Ansicht gut vertretbar, daß bereits eine wirksame Übereignung der
Kühlanlage auf die Klägerin im Hinblick auf die an eine sachenrechtliche Übereignung zu stellenden
Bestimmtheitserfordernisse nicht schlüssig dargetan ist.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Letztlich aber kann diese Frage offen bleiben, weil die Klägerin jedenfalls nur <u>belastetes</u> Eigentum
erworben hat. Die Kühlanlage unterliegt als Zubehör des Grundstücks der Haftung des § 1120 BGB.
Danach erstrecken sich die Grundpfandrechte auch auf das Zubehör des Grundstücks mit Ausnahme der
Zubehörstücke, welche nicht in das Eigentum des Eigentümers des Grundstücks gelangt sind.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Den Beklagten stehen Grundpfandrechte an dem Grundstück mit Wirkung vom 14.11.1978 (Grundschuld zugunsten der
Beklagten zu 2)) bzw. 25.10.1979 (zwei Sicherungshypotheken zugunsten der Beklagten zu D) zu.
Grundstückseigentümer war zu diesem Zeitpunkt der Schuldner ... Selbst wenn die Klägerin - wie
sie behauptet - am 19.11.1979 wirksam Eigentum an den Zubehörstücken erworben haben sollte, so hat sie
dieses Eigentum jedenfalls nur belastet mit der Zubehörhaftung zugunsten der Beklagten erworben.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Wie der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 14.08.1984 (27 U 81/84) im einzelnen ausgeführt hat, bestand
nämlich wirtschaftliche Identität zwischen dem Kaufmann ... und der Firma .... Die Klägerin muß
sich deshalb so behandeln lassen, als habe sie - belastetes - Eigentum vom ursprünglichen
Grundstückseigentümer und Schuldner erworben. Auf die - formale -, Zwischenschaltung der ... als juristische
Person kann sie sich im Verhältnis zu den Beklagten nicht mit Erfolg berufen. Davon, daß zwischen dem
Kaufmann ... und der ... wirtschaftliche Identität bestanden hat, ist im Ergebnis für den vorliegenden
Streitfall als unstreitig auszugehen. Der Senat hat das in seinem oben bezeichneten Urteil, auf das zur Vermeidung
von Wiederholungen Bezug genommen wird, im einzelnen, insbesondere unter Bezugnahme auf Urkunden, dargelegt. Dem ist
die Klägerin vorliegend nicht substantiiert entgegengetreten. Sie hat vielmehr selbst eingeräumt (vgl. Bl.
279 d.A.), daß es für den - hier allein interessierenden - sog. "Stens-Sachverhalt" Urkunden mit
"zugegebenermaßen mißverständlichem Inhalt" gebe. Sie nimmt damit den sog.
"Stens-Sachverhalt" hin und bestreitet die wirtschaftliche Identität zwischen dem Kaufmann ... und
der ... nicht mehr. Sie geht vielmehr selbst von einer solchen aus, wenn sie vorträgt (Bl. 118 d.A.), die Anlage
sei der Klägerin von dem Eigentümer Untersinger übergeben worden. Sie setzt damit - ebenso wie der
Senat - den Eigentümer ... und die ... gleich. Vor diesem Hintergrund ist auch der frühere Vortrag der
Klägerin (Bl. 59 d.A.) nicht erheblich, die Be- und Entlüftungsanlage sowie die Kühlanlage seien
niemals Eigentum des Geschäftsführers der Klägerin persönlich, sondern Eigentum der ... gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Im Hinblick darauf, daß die Klägerin - wie oben dargelegt - den sog. "Stens-Sachverhalt"
hingenommen hat, hat sich der Senat für berechtigt gehalten, diesen Sachverhalt als unstreitig zugrunde zu legen
und ohne weitere Beweisaufnahme zu entscheiden. Es war vielmehr ohne weiteres vom Ergebnis des Vorprozesses auszugehen,
ohne daß es auch einer Verwertung der Akten des "Vorprozesses" im Wege des Urkundenbeweises bedurft
hätte. Im übrigen würde eine solche Verwertung auch zu keinem anderen Ergebnis geführt haben.
Beweisanträge sind seitens der Klägerin trotz Hinweises auf die vom Senat vertretene Ansicht im Termin
nicht gestellt worden.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Danach hat unabhängig davon, ob am 10.11.1978 oder am 19.11.1979 Übereignungshandlungen stattgefunden
haben, die Klägerin jedenfalls nur mit der Zubehörhaftung zugunsten der Beklagten <u>belastetes</u> Eigentum
erworben. Sie muß daher die Zwangsvollstreckung der Beklagten dulden und kann nicht die Freigabe der streitigen
Gegenstände verlangen.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Daß die Kühlanlage Zubehör des Gaststättengrundstücks (§ 97 BGB) war, bedarf keiner
weiteren Ausführungen. Eine an der Verkehrsauffassung orientierte wirtschaftliche Betrachtungsweise kommt ohne
weiteres dazu, daß die Anlage dazu bestimmt war, dem wirtschaftlichen Zweck der Hauptsache zu dienen, d.h. dessen
zweckentsprechende Verwendung als Gaststättengrundstück zu ermöglichen und zu fördern. Daß
das Zubehör dem Zweck der Hauptsache auch auf Dauer zu dienen bestimmt war (§ 97 Abs. 2 Satz 1 BGB), ergibt
sich bereits aus der Dauer des Pachtvertrages - 10 Jahre mit automatischer Verlängerung um jeweils 1 Jahr -.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Eine Enthaftung durch Entfernung der Gegenstände (§ 1121 BGB) ist unstreitig zu keiner Zeit erfolgt.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Nach allem war, da die Klage von Anfang an unbegründet war, auch die Erledigungserklärung der Klägerin
ohne Bedeutung.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit
aus §§ 708 Ziff. 10, 713 ZPO.</p>
|
315,588 | lagk-1985-11-26-1-sa-97585 | {
"id": 795,
"name": "Landesarbeitsgericht Köln",
"slug": "lagk",
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"state": 12,
"jurisdiction": "Arbeitsgerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": null
} | 1 Sa 975/85 | "1985-11-26T00:00:00" | "2019-03-13T15:08:35" | "2019-03-27T09:42:44" | Urteil | ECLI:DE:LAGK:1985:1126.1SA975.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 14.8.1985 - 3 Ga 55/85 - und sein Hilfsantrag werden kostenpflichtig zurückgewiesen.</p>
<p>Streitwert: 7.000,-- DM.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Tatbestand</span></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Verfügungskläger ist seit 1979 bei dem Beklagten als Angestellter tätig. Seine Vergütung richtet sich nach Vergütungsgruppe IV b BAT. Sie beträgt DM 3.500,-- brutto im Monat. Der Verfügungskläger ist mit der Prüfung von Studienbewerbern aus afrikanischen Ländern befaßt, die in aller Regel keine Asylberechtigung haben. Seit Mitte Dezember 1984 ist er erkrankt. Sein behandelnder Arzt hat ihn ab 1.8.1985 aufgrund einer Untersuchung vom 11.7.1985 arbeitsfähig geschrieben. Ob ab 1.8.1985 tatsächlich Arbeitsfähigkeit bestand, ist zwischen den Parteien streitig.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis des Verfügungsklägers fristgemäß am 26.6.1985 zum 30.9.1985. Der Betriebsrat hat der Kündigung mit Schreiben vom 13.6.1985 widersprochen (Bl. 4 d.A. 3 Ca 1555/85 Arbeitsgericht Bonn). Begründet wurde die Kündigung mit dem Gutachten eines Arztes für Neurologie und Psychiatrie vom 11.2.1985 und einem weiteren Gutachten des Amtsarztes der Stadt Bonn vom 26.2.1985. Danach war der Verfügungskläger für seinen Arbeitsplatz, auf dem er ständig mit Flüchtlingsschicksalen konfrontiert wurde, wegen der Gefahr einer sonst drohenden Frühinvalidität nicht mehr einsatzfähig. Ein anderer Arbeitsplatz steht beim Beklagten nach seinem Vortrag nicht zur Verfügung.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat gegen die Kündigung Kündigungsschutzklage erhoben (3 Ca 1555/85 Arbeitsgericht Bonn). Über die Kündigungsschutzklage ist noch nicht entschieden.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Im Kündigungsschutz verfahren hat der behandelnde Arzt des Verfügungsklägers aufgrund der Untersuchung vom 11.7.1985 am 24.9.1985 bestätigt, der Verfügungskläger sei für seine bisherige Tätigkeit ständig berufsunfähig.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Am 19.11.1985 hat derselbe Arzt aufgrund einer erneuten Untersuchung bestätigt, der Verfügungskläger sei für seine Arbeit wieder voll einsatzfähig.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Verfügungskläger hat am 21.8.1985 folgende einstweilige Verfügung beantragt:</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Dem Beklagten aufzugeben, den Kläger auch während des Freistellungszeitraumes bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in dem zur Zeit vor dem Arbeitsgericht Bonn rechtshängigen Kündigungsschutzverfahren - 3 Ca 1555/85 - zu den bisherigen Bedingungen weiter zu beschäftigen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat Zurückweisung dieses Antrages beantragt mit dem Hinweis, der Kläger sei nach den fachärztlichen Gutachten auf seinem Arbeitsplatz nicht mehr einsatzfähig.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Das Arbeitsgericht hat den Antrag am 14.8.1985 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Verfügungskläger sei zur Zeit nicht in der Lage, seine vertragliche Tätigkeit auszuüben. Ein Weiterbeschäftigungsanspruch während des laufenden Kündigungsschutz Verfahrens bzw. ein Beschäftigungsanspruch bestehe daher nicht.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der Verfügungskläger hat gegen das am 24.9.1985 zugestellte Urteil am 2.10.1985 Berufung eingelegt und diese am 30.10.1985 begründet. Er macht weiter geltend, nach ärztlicher Bescheinigung sei er ab 1.8.1985 voll einsatzfähig, so daß ihn der Beklagte nach seinem Arbeitsvertrag, aber auch nach § 102 Abs. 5 BetrVG weiter zu beschäftigen habe. Der behandelnde Arzt habe das in einem Gutachten vom 19.11.1985 in der Hauptsache erneut bestätigt. Die unterschiedlichen Beurteilungen vom 24.9.1985 und 19.11.1985 beruhten auf einer falschen Formulierung in der Anfrage des Gerichts.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Verfügungskläger macht hilfsweise geltend, der Beklagte habe ihn auf einem anderen Arbeitsplatz weiter, zu beschäftigen. Dazu benennt er einen Platz in der Abteilung II "Prüfung und Beratung", der nach Vergütungsgruppe III vergütet wird.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Im Berufungsverfahren hat der Berufungskläger folgenden Antrag gestellt:</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Auf die Berufung des Berufungsklägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 14.8,1985 - 3 Ga 55/85 - aufgehoben und dem Berufungsbeklagten aufgegeben, den Berufungskläger bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in den zur Zeit vor dem Arbeitsgericht Bonn rechtshängigen Kündigungsschutzverfahren - 3 Ca 1555/85 - zu den bisherigen Bedingungen weiter zu beschäftigen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Hilfsweise beantragt der Berufungskläger:</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der Berufungsbeklagten aufzugeben, den Berufungskläger bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in dem zur Zeit vor dem Arbeitsgericht Bonn rechtshängigen Kündigungsschutzverfahren - 3 Ca 1555/85 - in sonstiger angemessener Weise weiter zu beschäftigen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Der Berufungsbeklagte verteidigt das angefochtene Urteil und bittet um Zurückweisung auch des Hilfsantrages.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Wegen des Sachvortrages der Parteien im übrigen wird auf den vorgetragenen Inhalt der im Verfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Akten - 3 Ca 1555/85 Arbeitsgericht Bonn - waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Entscheidungsgründe</span></p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die nach dem Beschwerdewert an sich statthafte, form- und fristgerecht eingelegte, somit zulässig Berufung hatte in der Sache keinen Erfolg. Der geltend gemachte Verfügungsanspruch besteht nicht.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die einstweilige Verfügung setzt einen Verfügungsanspruch und einen Verfügungsgrund voraus. Der Verfügungskläger hat die dafür notwendigen tatsächlichen Grundlagen glaubhaft zu machen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die ganz überwiegende Auffassung in der Rechtsprechung ging bis zur Entscheidung des Großen Senats zum Weiterbeschäftigungsanspruch vom 27.2.1985 - GS 1/84 - EzA § 611 BGB Beschäftigungspflicht Nr. 9 mit Anm. von Gamillscheg = ZIP 1985, 1214 = N ZA 1985, 702) davon aus, daß der Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen einen Weiterbeschäftigungsanspruch . bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Kündigungsschutzverfahrens im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzen konnte (vgl. LAG Hamburg DB 1974, 2408; DB 1977, 500; DB 1984, 196 und DB 1983,</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">126; LAG Frankfurt BB 1979, 1200; LAG Schleswig-Holstein DB 1976, 826; LAG Düsseldorf BB 1979, 991). Daran ist im Grundsatz festzuhalten. Die vom Großen Senat statuierten Voraussetzungen für den Weiterbeschäftigungsanspruch, denen sich die Kammer im Verfahren der einstweiligen Verfügung anschließt, haben jedoch einschneidende Folgen für die einstweilige Verfügung <span style="text-decoration:underline">vor Erlaß</span> des Urteils im Hauptverfahren. War bisher notwendig und neben dem Verfügungsgrund auch wohl ausreichend, daß das Obsiegen im Hauptverfahren mit hoher Wahrscheinlichkeit eintrat, so muß jetzt bereits für die Prüfung des Verfügungsanspruchs glaubhaft gemacht werden, daß die Interessenabwägung abweichend von der Regel auch schon vor Erlaß eines Urteils in I. Instanz im Kündigungsschutzverfahren dafür spricht, einen Weiterbeschäftigungsanspruch anzuerkennen. Zusätzlich muß der Verfügungsgrund gegeben sein. Dieser ist wohl immer anzunehmen, wenn die Interessenabwägung auch schon ausnahmsweise vor Erlaß des Urteils I. Instanz im Kündigungsschutzverfahren zugunsten des Arbeitnehmers ausfällt (so auch Schäfer MZA 1985, 695).</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Der Große Senat hat den Weiterbeschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers über den Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist hinaus bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Kündigungsschutzprozesses <span style="text-decoration:underline">nur</span> anerkannt, wenn die Kündigung unwirksam ist und überwiegende schützwerte Interessen des Arbeitgebers einer solchen Weiterbeschäftigung nicht entgegenstehen. Von dem Fall einer <span style="text-decoration:underline">offensichtlich unwirksamen</span> Kündigung abgesehen, begründet nach Auffassung des Großen Senats die Ungewißheit über den Ausgang des Kündigungschutzprozesses ein schutzwertes Interesse des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung des Arbeitnehmers. Daraus folgt:</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Ein Beschäftigungsanspruch besteht erst dann, wenn in der Hauptsache ein Urteil zugunsten des Arbeitsnehmers ergangen ist.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Der Große Senat hat für die Zeit bis zum Erlaß des Urteils im Kündigungsschutzverfahren eine Abwägung der Interessen des Arbeitgebers und Arbeitnehmers vorgenommen (vgl. C II 3 b der Gründe). Dabei hat er aus der Unsicherheit über die Wirksamkeit der Kündigung und aus der damit verbundenen Ungewißheit des Prozeßausganges mit den daraus folgenden Risiken, die im einzelnen dargelegt worden sind, ein schutzwertes Interesse des Arbeitgebers anerkannt, den gekündigten Arbeitnehmer für die Dauer des Kündigungsprozesses nicht zu beschäftigen. Berücksichtigt worden sind bei der Abwägung zugunsten des Arbeitnehmers vor allem das für den Beschäftigungsanspruch maßgebliche ideelle Interesse, durch die vertragsmäßige Tätigkeit die Persönlichkeit zu entfalten sowie sich die Achtung und Wertschätzung der Menschen seines Lebenskreises zu erwerben oder zu erhalten. Der Große Senat hat die Nachteile des Arbeitgebers im allgemeinen als schwerwiegender angesehen als die, die der Arbeitnehmer durch ein zeitweiliges Unterbleiben der Beschäftigung erleidet.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Sie bedeuten für den Arbeitnehmer noch keine gravierende Beeinträchtigung der Entfaltungsmöglichkeiten seiner Persönlichkeit und seines Ansehens in seiner sozialen Umwelt.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Diese Interessenabwägung ist nicht absolut, sie trifft den Regelfall. Das wird vom Großen Senat klargestellt. Es ist aber zu beachten, daß bis zum Erlaß eines Urteils in I. Instanz im Kündigungsschutzprozeß eim Regel-Ausnahmeverhältnis besteht. Ein Weiterbeschäftigungsanspruch bedarf also in der Interessenabwägung zusätzlicher Kriterien, die es rechtfertigen, die Interessenabwägung anders, d. h. zugunsten des Arbeitnehmers vorzunehmen. Nur dann ist ein Weiterbeschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers vor einem Urteil im Kündigungsschutzprozeß I. Instanz anzuerkennen.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Für das einstweilige Verfügungsverfahren hat das folgende Konsequenzen: Ein Verfügungsanspruch kann vor Erlaß des Urteils I. Instanz im Kündigungsschutzprozeß, von der offensichtlichen Unwirksamkeit der Kündigung abgesehen, ausnahmsweise nur dann anerkannt werden, wenn der Arbeitnehmer die atypische Interessenlage glaubhaft macht, die zur Anerkennung des Weiterbeschäftigungsanspruchs des Arbeitnehmers führen kann (vgl. auch Schäfer NZA 1985, 694). Dabei muß es sich um wirklich gravierende Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte des Arbeitnehmers handeln, die über die Belastungen durch die Tatsache der vorübergehenden Nichtbeschäftigung als solche hinausgehen.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Sie sind vom Großen Senat bereits gewichtet worden. Ob und wann solche Voraussetzungen vorliegen, kann nur im Einzelfall entschieden werden. Als denkbare Gründe können die Erhaltung und Sicherung der Qualifikation des Arbeitnehmers in Betracht kommen. Hier kann gegebenenfalls auch bei einer nur zeitweisen Nichtbeschäftigung ein so großer Nachteil für den Arbeitnehmer entstehen, daß eine andere Interessenabwägung gerechtfertigt sein kann.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Nach diesen Grundsätzen besteht ein Verfügungsanspruch des Klägers nicht.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Die Kündigung des Verfügungsklägers ist nicht offensichtlich unwirksam. Offensichtlich unwirksam ist eine Kündigung nur dann, wenn sich schon aus dem eigenen Vortrag des Arbeitgebers ohne Beweiserhebung und ohne daß ein Beurteilungsspielraum gegeben wäre, jedem Kundigen die Unwirksamkeit der Kündigung geradezu aufdrängen muß. Die unwirksame Kündigung muß also ohne jeden vernünftigen Zweifel in rechtlicher und in tatsächlicher Hinsicht offen zutage liegen.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Diese Voraussetzungen liegen ersichtlich nicht vor. Der Beklagte hat die Kündigung mit der Unfähigkeit des Verfügungsklägers begründet, seine vertraglichen Dienste weiter zu erbringen. Dafür hat er sich auf fachärztliche Gutachten gestützt. Zwar sind diese aus Februar 1985 - die Kündigung wurde im Juni 1985 ausgesprochen - jedoch ist die Kündigung deswegen keinesfall bereits offensichtlich unwirksam im Sinne der oben aufgeführten Definitionen in der Entscheidung des Großen Senats des BAG. Zudem hat der Hausarzt des Verfügungsklägers noch am 24.9.1984 die Diagnose der früheren Gutachten bestätigt, wenn er auch später aufgrund einer neueren Untersuchung zu einem anderen Urteil kommt. Die irrtümlich falsche Fragestellung des Gerichts gibt dafür keine zureichende Erklärung, denn der Hausarzt hat den Kläger aufgrund einer Untersuchung am 11.7.1985 einerseits per 1.8.1985 für arbeitsfähig befunden, andererseits aufgrund derselben Untersuchung das Gutachten vom 24.9.1985 abgegeben, daß den Kläger als ständig berufsunfähig für seine vertragliche Tätigkeit bezeichnet.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Die augenscheinlichen Divergenzen in diesen ärtzlichen Beurteilungen schließen jedenfalls eine offensichtlich unwirksame Kündigung aus.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Ob der Kläger nach den vorliegenden Gutachten die Möglichkeit des Obsiegens bzw. sein Obsiegen die notwendige hohe Wahrscheinlichkeit hat, bedarf keiner Entscheidung, denn der Kläger hat nichts dafür vorgetragen, daß eine der atypischen Interessenlagen anzunehmen wäre, die Voraussetzung für den Weiterbeschäftigungsanspruch bis zum Erlaß eines Urteils im Kündigungsschutzprozeß I. Instanz ist. Sein Interesse an der Weiterbeschäftigung ist das typische ideelle Interesse des Arbeitnehmers, das der Große Senat bei der von ihm vorgenommenen Interessenabwägung bereits gewichtet hat. Ihm entgegen steht das überwiegende Interesse des Arbeitgebers wegen des ungewissen Ausgangs des Kündigungsschutzprozesses .</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Der Hilfsantrag des Verfügungsklägers ist zulässig, aber unbegründet. Die Klageänderung ist sachdienlich, denn mit der Änderung wird der Streit der Parteien um eine Weiterbeschäftigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Kündigungsschutzverfahren endgültig behoben und ein neuer Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung vermieden (vgl. Zöller, § 263 ZPO Anm. 14). Der Antrag ist für das Verfahren der einstweiligen Verfügung auch hinreichend bestimmt, nachdem der Verfügungskläger im Schriftsatz vom 25.11.1985 eine konkrete Möglichkeit der anderweitigen Weiterbeschäftigung genannt hat.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Der Hilfsantrag scheitert aber an denselben Erwägungen wie der Hauptantrag. Auch für eine Beschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz muß der Verfügungskläger ein ganz besonderes Beschäftigungsinteresse darlegen, das es rechtfertigt, von der für den Regelfall geltenden Interessenabwägung des Großen Senats abzuweichen. Der Verfügungskläger hat auch insoweit nichts vorgetragen.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Der Weiterbeschäftigungsanspruch kann schließlich nicht auf § 102 Abs. 5 BetrVG gestützt werden, denn der Widerspruch des Betriebsrates ist nicht ordnungsgemäß. Im Schreiben vom 13.6.1985 wird nur formelhaft der Gesetzestext wiederholt ohne ausreichende konkrete Hinweise, die den Kündigungsfall und eine anderweitige Beschäftigung im Betrieb betreffen.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Die Festsetzung des Streitwertes, die zu erfolgen hatte, nachdem im Berufungsverfahren weitere Anträge gestellt wurden, beruht auf § 12 Abs. 7 ArbGG i.V.m. § 19 Abs. 5 GKG.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Gegen das Urteil findet nach § 72 Abs. 4 ArbGG kein Rechtsmittel statt.</p>
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315,589 | lagk-1985-11-25-6-sa-86285 | {
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} | 6 Sa 862/85 | "1985-11-25T00:00:00" | "2019-03-13T15:08:37" | "2019-03-27T09:42:44" | Urteil | ECLI:DE:LAGK:1985:1125.6SA862.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Beklagten gegen das am 23. April 1985 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Köln - K 11 Ca 94-3/85 -wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.</p>
<p>Streitwert: unverändert.</p>
<p>Die Revision wird zugelassen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Tatbestand</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin ist Volljuristin. Sie ist am 1931 geboren und seit dem 13.01.1970 bei dem Beklagten, dem etwa 14.000 niedergelassene Ärzte angehören, beschäftigt. Sie ist Vor­sitzende des bei dem Beklagten gebildeten, aus drei Mitgliedern bestehenden Betriebsrats. In dem "N-Personalbogen" (Bl. 31 d.A.) ist der Aufgabenbereich der Klägerin wie folgt beschrieben:</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">"Tätigkeit: Mitarbeiterin im Bereich der Rechtsab­teilung</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">In dieser Funktion ist Frau P beauftragt mit der Assistenz des N-Hauptgeschäftsführers in juristischer Hinsicht. Zur Zeit ist Frau P insbesondere mit der Beratung von N-Mitgliedern in Rechtsangelegenheiten vor allem in Regreßfragen befaßt. Sie ist als Teilzeitkraft mit einer täglichen Arbeitszeit von 4 Stunden beim N beschäftigt."</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Auf das ArbeitsVerhältnis findet kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung der BAT in seiner jeweils geltenden Fassung Anwendung.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin, die - unstreitig - am 12.1.1985 Unkündbarkeit nach § 53 VIII BAT erlangt hätte, erhielt am 11.1.1985 folgendes Kündigungsschreiben:</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">"Sehr geehrte Frau P,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">mit unserem Schreiben vom 2. Januar 1985 hatten wir Ihnen bereits mitgeteilt, daß wir uns mit Über­legungen befassen, die Rechtsabteilung zu schliessen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Diese Überlegungen sind nunmehr dahingehend abgeschlossen,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">daß die Schließung der Rechtsabteilung mit Wirkung</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">zum 30. Juni 1985 unter gleichzeitiger Übertragung</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">der Rechtsberatung auf ein externes Anwaltsbüro erfolgen</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">soll.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Damit fällt Ihr bisheriger Arbeitsplatz mit Wirkung vom 30. Juni 1985 bei uns ersatzlos weg.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Aus diesem Grunde sprechen wir Ihnen hiermit nach Anhörung des Betriebsrates die</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">fristgemäße Kündigung</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">des Arbeitsverhältnisses zu den bisherigen Bedingungen zum 30. September 1985 aus.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Gleichzeitig bieten wir Ihnen die Fortsetzung des ArbeitsVerhältnisses zu folgenden Bedingungen an :</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Sie übernehmen die bisherige Stelle der Frau Kn ab 1.10.1985. Funktion: Sekretärin des Referenten der Haupt­geschäftsführung.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Gehalt: DM 3.116,38; es handelt sich dabei um eine Ganztagstätigkeit.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">An dieses Angebot halten wir uns drei Wochen ab Zugang dieses Schreibens gebunden.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Sofern uns nicht innerhalb dieser drei Wochen Ihre durch Gegenzeichnung der Durchschrift dieses Schreibens schriftlich erklärte Zustimmung zu diesem Angebot über die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen vorliegt, bleibt es bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Wirkung zum 30. September 1985.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Ihrer Nachricht sehen wir entgegen. </p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Mit freundlichen Grüßen"</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Vor Ausspruch der Kündigung hatte der Beklagte unter dem 2.1.1985 folgendes Schreiben an den Betriebsrat gerichtet:</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">"Sehr geehrte Damen, sehr geehrter Herr B,</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">hiermit unterrichten wir Sie darüber, daß wir derzeit mit einer Planung befaßt sind, die eine Änderung der bisherigen Konzeption der von uns durchgeführten Rechtsberatung zum Gegenstand hat.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Wir denken daran, die in unserem Hause bestehende Rechtsabteilung ersatzlos aufzulösen und die bisher durchgeführte Rechtsberatung als "eingekaufte Fremd­leistung" extern durchführen zu lassen. Diese externe Durchführung der Rechtsberatung kann durch eine Zu­sammenarbeit mit einem größeren Anwaltsbüro erfolgen, mit dem ein Beratungsvertrag abgeschlossen wird.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Ziel dieser Veränderung ist eine Verbesserung der Kostenstruktur, da wir das Verhältnis der durch die Rechtsabteilung insgesamt verursachten Kosten von über DM 200.000,-- zu dem Ergebnis der Tätigkeit nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis sehen und die externe Rechtsberatung von einem Anwaltsbüro nach unserer Vorabinformation preiswerter angeboten wird.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Eine Auflösung der Rechtsabteilung würde die</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Freisetzung der dort beschäftigten Mitarbeiter</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">zur Folge haben, soweit nicht als Ergebnis einer</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">durchzuführenden sozialen Auswahl eine Umsetzung</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">auf einen der anderen Arbeitsplätze in Betracht kommt.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Bevor wir unsere Überlegungen einer endgültigen Entscheidung zuführen, geben wir Ihnen hiermit Gelegenheit, dieses Thema ebenfalls zu beraten und uns ggf. Ihre Stellungnahme zukommen zu lassen. Dies erwarten wir allerdings kurzfristig innerhalb einer Woche.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Mit freundlichen Grüßen"</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">In einem weiteren, ebenfalls an den Betriebsrat gerichteten Schreiben vom 2.1.1985 führte der Beklagte unter anderem aus:</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">"Sehr geehrte Damen, sehr geehrter Herr B,</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">hiermit werden Sie zu von uns eventuell geplanten Kündigungen angehört und um Ihre Zustimmung gebeten.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Wie Ihnen separat mitgeteilt, verfolgen wir derzeit Überlegungen, die eine Auflösung der Rechtsabteilung zum Inhalt haben.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Für den Fall, daß wir uns entscheiden sollten, dieses Konzept zu verwirklichen, sind folgende Kündigungs­maßnahmen geplant:</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">1. Kündigung der Arbeitnehmerin P</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Die persönlichen Daten und die Beschäftigungsdauer ergeben sich aus dem hier beigefügten Personalbogen.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Frau P ist Mitglied des Betriebsrates. Sie ist jedoch ausschließlich in der Rechtsabteilung tätig. Bei Schließung der Rechtsabteilung erfolgt die fristgemäße Kündigung gemäß § 15 Abs. 5 Kündigungs­schutzgesetz, da Frau P im Falle der Betriebsteilschließung durch ihr Betriebsratsmandat</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">gegenüber den übrigen Arbeitnehmern nicht privilegiert ist.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Wir halten Frau P für geeignet, einen der Arbeitsplätze der nachfolgend aufgezählten Arbeitnehmer zu übernehmen.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Wir haben eine soziale Auswahl durchgeführt, in die wir die nachfolgend aufgezählten Arbeitnehmer unter Berücksichtigung der jeweiligen sozialen Daten einbezogen haben :</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">B, M              N, S</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">D, F              R, O</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">K, R              Se, B</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Kn, B              Z, D.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Die Personalbögen dieser Arbeitnehmer liegen ebenfalls bei. Die Arbeiterin Z ist der Vollständigkeit halber in die Auswahl einbezogen. Der Arbeitsplatz steht wegen der Schwangerschaft von Frau Z jedoch nicht zur Übernahme zur Verfügung.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Aufgrund des Sonderkündigungsschutzes, der Betriebszu­gehörigkeit und des Lebensalters halten wir Frau P gegenüber allen diesen Arbeitnehmern für sozial stärker schutzwürdig.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Am ehesten vergleichbar ist die Tätigkeit des Herrn B. Die anderen Arbeitsplätze stellen geringere Anforderungen als der bisher von Frau P wahrgenommene Arbeitsplatz, könnten jedoch nach Ein­arbeitung von Frau P tatsächlich ausgeübt werden und sollen daher zu Erhaltung des Arbeitsplatzes angeboten werden, sofern Frau P zur Übernahme eines solchen Arbeitsplatzes bereit ist.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Als Ergebnis einer sozialen Auswahl kommen in erster Linie die Arbeitnehmerinnen Kn und S in Betracht.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Die Arbeitsplätze sind ebenfalls in den beigefügten Personalbögen beschrieben und im übrigen dem Betriebsrat bekannt. Wir beantragten  vorsorglich die Zustimmung zu den Versetzungen."</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 8.1.1985, wegen dessen Wortlaut auf Blatt 95 der Akten Bezug genommen wird, erwiderte der Betriebsrat unter anderem, er sei angesichts der bislang von dem Beklagten gegebenen Informationen nicht in der Lage, abschließend zu den beabsichtigten personellen Maßnahmen Stellung zu nehmen; er bitte deshalb um nähere Unterrichtung zu sieben weiteren im einzelnen aufgeführten Punkten. Darauf antwortete der Beklagte mit Schreiben vom 10.1.1985 (Bl. 99 d.A.).</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat am 1.2.1985 Kündigungsschutzklage erhoben.Sie hat die Auffassung vertreten, die Anhörung des Betriebsratssei fehlerhaft, da der Beklagte zum Anhörungszeitpunkt einenaktuellen Kündigungsentschluß noch nicht gefaßt habe; darüberhinaus sei ein Kündigungstermin nicht angegeben worden. DieRechtsabteilung stelle auch keine Betriebsabteilung im Sinnedes § 15 KSchG dar. Eine räumliche Einheit sei nicht erkennbar,da die Sekretärin,die zugleich für eine andere Abteilung Schreib-­arbeiten ausführe, an anderer Stelle im Hause sitze; eventuellals Betriebsmittel zu bezeichnende Literatur werde von derGeschäftsleitung mitbenutzt. Im übrigen berate auch der Referentder Hauptgeschäftsführung, Herr B, Verbandsmitglieder juristisch. Auch sei die soziale Auswahl nicht gewahrt, da zumindest der Mitarbeiter Sch, der in der Redaktion der Verbandszeitschrift arbeite, eine juristische Ausbildung habe und mit der Klägerin vergleichbar sei.</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">1)     festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteiendurch die ordentliche Kündigung vom 11.1.1985 nicht auf­gelöst worden ist, sondern über den 30. September 1985hinaus ungekündigt fortbesteht,</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">2)     den Beklagten zu verurteilen, die Klägerin über denAblauf der Kündigungsfrist zu unveränderten Arbeits­-bedingungen weiter zu beschäftigen.</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Er  hat erwidert, die Auflösung der Rechtsabteilung stelle die Schließung einer Betriebsabteilung im Sinne des § 15 KSchG dar.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Das Arbeitsgericht Köln hat der Klage durch Urteil vom 23.4.1985, auf dessen Tatbestand wegen des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien im übrigen Bezug genommen wird, stattgegeben. In den Entscheidungsgründen, auf die ebenfalls Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht dargelegt, daß die Rechtsabteilung schon deshalb keine Betriebsabteilung sei, weil sie keinen organisatorisch abgrenz­baren Teil eines Betriebes darstelle. Eine eigene Abteilungsorganisation sei nicht erkennbar; vielmehr unterstehe die Klägerin ebenso wie die weitere Juristin Dr. S unmittelbar der Hauptgeschäfts­führung. Sei man anderer Auffassung, so sei die Kündigung unwirksam, weil, wie das Arbeitsgericht im einzelnen ausführt, die Anhörung des Betriebsrats "auf Vorrat" erfolgt sei. Da der Beklagte aus­drücklich darauf hingewiesen habe, daß er die Entscheidung , ob die Rechtsabteilung geschlossen werden solle, noch nicht getroffen habe, und es für den Betriebsrat nicht absehbar gewesen sei, zu welchem Zeitpunkt eine solche Entscheidung fallen werde, habe erhebliche Unklarheit bestanden, die geeignet gewesen sei, die Stellungnahme des Betriebsrats zu beeinflussen.</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte, dem das arbeitsgerichtliche Urteil am 26.7.1985 zuge­stellt worden ist, hat am 26.8.1985 Berufung eingelegt, die er am 26.9.1985 begründet hat.</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Er trägt im zweiten Rechtszug vor: Er habe aus innerbetrieblichen, organisatorischen Gründen den Entschluß gefaßt, die Betriebsfunktion der rechtsberatenden Tätigkeit zum 30.9.1985 aufzugeben und künftig den Bedarf an Rechtsberatung extern im Rahmen eines Beratung-Verhältnisses mit einem Anwaltsbüro abzudecken. Die Rechtsabteilung sei durchaus eine abgrenzbare betriebliche Einheit gewesen. So treffe es nicht zu, daß der Mitarbeiter B juristische Aufgaben wahrgenommen</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks"> habe; er besitze keine juristische Ausbildung. Aus der von dem Mitarbeiter B am 25.6.1985 vorgelegten Beschreibung seines Arbeitsplatzes ergebe sich, daß seine Tätigkeit in erster Linie im Rahmen der berufspolitischen, sozialpolitischen und gesundheitspolitischen Aufgabenstellung des Verbandes liege; lediglich am Schluß und am Rande der Arbeitsplatzbeschreibung werde darauf hingewiesen, daß auch eine Beratung in Randbereichen von Rechtsfragen stattgefunden haben solle. Herrn B sei daraufhin jede Rechtsberatung ausdrücklich verboten worden. Es treffe auch nicht zu, daß der Beklagte den bei ihm gebildeten Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört habe. Das Arbeitsgericht habe übersehen, daß es gerade Sinn und Zweck des Anhörungsverfahrens sei, daß der Arbeitgeber vor der abschließenden Entscheidung über die Durchführung einer Kündigungsmaßnahme die Stellungnahme und die Auffassung des Betriebsrats berücksichtigen solle. Das Arbeits­gericht habe verkannt, daß der Betriebsrat das Anhörungsschreiben durchaus korrekt als Anhörung zu geplanten Kündigungen verstanden und entsprechend sachlich beantwortet und hierzu Stellung genommen habe. Von einer "Anhörung auf Vorrat" könne nur gesprochen werden, wenn der Arbeitgeber zwischen der Anhörung des Betriebsrats und dem späteren Ausspruch der Kündigung solange  zugewartet habe, bis sich der Kündigungssachverhalt maßgeblich verändert  habe. Davon könne im Streitfall keine Rede sein, weil sämtliche Überlegungen und Einzelheiten sowie sämtliche Konsequenzen der geplanten Kündigungsmaßnahme dem Betriebsrat mitgeteilt worden seien; der Betriebsrat sei daraufhin in eine sachliche Prüfung eingetreten, habe seinen Widerspruch formuliert und auch begründet. Es sei von vorneherein ausgeschlossen gewesen, daß der Sachverhalt sich künftig verändern würde. Der Beklagte habe auch nicht mitteilen müssen, daß es sich um eine ordentliche, fristgemäße Änderungs­kündigung handeln solle und daß diese zum nächstzulässigen Zeit­punkt nach Eingang der Stellungnahme des Betriebsrates habe erfolgen sollen. Denn aus dem Anhörungsschreiben ergebe sich ganz offensichtlich, daß eine solche Kündigung beabsichtigt gewesen sei. Die Änderungskündigung sei auch in der Sache gerechtfertigt.</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Die Auflösung der Rechtsabteilung und die Beauftragung eines Anwaltsbüros bringe, wie der Beklagte im einzelnen darlegt, erhebliche Einsparungen mit sich.</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln 11 Ca 934/85 vom 23.4.1985 die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">die Berufung der Gegenseite in vollem Umfange zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">Sie erwidert: Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (AP Nr. 13 zu § 13 KSchG) liege eine Betriebsabteilung im Sinne des § 15 KSchG nur vor, wenn mehrere Arbeitnehmer zu einer personellen Einheit zum Zwecke der Erledigung bestimmter Aufgaben zusammengezogen seien; es müsse sich um eine abgrenz­bare organisatorische Arbeitsgruppe handeln. Diese Voraussetzungen seien, wie die Klägerin im einzelnen ausführt, bei der Rechts­abteilung nicht erfüllt. Selbst wenn man aber annehme, daß insofern eine Betriebsabteilung gegeben sei, so habe der Beklagte keine Stillegung vorgenommen. Denn die schlichte Ausgliederung unter Beibehaltung der Aufgaben sei keine Stillegung eines Betriebsteils. Im Falle einer Betriebsstillegung sei der Beklagte darüber hinaus verpflichtet gewesen, der Klägerin einen Arbeitsplatz anzubieten, der ihr nach ihren Fähigkeiten und ihrer Stellung im Betrieb habe zugemutet werden können. Einen solchen Versuch habe der Beklagte nicht einmal ansatzweise gemacht; er habe der Klägerin lediglich einen ganztägigen Sekretärinnenposten angeboten, obwohl dieser ihr aufgrund ihrer beruflichen Fähigkeiten nicht zuzumuten gewesen sei. Der Beklagte habe den Betriebsrat auch nicht über konkrete beabsichtigte Kündigungen informiert. Denn ausweislich seines Schreibens vom 2.1.1985 habe die Anhörung des Betriebsrats zu "eventuell ge­planten Kündigungen" erfolgen sollen. Der Beklagte könne auch nicht</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">zu seinen Gunsten einwenden, daß der Betriebsrat das Schreiben</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">vom 2.1.1985 letztlich doch als Anhörungsschreiben zur beabsichtigten</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">Kündigung im Sinne des § 102 BetrVG verstanden habe. Denn</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">der auf dieses Schreiben hin vom Betriebsrat verfaßte Widerspruch</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">vom 8.1.1985 sei nach Inanspruchnahme anwaltlicher Beratung</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">lediglich vorsorglich erfolgt. Aus dem Anhörungsschreiben ergebe</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">sich gerade nicht, daß eine ordentliche fristgemäße Kündigung</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">zum nächstzulässigen Zeitpunkt erfolgen solle; weder aus dem</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">Anhörungsschreiben noch aus dem weiteren Schreiben vom 2.1.1985</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">könne auch nur annähernd entnommen werden, zu welchem Termin</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">die Kündigungen geplant gewesen seien.</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">Wegen des Vorbringens der Parteien im übrigen wird auf ihre mündlich vorgetragenen Schriftsätze verwiesen. Auf den Inhalt der Akten wird Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidung s g r ü n d e</u></p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist nach § 64 ArbGG statthaft. Sie ist auch in der richtigen Form und Frist eingelegt und begründet worden und damit zulässig.</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">In der Sache hat sie keinen Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">Nach Auffassung der Berufungskammer ist die von dem Beklagten ausgesprochene Kündigung jedenfalls deshalb nichtig, weil der Beklagte seine Pflicht, den Betriebsrat ordnungsgemäß anzuhören, § 102 Abs. l BetrVG, nicht erfüllt hat. Deshalb läßt die Kammer es dahinstehen, ob die Kündigung der Klägerin, die Vorsitzende des Betriebsrats ist, bereits nach § 15 KSchG unwirksam ist. Wenn die Rechtsabteilung eine Betriebsabteilung im Sinne des § 15 Abs. 5 KSchG ist und wenn weiter die organisatorische Maßnahme, die der Beklagte zu ergreifen beabsichtigt, zur Stillegung dieser Betriebsabteilung führen würde, so mußte der Betriebsrat wie bei jeder anderen ordentlichen Kündigung gemäß</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">§ 102 BetrVG angehört werden (BAG, Urteil v. 29.3.1977, EzA § 102 BetrVG Nr. 27; Etzel, Gemeinschaftskommentar zum Kündigungsrecht und anderen kündigungsrechtlichen Vorschriften (GK), 2. Auflage 1984, Anm. 95 zu § 15 KSchG m.w.N.). Das hat der Beklagte nicht in der erforderlichen Weise getan. Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 26.5.1977, EzA § 102 BetrVG Mr. 30) hat zum einen ausgesprochen, daß eine An­hörung nicht "auf Vorrat" erfolgen dürfe. Darunter hat das Bundesarbeitsgericht (a.a.O.) verstanden, daß der Arbeitgeber den Betriebsrat nicht wirksam anhören kann, ohne bereits einen wirklichen Kündigungsentschluß gefaßt zu haben. Der Streitfall bietet Veranlassung, diesen zutreffenden Grundsatz aufzugreifen. In der Literatur ist ausgeführt worden, daß für die Einleitung des Kündigungsverfahrens ein aktueller Kündigungsentschluß des Arbeitgebers erforderlich ist und der Arbeitgeber dem Betriebsrat nicht bereits zu einem Zeitpunkt unterrichten und damit das Anhörungsverfahren einleiten kann, zu dem die künftige Ent­wicklung, die zu einer Kündigung führen könnte, noch nicht sicher abzusehen ist (Etzel a.a.O., Anm. 54 zu § 102). Wenn Etzel (a.a.O.) weiter ausführt, daß der Betriebsrat bei einer solchen Fallgestaltung noch nicht sachgerecht prüfen könne, ob Widerspruchsgründe im Sinne des § 102 Abs. 3 BetrVG vorlägen, so ist dies zutreffend. Es ist aber nach Auffassung der Berufungs­kammer weiter darauf hinzuweisen, daß unabhängig von der Frage, ob überhaupt Widerspruchsgründe nach § 102 Abs. 3 BetrVG in Betracht kommen, der Arbeitgeber das Mitwirkungsrecht des Betriebsrats nach § 102 BetrVG erst dann verwirklichen kann, wenn er die Planungsphase, in die der Betriebsrat ebenfalls einzuschalten ist, abgeschlossen hat, § 92 BetrVG. Andernfalls könnte die Pflicht des Arbeitgebers, den Betriebsrat über seine Personalplanung so rechtzeitig und vollständig zu informieren, daß der Arbeitgeber die Meinung des Betriebsrats noch berück­sichtigen kann, von der Pflicht, den Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung noch anzuhören, nicht mehr klar abgegrenzt werden. Zum anderen wäre auch die Fristbindung, der der Betriebsrat in Anhörungsverfahren unterworfen ist (§ 102 Abs. 2 BetrVG), unverständlich und sachlich ungerechtfertigt, wenn der Arbeit-</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">geber die Anhörung zu einen Zeitpunkt durchführen könnte, zu dem er das Planungsstadium noch nicht abgeschlossen hat und die organisatorische Maßnahme, die zu der Kündigung führt, überhaupt erst erwägt. Der Umstand, daß der Betriebsrat bei einer ordent­lichen Kündigung Bedenken innerhalb einer Woche, bei einer außerordentlichen Kündigung innerhalb von drei Tagen dem Arbeit­geber schriftlich mitzuteilen hat, zeigt, daß nach der Vor­stellung des Gesetzgebers im Zeitpunkt der Anhörung ein aktueller Kündigungsentschluß vorliegen muß, den der Arbeitgeber tatsächlich auch verwirklichen will. Mag auch aus § 102 Abs. 2 BetrVG nicht hergeleitet werden können, daß der Arbeitgeber gleichfalls nach der Anhörung Fristen bei dem Ausspruch der Kündigung zu beachten hat, so zeigt die Vorschrift doch, daß die Willensbildung des Arbeitsgebers - abgesehen von der Bereitschaft, sich mit Argumenten des Betriebsrats noch auseinanderzusetzen - abgeschlossen sein muß. Diesen Anforderungen ist der Beklagte nicht gerecht geworden. Dies geht bereits aus der in dem Anhörungsschreiben verwendeten Formu­lierung hervor "Hiermit werden Sie zu von uns eventuell geplanten Kündigungen angehört..." und "...Für den Fall, daß wir uns ent­scheiden sollten, dieses Konzept zu verwirklichen, sind folgende Kündigungsmaßnahmen geplant...". Daß der Beklagte noch keine wirkliche Kündigungsabsicht hatte, zeigt auch sein weiteres , dem Betriebsrat ebenfalls am 2.1.1985 übersandten Schreiben, in dem der Betriebsrat darüber unterrichtet wird, daß der Beklagte "derzeit mit einer Planung befaßt" sei, die eine Änderung der bisherigen Konzeption der Rechtsberatung zum Gegen­stand habe, der Betriebsrat solle, bevor der Beklagte seine Überlegungen zu einem endgültigen Ergebnis führe, dieses Thema ebenfalls beraten.</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat sich nicht darauf berufen, die Planung sei - ab­weichend von den beiden Schreiben des 2.1.1985 - in Wirklichkeit bereits abgeschlossen gewesen, er sei bereits zu diesem Zeitpunkt endgültig entschlossen gewesen, die Rechtsabteilung aufzulösen. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, muß der Beklagte sich an den gegenteiligen Äußerungen, die er in seinem Schreiben vom 2.1.1985 dem Betriebsrat gegenüber gemacht hat, festhalten lassen.</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">Zu Unrecht macht der Beklagte geltend, der Betriebsrat habe die Informationen, die der Beklagte ihm in den Schreiben vom 2.1.1985 gegeben habe, durchaus in dem Sinne verstanden, daß das Anhörungsverfahren des § 102 BetrVG eingeleitet werden sollte. Denn auch dann, wenn der Betriebsrat sich auf eine solche unzulässige "Anhörung auf Vorrat" einläßt, kann dies die vorge­schriebene ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats nicht ersetzen.</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">Das Anhörungsverfahren, das der Beklagte durchgeführt hat, leidet an einem weiteren Mangel, der ebenfalls zur Unwirksamkeit der Kündigung führt. Denn der Arbeitgeber muß nicht nur die Art der Kündigung, sondern auch den Zeitpunkt, zu dem gekündigt werden soll, angeben (Etzel a.a.O. Anm. 59). Mag es auch im allgemeinen genügen, wenn der Arbeitgeber dem Betriebsrat mitteilt, er werde demnächst fristgerecht kündigen, und dem Betriebsrat die maßgebende Kündigungsfrist bekannt ist (Etzel a.a.O.), so muß im Streitfall berücksichtigt werden, daß der Beklagte den Erklärungen nach, die er dem Betriebsrat gegenüber abgegeben hatte, erst mit Planungen befaßt war, deren Durchführung, wie der Beklagte weiter ausführte, die "Freisetzung der ... Mitarbeiter zur Folge habe würde". Auch die in dem Anhörungs­schreiben selbst enthaltene Einschränkung "Für den Fall, daß wir uns entschließen sollten, dieses Konzept zu verwirklichen, sind folgende Kündigungen geplant", rückt den Zeitpunkt, zu dem die Kündigungen - wenn überhaupt - erfolgen sollten, in eine so Ungewisse Zukunft, daß der Beklagte damit seiner Pflicht, den Betriebsrat über den voraussichtlichen Kündigungstermin zu informieren, nicht genügen konnte.</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">Ist die Kündigung unwirksam, so ist der Beklagte verpflichtet, die Klägerin zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen (BAG, Beschl. v. 27.2.1985, DB 1985, 2197). Umstände, aus denen sich ein überwiegendes Interesse des Beklagten daran, die Klägerin nicht weiterzubeschäftigen, ergeben könnte , hat der Beklagte nicht vorgetragen.</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks"><u>Rechtsmittelbelehrung</u></p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil kann vom Beklagten Revision eingelegt werden. Die Revision muß innerhalb einer Notfrist (eine Not­frist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden) von einem Monat nach der Zustellung dieses Urteils schriftlich beim Bundesarbeitsgericht, Graf-Bernadotte-Platz 3, 3500 Kassel-Wilhelmshöhe, eingelegt werden. Die Revision ist gleichzeitig oder innerhalb eines Monats nach ihrer Einlegung schriftlich zu begründen. Die Revisionsschrift und die Revisions­begründung müssen von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein.</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">gez. Dr. Klempt                                          gez. Hansen                                          gez. Wilhelm</p>
|
315,590 | olgk-1985-11-21-7-u-7585 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 7 U 75/85 | "1985-11-21T00:00:00" | "2019-03-13T15:08:39" | "2019-03-27T09:42:43" | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1985:1121.7U75.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 21. Februar 1985 - 5 0 283/84 - wird auf seine Kosten zurückge­wiesen.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 5.500,-- DM abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Voll­streckung Sicherheit in dieser Höhe leistet. Beiden Parteien wird gestattet, eine Sicherheitsleistung durch Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffent­lichen Sparkasse oder Genossenschaftsbank zu erbrin­gen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><strong>Tatbestand</strong></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><strong>Am 25.01.1984 befuhr der Kläger gegen 8.35 Uhr die Bundes­straße 000 aus Richtung F in Richtung M. Der vor ihm fahrende PKW kam in Höhe des km 1,6 außerhalb einer Orts­durchfahrt vor einer Kiesgrube auf eisglatter Straße nach rechts von der Fahrbahn ab und überschlug sich. Der Kläger stieg aus, um den verunglückten Fahrzeuginsassen zu helfen. Dabei kam er zu Fall. Die Straße war vom Beklagten zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgestreut, weil an dem vom Beklagten in diesem Streubezirk eingesetzten Streufahrzeug während des Einsatzes ab 5.50 Uhr ein Defekt auftrat und ein anderes Streu­fahrzeug erst gegen 7.50 Uhr zum Einsatz kam.</strong></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks"><strong>Der Kläger hat behauptet, der Unfall habe sich auf einer be­sonders anfälligen Strecke ereignet, auf der sehr oft Glatt­eis und Schneeverwehungen entstünden.</strong></p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks"><strong>Er hat ferner behauptet, bei dem Sturz habe er die Knie­scheibe gebrochen. Der Kläger hat in 1. Instanz ein ange­messenes Schmerzensgeld und Ersatz von 80 % seines materiel­len Schadens begehrt, den er mit 10.000,-- DM beziffert hat.</strong></p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks"><strong>Der Kläger hat beantragt,</strong></p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks"><strong>1. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen,</strong></p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks"><strong>2. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 8.000,-- DM nebst </strong>4 % <strong>Zinsen seit dem 28.09. 1984 zu zahlen.</strong></p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks"><strong>Der Beklagte hat beantragt,</strong></p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks"><strong>die Klage abzuweisen.</strong></p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks"><strong>Der Beklagte hat behauptet, die Unfallstelle sei keine be­sonders gefährliche, für die eine Streupflicht bestehe. Die Unfallstelle weise weder örtliche noch konstruktionsmäßige Besonderheiten auf, noch sei sie jemals durch besondere Unfall­trächtigkeit zur Winterzeit aufgefallen. Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, er sei nicht verpflichtet, ein Ersatzfahr­zeug vorzuhalten für den Fall, daß ein Streufahrzeug ausfalle.</strong></p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks"><strong>Das Landgericht hat die Klage durch Urteil vom 21.02.1985 abgewiesen. Zur Begründung hat es unter Darlegung des Begriffs der besonders gefährlichen Stelle i.S.d. Rechtsprechung und unter Angabe von Fundstellen eingehend ausgeführt, daß der Kläger die Voraussetzungen für die Ausfüllung dieses Rechts­begriffs nicht substantiiert dargetan habe. Darüber hinaus hat das Landgericht einen Organisationsmangel beim Beklagten verneint und diesen nicht für verpflichtet gehalten, ein Ersatz­fahrzeug bereitzuhalten, um Straßen abzustreuen, für die keine Streupflicht besteht.</strong></p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks"><strong>Gegen dieses, dem Kläger am 26.03.1985 zugestellte Urteil hat dieser am 26.04.1985 Berufung eingelegt, die er nach Verlänge­rung der Begründungsfrist bis zum 26.06.1985 mit einem am 25.06.1985 eingegangenen Schriftsatz begründet hat.</strong></p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks"><strong>Der Kläger rügt die Rechtsauffassung des Landgerichts zur besonders gefährlichen Stelle und meint, wenn ein Fahrzeug verunglücke und hinterher der Retter sich das Knie breche, müsse man von einer besonderen Gefährlichkeit sprechen; auch aus der Tatsache, daß ein Streuplan für die B 000 existiere, folge, daß das Abstreuen der Unfallstelle absolut notwendig gewesen sei. Der Kläger legt 19 Lichtbilder vor und meint, daraus ergebe sich, daß die Straße abschnittsweise völlig ungeschützt dem Westwind ausgesetzt sei, so daß es an diesen Stellen zu Vereisungen kommen könne. Wie er erfahren habe, habe es dort mehrere Unfälle gegeben, die Polizeistation M habe verschiedene andere Unfälle erfaßt. Mangels eigener Sachkunde reiche es aus, dies zum Beweis einer be­sonders gefährlichen Stelle durch Sachverständigengutachten zu Beweis zu stellen.</strong></p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks"><strong>Der Kläger meint ferner, den Beklagten treffe ein Organisa­tionsverschulden, weil er kein Ersatzfahrzeug bereit gehalten habe.</strong></p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks"><strong>Der Kläger erweitert sein Begehren wie aus den folgenden Anträgen ersichtlich. Auf die Ausführungen zur Höhe gem. Bl. 81-83, 88-95 und 122-148 GA wird verwiesen.</strong></p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks"><strong>Der Kläger beantragt,</strong></p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks"><strong>unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Sache zur erneuten Verhandlung und Entschei­dung an das Landgericht zurückzuverweisen;</strong></p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks"><strong>hilfsweise,</strong></p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks"><strong>unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger</strong></p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks"><strong>I. 1. ein angemessenes Schmerzensgeld in Höhe</strong></p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks"><strong>von mindestens 12.000,-- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 28.09.1984 zu zahlen;</strong></p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks"><strong>2. eine rückständige Schmerzensgeldrente von monatlich 500,-- DM für die Zeit vom</strong></p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks"><strong>01.04.1984 bis zum 31.10.1985 nebst 4 % Zinsen auf die Rückstände seit dem 01.07.1985 zu zahlen (8.000,-- DM);</strong></p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks"><strong>3. ab 01.11.1985 eine monatliche Schmerzensgeldrente von 500,--DM bis zum 31.12.1985 zu zahlen;</strong></p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">II.              <strong>den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger weitere</strong></p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks"><strong>16.000,-- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 28.09.1984 zu zahlen,</strong></p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks"><strong>III.  den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger</strong></p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks"><strong>1. weitere 13.500,-- DM und</strong></p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks"><strong>2. ab 01.11.1985 bis 31.12.1985 monatlich 720,-- DM zu zahlen.</strong></p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks"><strong>IV. Festzustellen, daß der Beklagte dem Kläger alle</strong></p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks"><strong>Nachteile zu ersetzen hat, die über die vorstehen­den Anträge hinaus auf dem Unfall vom 25.01.1984 beruhen.</strong></p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks"><strong>hilfsweise,</strong></p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks"><strong>V. Vollstreckungsnachlaß zu bewilligen und zu gestatten,</strong></p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks"><strong>eine Sicherheitsleistung durch Bank/Sparkassenbürg­schaft erbringen zu können.</strong></p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks"><strong>Der Beklagte beantragt,</strong></p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks"><strong>1. die Berufung zurückzuweisen und</strong></p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks"><strong>2. dem Beklagten zu gestatten, Sicherheit auch durch Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen Sparkasse oder Volksbank zu leisten.</strong></p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks"><strong>Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und meint, die Unfallstelle sei nicht besonders gefährlich. Er hält sich auch nicht für verpflichtet, ein Ersatzfahrzeug bereitzuhalten, um</strong></p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">an Stellen zu streuen, an denen nach seiner Überzeugung keine Streupflicht besteht.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Die Angaben des Klägers zur Gesundheitsverletzung und deren Folgen bestreitet der Beklagte mit Nichtwissen; er hält sie für unsubstantiiert.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtene Entscheidung und auf die von den Parteien in dieser Instanz</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">zu den Akten gereichten Schriftsätzen nebst Anlagen verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe </u></p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist zulässig, aber mit Haupt- und Hilfsantrag nicht begründet. Eine Zurückverweisung an das Landgericht kommt nicht in Betracht, weil das Verfahren des ersten Rechts­zuges nicht an einem Mangel leidet (§ 539 ZPO), was sich aus den folgenden Ausführungen zur Unbegründetheit des Hilfsan­trages konkludent ergibt.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Ein Anspruch des Klägers gegen den Beklagten aus Amtspflicht­verletzung - Art. 34 GG, 839 BGB i.V.m. § 9a StrWG NW ‑</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">ist nicht begründet. Der Kläger hat nicht einmal die vom Be­klagten gem. § 138 Abs. 4 ZPO zulässigerweise mit Nichtwissenbestrittene Behauptung unter Beweis gestellt, daß er unmittel­bar nach dem Unfall des vor ihm fahrenden Kraftfahrzeugs auf der B 000 die Kniescheibe gebrochen hat, als er dort zu Fall kam. Dazu reicht nicht der Beweisantrag B1.3 GA, den der Kläger Bl. 117 GA wiederholt; denn die Tatsachen, daß es an der Un­fallstelle "spiegelglatt war und daß man sich dort nicht ein­mal als Fußgänger auf der Straße halten konnte" und daß der Kläger dort zu Fall gekommen ist, sind unstreitig. Daß der Kläger bei dem Sturz die Kniescheibe gebrochen hat, läßt sich aus diesen Tatsachen nicht belegen. Ebensowenig hat der Klä­ger dargelegt, durch welche Stelle der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakte 1403 Js 500/84 StA Köln belegt werden soll, daß</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks"><strong>er an der Unfallstelle die behauptete Verletzung erlitten hat. Es fehlt auch am Vortrag und am Beweis genügender Hilfstatsachen, die den Schluß auf die behauptete Haupttatsache zulassen, etwa an Angaben, wann denn der Kläger erstmals einen Arzt aufsuchte oder wann er wem gegenüber über Schmerzen im Knie geklagt hätte. Dazu ergibt sich auch nichts aus der vom Kläger vorgelegten ärztlichen Bescheinigung des Dr. P; daraus wird nämlich nicht deut­lich, ob der darin angegbene Unfalltag auf Angaben des Klägers oder auf Feststellungen des Arztes beruht. Der Kläger muß dar­legen und beweisen, wann und wo er die behauptete Verletzung erlitten hat; dazu genügt es nicht, daß er die Frage stellt, wie er anderswo verunglückt sein sollte. Dies gilt um so mehr, als er mit seinem PKW von der Unfallstelle weggefahren ist und die Kniescheibenfraktur erst am 31.01.1984 operativ ver­sorgt wurde, ohne daß vorgetragen wird, wann der Kläger sich erstmals in ärztliche Behandlung begeben hat. Schon deshalb ist die Klage abzuweisen, ohne daß es eines Hinweises durch den Senat bedurfte, denn bereits das Landgericht hat die vom Kläger behauptete Verletzung zu Recht als vom Beklagten be­stritten behandelt.</strong></p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks"><strong>Die Klage ist aber auch unbegründet, weil der Kläger nicht substantiiert dargelegt hat, daß der Beklagte verpflichtet war, die Unfallstelle im Rahmen der ihm als Amtspflicht ob­liegenden Streupflicht bei Eisglätte abzustreuen. Wie das Landgericht in dem angefochtenen Urteil zutreffend ausge­führt hat, besteht außerhalb geschlossener Ortslagen nur unter besonderen Voraussetzungen für den Träger der Straßen­baulast eine Streupflicht. Der Kläger hat trotz des eindeu­tigen Hinweises auf fehlende Substantiierung in dem ange­fochtenen Urteil die zu fordernden Angaben nicht nachgeholt, die den Schluß ermöglichen würden, die Unfallstelle als eine besonders gefährliche Stelle i.S.d. Rechtssprechung anzusehen.</strong></p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks"><strong>Der Kläger kann eine besonders gefährliche Stelle nicht da­mit begründen, daß ein vor ihm fahrender PKW bei Eisglätte von der Straße abkam und er selbst auf der vereisten Straße</strong></p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks"><strong>zu Fall kam. Daraus folgt nur, daß es an der Unfallstelle glatt war; dies ist unstreitig. Es reicht auch nicht, daß</strong></p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks"><strong>der Kläger behauptet, an der Unfallstelle hätten sich bereits mehrere Unfälle ereignet, die von der zuständigen Polizei­station aufgenommen worden seien. Daraus läßt sich keine Streu­pflicht des Beklagten begründen.</strong></p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks"><strong>Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, ihm und seinen Prozeßbevollmächtigten fehle die besondere Sachkunde, für die Unfallstelle Tatsachen vorzutragen, die den Rückschluß auf eine besonders gefährliche Stelle zuließen, so daß es genü­ge, das Vorliegen einer besonders gefährlichen Stelle ohne näheren Tatsachenvortrag durch Sachverständigengutachten unter Beweis zu stellen. Der Senat fordert vom Kläger keineswegs</strong></p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks"><strong>die Darlegung naturwissenschaftlicher Fakten, die die Annahme einer besonders gefährlichen Stelle begründen; wohl aber ist zu fordern, daß ein Kläger z.B. vorträgt, daß andere, ver­gleichbare Straßenabschnitte nicht vereist gewesen seien und daß die Gefahrenstelle für den Kraftfahrer auch bei der gebo‑</strong></p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks"><strong>tenen gesteigerten Aufmerksamkeit nicht zu erkennen war. Nichts von alledem trägt der Kläger vor, sondern nur, daß es glatt,</strong></p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks"><strong>ja spiegelglatt gewesen sei, also - wie der Kläger meint -besonders gefährlich. Gefährlich ja, aber nicht besonders gefährlich i.S.d. Rechtsprechung. Diesen gebotenen Sachvor­trag kann der anwaltlich vertretene Kläger auch nicht durch den Antrag auf Ortsbesichtigung ersetzen. Es ist nicht Auf­gabe des Gerichts, durch Besichtigung der Unfallstelle die Tatsachen zu ermitteln, die der Kläger vortragen muß, um die Klage schlüssig zu machen. Dies gilt um so mehr, weil die vom Kläger vorgelegten Lichtbilder - in Verbindung mit seinem Vortrag dazu - keinerlei Anhaltspunkte dafür geben, daß es</strong></p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks"><strong>sich bei der Unfallstelle um eine besonders gefährliche Stelle handelt. Entgegen den Angaben unter den Lichtbildern 11-13 liegt die Kiesgrube nicht gegenüber der Unfallstelle; die Unfallstelle befindet sich vielmehr unstreitig noch vor der Kiesgrube. Gerade weil die Straße - für den Kraftfahrer er­kennbar - dem Wind ausgesetzt ist, ist auch erkennbar, daß</strong></p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks"><strong>sie möglicherweise schneller vereist als geschützt liegende</strong></p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks"><strong>Straßenabschnitte. Nichts hat der Kläger zur Ausfüllung</strong></p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks"><strong>des Rechtsbegriffs "besonders gefährliche Stelle" dargelegt. Der Kläger irrt auch, wenn er zu seinen Gunsten daraus etwas herleiten will, daß der Beklagte die B 000 überhaupt nach einem Streuplan abstreute; der Beklagte wird dabei gem. § 9 Abs. 3 StrWG NW tätig. Die Empfehlung des Gesetzgebers, Straßen bei Schnee- und Eisglätte nach besten Kräften zu räumen und zu streuen, beinhaltet keine Amtspflicht, die dem Beklagten dem Straßenbenutzer gegenüber obliegt.</strong></p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks"><strong>Die weitere vom Kläger aufgeworfene Frage, ob der Beklagte nicht doch in seinem gesamten Gebiet - wenn auch nicht in jeder Straßenmeisterei - eine ausreichende Anzahl von Ersatz‑</strong></p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks"><strong>fahrzeugen vorhalten muß, um jedenfalls die ihm als Amtspflicht obliegende Streupflicht erfüllen zu können, bedarf keiner Ent­scheidung, weil an der Unfallstelle keine Streupflicht bestand. Die Ausführungen des Klägers zur Organisation von Hand- und Spanndiensten liegen neben der Sache.</strong></p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks"><strong>Ausführungen zur Höhe des Schmerzensgeldes und zur Höhe des materiellen Schadens, die der Kläger zu Unrecht als ausreichend substantiiert und nicht utopisch bezeichnet, bedarf es nach alledem ebenfalls nicht.</strong></p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks"><strong>Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.</strong></p>
<span class="absatzRechts">64</span><table class="absatzLinks" cellpadding="0" cellspacing="0">
<tbody><tr>
<td colspan="2">
<p><strong>Gegenstandswert bis 30.10.1985:</strong></p>
<p><strong>1. Schmerzensgeld beziffert:</strong></p>
<p><strong>2. Schmerzensgeldrente (Rückstand)</strong></p>
</td>
<td>
<p><strong>12.000,-- DM 9.500,-- DM</strong></p>
</td>
</tr>
<tr>
<td>
<p><strong>3.</strong>            </p>
</td>
<td>
<p><strong>Schmerzensgeldrente: § 17 Abs.2 GKG</strong></p>
</td>
<td>
<p><strong>30.000,-- DM</strong></p>
</td>
</tr>
<tr>
<td>
<p><strong>4.</strong>            </p>
</td>
<td>
<p><strong>Verdienstausfall und Schadensersatz</strong></p>
</td>
<td>
<p><strong>16.000,-- DM</strong></p>
</td>
</tr>
<tr>
<td>
<p><strong>5.</strong>            </p>
</td>
<td>
<p><strong>Verdienstausfall (Rückstand)</strong></p>
</td>
<td>
<p><strong>13.500,-- DM</strong></p>
</td>
</tr>
<tr>
<td>
<p><strong>6.</strong>            </p>
</td>
<td>
<p><strong>Verdienstausfallsrente</strong></p>
</td>
<td>
<p><strong>45.000,-- DM</strong></p>
</td>
</tr>
<tr>
<td>
<p><strong>7.</strong>            </p>
</td>
<td>
<p><strong>Feststellungsantrag</strong></p>
</td>
<td>
<p><strong><u>5.000,-- DM </u></strong></p>
</td>
</tr></tbody></table>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks"><strong>Summe: 131.000,-- DM</strong></p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">- 10 -</p>
<span class="absatzRechts">67</span><table class="absatzLinks" cellpadding="0" cellspacing="0">
<tbody><tr>
<td>
<p>Gegenstandswert ab 31.10.1985:</p>
<p>1.   unverändert</p>
<p>2.   unverändert</p>
<p>3.   2 x 500,              DM</p>
<p>4.   unverändert</p>
<p>5.   unverändert</p>
<p>6.   2 x 720,-- DM</p>
<p>7.   80 % aus Ziff. 3,</p>
</td>
<td>
<p>5 u. 7</p>
</td>
<td>
<p>(S.10)</p>
</td>
<td>
<p>12.000,-- DM</p>
<p>9.500,-- DM</p>
<p>1.000,-- DM 16.000,-- DM 13.500,-- DM</p>
<p>1.440,-- DM 64.000,-- DM</p>
</td>
</tr>
</tbody></table>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Summe:              117.440,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks"><u>Beschwer für den Kläger: </u> über              40.000,-- DM</p>
|
315,591 | olgk-1985-11-19-4-wf-31485 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 4 WF 314/85 | "1985-11-19T00:00:00" | "2019-03-13T15:08:40" | "2019-03-27T09:42:43" | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1985:1119.4WF314.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Kosten des durch Rücknahme des Scheidungsantrags beendeten Verfahrens hat bezüglich des rechtshängigen Scheidungsantrags und der rechtshängigen Folgesache Versorgungsausgleich der Antragsteller zu tragen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben der Antragsteller zu 1/9, die Antragsgegnerin zu 8/9 zu tragen.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Gründe:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I. </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Antragsteller hat am 14.06.1984 einen Scheidungsantrag bei Gericht eingereicht. Die Antragsgegnerin hat zunächst eingewandt, das Trennungsjahr sei noch nicht abgelaufen, und sodann am 09. Mai 1985 eine Folgesache Zugewinnausgleich eingereicht mit dem Antrag, den Antragsteller zu verurteilen, an sie Zugewinnausgleich in Höhe von 80.000,- DM zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Das Familiengericht setzte daraufhin mit Verfügung vom 10.05.1985 den Streitwert für das Verbundverfahren auf 91.500,- DM (Scheidung: 10.500,- DM; Versorgungsausgleich: 1.000,- DM, Zugewinn: 80.000,- DM) fest und forderte einen weiteren Gerichtskostenvorschuß von 562,- DM an, zunächst irrtümlich vom Antragsteller (Zugang: 06.06.85) und dann von der Antragsgegnerin als Anspruchstellerin in der Folgesache, nachdem der Antragsteller mit Schriftsatz vom 07.06.1985 auf seine fehlende Vorschußpflicht hingewiesen hatte.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Bei einer Akteneinsicht aus anderem Anlaß Anfang Juni 1985 entnahm der Anwalt des Antragstellers die in der Akte "befindlichen Doppel der Antragsschrift zum Zugewinnausgleich und teilte dem Familiengericht am 05.06.1985 mit: ".. reichen wir die Gerichtsakten zurück, nachdem wir aus der Sache 47 F 119/84 Gü die wohl für uns bestimmten Doppel der Antragsschrift vom 06.05.1985 entnommen haben."</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Am 03.07.1985 wurde von der Antragsgegnerin der geforderte Kostenvorschuß für den Zugewinnausgleichsantrag eingezahlt.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Schon am 20.06.1985 hatte der Familienrichter Verhandlungstermin auf den 03.09.1985 bestimmt und dazu das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet ohne aber sonstige vorbereitende Anordnungen zu treffen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">In der mündlichen Verhandlung vom 03.09.1985 wurde ausweislich des Protokolls zunächst die Sach- und Rechtslage erörtert. Sodann beantragte der Anwalt des Antragstellers Vertagung mit Rücksicht auf die fehlende Zustellung des Antrags zum Zugewinnausgleich, zu dem er auch schriftsätzlich noch keine Stellung genommen hatte und den er nach seinem Vortrag im Beschwerdeverfahren mit dem Antragsteller noch nicht besprochen hatte.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Das Familiengericht lehnte den Vertagungsantrag ab, weil es sich auf den Standpunkt stellte, durch das Entnehmen der Doppel der Antragsschrift sei auf eine förmliche Zustellung verzichtet worden.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Antragsteller erklärte daraufhin die Rücknahme des Scheidungsantrags; nach seiner unwidersprochenen Erläuterung in der Beschwerdeschrift, um zu vermeiden, daß zum Güterrechtsantrag nur auf der Basis der Antragsschrift verhandelt werden müsse.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Auf Antrag der Antragsgegnerin legte das Familiengericht die Kosten des zurückgenommenen Verfahrens dem Antragsteller auf.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Gegen diesen Kostenbeschluß richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers, der beantragt die Kosten der Antragsgegnerin aufzuerlegen, hilfsweise sie gegeneinander aufzuheben.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">II.1)</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die nach § 269 Abs. 3 S. 5 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist mit der Maßgabe unbegründet, daß der Antragsteller nur die Kosten des zurückgenommenen Scheidungsantrags einschließlich der Kosten der Folgesache Versorgungsausgleichs zu tragen hat, nicht aber die Kosten des Antrags in der güterrechtlichen Folgesache, da diese zum Zeitpunkt der Klagerücknahme noch nicht rechtshängig war.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">2)</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Kostentragungspflicht nach § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO umfaßt nur die nach der Rechtshängigkeit der Klage oder des Antrags dem Gegner entstandenen Kosten, da die prozessuale Kostentragungspflicht ein Prozeßrechtsverhältnis zwischen den Parteien voraussetzt, das erst mit der Zustellung der Klage oder des Antrags (§ 261 I, 261 II 2. Alternative ZPO) oder mit der Geltendmachung des Anspruchs in der mündlichen Verhandlung (§ 261 II 1. Alternative ZPO) entsteht (vgl. BGHZ 83, 12 (14); KG NJW 1972, 1054; Baumbach/Hartmann, 43. Aufl., § 269, Anm. 2 A; anders teilweise Thomas/Putzo, 13 Aufl., § 269, Anm. 5 c).</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Ebenso wie "bei der Hauptsachenerledigung zwischen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit (dazu BGHZ 83, 12 (14) fehlt hei der Klagerücknahme vor Rechtshängigkeit ein Prozeßrechtsverhältnis zwischen den Parteien, das die Basis für einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch sein könnte. Etwaige materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche bleiben davon unberührt, können aber auch nicht aus Praktikabilitätsgründen bei der Entscheidung über die prozessuale Kostentragungspflicht berücksichtigt werden (BGH a.a.O.).</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Soweit vorgeschlagen wird (so Thomas/Putzo a.a.O.), bei Klagerücknahme vor Rechtshängigkeit § 93 ZPO entsprechend anzuwenden, ist auch das abzulehnen, weil § 93 ZPO ebenso das Bestehen eines Prozeßrechtsverhältnisses zwischen den Parteien voraussetzt (vgl. auch OLG Celle AnwBl. 1983, 92; OLG Hamburg MDR 1983, 411).</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">3) </p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Aus dieser Rechtslage folgt, daß sich im Verbundverfahren die prozessuale Kostentragungspflicht bei Rücknahme des Scheidungsantrags gleichfalls nur auf die zu diesem Zeitpunkt rechtshängigen Verbundsachen beziehen kann.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Im Streitfall ist mit der Zustellung des Scheidungsantrags zwar ein Prozeßrechtsverhältnis bezüglich der Scheidungssache selbst und der Zwangsfolgesache Versorgungsausgleich entstanden, aber noch kein Prozeßrechtsverhältnis hinsichtlich der damals noch gar nicht eingereichten Folgesache Zugewinnausgleich.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Dieses die prozessuale Kostenerstattungspflicht voraussetzende Prozeßrechtsverhältnis ist im Streitfall auch nicht zu einem späteren Zeitpunkt vor der Rücknahme des Scheidungsantrags entstanden. </p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die zivilprozessuale Folgesache Zugewinnausgleich wird nach den allgemeinen Vorschriften der ZPO anhängig und rechtshängig gemacht (§ 624 Abs. 3 ZPO). Wenn § 623 Abs. 2 ZPO die "Anhängigmachung" von Folgesachen bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung zuläßt, so ist damit nicht ausgesprochen, daß insoweit für Folgesachen mit dieser Anhängigkeit auch die Rechtshängigkeit eintrete (ebenso Stein/Jonas/Schlosser, 20. Aufl., § 623 ZPO, Anm. 9). Die Regelung in § 622 Abs. 1, 2 ZPO über Anhängigkeit und Rechtshängigkeit für den Scheidungsantrag selbst zeigt vielmehr in aller Klarheit, daß der Gesetzgeber zwischen diesen beiden Begriffen auch im Bereich der Scheidungsfolgesachen klar unterscheidet (vgl. Thomas/Putzo, a.a.O., § 622, Anm. 1 a). Die Verbundvorschriften nehmen den zivilprozessualen Folgesachen insoweit nicht ihre prozessuale Eigenständigkeit (wie hier Rolland, 1. EheRG, 2. Aufl., § 623, Anm. 6); welche Anforderungen an die ordnungsgemäße Einreichung zu stellen sind (vgl. zum Streit Zöller/Philippi, 14. Aufl., § 623, Anm. 25 m.w.N.) kann hier dahinstehen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Abgesehen davon wäre es auch mit dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) unvereinbar, den Antragsteller mit den Kosten bereits eingereichter Folgesachen zu belasten, wenn er bei der Erklärung der Rücknahme von der Einreichung noch nicht formgerecht unterrichtet war.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Zivilprozeßordnung setzt aber über eine bloße Unterrichtung hinaus voraus, daß zur Begründung des Prozeßrechtsverhältnisses bestimmte Förmlichkeiten (§ 261 ZPO) gewahrt werden, die hier mangels Zustellung der Antragsschrift zur Folgesachen und mangels Antragstellung in der mündlichen Verhandlung nicht gewahrt sind, so daß ein Prozeßrechtsverhältnis insoweit nicht entstanden ist (vgl. Baumbach/Hartmann, § 269, Anm. II A: formlose Kenntnisnahme genügt nicht).</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">4) </p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Der Mangel formgerechter Zustellung ist auch nicht gemäß § 187 ZPO geheilt worden. Allerdings ist die Antragsschrift zum Zugewinnausgleich tatsächlich vor dem Verhandlungstermin in den Besitz des Anwalts des Antragstellers gelangt. Voraussetzung für die Anwendung des § 187 ZPO ist aber weiter, daß das Gericht zustellen wollte. Die Zustellung mußte daher vom Gericht mindestens angeordnet oder sonst in die Wege geleitet worden sein (vgl. BGH MJW 1956, 1878; Thomas/Putzo, a.a.O., § 187 Anm. 2 c). Ein solcher Wille läßt sich nicht hinreichend sicher feststellen, wenn der Prozeßbevollmächtigte von sich aus Doppel der eingereichten Anträge der Akte entnimmt. Insoweit gilt nicht anderes als für die ohne Anordnung der Zustellung veranlaßte formlose Mitteilung (vgl. OLG Celle MDR 1983, 92 m. Anm. Riemer zur formlosen Mitteilung im PKH-Verfahren m.w.N.). Die Formenstrenge des Prozeßrechts und zahlreiche an die Zustellung geknüpfte Rechtsfolgen (Eintritt der Rechtshängigkeit, Rechtshängigkeitszinsen usw.) machen auch bei vorheriger formloser Zusendung - z.B. im Prozeßkostenhilfeverfahren - die nachfolgende förmliche Zustellung unerläßlich. Der Anwalt, der, wie hier, weiß, daß der Anspruchsteller den erforderlichen Vorschuß noch nicht eingezahlt hat, hat auch aus Kostengründen oftmals noch keinen Anlaß, schon bei bloßer Kenntnisnahme zur Sache Stellung zu nehmen. Er darf darauf vertrauen, daß ungeachtet der schon erfolgten Kenntnisnahme noch eine förmliche Zustellung veranlaßt wird. Insoweit kann eine Entnahme von Schriftsätzen vor Veranlassung der Zustellung und Vorschußzahlung auch nicht als vorweggenommene Erklärung, die Antragsschrift als zugestellt anzunehmen, angesehen werden. Auch wenn der Anwalt ausdrücklich bestätigt, die "wohl für ihn bestimmten" Doppel der Akte entnommen zu haben, muß das Gericht, um die Wirkungen der förmlichen Zustellung herbeizuführen, dem Anwalt mindestens mitteilen, daß es damit die Zustellung als bewirkt ansehe und so seinen Zustellungswillen Kundtun. Hier fehlt es an einer unzweideutigen Kundgabe des Zustellungswillens, denn die interne falsche Vorstellung, es sei angesichts der Entnahme der Doppel nichts mehr zu veranlassen, ist keine eindeutige Kundgabe eines Zustellungswillens. Die nach Angabe des Antragstellers im Termin am 03.09.1985 vom Richter geäußerte Ansicht, der Antragsteller habe auf eine förmliche Zustellung "verzichtet", läßt nicht deutlich erkennen, ob der Richter damit einen nachträglichen (in seiner Wirkung zweifelhaften) Zustellungswillen äußerte oder der (irrigen) Rechtsansicht war, auch ohne Zustellungswillen des Gerichts sei die tatsächliche Kenntnisnahme des Antragstellers von der Antragsschrift im Zugewinnausgleichsverfahren ein prozessual beachtlicher Ersatz für eine "Zustellung", wie immer sie zustande kommen mag.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">5) </p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Auch auf § 93 a ZPO kann eine Kostenentscheidung betreffend die Folgesache Zugewinnausgleich nicht gestützt werden. § 93 a ZPO regelt nicht die Kostenentscheidung für den Fall der Rücknahme des Scheidungsantrags und der dadurch bedingten Gegenstandslosigkeit von Folgesachen, denn insofern trifft das Gesetz eine Sonderregelung in § 626 Abs. 1 S. 2 ZPO (die Entscheidung OLG Frankfurt FamRZ 1985, 823 betrifft eine andere Sachlage).</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">§ 626 Abs. 1 S. 2 ZPO besagt aber wiederum nichts darüber, ob ein zivilprozessualer Kostenerstattungsanspruch hinsichtlich noch nicht rechtshängiger Folgesachen bestehen kann, sondern das Gesetz verweist insoweit auf dsie allgemeinen Vorschriften (§ 624 Abs. 3 ZPO).</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">6) </p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung hinsichtlich des Beschwerdeverfahrens beruht auf §§ 92, 97 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Beschwerdewert: 5.700,- DM</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Köln, den 19. Nov. 1985 </p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Oberlandesgericht 4. Zivilsenat - Familiensenat -</p>
|
315,592 | olgk-1985-11-15-6-u-7985 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
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"jurisdiction": null,
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} | 6 U 79/85 | "1985-11-15T00:00:00" | "2019-03-13T15:08:41" | "2019-03-27T09:42:43" | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1985:1115.6U79.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Beklagten gegen das am 27. Fe­bruar 1985 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Aachen - 42 0 189/84 - wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten der Berufung werden der Beklagten auferlegt.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Der Wert der Beschwer der Beklagten wird auf 15.000,-- DM festgesetzt.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien vertreiben im Einzelhandel Gegenstände der Un­terhaltungselektronik und Haushaltsgeräte. Die Beklagte warb unter der Firmenbezeichnung S. in der Werbeschrift</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die HS-Woche vom 5. September 1984 unter anderem mit fol­gendem Text:</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">"ALT</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">gegen</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">NEU</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Wir zahlen für</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Ihr altes Fernseh‑</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Video- u. HiFi-Gerätoder Waschautomat</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Höchst-Preise. Auch dann, wenn Sie bei uns kein Neugerät kaufen."</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Hierin haben die Klägerinnen eine unzulässige Alleinstel­lungswerbung und eine unzulässige vergleichende Werbung ge­sehen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Klägerinnen haben beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">der Beklagten bei Meidung von näher bezeichneten Ordnungsmitteln zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr in Zeitungsanzeigen zu Wettbewerbszwecken wie folgt zu werben:</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">"Wir zahlen für Ihr altes Fernseh-Video- u. HiFi-Gerät oder Waschvollautomat Höchst-Preise ..."</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat der Klage mit Urteil vom 27. Februar 1985 stattgegeben.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die gegen dieses Urteil von der Beklagten eingelegte Beru­fung ist zulässig. In der Sache bleibt sie ohne Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist begründet. Mit der angegriffenen Werbung macht die Beklagte im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wett­bewerbs über geschäftliche Verhältnisse - die Preisbemessung von Waren - irreführende Angaben, so daß sie von den Klägerin­nen gemäß 5§ 3, 13 Abs. 1 UWG auf Unterlassung der Angaben</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">in Anspruch genommen werden kann.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Von dem flüchtigen Durchschnittsleser und damit von einem nicht unerheblichen Teil der mit ihr angesprochenen Verkehrs­kreise (vgl. dazu von Gamm, Gesetz gegen den unlauteren Wett­bewerb, 2. Auflage, 5; 3 Rdnr. 14) wird die Anzeige entspre­chend ihrem Wortlaut dahin verstanden, daß die Beklagte ge­brauchte Fernseh-, Video- und HiFi-Geräte sowie Waschautoma­ten zu Preisen übernimmt, die von keinem Mitbewerber über­troffen werden. Ähnlich wie die Werbung mit Tiefstpreisen (vgl. dazu OLG Hamburg WRP 1977, 651/653) ist in der gerügten Anzeige nicht nur eine reklamehafte Anpreisung etwa in dem Sinne zu sehen, daß die Beklagte gutes Geld für die aufge­führten Altgeräte zahle. Anders als marktschreierische Über­treibungen, allgemeine Redewendungen und suggestive Kaufappelle (vgl. dazu von Gamm, a.a.O., § 1 Rdnr. 54; § 3 Rdnr. 1o) wird die Ankündigung eines seriösen Einzelhandelsunterneh­mens: "Wir zahlen Höchst-Preise" jedenfalls von einem nicht unerheblichen Teil des Verkehrs erst genommen, zumal da die Richtigkeit der Werbeaussage etwa durch die Einholung von Vergleichsangeboten grundsätzlich einer objektiven Nachprüf­barkeit zugänglich ist (vgl. in diesem Zusammenhang Baumbach-­Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 14. Auflage, § 3 UWG Rdnr. 74 f.).</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Dies alles kann der Senat, dessen Mitglieder zu den angespro­chenen Verkehrskreisen gehören, aus eigener Sachkunde und Er­fahrung selbst feststellen, so daß es der von der Beklagten beantragten Einholung eines Verkehrsgutachtens nicht bedarf.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Werbung ist irreführend, weil ihr der rechtlichen Beur­teilung zugrundeliegender Bedeutungsgehalt den tatsächlichen Verhältnissen nicht entspricht. Es ist nach der Lebenserfah­rung auszuschließen, daß Konkurrenten der Beklagten - auch wenn man nur auf I.und dessen Umgebung abstellt - in keinem Fall höhere Preise für Altgeräte zahlen als die Be­klagte, und zwar selbst dann, wenn sie gebrauchte Geräte beim Kauf von Neugeräten in Zahlung nehmen. Auch die Beklagte scheint diese Folgerung aus dem dargelegten Verständnis der Anzeige nicht in Zweifel ziehen zu wollen, wie ihre Ausfüh­rungen im Schriftsatz vom 23. April 1985 Blatt 3 nahelegen. Soweit sie daraus indessen den Schluß zieht, das Verständnis der Anzeige sei lebensfremd, weil jedem verständigen Betrach­ter klar sei, daß die Werbung so nicht gemeint sein könne, ist ihr nicht beizupflichten. Denn bei der Auslegung der An­zeige, die sich an das breite Publikum wendet, ist entschei­dend nicht auf den verständigen, aufmerksamen und kritischen Betrachter, sondern - wie dargelegt - auf den flüchtigen Le­ser abzustellen, der keine vertieften Erwägungen anstellt</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">und die Anzeige ohne besondere Sorgfalt ungezwungen und un­kritisch wahrnimmt (vgl. Baumbach-Hefermehl, a.a.O., § 3 UWG Rdnr. 33).</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus 5 97 Abs. 1 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die übrigen Nebenentscheidungen finden ihre Rechtsgrundlage in 5 7o8 Nr. 1o, g 713, 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO.</p>
|
315,593 | vg-gelsenkirchen-1985-11-14-5-k-101285 | {
"id": 843,
"name": "Verwaltungsgericht Gelsenkirchen",
"slug": "vg-gelsenkirchen",
"city": 423,
"state": 12,
"jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": null
} | 5 K 1012/85 | "1985-11-14T00:00:00" | "2019-03-13T15:08:43" | "2019-03-27T09:42:43" | Urteil | ECLI:DE:VGGE:1985:1114.5K1012.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>für R e c h t erkannt :</p>
<p></p>
<p>
Das Verfahren wird eingestellt, soweit das Verfahren übereinstimmend in der
Hauptsache für erledigt erklärt worden ist.</p>
<p></p>
<p>Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 7/8 und der Beklagte
zu 1/8.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der jeweilige Schuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in
Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der
jeweilige Gläubiger zuvor in derselben Höhe Sicherheit leistet.
</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="h2 absatzLinks"> T a t b e s t a n d :</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">
Der Kläger ist Eigentümer des in Xxxx gelegenen Grundstücks Yyyy, das u.a.
am Straßenrand mit einem alten, dreigeschossigen Mehrfamilien-Wohnhaus
bebaut ist.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Nachdem er festgestellt hatte, daß an den lotrechten inneren Stirnseiten
des Treppenhauses sowie an den Unterseiten der Treppenpodeste und
Treppenläufe des vorgenannten Hauses Holzverkleidungen aus Profilbrettern
angebracht worden waren, erließ der Beklagte unter dem 27. Juli 1984 eine
an den Kläger gerichtete Ordnungsverfügung, mit der er diesem - gestützt auf
die §§ 1 und 14 des Ordnungsbehördengesetzes - OBG - i.V.m. den §§ 3
Abs. 1, 18 Abs. 1 und 39 Abs. 2 und 3 der Bauordnung für das Land
Nordrhein-Westfalen i.d.F. vom 27. Januar 1970 - BauO NW 1970 - aufgab,
die baurechtswidrige Holzverkleidung des Treppenraumes in dem
dreigeschossigen Vordergebäude auf dem Grundstück Yyyy
innerhalb von drei Wochen zu beseitigen. Zur Begründung dieser
Ordnungsverfügung führte der Beklagte im wesentlichen aus, daß der
vorgefundene Zustand aus brandschutztechnischer Sicht nicht geduldet
werden könne, da es sich bei dem Treppenraum um einen notwendigen
Treppenraum handele und somit die Gefahr bestehe, daß bei Ausbruch eines
Feuers Personen zu Schaden kämen. Hierdurch werde die öffentliche
Sicherheit und Ordnung erheblich gefährdet. Nach den angegebenen
Vorschriften der Bauordnung seien bauliche Anlagen so anzuordnen, zu
errichten, zu ändern und instandzuhalten, daß die öffentliche Sicherheit oder
Ordnung, insbesondere Leben oder Gesundheit, nicht gefährdet, der
Entstehung und Ausbreitung von Schadenfeuer vorgebeugt würde und bei
einem Brand wirksame Löscharbeiten und die Rettung von Menschen und
Tieren möglich seien, Verschlage und Einbauten aus brennbaren Baustoffen
in Treppenräumen seien unzulässig. Wand- und Deckenbekleidungen in
Treppenräumen von Gebäuden mit mehr als zwei Vollgeschossen müßten
aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen. Eine andere Entscheidung habe
nach pflichtgemäßem Ermessen im öffentlichen Interesse aufgrund der
gegebenen Sach- und Rechtslage nicht getroffen werden können, da eine
wirksame Beseitigung der bestehenden Gefahrensituation nur durch
Entfernung der Holzverkleidung möglich sei. Für den Fall der nicht
fristgemäßen Erfüllung dieser Aufforderung drohte der Beklagte dem Kläger
aufgrund der §§ 55? 60 und 63 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für
das Land Nordrhein-Westfalen vom 13. Mai 1980 - VwVG NW - die
Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 500,-- DM an. Abschließend
stellte der Beklagte in der Ordnungsverfügung fest, daß aufgrund der
bestehenden Gefahrensituation im öffentlichen Interesse die gemäß § 28 des
Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen - VwVfG
NW - vorgesehene Anhörung entfalle.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Mit am 15. August 1984 beim Beklagten eingegangenen Schreiben vom
13. August 1984 legte der Kläger gegen die Ordnungsverfügung vom 27. Juli
1984 Widerspruch ein, zu dessen Begründung er darauf verwies, daß die
Aufforderung zur Beseitigung der im Treppenhaus montierten Holzverkleidung
für ihn eine nicht vertretbare Härte bedeute. Er habe den Grundbesitz im
Jahre 1981/82 erworben und in dem überalterten Vordergebäude erhebliche
Sanierungsmaßnahmen getroffen und in diesem Zusammenhang u.a. die
streitige Holzverkleidung, die der Verkleidung der im Zuge der Renovierung
verlegten Installationsleitungen diene, anbringen lassen. Ihm sei dabei nicht
bekannt gewesen, daß solche Maßnahmen bauordnungsrechtlich unzulässig
seien. Er sei der Auffassung, daß eine erhöhte Brandgefahr im Treppenhaus
durch einen nachträglichen Brandschutzanstrich vermieden werde. Weiterhin
könnten im Treppenhaus, an gut sichtbaren Stellen, Trockenfeuerlöscher
montiert werden, die in Gefahrensituationen mühelos von jedermann
gehandhabt werden könnten. Dadurch sei eine wirksame Rettung von
Menschen und Tieren gewährleistet.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Mit Widerspruchsbescheid vom 14. März 1985 wies der
Regierungspräsident Zzzz den Widerspruch des Klägers zurück. Zur
Begründung führte er im wesentlichen aus, daß die Beseitigungsanordnung
des Beklagten zu Recht ergangen sei; auch die für die Entfernung der
Holzverkleidung gesetzte Frist sei angemessen. Als Eigentümer des
Grundstückes sei der Kläger für den ordnungsgemäßen, baurechtlich
einwandfreien Zustand verantwortlich und gemäß §§ 1, 14 und 18 OBG in
Anspruch zu nehmen, damit die baurechtswidrigen Zustände beseitigt
würden. Er wiederholt und vertieft die Ausführungen des Beklagten zur
bauordnungsrechtlichen Unzulässigkeit des vorgenommenen Einbaues der
Holzverkleidung und weist ergänzend darauf hin, daß nach dem Runderlaß
des Innenministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 29. April 1978
("Verwendung brennbarer Baustoffe im Hochbau") gemäß Ziff. 8 in
Rettungswegen Bekleidungen von Wänden und Decken sowie von
Treppenunterseiten in Gebäuden mit mehr als zwei Vollgeschossen aus nicht
brennbaren Baustoffen (Klasse A) bestehen müßten. Auch nach der
Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen vom 26. Juni 1984 - BauO NW
1984 - i.V.m. der hierzu ergangenen Verwaltungsvorschrift vom 29. November
1984 sei zur präventiven Gefahrenabwehr die brennbare Bekleidung im
Treppenraum gemäß § 82, unter Beachtung der §§ 3, 17 und 33 zu
entfernen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Am 27. März 1985 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben, mit der
er sein Begehren weiterverfolgt. Er hält die angefochtene Ordnungsverfügung
für rechtswidrig; das Beseitigungsverlangen sei auf keinen Fall gerechtfertigt.
Es könne nämlich nicht die Rede davon sein, daß durch den Einbau der
streitigen Holzverkleidung die Brandgefahr erhöht worden sei. Das gesamte
Treppenhaus des Altbaus - Treppen, Treppengeländer, Podeste,
Balkenlagen, Böden und Türen - bestehe aus Holz. Dieser Zustand sei seit
Errichtung des Gebäudes, also seit Jahrzehnten, so vorhanden. In diesem
Sinne habe auch das angerufene Gericht im zugehörigen Verfahren auf
Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs - 5 L
1090/84 - darauf hingewiesen, daß gegen die Rechtmäßigkeit der
angefochtenen Ordnungsverfügung Bedenken bestünden und nicht ohne
weiteres ersichtlich sei, woraus sich eine akute Gefahr ergebe.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat zunächst beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 27. Juli
1984 und den Widerspruchsbescheid des
Regierungspräsidenten Zzzz vom 14. März 1985
aufzuheben.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Nachdem der Beklagte in der mündlichen Verhandlung am 14. November
1985 die Ordnungsverfügung vom 27. Juli 1984 insoweit geändert hat, als er
die darin enthaltene Fristsetzung und Androhung der Festsetzung eines
Zwangsgeldes aufgehoben hat, und die Parteien das Verfahren daraufhin
insoweit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, beantragt der Kläger
nunmehr,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 27. Juli
1984 und den Widerspruchsbescheid des
Regierungspräsidenten Zzzz vom 14. März 1985 in der
Fassung der Erklärung des Beklagten vom 14.
November 1985 aufzuheben.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Zur Begründung wiederholt er im wesentlichen den Inhalt der
angefochtenen Ordnungsverfügung und des Widerspruchsbescheides des
Regierungspräsidenten Zzzz. Ergänzend weist er darauf hin, daß eine
nachträgliche Oberflächenbehandlung der Holzverkleidung mit
Brandschutzanstrich nicht zu dem vom Gesetzgeber aufgegebenen Ziel der
Nichtbrennbarkeit der Bekleidungen führte. Auch sei das Argument, es
handele sich bei dem in Frage stehenden Gebäude um einen ohnehin mit viel
Holz verarbeiteten Altbau nicht geeignet, von dem Verlangen nach
Beseitigung der Holzverkleidung Abstand zu nehmen. Bei einem alten Haus
müsse erst recht dafür Sorge getragen werden, daß die Brandgefahr so klein
wie möglich gehalten werde. Selbst wenn Treppengeländer, Podeste usw.
schon aus Holz bestünden, bedeute das nicht, daß diese latente Gefahr durch
Anbringen weiterer leicht brennbarer Materialien vergrößert werden dürfe.
Eine wirksame Beseitigung der bestehenden Gefahrensituation sei daher, wie
auch die Berufsfeuerwehr eindeutig zu erkennen gegeben habe, nur durch
Entfernung der Holzverkleidung möglich.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Auf Beschluß der Kammer vom 25. September 1985 hat der
Berichterstatter am 25. Oktober 1985 eine Ortsbesichtigung durchgeführt.
Wegen des Besichtigungsergebnisses wird auf die Niederschrift vom selben
Tage (Bl. 22 und 23 der GA) verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf
den Inhalt der Gerichtsakten (einschließlich 5 L 1090/84) und der bei
gezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. Die Akten sind zum
Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden. </p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">
Soweit die Parteien das Verfahren - nach Aufhebung der in der
Ordnungsverfügung vom 27. Juli 1984 enthaltenen Fristsetzung und
Androhung der Festsetzung eines Zwangsgeldes durch den Beklagten -
teilweise in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist es in sinngemäßer
Anwendung des § 92 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -
einzustellen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Im übrigen ist die Klage zulässig, aber nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 27. Juli 1984 - in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidenten Zzzz und der
Erklärung des Beklagten vom 14. November 1985 - ist rechtmäßig und
verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1
VwGO). </p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Ordnungsverfügung findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 1, 14 OBG
i.V.m. § 76 Abs. 1 BauO NW 1970. Danach sind die Bauaufsichtsbehörden
befugt, in Wahrnehmung der ihnen übertragenen Aufgaben nach
pflichtgemäßem Ermessen in die Rechte natürlicher oder/und juristischer
Personen einzugreifen, um eine im Einzelfall bestehende Gefahr für die
öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren. Der nach dem Einbau der
Profilbretterverkleidung im
Treppenhaus gegebene Zustand des Gebäudes Yyyy stellt als bereits
realisierte Gefahr im dargestellten Sinne eine Störung der öffentlichen
Sicherheit dar, die den Beklagten nicht nur berechtigte, sondern sogar
verpflichtete, in der geschehenen Weise einzuschreiten.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Der Einbau der Profilbretter im Treppenraum verstößt gegen § 39 Abs. 3
Satz 2 BauO NW 1970, wonach Wand- und Deckenbekleidungen in
Treppenräumen von Gebäuden mit mehr als zwei Vollgeschossen aus
nichtbrennbaren Baustoffen bestehen müssen, und damit gegen die
öffentliche Sicherheit i.S.d. § 14 Abs. 1 OBG, die den Schutz der staatlichen
Rechtsordnung und damit insbesondere des öffentlichen Baurechts bezweckt.
Dieser Verstoß ist auch nicht durch eine den Einbau zulassende
Baugenehmigung ausgeräumt worden; er besteht auch nach Inkrafttreten der
Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen vom 26. Juni 1984 - BauO NW
1984 - fort (zu deren Anwendbarkeit in Fällen der vorliegenden Art vgl. § 83
Abs. 3 BauO NW 1984); denn auch nach dem insoweit einschlägigen § 33
Abs. 3 Satz 3 BauO NW 1984 müssen Bekleidungen in Treppenräumen aus
nichtbrennbaren Brennstoffen bestehen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die angefochtene Verfügung leidet auch nicht an einem Ermessensfehler
(vgl. § 114 VwGO). Nach Lage der Dinge war der Beklagte nicht nur
berechtigt, sondern sogar verpflichtet, vom Kläger die Beseitigung der
baurechtswidrig angebrachten Holzverkleidung zu verlangen. Er durfte weder
davon absehen einzuschreiten, noch standen ihm weniger beeinträchtigende
Mittel zur Gefahrenbeseitigung (vgl. § 15 Abs. 1 OBG) zur Verfügung.
Angesichts der Größe der drohenden Schäden für das Leben und die
körperliche Unversehrtheit der Bewohner und Besucher des Hauses Yyyy, die
in einem Brandfalle zu befürchten sind, durfte der Beklagte den vorhandenen
bauordnungswidrigen Zustand des Treppenraumes nicht dulden. Dem kann
nicht entgegengehalten werden, daß die Wahrscheinlichkeit eines
Schadenfeuers gering sei. Es entspricht der Lebenserfahrung, daß mit der
Entstehung eines Brandes praktisch jederzeit gerechnet werden muß. Der
Umstand, daß in vielen Gebäuden jahrzehntelang kein Brand ausbricht,
beweist nicht, daß keine Gefahr besteht, sondern stellt für die Betroffenen
einen Glücksfall dar, mit dessen Ende jederzeit gerechnet werden muß.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">- Vgl. zu diesem Gesichtspunkt etwa
Oberverwaltungsgericht - OVG - Lüneburg, Urteil vom 23.
September 1976 - I A 94/74 -; Thiel/Gelzer,
Baurechtssammlung.Band - BRS - 30 Nr. 163 -.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Hinzukommt, daß mit der Größe des drohenden Schadens die
Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts geringer
werden</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">vgl. Bundesverwaltungsgericht - BVerwG -, Urteil vom 26. Juni
1970 - IV C 99.67 -, Neue Juristische Wochenschrift - NJW -
1970, S. 1890 -</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">und daß vorliegend erhebliche zusätzliche Brandgefahren dadurch
geschaffen worden sind, daß der Kläger unter der Profilbretterverkleidung
zum Teil Installationsleitungen verlegt hat, so daß im Falle eines
Kurzschlusses die Bretterverkleidung unmittelbar Feuer fangen kann. Auch
der Hinweis des Klägers, daß die gesamte Treppenanlage aus Holz bestehe
und im Treppenhaus zahlreiche Holztüren eingebaut seien, so daß eine
Brandgefahr ohnehin von vornherein gegeben gewesen und diese durch den
Einbau von Profilbrettern nicht erhöht worden sei, läßt nicht zu, die
Holzverkleidungen im Treppenraum zu belassen. Zwar ist nicht von der Hand
zu weisen, daß die im Treppenhaus vorhandenen Holzeinbauten brennbar
sind und somit die Gefahr eines Brandes begründen. Das Bestehen einer
Brandgefahr rechtfertigt aber nicht, den Treppenraum aus der vorbeugenden
Brandkontrolle zu entlassen und die Verantwortung allein dem
Hauseigentümer zu überlassen. Vielmehr ist es unverzichtbar, auch und
gerade in derartigen Treppenräumen die Gefahr eines Schadenfeuers so weit
wie möglich einzudämmen. Vor diesem Hintergrund kann nicht übersehen
werden, daß infolge des Einbaus der Profilbretter sowohl die Gefahr, daß im
Treppenhaus ein Feuer ausbricht, erhöht als auch die Möglichkeit, im
Brandfalle das Treppenhaus als Rettungsweg zu benützen oder Menschen
aus dem Treppenraum zu retten, erheblich erschwert worden ist. Eine
Erhöhung der Brandgefahr ergibt sich zum einen aus dem bereits
angesprochenen Umstand, daß unter der Verbretterung zum Teil elektrische
Leitungen verlegt worden sind, die im Falle eines Defektes ein Feuer
erzeugen können. Sie ergibt sich zum anderen daraus, daß die nur wenige
Millimeter starken Profilbretter aus besonders leicht brennbaren weichen
Gehölzen erheblich schneller und leichter Feuer fangen können als die aus
massivem Hartholz hergestellte Treppenanlage. Dies gilt umsomehr, als die
Profilverbretterung so aufgebracht worden ist, daß sich zwischen ihr und den
Treppenlaufen, den Treppenpodesten und den Wänden an den Stirnseiten
des Treppenhauses Hohlräume befinden, so daß beidseitig Sauerstoff
vorhanden ist und mithin günstige Umstände für einen Brand gegeben sind.
Der Einbau der Profilbretter begünstigt aber nicht nur das Entstehen eines
Brandes; er erleichtert und fördert zudem die schnellere Ausdehnung eines
Feuers, weil durch die Profilbretter die schwerer entflammbaren Harthölzer
der Treppenanlage in Brand gesetzt werden können und deren Verbrennung
beschleunigt werden kann. Infolge dieser Beschleunigung des
Verbrennungsprozesses würde sich naturgemäß der Zeitraum, in dem der
Treppenraum gefahrlos als Rettungsweg benutzt werden kann, verkürzen,
was angesichts des Umstandes, daß dieser Zeitraum infolge der im
Treppenhaus vorhandenen Holzeinbauten und der darin liegenden Brandlast
ohnehin knapp bemessen ist, besonders nachteilig ins Gewicht fällt. Nimmt
man schließlich hinzu, daß die Rettung von Menschen durch die
straßenabgewandten Fenster des Hauses sowieso schon erschwert ist, weil
die Feuerwehr den Hofraum nur durch eine enge Hausdurchfahrt erreichen
kann und dort wenig Manövrierfläche zur Verfügung hat, kann nicht ernstlich
bezweifelt werden, daß die Profilbretterverkleidung nicht im Treppenraum
belassen werden kann, weil andere, den Kläger weniger belastende
Maßnahmen zur Beseitigung der Gefahr nicht ergriffen werden können. So ist
insbesondere von dem vom Kläger vorgeschlagenen Brandschutzanstrich im
Brandfalle keine schadensmindernde oder -begrenzende Wirkung zu
erwarten. Auch wird sich ein Brand durch Trockenfeuerlöscher nicht
eindämmen oder gar löschen lassen, zumal - worauf der Vertreter der
Feuerwehr ebenfalls hingewiesen hat - Feuerlöscher sinnvoll nur eingesetzt
werden können, wenn sie nahe genug an das Feuer herangeführt werden und
dies wiederum beträchtlichen Mut und Einsatz des Bedienenden
erfordert.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Schließlich kann der Kläger die Aufhebung der streitbefangenen
Ordnungsverfügung auch nicht deshalb beanspruchen, weil der Beklagte ihm
nicht zuvor Gelegenheit gegeben hat, sich zu den entscheidungserheblichen
Tatsachen zu äußern (vgl. § 28 Abs. 1 VwVfG NW). Unabhängig von der
Frage, ob die Anhörung - wie der Beklagte meint - aufgrund der bestehenden
Gefahrensituation im öffentlichen Interesse nach § 28 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG NW
entbehrlich war oder ob ein etwaiger Verstoß gegen das Anhörungsgebot
dadurch geheilt ist, daß sich der Kläger im Widerspruchsverfahren zur Sache
geäußert hat (vgl. § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG),</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 17. August 1982 - 1 C 22.81 -,
Die Öffentliche Verwaltung 1983, S. 286 -</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">scheidet ein solcher Anspruch nach § 46 VwVfG NW schon deshalb aus,
weil das Ermessen des Beklagten - wie ausgeführt - angesichts der
besonderen Umstände des vorliegenden Falles derart geschrumpft war, daß
er in der geschehenen Weise einschreiten mußte und somit keine andere
Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Nach alledem muß die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO
abgewiesen werden. Soweit das Verfahren sich in der Hauptsache erledigt
hat, entspricht es der Billigkeit (vgl. § 161 Abs. 2 VwGO), dem Beklagten die
Kosten aufzuerlegen, weil er die Ordnungsverfügung insoweit aufgehoben
hat, um ein drohendes Unterliegen zu vermeiden. Die Quotelung der Kosten
entspricht dem am festgesetzten Streitwert orientierten Verhältnis des
wechselseitigen Obsiegens und Unterliegens (vgl. § 155 Abs. 1 Satz 1
VwGO).</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kosten folgt
aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11 und 711 der Zivilprozeßordnung.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">
</p>
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315,594 | olgham-1985-11-11-4-uf-39185 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
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} | 4 UF 391/85 | "1985-11-11T00:00:00" | "2019-03-13T15:08:44" | "2019-03-27T09:42:43" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1985:1111.4UF391.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Dortmund vom 11. Juli 1985 wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand</b>:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger, der in Dortmund ein Geschäft für Schallplatten und Tonträger betreibt, hat gegen die Ehefrau des Beklagten ein Versäumnisurteil erwirkt, nach dem diese 1.095,-- DM nebst 12,5 % Zinsen seit dem 7. Dezember 1983 an ihn zu zahlen hat.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Nachdem die Zwangsvollstreckung gegen die Ehefrau des Beklagten fruchtlos geblieben ist, hat er am 31. Juli 1984 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluß erwirkt, mit dem die angeblichen Ansprüche der Schuldnerin des Klägers auf Zahlung von Unterhalt und Taschengeld gegen ihren Ehemann, den Beklagten, gepfändet und dem Kläger zur Einziehung überwiesen worden sind. Der Beschluß ist dem Beklagten am 2. August 1984 zugestellt worden (Ersatzzustellung an die Ehefrau).</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">In der Folgezeit gab der Beklagte weder die gemäß § 840 ZPO geforderten Erklärungen ab noch leistete er die verlangten Zahlungen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Mit seiner Klage hat der Kläger behauptet, das monatliche Einkommen des Beklagten betrage wenigstens 1.700,-- DM. Für drei Kinder erhalte er 360,-- DM Kindergeld pro Monat, das Kindergeld sei zu dem Einkommen hinzuzurechnen. Die Unterhaltsansprüche der 9, 8 und 2 Jahre alten Kinder würden zweimal 290,-- DM und einmal 240,-- DM betragen, so daß bei einem Selbstbehalt des Beklagten in Höhe von 990,-- DM seiner Ehefrau noch 350,-- DM pro Monat verbleiben würden. Davon stehe dieser ein monatliches Taschengeld in Höhe von 50,-- DM zu. Dementsprechend habe der Beklagte von August 1984 an monatlich 50,-- DM zu leisten, bis die Forderung getilgt sei. Seit diesem Zeitpunkt sei der Beklagte in Verzug, so daß er 11,5 % Zinsen zu entrichten habe, da er - der Kläger - mit Bankkredit arbeite, für den er Zinsen in dieser Höhe zu entrichten habe.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">den Beklagten zu verurteilen, an ihn 300,-- DM nebst 11,5 % Zinsen von je 50,-- DM seit dem 31. August, 30. September, 31. Oktober, 30. November, 31. Dezember 1984 und 31. Januar 1985 zu zahlen, ferner, beginnend mit dem 1. Februar 1985 monatlich 50,-- DM an ihn zu zahlen, bis die Gesamtschuld von 1.095,-- DM nebst 12,5 % Zinsen seit dem 7. Dezember 1983 zuzüglich 263,29 DM Kosten des Mahnverfahrens nebst 4 % Zinsen seit dem 17. Februar 1984 zuzüglich 127,08 DM Vollstreckungskosten und 77,58 DM Gebühren für den Pfändungs- und Überweisungsbeschluß getilgt sei.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht - Familiengericht - hat durch, das angefochtene Urteil vom 11. Juli 1985 bei Säumnis des Beklagten die Klage abgewiesen, da es sie für nicht schlüssig erachtet hat. Es hat im wesentlichen ausgeführt, daß ausgehend von den Angaben des Klägers der Beklagte nicht hinreichend leistungsfähig sei, um seiner Ehefrau ein Taschengeld zahlen zu können.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Er wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und führt ergänzend aus, den Kindern des Beklagten stehe nicht einmal der sogenannte Mindesttabellensatz, sondern allenfalls ihnen gemeinsam ein Betrag von 500.-- DM zu. Von dem Restbetrag in Höhe von 1.560,-- DM könne der Beklagte seiner Ehefrau ein Taschengeld bezahlen, das nach der Entscheidung des OLG Zweibrücken in FamRZ 1980, 445, 446 5 % des Nettoeinkommens des Beklagten betrage.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Mit Schriftsatz vom 30. Oktober 1985, dessen Abschriften am 4. November 1985 an den Beklagten herausgegangen sind, hat der Kläger ergänzend vorgetragen, das Nettoeinkommen des Beklagten habe sich "infolge zwischenzeitlich eingetretener Lohnsteigerungen" auf 1.900,-- DM erhöht. Zuzüglich eines Kindergeldes in Höhe von 370,-- DM sei also von einem Gesamteinkommen des Beklagten in Höhe von 2.270,-- DM auszugehen. Bei einem Bedarf der Kinder von nach wie vor 500,-- DM würden dem Beklagten und seiner Ehefrau noch 1.770,-- DM zur Verfügung stehen, also ausreichend, um einen Taschengeldanspruch der Ehefrau des Beklagten zu bejahen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">das angefochtene Urteil abzuändern und nach seinem erstinstanzlich gestellten Antrag zu erkennen, ferner, durch Versäumnisurteil zu erkennen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte ist trotz ordnungsgemäßer Ladung unter dem 12. Oktober 1985 zu dem Senatstermin am 11. November 1985 nicht erschienen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks"><u><b>Entscheidungsgründe</b>:</u></p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist zulässig, sachlich aber nicht gerechtfertigt.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Da der Berufungsbeklagte zum Senatstermin nicht erschienen ist und der Berufungskläger gegen ihn das Versäumnisurteil beantragt hat, war das tatsächliche mündliche Vorbringen des Berufungsklägers als zugestanden anzunehmen. Ausgenommen davon bleibt das Vorbringen, der Berufungsbeklagte verdiene nun netto 1.900,-- DM im Monat, da dieser Vortrag dem Berufungsbeklagten nicht rechtzeitig mittels Schriftsatzes mitgeteilt worden ist (§ 335 Abs. 1 Nr. 3 ZPO).</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Das damit zugrunde zu legende Vorbringen des Berufungsklägers rechtfertigt den Berufungsantrag nicht, so daß die Berufung zurückzuweisen war (§ 542 Abs. 2 ZPO).</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Ehefrau des Beklagten hat gegen diesen seit dem 2. August 1984 - dem Tag, an dem die Pfändung gemäß § 829 Abs. 3 ZPO als bewirkt anzusehen ist - zumindest zum derzeitigen Zeitpunkt keinen Anspruch auf Taschengeld gemäß § 1360 a BGB, so daß der Kläger auch nicht einen derartigen Anspruch im eigenen Namen gegen den Beklagten geltend machen kann.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Frage, ob ein Taschengeldanspruch überhaupt pfändbar ist (vgl. zum umfangreichen Streitstand Palandt/Diederichsen, BGB-Kommentar, 44. Aufl. 1985, § 1360a BGB Anm. 1, c), braucht hier schon deshalb nicht erörtert zu werden, da ein solcher Anspruch im vorliegenden Fall nicht besteht, so daß - eine wirksame Pfändung unterstellt - der Kläger gleichwohl keinen Anspruch haben würde.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Zwar steht einer nicht berufstätigen Ehefrau gegen ihren Ehemann im allgemeinen ein Anspruch auf Taschengeld zu, wie es der gefestigten Meinung in Literatur und Rechtsprechung entspricht (vgl. Palandt/Diederichsen a.a.O., Anm. 1, c; Soergel/Lange, BGB-Kommentar, 11. Aufl. 1981, § 1360 a BGB Rn. 8; Münchener Kommentar zum BGB, Band 5, 1978, § 1360 a BGB Rn. 16; Göppinger, Unterhaltsrecht, 4. Aufl. 1981, Rn. 462; Köhler, Handbuch des Unterhaltsrechts, 6. Aufl. 1983, Rn. 199; OLG Zweibrücken FamRZ 1980, 445 f.; OLG Hamm FamRZ 1978, 602 f.; OLG Celle NJW 1962, 1731 f.; RGZ 97, 286 ff., 289), wobei das Taschengeld durchgehend so definiert wird, daß der Anspruchsberechtigte damit seine reinen Privatinteressen befriedigen kann, ohne dem Ehegatten über die Art der Verwendung Rechenschaft zu schulden.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Aus dieser Definition des Begriffs "Taschengeld", das danach der Befriedigung der reinen Privatinteressen des jeweiligen Ehepartners dient, folgt aber auch die Begrenzung des Anspruchs auf Taschengeld im Einzelfall. Denn mit dem Hinweis auf die reinen Privatinteressen des Berechtigten hängt nicht nur die Höhe des Taschengeldanspruchs, sondern auch seine Entstehung überhaupt davon ab, ob die wirtschaftlichen Verhältnisse - das Vermögen und Einkommen, der Lebensstil und die Zukunftsplanung - der Familie insgesamt eine solche Ausgabe sinnvollerweise zulassen (vgl. Soergel/Lange, a.a.O.; OLG Zweibrücken FamRZ 1980, 446).</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Damit muß aber jeder Taschengeldanspruch - sei es, daß er prozentual am Nettoeinkommen des Pflichtigen gemessen wird, sei es, daß er in festen Beträgen ermittelt wird - zumindest an der Grenze scheitern, an der das Einkommen allenfalls dazu ausreicht, daß mit ihm der notwendige Familienunterhalt bestritten werden kann.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Bei der Ermittlung dieser Grenze ist von einem Nettoeinkommen des Beklagten von 1.700,-- DM auszugehen. Denn das Kindergeld ist grundsätzlich kein unterhaltspflichtiges Einkommen (vgl. BGH FamRZ 1978, 177 f.; 1984, 769.ff.), sondern es dient dazu, aus familienpolitischer Sicht die Unterhaltslasten beider Eltern zu erleichtern, so daß es auch hier außer Betracht zu bleiben hat.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Ein Nettoeinkommen von 1.700,-- DM für eine fünfköpfige Familie bedeutet aber, daß die Grenze, von der ab es keinen Taschengeldanspruch mehr gibt, wenigstens erreicht, wenn nicht sogar deutlich überschritten ist. Denn allein der Bedarf der drei Kinder hat - gemessen an der untersten Bedarfsgrenze gemäß § 1610 Abs. 3 BGB gegenüber nur <u>einem</u> Elternteil bei einem entsprechenden Naturalunterhalt des anderen Elternteils - 1984 insgesamt wenigstens 709,-- DM und ab 1985 780,-- DM im Monat betragen. Damit verbleiben dem Beklagten und seiner Ehefrau für 1984 monatlich 991,-- DM, ab 1985 920,-- DM. Diese Beträge decken nicht einmal die Mindestbedarfsätze der Eheleute ab und reichen kaum dazu aus, den notwendigen Familienunterhalt zu sichern (vgl. dazu auch OLG Zweibrücken, a.a.O.). Für einen Taschengeldanspruch der Ehefrau des Beklagten ist bei einer derartigen wirtschaftlichen Lage der Familie kein Raum mehr.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10 ZPO.</p>
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315,595 | lg-dusseldorf-1985-11-08-13o17683 | {
"id": 808,
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"slug": "lg-dusseldorf",
"city": 413,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 13O176/83 | "1985-11-08T00:00:00" | "2019-03-13T15:08:45" | "2019-03-27T09:42:43" | Urteil | ECLI:DE:LGD:1985:1108.13O176.83.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>1.</p>
<p>Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt,</p>
<p>a)</p>
<p>an die Volksbank N eG, als Zessionarin zugunsten des Kreditkontos 126o/1754/5 des Klägers DM 6.49o,o6 nebst 1,1 % Zinsen aus DM 6.o18,66 monatlich ab dem 14. Juni 1983 zu zahlen;</p>
<p>b)</p>
<p>an den Kläger DM 3o8,74 nebst 4 % Zinsen jährlich ab dem 5. Februar 1983 zu zahlen.</p>
<p>2.</p>
<p>Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits als Gesamtschuldner zu tragen.</p>
<p>3.</p>
<p>Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von DM 9.ooo,-- vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Die Sicherheit kann auch in Form einer selbstschuldnerischen Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Großbank oder Sparkasse erbracht werden.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:7px">Der Kläger begehrt Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall. Er trägt dazu vor, daß er am 3. Januar 1983 gegen 21.oo Uhr auf der S Straße vor einer Ampel in einen Auffahrunfall verwickelt worden sei. Der Zeuge E habe mit seinem Pkw Ford-Taunus vor dieser Ampel angehalten, nach dem diese auf rot umgeschlagen sei. Der ihm folgende Kläger sei mit seinem Pkw Renault R 5 hinter E ebenso zum Stehen gekommen, wie der hinter dem Kläger fahrende Zeuge T mit seinem Opel-Senator, von dem der Kläger zuvor den Pkw R5 gekauft habe. Einige Sekunden später sei dann der Erstbeklagte mit dem bei der Zweitbeklagten versicherten Mercedes-Benz Combi auf den Pkw des Zeugen T gefahren und habe diesen gegen den Pkw des Klägers geschoben. Dadurch wiederum sei der R 5 des Klägers gegen den Pkw des Zeugen E gestoßen worden.</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:7px">Der Kläger beziffert seinen hierdurch entstandenen Unfallschaden wie folgt:</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:7px">1. Fahrzeugtotalschaden: DM 5.011,-</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:7px">2. Ab- und Anmeldekosten: DM 100,-</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:7px">3. Gutachterkosten: DM 392,70</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:7px">4. Mietwagenkosten abzüglich Eigenersparnis: DM 760,70</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:7px">5. Unkostenpauschale: DM 30,-</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:7px">6. Kosten einer Taxifahrt nach Hause: DM 33,-</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:7px">7. Finanzierungskosten: <u>DM 471,-</u></p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:7px">DM 6.798,80</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:7px">Er habe einen Teil dieses Anspruchs in Höhe von DM 6.480,06 sicherungshalber unter Beibehalt seiner Einziehungsbefugnis an die im Tenor genannte Bank abgetreten.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:7px">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:102px">wie erkannt.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:103px">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der Erstbeklagte behauptet, es handele sich um einen gestellten Unfall. Die Zweitbeklagte bestreitet darüber hinaus, daß sich der vom Kläger geschilderte Unfall überhaupt zugetragen habe. Insbesondere meinen die Beklagten, daß das Schadensbild am Heck des R 5 des Klägers und an der Frontpartie des Opel des Zeugen T nicht zusammenpasse.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">Außerdem bestreiten die Beklagten die Höhe des geltend gemachten Schadens<b>, </b>insbesondere hinsichtlich der Finanzierung<b>.</b></p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">Das Gericht hat Beweis erhoben.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme und aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt und den Inhalt der beigezogenen Akten Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">Die Klage ist begründet.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die grundsätzliche gesamtschuldnerische Ersatzpflicht der Beklagten<b> </b>für den dem Kläger anläßlich des Unfallereignisses vom 3. Januar 1984, von<b> </b>dem das Gericht ausgeht, entstandenen Schaden folgt aus SS 7 Abs. 1 StVG, 823 Abs. 1, 249 Abs. 2 BGB, 3 Nr. 1 und 2 Pflichtversicherungsgesetz. Denn dieser Schaden ist beim Betrieb des bei der Beklagten zu 2. haftpflichtversicherten Kraftfahrzeuges, das der Erstbeklagte zum Unfallzeitpunkt steuerte, eingetreten.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:2px">1.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Nach Durchführung der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, daß sich am 3. Januar 1983 gegen 21.oo Uhr auf der S Straße vor<i> </i>der die Kreuzung mit dem I Weg sichernden Ampel ein Verkehrsunfall dergestalt ereignet hat, daß der Erstbeklagte mit dem bei der Zweitbeklagten versicherten Kraftfahrzeug Mercedes-Benz auf den Opel-Senator des Zeugen T aufgefahren ist, der seinerseits gegen den Pkw R 5 des Klägers prallte und diesen gegen den Pkw Ford-Taunus des Zeugen E schob, und daß dabei der vom Kläger geltend gemachte Fahrzeugschaden entstanden ist.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">Der Zeuge T bestätigte die Unfallschilderung des Klägers ebenso wie der Zeuge E, auf dessen Aussage sich das Gericht bei seiner Urteilsfindung aus Gründen, auf die unten eingegangen wird, jedoch nicht stützen möchte. Die Aussage des Zeugen T ist glaubhaft. Das folgt insbesondere daraus, daß diese Aussage in ihren wesentlichen Punkten mit den Angaben des Beklagten zu 1. übereinstimmt, die dieser anläßlich seiner informatorischen Anhörung vor Gericht gemacht hat. Der Erstbeklagte hat dabei nämlich ausgeführt, er sei mit den anderen unfallbeteiligten Fahrzeugen mit ca. 5o km/h Geschwindigkeit in einer Schlange gefahren. Als die fragliche Ampel auf gelb umgesprungen sei, habe er angenommen, daß die drei vor ihm fahrenden Fahrzeuge trotzdem noch über die Kreuzung fahren würden. Dies sei jedoch nicht der Fall gewesen, vielmehr hätten alle drei Fahrer plötzlich abgebremst. Dadurch sei er auf den letzten Wagen heckseitig aufgefahren und habe den vor ihm befindlichen Opel auf dessen Vordermann- einen Renault - aufgeschoben. Er nehme außerdem an, daß er dann noch den Renault auf den vor diesem stehenden Ford aufgeschoben habe.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">Der Pkw des Klägers, der ausweislich der glaubhaften Aussagen der Zeugen N <u>vor</u> dem Unfall am 3. Januar 1983 keinerlei Beschädigungen aufgewiesen habe, erlitt bei dem Unfall einen Totalschaden. Dies folgt aus dem Gutachten des Sachverständigen A vom 7. Januar 1983, das von dem seitens des Gerichts eingeholten Gutachten des Sachverständigen T1 vom 26. November 1984 voll bestätigt wird.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:4px">Daß es sich dabei nicht um einen echten Unfallschaden handelt, sondern um einen<i> </i>sogenannten gestellten Unfall, kann nicht angenommen werden. Zwar besteht der Verdacht, daß der Zeuge E mit seinem Abbremsen einen Auffahrunfall vor der Ampel provozieren wollte. Es sind aber keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß auch der Kläger und der Zeuge T diese Absicht hatten, und in bewußtem und gewollten Zusammenwirken den Unfall "vorbereitet" hätten. Die Beklagten hatten ihren dahingehenden Verdacht maßgeblich darauf gestützt, daß die Frontschäden des Opel-Senator des Zeugen T und die Heckschäden des R 5 des Klägers ihrer Auffassung nach nicht zusammenpassen. Dieser Verdacht wurde jedoch in der Beweisaufnahme nicht erhärtet. Der Sachverständige T1 hat nämlich sowohl in seinem schriftlichen Gutachten vom 26. November 1984 wie auch bei seiner persönlichen Anhörung am 8. November 1985 überzeugend ausgeführt, daß aus <u>technischer Sicht</u> nichts dagegen spricht, daß die Beschädigungen am Fahrzeug des Klägers nicht bei dem Unfallereignis vom 3.Januar 1983 von dem Fahrzeug des Beklagten zu 1., also durch Aufschieben des Opel-Senators des Zeugen T verursacht sein können.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:5px">Der von dem Beklagten gestellte Parteisachverständige A vermochte die Argumente des Sachverständige T1 nicht zu entkräften. Dieser führte nämlich aus, daß der Umstand, daß einmal der Opel-Senator im Bereich oberhalb der Stoßstange leichter zerstörbar ist, und daß zum anderen der R 5 mit einem integrierten, sich "regenerierenden" Kunststoffstoßteil ausgestattet ist, dazu führen kann, daß die Schäden so unterschiedlich schwer ausfallen, wie es hier der Sachverständige A beanstandet hat.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:5px">Als einziger Anhaltspunkt dafür, daß es sich bei dem Unfall nicht um ein zufälliges Ereignis gehandelt hat, verbleibt somit der gegen den Zeugen E gerichtete Verdacht. Dieser kann allerdings nicht den Kläger belasten, weil für eine Absprache zwischen E und dem Kläger keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich sind.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Dieser Unfall, von dem somit auszugehen ist, war für den Beklagten zu 1. nicht unabwendbar (§ 7 Abs. 2 StVG). Vielmehr trifft ihn am Zustandekommen des Unfalles ein erhebliches fahrlässiges Verschulden. Er hat nämlich auch seinen eigenen, anläßlich seiner informatorischen Anhörung gemachten Angaben trotz des Umsprunges der Ampel auf gelbes Licht nicht mit dem Anhalten der vor ihm fahrenden Personenkraftwagen gerechnet. Er wollte sogar - obwohl an vierter Position vor der Ampel -selbst noch diese passieren und hat sich nicht auf ein Bremsmanöver eingerichtet. Von einem Abbremsen ohne zwingenden Grund ($ 4 Abs. 1 Satz 2 StVO) seiner Vorderleute kann bei dieser Sachlage nicht gesprochen werden. Außerdem ist davon auszugehen, daß der Beklagte zu 1. dabei nicht den vorgeschriebenen Sicherheitsabstand zum vor ihm fahrenden Fahrzeuges des Zeugen T eingehalten hat (Verstoß gegen § 4 Abs. 1 Satz 1 StVO).</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Dagegen kann sich der Kläger nach § 7 Abs. 2 StVG entlasten: Er brauchte nicht mit dem Auffahren des Erstbeklagten und dem dadurch bedingten Aufschieben des Pkw des Zeugen T zu rechnen und konnte es auch nicht durch besondere Vorsicht abwenden. Damit kann der Kläger von den Beklagten gemäß §§ 7 Abs. 1 StVG, 823 Abs. 1, 249 Satz 2 BGB, 3 Nr. 1 und 2. Pflichtversicherungsgesetz den Ersatz seines gesamten Schadens verlangen.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">3.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">Die Höhe des Fahrzeugschadens wurde vom Sachverständigen T1 bestätigt, die Beklagten haben hiergegen keine Einwendungen erhoben.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">Die Kosten für Abmeldung des beschädigten Fahrzeuges und für Anmeldung eines Ersatzfahrzeuges in Höhe von DM 1oo,— erscheinen ebenso wie die Unkostenpauschale von DM 3o,— angemessen.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">Die Gutachterkosten sind ebenso wie die Mietwagen- und die Taxikosten durch Belege nachgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Die Darlehenskosten sind dem vom Kläger vorgelegten Kreditantrag zu entnehmen.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">4.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Die Zinsforderung des Klägers ist gemäß §§ 284, 288, 286 BGB begründet.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">5.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO; die Anordnung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht gemäß § 7o9 ZPO.</p>
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315,596 | olgk-1985-10-31-12-u-5585 | {
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"city": null,
"state": 12,
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"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 12 U 55/85 | "1985-10-31T00:00:00" | "2019-03-13T15:08:46" | "2019-03-27T09:42:43" | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1985:1031.12U55.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Unter Zurückweisung der Berufung des Klägers im übrigen wird das am 6. Februar 1985 verkündete Urteil der 23. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 23 0 662/83 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:</p>
<p>Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 12.434,54 DM (i.W.: zwölftausendvierhundertvierunddreißig 54/100 Deutsche Mark) nebst 4 % Zinsen seit dem 20. Juli 1983 Zug um Zug gegen Herausgabe des Gebrauchtfahrzeugs xxx Fahrge‑</p>
<p>stell-Nr. xxx zu zahlen.</p>
<p>Die weitergehende Klage wird abgewiesen.</p>
<p>Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 15/l00 und der Beklagte 85/100.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>- Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen. -</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"> Entscheidungsgründe</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist zulässig; sie ist auch zum überwiegenden</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Teil begründet. Der Beklagte ist dem Kläger aus dem Gebrauchtwagenkauf zum Schadensersatz verpflichtet. Der Schadensersatzanspruch ist allerdings nicht in der vollen, geltend gemachten Höhe begründet.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger kann von dem Beklagten im Wege des Schadensersatzes gemäß § 463 Satz 2 BGB den Kaufpreis von 14.500,--- DM zurückverlangen Zug um Zug gegen Herausgabe des gekauften Fahrzeuges; denn der Beklagte hat dem Kläger einen Mangel des Wagens arglistig verschwiegen, da er ihn nicht darüber aufgeklärt hat, daß das Fahrzeug vor der Zeit der einjährigen Benutzung durch ihn - den Beklagten - bereits fast l0.000 km als Testwagen bei der Firma xxx eingesetzt worden war.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Angesichts der Gesamtfahrleistung des Fahrzeuges von rund 20.000 km bei Übergabe kam dem Umstand, daß der Wagen davor rund 10.000 km als Testwagen gelaufen war, besondere Bedeutung zu, ohne daß hier die Frage entschieden werden muß, ob der Einsatz eines Wagens als Testfahrzeug grundsätzlich einen aufklärungsbedürftigen Mangel darstellt. Denn die atypische und nach der allgemeinen Lebenserfahrung ein Fahrzeug mehr als gewöhnlich strapazierende Art der Vorbenutzung als Testfahrzeug wirkt sich jedenfalls bei einem insgesamt nur wenig benutzten Fahrzeug ganz besonders aus. Der Verkäufer eines solchen Wagens muß den Käufer redlicherweise davon in Kenntnis setzen, um ihm die Möglichkeit zu geben, dies bei der Preisgestaltung mit einzubringen. Dabei kommt es nicht darauf an, daß die Testfahrten nur zur Erprobung des Fünf-Gang-Getriebes gedient haben und daß der Wagen hinterher einer gründlichen Inspektion unterzogen worden ist. Denn entscheidend ist nicht, ob der Wagen durch den Einsatz als Testwagen</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">- hier immerhin auf Fahrten bis Spanien - konkret eine Einbuße erlitten hat, sondern vielmehr darauf, daß nach der allgemeinen Verkehrsanschauung ein sogenanntes Testfahrzeug wertmäßig geringer eingeschätzt wird als ein Fahrzeug, das von privater Hand normal benutzt worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Haftung des Beklagten entfällt hier auch weder nach § 460 BGB noch nach § 464 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Bezüglich § 460 BGB, wonach der Verkäufer nicht haftet, wenn der Käufer den Mangel bei Abschluß des Kaufvertrages kennt, behauptet der Beklagte selbst nicht, daß der Kläger bereits bei Vertragsabschluß am 20. Juli 1983 die Vorbenutzung des Wagens als Testfahrzeug positiv gekannt habe. Entgegen den Ausführungen des Landgerichts reicht für einen Haftungsausschluß in einem Falle des arglistigen Verschweigens eines Mangels grob fahrlässige Unkenntnis nicht aus, § 460 Satz 2 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Aber auch ein Haftungsausschluß nach § 464 BGB wegen Kenntnis des Käufers vom Mangel der Sache bei deren Annahme scheidet aus. Denn als Ergebnis der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme ist nicht davon auszugehen, daß der Kläger bei Übergabe des Wagens am 22. Juli 1983 wußte, daß der Wagen als Testfahrzeug eingesetzt worden war. Die vom beweisbelasteten Beklagten benannte Zeugin xxx die Ehefrau desBeklagten, hat nichts bekundet, was im Ergebnis darauf schließen läßt, daß der Kläger positive Kenntnis von diesem Umstand hatte.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Zwar ergibt ihre Aussage, die insoweit auch glaubhaft wirkte, daß dem Kläger noch vor Übergabe <em>des</em> Wagens das Service-Heft übergeben worden, daß dabei über die Inspektion vor Zulassung des Wagens gesprochen worden ist und daß der Beklagte in diesem Zusammenhang auch darauf hingewiesen hat, daß das FünfGang-Getriebe überprüft worden sei. Die Zeugin hat jedoch selbst eingeräumt, daß das Wort "Testwagen" nicht gefallen und daß keine Rede davon gewesen sei, wie lange der Wagen im Rahmen der Prüfung des Fünf-Gang-Getriebes gefahren worden sei. Angesichts dessen ist <em>eine</em> positive Kenntnis von der Tatsache des Testwagens nicht nachgewiesen. Nach der Schilderung der Zeugin ist zumindest <strong>nicht</strong> auszuschließen, daß das Gespräch für den Kläger nur in dem Sinne zu verstehen war, daß speziell das Fünf-Gang-Getriebe des von ihm erworbenen Wagens einer besonderen Prüfung unterzogen worden ist, nicht aber, daß der Wagen ganz allgemein als Testwagen eingesetzt worden war. Auch der Umstand, daß der Kläger noch während dieses Gesprächs versucht haben soll, einen Preisnachlaß zu erzielen, läßt nicht den sicheren Schluß zu, er habe um die Testwagenbenutzung gewußt. Die Eigenschaft als Testwagen wäre für den Kläger ein überzeugendes Argument für eine Preisreduzierung gewesen - dies wäre in dem Gespräch mit Sicherheit deutlich zum Ausdruck gekommen. Indessen hat die Zeugin, die sichtlich bemüht war, alles ihr wesentlich Erscheinende zu bekunden, dazu aber nichts sagen können.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Ist demnach nicht nachgewiesen, daß der Kläger auf die Testwagenbenutzung hingewiesen worden ist, so kann ihm eine entsprechende Kenntnis auch nicht deshalb unterstellt werden, weil ihm das Service-Heft vorgelegen und er sich dieses auch angesehen hat. Denn eine solche positive Kenntnis vermag das Service-Heft nicht zu vermitteln. Aus ihm geht zwar hervor, daß der Wagen schon am 5. Mai 1982 - also vierzehn Monate vor Verkauf an den Kläger - 8.975 km gefahren war. Dies hätte den Kläger stutzig machen können, der den Wagen als sogenannten Jahreswagen - laut Kaufvertrag mit Erstzulassung am 1. Juli 1982 - vom Beklagten gekauft hatte. Jedoch ist offen, ob der Kläger diese Eintragung überhaupt wahrgenommen hat, weil es ihm bei Einsicht in das Service-Heft in erster Linie um die 20.000 km-Inspektion <em>ging,</em> die der Beklagte ihm zugesagt hatte; im übrigen hätte der Kläger damit noch immer nicht gewußt, daß diese km-Leistung von 8.975 km im Rahmen von Testfahrten erfolgt ist. Der Frage grob fahrlässiger Unkenntnis des Klägers mangels Nachfrage bzw. Bitte um Aufklärung braucht auch insoweit nicht nachgegangen zu werden, da diese für einen Haftungsausschluß nach § 464 BGB in keinem Fall ausreicht.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Kann der Kläger mithin dem Grunde nach Schadensersatz wegen Nichterfüllung infolge arglistigen Verschweigens eines Fehlers verlangen, so hat im Rahmen des sogenannten großen Schadensersatzes ein Austausch der erbrachten Leistungen stattzufinden. Der Kläger kann also den Kaufpreis von 14.500,-- DM Zug um Zug gegen Herausgabe des Wagens verlangen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat weiterhin Anspruch auf Ersatz von Mangelfolgeschäden, die hier in den</p>
<span class="absatzRechts">14</span><table class="absatzLinks" cellspacing="0" cellpadding="0"><tbody><tr><td><p>Radlager- und Achsschenkelreparaturkosten (Rechnung vom 6. September 1983) von Bremsbackenreparaturkosten (Rechnung vom 9. September 1983) von</p>
<p>Mietkosten für die Reparaturzeit von Kosten für die Schadensfeststellung von</p>
</td>
<td><p>270,41 DM</p>
<p>148,09 DM 186,91 DM 25,-- DM</p>
</td>
</tr>
</tbody>
</table>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">liegen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat den Eintritt dieser Schäden als Folge der Vorbenutzung des Fahrzeuges als Testwagen nicht substantiiert bestritten. Ihr Eintritt bereits sechseinhalb Wochen nach Fahrzeugübergabe bei einem im übrigen wenig gefahrenen Fahrzeug läßt darüber hinaus auf einen Kausalzusammenhang schließen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Nicht als Mangelfolgeschäden sind demgegenüber Kosten für eine elektrische Antenne von 107,73 DM und für die Anmeldung von 50,-- DM zu ersetzen. Infolge der langen Gebrauchszeit des Wagens durch den Kläger (über zwei Jahre) kann insoweit nicht mehr von nutzlosen Aufwendungen, die grundsätzlich ersetzbar sind (vgl. Reinking-Eggert, Der Autokauf, 2. Auflage, Rz 1047), gesprochen werden.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat aber weiterhin Anspruch auf Verwendungsersatz der während der Gebrauchszeit durch ihn gemachten <span style="text-decoration:underline">notwendigen</span> Verwendungen, §§ 467, 347 Satz 2, 994 Abs. 2, 683 BGB. Notwendige Verwendungen sind alle Aufwendungen, die die Kaufsache in ihrer Substanz erhalten, nicht aber die gewöhnlichen Erhaltungskosten, die durch normalen Gebrauch und damit verbundenen Verschleiß verursacht sind (vgl. Staudinger-Gursky, BGB, 12. Auflage, § 994 Rz 27). Als notwendige Verwendungen sind hier zu ersetzen:</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Zündschloßstecker (Rechnung vom 11. April 1984)              68,51 DM</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Auspuff (Rechnung vom 8. Februar 1985)                       1.030,07 DM</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Temperaturschalter (Rechnung vom 11. Juni 1985)              70,09 DM.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Nicht ersatzfähige gewöhnliche Erhaltungskosten sind demgegenüber die Kosten für Reifen (224,58 DM und 339,-- DM) und TÜV-Kosten (31,36 DM).</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Als Mangelfolgeschäden und Verwendungsersatz verbleiben mithin ingesamt 1.799,08 DM. Dieser Betrag ergibt zusammen mit dem Kaufpreis</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">von              <span style="text-decoration:underline">14.500,-- DM</span></p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">einen Betrag von 16.299,08 DM,von dem im Wege der Vorteilsausgleichung die vom Kläger infolge Gebrauchs gezogenen Nutzungsvorteile abzuziehen sind. Diese sind vom Kläger - vom Beklagten nicht angegriffen -mit 1 % des Kaufpreises / 1.000 km berechnet. Der vom Kläger in der letzten mündlichen Verhandlung angegebene km-Stand beträgt 47.097 km, laut Service-Heft hat er den Wagen am 22. Juli 1983 mit einem km-Stand von 20.445 km übernommen, er ist also 26.652 km gefahren, so daß <span style="text-decoration:underline">26.652 x 145,-- DM</span> _ 3.864,54 DM als Nutzungsentschädigung 1.000 anzurechnen sind; der an sich bestehende Schadensersatzanspruch von 16.299,08 DM reduziert sich also um den Betrag von 3.864,54 DM auf 12.434,54 DM.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die in Höhe von 14.563,14 DM erhobene Klage ist damit in der Hauptsache in Höhe von 12.434,54 DM begründet. Entsprechendes gilt für den Erfolg der Berufung; in Höhe von 2.128,60 DM sind Klage und Berufung mithin unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Der Zinsanspruch von 4 % ab 20. Juli 1983 ist gemäß g 467, 347 Satz 3 BGB begründet.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus g 708 Nr. 10, 713 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Streitwert für die zweite Instanz:              14.563,14 DM</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Beschwer für den Kläger:                          2.128,60 DM</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Beschwer für den Beklagten:                   12.434,54 DM.</p>
|
315,597 | lg-aachen-1985-10-30-7-s-20085 | {
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"name": "Landgericht Aachen",
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} | 7 S 200/85 | "1985-10-30T00:00:00" | "2019-03-13T15:08:48" | "2019-03-27T09:42:42" | Urteil | ECLI:DE:LGAC:1985:1030.7S200.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Beklagten und Widerklägers gegen das am 17. Mai 1985 verkündete Urteil des Amtsgerichts Aachen - 15 C 81/85 - wird zurückgewiesen. </p>
<p></p>
<p>Der Beklagte und Widerkläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Absatz 1 ZPO abgesehen.</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:</u></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Berufung des Beklagten und Widerklägers ist zulässig. Sie ist an sich statthaft sowie form-- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache selbst hat sie jedoch keinen Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat die Widerklage des Beklagten zu Recht abgewiesen, mit der dieser Ersatz des Schadens geltend gemacht hat und im Berufungsrechtszug weiterhin geltend macht, der ihm durch den Verkehrsunfall vom 27. Mai 1984 um 2.25 Uhr auf der L Straße in B in Höhe des Hauses Nr. ## entstanden ist. </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Es kann dahingestellt bleiben, ob die Voraussetzungen der §§ 7 Straßenverkehrsgesetz - StVG -, 3 Pflichtversicherungsgesetz für eine Haftung der Widerbeklagten gegeben sind oder ob der Unfall sich für sie als unabwendbar darstellt, so dass eine Haftung bereits nach § 7 Absatz 2 StVG ausscheidet. Jedenfalls folgt aus § 17 StVG, dass der Beklagte seinen Schaden allein zu tragen hat, weil er ihn so überwiegend verschuldet hat, dass daneben die von den Widerbeklagten zu vertretenden Unfallursachen ohne Gewicht sind.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Dem Beklagten ist ein Verstoß gegen § 10 Satz 1 Straßenverkehrsordnung - StVO- anzulasten, wonach derjenige, der vom Fahrbahnrand anfahren will, sich so zu verhalten hat, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Bereits die bloße Tatsache des Zusammenstoßes rechtfertigt hier nach den Regeln des Anscheinsbeweises (vergleiche hierzu Jagusch-Henschel, Straßenverkehrsrecht, Einleitung, Randnummer 157 a mit weiteren Nachweisen) die Annahme, dass der Beklagte und Widerkläger seiner Verpflichtung, sich so zu verhalten, dass eine Gefährdung - und erst recht eine Schädigung - anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen war, nicht nachgekommen ist. Der Anscheinsbeweis ist auch nicht erschüttert. </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Widerbeklagte zu 2), welche als Teil des fließenden Verkehrs die L Straße befuhr, war gegenüber dem Beklagten bevorrechtigt und durfte darauf vertrauen, dass der Beklagte diesen Vorrang beachten werde (vergleiche BGH, Beschluss vom 06.12.1978, VRs 56 Seite 202 f., Randnummer 96 mit weiteren Nachweisen). Allerdings weist der Beklagte in der Berufungsbegründung zutreffend daraufhin, dass der Bundesgerichtshof in der angeführten Entscheidung auch darauf hingewiesen hat, dass der fließende Verkehr trotz seines Vorrangs auf einen Anfahrenden Rücksicht nehmen muss, seine ungehinderte Weiterfahrt nicht erzwingen darf und gegebenenfalls das Ein- oder Anfahren durch Verringern seiner Geschwindigkeit erleichtern muss, da sonst im Straßenverkehr jedes Ein- oder Anfahren zum Erliegen komme. Im vorliegenden Falle </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">gebot die Rücksichtnahme auf das durch Blinkzeichen angekündigte Vorhaben des Beklagten, auf die L Straße auszuparken, jedoch kein Abbremsen oder Ausweichen der Widerbeklagten zu 2), vielmehr konnte der Beklagte die Widerbeklagte zu 2) vorbeifahren lassen und sich danach in den fließenden Verkehr begeben, denn zu der Nachtzeit, zu der der Unfall sich ereignete, ist auf der L Straße nur wenig Verkehr.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beruft sich ohne Erfolg darauf, die Widerbeklagte zu 2) sei zunächst auf der linken Fahrspur der L Straße gefahren und ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, als er in die rechte Fahrspur einfuhr, in diese hinübergewechselt. Ein solcher Fahrspurwechsel ist, wie sich insbesondere dem Inhalt der beigezogenen Akten 56 OW 63 Js 1543/84 370/84 des Amtsgerichts Aachen ergibt - von der Widerbeklagten zu 2 ) stets nachdrücklich bestritten und nicht bewiesen worden. Es wird hierzu auch kein Beweisantritt von dem beweispflichtigen Beklagten gebracht.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Den Widerbeklagten kann der Alkoholgenuss der Widerbeklagten zu 2) nicht angelastet werden, obwohl er recht erheblich gewesen ist. Es lässt sich nicht feststellen, dass der Alkoholgenuss der Widerbeklagten zu 2) für den Unfall ursächlich gewesen sei. Ein Anscheinsbeweis dafür, dass ein Unfall eines unter Alkoholeinfluss stehenden Kraftfahrers auf der Beeinflussung durch Alkohol beruht, kommt nur dann in Betracht, wenn der Unfall sich in einer Verkehrslage und unter Umständen ereignet hat, die ein nüchterner Fahrer hätte meistern können, (vergleiche BGH, Urteil vom 20.10.1964, Versicherungsrecht 1965, Seite 81 f. mit weiteren Nachweisen; BGH Urteil vom 04.11.1966, Versicherungsrecht 1967, Seite 82 mit weiteren Nachweisen). Die genannten Voraussetzungen für die Anwendung des Anscheinsbeweises zu Lasten der Widerbeklagten liegen nicht vor. Die Kammer teilt nicht die in der Berufungsbegründung geäußerte Auffassung des Beklagten. </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Wäre die Widerbeklagte zu 2) nüchtern gewesen, so hätte sie rechtzeitig das Blinkzeichen des Beklagten erkannt und entsprechend reagiert, sie habe also in einer Lage versagt, die ein nüchterner Fahrer gemeistert hätte. Auch ein nüchterner Fahrer hätte nach Auffassung der Kammer darauf vertrauen dürfen, (vergleiche BGH, Beschluss vom 06.12.1978, a.a.O.) und wohl auch darauf vertraut, der Beklagte werde ihm auf der schnellen L Straße den Vorrang lassen und erst anfahren, wenn ein </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">fließender Verkehr mehr behindert oder gefährdet werden könne. Auch ein nüchterner Fahrer hätte möglicherweise den Zusammenstoß durch ein Ausweichen nach links nicht verhindern können. Der Schaden am Fahrzeug des Klägers ist rechts hinter dem vorderen rechten Kotflügel eingetreten. Dies legt die Annahme nahe, dass die Widerbeklagte zu 2) sich bereits in unmittelbarer Höhe des Fahrzeuges des Beklagten zu 1) befand, als dieser die Parklücke verließ, und also auch für einen nüchternen Fahrer kaum genügend Zeit bestand, um nach links auszuweichen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 515 Absatz 3 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks"><u>Streitwert für das Berufungsverfahren:</u> bis zum 10. Juli 1985:</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">5.464,87 DM,</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">seit dem 10. Juli 1985:</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">2.156,10 DM</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Dr. T N T1</p>
|
315,598 | olgk-1985-10-29-ss-30185 | {
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"name": "Oberlandesgericht Köln",
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"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | Ss 301/85 | "1985-10-29T00:00:00" | "2019-03-13T15:08:49" | "2019-03-27T09:42:42" | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1985:1029.SS301.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p><strong>Die Revision der Angeklagten wird verworfen.</strong></p>
<p><strong>Die Angeklagte trägt die Kosten der Revision einschließlich der den Nebenklägern entstandenen notwendigen Auslagen.</strong></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><strong>Gründe:</strong></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><strong>Das Amtsgericht hat die Angeklagte wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 80,- DM verurteilt.</strong></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks"><strong>Das Landgericht hat die Berufung der Angeklagten verworfen. Es hat im wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:</strong></p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks"><strong>Die Angeklagte ist Lehrerin an einer Hauptschule. Zur Tatzeit war sie Klassenlehrerin einer Klasse 6; die Klasse bestand aus 30 Kindern, darunter 10 oder 11 türkischen Kindern. Zu diesen gehörte auch die damals 14jährige H. Am 9.7.1982 unternahm die Angeklagte mit ihrer Klasse einen Tagesausflug zu einem Badesee, wo man baden und grillen wollte. Bei diesem See handelt es sich um <em>eine</em> ehemalige Kiesgrube; das Baden und Schwimmen in jenem See ist im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Gemeingebrauchs zulässig, Schilder weisen</strong></p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks"><strong>darauf hin, daß das Baden im See auf eigene Gefahr erfolgt. Bei schönem Wetter ist das Gebiet um den See herum manchmal von mehreren tausend Badegästen bevölkert. Eine Badeaufsicht besteht nicht.</strong></p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks"><strong>Die Angeklagte hatte einige Vorbereitungen für diesen Ausflug getroffen: Bereits anläßlich eines früheren Ausflugs (vom 22.06.1982) hatte sie die Schüler darauf hingewiesen, daß das Schwimmen im Baggersee wegen des Auftretens von kalten und warmen Strömungen nicht</strong> ungefährlich <strong>sei, auch werde der Untergrund plötzlich tiefer. Nichtschwimmer sollten deshalb nur im knietiefen Wasser plantschen dürfen. Gegen Vorlage einer schriftlichen Einverständniserklärung der Eltern sollten schwimmkundige Kinder im brusttiefen Wasser schwimmen dürfen. Drei Kinder hatten seinerzeit eine solche Erlaubnis vorlegen können, nicht aber die später Geschädigte. Jener Ausflug vom 22.06. 1982 war ohne Zwischenfälle verlaufen. Vor dem nunmehr anstehenden Ausflug am 09.07.1982 hatte die Angeklagte ihre Schüler erneut auf die ihnen früher gegebenen Verhaltensmaßregeln hingewiesen. Diesmal konnte sie <em>neun</em> oder zehn schriftliche Erklärungen von Schülereltern einsammeln, die bestätigten, daß ihr Kind schwimmen könne und auch zustimmten, daß ihr Kind bei dem Ausflug im See schwimmen dürfe. Auch. H legte eine solche Erklärung vor. Sie war jedoch gefälscht: Eine Mitschülerin hatte den Text aufgesetzt, H selbst hatte ihn mit dem Namenszug ihres Vaters unterschrieben. Die Angeklagte verließ sich darauf, daß die Bescheinigung von den Eltern ausgestellt sei und daß diese den Sinn der Erklärung auch verstanden hätten. Sie kannte Hs Mutter; in einem Gespräch mit ihr hatte sie feststellen können, daß man sich mit ihr in der deutschen Sprache halbwegs verständigen konnte, teilweise war H als Dolmetscherin eingesprungen. Ob die Mutter der später Geschädigten die deutsche Sprache auch lesen konnte, wußte die Angeklagte nicht, den Vater kannte sie nicht. Die Angeklagte hatte die Schüler auch darauf hingewiesen, daß Luftmatratzen zum See mitgenommen werden durften; auf dem Wasser durften sie jedoch nur nach vorheriger Absprache mit ihr benutzt werden. Der Klassenausflug war der Schulleitung angekündigt worden. Die Angeklagte, die nicht im Besitz eines Rettungsschwimmerzeugnisses ist, hatte sich bei der Schulleitung nicht um eine zweite Aufsichtsperson bemüht, da sie aus der Vergangenheit wußte, daß solchen Anträgen aus Gründen des Personalmangels ohnehin nicht stattgegeben wurde.</strong></p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks"><strong>Am Morgen des 09.07.1982 fuhren die Angeklagte und ihre Klasse mit einem Bus zum See; es herrschte hochsommerliches, schönes Wetter. Dort angekommen, trennte man sich von einer Klasse des 8. Schuljahres, die in Begleitung eines männlichen Kollegen der Angeklagten mitgefahren war, und lagerte in der Nähe des Ufers; die andere Klasse begab sich zu einer nahegelegenen Landzunge, wo sie sich niederließ.</strong></p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks"><strong>Wie schon beim Ausflug zuvor wies die Angeklagte ihren an diesem Tage 26 Schülern eine Stelle am Ufer zu, wo der vorangegangenen Absprache gemäß im knietiefen Wasser geplantscht bzw. im brusttiefen Wasser gebadet werden durfte. Die Angeklagte hatte diese Stelle bei einem früheren Besuch ausgesucht: Sie hatte vom Ufer aus das Treiben anderer Badegäste beobachtet und glaubte nun einschätzen zu können, an welcher Stelle das Wasser wie tief sei. In der Folgezeit vergnügten sich die Kinder teils im Wasser, teils am Ufer, wo die Vorbereitungen für das Grillen getroffen wurden. Zwei Schülerinnen machten sich mit Zustimmung der Angeklagten daran, um den <em>See</em> zu wandern, kehrten jedoch bereits kurze Zeit später wieder zur Lagerstelle zurück. Im Verlaufe des Vormittags ließ die Angeklagte für einen kurzen Zeitraum ihre Schüler allein und begab sich in Begleitung der später Geschädigten und einer anderen türkischen Mitschülerin, der Zeugin B, zu der nahegelegenen Landzunge; die Angeklagte erklärt dies heute unwiderlegt damit, sie habe den zwischen den Lagerplätzen der beiden Klassen liegenden Ufersaum abgehen wollen, um nach Schülern zu sehen, die sich möglicherweise von ihren Klassen entfernt hatten. Nach einem kurzen Gespräch mit ihrem Kollegen trat die Angeklagte in Begleitung von B den Rückweg an, H blieb zunächst zurück.</strong></p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks"><strong>Wieder am Lagerplatz ihrer Klasse angelangt, setzte sich die Angeklagte in die Nähe des Ufers und schaute dem Treiben der Kinder zu. Es herrschte an diesem heißen Sommertag reger Badebetrieb, auch in unmittelbarer Nähe der Gruppe der Angeklagten hielten sich viele Badegäste auf, es wurde geschwommen und auf Surfbrettern gesegelt. Das nun folgende Geschehen blieb von der Angeklagten <span style="text-decoration:underline">unbemerkt:</span> H war vom Lagerplatz der anderen Klasse zurückgekehrt. Zusammen mit ihrer Freundin B nahm sie eine Luftmatratze, die zuvor an Land gelegen hatte, und ließ sie zu Wasser. Beide Mädchen paddelten - auf der Luftmatratze einander gegenübersitzend - auf den See hinaus, nur wenige Meter abseits des für die Kinder freigegebenen Badeplatzes. Dort geschah in geringer Entfernung vom Ufer gegen 10.40 Uhr das Unglück: H verlor das Gleichgewicht und</strong> kippte <strong>von der Luftmatratze ins <em>Wasser. Sie,</em> die (entgegen der gefälschten Bescheinigung) nicht oder nur wenig schwimmen konnte, ging sofort unter. B hatte sich auf der Luftmatratze halten können. Sie paddelte zum Ufer zurück und rannte auf die Angeklagte zu, die noch immer ahnungslos am Ufer saß, ihrer nicht widerlegten Einlassung zufolge nur 15 bis 20 Meter vom Unglücksort entfernt. Von B über das Unglück informiert, rannte sie zu dem an die Unglücksstelle grenzenden Seeufer, im Laufen entledigte sie sich ihres T-Shirts und ihrer Armbanduhr. Als sie dort ankam, hatten bereits zwei andere, fremde Badegäste die Suche nach der Verunglückten aufgenommen; von den Hilferufen Bs aufmerksam gemacht, versuchten sie vergeblich, nach der Verunglückten zu tauchen. Die Angeklagte selbst bieb vor Aufregung zitternd in oder am Wasser stehen.</strong></p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks"><strong>Für H kam jede Hilfe zu spät: Erst gegen 11.31 Uhr</strong> (50 <strong>Minuten später) wurde sie durch eine an den Unglücksort gerufene Tauchergruppe ca. 5 m vom Ufer entfernt in einer Tiefe von etwa 3 m gefunden. Sofort eingeleitete Wiederbelebungsversuche durch den Notarzt blieben erfolglos. Die drei Tage später durchgeführte Obduktion ergab eindeutig, daß die organisch gesunde H den Ertrinkungstod gestorben war.</strong></p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks"><strong>Das Landgericht hat die Ansicht vertreten, schon die Auswahl <em>des</em> Ausflugsziels sei pflichtwidrig gewesen, da der Baggersee für derartige Schulveranstaltungen völlig ungeeignet sei; die Angeklagte habe auch nicht auf die von den Schülern vorgelegten Erklärungen der Eltern vertrauen dürfen; schließlich habe die Angeklagte im Zeitpunkt des Unglücksfalls ihre Pflicht zu einer ausreichenden Beaufsichtigung der Kinder vernachlässigt; alle aufgezeigten</strong></p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks"><strong>Pflichtverstöße seien für den Unglücksfall kausal gewesen.</strong></p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks"><strong>Die Revision der Angeklagten, mit der Verletzung materiellen Rechts gerügt wird, ist nicht begründet.</strong></p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks"><strong>Die Feststellungen des Landgerichts tragen den Schuldspruch.</strong></p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks"><strong>Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht schon die Auswahl des Ausflugsziels als pflichtwidrig angesehen.</strong></p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks"><strong>Dem Urteil kann allerdings nicht entnommen werden, ob die Auswahl des Ausflugsziels den Richtlinien für Schulwanderungen und Schulfahrten entsprach - wie die Revision behauptet - oder ob schon die Richtlinien mißachtet worden sind. Richtlinien des Kultusministers sind keine Rechtsnormen, sondern sind - ebenso wie z.B. Verwaltungsanordnungen, Dienstvorschriften der Bundesbahn oder Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaften - <em>Gegenstand</em> tatsächlicher, das Revisionsgericht bindender Feststellungen des Tatrichters (vgl. RGSt 52,42; 53,134; BGH VRS 16,53; OLG Hamburg NStZ 1984,273; Meyer in Löwe/Rosenberg, StPO, 23.Aufl., § 337 Rdnr.8; KK-Pikart, StPO § 337 Rdnr.14; Dahs/Dahs, Die Revision im Strafprozeß, 3.Aufl., Rdnr.22). Der Senat kann daher nicht selbst die zur Tatzeit geltenden Richtlinien feststellen und auslegen. Für die Entscheidung kommt es aber im vorliegenden Fall <em>auf</em> den Inhalt der Richtlinien nicht an. Hätte die Angeklagte schon nach den Richtlinien den Ausflug zu dem Baggersee nicht ausführen dürfen, könnte dies zwar zur Begründung der Pflichtwidrigkeit der Angeklagten herangezogen werden. Die Nichterörterung dieses Umstands belastet sie aber nicht. Würde dagegen die Auswahl des Ausflugsziels noch nicht gegen die Richtlinien verstoßen, so stände dies nicht der Annahme einer Pflichtwidrigkeit im konkreten Fall entgegen (vgl. RGST 52,42; 33,134; Dreher/Tröndle, StGB, 42.Auf1., § 15 Rdnr.16). Erfordern die Umstände erkennbar über die Richtlinien hinausgehende Schutzvorkehrungen, so muß der Lehrer sie treffen (vgl. Heckel/Seipp, Schulrechtskunde, 4.Auf1., S.235).</strong></p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks"><strong>Jedem Lehrer obliegt die Amtspflicht, die ihm anvertraute Schuljugend im Schulbetrieb vor gesundheitlichen Schäden zu bewahren; er ist verpflichtet, die Gefahren so niedrig wie den Umständen nach möglich und geboten zu halten; er muß die entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen ergreifen und gegebenenfalls, wenn sich ausreichende Vorkehrungen nicht treffen lassen, von einer gefährlichen Maßnahme Abstand nehmen (BGH LM § 839 BGB Fd. Nr.6; vgl. auch BGH VersR 1955,742 und 1960,994). Danach ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, daß im vorliegenden Fall die Auswahl des Ausflugsziels pflichtwidrig war.</strong></p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks"><strong>Auch wenn in dem Baggersee das Baden im Rahmen des Gemeingebrauchs erlaubt war, so war er als Ziel für den Badeausflug dieser Schulklasse ungeeignet, da die Sicherheit der Kinder, die nicht oder nicht gut schwimmen konnten, nicht in dem erforderlichen Maße gewährleistet war. Insbesondere</strong> das <strong>plötzliche Abfallen des Untergrundes stellte für solche Kinder eine erhebliche Gefahr dar. Wie im angefochtenen Urteil festgestellt ist, sank die Wassertiefe schon in einer Entfernung von 5 m vom Ufer auf 3 m ab. Der für Nichtschwimmer geeignete Teil des Sees war nicht durch Seile oder Balken abgetrennt, auch fehlte eine Aufsicht durch einen Bademeister. Da von 26 Kindern nur 9 oder 10 Kinder eine Bestätigung der Eltern mitgebracht hatten, nach der sie schwimmen konnten und ihre Eltern mit dem Schwimmen im See einverstanden waren, mußte die Angeklagte davon ausgehen, daß unter den Kindern eine größere Anzahl Nichtschwimmer war. Diese Nichtschwimmer waren beim Baden in ihrer Sicherheit erheblich gefährdet. Auch Kinder, die nach der Erklärung der Eltern schwimmen konnten, konnten gefährdet sein. Nach den beigebrachten Erklärungen blieb unklar, wie gut die Kinder schwimmen konnten. Da nicht nach dem Freischwimmerzeugnis gefragt wurde, war nicht auszuschließen, daß auch solchen Kindern Schwimmfähigkeit bestätigt wurde, die tatsächlich nur wenige Züge schwimmen konnten und daher gefährdet waren, wenn sie plötzlich keinen Grund mehr unter den Füßen hatten. Diesen Gefahren konnte die Angeklagte allein nicht mit der erforderlichen Sicherheit begegnen. Sie war nicht im Besitz eines Rettungsschwimmerzeugnisses; sie war außerdem bei der Beaufsichtigung von 26 Kindern an dem Seeufer, an dem reger Badebetrieb herrschte, überfordert, da bei dem hochsommerlichen Wetter das Wasser auf die Kinder der am Ufer lagernden Klasse eine große Anziehungskraft ausübte, so daß damit zu rechnen war, daß stets zumindest einzelne Kinder im Wasser waren, und da die Angeklagte nicht ständig die gesamte in Betracht kommende Seefläche im Auge halten konnte, zumal sie auch die Vorbereitungen zum Grillen überwachen mußte. Unter diesen konkreten Umständen hätte sie von einem Ausflug zu dem Badesee absehen müssen.</strong></p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks"><strong>Zu Recht hat das Landgericht eine Pflichtwidrigkeit der Angeklagten auch darin gesehen, daß sie sich auf die vom den Schülern vorgelegten Erklärungen der Eltern verließ und</strong> ohne weitere Prüfung davon <strong>ausging, daß insbesondere</strong> H schwimmen konnte. <strong>Der Angeklagten kann zwar nicht vorgeworfen werden, daß sie nicht an die Möglichkeit einer Fälschung gedacht hat. Einem Lehrer ist nicht zuzumuten, ohne das Vorliegen besonderer Umstände seinen Schülern ein derartiges Mißtrauen entgegenzubringen. Auch brauchte die Angeklagte nicht mit der Möglichkeit zu rechnen, daß ein Elternteil bewußt wahrheitswidrig die Schwimmfähigkeit seines Kindes bestätigte. Gleichwohl durfte sie sich nicht auf die Erklärung verlassen, weil sie inhaltlich unklar war Wie oben schon ausgeführt, war nicht danach gefragt worden, ob das Kind Freischwimmer sei.</strong> Die <strong>bloße Erklärung, ein Kind könne schwimmen, ist nicht eindeutig, da dies auch bloß bedeuten kann, daß ein Kind einige Züge schwimmen kann, was aber für ein Baden in einem Baggersee sicher nicht ausreichen würde. Die Angeklagte konnte im übrigen bei den türkischen Kindern nicht ohne weiteres annehmen, die Eltern seien imstande, die Schwimmfähigkeit ihrer Kinder hinreichend zu beurteilen, zumal die Eltern nicht ausdrücklich über die Gefahren <em>des</em> Badens in einem nicht öffentlich beaufsichtigten Baggersee belehrt worden waren und möglicherweise die Tragweite ihrer Erklärung nicht erkennen konnten. Zum Nachweis der ausreichenden Schwimmfähigkeit konnte die Angeklagte aber auf die angebliche Erklärung der Eltern des verunglückten Mädchens nicht verlassen. Sie mußte daher auch H und die anderen Kinder, die eine Bestätigung der Eltern vorgelegt hatten, ebenso wie die Nichtschwimmer beaufsichtigen, jedenfalls solange sie sich nicht auf andere Weise Gewißheit von der ausreichenden Schwimmfähigkeit der Schüler verschafft hatte, z.B. durch Vorlage eines Freischwimmerzeugnisses oder indem sie sich selbst ein Urteil über die Schwimmfähigkeit der Kinder bildete.</strong></p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks"><strong>Zutreffend ist das Landgericht auch von einer Pflichtwidrigkeit bei der Aufsicht am Badeplatz ausgegangen. Wenn die Angeklagte schon mit ihrer Klasse ein ungeeignetes - weil gefährliches - Ausflugsziel aufsuchte, war sie zu erhöhter Sorgfalt verpflichtet. Die Aufsichtspflicht eines Lehrers geht zwar in der Regel nicht soweit, daß jeder Schüler ständig im Auge behalten werden muß. "Eine ununterbrochene Aufsicht über alle Schüler läßt sich nicht gewährleisten, sie erscheint auch unzumutbar und ist nicht geboten. Es genügt vielmehr eine Aufsicht, die so beschaffen ist, daß die Schüler das Gefühl haben, beaufsichtigt zu wenden" (OLG Bremen, Urteil vom 07.0l.1976 - 3 U 68/75, SPE VI F I Seite 23). Es ist einem Lehrer noch nicht als Verschulden anzurechnen, wenn er nicht jede Bewegung eines Kindes verfolgt und nicht in jeder Bewegung Unheil wittert (BGH VersR 1957,612). Er darf darauf vertrauen, daß ausdrückliche Verbote, deren Sinn den Schülern mit konkreten Gefahren erläutert werden, von 13jährigen Kindern auch dann beachtet werden, wenn sie kurze Zeit nicht beaufsichtigt sind (BGH VersR 1961, 1091). Bei Schulausflügen erfüllt der Lehrer im allgemeinen seine Pflicht, wenn er Stichproben vornimmt und von Zeit zu Zeit seinen Platz wechselt, so daß bei den Schülern niemals das Gefühl aufkommen kann, sie seien völlig unbeaufsichtigt und könnten machen, was sie wollten (vgl. Heckel/Seipp a.a.O. Seite 235).</strong></p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks"><strong>Was von dem Lehrer im Einzelfall verlangt werden muß, ergibt sich aus den jeweiligen Umständen. Im vorliegenden Fall hatte die Angeklagte durch die Auswahl des Ausflugsziels eine Gefahrenlage geschaffen, die sie zu gesteigerter Aufsichtspflicht zwang. Solange sie nicht durch entsprechende klare Anweisungen sicherstellte, daß kein Kind ihrer Klasse sich im Wasser aufhielt, mußte sie ständig die Wasserfläche und ihre sich dort aufhaltenden Schüler im Auge behalten. Diese erhöhte Sorgfaltspflicht bestand nicht nur gegenüber den Nichtschwimmern, sondern auch gegenüber den Schwimmern, da auch diese durch leichtsinniges Verhalten, z.B. durch zu weites Hinausschwimmen in den See, gefährdet waren und die Angeklagte zudem die Schwimmfähigkeit dieser Schüler nicht sicher beurteilen konnte. Die Angeklagte hat ihre Pflicht, die Wasserfläche ständig aufmerksam im Auge zu halten, verletzt, da ihr andernfalls - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - nicht entgangen wäre, daß zwei Mädchen - unter ihnen die später Ertrunkene - auf einer Luftmatratze in den See hinaus paddelten, und zwar bis zu einer Stelle, an dem die Wassertiefe schon 3 m betrug, obwohl nach den Anweisungen der Angeklagten auch schwimmkundige Kinder nur ins brusttiefe Wasser durften und obwohl die Benutzung einer Luftmatratze im Wasser ausdrücklich nur nach vorheriger Absprache mit der Angeklagten erlaubt war.</strong></p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks"><strong>Rechtsfehlerfrei ist das Landgericht davon ausgegangen, daß die Pflichtverstöße für den eingetretenen Unglücksfall kausal waren und daß sich bei dem Unglücksfall gerade die den Pflichtverstößen anhaftenden Risiken konkretisiert haben.</strong></p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks"><strong>Im Rechtsfolgenausspruch läßt das angefochtene Urteil ebenfalls keinen Rechtsfehler erkennen.</strong></p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks"><strong>Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf § 473 Abs.1 StPO.</strong></p>
|
315,599 | ovgnrw-1985-10-23-1-a-4884 | {
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<p>Das angefochtene Urteil wird geändert.</p>
<p></p>
<p>Der Erlaß des Bundesministers des Innern vom 16. Dezember 1981 und die
Ernennung vom 18. Dezember 1981 sowie der Widerspruchsbescheid vom 8. Februar
1982 werden aufgehoben.</p>
<p></p>
<p>Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.</p>
<p></p>
<p>Die Revision wird nicht zugelassen.</p>
<p></p>
<p></p>
<p></p>
<p>
</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"> Tatbestand:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der am xxx geborene Kläger wurde nach dem Besuch einer staatlichen
Ingenieurschule und dem Studium an einer pädagogischen Hochschule für
Gewerbelehrer sowie an einer technischen Hochschule im Jahre 1963 zum
Gewerbeoberlehrer z.A. ernannt. Im Jahre 1966 wurde ihm die Eigenschaft eines
Beamten auf Lebenszeit verliehen. Seit 1969 war er Studienrat an einer
berufsbildenden Schule und wurde im Jahre 1972 zum Oberstudienrat ernannt. Seit
dem 1. Juli 1973 war er Leiter der Grenzschutzfachschule xxx. Am 8. Oktober 1974
wurde er zum Studiendirektor ernannt. Seit dem 28. Oktober 1975 führte er die
Amtsbezeichnung "Direktor einer Fachschule". Aufgrund des Gesetzes über die
Personalstruktur des Bundesgrenzschutzes vom 3. Juni 1976, BGBl. I 1357, wurde
durch Erlaß des Bundesministers des Innern vom 9. September 1981 - P II 1 630
334/1 - neben weiteren Grenzschutzfachschulen auch die Grenzschutzfachschule xxx
zum 1. Januar 1982 aufgelöst. Im Hinblick auf die bevorstehende Auflösung dieser
Fachschule bewarb sich der Kläger bereits im August 1981 um die zum 1. Dezember
1981 freiwerdende Stelle des Leiters der Grenzschutzfachschule xxx. Seine
Bewerbung wurde jedoch durch Erlaß des Bundesministers des Innern vom 27.
November 1981 abgelehnt. Später wurde die Stelle dem Leiter der ebenfalls zum 1.
Januar 1982 aufgelösten Grenzschutzfachschule xxx Direktor einer Fachschule xxx
übertragen. Nachdem der Bundesgrenzschutz-Hauptpersonalrat zugestimmt hatte,
versetzte der Bundesminister des Innern den Kläger durch Erlaß vom 16. Dezember
1981 gemäß § 26 Abs. 2 BBG in ein anderes Amt mit geringerem Endgrundgehalt,
übertrug ihm mit Wirkung vom 1. Januar 1982 das Amt eines Oberstudienrats beim
Grenzschutzkommando West und wies ihn mit Wirkung vom gleichen Tage in eine
Planstelle der Besoldungsgruppe A 14 ein. Gleichzeitig versetzte er ihn zur
Grenzschutzfachschule xxx. Zur Begründung heißt es in dem fraglichen Erlaß
u.a.:</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">"Da eine Ihrem bisherigen Amt entsprechende Weiterverwendung nicht möglich
ist, muß von der in § 26 Abs. 2 Bundesbeamtengesetz vorgesehenen Möglichkeit
Gebrauch gemacht werden, Sie in ein anderes Amt Ihrer Laufbahn zu versetzen.... Ich
möchte noch einmal ausdrücklich betonen, daß diese Maßnahmen ausschließlich auf
der Neuorganisation des Grenzschutzfachschulwesens beruhen und als deren
gesetzliche Folgen leider unvermeidlich sind."</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Erlaß und die Urkunde über die Ernennung zum Oberstudienrat vom 18.
Dezember 1981 wurden dem Kläger am 24. Dezember 1981 zugestellt.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Den Widerspruch des Klägers, mit dem er geltend machte, er habe auf der
freigewordenen Stelle des Leiters der Grenzschutzfachschule seinem bisherigen Amt
entsprechend weiter verwendet werden können, wies der Bundesminister des Innern
durch Widerspruchsbescheid vom 8. Februar 1982 als unbegründet zurück. Zur
Begründung heißt es in dem fraglichen Erlaß u.a.:</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">"Eine Ihrem bisherigen Amt als Leiter einer GS-Fachschule entsprechende
Verwendung war nicht möglich.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Ihrer Forderung, daß bei der Besetzung von Schulleiterstellen vorrangig
ehemalige Schulleiter berücksichtigt werden sollen, ist bei der Wiederbesetzung der
Stelle des Leiters der GS-Fachschule xxx Rechnung getragen worden. Bekanntlich ist
der Direktor einer Fachschule xxx zum Leiter der Schule in xxx bestellt worden; Herr
xxx war vorher Leiter der GS-Fachschule xxx, die ebenfalls zum 1.1.1982 aufgelöst
worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Herr xxx ist gleichzeitig mit Ihnen zum Leiter einer GS-Fachschule bestellt
worden. Daß er erst durch das 2. BesVNG mit Wirkung vom 1.7.1975 nach BesGr. A
15 BBesO höhergestuft worden ist, während Sie bereits durch Urkunde vom
8.10.1974 zum Studiendirektor ernannt worden sind, konnte bei der Besetzung der
Stelle in xxx keine Rolle spielen, da Ihr besoldungsmäßiger Besitzstand erhalten
bleibt (§ 13 Abs. 1 BBesG)."</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Gleichzeitig ordnete der Bundesminister des Innern die sofortige Vollziehung an.
Der Erlaß wurde dem Kläger am 11. Februar 1982 ausgehändigt, die dazugehörige
Rechtsmittelbelehrung jedoch erst am 26. Februar 1982.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Das Verwaltungsgericht hat die am 18. März 1982 erhobene Klage mit dem
Antrag,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">den Bescheid des Bundesministers des Innern vom 16. Dezember 1981 und die
Ernennung vom 18. Dezember 1981 sowie den Widerspruchsbescheid vom 8. Februar
1982 aufzuheben,</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">mit im wesentlichen folgender Begründung abgewiesen: Nach § 26 Abs. 2 BBG
könne u.a. bei Auflösung einer Behörde ein Beamter, dessen Aufgabengebiet von
der Auflösung berührt werde, auch ohne seine Zustimmung in ein anderes Amt
derselben oder einer gleichwertigen Laufbahn mit geringerem Endgrundgehalt
versetzt werden, wenn eine seinem bisherigen Amt entsprechende Verwendung
nicht möglich sei. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift seien im Falle des Klägers
erfüllt. Entgegen seiner Auffassung handele es sich hei der aufgelösten
Grenzschutzfachschule um eine Behörde im Sinne der fraglichen Vorschrift. Unter
einer Behörde sei insoweit jede organisatorisch verselbständigte Verwaltungseinheit
zu verstehen, die - mit persönlichen und sächlichen Mitteln ausgestattet - einen
örtlich und gegenständlich abgrenzbaren Aufgabenbereich versehe. Diese
Voraussetzungen erfülle auch eine Grenzschutzfachschule. Eine seinem bisherigen
Amt entsprechende Verwendung des Klägers sei nicht möglich gewesen. Die Frage
der "entsprechenden Verwendung" sei sowohl aufgrund der objektiven
Gegebenheiten in der Verwaltung als auch aufgrund der in der Person des Beamten
gegebenen Umstände zu prüfen, wobei ein gewisser Entscheidungsspielraum des
Dienstherrn anzuerkennen sei. Der Kläger könne sich auf die Möglichkeit einer
anderweitigen Verwendung im Bereich anderer Ministerien, namentlich in denen des
Bundesministers der Verteidigung sowie des Bundesministers für Arbeit und
Sozialordnung, nicht berufen. Es komme vielmehr lediglich eine anderweitige
Verwendung im Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern in Betracht. Die
vom Kläger genannte Möglichkeit einer Verwendung als Leiter der
Grenzschutzfachschule xxx scheide im vorliegenden Zusammenhang aus. Wenn sich
der Kläger darauf berufe, er - nicht der dienst- und lebensjüngere Direktor einer
Fachschule xxx - hätte als Leiter der Grenzschutzfachschule ausgewählt werden
müssen, sei zu beachten, daß insoweit eine gewisse Parallele zur - unzulässigen -
beamtenrechtlichen Konkurrentenklage bestehe. Angebliche Fehler des Dienstherrn
bei der Auswahl zwischen verschiedenen Bewerbern könne der tatsächlich oder
vermeintlich benachteiligte Mitbewerber ausschließlich im Wege des
Schadensersatzes oder des Folgenbeseitigungsanspruchs geltend machen. Mangels
einer unstreitig nicht vorhandenen weiteren Stelle eines Leiters einer
Grenzschutzfachschule sei eine seinem bisherigen Amt entsprechende Verwendung
objektiv nicht möglich gewesen. Die ihm hieraus entstehenden Nachteile
rechtfertigten keine andere Beurteilung. Denn diese würden durch die ihm gemäß §
13 Abs. 1 BBesG gewährte Zulage ausgeglichen. Einen weiteren Ausgleich könne der
Beamte auch unter Berücksichtigung der Fürsorgepflicht des Dienstherrn nicht
verlangen. Namentlich könne der Kläger nicht die Beibehaltung seiner bisherigen
Amtsbezeichnung beanspruchen, etwa um bei seinen Bemühungen um einen
Dienstposten der Besoldungsgruppe A 15 bessere Chancen zu haben. Denn § 26
Abs. 2 BBG solle dem Beamten nur eine seinem Status entsprechende Verwendung
im Rahmen des Möglichen sichern, nicht hingegen seinen Status selbst. Deswegen
stelle auch die vom Kläger angesprochene Möglichkeit, lediglich einen "Ku-Vermerk"
auszubringen keine Lösung dar. Wollte man mit Hilfe dieses haushaltsrechtlichen
Mittels den Status des Klägers erhalten, um die sich aus der Vorschrift des § 26 Abs.
2 BBG ergebenden berufshemmenden Folgen zu vermeiden, wäre die Vorschrift
insgesamt überflüssig. Da die Voraussetzungen des § 26 Abs. 2 BBG erfüllt gewesen
seien, habe die Entscheidung über die Versetzung des Klägers in ein anderes Amt
mit geringerem Endgrundgehalt im Ermessen der Beklagten gestanden. Deren
Entscheidung lasse Ermessensfehler jedoch nicht erkennen. Insbesondere habe
diese alle zumutbaren Bemühungen unternommen, um dem Kläger eine seinem
bisherigen Amt entsprechende Verwendung zu ermöglichen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses ihm am 29. November 1983 zugestellte Urteil hat der Kläger am
27. Dezember 1983 Berufung eingelegt und zur Begründung unter Bezugnahme auf
sein bisheriges Vorbringen im wesentlichen vorgetragen: Die Entscheidung, ihn in
ein anderes Amt mit geringerem Endgrundgehalt zu versetzen, sei
ermessensfehlerhaft getroffen worden. Insbesondere habe ihm der Direktor einer
Fachschule nicht vorgezogen werden dürfen, da er im Gegensatz zu jenem bereits
im Jahre 1974 zum Studiendirektor befördert worden sei. Das Verwaltungsgericht
habe auch nicht beachtet, daß er beantragt habe, die angefochtenen Bescheide
überhaupt, nicht lediglich zum Zeitpunkt ihres Erlasses aufzuheben. Sein
Klageantrag umfasse daher auch das Begehren, die angefochtenen Bescheide
zumindest ex nunc aufzuheben. Die Bescheide hätten nicht aufrechterhalten werden
dürfen, da inzwischen mehrere Schulleitersteilen an Grenzschutzfachschulen frei
geworden wären und er daher wieder zum Direktor einer Fachschule hätte ernannt
werden können und müssen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">das angefochtene Urteil zu ändern und nach seinem im ersten Rechtszug
gestellten Antrag zu erkennen,</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">hilfsweise - sinngemäß -,</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">festzustellen, daß die angefochtenen Bescheide rechtswidrig gewesen sind und
der Kläger berechtigt ist, die Amtsbezeichnung "Direktor einer Fachschule" zu
führen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat für den Fall, daß das Begehren des Klägers, die angefochtenen
Bescheide zumindest ex nunc aufzuheben, eine Klageänderung darstellen sollte,
dieser widersprochen. Im übrigen beantragt sie,</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und trägt ergänzend vor: Bei der
Entscheidung, die zum 1. Dezember 1981 frei gewordene Stelle des Leiters der
Grenzschutzfachschule xxx mit dem Leiter der ebenfalls aufgelösten
Grenzschutzfachschule xxx, Direktor einer Fachschule xxx, zu besetzen, hätten die
Gesichtspunkte, die gemäß Art. 33 Abs. 2 GG, § 8 Abs. 1 BBG allgemein bei
Personalentscheidungen zu beachten seien, den Ausschlag gegeben. Dem Kläger
hätten, soweit es hierauf überhaupt ankomme, auch nicht die später frei
gewordenen Schulleiterstellen von Grenzschutzfachschulen übertragen werden
können.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der
Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge
Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist zulässig und begründet.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Gemäß § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO hebt das Gericht, soweit der angefochtene
Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist,
den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Soweit die
Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das
Gericht gemäß § 114 VwGO auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder
Unterlassung des Verwaltungsaktes rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen
des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der
Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Letzteres ist hier
der Fall.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Als Rechtsgrundlage, aufgrund deren der Kläger in ein Amt mit geringerem
Endgrundgehalt versetzt werden konnte, kommt allein § 26 Abs. 2 BBG in Betracht.
Nach der genannten Vorschrift kann bei Auflösung einer Behörde oder bei einer auf
gesetzlicher Vorschrift oder Verordnung der Bundesregierung beruhenden
wesentlichen Änderung des Aufbaus oder Verschmelzung einer Behörde mit einer
anderen ein Beamter dieser Behörde, dessen Aufgabengebiet von der Auflösung
oder Umbildung berührt wird, auch ohne seine Zustimmung in ein anderes Amt
derselben oder einer gleichwertigen Laufbahn mit geringerem Endgrundgehalt
versetzt werden, wenn eine seinem bisherigen Amt entsprechende Verwendung
nicht möglich ist. Durch die genannte Vorschrift ist der zuständigen Behörde eine
Ermessensentscheidung eingeräumt. Von einer Ermessenentscheidung spricht man,
wenn der Gesetzgeber mehrere Entscheidungen als rechtmäßig ansieht und die
Entscheidung im Einzelfall daher der Verwaltung überläßt. Wann eine Behörde nach
ihrem Ermessen befinden kann, ergibt sich aus Wortlaut, Sinn und Zweck der jeweils
in Betracht kommenden verwaltungsrechtlichen Vorschrift.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Vgl. Eyermann-Fröhler, VwGO, 8 Aufl., § 114 RdNrn. 7 und 10.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Daß die Verwaltung zur Regelung eines bestimmten Sachverhalts die Wahl
zwischen mehreren verschiedenen Entscheidungen und somit eine
Ermessensentscheidung zu treffen hat, wird besonders deutlich, wenn es sich um
eine "Kann"-Vorschrift handelt.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Vgl. Redeker/von Oertzen, VwGO, 8. Aufl., § 114 RdNr. 5.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Daß die Beklagte unter Berücksichtigung der genannten Grundsätze hinsichtlich
der Versetzung des Klägers in ein anderes Amt mit geringerem Endgrundgehalt
gemäß § 26 Abs. 2 BBG ermächtigt war, nach ihrem Ermessen zu handeln, unterliegt
keinem Zweifel und wird auch von der Beklagten nicht bestritten.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Bei Rechtsvorschriften, die die Behörden ermächtigen, nach ihrem Ermessen zu
handeln, ist zwischen der Tatbestands- und der Rechtsfolgenseite zu unterscheiden.
Eine Ermächtigung ohne jede Bindung ist mit dem Rechtsschutzgedanken des Art.
19 Abs. 4 GG unvereinbar. Nur soweit die Tatbestandsvoraussetzungen einer
Vorschrift erfüllt sind, kann die Behörde nach ihrem Ermessen handeln. Ob die
Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind, unterliegt der vollen Nachprüfung durch
das Gericht. Nur die Ermessensentscheidung als solche kann im Rahmen des § 114
VwGO lediglich auf Ermessensfehler überprüft werden.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Vgl. Redeker/von Oertzen, a.a.O., § 114 RdNr. 6.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Ob die Voraussetzungen des § 26 Abs. 2 BBG überhaupt vorgelegen haben und
die Beklagte daher grundsätzlich den Kläger in ein Amt mit geringerem
Endgrundgehalt versetzen konnte, kann dahingestellt bleiben. Insbesondere kommt
es nicht darauf an, was unter einer Behörde im Sinne des § 26 Abs. 2 BBG zu
verstehen ist und unter welchen Voraussetzungen eine seinem bisherigen Amt
entsprechende Verwendung des Beamten nicht möglich ist. Denn die angefochtenen
Bescheide mußten unabhängig hiervon bereits deshalb aufgehoben werden, weil die
Beklagte ihr Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt hat. Da es sich im
vorliegenden Fall um eine Anfechtungsklage handelt, ist gemäß §§ 79 Abs. 1 Nr. 1,
113 f VwGO Gegenstand der Klage und der Überprüfung durch das Gericht der
ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid
gefunden hat. Dabei ist der Erlaß des letzteren der für die Entscheidung
maßgebliche Zeitpunkt.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Vgl. Redeker/von Oertzen, a.a.O., § 108 RdNr. 17.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Eine ordnungsgemäße Ermessenentscheidung setzt voraus, dass die Behörde
den Sachverhalt zutreffend und vollständig ermittelt und unter Berücksichtigung des
Zwecks der Ermächtigung das Für und Wider der für die eine oder andere
Entscheidung sprechenden Gründe gegeneinander abwägt. Im übrigen ist auch die
Vorschrift des § 39 Abs. 1 VwVfG zu beachten. Danach ist ein schriftlicher oder
schriftlich bestätigter Verwaltungsakt schriftlich zu begründen. In der Begründung
sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die
Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die Begründung von
Ermessensentscheidungen soll auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen
die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist. Danach sind
grundsätzlich auch Ermessensentscheidungen zu begründen. Auf eine Begründung
kann lediglich in Ausnahmefällen verzichtet werden. Angesichts des hohen
rechtsstaatlichen Ranges, den die Begründungspflicht gerade bei
Ermessensentscheidungen hat, müssen - was hier nicht zutrifft - die Gründe für die
Ausnahme ebenfalls von großem Gewicht für die Allgemeinheit oder den Einzelnen
sein.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Vgl. Stelkzens/Bonk/Leonhardt, VwVfG, 2. Aufl., § 39 RdNrn. 14 und 17.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Eine Ermessensentscheidung ist danach insbesondere dann rechtswidrig, wenn
eine Behörde ihr Ermessen überhaupt nicht ausgeübt hat oder die Begründung nicht
den Mindestanforderungen des § 39 VwVfG entspricht.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Vgl. Redeker/von Oertzen, a.a.O., § 108 RdNr. 28a und § 114 RdNr. 9; Kopp,
VwGO, 6. Aufl., § 114 RdNr. 14.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Dies ist hier aber der Fall. Aufgrund der Begründung des angefochtenen Erlasses
des Bundesministers des Innern vom 16. Dezember 1981 muß man davor ausgehen,
daß der Beklagten nicht bewußt gewesen ist, daß sie gemäß § 26 Abs. 2 BBG eine
Ermessensentscheidung zu treffen hatte. Insoweit heißt es in dem fraglichen Erlaß
nämlich lediglich: "Da eine Ihrem bisherigen Amt entsprechende Weiterverwendung
nicht möglich ist, muß von der in § 26 Abs. 2 Bundesbeamtengesetz vorgesehenen
Möglichkeit Gebrauch gemacht werden, Sie in ein anderes Amt ihrer Laufbahn zu
versetzen" und an anderer Stelle: "Ich möchte noch einmal ausdrücklich betonen,
daß diese Maßnahmen ausschließlich auf der Neuorganisation des
Grenzschutzfachschulwesens beruhen und als deren gesetzliche Folgen leider
unvermeidlich sind." Aber selbst wenn man einmal unterstellt, die Beklagte habe
hiermit eine Ermessensentscheidung treffen wollen, fehlt es an jeglicher Begründung
dafür, weshalb sie den Kläger sofort mit der Auflösung der Grenzschutzfachschule
xxx in ein Amt mit geringerem Endgrundgehalt versetzt und ihn nicht zunächst in
seinem bisherigen Amt belassen hat, um ihn so lange auf einem geringer
bewerteten Dienstposten zu verwenden, bis er wieder als Leiter einer Fachschule
hätte eingesetzt werden können oder endgültig festgestanden hätte, daß eine
derartige Verwendung nicht mehr in Betracht kam. Entgegen der im Erlaß des
Bundesministers des Innern vom 16. Dezember 1981 zum Ausdruck kommenden
Auffassung läßt § 26 Abs. 2 BBG gerade für den Fall, daß ein Beamter nicht seinem
bisherigen Amt entsprechend verwendet werden kann, diese Möglichkeit zu. Daß
eine seinem bisherigen Amt entsprechende Verwendung nicht möglich ist, gehört zu
den Tatbestandsvoraussetzungen des § 26 Abs. 2 BBG. So lange eine Verwendung
noch möglich ist, sind die Tatbestandsvoraussetzungen der genannten Vorschrift
nicht erfüllt und kommt eine Versetzung in ein Amt mit geringerem Endgrundgehalt
nicht in Betracht. Erst wenn eine seinem bisherigen Amt entsprechende Verwendung
des Beamten nicht möglich ist, kann die Behörde ihn in ein Amt mit geringerem
Endgrundgehalt versetzen, muß dies jedoch nicht, sondern hat vielmehr
gegeneinander abzuwägen, für welche der beiden Möglichkeiten sie sich
entscheiden will. Sodann hat sie ihre Entscheidung, die selbstverständlich auch
dahin lauten kann, daß der Beamte sofort in ein Amt mit geringerem
Endgrundgehalt versetzt werden soll, zu begründen. Dies ist jedoch - wie ausgeführt
- weder in dem ursprünglichen Erlaß des Bundesministers des Innern noch im
Widerspruchsbescheid geschehen. Auch die Begründung des
Widerspruchsbescheides geht, wie sich aus dem ersten Satz der eigentlichen
Begründung ergibt, im Kern dahin, daß eine dem bisherigen Amt des Klägers als
Leiter einer Grenzschutzfachschule entsprechende Verwendung nicht möglich
gewesen sei. Wie bereits erwähnt, gehört jedoch die Unmöglichkeit einer dem
bisherigen Amt entsprechenden Weiterverwendung eines Beamten zur
Tatbestandsseite des § 26 Abs. 2 BBG. Erst wenn diese Voraussetzung neben
weiteren erfüllt ist, kann und muß die Behörde ihr Ermessen im Rahmen des § 26
Abs. 2 BBG betätigen. Auch soweit die Beklagte im Widerspruchsbescheid
ausgeführt hat, weshalb sie den Kläger nicht zum Leiter der Grenzschutzfachschule
xxx bestellt habe, hat sie damit lediglich dargelegt, daß die Voraussetzungen des §
26 Abs. 2 BBG erfüllt sind. Die Beklagte durfte sich hiermit jedoch nicht begnügen.
Sie hätte - vorausgesetzt, daß die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen des § 26
Abs. 2 BBG erfüllt waren - nunmehr ihr Ermessen betätigen und begründen müssen,
weshalb sie, nachdem die einzige freie Schulleitersteile vergeben war, den Kläger in
ein anderes Amt mit geringerem Endgrundgehalt versetzt und ihn nicht - wenigstens
vorerst - in seinem bisherigen Amt belassen hat. Irgendwelche Erwägungen in dieser
Hinsicht fehlen jedoch auch im Widerspruchsbescheid völlig.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Ob die fehlende Ermessensentscheidung noch während des laufenden
Verwaltungsstreitverfahrens nachgeholt werden oder ob eine Nachholung der
fehlenden Ermessensentscheidung nunmehr gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 45
Abs. 2 VwVfG nur noch bis zum Abschluß eines Vorverfahrens erfolgen kann,</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">so Redeker/von Oertzen, a.a.O., § 108 RdNr. 24a; zu § 56 Abs. 4 S. 2 SG: Urteil
des Senats vom 11. März 1981 - 1 A 1897/79 -, DÖD 1981, 26,</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">kann vorliegend offenbleiben. Denn die Beklagte hat auch während des
Verwaltungsstreitverfahrens keine Ermessensentscheidung getroffen, die den
dargelegten Anforderungen genügt.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Da die angefochtenen Bescheide von Anfang an rechtswidrig gewesen sind und
deshalb ohne Einschränkung aufgehoben werden mußten, kann dahingestellt
bleiben, ob der Kläger im vorliegenden Verfahren ohne Einwilligung der Beklagten in
eine etwaige Klageänderung hätte geltend machen können, nach seiner Versetzung
in ein anderes Amt mit geringerem Endgrundgehalt seien verschiedene
Schulleiterstellen an Grenzschutzfachschulen, auf denen er wieder als Schulleiter
hätte verwendet werden können, frei geworden, die angefochtenen Bescheide
müßten daher auf jeden Fall ab diesem Zeitpunkt aufgehoben werden. Schließlich
brauchte auch nicht mehr über den Hilfsantrag entschieden zu werden, da bereits
dem Hauptantrag stattgegeben worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen der §§ 132 Abs. 2
VwGO, 127 BRRG nicht vorliegen.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">
</p>
|
315,600 | olgk-1985-10-21-7-u-5085 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 7 U 50/85 | "1985-10-21T00:00:00" | "2019-03-13T15:08:53" | "2019-03-27T09:42:42" | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1985:1021.7U50.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 6. Dezember 1984 - 13 0 29/84 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="h2 absatzLinks">E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht, dessen Begründung sich der Senat gemäß § 543 ZPO zu eigen macht, hat den Beklagten mit Recht zur Zahlung des durch Beihilfe und Versicherung nicht gedeckten Anteils an der in der Höhe unstrittigen Rechnung für prothetische Leistungen der Zahnklinik des Klägers verurteilt. Dem Beklagten steht kein Schadensersatzanspruch zu wegen angeblicher Verletzung von Aufklärung- oder Beratungspflichten durch Klinikmitarbeiter und auch nicht wegen der Wahl einer Abrechnungsmethode, welche dem Beklagten nicht die günstigste Erstattung von Kosten durch die Beihilfe sicherte.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">1. Die Klinikmitarbeiter hatten entgegen der Meinung des Beklagten nicht die Pflicht, ihn darauf hinzuweisen, daß bei der gewählten Behandlungsart ein Anteil von mehreren Tausend DM nicht erstattungsfähig sein könnte. Es ist nicht Sache des Zahnarztes, sich über die Absicherung des Patienten gegen Zahnbehandlungskosten zu unterrichten und entweder die Behandlung danach auszurichten oder dem Patienten entsprechende Hinweise zu geben.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die wirtschaftliche Beratungspflicht des Zahnarztes gehört allenfalls zu den Neben- und Schutzpflichten des Beratungsvertrages, die nicht überspannt werden dürfen (vgl. hierzu im einzelnen Füllgraf, Zur wirtschaftlichen Aufklärungspflicht des Arztes, NJW 1984, 2619 f, 2620). Die Fälle, in denen von der Rechtsprechung eine Schadensersatzpflicht bejaht worden ist, weil der Arzt nicht auf kostengünstigere Behandlungsmethoden hingewiesen hatte, betreffen bisher im wesentlichen Krankheitsbilder, bei denen ambulante oder stationäre Behandlung mit entsprechend unterschiedlicher Kostenbelastung zur Wahl standen.(BGH NJW 1983, 2630; LG Köln VersR 1983, 960;. LG. Saarbrücken NJW 1984, 2632). In diesen Fällen waren die Ärzte jeweils bereits zur Wahrung der Selbstbestimmung. des Patienten gehalten, diesem die Behandlungsalternativen aufzuzeigen. Der Hinweis auf die möglichen finanziellen Folgen für den Patienten - etwa daß eine Privatkrankenversicherung den Krankenhauspflegesatz nicht erstatten werde, weil nur notwendige stationäre Behandlung ersetzt wird - war ohne zusätzliche Überlegungen des Arztes aus der Erfüllung der ihm ohnehin obliegenden Aufklärungspflicht abzuleiten.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die von dem Beklagten den mit seiner Beratung und Behandlung befaßten Zahnärzten oder sonstigen Mitarbeitern in der Zahnklinik zugemutete Hinweispflicht auf seinen jeweiligen Selbstbehalt wäre wesentlich weiter gegangen: Sie setzte jedenfalls voraus, daß die Mitarbeiter über die Absicherung des Patienten genau Bescheid wußten, die auch bei einem Beamten vielfältig denkbar ist. Ob bei einer solchen Kenntnis eine Hinweispflicht besteht, ist umstritten (bejahend AG Köln, zitiert nach Füllgraf, a.a.O. S. 2619; ablehend Füllgraf a.a.O. S. 2620). Sich diese Kenntnis aber selbst zu verschaffen, ist keinesfalls die Aufgabe des Zahnarztes. Vielmehr muß der Patient, falls er eine auf diese Einzelheiten abgestimmte Beratung durch den Zahnarzt wünscht, jedenfalls diesem zunächst einmal die Einzelheiten seiner Versicherung und/oder der Beihilferegeln unterbreiten.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Daß der Beklagte dies getan hätte, hat er nicht substantiiert behauptet. Er hat zwar wiederholt ausgeführt, in der Klinik, in welcher er seit Jahren Patient gewesen sei, habe man die Einzelheiten der Beihilferegelung gekannt. Jedoch hat er keine Tatsachen vorgetragen, aus denen sich die vom Kläger bestrittene Kenntnis ableiten ließe. Vor allem folgt sie nicht daraus, daß seine Stellung als Oberamtsrat in einem Bundsesministerium auf der Karteikarte verzeichnet gewesen sein mag, denn daraus ergab sich nicht, inwieweit der Beklagte etwa noch Zusatzversicherungen abgeschlossen hatte, um die von der Beihilfe nicht gedeckten Kosten zu decken. Die vom Beklagten gewählte Versicherungsart, durch die nur von den beihilfefähigen Kosten ein bestimmter Prozentsatz ersetzt wird, ist nur eine von vielen denkbaren Versicherungsarten. Ebenso häufig sind zum Beispiel Versicherungen, durch die Kosten bis zu einem jährlichen Höchstbetrag oder in bestimmten Anteilen vom Rechnungsbetrag ersetzt werden. Ohne Mitteilung dieser Einzelheiten, die der Beklagte selbst nicht behauptet, hätten die Klinikmitarbeiter den Beklagten mithin über die ihn treffenden Selbstbehaltsbeträge nicht einmal zutreffend unterrichten können. Da dem Beklagten dies auch hätte klar sein müssen, konnte er nicht davon ausgehen, daß sie diese Frage bei der Behandlung bedacht hätten.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">2. Die Zahnärzte und sonstigen Mitarbeiter der Klinik des Klägers haben auch keine allgemeinere wirtschaftliche Beratungs- oder Hinweispflicht gegenüber dem Beklagten verletzt, so daß auch insoweit ein Schadensersatzanspruch nicht in Betracht kommt.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Es ist denkbar, ohne daß dies für den Streitfall entschieden zu werden braucht, daß ein Zahnarzt seinen Patienten auf Bedenken gegen die Erstattungsfähigkeit besonders kostspieliger Ausführungen von Zahnersatz hinweisen muß, wenn dem Arzt diese Bedenken, vom Einzelfall und dessen Versicherungsgestaltung abgesehen, ohne weiteres geläufig sind, während der Patient in diesen Fragen erkennbar unbewandert ist. Der Beklagte gehörte jedoch nicht zu einem-solchen Personenkreis, vielmehr konnte bei ihm vorausgesetzt werden, daß er die allgemein verbreitete Kenntnis besaß, daß die Kostenerstattung bei prothetischer Zahnbehandlung Probleme bereiten könnte und daß deshalb die Klinik Kostenvoranschläge anbot, die vor Ausführung der Arbeiten durch Beihilfe und Versicherung geprüft werden konnten. Daß dem Beklagten diese Möglichkeit bekannt war, er aber wegen der Nichterstattungsfähigkeit der Kosten eines solchen Voranschlages darauf verzichtet hatte, ergibt sich aus seinem Schreiben vom 8. November 1981 an den Kläger. Das Landgericht bewertet diesen Verzicht mit Recht als Risikoübernahme der Erstattungsfähigkeit der Kosten durch den Beklagten, denn wer eine ihm gegen ein geringes Entgelt angebotene genaue Kontrollmöglichkeit ausschlägt, kann nicht die behandelnden Zahnärzte mit einer außerhalb ihrer medizinischen Überlegungen liegenden Wahrung seiner Vermögensinteressen belasten.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">3. Dem Beklagten ist auch nicht die Wahl kostengünstiger Behandlungsalternativen mangels ausreichender medizinischer Aufklärung abgeschnitten worden.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Zeugen Dr. S-B und Dr. R haben glaubwürdig bekundet, daß eingehend über Behandlungsalternativen gesprochen worden ist. Wenn der Beklagte hierzu erklärt, er habe die Gespräche-der beiden Zeugen nur als Erörterungen in fachtechnischer Hinsicht angesehen, so kann dies jedenfalls nicht für die ersten Sitzungen gelten, die bei dem Zeugen Dr. S-B stattgefunden haben und bei denen der Gang der Behandlung erst festgelegt worden ist. Dieser Zeuge hat auch erklärt, daß er bei der einen oder anderen Ausführungsart darauf hingewiesen habe, daß diese teurer sei, ohne sich insoweit allerdings auf eine bestimmte Höhe festzulegen. Um diese zu erfahren, hätte der Beklagte jedoch von der ihm-- bekannten Möglichkeit, einen Kostenvoranschlag einzuholen, Gebrauch machen können und müssen, wenn es ihm darauf angekommen wäre. Die Zeugin Dr. R  welche die zahnärztlichen Arbeiten bei dem Beklagten im wesentlichen ausgeführt hat, empfahl dem Beklagten nach ihrer Aussage aus zahnärztlicher Sicht wegen einer Parodontose die prothetische Versorgung durch Metallkeramik und Edelmetallkronen. Sie hatte zu Beginn der Behandlung einen Kostenvoranschlag für die Unterkieferbehandlung eingeholt, der am 14. April 1980 vorlag, aber vom Beklagten dann aus Kostengründen nicht abgefordert worden ist, womit er das Risiko der Erstattungsfähigkeit der Arbeiten endgültig übernommen hat.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Zeugin hat nicht bestätigt, dem Beklagten jemals die Summe von 6.000,-- - 6.000,-- CM für die Gesamtbehandlung genannt zu haben. Damit in Übereinstimmung hat der Zeuge Dr. S bekundet, der mit den Kostenvoranschlägen befaßt war, daß er der Zeugin Dr. R einmal einen Betrag von ca. 7.000,-- DM nur für die Unterkieferarbeiten genannt habe. Auch insoweit hat mithin der Beklagte den Mitarbeitern des Klägers keinen Beratungsfehler in wirtschaftlicher Hinsicht nachgewiesen. Hierfür trägt jedoch der Beklagte die Beweislast, denn die Beratungspflicht über Kosten einer ärztlichen Behandlung ist eine vertragliche Nebenpflicht, deren Verletzung nach allgemeinen Grundsätzen derjenige zu beweisen hat, der Ansprüche daraus ableitet.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">4. Dem Beklagten steht auch kein Schadensersatzanspruch deshalb zu, weil der Kläger nicht alle denkbaren Ziffern der Gebührenordnung für Zahnärzte in die Abrechnung aufgenommen und deshalb möglicherweise bewirkt hat, daß die Gesamterstattungssumme für den Beklagten durch Beihilfe und Privatversicherung geringer ausgefallen ist, als dies bei anderer Abrechnung der Fall gewesen wäre. </p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Der Senat braucht in diesem Zusammenhang nicht zu entscheiden, ob die Klinik verpflichtet ist, alle ihre Leistungen auch tatsächlich zu berechnen. Auch eine solche Pflicht wäre allenfalls dann schuldhaft verletzt, wenn die Klinikverwaltung vor Ausstellung der Rechnung auf die Notwendigkeit einer solchen Abrechnung vom Beklagten hingewiesen worden wäre, was unstreitig nicht geschehen ist. Auch in diesem Zusammenhang ist es Sache des Patienten, rechtzeitig zu klären, welche Art von Abrechnung er zur Inanspruchnahme von Beihilfe und Versicherungsleistungen braucht, nicht dagegen diejenige der Klinik, zumal diese die Einzelheiten der Beihilfeberechnung und insbesondere der Privatversicherungsleistung nicht einmal feststellen kann, weil sie deren Bedingungen nicht kennt.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">5. Das Landgericht hat dem Kläger mit Recht Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 3 % über dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank zuerkannt. Der-Kläger hat nachgewiesen, daß der Kreditsatz für Landeskredite, durch welche sich auch die Zahnklinik des Klägers finanziert, im Jahre 1984 durchschnittlich bei 7,9 % gelegen hat, so daß der Verzugsschaden des Klägers sich im Bereich der vorgenannten Zinssätze bewegt hat (§ 287 ZPO).</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">6. Die Nebenentscheidungen des Rechtsstreits folgen aus den Vorschriften der §S 97, 708 Nr. 10, 713 ZPO. </p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Beschwer des Klägers und Streitwert für die Berufungsinstanz: 7.009,59 DM.</p>
|
315,601 | ag-dusseldorf-1985-10-17-47-c-39185 | {
"id": 653,
"name": "Amtsgericht Düsseldorf",
"slug": "ag-dusseldorf",
"city": 413,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 47 C 391/85 | "1985-10-17T00:00:00" | "2019-03-13T15:08:54" | "2019-03-27T09:42:42" | Urteil | ECLI:DE:AGD:1985:1017.47C391.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>hat das Amtsgericht Düsseldorf</p>
<p>auf die mündliche Verhandlung vom 2. Sept. 1985</p>
<p>durch den Richter am Amtsgericht X</p>
<p></p>
<p>für R e c h t erkannt:</p>
<p></p>
<p></p>
<p> 1. Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p> 2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.</p>
<p></p>
<p> 3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>T a t b e s t a n d :</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beauftragte am 29. September 1983 den Kläger, einen Zahnarzt, ein zahnärztliches Privatgutachten zu erstellen, da sie mit der Behandlung durch ihren Zahnarzt Herrn X in Y nicht einverstanden war.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Am 30. September 1983 erstellte der Kläger das Gutachten. Die Beklagte zahlte den Restbetrag aus der Rechnung des Klägers vom 30. September 1983 über insgesamt DM 577,-- abzüglich 500,-- DM Vorschuss nicht. Sie erstattete Strafanzeige gegen den Kläger, da er das Gutachten dem Zahnarzt X zugeleitet hatte, ohne dass sie den Kläger zuvor von der Schweigepflicht entbunden hatte.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger verlangt Bezahlung des restlichen Honorars über DM 77,-- und trägt vor, das von ihm erstattete Gutachten sei ordnungsgemäß und sachlich richtig. Die Weitergabe des Gutachtens an den Zahnarzt X sei durch § 7 der Berufsordnung für Zahnärzte geboten gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, DM 77,-- nebst 4 % Zinsen seit dem 1. Dezember </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">1983 an den Kläger zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hält das Gutachten des Klägers für falsch und ist der Ansicht, durch die unbefugte Weitergabe des Gutachtens an den Sachverständigen X habe der Kläger gegen seine Schweigepflicht verstoßen. Der Kläger habe hierdurch dem Zahnarzt X in dem von ihr angestrengten Prozessverfahren in Y unerlaubt Schützenhilfe geleistet, da in dem dortigen Verfahren der Zahnarzt X nunmehr das Gutachten des Klägers vorgelegt habe. Hierdurch sei ihr ein Schaden entstanden mit dem sie hilfsweise gegen die Forderung des Klägers aufrechne.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks"><u> E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e : </u></p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks"><b> I.</b></p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Es kann offen bleiben, ob das von dem Kläger erstattete Privatgutachten mangelfrei ist. Die Beklagte kann jedenfalls mit einem Schadenersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung und gemäß §§ 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB gegen den Honoraranspruch des Klägers aufrechnen. Der Kläger hat durch die Weitergabe des Gutachtens an den Zahnarzt X seine ärztliche Schweigepflicht verletzt.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks"><b>1.</b></p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Der Kläger wurde unstreitig von der Beklagten nicht von seiner ärztlichen Schweigepflicht entbunden. Der zwischen den Parteien geschlossene Werkvertrag über die Erstattung eines Privatgutachtens (vergl.BGH NJW 1967, 719) enthielt weder ausdrücklich noch konkludent die Befreiung von der ärztlichen Schweigepflicht. Der Kläger war beauftragt als Privatgutachter ein Gutachten ausschließlich zur eigenen Information der Beklagten zu erstellen. Damit diente der Auftrag lediglich den Zweck, sachverständige Feststellungen für die Beklagte nicht jedoch für Dritte - wie hier den behandelnden Zahnarzt X - zu treffen. </p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks"><b>2.</b></p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Auf § 7 der Berufsordnung und Weiterbildungsordnung der Zahnärztekammer Nordrhein vom 1. April 1979 kann sich der Kläger nicht berufen. Abs. 1 dieser Vorschrift hat folgenden Wortlaut:</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">"Bei der Ausstellung zahnärztlicher Gutachten...</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">hat der Zahnarzt mit der notwendigen Sorgfalt zu verfahren und im </p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Rahmen des Gutachtenauftrages nach </p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">bestem Wissen seine zahnärztliche Überzeugung zu äußern...</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Dem behandelnden Zahnarzt ist, mit Ausnahme der im gerichtlichen</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">und amtlichen Auftrage erstatteten Gutachten, eine Durchschrift des</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Gutachtens unaufgefordert. zu übersenden..."</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Damit geht § 7 Abs. 1 der Berufsordnung über den Ermächtigungsrahmen des Gesetzes über die Kammern, die Berufsausübung, die Weiterbildung und die Berufsgerichtsbarkeit der Ärzte, Apotheker, Tierärzte und Zahnärzte vom 30. Juli 1975 (GVBI 1975, 520) hinaus. In § 23 dieses Gesetzes wird folgendes bestimmt:</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">"Die Kammerangehörigen sind verpflichtet, ihren Beruf gewissenhaft</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">auszuüben und dem ihnen im Zusammenhang mit dem Beruf </p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">entgegengebrachten Vertrauen zu entsprechen."</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">In § 26 des Kammergesetzes wird dann ausgeführt:</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">" Die Berufsordnung kann im Rahmen des § 23 weitere Vorschriften über</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Berufspflichten enthalten, insbesondere ... hinsichtlich</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">1. </p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">der Einhaltung der Schweigepflicht und der sonst für die Berufsaus-</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">übung geltenden Rechtsvorschriften ..."</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Damit bezieht sich die gesetzliche Ermächtigung lediglich auf die <b>Einhaltung </b>der Schweigepflicht nicht aber - wie durch § 7 der Berufsordnung geregelt - auf die Ausweitung der Befreiung von der Schweigepflicht. Die Berufsordnung darf jedoch nicht mehr und nichts anderes regeln, als in dem Kammergesetz Raum gelassen wird (vergl. NARR, Ärztliches Berufsrecht, 2. Aufl. Randnummer 715).</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Dies findet auch seinen Niederschlag in § 2 MuBO, der folgt lautet:</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">" (1) Der Arzt hat über das, was ihm in seiner Eigenschaft als Arzt </p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">anvertraut oder bekannt geworden ist, zu schweigen ...</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">(4) Der Arzt ist zur Offenbarung befugt, aber nicht verpflichtet, </p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">soweit er von der Schweigepflicht entbunden worden ist oder</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">soweit die Offenbarung zum Schutz eines höheren Rechtsgutes</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">erforderlich ist. Letzteres gilt auch für Aussagen in gerichtlichen</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Verfahren.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">(5) Der Arzt ist auch dann zur Verschwiegenheit verpflichtet, wenn</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">er im amtlichen oder privaten Auftrag eines Dritten Tätig wird, es sei </p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">denn, dass dem Betroffenen vor der Untersuchung oder Behandlung</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">bekannt ist oder eröffnet wurde, inwieweit die von dem Arzt getroffen-</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">en Feststellungen zur Behandlung an Dritte bestimmt sind. </p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">(6) Wenn mehrere Ärzte gleichzeitig oder nacheinander den selben</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Patienten behandeln, so sind sie untereinander von der Schweige-</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">pflicht insoweit befreit, als der Patient nicht etwas anderes bestimmt."</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">§ 2 Abs. 6 MuBO ist insoweit im vorliegenden Fall nicht einschlägig, da der Kläger nicht als behandelnder Zahnarzt sondern als Gutachter beauftragt worden war. Aus der Vorschrift des § 2 Abs. 1 MuBO und dem Sinngehalt der Vorschrift des § 2 Abs. 5</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">MuBO folgt vielmehr, dass der Kläger die Beklagte zumindest mit Annahme des Gutachterauftrages hätte darauf hinweisen müssen, dass er das Gutachten dem Zahnarzt X weiterleiten werde. Dieser Hinweis ist jedoch unstreitig durch den Kläger nicht erfolgt. </p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks"><b>3.</b></p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Abgesehen von der fehlenden Ermächtigungsgrundlage zu der Regelung in § 7 der Berufsordnung können Standesregeln den Arzt in seiner Rolle als medizinischer Sachverständiger nicht einengen, vielmehr steht er insoweit unter einem besonderen Recht, dass ärztliche Standesregeln und Satzungen weder einschränken wollen noch können (vergl. Laufs, Arztrecht, 3. Aufl. 1984, Randnummer 395/396). Die Befugnis zur Offenbarung eines zum persönlichen Lebensbereich gehörenden Geheimnisses kann vielmehr nur durch eine ausdrückliche gesetzliche Regelung, wonach der Arzt zur Offenbarung verpflichtet ist, geregelt werden (vergl. BVerfGE 65, 44; OVG Lüneburg NJW 1975, 2263/2264; Dreher/Tröndle StGB 42. Aufl. § 203 Randnummer 27; Schönke/Schröder StGB 21. Aufl. Randnummer 28 zu § 203).</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Für den ärztlichen Sachverständigen gilt insoweit nichts anderes, zumal dann, wenn er wie hier als Privatgutachter tätig wird. Er ist im Rahmen und bis zur Grenze des ihm erteilten Auftrages der ärztlichen Schweigepflicht unterworfen (vergl. NARR a.a.O. Randnummer 750; Rieger, Lexikon des Arztrechtes 1984 Randnummer 1537). Damit war er jedoch auch ohne Zustimmung der Beklagten nicht berechtigt, seine eigenen Erkenntnisse einem anderen Arzt mitzueilen (vergl. OVG Lüneburg a.a.O. S. 22 64).</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks"><b> II.</b></p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Durch die unbefugte Weiterleitung des Gutachtens an den Zahnarzt X hat der Kläger schuldhaft gegen seine Vertragsverpflichtungen verstoßen. Auch ist er gemäß §§ 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB zum Schadensersatz verpflichtet. Auf einen Verbotsirrtum kann sich der Kläger nicht berufen, da dieser vermeidbar gewesen wäre. Hierauf hat bereits die Staatsanwaltschaft Düsseldorf (Aktenzeichen 810 Js 36/84) in ihrem mit Zustimmung des Amtsgerichts erfolgten Einstellungsbeschluss hingewiesen. Der Kläger hätte sich - zumal da er auch häufig als gerichtlich bestellter Sachverständiger zugezogen wird - zuvor eindeutig über die Rechtslage informieren müssen, zumindest wäre es ihm jedoch ein leichtes gewesen, die Annahme des Privatgutachtens davon abhängig zu machen, ob die Beklagte ihn ausdrücklich von der Schweigepflicht befreit. </p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks"><b> III.</b></p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Den der Beklagten durch die unbefugte Weitergabe des Gutachtens entstandenen Schadens schätzt das Gericht auf mindestens den Klagebetrag von DM 77,--. Das Gutachten sollte ausschließlich der Information der Beklagten dienen nicht jedoch ihrem Prozessgegner in dem Verfahren in Y, dem Zahnarzt X. Durch die Handlungsweise des Klägers war dieser vielmehr in der Lage, das Gutachten des Klägers in dem dortigen Prozeß einzuführen. Damit wurde für die Beklagte das Gutachten des Klägers zumindest teilweise entwertet, da ihr die freie Entscheidung, ob sie das Gutachten des Klägers in dem Prozess in Y vorlegt oder nicht, genommen war. Im Rahmen des den Zivilprozess beherrschenden Dispositionsgrundsatzes musste es allein Sache der Beklagten sein, den Prozess in Y zu gestalten, zumal die Beauftragung eines Privatgutachters im vorprozessualen Bereich lediglich den Zweck hat, dem Auftraggeber die sachgerechte Entscheidung über ihr späteres Prozessverhalten zu erleichtern.</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Indem der Kläger dieses Anliegen der Beklagte durch die Weitergabe des Gutachtens unterlaufen hat waren die Aufwendungen für das Gutachten - selbst wenn diese sachlich richtig sein sollte - teilweise zwecklos. Ob das Gutachten völlig wertlos wurde kann dahinstehen, da lediglich über den Teil der Klageforderung in Höhe von 77,-- DM zu entscheiden ist. </p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 713 ZPO. </p>
|
315,602 | lg-aachen-1985-10-16-7-s-9085 | {
"id": 800,
"name": "Landgericht Aachen",
"slug": "lg-aachen",
"city": 380,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 7 S 90/85 | "1985-10-16T00:00:00" | "2019-03-13T15:08:55" | "2019-03-27T09:42:42" | Urteil | ECLI:DE:LGAC:1985:1016.7S90.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Beklagten gegen das am 01. März 1985 verkündete Urteils des Amtsgerichts Aachen -14 C 619/85- wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Von der Darstellung des Tatbestandes wird 'gemäß § 53 Absatz 1 ZPO abgesehen,</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe</u></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Berufung des Beklagten ist zulässig. Sie ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache selbst ist sie jedoch nicht begründet. Das Amtsgericht hat den Beklagten zu Recht verurteilt, dem Kläger die Röntgenaufnahmen herauszugeben, die der Beklagte anläßlich der Behandlung des Klägers gefertigt hat,</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger kann seinen Anspruch allerdings nicht auf § 810 BGB stützen. Eine Röntgenaufnahme stellt keine Urkunde im Sinne der genannten Vorschrift dar (vergleiche BGH Urteil vom 06.11.62, NJW 1963, Seite 389 ff.; BGH Urteil vom 23.11.1982, NJW 1983, Seite 328 ff. IV a). Im übrigen geht der Anspruch aus § 810 BGB nur auf Einsichtnahme in die Urkunden, also nicht auf endgültige Herausgabe, wie sie im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemacht wird.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Ein Anspruch auf Herausgabe nach § 985 BGB scheidet aus, weil der Kläger nicht Eigentümer der Röntgenaufnahmen ist( vergleiche BGH, Urteil vom 06.11.1962, a.a.O.). Die Röntgenaufnahme sind vielmehr von dem Beklagten aus eigenem Material hergestellt worden und dessen Eigentum.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Ein werkvertraglicher Anspruch auf Herausgabe scheidet aus, weil ein auf Herstellung der Röntgenaufnahmen gerichteter Vertrag nicht abgeschlossen worden ist. Der Vertrag hatte vielmehr die Untersuchung des Klägers wegen Rückenschmerzen zum Gegenstand, und die Röntgenaufnahmen sind nur gemacht worden, um die diagnostische Grundlage hierfür zu gewinnen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der<i> </i>Vertrag der Parteien stellt sich auch nicht als Geschäftsbesorgungsvertrag, im Sinne des § 675 BGB dar, der den Beklagten nach § 667 zur Herausgabe der Röntgenaufnahmen verpflichten würde (vgl. BGH, Urteil vom 6.11.1962, a.a.O.). § 667 BGB betrifft nur wirtschaftliche Tätigkeiten (vgl. Palandt-Thomas, BGB 43. Aufl., § 675, Anm. 2a), und die Tätigkeit des Beklagten war keine solche wirtschaftliche Tätigkeit.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Es kann auch nicht angenommen werden, daß die Parteien sich bei Vertragsschluß stillschweigend dahin geeinigt hätten, der Beklagte habe die Röntgenaufnahmen bei Beendigung des Vertrages dem Kläger herauszugeben. Zumindest der Beklagte hatte bei Vertragsschluß nicht die Absicht, die Röntgenaufnahmen bei Vertragsbeendigung dem Kläger zu überlassen, und er hat einen auf Herausgabe gerichteten Willen auch nicht bei Vertragsschluß zum Ausdruck gebracht. Der Kläger konnte das Verhalten des Beklagten bei Vertragsschluß insbesondere unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung nicht gemäß §§ 133, 157, 242 BGB dahin auslegen, er werde nach Beendigung des Vertrages ohne weiteres die Röntgenaufnahmen erhalten. In der Regel behält der behandelnde Arzt nämlich die Röntgenaufnahmen, und hiervon mußte auch der Kläger bei Vertragsschluß ausgehen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Den Beklagten trifft jedoch nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) eine vertragliche Nebenpflicht, auf das ausdrückliche Verlangen des Klägers hin diesem die Röntgenaufnahmen herauszugeben, denn dieser hat ein erhebliches Interesse hieran und Gründe für die Verweigerung liegen nicht vor (vgl. BGH, Urt. vom 23.11.82 a.a.O., wo darauf hingewiesen wird, vieles spreche dafür, einem Patienten einen Anspruch aus § 242 BGB auf Einsicht in Behandlungsunterlagen zu gewähren, wenn er ein Interesse daran haben und Gründe für die Verweigerung nicht vorlägen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Das Interesse des Klägers an der Herausgabe der Röntgenaufnahmen ergibt sich daraus, daß er sie für die Fortsetzung seiner Behandlung durch einen anderen Arzt. braucht. Die Anfertigung neuer Röntgenaufnahme durch den Arzt, von dem der Beklagte sich weiter behandeln lassen will, würde nicht nur zusätzliche Kosten verursachen, vielmehr den Kläger auch einer vermeidbaren erneuten Belastung mit Röntgenstrahlen und damit einer gesundheitlichen Schädigung aussetzen. Zudem können die neuen Röntgenbilder nicht den körperlichen Zustand des Klägers zur Zeit der Fertigung der ersten Aufnahme wiedergeben. Der Vertrag der Parteien diente der Gesundung des Klägers. Dies hatte der Beklagte nicht nur während der Vertragsdauer, vielmehr nach Treu und Glauben auch noch bei Vertragsbeendigung zu beachten.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte ist allerdings bereit, dem genannten Interesse des Klägers dadurch Rechnung zu tragen, daß er die Aufnahmen dem Arzt herausgibt, der die Behandlung des Klägers fortsetzt, sobald dieser ihm den Namen des Arztes nennt. Hierauf braucht der Kläger sich jedoch nicht verweisen zu lassen. Seine personale Würde und sein Selbstbestimmungsrecht verbieten es, ihm die Rolle eines bloßen Objektes zuzuweisen (vgl. BGH, Urt. vom 23.11.82, a.a.O.). Er muß seine eigenen Angelegenheiten auch selbst in die Hand nehmen können, wenn er dies wünscht. Dem läßt sich nicht entgegenhalten, ein Patient sei gar nicht in der Lage, Röntgenaufnahmen zu verstehen. Abgesehen davon, daß dies nicht auf alle Patienten zutrifft, ist es gegebenenfalls Sache des Patienten sich sachkundig von einer Person seines Vertrauens beraten zu lassen, und keine Rechtfertigung für die Verweigerung der Herausgabe der Röntgenaufnahmen durch den Arzt.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Durchgreifende Gründe für die Verweigerung der Herausgabe der Röntgenaufnahmen an den Kläger liegen nicht vor. Die Urheber und Eigentumsrechte an den Röntgenaufnahmen müssen hinter dem Persönlichkeitsrecht des Klägers zurücktreten. Dies gilt umsomehr, als der Beklagte nicht vorgetragen hat, er benötigte die Röntgenbilder aus irgendeinem Grunde, zum Beispiel zu wissenschaftlichen Zwecken. Der Beklagte beruft sich vielmehr lediglich auf eine vermeintliche Verpflichtung zur Aufbewahrung aus § 29 Abs. 5 der Bestimmungen der Verordnung über den Schutz vor Schaden durch Röntgenstrahlen - RöV - vom.1.3.1973, Bundesgesetzblatt 1973, Seite 173 ff., wo es heißt:</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">"Wer eine Person mit Röntgenstrahlen untersucht oder mit Röntgenstrahlen oder sonstigen ionisierenden Strahlen behandelt hat, hat demjenigen, der später eine Röntgenuntersuchung oder Röntgenbehandlung vornimmt, auf dessen Verlangen Auskunft über die Aufzeichnungen nach Abs. 1 oder 2 zu erteilen und die sich hierauf beziehenden Unterlagen vorübergehend zu überlassen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die genannte Bestimmung des § 29 Abs. 5 RöV bekräftigt aber, wenn man sie überhaupt auf die Röntgenaufnahmen bezieht und sie nicht auf die anläßlich der Röntgenuntersuchung gefertigten Aufzeichnungen über die Strahlenbelastung der Patienten beschränkt, (vgl. Daniels, NJW 1976, 345, Fußnote 6), nur das Recht des Patienten, Herausgabe an einen anderen Arzt zu verlangen*, unmittelbar an sich selbst zu verlangen. Die Pflicht des Arztes, Röntgenaufnahmen aufzubewahren, dient ausschließlich dem Interesse des Patienten. Er soll vor einer vermeidbaren Strahlenbelastung infolge neuer Röntgenaufnahmen dadurch geschützt werden, daß die alten Aufnahmen aufbewahrt werden. Dieser Zweck der Pflicht des Arztes zur Aufbewahrung wird durch eine Herausgabe der Röntgenaufnahmen an den Patienten selbst nicht gefährdet, vielmehr erst recht erreicht. Nach Herausgabe der Aufnahmen an den Patienten kann dieser sie verwerten, während er bei einer Verweigerung der Herausgabe neue Aufnahmen fertigen lassen und sich dadurch einer erneuten Strahlenbelastung aussetzen wird.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Bundesgerichtshof hat (Urteil vom 23.11.1982, a.a.O.) in dem Fall, daß ein Patient nicht durch einen Arzt, sondern durch seinen Rechtsanwalt Einsichtnahme in die ihn betreffenden Krankenunterlagen begehrt, den Anspruch insoweit zuerkannt, als es sich um Aufzeichnungen über naturwissenschaftlich, objektivierbare Befunde handelt. Eine Röntgenaufnahme unterfällt danach zweifelsfrei dem Recht des Patienten auf eigene Einsichtnahme. Nach Auffassung der Kammer ist der Patient aber nicht nur zur Einsichtnahme berechtigt, vielmehr kann er auch Herausgabe verlangen. </p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Arzt berechtigt ist, Fotokopien zu fertigen und diese anstelle der Originale herauszugebenr denn Fotokopien, bietet der Beklagte nicht an.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks"><u>Streitwert für das Berufungsverfahren:</u> 1.000,- DM.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Dr. T. Dr. N T1</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">* schließt jedoch nicht sein Recht aus, stattdessen Herausgabe</p>
|
315,603 | ag-essen-1985-10-07-12-c-46385 | {
"id": 657,
"name": "Amtsgericht Essen",
"slug": "ag-essen",
"city": 417,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 12 C 463/85 | "1985-10-07T00:00:00" | "2019-03-13T15:08:57" | "2019-03-27T09:42:41" | Urteil | ECLI:DE:AGE1:1985:1007.12C463.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 368,85 DM –dreihundertachtundsechzig 85/100- nebst 4 % Zinsen seit dem 28.07. 1985 zu zahlen. </p>
<p></p>
<p>Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. </p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. </p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Tatbestand: </u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Ein Wohngebäude des Klägers ist bei der Beklagten unter anderem gegen Leitungswasserschäden versichert, dem Versicherungsverhältnis der Parteien liegen die VGB 1968 zugrunde. </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Im Februar 1985 trat an einer Verbindungsstelle der Abflußleitungen von Waschbecken und Badewanne unterhalb des Fußbodens des nicht unterkellerten Bades im versicherten </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Haus ein Defekt auf. Die Abflußleitung verläuft dort unmittelbar unter dem Fußboden, innerhalb der Grundmauern. Die Reparatur kostete 368,85 DM. Die Beklagte wurde zum 28.06.1985 vergeblich zur Zahlung gemahnt. </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hält dafür, die Beklagte schulde Versicherungschutz für den Schadenfall. </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">wie erkannt. </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen. </p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hält dafür, Abflußleitungen unerhalb der Gebäude (wenn auch innerhalb derGrundmauern) verliefen nicht in einem geschlossenen Raum und seien nach den Bedingungen nicht versichert. </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe: </u></b></p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist begründet. Die Beklagte schuldet gemäß §§ 1 Absatz 1 Satz 1 VVG, 2, 4 <i>VGB, </i>284 ff BGB den Ersatz der Reparaturkosten der Abwasserleitungen nebst Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe. </p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">A. </p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Zwischen den Parteien ist unstreitig, daß abgesehen von der Frage, ob die Schadens stelle versichert ist, ein versicherter Schaden aufgetreten ist, mithin <i>ein </i>Rohrbruch vorgelegen hat. Die<i> </i>Beklagte hat die Schadensstelle besichtigt. </p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der Höhe nach ist der Schaden zwischen den Parteien ebenfalls unstreitig. </p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">B. </p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die konkrete Schadensstelle fällt unter den Deckungsumfang des Versicherungsvertrages der Parteien. </p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">1. </p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Gemäß den maßgebenden VGB sind die im Versicherungsschein aufgeführten Gebäude mit ihren Bestandteilen (§ 2) und nach Maßgabe der Regelungen über den Umfang der Leitungswasserversicherung (§ 4 VGB) versichert. § 4 Nummer 2 VGB bestimmt, daß unter die Leitungswasserversicherung Schäden durch Rohrbruch fallen, die an Ableitungsrohren "innerhalb der versicherten Gebäude" (a) auftreten, während "außerhalb der versicherten Gebäude" solche Schäden im wesentlichen nur an Zuleitungs rohren in den Versicherungsschutz einbezogen werden. </p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">2. </p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Parteien sind sich einig, daß der Schaden an Abflußrohren unterhalb des Fußbodens eines nicht unterkellerten Bades eingetreten ist, daß aber diese Schadensstelle in der Waagerechten zwischen tragenden Fundamenten liegt. </p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">3. </p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Diese Schadensstelle fällt nach Auffassung des erkennenden Gerichts unter den Deckungsumfang des Versicherungsvertrages. </p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">a) </p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Es ist nicht zweifelhaft, daß Abflußleitungen unmittelbar unter dem Fußboden eines Wohngebäudes noch zu den ( wesentlichen, § 93 f BGB ) Bestandteilen des versicherten Gebäudes gemäß § 2 VGB zu zählen sind (so auch LG Köln (nicht Hamburg), RUS 1977,263 f). </p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">b) </p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die Schadens stelle liegt darüber hinaus "innerhalb" des versicherten Gebäudes. </p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Bei einer Würdigung des Wortlauts der Versicherungsbedingungen muß in erster Linie darauf abgestellt werden, welches der objektive Erklärungsinhalt für den verständigen Leser ist (§§ 133, 157 BGB). Für den Benutzer eines nicht unterkellerten Gebäudes liegen aber Leitungen, die unmittelbar unter der Fußbodenoberfläche liegen, "innerhalb" und nicht außerhalb des Gebäudes. Anders liegt der Fall sicherlich nach dem Austritt der Abwasserleitungen aus dem seitlich-äußeren Umriß des Gebäudes. Von dieser Stelle an dürfte kein Zweifel darüber bestehen, daß sich die Leitung außerhalb des Gebäudes befindet. Hingegen sind Leitungen, die man nur von innerhalb des Gebäudes erreicht, die nur tatsächlich zugänglich werden,wenn innerhalb des Gebäudes gearbeitet wird, eher als auch im Sinne der Versicherungsbedingungen innerhalb gelegen anzusehen. </p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Kein Zweifel wird daran bestehen können, daß Leitungen, die sich mindestens teilweise in Mauern befinden, noch inner- halb des Gebäudes liegen (so auch LG Köln a.a.O.). </p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Fraglich kann daher nur sein, ob die Leitungsteile, die zwar in der Waagerechten zwischen tiefer als der Kellerboden reichenden Fundamenten liegen, die aber unterhalb des Kellerbodens liegen, als innerhalb oder außerhalb des Gebäude liegend anzusehen sind. Zwar hat die Rechtsprechung verschiedentlich die Unterkante des Kellerbodens als Grenze des Gebäudes angesehen, also das in der Waagerechten zwischen den Fundamentmauern liegende Erdreich und die dort liegenden Rohre nicht mehr dem Gebäudeinneren zugerechnet (LG Köln a.a.O.; seinerseits wieder gestützt auf LG Hamburg, VersReCht 70, 1004). Beide Entscheidungen überzeugen aber nicht. </p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Bei der Auslegung ist der technisch übliche Sachverhalt, der erfaßt und geregelt werden soll, zu berücksichtigen. Abflußleitungen sind in aller Regel, praktisch durchgängig, so verlegt, daß die Falleitungen bis zur Unterkante des Kellerfußbodens geführt werden, um sodann dort durch waagerecht verlaufende Rohre gesammelt und nach außen geführt zu werden. Gemäß dem typischen Grundrißplan von Häusern bedeutet dieser Sachverhalt, daß die Abflußleitungen unterhalb des Kellerfuß- bodens waagerecht an verschiedenen Stellen durch die bei Hausbauten üblichen Fundamente (Streifenfundamente) hindurchgeführt werden. Die Auffassung der vorerwähnten Gerichte müßte dazu führen, daß die Abflußleitungen, soweit sie innerhalb der Fundamente und damit sicherlich innerhalb des Gebäudes liegen, von den gleich angrenzenden Teilen, die nunmehr unterhalb des Kellerfußbodens liegen, rechtlich getrennt werden. </p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Entsprechende rechtliche Unterschiede müßten mit Rücksicht auf das mehrfache Durchbrechen von Streifenfundamenten, wie es häufig bis üblich vorkommt, bei einer Abwasserrohrleitung \ eines Hauses gleich mehrfach auftreten. Vor allem aber der Bereich, in dem die Abwasserleitung schließlich durch das umgrenzende äußere Fundament hindurch nach außen geführt wird, wäre wiederum als innerhalb des Gebäudes liegend anzusehen, während die Stücke davor unter dem Kellerfußboden außerhalb des Gebäudes im Sinne der Versicherungsbedingungen lägen. Dieses Ergebnis erscheint willkürlich und dem normalen Leser der Versicherungsbedingungen auch. kaum verständlichzu machen. Ein derartiger Unterschied läßt sich auch nicht durch die übrigen Begründungen der beiden vorerwähnten Urteile rechtfertigen. Abflußleitungen unmittelbar unterhalb der Kellersohle beinhalten keineswegs zwingend ein höheres technisches Schadenrisiko. </p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Leitungen befinden sich an diesen Stellen regelmäßig besonders geschützt. Sie werden nämlich durch die äußeren Fundamentringe der Gebäude eingegrenzt. Üblicherweise sind Gebäude heute so beschaffen, daß durch die Kelleraußenwände keinerlei Wasser oder sonstige schädigende Einflüsse mehr eindringen und auf die Rohre einwirken. Unterhalb des Kellerfußbodens pflegt es deshalb regelmäßig trockener zu sein als außerhalb der Gebäude. Erschütterungen können unterhalb des Kellerfußbodens auch weniger einwirken als außerhalb des äußeren Umrisses des Gebäudes. Ohne dies unterliegen die im Erdreich regelmäßig zu verlegenden Ton- oder Hartplastikrohre praktisch keiner Verwitterung oder Abnutzung. </p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Es ist für den Normalfall auch keineswegs so, daß bei Schäden unterhalb des Kellerfußbodens mit höherem Reparaturaufwand zu rechnen ist als bei Schäden außerhalb des äußeren seitlichen Umrisses von Gebäuden. Das Aufstemmen eines Kellerfußbodens ist in der Regel nicht schwierig. Es dürfte im allgemeinen einfacher sein als das Aufstemmen von unter Umständen tragenden Hauswänden, in denen Abflußleitungen in der Senkrechten meistens verlegt sind. Demgegenüber ist ein Zugang zu seitlich außerhalb des Gebäudes befindlichen Abflußleitungen regelmäßig nur mit erheblichem Aufwand möglich. Es muß eine Grube ausgehoben werden., was wegen der notwendigen Vorsicht meist nur von Hand erfolgen darf, die Grube muß zum Arbeiten hinreichend groß werden und muß entspreChend abgeböscht und/oder gesichert werden. Das ist im Ansatz weitaus aufwendiger, als das Aufstemmen eines normalen Kellerfußbodens. </p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Zumindest bleibt zu erwägen, daß die auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten anzuwendende Unklar- heitenregel (§ 5 AGBG) dazu fUhren muß, die Abflußleitungen unmittelbar unterhalb des untersten Hausfußbodens, aber noch in der Waagerechten zwischen den Fundamenten, als innerhalb des Gebäudes anzusehen. Dieses Auslegungsprinzip konnte 1969 (Landgericht Hamburg, Versicherungsrecht 1970, 1004) und Anfang 1976 (Landgericht Köln, RuS 1977, Seite 263) noch nicht bedacht werden, da das Gesetz über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen im wesentlichen erst am 01.04. 1977 in Kraft getreten ist. Unklar aber ist die Versicherungsbedingung zumindest deshalb, weil sie bei der Auslegung, die die Beklagte vornimmt, die Abflußleitung unterhalb des Kellerfußbodens in der Regel in verschiedene Abschnitte einteilt, die versichert sind, weil sie zum Beispiel das Fundament kreuzen, oder nicht versichert sind, weil sie zwischen den Fundamenten aber unterhalb des Kellerfußbodens liegen. Eine solche Art "gestückelter" Versicherung von Abflußleitungen erschließt sich dem verständigen Leser der VGB sicherlich nicht ohne weiteres, sie ist unklar. Hinzu kommt, daß derartige Auslegung die Grundsatzvorschrift des § 2 VGB beschränkt, weshalb sie als Ausnahmeregelung nach allgeIlrl.nen Auslegungsgrundsätzen eng auszulegen ist. Denn die Abflußleitung ist zumindest bis zum seitlichen Austritt aus dem Gebäude wesentlicher Bestandteil des Gebäudes und damit grundsätzlich vom Versicherungsschutz umfaßt, § 2 VGB. Auch wenn man die Abflußleitungen nicht nur in den Fundamentdurchführungen, sondern auch unterhalb des Kellerbodens einschließt, bleibt der Regelungsgehalt des § 4 Nummer 2 VGB noch sinnvoll. </p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Es werden dann nämlich nur die seitlich außerhalb des Gebäudes austretenden Abflußleitungen vom Versicherungsumfang nicht eingeschlossen. Nicht mehr in diesem Sinne eng – sondern zu Unrecht extensiv - ist aber eine Auslegung, die Leitungen unterhalb des Gebäudes in verschiedene Abschnitte zerlegen muß, die teils innerhalb (Fundamentdurchbrüche), teils außerhalb (Zwischenfundamenten) liegen. </p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nummer </p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">11,713 ZPO. </p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">C</p>
|
315,604 | olgham-1985-10-01-10-u-8684 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 10 U 86/84 | "1985-10-01T00:00:00" | "2019-03-13T15:08:58" | "2019-03-27T09:42:41" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1985:1001.10U86.84.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Klägerin gegen das am 3. Februar 1984 verkündete Urteil der 21. Zivilkammer des Landgerichts ... wird, soweit der Rechtsstreit sich nicht durch den vor dem Senat geschlossenen Vergleich vom 4.12.1984 erledigt hat, zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits werden zu 2/3 der Klägerin und zu 1/3 dem Beklagten auferlegt.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die jetzt 75 jährige Klägerin ist die Mutter des Beklagten.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Beide leben auf dem landwirtschaftlichen Anwesen ... in ... das bis zu seinem Tod am 25. November 1966 im Eigentum
des Landwirts ... dem Ehemann der Klägerin und Vater des Beklagten stand.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Dieser hatte am 1. April 1966 ein Testament errichtet und die Klägerin als Erbin eingesetzt. Nachdem das
Amtsgericht ... diesem Testament die landwirtschaftsgerichtliche Zustimmung erteilt hatte, hob der Senat durch
Beschluß vom 5.8.1980 diese Entscheidung auf und versagte dem Testament die landwirtschaftsgerichtliche
Zustimmung. Diese Entscheidung ist in Rechtskraft erwachsen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der
beigezogenen Akten ... verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Ende 1981 erhobenen Klage der Klägerin auf Feststellung, dsid der streitbefangene Hof Ehegattenhof
geworden ist sowie auf Erteilung eines Hoffolgezeugnisses mit einer ihr eingeräumten Stellung als Hofvorerbin
ist durch rechtskräftige Entscheidung des Senats vom 19.4.1983 entsprochen worden ....</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin vom Beklagten die Unterlassung sämtlicher der
Hofwirtschaft zuzuordnenen Tätigkeiten, sowie die Herausgabe eines dem Beklagten bzw. seiner Familie
vorübergehend überlassenen Raumes.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Sie hat hierzu wie folgt vorgetragen:</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Bis zum Tode ihres Ehemannes habe sie mit diesem zusammen den Hof bewirtschaftet. Danach habe sie die
Bewirtschaftung übernommen. Der Beklagte, der seit 1961 einer ganztätigen Beschäftigung
nachgehe, habe ihr bei der Bewirtschaftung des Hofes geholfen. Etwa 1976/1977 habe sie ihm gestattet, einige
Rinder auf eigene Rechnung auf dem Hof zu halten. Ihre krankheitsbedingte Abwesenheit im Jahre 1978 habe der
Beklagte dazu benutzt, die Bewirtschaftung des Hofes an sich zu reißen. Er verweigere sowohl die Rückgabe
eines nur vorübergehend überlassenen Zimmers als auch die Wiederaufnahme der Bewirtschaftung durch sie.
Vertragliche Beziehungen, etwa in Form eines Pachtvertrages bestünden nicht. Der gellend gemachte Anspruch
sei aus § 1004 BGB begründet.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">den Beklagten zu verurteilen,</p>
<br /><span class="absatzRechts">11</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="0">
<tr>
<td>1.</td>
<td>bezüglich des im Grundbuch von ... verzeichneten Hofes der Klägerin alle
Bewirtschaftungsmaßnahmen zu unterlassen, insbesondere Saat und Ernte,</td>
</tr>
<tr>
<td>2.</td>
<td>die Stallungen des im Klageantrag zu 1) genannten Hofes in ... zu räumen,</td>
</tr>
<tr>
<td>3.</td>
<td>das ihm überlassene Zimmer im Hause ... (Durchgangszimmer vor dem Schlafzimmer der
Klägerin) zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.</td>
</tr>
</table><br />
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Zur Begründung dieses Antrages hat er vorgetragen:</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Zeit seines Lebens habe er auf dem streitbefangenen Hof seines Vaters gelebt und seit seiner Kindheit dort
unentgeltlich gearbeitet. 1962 habe er auf dem Hof geheiratet und gleichzeitig, um seine Familie besser unterhalten
zu können, eine Schichtarbeit bei der Firma ... in ... angenommen. Sowohl seine aus der Landwirtschaft
stammende Ehefrau als auch die Kinder hätten, soweit ihnen möglich, anfallende Arbeiten auf dem Hof
mitverrichtet. Während die Klägerin in für sie sehr großzügig bemessenen Wohnverhältnissen
lebe, müsse er sich mit seiner vierköpfigen Familie mit 3 Zimmer, davon 2 in einem umgebauten Kälberstall
gegnügen. Im übrigen sei die Klägerin nicht zuletzt aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters unter
Berücksichtigung einer ebenfalls betagten Hilfe nicht als wirtschaftsfähig anzusehen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat durch das angefochtene Urteil die Klage abgewiesen. Es hat das Eigentum der Klägerin am
Hof nicht in Frage gestellt, ist jedoch der Meinung, daß dem an sich gegebenen Unterlassung- und Herausgabeanspruch
der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegen stehe. Im einzelnen führt das Landgericht folgende
Gesichtspunkte an:</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Wie der Senat bereits in seinen Beschluß vom 5.8.1980 festgestellt habe, verstoße es gegen Treu und
Glauben, dem Beklagten die Möglichkeit zu nehmen, Hofnacherbe zu werden. Das gelte auch für die Klage.
Die Klägerin sei relativ betagt. Daher bestehe die realistische Möglichkeit, daß der Nacherbfall
in wenigen Jahren eintrete. Es bestehe aber, da die Schwestern des Beklagten verheiratet seien, die größere
Wahrscheinlichkeit, daß der Beklagte tatsächlich Nacherbe werde und nicht eine seiner Schwestern.
Würde der Beklagte den Hof verlassen müssen, könnte er den Hof auch nicht mehr bewirtschaften, was
bedeuten würde, daß über Jahrzehnts verfestigte Gegebenheiten außer Kraft gesetzt würden.
Das verstoße aber gegen Treu und Glauben.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Sie wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und stellt nochmals heraus, daß die Entscheidung des Landgerichts
in letzter Konsequenz bedeute, daß ihr Eigentumsrecht praktisch ausgehöhlt werde und sie - obwohl sie als
Vorerbin bis zum Tode voller Eigentümer sei (§ 2100 BGB) - tatsächlich rechtlos gestellt werde. Das
Urteil verfestige auch die Stellung des Beklagten als Hofnacherbe, die ihm nicht zukomme. Bereits der verstorbene
Ehemann habe zum Ausdruck gebracht, daß der Beklagte nicht Hoferbe werden sollte. Im übrigen sei zumindest
eine der Töchter wirtschaftsfähig und in der Lage, den Hof zu übernehmen. Die Frage des Nacherben sei
daher völlig offen und durch nichts präjudiziert worden. Neben seiner beruflichen Tätigkeit sei der
Beklagte ihr bei der Hofbewirtschaftung lediglich zur Hand gegangen. Auch sei kein Pachtvertrag geschlossen worden,
wozu sie durchaus bereit gewesen sei, was aber an dem Verhalten das Beklagten gescheitert sei.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat unter Wiederholung seines Vorbringens und des landgerichtlichen Urteils die Zurückweisung
des Rechtsmittels beantragt.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Im Laufe des Verfahrens haben die Parteien den Rechtsstreit teilweise im Vergleichswege beendet. Insoweit wird
auf das Protokoll vom 4.12.1984 Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Gleiches gilt für das vom Senat eingeholte und bei den
Akten befindliche Gutachten des Sachverständigen ....</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe</b></p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Der Rechtsstreit ist vergleichsweise beendet worden, soweit er die Herausgabe des dem Beklagten überlassenen
Zimmers zum Gegenstand hatte.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Im übrigen ist die Berufung zwar zulässig, aber unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Dem Landgericht ist im Ergebnis dahin zu folgen, daß das Klagebegehren der Klägerin
rechtsmißbräuchlich ist.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Zwar stehen der Klägerin als Eigentümerin grundsätzlich die Rechte aus § 1004 bzw. 985 BGB zu.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Dem steht jedoch ein Recht des Beklagten, zum Besitz entgegen, das aus der Besonderheit des Höferechts
herrührt, und zwar in Anwendung der Grundsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu formlosen
Hoferbenbestimmung (vgl. BGHZ 12, 286 ff). Diese haben zwischenzeitlich ihren gesetzlichen Niederschlag in §
6 HöfeO der am 1.7.1976 in Kraft getretenen Fassung gefunden, der vorliegend jedoch keine Anwendung findet,
da der Nacherbe nicht Erbe des Vorerben, sondern des Erblassers ist und somit auf die Rechtslage zum Zeitpunkt des
Erbfalls abzustellen ist.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die Rechtsprechung des BGH bejaht eine formlos bindende Vereinbarung über die Hofnachfolge dann, wenn der
Hofeigentümer durch Art, Umfang und Dauer der Beschäftigung eines Abkömmlings auf dem Hof zu erkennen
gegeben hat, daß dieser den Hof übernehmen soll und der Abkömmling sich darauf eingestellt hat, wobei
diese Vereinbarung rechtlich als Hofvererbungszusage bewertet wird.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Vom tatsächlichen Geschehensablauf ist vorliegend folgendes festzustellen:</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat seit seiner Kindheit ununterbrochen auf dem Hof gelebt. Er hat 1953/1954 die Landwirtschaftsschule
in ... bzw. ... besucht. Dieser Schulbesuch hatte aber nur dann einen Sinn, wenn er später einmal in der
Landwirtschaft tätig sein würde. Gedacht sein konnte dabei in erster Linie nur an eine spätere
Übernahme des elterlichen Hofes. Im Jahr 1964 beabsichtigte der Erblasser, mit dem Beklagten einen
Hofübergabevertrag zu schließen. Ein Vertragsentwurf war unter Hilfestellung der Landwirtschaftskammer
bereits erstellt worden. Daraus folgt, daß der Erblasser jedenfalls zu diesem Zeitpunkt nicht mehr daran
festhielt, daß der Beklagte den Hof verlassen sollte, so wie es die Klägerin für die 50er Jahre
behauptet hat.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat bereits in seinen Beschluß vom 5.8.1980 ... ausgeführt, daß nicht festgestellt
werden könne, daß der Erblasser triftige Gründe gehabt habe, den Beklagten in seiner letztwilligen
Verfügung zu übergehen. Tätlichkeiten zwischen ihnen seien nicht nachgewiesen, Meinungsverschiedenheiten
rechtfertigten die Übergehung eines Abkömmlings zugunsten der Ehefrau nicht. Die tatsächliche
Entwicklung auf dem Hof hat den Senat bereits in seinem vorgenannten Beschluß zu der Feststellung veranlaßt,
daß "hinzukommt, daß der Antragsgegner (Beklagte) auf dem Hof gewirtschaftet und sich unstreitig
darauf eingerichtet hat, den Hof später einmal übernehmen zu können".</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">An dieser Rechtsposition des Beklagten hat sich seitdem nichts geändert. Sie erfährt auch keine
Einschränkung dadurch, daß der Senat seinerzeit keine Feststellung getroffen hat, daß der Beklagte
Hofnacherbe ist. Diese Feststellung ist auch heute nicht zu treffen, da sie - worauf die Klägerin zutreffend
hinweist - voraussetzt, daß der Beklagte die Klägerin überlebt, überlebt er sie, dann allerdings
kann die Nacherbfolge des Beklagten aus dem Gesichtspunkt der formlos bindenden Hoferbenbestimmung nicht zweifelhaft
sein.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Die somit bestehende Rechtsposition des Beklagten verdient einen gegenüber den Interessen der Klägerin
vorrangigen Schutz. Dabei verkennt der Senat nicht, daß der Vorerbe voller Eigentümer ist, das Eigentum das
stärkste Recht ist und Einschränkungen nur in besonderen Fällen in Betracht können können,
etwa bei Bestehen eines Besitzrechts. Dabei kann es keinen Zweifel unterliegen, daß die Position des Vorerben
auch das Recht zur Bewirtschaftung des Hofes umfasst.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Vorliegend hat die Klägerin bei ihrer Anhörung durch den Senat jedoch unmißverständlich zum
Ausdruck gebracht, daß sie den Hof <u>nicht</u> selbst bewirtschaften wolle. Will sie den Hof jedoch im Wege der
Verpachtung nutzen, so bietet sich eine Verpachtung des Hofes an den Beklagten an. Zur Vorbereitung eines solchen
Pachtvertrages war letztlich auch das Gutachten durch den Senat eingeholt worden. Für ihre Behauptung, durch
eine parzellierte Verpachtung höhere Erlöse erzielen zu können, hat die Klägerin keinen Beweis
angetreten. Nach dem Gutachten des Sachverständigen ... drängt sich diese Annahme auch nicht auf. Die von
Nachbarn angeblich erzielten Pachterlöse sind als Vergleich ungeeignet, da die Umstände der Verpachtung
(Qualität der Flächen, Pachtdauer, Pächterinteresse) nicht bekannt sind.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Soweit die Klägerin darauf abstellt, daß ein mit den Beklagten abgeschlossener Pachtvertrag nur zu neuen
Mißfälligkeiten führen würde, ist festzustellen, daß zugegebenermaßen das Zusammenleben
der Parteien auf dem Hof zu ständigen Reibereien und damit Auseinandersetzungen führen kann. Die Klägerin
denkt jedoch, wie sie bei ihrer Anhörung ebenfalls bekundet hat, nicht daran, dem Beklagten zum Auszug vom Hof zu
veranlassen. Dabei kann dahinstehen, inwieweit sie ein solches Verlangen rechtlich durchsetzen könnte; dies wird
sich danach beantworten, wer die Ursache für die Meinungsverschiedenheit zu vertreten hat. Gibt es also keinen
stichhaltigen Grund, bei nichtgewollter Eigenbewirtschaftung den Hof nicht an den Beklagten zu verpachten, so ist die
Berufung der Klägerin, auf die formale Rechtsposition als Eigentümerin und die daraus hergeleiteten
Ansprüche rechtsmißbräuchlich. Ihr Rechtsmittel muß daher erfolglos bleiben.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Die Kosten des Verfahrens waren in dem aus dem Tenor ersichtlichen Verhältnis zu quoteln, da der Beklagte
sich im Vergleichswege zur Herausgabe des Zimmers verpflichtet hat. In diesem Umfang wäre allerdings auch die
Berufung der Klägerin erfolgreich gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO.</p>
|
315,605 | lg-duisburg-1985-09-26-1-11-o-43784 | {
"id": 807,
"name": "Landgericht Duisburg",
"slug": "lg-duisburg",
"city": 408,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 1 (11) O 437/84 | "1985-09-26T00:00:00" | "2019-03-13T15:09:00" | "2019-03-27T09:42:41" | Urteil | ECLI:DE:LGDU:1985:0926.1.11O437.84.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>für R e c h t erkannt:</p>
<p></p>
<p>Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 3.911,07 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 10. April 1984 zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreites tragen die Klägerin zu 54 % und die Beklagten gesamtschuldnerisch zu 46 %.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, und zwar für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.400,00 DM und für die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.200,00 DM.</p>
<p></p>
<p> T a t b e s t a n d : </p>
<p></p>
<p>Die Klägerin, die sich gewerblich mit der Abfallentsorgung befasst, nimmt die Beklagten wegen eines Verkehrsunfalls auf Schadenersatz in Anspruch, der sich 25. Januar 1984 auf der Bundesautobahn A 2 in Duisburg in Fahrtrichtung Essen in Höhe einer Autobahneinfahrt ereignet hat.</p>
<p></p>
<p>Der Zeuge befuhr mit einem Entsorgungsfahrzeug der Klägerin den rechten Fahrstreifen der dreispurigen Autobahn. Vor ihm auf den gleichen Fahrstreifen fuhr die Zweitbeklagte mit dem PKW des Erstbeklagten, der bei der Drittbeklagten haftpflichtversichert ist.</p>
<p></p>
<p>Der LKW der Klägerin geriet ins Schleudern, drehte sich und kippte um, wobei er Totalschaden erlitt. Die Klägerin macht für diesen Schaden die Beklagten verantwortlich. </p>
<p></p>
<p>Sie behauptet zum Unfallhergang:</p>
<p></p>
<p>Die Zweitbeklagte habe den PKW bis zum Stillstand abgebremst, um einen anderen LKW die Auffahrt auf die Autobahn zu ermöglichen. eine Notwendigkeit dazu habe nicht bestanden, denn dieser LKW habe am Ende der Beschleunigungsspur angehalten, bevor die Zweitbeklagte bis zum Stillstand abgebremst habe.</p>
<p></p>
<p>Der Zeuge , der mit ca. 70 km/h in einem Abstand von 100 Metern hinter der Zweitbeklagten gefahren sei, sei von deren unvorhersehbarem Verhalten überrascht worden und habe das Fahrzeug der Klägerin voll abbremsen müssen, um nicht aufzufahren. Infolge Fahrbahnnässe sei der LKW der Klägerin dabei ins Schleudern geraten. </p>
<p></p>
<p>Die Klägerin macht folgenden Schaden geltend:</p>
<p></p>
<p>Abschleppkosten 866,25 DM</p>
<p>Sachverständigengebühren 912,00 DM</p>
<p>und 379,13 DM</p>
<p>Fahrzeugschaden 15.800,00 DM</p>
<p>Mehraufwand für Überstunden 1.239,88 DM</p>
<p></p>
<p>Nachdem die Kaskoversicherung der Klägerin auf den Fahrzeugschaden 13.800,00 DM gezahlt hat, sowie die Abschleppkosten erstattet hat, hat die Klägerin die Klage insoweit zurückgenommen, des gleichen wegen eines ursprünglich verlangten Verdienstausfalles.</p>
<p></p>
<p>Zu dem Mehraufwand für Überstunden behauptet die Klägerin:</p>
<p></p>
<p>Um nach dem Ausfall des verunfallten Fahrzeuges ihre Aufträge ausführen zu können, hätten ihre Fahrer insgesamt 35,75 Überstunden leisten müssen, wofür ihnen 1.239,88 DM vergütet worden seien.</p>
<p></p>
<p>Die Klägerin beantragt,</p>
<p></p>
<p>die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilten, an sie 4.531,01 DM nebst 10 % Zinsen seit dem 10. April 1984 zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Die Beklagten beantragen,</p>
<p></p>
<p>die Klage abzuweisen.</p>
<p></p>
<p>Sie behaupten, die Zweitbeklagte habe ihre Geschwindigkeit lediglich verlangsamt, um einem LKW die Auffahrt zu ermöglichen. Sie habe nicht zum Stillstand abgebremst.</p>
<p></p>
<p>Der Zeuge habe den erforderlichen Sicherheitsabstand nicht eingehalten und das Umstürzen des LKW durch eine fehlerhafte, abrupte Lenkbewegung nach links verursacht. Dabei sei der mittlere Fahrstreifen frei gewesen, so dass er gefahrlos habe Überholen können.</p>
<p></p>
<p>Unfallbedingte Überstunden seien bei der Klägerin nicht angefallen. Die auf dem ausgefallenen Fahrzeug eingesetzten Fahrer hätten die zusätzlichen Touren auf den anderen LKW’s fahren können. </p>
<p></p>
<p>Das Gericht hat Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschriften vom 20.02.1985 (Bl. 73 – 79 d. A.) und 08.08.1985 (Bl. 92 – 95 d. A.) sowie auf die Sitzungsniederschrift des Amtsgerichts Nürnberg (Rechtshilfegericht) vom 19.04.1985 (Bl. 85 – 87 d. A.) Bezug genommen.</p>
<p></p>
<p>Die Bußgeldakten 946/4/829/7 Stadt Duisburg waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Auf ihren Inhalt wird auf Bezug genommen. </p>
<p></p>
<p>Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringen wird auf den vorgetragenen Akteninhalt Bezug genommen.</p>
<p></p>
<p> E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e : </p>
<p></p>
<p>Die Klage ist teilweise begründet.</p>
<p></p>
<p>Dem Grunde nach sind die Beklagten gemäß §§ 7, 17, 18 StVG, 3 PflVG verpflichtet, der Klägerin die Hälfte ihres Unfallschadens zu ersetzen.</p>
<p></p>
<p>Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass die Zweitbeklagte den Unfall verschuldet hat, weil sie ihr Fahrzeug ohne hinreichenden Grund bis zum Stillstand abgebremst hat. Die Zeugen und haben übereinstimmend ausgesagt, die Zweitbeklagte habe auf der Autobahn angehalten, obwohl der vom Zeugen </p>
<p> gesteuerte Lastzug sich auf der Beschleunigungsspur befunden habe.</p>
<p></p>
<p>Beide Zeugen sind allerdings als Unfallbeteiligte nicht unvoreingenommen, aber es gibt bezüglich des Zeugen Haas dennoch keinen Grund, seinen Angaben zu misstrauen. Die Beklagten behaupten in diesen Rechtsstreit selbst nicht, der Zeuge </p>
<p> habe die Zweitbeklagte gefährdet. Aus der Sicht des Zeugen ist es auch belanglos, ob die Zweitbeklagte angehalten oder lediglich ihre Fahrt stark verlangsamt hat.</p>
<p></p>
<p>Unstreitig wollte die Zweitbeklagte dem Zeugen die Auffahrt ermöglichen. Soweit der Zeuge im Bußgeldverfahren einmal angegeben hat, der Zeuge</p>
<p>habe die Zweitbeklagte gefährdet, hat er das bei seiner Vernehmung vor der Kammer richtig gestellt. Hier hat er ausgesagt, er habe nicht gesehen, dass der LKW des Zeugen in die Fahrbahn hineingetreten sei. Er habe das lediglich deshalb angenommen, weil er sich anders das plötzliche starke Abbremsen der Zweitbeklagten nicht habe erklären können. Mit dieser Aussage hat der Zeuge nun im Kern die Darstellung der Zeugen und bestätigt.</p>
<p></p>
<p>Das beschriebene Verhalten der Zweitbeklagten stellt sich rechtlich als schwerer Verstoß gegen die §§ 4 Abs. 1 Satz 2 und 18 Abs. 7 StVO dar. </p>
<p></p>
<p>Die verbreitete Übung, auffahrenden Fahrzeugen das Auffahren zu erleichtern, ist nicht zu beanstanden. Dabei darf auch die Fahrtgeschwindigkeit verringert werden. Das geht aber nur unter der Voraussetzung, dass der nachfolgende Verkehr nicht gefährdet wird. Ein plötzliches Bremsen bis zum Stillstand ist – außer im Fall der hier nicht gegebenen Notlage – auf der Autobahn schlechthin verboten. </p>
<p></p>
<p>Die Beweisaufnahme hat aber auch ergeben, dass der Zeuge den Unfall mitverschuldet hat. Bereits der erste Anschein spricht dafür, dass der von ihm gesteuerte LKW infolge eines Fahrfehlers außer Kontrolle geraten ist. </p>
<p></p>
<p>Nach den eigenen Angaben des Zeugen betrug der Abstand zum Fahrzeug der Beklagten immerhin noch 20 bis 30 Meter, als er nach links ausweichen konnte. Bei einem sachgerecht ausgeführten Lenkmanöver nach links hätte dabei nichts passieren können, weil ein abruptes Herumreißen des Lenkrades nicht erforderlich war. Das Gericht glaubt dem Zeugen nicht, dass die Fahrbahn eisglatt war. Keiner der anderen Zeugen hat das bestätigt. Auch die polizeiliche Unfallaufnahme enthält keine derartige Feststellung. Wenn auch auffällt, dass die unfallaufnehmenden Polizeibeamten die vorgesehenen Angaben über den Straßenzustand im Fallaufnahmeprotokoll überhaupt unterlassen haben, so ist doch davon auszugehen, dass sie eine bei diesem Unfallgeschehen geradezu ins Auge springende Besonderheit wie Eisglätte auf der Fahrbahn bei der Unfallaufnahme berücksichtigt hätten. </p>
<p></p>
<p>Hinzu kommt noch, dass der Zeuge schon früher auf den mittleren Fahrstreifen hätte ausweichen können, wie das der unbeteiligte Zeuge , dem das Gericht folgt, bekundet hat.</p>
<p></p>
<p>Bei der Abwägung der beiderseitigen Unfallverursachung gemäß § 17 StVG fällt vor allem ins Gewicht, dass die vom LKW der Klägerin ausgehende Betriebsgefahr beträchtlich höher war, als die vom PKW der Beklagten ausgehende. Die mit der Größe und dem Gewicht des klägerischen LKW verbundenen Gefahren haben sich hier besonders ausgewirkt, weil das Fahrzeug wegen dieser Merkmale bei dem Schleudervorgang umgekippt ist, was allein den Schaden herbeigeführt hat. </p>
<p></p>
<p>Deshalb hält das Gericht eine gleichmäßige Schadensverteilung für angemessen, obwohl ein plötzlich auf der Autobahn anhaltendes Fahrzeug zu den schwerwiegendensten Gefahrenquellen zu rechnen ist. </p>
<p></p>
<p>Der Höhe nach ist das Klagebegehren nicht zu beanstanden. Der Fahrzeugschaden, die Abschleppkosten und die Sachverständigengebühren sind nicht in Streit.</p>
<p></p>
<p>Es ist bewiesen, dass die Klägerin unfallbedingte Mehraufwendungen für Überstundenvergütung in Höhe von 1.239,88 DM hatte. Der Zeuge hat einleuchtend und glaubhaft erklärt, dass die Klägerin den Ausfall des Unfallfahrzeuges nur durch den Einsatz der Überstunden ausgleichen konnte. Es ist nachvollziehbar, dass die Klägerin den Ausfall des Fahrzeuges des Zeugen nicht dadurch ausgleichen konnte, dass sie diesen Zeugen auf anderen Wagen einsetzte. Die anderen Wagen standen während der regelmäßigen Arbeitszeit nicht frei zur Verfügung.</p>
<p></p>
<p>Bei der Abrechnung des Schadens ist zu beachten, dass der Klägerin gemäß § 67 Abs. 1 Satz 2 VVG gegenüber ihrer Kaskoversicherung ein Quotenvorrecht zusteht. Zu dem von der Kaskoversicherung erfassten Schadensbereich gehören der Fahrzeugschaden, die Abschleppkosten und die Sachverständigengebühren. In diesem Umfang beträgt der Gesamtschaden: </p>
<p></p>
<p>Fahrzeugschaden: 15.800,00 DM</p>
<p>Abschleppkosten 866,25 DM</p>
<p>Sachverständigengebühren: 912,00 DM</p>
<p> „ 379,13 DM</p>
<p> 17.957,38 DM</p>
<p></p>
<p>Darauf hat der Kaskoversicherer</p>
<p>gezahlt: 13.800,00 DM</p>
<p> 866,25 DM</p>
<p> 14.666,25 DM</p>
<p></p>
<p>Restschaden: 3.291,13 DM</p>
<p></p>
<p>Die Beklagten haben 50 % von 17.957,38 = 8.978,69 DM zu regulieren. Der Klägerin stehen wegen ihres Quotenvorrechts 3.291,13 DM zu und nur wegen des verbleibenden Restes von 8.978,69 – 3.291,13 = 5.687,56 DM ist die Forderung auf den Kaskoversicherer übergegangen.</p>
<p></p>
<p>Von den Mehraufwendungen für Überstunden kann die Klägerin die Hälfte von 1.239,88 DM, also 619,94 DM ersetzt verlangen.</p>
<p></p>
<p>Ihr stehen insgesamt zu 3.291,13 DM </p>
<p> + 619,94 DM</p>
<p> 3.911,07 DM.</p>
<p></p>
<p>Die geforderten Verzugszinsen kann die Klägerin nur in der gesetzlichen Höhe beanspruchen. Die bestrittene Inanspruchnahme von Bankkredit hat sie nicht belegt.</p>
<p></p>
<p>Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92, 267 Abs. 3, 709 ZPO.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">(Hier Freitext: Tatbestand, Gründe etc.)</p>
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315,606 | lg-duisburg-1985-09-26-11-o-43784 | {
"id": 807,
"name": "Landgericht Duisburg",
"slug": "lg-duisburg",
"city": 408,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 11 O 437/84 | "1985-09-26T00:00:00" | "2019-03-13T15:09:02" | "2019-03-27T09:42:41" | Urteil | ECLI:DE:LGDU:1985:0926.11O437.84.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 3.911,07 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 10. April 1984 zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreites tragen die Klägerin zu 54 % und die Beklagten gesamtschuldnerisch zu 46 %.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, und zwar für die Klägerin gegen Sicher-heitsleistung in Höhe von 5.400,00 DM und für die Beklagten gegen Sicher-heitsleistung in Höhe von 1.200,00 DM.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px"><u>T a t b e s t a n d : </u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin, die sich gewerblich mit der Abfallentsorgung befasst, nimmt die Beklagten wegen eines Verkehrsunfalls auf Schadenersatz in Anspruch, der sich 25. Januar 1984 auf der Bundesautobahn A 2 in Duisburg in Fahrtrichtung Essen in Höhe einer Autobahneinfahrt ereignet hat.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Zeuge befuhr mit einem Entsorgungsfahrzeug der Klägerin den rechten Fahrstreifen der dreispurigen Autobahn. Vor ihm auf den gleichen Fahrstreifen fuhr die Zweitbeklagte mit dem PKW des Erstbeklagten, der bei der Drittbeklagten haftpflichtversichert ist.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der LKW der Klägerin geriet ins Schleudern, drehte sich und kippte um, wobei er Totalschaden erlitt. Die Klägerin macht für diesen Schaden die Beklagten verantwortlich. </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Sie behauptet zum Unfallhergang:</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">Die Zweitbeklagte habe den PKW bis zum Stillstand abgebremst, um einen anderen LKW die Auffahrt auf die Autobahn zu ermöglichen. eine Notwendigkeit dazu habe nicht bestanden, denn dieser LKW habe am Ende der Beschleunigungsspur angehalten, bevor die Zweitbeklagte bis zum Stillstand abgebremst habe.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">Der Zeuge , der mit ca. 70 km/h in einem Abstand von 100 Metern hinter der Zweitbeklagten gefahren sei, sei von deren unvorhersehbarem Verhalten überrascht worden und habe das Fahrzeug der Klägerin voll abbremsen müssen, um nicht aufzufahren. Infolge Fahrbahnnässe sei der LKW der Klägerin dabei ins Schleudern geraten. </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">Die Klägerin macht folgenden Schaden geltend:</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">Abschleppkosten 866,25 DM</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">Sachverständigengebühren 912,00 DM</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">und 379,13 DM</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">Fahrzeugschaden 15.800,00 DM</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">Mehraufwand für Überstunden 1.239,88 DM</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Nachdem die Kaskoversicherung der Klägerin auf den Fahrzeugschaden 13.800,00 DM gezahlt hat, sowie die Abschleppkosten erstattet hat, hat die Klägerin die Klage insoweit zurückgenommen, des gleichen wegen eines ursprünglich verlangten Verdienstausfalles.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Zu dem Mehraufwand für Überstunden behauptet die Klägerin:</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">Um nach dem Ausfall des verunfallten Fahrzeuges ihre Aufträge ausführen zu können, hätten ihre Fahrer insgesamt 35,75 Überstunden leisten müssen, wofür ihnen 1.239,88 DM vergütet worden seien.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilten, an sie 4.531,01 DM nebst 10 % Zinsen seit dem 10. April 1984 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Sie behaupten, die Zweitbeklagte habe ihre Geschwindigkeit lediglich verlangsamt, um einem LKW die Auffahrt zu ermöglichen. Sie habe nicht zum Stillstand abgebremst.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Der Zeuge habe den erforderlichen Sicherheitsabstand nicht eingehalten und das Umstürzen des LKW durch eine fehlerhafte, abrupte Lenkbewegung nach links verursacht. Dabei sei der mittlere Fahrstreifen frei gewesen, so dass er gefahrlos habe Überholen können.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Unfallbedingte Überstunden seien bei der Klägerin nicht angefallen. Die auf dem ausgefallenen Fahrzeug eingesetzten Fahrer hätten die zusätzlichen Touren auf den anderen LKW’s fahren können. </p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Das Gericht hat Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschriften vom 20.02.1985 (Bl. 73 – 79 d. A.) und 08.08.1985 (Bl. 92 – 95 d. A.) sowie auf die Sitzungsniederschrift des Amtsgerichts Nürnberg (Rechtshilfegericht) vom 19.04.1985 (Bl. 85 – 87 d. A.) Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Bußgeldakten 946/4/829/7 Stadt Duisburg waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Auf ihren Inhalt wird auf Bezug genommen. </p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringen wird auf den vorgetragenen Akteninhalt Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks"><u> E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e : </u></p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist teilweise begründet.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Dem Grunde nach sind die Beklagten gemäß §§ 7, 17, 18 StVG, 3 PflVG verpflichtet, der Klägerin die Hälfte ihres Unfallschadens zu ersetzen.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass die Zweitbeklagte den Unfall verschuldet hat, weil sie ihr Fahrzeug ohne hinreichenden Grund bis zum Stillstand abgebremst hat. Die Zeugen und haben übereinstimmend ausgesagt, die Zweitbeklagte habe auf der Autobahn angehalten, obwohl der vom Zeugen </p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">gesteuerte Lastzug sich auf der Beschleunigungsspur befunden habe.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Beide Zeugen sind allerdings als Unfallbeteiligte nicht unvoreingenommen, aber es gibt bezüglich des Zeugen dennoch keinen Grund, seinen Angaben zu misstrauen. Die Beklagten behaupten in diesen Rechtsstreit selbst nicht, der Zeuge </p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">habe die Zweitbeklagte gefährdet. Aus der Sicht des Zeugen ist es auch belanglos, ob die Zweitbeklagte angehalten oder lediglich ihre Fahrt stark verlangsamt hat.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Unstreitig wollte die Zweitbeklagte dem Zeugen die Auffahrt ermöglichen. Soweit der Zeuge im Bußgeldverfahren einmal angegeben hat, der Zeuge</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">habe die Zweitbeklagte gefährdet, hat er das bei seiner Vernehmung vor der Kammer richtig gestellt. Hier hat er ausgesagt, er habe nicht gesehen, dass der LKW des Zeugen in die Fahrbahn hineingetreten sei. Er habe das lediglich deshalb angenommen, weil er sich anders das plötzliche starke Abbremsen der Zweitbeklagten nicht habe erklären können. Mit dieser Aussage hat der Zeuge nun im Kern die Darstellung der Zeugen und bestätigt.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Das beschriebene Verhalten der Zweitbeklagten stellt sich rechtlich als schwerer Verstoß gegen die §§ 4 Abs. 1 Satz 2 und 18 Abs. 7 StVO dar. </p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Die verbreitete Übung, auffahrenden Fahrzeugen das Auffahren zu erleichtern, ist nicht zu beanstanden. Dabei darf auch die Fahrtgeschwindigkeit verringert werden. Das geht aber nur unter der Voraussetzung, dass der nachfolgende Verkehr nicht gefährdet wird. Ein plötzliches Bremsen bis zum Stillstand ist – außer im Fall der hier nicht gegebenen Notlage – auf der Autobahn schlechthin verboten. </p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Die Beweisaufnahme hat aber auch ergeben, dass der Zeuge den Unfall mitverschuldet hat. Bereits der erste Anschein spricht dafür, dass der von ihm gesteuerte LKW infolge eines Fahrfehlers außer Kontrolle geraten ist. </p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Nach den eigenen Angaben des Zeugen betrug der Abstand zum Fahrzeug der Beklagten immerhin noch 20 bis 30 Meter, als er nach links ausweichen konnte. Bei einem sachgerecht ausgeführten Lenkmanöver nach links hätte dabei nichts passieren können, weil ein abruptes Herumreißen des Lenkrades nicht erforderlich war. Das Gericht glaubt dem Zeugen nicht, dass die Fahrbahn eisglatt war. Keiner der anderen Zeugen hat das bestätigt. Auch die polizeiliche Unfallaufnahme enthält keine derartige Feststellung. Wenn auch auffällt, dass die unfallaufnehmenden Polizeibeamten die vorgesehenen Angaben über den Straßenzustand im Fallaufnahmeprotokoll überhaupt unterlassen haben, so ist doch davon auszugehen, dass sie eine bei diesem Unfallgeschehen geradezu ins Auge springende Besonderheit wie Eisglätte auf der Fahrbahn bei der Unfallaufnahme berücksichtigt hätten. </p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Hinzu kommt noch, dass der Zeuge schon früher auf den mittleren Fahrstreifen hätte ausweichen können, wie das der unbeteiligte Zeuge , dem das Gericht folgt, bekundet hat.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Bei der Abwägung der beiderseitigen Unfallverursachung gemäß § 17 StVG fällt vor allem ins Gewicht, dass die vom LKW der Klägerin ausgehende Betriebsgefahr beträchtlich höher war, als die vom PKW der Beklagten ausgehende. Die mit der Größe und dem Gewicht des klägerischen LKW verbundenen Gefahren haben sich hier besonders ausgewirkt, weil das Fahrzeug wegen dieser Merkmale bei dem Schleudervorgang umgekippt ist, was allein den Schaden herbeigeführt hat. </p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Deshalb hält das Gericht eine gleichmäßige Schadensverteilung für angemessen, obwohl ein plötzlich auf der Autobahn anhaltendes Fahrzeug zu den schwerwiegendensten Gefahrenquellen zu rechnen ist. </p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Der Höhe nach ist das Klagebegehren nicht zu beanstanden. Der Fahrzeugschaden, die Abschleppkosten und die Sachverständigengebühren sind nicht in Streit.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Es ist bewiesen, dass die Klägerin unfallbedingte Mehraufwendungen für Überstundenvergütung in Höhe von 1.239,88 DM hatte. Der Zeuge hat einleuchtend und glaubhaft erklärt, dass die Klägerin den Ausfall des Unfallfahrzeuges nur durch den Einsatz der Überstunden ausgleichen konnte. Es ist nachvollziehbar, dass die Klägerin den Ausfall des Fahrzeuges des Zeugen nicht dadurch ausgleichen konnte, dass sie diesen Zeugen auf anderen Wagen einsetzte. Die anderen Wagen standen während der regelmäßigen Arbeitszeit nicht frei zur Verfügung.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Bei der Abrechnung des Schadens ist zu beachten, dass der Klägerin gemäß § 67 Abs. 1 Satz 2 VVG gegenüber ihrer Kaskoversicherung ein Quotenvorrecht zusteht. Zu dem von der Kaskoversicherung erfassten Schadensbereich gehören der Fahrzeugschaden, die Abschleppkosten und die Sachverständigengebühren. In diesem Umfang beträgt der Gesamtschaden: </p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Fahrzeugschaden: 15.800,00 DM</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Abschleppkosten 866,25 DM</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Sachverständigengebühren: 912,00 DM</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">" <u> 379,13 DM</u></p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">17.957,38 DM</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Darauf hat der Kaskoversicherer</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">gezahlt: 13.800,00 DM</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks"><u> 866,25 DM</u></p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">14.666,25 DM</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Restschaden: 3.291,13 DM</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten haben 50 % von 17.957,38 = 8.978,69 DM zu regulieren. Der Klägerin stehen wegen ihres Quotenvorrechts 3.291,13 DM zu und nur wegen des verbleibenden Restes von 8.978,69 – 3.291,13 = 5.687,56 DM ist die Forderung auf den Kaskoversicherer übergegangen.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Von den Mehraufwendungen für Überstunden kann die Klägerin die Hälfte von 1.239,88 DM, also 619,94 DM ersetzt verlangen.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Ihr stehen insgesamt zu 3.291,13 DM </p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks"><u> + 619,94 DM</u></p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">3.911,07 DM.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Die geforderten Verzugszinsen kann die Klägerin nur in der gesetzlichen Höhe beanspruchen. Die bestrittene Inanspruchnahme von Bankkredit hat sie nicht belegt.</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92, 267 Abs. 3, 709 ZPO.</p>
|
315,607 | olgham-1985-09-25-20-u-4285 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 20 U 42/85 | "1985-09-25T00:00:00" | "2019-03-13T15:09:03" | "2019-03-27T09:42:41" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1985:0925.20U42.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Klägerin gegen das am 8. November 1984 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Kosten der Berufung werden der Klägerin auferlegt.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Am 7.1.1981 holte der Beklagte als Aushilfsfahrer mit einem Lkw seines Arbeitgebers Mobiliar von der Musikschule der Stadt ... . Ihn begleitete der Zeuge ... als Beifahrer. Um möglichst nahe an das Gebäude heranzukommen, befuhr der Beklagte mit dem Lkw einen Plattenweg, der erkennbar nur für Fußgänger vorgesehen war. Er wurde dabei von dem Zeugen ... eingewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Dabei - es ist streitig ob schon bei der Hin- oder erst bei der beladenen Rückfahrt - wurden die Platten beschädigt. Die Klägerin ersetzte als Haftpflichtversicherer des Arbeitgebers des Beklagten der Stadt ... einen Betrag von 6.346,58 DM, den sie vom Beklagten ersetzt verlangt.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Sie behauptet, der Beklagte habe den Schaden vorsätzlich herbeigeführt. Es sei offensichtlich gewesen, daß der mit Platten belegte Weg zum Befahren mit einem Lkw nicht geeignet gewesen sei.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte behauptet, er habe nicht mit einem Zerbrechen der Platten gerechnet. Im übrigen sei die Forderung der Stadt ... auch erheblich übersetzt.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit der Berufung.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Beide Parteien wiederholen und vertiefen ihren erstinstanzlichen Vortrag.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen ... Dieser gab an: Es ist richtig, daß ich den Beklagten als Beifahrer begleitete, als wir an der Musikhochschule Mobiliar abholten. Meines Erachtens sind die Platten erst zerbrochen, als wir zurückfuhren. Ich sah daß sie dabei zerbrachen, habe aber nichts gesagt da ich ja nun doch nichts mehr ändern konnte. Im übrigen war das auch eine Sache des Arbeitgebers oder der Versicherung. Unser Chef hat immer gesagt, wir sollten so nah wie möglich fahren. Deshalb habe ich, als ich bemerkte, daß bei der Rückfahrt der Schaden eintrat, auch nichts gemacht. Ich selbst bin nur mit kleineren Lkw's bisher über diesen Weg gefahren.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Regreßklage der Klägerin zu Recht abgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Für den Beklagten besteht Versicherungsschutz, da er als Angestellter des Versicherungsnehmers berechtigter und damit mitversicherter Fahrer ist (§10 Nr. 2 c AKB).</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Dieser Versicherungsschutz entfällt nach §152 VVG, der §61 VVG abändert, nur bei Vorsatz und nicht schon bei grober Fahrlässigkeit, wie die Klägerin meint. §61 VVG gilt nämlich schon von seiner Stellung im Gesetz her nur für die Schadensversicherung.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Vorsatz nach §152 VVG verlangt das vorsätzliche Herbeiführen des Schadensereignisses (vgl. Prölss-Martin, 23. Aufl., §152, Anm. 1; OLG Hamm - 20 U 434/82 - Urteil vom 3.4.1983 - VersR 83, 1124 (L). Dies ist nicht das Befahren des Gehweges selbst, sondern erst das Zerbrechen der Platten. Das erstere geschah hier eindeutig vorsätzlich. Der Beklagte hat erkannt, daß es sich um einen Gehweg handelte, der nicht zum Befahren mit einem Lkw gedacht war. Der Plattenbelag war erkennbar und nicht durch Eis und Schnee verdeckt. Erforderlich ist daneben aber auch weiterhin, daß die eingetretene Schadensfolge als möglich vorausgesehen und wenigstens billigend in Kauf genommen wird. Dagegen spricht nach Auffassung des Senats ein allgemeiner Erfahrungssatz. Schon wegen der dann zu erwartenden Scherereien und Schwierigkeiten wird ein Lkw-Fahrer, auch wenn er mit seinem Fahrzeug einen dafür an sich erkennbar nicht geeigneten Weg befährt, nicht mit eventuell auftretenden Schäden wenigstens bedingt einverstanden sein. Vielnäher liegt die Annahme, daß er meinte und hoffte, es werde schon gut gehen. Dies gab auch der Kläger bei seiner persönlichen Anhörung an. Das aber ist gerade das Kennzeichen für grobe (bewußte) Fahrlässigkeit und nicht für Vorsatz.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Angaben des Klägers sind auch nicht von vornherein deshalb als unglaubwürdige Schutzbehauptung auszuschließen, weil das Befahren von Wegen, die mit Sandsteinplatten belegt sind, notwendigerweise den Schaden herbeiführen mußte. Auch nach der Darstellung der Klägerin kam als zusätzliches Moment der Umstand hinzu, daß der Boden gefroren war. Dies muß der Beklagte nicht bedacht haben. Er war nur Aushilfsfahrer und hatte als Lkw-Fahrer keine lange Praxis. Er gibt unwidersprochen an, damals seit acht Jahren keinen Lkw mehr gefahren zu haben. Daraus folgt, daß der Beklagte nur geringe praktische Erfahrung hatte. Das macht es auch verständlich, daß er der Einweisung des Zeugen ..., die dieser als Zeuge bestätigte, folgte und dessen Angaben vertraute. Daß der Beklagte die Einstellung des Zeugen ... teilte, der sich bei Schäden keine weiteren Gedanken machte und auf das Bestehen der Versicherung zu vertrauen schien - dann läge in der Tat bedingter Vorsatz sehr nahe -, ist nicht festzustellen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Damit besteht Versicherungsschutz. Die Regreßklage ist abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf §97 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Da der Rechtsstreits nach Auffassung des Senats nicht revisibel ist, erübrigt sich ein Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Der Wert der Beschwer beträgt 6.346,58 DM.</p>
|
315,608 | lg-dortmund-1985-09-23-9-t-56085 | {
"id": 806,
"name": "Landgericht Dortmund",
"slug": "lg-dortmund",
"city": 407,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 9 T 560/85 | "1985-09-23T00:00:00" | "2019-03-13T15:09:05" | "2019-03-27T09:42:41" | Beschluss | ECLI:DE:LGDO:1985:0923.9T560.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die</p>
<p>Beschwerdeführerin nach einem Gegenstandswert</p>
<p>von 30.000,-- DM.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Gründe</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 25.07.1985 hat der seinerzeitige Geschäfts-</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">führer der Firma Q GmbH, S, beantragt, das</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Konkursverfahren über das Vermögen der Gesellschaft wegen</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Zahlungseinstellung und Überschuldung zu eröffnen. Mit</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Schreiben vom 29.07.1985 der Gesellschafter wurde der</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Geschäftsführer entlassen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vorn 05.08.1985 meldete sich als neuer Ge-</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">schäftsführer der Firma Q Herr F und</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">erklärte gegenüber dem Amtsgericht, der Konkursantrag werde</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">von ihm mit sofortiger Wirkung zurückgezogen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 06.08.1985 legte der frühere Geschäfts-</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">führer S entsprechend einer Aufforderung des Amts-</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">gerichts vom 30.07.1985 eine Übersicht über die Vermögens-</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">masse der Gesellschaft im Zeitpunkt seines Antrags auf</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Konkurseröffnung vor.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat am 16.08.1985 mit dem angefochtenen</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Beschluß ein allgemeines Veräußerungsverbot über das Vermögen</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">der Firma Q erlassen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Mit seinem "Einspruch" vom 29.08.1985 gegen diesen Beschluß</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">beruft sich der neue Geschäftsführer auf die von ihm erklärte</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Rücknahme des Konkursantrags.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Der als sofortige Beschwerde geltende "Einspruch" ist gemäß §</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">73 Abs. 3 KO zulässig, aber nicht begründet. Der angefochtene</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Beschluß ist gemäß § 106 Abs. 1 Satz 3 KO zu Recht ergangen.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Allerdings ist Voraussetzung für ein Veräußerungsverbot im</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Rahmen von § 106 KO, daß ein zulässiger Konkursantrag</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">-noch-vorliegt (vgl. Böhle-Stamschräder-Kilger, § 106 Anm.1).</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Diese Voraussetzung ist aber durch den Antrag des früheren</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Geschäftsführers S gegeben und duch die Erklärung des</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">neuen Geschäftsführers nicht weggefallen. Zwar kann der</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Antrag auf Konkurseröffnung bis zum Zeitpunkt der Konkurser-</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">öffnung zurückgenommen werden (vgl. Böhle-Stamschräder-</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Kilger, § 103 Anm. 2 m.w.N.). Auch wird der Antrag durch den</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Geschäftsführer für die GmbH gestellt (vgl. Scholz-Schmidt,</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">GmbH-Gesetz, § 63 Anm. 18 und 20) und kann demzufolge für die</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">GmbH nur vom Geschäftsführer zurückgenommen werden.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Der von einem Geschäftsführer gestellte Konkursantrag kann</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">aber nicht von einem späteren Geschäftsführer zurückgenommen</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">werden.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Für den Fall, daß einer von mehreren Geschäftsführern den</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Konkursantrag stellt und ein anderer gleichzeitig amtierender</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Geschäftsführer diesen Antrag zurücknehmen will, ist aner-</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">kannt, daß der Antragsrücknahme keine Wirkung zukommt (vgl.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">LG Tübingen, KTS 1961, 158; Scholz-Schmidt, § 63 Anm. 20;</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Jaeger KO, 8. Aufl., §§ 207, 208 Anm. 22).</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Gleiches gilt, wenn der den Konkursantrag stellende Ge-</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">schäftsführer abgelöst wird und sein Nachfolger den Antrag</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">zurücknehmen will.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Das Kammergericht hat diese Frage in einem Beschluß vom</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">13.05.1965 offengelassen (KG NJW 1965, 2157 ff., 2159).</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Jaeger (KO, 8. Aufl., §§ 207, 208 Anm. 22) meint, daß mit dem</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Widerruf der Bestellung des antragstellenden Geschäftsführers</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">eine Rücknahme des Konkursantrags durch die übrigen Ge-</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">schäftsführer möglich werde.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Nach Ansicht der Kammer ist dagegen weder durch die Ab-</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">berufung des Geschäftsführers,der den Konkursantrag gestellt</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">hat, noch durch die Neubestellung eines anderen Geschäfts-</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">führers die Möglichkeit geschaffen, den Konkursantrag eines</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Geschäftsführers durch einen anderen (neuen) Geschäftsführer</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">zurückzunehmen.</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Die Pflicht zur Stellung des Konkursantrags besteht für den</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Geschäftsführer nach § 64 GmbH-Gesetz persönlich und auch im</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">öffentlichen Interesse (vgl. Hachenburg-Ulmer, § 64 Anm. 1).</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Selbst entgegenstehende Weisungen können den Geschäftsführer</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">nicht von dieser persönlichen Verpflichtung befreien (vgl.</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Hachenburg-Ulmer, GmbH-Gesetz, § 64 Anm. 7 und 32; Mentzel-</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Kuhn-Uhlenbruck, 9. Aufl., Vorbemerkung D 14 vor § 207;</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Jaeger KO, 8. Aufl., §§ 207, 208 Anm. 22).</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">Deshalb kann der Wechsel im Amt des Geschäftsführers nicht</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">die Möglichkeit der Rücknahme des Konkursantrags durch einen</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">neuen Geschäftsführer begründen. Der durch § 64 GmbH-Gesetz</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">angestrebte Zweck würde gefährdet, wenn man die Rücknahme des</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">Konkursantrags durch den Nachfolgegeschäftsführer für wirksam</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">halten wollte.</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">Der neue Geschäftsführer kann im Rahmen der Prüfung des</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">Konkursgerichts nach § 105 Abs. 2 KO, ob Konkursreife gegeben</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">ist, darlegen, daß die sonstigen Voraussetzungen der Konkurs-</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">eröffnung nicht gegeben sind. Diese Möglichkeiten für den</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">neuen Geschäftsführer im Rahmen der Amtsermittlung des</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">Konkursgerichts sind als ausreichend anzusehen. Denn mit dem</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">Bestand des Konkursantrags ist noch nicht über die Konkurs-</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">eröffnung entschieden und die Erfüllung der gesetzlichen</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">Verpflichtung aus § 64 GmbH-Gesetz durch einen Geschäfts-</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">führer darf nicht durch den Wechsel der Person des Ge-</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">schäftsführers und gegenteilige Erklärungen eines späteren</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">Geschäftsführers hinfällig werden.</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">Die sofortige Beschwerde war deshalb zurückzuweisen. Die</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1 ZPO, 35 GKG,</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">3 ZPO.</p>
|
315,609 | olgham-1985-09-13-11-u-2185 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 11 U 21/85 | "1985-09-13T00:00:00" | "2019-03-13T15:09:06" | "2019-03-27T09:42:40" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1985:0913.11U21.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Beklagten, die im übrigen zurückgewiesen wird, wird das am 22. November 1984 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Essen teilweise abgeändert.</p>
<p></p>
<p>Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Hamburg vom 17. Mai 1984 - 77 Bc 7902/84 - wird in Höhe von 15.374,37 DM nebst 9 % Zinsen seit dem 26. April 1984 aufrechterhalten.</p>
<p></p>
<p>Im übrigen wird der Vollstreckungsbescheid aufgehoben und die Klage abgewiesen, soweit diese nicht zurückgenommen ist.</p>
<p></p>
<p>Es verbleibt bei der Kostenentscheidung erster Instanz.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten der Berufung trägt der Beklagte.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Es beschwert den Beklagten in Höhe von 15.374,37 DM.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Berufung des Beklagten ist, nachdem die Klägerin die Klage in Höhe von 283,94 DM zurückgenommen und den geltend gemachten Zinsanspruch im Wege teilweiser Klagerücknahme auf 9 % ermäßigt hat, bis auf die geltend gemachten Zinsen für den Zeitraum vom 6.4.1984 bis 25.4.1984 einschließlich unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin kann von dem Beklagten gemäß § 607 BGB die Zahlung von 15.374,37 DM verlangen. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus der Bruttokreditsumme (ursprünglicher Kredit </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">ohne Prolongationen) 30.922,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">abzüglich unstreitig gezahlter 13.672,35 DM </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">sowie abzüglich des Rediskontes von <u>1.875,28 DM</u></p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">= 15.374,37 DM.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks"><b>1.</b></p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Zwar ist das Darlehen nicht an den Beklagten, sondern an die Darlehensnehmerin xxx ausgezahlt worden. Der Beklagte haftet jedoch als Mitdarlehensnehmer für die Rückzahlung des Darlehens aus dem von ihm mitunterzeichneten Darlehensvertrag vom 26.7./1.8.1979.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks"><b>2.</b></p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Darlehensvertrag vom 26.7./1.8.1979 ist nicht wegen Sittenwidrigkeit (§ 138 Abs. 1 BGB) nichtig.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Bei der Prüfung der Frage der Sittenwidrigkeit ist auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen; die zwischen der Darlehensnehmerin xxx und der Klägerin nach Vertragsschluß hinsichtlich der Prolongationen getroffenen Vereinbarungen haben hierbei außer Betracht zu bleiben. Danach fehlt es schon an der ersten Voraussetzung für die Annahme eines wucherähnlichen Ausbeutungsgeschäfts in Sinne des § 138 Abs. 1 BGB, nämlich einem auffälligen Mißverhältnis zwischen den Leistungen der Klägerin und den Gegenleistungen des Beklagten.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Nettokreditsumme belief sich nach den Vertrag auf 20.000,-- DM </p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">zuzüglich der Kreditgebühr von 0,73 % p. Mt. 10.512,-- DM </p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">zuzüglich einer Bearbeitungsgebühr von 2 % <u>410,-- DM</u></p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Gesamtkredit mithin 30.922,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks"><b>a)</b></p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Nach der sogenannten Uniformmethode errechnet sich daraus für Juli 1979, ausgehend von einem von der xxx mitgeteilten Schwerpunktzins von 0,40 % p. Mt., und für August 1979, ebenfalls ausgehend von einem von der xxx mitgeteilten Schwerpunktzins von 0,43 % p. Mt. eine Überschreitung des marktüblichen Zinses um 77,20 % bzw. 65,59 %. Auszugehen ist dabei von einem vereinbarten effektiven Jahreszins von </p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks"><u>10.922 x 2.400</u> = 17,95 %,</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">20.000 x 73</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">dem ein marktüblicher effektiver Jahreszins von</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks"><u>(400 + 5.760) x 2.400</u> = 10,13 % für Juli 1979 bzw. von</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">20.000 x 73</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks"><u>(400 + 6.192) x 2.400</u> = 10,84 % für August 1979 gegenübersteht.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">20.000 x 73 </p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks"><b>b)</b></p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Legt man, da es sich um einen Kredit mit längerer Laufzeit handelt, die sogenannte Annuitätenmethode unter Zuhilfenahme der Gillardon Tabelle zugrunde, ergibt sich ein vereinbarter effektiver Jahreszins von </p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">30.922:72 =</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks"><u>429,47 x 1.000</u> = 21,47 = 16,85 %.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">20.000</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Der marktübliche effektive Jahreszins belief sich demgegenüber </p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">im Juli 1979 auf </p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">(20.000 + 400 + 5.760):72 =</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks"><u>363,33 x 1.000</u> = 18,17 = 9,71 %</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">20.000 </p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">und im August 1979 auf</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">(20.000 + 400 + 6.192):72 = </p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks"><u>369,33 x 1.000</u> = 18,47 = 10,38 %</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">20.000 </p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Daraus ergeben sich Marktzinsüberschreitungen von 73,53 % (Juli 1979) bzw. 62,33 % (August 1979).</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks"><b>c)</b></p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Danach kann von einem auffälligen Mißverhältnis nicht gesprochen werden, wobei folgende Umstände zu berücksichtigen sind:</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Zwar muß davon ausgegangen werden, daß der Kreditvertrag noch im Juli 1979 durch Einbuchung des Kreditbetrages am 31.7.1979 in das Soll auf das Konto der Kreditnehmerin xxx zustande gekommen ist. Nach Ziffer 2 Abs. 6 Satz 1 AGB der Klägerin wird der Kreditantrag nämlich durch Zahlung des Kreditbetrages angenommen. Im übrigen war die Kreditnehmerin xxx an den Antrag auch gebunden (§§ 145, 146, 147 Abs. 2, 148 BGB in Verbindung mit Ziffer 2 Abs. 4 der AGB der Klägerin). Zu berücksichtigen ist jedoch, daß der Kreditantrag und seine Annahme am Ende des Monates Juli 1979 erfolgt sind. Dies ist vorliegend insofern von Bedeutung, als der Kredit, wie die Mitteilungen der xxx zeigen, in einer Phase steigender Schwerpunktzinsen gewährt worden ist (März 1979: 0,33 % p. Mt.; April 1979: 0,36 % p. Mt.; Mai 1979: 0,37 % p. Mt.; Juni 1979: 0,38 % p. Mt.; Juli 1979: 0,40 % p. Mt.; August 1979: 0,43 % p. Mt.; September 1979: 0,44 % p. Mt.; Dezember 1979: 0,48 % p. Mt.). Daß die Kreditzinsen steigen würden, war für die Klägerin auch voraussehbar. Der Diskontsatz war im März 1979 von 3 % auf 4 % erhöht worden, was sich in der Steigerung des Schwerpunktzinses von März auf April 1979 von 0,33 % auf 0,36 p. Mt. ausgewirkt hatte. Er war nochmals am 13. Juli 1979 von 4 % auf 5 % erhöht worden, was sich nochmals auf die Verteuerung der Kredite auswirken sollte und auch ausgewirkt hat (vgl. bezgl. der Diskontsatzerhöhungen den Geschäftsbericht der xxx für das Jahr 1979 S. 85). Es kommt hinzu, daß die Mehrwertsteuer am 1. Juli 1979 um 1 % heraufgesetzt worden war. Wenn in einer derartigen Situation bei einem Kredit mit einer Laufzeit von 72 Monaten in Vorgriff auf die von der xxx beabsichtigte und in Kürze zu erwartende Entwicklung des allgemeinen Kreditzinsniveaus ein höherer Zinssatz in Rechnung gestellt wird, ist dies zumindest unter dem Gesichtspunkt der Sittenwidrigkeit nicht zu beanstanden. Auch die sich ergebenden Zinsdifferenzen (jeweils unter Zugrundelegung der sogenannten Annuitätenmethode ermittelt) von 7,14 % (Juli 1979) und 6,47 % (August 1979) sind nicht so gravierend, daß von einem auffälligen Mißverhältnis gesprochen werden kann.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Da mithin schon die erste Voraussetzung des § 138 Abs. 1 BGB - auffälliges Mißverhältnis - nicht vorliegt, ist der Darlehensvertrag wirksam und der Beklagte verpflichtet, an die Klägerin 15.374,37 DM zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks"><b>3.</b></p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Die von dem Beklagten gegen die von der Klägerin vorgenommene Berechnung des Rediskontes vorgebrachten Bedenken sind unbegründet. Gegen die Berechnung des Rediskontes aufgrund der in den AGB der Klägerin unter Ziffer 7 Abs. 2 enthaltenen Formel ist nichts einzuwenden. Die Klägerin ist von einer Gesamtlaufzeit von 90 Monaten (dabei sind die Prolongationen berücksichtigt worden - 1.9.1979 bis 15.2.1987 = 87 Monate -) ausgegangen und hat 34 Restmonate berechnet (Fälligstellung 6.4.1984 bis 15.2.1987 = 34 Monate). Dann ergibt sich ein Betrag von </p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks"><u>20.000 x 34 x 34 x 0,73</u> = 1.875,28 DM</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">90 x 100</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">als Rediskont, der seitens der Klägerin auch in Ansatz gebracht worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks"><b>4.</b></p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Auf die von dem Beklagten schriftsätzlich vorgetragene Hilfsaufrechnung einzugehen, besteht kein Anlaß, da der Beklagte sie nach einer entsprechenden Erörterung im Termin fallengelassen hat.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Der Zinsanspruch ist in Höhe von 9 % ab 26.4.1984 begründet. Da die Klägerin für die Zeit vor der Zustellung des Mahnbescheides an den Beklagten für eine Mahnung nichts vorgetragen hat, können Verzugszinsen von dem Beklagten erst ab 26.4.1984, dem Datum der Zustellung des Mahnbescheides, verlangt werden. Im Hinblick darauf, daß die Klägerin ihren Zinsanspruch auf 9 % ermäßigt hat, ist es nicht erforderlich, auf die Bedenken gegen die Verzugszinsenregelung in Ziffer 8 der AGB der Klägerin, die sich aus § 289 BGB in Verbindung mit §§ 9, 11 Nr. 5 a AGBG ergeben, einzugehen. Denn die Klägerin kann gemäß den §§ 284, 286 BGB Verzugszinsen in Höhe eines marktüblichen und tragbaren Wiederanlagezinses verlangen. Der Senat pflegt diesen Zins in ständiger Rechtsprechung in Anlehnung an die in den Monatsberichten der xxx ausgewiesenen Zinssätze für Kontokorrentkredite zu schätzen (§ 287 ZPO). Danach kommt für den fraglichen Zeitraum ein Zins von 9 % in Betracht.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks"><b>III.</b></p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91, 92, 97 Abs. 1 ZPO. Dabei ist es gerechtfertigt, die Kosten der Berufungsinstanz insgesamt dem Beklagten gemäß §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 ZPO aufzuerlegen. Denn soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat bzw. mit ihrer Klage abgewiesen worden ist, war ihre Zuvielforderung verhältnismäßig geringfügig. Sie hat auch keine besonderen Kosten verursacht, da Kostenstufen weder nach der Gerichtskostentabelle noch nach der Gebührentabelle für Rechtsanwälte in Frage komme. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Ziffer 10, 711, 713 ZPO.</p>
|
315,611 | ovgnrw-1985-09-05-2-a-249983 | {
"id": 823,
"name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen",
"slug": "ovgnrw",
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"state": 12,
"jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": null
} | 2 A 2499/83 | "1985-09-05T00:00:00" | "2019-03-13T15:09:09" | "2019-03-27T09:42:40" | Urteil | ECLI:DE:OVGNRW:1985:0905.2A2499.83.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Das angefochtene Urteil wird geändert.</p>
<p></p>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.</p>
<p></p>
<p>Die Revision wird nicht zugelassen.</p>
<p></p>
<p></p>
<p></p>
<p>
</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"> Tatbestand:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist Eigentümer des Grundstückes W. N.straße 14 a. Durch
Grundbesitzabgabenbescheid vom 25. August 1981 zog ihn der Beklagte u.a. zu
Kanalbenutzungsgebühren für das Jahr 1981 in Höhe von 100,- DM heran. Diese
Heranziehung ist gestützt auf §10 Abs. 7 der Beitrags- und Gebührensatzung zur
Entwässerungssatzung der Stadt W. vom 22. März 1978 in der Fassung der Ersten
Änderungssatzung vom 23. Dezember 1980 (BGS). Hiernach beträgt der
Gebührensatz 1,90 DM je cbm Abwasser und es ist eine jährliche
Mindestabwassermenge von 80 cbm je Wohneinheit festgelegt. Als Abwassermenge
gilt die dem Grundstück aus der Wasserversorgungsanlage zugeführte
Frischwassermenge. Da der Kläger das Grundstück erst ab 1. Mai 1981 bewohnt, ist
in dem Bescheid der auf den Zeitraum von acht Monaten entfallende Anteil der
Jahresmindestabwassermenge in Ansatz gebracht; der Kläger hat in diesem Zeitraum
8 cbm Frischwasser bezogen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Dsr nach erfolglosem Widerspruchsverfahren (Widerspruchsbescheid vom 16.
April 1982) erhobenen Klage mit dem Antrag,</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">den Grundbesitzabgabenbescheid des Beklagten vom 25. August 1981 betreffend
Kanalbenutzungsgebühren für das Grundstück N.straße 14 a in W. in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 16. April 1982 aufzuheben,</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">hat das Verwaltungsgericht durch das angefochtene Urteil stattgegeben. Es hat
die in §10 Abs. 7 BGS getroffene Bestimmung als ungültig erachtet: Die dieser
Satzungsregelung zugrunde liegende Gebührenkalkulation lasse nicht hinreichend
erkennen, welcher Anteil der Gesamtkosten durch das Aufkommen aus der
Mindestgebühr und welcher durch das Aufkommen aus der (variablen)
Verbrauchsgebühr gedeckt werde. Wenn sich der Satzungsgeber wie hier dafür
entscheide, die Gesamtkosten der Gemeindlichen Anlage durch verschiedene
Gebührenarten für jeweils verschiedene Kostenbereiche abzudecken, dann erfordere
dies eine deutliche kalkulatorische Trennung zwischen den durch die Mindestgebühr zu
deckenden (verbrauchsunabhängigen) invariablen Kosten der Vorhalteleistung
einerseits und den variablen Kosten, die durch die (verbrauchsabhängige) variable
Gebühr gedeckt werden sollen andererseits. Der Rat der Stadt W. habe zwar ein Jahr
später durch Ratsbeschluß vom 22. Oktober 1981 diese kalkulatorische
Aufschlüsselung nachgeholt. Ein Neuerlaß der unwirksamen Satzungsbestimmung mit
rückwirkender Kraft sei jedoch unterblieben, so daß die formellen Erfordernisse einer
Heilung des Satzungsmangels nicht erfüllt seien. Aber selbst wenn dieser Mangel
behoben sei, bestünden Bedenken gegen die materielle Gültigkeit des §10 Abs. 7
BGS. Hiernach diene die Wohneinheit als Vervielfältigungsfaktor der Mindestgebühr (in
Höhe der Mindestabwassermenge von 80 cbm/pro Jahr), ohne daß sich die
gebührenrechtlich relevante Gegenleistung des Beklagten (Bereitstellen eines oder
mehrerer Kanalanschlüsse für das Grundstück) dementsprechend vervielfältige. Auch
unter Berücksichtigung eines weiten ortsgesetzgeberischen Ermessens erscheine eine
derartige Regelung nicht mehr mit dem Äquivalenzprinzip, vereinbar. Davon abgesehen
scheine auch der Gleichheitssatz verletzt, wenn §10 Abs. 7 Buchst. c. BGS bei
gewerblich genutzten Gebäuden eine höhenmäßige Begrenzung der Mindestgebühr
auf die Anrechnung von höchstens fünf Wohneinheiten vorsehe, während andererseits
eine solche höhenmäßige Begrenzung für nicht gewerblich genutzte Gebäude entfalle,
zu denen insbesondere Wohnungseigentumsanlagen zählten.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses dem Beklagten am 21. Juli 1983 zugestellte Urteil richtet sich die
am 6. August 1983 eingelegte Berufung, zu dessen Begründung der Beklagte geltend
macht: Um die vom Verwaltungsgericht geäußerten Bedenken gegen die formelle
Gültigkeit der Beitrags- und Gebührensatzung auszuräumen, habe der Rat der Stadt
W. in seiner Sitzung vom 21. Juli 1983 den Beschluß gefaßt, die in dieser Ratssitzung
vorliegende "Kalkulation zur Erhebung der Kanalbenutzungsgebühren ab 1.01.1981
anzuerkennen und zum Beschluß zu erheben." Entgegen der Ansicht des
Verwaltungsgerichts sei die streitige Satzungsregelung auch materiell gültig. Daß die
Benutzungsgebühr in eine verbrauchsunabhängige Grundgebühr und eine
verbrauchsabhängige Zusatzgebühr aufgespalten werden dürfe, sei anerkannt. Nach
erfolgter Anschlußnahme entstünden für jeden Anschluß weitgehend gleiche
Vorhaltekosten, die jedoch bei Anwendung des Wasserverbrauchsmaßstabes
unterschiedlich verteilt würden. Die Stadt W. habe in den letzten zehn Jahren für ihr
Abwassernetz besondere Aufwendungen für das Errichten sog. Feriensiedlungen
leisten müssen, zu denen vor allem Wohnungseigentumsanlagen gehörten. Diese seien
erfahrungsgemäß höchstens zweimal im Jahr für insgesamt etwa 6 bis 8 Wochen
während der Urlaubszeit voll belegt. Deshalb werde in einer Vielzahl derartiger
Wohnungen nur ein verhältnismäßig geringer Frischwasserverbrauch gemessen;
oftmals liege dieser unter 10 cbm pro Jahr. Wegen des Frischwassermaßstabes sei
diese geringe Menge auch als Abwassermenge zugrunde zu legen. Gleichwohl müsse
wegen der starken Belegung derartiger Ferienwohnungen in den Urlaubszeiten das
Kanalnetz so dimensioniert, insbesondere der Durchmesser der Straßensammler so
groß bemessen sein, daß die bei voller Belegung der Ferienwohnungen anfallende
Abwassermenge entsprechend der ortsrechtlichen Verpflichtung der Stadt störungsfrei
abgeleitet werden könne. Außerhalb der Urlaubszeit bleibe das Abwassernetz in den
Bereichen dieser Ferienwohnungen weitgehend ungenutzt. Infolgedessen werde das
Rohrnetz nicht genügend durchgespült; die anfallenden Reinigungskosten seien in
diesen Ortsbereichen höher als in anderen Ortsteilen mit ständig genutzten
Wohnungen. Durch den Ansatz einer Mindestabwassennenge von 80 cbm pro Jahr
erfolge ein Ausgleich der effektiv entstehenden Kosten. Außer von Ferienwohnungen
werde diese Mindestmenge von nahezu allen Haushalten im Stadtgebiet erreicht. Die
Mindestabwassermenge sei auf 80 cbm je Wohneinheit festgelegt, wobei als
Wohneinheit jede selbständige Wohnung gelte (§10 Abs. 7 Satz 3 Buchst. a). Nach
Buchst. c a.a.O. habe bei gewerblich oder anders genutzten Gebäuden jede Fläche
von angefangenen 200 qm als Wohnungseinheit zu gelten, wobei jedoch höchstens
fünf Wohnungseinheiten angerechnet würden; diese Sonderregelung verstoße nicht
gegen den Gleichheitsgrundsatz. Denn einmal werde jede Fläche von angefangenen
200 qm als Wohnungseinheit angerechnet. Zum anderen würden Hotelbetriebe die für
ihr Grundstück anzusetzende Abwassermenge stets erreichen, weil sie anders als
Ferienwohnungen, ständig so stark belegt seien, daß regelmäßig Schmutzwasser von
ihnen abgeleitet werde.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks"> "das Urteil des Verwaltungsgerichts Arnsberg in dem Rechtsstreit 3 K 1307/83
abzuändern und die Klage abzuweisen."</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Er vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und macht ergänzend geltend: Dem
Beklagten sei zuzugeben, daß die Vorhaltekosten je Anschluß weitgehend gleich
seien. Es sei jedoch nicht einsichtig, daß ein Anschluß von 20 Wohneinheiten doppelt
so hohe Vorhaltekosten verursache wie ein Anschluß für 10 Wohneinheiten. Je größer
die Zahl der angeschlossenen Wohneinheiten sei, um so mehr verschiebe sich das
Verhältnis zwischen der vom Beklagten erhobenen Grundgebühr und den tatsächlich
entstehenden Vorhaltekosten. Wenn in einer Wohneinheit eine Abwassermenge von 10
cbm anfalle, dann sei die unter zugrunde legen von 80 cbm bemessene Grundgebühr
achtmal so hoch als es der tatsächlichen Inanspruchnahme durch diesen
Gebührenschuldner entspreche. Auch die vom Beklagten geltend gemachte
Notwendigkeit, nur zeitweilig ausgelastete Sammelkanäle durchspülen zu müssen,
rechtfertige keinesfalls den in einer solchen Mehrbelastung liegenden Verstoß gegen
das Äquivalenzprinzip. Im übrigen habe das Einleiten von verhältnismäßig kleinen
Jahresabwassermengen eine entsprechend geringere Kostenbelastung für andere
Anlagenteile, wie etwa die Kläranlagen, zur Folge. Die in §10 Abs. 7 Buchst. c BGS
enthaltene Differenzierung zwischen gewerblich und nicht gewerblich genutzten
Gebäuden verstoße gegen den Gleichheitssatz. Denn wenn - wie der Beklagte
behaupte - die Vorhaltekosten für jeden Anschluß in etwa gleich seien, dann fehle ein
sachlicher Grund dafür, nur bei gewerblich genutzten Gebäuden die Anrechnung der
Mindestgebühr auf fünf Wohneinheiten zu begrenzen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Vertreter des öffentlichen Interesses hat erklärt, er beabsichtige keine
Stellungnahme abzugeben.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt
der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsvorgänge und Satzungsunterlagen Bezug
genommen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung
einverstanden erklärt.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Berufung, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten gemäß §101
Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, ist begründet. Die
Klage muß in Abänderung des angefochtenen Urteils abgewiesen werden, weil die
Heranziehung des Klägers zu Kanalbenutzungsgebühren durch den Bescheid des
Beklagten vom 25. August 1981 rechtmäßig ist.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Diese Heranziehung beruht auf gültigem Ortsrecht. Entgegen der Auffassung des
Verwaltungsgerichts gilt dies auch hinsichtlich der Vorschrift des §10 Abs. 7 BGS.
Danach beträgt die Gebühr je cbm Abwasser 1,90 DM; die jährliche
Mindestabwassermenge wird auf 80 cbm pro Jahr und Wohneinheit festgelegt; als
Wohneinheit gilt jede Wohnung unabhängig von ihrer Größe (a), zusätzlich jedes
private Schwimmbad (b) und bei gewerblich, öffentlich und ähnlich genutzten
Gebäuden jede angefangene Nutzfläche von 200 qm, jedoch höchstens fünf
Wohneinheiten gerechnet (c).</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Der Festsetzung des Gebührensatzes von 1,90 DM je cbm Abwasser liegt eine
vom Rat der Stadt W. gebilligte Gebührenkalkulation zugrunde. Der Rat hat sich mit
der Ermittlung des Gebührensatzes aufgrund der vom Beklagten vorgenommenen
Berechnungen bei der Beschlußfassung über die Änderungssatzung vom 23.
Dezember 1980 am 18. Dezember 1980 befaßt. Eine neue Gebührenkalkulation für
die Zeit ab dem 1. Januar 1981 (dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der
Änderungssatzung, §2 a.a.O.), die eine Gegenüberstellung der variablen und der
invariablen Kosten der Abwasseranlage enthält, hat der Rat durch Beschluß vom 21.
Juli 1983 gebilligt. Soweit damit Fehler der am 18. Dezember 1980 gebilligten
Gebührenkalkulation geheilt werden sollten, ist dies in einem nicht zu beanstandenden
Verfahren geschehen. Eine rückwirkende Änderung der Satzung (durch eine weitere
Änderungssatzung) war nicht erforderlich.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks"> Vgl. das Urteil des Senats vom 26. Februar 1982 - 2 A 1667/79 -, Städte- und
Gemeinderat (StGR) 1982, 240 f = Der Gemeindehaushalt (Gemht) 1983, 113 =
Hessische Städte- und Gemeindezeitung (HSGZ) 1982, 267 (268) sowie die dort
angeführten Entscheidungen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Mit der Festlegung einer Mindestabwassermenge auf 80 cbm pro Jahr und
Wohneinheit hat der Ortsgesetzgeber eine Mindestgebühr eingeführt: Die
Benutzungsgebühr für die Inanspruchnahme der Abwasseranlage ist mindestens so zu
bemessen, wie wenn der Abwasseranlage von jeder Wohneinheit des
angeschlossenen Grundstücks 80 cbm Abwasser im Jahr zugeführt werden, d.h. die
Jahresgebühr beträgt mindestens (1,90 × 80 =) 152,- DM, Diese Regelung begegnet
keinen Bedenken.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Erhebung einer Mindestgebühr ist in §6 Abs. 3 Satz 3 KAG ausdrücklich
erwähnt. Nach dieser Bestimmung ist die Erhebung einer Grundgebühr neben der
Gebühr nach Satz 1 oder 2 a.a.O. sowie die Erhebung einer Mindestgebühr zulässig.
Nach §6 Abs. 3 Satz 1 und 2 KAG ist für die Bemessung der Gebühr grundsätzlich
(beim Wirklichkeitsmaßstab ebenso wie beim Wahrscheinlichkeitsmaßstab) die
Inanspruchnahme der ganzen Leistung maßgebend, welche die öffentliche Einrichtung
bestimmungsgemäß erbringen soll (Arbeits- oder Verbrauchsgebühr). Grundgebühr,
und Mindestgebühr dienen dem Zweck, die invariablen Kosten der in Anspruch
genommenen Vorhalteleistungen zu decken, wenn und soweit diese nicht durch die
Arbeits- oder Verbrauchsgebühr nach Satz 1 oder 2 des §6 Abs. 3 KAG gedeckt
werden. Die Vorhalteleistung besteht in der Aufrechterhaltung der Betriebsbereitschaft
der öffentlichen Einrichtung, die aktiv - bei leitungsgebundenen Einrichtungen durch
Nehmen und Behalten eines Anschlusses - in Anspruch genommen wird; davon zu
unterscheiden ist die für Anschlußbeiträge ausreichende, passiv hingenommene
Benutzungsmöglichkeit (die schon vor dem tatsächlichen Anschluß bestehen
kann).</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks"> Vgl. Bauernfeind/Zimmermann, Kommunalabgabengesetz für das Land
Nordrhein-Westfalen, 2. Auflage §6 Rdnr. 46; ferner Dahmen. Driehaus. Küffmann.
Wiese, Kommentar zum Kommunalabgabengesetz für das Land Nordrhein-
Westfalen, 3. Auflage, §6 Rdnr. 130.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die Grundgebühr dient ausschließlich der Deckung der invariablen Kosten. Sie
kann auch entstehen, wenn nur die Vorhalteleistung in Anspruch genommen wird und
die Arbeits- oder Verbrauchsgebühr daher nicht zur Entstehung gelangt.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks"> Vgl. das Urteil des Senats vom 23. April 1980 - 2 A 2186/79 -, Gemht 1980,
242 = HSGZ 1980, 442 = Kommunale Steuerzeitschrift (KStZ) 1980, 233 = Deutsche
Wohnungswirtschaft (DWW) 1981, 21 = Verwaltungsrechtsprechung in Deutschland
(VerwRspr) 32, 356.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Demgegenüber dient die Mindestgebühr nicht nur der Deckung der Kosten der
Vorhalteleistungen. Sie entsteht erst, wenn die Einrichtung entsprechend ihrer
Bestimmung uneingeschränkt, wenn auch nur geringfügig, in Anspruch genommen
wird, wenn also z.B. wenigstens 1 cbm Abwasser in die Kanalisation eingeleitet wird.
Insofern dient die Mindestgebühr im Rahmen der ihr zugeordneten Maßstabseinheiten
(hier: 80 cbm Abwasser pro Jahr und Wohnungseinheit) jedenfalls in geringem Umfang
auch der Deckung der sonstigen, variablen Kosten der Einrichtung. Die Mindestgebühr
stellt sich somit als eine für den unteren Bereich pauschalierte Arbeits- oder
Verbrauchsgebühr dar, die als Mindestgebühr nicht mehr in Erscheinung tritt, wenn
der Mindestbetrag bei entsprechender Inanspruchnahme überschritten wird.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks"> Vgl. hierzu Bauernfeind/Zimmermann a.a.O., §6 Rdnr. 48; ferner Dahmen.
Driehaus. Küffmann. Wiese. a.a.O. §6 Rdnr. 132.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Während für die von der Arbeits- oder Verbrauchsgebühr deutlicher abgegrenzte
Grundgebühr ein besonderer Gebührensatz auf der Grundlage der Vorhaltekosten
ermittelt werden muß, können Mindestgebühr und Arbeits- oder Verbrauchsgebühr auf
der Grundlage desselben Gebührensatzes bemessen werden. In diesem Falle ist eine
Trennung der verbrauchsunabhängigen Kosten der Vorhalteleistungen von den
sonstigen, Verbrauchs abhängigen Kosten in der Gebührenkalkulation nur erforderlich,
um darzulegen, daß die festgesetzte Mindestgebühr im wesentlichen der Deckung der
Vorhaltekosten dient. Im vorliegenden Falle entspricht jedenfalls die durch Beschluß
des Rates vom 21. Juli 1983 gebilligte Gebührenkalkulation diesen Anforderungen.
Der einheitliche Gebührensatz von 1,90 DM je cbm Abwasser ist auf der Grundlage
aller ansatzfähigen Kosten ermittelt worden. Von den Gesamtkosten in Höhe von
1.893.000,- DM sind 423.000,- DM verbrauchsabhängige und 1.470.000,- DM
verbrauchsunabhängige Kosten (Verzinsung des Eigenkapitals, Abschreibungen).
Durch das veranschlagte Mindestgebührenaufkommen werden 1.002.136,- DM, also
68,17 % der invariablen Kosten gedeckt.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Es bestehen auch keine Bedenken gegen die Bemessung der Mindestgebühr in
der Weise, daß die Veranlagung von einer Mindestabwassermenge von 80 cbm pro
Jahr und Wohneinheit ausgeht.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Bemessung der Mindestgebühr erfolgt aus der Natur der Sache nach den für
Wahrscheinlichkeitsmaßstäbe geltenden Gesichtspunkten.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks"> Vgl. Bauernfeind/Zimmermann, a.a.O., §6 Rdnr. 46.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Der Ortsgesetzgeber ist demnach in der Auswahl der Bemessungsart frei mit der
einzigen Einschränkung, daß der Maßstab nicht in einem offensichtlichen Mißverhältnis
zur Inanspruchnahme stehen darf. Die Wahrscheinlichkeit des von der
Maßstabsregelung vorausgesetzten Zusammenhanges braucht nicht bewiesen zu
werden. Der Ortsgesetzgeber hat lediglich zu prüfen, ob dieser Zusammenhang
denkbar und nicht offensichtlich unmöglich ist.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks"> Vgl. die Urteile des Senats vom 22. März 1982 - 2 A 1584/79 -, Gemht 1983,
69 (70) = ZMR 1982, 255 (256) = HSGZ 1982, 267 und vom 5. Juli 1982 - 2 A
1440/81 -, StGR 1983, 142 = Gemht 1983, 214.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Es ist denkbar und nicht offensichtlich unmöglich, daß mit einer
Gebührenbemessung auf der Grundlage von mindestens 80 cbm pro Jahr und
Wohneinheit der Inanspruchnahme der Vorhalteleistung in angemessener Weise
Rechnung getragen wird. Nach den glaubhaften Angaben des Beklagten wird eine
jährliche Abwassermenge von 80 cbm von nahezu allen Haushalten in ständig
bewohnten Wohneinheiten erreicht. Bei Unterschreitungen können zur Vermeidung von
Härtefällen Billigkeitsregelungen getroffen werden. Demgegenüber weist der Kläger zu
Unrecht darauf hin, daß bei einer Abwassermenge von 10 cbm je Wohneinheit die
Gebühr achtmal höher sei, als es der tatsächlichen Inanspruchnahme der
Abwasseranlage entspreche. Der Kläger stellt hierbei auf die Inanspruchnahme der
Abwasseranlage durch das Einleiten von Abwasser ab. Bei Einleitungen bis zu 80 cbm
Abwasser ist die Gebühr aber im wesentlichen die Gegenleistung für die
Inanspruchnahme der verbrauchsunabhängigen Vorhalteleistung, also der
Aufrechterhaltung der Betriebsbereitschaft der gesamten Abwasseranlage (an dieser
Anschlußstelle); die Gebühr dient insoweit der Deckung der Kosten, die unabhängig
vom Umfang der Benutzung entstehen. Die Höhe der Mindestgebühr hängt daher nicht
- wie es die Bestimmungen des §6 Abs. 3 Satz 1 und 2 KAG für die Arbeits- oder
Verbrauchsgebühr vorschreiben - vom Umfang der Inanspruchnahme durch Einleiten
einer bestimmten Abwassermenge ab. Daher verstößt die Regelung entgegen der
Ansicht des Klägers auch nicht gegen das Äquivalenzprinzip.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Die Mindestgebührenregelung des §10 Abs. 7 BGS ist auch mit dem
Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) vereinbar.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Zwar werden diejenigen Grundstückseigentümer, die je Wohneinheit weniger als
80 cbm Abwasser im Jahr einleiten, relativ höher belastet als diejenigen, die 80 cbm
und mehr einleiten. Diese Ungleichbehandlung ist jedoch sachlich gerechtfertigt, weil
die Mindestgebühr die verbrauchsunabhängigen Vorhaltekosten decken soll und daher
- wie bereits ausgeführt - gerade nicht nach dem Umfang der Inanspruchnahme der
vollen Leistung bemessen wird.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks"> Vgl, hierzu Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluß vom 12. August
1981 - 8 B 20.82 -, KStZ 1982, 31 a Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR) 1982,
431.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Es bestehen auch keine Bedenken dagegen, daß die Mindestgebühr auf die
Wohneinheit und nicht auf den Grundstücksanschluß abstellt. Dem Satzungsgeber ist
bei der Gestaltung der Wahrscheinlichkeitsmaßstäbe ein weites Ermessen
eingeräumt.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks"> Vgl. BVerwG, Beschluß vom 12. August 1981, a.a.O.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Art. 3 Abs. 1 GG läßt ihm die Freiheit, selbst zu entscheiden, welche Sachverhalte
er im Rechtssinne "gleich" behandeln will; die getroffene Regelung muß nur auf
sachgerechten Erwägungen beruhen.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks"> Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 1975 - VII C 64.74 -, KStZ 1976, 50
(51).</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Das Abstellen auf Wohneinheiten beruht auf sachgerechten Erwägungen. Der
Beklagte weist mit Recht daraufhin, daß es (für die Inanspruchnahme der
Vorhalteleistungen und die Verursachung der Vorhaltekosten) ein gravierender
Unterschied ist, ob sich hinter einem Hausanschluß eine Wohnung oder 20, 50 oder
gar mehr als 100 Wohnungen befinden. Daß die Wohneinheiten nach §10 Abs. 7 a
BGS trotz unterschiedlicher Größe untereinander gleich behandelt werden, ist unter
dem Gesichtspunkt der Praktikabilität gerechtfertigt.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Schließlich ist der Gleichheitssatz auch nicht durch die in §10 Abs. 7 c BGS
getroffene Bestimmung verletzt, nach der bei gewerblich, öffentlich und ähnlich
genutzten Gebäuden höchstens fünf Wohneinheiten gerechnet werden, während eine
solche Beschränkung für die unter a) fallenden Wohnhäusern nicht besteht. Wie der
Beklagte unwiderlegt vorträgt, werden von Hotelanlagen und gewerblich genutzten
Grundstücken, die über das gesamte Jahr hinweg Abwasser produzieren, regelmäßig
genügend große Mengen eingeleitet, so daß die vorgehaltene Kapazität der
Abwasseranlage im wesentlichen ausgenutzt wird. Die Stadt W. stellt demnach diese
gewerblich, öffentlich und ähnlich genutzten Gebäude im Ergebnis den Gebäuden mit
ständig bewohnten Wohneinheiten gleich, bei denen sich die Mindestgebühr im
allgemeinen nicht als zusätzliche Belastung auswirkt, weil die Mindestabwassermenge
in der Regel erreicht wird. Dies läßt sich unter Berücksichtigung des weiten
Ermessens des Ortsgesetzgebers rechtfertigen. Es ist nicht zu beanstanden, wenn
durch die besondere Berücksichtigung von Vorhaltekosten in der Gebührenbemessung
nur diejenigen unabhängig vom Umfang der bestimmungsgemäßen Benutzung belastet
werden, denen die Abwasseranlage zwar ständig mit voller Kapazität zur Verfügung
steht, die sie aber nur im geringem Umfange, insbesondere nur zeitweise, durch
Einleiten von Abwasser in Anspruch nehmen.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Da die streitige Heranziehung des Klägers zu Kanalbenutzungsgebühren demnach
rechtmäßig ist, mußte die Klage in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils
abgewiesen werden.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus §154 Abs. 1 VwGO. Für eine Zulassung der
Revision liegen die gesetzlichen Voraussetzungen (§§132 Abs. 2, 137 Abs. 1 VwGO)
nicht vor.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">
</p>
|
315,612 | olgham-1985-08-28-25-u-27384 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
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} | 25 U 273/84 | "1985-08-28T00:00:00" | "2019-03-13T15:09:11" | "2019-03-27T09:42:40" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1985:0828.25U273.84.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Klägers gegen das am 10. Oktober 1984 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Detmold wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung abwenden durch eine Sicherheitsleistung in Höhe von 8.200,-- DM, die auch durch eine unbefristete und unbedingte, selbstschuldnerische Bürgschaft der Volksbank Hannover erbracht werden kann, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p>
<p></p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Tatbestand:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger verlangt von der Beklagten die Bezahlung eines Steuerberaterresthonorars in Höhe von 45.290,-- DM nebst Zinsen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Im Jahre 1976 beabsichtigte die Rechtsvorgängerin der heutigen Beklagten, ein Familienunternehmen, das damals als Firma xxx firmierte, eine Umwandlung dieser Firma in eine andere Gesellschaftsform, wobei insbesondere eine Änderung der bestehenden Haftungsverhältnisse, das Ausscheiden eines Familienzweigs sowie steuerliche Gesichtspunkte von Bedeutung waren. Der Kläger, ein Steuerberater, wurde mit der Durchführung dieser Angelegenheit beauftragt. Bereits im Herbst 1976 kam es zu ersten Kontakten zwischen Vertretern der Firma xxx und dem Kläger. Am 8. Januar 1977 fand im Haue der Firma xxx eine Besprechung statt, an der neben dem Kläger auch Rechtsanwalt xxx aus xxx teilnahm. Die Einzelheiten der Auftragserteilung sowie der Inhalt der geschuldeten Leistungen sind zwischen den Parteien streitig.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">In der Folgezeit führte der Kläger mit den Beteiligten bzw. den Vertretern der Rechtsvorgängerin der Beklagten Verhandlungen. Er legte sodann mit Schreiben vom 25. Oktober 1977 einen Gesellschaftsvertragsentwurf über die Errichtung einer GmbH & Co. KG, den Entwurf eines Gesellschaftsvertrages für eine Familien-GmbH und den Entwurf eines Betriebsüberlassungs- und Pachtvertrages vor und nahm die Firma xxx zur Grundlage Seminardarstellung. Ferner erstattete er ein Gutachten über die Frage, ob anstelle der Gründung einer GmbH & Co. KG eher eine Betriebsaufspaltung sinnvoll sei. Von letzterer riet er ab.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 11. März 1978 bot der Kläger der Firma xxx folgende "Honorarvereinbarung" an:</p>
<br /><span class="absatzRechts">6</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="0">
<tr>
<td valign="top">"Umwandlung der Gesellschaft in eine GmbH & Co. KG (eingeschlossen die bis jetzt geleisteten Arbeitern):</td>
<td valign="top">60.000,-- DM.</td>
</tr>
<tr>
<td valign="top">Kostenauslagen pp.</td>
<td valign="top">6.000,-- DM.</td>
</tr>
<tr>
<td valign="top">Pauschalvereinbarung</td>
<td valign="top">66.000,-- DM.</td>
</tr>
<tr>
<td valign="top">Die Mitarbeit Herrn Rechtsanwalt xxx ist in der Vereinbarung .... enthalten. Die Umsatzsteuer (6 %) ist besonders auszuweisen und zu erheben."</td>
<td valign="top"></td>
</tr>
</table><br />
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Firma xxx nahm dieses Angebot mit Schreiben vom 30. März 1978 an und zahlte einen Abschlag auf die Honorarvereinbarung von 25.000,-- DM. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schreiben vom 11. März 1978 und 30. März 1978 (Bl. 12 und 11 d.A.) Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">In der Folgezeit kam es zu Verzögerungen, die zunächst darauf beruhten, daß einer der Komplementäre der xxx KG, xxx Ende 1973 erkrankte und verstarb, im übrigen Streitigkeiten innerhalb der verbliebenen Familienzweige aufbrachen. Insbesondere ging es um den Zweig der Familie xxx, der von den übrigen Firmeninhabern abgefunden werden sollte. Auch insoweit ist der Kläger im Auftrag der Firma xxx beratend tätig geworden. Sein Honoraranspruch ist Gegenstand des Verfahrens 9 O 277/84 LG Detmold. Der den vorliegenden Rechtsstreit betreffende Vertrag zwischen dem Kläger und der xxx KG wurde mit Schreiben der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 5. Mai 1981 gekündigt. In der Folgezeit kam es aufgrund eines Vertrages vom 15. Januar 1982 zur Abfindung der Familie xxx und zur rechtlichen Umbildung des gesamten Unternehmens in eine GmbH & Co. KG in der besonderen Form der Betriebsaufspaltung.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat behauptet, die Firma xxx habe mit ihm und mit Rechtsanwalt xxx am 8. Januar 1977 zwei unabhängig voneinander zu bewertende Verträge abgeschlossen und zwar habe er die Verpflichtung übernommen, die Gesellschaft hinsichtlich der geplanten Firmenumwandlung in betriebswirtschaftlichen und steuerrechtlichen Fragen zu beraten, während Rechtsanwalt xxx die rechtliche Ausgestaltung der Umwandlung habe übernehmen sollen. Bei den von ihm vorgelegten Vertragsentwürfen handele es sich lediglich um Beispiele, er habe nicht die Absicht gehabt, der xxx KG bereits fertige Entwürfe zu liefern. Dies sei nämlich Aufgabe von Rechtsanwalt xxx gewesen. Zu der Honorarvereinbarung sei es gekommen, weil die Gesamtkosten der Firmenumwandlung, also einschließlich der Kosten von Rechtsanwalt xxx bei ihm abgefragt worden seien (Zeugnis des Prokuristen xxx). Er habe daraufhin nach Bücksprache mit Rechtsanwalt xxx und mit dessen Einverständnis ein Pauschalhonorar von 60.000,-- DM + 6.000,-- DM Auslagen für die Gesamtleistungen eingesetzt.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Im übrigen stehe ihm das gesamte Honorar zu, da er seine Leistungen im Zeitpunkt der Kündigung bereits vollständig erbracht habe. Auf den von ihm geschaffenen Unterlagen hätten die nachfolgenden Berater der Beklagten aufbauen können.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat die Abweisung der Klage beantragt unter Hinweis darauf, daß der Vertrag mit dem Kläger wegen eines Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig sei. Der Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz liege darin, daß der Kläger die allgemeine rechtliche Beratung der Rechtsvorgängerin der Beklagten im Zusammenhang mit der Unternehmensumwandlung übernommen habe. Insbesondere zeige sich die Rechtsberatung darin, daß der Kläger und nicht etwa Rechtsanwalt xxx bereits Vertragsentwürfe fertiggestellt und zur Diskussion gestellt habe. Mit Rechtsanwalt xxx habe sie keinen Vertrag abgeschlossen, dieser sei allenfalls interner Berater des Klägers gewesen. Ihre nachfolgenden Berater, die die Unternehmensumwandlung sodann durchgeführt hätten, hätten mit den Arbeiten des Klägers nicht anfangen können.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat den Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz bejaht und die Klage abgewiesen. Ansprüchen aus § 812 BGB stünde im übrigen § 817 BGB entgegen. Außerdem habe der Kläger nicht dartun können, daß die Beklagte wertmäßig in Höhe eines Betrages bereichert sei, der den bereits gezahlten Abschlagsbetrag von 25.000,-- DM überschreite.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, der erneut darauf hinweist, daß zwei gesonderte Verträge, einer mit ihm, einer mit Rechtsanwalt xxx abgeschlossen worden sei, ferner die vorgelegten Vertragsentwürfe lediglich beispielhaften Charakter gehabt hätten und - aus Fachbüchern entnommen - zum Zwecke der besseren Information der Komplementäre der Rechtsvorgängerin der Beklagten sinnvoll und erforderlich gewesen seien. Im übrigen weist er daraufhin, daß Rechtsanwalt xxx ihm den ihm zustehenden Anteil am Gesamthonorar in Höhe von 1/5 abgetreten habe.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, an ihn 45.290,-- DM nebst 8 1/4 % Zinsen seit dem 20. Juli 1983 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Sie bestreitet die Abtretung des Honoraranteils von Rechtsanwalt xxx und beruft sich hinsichtlich des jenem eventuell zustehenden Gebührenanteils auf die Einrede der Verjährung. Im übrigen hält sie die angefochtene Entscheidung für zutreffend.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen Behrendt. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme und der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils, die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze, den Vermerk des Berichterstatters vom 28. August 1985 und die den Schriftsätzen beigefügten Anlagen Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe</u></p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger steht ein vertraglicher Anspruch auf Entrichtung seines Resthonorars aus den §§ 612 oder 632 BGB nicht zu, da der zwischen der Firma Gebrüder xxx und dem Kläger geschlossene Beratervertrag wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig ist (§ 134 BGB).</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Aufgrund der in zweiter Instanz durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, daß der Kläger von der Firma xxx den Auftrag erhalten hatte, für sie die Unternehmensumwandlung durchzuführen. Bereits der Umstand, daß zwischen der Rechtsvorgängerin der Beklagten und dem Kläger schon im Herbst 1976 erste diesbezügliche Kontakte angeknüpft worden sind, spricht für eine solche Bewertung. Denn zu jenem Zeitpunkt war von der Mitwirkung durch Rechtsanwalt xxx noch nicht die Rede. Dieser ist erstmalig auf Bitten des Klägers bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten am 8. Januar 1977 erschienen. Bis zu diesem Zeitpunkt konnten vertragliche Beziehungen allenfalls mit dem Kläger allein geknüpft worden sein.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Aber auch in der Verhandlung am 8. Januar 1977 ist es nicht zu einer vertraglichen Aufspaltung der im Zusammenhang mit einer beabsichtigten Firmenumwandlung erforderlichen Beratung gekommen. Der Zeuge xxx hat zwar bekundet, er sei davon ausgegangen, daß er selbst einen eigenständigen Honoraranspruch gegen die Rechtsvorgängerin der Beklagten aufgrund der Auftragserteilung anläßlich dieser Verhandlung erhalten habe, er mußte jedoch einräumen, daß von einer Trennung der Beratung in allgemeinrechtlicher Hinsicht einerseits oder betriebswirtschaftlich steuerrechtlicher Hinsicht andererseits nicht die Rede gewesen sei. Aus der Sicht der Firma xxx mußte das alleinige Initiative des Klägers zurückzuführende Erscheinen des Zeugen xxx in der fraglichen Verhandlung lediglich den Eindruck erwecken, als sei dieser Gehilfe des Klägers und stehe diesem beratend zur Verfügung. Denn nicht die Firma xxx hatte um das Erscheinen des Zeugen xxx gebeten, sondern der Kläger hat den Zeugen, als seinen Freund, um Mitarbeit gebeten.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Auch das Verhalten in der Folgezeit spricht in eindeutiger Weise dafür, daß nur zwischen dem Kläger und der Firma xxx vertragliche Beziehungen entstehen sollten und entstanden sind. Anders ist nämlich auch nicht die sogenannte Honorarvereinbarung vom 11. März 1978 zu verstehen, in der der Kläger ebenfalls deutlich zum Ausdruck bringt, daß das dem Zeugen xxx zustehende Honorar nicht von der Firma xxx diesem gesondert auszuzahlen ist sondern in der vereinbarten Gesamtsumme enthalten sein soll. Auch das spricht deutlich dafür, daß Rechtsanwalt xxx lediglich beratend für den Kläger, nicht jedoch für die Rechtsvorgängerin der Beklagten tätig werden sollte.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Dieser zwischen dem Kläger und der Firma xxx geschlossene Beratervertrag war jedoch wegen eines Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz gemäß § 13 BGB nichtig. Dies hat bereits das Landgericht überzeugend dargestellt. Der Kläger hat sich durch diesen Vertrag verpflichtet, den Auftraggeber nicht nur in betriebswirtschaftlichen und steuerrechtlichen Aspekten zu beraten, sondern hat die gesamte zivilrechtliche, im speziellen gesellschaftsrechtliche Beratung in eigener Verantwortung übernommen. Hierzu war er gemäß Art. 1 § 1 Rechtsberatungsgesetz nicht berechtigt.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">In Vollziehung dieses Vertrages hat er nicht etwa allein sich auf steuerliche Vorfragen beschränkt, sondern insbesondere auch Verträge über die beabsichtigte Unternehmensumgestaltung entworfen und diese mit seinen Auftraggebern mit dem Ziel der endgültigen Erarbeitung der Vertragstexte besprochen. Gerade darin sieht jedoch die ganz überwiegende Auffassung einen Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz (so OLG Köln in Der Steuerberater 1981, S. 224; OLG Hamburg in AnwBl. 1971, S. 15; LG Tübingen MDR 1978, S. 668; OLG Koblenz in Bonner Handbuch der Steuerberatung Rnr. 3031.2; Schorn NJW 1961, S. 993 ff.; Kampmann NJW 1968 S. 137 ff.; einschränkend Paulick in Der Steuerberater 1983, S. 1 ff.).</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Der Kläger behauptet zwar, die von ihm vorgelegten Vertragsentwürfe seien lediglich als Beispiele aufzufassen und hätten den Sinn gehabt, die von ihm ins Auge gefaßte steuerliche Umgestaltung zu verdeutlichen. Damit kann sieh der Kläger von dem Vorwurf unerlaubter Rechtsberatung jedoch nicht lösen. So hat er im ersten Absatz seines Schreibens vom 25. Oktober 1977 (Bl. 136) zwar darauf hingeweisen, daß die vorgelegten Entwürfe lediglich als Diskussionsgrundlage dienen sollten, jedoch hinzugefügt, daß diese in gemeinsamer Arbeit (zwischen ihm und seinen Auftraggebern) ergänzt, geändert und in eine von den Gesellschaftern gewünschte Fassung gebracht werden sollten. Dadurch hat er zum Ausdruck gebracht, daß die Verträge gerade keinen beispielhaften Charakter haben, sondern anhand der Entwürfe der endgültige Vertragstext ausgehandelt werden sollte.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Dies wird auch deutlich im letzten Absatz desselben Schreibens (Bl. 158 d.A.), wo es heißt: "Einen Entwurf über einen GmbH-Vertrag, einen Geschäftsführervertrag sowie einen Pensionsvertrag werde ich, soweit es meine Zeit erlaubt, zu unserer gemeinsam angesetzten Besprechung .... mitbringen. Es sollte nicht zum Schluß übersehen werden, daß auch der zur Zeit gültige KG-Vertrag einer Änderung aus grundsätzlichen Erwägungen, bedarf; eine Neufassung aber auch aus Gründen der Haftungsbeschränkung heraus notwendig erscheint".</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Es trifft auch nicht zu, wenn der Kläger darauf hinweist, daß die von ihm vorgelegten Vertragsentwürfe lediglich aus allgemeinen Fachbüchern stammen und daher nur abstrakt zur Diskussion gestellt werden sollten. Denn bereits der Gesellschaftsvertragsentwurf über die Errichtung einer GmbH & Co. KG (Bl. 160 ff.) weist1in, seiner Einleitung derartig spezifische Details der Rechtsvorgängerin der Beklagten auf, die in keinem Formularbuch zu finden sind. Einen Gesellschaftsvertrag für eine Familien-GmbH hat der Kläger lediglich auszugsweise entworfen. Aber auch die von ihm der Rechtsvorgängerin der Beklagten vorgelegten einzelnen Vertragspunkte betreffen nicht etwa allein steuerrechtliche Gesichtspunkte, vielmehr sind dort allgemein gesellschaftsrechtliche und zivilrechtliche Fragen angesprochen. Der Entwurf über einen Betriebsüberlassungs- und Pachtvertrag ist derart detailiert erarbeitet, daß er mit Ausnahme der Höhe des Pachtzinses und des Beginns seines Inkrafttretens sämtliche notwendige Regelungen enthält.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Zwar mag es sein, daß sich der Kläger seinerseits des Zeugen xxx als seines Beraters bedient hat, dies ist jedoch nicht entscheidungserheblich. Zum einen steht aufgrund der Aussage des Zeugen xxx fest, daß die Vertragsentwürfe gerade nicht von ihm stammten. Zum anderen kann eine rechtliche Beratung des Klägers selbst durch einen Rechtsanwalt diesen, nicht von dem Vorwurf eines Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz befreien, da der Kläger selbst alleiniger Vertragspartner seiner Auftraggeberin, damit allein die gegen das Rechtsberatungsgesetz verstoßende beratenden Tätigkeit schuldete und für sie verantwortlich war (vgl. auch OLG Köln a.a.O.).</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Ein solcher Vertrag ist - wie bereits ausgeführt - gemäß § 13 BGB wegen Verstoßes gegen ein Verbotsgesetz nichtig (so BGHZ 50, S. 90 ff. und 70, S. 17 ff.). Gemäß § 139 3GB erstreckt sich diese Nichtigkeit auch auf den Vertragsteil, der die zulässige Beratung in steuerrechtlichen und betriebswirtschaftlichen Fragen betrifft (BGHZ a.a.O.). Vertragliche Ansprüche stehen dem Kläger somit nicht mehr zu.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">B.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Der Kläger kann sein Klagebegehren aber auch nicht aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung herleiten.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Dabei kann es dahinstehen, ob einem Rückforderungsanspruch im vorliegenden Fall die Vorschrift des § 817 BGB entgegensteht, ob insbesondere, wie dies vom Landgericht in der angefochtenen Entscheidung bejaht wurde, der Kläger vorsätzlich gegen Art. 1 § 1 Rechtsberatungsgesetz verstoßen hat. Denn im vorliegenden Fall hat weder die an sich, erlaubte Beratung in steuerrechtlichen Sachen, die gemäß BGHZ 50, S. 92 sowieso nicht von der Verbotsnorm des § 817 Satz 2 erfaßt wäre, noch die verbotene allgemeine Rechtsberatung zu einer bereicherungsrechtlichen Ausgleichsverpflichtung geführt.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Zwar kommt als Vermögensvorteil, der im Sinne des § 812 BGB erlangt sein könnte, jegliche Vermehrung eines fremden Vermögens in Betracht, hier insbesondere die Ersparung anderweitiger Aufwendungen. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hatte damals den Wunsch nach einer Unternehmensumgestaltung. Diesem Wunsch konnte sie nur nach einer entsprechenden Beratung nachkommen, die ihr vom Kläger geliefert worden ist. Sie brauchte also während der Zeit, in der sie vom Kläger beraten worden ist, keinen anderen Berater und hat insoweit Aufwendungen für rechtliche und steuerliche Beratungen erspart.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Jedoch ist jedenfalls der in der Rechtsberatung liegende Vermögensvorteil wieder dadurch weggefallen, daß die Rechtsvorgängerin der Beklagten den Vertrag mit dem Kläger gekündigt hat und mit einem anderem Beratungsbüro, in dem ein Rechtsanwalt und ein Steuerberater assoziiert sind, andere Beratungsverträge abgeschlossen hat. Diese neuen Berater haben dann - wie unstreitig ist - zu einer anderen Unternehmensform geraten, so daß auch nicht festgestellt werden kann, daß die später eingesetzten Berater auf der allgemeinen rechtlichen Beratung durch den Kläger aufgebaut haben. Auch die von dem Kläger vorgelegten Vertragsentwürfe waren unter diesem Aspekt nicht mehr zu gebrauchen. Außerdem hat der Kläger selbst darauf hingewiesen, daß sich zwischenzeitlich die Rechtslage wesentlich geändert hatte und schon deshalb seine Ausführungen nicht mehr verwertbar waren. Schließlich ist auch zu berücksichtigen, daß sich die Firma xxx im Ergebnis nicht für die Unternehmensform entschieden hat, die von dem Kläger vorgeschlagen worden war.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, daß die Rechtsvorgängerin der Beklagten Aufwendungen für eine anderweitige Beratung in steuerrechtlicher und betriebswirtschaftlicher Hinsicht deshalb erspart hätte, weil diese Beratung bereits von ihm erledigt worden sei. Denn es läßt sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, welche Aufwendungen tatsächlich von der Firma xxx erspart worden sein können.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Die Gegenüberstellung der verschiedenen Unternehmenseinsatzformen und ihre steuerrechtliche Behandlung in der Aufstellung des Klägers Bl. 84 d.A. hat jedenfalls nicht zur Einsparung von weiteren Aufwendungen geführt. Denn die Beklagte hat unwidersprochen vorgetragen, daß die Firma xxx ihrerseits von ihren erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten, die die weitere Beratung übernommen hatten, selbst eine steuerliche Gegenüberstellung der einzelnen Unternehmenseinsatzformen der Beklagten erhalten hat.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Es mag dann als verbleibender Wert bei der Beklagten allenfalls noch die Darstellung des Klägers über die Unternehmensaufspaltung (Bl. 136 ff.) verbleiben. Es ist jedoch zweifelhaft, ob diese Darstellung noch im Rahmen von ersparten Aufwendungen berücksichtigt werden kann. Denn der Kläger hat die Darstellung so gefaßt, daß er von der Unternehmensaufspaltung abgeraten hat, während die späteren Berater der Beklagten geradezu eine solche Aufspaltung empfohlen haben. Auch hier ist darüberhinaus zu berücksichtigen, daß nach dem detailierten Vorbringen des Klägers sich die Rechtslage inzwischen dergestalt gewandelt hat, daß nunmehr tatsächlich eine Unternehmensaufspaltung die geeignetere Gesellschaftsform im Vergleich zu der von ihm vorgeschlagenen konventionellen Lösung einer GmbH & Co. KG gewesen ist. Zwar mag es sein, daß die Beratung der Firma xxx durch die Nachfolger des Klägers insgesamt weniger intensiv sein mußte und daraus die niedrigere pauschale Honorarvereinbarung von 35.000,-- DM nebst Mehrwertsteuer resultiert. Es läßt sich jedoch nicht feststellen, inwieweit die Rechtsvorgängerin der Beklagten oder die Beklagte selbst tatsächlich eigene Aufwendungen im Ergebnis erspart hat. Schließlich hat der Kläger bereits eine Abschlagszahlung in Höhe von 25.000,-- DM für bislang erfolgte Leistungen erhalten. Eine irgendwie geartete weitergehende Bereicherung auf Seiten der Beklagten durch die zulässigen Beratungsmaßnahmen des Klägers ist nicht ersichtlich.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Nach alledem kann die Berufung keinen Erfolg haben.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10 und 711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Die Beschwer des Klägers beläuft sich auf 45.290,-- DM.</p>
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} | Ss 465/85 | "1985-08-23T00:00:00" | "2019-03-13T15:09:12" | "2019-03-27T09:42:40" | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1985:0823.SS465.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Das angefochtene Urteil wird mit den getroffenen Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Bergisch-Gladbach zurückverwiesen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat den Angeklagten wegen fahrlässiger Körperverletzung zu einer Geldstrafe verurteilt. Die Revision des Angeklagten, mit der Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt wird, führt auf die Verfahrensrüge zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Verletzung formellen Rechts sieht die Revision u.a. in der zweimaligen Zurückweisung des Verteidigers und in der Ablehnung von zwei Unterbrechungsanträgen. Aufgrund der ordnungsgemäß erhobenen Verfahrensrügen ist insoweit von folgendem Sachverhalt auszugehen:</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Hauptverhandlung wurde am 11.1.1985 um 11.00 Uhr unterbrechen und um 14.00 Uhr desselben Tages fortgesetzt.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Bei Beginn der Fortsetzung wies die Amtsrichterin den Verteidiger darauf hin, daß er nicht ordnungsgemäß gekleidet und weder in Robe noch in weißem Hemd und mit weißer Krawatte erschienen sei; ohne Robe werde er zurückgewiesen. Der Verteidiger erklärte darauf, er sei mit dem Angeklagten gefahren und habe leider die Robe in seinem Auto vergessen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht wies daraufhin durch Beschluß den Verteidiger für diesen Verhandlungstermin zurück. Einen Unterbrechungsantrag des Angeklagten wies das Amtsgericht mit der Begründung zurück, die Abwesenheit des Verteidigers sei kein Unterbrechungsgrund. Während der anschließenden Zeugenvernehmung kehrte der Verteidiger in Robe, jedoch mit blauem Hemd und "bunter Krawatte" in den Sitzungssaal zurück. Das Amtsgericht wies ihn erneut zurück, weil er nicht, ordnungsgemäß gekleidet sei. Einen darauf gestellten Antrag des Angeklagten auf Unterbrechung der Verhandlung wies das Amtsgericht ebenfalls zurück. Es führte dann die Hauptverhandlung in Abwesenheit des Verteidigers zu Ende.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Es bedarf keiner Entscheidung, ob das Amtsgericht den Verteidiger zurückweisen durfte, weil er nicht ordnungsgemäß gekleidet war. In der Rechtsprechung ist zwar anerkannt, daß ein Rechtsanwalt bei <u>grundsätzlicher</u> Weigerung, in Robe aufzutreten, vom Gericht für die betreffende Sitzung zurückgewiesen werden kann (vgl. BVerfGE 28, 21; ... BGHSt 27, 34, 38; BayVerfGH AnwBl 1972, 228; KG NJW 1970, 482 und JR 1977, 172; OLG Karlsruhe NJW 1977, 309). Im vorliegenden Fall weigerte sich der Verteidiger aber nicht grundsätzlich, in Robe aufzutreten. Dies ergibt sich sowohl aus seiner Erklärung, er habe die Robe in seinem Auto vergessen, als auch daraus, daß er sich sofort um die Beschaffung einer Robe bemühte, und alsbald mit Robe wiederum im Sitzungssaal erschien.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Ein Verfahrensverstoß liegt jedenfalls darin, daß das Amtsgericht sowohl den ersten als auch den zweiten Antrag des Angeklagten auf Unterbrechung der Hauptverhandlung abgelehnt hat.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hätte aufgrund der sich aus § 265 Abs. 4 StPO ergebenden Fürsorgepflicht auf die beiden Anträge des Angeklagten hin die Verhandlung jedenfalls für kurze Zeit unterbrechen müssen, um dem Angeklagten Gelegenheit zu geben, mit dem Verteidiger die durch dessen Zurückweisung entstandene neue Situation zu besprechen. Wenn auch die Verhinderung eines Verteidigers außer in Fällen notwendiger Verteidigung dem Angeklagten kein Recht gibt, die Aussetzung der Verhandlung zu verlangen (§ 228 Abs. 2 StPO), so gebietet die prozessuale Fürsorgepflicht doch, auf eine plötzliche und für den Angeklagten unvorhersehbare Verhinderung seines Verteidigers Rücksicht zu nehmen (vgl. BayObLG VRS 64, 129 = Strafverteidiger 1983, 270; OLG Düsseldorf VRS 63, 458 = Strafverteidiger 1983, 270; OLG Hamm NJW 1973, 381 und GA 1977, 310; OLG Zweibrücken, Strafverteidiger 1984, 148; Kleinknecht-Meyer, StPO, 37. Aufl., § 265 Rdnr. 19). Eine Aussetzung des Verfahrens wird zwar nur erforderlich sein, wenn dem Angeklagten wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage oder wegen Besonderheiten, die in seiner Person liegen, die Durchführung der Hauptverhandlung in Abwesenheit des Verteidigers nicht zuzumuten ist (vgl. OLG Düsseldorf VRS 63, 458; OLG Hamm GA 1977, 310). Es bedarf keiner Entscheidung ob diese Voraussetzungen hier vorlagen. Zumindest war aber eine kurze Unterbrechung notwendig, um dem Angeklagten Gelegenheit zu geben, die neue Situation, der er sich plötzlich gegenüber sah und die er nicht zu vertreten hatte, mit seinem Verteidiger zu besprechen, zumal dieser seine. Stellung als Verteidiger durch die Zurückweisung nicht verlor (vgl. OLG Karlsruhe NJW 1977, 309, 311) und gegen die Zurückweisung des Verteidigers der Beschwerdeweg offenstand (OLG Karlsruhe NJW 1977, 309), so daß dem Angeklagten die Möglichkeit gegeben werden mußte, mit seinem Verteidiger auch die Frage eines Rechtsmittels gegen den Zurückweisungsbeschluß zu erörtern (vgl. OLG Hamm NJW 1973, 381).</p>
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} | 10 W 80/85 | "1985-08-16T00:00:00" | "2019-03-13T15:09:14" | "2019-03-27T09:42:40" | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1985:0816.10W80.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Beschwerde der Antragstellerin vom 16.09.1985 wird das Landgericht angewiesen, von seinen Bedenken gegen die Erfolgsaussichten der Klage Abstand zu nehmen. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Gründe</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin ist die am 18.09.1981 geborene nicht eheliche Tochter des am 07.11.1981 tödlich verunglückten xxx (Erblasser). Auf die unter dem 23.02.1982 anhängig gemachte Klage stellte das zuständige Kreisgericht xxx mit Urteil vom 13.10.1983 die Vaterschaft des Erblassers fest.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Antragsgegner sind die Kinder des Erblassers aus dessen geschiedener Ehe.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Mit dem beim Landgericht Münster am 20.03.1985 eingegangenen Antrag bittet die Antragstellerin um Bewilligung von Prozeßkostenhilfe zur Verfolgung ihrer Erbersatzansprüche nach dem Erblasser und der zur selben Zeit tödlich mitverunglückten Mutter des Erblassers.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat das Prozeßkostenhilfegesuch zurückgewiesen und ausgeführt, etwaige Erbersatzansprüche der Antragstellerin seien gem. § 1934 b Abs. 2 S. 2 BGB verjährt. Der gesetzliche Vertreter der Antragstellerin, das zuständige Jugendamt, habe unmittelbar nach dem tödlichen Verkehrsunfall vom 07.11.1981 Kenntnis von dem Erbfall erlangt. Das Amt habe darüber hinaus spätestens am 23.02.1982 mit Zustellung des Antrages auf Feststellung der Vaterschaft beim Kreisgericht xxx Kenntnis der Umstände gehabt, aus denen sich das Bestehen des Erbersatzanspruches ergebe. Die Kenntnis der Abstammung und der Familienverhältnisse reichten nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes aus, ohne daß die Vaterschaft zu diesem Zeitpunkt bereits anerkannt oder rechtskräftig festgestellt sein müsse.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die hiergegen eingelegte- Beschwerde der Antragsteller in ist begründet.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Es erscheint bereits zweifelhaft, ob dem Landgericht darin zu folgen ist, daß es zur Kenntnis von den Umständen, aus denen sich das Bestehen des Anspruchs ergibt, ausreicht, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich die Abstammung und die Familienverhältnisse ergeben (vgl. Palandt-Edenhofer, 44. Aufl., Anm. 1 c zu § 1934 a; Soergel-Stein, 11. Aufl., Am. 17 zu § 1934 b; Odersky, Kommentar zum Nichtehelichen Gesetz, 4. Aufl., § 1934 b Anm. V 3 c). Vielmehr dürfte viel dafür sprechen, daß für den Verjährungsbeginn nicht die Kenntnis der natürlichen Vaterschaft oder der Vermutungsvoraussetzungen nach § 1600 o Abs. 2 ausreicht, sondern stets nur auf die Kenntnis der Anerkennung oder der rechtskräftigen Feststellung der nichtehelichen Vaterschaft abzustellen ist (vgl. Münchener Kommentar - Leipold, § 1934 c Rdn. 44, Staudinger - Werner, 12. Aufl. § 1934 b Randziff. 34).</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung dieser Streitfrage kann vorliegend jedoch dahinstehen, da der Lauf der Verjährung des Erbersatzanspruches für die Dauer des gerichtlichen Verfahrens auf Feststellung der Vaterschaft des Erblassers gem. §§ 202, 205 BGB gehemmt war (vgl. Odersky, a.a.O. § 1934 b, Anm. V 3 c). Vor Anerkennung oder rechtskräftiger Feststellung der Vaterschaft kann der Erbersatzanspruch gem. § 1600 a S. 2 BGB nicht geltend gemacht werden. Hiervon will § 1934 c Abs. 1 S. 2 BGB keine Ausnahme machen, sondern nur den Kreis der erbersatzberechtigten nichtehelichen Kinder über § 1934 a BGB hinaus erweitern. Für die Geltendmachung des Erbersatzanspruches ist jedoch auch in den Sonderfällen des § 1934 c Abs. 1 S. 2 vorausgesetzt, daß der Verstorbene als Vater des nichtehelichen Kindes rechtskräftig festgestellt ist. Bis zur gerichtlichen Feststellung der Vaterschaft kommen lediglich Maßnahmen des Nachlaßgerichtes nach § 1960 Abs. 1 S. 2 in Betracht (vgl. Palandt/Edenhofer, a.a.O. § 1934 c Anm. 2 c a. E.; Palandt/Diederichsen, a.a.O. § 1600 o Anm. 4). Vorliegend durfte der gesetzliche Vertreter der Antragstellerin zumindest den Ausgang des gerichtlichen Verfahrens auf Feststellung der Vaterschaft des Erblassers abwarten. Bis zur Vorlage des Statusurteils waren die Antragsgegner berechtigt gewesen, etwaige von der Antragstellerin bereits geltend gemachte Erbersatzansprüche zu verweigern. Gem. § 202 Abs. 1 BGB war der Lauf der Verjährung des Erbersatzanspruches bis zur Vorlage des Statusurteils für mehr als ein Jahr gehemmt. Das unter dem 20.03.1985 beim zuständigen Landgericht Münster eingehende Prozeßkostenhilfegesuch der Antragstellerin ist eindeutig in nicht verjährter Zeit eingegangen. Die Einrede der Verjährung kann der Antragstellerin nicht entgegen gehalten werden.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">In welcher Höhe die Antragstellerin Erbersatzansprüche gegenüber den Antragsgegnern im Wege der Prozeßkostenhilfe geltend machen kann, bleibt der Entscheidung des Landgerichts vorbehalten.</p>
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} | 4 UF 154/85 | "1985-08-13T00:00:00" | "2019-03-13T15:09:15" | "2019-03-27T09:42:39" | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1985:0813.4UF154.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beschwerden werden zurückgewiesen.</p>
<p>Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Antragsteller und der Beteiligten zu 2) jeweils zur Hälfte auferlegt, ihre eigenen außergerichtlichen Kosten tragen der Antragsteller und die Beteiligte zu 2) jedoch selbst in vollem Umfang.</p>
<p>Die weitere Beschwerde wird zugelassen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>G r ü n d e :</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I. Die Ehe der Parteien ist durch das nur im Ausspruch zum Versorgungsausgleich angefochtene Urteil vom 06.05.1985 geschieden worden. Die Ehezeit im Sinne der Vorschriften über den Versorgungsausgleich (5 1587 Abs. 28GB) dauerte vom 01.08.1946 bis 31.03.1978.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Antragsgegnerin hat in der Ehezeit keine Anwartschaften erworben.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Antragsteller war bis zum 31.03.1979 beamteter Professor an der Universität Bonn. Nach Auskunft des Rektors der Universität Bonn vom 10.07.1978 hatte der Antragsteller in diesem Beamtenverhältnis in der Ehezeit monatlich 3.718.45 DM Versorgungsanwartschaften erworben, bezogen auf den 31.03.1978.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Antragsteller, der am 05.09.1922 geboren ist, ist zum 01.04.1979 auf eigenen Antrag aus dem Beamtenverhältnis ausgeschieden. Er ist jetzt mit privatrechtlichem Vertrag als Arzt in Süddeutschland tätig.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Nach seinem Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis ist er bei der Ärztekammer Nordrhein in Düsseldorf nachversichert worden. Nach der Auskunft der Ärztekammer beträgt die durch die Nachversicherung für die Ehezeit erworbene Rentenanwartschaft</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">des Antragstellers monatlich 2.433,21 DM, bezogen auf den 31.03.1978.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Parteien und Beteiligten haben darüber gestritten, welcher Wert für den Versorgungsausgleich maßgebend ist und gegenüber welchem Versorgungsträger er durchzuführen ist.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">II. Durch die angefochtene Entscheidung hat das Familiengericht zu Lasten der für den Antragsteller bei der Ärztekammer bestehenden Versorgungsanwartschaften Rentenversicherungsanwartschaften der Antragsgegnerin bei der BfA in Höhe von</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">1.710,40 DM, bezogen auf den 31.03.1978, begründet und hinsichtlich eines monatlichen Rentenbetrages von 148,83 DM, bezogen auf den 31.03.1978, den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, daß der gesetzliche Versorgungsausgleich auf der 8asis der zum Ehezeitende bestehenden Versorgungsanwartschaften von 3.718,45 DM zu erfolgen habe und daß die Ärztekammer - Ärzteversorgung - der</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Versorgungsträger sei, dem gegenüber der Versorgungsausgleich durchzuführen sei, da für die <u>Höhe</u> des Ausgleichsanspruchs bei Veränderungen nach Ehezeitende der Zeitpunkt des Ehezeitendes maßgebend sei, für die <u>Form</u> des Versorgungsausgleichs aber der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Trotz der Verminderung der Anwartschaften infolge der Nachversicherung erleide der neue Versorgungsträger durch dieses "Super-Quasi-Splitting" keinen Nachteil, da er die dem Antragsteller später zufließende</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Rente entsprechend kürzen könne. Wegen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs hat das Amtsgericht auf § 1587 f Nr. 2 BGB verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerdeführer meinen, für das vom Familiengericht durchgeführte "Super-Quasi-Splitting" fehle die gesetzliche Grundlage.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerdeführer beantragen sinngemäß,</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">Ziff. 2 des Urteils des Familiengerichts vom 06.05.1985 dahin abzuändern, daß nur Rentenanwartschaften in Höhe von 1.216,61 DM bezogen auf den 31.03.1978, begründet werden.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Wegen des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf den Akteninhalt verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">III. Die gemäß § 621 e ZPO zulässige Beschwerde ist nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die vom Amtsgericht durchgeführte Ausgleichung der Versorgungsanwartschaften</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">entspricht den gesetzlichen Vorschriften.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">1) Das Amtsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, daß die zum Ehezeitende im versorgungsrechtlichen Sinne, also zum 31.03.1978, bestehenden Versorgungsanwartschaften die Grundlage für die Errechnung des Umfangs der zu begründenden Rentenanwartschaften des Ausgleichsberechtigten sind .</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Richtigkeit dieses Ausgangspunkts folgt daraus, daß der Gesetzgeber in §§ 1587 Abs. I und 11 BGB den Ausgleich der <u>in der Ehezeit</u> erworbenen Anwartschaften anordnet. Dementsprechend sind Erhöhungen der Versorgungsanwartschaften, die durch Beitragszahlungen <u>nach </u>dem Ehezeitende erfolgt sind, von der Rechtsprechung des BGH, der der Senat folgt, für unbeachtlich erklärt worden (In-Prinzip: BGH FamRZ 1881, 1169</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">(1170); bestätigt u.a. durch BGH FamRZ 1985, 887). Zur Begründung hat der BGH im Wesentlichen ausgeführt, daß diese Betrachtungsweise in Einklang mit der Grundkonzeption des Versorgungsausgleichs stehe, da das für die Nachentrichtung von Beiträgen erforderliche Kapital dem Vermögen des Versicherten erst zu einem Zeitpunkt entzogen werden, zu dem nach dem gesetzgeberischen Willen die Versorgungsgemeinschaft der</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Ehegatten nicht mehr bestehe. Dem entspricht auch die Entscheidung des BGH zum Versorgungsausgleich bei Zeitsoldaten (FamRZ 1981, 856 (861), wo für die Beschränkung des alternativen Versorgungsanspruchs auf die Hbhe der (fiktiven) Nachversicherung ausgeführt wird, daß der regelmäßig höhere beamtenrechtliche Versorgungswert nicht zugrundegelegt werden könne, da sein Entstehen bei Ende der Ehezeit noch nicht</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">feststehe. Auch insoweit sind nur solche Anwartschaften auszugleichen, die in der Zeit der Versorgungsgemeinschaft schon mit Sicherheit erreicht waren.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die Rechtsprechung des BGH zur Berücksichtigung von Gesetzesänderungen nach Ende der Ehezeit, die sich auf die Höhe der in der Ehezeit erworbenen Anwartschaften auswirken (BGH FamRZ 1984, 565 und 992), steht dazu nicht im Gegensatz, denn mit der Anknüpfung an das Ehezeitende stellt der Gesetzgeber nur auf die bis dahin erreichten <u>tatsächlichen individuellen Verhältnisse</u> im Hinblick auf die Versorgungsanrechte ab, wie jedoch diese Berücksichtigung rechtlich erfolgt, richtet sich nach der <u>Gesetzeslage</u> zur Zeit der Entscheidung.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Ausgehend von diesem Grundverständnis der Funktion des Versorgungsausgleichs</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">muß nach Auffassung des Senats auch die Frage beantwortet werden, wie sich Veränderungen der Höhe der Versorgung durch eigene Handlungen des Verpflichteten nach</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Ehezeitende auswirken. Wenn die Versorgungsgemeinschaft der Eheleute nach dem Willen des Gesetzgebers mit dem Ehezeitende gleichfalls ihr Ende findet, verselbständigt sich schon in diesem Augenblick die Ausgleichsanwartschaft des Ausgleichsberechtigten und kann dann auch nicht mehr mit Rechtswirkung zu Lasten des Ausgleichsberechtigten durch Handlungen des Verpflichteten geschmälert werden. Später eintretende <u>Verschlechterungen</u> des Versorgungsanspruchs aufgrund solcher individueller Handlungen rnüssen daher ebenso wie entsprechende Verbesserungen durch individuelle Handlungen (=Nachentrichtung von Beiträgen) außer Betracht bleiben (vgl. auch GGH FamRZ 1982, 1003 (1004)).</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Daraus folgt, daß ein Beamter, der nach dem Ehezeitende aber vor der Entscheidung über den Versorgungsausgleich aus dem Dienst auf eigenen Antrag ausscheidet und in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert wird, sich so behandeln lassen muß, als bestehe Jie (h6here) Beamtenversorgungsanwartschaft noch (ebenso OLG Stuttgart, FamRZ 1984, 801 m.w.N. zum Streitstand, dem folgend nach Erlaß der Entscheidung: Soergel/Vonwerk, Nachträge zur 11. Aufl., § 1587, Rz. 23; a.M. weiterhin Minz/Kern, FamRZ 1984, 909 (911) in Anm. zu OLG Frankfurt FamRZ 1984, 909 unter Hinweis auf die unveröffentlichte Entscheidung KG vom 17.02.1981 (15 UF 450/79);</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">unklar OLG Bamberg FamRZ 1984, 803, weil in der Entscheidung auf den maßgeblichen Umstand des Ausscheidens nach Ende der Ehezeit nicht eingegangen wird - vgl. auch Red.anm. FamRZ). Die Begründung von Minz/Kern a.a.O. dafür, daß ein nach Ehezeitende bewirkter Übergang von einem Alterssicherungssystem in ein anderes im Rahmen des Versorgungsausgleichs zu berücksichtigen sei, da die nachzuentrichtenden Beiträge als rechtzeitig entrichtete Pflichtbeiträge gelten (§§ 1402 IV RVO, 124 IV AVG), vermag nicht zu überzeugen. Aus dieser rein rentenrechtlichen Fiktion ergibt sich nichts dafür, daß sich auch der Ausgleichsberechtigte diese Veränderungen, die auf</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">eigenen Handlungen des Ausgleichsverpflichteten beruhen, entgegenhalten lassen muß.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Für die Richtigkeit dieses Ergebnisses spricht auch die gesetzliche Regelung in § 1587 c Abs. 28GB, wonach ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet, wenn der <u>Berechtigte</u></p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">in Erwartung der Scheidung durch Handeln oder Unterlassen bewirkt hat, daß ausgleichspflichtige Anwartschaften nicht entstanden sind. Zwar kann nach überwiegender Auffassung diese Vorschrift nicht auf den Verpflichteten entsprechend angewandt</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">werden (vgl. BGH FamRZ 1985, 687 (688) m.w.N.), aus der Vorschrift kann aber auch nicht der Schluß gezogen werden, daß der Verpflichtete noch nach Ehezeitende mit Nachteilswirkung für den Verpflichteten Dispositionen treffen kannte. Sie ist vielmehr</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">so zu verstehen, daß der Gesetzgeber wegen der Fixierung der Höhe der Ausgleichspflicht durch das Ehezeitende insoweit einen Schutz vor nachträglichen Manipulationen nicht für erforderlich hielt. Bei anderem Verständnis müßten auch Bedenken gegen die Vereinbarkeit der Norm mit Art. 3 GG erhoben werden. Durch diese Anknüpfung der Höhe der Ausgleichspflicht an die Höhe der Beamtenversorgungsansprüche wird entgegen der Meinung des Beschwerdeführers zu 1) auch nicht gegen Art. 12 GG verstoßen,</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">denn der Ausgleichsverpflichtete ist ungehindert, seinen Beruf zu wechseln, kann das aber nicht mit Nachteil für die wohlerworbenen Versorgungsanwartschaften des Berechtigten tun.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Ob etwas anderes gilt, wenn nach Lage der Dinge mit einer Aufgabe der Tätigkeit als Beamter zu rechnen war, kann hier dahinstehen, denn der Antragsteller war bei Auscheiden aus dem Beamtenverhältnis bereits 57 Jahre alt und dafür, daß der Berufswechsel schon länger vorgesehen oder eheplangemäß gewesen wäre, ist nichts vorgetragen.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Das Familiengericht hat in diesem Zusammenhang auch mit Recht darauf hingewiesen, daß der Berufswechsel vermutlich wegen wesentlich höherer laufender Einkünfte erfolgt ist, die den Versorgungsverlust u.U. ausgleichen können, an denen der Berechtigte aber in aller Regel nicht partizipiert.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">IV. Für die <u>Form</u> des Versorgungsausgleichs ist dagegen entsprechend der Rechtsprechung des BGH auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts über den Versorgungsausgleich abzustellen (BGH FamRZ 1981, 861; SoergeI/Vorwerk, 11. AufI., Nachträge zu § 1587, Rz. 24, 25 m.w.N. zur Rspr.).</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Das bedeutet hier, daß der Versorgungsausgleich gemäß § 1587 Beklagte Abs. 2 BGB i.V.m. § 1 Abs. 3 HRG im Wege des Quasi-Splitting zu Lasten der jetzt bei der Ärzteversorgung bestehenden Versorgungsanwartschaften vorzunehmen ist.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Mit der Anknüpfung an das Ehezeitende für die Höhe des Ausgleichsanspruchs hat der Gesetzgeber es dabei in Kauf genommen, daß möglicherweise höhere Rentenanwartschaften zu begründen sind als sie der Hälfte der vorhandenen Anwartschaften entsprechen. Das Amtsgericht weist auch mit Recht darauf hin, daß dem Versorgungsträger kein Nachteil geschieht, wenn er die Versorgung des Verpflichteten entsprechend mindern kann.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Es ist im Streitfall nichts dafür vorgetragen, daß dies nicht möglich ware. Ein (teilweiser) Rückgriff auf den früheren Versorgungsträger scheidet nach Auffassung des Senats aus, da dieser mit der gesetzlich vorgesehenen Nachversicherung in vollem Umfang als Versorgungsträger gegenüber dem Beamten ausgeschieden ist und die an die damalige Versorgungsanwartschaft anknüpfende Ausgleichspflicht nur das Innenverhältnis der Ehegatten betrifft. Sie kann nicht erloschene Versorgungsanwartschaften mit Wirkung gegen den alten Versorgungsträger wieder aufleben lassen, sondern führt nur zu einer entsprechend anderen Aufteilung der bestehenden Versorgungsanwartschaften.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">V. Die Anordnung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs gemäß § 1587 f Nr. 2 BGB begegnet keinen Bedenken.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">VI. Demnach mußten die Beschwerden mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückgewiesen werden.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat die weitere Beschwerde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der aufgeworfenen Rechtsfrage zugelassen.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Beschwerdewert: 7.711,-- DM (12 x 642,62)</p>
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315,616 | olgham-1985-07-12-11-w-6484 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 11 W 64/84 | "1985-07-12T00:00:00" | "2019-03-13T15:09:17" | "2019-03-27T09:42:39" | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1985:0712.11W64.84.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der angefochtene Beschluß wird abgeändert.</p>
<p></p>
<p>Das Landgericht wird angewiesen, von seinen Bedenken gegen die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Klage Abstand zu nehmen.</p>
<p></p>
<p>Der Beschwerdewert beträgt 2.500,- DM.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Gründe:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Antragsteller beantragte am 30.12.1977 bei der Antragsgegnerin einen Ratenkredit zu folgenden Konditionen:</p>
<br /><span class="absatzRechts">4</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="1">
<tr>
<td valign="top">Antragssumme</td>
<td valign="top">22.003,00 DM</td>
</tr>
<tr>
<td valign="top">Vermittlungsgebühr</td>
<td valign="top">1.097,00 DM</td>
</tr>
<tr>
<td valign="top"></td>
<td valign="top">23.100,00 DM</td>
</tr>
<tr>
<td valign="top">Kreditgebühr 0,85 % p.M.</td>
<td valign="top">11.880,00 DM</td>
</tr>
<tr>
<td valign="top">RSV-Prämie</td>
<td valign="top">1.733.00 DM</td>
</tr>
<tr>
<td valign="top">Bearbeitungsgebühr 3 %</td>
<td valign="top">693,00 DM</td>
</tr>
<tr>
<td valign="top">Bruttokredit</td>
<td valign="top">37.406,00 DM</td>
</tr>
</table><br />
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Kredit sollte ab 15.2.1978 in 60 Monatsraten zu je 624 DM (1. R. 590 DM) zurückgezahlt werden. Die Antragsgegnerin nahm den Antrag mit Schreiben vom 4.1.1978 an. Sie zahlte 3.070,90 DM an den Antragsteller aus; der Rest der Antragssumme wurde weisungsgemäß zur Abdeckung eines Vorkredits verwendet.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Antragsteller kam den Ratenzahlungen von Anfang an nur schleppend nach, er wurde deshalb von der Antragsgegnerin mehrfach gemahnt. Mit Anwaltsschreiben vom 8.8.1978 berief er sich gegenüber der Antragsgegnerin darauf, daß der Ratenkreditvertrag wegen Sittenwidrigkeit nichtig sei; zugleich erklärte er die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung. Die Antragsgegnerin erwiderte darauf mit Schreiben vom 15.8.1978, der Vertrag sei wirksam, auch die Anfechtung greife nicht durch.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Antragsteller zahlte bis Ende 1978 insgesamt 2.668,71 DM an die Antragsgegnerin. Anfang 1979 leitete die Antragsgegnerin nach Vertragskündigung das Mahnverfahren ein. Durch Vollstreckungsbescheid vom 27.2.1979 (103 B 78/79 AG Köln) wurde der Antragsteller zur Zahlung von 26.733,49 DM nebst Zinsen verurteilt. Der Vollstreckungsbescheid wurde rechtskräftig. Nach dem Vortrag des Antragstellers hat die Antragsgegnerin inzwischen aus dem Vollstreckungsbescheid im Wege der Lohnpfändung mehr als 30.000 DM beigetrieben.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Antragsteller will nunmehr gegen die Antragsgegnerin Klage erheben mit dem Antrag, die Antragsgegnerin zu verurteilen, die Zwangsvollstreckung aus dem Vollstreckungsbescheid zu unterlassen und den Vollstreckungsbescheid an ihn herauszugeben. Das Landgericht hat die erbetene Prozeßkostenhilfe für diese Klage verweigert. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde hat Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">In der Rechtsprechung ist anerkannt, daß der rechtskräftig verurteilte Schuldner gemäß § 826 BGB vom Gläubiger die Unterlassung der Zwangsvollstreckung verlangen kann, wenn der Titel sachlich unrichtig ist und der Gläubiger den Titel entweder in sittenwidriger Weise erwirkt hat oder ihn in sittenwidriger Weise ausnutzt (BGHZ 50, 115; BGH NJW 1983, 2317; jeweils m.w.H.). Es erscheint nicht ausgeschlossen, daß dem Antragsteller ein derartiger Unterlassungsanspruch zusteht.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der hier in Rede stehende Titel - der Vollstreckungsbescheid vom 27.2.1979 - ist sachlich unrichtig. Er verhält sich über vertragliche Ansprüche der Antragsgegnerin. Tatsächlich standen ihr aber nur erheblich niedrigere Bereicherungsansprüche gegen den Antragsteller zu. Denn der Ratenkreditvertrag vom 22.12.1977/4.1.1978 ist gemäß § 138 Abs. 1 BGB wegen Sittenwidrigkeit nichtig.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der der Senat folgt, ist ein Ratenkreditvertrag als wucherähnliches Ausbeutungsgeschäft dann sittenwidrig, wenn zwischen den vereinbarten Leistungen und Gegenleistungen ein auffälliges Mißverhältnis besteht und wenn ferner besondere Umstände vorliegen, die dem Vertrag ein sittenwidriges Gesamtgepräge geben. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">a) Das auffällige Mißverhältnis ergibt sich aus einem Vergleich zwischen dem vereinbarten und dem damals marktüblichen Zins.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Vereinbart war ein Zins von</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">13.670 x 2.400/22.003 x 61 = 24,44 %</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Damals marktüblich war ein Zins von</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">(0,32 x 60 x 220,03 + 440,06) x 2.400/22.003 x 61 = 8,34 %</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Daraus ergibt sich eine Marktzinsüberschreitung von 193 %. Der Bundesgerichtshof hat ein auffälliges Mißverhältnis bereits bei einer Marktzinsüberschreitung von mehr als 90% bejaht. Um nicht Ungleiches zu vergleichen, hat der Senat die HSV-Kosten bei der Vergleichsberechnung nicht berücksichtigt. Die Vermittlungskosten sind dagegen im weitaus überwiegenden Interesse der Antragsgegnerin angefallen und deshalb nicht abgesetzt worden.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">b) Ein derart krasses Mißverhältnis deutet bereits auf ein wucherisches Ausbeutungsgeschäft hin. Zudem enthalten die weiteren Vertragsbedingungen der Antragsgegnerin eine ganze Reihe weiterer Erschwerungen und Belastungen zum Nachteil des Kreditnehmers. Es kann kein Zweifel daran bestehen, daß der Antragsteller, von Beruf Chemiefacharbeiter, das volle Ausmaß der auf ihn zukommenden Belastungen nicht erkannt hat und daß er sich nur deshalb auf diesen unbilligen Vertrag eingelassen hat, während die Antragsgegnerin gewußt, zumindest sich aber der Erkenntnis verschlossen hat, daß mit einem derartigen Vertrag die durch § 138 Abs. 1 BGB gezogene Grenze der Vertragsfreiheit überschritten worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Zwar kann der Antragsteller allein aufgrund der sachlichen Unrichtigkeit des Titels noch nicht die Unterlassung der Zwangsvollstreckung und die Herausgabe des Titels fordern. Wie bereits ausgeführt, setzt ein solcher Unterlassungsanspruch vielmehr voraus, daß die Antragsgegnerin den Vollstreckungsbescheid in sittenwidriger Weise erwirkt hat oder daß sie ihn jedenfalls in sittenwidriger Weise ausnutzt.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die Frage, wann diese Voraussetzungen vorliegen, ist in der Rechtssprechung umstritten. Der Senat hat die Voraussetzungen des § 826 BGB in früheren Entscheidungen bei ähnlichen Fallgestaltungen verneint (u.a. in ZIP 1983, 677). Andere Oberlandesgerichte haben ähnlich entschieden (OLG Düsseldorf, 6. ZS, NJW 1985, 74-8; OLG Hamburg, NJW 1985, 749). Zahlreiche andere Oberlandesgerichte haben aber inzwischen die Voraussetzungen des § 826 BGB bei ähnlichen Fallgestaltungen bejaht (OLG Düsseldorf, 17. ZS, NJW 1985, 153; OLG Karlsruhe, NJW 1985, 744; OLG Frankfurt, NJW 1985, 745; OLG Stuttgart, Beschluß vom 25.3.1985 - 6 W 14/85; Schleswig-Holst. OLG, Beschluß vom 13.12.1984 - 11 W 44/84 - ). Angesichts dieser Divergenzen in der Rechtsprechung erscheint es nicht gerechtfertigt, dem Antragsteller die beantragte Prozeßkostenhilfe mangels Erfolgsaussicht der beabsichtigten Klage zu versagen. Ihm muß vielmehr Gelegenheit gegeben werden, die anstehenden Rechtsfragen im ordentlichen Streitverfahren klären zu lassen. Zwar mag hier die Annahme, die Antragsgegnerin habe den Titel in sittenwidriger Weise erwirkt, schon die eingangs erwähnte Vorkorrespondenz entgegenstehen; der Antragsteller wußte bei Einleitung des Mahnverfahrens, daß hier Bedenken gegen die Wirksamkeit des Vertrages bestanden, gleichwohl hat er den Vollstreckungsbescheid rechtskräftig werden lassen. Es bleibt aber auch dann die Frage, ob nicht jedenfalls der Tatbestand einer sittenwidrigen Ausnutzung des Titels gegeben ist. Nach seinem nicht bestrittenen Vorbringen hat der Antragsteller inzwischen mehr als 32.000 DM an die Antragsgegnerin gezahlt. Gleichwohl ist die offene Restforderung, deretwegen die Antragsgegnerin weiterhin aus dem Titel vollstreckt, heute höher als zum Zeitpunkt der Erwirkung des Titels. Selbst wenn man berücksichtigt, daß die Antragsgegnerin bereicherungsrechtlich nicht nur das Kapital und die halbe HSV-Prämie, sondern ab Verzugseintritt gemäß §§ 819 Abs, 1, 818 Abs. 4, 284, 286 BGB auch noch Verzugszinsen fordern konnte, dürfte der Antragsteller inzwischen weit mehr gezahlt haben, als er tatsächlich geschuldet hat.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Bedenken des Landgerichts gegen die Zuständigkeit greifen nicht durch. Die Zuständigkeit ergibt sich aus § 32 ZPO. Wenn, die Antragsgegnerin den Titel in sittenwidriger Weise ausnutzt, ist die unerlaubte Handlung jedenfalls auch dort begangen, wo die Antragsgegnerin den Pfändungs- und Überweisungsbeschluß erwirkt hat. Es kann davon ausgegangen werden, daß dieses im Bezirk des Landgerichts xxx geschehen ist (§ 828 Abs. 2 ZPO).</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">III.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die Frage der persönlichen Leistungsfähigkeit ist noch nicht abschließend geklärt. Offenbar ist der Antragsteller unterhaltspflichtig. Angaben hierzu fehlen in der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Diese Präge hat deshalb der Senat dem Landgericht zur Entscheidung vorbehalten.</p>
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315,617 | olgk-1985-07-12-6-u-1985 | {
"id": 822,
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} | 6 U 19/85 | "1985-07-12T00:00:00" | "2019-03-13T15:09:18" | "2019-03-27T09:42:39" | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1985:0712.6U19.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Klägers wird das am 16. Januar 1985 verkündete Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bonn - 14 0 156/84 - teilweise abgeändert.</p><p>Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.000,-- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 6. Juli 1984 :zu zahlen.</p><p>Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.</p><p>Die Kosten des Rechtsstreits werden der</p><p>Beklagten auferlegt mit Ausnahme von 18,-- DM der in erster Instanz angefallenen Gerichtskosten; diese hat der</p><p>Kläger zu tragen.</p><p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar,</p><p>Der Wert der Beschwer der Beklagten wird auf 5.000,-- DM festgesetzt.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p><span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat bis auf einen geringen Teil der geltend gemachten Zinsforderung Erfolg.</p><span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 5.000,- DM zu.</p><span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist zur Durchsetzung dieses Anspruchs legitimiert. Daß er nach der Rechtsprechung des Senats die Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 UWG nicht mehr erfüllt, steht dem nicht entgegen. Solange der Kläger als juristische Person besteht, ist er zur Geltendmachung von vertraglichen Ansprüchen, um die es hier allein geht, befugt.</p><span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat schuldhaft gegen ihre Verpflichtung aus der von ihr unter dem Datum des 27. März 1984 abgegebenen und von dem Kläger gem. § 151 BGB angenommenen strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung verstoßen. Daß die Anzeige, die Anlaß für die strafbewehrte Unterwerfungserklärung der Beklagten war, im C Anzeigenblatt vom 20./21. Juni 1984 erneut erschien, ist auch der Beklagten unmittelbar anzulasten. Nach Abgabe der Unterwerfungserklärung hat sie entgegen ihrer sich daraus ergebenden Verpflichtung (vgl. OLG Köln, WRP 1981, 600; WRP 1983, 452; Magazindienst 1983, Heft 7/8, S. 55; GRUR 1984, 674/675; OLG Düsseldorf, GRUR 1985, 81 = WRP 1985, 30/31) nicht alles Erforderliche und ihr Zumutbare getan, um ein nochmaliges Erscheinen der Anzeige zu verhindern. Sie hat sich damit begnügt, den in zweiter Instanz als Zeugen benannten Mitarbeiter der C Anzeigenblatt GmbH & Co. KG N telefonisch darüber zu unterrichten, daß die Anzeige nicht mehr erscheinen dürfe. Damit hat sie ihrer Verpflichtung aus dem Unterwerfungsvertrag, ein Wiedererscheinen der gerügten Werbung zu verhindern, auch dann nicht Genüge getan, wenn sie - wie sie erstmals im zweiter Instanz behauptet - dem Zeugen N geschildert hat, daß sie gegenüber dem Kläger wegen der beanstandeten Anzeige eine Unterlassungsverpflichtung habe eingehen müssen, daß im Fall eines Verstoßes eine Vertragsstrafe in Höhe von 5.000,-- DM gezahlt werden müsse und daß sie die C Anzeigenblatt GmbH & Co, KG für den Fall eines erneuten Erscheinens der Anzeige regreßpflichtig machen werde. Selbst wenn man die Richtigkeit dieser Behauptung unterstellt, durfte die Beklagte sich nicht ohne weiteres darauf verlassen, daß aufgrund eines fernmündlichen Gesprächs des Zeugen N2 mit dem Zeugen N sichergestellt war, die angegriffene Anzeige werde nicht mehr erscheinen.</p><span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Wenn die Beklagte ihr Begehren, in Zukunft eine Schaltung der Anzeige mit dem beanstandeten Text (Nettopreise bzw. knallharte Nettopreise) zu unterlassen, der C Anzeigenblatt GmbH & Co. KG schon nicht schriftlich unterbreitete, hätte sie zumindest auf einer schriftlichen Bestätigung ihres Anliegens durch die C Anzeigenblatt GmbH & Co. KG (und die übrigen Anzeigenblattredaktionen) und einer Mitteilung darüber bestehen müssen, welche Maßnahmen ergriffen worden waren, um eine erneute Schaltung der Anzeige auszuschließen (zur überprüfungspflicht vgl. OLG Düsseldorf, GRUR 1985, 81 = WRP 1985, 30/31), Nur so wäre sie im Streitfall imstande gewesen, sich davon zu überzeugen, daß diese Maßnahmen ausreichten, um ein erneutes Erscheinen der Anzeige zu verhindern. Ohne eine Beschreibung dessen, was die C Anzeigenblatt GmbH & Co. KG (und die übrigen Redaktionen) insoweit unternommen hatte(n), konnte und durfte die Beklagte nicht davon ausgehen, daß eine Beachtung ihres telefonisch geäußerten Verlangens sichergestellt war. Aus dem Umstand allein, daß die Anzeige fünfmal ohne die beanstandeten Textteile erschienen war, bevor sie in der Ausgabe des C Anzeigenblattes vom 20./21. Juni 1984 erneut in der angegriffenen Form geschaltet wurde, konnte und durfte die Beklagte nicht entnehmen, daß die C Anzeigenblatt GmbH & Co. KG mit den Druckunterlagen für diese Anzeige in einer Weise verfahren war, die eine erneute Verwendung, insbesondere durch neueingestellte Mitarbeiter oder Hilfskräfte, ausschloß.</p><span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks"><img width="1" height="32" src="6_U_19_85_Urteil_19850712_0.png" alt="Die Entscheidung enthält an dieser Stelle ein Bild oder eine Grafik." />Fällt der Beklagten an der erneuten Schaltung der beanstandeten Anzeige ein eigenes Verschulden zu Last, so bedarf es im Streitfall einer Heranziehung des § 278 BGB nicht (vgl. insoweit OLG Köln GRUB 1985, 148/150 = WRP 1985, 175/176 f. einerseits, OLG Karlsruhe WRP 1985, 354/355 f. andererseits).</p><span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Eine Herabsetzung der mit der Klage verlangten Vertragsstrafe kommt nicht in Betracht. Da die Beklagte Kaufmann ist und die Vertragsstrafe "im Betriebe ihres Handelsgewerbes versprochen" hat, kann die Vertragsstrafe nicht aufgrund der Vorschrift des § 343 BGB herabgesetzt werden (§ 348 HGB). Dafür, daß die Klägerin mit dem Verlangen des von der Beklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung versprochenen Betrages von 5.000,--DM im Streitfall gegen Treu und Glauben verstieße (vgl. insoweit OLG Köln WOPR 1985, 108/110), sind hinreichende Anhaltspunkte nicht ersichtlich.</p><span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der geltend gemachte Zinsanspruch steht dem Kläger erst vom 6. Juli 1984 an zu, weil er mit Schreiben vom 27. Juni 1984 der Beklagten zur Zahlung der Vertragsstrafe eine Frist bis zum 5. Juli 1984 gesetzt hat (§ 284 Abs. 1 Satz 1, § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB).             </p><span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die Kosten der ersten Instanz beruht auf § 92 ZPO, die Entscheidung über die Kosten der zweiten Instanz auf § 91 ZPO.</p><span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die übrigen Nebenentscheidungen finden ihre Rechtsgrundlage in §  708 Nr. l0, §§ 713, 546 Abs. 2 Satz 1ZPO.</p>
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315,618 | olgham-1985-06-27-3-ss-68885 | {
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} | 3 Ss 688/85 | "1985-06-27T00:00:00" | "2019-03-13T15:09:20" | "2019-03-27T09:42:39" | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1985:0627.3SS688.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Das angefochtene Urteil wird mit den Feststellungen aufgehoben.</p>
<p>Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts ... zurückverwiesen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Am 16. Mai 1984 erließ das Amtsgericht ... gegen den Angeklagten einen Strafbefehl wegen fahrlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Bereits im Ermittlungsverfahren hatten sich für den Angeklagten die Rechtsanwälte ... und ... unter Beifügung einer auf beide Anwälte lautenden Strafprozeßvollmacht als Verteidiger gemeldet. In dieser Vollmacht vom 09. März 1984 werden die Verteidiger unter Ziffer 1) unter anderem zur Verteidigung und Vertretung in Bußgeldsachen und Strafsachen in allen Instanzen, auch für den Fall der Abwesenheit, Vertretung gemäß § 411 Abs. 2 StPO und unter Ziffer 4) zur Übertragung der Vollmacht ganz oder teilweise auf andere ermächtigt. Schon im nächsten Schriftsatz vom 13. April 1984 und in zahlreichen weiteren Schriftsätzen während des Strafverfahrens war im Briefkopf Rechtsanwalt ... als Sozius verzeichnet. Nach rechtzeitigem Einspruch gegen den Strafbefehl wurde der Angeklagte vom Amtsgericht in der Hauptverhandlung vom 30. Oktober 1984 zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen verurteilt. Außerdem wurde ihm die Fahrerlaubnis entzogen und eine Sperrfrist von noch vier Monaten festgesetzt. In dieser Hauptverhandlung trat im Beisein des Angeklagten Rechtsanwalt ... als Verteidiger auf und stellte für den Angeklagten auch Anträge. Gegen das Urteil des Amtsgerichts legte der Angeklagte rechtzeitig Berufung ein. Sowohl die Berufung als auch ein Antwortschreiben an die Strafkammer, in welchem der Sinn der Berufung erläutert wird, waren von Rechtsanwalt ... unterzeichnet. Der Berufungshauptverhandlung vom 13. März 1985 blieb der Angeklagte ohne Angabe von Gründen fern, es erschien jedoch Rechtsanwalt .... Dieser beantragte, die Berufung nicht zu verwerfen, sondern die Sache zu vertragen. Entgegen diesem Antrag verwarf das Landgericht die Berufung gemäß § 329 Abs. 1 Satz 1 StPO und führte in den Gründen des Verwerfungsurteils u.a. aus, der Angeklagte sei ohne genügende Entschuldigung ausgeblieben und auch nicht in zulässiger Weise vertreten worden.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Revision, mit welcher er u.a. rügt, der Angeklagte sei entgegen den Feststellungen des Urteils in zulässiger Weise vertreten gewesen. Der erschienene Verteidiger Rechtsanwalt ... sei in der erstinstanzlichen Hauptverhandlung zu Protokoll bevollmächtigt worden. In dieser Bevollmächtigung seitens des Angeklagten hätte auch die Erklärung gelegen, daß der Verteidiger als Vertreter bevollmächtigt sein sollte. Da es sich um ein Verfahren nach Einspruch gegen einen Strafbefehl gehandelt habe, hätte das Landgericht § 412 StPO anwenden und ohne den Angeklagten verhandeln müssen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Revision ist begründet.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Angeklagte war in der Berufungshauptverhandlung durch Rechtsanwalt ... in zulässiger Weise vertreten, so daß gemäß § 411 Abs. 2 StPO, der nach einhelliger Ansicht in der Rechtsprechung (OLG Düsseldorf NStZ 1984, 524 m.z.N. aus Rechtsprechung und Literatur) auch im Berufungsverfahren gilt, die Verwerfung der Berufung nach § 329 Abs. 1 Satz 1 StPO nicht zulässig war.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Zwar fordert § 411 Abs. 2 StPO für die ordnungsgemäße Vertretung des Angeklagten eine schriftliche Vertretungsvollmacht, die vorliegend für Rechtsanwalt ... nicht vorlag, weil die schriftliche Prozeßvollmacht mit der Vertretungsvollmacht lediglich auf die Rechtsanwälte ... und ... ausgestellt war. Es bedurfte auch hier nicht der Entscheidung, ob die geforderte Schriftlichkeit der Vertretungsvollmacht dann entbehrlich ist, wenn der sichere Nachweis, daß der in der Hauptverhandlung auftretende Verteidiger von dem Angeklagten mit seiner Vertretung auch tatsächlich beauftragt worden ist, auf andere Weise geführt werden kann. Dies hat das OLG Düsseldorf in einem Fall bejaht, in welchem der ursprünglich schriftlich auch zur Vertretung bevollmächtigte Verteidiger in einem Strafbefehlsverfahren das Mandat noch vor der Hauptverhandlung beim Amtsgericht niedergelegt, dann aber in der Hauptverhandlung beim Amtsgericht in Gegenwart des Angeklagten für diesen aufgetreten war und auch namens und in Vollmacht des Angeklagten für diesen gegen das Urteil des Amtsgerichts Berufung eingelegt hat (OLG Düsseldorf a.a.O.). Diese Frage konnte hier offenbleiben, weil Rechtsanwalt ... zweifelsfrei zumindest von den zur Vertretung bevollmächtigten Rechtsanwälten ... und ... Untervollmacht erhalten hatte, für die es auch im Rahmen des § 411 Abs. 2 StPO eines schriftlichen Nachweises nicht bedarf (OLG Hamm NJW 1963, 1793; OLG Köln VRS 60, 441; OLG Karlsruhe Die Justiz 1982, 274; Müller in KK, § 411 Rdn. 7; Kleinknecht/Meyer StPO, 37. Aufl., § 411 Rdn. 5). Der Sinn für das gesetzliche Erfordernis der Schriftlichkeit der Vertretungsvollmacht ist darin zu sehen, daß dem Gericht die sichere Überzeugung vom Einverständnis des Angeklagten verschafft wird, sein Verteidiger sei dazu befugt, so wichtige Verfahrensrechte wie Anwesenheit, rechtliches Gehör u.a. an seiner Stelle wahrzunehmen. Wenn dieses Einverständnis des Angeklagten aufgrund des schriftlichen Nachweises durch die Hauptvollmacht einmal feststeht, würde es eine Überspannung des Schutzgedankens bedeuten, auch noch einen schriftlichen Nachweis für die Untervollmacht zu verlangen. Dies gilt vor allem dann, wenn - wie hier - der Verteidiger zur Übertragung auch der Vertretungsvollmacht ausdrücklich ermächtigt worden ist (OLG Hamm NJW a.a.O.). Das Bestehen der Untervollmacht von Rechtsanwalt ... ergibt sich eindeutig aus der Tatsache, daß er schon während des Ermittlungsverfahrens als Sozius in die Anwaltsgemeinschaft ... und ... aufgenommen worden ist, daß er als solcher Schriftsätze für den Angeklagten gefertigt hat und insbesondere auch in Gegenwart des Angeklagten in der Hauptverhandlung beim Amtsgericht aufgetreten ist und anschließend für diesen gegen das amtsgerichtliche Urteil Berufung eingelegt hat. Damit kommt es auch nicht darauf an, daß ausweislich des Sitzungsprotokolls entgegen den Darlegungen der Revision eine ausdrückliche Bevollmächtigung von Rechtsanwalt ... durch Erklärung des Angeklagten zu Protokoll in der Hauptverhandlung beim Amtsgericht nicht erfolgt ist.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat damit zu Unrecht das Vorliegen der Voraussetzungen des § 329 Abs. 1 Satz 1 StPO angenommen, weshalb das Urteil mit den Feststellungen aufzuheben und die Sache gemäß § 354 Abs. 2 StPO an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts ... zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, zurückzuverweisen war.</p>
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} | 13 U 277/82 | "1985-06-26T00:00:00" | "2019-03-13T15:09:21" | "2019-03-27T09:42:39" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1985:0626.13U277.82.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlußberufung der Klägerin wird unter Zurückweisung der Rechtsmittel im übrigen das am 13. August 1982 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Münster abgeändert und wie folgt neu gefaßt:</p>
<p></p>
<p>Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin 5.453,87 DM (in Worten: fünftausendvierhundertdreiundfünfzig 87/100 Deutsche Mark) nebst 4 % Zinsen seit dem 14. April 1982 und 7,5 % Zinsen seit dem 1. Januar 1983 zu zahlen, die Beklagten zu 1 ) und 2) darüber hinaus als Gesamtschuldner nebst 4 % Zinsen für die Zeit vom 4. März 1982 bis zum 13. April 1982, der Beklagte zu 1) weiterhin nebst 4 % Zinsen für die Zeit vom 21. März 1981 bis zum 3. März 1982.</p>
<p></p>
<p>Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten als Gesamtschuldnern zu 3/4 und der Klägerin zu 1/4 auferlegt.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Es beschwert die Parteien um weniger als 40.000,-- DM.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Tatbestand:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Am Abend des 12. September 1980 kam der Beklagte zu 3), der keine Fahrerlaubnis besaß, bei xxx auf der xxx in einer scharfen Linkskurve infolge überhöhter Geschwindigkeit mit dem bei dem Beklagten zu 1) haftpflichtversicherten xxx der Beklagten zu 2) nach links von der Fahrbahn ab. Die nichtangegurtete Beifahrerin xxx erlitt Schnittwunden am Kopf und einen Oberschenkelbruch.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die klagende Ortskrankenkasse hat für ihr Mitglied xxx Heilbehandlungskosten in Höhe von insgesamt 17.271,82 DM aufgebracht. Aufgrund eines mit dem Beklagten zu 1) am 1./13. März 1984 geschlossenen Teilungsabkommens (Bl. 134 ff GA), wonach der Beklagte verpflichtet war, der Klägerin bis zu einem Gesamtbetrag in Höhe von 10.000 DM 55 % der Heilbehandlungskosten zu ersetzen, hat der Beklagte zu 1) der Klägerin vorprozessual 5.500 DM gezahlt. Den die Grenze von 10.000 DM überschießenden Betrag, also 7.271,82 DM, hat die Klägerin mit der Klage von dem Beklagten ersetzt verlangt.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Mit ihrer Berufung wollen die Beklagten die Abweisung der Klage erreichen, während die Klägerin mit ihrer Anschlußberufung eine höhere Verzinsung des ausgeurteilten Betrages erstrebt.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Von der Darstellung des Tatbestandes im übrigen wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen. Insoweit und auch wegen des Ergebnisses der erst- <u>und</u> zweitinstanzlichen Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Akten und der beigezogenen Akten 4 Ds 32 Js 2117/80 und 15 Js 2866/80 StA Münster verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Berufung der Beklagten und die Anschlußberufung der Klägerin haben zum Teil Erfolg. Die Klage ist in dem aus dem Urteilsausspruch ersichtlichen Umfange gerechtfertigt.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten sind dem Grunde nach verpflichtet, der Klägerin 3/4 des mit der Klage geltend gemachten Schadens zu ersetzen. Den restlichen Schaden muß die Klägerin wegen eines ihr anzurechnenden Mitverschuldens der verletzten xxx selbst tragen (§§ 254 Abs. 1, 412, 404 BGB).</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Verpflichtung des Beklagten zu 3) zum Schadensersatz ergibt sich aus § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 1542 RVO. Die Beklagte zu 2) haftet als Halterin gemäß §§ 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 14 Abs. 2 Satz 2 StVO. Der Beklagte zu 1) haftet gemäß § 1, 3 PflVersG. Insoweit kann im einzelnen gemäß § 543 Abs. 1 ZPO auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen werden. Hinsichtlich der Haftung der Beklagten zu 2) als Halterin des Fahrzeuges wird noch ergänzend auf folgendes hingewiesen:</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Wie sich aus dem Bericht des Jugendamtes des xxx vom 13.2.1981 (Bl. 42 ff der oben zuerst genannten Strafakten) ergibt, befand sich der Beklagte zu 3) nach längerer Abwesenheit erst seit Juli 1980 wieder im Haushalt der Beklagten zu 2). Bis zum Unfall am 12. September 1980 war also erst ein kurzer Zeitraum verstrichen, so daß die Beklagte zu 2) von der absoluten Zuverlässigkeit des Beklagten zu 3) auch unter Berücksichtigung des jugendlichen Alters des Letzteren und dessen vorangegangenem, doch recht unsteten Lebenswandels (vgl. den genannten Bericht) noch nicht ausgehen konnte. Die Gefahr, daß ein solcher ungefestigter Jugendlicher der Versuchung unterliegen würde, heimlich Schwarzfahrten mit dem Pkw der Beklagten zu 2) zu machen, lag nicht fern. So hat die Beklagte zu 2) bei ihrer Anhörung vor dem Senat selbst recht anschaulich geschildert, daß "alle" - also auch der Beklagte zu 3) - "scharf auf den Wagen" gewesen seien. Auch die von ihr schon vor dem Unfall festgestellte Beule an ihrem Fahrzeug hätte sie stutzig machen müssen. Sie hätte sich nicht mit der Überlegung, diese Beule könnten Handwerker verursacht haben, zufrieden geben dürfen. Das Landgericht hat unter diesen Umständen zu Recht von der Beklagten zu 2) gefordert, daß sie den Schlüssel zumindest nachts an einer zusätzlich gesicherten Stelle hätte aufbewahren müssen und nicht, wie geschehen, an dem für den Beklagten zu 3) zugänglichen Schlüsselbrett in der Kochküche. Indem sie dies unterließ hat sie fahrlässig gegen § 14 Abs. 2 Satz 2 StVO verstoßen. Der erforderliche Ursachenzusammenhang zwischen dem Fehlverhalten der Beklagten zu 3) und dem späteren Unfall als einem geradezu typischen Unfallgeschehen bei einer solchen Schwarzfahrt durch einen Jugendlichen kann nicht zweifelhaft sein.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Ansicht des Landgerichts trifft die verletzte xxx aber ein Mitverschulden im Sinne des § 254 Abs. 1 BGB, das sich die Klägerin gemäß §§ 406, 404 BGB entgegenhalten lassen muß.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Der Vorwurf eines Mitverschuldens läßt sich zwar nicht darauf stützen, daß xxx - wie jetzt unstreitig ist - nicht angeschnallt war, und sie somit gegen § 21 a Abs. 1 StVO verstoßen hat.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Ein pflichtwidriges Nichtanlegen des vorhandenen Sicherheitsgurtes führt nicht stets zu einer Minderung der Schadensersatzansprüche im Rahmen des § 254 Abs. 1 BGB, da sich das Nichtanschnallen je nach der Art des Unfalles und der dabei vom Geschädigten erlittenen Verletzungen verschieden auswirken kann. Der Schädiger, der sich auf ein solches Mitverschulden beruft, muß zunächst beweisen, daß das Nichtanlegen des Sicherheitsgurtes die entstandenen Verletzungen mitverursacht hat, wobei es in der Regel genügt, daß er einen typischen Geschehensablauf beweist, aufgrund dessen der Anscheinsbeweis für die Ursachlichkeit spricht (BGH VersR 1980, 824, Weber DAR 1981, 161, 165). Das gilt hier für die Beklagten. Erst dann müßte die Klägerin ihrerseits als Replike auf diesen Mitverschuldenseinwand den Beweis dafür erbringen, daß xxx ähnlich schwere Verletzungen auch dann davongetragen hätte, wenn sie angeschnallt gewesen wäre (BGH und Weber a.a.O.).</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze müssen die Beklagten im vorliegenden Fall beweisen, daß der Oberschenkelbruch, den xxx bei dem Unfall erlitten hat und der die hier geltend gemachten Krankenhausbehandlungskosten verursacht hat, nicht eingetreten wäre, wenn xxx angeschnallt gewesen wäre. Diesen Beweis haben die Beklagten nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen xxx, die dieser vor allem bei seiner Anhörung vor dem Senat gemacht hat, nicht erbracht. Nach den Ausführungen des Sachverständigen ist es zwar möglich, daß sich xxx den Oberschenkelbruch zugezogen hat, als sie durch die Windschutzscheibe aus dem Fahrzeug geschleudert wurde. Ein solches Herausschleudern wäre vermieden worden, wenn sie angeschnallt gewesen wäre. Es ist aber durchaus auch möglich, daß sich xxx die Verletzung zugezogen hat, als sie sich noch im Fahrzeug befand und als das Fahrzeug mit seiner rechten Seite gegen den Pfahl im Straßengraben prallte. Der Sachverständige hat überzeugend ausgeführt, daß in dieser Phase des Unfallgeschehens auch eine angegurtete Beifahrerin sich eine solche Verletzung hätte zuziehen können:</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Das Fahrzeug hatte im Graben, als es sich unmittelbar vor dem Pfahl befand, noch eine hohe Geschwindigkeit von über 70 km/h. Das Fahrzeug begann sich in dieser Situation zu überschlagen, und dieser Vorgang wurde zusätzlich - so der Sachverständige - von einer gleichzeitigen Rotation des Wagens überlagert. Das Fahrzeug wird sich mit hoher Wahrscheinlichkeit in einer über 30 Grad liegenden Winkelstellung zum Pfahl befunden haben. Als es in dieser Situation auf den Pfahl aufprallte, wurden Karosserieteile nach innen gedrückt. In dieser Unfallphase wäre auch ein angegurteter Beifahrer nicht mehr vom Gurt gehalten worden. Er konnte seitlich aus dem Gurt herausgleiten und gegen die nach innen eindringende Beifahrerseite prallen. Die Bewegungsabläufe eines angegurteten und auch eines nichtangegurteten Beifahrers lassen sich in einer solchen Situation nicht mehr im einzelnen nachvollziehen. Es ist nicht ausgeschlossen, daß es auch bei einem angegurteten Beifahrer zu erheblichen Verletzungen wie Bein- oder Beckenbrüchen in dieser Situation gekommen wäre. Ist somit die ernsthafte Möglichkeit, daß auch ein angegurteter Beifahrer anstelle der xxx sich schon in dieser Phase des Unfallgeschehens ebenfalls einen Oberschenkelbruch hätte zuziehen können, nicht auszuschließen, haben die Beklagten den ihnen obliegenden Beweis des Ursachenzusammenhanges zwischen Verstoß gegen die Anschnallpflicht und eingetretener Verletzung nicht erbracht. Auch kann bei einem solchen Unfallgeschehen nicht mehr wie etwa bei einem Frontalaufprall eines Fahrzeuges bei geringer Geschwindigkeit von einem typischen Geschehensablauf gesprochen werden, bei dem der Anscheinsbeweis für die Ursächlichkeit zwischen Verstoß gegen die Anschnallpflicht und eingetretener Verletzung spricht. Der Sachverständige weist in diesem Zusammenhang überzeugend darauf hin, daß die Gurte so entwickelt worden sind, daß sie Schutz bei Fällen von Frontalaufprall und auch bei Überschlagsunfällen, bei dem das sich überschlagende Fahrzeug <u>nicht</u> gegen ein Hindernis prallt, bieten können, daß sie aber nicht dahin entwickelt worden sind, den Insassen auch bei Unfällen der vorliegenden Art zu schützen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Weiter haben die Beklagten zur Stützung ihres Mitschuldeinwandes nicht bewiesen, daß xxx positiv <u>gewußt</u> hat, daß der Beklagte zu 3) keine Fahrerlaubnis gehabt hat, und/oder daß der Beklagte zu 3) ohne die Erlaubnis der Beklagten zu 2) das Fahrzeug fuhr. Es spricht zwar vieles dafür, daß die mit dem Beklagten zu 3) befreundete xxx von beiden Umständen gewußt hat. Beweisen läßt sich dies jedoch nicht. Sie selbst hat auch bei ihrer Vernehmung vor dem Senat abgestritten, insoweit positive Kenntnis gehabt zu haben. Der xxx hat zwar in dem gegen die Beklagte zu 2) gerichteten Strafverfahren bei seiner polizeilichen Vernehmung am 5. April 1981 ausgesagt, xxx habe ihm einmal erzählt, daß der Beklagte zu 3) ihr gegenüber geäußert habe, er habe den Schlüssel ohne Erlaubnis der Beklagten zu 2) an sich genommen zu haben. Bei seiner Vernehmung vor dem Senat hat der Zeuge demgegenüber aber bekundet, daß xxx ihm dies nicht erzählt habe.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Es kann dahingestellt bleiben, ob xxx, bevor sie als Beifahrerin mitfuhr, den Beklagten zu 3) hätte fragen müssen, ob er befugt war, das Fahrzeug zu nutzen. Aus einem solchen Unterlassen läßt sich möglicherweise noch kein Mitverschuldensvorwurf herleiten. Dieser Vorwurf ist aber gerechtfertigt, insoweit xxx unterlassen hat, nachzufragen, ob der Beklagte bereits im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis war. Bei xxx musste sich nämlich der Verdacht aufdrängen, daß dies bei dem Beklagten zu 3) noch nicht der Fall war. Sie war seit längerem mit ihm befreundet. Der am 21.10.1961 geborene Beklagte zu 3) war zur Unfallzeit (12.9.1980) noch keine 19 Jahre alt. Hätte er nach Vollendung des 18. Lebensjahres bis zum Unfall die zur Erlangung der Fahrerlaubnis notwendige Prüfung gemacht, hätte er dies sicherlich der xxx als seiner Freundin erzählt. Aus dem Umstand, daß der Beklagte zu 3) ihr gegenüber nie eine derartige Äußerung gemacht hatte, mußte sich xxx der Verdacht geradezu aufdrängen, daß der Beklagte zu 3) noch nicht im Besitz einer solchen Fahrerlaubnis war. Dieser Verdacht hätte sich bei ihr weiter erhärten müssen, nachdem sie - wie sie bei ihrer Vernehmung vor dem Senat ausgesagt hat - vor dem Unfall bereits einmal miterlebt hatte, wie der Beklagte zu 3) mit dem von ihm gelenkten Fahrzeug beinahe aus einer Kurve hinausgetragen worden wäre. Indem sie unter diesen Umständen nicht nachgefragt hat, ob der Beklagte zu 3) die erforderliche Fahrerlaubnis besaß, hat sie gegen die Sorgfaltspflicht verstoßen, die jeder vernünftige Mensch an ihrer Stelle angewandt hätte, um sich vor Schaden bei einer Fahrt mit einem jugendlichen Fahrzeugführer wie dem Beklagten zu 3) zu bewahren. Dies allein rechtfertigt den Vorwurf eines Mitverschuldens, den der Senat unter Berücksichtigung des wesentlich schwereren Verschuldens auf der anderen Seite mit nur einem Viertel bewertet hat.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Zur Schadenshöhe:</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Wortlaut, Sinn und Zweck des § 6 Abs. 1 des zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 1) geschlossenen Teilungsabkommens vom 1. /13. März 1984 gebieten es, nur den mit der Klage geltend gemachten restlichen Schaden in Höhe von 7.271,82 DM um die Mitverschuldensquote von einem Viertel auf den zuerkannten Betrag von 5.453,87 DM zu kürzen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Wie der Schaden bis zum Gesamtbetrag von 10.000,-- DM zu verteilen war, bestimmte sich nach § 1 des Vertrages. Danach war unter Verzicht auf eine Prüfung der Haftungsfrage und somit auch des Grades eines etwaigen Mitverschuldens 55 % des Schadens bis 10.000,-- DM zu ersetzen. Das waren hier 5.500,-- DM. Dieser Betrag ist auch vor Klageerhebung gezahlt worden. Die restlichen 4.500,-- DM muß die Klägerin selbst tragen. Nur der die Summe von 10.000,-- DM übersteigende Teil - hier also der Betrag von 7.271,35 DM sollte unter Würdigung der Sach- und Rechtslage geregelt werden. Eine solche Regelung ist vorprozeßual nicht getroffen. Der Senat ist somit gehalten, über den genannten Betrag unter Berücksichtigung der Sach- und Rechtslage, sowie sie sich ihm jetzt darstellt, zu entscheiden. Die 7.271,82 DM sind daher um die festgestellte Mitverschuldensquote in Höhe von einem Viertel auf den zuerkannten Betrag zu kürzen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Eine andere Berechnung unter Einbeziehung des Schadens bis 10.000,-- DM würde zu einem von den Parteien auch nach dem Vertrage nicht gewollten unbilligen Ergebnis führen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die zuerkannten Zinsen sind gemäß §§ 291, 284 Abs. 1, 281 Abs. 1 und 2 BGB gerechtfertigt. Der über den gesetzlichen Zinssatz von 4 % hinausgehenden mit der Anschlußberufung geltend gemachte Zinsschaden ist für die Zeit ab dem 1. Januar 1983 durch die vorgelegte Bescheinigung der Stadtsparkasse Bocholt vom 17. August 1984 (Bl. 143 GA) hinreichend belegt. Für die Zeit davor fehlt ein solcher Beleg.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92, 708 Nr. 10, 711, 713 und 546 Abs. 2 ZPO.</p>
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315,620 | olgham-1985-06-25-5-uf-62085 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 5 UF 620/85 | "1985-06-25T00:00:00" | "2019-03-13T15:09:23" | "2019-03-27T09:42:39" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1985:0625.5UF620.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Beklagten wird das am 3. Oktober 1985 verkündete Urteil des Amtsgerichts Iserlohn wie folgt teilweise abgeändert:</p>
<p></p>
<p>Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin die folgenden monatlichen Unterhaltsbeträge zu zahlen</p>
<p></p>
<p>a)</p>
<p>für die Zeit von Januar bis Mai 1985 jeweils 465,-- DM;</p>
<p></p>
<p>b)</p>
<p>für die Zeit von Juni 1985 bis März 1986 jeweils 513,09 DM und</p>
<p></p>
<p>c)</p>
<p>für die Zeit von April 1986 bis Dezember 1988 jeweils 250,-- DM.</p>
<p></p>
<p>Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Der Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 15.000,-- DM abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.</p>
<p></p>
<p>Beiden Parteien wird gestattet, die Sicherheitsleistung durch eine unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer westdeutschen Großbank oder Sparkasse zu erbringen.</p>
<p></p>
<p>Die Revision wird zugelassen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Tatbestand:</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die am 9.9.1930 geborene Klägerin und der am 24.3.1933 geborene Beklagte haben am 24.3.1980 geheiratet. Beide Parteien waren zuvor bereits einmal verheiratet. Die erste Ehefrau des Beklagten ist verstorben. Die erste Ehe der Klägerin ist geschieden worden. Nachdem sie bereits im Sommer 1982 etwa vier Wochen getrennt gelebt hatten, trennten sich die Parteien am 1.2.1983 endgültig. Auf den Antrag des Beklagten vom 1.7.1983, zugestellt am 3.7.1983, ist die Ehe der Parteien durch Urteil des Amtsgerichts Iserlohn vom 29.11.1984 - 13 a F 57/83 -, rechtskräftig seit dem 11.1.1985, geschieden worden.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte ist von Beruf Warmwalzwerker. Er bezieht ein monatliches Nettoeinkommen von 2.509,10 DM. Dieselbe Arbeitsstelle hatte er auch vor und während der Ehe inne.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin arbeitet - wie bereits vor und während der Ehe - im Evangelischen Krankenhaus xxx in xxx und erzielt dort ein monatliches Nettoeinkommen von 1.311,90 DM. Bis Mai 1985 erzielte sie zusätzliche Einkünfte aus einer Putztätigkeit in Höhe von etwa 110,-- DM monatlich. Weitere Einkünfte erzielte sie auch vor der Ehe mit dem Beklagten nicht; insbesondere erhielt sie keine Unterhaltszahlungen von ihrem ersten Ehemann.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Durch privatschriftliche Erklärung vom 1.6.1982 verpflichtete sich der Beklagte, an die Klägerin monatlich 250,-- DM auf Lebenszeit zu zahlen. Anschließend - am 22. Juni 1982 - schlossen die Parteien einen notariell beurkundeten Vertrag (Nr. 48/82 der Urkundenrolle des Notars xxx in xxx, in dem sich der Beklagte verpflichtete, für die Dauer des Getrenntlebens der Parteien, beginnend mit dem 1. Juli 1982, monatlich 250,-- DM an die Klägerin zu zahlen. </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung von nachehelichem Unterhalt in Anspruch.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Sie hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">den Beklagten zu verurteilen, an sie folgenden Unterhalt zu zahlen:</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">für die Monate Januar und Februar 1985 rückständigen Unterhalt in Höhe von 1.026,18 DM;</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">ab 1.3.1985 eine am Ersten eines jeden Monats im voraus fällige Unterhaltsrente von 513,09 DM.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Er hat die Ansicht vertreten, er sei zu Unterhaltszahlungen nicht verpflichtet, denn die Ehe sei daran gescheitert, daß die Klägerin ehewidrige Beziehungen zu andern Männern aufgenommen habe; ihr Unterhaltsanspruch sei deshalb verwirkt.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat den Zeugen xxx zu der Frage, in welcher Höhe die Klägerin Einkünfte durch die Ausübung einer Putztätigkeit erzielt hat, vernommen. Es hat sodann durch das angefochtene Urteil den Beklagten verurteilt, an die Klägerin folgende Unterhaltsbeträge zu zahlen:</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">für die Monate Januar und Februar 1985 rückständigen Unterhalt von 930,-- DM;</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">für die Zeit vom 1.3.1985 bis 31.5.1985 einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 465,-- DM;</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">c)</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">ab 1.6.1985 eine am Ersten eines jeden Monats im voraus fällige Unterhaltsrente von 513,09 DM.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, die Klage sei im wesentlichen gemäß § 1569, 1573 Abs. 2 BGB begründet. Der Klägerin stehe 3/7 des Differenzbetrages zwischen beiden Einkünften als Unterhalt zu. Die Klägerin habe in der Zeit von Januar bis Mai 1985 unter Berücksichtigung der Einkünfte aus der Putztätigkeit von 110,-- DM monatlich ein monatliches Nettoeinkommen von insgesamt 1.421,90 DM erzielt und in der Zeit ab 1.6.1985 - nach Wegfall dieser Nebeneinkünfte - ein solches von 1.311,90 DM. 3/7 des Differenzbetrages (zu 2.509,10 DM) ergebe die ausgeurteilten Beträge. Der Unterhaltsanspruch sei nicht gemäß § 1579 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 4 (jetzt Nr. 6 BGB) ausgeschlossen. Die Ehe sei nicht von kurzer Dauer gewesen, da zwischen Eheschließung und der Zustellung des Scheidungsantrages mehr als drei Jahre lägen. Das Scheitern der Ehe sei auch nicht darauf zurückzuführen, daß die Klägerin aus der Ehe ausgebrochen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 54 bis 57 d.A.) Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit der Berufung. Er trägt unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens vor, der Unterhaltsanspruch der Klägerin sei verwirkt, und zwar in erster Linie gemäß § 1579 Abs. 1 Nr. 1 BGB, da die Ehe von kurzer Dauer gewesen sei. Im übrigen seien auch die Voraussetzungen des § 1579 Abs. 1 Nr. 6 BGB erfüllt; die Klägerin habe die intakte Ehe der Parteien dadurch zerstört, daß sie Beziehungen zu anderen Männern aufgenommen habe.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Im übrigen sei das Amtsgericht von einem zu geringen Einkommen der Klägerin ausgegangen. Sie könne nämlich ein höheres Einkommen erzielen, wenn sie sich gegen eine Reduzierung der Arbeitszeit von 40 auf 35 Stunden zur Wehr gesetzt hätte. Demgegenüber sei bei ihm von einem geringeren Einkommen auszugehen. Für die Anschaffung eines Pkw am 29.4.1981 habe er einen Kredit in Höhe von 8.500,-- DM aufgenommen, den er nach wie vor in Raten von monatlich 503,-- DM bei der xxx in xxx abtrage. Mehr als monatlich 250,-- DM Unterhalt könne die Klägerin ohnehin nicht verlangen; dies ergebe sich aus den getroffenen Vereinbarungen vom 1. und 22.6.1982.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Schließlich sei der Unterhaltsanspruch der Klägerin gemäß §§ 1578 Abs. 1, Satz 2, 1573 Abs. 5 BGB zeitlich und der Höhe nach zu begrenzen. Nachdem er die zunächst unbeschränkt eingelegte Berufung teilweise zurückgenommen hat, beantragt der Beklagte, </p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">das angefochtene Urteil insoweit abzuändern, wie er verurteilt worden ist, für die Zeit ab einem Jahr nach Rechtskraft des Scheidungsurteils mehr als 250,-- DM und für die Zeit ab drei Jahre nach Rechtskraft des Scheidungsurteils überhaupt Unterhalt zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Sie verteidigt das Urteil des Amtsgerichts und führt insbesondere aus, Gründe für einen Ausschluß ihres Anspruchs nach § 1579 Abs. 1 Nr. 1 oder 6 BGB seien nicht vorhanden. Auch eine Begrenzung ihres Anspruchs nach § 1578 Abs. 1 Satz 2 oder § 1573 Abs. 5 BGB komme nicht in Betracht, denn sie sei in ihrer Gesundheit beeinträchtigt und deshalb nur noch eingeschränkt erwerbsfähig, wie sich aus dem Bescheid des Versorgungsamtes xxx vom 21.05.1986 ergebe.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die von ihm gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe</u></p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Die Berufung des Beklagten ist zulässig und hat in der Sache teilweise Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat an die Klägerin gemäß §§ 1573 Abs. 2, 1569 BGB sogenannten Aufstockungsunterhalt in dem aus dem Tenor dieses Urteils ersichtlichen Umfang zu leisten.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat die vom Beklagten zu zahlenden Beträge von monatlich 465,-- DM (für die Zeit von Januar bis Mai 1985) und von 513,09 DM (für die Zeit ab Juni 1985) zutreffend ermittelt. Auf Seiten der Klägerin ist nicht von einem fiktiven höheren Einkommen auszugehen. Es ist nicht ersichtlich, daß sich die Klägerin mit Erfolg gegen eine Reduzierung ihrer Arbeitsstundenzahl von 40 auf 35 und den damit verbundenen Einkommensrückgang hätte wehren können. Auf Seiten des Beklagten ist vom unterhaltsrechtlich zu berücksichtigenden Einkommen nicht der Betrag von 503,-- DM abzuziehen, den er nach seinen Angaben monatlich an die xxx in xxx zur Abtragung eines Kredits zahlt. Bei ordnungsgemäßer Tilgung wäre der Gesamtkredit in Höhe von 8.500,-- DM, den der Beklagte im April 1981 aufgenommen hat, längst zurückgezahlt.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Der Unterhaltsanspruch der Klägerin ist nicht gemäß § 1579 BGB (teilweise) ausgeschlossen.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat nicht substantiiert vorgetragen, daß der Klägerin ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihr liegendes Fehlverhalten ihm gegenüber zur Last fällt (§ 1579 Mr. 6 BGB). Die Aufnahme ehewidriger Beziehungen führt im übrigen noch nicht zur Verwirkung des Unterhaltsanspruchs; lediglich das einseitige mutwillige Ausscheiden aus einer intakten Ehe durch Zuwendung zu einem anderen Partner kann im Einzelfall zur Anwendung der Härteklausel führen (vgl. BGH FamRZ 1983, 564, 571). Hierzu fehlt es an näheren Darlegungen.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Der Unterhaltsanspruch der Klägerin ist auch nicht gemäß § 1579 Nr. 1 BGB ausgeschlossen; die Inanspruchnahme des Beklagten ist nicht wegen kurzer Ehedauer grob unbillig. Angesichts einer Ehedauer von mehr als 3 1/4 Jahren kann grundsätzlich nicht mehr von einer Ehe von kurzer Dauer gesprochen werden (Urteil des Senats vom 16.12.1983 - 5 UF 478/82 - FamHZ 84, 903). Darauf, daß die Parteien zeitweise getrennt gelebt haben, kommt es nicht an. Zwar mag im Einzelfall auf Grund besonderer Umstände auch eine Ehedauer von mehr als 3 Jahren noch als kurz angesehen werden können (vgl. OLG Köln FamRZ 85, 1046). Dann müssen indes besondere Umstände vorliegen, die die Inanspruchnahme des Unterhaltspflichtigen gleichwohl als grob unbillig erscheinen lassen. Daß die Ehepartner ihre Lebensdispositionen in der Ehe nicht wesentlich aufeinander eingestellt haben und keine wechselseitigen Abhängigkeiten eingegangen sind, spricht dagegen (s. hierzu auch unten).</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Der Unterhalt der Klägerin war indes in dem aus dem Tenor dieses Urteils ersichtlichen Umfang zu begrenzen. Die Voraussetzungen der §§ 1578 Abs. 1 Satz 2, 1573 Abs. 5 BGB, die nach Inkrafttreten des Unterhaltsänderungsgesetzes vom 22. Februar 1986 (BGBl. I S. 301) eine Beschränkung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs zulassen, sind erfüllt. Ein zeitlich unbegrenzter und in der Höhe unbeschränkter Unterhaltsanspruch der Klägerin wäre unbillig.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin ist weder durch eheliche Nachwirkung noch durch ehebedingt erlittene berufliche Nachteile an der Fortführung einer angemessenen Erwerbstätigkeit gehindert. Ebenso wie der Beklagte war die Klägerin vor und während der Ehe und nach der Ehe berufstätig; sie arbeitet auch weiterhin. Während des gesamten Zeitraums hat sie weder den Arbeitgeber gewechselt noch hat sich ihre berufliche Position verändert. Daß sie seit Anfang 1984 statt 40 nur noch 35 Stunden in der Woche arbeitet, ist bedingt durch die Verhältnisse bei ihrem Arbeitgeber, dem Evangelischen Krankenhaus xxx in xxx; keineswegs hat sie ihre Arbeitstätigkeit mit Rücksicht auf die Ehe mit dem Beklagten eingeschränkt.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Die Parteien haben auch im übrigen ihre Lebensdispositionen in der Ehe kaum auf den Partner eingestellt. Mit Ausnahme einer Kreditaufnahme sind keine gemeinsamen Verpflichtungen eingegangen worden; gemeinsame Anschaffungen oder sonstigen Vermögensdispositionen sind nicht gemacht worden. Kinder sind ohnehin nicht aus der Ehe hervorgegangen.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Zwar mag die Klägerin einen Unterhaltsanspruch gegen ihren ersten Ehemann dadurch, daß sie den Beklagten geheiratet hat, verloren haben (§§ 1586 Abs. 1 BGB, 67 EheG). Auch hierin liegt indes kein ehebedingter Nachteil, denn tatsächlich hat sie auch vor der Eheschließung mit dem Beklagten keine Unterhaltszahlungen von ihrem früheren Ehemann erhalten.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Daß ihr Erwerbsfähigkeit laut Bescheid des Versorgungsamts xxx vom 21.05.1986 um 30% gemindert ist, ist ebenfalls nicht ehebedingt; in Anbetracht des vorgerückten Alters beider Parteien stellen gesundheitliche Beeinträchtigungen der von der Klägerin aufgeführten Art, die im wesentlich als altersbedingt anzusehen sind, ohnehin keine Besonderheit dar. Zwar kann im Einzelfall etwa der schlechte Gesundheitszustand des Unterhaltsberechtigten auch ohne kausale Verknüpfung mit der Ehe im Rahmen der zutreffenden Billigkeitsabwägung dafür sprechen, von der Unterhaltsbegrenzung abzusehen (Diederichsen NJW 86, 1283, 1287; Hahne FamRZ 86, 305, 308) und dem Gesichtspunkt der nachwirkenden Mitverantwortung der geschiedenen Ehegatten den Vorrang einzuräumen. Wie ausgeführt, sind die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin jedoch keineswegs gravierend. Insbesondere ist nicht ersichtlich, daß die Gefahr bestehen könnte, daß die Klägerin etwa in absehbarer Zeit ihre derzeitige Tätigkeit nicht mehr oder nicht mehr in dem derzeitigen Umfang ausüben könnte.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Als wesentlich tritt schließlich hinzu, daß die Ehe der Parteien von relativ kurzer Dauer war; sie hat nur drei Jahre, drei Monate und 2 Wochen vom Tage der Eheschließung bis zum - auch hier maßgeblichen (Hahne FamRZ 86, 305, 306) - Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags gedauert; aus dem Wortlaut der Vorschriften (§§ 1573 Abs. 5 Satz 1, 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB) folgt, daß bei der Billigkeitsabwägung die Ehedauer von maßgeblicher Bedeutung ist.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Unter diesen Umständen wäre es deshalb unangemessen, einen Ehegatten - hier die Klägerin -, der in seinem beruflichen Fortkommen durch die Ehe nicht benachteiligt wurde, selbst dann zu begünstigen, wenn die Ehe nicht lange gedauert hat. Jedenfalls dann, wenn die Ehe - wie hier - deutlich kürzer als 10 Jahre gewährt hat, ist es gerechtfertigt, den Anspruch auf Unterhalt zu begrenzen, ohne daß es hier im einzelnen einer Bestimmung der Dauer der Ehe, bei der eine Anwendung der genannten Vorschriften in Betracht kommt, bedarf. Jedenfalls dann, wenn eine kurze Ehe im Sinne des § 1579 Abs. 1 Nr. 1 BGB vorgelegen hat oder wenn die Ehedauer - wie hier - nicht wesentlich über den von § 1579 Nr. 1 BGB erfaßten Zeitraum hinausgegangen ist, wäre eine zeitlich unbegrenzte Lebensstandardgarantie in der Regel unbillig.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Der Senat hält es für gerechtfertigt, in Anwendung beider Vorschriften den Aufstockungsunterhalt zunächst für eine Übergangszeit bis Ende März 1986 unbeschränkt zu lassen (also für 15 Monate), den Anspruch sodann für die Zeit ab 1. April 1986 auf monatlich 250,-- DM zu beschränken und schließlich auf die Zeit bis Ende 1988 (also für die Zeit von etwa vier Jahren nach Scheidung der Ehe) zu begrenzen, so daß die Klägerin ab Januar 1989 keinen Unterhaltsanspruch mehr gegen den Beklagten hat.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Eine Begrenzung des Unterhaltsanspruchs schon für einen vor dem 1. April 1986 liegenden Zeitraum scheidet im Hinblick auf Artikel 6 Nr. 1 des Unterhaltsänderungsgesetzes aus. Der Senat hält es für der Billigkeit entsprechend, daß der Beklagte den ungekürzten Unterhalt bis zu dem Zeitpunkt weiterzahlt, zu dem die Gesetzesänderung in Kraft getreten ist. Wäre nämlich über den Anspruch der Klägerin bereits rechtskräftig entschieden, könnte sich der Beklagte auf Umstände, die vor dem Inkrafttreten des Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes entstanden sind, nur berufen, wenn die Aufrechterhaltung des Titels für ihn unzumutbar wäre, was nicht der Fall ist, er hätte deshalb den ungekürzten Unterhalt auf Dauer zu zahlen. Es entspricht deshalb der Billigkeit, daß er den ungekürzten Unterhalt bis zur Rechtsänderung zahlt, denn ohne diese hätte seine Berufung insgesamt keinen Erfolg gehabt.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">In Anbetracht der kurzen Ehedauer, die nicht wesentlich über die einer kurzen Ehe im Sinne des § 1579 Nr. 1 BGB hinausgeht, hält der Senat eine längere "Schonfrist" als den Zeitraum von ca. 15 Monaten (von Januar 1985 bis März 1986), in dem der Unterhalt noch nach den ehelichen Lebensverhältnissen geschuldet wird, andererseits nicht für vertretbar. Innerhalb dieses Zeitraums hatte die Klägerin ausreichend Gelegenheit, sich auf die Herabsetzung des Unterhalts einzustellen.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Für die sich darin anschließende Zeit bis Ende 1988, also für die folgenden 2 3/4 Jahre, hat der Senat den Unterhalt der Klägerin auf monatlich 250,-- DM gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB gesenkt. Der Senat hält es für gerechtfertigt, daß die Klägerin während dieses Zeitraums nur über ein monatliches Einkommen (einschließlich der genannten 250,-- DM) verfügt, das in etwa ihren vorehelichen Lebensstandard entspricht; bei der Beantwortung der Frage, wie der angemessene Lebensstandard im Sinne des § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB zu bestimmen ist, wird in erster Linie darauf abzustellen sein, welchen Lebensstandard der Unterhaltsberechtigte kurz vor Eingehung der Ehe hatte (Diederichsen a.a.O. Seite 1288; Hahne a.a.O. Seite 309). Die Beklagte erzielte seinerzeit ein - relativ - höheres Einkommen als derzeit, da sie noch 40 statt jetzt 35 Stunden wöchentlich arbeitete und nebenher einer Putztätigkeit nachging. Der Senat schätzt ihr Einkommen gemäß § 287 ZPO - bezogen auf heutige Verhältnisse - auf etwa 1.550,-- bis 1.600,-- DM. Dies entspricht einem Mehrbetrag in etwa der Höhe der genannten 250,-- DM. Die Zubilligung eines Unterhaltsbeitrages von 250,-- DM erscheint darüber hinaus auch deshalb als angemessen, weil die Parteien selbst in zwei Vereinbarungen diesen Betrag als vom Beklagten zu zahlenden Unterhalt bestimmt haben; die Parteien sind folglich selbst davon ausgegangen, daß es der Billigkeit entspricht, wenn der Beklagte diesen Betrag - jedenfalls noch für einen gewissen Zeitraum - an die Klägerin zahlt.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Der Senat hält es schließlich für geboten, den Unterhaltsanspruch der Klägerin auf insgesamt vier Jahre, also bis zum 31.12.1988, zu begrenzen.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Maßgebend für die Bemessung dieses Zeitraums ist in erster Linie die relativ kurze Ehedauer. Dieses Kriterium ist in § 1573 Abs. 5 Satz 1 BGB - wie auch in § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB - besonders hervorgehoben, hat also bei der Bemessung im Vordergrund zu stehen. Zwar findet keine Anknüpfung an die Ehedauer in der Weise statt, daß die Befristung des Unterhaltszeitraums der Anzahl der Ehejahre zu entsprechen hat; hat die Ehe jedoch - wie hier - nur etwa drei Jahre gedauert, so daß fast noch von einer kurzen Ehe im Sinne des § 1579 Nr. 1 BGB gesprochen werden kann, so erscheint es gerechtfertigt, daß die Zeit, in der Unterhalt zu zahlen ist, jedenfalls nicht wesentlich länger andauert, als die Ehe selbst gewährt hat. Bei relativ kurzer Ehe fällt es dem Berechtigten in aller Regel leichter, sich auf die geänderte - der vorehelichen gleichenden - Situation einzustellen. Dies gilt im vorliegenden Fall besonders, da die Klägerin erwerbstätig geblieben ist. Für den Beklagten wäre die zeitlich unbegrenzte Zahlung angesichts seines kaum durchschnittlichen Einkommens eine erhebliche Härte.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Auf der anderen Seite wäre eine darüber hinaus gehende Abkürzung des Unterhaltszeitraums nicht angezeigt. In Anbetracht des bereits fortgeschrittenen Alters der Klägerin sind ihre Möglichkeiten, etwa durch einen Wechsel des Arbeitsplatzes und/oder Wiederaufnahme einer Nebentätigkeit den Einkommensrückgang zu kompensieren, nicht als sonderlich günstig einzuschätzen.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Daß sich der Beklagte in der Erklärung vom 01.06.1982 verpflichtet hat, auf Lebenszeit an die Klägerin monatlich 250,-- DM zu zahlen, steht der Befristung nicht entgegen. Durch den nachfolgenden notariell beurkundeten Vertrag ist die vorausgegangene Vereinbarung insgesamt aufgehoben worden. Der Notar hat darauf hingewiesen, daß nur eine Regelung bezüglich des Trennungsunterhalts getroffen werden sollte; demensprechend ist der Vertrag abgefaßt worden. Daraus folgt, daß die Parteien hinsichtlich des nachehelichen Unterhalts keine Regelung mehr treffen wollten. Das haben sie doch übereinstimmend vor dem Senat so erklärt. Auf den Vermerk des Berichterstatters wird Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat die Revision zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, § 546 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 i.V.m. § 621 d Abs. 1 ZPO.</p>
|
315,621 | olgd-1985-06-20-i-6-u-1585 | {
"id": 820,
"name": "Oberlandesgericht Düsseldorf",
"slug": "olgd",
"city": null,
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} | I-6 U 15/85 | "1985-06-20T00:00:00" | "2019-03-13T15:09:24" | "2019-03-27T09:42:39" | Urteil | ECLI:DE:OLGD:1985:0620.I6U15.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Auf die Berufung des Klägers wird das am 19.12.1984 verkündete Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt:</p>
<p></p>
<p>Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 9.084,80 DM nebst 4 % Zin-sen von 1.277,10 DM seit dem 09.05.1984 und von 7.807,70 DM seit dem 30.03.1985 zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Es wird festgestellt, daß der Beklagten aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Darlehensvertrag A-3000 630/8 vom 3. April 1978 ge-genüber dem Kläger lediglich Rückzahlungsansprüche in Höhe von 27.000 DM zugestanden haben.</p>
<p></p>
<p>Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Von den Kosten des ersten Rechtszuges tragen der Kläger 1/18 und die Beklagte 17/18.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des zweiten Rechtszuges werden dem Kläger zu 1/22 und der Beklagten zu 21/22 auferlegt.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Si-cherheitsleistung in Höhe von 18.000 DM abzuwenden, falls nicht der Kläger vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leis-tet.</p>
<p></p>
<p>Die Sicherheiten können auch durch selbstschuldnerische Bürgschaften einer im Bundesgebiet ansässigen deutschen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse erbracht werden.</p>
<p></p>
<p>Die Revision wird zugelassen.</p>
<p></p>
<p>Die Beschwer beträgt für den Kläger 1.277,10 DM und für die Beklagte 27.564,80 DM.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><span style="text-decoration:underline;">T a t b e s t a n d</span></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger - von Beruf Postbote bei der Bundespost im Beamtenverhältnis - schloß mit der Beklagten am 03.04.1978 einen Darlehensvertrag zu folgenden Konditionen:</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">
Nettodarlehenssumme 27.000 DM
Vermittlungsgebühr 908 DM
Restschuldversicherungsprämie <span style="text-decoration:underline;"> 505 DM
</span>Antragssumme 28.413 DM
Kreditgebühr 0,70 % pro Monat für die Lauf-
zeit von 120 Monaten 23.867 DM
2 % Bearbeitungsgebühr 570 DM
Antragsgebühr <span style="text-decoration:underline;"> 12 DM
</span>Gesamtschuld 52.862 DM.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der effektive Jahreszins wurde mit 18,28 % p. a. angegeben.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Auf das in 120 Monatsraten rückzahlbare Darlehen zahlte der Kläger bis einschließlich Dezember 1984 34.382 DM.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Auf die gleichzeitig abgeschlossene Restschuldversicherung bei der C. Lebensversicherung mit einer Laufzeit von 10 Jahren und einer jährlichen Prämie von 425,70 DM leistete der Beklagte bisher Prämienzahlungen von insgesamt 2.554,20 DM.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Rechte aus dieser Risikolebensversicherung sowie den pfändbaren Teil seiner Dienstbezüge trat der Kläger an die Beklagte ab.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Wegen der Darlehensbedingungen im übrigen wird auf den Darlehensvertrag und die Zusatzerklärung für Beamtenkredite vom 03.04.1978 Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat geltend gemacht:</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Darlehensvertrag sei wegen eines überhöhten Vertragszinses in Verbindung mit unangemessen belastenden Vertragsbedingungen sittenwidrig. Deshalb schulde er nur die Nettokreditsumme zuzüglich 4 % Zinsen für die Zeit vom 01.05.1978 bis 30.04.1984.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat entsprechende Feststellung begehrt (Antrag zu 1).</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Außerdem habe er Anspruch darauf, daß die Beklagte die an sie abgetretene Risikolebensversicherung kündige und ihm zudem die Hälfte der geleisteten Lebensversicherungsprämien zurückerstatte.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat deshalb ferner begehrt, die Beklagte zur Kündigung des Lebensversicherungsvertrages (Antrag zu 2) sowie zur Zahlung von 1.277,10 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 09.05.1984 (Antrag zu 3) zu verurteilen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat um Klageabweisung gebeten.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Sie hat die Auffassung vertreten, eine Vergleichsrechnung nach der Annuitäten-Methode ergebe kein auffälliges Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung. Außerdem könne der von der Deutschen Bundesbank mitgeteilte Schwerpunktzins nicht als Vergleichsmaßstab herangezogen werden, weil sie mit dem streitigen Beamtendarlehen einen Sondermarkt bediene. Auch ihre Darlehensbedingungen seien nicht unangemessen belastend.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Durch Urteil vom 19.12.1984 hat das Landgericht dem Feststellungsantrag des Klägers stattgegeben und die Klage im übrigen abgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Hiergegen wenden sich beide Parteien mit ihren form- und fristgemäß eingelegten sowie rechtzeitig begründeten Berufungen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Der Kläger erweitert seine Klage, indem er Zahlung weiterer 7.382 DM nebst 4 % Zinsen seit Zustellung der Berufungsbegründung sowie eine Abänderung des Feststellungsausspruchs dahingehend begehrt, daß der Beklagten über den Nettokreditbetrag hinaus keine 4 % Zinsen seit dem 01.05.1978 zustehen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Seinen ursprünglichen Antrag zu 2 auf Kündigung der an die Beklagten abgetretenen Lebensversicherung verfolgt der Kläger uneingeschränkt weiter.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Seinen ursprünglichen Antrag zu 3 auf Erstattung der Hälfte der von ihm geleisteten Versicherungsprämien erweitert der Kläger um einen Betrag von 425,70 DM und verlangt nunmehr Zahlung von 1.702,80 DM.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Der Kläger macht geltend:
Die Beklagte habe wegen der Nichtigkeit des Darlehensvertrages nur Anspruch auf Rückzahlung der Nettokreditsumme von 27.000 DM ohne Zinsen. Da er bis einschließlich Dezember 1984 insgesamt 34.382 DM an die Beklagte gezahlt habe, könne er 7.382 DM zurückfordern.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte habe ein berechtigtes Interesse an der Restschuldversicherung nur bis zur Rückzahlung des Nettokreditbetrages von 27.000 DM. Dieser Betrag sei im Sommer 1983 zurückgezahlt gewesen. Danach habe die Beklagte die Versicherung kündigen müssen, so daß die Prämienzahlungen mit Ablauf der Versicherungsperiode zum 31.03.1984 beendet gewesen seien. Der Rückforderungsanspruch errechne sich demnach aus der Hälfte der Beiträge für die Zeit von April 1978 bis März 1984 in Höhe von 1.277,10 DM (2.554,20 DM : 2) zuzüglich der für das Versicherungsjahr 1984/1985 entrichteten Prämie von 425,70 DM.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">
unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">
<span style="text-decoration:underline;">1.
</span>die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.382 DM nebst 4 % Zinsen seit Zustellung der Berufungsbegründung zu zahlen;</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px"><span style="text-decoration:underline;">2.
</span>den Feststellungsausspruch des landgerichtlichen Urteils dahingehend zu fassen, daß der Zusatz:
"...nebst 4 % Zinsen seit dem 1. Mai 1978 ...", entfällt;</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px"><span style="text-decoration:underline;">3.</span></p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Beklagte zu verurteilen, den an sie abgetretenen Versicherungsvertrag zwischen dem Kläger und der C. Lebensversicherungs-AG, ....,</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">Vers.Nr...... mit sofortiger Wirkung zu kündigen;</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px"><span style="text-decoration:underline;">4.</span></p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Beklagte ferner zu verurteilen, an ihn 1.702,80 DM nebst 4 % Zinsen von 1.277,10 DM seit dem 9. Mai 1984 und von 425,70 DM seit Zustellung der Berufungsbegründung zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks"> das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 19.02.1984 abzuändern
und die Klage insgesamt abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">
Die Beklagte wiederholt und ergänzt ihr erstinstanzliches Vorbringen.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Beide Parteien beantragen zudem wechselseitig, die Berufung der Gegenseite zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze nebst den überreichten Unterlagen Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline;"> <b>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e</b></span></p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline;">
</span>Die Berufungen beider Parteien sind zulässig. Jedoch hat nur das Rechtsmittel des Klägers überwiegend Erfolg. Sein Rechtsmittel ist nur insoweit unbegründet, als er die Verurteilung der Beklagten begehrt, den Lebensversicherungsvertrag bei der C. Lebensversicherung zu kündigen. Insoweit hat das Landgericht die Klage zu Recht abgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline;">1.
</span>Die Zulässigkeit des Feststellungsantrages hat das Landgericht zutreffend bejaht (§ 256 ZPO). Die in zweiter Instanz gemäß dem Antrag zu 2 begehrte Feststellung ist in dem erweiterten Umfang, nämlich ohne 4 % Zinsen von 27.000 DM seit dem 01.05.1978, weiterhin als Zwischenfeststellungsantrag zulässig. Denn der Kläger hat ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, daß der Beklagten über den Nettokreditbetrag von 27.000 DM hinaus keine weitere Forderung zusteht. Die Beklagte berühmt sich einer Gesamtforderung aus Darlehen von 52.862 DM, worauf der Kläger bereits 34.382 DM gezahlt hat. Auch wenn mit dem Zahlungsantrag zu 1) incidenter entschieden wird, daß der Beklagten die restlichen 18.480 DM nicht zustehen, erwächst dies nicht in Rechtskraft, wenn der Kläger nur den Zahlungsantrag zu 1) zur Entscheidung stellt.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Der Antrag des Klägers auf Rückzahlung von 7.382 DM, die er über die Nettokreditsumme von 27.000 DM hinaus an die Beklagte gezahlt hat, ist begründet. Desgleichen ist der Feststellungsantrag begründet, daß die Beklagte nur Anspruch auf Rückzahlung der Darlehensvaluta ohne Zinsen hat, ihr also
über den gezahlten Betrag von 34.382 DM hinaus keine weiteren 18.480 DM zustehen.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Der Rückzahlungsanspruch beruht auf ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Beklagte hat die Zahlungen, welche über den Nettokreditbetrag von 27.000 DM hinausgehen, ohne rechtlichen Grund erhalten, weil der zwischen den Parteien abgeschlossene Darlehensvertrag gemäß § 138 Abs. 1 BGB wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig ist.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat die Sittenwidrigkeit und Nichtigkeit des Darlehnsvertrages unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zutreffend bejaht. Nach inzwischen ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, welcher der Senat folgt, ist ein Darlehensvertrag wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig, wenn zwischen den Leistungen des Darlehensgebers und den durch einseitige Vertragsgestaltung festgelegten Gegenleistungen des Darlehensnehmers ein auffälliges Mißverhältnis besteht und der Darlehensgeber die wirtschaftlich schwächere Lage des Darlehensnehmers und dessen daraus folgende Unterlegenheit bei der Festlegung der Darlehensbedingungen bewußt zu seinem Vorteil ausnutzt.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Dem steht es gleich, wenn sich der Darlehensgeber als objektiv sittenwidrig Handelnder zumindest leichtfertig der Einsicht verschließt, daß sich der Darlehensnehmer nur aufgrund seiner wirtschaftlich schwächeren Lage auf die ihn beschwerenden Darlehensbedingungen einläßt. Ob diese Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit vorliegen, ist anhand des Inhaltes und des Zweckes des Darlehensgeschäftes und der gesamten sonstigen Umstände zusammenfassend zu würdigen. Für diese Gesamtwürdigung sind die vertraglich festgelegten Leistungen und Gegenleistungen sowie die sonstigen vertraglichen Regelungen, auch die der allgemeinen Geschäftsbedingungen des Darlehensgebers, heranzuziehen. Besonderes Gewicht kommt dabei dem Verhältnis zwischen der Belastung des Kreditnehmers und der Gegenleistung des Kreditgebers, die in der Übertragung der Kapitalnutzungsmöglichkeit auf Zeit liegt, zu (vgl. BGH WM 81, 353; 82, 919; 82, 929; 82, 1021; 82, 1023; 83, 115; und 83, 951). Ergibt sich danach ein objektiv auffälliges Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung, werden die subjektiven Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit auf Seiten des Darlehensgebers vermutet mit der Folge, daß dieser sich insoweit entlasten muß (BGH WM 84, 1046, 1048).</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Bei der in erster Linie vorzunehmenden Prüfung, ob zwischen Leistung und Gegenleistung ein auffälliges Mißverhältnis besteht, ist die effektive Gesamtbelastung des Darlehensnehmers unter Zugrundelegung des Vertragszinses mit der effektiven Gesamtbelastung unter Zugrundelegung des marktüblichen Zinses zu vergleichen. Hierbei kann der in den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank ausgewiesene Schwerpunktzins als Vergleichsmaßstab herangezogen werden. Dies hat der Bundesgerichtshof in nunmehr ständiger Rechtsprechung anerkannt. Grundsätzliche Bedenken gegen die Aussagekraft der von der Deutschen Bundesbank herausgegebenen Zinsstatistik lassen sich weder daraus herleiten, daß diese Statistik sich nur auf Kredite bis zu 5.000 DM mit einer Laufzeit bis zu 24 Monaten beschränkt, noch damit begründen, daß sie wesentlich durch die Meldungen der Universalbanken und Sparkassen bestimmt wird. Zwar unterscheiden sich diese Institute in ihrer Kosten- und Risikostruktur von den Teilzahlungskreditbanken, zu denen die Klägerin gehört. Diese Unterschiede begründen aber keinen Sondermarkt, sondern sind nur bei der Würdigung zu berücksichtigen, wann im Einzelfall bei einer Teilzahlungsbank ein Überschreiten des Schwerpunktzinses zu einem groben Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung führt (vgl. BGH WM 1982, 1023, 1024).</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">In seinen bisherigen Entscheidungen hat der BGH den von der Deutschen Bundesbank mitgeteilten Schwerpunktzins als Vergleichsmaßstab auch bei einem Ratenkredit mit einer Laufzeit von 60 Monaten herangezogen (BGH WM 82, 1021), ferner bei Nettokreditbeträgen bis über 44.000 DM (BGH WM 84, 1046, 1048). Dies zeigt, daß der BGH die Monatsberichte der Deutschen Bundesbank zur Ermittlung des Vergleichswertes auch dann zum Maßstab nimmt, wenn der Nettokreditbetrag ein Mehrfaches von 5.000 DM beträgt und die Laufzeit deutlich über 24 Monate liegt. Dies ist auch gerechtfertigt; denn es geht um einen allgemeinen Marktvergleich, nicht aber um einen Vergleich von bestimmten Gruppen von Ratenkrediten. Ein Sondermarkt für Teilzahlungskreditbanken ist generell nicht anzuerkennen (BGH WM 83, 115), weil anderenfalls die vergleichbaren Belastungen, die Ratenkreditnehmer zu tragen haben, nicht zuverlässig festgestellt werden könnten.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Ebensowenig kann aber ein Sondermarkt "Spezialdarlehn mit 10-jähriger Laufzeit für die Festbesoldete im öffentlichen Dienst" anerkannt werden. Die Beklagte behauptet selbst nicht, sie habe andere Ratenkredite als diese "Spezialdarlehn" zu niedrigen monatlichen Kreditgebühren gewährt. Hierfür bestehen auch keine Anhaltspunkte. Deshalb ist davon auszugehen, daß der dem Kläger gewährte Ratenkredit genauso formularmäßig behandelt wurde wie andere Ratenkredite. Dies zeigt gerade die Zusatzerklärung zum Kreditvertrag (Bl. 63 GA.), die in Nr. 1 den vereinbarten Zinssatz bei dem 120-monatigen Beamtenkredit nur für die erste Hälfte der Gesamtlaufzeit, also für 5 Jahre garantiert. Danach sollten Erhöhungen des Vertragszinses durch die Beklagte bei Änderungen der Refinanzierungskosten oder des Diskontsatzes möglich sein. Diese Zusatzvereinbarung regelt als nicht etwas Spezielles für den Zinssatz selbst sondern nur für dessen Veränderbarkeit. Wenn die Beklagte aber für den dem Kläger gewährten Ratenkredit dieselben Kreditgebühren verlangte und vereinbarte wie für jeden anderen Ratenkredit mit einem erheblich geringeren Nettokreditbetrag und erheblich geringerer Laufzeit, dann muß sie es sich gefallen lassen, daß auch dieser Kredit mit denjenigen Krediten verglichen wird, die die Grundlage für den Schwerpunktzins in den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank bilden.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Zudem weist das Landgericht auf Seite 14 des angefochtenen Urteils zutreffend darauf hin, daß der Darlehenszins nur für eine Laufzeit von 60 Monaten festgeschrieben worden ist und danach Anpassungen seitens der Beklagten möglich sein sollten, so daß auch nur ein Zeitabschnitt von 60 Monaten zu-</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">grundezulegen ist, wenn es um die Frage der Vergleichbarkeit des Vertragszinses mit dem Vergleichszins der Deutschen Bundesbank geht. Wie bereits erwähnt hat der BGH auch bei einem Ratenkredit mit einer Laufzeit von 60 Monaten den von der Deutschen Bundesbank mitgeteilten Schwerpunktzins als Vergleichsmaßstab herangezogen. </p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, sie habe den Kredit in
einer Niedrigzinsphase gewährt und deshalb berücksichtigen müssen, daß das Zinsniveau künftig wieder steigen würde.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Es kommt nicht darauf an, daß und aus welchen Gründen die Beklagte die Anfang 1978 herrschende Niedrigzinsphase bei dem vorliegenden Ratenkredit nicht berücksichtigen konnte oder wollte. Für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit sind die Wertvorstellungen im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses maßgebend (BGH WM 83, 951). Die Entwicklung der Zinsphasen spiegelt sich in den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank wider. Wenn die Klägerin sich dieser Marktsituation nicht anpaßte, vereinbarte sie Zinsen (Kreditgebühren), die über dem marktüblichen Niveau lagen. Ob dieses Niveau dadurch zustande kam, daß die Universalbanken und -sparkassen Ratenkredite zu nicht kostendeckenden Zinsen anboten, kann dahinstehen, weil es in dem hier zu beurteilenden Zusammenhang nur darauf ankommt, wie sich der Ratenkreditmarkt tatsächlich den Ratenkreditsuchenden darstellte. Im übrigen hat die Beklagte auch nicht in nachvollziehbarer Weise dargelegt, wie sie nach einer im April 1978 schon etwa 3 Jahre andauernden Niedrigzinsphase voraussehen konnte, daß diese etwa 1 1/2 Jahre später enden und etwa 2 Jahre später in eine Hochzinsphase umschlagen würde.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte wird auch nicht in ihren Grundrechten verletzt, wenn der Ratenkreditvertrag von April 1978 an Wertvorstellungen gemessen wird, die die Rechtsprechung erst später für diese zurückliegende Zeit feststellt (Bundesverfassungsgericht NJW 84, 2345).</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Somit ist nicht zu beanstanden, daß das Landgericht seiner Vergleichsrechnung, ob zwischen der effektiven Belastung aufgrund des vertraglich vereinbarten Zinses (sogenannter Vertragszins) und der effektiven Belastung aufgrund der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses marktüblichen Zinsen (sogenannter Marktzins) ein auffälliges Mißverhältnis besteht, den für den Monat April 1978 in den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank ausgewiesenen Schwerpunktzins von 0,31 % (Streubreite 0,28 - 0,60 %) je Monat zugrundegelegt ist.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Ferner ist nicht zu beanstanden, daß das Landgericht bei seiner Vergleichsrechnung weder die Restschuldversicherungsprämien noch die Kreditvermittlerkosten berücksichtigt hat. Zwar hat der Bundesgerichtshof wiederholt entschieden, daß ein Kredit mit Restschuldversicherung, wie er vorliegend gewährt worden ist, mit Krediten ohne Restschuldversicherung, wie sie in den Markberichten der Deutschen Bundesbank erfaßt sind, nur in der Weise verglichen werden kann, daß entweder die anrechenbare Restschuldversicherungsprämie bei dem zu überprüfenden Kredit abgesetzt oder bei dem Marktzins zugeschlagen wird (BGH WM 1981, 353 und WM 1982, 922). In der zuletzt zitierten Entscheidung hat der BGH jedoch ferner ausgesprochen, daß ein Ratenkreditvertrag, bei dem ohne Berücksichtigung der Restschuldversicherung ein auffälliges Mißverständnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht, im Rahmen des § 138 Abs. 1 BGB nicht milder beurteilt werden kann, wenn sich unter Einschluß der Restschuldversicherung ein für den Kreditgeber günstigeres Leistungsverhältnis ergibt. Deshalb kann der Vergleich der vereinbarten Belastung des Klägers mit der marktüblichen Belastung unter Außerachtlassung der Restschuldversicherung erfolgen.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Die Kreditvermittlerkosten sind in aller Regel nicht in gleicher Weise wie die Restschuldversicherungskosten zu behandeln. In aller Regel liegt die Einschaltung eines Kreditvermittlers im weitaus überwiegenden Interesse der darlehensgewährenden Bank (BGH WM 1981, 356; Olshausen NJS 1982, 909, 910, 912 zu II und V). Der erkennende Senat hat sich in seinen nicht veröffentlichten Entscheidungen 6 U 145/82, 6 U 133/82 und 6 U 13/82 jeweils auf den Standpunkt gestellt, daß die Kosten des Kreditvermittlers bei einem Marktvergleich voll zu Lasten der darlehensgewährenden Bank zu berücksichtigen sind, wenn nicht ersichtlich ist, daß dessen Tätigkeit ausnahmsweise nicht überwiegend im Interesse der Bank lag. Im vorliegenden Fall ergibt sich weder aus dem Parteivortrag noch aus den unstreitigen Umständen, daß der eingeschaltete Kreditvermittler überwiegend im Interesse des Klägers tätig geworden ist.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Im übrigen kann für die Kreditvermittlerkosten im Ergebnis nichts anderes gelten als für die Kosten einer Restschuldversicherung. Ergibt sich bei der Vergleichsrechnung bereits ohne Berücksichtigung der Kreditvermittlerkosten ein auffälliges Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung, kann der Ratenkreditvertrag im Rahmen des § 138 Abs. 1 BGB nicht milder beurteilt werden, wenn sich unter Einschluß der Kreditvermittlerkosten sowohl bei dem Vertragszins als auch bei dem Marktzins ein für den Kreditgeber günstigeres Leistungsverhältnis ergibt. </p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Letztlich aber kann dahinstehen, ob die Kosten der Kreditvermittlung außer Betracht bleiben können oder ob sie bei der Vergleichsberechnung sowohl zu Lasten der darlehensgewährenden Bank als auch zu Lasten des Darlehensnehmers zu berücksichtigen sind. Denn auch wenn man auf beiden Seiten die Kreditvermittlerkosten berücksichtigt, ergibt sich ein auffälliges Mißverhältnis zwischen der vertraglich vereinbarten Belastung und der marktüblichen Belastung, wie nachstehend näher ausgeführt werden wird.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Zutreffend hat es das Landgericht dahinstehen lassen, ob die Vergleichsrechnung nach der sogenannten Uniformmethode oder nach der bei längerfristigen Darlehen genaueren sogenannten Annuitäten-Methode vorzunehmen ist. Da der vorliegend zu beurteilende Ratenkredit mit 120 Monaten Laufzeit längerfristig ist, dürfte der finanzmathematischen Annuitäten-Methode wegen ihrer größeren Genauigkeit der Vorzug zu geben sein. Letztlich braucht dies jedoch nicht entschieden zu werden, denn nach beiden Berechnungsformeln ergibt sich ein auffälliges Mißverhältnis zwischen der vereinbarten Belastung und der marktüblichen Belastung, und zwar auch dann, wenn die Kreditvermittlerkosten zugunsten der Beklagten berücksichtigt werden.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Nach der Uniform-Methode berechnet sich die effektive Belastung des Klägers aufgrund des Vertragszinses unter Einbeziehung der Kreditvermittlerkosten wie folgt:</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline;">2400 x Kreditkosten</span>
(Laufzeit + 1) x Nettokreditsumme =</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline;">2400 x (23.867 DM + 570 DM + 12 DM + 908 DM)</span> = 18,63 %
(120 + 1) x 27.000 DM</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Die effektive Belastung des Klägers unter Zugrundelegung des Schwerpunktzinssatzes von 0,31 % je Monat errechnet sich wie folgt:</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Nettokredit 27.000 DM
0,31 % je Monat für 120 Monate 10.044 DM
2 % Bearbeitungsgebühr 570 DM
Kreditvermittlerkosten <span style="text-decoration:underline;"> 908 DM</span>
38.522 DM.</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Die Gesamtbelastung hätte dann 11.522 DM betragen. Nach der vorgenannten Formel der Uniform-Methode hätte sich daraus eine effektive Gesamtbelastung von</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline;">2400 x 11.522</span> = 8,46 %
(12 + 1) x 27.000 DM</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">ergeben.</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Nach der Uniform-Methode übersteigt somit die vereinbarte Belastung einschließlich der Vermittlerkosten die seinerzeit markübliche Belastung um 115,6 %.</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Läßt man die Kreditvermittlerkosten außer Betracht, ergibt sich eine vereinbarte effektive Belastung von 17,96 % gegenüber einer marktüblichen Belastung von 7,8 %, so daß die marktübliche Belastung um 130,26 % überschritten wird.</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Die Vergleichsrechnung nach der von der Beklagten überreichten Zinstabelle der Annuitäten-Methode , errechnet nach dem Gillardon-Ratenkreditprogramm, auf welches sich die Beklagte beruft, ergibt folgendes:</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Vertraglich vereinbarte Belastung:
Kreditgebühr 0,70 % für 120 Monate = 14,51 %
Bearbeitungsgebühr 2 % bezogen auf
120 Monate = 0,39 %
908 DM Vermittlungskosten entsprechen
3,36 % vom Nettokredit = <span style="text-decoration:underline;">0,77 %</span>
Gesamtbelastung 7,98 %
Belastung ohne Vermittlungsprovision 7,21 %.</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">Die prozentuale Belastung für eine Kreditgebühr von 0,31 % je Monat ergibt sich aus der Interpolierung des in der Zinstabelle für 0,30 % je Monat ausgeworfenen Wertes. Entsprechendes gilt für die Vermittlungsprovision.</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Somit übersteigt die vereinbarte Belastung ohne Vermittlungsprovision und Restschuldversicherung die marktübliche Belastung um 7,69 %-Punkte (14,9 % abzüglich 7,21 %), das sind 106,65 %.</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">Unter Berücksichtigung der Vermittlungskosten ergibt sich ein Unterschied von 7,85 % (15,83 % abzüglich 7,98 %), das sind 98,37 %.</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">Auch der letztgenannte, für die Beklagte günstigste Wert, liegt nur geringfügig unter 100 % und bedeutet ein auffälliges Mißverhältnis zwischen der vereinbarten Belastung und der marktüblichen Belastung. Der BGH hat in seinem Urteil vom 8.7.1982 (WM 1892, 921) bereits Sittenwidrigkeit angenommen, weil der von der Bank verlangte effektive Jahreszins den Marktzins um 91 % überstieg und die Darlehensbedingungen im übrigen weitere unangemessen belastende Regelungen enthielten.</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">Auch die Darlehensbedingungen der Beklagten enthalten zahlreiche, teilweise auch gegen das AGB-Gesetz verstoßende, den Kreditnehmer unangemessen belastende Bedingungen. Dies hat das Landgericht auf den Seiten 15 - 18 des angefochtenen Urteils zutreffend im einzelnen ausgeführt. Der Senat macht sich diese Ausführungen zu eigen.</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat ferner zutreffend ausgeführt, daß neben den objektiven Voraussetzungen für eine Sittenwidrigkeit des Darlehensvertrages auch die subjektiven Voraussetzungen des § 138 Abs. 1 BGB gegeben sind. Auf diese Ausführungen des Landgerichts, welche sich der Senat ebenfalls zu eigen macht, kann verwiesen werden. Die von der Beklagten in ihrer Berufungsbegründung auf den Seiten 13 - 16 (136 - 139 GA) erhobenen Einwendungen sind nicht begründet und geben dem Senat keine Veranlassung, das subjektive Tatbestandsmerkmal der Sittenwidrigkeit anders als das Landgericht zu beurteilen. </p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">Da somit der Darlehensvertrag nichtig ist, schuldete der Kläger nur die Rückzahlung des Darlehenskapitals, jedoch keine Zinsen. Die Bank kann auch nicht über § 818 BGB die Verzinsung der mit der Bereicherungsklage rückverlangten Darlehensvaluta verlangen. Die sittenwidrige Leistung des Kreditgebers besteht in der Kapitalüberlassung auf Zeit zu wucherischen Zinsen. Deshalb muß er entsprechend § 817 Satz 2 BGB dem Kreditnehmer den Kredit auf die - rechtsunwirksam - vereinbarte Zeit überlassen. § 817 Satz 2 BGB findet auch im vorliegenden Fall eines wucherähnlichen Rechtsgeschäftes nach § 138 Abs. 1 BGB Anwendung. Wie bei einem wucherähnlichen Tatbestand ist auch im Rahmen des § 817 Satz 2 BGB ein leichtfertiges Handeln einem vorsätzlichen Tun gleichzusetzen. Denn wer vor den Folgen seines Tuns oder vor dessen Bewertung geradezu die Augen verschließt, muß es sich gefallen lassen, wie ein bewußt Handelnder behandelt zu werden. Die Beklagte hat deshalb wegen § 817 Satz 2 BGB keinen Wertersatzanspruch in Höhe der zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kreditvertrages marktüblichen Kreditzinsen (BGH WM 1983, 115, 118 = NJW 1983, 1420).</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">Deshalb kann der Kläger alle Beträge, die er über den Nettokreditbetrag hinaus auf das nichtige Darlehen an die Beklagte gezahlt hat, von dieser gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB zurückverlangen. Da der Kläger bis einschließlich Dezember 1984 unstreitig insgesamt 34.382 DM an die Beklagte gezahlt hat, beträgt sein Rückforderungsanspruch 7.382 DM (34.382 abzüglich 27.000).</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Gegenüber diesem Rückzahlungsanspruch kann sich die Beklagte nicht mit Erfolg auf die Einrede der Verjährung berufen.</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">Die vierjährige Verjährungsfrist des § 197 BGB findet auf Bereicherungsansprüche, die wegen der Nichtigkeit des Ratenkreditvertrages auf Rückzahlung zu Unrecht gezahlter Zinsen gerichtet sind, keine Anwendung. Teilweise ist die Anwendung des § 197 BGB auf derartige Bereicherungsansprüche von der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte und im Schrifttum bejaht worden (vgl. Canaris WM 1881, 989). Dieser Meinung vermag sich der erkennende Senat jedoch nicht anzuschließen. </p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">Für die sogenannten Ersatz- und Nebenansprüche, die an die Stelle eines vertraglichen Anspruchs treten oder ihn ergänzen, gilt nach herrschender Rechtsprechung dieselbe Verjährungsfrist wie für den vertraglichen Anspruch (BGHZ 48, 125, 127; 50, 25, 29; 70, 389, 3989; 72, 229, 233, 234; 73, 266, 269; 89, 82, 97; BGH NJW 1984, 793, 794). Bei dem Anspruch auf Herausgabe der geleisteten Kreditgebühren fehlt es an diesem entscheidenden Kriterium. Der Kläger hätte bei Gültigkeit des Kreditvertrages einen vertraglichen Kapitalüberlassungsanspruch gehabt. Sein Bereicherungsanspruch ist nicht an dessen Stelle getreten, sondern durch seine - rechtsgrundlos erbrachten - Leistungen, nämlich die Zinszahlungen, entstanden, die eine Vergütung darstellen, selbst aber nicht wieder vergütet werden sollten. Bei der Abwicklung des nichtigen Ratenkreditvertrages geht es um die Rückgewähr beiderseits erbrachter Leistungen. Die Beklagte erhält das ausgezahlte Kapital zurück (wenn auch grundsätzlich nur in Raten), um das der Kläger bereichert ist, der Kläger erhält die gezahlten Zinsen, um die die Beklagte bereichert ist. Der Bereicherungsanspruch der Beklagten unterliegt der regelmäßigen Verjährung des § 195 BGB. Nichts anderes kann für den Bereicherungsanspruch des Klägers gelten.</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">Der BGH hat es in seinem Urteil vom 30. Juni 1983 (WM 1983, 951, 953) ausdrücklich offen gelassen, "ob einem berechtigten Bedürfnis nach Rechtsfrieden nicht durch eine kurze Verjährung Rechnung getragen werden kann", wie vereinzelt vom Schrifttum gefordert wird (Canaris WM 1981, 978, 989; Soergel/Augustin 11. Aufl. § 197 BGB Rdn. 6; vgl. zum Stand der Meinungen ferner Kote NJW 1984, 2316). Der vom Bundesgerichtshof gewählten Formulierung ist nicht eindeutig zu entnehmen, daß er dieser Forderung positiv gegenübersteht. Die Anwendung der kurzen Verjährungsfrist wäre allenfalls zu rechtfertigen unter den Gesichtspunkten der schnellen Klärung und der Rechtssicherheit und damit des Rechtsfriedens. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, daß den Ratenkreditbanken dann etwas zurückgegeben würde, was man ihnen durch die Rechtsprechung zum wucherähnlichen Rechtsgeschäft und zu den §§ 812, 817, 818 BGB versagt. Deshalb ist allein darauf abzustellen, daß der Bereicherungsanspruch des Kreditnehmers nicht an die Stelle des Zinsanspruchs getreten ist. Er ist auch kein Anspruch auf eine wiederkehrende Leistung im weitesten Sinne. Der Schuldner soll durch § 197 BGB vor einem Auflaufen von Ansprüchen geschützt werden, die zunächst einmal in ihrem sich immer wieder fortsetzenden Entstehen zeitlich nicht beschränkt sind. Gerade dieser Gesichtspunkt paßt auf den Anspruch auf Herausgabe geleisteter Kreditgeber droht kein Auflaufen von Verbindlichkeiten. Es muß daher bei der 30-jährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB für den Bereicherungsanspruch auf Rückzahlung ohne Rechtsgrund gezahlter Kreditgebühren verbleiben. </p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline;">2.</span> Entgegen der Auffassung des Landgerichts kann der Kläger ferner Rückzahlung der Hälfte der von ihm bisher geleisteten Restschuldversicherungs-Prämien verlangen. Dies sind unstreitig 1.277,10 DM (6 x 425,70 DM = 2.554,20 DM : 2). Auch dieser Anspruch beruht auf § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB (BGH WM 1983, 115, 117). Allerdings ist hier nicht - wie in jenem vom BGH entschiedenen Fall - die Bank sondern der Kreditnehmer
- der Kläger - der Versicherungsnehmer der Risikolebensversicherung. Jedoch ist auch im vorliegenden Fall Ziel der Versicherung, die Erben des Klägers bei Eintritt des Versicherungsfalles durch die Zahlung des Versicherers von ihren Leistungsverpflichtungen zu befreien. Zugleich erhielt dadurch die Beklagte, worauf es ihr im Zweifel alleine ankam, eine zusätzliche Sicherung (BGH WM 1981, 353). Die Risikolebensversicherung bezeiht sich zwar in erster Linie auf die vertraglichen Zahlungsverpflichtungen des Klägers aus dem Darlehen. In der Regel entspricht es jedoch dem mutmaßlichen Willen der Parteien und des Versicherers, daß die Versicherung bei Nichtigkeit des Darlehensvertrags auch die bereicherungsrechtlichen Ansprüche der Bank gegen den Kreditnehmer umfassen soll. Mangels entgegenstehenden Vortrags der Parteien ist hiervon auch im vorliegenden Falle auszugehen.</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">Durch den Abschluß des Versicherungsvertrages und die Zahlung der Prämien hat die Beklagte durch Leistung des Klägers eine zusätzliche Sicherung und damit einen Vermögensvorteil erlangt, dessen Wert die Beklagte nach §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 818 Abs. 2 BGB ersetzen muß. Dieser Wert ist für die Beklagte nicht mit der vollen Versicherungsprämie gleichzusetzen, weil auch der Kläger als Darlehensnehmer von der Versicherung einen Vorteil hat. Der BGH hat wiederholt anerkannt, daß der Wert einer Restschuldversicherung grundsätzlich für den Darlehensgeber in etwa gleichgewichtig gegenüber dem Wert ist, den die Restschuldversicherung für den Darlehensnehmer hat (BGH WM 1981, 353; 1983, 115, 117). Deshalb ist der Bereicherungsanspruch unter Anwendung des § 287 Abs. 2 ZPO auf die Hälfte der angemessenen Restschuldversicherungsprämie zu begrenzen.</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">Solange der Kläger das von hm geschuldete Darlehenskapital noch nicht an die Beklagte zurückgezahlt hatte, bestand noch ein Sicherungsbedürfnis und war die Beklagte nur um die Hälfte der bis zu diesem Zeitpunkt geleisteten Versicherungsprämien ungerechtfertigt bereichert. Unstreitig hatte der Kläger bis Sommer 1983 durch seine regelmäßigen Zahlungen an die Beklagte deren Anspruch auf Rückzahlung des Darlehenskapitals getilgt. Für die Folgezeit bestand deshalb kein Sicherungsbedürfnis mehr, weil der Kläger der Beklagten nichts mehr schuldete. Dennoch hat die Beklagte auch für das Versicherungsjahr 1984/1985 noch einmal die jährliche Versicherungsprämie von 425,70 DM durch Gehaltsabtretung von dem Kläger erhalten. Um diesen Betrag ist die Beklagte in voller Höhe bereichert, weil sie kein Sicherungsbedürfnis mehr hatte.</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">Somit schuldet die Beklagte aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung die Erstattung von Prämien in Höhe von insgesamt 1.702,80 DM (1.277,10 + <span style="text-decoration:underline;">425,70 DM).</span></p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline;">3.</span> Der Kläger hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch darauf, daß diese den Lebensversicherungsvertrag kündigt. Ein vertraglicher Anspruch scheidet aus, weil der Darlehensvertrag nichtig ist und hiervon gemäß § 139 BGB auch die Abtretungserklärungen des Klägers erfaßt werden. Da die Abtretung der Rechte aus dem Lebensversicherungsvertrag an die Beklagte nichtig ist, stehen dem Kläger sämtliche Rechte aus dem Versicherungsverhältnis selbst zu. Er ist daher selbst in der Lage, den Vertrag zu kündigen. Insoweit hat das Landgericht die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen, so daß der Berufung des Klägers in diesem Punkt der Erfolg zu versagen ist.</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">Die zuerkannten Zinsen sind aus Verzug gemäß §§ 284, 288 BGB begründet.</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 92 Abs. I, 97 I, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat die Revision zugelassen, weil die Frage, ob auf Bereicherungsansprüche, die auf Rückzahlung zu Unrecht gezahlter Kreditgebühren gerichtet sind, die vierjährige Verjährungsfrist des § 197 BGB anzuwenden ist, von rechtsgrundsätzlicher Bedeutung ist.</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">Der Streitwert der Berufungsinstanz wird wie folgt festgesetzt:</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">Antrag zu 1) = 7.382,-- DM
Antrag zu 2) = 18.480,-- DM
Antrag zu 3) = 1.277,10 DM
Antrag zu 4) = 1.702,80 DM</p>
|
315,622 | ovgnrw-1985-06-10-11-a-96084 | {
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<p>Die Berufung wird zurückgewiesen.: Die Klägerin trägt die Kosten desBerufungsverfahrens.</p>
<p>Die Kostenentscheidung, ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Die Revision wird nicht zugelassen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Tatbestand</span></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">2</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Klägerin gehört die ehemals landwirtschaftlich genutzte Hofanlage    straße im Ortssteil -   , der Stadt. Die Anlage besteht aus einem geräumigen Bauernhaus, einem westlichen massiven Stallanbau mit anschließender massiver Kornscheune und einem freistehenden Nebengebäude. Das Bauernhaus ist im vorigen Jahrhundert als Vierständerbau mit Kniestock errichtet worden. Es ist mit schwarzen Pfannen eingedeckt. Der Baukörper ist mit seiner nördlichen Giebelseite zum Hofraum und zur Straße hin angeordnet. Beide Giebel sind im Obergeschoß vorkragend. Die obersten Giebeldrittel sind zweifach gestaffelt und verbrettert. Das Rahmenwerk des Hauses besteht aus Eichenholz. Die regelmäßigen kleinformatigen Gefache sind mit sichtbarem Backsteinmauerwerk ausgefüllt. Im Bereich des Nordgiebels weisen die Einfassung des Deelentores, die Knaggen, der Geschoßrähm und die Verbretterung Schnitzwerk - unter anderem die Jahreszahl 1Q63 - und Reste von Bemalung auf. Die Gefache der beiden Traufseiten sind verputzt und weiß gestrichen. Das nördliche Drittel der westlichen Traufenwand ist bei der Errichtung des Stallanbaues beseitigt worden. Teile der Holzkonstruktion sind - vor allem im Bereich Südgiebel schadhaft und stellenweise nicht fachgerecht ausgebessert worden. An einigen Stellen sind nachträglich Fenster- und Türöffnungen unter Verkürzung vorhandener Streben und Ständer eingebaut bzw. vergrößert worden. Im Innern des Hauses ist das Kammerfach zweigeschossig ausgebildet. Davor ist nachträglich ein Flur durch eine massive Querwand vom Deelenbereich abgetrennt worden. Die beiden Seitenschiffe links und rechts der Deele sind ebenfalls nachträglich massiv abgemauert worden. Teile des Kammerfachs werden z.Zt. von einem Mieter bewohnt.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">3</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte ordnete durch Ordnungsverfügung vom 15. März 1981 im Benehmen mit dem Amt für Denkmalpflege an, daß der Hof   straße 9 von 1863 vorläufig als in die Denkmal‑liste eingetragen gelte. In der Begründung der auf §§ 2, 4 DSchG NW gestützten Ordnungsverfügung heißt es u.a.: Diese Anordnung verliert ihre Wirksamkeit spätestens am 1.1.1985. Den von der Klägerin erhobenen Widerspruch wies der Oberkreisdirektor des Kreises      mit Bescheid vom 21. Februar 1983 zurück. Der Widerspruchsbescheid wurde am. 23. Februar als Einschreiben zur -Post gegeben.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">4</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat am 23. März 1983 bei dem Verwaltungsgericht Klage erhoben. Zur Begründung hat sie im wesentlichen ausgeführt: Die Voraussetzungen für eine vorläufige Unterschutzstellung seien nicht erfüllt. Der in Rede stehende Hof stelle mangels öffentlichen. Interesses kein Denkmal im Sinne des Denkmalschutzgesetzes dar. Darüber hinaus bedeute die Anordnung der vorläufigen Unterschutzstellung eine unzulässige echte Eigentumsbeschränkung, die sich als Teilenteignung darstelle. Das Objekt befinde sich in einem denkbar schlechten baulichen Zustand. Wegen der akuten Einsturzgefahr sei grundsätzlich ein Abriß beabsichtigt. Für notwendige Renovierungs- bzw. Erhaltungsmaßnahmen fehlten ihr erhebliche finanzielle Mittel. Die Kosten für eine grundlegende Renovierung betrügen nach grober Schätzung ca. 100.000 DM. Dem Beklagten sei bei der Auswahl des Gebäudes ein Ermessensfehler unterlaufen, da andere Fachwerkhäuser in der Nachbarschaft nicht in die Denkmalliste aufgenommen worden seien.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">5</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">6</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 15. MärZ 1981 und den Widerspruchsbescheid des Oberkreisdirektors des Kreises vom 21. Februar 1983 aufzuheben.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">7</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">8</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">9</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Er hat erwidert: Der Höf der Klägerin befinde sich in der Dorfmitte des Ortsteils      und bilde mit den ebenfalls unter Schutz gesteilten umstehenden Gebäuden ein Ensemble, an dessen Erhaltung ein öffentliches Interesse im Sinne von § Abs. 1 DSchG NW bestehe. Die Denkmalwürdigkeit sei durch die zuständigen Fachbehörden ausdrücklich bestätigt worden.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">10</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 28. Februar 1984 abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">11</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Gegen das ihr am 23. März 1984 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 19. April Berufung eingelegt. Sie macht im wesentlichen geltend: Das streitige Gebäude sei weder aufgrund besonderer baukünstlerischer Leistungen noch aufgrund eines Dokumentar- und Symbolwertes als schutzwürdig anzuerkennen. Insofern habe sich das angefochtene Urteil mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Denkmalbegriff nicht auseinandergesetzt. Das Gericht habe auch nicht berücksichtigt, daß die beiden Giebel des Hauses sich in einem schlechten Zustand befänden und einsturzgefährdet seien. Schließlich sei übersehen worden, daß einschneidende Baumaßnahmen an einer Veränderung des Gesamtkomplexes und des Gesamtbildes geführt hätten. Allein der massive Anbau an der Westseite verändere den Gesamteindruck des Gebäudes derartig, daß es weder stattlich noch als in seinen Proportionen ausgeglichen wirke. Ferner seien an der Westseite des Giebels eine Stalltür und an der östlichen Traufenseite eine neuzeitliche Häustür eingebaut worden. Entscheidend sei auch, daß die ursprüngliche Breite der Deele verkleinert worden sei. Das vorgefundene Schnitzwerk und die Reste von Bemalungen gehörten nicht zur ursprünglichen Ausstattung sondern seien erst um 1930 angebracht worden. Das Fachwerk der beiden Giebelseiten sei insgesamt morsch und müsse bei einer Restaurierung insgesamt ausgetauscht werden.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">12</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">13</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Klageantrag zu erkennen.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">14</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">15</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">16</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Er bezieht sich auf eine Stellungnahme des Amtes für Denkmalpflege vom 10. Juli 1984.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">17</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Der Berichterstatter hat die Örtlichkeit am 17. September 1984 besichtigt. Auf die hierüber gefertigte Niederschrift wird Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">18</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">19</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Entscheidungsgründe:</span></p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">20</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Die Berufung hat keinen Erfolg. Die Anfechtungsklage ist zulässig, aber nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">21</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Das Rechtsschutzinteresse für die Anfechtung ist gegeben. Die angefochtene Ordnungsverfügung hat sich nicht etwa durch Zeitablauf erledigt. Zwar sieht § 4 Abs. 2 Satz 2 DSchG NW vor, daß die vorläufige Unterschutzstellung ihre Wirksamkeit verliert, wenn nicht innerhalb von sechs Monaten das Verfahren zur Eintragung in die Denkmalliste eingeleitet wird. Jedoch gilt dies bis zum 1. Januar 1985 mit der Maßgabe, daß die Frist von sechs Monaten entfällt(§ 4 Abs. 3 DSchG NW). Das bedeutet, daß vorläufige Schutzmaßnahmen, die vor dem genannten Stichtag getroffen werden, erst mit Ablauf der an diesem Tag beginnenden 6-Monats-Frist unwirksam werden, und zwar nur dann, wenn nicht bis zum Fristablauf (d.h. bis zum Ablauf des 30. Juni 1985) das Eintragungsverfahren eingeleitet worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">22</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Vgl. Urteil des Senats vom 25. Januar 1985- 11 A 1801/84 -, zur Veröffentlichung bestimmt.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">23</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Der Zusatz in der angefochtenen Ordnungsverfügung selbst, daß die Wirksamkeit der Anordnung spätestens am 1. Januar 1985 ende, ist nicht etwa als selbständige Fristbestimmung, sondern als sprachlich nicht ganz geglückter Hinweis auf die Gesetzeslage zu verstehen. Das ergibt sich schon daraus, daß der Hinweis in die Begründung, nicht aber in den regelnden Teil der Ordnungsverfügung aufgenommen worden ist. Im übrigen hätte der Beklagte keine Veranlassung gehabt,' von sich aus eine kürzere Geltungsdaüer der Unterschutzstellung festzulegen. Die angefochtene Maßnahme ist daher zur Zeit (noch) wirksaM, so daß das Anfechtungsinteresse der Klägerin fortbesteht.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">24</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Die somit zulässige Klage ist nicht begründet. Die angefochtene Ordnungsverfügung ist rechtlich nicht zu beanstanden. Gegenstand,der Unterschutzstellung ist das in Ständerbauweise ausgeführte ehemalige Bauernhaus. Zwar ist der Wortlaut des regelnden Teils der Ordnungsverfügung nicht eindeutig. Unter der Bezeichung 'Hof' kann man, den baulichen Mittelpunkt des landwirtschaftlichen Betriebs, also sämtliche Gebäude der Hofstellepals Einheit verstehen. Der Begriff schließt aber auch nicht aus, daß lediglich das ehemalige Bauernhaus als Zentrum des Hofkomplexes angesprochen sein sollte. Dieser letzteren Auslegung ist der Vorzug zu geben, wenn man die Begründung der angefochtenen Ordnungsverfügung mit heranzieht. Die Begründung stellt ausschließlich auf das Vierständerhaus ab, dessen bautechnische Besonderheiten eingehender geschildert werden. Der "moderne Massivanbau, dessen Denkmalwert nicht näher dargetan wird, wird lediglich am Rande erwähnt. Die übrigen Teile des Hofkomplexes sind überhaupt nicht angesprochen worden. Auch der Widerspruchsbescheid befaßt sich ausschließlich mit dem Hauptgebäude. Das in den Verwaltungsvorgängen befindliche Bildmaterial und die Inventarisationsliste des Landeskonservators, die bei der Unterschutzstellung verwertet worden sind, beziehen sich ebenfalls auf das eigentliche Bauernhaus. All dies läßt den Schluß zu, daß nur das ehemalige Bauernhaus vorläufig als eingetragen gelten sollte. Der Beklagte hat in der Berufungsverhandlung bestätigt, daß dies das Ziel der angefochtenen Ordnungsverfügung und ist. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine vorläufige Unter- schutzstellung des ehemaligen Bauernhauses gemäß § 4 Abs..1 DSchG sind erfüllt. Nach dieser Vorschrift soll die untere Denkmalbehörde - wenn damit zu rechnen ist, daß ein Denkmal in die Denkmalliste eingetragen wird - anordnen, daß das Denkmal vorläufig als eingetragen gilt: Nach Zweck und Wortlaut dieser Vorschrift ist mit der Eintragung dann zu rechnen, wenn die Beurteilungsgrundlagen, die die Denkmalbehörde in angemessener Zeit und mit angemessenem Verwaltungsaufwand beschaffen kann, den Schluß zulassen, daß das Objekt die Eigenschaft (u.a.) eines Baudenkmals im Sinne von § 2 DSchG NW besitzt.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">25</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Der Gesetzeswortlaut deutet auf eine Prognoseentscheidung hin, die ein gewisses Maß an Unsicherheit über die objektive Denkmaleigenschaft zuläßt. Das bedeutet, daß eine Denkmaleigenschaft nicht in allen Einzelheiten zuverlässig feststehen muß, wenn die vorläufige Sicherstellung ausgesprochen werden soll. Dieser Auslegung entsprechen auch die gesetzliche Konstruktion der Maßnahme als Fiktion ("... als eingetragen gilt"), ihre Kennzeichnung als "vorläufig", sowie die amtliche Überschrift "vorläufiger Schutz". Wenn § 4 Abs. 1 DSchG NW das vorläufig zu schützende Objekt im Vorgriff -auf dessen endgültige Klassifizierung als "Denkmal" bezeichnet,soll damit nicht etwa zwingend vorausgesetzt werden, daß Gewißheit über die Denkmaleigenschaft besteht. Der Begriff "Denkmal" wird hier gesetzestechnisch nicht als Tatbestandsmerkmal verwandt. Tatbestandsvoraussetzung für die vorläufige Unterschutzstellung ist, daß mit der Eintragung zu rechnen ist. Der Begriff "Denkmal" wird hingegen im Zusammenhang mit der angeordneten Rechtsfolge benutzt. Er bezeichnet insoweit - anstelle einer sachlich angemesseneren neutralen Wendung - lediglich allgemein das zu schützende Objekt.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">26</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Diese Auslegung entspricht dem Schutzzweck des § 4 DSchG NW, der aus der Gesamtsystematik des Denkmalschutzgesetzes abzulesen ist, Steht nämlich fest, daß eine Sache den Anforderungen gemäß § 2 DSchG NW entspricht, sind zugleich die Voraussetzungen für eine (endgültige) Eintragung in die Denkmalliste gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 des genannten Gesetzes erfüllt. Insoweit besteht (von den weniger bedeutsamen-beweglichen Denkmälern abgesehen) sogar eine Eintragungspflicht. Die Wirkungen der Eintragung sind zeitlich nicht begrenzt. Demgegenüber steht der Erlaß von Anordnungen nach § 4 im Ermessen der Denkmalbehörde; die Geltungsdauer der Maßnahme ist gesetzlich auf höchstens sechs Monate beschränkt. Für diese unterschiedliche Regelung bestünde keine Rechtfertigung, wenn beide Maßnahmen im Prinzip an die gleiche Voraussetzung - das gesicherte Vorliegen der Denkmaleigenschaft - gebunden wären. In diesem Falle bestünde auch aus der Sicht der Denkmalbehörde kein Anlaß, der ohnehin unabweisbaren Eintragung eine befristete Maßnahme nach § 4 DSchG NW "vorzuschalten". Die vorläufige Unterschutzstellung erhält jedoch dann eine eigenständige Bedeutung, wenn sie als Sicherungsmaßnahme zu verstehen ist die getroffen werden kann, bevor die Denkmaleigenschaft des Objekts endgültig und in allen Einzelheiten festgestellt worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">27</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">In dem letzteren Sinne wollte auch der Gesetzgeber die Regelung des § 4 DSchG NW verstanden wissen. Nach der Begründüng des Regierungsentwurfs soll die Vorschrift der unteren Denkmalbehörde ein rasches Eingreifen ermöglichen. Insbesondere für den Zeitraum zwischen dem Inkrafttreten des Gesetzes bis zur Aufstellung der Denkmallisten sollte eine einfach zu handhabende Übergangslösung zur Verfügung stehen. Vgl. LT. NW. Drucks. 8/5625 S. 46.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">28</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Dieses Ziel würde verfehlt, wenn die Denkmalbehörde gehalten wäre, sich bereits im Verfahren zur vorläufigen Unterschutzstellung Gewißheit über die Denkmaleigenschaft einer Sache zu ver7 schaffen. Die nötige Sachaufklärung würde dann häufig so viel Zeit und Wartungskraft in Anspruch nemen, daß die anschließende Maßnahme nach § 4 DSchG NW möglicherweise zu spät angeordnet würde. All dies spricht dafür, der Denkmalbehörde auch bei einem geringeren Erkenntnisstand dle Möglichkeit zum Erlaß von vorläufigen Schutzmaßnahmen einzuräumen.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">29</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Diese Möglichkeiten sind allerdings durch den Tatbestand des§ 4 DSchG NW beschränkt. Die Denkmalbehörde ist nicht etwa berechtigt, die ihr geeignet erscheinenden Objekte gewissermaßen "auf Verdacht" unter vorläufigen Schutz zu stellen. Gegen einenderart weiten Handlungsspielraum der Behörde bestünden im übrigen auch verfassungsmäßige Bedenken. Die zu treffende Prognoseentscheidung erfordert vor allem, daß die Behörde sich zunächst die notwendigen Beurteilungsgrundlagen beschafft. Der dabei zu treffende Verwaltungsaufwand hat sich insbesondere an der Eilbedürftigkeit des jeweiligen Falles• und an der Verwaltungskraft der Behörde zu orientieren. Erst wenn das hiernach gewonnene Tatsachenmaterial den Schluß zuläßt, daß das Objekt die Eigenschaft eines Denkmals besitzt, ist im Sinne des § 4 Abs. 1 DSchG NW mit der Eintragung "zu rechnen".</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">30</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Das ist hier der Fall. Aufgrund des Eindrucks in der Örtlichkeit, den das streitbefangene Hofgebäude vermittelt, sowie der verschiedenen fachlichen Äußerungen des Westfälischen Amtes für Denkmalpflege ist der Schluß gerechtfertigt, daß das Gebäude ein (Bau-)Denkmal darstellt. § 2 Abs. 1 Satz 1 DSchG NW definiert als "Denkmäler" (u.a.) Sachen, an deren Erhaltung und Nutzung ein öffentliches Interesse besteht. Ein solches öffentliches Interesse ist gegeben, wenn die Sachen bedeutend (u.a.) für Städte und Siedlungen sind und wenn für die Erhaltung und Nutzung künstlerische, wissenschaftliche, volkskundliche oder städtebauliche Gründe vorliegen (Abs. 1 Satz 2 der genannten Vorschrift). Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 DSchG NW sind "Baudenkmäler" Denkmäler, die aus baulichen Anlagen oder Teilen baulicher Anlagen bestehen.</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">31</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Das streitige Bauernhaus ist als Baudenkmal in diesem Sinne einzustufen. Es ist bedeutend für die Siedlungstätigkeit im Raum Porta<sup>.</sup>Westfalica. Das Gebäude prägt aufgrund seiner stattlichen Größe und seiner exponierten Lage an der Zufahrtsstraße zum Gut Rothenhoff den Gesamtcharakter des ländlichen Ortsteil "  und seiner Umgebung. Auch aufgrund seiner für die vergangenen Jahrhunderte typischen Ständerbauweise hebt es sich von der sonstigen Bebauung des Ortsteils ab. Desweiteren ist das Gebäude bedeutend für die Entwicklung der landwirtschaftlichen Arbeits- und Produktionsverhältnisse. Es repräsentiert den Typ des niederdeutschen Hallenhauses, das in früheren Zeiten Wohnen, Arbeiten und Viehhaltung "unter einem Dach" ermöglichte. Aufgrund seines Zuschnitts und seiner aufwendigen Ausführung stellt es sich als Sitz eines größeren landwirtschaftlichen Betriebes dar. Die Ausstattung mit einem zweigeschossigen Kammerfach hat - nach den überzeugenden fachlichen Ausführungen des Amtes für Denkmalpflege besonderen Bezug zum Raum und der damaligen Errichtungszeit.</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">32</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Das Netzwerk der kleinformatigen Gefache in den Giebelseiten ist kennzeichnend für die Spätform des Baustils. Unter diesen, Umständen sprechen für eine Erhaltung (und Nutzung) des Baukörpers städtebauliche Gründe. Der dargelegte Zeugniswert ginge bei einer völligen oder teilweisen Beseitigung der Bausubstanz unwiederbringlich verloren.</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">33</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Höhere Anforderungen sind hinsichtlich der Kriterien des § 2 Abs. 2 DSchG NW nicht zu stellen. Insbesondere ist nicht zu verlangen, daß das Gebäude sich in städtebaulicher oder volkskundlicher Hinsicht als einzigartig oder herausragend erweist. Vgl. das bereits zitierte Urteil des Senats vom 25. Januar 1985 - 11 A 1801/84 -.</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">34</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Ferner ist nicht erforderlich,; daß die handwerkliche Ausführung insgeberat oder im Detail das ästhetische Empfinden im besonderen Maße anspricht. Künstlerische Besonderheiten können die Denkmaleigenschaft einer Sache gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 DSchG NW selbständig begründen, müssen aber nicht notwendigerweise zu den städtebaulichen oder sonstigen Kriterien hinzutreten.</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">35</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Vgl. Urteil des Senatsvom 19. Oktober 1984 - 11 A 1350/83 -.</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">36</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Der Tatbestand des § 2 DSchG NW folgt nämlich nicht dem klassischen" Denkmalbegriff; sondern ist umfassender. Die von der Klägerin zitierte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts Urteil vom 24. Juni 1960 - VII C 205.59 Amtliche Sammlung Bd. 11 S. 32 -bezieht sich auf die von Wortlaut und Zielsetzung her wesentlich anders lautende Regelung des § 26 a Nr. 2 GrStG.1951. Sie kann daher für den vorliegenden Fall nicht herangezogen werden. Dies gilt erst recht für die weitere von der Klägerin angesprochene Entscheidung - Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. Dezember 1972 - IV C: 6.71 -, Amtliche Sammlung Bd. 41 S. 227 -,die eine gänzlich andere Problematik betrifft.</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">37</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 DSchG NW sind auch unter Berücksichtigung der später vorgenommenen Eingriffe in die Bausubstanz und die äußere Gestaltung sowie des allgemeinen Erhaltungszustandes des Bauernhauses erfüllt. Es mag richtig sein, daß ein Teil der Verzierung und Bemalung des Vordergiebels erst in den 30er Jahren angebracht worden ist. Die hierdurch bewirkte Stilmischung läßt die Denkmaleigenschaft jedoch nicht notwendigerweise entfallen. Die hierfür relevanten Begriffe "bedeutend" und "städtebauliche Gründe" sind verhältnismäßig umfassend. Sie beziehen sich nicht nur auf Objekte, die in ihrer Bausubstanz und äußeren Gestalt im Urzustand bestehen geblieben sind. Spätere Zusätze und Ände22. rungen, die dem jeweiligen Zeitgeschmack entsprechen, werden gerade bei älteren Gebäuden häufig auftreten. Sie prägen dann in aller Regel das Erscheinungsbild des Denkmals mit. So ist es auch im vorliegenden Fall. Die in den 30er Jahren hinzugefügten "Verschönerungen" sind Ausdruck einer gerade damals vorherrschenden konservativen Zeitströmung, wie dem Senat aus einem früheren denkmalrechtlichen Verfahren bekannt ist. Sie prägen daher als Ausdruck des wechselnden Formempfindens den städtebaulichen Wert des ehemaligen Bauernhauses mit.</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">38</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">Durch die Veränderungen im Innern und den Anbau des massiven Stalles ist das typische Erscheinungsbild des Hauses sicherlich beeinträchtigt worden. Mit der Beseitigung der Ständer im Bereich der Deele und der westlichen Traufenwand sind Teile der Struktur- und Gestaltungsmerkmale weggefallen. Andererseits beschränken sich diese Veränderungen auf abgrenzbare Teile des Hauses. Sie sind nicht so bestimmend, daß sie den oben dargestellten städtebaulichen und volkskundlichen Wert des Hauses aufgehoben hätten. Die sonstigen Eingriffe, wie etwa die Vergrößerung von Fenstern und der Einbau von Türen sind insgesamt unbedeutend und können ohne allzu großen. baulichen Aufwand wieder rückgängig gemacht werden.</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">39</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">Schließlich entfällt der Denkmalwert nicht aufgrund der sonstien durch natürlichen Verfall und durch Abnutzung bewirkten Schäden der Bausubstanz. Die Renovierungsbedürftigkeit einer Sache schließt nicht von vornherein die Denkmaleigenschaft aus. Vielmehr ist im Einzelfall nach dem Umfang der notwendigen Erneuerungsmaßnahmen zu differenzieren. Die besondere "Bedeutung" im Sinne des § 2 Abs. 2 DSchG NW entfällt nur dann, wenn die Sache insgesamt nur noch eine Kode des Originals darstellt. Ein Auswechseln und Ergänzen von einzelnen Mäterialteilen, das den Gesamteindruck der Sache, unberührt läßt, ist, hingegen für die Bewertung der Denkmaleigenschaft unerheblich.</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">40</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">So ist es auch im vorliegenden Fall. überzeugende Anhaltspunkte dafür, daß das streitige Bauernhaus in seinenwesentlichen, die besondere Bedeutung Im Sinne des § 2 Abs. 2 DSchG verkörpernden Teilen erneuert werden mußt sind nicht gegeben. Die oben dargelegte besondere Bedeutung des Gebäudes beruht, auf der ständerbauweise (Fachwerkbauweise),die ein Holzrahmenwerk als tragende Konstruktion verwendet. Diese Bauweise sichert ein hohes Maß an Standfestigkeit, vor allem weil das verwendete Material Holz elastisch ist, die Verbindung durch Zapfen dauerhaft ist ünd die einzelnen Bauteile sich gegenseitig stützen. Dieses konstruktive Gefüge ist hier dem äußeren Anschein nach im wesentlichen erhalten geblieben. Wie die Ortsbesichtigung ergeben hat und die vorhandenen Lichtbilder bestätigen, stehen die Ständer der Traufenwände und des Südgiebels im Lot. Das Holz des Rahmenwerks (d.h. die Schwellhölzer, Ständer und Rähme) weist keine äußerlich erkennbaren Schäden auf. Ob eine intensive Unter suchung durch einen Sachverständigen zu einem anderen Ergebnis gelangen würde offen bleiben. Die Begutachtung der erhaltungsfähigen Bausubstanz durch einen Fachmann wäre im Rahmen des Verfahrens zur vorläufigen Unterschutzstellung, nicht angemessen. Sie muß vielmehr den Eintragungsverfahren vorbehalten bleiben. Die  z.Zt.präsenten Urteilungsgrundlagen lassen jedenfalls den Schluß zu, daß das streitige Bauernhaus objektiv ein Denkmal ist, so daß mit seiner Eintragung zu rechnen ist.</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">41</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung des Beklagten, das Denkmal vorläufig. unter Schutz zu stellen, ist nicht ermessensfehlerhaft. Insbesondere ist ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot nicht gegeben. Der Beklagte hat in erster Instanz ausführlich und, überzeugend dargelegt, aus welchen Gründen er in.den drei von der Klägerin angeführten Berufungsfällen von einer Unterschutzstellung abgesehen hat. Dem ist die Klägerin nicht mehr, substantiiert entgegengetreten.</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">42</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO-zurückzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §5 167 Abs. 1 VwGO, 708 Nr. 10, 711, , 713 ZFO, die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwG() sind nicht erfüllt, da es hier um die Auslegung von Landesrecht geht.</p>
|
315,623 | olgham-1985-06-10-15-w-13185 | {
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"name": "Oberlandesgericht Hamm",
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} | 15 W 131/85 | "1985-06-10T00:00:00" | "2019-03-13T15:09:28" | "2019-03-27T09:42:38" | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1985:0610.15W131.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der angefochtene Beschluß - mit Ausnahme der Wertfestsetzung - sowie die Beschlüsse des Amtsgerichts Hagen vom 21. Dezember 1984 - Richter - und vom 3. Oktober 1984 - Rechtspfleger - werden aufgehoben.</p>
<p></p>
<p>Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Hagen - Rechtspfleger - zurückverwiesen, das angewiesen wird, den mit Schriftsatz der Beteiligten zu 1) vom 27. Juni 1984 beantragten Erbschein zu erteilen.</p>
<p></p>
<p>Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet in den drei Instanzen nicht statt.</p>
<p></p>
<p>Der Wert des Gegenstandes der weiteren Beschwerde wird auf 1.500.-- DM festgesetzt.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Gründe:</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der am xxx in xxx verstorbene Erblasser xxx war mit der am 11. Dezember 1979 vorverstorbenen Frau xxx geb. xxx verheiratet. Dieser Ehe entstammt als einziges Kind die Beteiligte zu 2). Ihre Eltern haben weder einzeln noch gemeinsam letztwillig verfügt.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Beteiligten zu 1) haben gegen den Erblasser das am 1. Juni 1982 verkündete Räumungsurteil des Amtsgerichts Hagen (15 C 764/ 81) erstritten. Sie forderten mit Schreiben ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 11. April 1984 von der Beteiligten zu 2) in ihrer Eigenschaft als gesetzlicher Erbin ihres Vaters die Bezahlung der in dem Räumungsrechtsstreit festgesetzten Kosten nebst Zinsen sowie Vollstreckungskosten zum Gesamtbetrage von 1.417,84 DM. In einem Telefongespräch, das zwischen dem 12. und 30. April 1984 stattfand, unterrichtete der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 1) den Ehemann der Beteiligten zu 2) davon, daß seine Ehefrau mangels rechtzeitiger Ausschlagung der Erbschaft innerhalb der sechswöchigen Frist Erbin ihres Vaters geworden sei und daher für dessen Verbindlichkeiten hafte; auf die Möglichkeit, die Versäumung der Ausschlagungsfrist anzufechten, wies er dabei nicht hin.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Mit Schriftsatz vom 27. Juni 1984 haben die Beteiligten zu 1) unter Hinweis auf § 792 ZPO und mit Vorlage der Vollstreckungsunterlagen beim Nachlaßgericht Hagen die Erteilung eines Erbscheins dahin beantragt, daß der Erblasser von der Beteiligten zu 2) allein beerbt worden sei. Der Rechtspfleger hat die Beteiligte zu 2) am 23. August 1984 persönlich angehört und ihre eidesstattliche Versicherung zu Protokoll genommen, wonach sie noch an diesem Tage die Versäumung der Ausschlagungsfrist anfechten und in diesem Zusammenhang die Erbschaft nachträglich ausschlagen werde; ihr seien Ausschlagungs- bzw. Anfechtungsfrist nicht bekannt gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Durch öffentlich beglaubigte Erklärung vom 23. August 1984 hat die Beteiligte zu 2) die in dem Verstreichen der Ausschlagungsfrist eventuell liegende Annahme der Erbschaft angefochten und die Erbschaft nach ihrem Vater ausgeschlagen (Urkundenrolle Nr. xxx des Notars xxx in xxx), da sie sich angesichts der wertlosen Hinterlassenschaft ihres Vaters bisher nicht als Erbin betrachtet und erst jetzt erfahren habe, daß ihr Vater noch Mietschuldner sei. Mit einer weiteren öffentlich beglaubigten Erklärung vom 28. August 1984 (Urkundenrolle Nr. xxx des Notars xxx) hat die Beteiligte zu 2) dargelegt, daß sie einige Monate nach dem Ableben ihres Vaters durch den Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1) von den Mietschulden und ihrer Haftung als Erbin erfahren habe; zu dieser Zeit sei die sechswöchige Ausschlagungsfrist schon längst abgelaufen gewesen; von der Möglichkeit, die Versäumung der Ausschlagungsfrist anzufechten, habe sie erst der Rechtspfleger unterrichtet. Diese Erklärungen der Beteiligten zu 2) sind am 24. und 30. August 1984 beim Nachlaßgericht Hagen eingegangen (7 VI 498/84).</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Beteiligten zu 1) haben im Erbscheinsverfahren vor dem Nachlaßgericht die Ansicht vertreten, die Frist zur Anfechtung der Fristversäumnis, die sechs Wochen ab Kenntnis vom Ablauf der Ausschlagungsfrist gelaufen sei, sei verstrichen. Ihr Verfahrensbevollmächtigter habe den Ehemann der Beteiligten zu 2) darauf hingewiesen, daß die Möglichkeit bestanden habe, die Erbschaft auszuschlagen, die Frist hierfür jedoch im Zeitpunkt des Telefonats in der zweiten Aprilhälfte 1984 sehr wahrscheinlich bereits versäumt gewesen sei.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Durch Beschluß vom 3. Oktober 1984 hat das Amtsgericht - Rechtspfleger - den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1) vom 27. Juni 1984 zurückgewiesen, weil die Anfechtung der Fristversäumnis für die Ausschlagung begründet sei und die Ausschlagung durchgreife.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Erinnerung der Beteiligten zu 1) vom 11. Oktober 1984, die darauf gestützt worden ist, daß die Beteiligte zu 2) seit Ende April 1984 den Ablauf der Ausschlagungsfrist als Anfechtungsrund kenne, haben Rechtspfleger und Nachlaßrichter nicht abgeholfen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die als Beschwerde geltende Erinnerung ist vom Landgericht durch Beschluß vom 7. März 1985 zurückgewiesen worden.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) vom 22. März 1985, der<i> </i>die Beteiligte zu 2) entgegengetreten ist.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die statthafte weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) ist formgerecht eingelegt und auch sonst zulässig (§§ 27, 29 FGG). Den Beschwerdeführern steht die Beschwerdebefugnis schon deshalb zu, weil ihre erste Beschwerde ohne Erfolg geblieben ist (Keidel/Kuntze/Winkler - KKW -, FG, 11. Aufl., RZ 10 zu § 27 FGG).</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Das somit zulässige Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg, weil die angefochtene Beschwerdeentscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes, der §§ 1956, 1954 Abs. 2 BGB, beruht (§ 27 FGG). Es führt zur Aufhebung der Entscheidungen beider Vorinstanzen und zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht, das den beantragten Erbschein zu erteilen haben wird.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">1) Das Landgericht war mit einer zulässigen Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den ihren Erbscheinsantrag ablehnenden Beschluß des Amtsgerichts - Rechtspflegers - vom 3. Oktober 1984 befaßt, nachdem Rechtspfleger und Nachlaßrichter der Erinnerung nicht abgeholfen hatten (§ 11 Abs. 2 RpflG). Das Erstbeschwerderecht der Beteiligten zu 1) folgte aus § 20 Abs. 1 und 2 FGG. Ihr Antragsrecht für das Erbscheinsverfahren konnten sie als Gläubiger innerhalb einer Zwangsvollstreckung gegen den Erblasser und dessen Rechtsnachfolgerin aus § 792 ZPO ableiten. Über den Antrag auf Erteilung eines Erbscheins auf Grund gesetzlicher Erbfolge hatte gemäß §§ 3 Nr. 2 c, 16 Abs. 1 Nr. 6 RpflG der Rechtspfleger des Nachlaßgerichts zu entscheiden.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">2) In der Sache selbst hat das Landgericht zunächst zutreffend ausgeführt, daß die Beteiligten zu 1) ihre Mitwirkungspflichten im Erbscheinsverfahren durch Angaben und Nachweise für die gesetzliche Erbfolge der Beteiligten zu 2) im Sinne des § 2354 BGB erfüllt hätten. Danach sei die Beteiligte zu 2) jedenfalls erst einmal alleinige gesetzliche Erbin ihres Vaters gemäß § 1924 Abs. 1 BGB geworden, weil sie die Erbschaft nicht ausgeschlagen habe (§§ 1942, 1943 BGB). Soweit die Beschwerdekammer des weiteren ausführt, die Beteiligte zu 2) habe die Versäumung der Ausschlagungsfrist wirksam nach § 1956 BGB angefochten und durch die Ausschlagung ihre Erbenstellung rückwirkend beseitigt, hält dies jedoch der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Gemäß § 1956 BGB kann die Versäumung der Ausschlagungsfrist in gleicher Weise wie die Erbschaftsannahme angefochten werden. Diese Vorschrift ist aus Billigkeitsgründen geschaffen worden. Die Versäumung der Ausschlagungsfrist (§§ 1943, 1944 BGB) wird als ein Kundgebungsverhalten des Erben gegenüber den Nachlaßbeteiligten angesehen und als Erklärung der Annahme fingiert (§ 1943 Halbsatz 2 BGB). Sie ist daher wie die (ausdrückliche oder schlüssige) Annahme anfechtbar. Der vorläufige Erbe, der die Erbschaft am Tag vor Ablauf der Ausschlagungsfrist annimmt, soll hinsichtlich der Anfechtung nicht besser gestellt werden als wenn er durch Fristablauf endgültiger Erbe wird. Deshalb wird auch bei der Versäumung der Ausschlagungsfrist die Anfechtung wegen jeden Irrtums im Sinne von § 119 BGB zugelassen. Die uneingeschränkte Zulassung der Irrtumsanfechtung gefährdet das gesetzgeberische Ziel, die Nachlaßverhältnisse beschleunigt zu klären, nicht wesentlich, weil auch diese Anfechtung durch die Bezugnahme auf § 1954 Abs. 1 BGB kurz befristet ist (vgl. z.B. Erman/W. Schlüter, BGB, 7. Aufl., Rz. 1 zu § 1956 BGB).</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die in der Fristversäumung liegende Annahme kann wegen Irrtums nicht nur angefochten werden, wenn der Erbe den Lauf der Ausschlagungsfrist kennt und die Erbschaft demgemäß wissentlich nicht ausschlägt (so noch RGZ 58, 81), sondern nach jetzt einhelliger Rechtsauffassung auch dann, wenn der als Erbe Berufene die Erbschaft in Wirklichkeit nicht hat annehmen wollen und die Frist nur versäumt hat, <u>weil er über, ihr Bestehen, ihren Lauf oder die Rechtsfolgen ihres Ablaufs in Unkenntnis gewesen ist</u> oder geglaubt hat, wirksam ausgeschlagen zu haben, wie etwa durch die Annahme, Schweigen sei Ausschlagung (RGZ 143, 419; BayObLG, MittRhNotK 1979, 159; Erman/W. Schlüter, Rz. 2 zu § 1956 BGB; MünchKomm-Leipold, BGB, Rz. 7 zu § 1956 BGB; Palandt/Edenhofer, BGB, 44. Aufl., Anm. 1 zu § 1956 BGB; Soergel/Stein, BGB, 11. Aufl., Rz. 2 zu § 1956 BGB). Stets müssen hierbei auch die übrigen Voraussetzungen für eine Irrtumsanfechtung vorliegen, also z.B. ein Irrtum über die Überschuldung des Nachlasses und die Kausalität dieses Irrtums (vgl. z.B. BayObLG, a.a.O.).</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Gemessen an diesen Rechtsgrundsätzen hat das Landgericht seine Prüfung mit Recht auf die zuletzt erwähnte Fallgestaltung beschränkt, daß die Beteiligte zu 2) über den Eintritt des Fristablaufs und seine Rechtsfolgen in Unkenntnis war und nicht den Willen hatte, die Erbschaft endgültig zu behalten. Insoweit hat es zu Unrecht die sechswöchige Anfechtungsfrist der §§ 1956, 1954 Abs. 1 BGB als gewahrt angesehen, die im Falle der Irrtumsanfechtung nach § 1954 Abs. 2 2. Alternative BGB mit dem Zeitpunkt beginnt, in welchem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrunde Kenntnis erlangt. Diese Ansicht hat das Landgericht im wesentlichen so begründet:</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Anfechtungsgrund im Sinne von § 1956 BGB sei nicht allein die Kenntnis vom Anfall der Erbschaft bzw. des Ablaufs der Ausschlagungsfrist. Es gehöre auch die positive Kenntnis des Anfechtungsberechtigten über Bestehen, Lauf und Rechtsfolgen des Ablaufs der Ausschlagungsfrist hierzu, weil nur diese Merkmale zusammengenommen die Fiktion des § 1943 2. Halbsatz BGB bewirkten. Die Beteiligte zu 2) habe die Erbschaft nach ihrem Vater nicht annehmen wollen, weil sie davon ausgehen konnte und ausgegangen sei, nichts "geerbt zu haben". Sie habe den Haushalt ihres Vaters aufgelöst und hauptsächlich zum Müll gegeben, weil er wertlos gewesen sei und sich deswegen gar nicht als Erbin betrachtet. Diesen Irrtum in der Erklärungshandlung erfasse § 1956 BGB. Es<i> </i>sei auch davon auszugehen, daß die Beteiligte zu 2) die im Verstreichenlassen der Ausschlagungsfrist liegende Annahmeerklärung bei Kenntnis der Sachlage nicht abgegeben hätte; denn auch unter Berücksichtigung einer Forderung des Erblassers gegen xxx in xxx in Höhe von 1.276,98 DM überstiegen die hier geltend gemachten Nachlaßverbindlichkeiten diesen Betrag. Von der Möglichkeit der Ausschlagung, der Tatsache der Fristversäumung hierfür und der Möglichkeit, die Fristversäumung anfechten zu können, habe die Beteiligte zu 2) erstmals am 23. August 1984 erfahren, wie sich aus dem Anhörungsprotokoll des Rechtspflegers ergebe. Das Schreiben des Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1) vom 11. April 1984 habe ihr diese Kenntnis nicht vermittelt, weil der Anwalt davon ausgegangen sei, daß sie Erbin des Erblassers sei und ihr nur das mitgeteilt habe. Über die Möglichkeit, die Fristversäumnis für die Ausschlagung anzufechten und wie das gegebenenfalls zu geschehen habe, verhalte sich das Schreiben nicht. Darüber sei auch nicht in dem Telefonat zwischen Rechtsanwalt xxx und dem Ehemann der Beteiligten zu 2) gesprochen worden, so daß sie persönlich aus diesem Gespräch keine positive Kenntnis von dem Bestehen des Anfechtungsgrundes erlangt habe.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Soweit das Landgericht für die Kenntnis vom Anfechtungsgrunde bei einer Anfechtung nach § 1956 BGB auch das Bewußtsein von der bestehenden Anfechtungsmöglichkeit und die Art und Weise der Anfechtung fordert, vermag ihm der Senat nicht zu folgen. Für den ihr schädlichen Fristbeginn mußte die Beteiligte zu 2) nur alle ihr Anfechtungsrecht begründenden <u>Tatsachen</u> zuverlässig erfahren haben. Dazu gehörten auch - wie ausgeführt - an Rechtstatsachen das Bestehen der Ausschlagungsfrist, ihr Lauf und die Rechtsfolgen ihres Ablaufs. Diese Kenntnis konnte ihr fehlen, wenn sie sich in einem Irrtum befand, also in einem auf Unkenntnis der entsprechenden Vorschriften beruhendem Rechtsirrtum. Dieser Irrtum mußte aber immer die Unkenntnis einer die Anfechtung begründenden Tatsache zur Folge haben, und es durfte sich nicht lediglich um eine rechtsirrtümliche Beurteilung des Anfechtungstatbestandes selbst handeln. Denn schon die Kenntnis des Anfechtungstatbestandes setzt die Anfechtungsfrist in Lauf, während es nicht erforderlich ist, daß der Anfechtende von seinem Anfechtungsrecht unterrichtet ist (so für § 2082 BGB: RGZ 132, 1, 4; Palandt/Edenhofer, Anm. 2 zu § 2082 BGB). Falls die Beteiligte zu 2), wie das Landgericht nach dem gegebenen Sachverhalt lediglich annehmen konnte, nur die Anfechtungsmöglichkeit und -art nach § 1956 BGB nicht gekannt hat, hätte das die Ingangsetzung der Anfechtungsfrist nicht gehindert.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Diese Frist ist schon vor dem Erörterungstermin des Rechtspflegers in Lauf gesetzt worden, so daß die am 23. August 1984 erklärte Anfechtung der Versäumung der Ausschlagungsfrist verspätet war und die Beschwerdeentscheidung auf dem vorstehend erörterten Gesetzesverstoß beruht. Die vorliegend für den Beginn der sechswöchigen Anfechtungsfrist ausschlaggebende Kenntnis von Ausschlagungsfrist, Lauf und Rechtsfolgen des Ablaufs (Fiktion der Annahme der Erbschaft) ist der Beteiligten zu 2) allerdings noch nicht durch das Schreiben des Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1) vom 11. April 1984 vermittelt worden, weil sie darin nur als Tochter des Erblassers und damit als Erbin bezeichnet wird, die für die Verbindlichkeiten des Verstorbenen hafte. Ihr Irrtum, sie sei deshalb nicht Erbin geworden, weil der Nachlaß ihres Vaters wertlos gewesen sei, ist aber durch das Telefongespräch ihres Ehemannes mit dem Anwalt der Beteiligten zu 1) beseitigt worden, das etwa Mitte bis Ende April 1984 stattgefunden hat. Wie von der Beteiligten zu 2) in ihrer Anfechtungserläuterung vom 28. August 1984 und auch im Erbscheinsverfahren eingeräumt worden ist, hat sie durch dieses Gespräch über ihren Ehemann erfahren, daß sie als Erbin und nächste Verwandte des Erblassers für die Nachlaßverbindlichkeiten hafte. Diese eingetretene Rechtsfolge hat der Anwalt dabei näher erklärt und mitgeteilt, daß die gesetzlich vorgeschriebene Ausschlagungsfrist von sechs Wochen seit dem bekanntgewordenen Tode des Erblassers inzwischen sehr wahrscheinlich verstrichen und eine zur Verhinderung des Anfalls notwendige Erbschaftsausschlagung nicht erklärt sei. Damit hatte die gesetzliche Erbin alle Tatsachen erfahren, die ihr Anfechtungsrecht begründeten. Der Anwalt der Beteiligten zu 1) war als deren Interessenvertreter nicht gehalten, auch noch über eine mögliche Anfechtung der Fristversäumung für die Ausschlagung der Erbschaft aufzuklären. Sache der Beteiligten zu 2) wäre es vielmehr gewesen, sich nunmehr unverzüglich über die ihr noch verbliebenen Rechte, den Anfall der Erbschaft zu vermeiden, zu erkundigen. Die sechswöchige Frist nach diesem Telefongespräch war aber längst verstrichen, als die gesetzliche Erbin schließlich durch den Rechtspfleger aufgeklärt wurde.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">3) Der angefochtene Beschluß ist daher wegen Verletzung der §§ 1956, 1954 BGB aufzuheben. Auf die erste Beschwerde sind auch die erstinstanzlichen Entscheidungen aufzuheben, die ebenfalls diesen Rechtsverstoß aufweisen. Die Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht ist hier geboten, weil infolge der Begründetheit der weiteren Beschwerde Maßregeln notwendig sind, deren Vornahme dem Gericht erster Instanz zukommt. Das ist erforderlich, wenn die Zurückweisung des Antrags auf Erteilung eines Erbscheins vom Gericht der weiteren Beschwerde aufgehoben wird (KKW, Rz. 66 c zu § 27 FGG). Da die Nachweise im Sinne des § 2354 BGB vorliegen und das gesetzliche Erbrecht der Beteiligten zu 2) gemäß § 2359 BGB festgestellt ist, ist das Nachlaßgericht anzuweisen, den von den Gläubigern beantragten Erbschein zu erteilen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten aus Billigkeitsgründen findet gemäß § 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG in den drei Instanzen nicht statt. Die Wertfestsetzung des Senats beruht auf §§ 131 Abs. 2, 30 KostO.</p>
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315,624 | olgham-1985-06-04-15-w-39384 | {
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<p>Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Der Gegenstandswert der ersten - insoweit in Abänderung des angefochtenen Beschlusses - und der weiteren Beschwerde wird auf je 264,-- DM festgesetzt.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Gründe:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Das Grundstück Gemarkung XXX Flur XXX Flurstück XXX grenzte früher an einen nordwestlich gelegenen Weg neben dem parallel zu ihm und der nordwestlichen Grenze des Grundstücks der XXX verlief. Bei dem Bach handelt es sich um ein Gewässer zweiter Ordnung im Sinne des Wassergesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Durch eine künstliche Verlegung des Baches sind der Weg und ein Teil des Baches in nordöstlicher Richtung in die ursprüngliche Fläche des Flurstücks XXX hineinverlegt worden. Der Beteiligte hat eine Neuvermessung durchgeführt, bei der aus dem ursprünglichen Flurstück XXX in seinem nordöstlichen Teil das Flurstück XXX gebildet worden ist, sich nordwestlich anschließend mit dem neuen Weg bis zur Mittellinie des Baches das Flurstück und am nordwestlichen Ende schließlich das Flurstück XXX. Dieses letzte Grundstück hat die Form eines langen schmalen Keils, der jenseits der neuen Bachmitte bis zum südlichen Teil der ursprünglichen Nordwestgrenze des alten Flurstücks XXX reicht. Diese neue Parzelle XXX liegt vollständig im neuen Bachbett und hat eine Fläche von 120 qm.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Mit einer Mitteilung über die Fortführung des Liegenschaftskatasters Nr. XXX vom 15. November 1983 hat der Beteiligte die Berichtigung des Grundbuchs und dabei insbesondere den Vermerk eines (der Parzelle XXX entsprechenden) Flächenabgangs von 120 qm beantragt.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Den Grundbuchberichtigungsantrag hat das Amtsgericht XXX - Rechtspflegerin - durch Beschluß vom 20. Juni 1984 mit der Begründung zurückgewiesen, es handele sich neben der Veränderung der geometrischen Form um eine Berichtigung rechtlicher Art, die nach den §§ 7 Abs. 1 a, 8 Abs. 1 der Allgemeinen Verfügung über die Erhaltung - der Übereinstimmung zwischen Grundstück und Kataster vom 20. Januar 1940 (DJ S. 214) nicht ohne weiteres in das Grundbuch übernommen werden könne, sondern der Entscheidung bedürfe; bei der künstlichen Veränderung eines Bachlaufes könne eine Fortführungsmitteilung grundbuchmäßig nur erledigt werden, wenn sich das neue Gewässerbett bereits vorher im Eigentum der Anlieger befunden habe oder von diesen durch Auflassung und Grundbucheintragung oder aber Enteignung erworben worden sei. Vorliegend sei das nicht der Fall, so daß bei einer Eintragung der anliegende Eigentümer von Flur XXX Flurstück XXX Rechtsverluste an seinem Eigentum erleide.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Gegen diesen Beschluß der Rechtspflegerin hat der Beteiligte Erinnerung vom 28. Juni 1984 mit der Begründung eingelegt, daß bei der künstlichen Verlegung des Bachbettes eines Gewässers zweiter Ordnung gemäß § 5 Abs. 1 des Wassergesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 4. Juli 1979 (LWG; GV NW S. 488/SGV NW 77) das Eigentum kraft Gesetzes übergehe. Dieser Erinnerung haben Rechtspflegerin und Grundbuchrichter nicht abgeholfen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat die als Beschwerde behandelte Erinnerung durch Beschluß vom 17. August 1984 zurückgewiesen, da die Auffassung des Beschwerdeführers von einem Rechtsübergang kraft Gesetzes nicht zutreffe.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Hiergegen wendet sich der Beteiligte mit seiner weiteren Beschwerde vom 1. Oktober 1984.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die weitere Beschwerde des Beteiligten ist statthaft, formgerecht eingelegt und auch sonst zulässig (§§ 78, 80 GBO). Der Beschwerdeführer ist zur Einlegung dieses Rechtsmittels berechtigt, weil seine erste Beschwerde ohne Erfolg geblieben ist (KEHE-Kuntze, Grundbuchrecht, 3. Aufl., Rz. 27 zu § 78 GBO).</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Das somit zulässige Rechtsmittel ist aber unbegründet, weil die angefochtene Beschwerdeentscheidung nicht auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§ 78 GBO).</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks"><b>1.)</b></p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht war mit einer zulässigen Erstbeschwerde des Beteiligten gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Rechtspflegerin - vom 20. Juni 1984 befaßt, durch den eine Zurückführung des Grundbuchs auf das Liegenschaftskataster gemäß Mitteilung vom 15. November 1983 abgelehnt worden ist, nachdem Rechtspflegerin und Grundbuchrichter der Erinnerung nicht abgeholfen hatten (§§ 11 Abs. 2 RpflG, 71 Abs. 1 GBO).</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Beschwerdeführer kann seine Beschwerdeberechtigung aus § 8 der Übereinstimmungsverordnung vom 20. Januar 1940 (DJ 1940, 214; teilweise geändert durch AV vom 31. Oktober 1967 = JMBl. NW 1967, 253) ableiten, die auf der Grundlage von § 1 Abs. 3 GBO ergangen ist. Danach ist er als Vermessungsbehörde berechtigt, das Grundbuchamt gemäß § 38 GBO zu ersuchen, aufgrund der Auszüge aus dem Veränderungsnachweis die Bestandsangaben des Grundbuchs zu berichtigen. Behörden sind beschwerdebefugt, soweit sie das Grundbuchamt nach § 38 GBO kraft gesetzlicher Vorschrift um eine Eintragung ersuchen dürfen (KEHE-Kuntze, Rz. 77 zu § 71 GBO). Um den Unterfall einer derartigen Eintragung handelt es sich bei Vermerken über die Berichtigung der Bestandsangaben bei der Zurückführung der Grundbücher auf das Kataster (vgl. dazu KEHE-Eickmann, Rz. 17 zu § 6 GBVfg).</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks"><b>2.)</b></p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">In sachlicher Hinsicht unterliegt die Beschwerdeentscheidung ebenfalls keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Zutreffend hat das Landgericht den Zurückweisungsantrag des Amtsgerichts bestätigt, mit dem dieses die Eintragung in das Grundbuch abgelehnt hat, weil kein Fall einer Berichtigung tatsächlicher Bestandsangaben vorliege, sondern eine nachträgliche Rechtsänderung ohne materielle Grundlage eingetragen werden solle.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Da für den Rechtsübergang des hier betroffenen Flurstücks 392 weder eine Auflassung noch eine Enteignung herangezogen werden können, verbleibt für einen solchen Eigentumsübergang allenfalls ein rechtfertigendes Gesetz. Mit Recht hat das Landgericht der Ansicht des Beteiligten nicht zugestimmt, eine solche gesetzliche Grundlage sei im Landeswassergesetz enthalten.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Nach § 5 Abs. 1 LWG gehören die Gewässer zweiter Ordnung, denen der Geiersgrundbach zuzuordnen ist, den Eigentümern der Ufergrundstücke. Gehören die Ufer verschiedenen Eigentümern, so ist nach Absatz 2 dieser Vorschrift Eigentumsgrenze für gegenüberliegende Ufergrundstücke eine durch die Mitte des Gewässers bei Mittelwasserstand zu ziehende Linie, für nebeneinanderliegende Ufergrundstücke die Senkrechte von dem Endpunkt der Landgrenze auf die vorstehend bezeichnete Mittellinie. Dieser Eigentumsbegriff geht von Privateigentum an den oberirdischen Gewässern im Sinne des Bürgerlichen Rechts aus. Er schließt nicht aus, daß die Grundstückseigentümer andere Regelungen hinsichtlich des Eigentums an Gewässern vereinbaren können, die zu ihrer Wirksamkeit der Auflassung und der Eintragung im Grundbuch bedürfen (Honert/Rüttgers, LWG NW, Erl. zu § 5 LWG). Der vorstehend zitierte § 5 LWG enthält nach der Auffassung des Senats nur die Eigentumsabgrenzung eines bestehenden Zustands bei unverändertem Gewässerbett. Dagegen wird bei (natürlichen oder künstlichen) Veränderungen des Gewässerbetts das Eigentum an den Anliegergrundstücken nicht verändert, wie nicht nur die übrigen Bestimmungen des Landeswassergesetzes zeigen (a), sondern auch die verfassungskonforme Auslegung des § 5 LWG selbst (b).</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks"><b>a)</b></p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Hat nach § 11 LWG ein Gewässer zweiter Ordnung infolge <u>natürlicher Ereignisse</u> sein bisheriges Bett verlassen und sich ein neuen Bett geschaffen, so sind diejenigen Grundeigentümer und Nutzungsberechtigten, die von der Veränderung betroffen werden, insgesamt oder einzeln innerhalb der dreijährigen Frist des Absatzes 2 berechtigt, den früheren Zustand auf ihre Kosten wiederherzustellen. Dieses gesetzlich verankerte Recht zur Wiederherstellung zeigt deutlich auf, daß das Grundeigentum der Gewässeranlieger bei natürlichen Veränderungen des Gewässerbettes unberührt bleibt und die volle Nutzungsmöglichkeit mit dem örtlichen Umfang dieses Rechts nach der Vorstellung des Gesetzgebers möglichst einhergehen soll.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Nach § 12 Abs. 1 LWG wird das Eigentum auch dann nicht verändert, wenn sich im Gewässer eine Insel bildet oder ein Gewässerbett vollständig vom Wasser verlassen wird. Auch diese Vorschrift zeigt eindeutig auf, daß Veränderungen des Gewässerbettes das private Grundeigentum der Anlieger unangetastet lassen. Sie entspricht bis in den Wortlaut dem § 11 der alten Fassung des Landeswassergesetzes und teilt deshalb auch seinen Inhalt. Zu § 11 LWG a.F, war es anerkannt, daß diese Bestimmung sowohl bei natürlichen als auch bei künstlichen Veränderungen des Gewässerbettes anzuwenden war, während der frühere § 10 LWG der dem jetzigen § 11 LWG entsprach, seinem Wortlaut nach nur zum Zuge kam, wenn das Wasser infolge natürlicher Ereignisse sein Bett verlassen und sich ein neues Bett geschaffen hatte. Für die alte Gesetzeslage, die der neuen im Wortlaut glich, wurde die Auffassung vertreten, daß dann, wenn das neue Gewässerbett künstlich geschaffen werden sollte, das hierfür erforderliche Grundeigentum vorher im Wege des Privatvertrages oder notfalls der Enteignung erworben werden mußte (Burghartz, WHG und LWG, 2. Aufl., Anm. 1 zu § 10 LWG a.F.). Geringere Anforderungen sind auch nach der neueren Gesetzeslage nicht zu stellen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks"><b>b)</b></p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">§ 5 LWG enthält keinen unmittelbaren Eingriff in das Privateigentum mit der Folge, daß jede künstliche Verlegung eines Gewässerbettes (geringeren oder größeren Umfangs) das Grundeigentum der Anlieger im Sinne dieser Bestimmung (Mittellinie des Gewässers als neue Eigentumsgrenze) verändert oder gestaltet. Denn diese Vorschrift umschreibt ihrem Wortlaut nach nur den bestehenden Zustand eines Gewässerbettes. Diese Wortinterpretation entspricht auch dem bei den Gesetzesberatungen erkennbar gewordenen Willen des Gesetzgebers. Die dem neuen Gesetzentwurf beigegebene Begründung, daß dann, wenn einem Gewässer künstlich ein neues Bett geschaffen werden solle, das erforderliche Grundeigentum vorher durch Vereinbarung oder notfalls im Wege der Enteignung erworben werden müsse, belegt dies (Regierungsvorlage vom 20. Juni 1959 - Landtagsdrucksache Nr. 156, S. 72). Dieser historische Wille des Gesetzgebers wird nicht dadurch in Frage gestellt, daß bei interministeriellen Besprechungen des Gesetzesentwurfs die Beifügung einer besonderen Gesetzvorschrift für eine Eigentumsänderung bei der künstlichen Verlegung eines Gewässerbettes mit der Begründung abgelehnt wurde, daß das angestrebte Ziel bereits mit dem Wortlaut des § 5 LWG gesetzlich begründet sei, diese vernunftgemäße Auslegung jedoch in der Praxis (Katasterbeamte und Grundbuchrichter) leider nicht die Regel bilde.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Daß § 5 LWG keinen Eingriffscharakter in das Eigentumsrecht besitzt, zeigt auch § 7 LWG. Nach dieser Vorschrift bleibt das Eigentum aufrechterhalten, soweit es bei Inkrafttreten des Landeswassergesetzes an Gewässern zweiter Ordnung einem anderen als den Eigentümern der Ufergrundstücke zusteht. Dieser Vorschrift wird zwar in der Praxis keine große Bedeutung beigemessen, da in der Regel die Eigentumsverhältnisse an den Gewässern zweiter Ordnung am Tage des Inkrafttretens des neuen Wassergesetzes am 26. Juli 1979 geregelt waren (Honert/Rüttgers, Erl. zu § 7 LWG). Immerhin bringt sie das Fehlen einer eigentumsverändernden Bedeutung von § 5 LWG zum Ausdruck. Die den §§ 5 und 7 LWG entsprechenden Vorschriften des alten Landeswassergesetzes fanden sich in §§ 4 und 6 a.F. Auch in ihnen zeigte sich die fehlende Eingriffswirkung. Wenn nach § 4 Abs. 1 LWG a.F. die Gewässer zweiter Ordnung den Eigentümern der Ufergrundstücke gehörten, so wurde das nur als eine Regel bezeichnet, von der § 6 LWG a.F. abweichende bisherige Regelungen ausnahm, und von der der Gewässereigentümer im Rahmen seines Rechts abweichen konnte, das Gewässergrundstück als solches zu veräußern oder das Gewässereigentum aufzugeben (§ 928 BGB; Burghartz, Anm. 1 zu § 4 LWG a.F.).</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die restriktive Auslegung des § 5 LWG ist im übrigen auch verfassungskonform. Hätte diese Bestimmung regelnde, rechtsverändernde Bedeutung, so würde dies bei der künstlichen Verlegung eines Gewässerbettes einen Eingriff in das Eigentum des davon nachteilig betroffenen Anliegers im Sinne eines Rechtsverlustes bedeuten. Eine Enteignung zum Wohle der Allgemeinheit ist jedoch nur durch ein Gesetz oder durch Verwaltungsakt aufgrund eines Gesetzes möglich, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt (vgl. Art. 14 Abs. 3 Sätze 1 bis 3 GG). Dieser Junctimklausel unterliegen also Legal- und Administrativenteignung (zur Abgrenzung: BVerfG, NJW 1977, 2349) aufgrund eines nachkonstitutionellen Gesetzes. Ein Enteignungsgesetz, das die Entschädigung nicht gemäß Art. 14 Abs. 3 Sätze 2 und 3 GG regelt, wird als nichtig angesehen und darf nicht durch die Rechtsprechung ergänzt werden (BVerfG, NJW 1982, 745; Palandt/Bassenge, BGB, 44. Aufl., Anm. 5 B b bb zu § 903 BGB).</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks"><b>3.)</b></p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die weitere Beschwerde ist unter diesen Umständen zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Eine Kostenentscheidung des Senats gemäß § 13a Abs. 1 S. 2 FGG ist wegen des Fehlens Beteiligter mit entgegengesetzten Interessen nicht veranlaßt. Die Wertfestsetzung des Senats beruht auf §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 KostO. Sie ist an dem Wert des hier betroffenen Grundstücks ausgerichtet. Der Flächenabgang an das Gewässerflurstück 392 beträgt 120 qm. Da der Beteiligte den im Zuge der Bachverlegung für Eigentumsverluste gezahlten Entschädigungsbetrag mit 2,20 DM/qm angegeben hat, ist der Gegenstandswert auf 264,-- DM zu schätzen. Die anderweite Festsetzung des Landgerichts für den Beschwerderechtszug ist gemäß § 31 Abs. 1 S. 2 KostO von Amts wegen zu ändern.</p>
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315,625 | olgk-1985-05-24-3-u-21484 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
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"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 3 U 214/84 | "1985-05-24T00:00:00" | "2019-03-13T15:09:31" | "2019-03-27T09:42:38" | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1985:0524.3U214.84.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Klägers wird das am 8. Oktober 1984 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Aachen teilweise wie folgt abgeändert:</p><p>Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger 9.738,12 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 1. Juni 1984 abzüglich am 8. Juni 1984 gezahlter 7.266,89 DM zu zahlen.</p><p>Die weitergehende Klage wird abgewiesen.</p><p>Im übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.</p><p>Die Kosten des Rechtsstreits 1. Instanz tragen der Kläger zu 2/5 und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 3/5.</p><p>Die Kosten der Berufungsinstanz fallen dem Kläger zu 2/3 und den Beklagten als Gesamtschuldner zu 1/3 zur Last.</p><p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p><p>Von der Darstellung des Tatbestandes wird nach § 543 ZPO abgesehen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe</p><span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die in prozessualer Hinsicht bedenkenfreie Berufung des Klägers mußte in der Sache einen Teilerfolg haben.</p><span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">1.                Nach dem zu den Aktengereichten Empfangsbekenntnis der Rechtsanwälte W und C in A ist Ihnen dasangefochtene Urteil bereits am 15. Oktober 1984 zugestellt worden, so daß die erst am 16. November 1985 eingegangene Berufung verspätet wäre. Der Kläger hat jedoch nachgewiesen, daß der Datenstempel auf dem Empfangsbekenntnis unrichtig und die Zustellung tatsächlich erst am 16. Oktober 1984 erfolgt ist. Da der Beweis der Unrichtigkeit des Empfangsbekenntnisses zulässig ist (BGH NJW 1979, 2566; 1980, 998; BGH VersR 1982, 160), bestehen unter den hier <span style="text-decoration:underline">gegebenen</span> Umständen keine Bedenken gegen die Rechtzeitigkeit der Berufurg. Den vom Bundesgerichtshof gestellten besonderen Anforderungen an den Nachweis hat der Kläger durch die vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen genügt.</p><span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">2.                Der Kläger kann von den Beklagten nach den §§ 823, 249 BGB, 7, 18, 17 StVG, 1, 3 PflVersG 2/3 seines Schadens aus dem Unfall vom 15.1.1983 gegen 16.50 Uhr auf der BAB D - A bei Km 10,99 ersetzt verlangen. Seine weitergehendeForderung ist unbegründet.</p><span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Diese Überzeugung stützt der Senat auf folgende Erwägungen:</p><span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat mit überzeugender Begründung ausgeführt, daß der Unfall auf einem Verschulden des Beklagten zu 1. beruht, weil er mit einer den Witterungsverhältnissen nicht angepaßten Geschwindigkeit die Bundesautobahn befahren hat. Wie das Landgericht mit Recht angenommen hat, ist der Beklagte zu 1.) mit seinem PKW ins Schleudern geraten, weil er entweder einen Fahrfehler gemacht oder infolge seiner überhöhten Geschwindigkeit die Gewalt über sein Fahrzeug verloren hat. In jedem Falle gereicht ihm das zum Verschulden.</p><span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Auch dem Kläger ist eine für die zur Unfallzeit herrschende Witterung überhöhte Geschwindigkeit vorzuwerfen, weil er dem Beklagten mit etwa gleich hoher Geschwindigkeit folgte. Darüber hinaus lassen die Angaben der Zeugin B, die Insassin des Fahrzeugs des Klägers gewesen ist, erkennen, daß der Kläger zunächst wegen Glatteis keine Bremswirkung erzielte und sein Wagen zunächst nicht langsamer wurde, nachdem er die sich ihm abzeichnende Unfallgefahr erkannte. Um der Glatteisbildung Rechnung zu tragen, hätte der Kläger von vornherein seine Geschwindigkeit so herabsetzen müssen, daß er in der Lage war, rechtzeitig vor einem Hindernis anzuhalten.</p><span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Darüber hinaus kann dem Kläger allerdings nicht vorgeworfen werden, gegen das Rechtsfahrgebot verstoßen und hierdurch den Unfall verschuldet zu haben. Es kann auf sich beruhen, ob der Kläger nach dem von ihm unmittelbar vor dem Unfall ausgeführten Überholmanöver schon wieder auf die Normalspur hätte einscheren können; denn jedenfalls dient das Rechtsfahrgebot nicht dem Schutz von Hindernissen auf der Überholspur der Bundesautobahn. Das Rechtsfahrgebot soll den Gegenverkehr und Überholer schützen.</p><span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger kann auch nicht zusätzlich vorgeworfen werden, ein Ausweichmanöver unterlassen zu haben, um den Zusammenstoß zu vermeiden. Selbst wenn der Kläger den Schleudervorgang des Fahrzeugs des Beklagten zu 1.) auf eine größere Entfernung erkannt hätte, läßt sich nicht sicher abschätzen, ob er zumutbarerweise hätte ausweichen können. Denn zunächst war für ihn noch nicht erkennbar, wie die Schleuderbewegung des Fahrzeugs des Beklagten verlief und wie dieses Fahrzeug zum Stehen kommen würde. Außerdem sprachen zunächst, wie ausgeführt, die Bremsen des Fahrzeugs des Klägers nicht an. Berücksichtigt man des weiteren, daß gerade wegen der Glatteisgefahr eine Lenkbewegung auch das eigene Fahrzeug in Gefahr bringen konnte, wenn schon die eigenen Bremsen infolge Glatteisbildung nicht normal ansprachen, konnte eine Ausweichbewegung nach rechts auf die Normalspur als untunlich und gefährlich erscheinen, zumal die eigene Geschwindigkeit überhöht war. Da schon die überhöhte Geschwindigkeit einen Schuldwurf zu Lasten des Klägers rechtfertigt, können die sich daraus ergebenden Folgen nicht als selbständiger Worwurf angesehen werden.</p><span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks"><strong>Bei dieser Sachlage ist davon auszugehen, daß beide beteiligten Fahrer durch Verschulden die Betriebgefahr ihrer Fahrzeuge erhöht haben. Bei Berücksichtigung aller Umstände des Falles erachtet aber der Senat die Betriebsgefahr eines Fahrzeugs, das auf der Bundesautobahn infolge Glatteis ins Schleudern gerät und dann auf der Überholspur gegen die Fahrtrichtung zum Stehen kommt, als wesentlich größer als die die eines Fahrzeugs, das infolge überhöhter Geschwindigkeit auf dieses, ein Hindernis bildende Fahrzeug auffährt. Der Senat ist daher der Überzeugung, daß die Beklagten 2/3 des dem Kläger entstandenen Schadens zu tragen</strong> haben. Im übrigen muß der Kläger seinen Schaden selbst tragen. Die Addition der Schadenspositionen ergibt 14.607,18 DM. Was die Schadenshöhe im übrigen angeht, streiten die Parteien darüber, ob die dem Kläger <strong>von der Firma Autohaus K &</strong> K berechneten Zinsen <strong>von463,80</strong> DM eine verzinsliche Forderung darstellen. <strong>Da</strong> der Kläger diese Zinsforderung selbst bezahlen mußte, handelt es sich um einen selbständigen Schadensposten, für den der Kläger seinerseits Verzugszinsen verlangen kann. Entgegen <strong>der vom Landgericht</strong> vertretenen Auffassung verstieß der Kläger mit <strong>der Geltendmachung seiner Forderung nicht gegen das Zinseszinsverbot des §</strong> 248 Abs. 1 BGB, weil in seiner Hand noch keine Zinsforderung gegen die Beklagten erwachsen <strong>war.</strong></p><span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Nach alledem war, <strong>wie geschehen, zu erkennen.</strong></p><span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks"><strong>Die Kostenentscheidung beruht auf §</strong> 92 <strong>ZPO.</strong></p><span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks"><strong>Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich</strong> aus den §§ 708 Ziff. 10, 713 ZPO.</p><span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Streitwert der Berufung:              7.381,29 DM</p><span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Beschwer der Parteien:              unter              40.000,-- DM.</p>
|
315,626 | ag-aachen-1985-05-21-14-c-29284 | {
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} | 14 C 292/84 | "1985-05-21T00:00:00" | "2019-03-13T15:09:32" | "2019-03-27T09:42:38" | Urteil | ECLI:DE:AGAC1:1985:0521.14C292.84.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Es wird festgestellt, dass der Beklagte der Vater der Kläge-rin ist.</p>
<p></p>
<p>Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin zu Händen des je-weiligen gesetzlichen Vertreters vom Tage der Geburt, dem 23.11.1978 an bis zum vollendeten 18. Lebensjahre den Regelunterhalt monatlich im voraus zu zahlen, die rückstän-digen Beträge sofort.</p>
<p></p>
<p>Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Tatbestand</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin ist am 23.11.1978 von der I nichtehelich geboren worden.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe ihrer Mutter während der gesetzlichen Empfängsniszeit (vom 25.01.1978 bis zum 26.05.1978) beigewohnt.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:142px">festzustellen, dass der Beklagte ihr Vater sei und den Beklagten zu verurteilen, an sie zu Händen des jeweiligen gesetzlichen Vertreters vom Tage der Geburt, dem 23.11.1978 an bis zum vollendeten 18. Lebensjahre, den Regelunterhalt monatlich im voraus zu zahlen, die rückständigen Beträge sofort.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte ist trotz ordnungsgemäßer Ladungen zu den angesetzten Gerichtsterminen nicht erschienen und hat sich in der mündlichen Verhandlung auch nicht vertreten lassen. Im Schriftsatz vom 09.02.1981 der Rechtsanwälte L2 und C aus L, die den Beklagten seinerzeit anwaltlich vertreten haben, wurde der Antrag auf Klageabweisung angekündigt. In diesem Schriftsatz hat der Beklagte vortragen lassen:</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Er habe die Mutter der Klägerin Ende Februar / Anfang März 1978 in Q kennengelernt. Er habe sie als Anhalterin in seinem Lastkraftwagen mitgenommen. Bereits am 1. Tag sei es zum Geschlechtsverkehr gekommen. Für die Schwangerschaft sei der Beklagte jedoch nicht verantwortlich. Die Mutter der Klägerin habe vor dem Verkehr mit dem Beklagten und auch danach mit wechselnden Männern geschlechtlichen Verkehr ausgeübt.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Mutter der Klägerin als Zeugin.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Wegen des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschriften vom 30.06.1981 und 15.04.1985.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Desweiteren hat das Gericht durch Beschluß vom 12.11.1981 die Einholung eines Blutgruppengutachtens zur Klärung der Vaterschaft angeordnet. Der mit der Erstellung des Gutachtens beauftragte Dr. med. T1, hat das staatliche Gesundheitsamt in P, Außenstelle L, gebeten, den Beklagten zur Entnahme einer Blutprobe vorzuladen. Trotz mehrerer Ladungen des staatlichen Gesundheitsamtes P ist der Beklagte nicht erschienen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Das Gericht hat den Beklagten sodann mit Schreiben vom 19.11.1982 auf die nachteiligen Folgen hingewiesen, die sich für den Beklagten aus der Verweigerung der Blutentnahme ergeben könnten. Daraufhin ist der Beklagte durch das staatliche Gesundheitsamt P, Außenstelle L, nochmals zur Blutentnahme geladen worden. Der Beklagte ist jedoch auch diesmal trotz dreimaliger Aufforderung nicht erschienen. Mit Datum vom 12.07.1984 hat das Gericht sodann ein Rechtshilfeersuchen an die zuständigen französischen Behörden gerichtet mit der Bitte, bei dem Beklagten durch einen Arzt eine Blutentnahme durchführen zu lassen. Das Tribunal de Grande Instance in D hat sodann die Medizinerin/Biologin Dr. I in D ersucht, bei dem Beklagten eine Blutentnahme durchzuführen. Der Beklagte ist jedoch auch bei Frau Dr. I nicht zur Blutentnahme erschienen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe</u></b></p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist zulässig und begründet.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Für die vorliegende Klage sind die deutschen Gerichte international zuständig. Nach § 641 a Zivilprozessordnung ist für einen Rechtsstreit, der, wie hier, die Feststellung des Bestehens der nichtehelichen Vaterschaft zum Gegenstand hat, ausschließlich das Amtsgericht zuständig, bei dem die Vormundschaft oder Pflegschaft für das Kind anhängig ist. Für die Klägerin wird beim Amtsgericht B eine Amtspflegschaft geführt. Danach ist dieses Gericht für die vorliegende Klage örtlich zuständig. Aus dieser örtlichen Zuständigkeit ergibt sich zugleich auch die internationale Zuständigkeit dieses Gerichts. Nach allgemeiner Ansicht in Rechtsprechung und Schrifttum ist die internationale Zuständigkeit, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist, an die Regeln über die örtliche Zuständigkeit geknüpft.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Das Begehren der Klägerin ist, obgleich der Beklagte in Frankreich wohnt und auch die französische Staatsangehörigkeit besitzen dürfte, nach den Sachnormen des deutschen Rechts zu beurteilen. Nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung, der sich auch das erkennende Gericht anschließt, ist seit dem Inkrafttreten des Nichtehelichengesetztes über die Feststellung der Vaterschaft nach deutschem Recht zu entscheiden, wenn das deutsche Recht für die Unterhaltspflicht des Vaters maßgebend ist (so zuletzt: Bundesgerichtshof, Beschluß vom 15.02.1984 – IV b ZB 701/81 in Neue Juristische Wochenschrift 1984, Seiten 1299 folgende, insbesondere Seite 1301). Nach Artikel 1 des Haager Übereinkommens über das Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern anzuwendende Recht vom 24.10.1956 bestimmt sich die Frage, b und in welchem Ausmaß der Beklagte der Klägerin Unterhalt zu leisten hat, nach dem Recht des Staates, in dem die Klägerin ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, also nach deutschem Recht. Folglich ist auch über die Feststellungsklage nach deutschem Recht zu entscheiden. Nach § 1600 o Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches ist der Beklagte als Vater der Klägerin festzustellen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat eingeräumt, dass er mit der Mutter der Klägerin während der gesetzlichen Empfängniszeit Geschlechtsverkehr gehabt hat. Dies ergibt sich sowohl aus dem Schriftsatz der damaligen Prozessbevollmächtigten des Beklagten vom 09.02.1981, als auch aus den Erklärungen des Beklagten selbst vor dem Amtsgericht B am 24.02.1981. Im übrigen hat auch die Mutter der Klägerin bei ihrer zweimaligen Vernehmung als Zeugin bekundet, mit dem Beklagten während der gesetzlichen Empfängniszeit Geschlechtsverkehr gehabt zu haben. Die Mutter der Klägerin hat diese Aussage auch beeidet. Unter Würdigung aller Umstände des vorliegenden Falles, sowie unter Berücksichtigung des persönlichen Eindrucks von der Zeugin bestehen auch keine Bedenken, die Richtigkeit der Aussage der Zeugin in Zweifel zu ziehen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Da somit feststeht, dass der Beklagte und die Mutter der Klägerin während der gesetzlichen Empfängniszeit Geschlechtsverkehr miteinander hatten, wird gemäß § 1600 o Absatz 2 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch vermutet, dass der Beklagte der Erzeuger der Klägerin ist. Schwerwiegende Zweifel, die geeignet wären, diese Vermutung auszuräumen, bestehen nicht.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Mutter der Klägerin hat nach ihren eigenen Angaben während der gesetzlichen Empfängniszeit außer mit dem Beklagten, noch mit einem Mann aus T Geschlechtsverkehr gehabt. Bei ihrer zweiten Vernehmung am 15.04.1985 hat die Kindesmutter auf Befragen noch zusätzlich erklärt, sie habe nach dem Geschlechtsverkehr mit dem Mann aus T und vor dem ersten Geschlechtsverkehr mit dem Beklagten noch ihre Periode gehabt. Dieser Umstand wäre als Hinweis gegen die Vaterschaft des Mannes aus T und für die Vaterschaft des Beklagten zu werten. Im übrigen kommt es darauf aber nicht entscheidend an. Denn unter Umständen des vorliegenden Falles hätten sich schwerwiegende Zweifel an der Vaterschaft des Beklagten im Sinne des § 1600 o Absatz 2 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch nur aus dem Blutgruppengutachten ergeben können, dessen Einholung das Gericht angeordnet hatte. Die Erstellung dieses Blutgruppengutachtens hat der Beklagte jedoch dadurch vereitelt, dass er sich keine Blutprobe hat entnehmen lassen. Der Beklagte hat sich auch nachdem er auf die für ihn nachteiligen Folgen hingewiesen worden war, nicht zur Blutentnahme eingefunden. Dadurch hat der Beklagte bewusst eine weitere Beweiserhebung vereitelt. Dieses Verhalten des Beklagten geht zu seinen Lasten. Denn die Last der fehlgeschlagenen Feststellung, ob sich aus dem Blutgruppengutachten noch schwerwiegende Zweifel an der Vaterschaft des Beklagten ergäben, ist derjenigen Partei aufzuerlegen, die die für diese Feststellung erforderliche Beweisaufnahme auf treuwidrige Weise vereitelt hat. Dies gilt auch dann, wenn der als Vater in Anspruch genommene Mann immer im Ausland gewohnt hat und dort geblieben ist, wenn das Kind auch dort gezeugt wurde und wenn das Heimatrecht des Beklagten diesem ein Recht zur Verweigerung seiner Mitwirkung bei der Beweisaufnahme gibt. Wesentlich ist dabei, dass das Verfahren sich nach deutschem formellen und materiellen Recht richtet.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Es kommt daher darauf an, ob der Beklagte für seine Weigerung, sich eine Blutprobe entnehmen zu lassen, Gründe vorweisen kann, die seine Weigerung nach deutschem Recht als berechtigt oder wenigstens verständlich und anerkennenswert erscheinen lassen. Dies ist hier nicht der Fall. Die Weigerung des Beklagten, sich eine Blutprobe entnehmen zu lassen, ist vielmehr im vorliegenden Falle besonders unverständlich, da der Beklagte am 24.02.1981 gegenüber dem Gericht noch erklärt hatte, er sei in jedem Fall bereit, sich eine Blutprobe entnehmen zu lassen um die Vaterschaft zu klären.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Da die Vaterschaft des Beklagten festzustellen ist, ist er gleichzeitig gemäß §§ 1600 a, 1601, 1615 a, 1615 f, Bürgerliches Gesetzbuch , 643 Zivilprozessordnung zur Zahlung des Regelunterhaltes vom Tage der Geburt der Klägerin an zu verurteilen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Zivilprozessordnung. Der Gegenstandswert wird auf 4.000,00 Deutsche Mark festgesetzt.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Stritzel</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Richter am Amtsgericht</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Schneiders</p>
|
315,627 | lg-duisburg-1985-05-07-4-t-12685 | {
"id": 807,
"name": "Landgericht Duisburg",
"slug": "lg-duisburg",
"city": 408,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 4 T 126/85 | "1985-05-07T00:00:00" | "2019-03-13T15:09:34" | "2019-03-27T09:42:38" | Beschluss | ECLI:DE:LGDU:1985:0507.4T126.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die als sofortige Beschwerde zu behandelnde Durchgriffs-erinnerung des Antragstellers vom 11.3.1985 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Wesel vom 21.2.1985 wird zurückgewiesen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsteller zu tragen.</p>
<p>Beschwerdewert: 300,-- DM.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>G r ü n d e :</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Antragsteller hat nach der durch die Bundesregierung vorgenommenen Erhöhung des Regelbedarfs beantragt, den Regelunterhalt neu festzusetzen und den Standpunkt vertreten, dass eine Anrechnung von Kindergeld nicht möglich sei, da der Antragsgegner für jüngere Kinder ein erhöhtes Kindergeld erhält. Für den Antragsteller werden 50,-- DM Kindergeld gezahlt.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat durch den angefochtenen Beschluss den Regelunterhalt auf 203,-- DM monatlich festgesetzt und ist damit um 25,-- DM unter dem beantragten Betrag geblieben. Es ist der Auffassung, dass das dem Antragsteller ausgezahlte Kindergeld zur Hälfte auf den Regelunterhalt anzurechnen sei.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Hiergegen hat der Antragsteller form- und fristgerecht Erinnerung eingelegt, mit der er die Anrechnung von 25,-- DM beanstandet. Das Amtsgericht hat der Erinnerung nicht abgeholfen und die Sache dem Landgericht vorgelegt.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks"><u>1.</u></p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die als sofortige Beschwerde zu behandelnde Durchgriffserinnerung ist zulässig, insbesondere statthaft.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Gemäß § 641 p Abs. 3 ZPO ist die sofortige Beschwerde gegen den Änderungsbeschluss nur in den dort genannten Fällen statthaft, u.a. mit der Einwendung, der Änderungsbetrag sei falsch errechnet. Um eine solche Einwendung handelt es sich hier. Denn die tatsächlichen Grundlagen der Berechnung stehen außer Streit. Es geht ausschließlich um die Frage, ob aufgrund der feststehenden Tatsachen der Änderungsbetrag richtig errechnet ist.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks"><u>2.</u></p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die sofortige Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das Amtsgericht hat in Ansehung des für den Antragsteller ausgezahlten Kindergeldes von 50,-- DM zu Recht 25,-- DM auf den Regelunterhalt angerechnet. Diese Anrechnung findet ihre Rechtsgrundlage in § 1615 g Abs. 1 Satz 1 BGB. Danach ist das auf das Kind entfallende Kindergeld, das einem anderen als dem Vater zusteht, auf den Regelbedarf zur Hälfte anzurechnen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks"><u>a)</u></p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Zu Unrecht macht der Antragsteller geltend, § 4 RegU VO stehe einer Anrechnung entgegen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Nach dieser Vorschrift ist, wenn eine Leistung für das Kind sowohl dem Vater (hier: Antragsgegner) als auch einem anderen (hier: Mutter bzw. Pflegeeltern) zusteht, die dem anderen zustehende Leistung nicht auf den Regelbedarf anzurechnen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Voraussetzungen dieser Norm liegen hier nicht vor: Lediglich "der andere" im Sinne dieser Vorschrift (nämlich Mutter bzw. Pflegeeltern) erhält für den Antragsteller Kindergeld (nämlich in Höhe von 50,-- DM). Der Vater (hier: Antragsgegner) erhält für den Antragsteller keine Leistung. Eine solche Leistung kann insbesondere nicht in dem Umstand gesehen werden, dass er mit Rücksicht auf den Antragsteller für seine weiteren Kinder ein erhöhtes Kindergeld erhält (Zählkindvorteil). Denn dieses erhöhte Kindergeld erhält er ausschließlich für seine weiteren Kinder. Er erhält es aber nicht <u>für</u> den Antragsteller; allenfalls <u>wegen</u> des Antragstellers ist das Kindergeld für seine weiteren Kinder erhöht (vgl. Mertes, Rpfl 1982, 129).</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Dieses Ergebnis trägt den von dem BGH herausgestellten Grundsätzen Rechnung, dass der Kindergeldausgleich nicht das Rechtsverhältnis zwischen einem Elternteil und seinen unterhaltsberechtigten Kindern, sondern ausschließlich die Rechtsbeziehungen zwischen den Elternteilen betrifft (BGH NJW 81, 170) und dass im Innenverhältnis der Elternteile demjenigen, der eine zusätzliche Unterhaltslast hat, auch der damit verbundene Zählkindervorteil <u>allein</u> zugute kommt (BGH MDR 85, 215).</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks"><u>b)</u></p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der Einwand des Antragstellers, diese Rechtsprechung des BGH beziehe sich nur auf den Kindergeldausgleich bei ehelichen Kindern, für nichteheliche Kinder sei in zahlreichen Entscheidungen von Gerichten unterschiedlicher Instanz der Zählkindervorteil stets als Leistung <u>für</u> das nichteheliche Kind angesehen worden, vermag die Kammer nicht zu überzeugen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Ein Grund für eine Differenzierung zwischen Elternteilen, die in Ansehung von ehelichen und solchen, die in Ansehung von nichtehelichen und/oder ehelichen Kindern Kindergeld erhalten, ist nicht ersichtlich. Die Ausführungen des BGH der letztgenannten Entscheidung (MDR 85, 216) sprechen gegen eine solche Differenzierung.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Der BGH hat dort nämlich betont, dass er es "nicht zuletzt wegen der Fülle von verschiedenartigen Fallgestaltungen, in denen sich für einen oder beide Ehegatten ein Zählkindervorteil ergeben kann, für geboten hält, an dem Grundsatz der Nichtanrechenbarkeit dieses Vorteils festzuhalten". Dieser die Entscheidung tragende Gesichtspunkt gilt gleichermaßen für den Zählkindervorteil bei nichtehelichen Kindern.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Zutreffend weist der Antragsteller zwar auf die Vielzahl von Entscheidungen hin, in denen eine Anrechnung des Zählkindervorteils auch bei nicht gemeinsamen Kindern vorgenommen worden ist. Diesen Entscheidungen vermag die Kammer jedoch mit Rücksicht auf den hier zugrundegelegten neuesten Stand der BGH-Rechtsprechung nicht zu folgen. Im Übrigen beruhen diese Entscheidungen je nach Fallgestaltung auf Billigkeitserwägungen; abgesehen davon, dass diesen im – summarisch ausgestalteten – Festsetzungs- bzw. Neufestsetzungsverfahren nach den §§ 642 a, 642 b ZPO keine entscheidende Bedeutung beigemessen werden kann, ist nach Auffassung der Kammer auch nicht einzusehen, dass es unter Gesichtspunkten der Billigkeit angemessen wäre, den "Zählkindervorteil", den der Antragsgegner wegen seiner Vaterschaft über den Antragsteller genießt, als eine ihm im Sinne von § 4 RegUVO für den Antragsteller zustehende Leistung anzusehen. Hätte der Antragsgegner keine weiteren Kinder, müsste sich der Antragsteller die Hälfte des seiner Mutter oder seinen Pflegeeltern gewährten Kindergeldes auf seinen Unterhaltsanspruch anrechnen lassen. Dass dies billigerweise anders sein müsste, nur weil der Antragsgegner weitere, eheliche Kinder hat, vermag die Kammer nicht zwingend erkennen. Weder hat sich dadurch der Unterhaltsbedarf des Antragstellers oder die seiner Mutter bzw. seinen Pflegeeltern obliegende Unterhaltslast erhöht, noch hat sich dadurch die den Antragsgegner treffende Unterhaltslast und –pflicht vermindert, oder seine Leistungsfähigkeit nachhaltig erhöht.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 I ZPO.</p>
|
315,628 | ovgnrw-1985-04-30-20-a-133182 | {
"id": 823,
"name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen",
"slug": "ovgnrw",
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"state": 12,
"jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": null
} | 20 A 1331/82 | "1985-04-30T00:00:00" | "2019-03-13T15:09:35" | "2019-03-27T09:42:37" | Urteil | ECLI:DE:OVGNRW:1985:0430.20A1331.82.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden
Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor in gleicher Höhe Sicherheit
leistet.</p>
<p></p>
<p>Die Revision wird nicht zugelassen.</p>
<p></p>
<p></p>
<p></p>
<p>
</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"> Tatbestand</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger, der Landwirtschaft und eine Gaststätte mit Pension betreibt, ist
Eigentümer eines Wiesengrundstücks Gemarkung xxx, Flur xxx Flurstück xxx. Das
Grundstück befindet sich in einem vom xxx durchflossenen Tal. Es handelt sich um
ein Hanggrundstück, das talseits bis zum xxx reicht. Es ist teilweise stark
durchfeuchtet, weil auf ihm einige Quellen münden. Quer durch das Grundstück -
vom Hang her kommend und in den xxx einmündend - fließt der Bach xxx.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beabsichtigt, auf dem Grundstück eine Fischteichanlage zu errichten,
die aus einem Hauptteich mit einer Größe von 60 x 22 m sowie einem vorgelagerten
kleineren Teich mit einer Größe von 10 x 5 m bestehen soll; der Teichinhalt soll
etwa 1.100 cbm betragen. Der Kläger möchte den Teich mit Forellen besetzen. Den
dazu erforderlichen Wasserdurchlauf will er erreichen, indem er hangseitig aus dem
Bach xxx Wasser entnehmen, es mit einer Rohrleitung in die Teichanlage leiten und
es nach Durchfluß durch die Teichanlage talseits wieder in den xxx einleiten
will.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 30. Mai 1980 beantragte der Kläger beim Beklagten die
wasserrechtliche Erlaubnis, 3,0 L Wasser pro Sekunde aus dem xxx ableiten und es
nach Durchfluß durch die Fischteiche wieder in den xxx einleiten zu dürfen. Diesen
Antrag lehnte der Beklagte durch Bescheid vom 3. November 1980 ab. In der
Begründung heißt es u.a.: Gemäß § 6 des Gesetzes zur Ordnung des
Wasserhaushalts (WHG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Oktober
1976, BGBl. I S. 3017, sei eine wasserrechtliche Erlaubnis zu versagen, soweit von
der beabsichtigten Benutzung eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit zu
erwarten sei, die nicht durch Auflagen oder durch Maßnahmen einer Körperschaft
des öffentlichen Rechts verhütet oder ausgeglichen werde. Hinsichtlich des Wohl der
Allgemeinheit könnten dabei auch andere Belange als die des Gewässerschutzes
ausschlaggebend sein. Eine besondere Rolle spielten in diesem Zusammenhang die
Bestimmungen der §§ 4 und 6 des Gesetzes zur Sicherung des Naturhaushalts und
zur Entwicklung der Landschaft (LG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 26.
Juni 1980, GV NW S. 734. Nach § 4 Abs. 5 LG sei ein Eingriff zu untersagen, wenn
die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege bei Abwägung aller
Anforderungen an Natur und Landschaft vorgingen und die Beeinträchtigung nicht zu
vermeiden oder nicht im erforderlichen Maße auszugleichen sei. Nach § 4 Abs. 1 LG
seien Eingriffe in Natur und Landschaft im Sinne des Landschaftsgesetzes
Veränderungen der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen, die die
Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich oder
nachteilig beeinträchtigen könnten. Durch die vorgesehene Teichanlage würde die
Gestalt und Nutzung der jetzt als Feuchtwiese unbewirtschafteten Grundfläche
verändert, gleichzeitig würde die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts nachhaltig
beeinträchtigt. Es handele sich um ein Feuchtgebiet mit einer an dieses Ökosystem
gebundenen Fauna und Flora. Naturräume dieser Art erfüllten eine wesentliche
Funktion innerhalb des Naturhaushalts. Sie seien im Laufe der letzten Jahrzehnte im
überdurchschnittlichen Maße anderweitig in Anspruch genommen worden, so daß
der Erhaltung der letzten verbliebenen Feuchtgebiete besondere ökologische
Bedeutung zukomme. Die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege
seien im Falle des Klägers höher zu bewerten als dessen Eigeninteresse an der
Errichtung einer Fischteichanlage. Das Vorhaben sei daher gemäß § 4 Abs. 5 und § 6
LG abzulehnen gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Kläger legte Widerspruch ein und machte unter anderem geltend: er
betreibe Landwirtschaft und könne aus wirtschaftlichen Gründen nicht für die
Allgemeinheit Feuchtbiotope vorhalten; durch die Errichtung der Fischteichanlage
werde die umliegende Wiesenfläche wieder in einen Zustand versetzt, der ihre
Bearbeitung mit normalen landwirtschaftlichen Maschinen und Geräten
ermögliche.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Regierungspräsident Arnsberg wies den Widerspruch des Klägers mit
Widerspruchsbescheid vom 22. Juni 1981 zurück.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat am 14. Juli 1981 Klage erhoben mit dem Antrag,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 3. November 1980 in
der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidenten xxx vom 22.
Juni 1981 zu verpflichten, über seinen Antrag vom 30. Mai 1980 auf Erteilung einer
wasserrechtlichen Erlaubnis unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts
erneut sachlich zu entscheiden.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Das Verwaltungsgericht hat der Klage nach Durchführung eines
Augenscheinstermins durch das angefochtene Urteil, auf das Bezug genommen wird,
stattgegeben.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat gegen das ihm am 10. Mai 1982 zugestellte Urteil am 8. Juni
1982 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er u.a. vor: Die Fischteichanlage
stelle einen Eingriff in Natur und Landschaft im Sinne des § 4 LG dar. Die Teiche
sollten innerhalb einer naturnahen Waldsimsen-Feuchtwiese geschaffen werden, die
sich in der Nähe des xxxbaches als Mähwiese und im bachfernen Bereich als
Brachwiese ausgebildet habe. Insbesondere stelle die Mähwiese eine ökologisch
hochwertige, naturnahe Magerwiese dar. Hier habe sich bisher nicht nur die seit 30
Jahren im xxx Kreis immer seltener gewordenere Wiesensegge erhalten können,
hier komme auch das breitblättrige Knabenkraut vor, das nach der Roten Liste der in
Nordrhein-Westfalen gefährdeten Arten von Farn- und Blütenpflanzen als gefährdet
eingestuft werde. Auch bilde die Feuchtwiese in ihrer Gesamtheit einen Lebensraum
für den Aurorafalter und den Dukatenfalter, die beide in der Roten Liste der in
Nordrhein-Westfalen gefährdeten Großschmetterlinge als gefährdet bezeichnet
würden. Im Gegensatz zur ökologischen Bedeutung der Feuchtwiese stehe der
geringe wirtschaftliche Nutzen der geplanten Fischteiche. Angesichts der fehlenden
wirtschaftlichen Bedeutung der Teiche sei den Belangen des Naturschutzes der
Vorrang zu geben.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat durch den Berichterstatter das Grundstück und seine Umgebung
in Augenschein genommen. Wegen des Ergebnisses der Augenscheinseinnahme wird
auf die Niederschrift vom 21. Mai 1984 und die anläßlich des Termins gefertigten
Fotos (Blatt 102, 103 der Gerichtsakte) verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Wegen des weiteren Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im
einzelnen wird auf die Verfahrensakte sowie auf die beigezogenen
Verwaltungsvorgänge .des Beklagten Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung ist nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten zu Recht verpflichtet, über die
beantragte wasserrechtliche Erlaubnis unter Beachtung der Rechtsauffassung des
Gerichts erneut zu entscheiden. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig, weil
in ihnen die gebotene Ermessensentscheidung nicht getroffen worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Für die beabsichtigte Entnahme von Wasser aus dem xxx und die
Wiedereinleitung nach Durchfluß durch die geplanten Tischteiche benötigt der
Kläger gemäß § 2 Abs. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 und § 7 WHG eine wasserrechtliche
Erlaubnis. Die Entscheidung über die wasserrechtliche Erlaubnis ist, soweit nicht
zwingende Versagungsgründe eingreifen, eine Ermessensentscheidung.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Vgl. Sieder-Zeitler, Wasserhaushaltsgesetz, Loseblattkommentar, Stand:
Oktober 1983, § 2 Rdnr. 6a; Gieseke-Wiedemann-Czychowski,
Wasserhaushaltsgesetz, Kommentar, 4. Aufl., § 6 Rdnr. 2 f.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Annahme des Beklagten und des Regierungspräsidenten stehen
hier der wasserrechtlichen Erlaubnis keine zwingenden Versagungsgründe entgegen.
Insbesondere greift § 6 WHG nicht ein, wonach eine wasserrechtliche Erlaubnis zu
versagen ist, soweit von der beabsichtigten Nutzung eine Beeinträchtigung des
Wohls der Allgemeinheit, insbesondere eine Gefährdung der öffentlichen
Wasserversorgung zu erwarten ist, die nicht durch Auflagen oder durch Maßnahmen
einer Körperschaft des Öffentlichen Rechts verhütet oder ausgeglichen wird.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die in Rechtslehre und Rechtsprechung nicht einhellig beantwortete Frage, ob
unter Gefahren für das Wohl der Allgemeinheit im Sinne des § 6 WHG nur solche zu
verstehen sind, die speziell die Wasserwirtschaft nachteilig betreffen, oder ob
Gefahren für andere öffentliche Belange miterfaßt werden,</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">vgl. Sieder-Zeitler, a.a.O., § 6 Rdnr. 6 f m.w.N.,</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">ist dahin zu entscheiden, daß nur Gefahren für die Wasserwirtschaft gemeint
sind.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerfG, Beschluß vom 15. Juli 1981 - 1 BvL 77/78 -, NJW 1982, 745 (752);
BVerwG, Urteil vom 10. Februar 1978 - 4 C 25.75 -, BVerwGE 55, 220 (229) = NJW
1978, 2308; Beschluß vom 22. November 1979 - 4 B 162.79 -, NJW 1980,
1406.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Dem entspricht es, daß das von § 6 WHG letzter Satzteil i.V.m. § 4 WHG zur
Verfügung gestellte Instrumentarium zur Abwehr solcher Gefahren nicht paßt, die
sich außerhalb des von § 1 Abs. 1 WHG umschriebenen Bereichs verwirklichen. § 6
WHG schließt die Erlaubnis aus, wenn von der beabsichtigten Benutzung Gefahren
zu erwarten sind. Als Benutzung umschreibt das Gesetz in § 7 WHG nur die
unmittelbare Einflußnahme auf ein Gewässer. Die Bestimmung sagt daher nichts zu
Gefahren, die nicht aus der Benutzung des Gewässers, sondern erst aus der
weiteren Verwendung des durch die Benutzung gewonnenen Wassers resultieren.
Bei einer weitergehenden Auslegung überschritte § 6 WHG zudem die dem
Bundesgesetzgeber zur Verfügung stehende Gesetzgebungskompetenz, die nur die
Ordnung des Wasserhaushalts umfaßt (vgl. Art. 75 Nr. 4 des Grundgesetzes - GG -);
damit ist die Bewirtschaftung des in der Natur vorhandenen Wassers nach Menge
und Güte gemeint.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerfG, Urteil vom 30. Oktober 1962 - 2 BvF 2/60 u.a. -, BVerfGE 15, 1
(15); Beschluß vom 15. Juli 1981 - 1 BvL 77/78 -, a.a.O.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Daß hier keine Gründe der Wasserwirtschaft gegeben sind, die eine Versagung
nach § 6 WHG erfordern, hat das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt; auch der
Beklagte hält insoweit seine Bedenken nicht aufrecht.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Auch andere Gründe, die die Versagung der wasserrechtlichen Erlaubnis
gebieten könnten, greifen nicht ein. Insoweit kam hier allerdings eine
Versagungsmöglichkeit nach § 8 Abs. 2 und 3 des Gesetzes über Naturschutz und
Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz - BnatSchG -) vom 20. Dezember 1976,
BGBl. I S. 3574 und § 4 Abs. 4 und 5 und § 6 LG in Betracht. Durch diese
Bestimmungen wird den Fachbehörden, die aufgrund ihres speziellen Fachrechts
über Eingriffe in Natur und Landschaft auf bestimmten Sachgebieten zu entscheiden
haben - etwa die Wasserbehörden auf dem Gebiete des Wasserrechts -,
aufgegeben, über ihren speziellen Fachzuständigkeitsbereich hinaus die gesetzlichen
Naturschutzziele zu verwirklichen. Damit werden den Fachbehörden zusätzlich zu
ihren normalen Kompetenzen weitere Handlungsaufgaben - die Gewährleistung der
Naturschutzziele - mit auferlegt.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Vgl. Gassner, NuR 1984, 81 ("Huckepackverfahren")</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Dieses Verfahren greift nach § 8 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG und § 6 Abs. 1 LG
Platz, wenn ein qualifizierter Eingriff in Natur und Landschaft im Sinne der
genannten Gesetze gegeben und für diesen Eingriff nach anderen - außerhalb des
Bundesnaturschutzgesetzes und des Landschaftsgesetzes normierten -
Rechtsvorschriften eine behördliche Bewilligung, Erlaubnis, Genehmigung,
Zustellung, Planfeststellung, sonstige Entscheidung oder eine Anzeige an eine
Behörde für den Eingriff vorgeschrieben ist. Dann hat die betreffende Behörde, die
die in Frage stehende Entscheidung zu treffen oder eine Anzeige entgegenzunehmen
hat, zugleich die Kompetenz, gegenüber dem in Frage stehenden Eingriff die Natur-
und Landschaftsschutzinteressen geltend zu machen. Das kann ihr unter Umständen
gebieten, eine erforderliche Erlaubnis, über deren Erteilung sie nach ihren
Fachzuständigkeiten zu entscheiden hat (wie etwa die untere Wasserbehörde über
die Erteilung der wasserrechtlichen Erlaubnis nach § 7 WHG), unter Berufung auf
entgegenstehende Grundsätze des Naturschutzes und der Landschaftspflege gemäß
§ 8 Abs. 3 BNatSchG und § 4 Abs. 5 LG zu versagen, wenn gegenüber dem Eingriff
die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege bei der Abwägung aller
Anforderungen an Natur und Landschaft im Rang vorgehen und die
Beeinträchtigungen nicht zu vermeiden oder nicht in erforderlichem Maße
auszugleichen sind.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Eine solche Versagungspflicht nach den genannten Vorschriften des
Bundesnaturschutzgesetzes und des Landschaftsgesetzes greift für die hier in Frage
stehende wasserrechtliche Erlaubnis jedoch nach der konkreten Sachlage dieses
Falles nicht durch. Der Eingriff, der hier Gegenstand der wasserrechtlichen Erlaubnis
ist, beeinträchtigt die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege nicht in
qualifizierter Weise. Als derjenige Eingriff, auf den sich die wasserrechtliche
Erlaubnis bezieht, kommt nur das in Betracht, was durch die Erlaubnis gestattet
werden soll. Das aber ist nicht die Herstellung und der Betrieb der Teiche - hierzu
bedarf es keiner wasserrechtlichen Erlaubnis -, sondern lediglich die Ableitung einer
begrenzten Menge von Wasser aus dem xxx und die Wiedereinleitung in diesen nach
Benutzung für die Zwecke des Teiches. Dieses bloße Ab- und Wiedereinleiten einer
begrenzten Wassermenge aber verändert die natürlichen Verhältnisse auf der Wiese
nicht. Eine Gefährdung für die Naturgegebenheiten auf der Wiese - wenn eine solche
Gefährdung überhaupt gegeben sein sollte - kann vielmehr nur von dem Anlegen
und den Betrieb der Fischteiche selbst ausgehen. Das Anlegen und der Betrieb der
Fischteiche selbst aber ist gerade nicht Gegenstand der wasserrechtlichen
Erlaubnis.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Läßt sich somit mit dem Verwaltungsgericht feststellen, daß die
Ermessensbefugnis des Beklagten zur Entscheidung über die wasserrechtliche
Erlaubnis nicht ausgeschaltet ist, so bleibt der Beklagte gehalten, sein Ermessen zu
betätigen. Die Versagungsbescheide sind ermessensfehlerhaft, weil das Ermessen
nicht betätigt worden, vielmehr der Beklagte von einer zwingenden
Versagungspflicht ausgegangen ist, die nicht bestand. Die Nichtbetätigung des
Ermessens beeinträchtigt den Kläger auch in seinen Rechten - zumindest in seinem
Recht auf pflichtgemäßen Ermessensgebrauch. Andererseits läßt sich nicht
feststellen, daß der Beklagte aufgrund einer Reduzierung seines Ermessens
verpflichtet ist, die beantragte Erlaubnis zu erteilen. Ein Ermessensspielraum bleibt
ihm erhalten, zumindest bleibt es ihm unbenommen, die wasserrechtliche Erlaubnis
nach Ermessen durch Nebenbestimmungen wie Auflagen oder Bedingungen näher
auszugestalten.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über
die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr.
10, 711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen der §§ 132 Abs. 2,
137 Abs. 1 VwGO nicht vorliegen.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">
</p>
|
315,629 | olgk-1985-04-26-24-w-5484 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
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} | 24 W 54/84 | "1985-04-26T00:00:00" | "2019-03-13T15:09:37" | "2019-03-27T09:42:37" | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1985:0426.24W54.84.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der am 3.Dezember 1984 ver­kündete Beschluß der 11. Kammer für Han­delssachen des Landgerichts Köln - 91 0 139/84 - unter, Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise ab­geändert und wie folgt neu gefaßt:</p>
<p></p>
<p>1) Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller in ihren Geschäftsräumen Einsicht in die Geschäftsunterlagen zu gewähren, die über die Erträge der L aus deren Finanzmitteln des Jahres 1983 Auskunft gibt. Sie hat dem Antragsteller auf dessen Verlangen zu gestatten, daß er diese Unterlage fotokopiert.</p>
<p></p>
<p>2) Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller Auskunft über die Tantiemerückstellungen in dem Jahresabschluß 1983 der L zu erteilen, jedoch nur in folgendem Umfang: Die Antragsgegnerin hat die Beträge zu nennen, die insgesamt für die Geschäftsführer und die insgesamt für die übrigen Mitarbeiter ausgewiesen sind.</p>
<p></p>
<p>Sie hat darüberhinaus im einzelnen anzugeben, welche Beträge für die Geschäftsführer Dr. H und S in diesen Rückstellungen als Tantieme enthalten sind.</p>
<p></p>
<p>3) Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller Auskunft über die festen monatlichen Bezüge zu geben, die derzeit an die Geschäftsführer Dr. H und S zahlbar sind.</p>
<p></p>
<p>4) Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller in ihren Geschäftsräumen Einsicht zu gewähren in die Tantiemeberechnung für die Geschäftsführer für das Geschäftsjahr 1983, die im Anschluß an die Gesellschafterversammlung vom 14. Juni 1984 von Herrn Dr. J unterzeichnet worden ist. Sie hat dem Antragsteller ferner zu gestatten, daß er bei dieser Gelegenheit die Berechnung fotokopiert.</p>
<p></p>
<p>5) Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller zu gestatten, in ihren Geschäftsräumen das Unternehmenskonzept und die derzeitige Finanz­planung in der zuletzt fortgeschriebenen Fassung einzusehen. Sie hat dem Antragsteller ferner zu gestatten, daß er bei dieser Gele­genheit die genannten Unterlagen fotokopiert.</p>
<p></p>
<p>6) Die weitergehenden Anträge werden zurückge­wiesen.</p>
<p></p>
<p>7)Von den Kosten des Verfahrens haben der Antrag­steller 1/4 und die Antragsgegnerin 3/4 zu tragen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><strong><u>Gründe: </u></strong></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><strong>A.</strong></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks"><strong>Der Antragsteller ist Gesellschafter der Antragsgegnerin, einer GmbH. Er hält Geschäftsanteile im Nennwert von 5.120.000,--DM - 34 % des Stammkapitals. Die Antragsgegnerin ist die H der S, zu der 18 weitere Gesellschaften im In- - und Ausland zählen. An 7 dieser Gesellschaften ist die Antragsgegnerin mit 100 % beteiligt. An 3 weiteren dieser Gesellschaften ist die L (zukünftig: L), an der ihrerseits wieder die Antragsgegnerin mit 100 % beteiligt ist zu 100 % beteiligt.</strong></p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks"><strong>Die Antragsgegnerin hat mit ihrer Tochter L am 13. Dezember 1972 einen Organschaftsvertrag geschlossen. Danach ist die L verpflichtet, an die Antragsgegnerin vor Feststellung der eigenen Bilanz ihren Gesamtgewinn abzuführen. Die Antragsgegnerin ist verpflichtet, einen bei der L entstehenden Jahresfehlbetrag auszugleichen. Aus einem erzielten Jahresüberschuß kann die L Zuführungen in offene Reserven vornehmen, sofern die Antragsgegnerin zustimmt (§ 1 des Organschaftsvertrages). Nach § 4 des Vertrages ist die Antragsgegnerin berechtigt, der L Einzelanweisungen zur Durchführung bestimmter Arten von Geschäften oder einzelner Geschäfte zu geben. Um die Durchführung dieser Weisungen sicher zu stellen, hat nach § 5 zwischen mindestens einem Mitglied der Geschäftsführung der Antragsgegnerin und der L Personenidentität zu bestehen. Tatsächlich sind die beiden Geschäftsführer der Antragsgegnerin zugleich Geschäftsführer der L die Geschäftsführung der L besteht aus insgesamt 5 Personen.</strong></p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks"><strong>Der Antragsteller begehrt mit seinen auf § 51 a GmbH--Gesetz gestützen Anträgen von der Antragsgegnerin Auskünfte, die</strong> <strong>Aushändigung von fotokopierten Geschäftsunterlagen, hilfs­weise die Einsichtnahme in bestimmte Geschäftsunterlagen. Diese Begehren betreffen zum Teil (jedenfalls auch) Angele­genheiten der L. Der Streit der Parteien geht darum, inwieweit es sich dabei zugleich um Angelegenheiten auch der Antragsgegnerin als Muttergesellschaft handelt.</strong></p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks"><strong>Das Landgericht hat dem Auskunftsbegehren in vollem Umfang stattgegeben. Mit der - zugelassenen - sofortigen Beschwerde verfolgt die Antragsgegnerin ihr Ziel der Antragszurückweisung weiter.</strong></p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks"><strong>Wegen sämtlicher weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien, die von ihnen überreichten Unterlagen und das angefochtene Urteil Bezug genommen.</strong></p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks"><strong>B.</strong></p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks"><strong>Die von der Antragsgegnerin form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist nach § 51b GmbH-Gesetz in Verbindung mit § 132 Abs. 3 Satz 2 Aktiengesetz statthaft.</strong></p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks"><strong>Die sofortige Beschwerde hat teilweise Erfolg. Soweit der Antragsteller mit seinen Hauptanträgen zu 1, 4 + 5 die Aushändigung von fotokopierten Geschäftsunterlagen verlangte, war sein Antrag zurückzuweisen. Mit den übrigen Anträgen - insbe­sondere auch mit den im Beschwerdeverfahren formulierten Hilfsanträgen - hat der Antragsteller aber überwiegend Erfolg. Im einzelnen ist zu den Anträgen folgendes auszuführen:</strong></p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks"><strong>1)a) Mit seinem Hauptantrag zu 1) begehrt der Antragsteller, ihm eine Fotokopie der Geschäftsunterlage auszuhändigen, die über die Erträge der L aus deren Finanzmitteln des Jahres 1983 Auskunft gibt. Die L verfügte im Jahre 1983 über erhebliche liquide Mittel. Der Antragsteller will in Erfahrung bringen, auf welche Weise und mit welchem Erfolg das verfügbare Geld angelegt worden ist: Er glaubt, das cash - Management sei nicht so erfolgreich wie möglich gewesen.</strong></p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Hauptantrag ist unbegründet. Nach § 51 a GmbH-Gesetz <strong>kann der Gesellschafter von der Geschäftsführung Auskunft über die Angelegenheiten der Gesellschaft verlangen und in den Geschäftsräumen der Gesellschaft Einsicht in die Bücher und Schriften nehmen. Die Vorschrift gewährt dem Gesellschafter aber keinen Anspruch darauf, daß die Ge­schäftsführung Teile der Bücher und Schriften für ihn fotokopiert und die Fotokopien übersendet.</strong></p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks"><strong>Wenn ein Gesellschafter Auskunft über Angelegenheiten der Gesellschaft verlangt hat, kann die Geschäftsführung die gestellten Fragen damit beantworten, daß sie dem Ge­sellschafter Fotokopien der einschlägigen Unterlagen über­reicht. Dem Auskunftsbegehren des Gesellschafters wird so mitunter besser Genüge getan als durch eine zusammen­fassende Wiedergabe dessen, was das Geschäftspapier im einzelnen enthält. Aus dem Umstand, daß die Geschäftsführung die Wahl hat, begehrte Auskünfte durch Fotokopien von Unterlagen zu erteilen, folgt aber nicht, daß umgekehrt der Gesellschafter auf die Übersendung der Fotokopien einen Anspruch hat.</strong></p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks"><strong>Wenn der Gesellschafter in den Geschäftsräumen der Gesellschaft gemäß § 51 a GmbH-Gesetz Einsicht in deren Bücher und Schriften nimmt, ist ihm Gelegenheit zur Anfertigung von Fotokopien zu geben (vgl. Karsten Schmidt in Scholz, GmbH-Gesetz, § 51 a, 14). Zu diesem Recht des Gesellschafters, sich Fotokopien anzufertigen, wird der Senat weiter unten </strong>noch zu sprechen kommen. Es handelt <strong>sich dabei aber um ein Recht zu fotokopieren und nicht um einen Anspruch, sich Fotokopien übersenden zu lassen. Dieser Unterschied ist wesentlich. § 51 a GmbH-Gesetz gewährt </strong>einen <strong>Anspruch, die Bücher und Schriften der Gesellschaft in deren Geschäftsräumen einzusehen. Als A dieses Rechtes kann die Anfertigung von Fotokopien</strong><strong>gestattet werden. Die Vorschrift kann aber nicht dahin umgedeutet werden, daß der Gesellschafter die Übersendung von Fotokopien der Bücher und Schriften verlangen kann. </strong>Nehmen <strong>die Gesellschafter in den Geschäftsräumen der Gesellschaft Einsicht in die dortigen Bücher und Schriften, so stehen dem anzuerkennende Interessen der Geschäftsführer im allgemeinen nicht entgegen. Die Gesellschafter können auf diese Weise ihr Informationsbedürfnis befriedigen, ohne daß es die Geschäftsführung zeitlich, personell und finanziell belastet. Hat dagegen der Gesellschafter einen Anspruch auf Aushändigung von fotokopierten Geschäftsunter­lagen, so kann der Aufwand der Geschäftsführung erheblich sein, wenn mehrere Gesellschafter dieses Recht intensiv geltend machen.</strong></p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks"><strong>Würde dem Gesellschafter der vom Antragsteller begehrte Fotokopieübersendungsanspruch eingeräumt, so wäre auch eine unnütze Ansammlung vervielfältigter Akten der Gesellschaft im Besitz der einzelnen Gesellschafter die Folge. Vor der Einsichtnahme in die Bücher vermag der Gesellschafter im allgemeinen nicht abzuschätzen, welche Unterlagen für ihn von gesteigertem Interesse sind. Da er ohne vorherige Einsichtnahme kein eigenes Urteil darüber hat, welche Teile der vorhandenen Schriften für ihn belanglos sind, wird er regelmäßig die Übersendung der gesamten fotokopierten Akte verlangen. Er wird dies umso eher tun können, als es auf seiner Seite - anders als bei der Geschäftsführung - mit keiner Mühe verbunden ist. Das Informationsrecht des Gesellschafters könnte in einem derartigen Fall leicht mißbraucht werden. Ein Fotokopieübersendungsrecht findet daher nicht nur im Wortlaut des §51 a GmbH-Gesetz keine Stütze; ein derartiges Recht kann auch aus dem Sinn der Regelung nicht abgeleitet werden. Es wäre auch nicht wünschenswert.</strong></p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks"><strong>b) Mit seinem in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfs­antrag begehrt der Antragsteller, daß ihm die Einsicht­nahme in die oben unter a) näher beschriebene Unterlage gestattet werde. Dieser Antrag ist begründet:</strong></p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks"><strong>aa) Der Hilfsantrag ist wirksam gestellt. Um den Streit der Parteien beizulegen, ist es sachdienlich, daß im vorliegenden Verfahren auch über das hilfsweise gestellte Begehren entschieden wird. Eine derartige Entscheidung ist möglich, ohne daß neuer Streitstoff tatsächlicher oder rechtlicher Art in das Verfahren eingeführt wird.</strong></p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks"><strong>Etwas anderes folgt entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin auch nicht aus den Besonderheiten des Auskunfts­verfahrens gemäß den §§ 51 a) und b) GmbH-Gesetz. Die Antragsgegnerin meint, jedes einzelne Auskunftsbegehren müsse zunächst vorprozessual gegenüber der Geschäftsführung gestellt und von dieser abgelehnt worden sein, bevor der Gesellschafter den Antrag auf eine gerichtliche Entscheidung nach § 51 b) GmbH-Gesetz stellen könne. Insbesondere sei es der Geschäftsführung nicht zuzumuten, jedes - im gestellten Umfang unbegründete - Auskunftsbegehren darauf zu überprüfen, ob es jedenfalls in Teilen oder als "Minus" berechtigt sei.</strong></p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks"><strong>Ob aus diesen Überlegungen Bedenken gegen eine unveränderte Übernahme der §§ 263 ff. ZPO in das Auskunftsverfahren nach dem GmbH-Gesetz herzuleiten sind, bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung. Ein gegenüber dem zunächst allein gestellten Hauptantrag eingeschränkter Hilfsantrag ist jedenfalls dann verfahrensrechtlich zulässig, wenn die Geschäftsführung auf das gestellte Hilfsbegehren bereits vorprozessual eingegangen ist, oder wenn die grundlegenden Erwägungen, mit denen die Geschäftsführung das gestellte Hauptbegehren abgewiesen hat, ebenso auch zur Zurück­weisung des Hilfsbegehrens führen müßten. Es wäre eine sinnlose Förmelei, in einem derartigen Fall den auskunfts­suchenden Gesellschafter darauf zu verweisen, er müsse sich zunächst außerprozessual die mit Gewissheit ab­sehbare - Ablehnung bei der Geschäftsführung einholen. Ob Besonderheiten zu gelten haben, wenn die Geschäftsführer nach § 51 a Abs. 2 GmbH-Gesetz Auskunft oder Einsicht verweigern möchten und deshalb eines Beschlusses der Gesellschafter bedürfen, kann hier gleichfalls offenbleiben; auf die Vorschrift des § 51 a Abs. 2 GmbH-Gesetz wird hier die Verweigerung der Auskunft oder Einsichtnahme nicht gestützt.</strong></p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks"><strong>Nach den genannten Grundsätzen bestehen gegen den Hilfs­antrag zu 1) keine verfahrensrechtlichen Bedenken. Mit der Frage, ob der Antragsteller in die Unterlage über die Erträge der L aus den Finanzmitteln des Jahres 1983 Einsicht nehmen könnte, hat sich die Geschäftsführung der Antragsgegnerin vorprozessual bereits befaßt. Sie hat nämlich am 17. Juli 1984 dem Antragsteller diese Einsichtnahme ausdrücklich angeboten und dieses Angebot im Schreiben vom 19. Juli 1984 wiederholt. Das Angebot ist seinerzeit von dem Antragsteller nicht angenommen worden,</strong>' <strong>weil er zunächst auf der Übersendung einer Fotokopie be­stand. Die Antragsgegnerin hätte daher den in der münd­lichen Verhandlung gestellten Hilfsantrag des Antragstellers mit der entsprechenden Kostenfolge gemäß § 93 ZPO anerkennen können. Stattdessen hat die Antragsgegnerin - und damit die Geschäftsführer als ihre Vertreter - das frühere Angebot nicht mehr aufrecht erhalten und sich <em>in </em>ihren schriftsätzlichen Äußerungen nach der mündlichen Verhandlung darauf gestützt, die Unterlage über die Erträge aus den Finanzmitteln sei von der L aufbereitet worden. Daher habe der Antragsteller kein Recht auf Einsichtnahme. Es gibt keinen verfahrensrechtlichen Sinn, den Antragsteller darauf zu verweisen, er müsse sich diese jetzige Auffassung der Geschäftsführung der Antragsgegnerin außerhalb des Verfahrens zunächst noch einmal bestätigen lassen, um dann das Begehren prozessual verfolgen zu können.</strong></p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks"><strong>bb) Die Berechtigung des Hilfsbegehrens, Einsicht in die Unter­lage zu nehmen, folgt unmittelbar aus § 51 <em>a </em>GmbH-Gesetz. Danach hat die Gesellschaft Einsicht in ihre Bücher und Schriften zu gestatten. Dabei handelt es sich um alle Unterlegen, über die die Gesellschaft <em>verfügt.</em></strong></p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks"><strong>Hier muß davon ausgegangen werden, daß Bestandteil der bei der Antragsgegnerin geführten Akten auch die Geschäfts­unterlage ist, die über die Erträge der L aus deren Finanzmitteln des Jahres 1983 Auskunft gibt. In ihrem bereits erwähnten Schreiben vom 19. Juli 1984 hat die An­tragsgegnerin dem Antragsteller mitgeteilt, die Unterlage stehe in ihrem Hause zur Einsichtnahme zur Verfügung. Die Antragsgegnerin behauptet selbst nicht, daß sie seither die Unterlage aus ihren Schriften wieder entfernt habe.</strong></p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks"><strong>Demgegenüber kommt es entgegen der Auffassung der Antrags­gegnerin nicht darauf an, daß die fragliche Unterlage möglicherweise für die L erstellt worden ist. Entscheidend ist allein, daß sie jetzt Bestandteil der bei der Antrags­gegnerin geführten "Bücher und Schriften" ist. Darin darf der Antragsteller Einsicht nehmen.</strong></p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks"><strong>c) Mit seinem Hilfsantrag zu 1) verlangt der Antragsteller weiterhin, daß ihm auf sein Verlangen gestattet werde, im Zuge der Einsichtnahme die oben bezeichnete Unterlage auch zu fotokopieren. Auch insoweit ist sein Antrag be­gründet:</strong></p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">
<strong>aa) Der Hilfsantrag ist auch mit diesem Teil verfahrensrechtlich</strong>. <strong>zulässig. Die Antragsgegnerin vertritt den grundsätzlichen Standpunkt, daß ein Gesellschafter kein Recht habe, allgemein die von ihm eingesehenen Unterlagen zu fotoko­pieren. Allenfalls dürfe er einmal zwei oder drei Seiten besonders wichtiger Schriftstücke vervielfältigen. Sie hat diesen Standpunkt auch in ihren Schriftsätzen nach der mündlichen Verhandlung, nachdem der Hilfsantrag gestellt war, aufrecht erhalten und bekräftigt. Es wäre daher wieder eine bloße Förmelei, den Antragsteller darauf zu verweisen, er müsse dieses Auskunftsbegehren zunächst noch einmal außerhalb des Verfahrens an die Geschäfts­führer richten.</strong></p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks"><strong>bb) Der Senat teilt die auch im Schrifttum vertretene Auf­fassung, daß sich der Gesellschafter bei der Einsichtnahme in die Bücher und Schriften der Gesellschaft Notizen und Fotokopien anfertigen darf. Das Einsichtsrecht dient dazu, daß sich der Gesellschafter zuverlässig über seine Ge­sellschaft ins Bild setzen kann. Eine sinnvolle Ausübung des Einsichtsrechtes ist oft ohne Anfertigung von Notizen nicht denkbar. Muß danach dem Gesellschafter die Anfer­tigung handschriftlicher Notizen gestattet sein, so muß er auch die Möglichkeit haben, stattdessen bereitstehende Fotokopiergeräte zu benutzen.</strong></p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks"><strong>Nach Auffassung der Antragsgegnerin besteht ein Recht des Gesellschafters, sich Notizen und Fotokopien anzufer­tigen, nur in Ausnahmefällen, wenn die entsprechenden Passagen aus den Schriften der Gesellschaft von ganz be­sonderer Wichtigkeit für den Gesellschafter sind oder aber derart komplexe Informationen enthalten, daß sie die Auf­fassungsgabe und Gedächtnisleistung überfordern. Dem ist zuzugeben, daß das gerechtfertigte Informationsbedürfnis des Gesellschafters in aller Regel nicht erfordert, die Bücher und Schriften der Gesellschaft in ihrer Gesamtheit zu fotokopieren, um sich auf diese Weise zu Hause gleich­sam eine doppelte Buchführung aufbauen zu können. Es wäre indessen kein praktikabler Weg, das Recht des Gesell­schafters, sich Fotokopien von den eingesehenen Schriften anzufertigen, auf die besonders wichtigen oder besonders komplizierten Gegenstände von vornherein zu beschränken. Könnten sich Gesellschafter und Gesellschaft über das Ausmaß des Fotokopierrechts nicht einigen, müßten notfalls die Gerichte darüber entscheiden, welche Seiten der bei der Gesellschaft geführten Akten im einzelnen fotokopiert werden dürften oder nicht. Ein derartiges Ergebnis hält der Senat für unerträglich.</strong></p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks"><strong>Der Gesellschafter hat daher grundsätzlich das Recht, sich nach seinen Vorstellungen Notizen und Fotokopien der eingesehenen Bücher und Schriften anfertigen zu lassen. Der Gefahr eines Mißbrauchs wird schon dadurch vorgebeugt, daß er bei der Anfertigung von Notizen und Fotokopien nicht die Hilfe der Geschäftsführung beanspruchen kann. Ebensowenig, wie er verlangen kann, daß ihm Mitarbeiter der Gesellschaft bei der Anfertigung von Notizen helfen, kann er erwarten, daß sie ihm bei der Anfertigung von Fotokopien zur Verfügung stehen. Auch die Kostenlast trifft den Gesellschafter.</strong></p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks"><strong>Darüberhinaus gilt die Vorschrift des § 51 a Abs. 2 GmbH-Gesetz auch für das Fotokopierrecht. Die Geschäfts­führer dürfen daher unter den dort genannten Voraus­setzungen dem Gesellschafter die Anfertigung von Fotoko­pien verweigern. Dabei mag auch eine übermäßige, mit dem objektiven Informationsbedürfnis eines Gesellschafters nicht mehr vereinbare Vielzahl von Kopiervorgängen die Vermutung rechtfertigen, daß der Gesellschafter die so verschaffte doppelte Aktenführung zu gesellschaftsfremden Zwecken verwenden und der Gesellschaft Nachteil zufügen wird. Das bedarf hier keiner Entscheidung. Objektive Anhaltspunkte dafür, daß der Antragsteller sein Einsichts­recht mißbrauchen wird, sind nicht ersichtlich. Im Gegenteil spricht einiges dafür, daß es sinnvoll ist,</strong><strong>die Unterlage über die Erträge aus den Finanzmitteln des Jahres 1983 zu fotokopieren, da sie eine Vielzahl von Finanzdaten enthalten dürfte.</strong></p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks"><strong>cc) Die hier dargelegte Auffassung des Senats weicht nicht von der Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofs in der "H" - Entscheidung BGHZ 85, 293 ab. Dort hat der Bundesgerichtshof einem Aufsichtsratsmitglied in einer GmbH das Recht abgesprochen, zum Studium des Abschluß­prüfungsberichtes in den Räumen des Unternehmers einen Sachverständigen mitzubringen. Dadurch könne nicht nur die Vertraulichkeit leiden, sondern es bestehe die Ge­fahr, daß die vom Aufsichtsrat in eigener Verantwortung zu treffenden Entscheidungen zu stark nach außen verlagert würden (a.a.O. Seite 296). In dem dort entschiedenen Fall kam hinzu, daß der Aufsichtsrat zuvor beschlossen hatte, die Abschlußprüfungsberichte seinen Mitgliedern nicht auszuhändigen, sondern nur zur Einsichtnahme für sie auszulegen. Mit der hier zu entscheidenden Frage, ob sich ein Gesellschafter im Zuge der Einsichtnahme nach 51 a GmbH-Gesetz Fotokopien anfertigen - und diese dann auch mit nach Hause nehmen kann - hat die Entscheidung des Bundesgerichtshofs nichts zu tun.</strong></p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks"><strong>Der Hilfsantrag zu 1 ist daher insgesamt begründet.</strong></p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks"><strong>2) Mit dem Antrag zu - der Antrag zu 2 wird aus Darstellungsgründen im Anschluß behandelt - begehrt der Antragsteller Auskunft über die festen monatlichen Bezüge, die derzeit an die Geschäftsführer zahlbar sind. Dieser Antrag ist begründet.</strong></p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks"><strong>a) Die Frage, welches Gehalt die Geschäftsführer einer Gesellschaft erhalten, ist eine "Angelegenheit" der Ge­sellschaft (vgl. zu § 112 Abs. 1 Aktiengesetz 1937 OLG Koblenz, DB 1967, 1844). Im Aktienrecht ist aller<em>dings </em>streitig, ob ein Anspruch auf Auskunftserteilung aufgeschlüsselt über die Bezüge der einzelnen Vorstands­mitglieder oder nur über die Gehaltssummen insgesamt besteht. Die Frage ist im BGHZ 36, 121 ff. ausdrücklich offengelassen worden. Im Aktienrecht bestehen, wie auch das OLG Koblenz a.a.O. im einzelnen ausgeführt hat, Be­denken gegen eine aufgeschlüsselte Mitteilung der Vor­standsgehälter, weil die Auskunft in der Hauptversammlung zu erteilen ist. Da bei einer aufgeschlüsselten Mitteilung das Gehalt des einzelnen Vorstandsmitglieds auf diese Weise der Öffentlichkeit bekannt wird, stellt sich die Frage, ob unter dem Gesichtspunkt des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes des einzelnen Vorstandsmitgliedes das Auskunftsrecht des Aktionärs einzuschränken ist. Diese Problematik stellt sich im vorliegenden Fall in­dessen nicht. Hier macht der Antragsteller als Gesellschafter einen Individualanspruch auf Erteilung der Aus­kunft an sich geltend. Aus dem gesellschaftsrechtlichen Treueverhältnis heraus ist er zur Verschwiegenheit ver­pflichtet. Bedenken aus dem Persönlichkeitsrecht der einzelnen Geschäftsführer gegen eine Bekanntgabe der an sie auszuzahlenden Gehälter bestehen daher nicht.</strong></p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks"><strong>b) Etwas anderes gilt hier auch nicht deswegen, weil der Antragsteller zunächst in der Gesellschafterversammlung vom 14. Juni 1984 offenbar eine Auskunft "an alle Ge­sellschafter" erbeten hat. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Antragsteller wiederholt, daß ihm seiner Meinung nach ein Anspruch auf Auskunftserteilung an die Adresse aller Gesellschafter zustehe. Darauf kommt es aber hier nicht an. Der Antragsteller hat nach der Gesellschafterversammlung im vorprozessualen Schrift­verkehr ebenso wie im vorliegenden Verfahren Auskunft allein an sich verlangt. Dem hat die Antragsgegnerin nicht entsprochen. Auf diese individuelle Auskunftserteilung hat der Antragsteller aber einen Anspruch.</strong></p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks"><strong>c)   Der Auskunftsanspruch ist entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin auch nicht "erledigt". Der Antragsteller hat in der Gesellschafterversammlung bereits die Vermutung geäußert, daß sich die Bezüge der beiden Geschäftsführer in einer bestimmten Größenordnung <em>bewegen </em>könnten. Diese Vermutungen hat die Antragsgegnerin im Laufe des Ver­fahrens als zutreffend bezeichnet. Der Antragsteller hat aber Anspruch auf Bekanntgabe der genauen Geschäfts­führergehälter; er muß es nicht bei der Kenntnis von Größenordnungen, bei denen auf sechsstellige Zahlen abgerundet wird, bewenden lassen.</strong></p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks"><strong>d) Die Antragsgegnerin vertritt zu Unrecht die Auffassung, die Frage der festen Bezüge der beiden Geschäftsführer sei keine Angelegenheit der Antragsgegnerin, sondern eine Angelegenheit der L. Sie beruft sich darauf, daß die beiden Geschäftsführer der Antragsgegnerin, die zugleich auch Geschäftsführer der L sind, unstreitig ein Gehalt nur seitens der L beziehen. Das macht die Frage nach ihren Bezügen aber nicht zu einer Angelegen­heit allein der L. Die Geschäftsführer der Antrags‑</strong><strong>gegnerin üben ihre Funktion aus, für die Muttergesell­schaft die gesamte Unternehmensgruppe zu leiten. Dazu sind sie aufgrund eines Anstellungsvertrages mit der An­tragsgegnerin verpflichtet. Andererseits steht ihnen für diese Leistung auch ein Entgelt zu. Wenn aus praktischen oder steuerrechtlichen Gründen die Regelung so getroffen ist, daß die Gehaltszahlungen an die Geschäftsführer nur bei der L verbucht werden, so kommt dem für die hier zu entscheidende Frage keine rechtliche Bedeutung zu.</strong></p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks"><strong>Es ändert nichts daran, daß der Antragsteller hier nach den Bezügen seiner Geschäftsführer fragt. Das alles gilt hier umso mehr, als die LCS nach § 1 des mit der Antragsgegnerin geschlossenen Organschaftsvertrages ihren gesamten Gewinn vor Feststellung ihrer eigenen Bi­lanz an die Antragsgegnerin abzuführen hat. Es kann von daher keinen entscheidenden Unterschied ausmachen, ob zunächst die L das gesamte Geschäftsführergehalt zahlt und den auf diese Weise verminderten Gewinn an die An­tragsgegnerin abführt, oder ob vor Zahlung der Geschäfts­führerbezüge ein höherer Gewinn abgeführt wird, der sich alsdann erst bei der Antragsgegnerin durch die auszu­zahlenden Bezüge wieder vermindert.</strong></p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks"><strong>Der Antrag zu 3) ist infolgedessen begründet.</strong></p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks"><strong>3) Mit dem Antrag zu 2) erstrebt der Antragsteller Auskunft über die Tantiemerückstellungen in dem Jahresabschluß 1983 der L, insbesondere für welche Personen welche Beträge als Tantieme in diesen Rückstellungen enthalten sind. Dieses Auskunftsbegehren ist teilweise begründet:</strong></p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks"><strong>a)     Der Antragsteller kann Auskunft darüber verlangen, welche Beträge als Tantieme <em>in </em>den Rückstellungen für die beiden Geschäftsführer der Antragsgegnerin enthalten sind. Der Auskunftsanspruch erstreckt sich auf die von der Ertragslage abhängigen Bezüge ebenso wie auf <em>die </em>festen Bezüge der Geschäftsführer. Das Auskunftsverlangen wird auch nicht dadurch berührt, daß die Geschäftsführer der Antragsgegnerin wiederum die Tantiemen von der L beziehen. Das oben unter 2) ausgeführte gilt hier entsprechend.</strong></p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks"><strong>b)      Der Antragsteller kann darüberhinaus Auskunft verlangen über die Summe der Beträge, die <u>insgesamt</u> für die übrigen Geschäftsführer der L </strong>sowie über die Summe <strong>der Bezüge, die <u>insgesamt</u> für die übrigen Mitarbeiter der L als Tantieme in den Rückstellungen enthalten ist. Hin­gegen erstreckt sich sein Auskunftsanspruch nicht darauf, auch zu erfahren, für welche dieser Personen welche Einzelbeträge als Tantieme ausgewiesen sind. Dazu ist im einzelnen folgendes auszuführen:</strong></p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks"><strong>aa) Die Frage nach den Tantiemerückstellungen in dem Jahres­abschluß 1983 der L betrifft - soweit es nicht um die Geschäftsführer der Antragsgegnerin geht - in erster Linie Angelegenheiten der L. Damit stellt sich die Frage, inwieweit in einem GmbH-Konzern das Auskunftsrecht eines Gesellschafters der Muttergesellschaft im Zusammen­hang mit Angelegenheiten von Tochtergesellschaften reicht. Das GmbH-Gesetz enthält dazu keine ausdrückliche Regelung. § 51 a GmbH-Gesetz ist im Zuge der Novelierung des Gesetzes im Jahre 1980 eingefügt worden. Der Re­gierungsentwurf hatte in Abs. 2 Satz 1 des § 51 a den ausdrücklichen Hinweis enthalten, daß die rechtlichen und geschäftlichen Beziehungen der Gesellschaft zu einem verbundenen Unternehmen zu den Angelegenheiten der Ge­sellschaft im Sinne des Absatzes 1 gehörten. Diese Be­stimmung ist vom Rechtsausschuß des deutschen Bundestages als überflüssig gestrichen worden (Ausschußbericht Seite 75, Drucksache 8/3908 des deutschen Bundestages). Im Schrifttum ist streitig, inwieweit sich das Informa­tionsrecht des Gesellschafters über die Beziehungen seiner Gesellschaft zu einem verbundenen Unternehmen hinaus auch auf Vorgänge bei dem verbundenen Unternehmen er­strecken kann (vgl. Robert Fischer, GmbH-Gesetz, § 51 a. 2; Karsten Schmidt in Scholz, GmbH-Gesetz, § 51 a, 9 sowie Anhang § 51, 21 ff., 33; von Bitter, MP, 1981, 825,827; Grunewald, ZHR, 211, 233).</strong></p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks"><strong>bb) Die Antragsgegnerin vertritt die Auffassung, aus der Entstehungsgeschichte des § 51 a GmbH-Gesetz folge, daß sich das Auskunftsrecht eines Gesellschafters der Mutter­gesellschaft im GmbH-Konzern nur auf die rechtlichen und geschäftlichen Beziehungen der Gesellschaft zu einem Tochterunternehmen erstrecke. Das Auskunftsrecht könne daher nicht weiter reichen als das eines Aktionärs gemäß § 131 Aktiengesetz. Dieser Ansicht vermag der Senat nicht zu folgen. Indem der im Regierungsentwurf vorgesehene § 51 Abs. 2 Satz 1 als überflüssig gestrichen worden ist, hat der Gesetzgeber den Umfang der Informationsrechte im GmbH-Konzern dem Begriff "Angelegenheiten der Gesell­schaft" und seiner Auslegung durch die Rechtsprechung überlassen. Es können daher auch Angelegenheiten bei einem verbundenen Unternehmen Angelegenheiten der Ober­gesellschaft sein, wenn sie in ihrer Bedeutung und in ihren Auswirkungen auch für die Muttergesellschaft von objektiver Wichtigkeit sind. Angesichts dessen muß je­weils im Einzelfall untersucht werden, wieweit das Informationsrecht reicht.</strong></p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks"><strong>cc) Angesichts der vollständigen Gewinnabführungspflicht der L an die Antragsgegnerin vor Aufstellung der eigenen Bilanz ist die Frage, inwieweit die bei der L erwirtschafteten Erträge als Tantieme an die dortigen Mitarbeite ausgezahlt und infolgedessen aus dem an die Antragsgegnerin abzuführenden Gewinn herausgenommen werden, im Kern auch eine "Angelegenheit" der Antragsgegnerin selbst. Das gilt aber nur insoweit, als es die Eckdaten der Tantieme­rückstellungen betrifft. Dazu zählt der Senat die Summe der Bezüge, die an die Geschäftsführer und die Summe der Bezüge, die an die übrigen Mitarbeiter auszuzahlen sind. Dagegen sind weitere Einzelheiten nicht mehr "Angelegen­heiten" auch der Antragsgegnerin selbst. An welche Mitarbeiter die L im einzelnen eine Tantieme vergibt und wie hoch die Tantiemenbezüge der einzelnen Mitarbeiter sind, ist eine personalpolitische Entscheidung der L und nur deren Angelegenheit.</strong></p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks"><strong>dd) Danach war dem mit dem Antrag zu 2) verfolgten Auskunfts­begehren des Antragstellers nur teilweise stattzugeben. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin war der Senat an einer entsprechenden teilweisen Verurteilung der An­tragsgegnerin nicht gehindert. Soweit der Senat dem Aus­kunftsbegehren stattgegeben hat, war er in dem umfassend gestellten Antrag als Minus enthalten. Es wäre auch wieder eine sinnentleerte Förmelei gewesen, den Antragsteller zunächst darauf zu verweisen, außerhalb des Verfahrens eine Stellungnahme der Antragsgegnerin einzuholen, ob sie dem Auskunftsbegehren in dem jetzt zuerkannten Umfang entsprechen wolle. Die Antragsgegnerin steht seit der Gesellschafterversammlung vom 14. Juni 1984 vorprozessual und im Verfahren auf dem grundsätzlichen Standpunkt, daß sie über Angelegenheiten der L keine Auskunft zu geben brauche und es sich dabei nie um Angelegenheiten handeln könne, die im Sinne des § 51 a GmbH-Gesetz auch sie selbst betreffen. Das muß sich der Antragsteller nicht außerhalb des gegenwärtigen Verfahrens bei der Antragsgegnerin ein weiteres Mal bestätigen lassen.</strong></p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks"><strong>4 a) Mit den Hauptanträgen zu 4) und 5) verlangt der Antragsteller die Aushändigung von Kopien bestimmter Geschäftsunterlagen. Diese Anträge sind unbegründet, weil ein Anspruch auf Über­sendung oder Aushändigung von Fotokopien nach § 51 a GmbH-Gesetz nicht besteht. Das hat der Senat oben unter 1) bereits ausgeführt.</strong></p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks"><strong>b) Mit den in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsan­trägen zu 4) und 5) verlangt der Antragsteller, Einsicht in Geschäftsunterlagen nehmen zu können. Dabei handelt es sich einmal um die Tantiemeberechnung für die Geschäftsführer für das Geschäftsjahr 1983 (Antrag zu 4)) und zum anderen um das Unternehmenskonzept und die derzeitige Finanzplanung in der zuletzt fortgeschriebenen Fassung (Antrag zu 5). </strong></p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks"><strong>Der Antragsteller hat nach § 51 a GmbH-Gesetz einen Anspruch, diese "Schriften" der Antragsgegnerin einzusehen. Dem steht nicht entgegen, daß beide Unterlagen im Auftrag der L erstellt worden sind und sich die Originale dieser Unterlagen möglicherweise bei der L befinden. Zu den "Bücher und Schriften" einer Gesellschaft gehören auch die bei der Ge­sellschaft befindlichen Abschriften von Dokumenten; es verschlägt nichts, wenn das Original nicht im Besitz der Gesellschaft ist.</strong></p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks"><strong>Die schriftsätzlichen Ausführungen der Antragsgegnerin nach der mündlichen Verhandlung vor dem Senat lassen es als möglich erscheinen, daß in den Büchern und Schriften der Antragsgegnerin selbst sich nicht einmal Abschriften der genannten Unterlagen befinden. Das kann angesichts der hier vorliegenden Besonderheiten offen bleiben. Grundsätzlich gewährt § 51 a GmbH-Gesetz allerdings nur ein Recht, in die Bücher und Schriften der eigenen Gesellschaft Einsicht zu nehmen. Ein Einsichtsrecht bei der Tochtergesellschaft hat der Gesellschafter der Muttergesellschaft nicht. Hier liegen aber folgende Besonderheiten vor:</strong></p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks"><strong>Die Antragsgegnerin und die L haben einen gemeinsamen Sitz. Die Antragsgegnerin verfügt als Holdinggesellschaft über keine nennenswerten eigenen personellen und räumlichen Mittel; sie bedient sich insoweit der Kapazitäten der L Angesichts dessen, daß die Geschäftsführer der Antragsgegnerin zugleich Geschäftsführer der L sind, stößt diese Handhabe auf keine praktischen Schwierigkeiten. Es mag daher dazu kommen, daß die L über Unterlagen verfügt, die bei einer weniger engen Vernüpfung zwischen den beiden Ge­sellschaften jedenfalls auch bei der Antragsgegnerin vor­handen sein müßten, wenn diese ihre Führungsaufgaben inner­halb der Unternehmensgruppe sinnvoll wahrnehmen möchte. Fallen diese Voraussetzungen zusammen, so haben die Geschäftsführer der Muttergesellschaft dafür zu sorgen, daß ein ihr angehörender Gesellschafter in den Räumen seiner Gesellschaf Einsicht in diese Unterlagen nehmen kann, wenn sie ihm den Zutritt zu den Räumen der Tochtergesellschaft nicht ge­statten wollen. Diese Möglichkeit können die Geschäftsführer dem Gesellschafter auch ohne weiteres verschaffen: Weder praktische noch rechtliche Schwierigkeiten stehen dem im Wege.</strong></p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks"><strong>Im Streitfall handelt es sich bei den Unterlagen, die der Antragsteller nach seinen Anträgen zu 4) und 5) einsehen möchte, um solche Unterlagen, über die die Antragsgegnerin unbedingt verfügen muß, sofern sie ihren Leitungsaufgaben innerhalb der Unternehmensgruppe ordnungsgemäß nachkommen will. Die Tantiemeberechnung (Antrag zu 4) zieht sämtliche Betriebsergebnisse aller 18 Gesellschaften der S in ihre Rechnung ein. Das zeigt deutlich, daß es sich um eine Unterlage handelt, über welche die Antrags­gegnerin verfügen muß. Nur sie hat nämlich als Ober­gesellschaft 18 Tochtergesellschaften. Die L in deren Namen und Auftrag formal die Tantiemenberechnung erstellt ist, hat innerhalb der S selbst wiederum nur 10 Tochtergesellschaften. Mit den übrigen Gesellschaften der S ist sie nur insoweit verbunden, als sie mit der Antragsgegnerin eine gemeinsame Obergesellschaft haben. In dem Unternehmenskonzept und der Finanzplanung (Antrag zu 5)wird schließlich die langfristige Unter­nehmens- und Finanzpolitik der S festgeschrieben. Dieses Konzept wird in Abständen von mehreren Jahren jeweils fortgeschrieben und herausgegeben. Es bedarf keiner weiteren Ausführungen darüber, daß es sich dabei um eine Unterlage handelt, über die die Antragsgegnerin ver­fügen muß, wenn sie ihre Leitungsaufgaben wahrnehmen will.</strong></p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks"><strong>Nach allem steht dem Antragsteller auch insoweit das gel­tend gemachte Einsichtsrecht zu.</strong></p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks"><strong>c) Mit seinen Hilfsanträgen zu 4) und 5) begehrt der Antrag­steller, daß ihm im Zuge der Einsichtnahme die Anfertigung von Fotokopien gestattet wird. Auch dieses Begehren ist begründet. Auf die Ausführungen oben unter 1) wird verwiesen</strong></p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks"><strong>6) Der Senat konnte wie ausgesprochen in der Sache selbst entscheiden, ohne sie nach § 28 Abs. 2 FGG, § 51 b GmbH-Gesetz und §§ 132 Abs. 3 Satz 1, 99 Abs. 3 Satz 5 Aktienge­setz dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorlegen zu müssen.</strong></p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks"><strong>Der Senat weicht mit seiner Entscheidung nämlich nicht von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichtes oder einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs ab. Es ist nicht ersichtlich, daß andere Oberlandesgerichte oder der Bundesgerichtshof zu der Frage, inwieweit das Auskunftsrecht des Gesellschafters in einem GmbH-Konzern reicht, bereits Entscheidungen getroffen haben. Die von der Antragsgegnerin für die Anwendung des § 28 Abs. 2 FGG angeführten Entscheidungen betreffen jeweils andere Fallgestaltungen. Zu der Entscheidung BGHZ 85, 293 hat der Senat bereits oben unter 1) Stellung genommen. Die Entscheidungen des OLG Koblenz in DB 1967, 1844 und des OLG Bremen in AG 1981, 229 betreffen Fragen des Auskunftsrechts in einer Aktiengesellschaft. Das Aktienrecht enthält differenzierte Regelungen zum Aus­kunftsrecht, die von § 51 a GmbH-Gesetz abweichen und auch nicht entsprechend angewendet werden können. Schließlich hatte sich das OLG Karlsruhe in BB 84.2016 mit der Frage zu befassen, ob der Gesellschafter einer Besitzgesellschaft des bürgerlichen Rechts - die ihrerseits Gesellschafterin einer GmbH ist ‑ unmittelbar Einsicht in die Bücher der GmbH nehmen kann.</strong></p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks"><strong>Das hat das OLG verneint, weil der Gesellschafter der Besitzgesellschaft nicht selbst Gesellschafter der GmbH sei. Um eine derartige Frage geht es im vorliegenden Fall nicht.</strong></p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks"><strong>Nach allem war auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin der angefochtene Beschluß teilweise abzuändern; teilweise war das Rechtsmittel zurückzuweisen.</strong></p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">
<strong>Bei der Kostenentscheidung hat der Senat nach billigem Ermessen den jeweiligen Verfahrenserfolg der Parteien berücksichtigt (§ 132 Abs. 5 Satz 7 Aktiengesetz in Ver­bindung mit § 51 b GmbH-Gesetz).</strong></p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks"><strong> Der Streitwert des Verfahrens wird für beide Instanzen auf 20.000,-- DM festgesetzt. Angesichts der Bedeutung, den die Parteien erkennbar dem Verfahren beide beigemessen haben, sah es der Senat für geboten an, den Regelstreitwert von 10.000,-- DM (§ 132 Abs. 5 Satz 6 Aktiengesetz in Verbindung mit § 51 b GmbH-Gesetz) zu verdoppeln.</strong></p>
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} | 11 U 251/84 | "1985-04-17T00:00:00" | "2019-03-13T15:09:38" | "2019-03-27T09:42:37" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1985:0417.11U251.84.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Klägers gegen das am 18. Juni 1984 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Essen wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Es beschwert den Kläger in Höhe von 8.000,-- DM.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat dem Feststellungsbegehren des Klägers mit Recht nicht stattgegeben. Denn der zwischen der Rechtsvorgängerin der Beklagten einerseits und dem Kläger und seiner Ehefrau andererseits geschlossenen Ratenkreditvertrag ist wirksam zustande gekommen. Er ist insbesondere nicht nach § 138 Abs. 1 BGB wegen Sittenwidrigkeit nichtig. Gegenüber dem Anspruch der Beklagten auf Darlehnsrückzahlung (§ 607 Abs. 1 BGB) kann der Kläger auch nicht mit Erfolg einwenden, ihm stehe wegen Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten ein Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsschluß zu.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, der der Senat folgt, ist ein Darlehnsvertrag wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig (§ 138 Abs. 1 BGB), wenn zwischen den Leistungen des Darlehnsgebers und den durch einseitige Vertragsgestaltung festgelegten Gegenleistungen des Darlehnsnehmers ein auffälliges Mißverhältnis besteht und der Darlehnsgeber die wirtschaftlich schwächere Lage des Darlehnsnehmers, dessen Unterlegenheit, bei der Festlegung der Darlehnsbedingungen bewußt zu seinem Vorteil ausnutzt. Dem steht es gleich, wenn sich der Darlehnsgeber als objektiv sittenwidrig Handelnder zumindest leichtfertig der Einsicht verschließt, daß sich der Darlehnsnehmer nur aufgrund seiner wirtschaftlich schwächeren Lage auf die ihn beschwerenden Darlehnsbedingungen einläßt. Das Landgericht hat zutreffend angenommen, daß diese Voraussetzungen im vorliegenden Falle nicht gegeben sind.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">1. Ein auffälliges Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung liegt entgegen der Ansicht der Berufung nicht vor. Ohne Berücksichtigung der Kosten der Restschuldversicherung (Prämie, anteilige Kreditkosten), die des besseren Vergleichs wegen auszuscheiden sind, errechnet sich nach der sog. Annuitätenmethode anhand der Gillardon-Tabelle ein effektiver Jahreszins von 27,82 %. Demgegenüber betrug der marktübliche effektive Jahreszins zur damaligen Zeit - Juli 1981 -, wenn man die Annuitätenmethode anwendet, 17,2 %. Der vereinbarte effektive Jahreszins übersteigt also den Marktzins um rd. 62 %. Das Ergebnis ist nicht wesentlich anders, wenn man für die Vergleichsrechnung die sog. Uniformmethode zugrundelegt. Dann ergibt sich ein effektiver Vertragszins von 28,26 % und ein Marktzins von 17,45 %. Danach liegt eine Marktzinsüberschreitung von 61,95 % vor. Diese rechtfertigt nicht die Annahme eines auffälligen Mißverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung. Damit fehlt eine wesentliche Voraussetzung, um ein wucherähnliches Rechtsgeschäft annehmen zu können.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">2. Sonstige gravierende Umstände, die dem Darlehnsvertrag ein sittenwidriges Gepräge geben, sind weder dargetan noch sonst erkennbar.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">a) Insbesondere reicht es nicht aus, daß möglicherweise einzelne in den Darlehnsbedingungen enthaltene Klauseln einer Inhaltskontrolle nach dem AGB-Gesetz nicht standhalten. Grundsätzlich rechtfertigt auch die Unwirksamkeit einer einzelnen oder einiger vertraglicher Regelungen noch nicht die Annahme einer Gesamtnichtigkeit des Vertrages (§ 6 Abs. 1 AGB-Gesetz). Nur wenn zahlreiche Vertragsbestimmungen unwirksam sind <u>und</u> der Vertrag durch entsprechende Auslegung und Fortfall dieser Bestimmungen einen wesentlich anderen Inhalt erhielte, kann der gesamte Vertrag nichtig sein (BGH NJW 1985, 53, 54 mit weiteren Nachweisen). Letzteres ist hier nicht der Fall.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">b) Auch der Umstand, daß ein zinsgünstigerer Kredit der Kreissparkasse xxx aus der Darlehnsvaluta umgeschuldet werden sollte, rechtfertigt - auch in Verbindung mit der aufgezeigten Marktzinsüberschreitung - nicht die Annahme der Sittenwidrigkeit des Darlehnsvertrages. Das geht schon deshalb nicht an, weil die Ablösesumme nur 28,84 % der Darlehnssumme ausmachte. Darüber hinaus kann die Umschuldung nicht als ein so schwerwiegender Umstand angesehen werden, der den Vorwurf der Sittenwidrigkeit des Darlehnsvertrages stützen könnte.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">c) Schließlich können auch die bei dem Kläger zur Zeit des Vertragsschlusses bestehenden wirtschaftlichen Verhältnisse den Vorwurf der Sittenwidrigkeit des Darlehnsvertrages nicht rechtfertigen. Wie der von der Beklagten vorgelegten "Bestätigung über telefonische Rückfrage beim Arbeitgeber" zu entnehmen ist, hat die Kreditvermittlerin vor Vertragsschluß die Einkommensverhältnisse des Klägers geklärt. Danach war, wie der Kläger im Darlehnsantrag auch selbst angegeben hat, mit monatlichen Nettoeinkünften von DM 1.900,-- zu rechnen. Die wirtschaftlichen Umstände waren zwar beengt, gleichwohl kann nicht davon ausgegangen werden, daß dem Kläger (und seiner Ehefrau) von vornherein die Aufbringung der laufenden Raten unmöglich war. Entscheidend ist insofern auch die eigene Einsc<u>hätzung</u> der Leistungsfähigkeit des Kreditbewerbers.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Ansicht der Berufung kann dem Anspruch der Beklagten auf Darlehnsrückzahlung auch nicht ein Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsschluß entgegengesetzt werden. Denn hier fehlt jeder hinreichende Anhalt dafür, daß die Rechtsvorgängerin der Beklagten oder die Kreditvermittlerin Aufklärungs- und Hinweispflichten gegenüber dem Kläger und seiner Ehefrau verletzt hat. Zwar können einem Darlehnsgeber unter bestimmten Voraussetzungen vorvertragliche Aufklärungspflichten gegenüber dem Darlehnsbewerber obliegen, deren Inhalt und Umfang sich nach der Art des Darlehns und nach dem Aufklärungs- und Schutzbedürfnis des Darlehnsbewerbers richten (BGH WM 1979, 1035, 1037; vgl. auch neuerdings BGH WM 1985, 221, 224). Hier bestand aber für den Kläger kein Aufklärungsbedürfnis, als er das Darlehn beantragte und später in Anspruch nahm. Welche finanziellen Belastungen für ihn und seine Ehefrau mit der Darlehnsaufnahme verbunden waren, ergab sich zweifelsfrei aus dem Darlehnsantrag, von dem die beiden eine Durchschrift erhalten haben. Insbesondere war dem Darlehnsantrag eindeutig zu entnehmen, daß sie eine erste Rate von DM 306,-- und Folgeraten von monatlich DM 443,-- aufbringen mußten. Ferner waren sie sich bewußt, daß der Vorkredit bei der Kreissparkasse xxx abgelöst werden würde. Zwar war die vorgesehene Umschuldung wirtschaftlich nicht sinnvoll, weil der Sparkassenkredit wesentlich zinsgünstiger als der neue Kredit war. Es würde jedoch eine Überspannung der vorvertraglichen Pflichten bedeuten, würde man verlangen, daß der Darlehnsgeber oder der Kreditvermittler den Kreditbewerber vor solchen Umschuldungen warnen müßte.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">III.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Nach alledem sind der Kläger und seine Ehefrau verpflichtet, das Gesamtdarlehn nach Maßgabe des Darlehnsantrages zurückzuzahlen. Die begehrte Feststellung kann deshalb nicht getroffen werden. Es muß bei der Abweisung der Klage verbleiben. Die Berufung war somit mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713, 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO.</p>
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<p>Die sofortige weitere Beschwerde wird auf Kosten der Beteiligten zu 2. zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Der Geschäftswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf DM 14.600,--festgesetzt.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Gründe:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Durch rechtskräftigen Beschluß vom 3. September 1984 ist der Beteiligten zu 1. der oben bezeichnete Grundbesitz für den durch Zahlung zu berichtigenden Betrag von 196.000,-- DM zugeschlagen worden. Nach den Versteigerungsbedingungen bleiben keine in Abteilung III des Grundbuchs eingetragenen Rechte bestehen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Im Grundbuch ist für die Beteiligte zu 2. in Abteilung III Nr. 2 eine Grundschuld u.a. wie folgt eingetragen:</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">"Einhundertsechsundvierzigtausend Deutsche Mark Grundschuld mit 16 vom Hundert Jahreszinsen und einer einmaligen, fälligen Nebenleistung von 10 vom Hundert für die XXX in XXX."</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Durch notarielle Urkunde vom 29. Oktober 1984 (Angebot der Beteiligten zu 1.) und Zustimmungerklärung der Beteiligten zu 2. vom 31. Oktober 1984) vereinbarten die Beteiligten zu 1) und 2 gemäß § 91 Abs. 2 ZVG das Bestehenbleiben dieser Grundschuld "zu den eingetragenen Bedingungen ab dem Zuschlagstermin, dem 3.9.1984." Zugleich übernahmen die Beteiligten zu 1. und ihre Geschäftsführer gesamtschuldnerisch die persönliche Haftung für die Zahlung eines dem Kapitalbetrag sowie 16%<i> </i>Zinsen ab dem 3. September 1984 sowie einmalige fällige Nebenleistung von 10 vom Hundert des Grundschuldbetrages entsprechenden Geldbetrages und unterwarfen sich insoweit der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Im Verteilungstermin vom 23. November 1984 wurde ein Verteilungsplan bekannt gegeben, wonach sich die Teilungsmasse aus dem Bargebot von 196.000,-- DM und den Zinsen gemäß § 49 Abs. 2 ZVG in Höhe von 1.742,22 DM zusammensetzt, also insgesamt 197.742,22 DM beträgt. Im Hinblick auf die Liegenbelassungsvereinbarung hat der Rechtspfleger festgestellt, daß die Teilungsmasse sich um das Grundschuldkapital von 146.000,-- DM sowie 16% Zinsen hieraus vom 3. September bis 22. November 1984 (5.191,11 DM) insgesamt somit um 151.191,11 DM auf 46.551,11 DM verringere. Die in der Grundschuldseintragung und der Liegenbelassungsvereinbarung genannte einmalige fällige Nebenleistung in Höhe von 14.600,-- DM ist nicht von der Teilungsmasse in Abzug gebracht worden.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Einen dahingehenden Abzug hat die Beteiligte zu 1. mit ihrer am 19. Dezember 1984 bei Gericht eingegangenen Erinnerung gegen den am 23. November 1984 verkündeten und den Beteiligten nicht zugestellten Verteilungsbeschluß angestrebt. Das Amtsgericht hat der Erinnerung nicht abgeholfen und sie dem Landgericht als sofortige Beschwerde vorgelegt. Mit Beschluß vom 15. Januar 1985 hat das Landgericht den am 23. November 1984 beschlossenen Teilungsplan dahingehend abgeändert, daß die Teilungsmasse sich um den Betrag von 14.600,-- DM auf 31.951,11 DM verringert.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Gegen diesen Beschluß, dessen Zustellung an die Beteiligte zu 2. anhand der Akten nicht feststellbar ist, richtet sich deren sofortige weitere Beschwerde, die mit Schriftsatz vom 31. Januar 1985 eingelegt und am 4. Februar 1985 beim Landgericht eingegangen ist.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2. ist zulässig gemäß § 96 ZVG in Verbindung mit § 568 Abs. 2 ZPO, da das Landgericht auf die Erinnerung der Beteiligten zu 1. den Teilungsplan geändert und die Teilungsmasse abweichend vom Amtsgericht festgesetzt und zu Lasten der Beteiligten zu 2. gekürzt hat. Von der Rechtzeitigkeit der sofortigen weiteren Beschwerde ist schon deshalb auszugehen, weil die Zustellung der Beschwerdeentscheidung nicht festgestellt werden kann (§§ 577 Abs. 2 S. 1, 329 Abs. 3 ZPO).</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg. Mit Recht hat das Landgericht die befristete Erstbeschwerde gegen die Feststellung der Verteilungsmasse für statthaft (BGH, WM 1972, 1032; allgemeine Meinung) und die Einlegung für fristgerecht angesehen. Entgegen der mit der weiteren Beschwerde vertretenen Auffassung ist der Lauf der Frist nicht mit der Verkündung des angefochtenen Teilungsplans am 23. November 1984 in Gang gesetzt worden. Dazu hätte es nach dem unmißverständlichen Wortlaut des § 577 Abs. 2 Satz 1 ZPO einer - auch von § 329 Abs. 3 ZPO in der geltenden Fassung geforderten - förmlichen Zustellung bedurft. Eine der im Gesetz genannten Ausnahmen liegt nicht vor; insbesondere betrifft § 98 ZVG nicht die Beschwerde gegen den Teilungsplan, sondern allein diejenige gegen die Versagung oder Erteilung des Zuschlags. Die von der weiteren Beschwerde unter Berufung auf Zeller (ZVG, 11. Aufl., Anm. 11 c zu § 113) vertretene Gegenmeinung verkennt, daß die genannten Bestimmungen in ihrer seit dem 1. Juli 1977 geltenden Fassung - abweichend vom früheren Recht - grundsätzlich die förmliche Zustellung auch verkündeter Beschlüsse voraussetzen, sofern sie der sofortigen Beschwerde oder der befristeten Erinnerung unterliegen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">In der Sache hat das Landgericht zutreffend festgestellt, daß die sogenannte einmalige fällige Nebenleistung in Höhe von 10%<i> </i>des Grundschuldkapitals gemäß § 91 Abs. 3 S. 1 ZVG vom Bargebot abzuziehen ist. Nach dieser Bestimmung vermindert sich im Falle einer Liegenbelassungsvereinbarung der durch Zahlung zu berichtigende Teil des Meistgebots um den Betrag, welcher sonst dem Berechtigten gebühren würde. Das ist derjenige Betrag, der, hätten Erwerber und Berechtigter die Liegenbelassungsvereinbarung nicht getroffen, dem Berechtigten aus der Teilungsmasse ausgezahlt worden wäre. So wird erreicht, daß die Liegenbelassungsvereinbarung, wie es allein sachgerecht ist, Auswirkungen ausschließlich im Verhältnis zwischen Erwerber und Berechtigtem entfaltet und die Rechte der übrigen Beteiligten gänzlich unberührt läßt. Zutreffend hat das Landgericht unter Hinweis auf Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGHZ 53, 327 = NJW 1970, 1188 = DNotZ 1970, 413 sowie BGH, Rpfleger 1974, 148) und im Anschluß an den Beschluß des Senats vom 5. November 1984 im Verfahren 15 W 303/84, das einen gleichgelagerten Sachverhalt betraf und an dem sowohl die Beteiligte zu 1. als auch die Beteiligte zu 2. beteiligt waren, ausgeführt, daß zu diesem Kürzungsbetrag neben Grundschuldkapital und den zwischen Zuschlagserteilung und Erlösverteilung angefallenen Zinsen auch grundsätzlich alle anderen Nebenleistungen im Sinne des § 12 Nr. 2 ZVG und damit auch einmalige fällige Nebenleistungen der hier vorliegenden Art gehören. Denn hätten die Beteiligten zu 1. und 2. nicht vereinbart, daß die im Grundbuch Abteilung III Nr. 2 eingetragene Grundschuld zu den eingetragenen Bedingungen und mithin auch bezüglich der Nebenleistung bestehen bleiben sollte, so wäre der von der Beteiligten zu 2. zum Versteigerungsverfahren angemeldete Betrag der Nebenleistung aus der Teilungsmasse an die Beteiligte zu 2. zu zahlen gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Wie der Senat in der genannten Entscheidung (a.a.O., S. 6) bereits ausgeführt hat, ist es in Fällen der vorliegenden Art für die Absetzung der Nebenleistung von der Teilungsmasse ohne Belang, ob es sich bei dem bestehenbleibenden Recht um eine Grundschuld oder eine Hypothek handelt. Die Ausführungen in der sofortigen weiteren Beschwerde geben dem Senat keinen Anlaß, diesen Standpunkt aufzugeben. Weder die Regelung des § 91 Abs. 3 ZVG noch die Einbeziehung der fälligen Nebenleistung finden ihre Rechtfertigung im akzessorischen Charakter der Hypothek; erreicht werden soll allein, daß die zwischen Gläubiger und Erwerber getroffene Vereinbarung über das Bestehenbleiben eines Rechts weder zu einer ungerechtfertigten Besser- noch zu einer Schlechterstellung der übrigen Beteiligten führt. Insoweit aber sind, wie die weitere Beschwerde gerade selbst hervorhebt, vollstreckungsrechtliche Gesichtspunkte maßgeblich, unter denen sich in Fällen der vorliegenden Art Grundschuld und Hypothek eben nicht unterscheiden. Die der Vereinbarung über das Bestehenbleiben eines Rechts möglicherweise zugrunde liegenden sonstigen Absprachen zwischen Gläubiger und Ersteher sind insoweit ohne Belang. Soweit die weitere Beschwerde zur Stützung ihres gegenteiligen Standpunkts auf eine mögliche Benachteiligung des früheren Eigentümers und persönlichen Schuldners verweist, übersieht sie offensichtlich die Bestimmung des § 91 Abs. 3 S. 2 ZVG, nach der die Vereinbarung "im übrigen" wie die Befriedigung des Berechtigten aus dem Grundstück wirkt. Dadurch ist sichergestellt, daß Ansprüche des Gläubigers gegen andere Beteiligte einschließlich des früheren Eigentümers bei Vereinbarung des Bestehenbleibens eines Rechts, sei es nun eine Hypothek oder eine Grundschuld, im selben Umfang erlöschen, wie dies bei entsprechender Zahlung aus der Teilungsmasse der Fall wäre.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.</p>
|
315,632 | lg-duisburg-1985-04-03-3-o-53884 | {
"id": 807,
"name": "Landgericht Duisburg",
"slug": "lg-duisburg",
"city": 408,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 3 O 538/84 | "1985-04-03T00:00:00" | "2019-03-13T15:09:41" | "2019-03-27T09:42:37" | Urteil | ECLI:DE:LGDU:1985:0403.3O538.84.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 32.763,13 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 26. November 1984 zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 35.400,-- DM vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">T a t b e s t a n d :</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin, eine überparteiliche politische Organisation mit Sitz in N, beabsichtigte in der Zeit vom 6. April bis zum 12. April 1984 in sieben verschiedenen Städten Vortragsveranstaltungen durchzuführen, auf denen der britische Historiker </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">sprechen sollte bzw. sprach. Die erste Veranstaltung dieser Reihe fand am 6. April 1984 in Bonn statt. Die zweite Veranstaltung sollte am 7. April 1984, 14.00 Uhr, im Auditorium der in stattfinden. Am 31. Januar 1984 schloß die Klägerin mit der Beklagten zunächst telefonisch einen Mietvertrag für das Auditorium in der in . Die Beklagte übersandte der Klägerin einen schriftlichen Mietvertrag unter dem Datum des 15. März 1984 mit der Angabe eines Mietzinses von insgesamt 615,28 DM. Mit Schreiben vom 20. März 1984 sandte die Klägerin der Beklagten eine unterschriebene Ausfertigung des Mietvertrages mit einem Verrechnungsscheck über 615,28 DM zurück. Gemäß den Bedingungen in dem Mietvertrag auf Abschluß einer Versicherung zur Abdeckung eventueller Schäden an der Halle und Ansprüche von Personen schloß die Klägerin mit der AG am 26. März 1984 eine Haftpflichtversicherung ab und übersandte der Beklagten eine Kopie des Versicherungsscheins.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">In dem Mietbedingungen für die GmbH ist unter der Ziffer IV folgende Regelung enthalten:</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">"Die Vermieterin ist berechtigt, vom Vertrag zurückzutreten, wenn</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">durch die beabsichtigte Veranstaltung eine Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oder eine Schädigung des Ansehens der Stadt oder zu befürchten ist,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">die verlangte Vorauszahlung nicht bis zu dem im Mietvertrag vereinbarten Fälligkeitszeitpunkt bei der Vermieterin eingegangen ist oder der verlangte vorherige Abschluß einer Versicherung bzw. die Zahlung einer Sicherheitsleistung nicht termingerecht erfolgte...”</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Am 6. April 1984 um 15.50 Uhr ging bei der Klägerin ein Fernschreiben der Beklagten mit folgendem Wortlaut ein:</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">"Wegen angekündigter ernstzunehmender Demonstrationen der und der Gefahr von Zerstörungen und Beschädigungen wird die für den 7. April 1984 vorgesehene Veranstaltung abgesagt.”</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte erklärte gegenüber der Klägerin die Kündigung des Mietvertrages und die Klägerin war gezwungen, von der Veranstaltung in Abstand zu nehmen. Aufgrund der kurzfristigen Kündigung vom 6. April 1984 war es der Klägerin nicht mehr möglich, die Überlassung des Versammlungsraumes durch Stellung eines Antrages auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung durchzusetzen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Für alle sieben Veranstaltungen der Veranstaltungsreihe wandte die Klägerin 202.084,48 DM auf, wovon sie 1/7 (28.869,21 DM) als Schaden gegenüber der Beklagten geltend macht. Desweiteren hat die Klägerin für die Veranstaltung in Honorare und Vergütungen von 1.740,- DM sowie Übernachtungs-, Verzehr- und Fahrtkosten von 703,72 DM gezahlt. Durch entgangenen Gewinn aus Druckschriftenverkauf ist ihr ein Schaden von 721,17 DM und aus entgangenen Spendeneinnahme ein solcher von 729,03 DM entstanden. Insgesamt beziffert die Klägerin ihren Schaden auf 32.763,13 DM.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin ist der Auffassung, daß die Beklagte nicht zu einem Rücktritt von dem Mietvertrag berechtigt gewesen sei und daher zum Ersatz der durch diesen Vertragsbruch entstandenen Kosten verpflichtet sei.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Beklagte zu verurteilen, an sie 32.763,13 DM nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Sie ist der Ansicht, aufgrund der Ziffer IV der Mietbedingungen zum Rücktritt von dem Vertrag berechtigt gewesen zu sein, weil die Demokraten kurz vor der Veranstaltung protestiert habe und es unvorstellbar sei, daß in einer städtischen Einrichtung , die den Namen der verstorbenen Oberbürgermeisterin trage, eine Veranstaltung stattfinde, die für die Rechtfertigung und Verharmlosung von Verbrechen und Opfern der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft dienen solle. Mit Rücksicht darauf habe die Stadt sie, die Beklagte, angewiesen, von dem Rücktrittsrecht Gebrauch zu machen. Schadensersatzansprüche seien wegen der Ausübung des Rücktrittsrechts vertraglich ausgeschlossen. Im übrigen reiche es nicht aus, daß die Klägerin ihre gesamten Aufwendungen kurzer Hand quotiere und in pauschaler Form geltend mache.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="h2 absatzLinks">E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist begründet. Der Klägerin steht gemäß § 325 Absatz 1 Satz 1 BGB ein Anspruch auf Schadensersatz gegenüber der Beklagten zu.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Für eine Anwendung des § 325 BGB ist einmal erforderlich, daß zwischen der Klägerin und der Beklagten ein gegenseitiger Vertrag vorliegt. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt, da zwischen der Klägerin und der Beklagten ein Mietvertrag geschlossen wurde. Weiterhin ist erforderlich, daß die der Beklagten obliegende Leistung aus diesem Vertrag unmöglich geworden ist. Da die Beklagte der Klägerin für den 7. April 1984 nicht, wie vertraglich vereinbart war, das Auditorium der Halle in für ihre Vortragsveranstaltung zur Verfügung stellte, ist die Leistungspflicht aus der vertraglichen Vereinbarung für die Beklagte unmöglich geworden. Bei dem zwischen den Parteien geschlossenen Mietvertrag handelte es sich um ein absolutes Fixgeschäft, d. h. die Beklagte konnte die ihr obliegende Leistung nur in der vertraglich vereinbarten Zeit, d. h. am 7. April 1984 von 13.00 bis 17.00 Uhr erbringen. Mit dem Verstreichen dieser Zeit ist es der Beklagten nicht mehr möglich, die von ihr geschuldete Leistung zu erbringen; insbesondere kann die Leitung nicht etwa dadurch nachgeholt werden, daß der Klägerin die Stadthalle zu einem späteren Zeitpunkt zur Verfügung gestellt wird.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Für die Anwendung des § 325 BGB ist ferner erforderlich, daß die Beklagte die Unmöglichkeit zu "vertreten” hat. Grundsätzlich ist Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten (§§ 276 Absatz 1 Satz 1 BGB). Wer - wie die Beklagte - Vertragsbruch begeht, handelt vorsätzlich.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die Anwendung des § 325 BGB ist nicht etwa deshalb ausgeschlossen, weil die Beklagte wirksam von dem Vertrag mit der Klägerin zurückgetreten ist. Der Beklagten stand kein Recht zum Rücktritt von dem mit der Klägerin geschlossenen Vertrag zu. Ein Rücktrittsgrund für die Beklagte kann sich insbesondere nicht aus der Ziffer IV. 1 a der Mietbedingungen ergeben. Diese Regelung der Mietbedingungen kann dann keine Anwendung finden, wenn die Gefahr einer Schädigung des Ansehens der Stadt bzw. der Beklagten aus Umständen herrührt, die bereits bei Vertragsschluß offen zutage lagen. Wer in Kenntnis eines Risikos eine Leistung verspricht, kann sich von der vertraglichen Bindung nicht dadurch lösen, daß er sich wegen desselben Risikos den Rücktritt vorbehält. Der Beklagten war bei Vertragsschluß bekannt, daß es bei der Klägerin um einen Verein mit einer rechtsradikalen Ausrichtung handelt. Die Beklagte rechnete bei der Veranstaltung der Klägerin sogar mit gewalttätigen Störungen und sich dabei ergebenden erheblichen Schäden, denn sie verlangte von der Klägerin den Nachweis einer Schadensversicherung in Höhe von 2.000.000,-- DM. Dieser Nachweis ist nicht etwa in den Mietbedingungen vorgesehen, sondern es handelt sich dabei um einen im konkreten Fall getroffene vertragliche Vereinbarung. Es ist bei dieser Sachlage geradezu widersprüchlich, wenn die Beklagte die Rücktrittsklausel auch für solche Beeinträchtigungen des Ansehens der Stadt oder der Beklagten gedacht hat, die von vornherein als offenkundig möglich erscheinen mußten. Die Beklagte kann nicht vernünftigerweise einerseits ein Beeinträchtigungsrisiko durch Abschluß des Mietvertrages übernehmen und andererseits im selben Atemzug eben dieses Risiko als Rücktrittsrecht ausgestalten. Hätte die Beklagte das Risiko nicht eingehen wollen, so hätten sie es gar nicht zum Vertragsschluß kommen lassen dürfen. Die Umstände, auf die die Beklagte ihr Rücktrittsrecht stützt, waren ihr aber bereits vor Vertragsschluß bekannt.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Rücktrittsklausel in den Mietbedingungen der Klägerin verstößt auch gegen § 9 Absatz 2 Satz 2 AGBG, falls sie auch eine von Anfang an offenkundig mögliche Ansehensbeeinträchtigung umfassen soll. Es muß noch einmal hervorgehoben werden, daß hier allein die Frage zu beurteilen ist, ob sich die Beklagte auch für den Fall ein Rücktrittsrecht vorbehalten kann, daß der Rücktrittsgrund schon bei Vertragsschluß offen zutage liegt. Wer in Kenntnis eines Risikos einen Vertrag abschließt, kann sich nicht wegen eben dieses Risikos ein Rücktrittsrecht vorbehalten. Dadurch würde die vertragliche Bindung praktisch dem Belieben einer Partei unterstellt. Die Interessenlage entspricht der in § 9 Absatz 2 Nr. 2 AGBG geregelten. Wenn es dort heißt, daß es eine unangemessene Benachteiligung des Kunden darstellt, wenn wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, so eingeschränkt werden, daß die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist, so liegt dem die Erwägung zugrunde, daß die eine Hand des AGBG-Verwenders nicht in Gestalt einer vertraglichen Zusage etwas gewähren darf, was dem Kunden mit der anderen Hand sofort wieder genommen wird. Wer in Kenntnis eines Risikos eine Leistung verspricht, kann sich von der vertraglichen Bindung nicht dadurch lösen, daß er sich wegen desselben Risikos den Rücktritt vorbehält (vgl. Grunsky 63 bis 70 der Akte).</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat den ihr aufgrund der Nichterfüllung des Mietvertrages entstandenen Schaden ausreichend dargelegt. Sie hat im einzelnen vorgetragen, welche Kosten ihr für diese Veranstaltung in entstanden sind. Es ist nicht zu beanstanden, wenn sie als Schaden 1/7 der im einzelnen dargelegten Kosten geltend macht. Hierbei handelt es sich auch nicht etwa um eine abstrakte Schadensberechnung, da sie den ihr entstandenen Schaden nachvollziehbar darlegt. Eine andere Art der Schadensberechnung ist auch nicht möglich, da die Klägerin im einzelnen nicht vortragen kann, welchen Personenkreis die Veranstaltung in angesprochen hätte.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die Zinsforderung ist gemäß der §§ 284, 286, 288 I BGB begründet.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die Kosten des Rechtsstreits waren der Beklagten als dem unterliegenden Teil aufzuerlegen (§ 91 ZPO).</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.</p>
|
315,633 | lg-bonn-1985-03-25-6-s-285 | {
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"slug": "lg-bonn",
"city": 394,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 6 S 2/85 | "1985-03-25T00:00:00" | "2019-03-13T15:09:43" | "2019-03-27T09:42:37" | Urteil | ECLI:DE:LGBN:1985:0325.6S2.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts </p>
<p>Bonn vom 06.12.1984 - 8 C 100/84 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen. </p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">- Ohne Tatbestand gemäß § 543 Abs. 1 ZPO - </p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe:</u></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Berufung des Beklagten ist zulässig, hat in der Sache indes keinen Erfolg. Zu Recht hat das Amtsgericht in den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, denen die Kammer vollinhaltlich folgt, ausgeführt, dass dem Beklagten ein Mietminderungsrecht wegen des Baulärms auf den Nachbargrundstücken nicht zusteht. </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Auszugehen ist zwar davon, dass für den hier streitigen Zeitraum (Februar bis Juni 1984) grundsätzlich die Voraussetzungen des § 537 BGB vorgelegen haben, nämlich eine ganz erhebliche Minderung des Gebrauchswerts der Wohnung des Beklagten durch Geräuschimmissionen von den Nachbargrundstücken. Jedoch hat das Amtsgericht mit Rücksicht auf § 539 BGB ( Voraussehbarkeit der- möglichen Bebauung eines nichtbebauten Nachbargrundstücks ohne Vorbehalt einer Mietminderungsmöglichkeit bei Vertragsschluß für den Fall einer baubedingten Immission, vgl. Emmerich-Sonnenschein, 2. Bearbeitung, Rdn. 33 zu § 537; OLG Frankfurt am Main in ZMR 64, 271 f.) zu Recht die Minderungsmöglichkeit nach § 537 BGB davon abhängig gemacht, ob der Eigentümer gemäß § 906 BGB die Immission entschädigungslos hinzunehmen hat oder ob die Immission die ortsübliche Nutzung des Grundstücks über das - objektiv- - zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt (§ 9O6 IV s. 2 BGB), so dass eine Entschädigung zu zahlen ist. Ob eine Immission entschädigungslos hinzunehmen ist, ist dabei vom Standpunkt eines durchschnittlichen Grundstücknutzers aus zu bestimmen (vgl. BGH in NJW 77, 894 m. w. N.), wobei eine Entschädigung nur ausnahmsweise bei besonders schweren Beeinträchtigungen in Betracht kommt. Insoweit kann auf die Ausführungen des Amtsgerichts in der angefochtenen Entscheidung, Seite 8, verwiesen werden; die dort gefundene Begründung erscheint zumindest solange richtig, als es sich um ein überschaubares Bauvorhaben mit absehbarer Dauer der Beeinträchtigungen handelt. Für einen überschaubaren Zeitraum hat es ein Nachbar entschädigungslos hinzunehmen, dass Baulärm auf sein Grundstück dringt. Vorliegend ist dies im Zeitraum Januar bis Juni 19## der Fall gewesen. Einen Zeitraum von sechs Monaten entschädigungslos hinzunehmen hält die Kammer noch für zumutbar.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">An diesem Ergebnis vermögen die Ausführungen im Schriftsatz des Beklagten vom 12.03.1985 nichts zu ändern.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Dass anlässlich der Bauarbeiten die zulässigen Immisionsrichtwerte überschritten worden sind - siehe Meßprotokoll des Gewerbeaufsichtsamts vom 08.06.1984 - führt nicht zu einem Unterlassungsanspruch des Eigentümers eines Nachbargrundstücks. Denn da, wie die Beweisaufnahme - ebenfalls ergeben hat, eine geringere Geräuschentwicklung nicht erreicht werden konnte (§ 22 b ImSchG), lag lediglich eine wahrscheinliche, aber ortsübliche und daher zu duldende Nutzung des Nachbargrundstücks vor.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Ansicht des Beklagten wird er durch die von der Kammer vertretene Auffassung auch nicht rechtlos gestellt. Die Kammer hat, wie oben bereits ausgeführt, lediglich den Fall zu entscheiden, ob eine Entschädigung zu zahlen ist, wenn auf einem Nachbargrundstück ein der sonstigen Bebauung entsprechendes Bauvorhaben in einem überschaubaren, Zeitraum abgewickelt wird. Nur für diesen Fall, den sie vorliegend noch für gegeben hält,. bejaht sie eine Verpflichtung zu entschädigungsloser Hinnahme, ohne dass vorliegend entschieden werden müsste, ab welcher Größenordnung und Dauer eines Bauprojekts der Ausgleich widerstreitender nachbarlicher Interessen eine Entschädigungszahlung erfordert. Dass dies auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Immissionen eines umfangreichen Bauvorhabens in einem Wohngebiet entstehen, der Fall sein könnte mit der Folge, dass dann ein Mieter auch zur Minderung berechtigt sein könnte, ist nicht von der Hand zu weisen mit der Folge, dass nicht die Rede davon sein kann der Mieter werde rechtlos gestellt.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung der nach allem unbegründeten Berufung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks"><u>Berufungsstreitwert: </u>862,50 DM. </p>
|
315,634 | ag-witten-1985-03-13-10-f-10885 | {
"id": 748,
"name": "Amtsgericht Witten",
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"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 10 F 108/85 | "1985-03-13T00:00:00" | "2019-03-13T15:09:44" | "2019-03-27T09:42:36" | Urteil | ECLI:DE:AGWIT:1985:0313.10F108.85.00 | <h2>Tenor</h2>
<p></p>
<p>Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Verfügung verurteilt, der Antrag-stellerin vom 1. Februar bis 31. Juli 1985 eine monatliche Unterhaltsrente von 1.500,-- DM zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Der weitergehende Antrag wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits trägt zu ¾ der Antragsgegner, zu ¼ die Antragstellerin.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="h2 absatzLinks">T a t b e s t a n d</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien sind verheiratet. Sie leben seit dem 1. Januar 1985 getrennt. Inzwischen hat der Antragsgegner Scheidungsantrag gestellt (10 F 88/85 – Familiengericht Witten). Die Antragstellerin ist ohne Einkommen. Der Antragsgegner ist praktizierender Arzt. Sein Jahresumsatz beträgt mehr als 400.000,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin behauptet, der Antragsgegner habe ein monatliches Nettoeinkommen von mindestens 9.000,-- DM. Mit Schreiben vom 08.01.1985 hat sie ihn ohne Erfolg zur Zahlung von Trennungsunterhalt aufgefordert. Daraufhin hat sie unter 10 F 84/85 beim Familiengericht Witten Klage auf Zahlung eines monatlichen Trennungsunterhalts von 3.850,-- DM, beginnend ab 01.01.1985 eingereicht.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Mit vorliegender einstweiliger Verfügungssache beantragt die Antragstellerin,</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">den Antragsgegner zu verurteilen, an sie ab dem 01.02.1985 einen monatlichen vorläufigen Notunterhalt von 2.000,-- DM zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Antragsgegner beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">den Antrag abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Er behauptet, die Antragstellerin verfüge über finanzielle Barmittel in Höhe von etwa 100.000,-- DM. Darüber hinaus könne sie aber auch ihren Unterhalt durch eigene Erwerbstätigkeit sicherstellen. Sie sei gelernte Chemotechnikerin. Bis zur Trennung habe sie als Hauptkraft in seiner Praxis mitgearbeitet. Schließlich sei er bei seinen derzeitigen wirtschaftlichen Verhältnissen aber auch gar nicht in der Lage, den verlangten Unterhalt zu zahlen. Er lebe zu Zeit auf Kredit.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin bestreitet die Angaben des Antragsgegners zu seinen finanziellen Verhältnissen. Weiter gibt sie an, sich um eine Erwerbstätigkeit bemühen zu wollen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Erklärungen im Verhandlungstermin Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Das Gericht hat weiter den vom Antragsgegner gestellten Zeugen Steuerberater x zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Antragsgegners gehört. Wegen des Ergebnisses der Zeugenvernehmung wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="h2 absatzLinks">E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e </p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der auf §§ 940, 935 ZPO, 1361 BGB gestützte Antrag ist zulässig und in Höhe von 1.500,-- DM begründet.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Der Zulässigkeit steht das laufende Scheidungsverfahren, das eine Entscheidung nach § 620 ZPO ermöglichen würde, nicht entgegen. Zwar wird in der Rechtsprechung die Auffassung vertreten, das Verfahren nach §§ 620 ff. ZPO stelle eine Sonderregelung dar, die die Vorschriften über die einstweilige Verfügung verdränge (BGH, FamRZ 1979, 473; OLG Zweibrücken, FamRZ 1983, 621; OLG Düsseldorf, FamRZ 82, 408). Das kann sinnvollerweise aber nur dann in Betracht kommen, wenn der Antragsteller des einstweiligen Verfügungsverfahrens bei Einreichung des Antrages Kenntnis vom Scheidungsverfahren hat. Das war hier nicht der Fall. Bei Einreichung des einstweiligen Verfügungsantrages am 25.02.1985 war der Antragstellerin der Scheidungsantrag noch nicht zugestellt. Das ist erst am 27.02.1985 geschehen. Würde die Antragstellerin bei dieser Sachlage sich gleichwohl auf das Verfahren nach § 620 ZPO verweisen lassen müssen, würde von ihr verlangt, unter gleichzeitiger Kostenmehrbelastung eine Verzögerung der Entscheidung über ihr Unterhaltsbegehren hinzunehmen, obgleich ihr bei der Anbringung des Antrages auf Erlass der einstweiligen Verfügung die Wahl einer anderen Verfahrensmöglichkeit gar nicht offenstand. Sie bleibe belastet mit den im einstweiligen Verfügungsverfahren bislang entstandenen Kosten. Eine einfache Überleitung des einstweiligen Verfügungsverfahrens in das einstweilige Anordnungsverfahren ist nicht möglich. Dem steht – von den damit verbundenen kostenrechtlichen Schwierigkeiten (vgl. OLG Hamburg, FamRZ 82/4008) abgesehen – entgegen, dass auf Seiten des Antragsgegners ein Anwaltswechsel stattfinden müsste. Das mit § 620 ZPO verfolgte Ziel einer vereinfachten Eilentscheidung würde damit ins Gegenteil verkehrt. Würde eine Entscheidung über eine einstweilige Verfügung schon dann nicht mehr für zulässig erachtet, sobald ein Antrag nach § 620 ZPO gestellt werden kann, würde damit auch dem Gegner die Möglichkeit eröffnet, jederzeit schon durch die bloße Anbringung eines PKH-Gesuches im Sinne des § 620 a ZPO jedes einstweilige Verfügungsverfahren zu unterlaufen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Weiter erscheint der Verweis auf das einstweilige Anordnungsverfahren nur dann gerechtfertigt, wenn dieses Verfahren der Interessenlage der Antragstellerin in gleicher Weise gerecht wird wie das einstweilige Verfügungsverfahren. Die Antragstellerin erstrebt eine vorläufige Regelung für die nächsten Monate, deren Bestand unabhängig ist vom Ausgang des von ihr als abweisungsreif beurteilten gegnerischen Scheidungsantrages. § 620 ZPO ermöglicht eine über das Scheidungsverfahren hinauswirkende einstweilige Unterhaltsanordnung nur für den Fall der Scheidung. In allen anderen Fällen verliert die einstweilige Anordnung gemäß § 620 f ZPO mit Abschluss des Scheidungsverfahrens ihre Wirkung, ganz abgesehen davon, dass der Antragsgegner durch die Rücknahme des Scheidungsantrages jederzeit selbst die Anordnung nach § 620 ZPO außer Kraft setzen kann. Eine einstweilige Verfügung hingegen gewährt der Antragstellerin eine Entscheidung mit einer von dem prozessualen Verlauf des Scheidungsverfahrens unabhängigen Bestandskraft. In Fällen, in denen wie hier der Antragsteller sich gegen das gegnerische Scheidungsbegehen selbst wendet, ermöglicht das einstweilige Anordnungsverfahren keine seinem Rechtsschutzbedürfnis und seiner Interessenlage gerecht werdende Entscheidung. Hier muss deshalb das einstweilige Verfügungsverfahren weiterhin zulässig sein.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Würde die Weiterführung des einstweiligen Verfügungsverfahrens in Fällen der vorliegenden Art für unzulässig erachtet, würde der Partei abverlangt, zur Herbeiführung einer vorläufigen Regelung unter Umständen über den bereits gestellten Antrag hinaus noch zwei weitere anhängig zu machen, nämlich den auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und nach deren Erledigung erneut einen solchen auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, obgleich alles im ersten Verfahren hätte entschieden werden können. Das widerspricht den Grundsätzen der Prozessökonomie.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Dem Antrag konnte nur in Höhe eines Betrages von 1.500,-- DM entsprochen werden. Das einstweilige Verfügungsverfahren dient lediglich der kurzfristigen Beseitigung einer Notlage bis zur Entscheidung in dem regelmäßig nachfolgenden Hauptverfahren. Um ihren dringendsten Unterhaltsbedarf sicherzustellen, bedarf die Antragstellerin eines Betrages von lediglich etwa 1.500,-- DM monatlich. An Miete und Nebenkosten muss sie für ihre 80 qm und damit ihren Verhältnissen angemessene große Wohnung monatlich 915,-- DM zahlen. Ihr verbleiben dann noch fast 600,-- DM, also 150,-- DM wöchentlich zur Bestreitung ihrer dringendsten sonstigen Lebenshaltungskosten, zumal sie nach ihren eigenen Angaben noch über ein Guthaben von etwa 2.000,-- DM verfügt.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Der Antragsgegner ist ohne weiteres in der Lage, den Betrag von 1.500,-- DM zu zahlen. Bei einem Jahresumsatz von mehr als 400.000,-- DM kann kein vernünftiger Zweifel aufkommen, dass er nicht in der Lage sein sollte, den monatlichen Betrag von 1.500,-- DM für seine Ehefrau aufzubringen. Zwar mag es sein, dass er gegenwärtig zur Finanzierung von Lebenshaltungskosten einen Kredit in Anspruch nimmt. Wesentlich für die hier zu entscheidende Frage ist aber seine wirtschaftliche Situation insgesamt. Diese rechtfertigt ohne weiteres die Annahme der Leistungsfähigkeit. Es folgt schon daraus, dass er bei Trennung der Parteien über die von Januar bis September 1984 hinaus eingenommenen 308.000,-- DM noch Außenstände in Höhe von etwa 150.000,-- DM gegenüber der Krankenkasse und der Privatpatienten hatte. Diese brauchen nur realisiert zu werden, soweit sie nicht inzwischen schon beglichen sind. Soweit der Antragsgegner darauf verweist, sein Einkommenssteuerbescheid für 1983 weise ein Negativeinkommen von 123.000,-- DM aus, ist dem entgegenzuhalten, dass dieser Betrag wesentlich bedingt ist durch den mit fast 165.000,-- DM bezifferten Verlust aus Vermietung und Verpachtung. Dieser wiederum ist aber nur bedingt durch die Inanspruchnahme erheblicher Abschreibungswerte, die unterhaltsrechtlich nicht relevant sind. Selbst das mit 60.000,-- DM bezifferte Einkommen aus der Praxis, ist, wie im Termin festgestellt worden ist, wesentlich darauf zurückzuführen, dass bei der Gewinnermittlung des Einkommens aus der Praxis ein Betrag von etwa 110.000,-- DM vorweg abgeschrieben worden ist für Afa und Verlust aus Anlagen. Das hat der Zeuge x bestätigt. Die Werte des Einkommenssteuerbescheides für 1983 könnten also für die Beurteilung der unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit nicht als maßgebend erachtet werden. Die dort festgestellten Werte rechtfertigen vielmehr, wenn die nur steuerrechtlich bedeutsamen Beträge für Abschreibung und Verlust aus Anlagen außer Betracht bleiben, die Feststellung, dass Einkommen in erheblicher Höhe erzielt worden ist. Immerhin war der Antragsgegner 1983 ohne weiteres in der Lage, seiner Ehefrau zum Geburtstag für 24.000,-- DM einen C-Pkw zu schenken. Nach seinen Angaben im Termin sind seine Einkommensverhältnisse 1984 nicht anders gewesen als 1983. Sie sind also gleich gut gewesen. Es ist nicht vorgetragen worden, dass sich daran in der Zwischenzeit wesentliches geändert hat.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Der Antragsgegner kann nicht einwenden, die Antragstellerin habe 100.000,-- DM zur Bestreitung ihrer eigenen Lebenshaltungskosten zur Verfügung. Soweit er behauptet, die Antragstellerin habe ein Guthaben von 40.000,-- DM bei der Sparkasse in C, hat dieser durch Vorlage der Bankauszüge glaubhaft gemacht, dass das Konto vor der Trennung ein Guthaben von etwa 21.000,-- DM aufgewiesen hat, dass es inzwischen aber um etwa 10.000,-- DM überzogen ist. Sie hat durch Vorlage einer Liste dargelegt, dass das Geld zum großen Teil im Zusammenhang mit dem Umzug nach E, der Anmietung und Einrichtung der Wohnung und zum Lebensunterhalt verbraucht ist. Bei der L Bank hat die Antragstellerin zwar Sparbriefe über 10.000,-- DM. Die Sparsumme wird aber erst fällig im Januar 1986. Geld aus einem Totalschaden, das von dem Antragsgegner mit einem Betrag von 20.000,-- DM beziffert wird, hat die Antragstellerin nicht erhalten. Sie bestreitet, überhaupt einen Unfall mit ihrem Pkw gehabt zu haben und irgendwelche Schadensersatzbeträge bekommen zu haben. Der Antragsgegner hat seine anderslautende Behauptung nicht näher spezifiziert. Soweit der Antragsgegner behauptet, die Antragstellerin habe vor der Trennung noch 10.000,-- DM von einem seiner Konten abgehoben, hat die Antragstellerin dargelegt, es habe sich hierbei lediglich um einen Betrag von 4.000,-- DM gehandelt, den sie zur Regulierung von Verbindlichkeiten aus der Praxis verwendet habe. Seine weitere Behauptung, die Antragstellerin habe auch Zahlungen von Patienten vereinnahmt, hat der Antragsgegner im Termin nicht näher konkretisiert.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Der Antragsgegner kann dem Unterhaltsbegehren der Antragstellerin nicht entgegenhalten, sie könne ihren Lebensunterhalt aus eigener Erwerbstätigkeit sicherstellen. Zwar ist die Antragstellerin gehalten, sich um eine angemessene Erwerbstätigkeit zu bemühen. Bei der gegenwärtigen Arbeitsmarktlage kann aber nicht erwartet werden, dass sie sofort nach der Trennung eine Anstellung findet. Die Antragstellerin kann in diesem Zusammenhang nicht vorbringen, sie müsse sich erst einmal orientieren und zur Ruhe kommen. Die Verpflichtung, sich um eine angemessene Beschäftigung zu bemühen, besteht schon jetzt.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Nach allem muss davon ausgegangen werden, dass die Antragstellerin ihren unmittelbaren Lebensbedarf für die nächste Zeit nicht selbst sicherstellen kann und sie deshalb zur Bestreitung der notwendigsten Lebenshaltungskosten auf Unterhaltszahlungen durch den Antragsgegner angewiesen ist. Die Tatsache, dass sie nach eigenem Bekunden noch ein Guthaben von etwa 2.000,-- DM hat, steht ihrem Anspruch nicht entgegen. Dieses Geld wird in Kürze aufgezehrt sein.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.</p>
|
315,635 | olgk-1985-02-08-6-u-22084 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
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} | 6 U 220/84 | "1985-02-08T00:00:00" | "2019-03-13T15:09:47" | "2019-03-27T09:42:36" | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1985:0208.6U220.84.00 | <h2>Tenor</h2>
<p></p>
<p>Auf die Berufung des Klägers wird das am 4. Juli 1984 verkündete Urteil der 20. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 20 (70) O 291/80 - abgeändert und wie folgt neu gefaßt:</p>
<p>Unter Abweisung der Klage im übrigen wird der Beklagte verurteilt, an den Kläger 8.177,50 DM nebst 4% Zinsen seit dem 15.8.1980 zu zahlen, und zwar Zug um Zug gegen Herausgabe des Pkw Porsche 911 E, Fahrgestell-Nr. xxx</p>
<p></p>
<p>Von den Gerichtskosten des Rechtsstreits (erster und zweiter Instanz) hat der Kläger insgesamt 90,- DM zu tragen.</p>
<p>Die übrigen Gerichtskosten beider Instanzen und die außergerichtlichen Kosten beider Parteien werden dem Beklagten auferlegt.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Die Beschwer des Beklagten wird auf 8.177,50 DM. die des Klägers auf 99,- DM festgesetzt.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Berufung des Klägers ist zulässig, sie hat auch überwiegend in der Sache Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Kläger kann vom Beklagten Zug um Zug gegen Herausgabe des Pkw Porsche 911 E, Fahrgestell-Nr. xxx, als Schadensersatz wegen Nichterfüllung gemäß § 46 3 BGB die Zahlung von 8.177,50 DM verlangen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Aufgrund des Vortrags beider Parteien in diesem Rechtsstreit, aufgrund der von den Parteien zu den Akten gereichten Urkunden, ferner aufgrund des Inhalts der Strafakten 22 Js 394/80 StA Köln und 80 Js 518/82 StA Köln sowie aufgrund der Beweisaufnahme vor dem Senat in der Sitzung am 18.1.1985 ist der Senat davon überzeugt, daß zwischen den Parteien spätestens am 16.04.1980 ein mündlicher Kaufvertrag über den hier in Rede stehenden Pkw Porsche 911 E geschlossen wurde. Die Überzeugung des Senats beruht im einzelnen auf folgenden Umständen:</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Nach Aussagen der Zeugen Lxxx. und Rxxx im Termin vor dem Senat war der Beklagte mitanwesend, als der Kläger zusammen mit seiner Mutter bei der Wxxx Bxxx einen Kredit zur Finanzierung des Kaufpreises für den Pkw Porsche beantragte. Der Beklagte ist damals jedenfalls als Kreditvermittler aufgetreten. Nach Angaben des Zeugen R bei seiner Vernehmung ist der Beklagte regelmäßig nur dann als Kreditvermittler aufgetreten, wenn er selbst der Verkäufer der Autos war, die finanziert werden sollten. Im Darlehensantrag vom 16.4.1980 (Bl. 46 GA), den der Kläger in Anwesenheit des Beklagten bei der WKG eingereicht hat, ist unten der Beklagte ausdrücklich als Verkäufer aufgeführt. In der Auszahlungsvollmacht, die der Kläger am 18.4.1980 bei der Wxxx Bxxx unterschrieben hat, ist ausdrücklich um Auszahlung an "Firma Bxxx;" gebeten worden, nicht etwa an eine andere Firma vertreten durch Herrn Bxxx persönlich. Die Auszahlungsquittung (Fotokopie in Hülle Bl. 83 GA) ist vom Beklagten persönlich unterschrieben; davon ist nach § 138 Abs.4 ZPO auszugehen; denn der Beklagte hat vor dem Senat mit Nichtwissen bestritten, daß er das Geld am 18.4.1980 erhalten und die Quittung hierfür unterschrieben habe. Ein Bestreiten mit Nichtwissen ist nach der genannten Vorschrift aber unzulässig und führt nach § 138 Abs.3 ZPO dazu, daß die Tatsache als unstreitig behandelt werden muß. Hinzu kommt vorliegend, daß der Zeuge Rxxx bei seiner polizeilichen Vernehmung in den Strafakten 80 Js 518/82 StA Köln, die den damaligen Vorgängen zeitlich erheblich näher lag, ausdrücklich bekundet hat, daß er sich an die Auszahlung an den Beklagten persönlich genau erinnere (Bl.53,54 dieser Beiakten). Nach den eigenen Angaben des Beklagten im Termin vor dem Senat am 18.1.1985 gehörte der fragliche Porsche im April 1980 dem Beklagten, nicht etwa der Firma Wxxx, Nach dem von ihm zu den Akten gereichten angeblichen Kaufvertrag vom 6.6.1980 will der Beklagte erst unter diesem Datum dem Zeugen W den Porsche verkauft haben.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte, der gegenüber der Wxxx Bxxx am 16.4.1980 als Verkäufer auftrat, der sich als Verkäufer in dem von ihm vermittelten Darlehensvertrag aufnehmen ließ, der am 18.4.1980 den Kaufpreis in Empfang nahm, der jedenfalls am 16.4.1980 noch Eigentümer des Pkw Porsche war und der sich auch heute noch im Besitz des Originals des Kaufvertrages, den angeblich die Firma Wxxx am 13.6. 1980 mit dem Beklagten geschlossen haben soll, befindet, wie die Übergabe dieses Originals an den Senat im Termin am 18.1.1985 zeigt, konnte nicht plausibel erklären, wieso er im April 1980 ein ihm gehöriges Fahrzeug für die Firma W<i> </i>verkauft haben will, das er dieser Firma Wxxx erst zwei Monate später im Juni 1980 verkauft haben will. Auch die vom Beklagten im Termin am 18.1.1985 überreichte Urkunde vom 13.6.1980, in der der Kläger bescheinigt, einen Preisnachlaß von 4.000,- DM auf den Porsche erhalten zu haben, die sich bei den Geschäftspapieren der Firma Wxxx befinden müßte, wenn diese Verkäuferin des Porsche wäre, befand sich im Besitz des Beklagten, der mit dem Kaufvertrag nichts zu tun haben will. Auch sie ist für den Senat ein weiterer Beweis dafür, daß es sich bei dem Verkauf des Porsche um ein Geschäft des Beklagten handelte, daß dieser also Vertragspartner des Klägers war.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Vertragsurkunde vom 13.6.1980, die die Firma W als Verkäuferin des Porsche ausweist, steht diesem Beweisergebnis nicht entgegen. Zunächst datiert diese Urkunde ca. 2 Monate nach dem Zeitpunkt, an dem der Beklagte bereits den Kaufpreis für den Porsche erhalten hatte. Es ist völlig ungewöhnlich, daß der Kaufpreis so lange vor Vertragsschluß in vollem Umfange ausgezahlt wird. Darüberhinaus ergibt der Sicherungsübereignungsvertrag zwischen dem Kläger und der WKG vom 18.4.1980, (Bl.26 der Strafakten 80 Js 518/82 StA Köln), daß der Kläger zu diesem Zeitpunkt bereits im Besitz des Kraftfahrzeugbriefes für den Porsche war, was auch nicht erklärlich wäre, wenn zu diesem Zeitpunkt nicht der Kaufvertrag bereits endgültig abgeschlossen gewesen wäre.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der im April 1980 zwischen den Parteien geschlossene Vertrag ist auch nicht durch den Formularvertrag vom 13.6.1980 inhaltlich geändert worden. Der Wille der Parteien, den Vertrag inhaltlich im Sinne eines Einwendungsausschlusses hinsichtlich aller Mängel abzuändern, müßte vom Beklagten, der sich auf diese für ihn günstige Abweichung des ursprünglichen Vertrages beruft, bewiesen werden. Dieser Beweis ist dem Beklagten nicht gelungen. Der Beklagte hat sich Insoweit ausschließlich auf das Zeugnis des Zeugen Wxxx berufen; dieser hat bei seiner Vernehmung vor dem Senat am 18.1.19 85 zwar keinen überzeugenden Eindruck gemacht, jedoch ist der Senat auch nicht aufgrund des persönlichen Eindrucks der Vernehmung davon überzeugt, daß der Zeuge in jedem Falle die Unwahrheit gesagt haben müßte. Der Zeuge hat aber, wie schon bei seinen polizeilichen Vernehmungen, mit Entschiedenheit bekundet, daß er das Vertragsformular den Parteien nur aus Kulanz zur Verfügung gestellt habe, daß er nicht genau wisse, warum die Parteien noch nachträglich ein solches Vertragsformular ausgefüllt hätten, daß er sich nur gedacht habe, daß dies wohl zur Auszahlung des Kreditbetrages erforderlich sei. Der Kläger seinerseits hat eine vertragsändernde Vereinbarung ganz entschieden bestritten. Nach seiner Behauptung ist das Formular nur unterzeichnet worden, damit er für die Zukunft etwas Schriftliches in der Hand habe. Eine der ursprünglich mündlich getroffenen Vereinbarungen habe dadurch nicht abgeändert werden sollen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Daß zum Zeitpunkt des Verkaufs des Porsche an den Kläger die gefälschte TÜV-Plakette bereits vorhanden war, ist zwischen den Parteien unstreitig. Darauf, ob der Beklagte die TÜV-Plakette selbst gefälscht hat oder ob einer seiner Voreigentümer sie hat anbringen lassen, kommt es für den vorliegenden Rechtsstreit nicht an. Im Verkauf eines Pkw mit einer TÜV-Plakette liegt immer die Zusicherung, daß der Pkw bis zum auf der Plakette angegebenen Zeitpunkt vom TÜV abgenommen ist, daß er also unter normalen Umständen bis zu diesem Zeitpunkt dem TÜV nicht vorgeführt zu v/erden braucht. Diese Zusicherung ist für jeden Kraftfahrzeugkäufer von erheblicher Bedeutung. Ist ein Fahrzeug nicht TÜV-abgenommen oder muß es alsbald dem TÜV vorgeführt werden, so weiß der Käufer, daß möglicherweise erhebliche Aufwendungen auf ihn zukommen, um eine neue TÜV-Plakette zu erhalten. Hat die auf dem Fahrzeug befindliche TÜV-Plakette dagegen noch eine lange Laufzeit, so braucht der Käufer zunächst nicht davon auszugehen, daß er ein betriebsunsicheres Fahrzeug erwirbt.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Haftung für das Fehlen zugesicherter Eigenschaften besteht auch dann, wenn dem Zusichernden nicht bekannt ist, daß seine Zusicherung unrichtig ist. Es handelt sich insoweit um keine Verschuldens-, sondern um eine Garantiehaftung.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Nach § 463 BGB kann der Kläger vom Beklagten Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen; er ist also so zu stellen, wie er sich stünde, wenn der Beklagte ihm ein ordnungsgemäß TÜV-abgenommenes Fahrzeug veräussert hätte. In diesem Falle hätte der Kläger für seinen Kaufpreis einen entsprechenden Gegenwert, während das Fahrzeug in Wirklichkeit nach den Ausführungen, des Sachverständigen P in seinem Gutachten im Beweissicherungsverfahren 70 O 291/80 SH I völlig wertlos ist (Bl.40 der genannten Akten). Darüberhinaus hätte der Kläger die An- und Abmeldungskosten für das wertlose Fahrzeug erspart. Ferner wären dem Kläger die Kosten für die Entziehung der Betriebserlaubnis durch das Straßenverkehrsamt erspart geblieben.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Dagegen kann der Kläger nicht unter dem Gesichtspunkt des § 463 BGB die Kosten für das Abschleppen des Porsche nach dem Unfall vom 28.6.1980 verlangen. Aufgrund der Akte 642 OWi 681/80 jug. AG Köln sowie aufgrund der Untersuchungen des Sachverständigen Pxxx in der Beweissicherungsakte 70 O 291/80 SH I LG Köln steht nicht zur Überzeugung des Senates fest, daß der Unfall auf den Zustand des Fahrzeugs selbst zurückzuführen war. Es handelt sich insoweit also nicht um eine adäquate Folge des Fehlens der zugesicherten Eigenschaft des vom Beklagten an den Kläger verkauften Pkw Porsche.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Daß der Kläger mit dem Pkw Porsche einige Zeit bis zur Stillegung des Fahrzeugs gefahren ist, also Nutzungen aus dem Fahrzeug gezogen hat, konnte bei der vorliegenden Entscheidung ebensowenig berücksichtigt werden, wie die an sich unstreitige Tatsache, daß das Fahrzeug nach dem Verkauf in einen Unfall verwickelt war. Die sich hieraus möglicherweise für den Beklagten ergebenden Ersatzansprüche gegen den Kläger sind nicht von Amts wegen zu berücksichtigen, sie hätten nur im Wege der Aufrechnung geltend gemacht werden können. Hierzu hätte der Beklagte nicht nur die Aufrechnung erklären müssen, er hätte auch die vom Kläger gefahrenen Kilometer benennen und den Unfallschaden beziffern müssen. Dies alles ist nicht geschehen. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs.1, 92 Abs.1 und Abs.2 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Der Betrag, mit dem der Kläger unterlegen ist, ist an sich gering. Er hat jedoch hinsichtlich der Gerichtskosten einen Gebührensprung verursacht. Diese geringfügigen Mehrkosten muß der Kläger tragen. Im übrigen waren die Kosten des Rechtsstreits dem Beklagten, der ganz wesentlich in der Sache unterlegen ist, aufzuerlegen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die nach § 546 Abs.2 ZPO festzusetzende Beschwer für beide Parteien entspricht dem Wert ihres Unterliegens im Rechtsstreit.</p>
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315,636 | olgham-1985-02-06-20-u-29284 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
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} | 20 U 292/84 | "1985-02-06T00:00:00" | "2019-03-13T15:09:48" | "2019-03-27T09:42:36" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1985:0206.20U292.84.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Klägers wird das am 28. Juni 1984 verkündete Urteil der 20. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld abgeändert.</p>
<p>Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 36.801,56 DM nebst 4 % Zinsen von 29.601,56 DM seit dem 1.3.1984 und von weiteren 7.200,- DM seit dem 1.7.1984 zu zahlen.</p>
<p>Im übrigen bleibt die Klage abgewiesen.</p>
<p>Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.</p>
<p>Von den Kosten des ersten Rechtszuges tragen die Beklagten 90 % und der Kläger 10 %.</p>
<p>Von den Kosten der Berufung tragen die Beklagte 93 % und der Kläger 7 %.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger nimmt die Beklagte aus der bei ihr bestehenden Krankenversicherung auf Ersatz der Kosten stationärer und ambulanter Heilbehandlung und wegen Zahlung eines Krankentagegeldes in Anspruch.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Kläger, der bis 1982 durch die Innungskrankenkasse krankenversichert war, interessierte sich 1982 für den Abschluß einer privaten Krankenversicherung bei der Beklagten, bei der er schon seit 1969 eine Krankentagegeldversicherung unterhielt. Seine Verhandlungen mit einem Vertreter der Beklagten führten zu einem von dem Vertreter ausgefüllten, vom Kläger unterzeichneten Krankenversicherungsantrag vom 28.9.1982, der eine Krankheitskostenversicherung und die Erhöhung der bereits bestehenden Krankentagegeldversicherung um 60,- DM pro Tag vorsah. In diesem Antrag wurden die sogenannten Gesundheitsfragen nach Beschwerden, Krankheiten oder Unfallfolgen aus den vorausgegangenen fünf Jahren, nach stationären Behandlungen und nach Gebrechen, Anomalien oder chronischen Leiden sämtlich mit "nein" beantwortet. Nach seiner unbestrittenen Darstellung kündigte der Kläger schon bei dieser Antragstellung dem Versicherungsvertreter an, er werde sich noch von seinem Hausarzt untersuchen und der Beklagten das Untersuchungsergebnis zukommen lassen. Am 3.11.1982 ließ sich der Kläger von dem Facharzt für innere Medizin ... der den Kläger seit 1978 ärztlich betreut, untersuchen. Dr. ... fertigte "zur Vorlage bei der Versicherung" unter dem 4.11.1982 einen zweiseitigen ärztlichen Befundbericht.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Diesen Befundbericht händigte der Kläger dem Versicherungsvertreter ungelesen in einem verschlossenen - das ist in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unstreitig geworden - Briefumschlag aus, und der Vertreter leitete ihn an die Beklagte weiter.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Aus diesem Bericht ergab sich daß der Kläger seit 1978 in regelmäßiger ärztlicher Betreuung Dr. ... stand, daß 1973 und 1977 stationäre Behandlungen wegen "schnellen Herzrasens" stattgefunden hatten, daß 1981 eine orthopädische. Behandlung wegen Verspannungen im Schulterbereich vorgenommen worden war und daß das EKG und Belastungsuntersuchungen in den Jahren 1981 und 1982 unauffällig gewesen waren. Aus dem Bericht ergab sich hingegen nicht, daß der Kläger seit Jahren schwerhörig ist und seit 1981 eine Hörbrille trägt. Ferner ergab sich aus dem Bericht nicht, daß der Kläger 1978 nervenfachärztlich untersucht worden war und daß im selben Jahr wegen des Verdachts auf neurologische Störungen ein Computer-Tomogramm angefertigt worden war, obwohl Dr. ... - wie sich später herausstellte - im Besitz der zugehörigen Arztberichte aus dem Jahre 1978 war.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Nach Kenntnis des Befundberichts Dr. ... vom 4.11.1982 nahm die Beklagte den Versicherungsantrag uneingeschränkt an und stellte unter dem 10.12.1982 den Versicherungsschein aus.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Ab Juni 1983 mußte der Kläger sich mehrfach in stationäre Behandlung - unter anderem wegen des Verdachts auf einen sogenannten "Hörsturz" - und in fachärztliche ambulante Behandlung begeben. Die auf Ersatz der hierdurch verursachten Kosten in Anspruch genommene Beklagte erfuhr im Zuge der Prüfung ihrer Leistungspflicht von der bereits seit Jahren bestehenden Schwerhörigkeit des Klägers und von den nervenfachärztlichen Untersuchungen im Jahre 1978. Mit Schreiben vom 15.8.1983 und vom 28.9.1983 erklärte sie den Rücktritt vom Vertrage, weil der Kläger bei Stellung des Krankenversicherungsantrags falsche Angaben über seinen Gesundheitszustand gemacht habe.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat die Beklagte mit näherer Begründung und unter Vorlage entsprechender Belege auf Zahlung von 32.973,04 DM in Anspruch genommen und darüber hinaus die Feststellung begehrt, daß die Rücktrittserklärungen der Beklagten unwirksam seien.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat sich auf Leistungsfreiheit wegen ihres Rücktritts vom Vertrage berufen und hilfsweise geltend gemacht, daß ihre Rücktrittserklärungen notfalls in eine Kündigung nach §41 Abs. 2 VVG umzudeuten seien. Sie hat die Auffassung vertreten, es entlaste den Kläger nicht, daß er nach der falschen Beantwortung der Gesundheitsfragen im Versicherungsantrag einen ärztlichen Befundbericht vorgelegt habe, denn es sei ihm jedenfalls vorzuwerfen, daß er den Inhalt dieses Berichtes nicht auf seine Richtigkeit und Vollständigkeit überprüft habe. Ferner hat die Beklagte die Höhe der eingeklagten Forderung bestritten, weil sie die vereinbarten Tarifbedingungen hinsichtlich der Kosten ambulanter Behandlungen nicht berücksichtige. Hilfsweise hat die Beklagte mit Prämienansprüchen für die Zeit von September 1983 bis Mai 1984 in Höhe von 3.816,63 DM aufgerechnet.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat die Klage ohne Beweisaufnahme abgewiesen. Es hat den Rücktritt als begründet angesehen, weil der Kläger die Antragsfragen schuldhaft falsch beantwortet habe. Der Kläger sei für den Inhalt des von ihm unterschriebenen Antrages verantwortlich. Der nachgereichte Befundbericht des Arztes entlaste ihn nicht, weil er ihn nicht auf seine inhaltliche Richtigkeit überprüft habe. Der Kläger habe auch nicht darzulegen vermocht, daß die der Beklagten unbekannt gebliebenen früheren Krankheiten und Behandlungen auf den Eintritt des Versicherungsfalls keinen Einfluß gehabt hätten.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Mit der Berufung macht der Kläger im wesentlichen geltend, ihm sei kein Schuldvorwurf zu machen; jedenfalls könne die Beklagte sich auf eine mögliche Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht nicht berufen, weil sie bei Annahme des Versicherungsantrages aufgrund des ihr bekannten Befundberichtes Dr. ... gewußt habe, daß die Gesundheitsfragen sämtlich falsch, nämlich verneinend beantwortet worden waren. Im übrigen hält der Kläger die Beklagte nach §21 VVG wegen fehlender Kausalität zwischen den nicht angegebenen früheren Krankheiten und dem Versicherungsfall für leistungspflichtig.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat zunächst die Feststellung begehrt, daß der Versicherungsvertrag nicht durch Rücktritt unwirksam geworden sei, seinen Zahlungsanspruch unter Berücksichtigung der Tarifbedingungen auf 32.741,18 DM ermäßigt und - wegen eines weiteren stationären Aufenthalts von Februar bis Juni 1984 - weitere 7.200,- DM Krankentagegeld verlangt.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte verteidigt mit näherer Begründung das angefochtene Urteil. Die vorsorglich zur Aufrechnung gestellten Prämienansprüche hat sie auf 7.633,26 DM beziffert.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat haben die Parteien die seit 1969 bestehende Krankentagegeldversicherung einverständlich aufgehoben und die ab 1982 bestehende, um 60,- DM pro Tag erhöhte Krankentagegeldversicherung für den Fall, daß der Rücktritt bzw. die Kündigung der Beklagten unwirksam seien, zum 30.6.1984 einverständlich für beendet erklärt.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat sodann die rückständige Prämie in Höhe von unstreitig gewordenen 1.651,62 DM (für die Krankheitskostenversicherung) und 1.488,- DM (für die Krankentagegeldversicherung) anerkannt und seinen Zahlungsanspruch auf insgesamt 36.801,56 DM nebst Zinsen ermäßigt.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Den Feststellungsantrag haben beide Parteien übereinstimmend mit wechselseitigen Kostenanträgen für erledigt erklärt.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Wegen der Einzelheiten des beiderseitigen Vorbringens wird auf den Inhalt der Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Berufung hat im wesentlichen Erfolg und führt - mit Ausnahme der Zinsforderung - zur Abänderung des angefochtenen Urteils entsprechend dem zuletzt gestellten Klageantrag.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks"><b>1.</b></p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die von der Beklagten vertragsgemäß zu ersetzenden Krankheitskosten und das Krankentagegeld belaufen sich zusammen auf insgesamt 39.941,18 DM. Diese Summe ist unstreitig. Der Kläger hat mit seiner Berufungsbegründung den in erster Instanz erhobenen Einwänden der Beklagten Rechnung getragen und bei den Kosten der ambulanten Behandlung den tariflichen Selbstbehalt von 20 % abgezogen. Der neuen Berechnung der Klageforderung ist die Beklagte nicht mehr entgegengetreten.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Von der vorstehenden Summe sind die in der mündlichen Verhandlung unstreitig gewordenen und vom Kläger anerkannten rückständigen Prämien in Höhe von insgesamt 3.139,62 DM abzuziehen, so daß sich die ausgeurteilte Summe von 36.801,56 DM ergibt.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks"><b>2.</b></p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Dieser Betrag ist gemäß §§284, 286 BGB mit 4 % zu verzinsen. Denn die Beklagte befindet sich spätestens seit ihrer endgültigen Leistungsverweigerung mit Schreiben vom 28.9.1983 in Verzug. Der Kläger verlangt Zinsen ab 1.3.1984 bzw. für die erst 1984 fällig gewordenen und mit der Berufungsbegründung geltend gemachten 7.200,- DM Krankentagegeld ab 1.7.1984. Die auf die Klageforderung zu verrechnenden Prämienrückstände sind gemäß §366 Abs. 2 BGB auf die älteren Ansprüche verrechnet worden, so daß 29.601,56 DM ab 1.3.1984 und weitere 7.200,- DM ab 1.7.1984 zu verzinsen sind.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Soweit der Kläger gemäß §§286, 288 Abs. 2 BGB einen über 4 % hinausgehenden Zinsschaden behauptet (12 %), sind Klage und Berufung unbegründet, weil ein solcher Schaden des Klägers nicht dargetan und nicht belegt ist. Die zu den Akten gereichte Zinsbescheinigung ist an eine Kommanditgesellschaft gerichtet, deren persönlich haftender Gesellschafter der Kläger ist oder gewesen ist. Inwieweit dem Kläger selbst durch Kreditaufnahme dieser Kommanditgesellschaft ein Schaden entstanden ist, ist nicht erläutert oder gar belegt worden.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks"><b>3.</b></p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist durch den von ihr erklärten Rücktritt von dem 1982 geschlossenen Versicherungsvertrag nicht leistungsfrei geworden. Der auf §§16 Abs. 1 und 2, 17 VVG gestützte Rücktritt ist unwirksam.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Nach diesen Vorschriften ist der Versicherer zum Rücktritt vom Vertrage berechtigt, wenn der Versicherungsnehmer beim Abschluß des Vertrages schuldhaft Umstände nicht oder unrichtig angegeben hat, die für die Übernahme der zu versichernden Gefahr erheblich sind.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks"><b>a)</b></p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Die sogenannten Gesundheitsfragen im Antragsformular sind unzweifelhaft falsch beantwortet worden, weil sie sämtlich verneint worden sind, obwohl der Kläger in dem erfragten Zeitraum von fünf Jahren in ärztlicher Behandlung war, obwohl er 1973 und 1977 in stationärer Behandlung gewesen war und obwohl er an einem Gebrechen (Schwerhörigkeit) litt. Insoweit entlastet es den Kläger nicht, daß nicht er selbst, sondern der Versicherungsvertreter den Antrag ausgefüllt hat. Denn der Kläger hat den Antrag unterschrieben und damit die Verantwortung für die inhaltliche Richtigkeit übernommen.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks"><b>b)</b></p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Die Besonderheit liegt hier jedoch darin, daß der Kläger, wie bei Antragstellung bereits angekündigt, alsbald einen ärztlichen Befundbericht vorgelegt hat, den die Beklagte zur Grundlage ihrer Entscheidung, ob sie den Versicherungsantrag annehme oder nicht, gemacht hat, obwohl durch diesen Bericht klar wurde, daß der Kläger die Gesundheitsfragen des Versicherungsantrags eindeutig falsch beantwortet hatte.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Ob der Auffassung des Klägers, die Beklagte könne sich schon deshalb nicht auf eine Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht berufen, weil sie den Antrag in Kenntnis der offensichtlich falsch beantworteten Antragsfragen angenommen habe, uneingeschränkt zu folgen ist, ist zweifelhaft, bedarf hier aber keiner abschließenden Entscheidung. Allerdings wird die Auffassung vertreten, der Versicherer könne sich auf die Verletzung der Anzeigepflicht dann nicht berufen, wenn er den Versicherungsantrag annehme, obwohl die Antragsfragen erkennbar unvollständig oder mißverständlich beantwortet worden sind. In diesem Fall wollen Prölss-Martin (VVG, 23 Aufl. 1984, §17 Anm. 8 b, Anm. 2) und Oberlandesgericht Frankfurt (NJW 67, 680) den nicht angegebenen.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Umstand als nicht gefahrerheblich ansehen, während Bruck-Möller (VVG, §18 Anm. 3 und §16 Anm. 30, 53) die Berufung des Versicherers auf die unrichtigen Angaben wohl als treuwidrig ansehen wollen. Ob diese Rechtsgedanken auf den vorliegenden Sachverhalt anzuwenden sind, erscheint deshalb nicht unzweifelhaft, weil die Beklagte zwar - wie noch auszuführen sein wird - bei Annahme des Antrags keine Gewähr dafür hatte, daß die Angaben des Klägers zu seinem Gesundheitszustand nunmehr vollständig und richtig seien, es für sie aber andererseits auch nicht ohne weiteres erkennbar war, daß und in welchem Umfang die Angaben noch unvollständig waren.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Jedoch treten im vorliegenden. Fall besondere Umstände hinzu, die den Kläger jedenfalls als entschuldigt erscheinen lassen.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Der Versicherungsnehmer, der bei Antragstellung unrichtige Angaben gemacht hat, kann seine Angaben bis zur Annahme des Antrages durch den Versicherer noch richtigstellen. Wenn der Versicherer den Antrag in Kenntnis der korrigierten Angaben annimmt, sind die ursprünglich unzutreffenden Angaben ohne Einfluß auf den Versicherungsvertrag. Dem Kläger wäre daher eine Verletzung der Anzeigepflicht dann nicht vorzuwerfen, wenn der von ihm nachgereichte Befundbericht Dr. ... vom 4.11.1982 sein Gesundheitsbild vollständig und richtig wiedergegeben hätte. Dieser Bericht war jedoch nicht vollständig, weil er die nervenfachärztliche Untersuchung und das Computer-Tomogramm aus dem Jahre 1978 und die Schwerhörigkeit des Klägers nicht erwähnte. Soweit die Beklagte danach bei Annahme des Versicherungsantrags objektiv noch immer unvollständig über das Gesundheitsbild des Klägers und damit über die zu übernehmende Gefahr unterrichtet war, trifft den Kläger gleichwohl kein Verschulden (§16 Abs. III VVG).</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">aa)</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Für fremdes Verschulden - seines Hausarztes Dr. Crasemann - hat der Kläger nicht einzustehen.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Im Rahmen versicherungsrechtlicher Obliegenheiten gilt §278 BGB nicht (BGH VersR 81, 321 = NJW 81, 1098; Bruck-Möller §6 Anm. 73-76; a.A. Prölss-Martin §6 Anm. 7). Die vorvertragliche Anzeigepflicht nach §§16, 17 VVG gehört zu den gesetzlichen Obliegenheiten des Versicherungsnehmers (BGH VersR 58, 533; Prölss-Martin §17 Anm. 4). Danach ist §278 BGB auch hier nicht anwendbar.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Bruck-Möller (§19 Anm. 12) meinen allerdings, daß dann, wenn der Versicherungsnehmer einen Dritten mit der Erfüllung der Anzeigepflicht beauftragt, das Verschulden des Dritten dem des Versicherungsnehmers gleichstehe (sogenannter Wissensvertreter, ähnlich Bruck-Möller §6 Anm. 87). Worin der Unterschied zu der - auch von Bruck-Möller für nicht durchgreifend gehaltenen - Haftung aus §278 BGB bestehen soll, wird allerdings nicht recht klar, bedarf aber keiner abschließenden Entscheidung. Denn jedenfalls fehlt es am Verschulden Dr. Crasemanns. Dieser war nämlich bei Abfassung seines Befundberichtes in seiner Entscheidung frei, welche Angaben er für mitteilungsbedürftig hielt und welche nicht. Unstreitig lag ihm nämlich das Antragsformular der Beklagten nicht vor, so daß ihm die Antragsfragen unbekannt waren.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">bb)</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Den Kläger trifft auch kein eigenes Verschulden, denn er durfte darauf vertrauen, daß die Beklagte nach Vorlage des Berichtes seines Hausarztes in der Lage sein werde, das Risiko der mit der Krankenversicherung zu übernehmenden Gefahr zutreffend zu beurteilen.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">(1)</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Der Versicherungsnehmer, der seinen Hausarzt bittet, zum Zwecke des Abschlusses einer Krankenversicherung einen Bericht über seinen Gesundheitszustand zu fertigen, kann jedenfalls dann darauf vertrauen, daß der Versicherer vollständig und richtig informiert wird, wenn der Hausarzt - aufgrund langjähriger Behandlung und durch Kenntnis der Berichte zugezogener Fachärzte - über seinen Gesundheitszustand umfassend unterrichtet ist. Diese Voraussetzung war hier erfüllt, weil der Kläger bereits seit rd. fünf Jahren in der Behandlung von Dr. ... war und weil - wie der Befundbericht zeigt - Dr. ... auch die frühere Krankengeschichte kannte. Ferner war Dr. ... auch über die nervenfachärztlichen Untersuchungen im Jahre 1978 informiert. Der Kläger brauchte daher nicht zu befürchten, die Beklagte werde schon deshalb unvollständig informiert, weil Dr. ... seine Krankheitsgeschichte nicht vollständig kenne. Im übrigen durfte der Kläger davon ausgehen, daß Dr. ... auch seine Schwerhörigkeit nicht verborgen geblieben war.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Mit der Vorlage eines solchen Arztberichtes leistet der Versicherungsnehmer mehr, als der Versicherer von ihm im Regelfall verlangt. Im Normalfall genügt es, wenn der Versicherungsnehmer die Antragsfragen (laienhaft, aber vollständig) beantwortet. Es ist sodann Aufgabe des Versicherers, diese Angaben medizinisch zu bewerten und erforderlichenfalls ergänzende Erkundigungen - z.B. beim Hausarzt - einzuholen. Die medizinische Bewertung seines Gesundheitszustandes nimmt der Versicherungsnehmer dem Versicherer durch Vorlage eines. Befundberichtes seines Hausarztes weitgehend ab. Aufgabe des Versicherers kann es dann nur noch sein, zu prüfen, ob ihm dieser Befundbericht zur Beurteilung des Risikos ausreicht oder nicht.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">(2)</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Allerdings war der Befundbericht Dr. ... frei formuliert und nicht an dem im Versicherungsantrag enthaltenen Fragenkatalog der Beklagten ausgerichtet. Insoweit ist der Sachverhalt nicht mit dem Fall zu vergleichen, in dem der Arzt (etwa für eine Lebensversicherung) das "große ärztliche Zeugnis" des Versicherers ausfüllt und dabei Angaben, die er für unwesentlich hält, unterläßt (BGH VersR 68, 41).</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Gleichwohl kann nicht unberücksichtigt bleiben, daß die Beklagte den Arztbericht Dr. ... so wie er ihr vorgelegt worden ist, akzeptiert und weder beim Kläger noch bei Dr. ... Rückfrage gehalten oder um nochmalige Beantwortung ihres Fragenkatalogs nachgesucht hat. Hierzu hätte aber Anlaß bestanden, weil mit Vorlage des Befundberichts offenbar wurde, daß der Kläger die Antragsfragen falsch beantwortet hatte.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Hätte der Kläger die Gesundheitsfragen des Antragsformulars von vornherein offengelassen oder mit einem Hinweis auf einen noch folgenden Arztbericht beantwortet und hätte die Beklagte sich darauf eingelassen, wäre damit die Beantwortung der Antragsfragen abbedungen und der Kläger - bis auf entsprechende Anforderung der Beklagten - von der Pflicht entbunden gewesen, noch eigene Angaben zu machen. In diesem Fall hätte der Kläger sich allein auf die Auskunft seines Arztes verlassen und abwarten dürfen, ob die Beklagte noch weitere Angaben wünsche.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Es kann keinen grundsätzlichen Unterschied machen, daß der Kläger hier die Antragsfragen zunächst falsch beantwortet hat. Denn diese falsche Beantwortung war nach Vorlage des Befundberichts Dr. ... für die Beklagte ohne weiteres erkennbar. Die Beantwortung der Antragsfragen durch den Kläger hatte für die Beklagte keinen sachlichen Informationswert mehr. Für die Beklagte bestand auch kein Grund zu der Annahme, die Angaben in dem Befundbericht seien vollständig. Aus der Tatsache, daß der Kläger die Gesundheitsfragen sämtlich verneint hatte, durfte sie diesen Schluß nicht ziehen, weil die Beantwortung der Antragsfragen offensichtlich falsch war. Darüber hinaus hat der Kläger keine Erklärungen abgegeben, daß der Inhalt des ärztlichen Befundberichts auch aus seiner Sicht vollständig und richtig sei. Der Kläger hat den Befundbericht unstreitig in einem verschlossenen Umschlag dem Versicherungsvertreter ausgehändigt, der ihn der Beklagten weitergegeben hat. Aus der Sicht der Beklagten war damit erkennbar, daß der Kläger die Einzelheiten dieses Berichts nicht kannte. Bei dieser Sachlage hätte die Beklagte Anlaß gehabt, beim Kläger Nachfrage zu halten, wie es zu den offensichtlich widersprüchlichen Angaben zu seiner gesundheitlichen Entwicklung gekommen sei, wenn sie eine zweifelsfreie und vollständige tatsächliche Grundlage für ihre Risikobeurteilung haben wollte.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">(3)</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Auch der Kläger durfte darauf vertrauen, die Beklagte werde ihn erforderlichenfalls um weitere Auskünfte bitten, wenn sie den von ihm vorgeschlagenen Weg der Risikobeurteilung anhand des ärztlichen Befundberichts für nicht ausreichend hielt. Er hat, als er sich zum Zwecke des Abschlusses einer Krankenversicherung ärztlich untersuchen ließ, mehr getan, als die Beklagte von ihm verlangt hatte.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Er hat der Beklagten damit zu erkennen gegeben, daß er besonders sorgfältig vorgehen und um möglichst genaue Unterrichtung der Beklagten besorgt sein wolle. Die Tatsache, daß die Antragsfragen zunächst sämtlich verneint und damit offensichtlich falsch beantwortet worden waren, kann daran nichts ändern. Sie ließ aus der Sicht der Beklagten nur den Schluß zu, daß der Kläger diesen Fragen keine eigenständige Bedeutung beigemessen hatte, weil er die ärztliche Untersuchung, die er unwidersprochen ja schon dem Versicherungsvertreter angekündigt hatte, als die bessere Beurteilungsgrundlage für die Risikobewertung ansah. Diese vom üblichen Verfahren abweichende Art der Risikobeurteilung, hat die Beklagte dadurch stillschweigend akzeptiert, daß sie den Versicherungsantrag uneingeschränkt angenommen hat, ohne auf nochmalige Beantwortung der unzweifelhaft und erkennbar falsch beantworteten Antragsfragen zu bestehen. Sie hat auf eine richtige Beantwortung der Antragsfragen keinen Wert mehr gelegt und den ärztlichen Befundbericht zur alleinigen Grundlage ihrer Risikobeurteilung gemacht. Das kann sie dem Kläger nicht vorwerfen.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">(4)</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte kann dem Kläger auch nicht vorwerfen, daß dieser sich darauf verlassen hat, sein Arzt werde schon wissen, welche tatsächlichen Angaben für die Beklagte von Bedeutung sein würden. Der Kläger durfte darauf vertrauen, daß ein Arzt die Beklagte umfassender und medizinisch korrekter auf mögliche Gesundheitsrisiken hinweisen könne und hinweisen werde, als er selbst dies als Laie tun könnte.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks"><b>4.</b></p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Der mangels Verschuldens des Klägers unbegründete Rücktritt der Beklagten kann nicht in eine Kündigung des Versicherungsverhältnisses nach §41 Abs. 2 VVG umgedeutet werden. Eine solche Umdeutung wird zwar grundsätzlich für zulässig gehalten (Prölss-Martin §17 Anm. 8 c am Ende). Die Behauptung der Beklagten, sie habe in Unkenntnis des wahren Gesundheitszustands des Klägers ein höheres Risiko übernommen, als sie habe übernehmen wollen, genügt aber nicht, um eine solche Kündigung zu rechtfertigen. Denn die Übernahme eines höheren Risikos berechtigt nach §41 Abs. 1 VVG lediglich zur Prämienanpassung.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Es genügt auch nicht, daß die Beklagte den Antrag des Klägers bei Kenntnis des richtigen Risikos nicht angenommen hätte. Für eine Kündigung nach §41 Abs. 2 VVG müßte vielmehr dargetan werden, daß die Beklagte "nach den für den Geschäftsbetrieb ... maßgebenden Grundsätzen" das höhere Risiko <u>grundsätzlich</u> und <u>generell</u> nicht hätte übernehmen können. (Prölss-Martin §41 Anm. 2 am Ende). An dieser Darlegung fehlt es.</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks"><b>5.</b></p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf §92 ZPO und - soweit die Parteien den Feststellungsantrag in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben - auf §91 a ZPO. Die durch den Feststellungsantrag verursachten Kosten hat die Beklagte zu übernehmen, weil sie auch insoweit unterlegen wäre. Zu Lasten des Klägers war bei der Kostenentscheidung zu berücksichtigen, daß auch sein erstinstanzlicher Zahlungsantrag wegen des zu berücksichtigenden Selbstbehalts bei den Kosten der ambulanten Behandlung und wegen der zu verrechnenden Prämienrückstände nur teilweise Erfolg hätte haben können und daß der Kläger im Hinblick auf die zu verrechnenden Prämienrückstände seine Berufung teilweise zurückgenommen hat. Außerdem fällt seine überhöhte Zinsforderung ins Gewicht.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Eines Ausspruchs über die Vollstreckbarkeit bedarf es nicht, weil ein Rechtsmittel gegen dieses Urteil unzweifelhaft nicht statthaft ist. Die Beschwer der Beklagten beträgt 36.801,56 DM.</p>
|
315,637 | olgham-1985-02-04-5-u-6584 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 5 U 65/84 | "1985-02-04T00:00:00" | "2019-03-13T15:09:50" | "2019-03-27T09:42:36" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1985:0204.5U65.84.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Beklagten wird das am 26. Januar 1984 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Hagen abgeändert.</p>
<p></p>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,-- DM abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.</p>
<p></p>
<p>Beiden Parteien wird nachgelassen, die Sicherheitsleistung durch eine unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Großbank, öffentlichen Sparkasse oder Genossenschaftsbank zu erbringen.</p>
<p></p>
<p>Die Beschwer der Klägerin beträgt 25.000,-- DM.</p>
<p></p>
<p>Die Revision wird zugelassen.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">(Hier Freitext: Tatbestand, Gründe etc.)</p>
|
315,638 | olgham-1985-01-21-22-u-28384 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 22 U 283/84 | "1985-01-21T00:00:00" | "2019-03-13T15:09:51" | "2019-03-27T09:42:36" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1985:0121.22U283.84.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Anschlußberufung der Beklagten wird unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin das am 5. Juni 1984 verkündete Urteil der 22. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld teilweise abgeändert und so neu gefaßt:</p>
<p></p>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Die Beschwer der Klägerin beträgt 31.425,30 DM.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Durch notariellen Vertrag vom 20.9.1982 kaufte die Klägerin von den Beklagten deren Hausgrundstück unter Gewährleistungsausschluß jedoch mit der Vereinbarung, daß den Verkäufern verborgene Mängel nicht bekannt seien, zum beurkundeten Preis von 300.000,-- DM. Tatsächlich war ein Betrag von 340.000,-- DM vereinbart und ist auch in dieser Höhe gezahlt worden. Beiden Parteien war positiv bekannt, daß deshalb der Vertrag zunächst - bis zur Eintragung der Erwerberin im Grundbuch (10.11.1982) - unwirksam war.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Bei den Gebäulichkeiten handelt es sich um ein im Jahre 1931 errichtetes Wohnhaus, um ein früheres Stallgebäude, das beim Errichten eines Anbaues im Jahre 1964 in diesen einbezogen worden ist sowie um eine Garage. Nur das alte, einfach strukturierte Wohnhaus ist unterkellert. Garage und Wohnraum im Anbau besitzen ein Flachdach und haben eine gemeinsame Wand. Vor Beurkundung des Vertrages waren mehrfache Besichtigungen durch die Klägerin und von ihr beauftragte sachkundige Personen, insbesondere ihrem Lebensgefährten, dem xxx, sowie einem weiteren Bausachverständigen, dem xxx vorangegangen. Dabei hatten die Beklagten wunschgemäß die bei ihnen vorhandenen Unterlagen über das Haus ausgehändigt.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin macht nunmehr aus den rechtlichen Gesichtspunkten der Minderung bzw. des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung Rückzahlungsansprüche in Höhe von zusammen 31.425,30 DM nebst Zinsen geltend. Sie behauptet, sie habe erst unmittelbar nach Übergabe des Grundstückes (1.10.1982) festgestellt, daß der Keller feucht sei. Das müßten auch die Beklagten gewußt haben, weil an einigen Stellen schadhafter Putz im Zementputz ausgebessert worden sei. Das sei bei den Besichtigungen nicht aufgefallen, weil damals verschiedene Dinge im Keller herumgestanden hätten. Feucht sei auch die Trennwand Wohnraum/Garage. Dort seien beschädigte Stellen der Fußleisten im Wohnraum ausgebessert und ferner sei eine Styroportapete angebracht worden. Das Regenwasser würde, was ihr bei Vertragsschluß allerdings bekannt gewesen sei, in Tonnen aufgefangen; die Regenrinnen seien nicht an die Abflüsse angeschlossen. Das gelte auch für Küche und Waschküche, deren Abflüsse in der Drainage endeten. An Kosten fielen für das außenseitige Abdichten der Kellerwände 15.162,06 DM, für die Dachabdichtung im Bereich Anbau/Garage 5.547,24 DM und für die Herstellung einer ordnungsgemäßen Schmutz- und Regenwasserinstallation weitere 10.716,-- DM, zusammen die Klageforderung von 31.425,30 DM, an.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten haben die Mängel und ihre Kenntnis davon bestritten und darauf verwiesen, daß das Haus vor Vertragsschluß mehrfach durch Sachverständige besichtigt worden sei und sie bereitwilligst alle Unterlagen ausgehändigt hätten. Von Arglist könne deshalb keine Rede sein. Außerdem sei wegen der Reparaturbedürftigkeit der Gebäude eine Kaufpreisreduzierung vorgenommen worden.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat nach Einholung von zwei Gutachten eines Sachverständigen xxx der Klage unter Abweisung im übrigen wegen der Mängel im Anbau stattgegeben. Es hat in der vertraglichen Erklärung der Beklagten, daß ihnen keine verborgenen Mängel bekannt seien, eine Zusicherung dahin gesehen, daß solche nicht vorlägen und hat mit dem Sachverständigen angenommen, daß die Durchnässung der Trennwand den Beklagten bekannt gewesen sein müsse. Die Durchfeuchtungserscheinungen im Keller hat das Landgericht als altersgerecht bezeichnet und deshalb einen Mangel verneint. Hinsichtlich der Entwässerung hat das Landgericht Sachvortrag zur Arglist der Beklagten vermißt.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihren erstinstanzlichen Anspruch in vollem Umfang weiter. Sie meint, auch geringfügige Kellerfeuchtigkeit sei immer als ein Mangel anzusehen, zumal 1931 auch schon trockene Keller gebaut worden seien. Die Kenntnis der Beklagten bezüglich der mangelhaften Entwässerung ergebe sich daraus, daß diese von den Beklagten selbst angelegt worden sei. Gleichwohl hätten die Beklagten, so behauptet die Klägerin weiter, auf Frage erklärt, die Entwässerungspläne gäben den tatsächlichen Zustand der Hausentwässerung wieder.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten haben sich der Berufung angeschlossen und bitten darum, die Klage in vollem Umfange abzuweisen. Sie behaupten, es sei allenfalls eine Dachrinne zu richten. Schäden an der Dachhaut müßten die Beauftragten der Klägerin wohl selbst herbeigeführt haben. Die Styroportapete sei schon vor Jahren und zwar ausschließlich zum Zwecke der Wärmedämmung angebracht worden. Auch die Ausbesserungen des Putzes müßten schon viele, vielleicht sogar schon 50 Jahre, zurückliegen; jedenfalls hätten sie, die Beklagten, daran keine konkrete Erinnerung mehr. Letztlich hätten sie auch keine Erklärungen zur Entwässerung abgegeben.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist unbegründet, die Anschlußberufung begründet. Gewährleistungsansprüche stehen der Klägerin nicht zu.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">1. Nach Auffassung des Senats scheiden solche Ansprüche schon nach § 460 Satz 1 BGB aus. Nach dieser Vorschrift hat der Verkäufer einen Mangel der verkauften Sache nicht zu vertreten, wenn der Käufer den Mangel bei dem Abschluß des Kaufes kennt. Nach der Darstellung der Klägerin hat sie die von ihr gerügten Mängel zwar nicht am 20.9.1982, aber unmittelbar nach Übergabe (1.10.1982) und damit vor ihrer Eintragung als Eigentümerin im Grundbuch erfahren. Wegen der unstreitigen Schwarzgeldabrede war der Vertrag vom 20.9.1982, wie beiden Parteien aufgrund der ausdrücklichen Belehrung des Notars positiv bekannt war, zunächst nichtig, §§ 313 Satz 1, 125 BGB. Er ist erst durch die Eintragung der Klägerin am 10.11.1982, und zwar ohne Rückwirkung, wirksam geworden. Dieser Tag ist dem Abschlusse des Kaufes, auf den § 460 BGB abstellt, gleichzusetzen. Ein früherer Zeitpunkt kommt nicht in Betracht, weil erst ein vollwirksamer Vertrag Gewährleistungsrechte, auf die die Klage gestützt ist, überhaupt zur Entstehung bringen lassen kann. Damit in Übereinstimmung stehend ist anerkannt, daß etwa bei einem Kauf unter einer aufschiebenden Bedingung es für die Frage der Kenntnis von einem Mangel nicht auf den Zeitpunkt des Vertragschlusses, sondern auf den des Eintritts der Bedingung ankommt (Erman-Weitnauer, § 460 BGB Rdn. 3; Palandt-Putzo, § 460 BGB, Anm. 2).</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Auffassung der Beklagten steht der Grundgedanke der Vorschrift des § 460 BGB einer solchen Auslegung nicht entgegen. Zweck dieser Vorschrift ist, daß der Schutz des strengen Gewährleistungsrechts für den Käufer nur gerechtfertigt erscheint, wenn er durch die Leistung in seinen berechtigten Erwartungen enttäuscht wird. Dementsprechend schließt § 460 BGB eine Haftung des Verkäufers bezüglich dem Käufer bekannter Mängel auch dann aus, wenn der Verkäufer diese arglistig verschwiegen hat. Ein Interessent kann in einem solchen Falle nur von dem Abschlusse des Vertrages ganz absehen oder er kann versuchen, mit Rücksicht auf die ihm bekannten Mängel einen Preisnachlaß herauszuhandeln. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Käufer den Regelungsinhalt der Vorschrift des § 460 BGB kennt. Erforderlich aber auch ausreichend ist, daß er die Umstände, die den Mangel darstellen, kennt und weiß, daß dadurch der Wert oder die Tauglichkeit des Kaufobjektes beeinträchtigt wird (vgl. auch BGH NJW 1981, 2640, 2641).</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Diese gesetzliche Wertung trifft auf den Fall der Heilung eines zunächst formunwirksamen Vertrages nach § 313 Satz 2 BGB jedenfalls dann zu, wenn, wie hier, die Parteien die Unwirksamkeit der geschlossenen Vereinbarung kennen, diese aber gleichwohl der Heilung zuführen. Vor Eintritt der Heilungswirkung sind die Parteien an den Vertrag nicht gebunden. Ihnen steht es frei, sich davon loszusagen und den Eintritt der Heilungswirkung zu verhindern. Ihnen steht es ebenso frei, mit Rücksicht auf zwischenzeitlich bekannt gewordene Mängel einen abweichenden Kaufpreis zu vereinbaren. Die Situation ist deshalb, soweit es um die Folgen der Kenntnis von Sachmängeln bei Abschluß des Vertrages geht, nicht anders zu beurteilen, sieht man einmal von nicht schützenswerten Kosteninteressen ab, als wenn dem Käufer der Mangel schon vor Abschluß des Vertrages bekannt gewesen ist.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Eine andere Entscheidung ist auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil nach Auffassung des Bundesgerichtshofes (NJW 1982, 759, 761) trotz fehlender Rückwirkung des Zeitpunktes der Heilung auf den Vertragsschluß eine tatsächliche Vermutung dafür spricht, daß die Vertragspartner, die den zunächst formunwirksam geschlossenen Vertrag der Heilung zuführen, einander das gewähren wollen, was sie bei Abschluß des Vertrages einander zu gewähren beabsichtigten. Dies gilt nach Auffassung des BGH nur für vereinbarte Vertragsleistungen, nicht jedoch für solche Rechte, die auf einem selbständigen Anspruchsgrund beruhen. Darum handelt es sich aber, nicht anders als beim Ersatz von Verzugsschäden, hier. Schadensersatz wegen Nichterfüllung gehört, wenn man der eher formalen Begründung des Bundesgerichtshofes folgen wollte, nicht zu den vereinbarten Vertragsleistungen. Im übrigen besteht (vgl. hierzu Reinicke/Tiedtke NJW 1982, 1430, 1434 ff.) für den Schuldner kein Anlaß, einen Schaden zu ersetzen, weil der Käufer in Kenntnis des Mangels weiterhin am Vertrage festgehalten hat. Dem steht, wie bereits erwähnt, der Gesetzeszweck des § 460 BGB entgegen. Anderenfalls würde dem Käufer, wenn er, wie hier, aus Steuerersparnisgründen eine Falschbeurkundung veranlaßt, nicht nur auch nach Abschluß der notariellen Beurkundung eine weitere Überlegungs- und Prüfungsfrist eingeräumt, ob er am Vertrag festhalten will. Er könnte auch - entgegen § 460 BGB - trotz erkannter Mängel am Vertrag festhalten und den Verkäufer nachträglich mit Schadensersatzforderungen überziehen, die im Ergebnis einer Kaufpreisreduzierung gleichkommen, über die die Vertragschließenden gar nicht verhandelt haben.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">2. Sachmängelansprüche stehen der Klägerin aber auch unabhängig von den vorstehenden Überlegungen nicht zu. Die vertraglich vereinbarte Versicherung, daß den Verkäufern verborgene Mängel nicht bekannt seien, beinhaltet keine Zusicherung dahin, daß solche nicht vorliegen. Anderenfalls müßten die Beklagten für verborgene Mängel auch ohne Arglist haften, weil der Gewährleistungsausschluß sich dann nur auf offene Mängel beziehen würde. Tatsächlich haben die Parteien aber einen umfassenden Gewährleistungsausschluß vereinbart. Die Beklagten haften deshalb nur im Falle der Arglist, § 476 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">a) Das Landgericht hat zutreffend einen Minderungs- bzw. Schadensersatzanspruch wegen der vorhandenen Kellerfeuchtigkeit für ausgeschlossen erachtet. Auch nach Auffassung des Senates läßt sich nicht feststellen, daß wegen der jetzt vorhandenen Feuchtigkeitserscheinungen im Keller dessen Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder nach dem Vertrage vorausgesetzten Gebrauch nicht unerheblich gemindert ist, § 459 Abs. 1 BGB. Wie der Sachverständige xxx ausgeführt hat, entspricht Kellerfeuchtigkeit mit Rücksicht auf Alter und Bauart des Hauses einer normalen Entwicklung. Das Kelleraußenmauerwerk besteht aus Ziegeln und ist nur teilweise verputzt. Wenn deshalb Sickerwasser in das Mauerwerk eindringt (und durch Lüften daraus wieder entfernt werden muß), ist das bei Häusern dieses Alters nicht ungewöhnlich. Es ist nichts dafür ersichtlich, daß bei genügendem Lüften die Kellerräume nicht als solche benutzt werden können. Unstreitig sollten die Kellerräume auch nicht etwa als Wohnräume benutzt werden; sie brauchen deshalb die <u>daran</u> zu stellenden Qualifikationsmerkmale nicht aufzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der Senat kann auch nicht feststellen, daß die Beklagten arglistig gehandelt haben. Dazu ist zwar keine betrügerische Absicht erforderlich aber notwendig, daß der Verkäufer neben dem Mangel weiß oder damit rechnet, daß dem Käufer der Fehler unbekannt ist und er bei Kenntnis des Fehlers den Kauf nicht abschließen werde. Darüber hinaus ist er zur ungefragten Offenbarung nachteiliger Umstände allenfalls dann verpflichtet, wenn diese den Vertragszweck des Käufers vereiteln könnten und daher für diesen von wesentlicher Bedeutung sind, sofern er die Mitteilung nach der Verkehrsauffassung erwarten durfte (BGH NJW 1979, 2243). Hier konnte die Klägerin ungefragte Mitteilungen schon nach der Verkehrsauffassung nicht erwarten. Sie hatte das Haus mehrfach mit verschiedenen Sachverständigen eingehend untersucht. Da die Klägerin gleich mehrfach sachverständig beraten war, durften die Beklagten davon ausgehen, daß der Kaufgegenstand ausreichend besichtigt worden war und weitere Auskünfte nicht notwendig waren.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">b) Entgegen der Auffassung des Landgerichts kann der Senat auch nicht feststellen, daß die Klägerin bezüglich der von ihr behaupteten Mängel an der Trennwand Anbau/ Garage arglistig getäuscht worden ist. Es sind keine Tatsachen bewiesen, die die Annahme rechtfertigen könnten, die Beklagten hätten von der gelegentlichen Durchnässung dieser Wand Kenntnis gehabt und diese darüber hinaus deswegen verschwiegen, um die Klägerin zum Vertragsschluß zu bewegen. Die Ausführungen des Sachverständigen zur Kenntnis der Beklagten, die sich das Landgericht zu eigen gemacht hat, sind weder eindeutig noch überhaupt nachvollziehbar: Da offen ist, wann die Reparaturen am Putz und an der Fußleiste vorgenommen worden sind, läßt sich aus einem solchen Umstand allenfalls schließen, daß früher einmal Schäden bestanden haben mögen. Daß diese in der Zeit vor dem Vertragsschluß noch akut waren, folgt daraus nicht. Hinzu kommt, daß auch die Styroportapete schon vor längerer Zeit angebracht worden ist und daß diese auch nach Darstellung der Klägerin die Feuchtigkeit aus dem Wohnzimmer fernhält. Ursache der Schäden sind nach den Feststellungen des Sachverständigen Schäden in der Dachhaut. Dabei handelt es sich jedoch nicht um versteckte Mängel. Auch insoweit fehlt es im Hinblick auf die sachverständige Beratung und die eingehende Untersuchung des Hauses durch die Klägerin an einem aufklärungspflichtigen Tatbestand.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">c) Letztlich kann die Klägerin auch nicht die Kosten für die Neuinstallation einer Grundstücksentwässerungsleitung und für weitere Aufwendungen im Installationsbereich verlangen. Soweit sie die Kosten für die Einleitung des Regenwassers in den Abwasserkanal verlangt, scheitert dieser Anspruch schon an der Vorschrift des § 460 BGB. Nach ihrem eigenen Vortrag in der Klagebegründung war ihr dieser Umstand bekannt. Der Umstand, daß das Auffangen des Regenwassers in Tonnen möglicherweise dem anläßlich des Umbaues gestellten Entwässerungsantrag nicht entspricht, rechtfertigt eine abweichende Beurteilung nicht. Da die Klägerin Kenntnis vom tatsächlichen Zustand und den Plänen hatte, war ihr bezüglich des Regenwassers eine etwaige Abweichung positiv bekannt.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Soweit es um die behauptete Entwässerung von Küche und Waschküche in die Drainage geht, ist schon nicht ersichtlich, wie die Darstellung, es fehle an einer Drainage, mit der Darstellung, die Entwässerung erfolge in die Drainage, in Übereinstimmung zu bringen ist. Das kann aber letztlich offen bleiben. Entgegen der Auffassung der Klägerin liegt in der Übergabe der Entwässerungspläne des Hauses nicht eine Zusicherung dahin, daß die Entwässerung entsprechend der Planung ausgeführt worden sei. Zusicherungen sind formbedürftig. Der notarielle Vertrag enthält in dieser Richtung aber nichts. Mit Rücksicht auf die Besonderheiten des notariellen Vertrages hat der Senat auch keinen Zweifel daran, daß etwaige Zusicherungen beurkundet worden wären, wenn die Beklagten für die Übereinstimmung von Plänen und den Gegebenheiten am Haus hätten einstehen sollen. Es läßt sich ferner auch nicht feststellen, daß die Beklagten ein etwaiges Abweichen von Plan und Wirklichkeit verschwiegen haben, um die Klägerin zum Vertragsschluß zu bewegen. Dabei kann unterstellt werden, daß die Beklagten in Nachbarschaftshilfe auch die Entwässerungsanlagen errichtet haben. Das lag viele Jahre zurück und läßt nicht den Schluß zu, daß ihnen die Anforderungen der Planung und die unterschiedliche Bauausführung bewußt waren. Anderes würde sich dann ergeben, wenn es bezüglich der Entsorgung in der Vergangenheit Schwierigkeiten gegeben hätte. Das behauptet aber auch die Klägerin nicht.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Insgesamt kommt deshalb die mit der Klage erstrebte Herabsetzung des Kaufpreises über die unstreitig vertraglich vereinbarte Kaufpreisreduzierung wegen der modernen Anforderungen nicht entsprechenden baulichen Substanz des Gebäudes nicht in Betracht.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">3. Der Senat hat entgegen der Anregung der Klägerin die Revision nicht zugelassen. Zwar mag der oben 1 entschiedenen Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung zukommen, § 546 ZPO; darauf beruht das Urteil aber nicht.</p>
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315,639 | lagk-1985-01-16-2-sa-68584 | {
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<p>Die Berufung des Klägers gegen das am 9.5.1984 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Köln - 7 Ca 6300/83 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.</p>
<p>Streitwert: unverändert.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Tatbestand</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist jugoslawischer Staatsangehöriger. Seit 1975 ist er im Mazedonischen Sprachdienst der Südosteuröpa-Redaktion der Beklagten als Sprecher und Übersetzer tätig.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Zunächst arbeitete der Kläger auf der Basis von Einzelhonoraren. Dabei wurde er als freier Mitarbeiter angesehen. Auf seine Klage vom 9.12.1981 stellte das Arbeitsgericht in Köln durch rechtskräftiges Urteil vom 2.9.1982 fest, daß zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht. Daraufhin bot die Beklagte dem Kläger einen Arbeitsvertrag über zunächst 12, zuletzt über 20 Wochenstunden an, den der Kläger nicht annahm. Er ist der Auffassung, er müsse einen Arbeitsvertrag über 40 Wochenstunden haben.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte strahlt vormittags und nachmittags Nachrichten- bzw. Kommentarsendungen in mazedonischer Sprache aus. Die Vormittagssendung dauert 5 Minuten, die Nachmittagssendung 10 Minuten. Samstags dauert die Vormittagssendung 10 Minuten. Sonntags wird vormittags nicht gesendet.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Kläger, der von Februar 1978 bis 12.10.1979 in seinem Heimatland Militärdienst leistete, war in der Zeit danach wie folgt eingesetzt:</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Im Jahre 1980:</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Vormittags:              Übersetzen:              758 Sendeminuten</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Sprechen:              758 Sendeminuten</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Nachmittags: Übersetzen:                            1349 Sendeminuten</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">              Sprechen:                            1305 Sendeminuten.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Im Jahre 1981:</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Sprechen:              1082 Sendeminuten</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Übersetzen:                            358 Sendeminuten</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Nachrichten-Sprechen</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">und. Übersetzen:              533 Sendeminuten.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Innerhalb des Jahres 1981 sah die Tätigkeit des Klägers <em>von</em> Januar bis September wie folgt aus:</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Sprechen:              386 Sendeminuten</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Übersetzen:                            230 Sendeminuten</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Nachrichten- Sprechen und</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Übersetzen:                            374 Sendeminuten.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">im Jahre 1982:</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Sprechen:              1445 Sendeminuten</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Übersetzen              1328 Sendeminuten.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat behauptet, ein durchschnittlicher Übersetzer benötige für das Übersetzen des Textes für eine Sendeminute 30 Minuten Arbeitszeit. Um eine Sendeminute zu sprechen brauche er eine Vorbereitungszeit von 5 Minuten. Er, der Kläger, habe an Vormittags- und Nachmittagssendungen mitgewirkt und sei stets von 8.oo bis 16.3o Uhr im Hause der Beklagten anwesend gewesen. Bei der Berechnung seiner Arbeitszeit müßten auch gemäß Ziffer 318.1 des einheitlichen Manteltarifvertrages vom 6.12.1979 (eMTV) bis zu zwei Stunden Unterbrechnung der Arbeitszeit hinzugerechnet werden. Unter Berücksichtigung dieser Werte ergebe sich, daß der Kläger 1980 94,8 <em>%</em> der Arbeitszeit eines vollbeschäftigten Mitarbeiters abgeleistet habe, wobei von einem Jahresarbeitsstundensoll von 1760 auszugehen sei.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Im Jahre 1981 und 1982 sei <em>er</em> weniger beschäftigt worden. Der Bewertung im vorliegenden Rechtsstreit sei jedoch allein das. Jahr 1980 zugrunde zulegen, weil er 1981 gegen die Beklagte Statusklage erhoben habe und danach relativ selten eingesetzt worden sei.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat darüber hinaus vorgetragen, seine Arbeitskollegin S   arbeite nicht 1760 Stunden im Jahr. Sie sei nicht öfter eingesetzt als der Kläger. Im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz müsse die Beklagte ihm daher einen Arbeitsvertrag über 40 Wochenstunden geben.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, ihn ab 9.12.81 als Übersetzer und Sprecher auf der Basis eines Arbeitsvertrages mit 40 Stunden wöchentlich nach der Vergütungsgruppe V, Stufe 3 und ab 1.6.1982 nach Vergütungsgruppe V,</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Stufe 4 des Vergütungsvertrags der Deutschen Welle zu beschäftigen.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und dazu vorgetragen, ein Einsatztag des Klägers sei nicht mit einem Arbeitstag eines vollbeschäftigten Mitarbeiters gleichzusetzen.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Der Kläger habe die Zeit vor und nach, seinen Sendungen zur freien Verfügung gehabt. Er lege seiner Berechnung viel zu hohe Vorbereitungszeiten zugrunde. Zur Vorbereitung einer Fünfminutensendung benötige ein Übersetzer maximal 30 bis 60 Minuten. Für das Sprechen eines Fünfminuten-Text es seien nur fünf Minuten Vorbereitungszeit erforderlich.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Das Arbeitsgericht hat nach Vernehmung der Zeugen W   , Steinmann und S   die Klage durch Urteil vom 9.5.1984 abgewiesen, die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger auferlegt und den Streitwert auf 72.000,— DM festgesetzt.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Auf die Entscheidungsgründe, Bl. 206 ff.d.A., wird verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses ihm am 28.6.1984 zugestellte Urteil hat der Kläger am 9.7.1984 Berufung eingelegt und das Rechtsmittel am 8.8.1984 begründet.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Er macht geltend, das Arbeitsgericht habe die Arbeitszeit falsch berechnet. Es habe sich nicht allein auf die Bekundung des Zeugen S   stützen dürfen, der zu geringe Vorbereitungszeiten angegeben habe.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Die Richtigkeit der Berechnung des Klägers werde deutlich, wenn berücksichtigt werde, daß die Beklagte bei Ihren Planungen</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">davon ausgehe, daß für jeweils 10 Minuten Programm ein Mitarbeiter erforderlich sei. Der Mazedonische Dienst strahle täglich 15 Minuten aus, am Samstag 20 Minuten. Wäre die Berechnung des Zeugen S   zutreffend, müsse angenommen werden, daß festangestellte Mitarbeiter nur drei Stunden täglich tatsächlich arbeiten müßten. In Wahrheit seien auch andere Tätigkeiten zu erledigen, so müsse der Mitarbeiter Zeitungen in seiner Muttersprache lesen, an den Gesprächen für die Programmgestaltung teilnehmen, die Bibliothek aufsuchen, Wege zurücklegen und dergleichen mehr. Die Beklagte möge die Leistungsnachweise vergleichbarer festangestellter Mitarbeiter vorlegen, dann werde sich ergeben, daß der Kläger in gleicher Weise wie sie im Einsatz gewesen sei.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">das arbeitsgerichtliche Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihn ab 9.12.1981 als Übersetzer und Sprecher auf der Basis eines Arbeitsvertrages mit 40 Stunden wöchentlich nach der Vergütungsgruppe V, Stufe 3 und ab 1.6.1982 nach der Vergütungsgruppe V, Stufe 4 des Vergütungstarifvertrages der Deutschen Welle zu beschäftigen.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht hat der Kläger erläuternd dazu erklärt, hilfsweise mache er damit geltend, daß ihm ein Arbeitsvertrag mit weniger als 40 Wochenstunden, aber mehr als 20 Wochenstunden zustehe.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und meint wiederum, die vom Kläger eingesetzten Vorbereitungszeiten seien überhöht. Der Kläger berücksichtige nicht, daß festangestellte Mitarbeiter zusätzliche Aufgaben zu erledigen hätten.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Sie würden mit redaktionellen und sonstigen Arbeiten befaßt, die dem Kläger niemals übertragen worden seien. Die Anrechnung zusätzlicher Zeiten zu seinen Gunsten nach dem Tarifvertrag komme nicht in Betracht.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Es stimme nicht, daß der Kläger mit Rücksicht auf die Statusklage in geringerem Umfang, als vorher beschäftigt worden sei. Für eine solche Annahme habe der Kläger keinerlei Anhaltspunkte.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Das Landesarbeitsgericht hat ergänzend Beweis erhoben nach Maßgabe, der Beschlüsse vom 17.10. und 14.11.1984 durch              Vernehmung der Zeugen Z   , B   , K   , A   , K    und S   . Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 14.11.1984 verwiesen. Wegen aller weiterer Einzelheiten des beiderseitigen Vorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e</span></p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Die Berufung des Klägers ist nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes an sich statthaft. Das Rechtsmittel, ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Mithin ist es zulässig.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">In der Sache Hatte die Berufung jedoch keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht schließt, sich im Ergebnis dem arbeitsgerichtlichen Urteil an.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Die Parteien streiten im vorliegenden Verfahren nicht um die tarifgerechte Einstufung des Klägers, sondern ausschließlich um die Frage, wieviel Stunden wöchentlich die Beklagte den</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Kläger als Angestellten beschäftigten muß, nachdem im vorangegangenen Statusverfahren rechtskräftig festge- stellt wurde, daß sich der Kläger als Angestellter in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zur Beklagten befindet.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Mit Recht ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, daß sich die Beschäftigungspflicht der Beklagten für die Zukunft nach dem Umfang der Tätigkeit des Klägers in der Vergangenheit richtet. Allerdings ist das Landesarbeitsgericht der Meinung, daß das Jahr 1980 allein nicht repräsentativ ist. Es sollen vielmehr die Beschäftigungszeiten des Klägers in den Jahren 1980 bis 1982 zugrunde gelegt werden.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Das Arbeitsgericht hat davon abgesehen, auf die Jahre 1981 und 1982 zurückzugreifen, weil der Kläger im Jahre 1981 die Status klage erhoben hat und weil nicht auszuschließen sei, daß die Beschäftigung des Klägers mit Rücksicht darauf reduziert worden sei. Dafür bietet aber der Sachverhalt keinerlei Anhaltspunkte. Zwar ist der Kläger 1980 in größerem Umfang tätig gewesen als 1981 und 1982, Aus der vor dem Arbeitsgericht durchgeführten Beweisaufnahme ergibt sich jedoch, daß dies deshalb geschah, weil die im Mazedonischen Sprachdienst tätige Sprecherin und Übersetzerin S   in jenem Jahr mehrere Monate wegen der Mutterschutzfristen und wegen Mutterschaftsurlaub nicht im Dienst war. 1981 ging demgemäß die Beschäfitung des Klägers zurück, weil die Zeugin S   durchgehend gearbeitet hat, von ihrem Erholungsurlaub abgesehen.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Daß der Rückgang, der Tätigkeit des Klägers mit der Erhebung der Statusklage nicht Zusammenhängen kann, geht auch daraus- hervor, daß die Klage erst im Dezember i98.1 eingereicht wurde. Im Jahre 1982 nahm die Tätigkeit des Klägers gegenüber 1981 sogar zu. Wie sich aus dem Schriftsatz des Klägers vom 15.10. 1984 ergibt, war auch die Beschäftigung des Klägers in den letzten drei Monaten des Jahres 1981 keineswegs geringer als im ersten Dreivierteljahr 1981. Eher läßt sich schon im letzten Quartal 1981 ein Ansteigen der Tätigkeit gegenüber den ersten 9 Monaten des Jahres 1981 feststellen. Die Klageerhebung, die sich im letzten Vierteljahr des Jahres 1981 angebahnt haben dürfte, hat mithin erkennbar keinen Einfluß auf den Umfang der Beschäftigung des Klägers gehabt.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Mach allem bestehen keine Bedenken, die letzten drei vollendeten Jahre vor dem Jahr der Einleitung des vorliegenden Rechtsstreits für die Entscheidung zugrunde zu legen. Das Gericht hatte im Verlauf des Berufungsverfahrens zu erkennen gegeben, daß möglicherweise die Zeit vom 1.1.1980 bis 30.9.1981 (Zeitraum vor der Erhebung der Klage im Statusverfahren) maßgeblich sein könnte. Dagegen hat der Kläger keine Einwendungen erhoben. Die jetzige Betrachtungsweise ist wegen des Anstiegs der Beschäftigung des Klägers im Jahre 1982 für ihn sogar noch günstiger.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Danach ist von folgenden Werten auszugehen:</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Im Jahre 1980 hat der Kläger Honorar erhalten für folgende Sendeminuten:</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Sprechen;              =•              2063 Minuten</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Übersetzen              =              2107 Minuten</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">1981</span></p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Sprechen     =     1082 Minuten</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Übersetzen  =    891 Minuten.</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">1445 Minuten</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">1328 Minuten.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">1982</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Sprechen</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Übersetzen</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Freilich läßt sich nicht mehr exakt feststellen, welche Arbeitszeit der Kläger in den Jahren 1980 bis 1982 tatsächlich aufgewendet hat, um diese Leistungen zu erbringen. Mit dem Arbeitsgericht ist allerdings davon auszugehen, daß der Kläger nicht verpflichtet war, während des gesamten Arbeitstages anwesend zu sein. Das ergibt sich eindeutig aus der Bekundung des Zeugen W   , der vor dem Arbeitsgericht bekundet hat, nach der Vormittagssendung habe der freie Mitarbeiter tun und lassen können, was er gewollt habe. Daß der Kläger entsprechend der Darstellung dieses Zeugen regelmäßig um 11.15 Uhr anwesend war, um nach Beendigung der Redaktionskonferenz in Erfahrung zu bringen, ob er einen Auftrag für die Nachmittagssendung erhalten werde, spielt dabei keine Rolle. Denn aus der eindeutigen Bekundung des Zeugen geht hervor, daß der Kläger zur Anwesenheit nicht verpflichtet war. Er war eben daran</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">interessiert, für weitere Sendungen eingesetzt zu werden.</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">Aufgrund der Bekundungen der vor dem Arbeitsgericht und; vor dem Landesarbeitsgericht vernommenen Zeugen kann das Berufungsgericht jedoch gemäß § 287 ZPO den Zeitaufwand abschätzen, der erforderlich war, um die oben angeführten Sendeminuten vorzubereiten.</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Danach ergibt sich folgendes:</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">Für die Vorbereitung einer Sprechminute sind entsprechend dem Vortrag des Klägers fünf Minuten zugrunde zu legen. Das bedeutet, daß für das fünf Minuten lange Sprechen eines Textes insgesamt 30 Minuten zu veranschlagen sind (fünf Minuten sprechen und 25 Minuten Vorbereitung).</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">Zwar haben die Zeugen S   und B   bekundet, nach ihrer Erfahrung benötige ein Sprecher zur Vorbereitung für das Sprechen eines Fünf-Minuten-Textes 15 Minuten, die Zeugen Ġ  , K    und S   haben die Zeit mit 10 bis 15 Minuten, angegeben.. Nur die Zeugen Z   und K   haben erklärt, 30 Minuten seien notwendig, um einen solchen Text vorzubereiten. Die Kammer geht davon aus, daß der Kläger tatsächlich nicht mehr als 10 bis 15 Minuten an Vorbereitungszeit im Durchschnitt aufwenden</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">mußte, weil, wie seine Aufstellung im Schriftsatz vom 15.10.1984 ausweist, er weitgehend diejenigen Texte zu sprechen hatte, die er zuvor übersetzt hatte. Aus den Bekundungen der Zeugen B   , K   , K   und S   geht hervor, daß die Vorbereitungszeit zum Sprechen eines Textes, den der Sprecher selbst übersetzt hat, wesentlich geringer ist als die Zeit, die zur Vorbereitung auf das Sprechen eines fremden Textes nötig ist.</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">Das leuchtet ohne weiteres ein. Denn der Sprecher braucht sich in den Text nicht erst hineinzudenken. Inhalt und Wortfolge, sind ihm aufgrund der vorangegangenen Übersetzung geläufig.</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">Wenn das Gericht gleichwohl eine längere Vorbereitungszeit zugrunde legt, so ist dabei berücksichtigt worden, daß entsprechend den Bekundungen des Zeugen A   auch Wartezeiten im Studio anfallen.</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">Danach ergibt sich, daß als Arbeitszeit, des Klägers, hinsichtlich des Sprechens für 1980 12.378 Minuten. (2063 x 6,) = 206,3 Stunden zugrunde zu legen sind. Für 1981 sind es 6492 Minuten (1082 x 6) = 108,2 Stunden, und für 1982 8670 Minuten (1445 x. 6) = 144,5 Stunden.</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Innerhalb des Dreijahreszeitraumes hat der Kläger für das Sprechen von Texten mithin 459 Stunden verwendet. Das sind im Jahresschnitt 153 Stünden.</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">In Bezug auf die Übersetzungstätigkeit legt das Gericht eine Vorbereitungszeit von 2 Stunden zugrunde für einen Text, der in 5 Minuten gesprochen ist. Es handelt sich dabei entsprechend dem Ergebnis der Beweisaufnahme um einen Text, der 60 bis 70 Schreibmaschinenzeilen umfaßt.</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">Zwar haben die Zeugen S   , B   , K   , A   ,</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">K   und S   geringere Zeiten als übliche Übersetzungszeit angegeben, nämlich der Zeuge S   ca. 1 1/2 Stunden, der Zeuge B   für Nachrichtentexte 1 bis 1 1/2 Stunden, nur für Kommentartexte zwei Stunden, der Zeuge K   etwa 1 1/2 Stunden, der Zeuge A    1 bis 1 1/2 Stunden, die Zeugin K   1 1/2 Stunden und der Zeuge S   1 Stunde und 40 Minuten. Der Zeuge W   hat vor dem Arbeitsgericht bekundet, für einen Beitrag der Nachmittagssendung , die 10 Minuten dauert und in der drei Beiträge gebracht werden, sei ca. 1 Stunde notwendig. Daraus folgt, daß für die Vorbereitung eines Fünf-Minuten-Textes nach der Erfahrung dieses Zeugen 1 1/2 Stunden zu veranschlagen sind.</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">Nur der Zeuge Z   hat erklärt, für einen solchen Text seien rund drei Stunden aufzuwenden.</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">Mit Rücksicht darauf, daß entsprechend dem Ergebnis der Beweisaufnahme im Zusammenhang mit dem Übersetzen auch Phasen der Rekreation notwendig sind, und daß üblicherweise auch einmal Pausen zum Lesen von Zeitungen und zum Hören von Nachrichten während der Arbeitszeit eingelegt werden, geht das</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">Gericht zu Gunstne des Klägers von einer Übersetzungszeit von 120 Minuten für 5 Minuten gesprochenen Text aus.</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">Das sind 24 Minuten pro Sprechminute.</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">Danach ergibt sich für die Jahre 1980 bis 1982 folgende Berechnung:</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">Im Jahre 1980 hat der Kläger Übersetzungen für 2017 Minuten gesprochenen Text geliefert. Das erforderte einen Zeitaufwand von 50.568 Minuten (2107 x 24) = 842,8 Stunden.</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">1981          hat der Kläger Übersetzungen gefertigt für Texte, die in 891 Minuten gesprochen wurden. Die Zeit dafür betrug 21.384 Minuten ( 891 x 24) = 356,4 Stunden.</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">1982          hat der Kläger Übersetzungen geliefert, die in 1328 Minuten gesprochen waren. Der Zeitaufwand betrug danach 31.872 Minuten (1328 x 24) = 531,2 Stunden.</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">Insgesamt hat der Kläger in den drei Jahren mithin 1730,4 Stunden für Übersetzungen aufgewendet. Das sind im Jahresdurchschnitt 576,8 Stunden.</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">Wird die Arbeitszeit für Sprechen und Übersetzen im Jahresdurchschnitt zusammengerechnet, so ergeben sich 729,8 Stunden (576,8 Stunden + 153 Stunden).</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat unbestritten vorgetragen, 1760 Stunden seien</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">pro Jahr von einem vollbeschäftigten Mitarbeiter unter Berücksichtigung von Sonn-, Feiertagen und Urlaubszeit geleistet worden. Die Arbeitszeit des Klägers blieb mithin unter 50 % eines vollbeschäftigten Mitarbeiters.</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">Der Kläger kann auch nicht eine zweistündige Zurechnungszeit je Arbeitstag nach dem Tarifvertrag verlangen. Denn aus der Bekundung des Zeugen W   ergibt sich eindeutig, daß der Kläger regelmäßig vormittags oder nachmittags eingesetzt wurde, wenn die Zeugin, die als Übersetzerin und Sprecherin in der Mazedonischen Redaktion tätig ist, im Dienst war. Der Kläger ist dann vor- und nachmittags eingesetzt worden, wenn die Zeugin in Urlaub oder aus sonstigen Gründen abwesend war, was im Jahre 1980 wegen der Mutterschutzfristen über mehrere Monate der Fall gewesen ist.</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">Aus der Stellenplanung der Beklagten kann der Kläger nichts zu seinen Gunsten herleiten. Aus dem Umstand, daß die Beklagte für eine Sendezeit von 10 Minuten täglich einen Mitarbeiter einplant, kann der Kläger nicht ableiten, daß ihm der Arbeitsvertrag eines vollbeschäftigten Mitarbeiters ausgefertigt werden müßte. Im übrigen werden im Durchschnitt im Mazedonischen Sprachdienst täglich 15 Minuten ausgestrahlt. Unstreitig ist die Zeugin S   dort als vollbeschäftigte Mitarbeiterin eingesetzt. Wenn darüber hinaus der Kläger halbtags tätig wird, entspricht das im Prinzip den Planungen der Beklagten.</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">Schließlich kann der Kläger nicht aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung herleiten, ihm müsse deswegen ein Arbeitsvertrag mit 40 Wochenstunden gegeben werden, weil Mitarbeiter der Beklagten mit entsprechenden Verträgen auch nicht mehr an Arbeitsleistung bringen als der Kläger in den drei relevanten Jahren. Wenn andere Mitarbeiter der Beklagten nicht ausgelastet sein sollten, begründet das keine Verpflichtung, den Kläger mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden zu übernehmen, die er zur Erledigung derjenigen Aufgaben, die ihm auch in den Jahren 1980 bis 1982 übertragen waren, nicht benötigt.</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">Nach allem war die Berufung des Klägers gegen das arbeitsgerichtliche Urteil zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">Die Kastenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Rechtsmittelbelehrung</span></p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">Da der Rechtsstreit nicht von grundsätzlicher Bedeutung ist, wurde die Revision nicht zugelassen. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 72 a ArbGG wird hingewiesen.</p>
|
315,640 | olgham-1985-01-15-1-uf-21984 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 1 UF 219/84 | "1985-01-15T00:00:00" | "2019-03-13T15:09:53" | "2019-03-27T09:42:35" | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1985:0115.1UF219.84.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die befristete Beschwerde der Antragstellerin wird unter Zurückweisung des Beschwerde im übrigen und Abweisung des Hauptantrages und 1. Hilfsantrages als unzulässig der angefochtene Beschluß auf den 2. Hilfsantrag der Beschwerde aufgehoben und die Sache an das Amtsgericht - Familiengericht - ... zu ... abgegeben, das auch über die Kosten zu befinden hat; jedoch bleiben die Gerichtskosten der Beschwerde außer Ansatz.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien sind getrennt lebende Eheleute. Das Scheidungsverfahren ist anhängig - ... AG ... -.
In diesem Scheidungsverfahren hat die Antragstellerin erfolglos versucht, eine einstweilige Anordnung nach
§ 620 Nr. 7 ZPO zu erlangen, die ihr einstweilen die Ehewohnung zur alleinigen Benutzung zuweist. Der
Antrag ist durch Beschluß vom 21.11.1983 zurückgewiesen worden.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Im vorliegenden isolierten Verfahren hat die Antragstellerin die Zuweisung der Ehewohnung an sich als
alleinige Mieterin angestrebt, da ihr Begehren im Wege der einstweiligen Anordnung erfolglos geblieben und
dagegen eine Beschwerde nicht gegeben sei. Der Antragsgegner sei seit September 1982 arbeitslos und trinke
in erheblichem Umfang alkoholische Getränke; er räume nicht auf. Schon nachmittags, wenn sie von
ihrer Arbeit bei der Firma ... zurückkomme, sei er meist betrunken. Spät abends stehe er dann auf
und rüttele an ihrer Tür und lasse sie nicht schlafen. Die Vermieterin wolle mit ihr allein den
Mietvertrag abschließen. Das Amtsgericht hat nach Anhörung der Vermieterin und der Parteien durch
den angefochtenen Beschluß den Antrag zurückgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Mit ihrer befristeten Beschwerde wendet sich die Antragstellerin gegen diese Entscheidung. Der Antragsgegner
beleidige, bedrohe und beschimpfe sie. Er verfolge sie mit Eifersucht und sei auch schon mit dem Messer auf sie
losgegangen. Auch lasse er seine Miethälfte, die er direkt an die Vermieterin zu zahlen hat, oft
rückständig werden. Sie beantragt,</p>
<br /><span class="absatzRechts">5</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="0">
<tr>
<td>1)</td>
<td>abändernd die eheliche Wohnung in ... der Antragstellerin als alleiniger Mieterin
zuzuweisen,</td>
</tr>
<tr>
<td>2)</td>
<td>hilfsweise die eheliche Wohnung der Antragstellerin zur alleinigen Benutzung bis
zur Rechtskraft der Scheidung zuzuweisen,</td>
</tr>
<tr>
<td>3)</td>
<td>äußerst hilfsweise den Antrag auf Zuweisung der Ehewohnung an die Antragstellerin
ab Rechtskraft der Scheidung als alleiniger Mieterin an das Familiengericht ... zu dem dort anhängigen
Scheidungsverfahren zu verweisen.</td>
</tr>
</table><br />
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Antragsgegner beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">die Beschwerde zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Er bestreitet das Vorbringen der Antragstellerin und wendet ein, er könne sich keine andere Wohnung
leisten. Im übrigen sei der Antrag unzulässig, da die Unanfechtbarkeit der Ablehnung des Antrages
nach § 620 Nr. 7 ZPO gemäß § 620 c ZPO andernfalls umgangen würde.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die befristete Beschwerde ist zulässig. Sie ist jedoch mit dem Haupt- und dem 1. Hilfsantrag erfolglos,
weil beide Anträge unzulässig sind. Lediglich der äußerst hilfsweise gestellte Antrag auf
Verweisung des umgestellten Antrages führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Abgabe an das
Gericht der Scheidungssache.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks"><b>1)</b></p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der Hauptantrag auf abschließende Wohnungszuweisung einschließlich Mietrechtsregelung ab sofort ist
unzulässig. Nach § 1 HVO ist es die Aufgabe des Richters, nach der Scheidung über Ehewohnung, und
Hausrat mangels Einigung der Eheleute nach der HVO zu entscheiden. Er konnte insoweit nach früherem Recht
erst <u>nach</u> der Scheidung angerufen werden (vgl. Palandt-Diederichsen 42. Aufl., Anhang § 1587 p BGB
§ 1 HVO Anm. 1, BGH NJW 78, 1529). Durch das 1. EheRG ist zusätzlich die Möglichkeit eröffnet
worden, diese Punkte auch als Scheidungsfolgesache bereits im Verbund geltend zu machen (vgl. Palandt-Diederichsen
a.a.O., Einleitung vor § 1 HVO Anm. 2). Der Gesetzeswortlaut ist angepaßt worden, und zwar nunmehr auf
Regelung "anläßlich der Scheidung" statt früher "nach" der Scheidung. Die von
der Antragstellerin angestrebte Regelung einschließlich richterlicher Gestaltung des Mietverhältnisses
mit Drittwirkung gegenüber dem Vermieter (§ 5 HVO) ist im isolierten Verfahren nach der HVO daher nur
für die Zeit ab Rechtskraft der Scheidung und auch im Verbund als Folgesache nur für die Zeit ab
Rechtskraft der Scheidung zugelassen (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 84, 51-52 -). Das Scheidungsverfahren ist zwar
anhängig, sein Abschluß aber nicht abzusehen. Die von der Antragstellerin angestrebte sofortige
endgültige Wohnungszuweisung einschließlich Mietrechtsregelung ist daher nicht zulässig.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks"><b>2)</b></p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Auch der 1. Hilfsantrag auf sofortige Zuweisung der ehelichen Wohnung zu alleinigen Benutzung nach §§
18 a HVO, 1361 a BGB analog ist nicht zulässig.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Eine entsprechende Anwendung der genannten Vorschriften käme als Grundlage für das Begehren der
Antragstellerin nur in Betracht, wenn im Zuge der gesetzlichen Neuregelung mit dem 1. EheRG eine gesetzliche
Regelungslücke entstanden wäre, die einer Ausfüllung durch analoge Anwendung anderer Vorschriften
zugänglich wäre. Diese Frage ist zwar umstritten und wird teilweise bejaht, wobei im wesentlichen
darauf abgestellt wird, dass auch schon vor Anhängigkeit der Scheidung ein entsprechendes Regelungsbedürfnis
bestehen kann (vgl. KG FamRZ 82, 272; OLG Zweibrücken FamRZ 81, 259 und FamRZ 80, 252; OLG Düsseldorf
FamRZ 81, 872; OLG Celle FamRZ 80, 252; AG Schwetzingen FamRZ 83, 589, Bosch FamRZ 80, 6 u.v.m.). Ein
tatsächlich möglicherweise auftretendes Regelungsbedürfnis begründet aber nicht die Annahme
einer ausfüllbaren Gesetzeslücke.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Nach früherem Recht gab es nur nach Anhängigkeit einer Ehesache die Möglichkeit über
§§ 19 HVO a.F. und 627 ff ZPO a.F. für Hausrat und Ehewohnung <u>einstweilige</u> Regelungen
der <u>Benutzung</u> zu beantragen. Das entspricht den jetzigen Möglichkeiten gemäß § 620
Nr. 7 ZPO. Einem etwa dringenden Regelungsbedürfnis kann auch ohne Anhängigkeit der Scheidung dadurch
Rechnung getragen werden, daß eine Klage auf Feststellung des Rechts zum Getrenntleben erhoben wird, die
ebenfalls die Möglichkeiten nach § 620 Nr. 7 ZPO eröffnet. Darauf hat der Senat wiederholt
(zuletzt 1 WF 33/84) hingewiesen. Soweit der Gesetzgeber mit dem 1. EheRG durch §§ 18 a HVO, 1361 a
BGB eine zusätzliche Möglichkeit eröffnet hat, wegen der Benutzung des Hausrats - ohne Auswirkung
auf die Eigentumsverhältnisse gemäß § 1361 a IV BGB - eine Regelung in einem isolierten
Hauptverfahren nach HVO, FGG zu erreichen, und zwar nicht nur vor Anhängigkeit einer Scheidungssache,
sondern auch bei anhängiger Scheidungssache als isoliertes Hauptverfahren mit der Möglichkeit nicht
einer sofortigen, sondern der befristeten Beschwerde einschließlich einer etwaigen Zulassung der weiteren
Beschwerde, kann diese Verfahrensausweitung jedenfalls nach Anhängigkeit einer Scheidungssache gerade im
Hinblick auf die nach § 1361 a IV BGB gegebene Vorläufigkeit fraglich sein und hat auch in der
Rechtsprechung bereits zu Versuchen, die Zulässigkeit der befristeten Beschwerde einzugrenzen, geführt
(vgl. OLG Zweibrücken FamRZ 83, 1122). Darauf kommt es indes nicht an. Diese Regelung der §§ 18 a
HVO und 1361 a. BGB ist auf beweglichen Hausrat beschränkt.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Da zudem nach § 1361 a IV BGB die Eigentumsverhältnisse unberührt bleiben, ist auch eine
Auswirkung auf Dritte im Regelfall auszuschließen. Das ist jedoch bei Regelungen bezüglich der Ehewohnung
nicht gesichert. Hier sind Auswirkungen auf die Position des Vermieters und seine Möglichkeiten der Realisierung
von Mietansprüchen denkbar. Als Beispiel mag insoweit der vom OLG Celle entschiedene Fall in FamRZ 81, 958
dienen. Das OLG Celle verneint die Zulässigkeit eines Antrages auf Zuweisung der Ehewohnung im isolierten
Verfahren bei entsprechender Anwendung von §§ 18 a HVO, 1361 a BGB, wenn der Antrag nur dazu dienen soll,
dem Ehegatten, der die Wohnung nicht beansprucht, diese zum Zwecke der Haftung für die Mietzahlung zuzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Das allein zeigt, welche Auswirkungen auf die Realisierung der Ansprüche auf Mietzinszahlung möglich
sind.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Darüber hinaus ist der Eingriff in das Recht auf Wohnung und Obdach weit einschneidender als der in das
Recht auf Benutzuung von Hausrat. Jeder Ehegatte hat, solange die häusliche Gemeinschaft besteht, nach §
1353 BGB ein Recht auf Mitbesitz an der Ehewohnung auch dann, wenn er nicht Mieter ist (vgl. BGH NJW 78, 1529;
Palandt-Diederichsen, 42. Aufl., BGB § 1353 Anm. 2 b) bb). Im übrigen gilt vor der Scheidung der
Mietvertrag (vgl. Palandt-Diederichsen § 1 HVO Anm. 1). Der Senat folgt insoweit der Ansicht des OLG
Karlsruhe (vgl. FamRZ 84, 51-52 -), daß ein Eingriff in das Recht eines Ehegatten auf Mitbesitz an der
Ehewohnung und damit in sein Recht auf Wohnung überhaupt schwerwiegt und einer besonderen gesetzlichen
Grundlage bedürfte, die derzeit nicht besteht. Die mit §§ 18 a HVO, 1361 a BGB geschaffene
gesetzliche Regelung bezüglich des Hausrats ist eine Ausnahmeregelung, die einer ausdehnenden analogen
Anwendung auf die Benutzung der Ehewohnung nicht zugänglich ist (gegen die Zulässigkeit der
entsprechenden Anwendung u.a. auch OLG Köln FamRZ 83, 1123; OLG Hamm FamRZ 79, 805; OLG Hamm FamRZ 80, 999;
OLG Karlsruhe FamRZ 80, 998).</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Alle Ansichten aber, die wie die vorstehend genannten die entsprechende Anwendung von §§ 18 a HVO,
1361 a BGB auf die Ehewohnung <u>vor</u> Anhängigkeit einer Ehesache verneinen, verneinen sie damit auch
für ein isoliertes Verfahren nach den genannten Vorschriften <u>nach</u> Anhängigkeit der Ehesache,
soweit es sich um ein zusätzliches Verfahren nach diesen Vorschriften <u>neben</u> der der dann eröffneten
Möglichkeit aus § 620 Nr. 7 ZPO handelt.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Der Umstand, daß die Möglichkeit, eine einstweilige Anordnung zu erwirken, das Rechtsschutzinteresse
für ein parallel zugelassenes Hauptverfahren regelmäßig nicht entfallen läßt (vgl. BGH
FamRZ 79, 472 und FamRZ 82, 788; OLG Saarbrücken FamRZ 80, 277, OLG Hamm FamRZ 80, 708), eröffnet nicht
ein gesetzlich nicht vorgesehenes Hauptverfahren.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Daß es sich bei der bestehenden Regelung nach §§ 18 a HVO, 1361 a BGB um eine Ausnahme handelt,
zeigt auch der Entwurf der Bundesregierung zum UÄndG (Bundestagsdrucksacke 501/84 Seite 17). Dort wird in
der Begründung zu dem vorgeschlagenen § 1361 b BGB hervorgehoben, daß die auf Endgültigkeit
abzielenden Regelungen der HVO nicht auf Fälle erstreckt werden sollten, in denen kein Scheidungsverfahren
anhängig ist. Ferner wird nach dem Entwurf die Eintrittsschwelle hoch angesetzt und eine vorgezogene Regelung
der Benutzung der Ehewohnung auch nur unter eingeschränkten Voraussetzungen ähnlich wie in § 3 HVO
überhaupt in Betracht gezogen. Vorgeschlagen ist daher nur eine Regelungsmöglichkeit, die eingeengte
Voraussetzungen hat und nur zur Vermeidung unbilliger Härten zugelassen werden soll. Dabei ist in der
Begründung auch hervorgehoben, daß Mißbrauch vorliegen kann, wenn sich der Ehegatte, der aus
der Ehe strebt, auch noch die für ihn vorteilhafte Beibehaltung der Ehewohnung sichern will. Der Entwurf
verdeutlicht, daß nicht eine entsprechende Anwendung von §§ 18 a HVO, 1361 a BGB auf die Ehewohnung
in Betracht gezogen wird, sondern eine Regelung mit engeren Voraussetzungen. Das aber bestätigt, daß
derzeit keine ausfüllbare Regelungslücke besteht, sondern daß die genannten Vorschriften der
§§ 18 a HVO, 1361 a BGB derzeit Ausnahmeregelungen sind, die ausdehnender Auslegung und Anwendung
nicht zugänglich sind (so auch Kalthoener, FamRZ 84, 436; a.A. Brudermüller, NJW 84, 2560). Auf die
materiell-rechtliche Lage kommt es angesichts der Unzulässigkeit des Haupt- und 1. Hilfsantrags nicht an.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Der Hilfsantrag der Antragstellerin, der als Hauptantrag auf Benutzung der Ehewohnung im isolierten Verfahren
gerichtet ist, ist daher unzulässig. Auf die Problematik einstweiliger Anordnungen kommt es insoweit nicht an.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks"><b>3)</b></p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Soweit die Antragstellerin in der Verhandlung vor dem Senat äußerst hilfsweise Verweisung bzw.
Abgabe beantragt, hat sie diesen Antrag mündlich dahin erläutert, daß eine abschließende
Wohnungszuweisung einschließlich Mietrechtsregelung ab Rechtskraft der Scheidung gemeint sei und daß
insoweit ein Antrag auf Regelung dieses Punktes als Folgesache gemeint sei.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Dieser Antrag ist zulässig und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, da diese
verfahrensfehlerhaft darauf beruht, daß nicht auf entsprechende Antragstellung schon in erster Instanz
hingewiesen worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Im übrigen war mangels Zuständigkeit des Senats der Antrag auf Regelung als Folgesache an das Amtsgericht
der Scheidungssache zu dem Scheidungsverfahren abzugeben, das zugleich über die Kosten des Verfahrens zu
entscheiden hat, soweit nicht der Senat gemäß § 16 KostO die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens
ausgenommen hat.</p>
|
315,641 | olgham-1985-01-09-11-u-14484 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
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"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 11 U 144/84 | "1985-01-09T00:00:00" | "2019-03-13T15:09:56" | "2019-03-27T09:42:35" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1985:0109.11U144.84.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Klägerin gegen das am 22. Februar 1984 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Es beschwert die Klägerin in Höhe von 6.000,- DM.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin verlangt von dem beklagten Konkursverwalter Auszahlung einer zur Konkursmasse eingezogenen
Werklohnforderung in Höhe eines Teilbetrages von 6.000,- DM.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Kreissparkasse ... deren Rechtsnachfolgerin die Klägerin ist, stand mit der Firma ... in ... in
Geschäftsverbindung und gewährte ihr Kredite. Rechtsnachfolgerin der Firma ... ist die Firma ...
sanitäre Anlagen KG, über deren Vermögen im Jahre 1981 der Konkurs eröffnet wurde. Zum
Konkursverwalter wurde der Beklagte bestellt.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Firma ... rat mit schriftlicher Erklärung vom 27. März 1968 "die ihr zustehenden
gegenwärtigen und künftigen Forderungen aus Lieferungen und Leistungen einschließlich noch
nicht abgerechneter Aufträge gegen alle Kunden mit den Anfangsbuchstaben A bis Z" an die Kreissparkasse
... sicherungshalber ab. Sie verpflichtete sich, weitere Forderungen an die Kreissparkasse abzutreten, wenn die
abgetretenen Forderungen insgesamt einen Mindestbetrag von 200.000,- DM unterschreiten sollten. In einer am 5.
Mai 1969 getroffenen Vereinbarung wurde, der Mindestbetrag auf 40.000,- DM erhöht. Hinsichtlich der
Einzelheiten der Forderungsabtretung vom 27. März 1968 und der Ergänzung vom 5. Mai 1969 wird auf
die überreichten Ablichtungen Bezug genommen (Bl. 7-11 d.A.). Unter dem 29. Oktober 1979 erhielt die
Firma ... sanitäre Anlagen KG von dem Krankenhaus ... in ... den Auftrag zur Ausführung der
sanitären Installation für das Bauvorhaben ... Dem Auftrag lagen, wie die Klägerin erstinstanzlich
zugestanden hat, unter anderem die Zusätzlichen Vertragsbedingungen EVM (B) ZBV (1978) zugrunde. Darin
ist in Nr. 23 bestimmt:</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks"><i>"23. Abtretung (zu § 16)</i></p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks"><i>23.1 Forderungen des Auftragnehmers gegen den Auftraggeber können ohne Zustimmung des Auftraggebers
nur unter folgenden Bedingungen abgetreten werden:</i></p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks"><i>a) Die Abtretung erstreckt sich auf alle Forderungen - ausschließlich des darin enthaltenen
Umsatzsteuerbetrages - aus einem genau zu bezeichnenden Auftrag. Sie umfaßt außer diesem
Auftrag auch etwaige Nachträge, die als solche bezeichnet sind.</i></p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks"><i>Abgetreten ist der noch ausstehende Betrag in voller Höhe.</i></p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks"><i>b) Eine weitere Abtretung durch den neuen Gläubiger ist ausgeschlossen.</i></p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks"><i>c) Die Abtretung wirkt gegenüber dem Auftraggeber - und zwar vom angezeigten Abtretungsdatum ab - erst,
wenn sie dem Auftraggeber vom alten Gläubiger (Auftragnehmer) und vom neuen Gläubiger unter genauer
Bezeichnung der auftraggebenden Stelle und des Auftrags unter Verwendung des vorgeschriebenen Formblattmusters
- EFB-Abtr 1 - schriftlich angezeigt worden ist. Sind Ansprüche aus mehreren Aufträgen abgetreten worden,
so muß jede Abtretung auf einem gesonderten Formblatt angezeigt werden.</i></p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks"><i>23.2 Abtretungen, die nicht unter Nr. 23.1 fallen (z.B. Teilabtretungen), sind nur mit schriftlicher
Zustimmung des Auftraggebers wirksam. Für diese Abtretungen gilt Nr. 23.1 insoweit, als nichts anderes
vereinbart ist.</i></p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks"><i>..."</i></p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Eine schriftliche Abtretungsanzeige gemäß Nr. 23.1 Buchstabe c) wurde dem Krankenhaus St. Matthäus
nie zugeleitet. Im Zeitpunkt der Konkurseröffnung über das Vermögen der Firma ... sanitäre
Anlagen KG belief sich die Restforderung aus der Ausführung des Auftrages auf 106.415,31 DM. Davon verblieben
nach Verrechnung verschiedener Gegenforderungen des Auftraggebers und nach Abzug weiterer Posten 48.585,81 DM, die
das Krankenhaus an den Beklagten zahlte.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beansprucht als Rechtsnachfolgerin der Kreissparkasse Minden aufgrund der Globalabtretung der
Firma ... aus dem Jahre 1968 vom Beklagten den vom Krankenhaus ... gezahlten Betrag von 48.585,81 DM. Mit der Klage
begehrt sie einen erstrangigen Teilbetrag dieser Summe in Höhe von 6.000,- DM nebst Zinsen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, daß die
Globalzession die Forderung gegen das Krankenhaus nicht erfaßt habe, weil in den vereinbarten Zusätzlichen
Vertragsbedingungen ein Abtretungsverbot enthalten gewesen sei und, weil die darin bestimmten Erfordernisse für
eine wirksame Abtretung nicht eingehalten worden seien.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil, auf das wegen aller Einzelheiten Bezug genommen wird, richtet sich die Berufung der
Klägerin, mit der sie ihren Klageanspruch weiterverfolgt. Sie meint, daß Nr. 23 der Zusätzlichen
Vertragsbedingungen dem Übergang der Forderung auf sie nicht entgegengestanden habe. Sie bestreitet nunmehr,
daß die Zusätzlichen Vertragsbedingungen wirksam in den von der Firma ... mit dem Krankenhaus geschlossenen
Vertrag einbezogen worden seien. Sie bezweifelt auch, daß die Zusätzlichen Vertragsbedingungen, bei denen
es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen handele der Inhaltskontrolle nach dem Gesetz zur Regelung des Rechts
der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Gesetz) standhielten. Sie behauptet, nach der Konkurseröffnung
hätten die Parteien vereinbart, daß eine Anzeige der Abtretung an das Krankenhaus unterbleiben und daß
das Inkasso über die Gemeinschuldnerin oder über den Beklagten erfolgen solle. Dabei seien die Parteien
übereinstimmend davon ausgegangen, daß die Restforderung aus dem Auftrag ihr, der Klägerin, zustehe.
Der Beklagte habe erst nach dem Eingang des Geldes die Wirksamkeit der Forderungsabtretung bestritten.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Bielefeld vom 22. Februar 1984 nach dem zuletzt gestellten
Antrag erster Instanz zu erkennen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">die gegnerische Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Er verteidigt das angefochtene Urteil. Er hält die Globalzession wegen Verstoßes gegen die guten Sitten
und mangels hinreichender Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit für rechtsunwirksam. Ferner meint er, die Klägerin
habe nicht hinreichend dargetan, daß die streitige Forderung von der Globalzession erfaßt gewesen sei.
Im übrigen weist er auf das in den Zusätzlichen Vertragsbedingungen enthaltene eingeschränkte
Abtretungsverbot hin und macht dazu geltend, daß die in Nr. 23 dieser Bedingungen bestimmten Erfordernisse
für die Wirksamkeit einer Abtretung nicht eingehalten worden seien. Hilfsweise beruft sich der Beklagte
darauf, daß in dem mit der Klage geltend gemachten Teilbetrag ein Mehrwertsteueranteil von 2.478,28 DM
enthalten sei, den die Klägerin nach Nr. 23.1 Buchstabe a) der Zusätzlichen Vertragsbedingungen nicht
verlangen könne.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten
Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe</b></p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat im Ergebnis zutreffend angenommen, daß die Forderung der Gemeinschuldnerin gegen das
Krankenhaus ... von der Globalzession nicht erfaßt war, so daß der Klägerin auch kein
Bereicherungsanspruch gegen den Beklagten zusteht.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks"><b>1.</b></p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Es kann auf sich beruhen, ob die Globalabtretung wegen Verstoßes gegen die guten Sitten (§ 138 Abs.
1 EGE) oder mangels ... Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit ihres Inhalts rechtsunwirksam ist. Denn auch wenn die
Globalabtretung grundsätzlich rechtswirksam sein sollte, steht der Klägerin der geltend gemachte Anspruch
nicht zu.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat erstinstanzlich zugestanden, daß die Zusätzlichen Vertragsbedingungen - im
folgenden ZVB - Inhalt des zwischen der Gemeinschuldnerin und dem Krankenhaus ... geschlossenen Werkvertrages
geworden sind. Im übrigen nutzt der Klägerin nichts, daß sie die Einbeziehung der ZVB im
Berufungsverfahren bestreitet. Sie ist darlegungs- und beweispflichtig dafür, daß der Konkursverwalter
als Nichtberechtigter die Forderung eingezogen hat. Dazu gehört auch, daß sie die Tatsachen und
Umstände vorträgt, aus denen sich ergibt, daß die Zusätzlichen Vertragsbedingungen - entgegen
dem Auftragsschreiben des Beratenden Ingenieurs ... vom 29. Oktober 1979 (Bl. 12 d.A.) - nicht wirksam in den
Vertrag einbezogen worden sind. Insofern fehlt jedoch jeder nähere Vortrag.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Nr. 23 der ZVB enthält ein <u>eingeschränktes</u> Abtretungsverbot. Entgegen der Ansicht der Klägerin
hält dieses eingeschränkte Abtretungsverbot der Inhaltskontrolle nach § 9 AGB-Gesetz stand. Der
Bundesgerichtshof hat in der Vergangenheit Abtretungsausschlußklauseln wiederholt gebilligt (BGHZ 51, 113,
117; 56, 173, 175; vgl. auch BGHZ 77, 274, 275). Auch in dem vom Bundesgerichtshof in WM 1977, 819 entschiedenen
Fall, der dem vorliegenden weitgehend vergleichbar ist, hat er das eingeschränkte Abtretungsverbot nicht
beanstandet. Der Auftraggeber hat ein berechtigtes Interesse daran, den Abrechnungsverkehr klar und übersichtlich
zu gestalten und zu verhindern, daß ihm eine im voraus nicht übersehbare Zahl von Gläubigern
gegenübertritt. Die in Nr. 23 der ZVB enthaltene Regelung verbietet Abtretungen nicht generell. Sie
läßt Abtretungen bei Einhaltung bestimmter Erfordernisse ohne Zustimmung des Auftraggebers zu. Diese
Erfordernisse dienen dazu, den Abrechnungsverkehr klar und übersichtlich zu gestalten, und vermeiden, daß
später Unklarheiten darüber entstehen, wer Gläubiger der abgetretenen Forderung ist. Hiernach kann
in der Klausel Nr. 23 der ZVB keine Bestimmung gesehen werden, die den Vertragspartner des Verwenders entgegen den
Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Auch eine überraschende Klausel kann darin nicht
gesehen werden, zumal es weitgehend üblich ist, daß die Abtretung von Forderungen im Interesse der
Klarheit und Übersichtlichkeit des Abrechnungsverkehrs an bestimmte Voraussetzungen geknüpft oder von
der Zustimmung des Schuldners abhängig gemacht wird.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">c)</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Da dem Vortrag der Klägerin nicht entnommen werden kann, daß das Krankenhaus zu irgendeinem Zeitpunkt
der Abtretung der Forderung an die Klägerin oder deren Rechtsvorgängerin zugestimmt hat (Nr. 23.2 der ZVB),
kommt es darauf an, ob die in Nr. 23.1 Buchstabe a) und c) der ZVB genannte Erfordernisse eingehalten worden sind.
Nach dem eigenen Vortrag der Klägerin ist dies nicht der Fall.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Die Globalzession läßt nicht erkennen, daß von ihr auch die Forderungen der Gemeinschuldnerin
erfaßt wurden. Nr. 23.1 Buchstabe a) der ZVE stellt bestimmte Anforderungen an den Inhalt der Abtretung. Der
Auftrag, aus dem die Forderungen resultieren, muß genau bezeichnet werden. Daran fehlt es vorliegend. Nach
dem Wortlaut der Abtretungserklärung erstreckt sich die Abtretung auf alle gegenwärtigen und zukünftigen
Forderungen aus Lieferungen und Leistungen gegen alle Kunden mit den Anfangsbuchstaben A bis Z. Die Abtretung
läßt nicht erkennen, daß damit auch die Forderung der Gemeinschuldnerin aus dem Auftrag vom 29. Oktober
1979 erfaßt sein sollte. Eine Globalzession genügt nicht den Anforderungen der Nr. 23.1 Buchstabe a) der ZVE.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Ferner haben die Klägerin und die Gemeinschuldnerin die Abtretung der Forderungen dem Krankenhaus nicht
gemäß Nr. 23.1 Buchstabe c) der ZVB förmlich angezeigt. Die Formulierung, daß die Abtretung
"gegenüber dem Auftraggeber" erst wirke, wenn sie nach näherer Bestimmung dem Auftraggeber
schriftlich angezeigt worden sei, bedeutet nicht bloß eine relative Unwirksamkeit, wenn die Anzeige unterblieben
ist. Das macht der Eingangssatz der Nr. 22.1 der ZVB deutlich, in dem es heißt, daß Forderungen "nur
unter folgenden Bedingungen" ohne Zustimmung des Auftraggebers abgetreten werden könnten. Das Erfordernis
der schriftlichen Abtretungsanzeige unter Verwendung eines bestimmten Formblattmusters bestimmt - wie in den vom
BGH entschiedenen Fällen BGHZ 40, 156 und BGH WM 1977, 819 - den Inhalt der Forderung als solcher. Die Klausel
fügt der Forderung nicht etwa ein nur ihrem Wesen fremdes Veräußerungsverbot hinzu, wie es §
137 BGB voraussetzt.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks"><b>2.</b></p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Da die restliche Werklohnforderung der Gemeinschuldnerin von der Globalabtretung nicht erfaßt wurde, hat
der Konkursverwalter die Forderung als Berechtigter eingezogen, so daß das Landgericht die Klage mit Recht
abgewiesen hat. Deshalb muß auch die Berufung mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückgewiesen
werden.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Die weiteren Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713, 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO.</p>
|
315,642 | olgham-1984-12-21-9-u-11284 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 9 U 112/84 | "1984-12-21T00:00:00" | "2019-03-13T15:09:58" | "2019-03-27T09:42:35" | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1984:1221.9U112.84.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Klägers gegen das am 8. Februar 1984 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bochum wird zurückgewiesen, soweit nicht die Parteien die Hauptsache in Höhe von 4.470,20 DM für erledigt erklärt haben.</p>
<p>Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Die Beschwer des Klägers beträgt 8.214,16 DM.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">(Gemäß §543 Abs. 1 ZPO)</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Kläger verlangt für gewerbliche Räume, die er den Herren ... vermietet hatte und die diese ihrerseits an die Firma ... untervermietet hatten, nach Konkurseröffnung über das Vermögen der letzteren Firma von dem Beklagten, der als Konkursverwalter bestellt ist, persönlich Ersatz des Nutzungsausfalls, der durch nicht sofortige Räumung der Mieträume entstanden ist.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hatte den Mietvertrag mit seinen Hauptmietern zum 15. August 1982 gekündigt. Er hat sich auf eigenmächtige Nutzung der Räume durch den Beklagten zur Abwicklung des Konkursverfahrens der Untermieterin berufen. Er hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">den Beklagten zur Zahlung von 12.684,86 DM nebst Zinsen an ihn zu verurteilen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt mit der Begründung: Er sei nicht persönlich, sondern nur als Konkursverwalter tätig geworden. Eine sofortige Räumung der Geschäftsräume der Gemeinschuldnerin sei wegen des umfangreichen Lagers und des Aktenmaterials nicht möglich gewesen. Er habe sich bereit erklärt, die anteiligen Raumkosten als Masseschulden zu behandeln. Der Kläger habe auch seine Forderung zum Konkursverfahren angemeldet, später aber seine Meinung geändert.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Durch das angefochtene Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen mit der Begründung: Der Kläger habe gegen den Beklagten keinen Vertragsanspruch aus einem Mietverhältnis, weil der Beklagte erkennbar nur als Konkursverwalter aufgetreten sei. Auch ein Schadensersatzanspruch aus §82 KO komme nicht in Betracht, weil der Kläger eine schuldhafte Pflichtverletzung des Beklagten nicht dargelegt habe.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, der zunächst seinen erstinstanzlichen Antrag weiterverfolgt hat.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Kläger meint nach wie vor, einen Anspruch aus §82 KO gegen den Beklagten zu haben. Der Beklagte habe nämlich nur seiner Bequemlichkeit halber die Räume nicht geräumt, sondern eigenmächtig in Anspruch genommen. Der Beklagte habe auch pflichtwidrig nicht auf eine Ablehnung des Konkursantrages hingewirkt, obwohl die Masse zur Räumung der Geschäftsräume und Kostendeckung für eine anderweitige Unterbringung nicht ausgereicht habe. Schließlich habe der Beklagte ihn von einer Klage durch deren Darstellung als sinnlos abgehalten, obwohl er gewußt habe, daß er, der Kläger, mit seiner Masseforderung ausfallen werde, weil nicht einmal Transport- und Lagerkosten gedeckt gewesen seien.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Aufgrund seines noch nachzuweisenden Eigentums könne er auch eine Nutzungsentschädigung nach §§987, 990 BGB verlangen, da der Beklagte nicht gutgläubig gewesen sei.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat haben die Parteien hinsichtlich eines bezahlten Teilbetrages von 4.470,20 DM die Hauptsache für erledigt erklärt.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">abändernd den Beklagten zu verurteilen, an ihn 12.684,36 DM nebst 12 % Zinsen seit dem 10. März 1983 - abzüglich des erledigten Teilbetrages von 4.470,20 DM - zu zahlen,</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">und hinsichtlich des erledigten Teilbetrages die Kosten dem Beklagten aufzuerlegen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">bezüglich des erledigten Teilbetrages die Kosten dem Kläger aufzuerlegen und im übrigen die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte trägt vor: Ein Anspruch aus §82 KO komme nicht in Betracht. Er habe inzwischen den Konkurs abgewickelt und den Kläger als Massegläubiger bezüglich der Mietforderungen befriedigt, wobei er allerdings einen Teil der Forderung nicht anerkannt und bezüglich eines anderen Teil mit Gegenforderungen der Gemeinschuldnerin aufgerechnet habe. Den Saldo von 4.470,20 DM zugunsten des Klägers habe er an diesen überwiesen. Den Differenzbetrag habe er vorsichtshalber zurückbehalten für den Fall, daß der Kläger in einem anderen Verfahren gegen ihn als Konkursverwalter der Gemeinschuldnerin mit seinen Rechtsansichten durchdringen sollte.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich der Eigentümeransprüche bestreite er vorsorglich, daß der Kläger im November 1982 Grundstückseigentümer gewesen sei. Ansprüche des Klägers aus den §§987 ff. BGB müßten schon daran scheitern, daß der Kläger nach §986 BGB nur Herausgabe an den Mieter habe verlangen können.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Die Klage ist nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Vertragliche Ansprüche kommen mangels vertraglicher Beziehungen zwischen den Parteien nicht in Betracht.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Schadensersatzansprüche aus §82 KO sind nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Mangels mietvertraglicher Beziehungen zwischen dem Kläger als Vermieter und der Gemeinschuldnerin als Untermieterin findet §19 KO (Kündigung des Mietvertrages) keine Anwendung. Vielmehr hat der Kläger bei Beendigung des Hauptmietvertrages durch seine Kündigung gegenüber den Mietern Knaak und Host zum 15. August 1982 einen quasivertraglichen Herausgabeanspruch gegen die Gemeinschuldnerin erlangt (§556 Abs. 3 BGB). Er hätte gegen den Konkursverwalter (als Partei kraft Amtes für die Gemeinschuldnerin) auf Herausgabe der Mieträume klagen können und eventuell müssen. Insoweit ist dem Beklagten vom Kläger angelastete Äußerung: Der Kläger möge ihn auf Räumung verklagen; bis der Kläger einen Räumungstitel gegen ihn erlangt habe, sei der Konkurs ohnehin abgewickelt - sachlich nicht falsch.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Allerdings hätte der Beklagte als Konkursverwalter mit den zur Konkursmasse gehörigen Geschäftsunterlagen und Waren der Gemeinschuldnerin das Geschäftslokal alsbald räumen und an den Kläger zurückgeben müssen. Eine schuldhafte Verzögerung dieser Rückgabe könnte eine Pflichtverletzung gegenüber dem Kläger als Beteiligten darstellen. Dafür hat der Kläger aber nichts vorgetragen. Der Umstand, daß bei Konkurseröffnung keine flüssigen Mittel für einen Auszug und anderweitige Einlagerung der Sachen vorhanden waren, beruht auf der Zahlungsunfähigkeit (§102 KO), die Voraussetzung für die Konkurseröffnung im Zweifel Anlaß für den Konkursantrag gewesen ist (§64 GmbHG). Das heißt aber noch nicht, daß eine den Kosten des Verfahrens entsprechende Konkursmasse nicht vorhanden gewesen ist, was zur Abweisung des Eröffnungsantrages hätte führen können (§107 As. 1 KO). Vielmehr mußte der Warenbestand erst verwertet werden. Das ist unstreitig inzwischen geschehen und hat zur teilweisen Befriedigung des Klägers in Höhe von 4.470,20 DM und zu Rückstellungen geführt, die zu einer Befriedigung des Klägers als Massegläubigers ausreichen für den Fall, daß die vom Beklagten für die Gemeinschuldnerin erklärte Aufrechnung mit Gegenforderungen der Gemeinschuldnerin an den Kläger nicht durchgreift.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Für eine schuldhafte Verletzung der Pflichten des Beklagten als Konkursverwalter gegenüber dem Kläger bestehen danach keine Anhaltspunkte.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Ansprüche aus den §§985 ff. BGB gegen den Beklagten persönlich liegen nicht vor, da der Beklagte nur als Konkursverwalter und mithin als Partei kraft Amtes die Räume des Klägers besessen hat (§117 Abs. 1 KO). Etwaige Ansprüche des Klägers richten sich mithin nur gegen die Konkursmasse.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Auch Ansprüche aus §823 ff. BGB oder Bereicherungsansprüche gegen den Beklagten persönlich kommen nicht in Betracht.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§91 a, 97, 708 Nr. 10, 713 ZPO.</p>
|
315,643 | ag-dusseldorf-1984-12-19-36-c-63584 | {
"id": 653,
"name": "Amtsgericht Düsseldorf",
"slug": "ag-dusseldorf",
"city": 413,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 36 C 635/84 | "1984-12-19T00:00:00" | "2019-03-13T15:09:59" | "2019-03-27T09:42:35" | Urteil | ECLI:DE:AGD:1984:1219.36C635.84.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>hat das Amtsgericht Düsseldorf</p>
<p>auf die mündliche Verhandlung vom 28. November 1984</p>
<p>durch den Richter am Amtsgericht X</p>
<p></p>
<p>für R e c h t erkannt:</p>
<p></p>
<p> Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 355,16 DM nebst</p>
<p> Zinsen seit dem 18.10.1984 zu zahlen.</p>
<p> Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p></p>
<p> Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu 14/24, der </p>
<p> Beklagte zu 10/24.</p>
<p></p>
<p> Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px"><u>T a t b e s t a n d :</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Erstattung von Anwaltsgebühren in Anspruch.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Mitte des Jahres 1983 betrieb die Klägerin aus mehreren Grundschulden die Zwangsvollstreckung des Grundeigentums der Frau P aus X. Unter dem 12.06.1984 wurden der Klägerin zwei Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse, die der Beklagte gegen seine Mandantin, nämlich Frau P, erwirkt hatte, zugestellt. Der Beschluß vom 01.06.1984 erging aufgrund eines Kostenfestsetzungsbeschlusses in Höhe von 18.048,14 DM, der Beschluß vom 04.06.1984 wegen eines Kostenfestsetzungsbeschlusses in Höhe von 1.476,63 DM.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Durch die Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse pfändete der Beklagte für die Sozietät der Anwälte XXX:</p>
<span class="absatzRechts">5</span><ol class="absatzLinks"><li>die auf den Teileigentumseinheiten in X, XStraße xxx, der </li></ol>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Schuldnerin lastenden Eigentümergrundschulden, die anstelle der im Grundbuch des Amtsgerichts X, Blatt xxxx, xxxx, xxxx und xxxx, Abteilung II laufende Nr. xx und xx eingetragenen Briefgrundschulden getreten sind;</p>
<span class="absatzRechts">7</span><ol class="absatzLinks" start="2"><li> den Anspruch der Schuldnerin gegen die Grundschuldgläubigerin auf Erteilung der Zustimmung zur Umschreibung der genannten Grundschulden auf den Namen der Schuldnerin;</li></ol>
<span class="absatzRechts">8</span><ol class="absatzLinks" start="3"><li>den Anspruch der Schuldnerin gegen die Grundschuldgläubigerin auf Vorlegung der über die genannten Grundschulden erteilten Grundschuldbriefe an das Grundbuchamt zur Berichtigung des Grundbuches durch Umschreibung der Grundschuld auf die Eigentümerin und Herstellung eines Teilbriefes über die gepfändeten Eigentümergrundschulden;</li></ol>
<span class="absatzRechts">9</span><ol class="absatzLinks" start="4"><li>den Anspruch der Schuldnerin auf Berichtigung des Grundbuches durch Umschreibung der gepfändeten Grundschuld auf die Eigentümerin.</li></ol>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Die Klägerin beauftragte ihren Anwalt mit der Erteilung der angeforderten Auskunft. Da dieser gerüchteweise vom Konkurs über das Vermögen der Schuldnerin P gehört hatte, holte er zuerst Erkundigungen beim Amtsgericht –Prozeßgericht- in X ein. Anschließend beantwortete er die Anfrage.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Die Klägerin ist der Ansicht, ihre stehe gegen den Beklagten ein Anspruch in Höhe der von ihr vorausgezahlten Anwaltskosten bezüglich dieser Auskunft zu. Sie ist weiterhin der Ansicht, ihr Anwalt – der jetzige Prozeßbevollmächtigte – habe zu Recht eine 7,5/10 – Gebühr liquidiert.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">den Beklagten zu verurteilen, an sie 830,94 DM nebst 4% Zinsen seit </p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Klagezustellung (18.10.1984) zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird – soweit erforderlich – in den Entscheidungsgründen auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px"><u> E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e : </u></p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Die Klage ist zulässig und zum Teil begründet. Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 355,16 DM. </p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Bei Abgabe einer Erklärung nach § 840 ZPO hat der Gläubiger dem Drittschuldner die diesem dadurch entstandenen Auslagen zu ersetzen (vgl. Zöller-Scherübl, ZPO, 12. Aufl. 1979, § 840, Anm. V). Diese Auslagen waren auch erforderlich, denn bei dem Sachverhalt handelte es sich um Gegebenheiten, die Grundkenntnisse des Immobiliarrechts und des Insolvenzrechts verlangen. </p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Der Inanspruchnahme des Beklagten steht auch nicht entgegen, daß Gläubiger des gepfändeten Anspruchs die Sozietät X & Partner ist. Für die Rechtsform der Anwaltssozietät gelten die Grundsätze der BGB-Gesellschaft, so daß auch der einzelne Gesellschafter wegen Schulden der Gesellschaft verklagt werden kann.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Die Klägerin kann aber nur 3/10 – Gebühren gelten machen. Für den Ersatz der Auslagen ist nicht entscheidend, was die Klägerin u.U. tatsächlich gezahlt hat, sondern was ihr Rechtsanwalt hätte fordern dürfen. Für die Erklärung nach § 840 ZPO erhält ein Rechtsanwalt die 3/10 Gebühr aus § 57 BRAGO (Zöller-Scherübl, aaO, § 840, Anm. VI 2).</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Die Klageforderung war daher in folgender Höhe berechtigt:</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px"><u>Streitwert: 1.476,63 DM</u></p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">3/10 Gebühr 30,90 DM</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Unkostenpauschale <u> 4,64 DM</u> </p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">35,54 DM</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">14 % Mehrwertsteuer <u> 4,98 DM</u></p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">40,52 DM<u> </u></p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">======== </p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px"></p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px"></p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px"><u>Streitwert: 18.048,14 DM</u></p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">3/10 Gebühr 240,- - DM</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Unkostenpauschale <u> 36,- - DM</u> </p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">276,- - DM</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">14 % Mehrwertsteuer <u> 38,64 DM</u></p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">insgesamt 314,64 DM<u> </u></p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">+ Summe 1 <u> 40,52 DM</u></p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">355,16 DM</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">=========</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:23px">Die Entscheidung über die Nebenkosten folgt aus §§ 284 ff BGB, 92, 708 Nr. 11 ZPO.</p>
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315,644 | ag-dusseldorf-1984-12-17-47-c-64784 | {
"id": 653,
"name": "Amtsgericht Düsseldorf",
"slug": "ag-dusseldorf",
"city": 413,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 47 C 647/84 | "1984-12-17T00:00:00" | "2019-03-13T15:10:01" | "2019-03-27T09:42:35" | Urteil | ECLI:DE:AGD:1984:1217.47C647.84.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>hat das Amtsgericht Düsseldorf</p>
<p>im schriftlichen Verfahren am 26. November 1984</p>
<p>durch den Richter am Amtsgericht X</p>
<p></p>
<p>für R e c h t erkannt:</p>
<p></p>
<p> 1. Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p> 2. Die Kläger tragen die Kosten des</p>
<p> Rechtsstreits.</p>
<p></p>
<p> 3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>T a t b e s t a n d :</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Kläger buchten bei der Beklagten für den Zeitraum vom 8. Mai 1984 bis zum 29. Mai 1984 eine Reise an die XX zum Gesamtpreis von DM 2.130,--. Noch am Urlaubsort wurde am 26. Mai 1984 ein Reklamationsprotokoll aufgenommen, in dem vermerkt war, dass abweichend von der Prospektbeschreibung verschiedene Einrichtungen nicht vorhanden waren. </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 27. Juni 1984, das am 28. Juni 1984 bei der Post in X abgestempelt wurde - es handelt sich um einen Donnerstag - und das am 2. Juli 1984 - einem Montag - bei der Beklagten in Y einging, machten die Kläger Wertminderung gegenüber der Beklagten geltend.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Kläger sind der Ansicht, ihre Ansprüche seien rechtzeitig innerhalb der Frist des § 651 g Abs. 1 BGB angemeldet worden.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Kläger beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, DM 230,-- nebst 10 % </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Zinsen seit dem 15. August 1984 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist der Ansicht, die Kläger hätten die Frist des § 651 g BGB versäumt.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks"><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :</u></p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist unbegründet:</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Ansprüche der Kläger aus dem Reisevertrag sind gemäß § 651 g Abs. 1 BGB ausgeschlossen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Vertraglich vorgesehene Beendigung der Reise war der 29. Mai 1984. Bei der Fristberechnung im Rahmen des § 651 g Abs. 1 BGB muss dieser Tag mitgerechnet werden. Es handelt sich im Sinne des § 187 Abs. 2 BGB um den für den Anfang der Frist maßgebenden Zeitpunkt. Der abweichenden Meinung von Thomas (Palandt-Thomas 43. Auflage, BGB, § 651 g Anm. 1 b), der die Vorschrift des § 187 Abs. 1 BGB für anwendbar hält, kann das Gericht nicht folgen. Diese Auslegung widerspricht Wortlaut und Sinn des § 651 g BGB. Der Wortlaut stellt ab auf die "vertraglich vorgesehene Beendigung der Reise", also vorliegend den 29. Mai1984. Verdeutlicht wird dies durch § 651 g Abs. 2 BGB, in dem für den Verjährungsbeginn ebenfalls auf den "Tag, an dem die Reise dem Vertrage nach enden sollte" abgestellt wird. Der Gesetzgeber wollte zur Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Reisevertrag eine starre Fristberechnung festsetzen, um für alle Beteiligten einen eindeutigen und klaren Ausgangspunkt zu schaffen und Unwagsamkeiten im Reiseverlauf auszuschalten. Die Frist beginnt deshalb nicht mit dem dem Reiseende folgenden Tag, sondern mit dem Tag zu laufen, an dem der Vertrag enden sollte (ebenso Eberle DB 1979, Seite 345; Bartl, Reiserecht, 2. Auflage RdNr: 105; Staudinger /Schwerdtner, 12. Auflage, § 651 g RdNr: 7). Von dieser Ansicht ist auch der Gesetzgeber ausgegangen (vergl. Bundestagsdrucksache 8-2343 Seite 11 zu § 651 g Abs. 1).</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Bei Fristbeginn am 29. Mai 1984 war Fristende gemäß § 188 Abs. 2 2. Alternative BGB - da es sich um einen Fall des § 187 Abs. 2 Satz 1 BGB handelt - der Ablauf des vorhergehenden Tages, also der 28. Juni 1984. An diesem Tag haben die Kläger das Schreiben vom 27. Juni 1984 erst zur Post gegeben, wie der Poststempel - 28. Juni1984 - beweist (Bl. 19 GA). Die Kläger konnten nicht mehr damit rechnen, dass das in X aufgegebene Schreiben noch am selben Tag in Y bei der Beklagten eintrifft.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">3.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Der Rechtsansicht der Klägerin, die unstreitig am Urlaubsort erfolgte Aufnahme eines Reklamationsprotokolls habe die Geltendmachung der Ansprüche nach § 651 g BGB entbehrlich gemacht, kann aus den zutreffenden Gründen des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 22. März 1984 - VII ZR 189/83 - (NJW 1984, 1753 = WM 1984, 871 = EBE 1984, 204) nicht gefolgt werden.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 713 ZPO.</p>
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315,645 | ag-essen-1984-12-06-12-c-697_84 | {
"id": 657,
"name": "Amtsgericht Essen",
"slug": "ag-essen",
"city": 417,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 12 C 697_84 | "1984-12-06T00:00:00" | "2019-03-13T15:10:02" | "2019-03-27T09:42:35" | Urteil | ECLI:DE:AGE1:1984:1206.12C697.84.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Unter Abweisung der Klage im übrigen wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger 226,20 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 27.02.1984 zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Der Kläger trägt ¾, die Beklagte ¼ der Kosten des Rechtsstreits.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Tatbestand:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger fordert restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 07.02.1983 in Essen auf der I-Straße. Damals fuhr ein bei der Beklagten gegen die Folgen der gesetzlichen Haftpflicht versichertes Fahrzeug auf ein verkehrsbedingt haltendes Fahrzeug des Klägers auf. Bei dem Fahrzeug des Klägers handelt es sich um einen Kleinbus der Marke E mit dem amtlichen Kennzeichen ##-###.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Parteien sind sich darüber einig, dass die Beklagte dem Grunde nach zu vollen Schadensersatz verpflichtet ist. Der Schaden des Klägers ist reguliert, jedoch ohne Zahlung für den reparaturbedingten Ausfall von 15 Tagen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Wagen des Klägers wurde von diesem für seinen Gewerbebetrieb, überwiegend zur Ausführung von Kundendienstarbeiten, eingesetzt.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Kläger macht pro Tag pauschal 65,00 DM als Nutzungsausfall geltend und fordert hilfsweise den Ersatz der Vorhaltekosten.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:85px">die Beklagte zu verurteilen, an ihn 840,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 28.10.1983 sowie weitere 12,80 DM Zinsen zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:85px">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hält dafür, ein Ersatz eines Nutzungsausfallbetrages komme bei gewerblich genutzten Fahrzeugen nicht in Betracht.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist, gestützt auf die §§ 7, 17 StVG, 3 Pflichtversicherungsgesetz, 249 Satz 2, 251, 284 ff BGB teilweise begründet.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Zwar steht dem Kläger nicht Ersatz von Nutzungsausfall zu, wohl aber Ersatz der Vorhaltekosten.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Bei gewerblich eingesetzten, der Gewinnerzielung dienenden Fahrzeugen kann nach überwiegender Rechtsprechung Nutzungsausfall nicht abstrakt berechnet werden, vielmehr ist es erforderlich, einen etwaigen Gewerbeminderertrag darzulegen und ggf. zu beweisen (der dann andererseits aber auch wesentlich höher liegen könnte als ein normaler Nutzungsausfallsatz). Dieser Grundsatz gilt für den Regelfall (BGH Versicherungsrecht 78 374/375). Anders mag es sein, wenn infolge besonderer Umstände eine bezifferbare Auswirkung des Ausfalls des geschädigten Fahrzeugs für die Reparaturdauer oder eine anders begründete Zeit der unfallbedingten Nichtnutzbarkeit nicht mehr feststellbar ist (BGH a. a. O.). Dieser Grundsatzentscheidung des BGH folgt die seit dem veröffentlichte Rechtsprechung überwiegend, wenn auch nicht verkannt werden kann, dass die Eingrenzung eines abstrakten Nutzungsausfallersatzes auf privat genutzte Pkw und z. B. nicht Wohnwagen (BGHZ 86, 128) dogmatisch nicht problemlos begründbar ist (OLG Stuttgart, Versicherungsrecht 81, 361 f; OLG Düsseldorf, Zff 81, 168; Schneider, MDR 83,20; Schacht, NJW 81, 1350). Dogmatisch stellt sich allerdings hier eher die Frage, wieso abstrakter Nutzungsausfall bei Pkw-Schäden zuzubilligen ist, als dass es einer Rechtfertigung bedürfte, abstrakten Ausfall bei gewerblich genutzten Fahrzeugen nicht zuzusprechen, so dass im Zusammenhang des vorliegenden Rechtsstreits auf eine nähere Erörterung verzichtet werden kann.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Demgegenüber ist aber durch den Ausfall des Fahrzeugs der Betrag, der seitens des Klägers als Vorhaltekosten notwendigerweise weiter entstanden ist, als täglicher Schaden berechenbar entstanden (sogenannte frustrierte Aufwendungen). Ein Schätzungshilfsmittel konkret für das Fahrzeug des Klägers steht nicht zur Verfügung, die Beklagte hat aber der Analogie des Klägers zur Tabelle des X-Kleinbusses nicht widersprochen. Es kann auch davon ausgegangen werden, dass ein E-Kleinbus nicht weniger an täglichen Vorhaltekosten verursacht als ein X-Kleinbus. Nach der für den Unfall anzuwendenden Tabelle (Sanden/Danner, Versicherungsrecht 82, 527, 540) betragen die Vorhaltekosten für den VW-Bus 15,08 DM täglich, so dass sich, multipliziert mit 15 Tagen, ein Ausfallbetrag von 226,20 DM ergibt (vgl. auch BGH Versicherungsrecht 78, 374).</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Für einen höheren Zinsschaden als den seit Zustellung des Mahnbescheides ist seitens des Klägers nichts dargelegt.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92, 708 Nr. 11, 713 ZPO.</p>
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315,646 | lg-duisburg-1984-12-06-6-o-12784 | {
"id": 807,
"name": "Landgericht Duisburg",
"slug": "lg-duisburg",
"city": 408,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 6 O 127/84 | "1984-12-06T00:00:00" | "2019-03-13T15:10:03" | "2019-03-27T09:42:34" | Schlussurteil | ECLI:DE:LGDU:1984:1206.6O127.84.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beklagten zu 1.), 2.) und 3.) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 1.026,35 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 19. Juli 1983 zu zahlen abzüglich am 20. März 1984 gezahlter 370,09 DM.</p>
<p></p>
<p>Die Beklagten zu 1.) und 3.) werden weiter als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 4 % Zinsen von 2.500 DM für die Zeit vom 19. Juli 1983 bis zum 20. März 1984 zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits werden zu 7/10 dem Kläger, zu 3/10 den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung von 900 DM (Kläger) bzw. 1.200 DM (Beklagte) abzuwenden, wenn nicht die jeweilige Gegenpartei vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet. Als Sicherheiten sind Bankbürgschaften zugelassen.</p>
<p></p>
<p>Tatbestand:</p>
<p></p>
<p>Der Kläger macht mit der Klage Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend, der sich am ereignet hat und an dem der Kläger mit seinem Krad und der Erstbeklagte mit dem von dem Zweitbeklagten gehaltenen und bei der Drittbeklagten haftpflichtversicherten beteiligt waren. Der Kläger befuhr die in Richtung der Erstbeklagte kam ihm auf der entgegen und wollte nach links in die einbiegen. Hierbei kam es zum Zusammenstoß der beiden Fahr¬zeuge.</p>
<p></p>
<p>Der Kläger behauptet, der Erstbeklagte habe sein Fahrzeug zunächst abgestoppt, sei aber dann plötzlich doch nach links eingebogen. Er, der Kläger, habe sein Krad noch abgebremst, habe aber den Unfall nicht mehr vermeiden können, da er schon viel zu dicht an das Fahrzeug des Erstbeklagten herangekommen gewesen sei. Der Kläger beziffert den ihm durch den Unfall entstandenen materiellen Schaden auf insgesamt 8.285,13 DM. Hierauf hat der Drittbeklagte vor Klageerhebung unstreitig 5.000 DM gezahlt. Der Kläger hat mit der Klage zunächst den danach verbliebenen Betrag von 7.285,13 DM geltend gemacht, auf den die Drittbeklagte sodann nach Rechtshängigkeit weitere 370,07 DM geleistet hat. Wegen der Einzelheiten der Schadensberechnung des Klägers wird auf die Schadensaufstellung in der Klage-schrift (Blatt 3 und 4 der Akten) Bezug genommen.</p>
<p></p>
<p>Der Kläger hat mit der Klage außerdem ein Schmerzensgeld in Höhe von 4.000 DM geltend gemacht, auf welches die Drittbeklagte nach Rechtshängigkeit 2.500 DM gezahlt hat. Der Kläger trägt zur Begründung seines Schmerzensgeldanspruchs vor, er habe infolge des Unfalls einen Strecksehnenabriß des fünften Fingers links, eine knöcherne Absprengung der rechten Kniescheibe, eine Defektwunde am rechten Unterschenkel sowie mehrere Platz- und Schürfwunden erlitten. Er habe sich wegen der Unfallverletzungen in der Zeit vom 1. Juni bis zum 17. Juli 1982 in stationärer Krankenhausbehandlung und sodann in der Zeit vom 19. Juli bis zum 28. Juli 1982 in ambulanter Behandlung befunden. Auch nach Abschluß der ambulanten Behand¬lung habe er noch bis etwa Juli/August 1983 erhebliche Schmerzen im rechten Knie verspürt, die ihn insbesondere bei seiner beruflichen Tätigkeit als Kfz-Mechaniker sehr behindert hätten. Auch die Strecksehnendurchtrennung des fünften Fingers habe noch monatelange Beschwerden verursacht. </p>
<p></p>
<p>Der Kläger beantragt,</p>
<p></p>
<p>1. die Beklagten zu 1.), 2.) und 3.) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 3.285,13 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 18. Juli 1983 zu zah-len abzüglich am 20. März 1984 gezahlter 370,09 DM;</p>
<p>2. die Beklagten zu 1.) und 3.) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn ein Schmerzensgeld in Höhe von 4.000 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 18. Juli 1983 zu zahlen abzüglich am 20. März 1984 gezahlter 2.500 DM. </p>
<p></p>
<p>Die Beklagten erkennen den Klageantrag zu 1.) in Höhe von weiteren 656,26 DM an und beantragen im übrigen,</p>
<p></p>
<p>die Klage abzuweisen.</p>
<p></p>
<p>Die Beklagten behaupten, den Kläger treffe ein erhebliches Mitverschulden am Zu-standekommen des Unfalls, da er viel zu schnell, nämlich zwischen 80 und 100 km/h gefahren sei. Die Beklagten halten im übrigen den geltend gemachten Nut-zungsausfall in Höhe von 250 DM für nicht gerechtfertigt. Bezüglich des Schmer-zensgeldes sind die Beklagten der Auffassung, daß das von ihnen gezahlte Schmer¬zensgeld in Höhe von 2.500 DM ausreichend und angemessen ist. </p>
<p></p>
<p>Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze mit den überreichten Anlagen Bezug genommen.</p>
<p></p>
<p>Das Gericht hat gemäß Beschluß vom 27. Juni 1984 Beweiserhebung über den Her¬gang des Unfalls angeordnet. Der Beweisbeschluß ist nicht ausgeführt worden, nachdem die Beklagten weitere 656,26 DM anerkannt haben.</p>
<p></p>
<p>Die Strafakten 86 Js 1002/82 der StA Duisburg waren zur Information Gegenstand der mündlichen Verhandlung. </p>
<p></p>
<p>Entscheidungsgründe:</p>
<p></p>
<p>Die Klage ist nur teilweise begründet.</p>
<p></p>
<p>Soweit die Beklagten den Klageanspruch anerkannt haben, waren sie gemäß § 307 ZPO entsprechend dem Anerkenntnis zur Zahlung von weiteren 656,26 DM zu ver-urteilen. Darüber hinaus stehen dem Kläger Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten nicht zu.</p>
<p></p>
<p>Die Beklagten sind zwar dem Kläger gemäß den §§ 7, 18 StVG, § 823 Abs. 1 und 2 BGB in Verbindung mit § 230 StGB und den §§ 1, 9 Abs. 3 Satz 1 StVO, § 847 BGB, § 3 Pflichtversicherungsgesetz zum Schadensersatz verpflichtet. Der Unfall war für die Beklagten nicht unabwendbar, weil der Erstbeklagte sich beim Linksabbiegen offensichtlich hinsichtlich der Geschwindigkeit des entgegenkommenden Klägers verschätzt und damit die nötige Sorgfalt außer acht gelassen hat, was ihm als Ver-schulden anzulasten ist. Der Unfall war aber schon nach dem eigenen Vortrag des Klägers auch für ihn selbst nicht unabwendbar. Zwar hat der Kläger behauptet, er habe die zulässige innerörtliche Geschwindigkeit von 50 Stundenkilometern nicht überschritten. Es fehlt jedoch jeder substantiierte Vortrag des Klägers dazu, wo – das heißt in welcher Entfernung von der späteren Unfallstelle – er sich befand, als sich der Beklagte zu 1.) zum Linksabbiegen anschickte. Wenn der Kläger, wie er vorgetragen hat, die Blockierspur von 29,5 Metern, die in der in der Strafakte befind-lichen Skizze Blatt 4 eingezeichnet ist, als nicht richtig betrachtet, so hätte er näher darlegen müssen, wie groß nach seiner Auffassung die Entfernung von der späteren Unfallstelle war, als der Erstbeklagte sich zum Linksabbiegen anschickte. Das Gericht hat hierauf in der mündlichen Verhandlung vom 8. November 1984 aus¬drücklich hingewiesen, gleichwohl konnte der Kläger hierzu nichts näheres vortragen. Damit hat der Kläger nicht dargetan, daß der Unfall für ihn unabwendbar war. Die somit vorzunehmende Abwägung gemäß § 17 StVG führt somit bereits aufgrund des unstreitigen Sachverhalts zu einer Haftungsverteilung von einem Viertel zu Lasten des Klägers und von drei Vierteln zu Lasten der Beklagten; hierbei ist die höhere Betriebsgefahr des PKWs gegenüber dem von dem Kläger gefahrenen Motorrads sowie der Umstand berücksichtigt, daß den Erstbeklagten wegen seines unacht¬samen Abbiegens trotz entgegenkommenden Gegenverkehrs an dem Unfall ein Verschulden trifft. Da der Kläger unter Berücksichtigung des von den Beklagten abgegebenen Teilanerkenntnisses bereits drei Viertel seines unfallbedingten mate¬riellen Schadens zugesprochen bekommen hat, stehen ihm weitere Ansprüche auf Ersatz seines materiellen Schadens nicht zu. Der Kläger hat seinen unfallbe¬dingten Gesamtschaden mit 8.285,13 DM angegeben. Der in diesem Betrag enthal¬tene Teil¬betrag von 250 DM für Nutzungsausfall ist jedoch keine unfallbedingte Schadenspo¬sition. Der Kläger befand sich wegen der unfallbedingten Verletzungen in der Zeit vom 1. Juni bis zum 17. Juli 1982 in stationärer Krankenhausbehandlung, er hätte das Krad in dieser Zeit also ohnehin nicht nutzen können (BGH, ständige Recht¬sprechung, Palandt, Anm. 2 b) bb) vor § 249 BGB). Etwas anderes könnte nur gel¬ten, wenn der Kläger so schwer verletzt gewesen wäre, daß er während sei¬ner Krankheit Reparatur bzw. Ersatzbeschaffung nicht hätte in die Wege leiten kön¬nen; dies trifft aber im vorliegenden Fall nicht zu. Der unfallbedingte Gesamtschaden des Klägers beläuft sich demnach lediglich auf 8.035,13 DM. Der dem Kläger hier¬von zustehende Ersatzanspruch in Höhe von drei Vierteln beläuft sich auf 6.026,35 DM. Hierauf hat der Kläger vorprozessual 5.000 DM und nach Rechtshängigkeit, am 20. März 1984, 370,09 DM, insgesamt also 5.370,09 DM erhalten. Es verbleibt damit ein restlicher Anspruch des Klägers auf Ersatz seines materiellen Schadens in Höhe von 656,26 DM, den die Beklagten anerkannt haben. Über den Betrag des Teilaner¬kenntnisurteils hinaus stehen dem Kläger Ansprüche somit nicht mehr zu.</p>
<p></p>
<p>Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld über die nach Rechtshängigkeit erhaltenen 2.500 DM hinaus. Unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Art und Schwere der Verletzungen und der Behand-lungsdauer sowie weiter unter Berücksichtigung des Umstandes, daß die dem Schmerzensgeld innewohnende Genugtuungsfunktion bereits dadurch abgegolten ist, daß der Erstbeklagte durch rechtskräftigen Strafbefehl wegen fahrlässiger Kör-per¬verletzung mit einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 20 DM belegt wor¬den ist, ist das von der Drittbeklagten geleistete Schmerzensgeld in Höhe von 2.500 DM als ausreichend und angemessen anzusehen.</p>
<p></p>
<p>Die Zinsansprüche rechtfertigen sich in der zugesprochenen Höhe gemäß den §§ 284 Abs. 1, Satz 1, 288 Abs. 1 BGB.</p>
<p></p>
<p>Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 a, 92, 708 Ziffer 1 und 11, 711 ZPO.</p>
<p></p>
<p></p>
<p></p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">(Hier Freitext: Tatbestand, Gründe etc.)</p>
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